Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 24. Juni 2016 - 2 K 2209/13

bei uns veröffentlicht am24.06.2016

Tenor

Im Umfang von Ziffer 2 des Bescheidtenors wird der Bescheid vom 25. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2013 aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der Promotion und die Rückforderung der Promotionsurkunde.

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Nach dem Studium der Rechtswissenschaft an der beklagten Hochschule bestand der Kläger am 18. Dezember 1995 die Erste Juristische Staatsprüfung.

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Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 1. Juni 1997 die Zulassung zur Promotion beim damaligen Fachbereich Rechtswissenschaft I der Beklagten. Er gab dabei die Versicherung gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 PromO 1972 ab, dass er die Dissertation selbst angefertigt und nur die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Die vorgelegte Dissertation mit dem Titel: „…“ bewerteten der Betreuer der Dissertation und Erstgutachter Prof. Dr. A. in seinem Votum vom 16. Oktober 1997 und der Zweitgutachter Prof. Dr. B. in seinem Votum vom 23. Dezember 1997 jeweils mit der Note „magna cum laude“. Am 28. Januar 1998 bestand der Kläger das Kolloquium vor den Prüfern Prof. Dr. C., Prof. Dr. A. sowie Prof. Dr. D.. Der Sprecher des Fachbereichs Rechtswissenschaft I fertigte eine auf diesen Tag datierte Promotionsurkunde aus, mit der dem Kläger der Grad eines Doktors der Rechte verliehen wurde.

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Nach Bestehen der Großen Juristischen Staatsprüfung am 19. Mai 2000 nahm der Kläger die freiberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt auf.

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Auf Antrag des Klägers vom 19. Dezember 2007 gewährte der damalige Dekan der Fakultät für Rechtswissenschaft der Beklagten und Vorsitzende des Habilitationsausschusses Prof. Dr. E. ihm am 15. Januar 2008 die Zulassung zur Habilitation. Der Kläger legte eine Habilitationsschrift vor unter dem Titel: „…“. Der Erstgutachter Prof. Dr. F. schlug in seinem Votum vom 26. April 2008 die Annahme der Habilitationsschrift vor. Hingegen schlug der Zweitgutachter Prof. Dr. G. in seinem Votum vom 19. Juni 2008 die Ablehnung vor und führte aus:

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„Für eine wissenschaftliche Abhandlung ernstlich bedenklich ist indes, dass Verf. seine Thesen kaum argumentativ herausarbeitet, sondern im Wesentlichen behauptet […]. Gänzlich verstörend wirkt freilich, dass sich in den Schrifttumsnachweisen des geschilderten Abschnitts […] kein einziger Nachweis findet, der jünger als 13 Jahre wäre […] Des Rätsels Lösung besteht darin, dass Verf. an dieser Stelle der Arbeit in großen Teilen sowohl Text wie auch Fußnoten aus den S. 36 ff. seiner Dissertation aus dem Jahre 1998 […] wörtlich übernommen hat. Nun ist ein 'selbstreferenzielles' Vorgehen bekanntlich zwar nicht urheberrechtlich unzulässig, aber jedenfalls dann wissenschaftlich unredlich, wenn der Autor sich noch nicht einmal die Mühe macht, Text und Fußnoten zu aktualisieren.“

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Der im ursprünglichen Promotionsverfahren als Betreuer der Dissertation tätig gewordene Prof. Dr. A. wandte sich mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 gegen dieses die Habilitationsschrift betreffende Zweitvotum. Gleichwohl beschloss der Habilitationsausschuss in seiner Sitzung vom 14. Januar 2009, dass die Habilitationsschrift unzureichend sei. Der Kläger wandte sich mit diversen Schreiben seiner Bevollmächtigten gegen diese Einschätzung.

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Unmittelbar vor einer auf den 27. Mai 2009 angesetzten Sitzung des Habilitationsausschusses unter dem Vorsitz von Prodekan Prof. Dr. D. als Vertreter des krankheitsbedingt fehlenden Dekans fand eine Unterredung des Vorsitzenden mit dem Bevollmächtigten des Klägers Rechtsanwalt H. statt. In dem Protokoll der anschließenden Sitzung des Habilitationsausschusses heißt es:

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„In diesem Gespräch haben sich der Vorsitzende und Herr Rechtsanwalt H. darauf verständigt, dass auf die Erörterung der schriftlichen Habilitationsleistung (§ 9 Abs. 2 Satz 3 der Habilitationsordnung) im gegenseitigen Einvernehmen verzichtet wird. Der Habilitationsausschuss billigt diese Einigung.

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Der Vorsitzende berichtet weiter, dass er Herrn Rechtsanwalt H. eine Schriftsatzfrist von zwei Monaten anbietet. Innerhalb dieser Frist soll ein Gespräch zwischen [dem Kläger], gegebenenfalls unter Beteiligung seiner Rechtsbeistände, und Herrn Prof. Dr. I. zu der Frage stattfinden, inwieweit es möglich ist, durch Ausgliederung eines Teils der bisher vorgelegten Arbeit und dessen vertiefte, dem Stand der Diskussion und der Rechtslage entsprechende Behandlung das Verfahren voranzutreiben. Herr Prof. Dr. I. erklärt sich zu einem solchen Gespräch bereit und wird im Voraus mit Herrn Prof. Dr. G. diese Frage erörtern. Prof. Dr. G. erklärt sich ebenfalls dazu bereit. Der Ausschuss billigt auch dieses Vorgehen.

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[…] Mit diesem Angebot der Fakultät ist noch keine Garantie einer günstigen Entscheidung verbunden. Vielmehr behält sich der Ausschuss eine Neubewertung des überarbeiteten Teils der Arbeit vor.“

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In der Folgezeit arbeitete der Kläger seine Habilitationsschrift um, jetzt unter dem Titel: „…“. Der nunmehr als Erstgutachter tätig gewordene Prof. Dr. I. in seinem Votum vom 25. März 2010 sowie daran anschließend der Zweitgutachter Prof. Dr. G. in seinem Votum vom 21. April 2010 schlugen eine Annahme der Habilitationsschrift mit einer Einschränkung der Lehrbefugnis (venia legendi) auf das „Gesellschaftsrecht unter besonderer Berücksichtigung des Aktienrechts“ vor.

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Der Habilitationsausschuss erörterte in seiner Sitzung vom 7. Juli 2010 den Umstand, dass der vormalige Erstgutachter der Habilitationsschrift Prof. Dr. F. auf der Website der vom Kläger gegründeten Rechtsanwaltssozietät J. seit dem 1. Juni 2009 als „of counsel“ genannt worden war. Im Sitzungsprotokoll ist ausgeführt:

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„Sodann wird unter dem Vorbehalt, dass die Aufklärung keinen Verfahrensmangel ergibt, auf der Grundlage der vorliegenden Gutachten von Prof. Dr. I. und Prof. Dr. G. einstimmig beschlossen, die Habilitationsschrift als schriftliche Habilitationsleistung anzunehmen.“

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Am 1. Oktober 2010 trat Prof. Dr. K. die Nachfolge von Prof. Dr. E. als Dekan der Fakultät für Rechtswissenschaft und Vorsitzender des Habilitationsausschusses an.

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Am 17. Mai 2011 teilte Prof. Dr. I. den Mitgliedern des Habilitationsausschusses unter Hinweis auf die Tätigkeit des Prof. Dr. F. für die Rechtsanwaltssozietät des Klägers mit, er ziehe sein Gutachten zurück. Der Habilitationsausschuss möge den Promotionsausschuss bitten, „im Hinblick auf die vom Zweitgutachter G. in seinem ursprünglichen Gutachten aufgedeckten Plagiate in der Dissertation des [Klägers] das Verfahren zur Entziehung des Doktorgrads einzuleiten.“ Prof. Dr. I. teilte ferner mit, er halte sich für befangen.

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Der Zweitgutachter der Habilitationsschrift Prof. Dr. G. teilte dem Dekan und Vorsitzenden des Habilitationsausschusses Prof. Dr. K. unter dem 20. Mai 2011 mit, er fechte seine Erklärung an, mittels derer er seine Bestellung als Zweitgutachter in dem Habilitationsverfahren angenommen habe und ziehe sein Zweitvotum zurück. Zugleich bat er den Habilitationsausschuss darüber zu entscheiden, ob seiner Mitwirkung im weiteren Verfahren die Besorgnis der Befangenheit entgegenstehe.

18

Der Habilitationsausschuss fasste in seiner Sitzung vom 8. Juni 2011 einen Beschluss, in dem er insbesondere folgende Entscheidungen traf: Prof. Dr. I. und Prof. Dr. G. wurden wegen Besorgnis der Befangenheit aus dem Habilitationsausschuss ausgeschlossen. Der Promotionsausschuss wurde gebeten, den von Mitgliedern des Habilitationsausschusses geäußerten Verdacht eines Plagiats in der Dissertation des Klägers zu prüfen. Bis zu einer Stellungnahme des Promotionsausschusses wurde das Habilitationsverfahren ausgesetzt und der Termin für den Habilitationsvortrag des Klägers am 29. Juni 2011 aufgehoben. Der Habilitationsausschuss entschied, dass er keine schwerwiegenden Verfahrensmängel i.S.d. Vorbehalts der Entscheidung vom 7. Juli 2010 sehe. Im Protokoll der Sitzung vom 8. Juni 2011 heißt es über den vom Habilitationsausschuss am 27. Mai 2009 gefassten Beschluss:

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„In Anwesenheit der beiden Gutachter und nach vorherigen außergerichtlichen Erörterungen mit den Anwälten [des Klägers] wurde am 27.5.2009 vom Ausschuss eine 'Rettungslösung' beschlossen. [Dem Kläger] sollte die Gelegenheit zur Überarbeitung und Verbesserung seiner Habilitationsschrift bekommen. Über die dazu erforderlichen Schritte sollte ihn Herr I. beraten. Herr I. sollte sodann zur überarbeiteten Fassung ein neues Erstgutachten erstellen, Herr G. erneut ein Zweitgutachten schreiben.“

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Der Vorsitzende des Habilitationsausschusses Dekan Prof. Dr. K. ersuchte den Vorsitzenden des Promotionsausschusses Prof. Dr. L. unter dem 15. Juni 2011 förmlich um eine durch den Promotionsausschuss zu erbringende Aufklärung „des Verdachts des Plagiats in der Dissertation“ des Klägers.

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Am gleichen Tag erstattete der Dekan dem Präsidenten der Beklagten über den Gang des Habilitationsverfahrens des Klägers folgenden Bericht:

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„Der Ausschuss hat am 8. Juni ausführlich über die Konsequenzen für das Verfahren und die gestellten Anträge beraten. Zu den Plagiatsvorwürfen wurde ergänzend erklärt, dass diese in der Tat auch im Ausschuss zu Beginn des Jahres 2009 diskutiert worden seien. Damals war der Ausschuss der Auffassung, dem Hinweise in diesem Verfahren nicht weiter nachgehen zu müssen, da die Habilitationsschrift ohnehin nicht angenommen werde. Nach der Verabredung der 'Rettungslösung' waren die Vorwürfe nicht mehr Gegenstand des Verfahrens und wurden erst jetzt, im Sommersemester 2011 wieder von mehreren Mitgliedern des Ausschusses erhoben.“

23

Der Promotionsausschuss unter dem Vorsitz von Prof. Dr. L. beschloss in seiner 150. Sitzung am 29. Juni 2011, die beiden Gutachter der Habilitationsschrift Prof. Dr. G. und Prof. Dr. I. wegen der geäußerten Plagiatsvorwürfe anzuschreiben. Der Promotionsausschuss beschloss am 6. Juli 2011, in Aussicht zu nehmen, „ggfs. Herrn Prof. D. um eine gutachterliche Stellungnahme zu bitten, sofern sich Anhaltspunkte für einen Verdacht ergeben sollten“. Der Vorsitzende des Promotionsausschusses Prof. Dr. L. bat unter dem 15. August 2011 den am M. tätigen Prof. Dr. N., ein Gutachten zu der Frage zu erstatten, inwieweit sich der Kläger durch „solche Übernahmen von Texten anderer Urheber einer erheblichen Täuschung im Promotionsverfahren schuldigt gemacht hat, so dass ihm gem. § 19 der in diesem Fall gültigen Promotionsordnung der Doktorgrad abzuerkennen wäre.“ Prof. Dr. N. beantwortete die gestellten Fragen in einem auf November 2011 datierten Gutachten wie folgt:

24

„1. Die Dissertation [des Klägers] ist in einem erheblichen, jede Bagatellgrenze deutlich übersteigenden Maße von wissenschaftlicher Unredlichkeit gekennzeichnet – indem Fremdtexte teils wörtlich, teils unter leichter Satzumstellung oder Umformulierung verwandt werden.

25

2. Die Promotion ist rechtswidrig und kann nach § 48 Abs. 3 VwVfG zurückgenommen werden, weil die Dissertation wissenschaftlichen Maßstäben nicht genügt und damit nicht als Promotionsleistung taugt.

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3. Vertrauensschutz genießt [der Kläger] auch nach fast 14 Jahren nicht – schon weil er arglistig gehandelt hat. Dementsprechend kann auch ein etwaiger 'Erwerbsschaden' durch Promotionsentzug in der Abwägung nicht zu seinen Gunsten ins Gewicht fallen. [Der Kläger] verliert nur das, was er sich unredlich erschlichen hat.“

27

Zuvor waren bereits im August 2011 Plagiatsvorwürfe hinsichtlich der Dissertation des Klägers auf der Homepage der Internetplattform „O.“ veröffentlich worden. Der Wissenschaftsjournalist Priv.-Doz. Dr. P. hatte sich mit E-Mails vom 8. August 2011 an den Dekan Prof. Dr. K. mit einer Anfrage gewandt, die Plagiatsvorwürfe wegen der Dissertation des Klägers betraf. Am 29. August 2011 erschien ein Artikel von Priv.-Doz. Dr. P. im Internetangebot „Q.“ unter dem Titel: „…“ Zu einem späteren Zeitpunkt erstattete der Präsident der Beklagten, Prof. Dr. R., „Strafanzeige gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Weitergabe vertraulicher Informationen an Dritte“ und nahm dabei auf die Online-Publikationen über Plagiatsvorwürfe Bezug. Die Staatsanwaltschaft Hamburg stellte das Ermittlungsverfahren ein, da kein Täter ermittelt werden konnte (Einstellungsnachrichten v. 8.1.2013, ...).

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Mit Schreiben vom 8. November 2011 informierte der Vorsitzende des Promotionsausschusses Prof. Dr. L. die beiden Gutachter der Dissertation, Prof. Dr. A. und Prof. Dr. B., unter Beifügung des Gutachtens des Prof. Dr. N. über die Vorwürfe und bat um Stellungnahme. Mit Schreiben unter dem gleichen Datum räumte er dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme ein.

29

Unter Bezugnahme auf das an ihn gerichtete Schreiben des Vorsitzenden des Promotionsausschusses wandte sich der Erstgutachter der Dissertation des Klägers, Prof. Dr. A., unter dem 24. November 2011 an den Präsidenten der Beklagten, Prof. Dr. R., monierte den Gang des Habilitationsverfahrens und erhob Bedenken gegen die Qualifikation des Prof. Dr. N. und dessen Gutachten. In dem Gutachten seien keine Plagiate von relevanter Bedeutung nachgewiesen worden und er fühle sich nicht getäuscht.

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Der Kläger drohte mit E-Mail an den Vorsitzenden des Promotionsausschusses, Prof. Dr. L., vom 16. November 2011 mit rechtlichen Schritten in den Vereinigten Staaten.

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Der Zweitgutachter der Dissertation Prof. Dr. B. nahm unter dem 1. Dezember 2011 gegenüber dem Vorsitzenden des Promotionsausschusses, Prof. Dr. L., insbesondere wie folgt Stellung:

32

„Ich hatte bereits in meinem Zweitgutachten zur Dissertation [des Klägers] zum Ausdruck gebracht, dass die Dissertation im Wesentlichen nur bereits bekannte Erkenntnisse enthält. Nunmehr zeigt sich, dass [der Kläger] die Arbeit in einem erschreckend großen Umfang von anderen Autoren abgeschrieben hat und dabei ebenfalls in sehr großem Umfang Texte fremder Autoren wörtlich oder fast wörtlich einfach übernommen hat, ohne dies kenntlich zu machen. […] Ich sehe mich in meiner damaligen, für die Beurteilung maßgebenden Annahme getäuscht, dass – mögen auch die Erkenntnisse im Wesentlichen nicht neu gewesen sein – doch die gesamte Darstellung inhaltlich und textlich allein vom Verfasser stammt. Hierin hatte ich die eigene Leistung des Verfassers gesehen. Die Grundlage für diese Beurteilung ist vollständig entfallen.“

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Mit Schreiben vom 19. Dezember 2011 bat das Mitglied des Promotionsausschusses Prof. Dr. T. gegenüber dem Vorsitzenden des Promotionsausschusses, Prof. Dr. L., wegen einer an ihn gerichteten E-Mail des Klägers vom 15. Dezember 2011 ihn, Prof. Dr. T., „im Promotionsausschuss für befangen zu erklären“.

34

In seiner Stellungnahme vom 13. Januar 2012 brachte der Kläger vor, der Begriff des Plagiats erfordere die Angabe fremden Gedankenguts unter Nichtnennung der Quelle. Er habe seine Dissertation von einem Germanisten lektorieren lassen. Es hätten Gespräche sowohl im Vorfeld als auch nach Fertigstellung der Arbeit stattgefunden. Dabei sei auch die korrekte Zitierweise erörtert bzw. besprochen worden. Danach sollten Anführungszeichen, wenn überhaupt, nur zu setzen sein, wenn ein ganzer Satz wortwörtlich wiedergegeben werde, ansonsten reiche der Quellennachweis aus, da sonst dem geneigten Leser ein flüssiges Lesen unmöglich wäre. Es sei nicht erforderlich und auch nicht geboten, innerhalb eines Absatzes jeden einzelnen Satz zu zitieren. Innerhalb eines Absatzes sei ein Quellennachweis ausreichend, wenn die einzelnen Sätze in einem engen sachlichen Zusammenhang stünden und für den fachkundigen Leser erkennbar sei, dass die einzelnen Sätze von einem Autor stammten. Der Quellennachweis sei dann je nach Schwerpunktsetzung an das Ende des ersten Satzes oder des letzten Satzes des betreffenden Absatzes zu setzen. Er, der Kläger, habe – ausgehend von einem Festschriftbeitrag des Betreuers der Dissertation Prof. Dr. A. – als Eigenleistung eine herausragende Stellung des Finanzvorstands anerkannt. Der Vorwurf der vorsätzlichen, arglistigen Täuschung sei befremdlich und werde entschieden zurückgewiesen.

35

Der Promotionsausschuss erörterte am 25. April 2012 eine Aberkennung des akademischen Grads des Klägers unter Einbezug der Stellungnahmen des Klägers und der Gutachter. Der Promotionsausschuss fasste den Beschluss:

36

„[Dem Kläger] wird der Doktortitel wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens gem. § 19 S. 2 PromO 1972 und § 48 Abs. 1, Abs. 2 S. 3 Nr. 1, Abs. 4 S. 2 HmbVwVfG entzogen, da sich nachträglich herausgestellt hat, dass die zur Verleihung des Doktortitels erforderlichen Voraussetzungen aufgrund Täuschung und wissenschaftlichen Fehlverhaltens des [Klägers] zum Zeitpunkt der Verleihung des Doktortitels nicht vorgelegen haben.“

37

Der Promotionsausschuss hielt ausweislich des Sitzungsprotokolls dafür, dass der transparente und exakte Nachweis der Verwendung fremder Formulierungen und fremden Gedankenguts nicht erst seit 1999 zum Wesensmerkmal guter wissenschaftlicher Praxis gehöre und ein wesentliches Element der Eigenständigkeit bzw. der Erkennbarkeit der eigenständigen wissenschaftlichen Leistung eines Promovenden sei. Der Promotionsausschuss gehe angesichts Art und Umfang der Nutzung fremder Texte und fremden Gedankenguts, die nicht adäquat nachgewiesen bzw. verschleiert sei, von einer arglistigen Täuschung aus. Der Promotionsausschuss erörterte die Frage, ob angesichts des damit zugleich verbundenen schweren Eingriffs in die Grundrechte des Klägers der Entzug des Doktorgrads noch als verhältnismäßig angesehen werden könne, was aber angesichts des Umfangs und der Art der nicht adäquat erfolgten Kennzeichnung der Übernahme fremden Gedankenguts der Fall sei.

38

Der Vorsitzende des Promotionsausschusses Prof. Dr. L. wurde beauftragt, diesen Beschluss und dessen Begründung dem Dekan zwecks Vollzugs im Außenverhältnis mitzuteilen. Der Dekan der Fakultät für Rechtswissenschaft Prof. Dr. K. fertigte unter dem 25. Juni 2012 den Bescheid, dem Kläger zugestellt am 28. Juni 2012, in dessen Tenor es heißt:

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„1. Die Verleihung des akademischen Grads eines Doktors der Rechtswissenschaft mit Urkunde vom 28.1.1998 durch den Fachbereich Rechtswissenschaft I wird zurückgenommen. Der Titel wird Ihnen damit nachträglich aberkannt und entzogen.

40

2. Es wird Ihnen aufgegeben, die Promotionsurkunde vom 28.01.1998 an die Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg, Rothenbaumchaussee 33, 20148 Hamburg bis zum 17.08.2012 zurückzugeben.“

41

Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Entscheidung finde ihre Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 und 3 HmbVwVfG i.V.m. § 19 Satz 2 PromO 1972. Die Regelung des § 19 PromO 1972 reiche als Grundlage für einen derart weitgehenden Eingriff nicht aus. Dazu bedürfe es einer gesetzlichen Grundlage. Die Verleihung des akademischen Grads eines Doktors der Rechtswissenschaft sei ein begünstigender Verwaltungsakt i.S.d. § 48 Abs. 3 HmbVwVfG und vorliegend rechtswidrig, weil die Voraussetzungen zu seinem Erlass seinerzeit nicht vorgelegen hätten. Die Aberkennung und Entziehung des Doktorgrads sei rechtlich als Rücknahme eines Verwaltungsaktes anzusehen.

42

Die Voraussetzungen für die Promotion hätten nicht vorgelegen, da die Dissertation keine eigenständige Leistung darstelle, in der nur die angegebenen Hilfsmittel verwendet worden seien. Vielmehr stelle die mangelnde Kenntlichmachung der verwendeten Fremdtexte eine erhebliche Täuschung i.S.d. § 19 PromO 1972 dar. Die an eine Dissertation zu stellenden Anforderungen seien erst dann erfüllt, wenn an den konkreten Textstellen, innerhalb derer fremde Erkenntnisse verwendet würden, eine eindeutige Quellenangabe erfolge. Die Beklagte nahm Bezug auf das Gutachten des Prof. Dr. N., in dem fünf Kategorien von Zitierfehlern unterschieden wurden:

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„1. Wörtliche Übernahme fremder Textstellen ohne jegliche Nennung des Urhebers und Autors an der betreffenden Stelle in der Dissertation;

44

2. nahezu wörtliche Übernahme fremder Textstellen ohne jegliche Nennung des Urhebers und Autors an der betreffenden Stelle der Dissertation;

45

3. wörtliche Übernahme fremder Textstellen, bei denen zwar eine Nennung des Urhebers und Autors in einer Fußnote erfolgt, aber ohne dass erkennbar wird, dass es sich um eine wörtliche Übernahme handelt und ohne dass erkennbar wird, wo das Zitat beginnt und wo es endet,

46

4. wörtliche Übernahme des Textes mit der Nennung einer Vielzahl von Autoren[,] ohne dass Beginn und Ende des Zitats und der eigentliche Autor erkennbar werden;

47

5. nahezu wörtliche Übernahme mit der Nennung des Autors, aber ohne dass erkennbar wird, wo die Übernahme beginnt und wo diese endet.“

48

An 55 in Anlage 1 zum Bescheid benannten und der ersten Kategorie zuzuordnenden Textstellen der Dissertation seien Texte fremder Autoren wortwörtlich bzw. nahezu wortgleich übernommen worden, ohne jeden Hinweis auf den Urheber und ohne dass sich dort eine entsprechende Quellenangabe fände. Wie sich aus Anlage 2 zum Bescheid ergebe, seien an zwei weiteren Stellen, die der zweiten Kategorie zuzuordnen seien, Texte fremder Autoren ohne entsprechende Quellenangabe nahezu wortwörtlich bzw. wortgleich übernommen worden. Allein schon die in Anlage 1 und 2 aufgeführten insgesamt 57 Textstellen belegten ein wissenschaftliches Fehlverhalten in einem quantitativ wie auch hinsichtlich des Schweregrads und der inhaltlichen Bedeutung hinreichendem Maße, um von einer erheblichen Täuschung i.S.d. § 19 PromO 1972 zu sprechen.

49

Aus den in Anlage 3 aufgeführten Textstellen, die der dritten Kategorie zuzuordnen seien, ergebe sich, dass an weiteren 71 Stellen der Dissertation die Texte fremder Autoren zwar unter Nennung der Quelle übernommen worden seien; dort sei aber nicht kenntlich gemacht, welche Teile des Textes auf seinen eigenen Erkenntnissen und Gedanken beruhten und welche Teile des Textes eine bloße Wiedergabe fremder Erkenntnisse und Gedanken darstellten. Ebenso seien an den in Anlage 4 aufgeführten und der vierten Kategorie zuzuordnenden elf Stellen Texte fremder Autoren in den Text der Dissertation übernommen worden, ohne diese Übernahme im Text zureichend kenntlich zu machen; im Unterschied zu den in Anlage 3 aufgeführten Textstellen finde sich in den jeweiligen Fußnoten zwar die Angabe der Originalquelle, daneben aber noch weitere Quellenangaben, so dass nicht klar erkenntlich sei, was die eigentliche Quelle sei. An den in Anlage 5 genannten und der fünften Kategorie zuzuordnenden 16 Stellen seien Texte unter Nennung der Quelle nahezu wörtlich übernommen worden, die nahezu wörtliche Übernahmen aber nicht kenntlich gemacht worden.

50

Durch die Abgabe der Versicherung gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 PromO 1972 habe der Kläger den Eindruck erweckt, er habe die in der Dissertation verwendeten Hilfsmittel vollständig angegeben. Tatsächlich habe er aber in erheblichem Umfang Texte bzw. Textteile fremder Autoren verwendet und diese Verwendung gar nicht oder nicht ausreichend kenntlich gemacht. Mithin habe er entgegen seiner Erklärung die von ihm verwendeten Hilfsmittel nicht vollständig und nicht in der wissenschaftlich erforderlichen Weise angegeben. Es gehöre zu den wissenschaftlichen Selbstverständlichkeiten, die Übernahme fremden Gedankenguts transparent und hinsichtlich Art und Umfang eindeutig kenntlich zu machen. Nur darüber lasse sich kenntlich machen, welche Leistungen von einem selbst, welche von anderen Autoren stammten. Darauf beruhe in der Wissenschaft die Zuschreibung wissenschaftlicher Reputation. Ein vereinzelt auftretendes und versehentliches unsauberes Arbeiten bzw. Zitieren im Sinne von bagatellhaften, handwerklichen Flüchtigkeitsfehlern oder ein Fehlverhalten in inhaltlich irrelevanten, hinsichtlich der Thematik der Arbeit allenfalls randständigen Teilen der Dissertation sei nicht gegeben. Die fraglichen Textstellen fänden sich nämlich nicht nur und auch nicht weit überwiegend in thematischen Randbereichen der Dissertation, vielmehr finde sich eine relevante Anzahl der in Rede stehenden Textstellen auch innerhalb solcher thematischer Zusammenhänge, die in der Dissertation als „Kernbereich der Arbeit“ bezeichnet worden seien.

51

Neben einer genauen Quellenangabe sei es zusätzlich notwendig, dass die wörtlich übernommenen Textstellen innerhalb des eigenen Textes des Promovierenden eindeutig als Zitate gekennzeichnet würden. Dies folge aus den grundlegenden Maßstäben wissenschaftlichen Arbeitens und entspreche auch dem Wesen der Dissertation als Nachweis der Befähigung zum eigenständigen wissenschaftlichen Arbeiten.

52

Die Entziehung des Doktorgrads setze neben der festgestellten erheblichen objektiven Täuschungshandlung einen subjektiven Täuschungswillen voraus, wobei ein bedingter Vorsatz ausreiche. Die objektive Täuschungshandlung sei vorsätzlich begangen worden. Art und Umfang der Übernahme fremder Texte und Gedanken sprächen eindeutig gegen fahrlässiges, versehentliches Fehlverhalten. Der Täuschungsvorsatz folge weiter aus der unzutreffenden Erklärung über die vollständige Angabe der verwendeten Hilfsmittel, die als bewusste Irreführung zu werten sei. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger die Täuschung der Gutachter und der übrigen Prüfungskommission über die nicht hinreichende Kennzeichnung als möglich erkannt und mindestens billigend in Kauf genommen habe. Die begangenen Täuschungen seien auch kausal gewesen für die erfolgte Verleihung des Doktorgrads. Der Umstand, dass der Erstgutachter sich möglicherweise nicht getäuscht gefühlt habe, ändere daran nichts, dass die Fakultät und das Prüfungsgremium als Ganzes durch die Täuschungshandlung von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen seien.

53

Es könne offenbleiben, ob das Rücknahmeermessen durch die Regelung des § 18 Abs. 2 Satz 2 PromO 2010 eingeschränkt werde. Einschlägig sei die Regelung aus § 48 Abs. 1 HmbVwVfG, die ein Ermessen vorsehe, das durch den Promotionsausschuss auch ausgeübt worden sei. Eine an den Zwecken der Ermessensermächtigung in § 48 Abs. 3 HmbVwVfG orientierte Ermessensentscheidung führe zu dem Ergebnis, dass die Verleihung des Doktorgrads zurückgenommen werden solle. Auf schutzwürdiges Vertrauen könne der Kläger sich nicht berufen, weil er den „Titel“ eines Doktors der Rechtswissenschaft durch Täuschung erlangt habe.

54

Die Entziehung des Doktorgrads sei verhältnismäßig. Sie schütze den wissenschaftlichen Ruf des Fachbereichs, der Universität und das Ansehen der Rechtswissenschaft insgesamt und sichere die Übereinstimmung von akademischer Leistung und akademischem „Titel“, das Allgemeininteresse an „Titelwahrheit“ und die Integrität des Promotionsverfahrens sowie die Chancengleichheit mit anderen Doktoranden. Die Rücknahme der Verleihung des Doktorgrads sei erforderlich, um diese Zwecke zu fördern. Notenherabsetzung und Nachbesserung kämen als mildere Maßnahmen nicht in Betracht, da sie auch bei einer früheren Entdeckung in der Promotionsordnung nicht vorgesehen seien. Da von der konkreten Identität der vorgelegten Arbeit auszugehen sei, sei nicht von Bedeutung, ob für eine andere Arbeit als die tatsächlich vorgelegte der Doktorgrad ggf. mit einer schlechteren Note verliehen worden wäre. Unabhängig davon sei ausgehend von dem erheblichen Ausmaß des wissenschaftlichen Fehlverhaltens im konkreten Fall eine Notenherabsetzung oder Nachbesserung oder bloße Rüge auch nicht geeignet, das Ansehen von Fachbereich, Universität und Rechtswissenschaft sowie die Chancengleichheit mit anderen – redlichen – Doktoranden zu sichern.

55

Die Entziehung sei auch angemessen. Sie lasse die mehrjährige Arbeit an der Dissertationsschrift hinfällig werden und könne zu beruflichen Erschwernissen führen, die Beeinträchtigungen in der Berufsfreiheit mit sich bringen könnten. Wegen des Umfangs der Täuschungen und der Reichweite der wissenschaftlichen Unredlichkeiten, welche das Ansehen des Fachbereichs, der Universität und der Rechtswissenschaft insgesamt in der wissenschaftlichen sowie in der allgemeinen und medialen Öffentlichkeit erheblich gefährdeten und auch im Sinne der Wahrung des Grundsatzes der Chancengleichheit aller Doktoranden und der Allgemeininteressen an Titelwahrheit und Integrität des Promotionsverfahrens seien die öffentlichen Interessen höher zu gewichten als die persönlichen beruflichen, sozialen und privaten Belange des Klägers. Zu beachten sei, dass durch die Aberkennung des Doktorgrads eine zwingende Zulassungsvoraussetzung zu der angestrebten Habilitation entfalle, es sei aber nicht zu vertreten, dass die persönlichen Interessen des Klägers an einer Habilitation dazu veranlassen sollten, das in die Wissenschaft und Forschung gesetzte öffentliche Vertrauen zu gefährden oder einen geringeren Anspruch an seine wissenschaftliche Redlichkeit zu stellen.

56

Die Jahresfrist für die Rücknahme gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG sei wegen § 48 Abs. 4 Satz 2 HmbVwVfG nicht anwendbar und im Übrigen eingehalten. Der Fakultät seien alle relevanten Tatsachen, insbesondere Art und Umfang der Täuschungshandlungen sowie die für die Ermessensausübung relevanten Tatsachen, erst im Oktober 2011 bekannt geworden.

57

Der Kläger legte gegen den Bescheid am 23. Juli 2012 Widerspruch ein.

58

Mit Schreiben seines Bevollmächtigten an die Präsidialverwaltung der Beklagten vom 30. August 2012 machte der Kläger geltend, dass der Dekan Prof. Dr. K. wegen Befangenheit aus sämtlichen den Kläger betreffenden Verfahren auszuschließen sei. Es sei zu bezweifeln, ob die vom Dekanat geführte Akte tatsächlich vollständig sei. Die Präsidialverwaltung wies mit Schreiben vom 6. September 2012 die Unterstellung pflichtwidrigen Handelns zurück.

59

Zur Begründung des Widerspruchs führte der Kläger in formeller Hinsicht insbesondere aus: Wegen der Schwere des Eingriffs habe der Promotionsausschuss nur beratend tätig werden dürfen. Die gesamte Fakultät für Rechtswissenschaft sei wegen der Weitergabe interner, brisanter Informationen nach § 21 HmbVwVfG befangen. Der Promotionsausschuss sei gemessen an § 4 Abs. 2 Satz 2 PromO 1972 fehlerhaft zusammengesetzt und mangels Qualifikation nicht in der Lage gewesen, über die Dissertationsschrift zu entscheiden. Es fehle ein Vertreter des Zivilrechts. Die Ergänzung des Promotionsausschusses um Prof. Dr. U. als Ersatzmitglied sei unzulässig gewesen. Die Mitglieder des Promotionsausschusses Prof. Dr. L. und Prof. Dr. V. seien wegen ihrer gleichzeitigen Mitgliedschaft im Habilitationsausschuss befangen, Prof. Dr. L. auch deshalb, weil er bereits vor der Beschlussfassung über die Aberkennung des Doktorgrads am 25. April 2012 in der Sitzung des Promotionsausschusses vom 15. März 2012 mit der Formulierung eines Aberkennungsbescheids beauftragt worden sei. Die fehlende Neutralität des Prof. Dr. L. und seine Befangenheit ergäben sich ferner aus seiner E-Mail vom 19. Juli 2012 an Prof. Dr. K., in welcher er ausgeführt habe, es bestünde nicht allzu viel Anlass zu besonderer Freundlichkeit und er neige zur Nichtreaktion auf die noch vor Einlegung des Widerspruchs angebrachte Anfrage des Klägers zu einer einzuräumenden Widerspruchsbegründungsfrist. Prof. Dr. N. sei zur Erstattung eines Gutachtens fachlich und persönlich ungeeignet und im Verwaltungs- und Hochschulrecht unerfahren gewesen. Der Grundsatz rechtlichen Gehörs sei verletzt worden, da es an einer persönlichen Anhörung fehle und er, der Kläger, nur zu dem Vorwurf der arglistigen Täuschung angehört worden sei, nicht zu dem Vorwurf eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens.

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In materieller Hinsicht machte der Kläger geltend: Es fehle an der Feststellung eines „Wissenschaftsplagiats“. Fremde Gedanken seien ausnahmslos durch Fußnoten gekennzeichnet worden. Quellenangaben bei evidenten Aussagen seien entbehrlich bzw. unzulässig. Dass die Fußnoten sich teilweise auf aufeinander folgende Sätze bezögen, sei ebenfalls unschädlich. Er, der Kläger, habe sich häufig der Möglichkeit eines Zitates „passim“ bedient, die in einem summarischen Verweis auf eine Quelle bestehe, um den Lesefluss nicht zu hemmen. Aus diesem Grund sei auch auf Anführungszeichen verzichtet worden, was einem Gutachten des Philologen Dr. W. entspreche. Im Folgenden führte der Kläger zu jeder einzelnen der in den Anlagen 1 bis 5 zum Bescheid benannten Textstellen aus, weshalb nach seiner Meinung kein Zitierfehler vorliege.

61

Weiter brachte der Kläger vor: Die Beklagte habe gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens verstoßen, denn er, der Kläger, habe bei Anfertigung der zweiten Habilitationsschrift darauf vertraut, dass die Beklagte den Plagiatsvorwürfen bezüglich seiner Dissertationsschrift nicht weiter nachgehe. Die Beklagte treffe wegen mangelnder Sorgfalt eine Mitverantwortung und es stelle eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn nach 14 Jahren die Zitierweise in der Dissertation beanstandet werde. Die Beklagte habe unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG willkürlich gehandelt, da sie offensichtlich den Entschluss zur Durchführung des Verfahrens zur Aberkennung des Doktorgrads nur gefasst habe, um eine erfolgreiche Durchführung des Habilitationsverfahrens zu verhindern. Das subjektive Recht auf ein faires Verfahren sei durch die Vorabinformation der Öffentlichkeit verletzt worden. Das Habilitationsverfahren und das Promotionsentziehungsverfahren seien von der Fakultät für Rechtswissenschaft nicht ausreichend getrennt worden. Dies ergebe sich daraus, dass der Plagiatsvorwurf hinsichtlich der Dissertation schon im ersten Verfahrensteil des Habilitationsverfahrens Ende 2008/Anfang 2009 erörtert, dem Vorwurf aber nicht weiter nachgegangen worden sei.

62

Der Habilitationsausschuss beschloss am 9. Januar 2013, das Habilitationsverfahren im Hinblick auf das Promotionsentziehungsverfahren „bis zur Erreichung endgültiger Bestandskraft oder aber endgültiger Aufhebung des Verwaltungsakts ruhen zu lassen“.

63

Der Promotionsausschuss setzte sich in seiner 158. Sitzung vom 9./16. Januar 2013 mit den Einwänden des Klägers auseinander und beschloss in seiner 159. Sitzung vom 30. Januar 2013, dem Widerspruch nicht abzuhelfen. Der Widerspruchsvorgang wurde dem Widerspruchsausschuss für Prüfungsangelegenheiten am 20. Februar 2013 vorgelegt.

64

Der Widerspruchsausschuss, besetzt mit der Vorsitzenden X., der Hochschullehrerin aus der Fakultät für Rechtswissenschaft Prof. Dr. Y. und dem Promotionsstudenten aus der Fakultät für Rechtswissenschaft Z., hörte den Kläger in Person und seine Bevollmächtigten am 10. April 2013 an. Die Vertreter des Klägers brachten dabei ausweislich des Protokolls insbesondere vor, dass im Habilitationsverfahren eine „Rettungslösung“ vereinbart worden sei, die ein verbindlicher Vergleichsvertrag mit „Generalquittungscharakter“ sei und zum Inhalt habe, Plagiatsvorwürfe wegen der Dissertation nicht weiter zu verfolgen. Der den Widerspruch zurückweisende Tenor wurde von allen drei Mitgliedern des Promotionsausschusses am 10. April 2013 unterzeichnet. Der den Widerspruch zurückweisende Widerspruchsbescheid erging unter dem 30. April 2013, zugestellt am 6. Mai 2013. Darin führte die Beklagte aus:

65

Zuständig für die Entziehung der Promotion sei der Promotionsausschuss, dessen Zusammensetzung sich nach § 2 Abs. 1 Satz 2 PromO 2010, nicht nach § 4 Abs. 2 Satz 2 PromO 1972 richte, weshalb die Mitwirkung eines Vertreters aus dem Zivilrecht entbehrlich sei. Es gehe nicht um die Prüfung eines Doktorkandidaten, sondern um die Überprüfung einer erbrachten Arbeit auf korrekte Zitierweise. Es bestehe kein Zweifel an der Fachkompetenz des Gutachters Prof. Dr. N.. Der Kläger habe umfangreich Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt, im Übrigen habe er im Widerspruchsverfahren Gelegenheit zu mündlichem Vortrag erhalten. Es bestehe keine Besorgnis der Befangenheit gegen alle Mitglieder des Promotionsausschusses wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses, weil kein Hinweis darauf vorliege, das ein Mitglied des Promotionsausschusses das Dienstgeheimnis verletzt habe. Es bestehe auch keine Besorgnis der Befangenheit gegen diejenigen Mitglieder des Promotionsausschusses, die zugleich dem Habilitationsausschuss angehörten. Es bestehe keine Besorgnis der Befangenheit gegen den Vorsitzenden des Promotionsausschusses allein aufgrund des Umstands, dass er mit dem Entwurf eines Bescheids beauftragt gewesen sei.

66

Im Widerspruchsbescheid ist weiter ausgeführt:

67

„Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des insoweit maßgeblichen § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1, 1. Variante i.V.m. § 48 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 19 PromO 1972 sind erfüllt. Ermessensfehler, die zur Aufhebung des Verwaltungsaktes führen müssen, sind nicht erkennbar.“

68

Es könne dahinstehen, ob jede wörtliche Übernahme ohne Kennzeichnung durch Anführungszeichen bereits ein Plagiat sei. Ferner werde zugunsten des Klägers zugrunde gelegt, dass eine wissenschaftliche Leistung auch darin liegen könne, dass der Kläger vereinzelte wörtliche Übernahmen längerer Passagen durch weitere Nachweise angereichert habe. Gleichwohl könne selbst dann, wenn der Urheber an untergeordneter Stelle mit einer Fußnote kenntlich gemacht werde, die wörtliche Übernahme fremder Textpassagen zur Annahme eines Plagiats und damit einer arglistigen Täuschung führen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn es nicht auf die präzise Darstellung eines Wortlauts ankomme (wie z.B. bei der Zitierung von Gesetzen oder Leitsätzen aus der Rechtsprechung) und eine Häufung derartiger Verletzungen der Zitierregeln auftrete; würden weder Anführungszeichen gesetzt, noch sonst qualifizierte Nachweise der Urheberschaft in irgendeiner Weise erbracht, liege unter den genannten Voraussetzungen unzweifelhaft eine arglistige Täuschung vor. Die Kenntnis juristischer Zitierregeln sei von jedem Doktoranden selbst zu erwarten. Die Rücknahmefrist sei nicht vor Kenntnis von dem externen Gutachten angelaufen. Ermessensfehler seien nicht zu erkennen. Im Einzelnen wurde ausgeführt (Widerspruchsbescheid, S. 9-11): Aufgrund § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG sei ein sehr eingeschränkter Ermessensspielraum zu Grunde zu legen, da derjenige, der mittels arglistiger Täuschung den zu seinen Gunsten erlassenen rechtswidrigen Verwaltungsakt erwirke, in verstärktem Maße mit einer späteren Aufhebung rechnen müsse und deshalb des Vertrauensschutzes teilweise verlustig gehe. Die berufliche Situation des Klägers sei hinreichend gewürdigt. Mit der Aberkennung des Doktorgrads gehe zwar ein erheblicher Reputationsverlust einher, der jedoch durch das öffentliche Interesse an der Wahrung wissenschaftlicher Integrität überwogen werde. Die allgemein bekannten wissenschaftlichen Standards seien ein hohes Gut, welches nicht ohne Weiteres zu Lasten der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zurückgesetzt werden dürfe. Der als „Rettungslösung“ bezeichnete Beschluss des Habilitationsausschusses enthalte keinen Vergleichsschluss mit „Generalquittungscharakter“. Es sei den Akten nicht zu entnehmen, dass die Plagiatsvorwürfe nicht weiter hätten verfolgt werden sollen. Das öffentliche Bekanntwerden des Plagiatsverdachts habe nicht zum Unterlassen des Aberkennungsbescheids führen müssen. Selbst wenn die Weitergabe dienstlich erlangter Informationen eine strafrechtlich relevante Handlung darstelle, folge daraus kein erhöhtes Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsaktes.

69

Der Kläger hat am 31. Mai 2013 Klage erhoben. Zur Begründung verweist der Kläger auf die Widerspruchsbegründung und führt ergänzend insbesondere aus:

70

Das Mitglied des Widerspruchsausschusses Prof. Dr. Y. habe Zweifel an der Rücknahme geäußert sowie formelle Fehler in dem Verfahren eingeräumt. Der Widerspruchsausschuss sei fehlerhaft besetzt gewesen, da der Promotionsstudent Z. in einem Abhängigkeitsverhältnis zu seiner Universität stehe und nicht unbefangen gewesen sein könne. An einer „wissenschaftsbasierten Entscheidung“ wie der Entziehung des Doktorgrads dürfe kein Promotionsstudent mitwirken. Es habe eine Verschleierung formeller Mängel stattgefunden. Prof. Dr. T. habe sich für den Habilitationsausschuss und den Promotionsausschuss für befangen erklärt, und sei zunächst nicht eingeladen worden, deshalb seien Beschlüsse fehlerhaft. Zu den Sitzungen des Promotionsausschusses sei er erst nach Einlegung des Widerspruchs bzw. der Widerspruchsbegründung wieder eingeladen gewesen.

71

Die Dissertation enthalte bereits keine Plagiate. Sollte sie tatsächlich Plagiate enthalten, ließe sich dies auch über eine Nachbesserung, eine Neueinreichung oder über eine Dissertation im Rahmen der Sammeldissertation heilen. Der Entzug des Doktorgrads sei unverhältnismäßig wegen des Verlusts seiner Stellung in der Rechtsanwaltssozietät, seines fortgeschrittenen Alters, seiner Geschäftsführerposition bei der Vereinigung „…“ und da die Grundlage für die bereits angenommene Habilitation entzogen werde. Alle diese Umstände hätten im bisherigen Verfahren überhaupt keine Würdigung erfahren. Ferner müsste eine zwischenzeitlich aufgetretene Erkrankung des Klägers berücksichtigt und angemessen gewürdigt werden.

72

Die Ausführung des Betreuers der Dissertation, Prof. Dr. A., sich keineswegs getäuscht zu fühlen, sei bei Entscheidung über die Rücknahme nicht berücksichtigt worden. Da er, der Kläger, als dessen Assistent gearbeitet habe, sei nicht auszuschließen, dass ein „Abschreiben auch umgekehrt herum erfolgt“ sein könne.

73

Die Rücknahme der Promotion sei im Hinblick auf die im Habilitationsverfahren gefundene „Rettungslösung“ unzulässig. Der Inhalt des Vier-Augen-Gesprächs vom 27. Mai 2009 mit dem Vorsitzenden des Habilitationsausschusses, Prodekan Prof. Dr. D., könne dezidiert wiedergegeben werden aus den detaillierten Aufzeichnungen und diktierten Protokollen des Rechtsanwalts H.. Danach habe Prof. Dr. D. geäußert, dass bei „der Durchsicht der Arbeit [des Klägers] aufgefallen sei, dass Passagen aus Aufsätzen übernommen worden seien, ohne dass dies hinreichend gekennzeichnet worden sei“. Darauf entgegnend habe Rechtsanwalt H. darauf hingewiesen, dass zu der Habilitationsschrift ein Drittgutachten vorliege und die Zitierweise insbesondere insoweit nicht moniert worden sei. Prof. Dr. D. habe vorgeschlagen, „dass [der Kläger] die Arbeit umarbeiten“ solle. Rechtsanwalt H. habe ihm, dem Kläger, im Anschluss berichtet, dass Prof. Dr. D. „eine Lösung anstrebe, mit der beide Seiten leben“ könnten und „vom Kläger erwartet werde, dass er nicht weiter vermeintliche formelle Mängel der Universität geltend mache und sich der neuen Situation widme. Umgekehrt würde auch die Universität dem Kläger keine weiteren Steine in den Weg legen.“ Der Kläger vertritt die Auffassung, die im Habilitationsverfahren gefundene „Rettungslösung“ stelle einen „Vergleich mit Generalquittungscharakter“ dar. Es sei ein Vergleich geschlossen worden, der „begriffsnotwendig“ beinhalte, dass die Voraussetzungen zur Fertigung einer Habilitation als gegeben akzeptiert würden. Die Beklagte habe gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens verstoßen; dem Habilitationsausschuss sei bei Annahme des „Vergleichs“ bekannt gewesen, dass Bedenken gegen die Dissertation erhoben worden seien.

74

Der Kläger beantragt,

75

den Bescheid vom 25. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2013 aufzuheben.

76

Die Beklagte beantragt,

77

die Klage abzuweisen.

78

Zur Begründung verweist die Beklagte auf die Ausführungen in den Bescheiden und trägt ergänzend vor: Die Entscheidung in Prüfungsangelegenheiten obliege dem Widerspruchsausschuss in Prüfungsangelegenheiten. Dessen Zusammensetzung ergebe sich aus § 66 Abs. 1 Satz 2 HmbHG. Es gehe nicht um die (Neu-)Bewertung der Dissertation, sondern darum, ob Fremdtexte ausreichend zitiert worden seien. Es bestehe kein prüfungsspezifischer Bewertungsspielraum. Der Widerspruchsausschuss sei keine Prüfungskommission. Die Beklagte habe keine formellen Mängel verschleiert, denn es habe keine formellen Mängel gegeben. Frau Prof. Dr. Y. habe keine Fehler in dem Verfahren eingeräumt, der Kläger habe auch nicht mitgeteilt, um welche Fehler es sich gehandelt habe. Die „Rettungslösung“ beinhalte keinen Vergleich mit „Generalquittungscharakter“. An eine etwaige Zusicherung sei sie, die Beklagte, auch nicht mehr gebunden. Die Stellungnahme des Prof. Dr. A. sei hinreichend gewürdigt worden. Es sei bereits in zeitlicher Hinsicht nicht plausibel, dass Prof. Dr. A. vom Kläger abgeschrieben habe und nicht umgekehrt. Die Entziehung des Doktorgrads sei auch nicht wegen Art. 12 Abs. 1 GG unverhältnismäßig; gravierende Fälle wissenschaftlicher Unredlichkeit bedürften einer wirkungsvollen Reaktion. Der Promotionsausschuss habe auch erkannt, dass dem Kläger mit dem Entzug des Doktorgrads die Grundlage seiner Habilitation entzogen werde. Mildere Maßnahmen kämen nicht in Betracht. Die Neueinreichung einer Dissertation oder eine Sammeldissertation erforderten ein neues Promotionsverfahren. Eine erst jetzt bekannt gewordene Erkrankung des Klägers habe bei der Ermessensausübung ohnehin nicht berücksichtigt werden dürfen.

79

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung wurden gemacht: die veröffentliche Fassung der vom Kläger vorgelegten Dissertation, die Promotionsakte in zwei Bänden, der Widerspruchsvorgang, ein Ordner mit Quellentexten, die Habilitationsakte in zwei Bänden, sowie die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Hamburg, …. Auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

80

Die zulässige Anfechtungsklage, mit welcher der Kläger gemäß §§ 42 Abs. 1 Alt. 1, 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO den Bescheid vom 25. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2013 anficht, ist nur im Umfang von Ziffer 2 des Bescheidtenors auch begründet (hierzu unter 2.), im Umfang von Ziffer 1 des Bescheidtenors ist sie unbegründet (hierzu unter 1.).

81

1. Soweit der Kläger den Regelungsgehalt unter Ziffer 1 des Bescheidtenors anficht, ist die Klage nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO unbegründet. Denn in diesem Umfang ist der Bescheid vom 25. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2013 objektiv rechtmäßig oder verletzt den Kläger zumindest nicht in seinen subjektiven Rechten. Der angefochtene Bescheid ist unter Ziffer 1 seines Tenors darauf gerichtet, die mit Urkunde vom 28. Januar 1998 vollzogene Verleihung des Doktorgrads an den Kläger als „actus contrarius“ rückgängig zu machen (hierzu unter a.). Dafür besteht in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt (hierzu unter b.) eine Befugnisnorm (hierzu unter c.). Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig oder leidet zumindest nicht an einem formellen Fehler, der i.S.d. § 46 HmbVwVfG erheblich wäre und einen Aufhebungsanspruch des Klägers tragen könnte (hierzu unter d.). Der angefochtene Bescheid ist zudem materiell rechtmäßig sowohl im Hinblick auf die tatbestandlichen Anforderungen der Befugnisnorm (hierzu unter e.) als auch im Hinblick auf die Rechtsfolge der Befugnisnorm (hierzu unter f.).

82

a. Der angefochtene Bescheid ist unter Ziffer 1 seines Tenors darauf gerichtet, die Verleihung des Doktorgrads an den Kläger rückgängig zu machen. Im Bescheidtenor kommt zum Ausdruck, dass ein „actus contrarius“ zur Promotion des Klägers gesetzt werden soll.

83

Die mehrfache Formulierung im Bescheidtenor „zurückgenommen“, „aberkannt“ und „entzogen“ nimmt die Normen in Bezug, die zur Rechtfertigung eines „actus contrarius“ in Betracht zu ziehen sind. Nach § 48 Abs. 1 HmbVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt „zurückgenommen“ werden. Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 der Promotionsordnung der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg (v. 7.7.2010, Amtl. Anz. S. 2620 – PromO 2010) kann ein Doktorgrad „nachträglich aberkannt und entzogen“ werden. Im Bescheid vom 25. Juni 2012 wird zu Recht angenommen, dass die Aberkennung und Entziehung des Doktorgrads als Rücknahme eines Verwaltungsaktes anzusehen seien.

84

Ebenso wenig ist zwischen nachträglicher Aberkennung einerseits und Entziehung des Doktorgrads andererseits zu unterscheiden. Eine solche Unterscheidung kennen weder die amtliche Normüberschrift „Verfahren bei Täuschung und Aberkennung des Grades einer Doktorin oder eines Doktors“ noch die Vorschrift des § 18 Abs. 2 Satz 2 PromO 2010, nach der „eine solche Aberkennung“ insbesondere in dem dort bezeichneten Fall erfolgt, noch die Vorschrift des § 18 Abs. 3 PromO 2010, die für die Aberkennung des Grades einer Doktorin oder eines Doktors im Übrigen auf die gesetzlichen Bestimmungen verweist. Die Satzungsrechtslage ist insoweit nicht vergleichbar mit der in dem vom Verwaltungsgericht Düsseldorf (Urt. v. 20.3.2014, 15 K 2271/13, juris Rn. 42) entschiedenen Fall, in dem § 20 der dort einschlägigen Promotionsordnung für eine „Ungültigerklärung“ der Promotionsleistung eine eigenständige Befugnisnorm darstellte, während § 21 der dort einschlägigen Promotionsordnung für die „Rücknahme“ oder „Entziehung“ des Doktorgrads auf das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes verwies.

85

b. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Rücknahme ist hier der Zeitpunkt der Entscheidung des Widerspruchsausschusses in Prüfungsangelegenheiten über den Widerspruch am 30. April 2013. Wenn kein Widerspruchsverfahren durchzuführen ist, ist der maßgebliche Zeitpunkt im Hinblick auf die Rücknahme der Verleihung eines Doktorgrads derjenige des Erlasses des Bescheides (OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.5.2016, OVG 5 B 11.15, juris Rn. 38; VG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2014, 15 K 2271/13, juris Rn. 39; VG Karlsruhe, Urt. v. 4.3.2013, 7 K 3335/11, juris Rn. 28), sonst der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids (VGH Mannheim, Urt. v. 19.4.2000, 9 S 2435/99, juris Rn. 22). Anwendung findet der Grundsatz, dass der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung für die Begründetheit einer Anfechtungsklage maßgeblich ist. Die für Dauerverwaltungsakte anerkannte Ausnahme von diesem Grundsatz greift für den Verwaltungsakt, der auf die Rücknahme eines anderen Verwaltungsakts gerichtet ist, nicht ein. Denn die Rücknahme zielt nicht als Dauerverwaltungsakt auf eine andauernde, der ständigen Aktualisierung unterworfene Regelung ab, sondern ihrem zeitlichen Regelungsgehalt nach punktuell auf eine einmalige Rechtsfolge, hier die rückwirkende Aufhebung der Verleihung des akademischen Grads.

86

c. Die „nachträgliche Aberkennung und Entziehung“ bzw. inhaltsgleich die „Rücknahme“ der Verleihung des Doktorgrads (dazu s.o. a.) gründen im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung (dazu s.o. b.) auf eine Befugnisnorm. Entgegen der von der Beklagten noch im Widerspruchsbescheid geäußerten Rechtsauffassung kann die Maßnahme nicht auf „§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1, 1. Variante i.V.m. § 48 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 19 PromO 1972“ gestützt werden. Dahinstehen kann, ob sich die Befugnis zur Rücknahme aus der besonderen Satzungsbestimmung des § 18 Abs. 2 PromO 2010 (hierzu unter aa.) oder aus der nachrangig anwendbaren Gesetzesbestimmung des § 48 Abs. 1 HmbVwVfG ergibt (hierzu unter bb.).Der damit gegenüber der Begründung des Widerspruchsbescheids vorgenommene Austausch der Ermächtigungsgrundlage ist unbedenklich (hierzu unter cc.).

87

aa. Die Frage kann offen bleiben, ob die Satzungsbestimmung des § 18 Abs. 2 PromO 2010 allein eine hinreichende Ermächtigung zur Rücknahme der Promotion bietet.

88

Der rechtstaatliche Vorbehalt des Gesetzes verlangt nicht, die Ermächtigungsgrundlage für die Entziehung eines Doktorgrads in einem förmlichen Parlamentsgesetz zu regeln (OVG Münster, Urt. v. 10.12.2015, 19 A 254/13, juris Rn. 75 ff.). Das Hamburgische Hochschulgesetz (v. 18.7.2001, HmbGVBl. S. 171 m. spät. Änd. – HmbHG) ermächtigt in § 91 Abs. 2 Nr. 1 HmbHG zum Erlass einer Hochschulprüfungsordnung, die gemäß § 60 Abs. 1 HmbHG Prüfungsanforderungen und Prüfungsverfahren regelt. Gemäß § 59 Abs. 1 HmbHG zählt die Promotion, mit der die Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit nachgewiesen wird, zu den Hochschulprüfungen. Der Aufnahme von Regelungen über die Entziehung der Promotion als „actus contrarius“ in die Promotionsordnung steht die nicht abschließende Aufzählung der Mindestinhalte der Prüfungsordnung in § 60 Abs. 2 HmbHG nicht entgegen. Auch bei der Rücknahme eines verliehenen Doktorgrades handelt es sich um eine Hochschulprüfungen betreffende Angelegenheit (VGH Mannheim, Beschl. v. 3.2.2014, 9 S 885/13,ESVGH 64, 166, juris Rn. 7).

89

Nach § 18 Abs. 1 PromO 2010 kann der Promotionsausschuss nach Anhörung des oder der Betroffenen die Promotion für nicht bestanden erklären, wenn die Doktorandin oder der Doktorand im Promotionsverfahren eine vorsätzliche Täuschung begangen hat. Ist der Grad einer Doktorin oder eines Doktors zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens einer solchen Täuschung bereits verliehen, so kann er nach § 18 Abs. 2 Satz 1 PromO 2010 vom Promotionsausschuss nach vorheriger Anhörung des Betroffenen oder der Betroffenen nachträglich aberkannt und entzogen werden. Eine solche Aberkennung erfolgt nach § 18 Abs. 2 Satz 2 PromO 2010 insbesondere dann, wenn die Täuschung Leistungen in solchen Teilen der Promotion betrifft, die für die Bewertung der Dissertation oder Disputation oder die Gesamtnote einen wichtigen Stellenwert hatten. Nach § 18 Abs. 3 PromO 2010 gelten für die Aberkennung des Grades einer Doktorin oder eines Doktors im Übrigen die gesetzlichen Bestimmungen.

90

In zeitlicher Hinsicht kann die Befugnisnorm nur der im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung über die Rücknahme (dazu s.o. b.) geltenden Promotionsordnung und nicht der bei Verleihung des Doktorgrads am 28. Januar 1998 geltenden Promotionsordnung des Fachbereichs Rechtswissenschaft I der Universität Hamburg (v. 9.2.1972, Amtl. Anz. 1974, S. 377, berichtigt S. 457, m. spät. Änd. – PromO 1972) entnommen werden. Ebenso ist eine Anwendung der zwischenzeitlich in Geltung befindlichen Promotionsordnung des Fachbereichs Rechtswissenschaft der Universität Hamburg (v. 20.5.1998, Amtl. Anz. S. 1978; m. Änd. v. 31.5.2000, Amtl. Anz. 2001, S. 4610, v. 5.2.2003, Amtl. Anz. S. 1411 – PromO 1998) ausgeschlossen. Ausgangspunkt sind die im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung geltenden Inkrafttretens- und Übergangsregelungen in § 20 PromO 2010. Nach dem Grundsatz des § 20 Abs. 1 PromO 2010 trat diese Promotionsordnung am 22. Dezember 2010 als dem Tag nach der Bekanntmachung in Kraft. Eine Ausnahmeregelung davon enthält § 20 Abs. 2 PromO 2010, wonach sie für Promotionsverfahren gilt, für welche die Zulassung nach dem Tag der Bekanntmachung beantragt wird. Im Umkehrschluss gilt diese Promotionsordnung nicht für Promotionsverfahren, für welche die Zulassung vor dem 22. Dezember 2010 beantragt worden ist. Diese Ausnahme findet jedoch nur auf Promotionsverfahren Anwendung. Dies sind ausweislich der Regelung über die Zulassung zum Promotionsverfahren in § 3 PromO 2010 nur solche Verfahren, in denen über die Verleihung des Doktorgrads entschieden wird, nicht jedoch Promotionsentziehungsverfahren, in denen über die Rücknahme der Verleihung des Doktorgrads entschieden wird. Für Promotionsentziehungsverfahren verbleibt es nach dem Grundsatz des § 20 Abs. 1 PromO 2010 bei der Anwendung des neuen Rechts.

91

bb. Böte die Satzungsbestimmung des § 18 Abs. 2 PromO 2010 keine hinreichende Ermächtigung zur Rücknahme der Verleihung des Doktorgrads, so ergäbe sich die Befugnis aus der allgemeinen Gesetzesbestimmung des § 48 Abs. 1 HmbVwVfG.

92

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 HmbVwVfG darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt) jedoch nur unter den Einschränkungen des § 48 Abs. 2 bis 4 HmbVwVfG zurückgenommen werden.

93

Unter der Annahme einer Unanwendbarkeit des § 18 Abs. 2 PromO 2010 ist der Anwendungsbereich des Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 HmbVwVfG grundsätzlich eröffnet, da die Tätigkeit der Beklagten als einer der Aufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg unterstehenden juristische Person des öffentlichen Rechts in Rede steht. Unter der vorstehenden Annahme enthalten die Rechtsvorschriften der Freien und Hansestadt Hamburg keine inhaltsgleichen oder entgegenstehenden Bestimmungen. Die vormalige spezialgesetzliche Grundlage für den Entzug akademischer Grade in § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Führung akademischer Grade (v. 7.6.1939, RGBl. I S. 985 m. spät. Änd.), die zunächst gemäß Art. 123 ff. GG als Landesrecht fort galt (BVerwG, Urt. v. 26.2.1960, VII C 198.59, BVerwGE 10, 195, juris , vgl. Beschl. v. 7.9.1990, 7 B 127/90, Buchholz 421.11 § 4 GFaG Nr. 2; Schroeder, NWVBl. 2010, 176 <177> m.w.N.) ist durch Art. 6 Nr. 3 des Hochschulrechtsänderungsgesetzes (v. 18.4.1991, HmbGVBl. S. 139, 217) für Hamburg aufgehoben worden.

94

Ein Anwendungsausschluss durch § 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG greift jedenfalls nicht ein: Die Anwendung des Gesetzes ist nach dieser Vorschrift für die Tätigkeit der Behörden „bei“ Leistungs-, Eignungs- und ähnlichen Prüfungen von Personen zwar beschränkt, umfasst aber ausdrücklich § 48 HmbVwVfG. Unabhängig davon ist das Promotionsentziehungsverfahren keine Tätigkeit „bei“ einer Prüfung i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG, da der Anwendungsausschluss nicht allgemeine Verfahrensfragen außerhalb der spezifischen Prüfungssituation betrifft (VG Hamburg, Urt. v. 5.1.2016, 2 K 3911/14, juris Rn. 43).

95

Bei der allgemeinen Bestimmung über die Rücknahme in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder handelt es sich um eine im Sinne des Vorbehalts des Gesetzes und der Wesentlichkeitstheorie hinreichende Ermächtigung für die Rücknahme der Verleihung eines akademischen Grades. Die Kammer schließt sich der höchstrichterlichen Rechtsprechung an (BVerwG, Beschl. v. 20.10.2006, 6 B 67/06, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116, juris Rn.4). Nach dieser ist die Grundentscheidung über die Rücknahme von Verwaltungsakten in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder hinreichend getroffen und gelten selbst bei statusbegründenden, auf lange Dauer angelegten Verwaltungsakten unter dem Gesichtspunkt der Wesentlichkeit keine gesteigerten Anforderungen an die gesetzliche Ausgestaltung einer Rücknahme.

96

cc. Der Bescheid vom 25. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2013 lässt sich wahlweise auf § 18 Abs. 2 PromO 2010 oder § 48 Abs. 1 HmbVwVfG stützen, obwohl der Widerspruchsausschuss für Prüfungsangelegenheiten im Widerspruchsbescheid zu Unrecht ausgeführt hat, die „Tatbestandsvoraussetzungen des insoweit maßgeblichen § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1, 1. Variante i.V.m. § 48 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 19 PromO 1972“ seien erfüllt.

97

Da sich die Ermessensausübung immer vom Zweck der Rechtsgrundlage leiten lassen muss, ist der Austausch der Rechtsgrundlage bei einem Ermessensverwaltungsakt dann möglich, wenn die von der Behörde irrtümlich benannte und die richtige Rechtsgrundlage zweckgleich sind (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 11.4.2013, 4 Bf 141/11, NordÖR 2014, 36, juris Rn. 50; VGH München, Urt. v. 16.1.1975, 40 VIII 74, BayVBl. 1978, 180). Diese Voraussetzung ist in jeder Hinsicht erfüllt:

98

Die (nach § 1 Abs. 1 und 4 VwVfG nicht anwendbare) bundesrechtliche Vorschrift des § 48 Abs. 1 VwVfG ist zweckgleich mit der (nach § 1 Abs. 1 HmbVwVfG nachrangig anwendbaren) wortlaut- und inhaltgleichen Parallelvorschrift des Landesrechts in § 48 Abs. 1 HmbVwVfG über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte.

99

Für die Satzungsbestimmung über die Aberkennung und Entziehung des Doktorgrads wegen vorsätzlicher Täuschung im Promotionsverfahren nach § 18 Abs. 2 PromO 2010 gilt nichts anderes. Ebenso wie die Rücknahmevorschriften in den parallelen Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder dem Ausgleich zwischen der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Rechtssicherheit dienen (vgl. Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 28 ff.) ist bei der Ausübung des Ermessens nach der Satzungsbestimmung des § 18 Abs. 2 PromO 2010 zwischen der dem öffentlichen Interesse dienenden Herstellung rechtmäßiger Zustände durch Aufhebung der rechtswidrigen Verleihung des Doktorgrads und dem privaten Interesse des Promovenden an dem Erhalt des Doktorgrads abzuwägen. In Bezug auf die Rücknahme der Verleihung eines akademischen Grads des Doktors dient § 48 Abs. 1 HmbVwVfG dem Ansehen der betroffenen Hochschule und dem Ansehen der Rechtswissenschaft (so zur Parallelvorschrift Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG: BVerwG, Beschl. v. 20.10.2006, 6 B 67.06, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116, juris Rn. 6).

100

Die Nennung der als solche kein Ermessen einräumenden Norm des § 19 PromO 1972 neben § 48 Abs. 1 (Hmb)VwVfG im Widerspruchsbescheid ist deshalb unschädlich, weil der Widerspruchsausschuss lediglich gemeint hat, die Tatbestandsvoraussetzungen auch nach § 19 PromO 1972 seien erfüllt. Seine Ermessenserwägungen hat der Widerspruchsbescheid hingegen auf § 48 Abs. 1 Satz 1 (Hmb)VwVfG gestützt.

101

d. Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig oder leidet zumindest nicht an einem solchen formellen Fehler, der i.S.d. § 46 HmbVwVfG erheblich wäre und einen Aufhebungsanspruch des Klägers tragen könnte. Formelle Fehler des Promotionsentziehungsverfahrens können sich aus dem Habilitationsverfahren des Klägers bereits im Ansatz nicht ergeben (hierzu unter aa.). Das Vorliegen eines bestimmten formellen Fehlers ist nicht aufgezeigt, soweit der Kläger vorgetragen hat, das Mitglied des Widerspruchsausschusses Prof. Dr. Y. habe in der Erörterung vor dem Widerspruchsausschuss Zweifel an der Rücknahme geäußert und formelle Fehler im Verfahren eingeräumt. Etwaige formelle Fehler bei Erlass des Bescheids vom 25. Juni 2012 sind nach Bescheidung des Widerspruchs, wenn nicht geheilt, so doch zumindest nicht länger beachtlich (hierzu unter bb.). Bei Erlass des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2013 wurde den formellen Anforderungen Genüge getan (hierzu unter cc.).

102

aa. Die Vorgänge in dem vom Habilitationsausschuss unter dem Vorsitz des Dekans durchzuführenden und noch nicht abgeschlossenen Habilitationsverfahren des Klägers sind insoweit nicht zu prüfen, da sie auf die formelle Rechtmäßigkeit der Rücknahme der Verleihung des Doktorgrads durch den Bescheid vom 25. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2013 keinen Einfluss haben. Das Habilitationsverfahren, zu dem der Kläger unter dem 15. Januar 2008 zugelassen worden ist und das seinen Abschluss noch nicht gefunden hat, ist ein Hochschulprüfungsverfahren nach § 59 Abs. 1 HmbHG, das zum Gegenstand hat, ob der Kläger habilitiert und mit einer Lehrbefugnis (venia legendi) ausgestattet wird. Es handelt sich um ein nach § 9 i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG mangels Erlass eines Verwaltungsaktes noch nicht abgeschlossenes Verwaltungsverfahren in der Gremienzuständigkeit des Habilitationsausschusses (gemäß § 20 Satz 3 der Habilitationsordnung der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg v. 14.4.2010, Amtl. Anz. S. 2676, i.V.m. § 6 der Habilitationsordnung der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg v. 7.5.1999/14.5.2001, Amtl. Anz. 2001, S. 2458). Davon zu unterscheiden ist das in der Gremienzuständigkeit des Promotionsausschusses durchgeführte Promotionsentziehungsverfahren, das als Verwaltungsverfahren mit dem Erlass des Verwaltungsaktes über die Rücknahme der Verleihung des akademischen Grads des Doktors seinen Abschluss gefunden hat. Alle Maßnahmen, die der Befassung des Promotionsausschusses vorausliegen, können nicht zur Rechtswidrigkeit des Rücknahmeverfahrens führen, da sie nicht Bestandteil des mit dem angefochtenen Bescheid abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens sind (vgl. VG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2014, 15 K 2271/13, juris Rn. 45 f.).

103

bb. Jedenfalls wäre ein etwaiger formeller Fehler bei Erlass des Bescheids vom 25. Juni 2012 mit Erlass des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2013 nach § 46 HmbVwVfG unbeachtlich. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 HmbVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Unter der Annahme eines formellen Fehlers bei Erlass des Bescheids vom 25. Juni 2012 sind diese Voraussetzungen einer Unbeachtlichkeit gegeben. Ein Nichtigkeitsgrund nach § 44 HmbVwVfG ist nicht ersichtlich. Ein Mangel in der sachlichen Zuständigkeit, der nicht nach § 46 HmbVwVfG als unbeachtlich angesehen werden könnte, liegt nicht vor (hierzu unter (1)). Eine etwaige Verletzung von Vorschriften über das Verfahren bei Erlass des Bescheids vom 25. Juni 2012 wäre nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens unbeachtlich (hierzu unter (2)).

104

(1) Die Zuständigkeiten bei Erlass des Bescheids vom 25. Juni 2012 sind gewahrt. Nach allgemeinen Regeln lag die Verbandszuständigkeit für die Rücknahme bei der beklagten Hochschule als Rechtsträgerin des vormaligen Fachbereichs Rechtswissenschaft I, dessen Sprecher den zurückgenommenen Verwaltungsakt der Verleihung des Doktorgrads am 28. Januar 1998 ausgefertigt hatte. In dem Verwaltungsverfahren, das nach § 9 HmbVwVfG mit der Rücknahme als Verwaltungsakt am 25. Juni 2012 abschloss, hat mit dem Dekanat der Fakultät für Rechtswissenschaft das zuständige Organ als Ausgangsbehörde den angefochtenen Bescheid ausgefertigt und zwar in Vollziehung der vom Promotionsausschuss als zuständigem Gremium getroffenen Rücknahmeentscheidung. Im Einzelnen:

105

Die Zuständigkeit als Ausgangsbehörde lag bei einem Organ der Fakultät für Rechtswissenschaft, da der jeweiligen Fakultät der Universität Hamburg gemäß § 89 Abs. 1 Satz 1 HmbHG auf ihrem Gebiet die Wahrnehmung der Aufgaben in Lehre, Forschung und Entwicklung und dafür notwendige Verwaltungsaufgaben obliegen und die Fakultät gemäß § 89 Abs. 1 Satz 4 HmbHG eine eigene Verwaltung unterhält. Die Fakultät für Rechtswissenschaft ist als Untergliederung der Beklagten nach § 89 Abs. 1 Satz 1 HmbHG an die Stelle des vormaligen Fachbereichs Rechtswissenschaft I getreten, dessen Sprecher die Promotionsurkunde zugunsten des Klägers ausgefertigt hatte. Organe der Fakultät sind gemäß § 89 Abs. 1 Satz 2 HmbHG das Dekanat und der Fakultätsrat. Die Aufzählung ist abschließend, die Hochschulen dürfen keine weiteren Organe der Fakultäten schaffen (Drexler, in Neukirchen/Reußow/Schomburg, Hamburgisches Hochschulgesetz, 1. Aufl. 2011, § 89 Rn. 6). Das Dekanat nahm nach § 90 Abs. 6 Nr. 8 HmbHG (in der bis 30.6.2014 gültigen Fassung, nunmehr § 90 Abs. 6 Nr. 7 HmbHG) alle Aufgaben der Fakultät wahr, die nicht vom Fakultätsrat wahrzunehmen sind. Eine Zuständigkeit des Fakultätsrats nach dem Katalog des § 91 Abs. 2 HmbHG war nicht begründet. Keine Bedenken erheben sich gegen ein Tätigwerden des Dekans als Behördenleiter. Dies geht im Umkehrschluss daraus hervor, dass nach § 90 Abs. 2 Satz 2 HmbHG die Dekanin oder der Dekan den Prodekaninnen und Prodekanen einen eigenen Aufgabenbereich überträgt, mithin selbst über ihren oder seinen Aufgabenbereich entscheidet.

106

Die vor Erlass des Verwaltungsaktes im Außenverhältnis durch das Dekanat als Ausgangsbehörde fakultätsintern erforderliche Gremienentscheidung des Promotionsausschusses liegt vor. Die interne Zuständigkeit des Promotionsausschusses der Fakultät für Rechtswissenschaft zur Entscheidung über die Rücknahme folgt aus § 63 Abs. 1 Satz 2 HmbHG i.V.m. § 18 Abs. 2 Satz 1 PromO 2010. Der Promotionsausschuss ist durch § 2 Abs. 1 Satz 1 PromO 2010 für die Promotion, die nach § 59 Abs. 1 HmbHG zu den Hochschulprüfungen zählt, als Prüfungsausschuss i.S.d. § 63 Abs. 1 HmbHG bestimmt. Dem Prüfungsausschuss obliegen gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 HmbHG die Organisation der Prüfung und gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 HmbHG weitere durch die Prüfungsordnung übertragene Aufgaben. Die Aufgabe zur Entscheidung über die nachträgliche Aberkennung und Entziehung ist dem Promotionsausschuss durch die Satzungsbestimmung des § 18 Abs. 2 Satz 1 PromO 2010 übertragen, die auf das Promotionsentziehungsverfahren des Klägers zeitlich anwendbar ist (s.o. c. aa.).

107

Gegen die Zuständigkeit des Promotionsausschusses für die Entscheidung über die Rücknahme bestehen aus dem höherrangigen Recht auch nicht deshalb Bedenken, weil in ihm nach § 63 Abs. 1 Satz 4 HmbHG die stimmberechtigte Mitwirkung von Studierenden vorzusehen ist. Der Prüfungsausschuss ist nicht zu verwechseln mit der Prüfungskommission (Delfs, in Neukirchen/Reußow/Schomburg, HmbHG, 1. Aufl. 2011, § 63 Rn. 2). Denn für die Bewertung von Prüfungsleistungen ist der Prüfungsausschuss nach § 63 Abs. 1 Satz 3 HmbHG ausdrücklich nicht zuständig. Deshalb war es nicht geboten, dass die Mitglieder des Promotionsausschusses mindestens die durch die Prüfung festzustellende oder eine gleichwertige Qualifikation besitzen, wie § 64 Abs. 1 HmbHG für die Prüferinnen und Prüfer in einer Hochschulprüfung verlangt. Entgegen der vom Kläger vorgebrachten Auffassung geht es nicht um eine „wissenschaftsbasierte Entscheidung“. Bei der Entziehung der Promotion steht nicht eine inhaltliche Bewertung der Dissertation in Rede, sondern die Klärung der Frage, ob die Dissertation wissenschaftlichen Mindeststandards genügt (BVerwG, Beschl. v. 20.10.2006, 6 B 67/06, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116, juris Rn. 5), ohne dass ein prüfungsspezifischer Beurteilungsspielraum bestünde (OVG Münster, Urt. v. 10.12.2015, 19 A 254/13, juris Rn. 28; VG Karlsruhe, Urt. v. 4.3.2013, 7 K 3335/11, juris Rn. 28).

108

Es ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus der Schwere des Eingriffs in seine Rechte zu begründen, dass der Promotionsausschuss nur beratend habe tätig werden dürfen. Ein Vorrang des Dekanats oder des Fakultätsrats bei einer für den Betroffenen bedeutsamen Einzelfallentscheidung ergibt sich aus höherrangigem Recht nicht. Die zunächst vom Promotionsausschusses aufgrund seiner Gremienzuständigkeit getroffene Entscheidung über die Rücknahme unterliegt letztlich ohnehin der vollen Überprüfung an den Maßstäben nicht nur der Rechtmäßigkeit, sondern auch der Zweckmäßigkeit durch den zuständigen Widerspruchsausschuss in Prüfungsangelegenheiten (dazu s.u. dd. (1)).

109

(2) Eine etwaige Verletzung von Vorschriften über das Verfahren bei Erlass des Bescheids vom 25. Juni 2012 wäre nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens unbeachtlich. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann insbesondere die Frage einer Befangenheit im ursprünglichen Verfahren in den Fällen offenbleiben, in denen die Widerspruchsbehörde einen Rücknahmebescheid vollständig überprüft und durch eine selbstständige Sachentscheidung bestätigt hat (BVerwG, Urt. v. 28.5.2015, 1 C 24/14, BVerwGE 152, 164, juris Rn. 15 m.w.N.). Ausgehend von dieser Rechtsprechung fehlt es im vorliegenden Fall an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen einem etwaigen formellen Fehler und der in der Gestalt des Widerspruchsbescheides zur gerichtlichen Prüfung gestellten Rücknahmeentscheidung. Der Widerspruchsausschuss hat den Rücknahmebescheid anhand der Maßstäbe der Rechtmäßigkeit sowie der Zweckmäßigkeit vollständig überprüft und durch eine selbständige Sachentscheidung bestätigt. Dem Promotionsausschuss kam kein von der Widerspruchsbehörde zu achtender prüfungsspezifischer Beurteilungsspielraum zu (dazu s.o. (1)). Der Widerspruchsausschuss hat den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum auch ausgeschöpft. Im Einzelnen hat er ausweislich des Widerspruchsbescheids (S. 9-11) sein Ermessen ausgeübt und in die vorgenommene Abwägung insbesondere folgende Gesichtspunkte eingestellt: die Einschränkung des Vertrauensschutzes bei arglistiger Täuschung, die berufliche Situation des Klägers und der drohende Reputationsverlust, die Wahrung wissenschaftlicher Standards, das Fehlen eines Vergleichsschlusses mit „Generalquittungscharakter“ und die entstandenen Indiskretionen.

110

cc. Den formellen Anforderungen wurde jedenfalls bei Erlass des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2013 Genüge getan. Die Zuständigkeiten sind gewahrt (hierzu unter (1)). Der Mitwirkung der Mitglieder des Widerspruchsausschusses stand keine Besorgnis der Befangenheit entgegen (hierzu unter (2)). Die gebotene Anhörung des Klägers hat stattgefunden (hierzu unter (3)).

111

(1) Die Verbandszuständigkeit für die Bescheidung des Widerspruchs in Selbstverwaltungsangelegenheiten nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO lag in Ermangelung einer abweichenden gesetzlichen Regelung bei der Beklagten. Die behördliche Zuständigkeit lag, nachdem der Promotionsausschuss beschlossen hatte, dem Widerspruch nicht nach § 72 VwGO abzuhelfen, beim Widerspruchsausschuss in Prüfungsangelegenheiten. Dies folgt aus § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a.E. VwGO i.V.m. § 66 Abs. 1 Satz 1 HmbHG in der zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung maßgebenden Fassung. Danach entscheidet über Widersprüche in Prüfungsangelegenheiten der Widerspruchsausschuss. Diesem gehören gemäß § 66 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 HmbHG als Vorsitzender ein Mitglied des Technischen, Bibliotheks- und Verwaltungspersonals (TVP) mit der Befähigung zum Richteramt und als Beisitzer eine Professorin oder ein Professor sowie eine Studierende oder ein Studierender der Fachrichtung, in der die Prüfung durchgeführt worden ist, an. Die Rücknahme der Verleihung des Doktorgrads betrifft eine Prüfungsangelegenheit i.S.d. § 66 Abs. 1 Satz 1 HmbHG. Denn die Promotion, um deren Rückgängigmachung es geht, zählt nach § 59 Abs. 1 HmbHG zu den Hochschulprüfungen (s.o. c. aa.). Der Zuständigkeit des Widerspruchsausschusses für die Entscheidung über einen Widerspruch gegen die Entziehung des Doktorgrads steht dabei nicht entgegen, dass weder der Vorsitzende des Widerspruchsausschusses noch der studentische Beisitzer selbst promoviert sein müssen. Die Qualifikation, um deren Rücknahme es geht, ist bei den Mitgliedern des Widerspruchsausschusses deshalb nicht zu fordern, weil die Rücknahme eines akademischen Grads nicht als Prüfungsentscheidung unter Ausübung eines prüfungsspezifischen Spielraums ergeht (dazu s.o. bb. (1)).

112

(2) Hinsichtlich der Mitglieder des Widerspruchsausschusses bestand keine Besorgnis der Befangenheit. Eine der Mitwirkung am Verwaltungsverfahren entgegenstehende Besorgnis der Befangenheit setzt § 21 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG einen Grund voraus, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Ein solcher Grund bestand weder allgemein wegen der Zugehörigkeit zweier Mitglieder des Widerspruchsausschusses zur Fakultät für Rechtswissenschaft (hierzu unter (a)) noch im Besonderen wegen der Stellung eines Mitglieds des Widerspruchsausschusses als Promotionsstudent (hierzu unter (b)).

113

(a) Entgegen der Annahme des Klägers, dass wegen aufgetretener Indiskretionen die „gesamte Fakultät“ befangen sei mit der Folge, dass niemand über die Rücknahme habe entscheiden dürfen, bestand nicht gegen alle Mitglieder der Fakultät die Besorgnis der Befangenheit und ist insofern das Recht auf ein faires Verfahren nicht verletzt.

114

Das Gesetz kennt keine institutionelle Befangenheit, sondern nur eine individuelle Befangenheit einzelner Personen (Schmitz, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 21 Rn. 2 i.V.m. § 20 Rn. 8). Eine Besorgnis der Befangenheit verlangt einen gegenständlichen, vernünftigen Grund, der die Beteiligten von ihrem Standpunkt aus befürchten lassen kann, dass der Amtsträger nicht unparteiisch sachlich, insbesondere nicht mit der gebotenen Distanz, Unbefangenheit und Objektivität entscheiden, sondern sich von persönlichen Vorurteilen oder sonstigen sachfremden Erwägungen leiten lassen könnte; nicht ausreichend ist die „Ahnung“ oder das „Gefühl“ eines Beteiligten oder rein querulatorisches Vorbringen; erforderlich ist vielmehr ein in der Person oder in der Art der Sachbehandlung liegender, benennbarer, rationaler Grund, der an Tatsachen anknüpft, die nach objektiven und vernünftigen Erwägungen geeignet sind, Zweifel an der unparteiischen Tätigkeit des Bediensteten zu wecken (Schmitz, a.a.O., § 21 Rn. 10 m.w.N.).

115

Nach diesem Maßstab war nicht jedes einzelne Mitglied der Fakultät für Rechtswissenschaft deshalb von einer Mitwirkung auszuschließen, weil es im Umfeld des Habilitationsverfahrens oder auch des Promotionsentziehungsverfahrens des Klägers zu Indiskretionen gekommen war. Indiskretionen aus einer Fakultät führen in aller Regel nicht dazu, dass gegen alle Mitglieder der Fakultät die Besorgnis der Befangenheit erhoben werden könnte. In Übereinstimmung damit hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf, selbst nachdem ein Bericht, der im Entziehungsverfahren dem Promotionsausschuss vorgelegt worden war, auf ungeklärtem Wege an die Presse gelangt ist, keinen objektiven Anhaltspunkt für eine Besorgnis der Befangenheit der Mitglieder des für die Rücknahme zuständigen Fakultätsorgans gesehen (VG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2014, 15 K 2271/13, juris Rn. 60).

116

Der alle Mitglieder der Fakultät für Rechtswissenschaft umfassende Personenkreis ist so weit gezogen, dass auch dann, wenn feststünde, dass sich ein namentlich unbekanntes Mitglied der Fakultät einer Verletzung des Dienstgeheimnis nach § 353b StGB schuldig gemacht hätte, kein vernünftiger Grund bestünde, der die Beteiligten von ihrem Standpunkt aus befürchten ließe, jedes Mitglied der Fakultät werde nicht unparteiisch sachlich, insbesondere nicht mit der gebotenen Distanz, Unbefangenheit und Objektivität entscheiden, sondern sich von persönlichen Vorurteilen oder sonstigen sachfremden Erwägungen leiten lassen. Aus objektiver Sicht ist der Verdachtsgrad hinsichtlich der Verletzung des Dienstgeheimnisses, der sich gegen jedes einzelne Mitglied der Fakultät allein aufgrund seiner Mitgliedschaft richtet, äußerst gering. Denn Mitglieder der Fakultät sind alle der Fakultät zugeordneten und nach § 91 Abs. 1 i.V.m § 10 Abs. 1 HmbHG im Fakultätsrat vertretenen Mitglieder der Hochschule, d.h. nach § 8 Abs. 1 Satz 1 HmbHG alle hauptberuflich Beschäftigten sowie immatrikulierten Studierenden einschließlich Doktorandinnen und Doktoranden. Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren, …, das die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen Unbekannt geführt und am 8. Januar 2013 eingestellt hat, weil kein Täter ermittelt werden konnte, ergibt sich keine Eingrenzung des in Betracht kommenden Personenkreises. Es ist nicht ersichtlich, welches bestimmte Mitglied der Fakultät für Indiskretionen verantwortlich war, schon gar nicht, dass es sich um einen der Beisitzer im Widerspruchsausschuss für Prüfungsangelegenheiten handelte.

117

(b) Eine Besorgnis der Befangenheit besteht entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht deshalb, weil das Mitglied des Widerspruchsausschusses Z. zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch Promotionsstudent an der Fakultät für Rechtswissenschaft war. Das Gesetz hat in § 66 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HmbHG die Mitgliedschaft eines Studierenden der die Prüfungsangelegenheit betreffenden Fachrichtung im Widerspruchsausschuss zwingend vorgeschrieben. Nach der Wertung des Gesetzgebers begründet die damit einhergehende Beziehung zur Fakultät – immatrikulierte Studierende sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 HmbHG Mitglieder der Hochschule als Körperschaft – noch keine Besorgnis der Befangenheit, sondern gewährleistet für den verfahrensbeteiligten Prüfling die Mitwirkung eines „peers“, sie dient nach den Gesetzesmaterialien ausdrücklich der „Sicherung der Rechte der Studierenden“ (Bü-Drs. 16/5759, S. 48). Der Gesetzgeber hat in § 66 Abs. 1 Satz 4 HmbHG die Entscheidung getroffen, dass die Mitglieder des Widerspruchsausschusses nicht gleichzeitig dem zuständigen Prüfungsausschuss angehören dürfen. Daraus geht im Umkehrschluss hervor, dass sich der Gesetzgeber gegen andere besondere Ausschlussgründe entschieden hat.

118

(3) Dem sich aus § 18 Abs. 2 Satz 1 PromO 2010 und nachrangig aus § 28 Abs. 1 HmbVwVfG ergebenden Erfordernis, den Kläger zur Rücknahme der Promotion anzuhören, wurde Genüge getan. Soweit der Kläger gerügt hat, er sei vor dem Erlass des Ausgangsbescheids nur zu dem Vorwurf der arglistigen Täuschung angehört worden, nicht zu dem Vorwurf eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens, auch fehle es an einer persönlichen Anhörung, muss der Frage nicht nachgegangen werden, ob die vom Promotionsausschuss durchgeführte Anhörung hinreichte. Denn ein Verfahrensfehler, der in einem etwaigen Anhörungsmangel gelegen hätte, wäre durch die Nachholung im Widerspruchsverfahren nach § 45 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 3 HmbVwVfG geheilt. Im Widerspruchsverfahren ist der Kläger durch den Widerspruchsausschuss in Prüfungsangelegenheiten auch in Person angehört worden und hatte zuvor auch schriftlich Gelegenheit, zu den im ursprünglichen Bescheid erhobenen und im Widerspruchsbescheid bestätigten Vorwürfen Stellung zu nehmen. Eine Anhörung vor der Widerspruchsbehörde genügt. Die Widerspruchsbehörde ist bei Ermessensakten nur dann nicht imstande, die von der Ausgangsbehörde versäumte Anhörung wirksam nachzuholen, wenn sie entgegen der Regel des § 68 Abs. 1 VwGO durch ein Gesetz auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit beschränkt ist, also im Gegensatz zur Ausgangsbehörde die Frage der Zweckmäßigkeit nicht beurteilen darf (BVerwG, Urt. v. 17.8.1982, 1 C 22/81, BVerwGE 66, 111, juris Rn. 18). Dieser Ausnahmefall liegt jedoch nicht vor, da insbesondere kein vom Widerspruchsausschuss zu achtender prüfungsspezifischer Beurteilungsspielraum gegeben ist (dazu s.o. bb. (1)).

119

e. In materieller Hinsicht sind die tatbestandlichen Anforderungen erfüllt, unter denen der Doktorgrad nach § 18 Abs. 2 Satz 1 PromO 2010 aberkannt und entzogen oder nach § 48 Abs. 1 HmbVwVfG zurückgenommen werden kann.

120

Eine Rücknahme der Promotion setzt nach § 48 Abs. 1 HmbVwVfG tatbestandlich die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes voraus, mit dem der Doktorgrad verliehen worden ist. Rechtswidrig ist dieser Verwaltungsakt insbesondere dann, wenn er auf einer vorsätzlichen Täuschung im Promotionsverfahren beruht. Ebenso setzen Aberkennung und Entziehung des Doktorgrads nach § 18 Abs. 2 Satz 1 PromO 2010 voraus, dass die Doktorandin oder der Doktorand im Promotionsverfahren vorsätzlich getäuscht hat. Der in dieser Prüfungsordnung verwendete Begriff der vorsätzlichen Täuschung knüpft an den Begriff der arglistigen Täuschung im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht, hier in § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG, an (entsprechend die Auslegung des OVG Münster, Urt. v. 10.2.2016, 19 A 991/12, juris Rn. 59, für das Tatbestandsmerkmal „Täuschung“ in der dort einschlägigen Prüfungsordnung). Bei der Erstellung einer Dissertation begeht der Doktorand die vorausgesetzte Täuschung namentlich dann, wenn er bei den Gutachtern einen Irrtum über das Vorliegen der wesentlichen Verleihungsvoraussetzungen, d.h. insbesondere über die Eigenständigkeit seiner erbrachten wissenschaftlichen Leistung hervorruft, indem er in erheblichem Umfang fremde Textpassagen ohne Quellenangabe aus dem Werk eines anderen Autors wörtlich oder sinngemäß übernimmt, obwohl ihm deren Herkunft vom Fremdautor bewusst ist (OVG Münster, Urt. v. 10.2.2016, a.a.O.). Im Einzelnen setzt eine vorsätzliche Täuschung im Promotionsverfahren eine Täuschungshandlung, deren Erheblichkeit, einen zur Verleihung des Doktorgrads führenden Irrtum und den Vorsatz des Prüflings voraus.

121

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger hat in dem ursprünglichen Promotionsverfahren, das mit der Verleihung des Doktorgrads mit der vom Sprecher des Fachbereichs Rechtswissenschaft I ausgefertigten Urkunde vom 28. Januar 1998 abschloss, vorsätzlich getäuscht. Die Täuschungshandlung liegt in der Einreichung einer mit Zitierfehlern behafteten Dissertation und der Abgabe einer von § 7 Abs. 3 Nr. 3 PromO 1972 geforderten Versicherung vom 1. Juni 1997, die Dissertation selbst angefertigt und nur die angegebenen Hilfsmittel benutzt zu haben. Darin liegt deshalb eine Täuschungshandlung, weil die vorgelegte Dissertation den bereits im Zeitpunkt der Abgabe der Dissertation geltenden Grundanforderungen wissenschaftlicher Redlichkeit (hierzu unter aa.) ausweislich der im Einzelnen festzustellenden Zitierfehler nicht genügt (hierzu unter bb.). Die Täuschung ist erheblich (hierzu unter cc.). Sie hat einen Irrtum hervorgerufen, auf dem die Verleihung des Doktorgrads beruht (hierzu unter dd.). Der Kläger hat vorsätzlich gehandelt (hierzu unter ee.).

122

aa. Die Vorlage einer Dissertation, welche gegen die zum Zeitpunkt der Vorlage geltenden Grundanforderungen wissenschaftlicher Redlichkeit verstößt, begründet eine Täuschung im Promotionsverfahren (vgl. VG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2014, 15 K 2271/13, juris Rn. 69 ff.). Die Grundanforderungen wissenschaftlicher Redlichkeit gebieten es insbesondere, die Übernahme von Fremdleistungen durch geeignete Quellennachweise als solche kenntlich zu machen. Im Einzelnen:

123

Die Promotion des Klägers erfolgte gemäß § 2 Abs. 1 PromO 1972 auf Grund einer als „rechtswissenschaftliche Abhandlung“ legaldefinierten Dissertation sowie des Kolloquiums. Die Dissertation musste gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 PromO 1972 die Rechtswissenschaft fördern. Die zum Zeitpunkt der Promotion geltende Promotionsordnung beruhte als Hochschulprüfungsordnung auf dem Gesetz über die Universität Hamburg (v. 25.4.1969, HmbGVBl. S. 61 m. spät. Änd. – HmbUG) und galt bei Verleihung des Doktorgrads an den Kläger unter den Nachfolgevorschriften (des vormaligen Hamburgischen Hochschulgesetzes v. 2.7.1991, HmbGVBl. S. 249) fort. In dem Promotionsverfahren war ausgehend von der Verantwortung des damaligen Fachbereichs für die Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses nach § 41 Abs. 1 HmbUG (vgl. § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HmbHG) der Charakter der Promotion als akademische Prüfung gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 HmbUG (vgl. § 59 Abs. 1 HmbHG) und der Charakter des Doktorgrads als akademischer Grad gemäß § 41 Abs. 4 HmbUG (vgl. § 70 Abs. 4 Satz 1 HmbHG) zu gewährleisten.

124

Nur eine unter Offenlegung aller verwendeten Quellen und Hilfsmittel erbrachte wissenschaftliche Leistung genügt den an eine Dissertation gestellten Anforderungen (VGH Mannheim, Beschl. v. 9.2.2015, 9 S 327/14, NJW 2015, 2518, juris Rn. 7; Urt. v. 19.4.2000, 9 S 2435/99, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19, juris Rn. 24; Urt. v. 18.11.1980, IX 1302/78, ESVGH 31, 54 <58>; Schroeder, NWVBl. 2010, 176 <179>). In der obergerichtlichen Rechtsprechung war bereits bei Abgabe der Dissertation des Klägers als ein grundlegendes, jedermann einsichtiges und allseits anerkanntes Gebot der Redlichkeit anerkannt, in einer wissenschaftlichen Arbeit Gedanken anderer Autoren, selbst wenn sie nur Ausgangspunkt eigener Überlegungen sein sollen, als solche kenntlich zu machen, sei es im Text oder in den beigefügten Zitaten; unterbleibt in diesem Fall die Kenntlichmachung der fremden Leistung, so muss der unbefangene Leser in dem selbstverständlichen Vertrauen, dass jene grundlegende Regel wissenschaftlichen Arbeitens eingehalten ist, einen falschen Eindruck von Umfang und Wert der eigenen Leistung des Verfassers gewinnen; zumindest aber gerät er in die Gefahr, einem solchen Irrtum zu erliegen (OVG Münster, Urt. v. 20.12.1991, 15 A 77/89, NWVBl 1992, 212, juris Rn. 11, daran anschließend VG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2014, 15 K 2271/13, juris Rn. 70 ff.; vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 18.11.1980, ESVGH 31, 54, daran anschließend Beschl. v. 13.10.2008, 9 S 494/08, NVwZ-RR 2009, 285, juris Rn. 8). Insbesondere der Umstand, dass nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 PromO 1972 die Abgabe einer Versicherung über die eigenständige Anfertigung der Dissertation und die abschließende Verwendung der genannten Quellen vom Kläger gefordert wurde, verdeutlicht, dass das Gebot wissenschaftlicher Redlichkeit bereits im Jahr 1998 zu beachten war. Von Bagatellfällen abgesehen verstößt die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von Textpassagen aus fremden Werken ohne (ausreichendes) Zitat gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens und schließt damit die Annahme einer Arbeit als Dissertation im Regelfall aus (VGH München, Urt. v. 4.4.2006, 7 BV 05.388, BayVBl. 2007, 281, juris Rn. 13). Das Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit erfordert es, die Übernahme einer Fremdleistung nachprüfbar zu machen, indem sämtliche wörtlich oder sinngemäß übernommenen Gedanken aus Quellen und Literatur als solche kenntlich gemacht werden (so der Sache nach auch VG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2014, a.a.O., Rn. 69, jedoch unter der urheberrechtlich falschen Einordnung der Fremdleistung als „geistiges Eigentum“, dazu Apel, ZUM 2014, 621 <623> m.w.N.). Geboten ist, dass „der Leser an jeder Stelle weiß, wer zu ihm spricht“ (VG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2014, a.a.O., Rn. 108, zust. Apel, a.a.O.). Dagegen wird auch dann verstoßen, wenn der Doktorand Entlehnungen aus der Sekundärliteratur zwecks Darstellung der Erkenntnisse zu der Primärliteratur in der Dissertation nicht hinreichend kenntlich macht (VG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2014, a.a.O., Rn. 122). Fehlt es an einer solchen Kenntlichmachung der Übernahme der Rezeptionsleistung und bezieht sich der Doktorand auf eine Primärquelle, deren Inhalt und/oder Deutung er letztlich aus einer nicht nachgewiesenen Sekundärquelle abschreibt, so täuscht er (VG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2014, a.a.O., Rn. 124).

125

Die Übernahme eines gedanklichen Inhalts erfordert eine Nennung des Autors. Zwar sind – in Übereinstimmung mit dem Vortrag des Klägers – Quellenangaben bei der Wiedergabe evidenter Aussagen entbehrlich, wenn der Leser sie auch ohne Herkunftsangabe nicht für eine Eigenleistung des Doktoranden halten kann. Doch kann und muss der Leser eine Nennung des fremden Autors bei einer Übernahme originärer Inhalte erwarten, insbesondere bei einer über eine bloße Beschreibung hinausgehenden Analyse oder Schlussfolgerung. Die berechtigte Erwartung des Lesers, der Urheber werde genannt, wird erfüllt, wenn die Autorennennung im Text an einem Ort vorhanden ist, die dem Leser nach dem Sinnzusammenhang eine Zuordnung zu der Textstelle ermöglicht und nicht zu weit vorne oder zu weit hinten im Text erscheint. Der Rechtsauffassung des Klägers, es bestehe die Möglichkeit eines Zitates „passim“, die in einem summarischen Verweis auf eine Quelle bestehe, um den Lesefluss nicht zu hemmen, folgt das erkennende Gericht in dieser Allgemeinheit nicht. Zum einen muss in dem wissenschaftlichen Werk offengelegt werden, dass die Quellennachweise summarisch zu verstehen seien. Zum anderen kann eine Autorennennung nicht schlicht unter Berufung auf den Lesefluss unterbleiben, da Passagen ohne Autorennennung als eigene Leistung wahrgenommen werden. Möchte der Verfasser eines wissenschaftlichen Werks auf die störende Autorennennung verzichten, ist ihm dies nur durch den Verzicht auf Übernahmen fremden Gedankenguts möglich.

126

Über die Autorennennung hinaus darf der Leser die besondere Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme erwarten, wenn ganze Sätze oder charakteristische Einzelformulierungen wörtlich übernommen werden. Der besonderen Kennzeichnung bedarf es, wenn ein Text wortgleich oder im Wesentlichen wortgleich übernommen wird, ohne dass diese Form der Wiedergabe und damit letztlich die Herkunft des in der Arbeit verwendeten und ausformulierten Textes deutlich gemacht worden sind, sei es im Text selbst oder durch eine entsprechende Abfassung der verwendeten Zitate (OVG Münster, Beschl. v. 12.8.2010, 14 A 847/09, juris Rn. 17). Den Erfordernissen einer rechtswissenschaftlichen Dissertation entspricht es, dass der Doktorand eigene Formulierungsleistungen erbringt oder dort, wo er von fremden Formulierungen Gebrauch macht, dies kenntlich macht.

127

Hinsichtlich der einzelnen Textstellen ist daher zunächst zu untersuchen, ob wegen der Übernahme von Fremdleistungen eine Autorennennung für die Textstelle überhaupt und ob zusätzlich eine besondere Kennzeichnung der wörtlichen Übernahme von Formulierungen erforderlich ist. Sodann ist zu untersuchen, ob eine Autorennennung für die Textstelle und zusätzlich eine besondere Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme vorliegen. Aus der Gegenüberstellung der geforderten Zitierweise und der erfolgten Zitierweise ergeben sich folgende Fallgruppen:

128
        

Autorennennung
und besondere
Kennzeichnung
erfolgen

Autorennennung erfolgt,
besondere erfolgt
Kennzeichnung nicht

bereits Autorennennung
erfolgt nicht

keine Autorennennung
erforderlich

–       

–       

Fallgruppe A:
kein Zitierfehler,
da bereits keine
Autorennennung erforderlich

nur Autorennennung
erforderlich,
besondere Kennzeichnung
einer wörtlichen Übernahme
entbehrlich

–       

Fallgruppe B:
kein Zitierfehler,
da die allein erforderliche
Autorennennung erfolgt

Fallgruppe D:
Zitierfehler,
da die allein erforderliche
Autorennennung fehlt

Autorennennung und besondere
Kennzeichnung erforderlich

Fallgruppe C:
kein Zitierfehler,
da die erforderliche
Autorennennung und die
erforderliche besondere
Kennzeichnung erfolgen

Fallgruppe E:
Zitierfehler,
da die erforderliche
Autorennennung ohne die
erforderliche besondere
Kennzeichnung erfolgt

Fallgruppe F:
Zitierfehler, da die
erforderliche Autorennennung
und die erforderliche
besondere Kennzeichnung fehlen

129

bb. Nach dem soeben aufgezeigten Maßstab hat der Kläger im Promotionsverfahren durch die Vorlage der Dissertation getäuscht, da diese gegen die Grundanforderungen wissenschaftlicher Redlichkeit verstößt. Entgegen seinem Vortrag hat der Kläger vielfach fremde Gedanken nicht durch Fußnoten gekennzeichnet. An den sogleich darzustellenden Textstellen hat er fremde Inhalte und/oder fremde Formulierungen nicht in hinreichender Weise als solche ausgewiesen und damit für den Leser zu Unrecht den Eindruck einer eigenen Leistung erweckt. An diesen Textstellen weiß der Leser nicht, „wer zu ihm spricht“.

130

Dabei kann sich die Überprüfung der Dissertation innerhalb der 155 von der Beklagten im angefochtenen Bescheid vom 25. Juni 2012 benannten Textstellen auf die 57 Textstellen beschränken, welche in der Anlage 1 (dortige Textstellen Nr. 1 bis 55) und der Anlage 2 (dortige Textstellen Nr. 1 bis 2) zum Bescheid benannt sind und die nach Auffassung der Beklagten eine wörtliche oder nahezu wörtliche Übernahme fremder Textstellen ohne jegliche Nennung des Urhebers und Autors an der betreffenden Stelle in der Dissertation aufweisen. Es zeigt sich, dass in der vom Kläger vorgelegten Dissertation nicht an jeder dieser 57 Textstellen, aber immerhin in 44 Fällen (und in einem weiteren Fall teilweise) eine Übernahme fremder gedanklicher Inhalte und/oder Formulierungen nicht hinreichend gekennzeichnet ist.

131

Im Einzelnen sind die untersuchten 57 Textstellen den vorgestellten sechs Fallgruppen (dazu s.o. aa.) wie folgt zuzuordnen: An den fünf der Fallgruppe A zugeordneten Textstellen ist kein Zitierfehler festzustellen, da bereits eine Autorennennung entbehrlich ist (hierzu unter (7), (11), (27), (34) und (51)). An den sieben Textstellen der Fallgruppe B liegt ein Zitierfehler nicht vor, da die allein erforderliche Autorennennung vorhanden ist (hierzu unter (3), (4), (19), (40), (41), (43) und (48)). Keine der untersuchten Textstellen ist der Fallgruppe C zuzuordnen, in der sowohl die erforderliche Autorennennung als auch die erforderliche besondere Kennzeichnung vorhanden sind. An den beiden Textstellen der Fallgruppe D begründet es einen Zitierfehler, dass es an der allein erforderlichen Autorennennung fehlt (hierzu unter (52) und (57)). An den sieben Textstellen der Fallgruppe E ist ein Zitierfehler deshalb festzustellen, weil zwar die erforderliche Autorennennung vorhanden ist, aber ohne die ebenfalls erforderliche besondere Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme (hierzu unter (13), (21), (26), (30), (35), (36) und (49)). An den 35 Textstellen der Fallgruppe F besteht der Zitierfehler darin, dass sowohl die erforderliche Autorennennung als auch die erforderliche besondere Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme fehlen (hierzu unter (1), (5), (6), (8) bis (10), (12), (14) bis (18), (20), (22), (23) bis (25), (28), (29), (31) bis (33), (37) bis (39), (42), (44) bis (47), (50), (53) bis (56)). Eine Textstelle ist teilweise der Fallgruppe A und teilweise der Fallgruppe F zuzuordnen (hierzu unter (2)).

132

(1) In der Fußnote 5 auf S. 2 der vom Kläger vorgelegten Dissertation fehlen sowohl die erforderliche Nennung des Autors A. als auch die besondere Kennzeichnung der wörtlichen Übernahme (Fallgruppe F). Der Vortrag des Klägers, dass er als Assistent von Prof. Dr. A., des Betreuers seiner Dissertation, gearbeitet habe und nicht auszuschließen sei, dass ein „Abschreiben auch umgekehrt herum erfolgt“ sein könne, ist unsubstantiiert, da nicht dargelegt ist, aus welchem Werk A. Leistungen des Klägers übernommen haben könnte. Eine Autorennennung fehlt für den Inhalt der Fußnote 5. A. wird in der Fußnote 4 zu S. 1 Abs. 2 Satz 7 der Dissertation sowie in den Fußnoten 7 und 8 zu S. 2 Abs. 2 Satz 2 ff. der Dissertation als Autor nur für die diesbezüglichen Inhalte des Textkorpus genannt. Es wird nicht erkennbar, dass auch der Inhalt der Fußnote 5 von A. stammt und keine erst vom Doktoranden selbst angestellte, weitergehende Erwägung ist.

133

(2) Bezüglich S. 8 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 der Dissertation des Klägers ist zu differenzieren: Satz 1 erfordert, wenngleich der Inhalt trivial und nicht Ausdruck hoher Schöpfungskraft ist, eine Autorennennung und eine besondere Kennzeichnung wörtlicher Übernahme, da der Satz wörtlich von Schiessl übernommen worden ist; an beidem fehlt es (Fallgruppe F). Satz 3 zeigt hingegen keinen Zitierfehler, die Wiedergabe des Gesetzeswortlauts (§ 77 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 AktG) bedarf keiner Autorennennung (Fallgruppe A).

134

(3) Auf S. 9 Abs. 4 Satz 3 der Dissertation begegnet kein Zitierfehler (Fallgruppe B). Eine Autorennennung ist erforderlich, da die wiedergegebene Gesetzesauslegung eine Analyseleistung darstellt. Die Kennzeichnung der Wörtlichkeit ist mangels Originalität der Formulierungen nicht zu erwarten. Eine Autorennennung am rechten Ort ist vorhanden. Der Kläger nennt in der zur Textstelle gehörenden Fußnote 31 die Kommentatoren Hefermehl und Mertens als Urheber der Gesetzesauslegung.

135

(4) Ebenso kein Zitierfehler findet sich auf S. 10 Abs. 2 der Dissertation (Fallgruppe B). Einer Autorennennung bedarf es, da eine Transferleistung (Bedeutung der besonderen Stellung des Arbeitsdirektors im Hinblick auf eine herausgehobene Stellung des Finanzvorstands) wiedergegeben wird. Eine wörtliche Übernahme liegt insoweit nicht vor, als „Etwas anderes gilt“ von „eine Ausnahme besteht“ abweicht. Die Autorennennung ist vorhanden. Der Kläger hat in der zugehörigen Fußnote 32 den Bundesgerichtshof und den Kommentator Hüffer als Vertreter der Rechtsauffassung genannt. Der Kläger war nicht gezwungen, zusätzlich auch den Aufsatzautor Schiessl zu nennen, selbst dann, wenn er erst durch die Lektüre des Aufsatzes auf die Auffassung des Bundesgerichtshofs und Hüffers aufmerksam geworden wäre.

136

(5) Auf S. 13 Abs. 2 Satz 2 der Dissertation fehlt es hingegen an der Nennung des Autors Schönbrod und an der besonderen Kennzeichnung der wörtlichen Übernahme (Fallgruppe F). Diese waren, anders als bei der vorvorgenannten Textstelle (s.o. (3)), aufgrund der Originalität der Formulierung von Schönbrod geboten. Dem Gebot ist nicht Genüge getan. In der zur Textstelle gehörenden Fußnote 49 werden Mayer/Gabele, Mielke und Scheffler als Autoren genannt. Es wird nicht deutlich, dass eine wörtliche Übernahme von Schönbrod vorliegt.

137

(6) Ebenso verhält es sich im Ergebnis auf S. 14 Abs. 1 Satz 3 der Dissertation (Fallgruppe F). In der Fußnote 57 wird lediglich „[z]um Einfluß der Unternehmensorganisation auf die Besteuerung“ auf Raupach verwiesen. Eine Nennung Schönbrods als Urheber des gedanklichen Inhalts und auch der Formulierung fehlt insoweit. Aufgrund des Satzbeginns „Darüber hinaus“ wird für den Leser nicht ersichtlich, dass auch der nunmehr vorgestellte, weiterführende gedankliche Inhalt von Schönbrod stammt und nicht vom Doktoranden.

138

(7) Demgegenüber ist kein Zitierfehler auf S. 16 Abs. 1 Satz 1 der Dissertation gegeben (Fallgruppe A). Bereits einer Autorennennung bedarf es nicht. Selbst wenn der Kläger den Inhalt von Schiessl hätte übernehmen wollen, ist ihm dies mit der gewählten, leicht modifizierten Formulierung nicht gelungen. Denn während nach Schiessl die „Gesamtverantwortung eine immanente Schranke jeder Geschäftsverteilung“ bildet, d.h. eine Geschäftsverteilung möglich ist, aber nur im Rahmen der zu wahrenden Gesamtverantwortung, bildet die Gesamtverantwortung ausweislich der Dissertation eine „immanente Schranke gegen jede Form von Geschäftsverteilung“, was so gelesen werden könnte, dass jede Form von Geschäftsverteilung ausgeschlossen wäre.

139

(8) Sowohl an der erforderlichen Nennung des Autors Schiessl als auch an der erforderlichen besonderen Kennzeichnung der wörtlichen Übernahmen fehlt es auf S. 17 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 der Dissertation (Fallgruppe F). Marginale Veränderungen bei der Übernahme (z.B. „Besonderes Interesse im divisionalisierten Unternehmen“ statt „Im divisionalisierten Unternehmen“) deuten auf planvolles Vorgehen des Klägers hin, machen eine besondere Kennzeichnung wörtlicher Übernahmen aber nicht entbehrlich. Eine hinreichende Autorennennung kann in der zu dem nachfolgenden Satz angebrachten Fußnote 71 nicht gesehen werden. Denn in der Fußnote 71 wird nicht deutlich gemacht, dass die gesamten vorstehenden Sätze über die Möglichkeit, dem Arbeitsdirektor unter Ausschluss des Spartenleiters Kompetenzen zuzuweisen, von Schiessl stammen, sondern es wird eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zitiert, dass umgekehrt der Arbeitsdirektor eine Verteilung der Geschäfte nach sachlichen, organisatorischen oder regionalen Gesichtspunkten hinnehmen müsse, und mitgeteilt, dass Mertens und Schiessl der Rechtsprechung zugestimmt hätten.

140

(9) Desgleichen leidet S. 18 Abs. 1 Satz 1 der Dissertation an einem Zitierfehler (Fallgruppe F). Eine Autorennennung und eine besondere Kennzeichnung sind erforderlich wegen der Übernahme des Inhalts und der wörtlichen Übernahme von Formulierungen von Schiessl. Eine Autorennennung fehlt am rechten Ort, der Quellennachweis erfolgt an einer im Text vorgelagerten Stelle, die für den Leser eine Zuordnung zu der in Rede stehenden Textstelle nicht ermöglicht. Der vorausgehende Satz (am Ende von S. 17 Abs. 2 der Dissertation), bei dem in der Fußnote 71 Schiessl genannt wird, schließt einen ganzen Absatz ab, so dass für den Leser weder ersichtlich noch wenigstens angedeutet wird, dass Inhalt und Formulierung auch auf S. 18 Abs. 1 Satz 1 der Dissertation von Schiessl stammen.

141

(10) Dies setzt sich fort auf S. 18 Abs. 3 Satz 1 der Dissertation (Fallgruppe F). Einer Autorennennung unter besonderer Kennzeichnung bedarf es wegen der wörtlichen Übernahme eines Satzes. Die besondere Kennzeichnung der wörtlichen Übernahme konnte nicht zugunsten der besseren Lesbarkeit unterbleiben. Hätte der Doktorand ohne eine besondere Kennzeichnung auskommen wollen, so hätte er eine eigenständige Formulierungsleistung erbringen müssen. Bereits an einer Nennung des Autors fehlt es am rechten Ort. Die Fußnoten 82, 83, 86 und 87 sind einer Textpassage S. 19 Abs. 4 der Dissertation zuzuordnen und nicht der hier in Rede stehenden Textstelle auf S. 18 Abs. 3 Satz 1 der Dissertation.

142

(11) Anderes gilt für S. 18 Abs. 3 Satz 4 der Dissertation (Fallgruppe A). Eine Nennung des Autors Schiessl ist entbehrlich, zumindest ist ihr Fehlen unter Anlegung eines großzügigen Maßstabs nicht geeignet, einen Vorwurf wissenschaftlicher Unredlichkeit mitzutragen. Die im Vergleich zu Schiessl in der Dissertation wortgleiche Formulierung „nachgeordnet“ ist nicht hinreichend originell, auch der gedankliche Inhalt hinsichtlich einer „Spartenleitung“ ist so naheliegend, dass er keinen Quellennachweis gebietet.

143

(12) Ein Zitierfehler begegnet dem Leser hingegen wiederum auf S. 18 Abs. 3 Sätze 5 und 6 der Dissertation (Fallgruppe F). Aus den gleichen Gründen wie bei der vorvorgenannten Textstelle (s.o. (10)) bedurfte es einer Nennung des Autors Schiessl, an der es am rechten Ort fehlt, und einer besonderen Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme. Die Rezeptionsleistung Schiessls, der die Primärquellen zusammenfasst, wird als Eigenleistung ausgegeben. Die Umstellung von Satzteilen deutet auf eine Verschleierungsabsicht des Klägers hin.

144

(13) Ein Zitierfehler, allerdings nur im Hinblick auf die erforderliche besondere Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme, findet sich auf S. 19 Abs. 4 Satz 3 der Dissertation (Fallgruppe E). In den dieser Textstelle zugeordneten Fußnoten 84 und 85 werden keine Quellen ausgewiesen. Es wird nicht deutlich, dass eine wörtliche Übernahme von Teilsätzen des Autors Schiessl unter marginaler Umstellung erfolgt.

145

(14) An der erforderlichen Nennung des Autors Schiessl unter besonderer Kennzeichnung der wörtlichen Übernahme fehlt es auf S. 20 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Dissertation (Fallgruppe F). Inhalt und Formulierung stammen von Schiessl. Die Nennung von Schiessl neben Semler in der Fußnote 92 zu S. 20 Abs. 2 Satz 3 der Dissertation gibt keinen Hinweis auf eine inhaltliche Übernahme sowie auf eine wörtliche Übernahme ganzer Sätze auf S. 20 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Dissertation.

146

(15) Gleiches gilt bezüglich S. 20 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Dissertation (Fallgruppe F). Eine Autorennennung fehlt am rechten Ort. Die Fußnote 91 zu S. 20 Abs. 2 Satz 1 der Dissertation gibt keine Quelle an. Die Nennung von Schiessl neben Semler in der Fußnote 92 zu S. 20 Abs. 2 Satz 3 der Dissertation gibt keinen Hinweis auf eine inhaltliche Übernahme sowie auf eine wörtliche Übernahme ganzer Sätze in S. 20 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Dissertation.

147

(16) Ebenso fehlen die erforderliche Autorennennung und die erforderliche besondere Kennzeichnung auf S. 20 Abs. 3 Sätze 1 und 2 der Dissertation (Fallgruppe F). Die Formulierungen sind an Schiessl angelehnt und teils satzweise wörtlich mit geringfügigen Änderungen (z.B. „selbst wenn“ statt „auch wenn“) übernommen. Nach der Art einer Kollage erscheint der Einschub des vom Doktoranden selbst stammenden ersten Teils von Satz 2. Ein Fundstellennachweis zum nachfolgenden Satz in der Fußnote 93 zu S. 21 Abs. 1 Satz 1 der Dissertation unter Angabe mehrerer Autoren ist bei einer wörtlichen Übernahme ganzer Sätze nicht hinreichend, da ein Leser einen solchen Fundstellennachweis nicht der vorhergehenden Textstelle zuordnen kann.

148

(17) Der Urheber Schönbrod hätte auf S. 23 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Dissertation genannt und die wörtliche Übernahme besonders gekennzeichnet werden müssen (Fallgruppe F). Es genügt nicht, dass zum vorausgehenden Satz Schönbrod genannt wurde. Die zu dem vorausgehenden Satz angebrachte Fußnote 103 gehört zu dem abgeschlossenen Absatz 5 auf S. 24 der Dissertation. In den Fußnoten 104 („Dazu… Gabele, … Poensgen“), 105 („Dazu … v. Winckler“) sowie 106 („dazu Eisenführ“) zu S. 23 Abs. 1 der Dissertation wird nicht angegeben, dass Inhalt und Formulierungsfragmente von Schönbrod stammen.

149

(18) Ebenso verhält es sich auf S. 23 Abs. 3 Sätze 1 bis 4 der Dissertation (Fallgruppe F). Die Nennung Schönbrods als Urheber war nicht deshalb entbehrlich, weil Schönbrod selbst Primärquellen benannt hatte. Denn die Argumentationsstruktur und die Formulierungen stammen vom Urheber der Sekundärquelle Schönbrod. In der Fußnote 109 („Zur Matrixorganisation im einzelnen Erbslöh…“) wird die wörtliche Quelle Schönbrod nicht genannt. Auch in der hinter dem letzten Satz (schon auf S. 24) angegebenen Fußnote 110 wird die Quelle nicht genannt. Die Fußnote 108 zum letzten Satz von S. 23 Abs. 2 der Dissertation nennt Schönbrod, dieses Zitat befindet sich aber vor der Überschrift des hier in Betracht genommenen Abschnitts „Matrixorganisation“.

150

(19) Keinen Zitierfehler lässt S. 24 Abs. 3 Satz 2 der Dissertation erkennen (Fallgruppe B). Es bedarf einer Nennung des Autors. Allerdings folgt dies nicht bereits aus der Verwendung der (auch von A. gebrauchten) Formulierung „Anschlussfrage“, da die Formulierung nicht hinreichend originell ist. Doch bedarf der Gedanke, dass die zwingenden Grenzen des § 76 AktG (der die Leitung der Aktiengesellschaft betrifft) betroffen sind, eines Quellennachweises. Unter Anlegung eines großzügigen Maßstabs ist eine Autorennennung am rechten Ort (noch hinreichend) vorhanden. Die Quelle A. wird zwar erst in der Fußnote 111 zu S. 24 Abs. 4 Satz 1 der Dissertation genannt als Vertreter der Auffassung, es handele sich bei der Vorschrift um „eine Kompetenzvorschrift mit zuständigkeitsausschließender Wirkung gegenüber Aufsichtsrat und Hauptversammlung“. Damit ist aber implizit die Fragestellung nach den zwingenden Grenzen des § 76 AktG aufgeworfen, so dass ein Quellennachweis für den gedanklichen Inhalt von S. 24 Abs. 3 Satz 2 der Dissertation vorliegt.

151

(20) Ein Zitierfehler zu bejahen ist wiederum hinsichtlich S. 26 Abs. 5 Sätze 1 und 2 der Dissertation (Fallgruppe F). Die Rezeptionsleistung von A. als Urheber der Sekundärquelle wird im Kern wortgleich ohne Nennung des Urhebers übernommen. Nur die Urheber der Primärquellen Mertens und Hefermehl sind in der zugehörigen Fußnote 118 benannt. Der Fehler liegt mithin darin, dass eine Arbeit an Primärquellen suggeriert wird, obwohl lediglich eine Sekundärquelle wiedergegeben wird.

152

(21) Ein Zitierfehler begegnet dem Leser auch auf S. 28 Abs. 3 Satz 4 der Dissertation (Fallgruppe E). Unter Anlegung eines großzügigen Maßstabs wird zwar die Nennung des Autors A. in der Fußnote 130 zu dem weiterführenden nachfolgenden Satz für ausreichend erachtet. Es fehlt aber an der besonderen Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme.

153

(22) Sowohl an der erforderlichen Autorennennung als auch an der besonderen Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme fehlt es auf S. 29 Abs. 3 Satz 1 der Dissertation (Fallgruppe F). Dies gilt aus den entsprechenden Gründen wie bei der vorvorgenannten Textstelle (s.o. (20)). Die Rezeptionsleistung stammt in Inhalt und Formulierung von A. als Urheber der Sekundärquelle. Die Fußnote 135 nennt lediglich die Autoren der Primärquellen Hefermehl, Theisen und Henn.

154

(23) Auf S. 30 Abs. 4 Satz 3 der Dissertation fehlt es an der Nennung des Urhebers Scheffler, von dem die Formulierung wörtlich übernommen worden ist (Fallgruppe F). Die geringe Originalität des Inhalts macht wegen der Wörtlichkeit der Übernahme eines ganzen Satzes eine Autorennennung nicht entbehrlich.

155

(24) Entsprechend hätte auf S. 32 Abs. 2 Sätze 2 und 3 der Dissertation der Urheber Scheffler, von dem Formulierung und Inhalt stammen, unter besonderer Kennzeichnung der wörtlichen Übernahme genannt werden müssen (Fallgruppe F). Die einzelnen Teilsätze stammen wörtlich von Scheffler, die Satzübergänge sind marginal verändert. Es fehlt schon an einer Autorennennung am rechten Ort. Nicht ausreichend ist, dass die Fußnote 142 zum einleitenden Satz 1 Semler und Scheffler nennt. Denn die Sätze 2 und Satz 3 erläutern entgegen dem klägerischen Vortrag nicht lediglich Satz 1, sondern schränken ihn ein, wie das Wort „aber“ in Satz 2 anzeigt.

156

(25) Auch auf S. 32 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 der Dissertation liegt der Zitierfehler darin, dass bereits der Autor Scheffler, von dem eine wörtliche Übernahme erfolgt, ungenannt bleibt (Fallgruppe F). Es gilt das Gleiche wie bei der vorstehenden Textstelle (s.o. (24)).

157

(26) Ein Zitierfehler ist auf S. 32 Abs. 7 Satz 4 der Dissertation insoweit festzustellen, als zwar der Urheber genannt wird, aber eine besondere Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme fehlt (Fallgruppe E). Der Urheber Götz wird – neben anderen Autoren – zwar nicht in der Fußnote 145 zu dem auf S. 33 endenden Satz, aber doch in der Fußnote 144 zu S. 32 Abs. 7 Satz 2 der Dissertation genannt. Unter Anlegung eines großzügigen Maßstabs ist dies noch eine Autorennennung am rechten Ort. Jedoch hätte die wörtliche Übernahme von Götz besonderer Kennzeichnung bedurft.

158

(27) Demgegenüber ist ein Zitierfehler auf S. 34 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 der Dissertation deshalb zu verneinen, weil es bereits keiner Autorennennung bedurfte (Fallgruppe A). Die übernommenen Formulierungen „problematische Ämterhäufung“ und „Höchstzahlreduktion“ sind nicht hinreichend originell, um eine Autorennennung unter besonderer Kennzeichnung allein wegen der Wortwahl zu verlangen. Der Inhalt der Textstelle der Dissertation ist vom Inhalt der Textstelle der Quelle Götz verschieden. Denn in der Dissertation wird die Frage lediglich aufgeworfen, ob eine Höchstzahlreduktion von Aufsichtsratsmandaten geeignet ist, dem Problem der Ämterhäufung zu begegnen. Bei Götz wird diese Frage hingegen beantwortet.

159

(28) Einen Zitierfehler begründet auf S. 35 Abs. 3 Satz 1 der Dissertation, dass es sowohl an der erforderlichen Autorennennung, als auch an der besonderen Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme fehlt (Fallgruppe F). Die Formulierung „Konzentrierung der Führungskontrolle auf den Aufsichtsrat“ stammt einschließlich der semantisch falschen Präposition („auf den“ statt „bei dem“) von A.. Eine Autorennennung fehlt am rechten Ort. A. wird erst in der Fußnote 160 zu S. 35 Abs. 3 Satz 3 der Dissertation genannt, aber nur als Urheber für eine weitergehende Überlegung, dass neben dem Aufsichtsrat dem Vorstand selbst eine Kontrollfunktion obliege („Grundlegend für die Anerkennung einer Selbstkontrolle des Vorstands A.…“). Dass bereits der Inhalt der Prämisse auf S. 35 Abs. 3 Satz 1 der Dissertation, die Konzentrierung der Führungskontrolle beim Aufsichtsrat sei falsch, von A. stammt, wird nicht deutlich gemacht. Der Zitierfehler wiegt hier besonders schwer, weil eine Schlussfolgerung zu Unrecht als Eigenleistung präsentiert wird.

160

(29) Gleichfalls ist ein Zitierfehler auf S. 36 Abs. 1 der Dissertation gegeben (Fallgruppe F). Die wörtliche Formulierung und der Inhalt stammen von A., was kenntlich zu machen war. An einer Autorennennung und einer besonderen Kennzeichnung der wörtlichen Übernahme fehlt es am rechten Ort. Da auf S. 36 Abs. 1 der Dissertation ein neuer Textabschnitt mit eigener Überschrift beginnt, genügt es insbesondere nicht, dass A. zuvor, beispielsweise in der Fußnote 160 zu S. 35 Abs. 3 Satz 3 der Dissertation genannt wird.

161

(30) Ein Zitierfehler mangels Kennzeichnung wörtlicher Übernahmen tritt auf S. 37 Abs. 2 Sätze 4 bis 6 der Dissertation auf (Fallgruppe E). Die Formulierungen in S. 37 Abs. 2 Satz 5 der Dissertation „einzelnes Aufsichtsratsmitglied“, „zeitliche und berufliche Begrenzung der Mandatsausübung“, „gleichsam an der Kontrollzentrale des Unternehmens mitzuwirken“ stammen wörtlich von A. ebenso wie – nach Satzumstellung – diejenigen in S. 37 Abs. 2 Satz 6 der Dissertation. Wenngleich es an einer besonderen Kennzeichnung der wörtlichen Übernahme fehlt, ist zumindest eine Autorennennung vorhanden. Die Quelle A. wird in der Fußnote 166 zu S. 37 Abs. 2 Satz 7 der Dissertation für den gedanklichen Inhalt, nämlich die Auffassung genannt, dass die „primäre Kontrollzuständigkeit“ beim Vorstand selbst läge. Diese Auffassung geht noch über die auf S. 37 Abs. 2 Sätze 4 bis 6 der Dissertation wiedergegebene Auffassung hinaus. Ein Quellennachweis für S. 37 Abs. 2 Satz 7 der Dissertation genügt deshalb auch im Hinblick auf die Inhalte der S. 37 Sätze 4 bis 6 der Dissertation.

162

(31) Auf S. 38 Abs. 1 Satz 3 der Dissertation liegt der Zitierfehler darin begründet, dass es sowohl an der erforderlichen Nennung des Autors Scheffler als auch an der erforderlichen besonderen Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme fehlt (Fallgruppe F). Die Übernahme von Fremdleistungen wird dem Leser nicht dadurch deutlich gemacht, dass in der Fußnote 168 zum vorausgegangenen Satz 2 Scheffler (neben A. und Mertens) genannt wird. Diese Autorennennung ist auch nicht deshalb für Satz 3 hinreichend, weil dieser mit dem Wort „Dazu“ eingeleitet wird und damit einen neuen Aspekt behandelt. Während S. 38 Abs. 1 Satz 2 der Dissertation lediglich die Aussage enthält, dass der Vorstand sich so zu organisieren habe, dass er seiner Kontrollverantwortung optimal gerecht werde, gibt S. 38 Abs. 1 Satz 3 der Dissertation die Aussage wieder, was der Vorstand „Dazu“ sicherstellen müsse.

163

(32) Ebenso verhält es sich auf S. 38 Abs. 3 Satz 1 der Dissertation (Fallgruppe F). An der Textstelle heißt es: „Eine wirksame Überwachung durch den Vorstand setzt voraus, daß unter den Vorstandsmitgliedern und zwischen dem Vorstand und dem übrigen Management offen und effizient kommuniziert wird, so daß der Vorstand rechtzeitig und ausreichend alle notwendigen Informationen erhält.“. Die Textstelle entspricht unter marginalen Änderungen wörtlich der Quelle: „Eine wirksame Überwachung durch die Geschäftsführung setzt voraus, daß zwischen Geschäftsführung und dem übrigen Management offen und effizient kommuniziert wird, so daß die Geschäftsführung rechtzeitig und ausreichend alle notwendigen Informationen erhält.“ Inhaltlich unerheblich ist, ob der Vorstand der Aktiengesellschaft unter dieser Bezeichnung oder gemäß seiner Funktion als Geschäftsführung angesprochen wird. Der Autor Scheffler bleibt ungenannt, die wörtliche Übernahme bleibt ungekennzeichnet.

164

(33) Die Autorennennung am rechten Ort und die besondere Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme vom Autor A. fehlen auf S. 40 Abs. 2 Sätze 2 und 3 der Dissertation (Fallgruppe F). In der Fußnote 181 zu Satz 3 wird keine Quelle genannt. In der vorausgehenden Fußnote 180 zu S. 40 Abs. 1 Satz 2 der Dissertation wird nur ein Autor Mertens genannt. Der Versuch des Klägers, einen Bezug zu den Quellennachweisen von A. in der Fußnote 176-179 herzustellen, geht fehl. Es genügt nicht der pauschale Hinweis, dass es in diesem Abschnitt durchgängig um das Interventionsrecht gehe. Das Erfordernis von Einzelnachweisen für einzelne Fragmente fremden Gedankenguts wird etwa dadurch bestätigt, dass in der Dissertation in den Fußnoten 176-179 A. mehrfach genannt wird.

165

(34) Ohne Zitierfehler ist S. 41 Abs. 2 Satz 1 der Dissertation (Fallgruppe A). Eine Autorennennung ist entbehrlich. Die sich auch bei Schiessl findende Formulierung ist ebenso wie der Inhalt nicht so originell, dass Schiessl notwendig zu zitieren wäre. So wird beispielsweise auch von Spindler (in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 4. Aufl. 2014, § 77 Rn. 56) ohne Zitat von Schiessl ausgeführt: „Zur Wahrnehmung der Überwachungspflicht steht allen Vorstandsmitgliedern ein Informationsanspruch über Angelegenheiten aus anderen Ressorts zu.“

166

(35) Auf S. 47 Abs. 2 Sätze 1 f. der Dissertation zeigt sich ein Zitierfehler (Fallgruppe E). Neben anderen wird zwar der Autor Götz in der Fußnote 224 zu Satz 2 genannt, doch wird die wörtliche Übernahme von Formulierungen (z.B. „sachgerechte Überwachung ohne zuverlässige Informationsversorgung nicht möglich“, „Planungs-, Kontroll- und Informationssystemen sowie deren Implementierung“) nicht als solche ausgewiesen.

167

(36) Einen gleichartigen Zitierfehler zeigt S. 48 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 der Dissertation (Fallgruppe E). Die erforderliche Autorennennung kann unter Anlegung eines großzügigen Maßstabs in der Fußnote 229 zu S. 48 Abs. 3 Satz 4 der Dissertation gesehen werden. Besonders zu kennzeichnen war jedoch, dass die Formulierungen (z.B. „[m]it der bloßen Analyse der eingetretenen und festgestellten Abweichungen […] noch nichts bewirkt“) von Semler stammen. Marginale Änderungen („verfolgt werden müssen“ statt „müssen verfolgt werden“) deuten auf einen Täuschungsvorsatz hin.

168

(37) Sowohl die erforderliche Autorennennung als auch die erforderliche besondere Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme fehlen auf S. 52 Abs. 3 Satz 3 der Dissertation (Fallgruppe F). Der Inhalt und wörtlich die Formulierung „die Revisionsabteilungen dynamisch auszurichten, um eine zeitnahe prüferische Orientierung an den Schwerpunkten der unternehmerischen Problemstellungen im Ordnungsbereich sicherzustellen“ stammen von Freiling. Es genügt nicht, dass in anderen Absätzen des Abschnitts oder benachbarter Abschnitte auf den Urheber Freiling verwiesen wird. Freiling ist in der Fußnote 245 zu S. 52 Abs. 2 der Dissertation für ein uneingeschränktes Informations- und Einsichtsrecht der „Revision“ genannt, nicht für die zweckmäßige „dynamische Ausrichtung“ der „Revisionsabteilungen“. Der Leser vermag auch die Autorennennung Freilings neben anderen Autoren in Quellennachweisen, die zu späteren Textabschnitten gehören (Fußnoten 246 zu S. 52 Abs. 4 der Dissertation und 247 zu S. 52 Abs. 5 der Dissertation), nicht der Textstelle S. 52 Abs. 3 Satz 3 der Dissertation zuzuordnen.

169

(38) Ebenso verhält es sich auf S. 52 Abs. 5 Satz 2 der Dissertation (Fallgruppe F). Eine Autorennennung unter besonderer Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme ist erforderlich. Der Inhalt und die Formulierungen stammen von Götz. Eine Autorennennung fehlt am rechten Ort. Der Urheber Götz wird in der Fußnote 247 (neben Scheffler, Mertens und Freiling) zu S. 52 Abs. 5 Satz 1 der Dissertation dafür genannt, was zur „Gesamtverantwortung“ gehöre. Die Satzumstellung mit dem einleitenden Wort „Ferner“ auf S. 52 Abs. 5 Satz 2 der Dissertation suggeriert aber, dass hier ein neuer Inhalt dargestellt wird, der nicht mehr von der voranstehenden Fußnote gedeckt ist.

170

(39) Auch auf S. 56 Abs. 9 Satz 1 der Dissertation fehlen die Autorennennung und die besondere Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme (Fallgruppe F). Die Formulierung und der Inhalt stammen von Scheffler. Die Nennung Schefflers neben Meyer-Landrut und Semler in der Fußnote 266 zu S. 56 Abs. 8 Satz 2 der Dissertation zu den Rechtsquellen, anhand derer der Aufsichtsrat eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Geschäftsführung des Vorstands vornimmt, lässt nicht erkennen, dass Scheffler auch der Autor der auf S. 56 Abs. 9 Satz 1 der Dissertation wiedergegebenen Überlegungen zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung ist. Die Fußnote 267 zu S. 56 Abs. 9 Satz 5 der Dissertation nennt nur Semler und macht nicht deutlich, dass der Inhalt des S. 56 Abs. 9 Satz 1 der Dissertation nicht vom Kläger stammt, denn die dazwischenliegenden Sätze werden mit „Allerdings“ und „Vielmehr“ eingeleitet, legen mithin die Annahme neuer gedanklicher Inhalte nahe.

171

(40) Kein Zitierfehler ist in der mangelnden Nennung des Autors der Sekundärquelle Götz auf S. 63 Abs. 3 Satz 1 der Dissertation zu sehen (Fallgruppe B). Die Nennung eines Autors ist für eine Auswahl an Vertretern der Literaturauffassung erforderlich, nicht aber für die Formulierungsarbeit durch Götz, die anders als etwa im Falle einer früheren Textstelle (s.o. (22)) gering erscheint. Eine Autorennennung am rechten Ort ist vorhanden. In der zum Satzbeginn „Eine Ansicht in der Literatur“ angebrachten Fußnote 295 werden Hueck, Hölters, Rowedder und Wiedemann als Vertreter der Literaturauffassung genannt. Der Kläger war nicht gezwungen, zusätzlich auch den Aufsatzautor Götz zu nennen, selbst dann, wenn er erst durch die Lektüre des Aufsatzes von Götz auf die anderen Autoren aufmerksam geworden wäre.

172

(41) Im Ergebnis ebenso wenig begegnet dem Leser ein Zitierfehler der hier in Rede stehenden Art auf S. 64 Abs. 3 Satz 1 der Dissertation (Fallgruppe B). Die Übernahme einer Fremdleistung ist kenntlich gemacht, wenn auch der falsche Urheber genannt sein mag. Denn statt Wiedermann mag richtigerweise Götz in der Fußnote 303 zu S. 64 Abs. 3 Satz 1 der Dissertation als Autor zu benennen gewesen sein. Der verwendete Modus Konjunktiv I deutet auf die Wiedergabe einer fremden These hin und lässt es als nicht zwingend erscheinen, die Wörtlichkeit des Zitats eindeutiger zu kennzeichnen.

173

(42) Hingegen fehlt es sowohl an der erforderlichen Autorennennung als auch der erforderlichen besonderen Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme auf S. 65 Abs. 3 Sätze 1 und 2 der Dissertation (Fallgruppe F). Der erste Satz ist vollständig wörtlich von Götz übernommen. Der zweite Satz entspricht unter Umstellung der in ihm enthaltenen Klimax der Quelle Götz. Während es bei Götz heißt: „Das Spektrum reicht von umfassenden Zustimmungsvorbehalten, die entweder durch Satzung oder Aufsichtsratsbeschuß oder auf beiden Wegen eingeführt worden sind, bis hin zu einem vollständigen Verzicht auf eine Mitwirkung des Aufsichtsrats an den Geschäften des Vorstands“, heißt es in der Dissertation: „Das Spektrum reicht vom vollständigen Verzicht auf jede Inanspruchnahme dieser Befugnis über wenige Details bis hin zu recht umfangreichen Zustimmungskatalogen, die entweder durch Satzung oder Aufsichtsratsbeschluß oder auf beiden Wegen eingeführt worden sind.“ Eine Autorennennung fehlt am rechten Ort. In der Fußnote 307 zum ersten Satz werden Gerum/Steinmann/Fees sowie Vogel als Urheber benannt. In der Fußnote 308 zum zweiten Satz werden nur Quellen zur „Problematik, ob Aufsichtsräte, die ihre Überwachungsaufgaben ohne Zustimmungsvorbehalte ausüben, ihre Sorgfaltspflicht vernachlässigen“, genannt.

174

(43) Auf S. 67 Abs. 2 Satz 2 der Dissertation ist die allein erforderliche Autorennennung vorhanden (Fallgruppe B). Wiedergegeben ist zunächst der damalige Gesetzesstand (§§ 76 Abs. 1, 111 Abs. 4 Satz 2, 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AktG). Die Nennung eines Autors war zwar erforderlich für den Umkehrschluss aus dem Gesetzeswortlaut, welche Zustimmungsvorbehalte mit dem Gesetz unvereinbar sind. Doch ist dieser Umkehrschluss bereits auf S. 67 Abs. 2 Satz 1 der Dissertation angedacht, wo es heißt, die Grenzen zulässiger Zustimmungsvorbehalte ergäben sich „aus § 76 Abs. 1 AktG i.V.m. dem Zusammenwirken der §§ 111 Abs. 4 S. 2, 90 Abs. 1 Nr. 4, 90 Abs. 2 Nr. 4 AktG“ und wo für diese Rechtsauffassung, neben anderen Autoren, auch Götz genannt wird. Die sich sowohl in der Dissertation als auch bei Götz findende Formulierung, dass „solche Zustimmungsvorbehalte unvereinbar sind“, ist nicht so originell, dass sie allein einen hervorgehobenen Beleg des Autors Götz erfordert hätte.

175

(44) Sowohl die erforderliche Autorennennung als auch die erforderliche besondere Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme fehlen auf S. 75 Abs. 7 Satz 2 der Dissertation (Fallgruppe F). Von Peltzer stammt der Satz: „Es erscheint jedoch fraglich, ob nicht in der Rechtswirklichkeit – und vielleicht schon gewohnheitsrechtlich verfestigt – in vielen Fällen eine Verlagerung auf andere Entscheidungsträger stattgefunden hat“. Dieser Satz wird – bis auf den Einschub – wörtlich übernommen. Der wiedergegebene gedankliche Inhalt an sich mag keine hohe Originalität haben, jedoch ist bei einer wörtlichen Übernahme die Nennung des Autors unter besonderer Kennzeichnung erforderlich. An beidem fehlt es hier.

176

(45) Ebenso verhält es sich auf S. 75 Abs. 4 Satz 2 der Dissertation (Fallgruppe F). Der Hauptteil dieses Satzes lautet: „ob nicht in der Rechtswirklichkeit in vielen Fällen eine Verlagerung auf andere Entscheidungsträger stattgefunden hat“. Er übernimmt wörtlich zwei Fragmente des Satzes von Peltzer. Die marginale Veränderung in der Einleitung „Es erscheint jedoch fraglich“ gegenüber „Es fragt sich indessen“ macht eine Nennung des Autors und eine besondere Kennzeichnung der wörtlichen Übernahme nicht entbehrlich, woran es jeweils fehlt.

177

(46) Auf S. 76 Abs. 3 der Dissertation tritt eine wörtliche Übernahme eines Satzes von A. auf, ohne dass an dieser Stelle auch nur der Autor genannt ist (Fallgruppe F). Es genügt entgegen der Annahme des Klägers nicht, dass der „fragliche Aufsatz […] in diesem Zusammenhang an mehreren Stellen angegeben“ werde. Die Nennung von A. in den Fußnoten 348-350 zu verschiedenen Textstellen auf S. 76 Abs. 1 und 2 der Dissertation ist nicht hinreichend. Denn mit der Textstelle S. 76 Abs. 3 der Dissertation beginnt ein neuer Abschnitt unter neuer Überschrift „Die rechtliche Verantwortung für das Bestellungsverfahren“. Nach dem auf S. 76 Abs. 3 der Dissertation wörtlich wiedergegebenen Gedanken A. ist es „[h]insichtlich der Frage nach der rechtlichen Verantwortung für das Bestellungsverfahren von entscheidender Bedeutung, ob diese faktische Entscheidungsbeteiligung des Vorstands […] Ausdruck seiner rechtlichen Verantwortung […] oder lediglich eine rechtlich irrelevante Hilfeleistung ist.“ Diese Alternativen werden nicht aufgezeigt an den Textstellen S. 77 Abs. 1 Satz 4 der Dissertation und S. 77 Abs. 1 Satz 6 der Dissertation, welchen die Fußnoten 351-352 zugeordnet sind, in denen (u.a.) A. als Urheber genannt wird.

178

(47) Ebenso bedurfte es einer Autorennennung und einer besonderen Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme auf S. 77 Abs. 3 Satz 3 der Dissertation (Fallgruppe F). Formulierung und Inhalt stammen von Götz. Bei Götz heißt es: „Die Personalkompetenz des Aufsichtsrats fordert sein Tätigwerden bereits weit im Vorfeld einer eintretenden Vorstandsvakanz. In der Dissertation wird übernommen: „Somit erfordert die Personalkompetenz des Aufsichtsrats sein Tätigwerden bereits weit im Vorfeld einer eintretenden Vorstandsvakanz.“ Es fehlt bereits an einer Autorennennung am rechten Ort. Der Urheber Götz wird in der Fußnote 355 zu S. 77 Abs. 3 Satz 2 der Dissertation benannt, aber nur für den Gedanken, dass es mittelfristiger Nachfolgeplanungen bedürfe. Die Verwendung des Wortes „Somit“ deutet auf eine Schlussfolgerung hin, die erst recht hätte als Fremdleistung ausgewiesen werden müssen.

179

(48) Die allein erforderliche Autorennennung noch hinreichend vorhanden ist demgegenüber auf S. 79 Abs. 3 Satz 1 bis S. 80 Abs. 1 Satz 1 der Dissertation (Fallgruppe B). Einen Quellennachweis erfordern nicht schon die Formulierungen, die fragmentsweise von A. stammen, aber anders als bei der vorgenannten Textstelle (s.o. (47)) wenig originell sind. Einen Quellennachweis erfordert, dass die gedanklichen Inhalte von A. stammen. Für den gedanklichen Inhalt wird in der Fußnote 369 zu S. 80 Abs. 1 Satz 2 der Dissertation A. als Quelle genannt. Eine Zuordnung zu den Inhalten der in Rede stehenden Textstelle ist dem Leser möglich, da S. 80 Abs. 1 Satz 2 der Dissertation eine Konkretisierung („im erstgenannten Fall“, „im letztgenannten Fall“) des an der in Rede stehenden Textstelle eingeführten Gegensatzpaars („Auf der einen Seite“, „auf der anderen Seite“) enthält.

180

(49) Ein Zitierfehler, da zwar die erforderliche Autorennennung erfolgt, aber ohne die erforderliche besondere Kennzeichnung, begegnet dem Leser demgegenüber auf S. 80 Abs. 1 Satz 3 der Dissertation (Fallgruppe E). Die Satzfragmente „gilt auch […] für die vorzeitige Beendigung der Vorstandstätigkeit […], dürfen die anderen Vorstandsmitglieder nicht abwarten, bis der Aufsichtsrat die notwendigen Konsequenzen zieht, sondern müssen von sich aus initiativ werden, damit […] sein Amt zur Verfügung stellt bzw. abberufen wird.“ stammen wörtlich von A.. Dass der Inhalt von A. herrührt, geht zwar aus der Fußnote 370 zu S. 80 Abs. 1 Satz 6 der Dissertation („Deshalb wären rechtliche Vorgaben über das normative Gewicht des jeweiligen Entscheidungsträgers verfehlt.“) hervor, denn das Wort „Deshalb“ bewirkt eine Klammerung zu der vorstehenden Textstelle. Nicht offen gelegt ist aber die Wörtlichkeit der Übernahme. Geringfügige Änderungen („Gleiches gilt“ statt „Das gilt auch“) deuten auf Täuschungsvorsatz hin.

181

(50) Sowohl die erforderliche Autorennennung als auch die erforderliche besondere Kennzeichnung der wörtlichen Übernahme der Zwischenergebnisse von A. fehlen wiederum auf S. 80 Abs. 1 Satz 1 der Dissertation (Fallgruppe F). Es handelt sich um eine Schlussfolgerung aus den vorstehenden Abschnitten, weshalb gerade eine erneute Benennung der Quelle nicht entbehrlich war, um nicht den falschen Eindruck einer Eigenleistung zu erwecken.

182

(51) Ohne Zitierfehler ist S. 81 Abs. 1 Satz 7 der Dissertation (Fallgruppe A). Formulierung und Inhalt, dass die für die Zukunft als Nachfolger im Vorstand ausgewählten Personen „stets adäquat und anspruchsgerecht beschäftigt werden“ müssen, sind von so geringer Originalität, dass das Fehlen einer Autorennennung unter Anlegung eines großzügigen Maßstabs als vertretbar erscheint.

183

(52) Einen Zitierfehler begründet in der Fußnote 396 zu S. 87 der Dissertation, dass A. als Urheber der Sekundärquelle nicht genannt wird (Fallgruppe D). Eine Autorennennung ist erforderlich wegen des Inhalts (Rezeptionsleistung von A.). Die Formulierung („Beispielhaft sei […] verwiesen“) erfordert hingegen keinen besonderen Quellennachweis. Eine Autorennennung fehlt am rechten Ort. Die Fußnoten 394 und 397 geben eine Quelle nur für den jeweiligen Inhalt des Textkorpus an, nicht für den Inhalt der Fußnote 396.

184

(53) Auf S. 132 Abs. 3 Sätze 1 und 2 der Dissertation fehlen die Nennung des Autors Mertens und die besondere Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme beider Sätze (Fallgruppe F). Entgegen dem klägerischen Vortrag war eine Autorennennung nicht entbehrlich. Die beiden Sätze beschreiben konzentriert und prägnant die Leitungsverantwortung des Vorstands einer andere Unternehmen beherrschenden Aktiengesellschaft und enthalten die Schlussfolgerung einer „(Ober-)Leitung der Konzernunternehmen“.

185

(54) Entsprechend fehlen in der Fußnote 612 zu S. 132 der Dissertation Nachweise des Urhebers Scheffler und der wörtlichen Übernahme des vollständigen Satzes (Fallgruppe F). An einer Autorennennung fehlt es entgegen dem klägerischen Vortrag. Die Fußnoten 611 und 613 geben eine Quelle nur für den jeweiligen Inhalt des Textkorpus an, nicht für den Inhalt der Fußnote 612.

186

(55) Auf S. 179 Abs. 5 Satz 2 der Dissertation fehlen ebenso die Autorennennung und die besondere Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme (Fallgruppe F). Gerade weil es sich gemäß der Überschrift auf S. 179 um die Zusammenfassung der Dissertation handelt, war eine – vom Leser gerade an dieser Stelle nicht zu erwartende – Fremdleistung als solche auszuweisen. Auf eine Nennung des Autors Götz konnte nicht verzichtet werden. Die wörtliche Übernahme der charakteristischen Formulierung „daß ein leistungsfähiges internes Überwachungssystem besteht, welches alle relevanten Vorgänge erfasst“ erfordert eine besondere Kennzeichnung.

187

(56) Die S. 115 Abs. 7 Satz 1 der Dissertation zeigt einen Zitierfehler gleicher Art (Fallgruppe F). Inhalte und Formulierungen stammen von Scheffler. Eine Autorennennung fehlt am rechten Ort. Der Leser vermag den Quellennachweis in der Fußnote 539 zu S. 115 Abs. 2 Satz 2 der Dissertation nicht der in Rede stehenden Textstelle zuzuordnen. Denn aus der Satzeinleitung „Aus diesen Überlegungen ist abzuleiten“ folgt, dass der in S. 115 Abs. 3 Satz 1 zum Ausdruck gebrachte Gedanke über den Inhalt des S. 115 Abs. 2 Satz 2 hinausgeht und eine weiterführende Schlussfolgerung enthält.

188

(57) Schließlich ist auf S. 180 Abs. 6 Satz 3 der Dissertation ein Zitierfehler gegeben (Fallgruppe D). Der Leser durfte erwarten, dass unter der Überschrift „Zusammenfassung“ keine fremden Untersuchungsergebnisse präsentiert werden, ohne die hier von Bezzenberger übernommene inhaltliche Fremdleistung als solche auszuweisen. Die übernommene Formulierung ist nicht originell genug, um über die Autorennennung hinaus eine besondere Kennzeichnung der wörtlichen Übernahme zu gebieten.

189

cc. Die Täuschung ist nicht unerheblich. Die Bagatellgrenze ist, unabhängig davon, wo genau sie verläuft, jedenfalls überschritten. Dahinstehen kann, ob die Bagatellgrenze allein absolut zu bestimmen ist und bereits bei wenigen, nicht geringfügigen Zitierfehlern überschritten ist, oder ob dies erst dann der Fall ist, wenn auch relativ ein in Bezug auf die Prüfungsleistung als Ganzes nicht unverhältnismäßiges Ausmaß an Zitierfehlern erreicht ist, bei denen die betroffene Textstelle für den Leser zu Unrecht den Anschein einer Eigenleistung erweckt. Denn auch in relativer Betrachtung stehen die nicht zu beanstandenden Textstellen nicht außer Verhältnis zu den in absoluten Zahlen nicht wenigen Textstellen der vom Kläger vorgelegten Dissertation, die eine Eigenleistung vortäuschen.

190

Wie im Bescheid vom 25. Juni 2012, S. 17, dargelegt, ist jedenfalls kein vereinzelt auftretendes und versehentliches unsauberes Arbeiten bzw. Zitieren im Sinne von bagatellhaften, handwerklichen Flüchtigkeitsfehlern oder ein Fehlverhalten in inhaltlich irrelevanten, hinsichtlich der Thematik der Arbeit allenfalls randständigen Teilen der Dissertation gegeben. Denn den in der Dissertation redlich erbrachten Eigenleistungen steht nach den obigen Feststellungen (s.o. bb.) eine große und auch im Verhältnis dazu nicht zu vernachlässigende Anzahl von Fällen entgegen, in denen eine Fremdleistung nicht hinreichend als solche ausgewiesen und damit für den Leser zu Unrecht der Eindruck einer Eigenleistung erweckt worden ist. Die in einer Vielzahl auftretenden Zitierfehler, die einen Verstoß gegen die wissenschaftliche Redlichkeit begründen, überschreiten jedwede Bagatellgrenze bei Weitem. Während von den untersuchten 57 Textstellen zwölf (und eine weitere teilweise) keinen Zitierfehler aufweisen, weil entweder bereits eine Autorennennung entbehrlich ist (Fallgruppe A) oder die allein erforderliche Autorennennung vorhanden ist (Fallgruppe B), zeigen sich an allen übrigen der untersuchten Textstellen Zitierfehler. An zwei Textstellen fehlt es an der erforderlichen Autorennennung (Fallgruppe D) und an sieben weiteren Textstellen an der erforderlichen besonderen Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme (Fallgruppe E). An allen übrigen 35 Textstellen (und einer weiteren Textstelle teilweise) fehlt es sogar an beidem, sowohl an der erforderlichen Autorennennung als auch an der erforderlichen besonderen Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme (Fallgruppe F).

191

Die Bagatellgrenze ist sowohl in absoluter als auch in relativer Hinsicht selbst dann überschritten, wenn zugunsten des Klägers angenommen würde, dass keine weiteren, als die vorstehenden (s.o. bb. (1) bis (57)) untersuchten Textstellen Zitierfehler aufweisen. Nicht untersucht worden sind insbesondere die von der Beklagten im angefochtenen Bescheid in Anlage 3 angeführten 71 Textstellen, in denen nach ihrer Auffassung nicht kenntlich gemacht ist, welche Teile des Textes auf seinen eigenen Erkenntnissen und Gedanken beruhen und welche Teile des Textes eine bloße Wiedergabe fremder Erkenntnisse und Gedanken darstellen.

192

Das Gericht verkennt dabei nicht, dass der Kläger in der vorgelegten Dissertation in einem nicht kleinen Umfang Quellennachweise angebracht hat. Die 180 Seiten des Textkorpus enthalten 818 Fußnoten, die – zugeordnet zu einzelnen Textstellen – oftmals ein oder mehrere Autoren von übernommenen Fremdleistungen nennen. Die Vielzahl der festgestellten Zitierfehler, bei denen Fremdleistungen mangelhaft als solche ausgewiesen sind, überschreitet gleichwohl die Schwelle der Erheblichkeit deutlich.

193

Dahinstehen kann, ob der Kläger, wie er vorprozessual in seiner Stellungnahme vom 13. Januar 2012 vorgebracht hat, in seiner Dissertation als Eigenleistung eine herausragende Stellung des Finanzvorstands anerkannt hat. Denn die Dissertationsleistung ist im Rahmen dieses Verfahrens nicht zu würdigen; es ist auch unerheblich, ob die Leistung – die Zitierfehler hinweggedacht – noch für eine selbständige wissenschaftliche Arbeit ausgereicht hätte (VGH Mannheim, Beschl. v. 13.10.2008, 9 S 494/08, juris Rn. 8).

194

dd. Die Täuschung hat bei den maßgeblichen Adressaten einen Irrtum hervorgerufen, auf dem wiederum die Verleihung des Doktorgrads beruht.

195

Ein durch die Täuschungshandlung hervorgerufener Irrtum liegt bereits dann vor, wenn nur einzelne Amtswalter, die an der Entscheidung maßgeblich beteiligt waren, irregeführt worden sind (VG Regensburg, Urt. v. 31.7.2014, RO 9 K 13.1442, juris Rn. 47). Diese Voraussetzung ist erfüllt. Die Verleihung des Doktorgrads durch Aushändigung oder Zustellung einer vom Sprecher des damaligen Fachbereichs Rechtswissenschaft I gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 PromO 1972 unter dem 28. Januar 1998 unterzeichneten Urkunde setzte ein Bestehen des Kolloquiums gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 PromO 1972 vor dem aus drei Prüfern bestehenden Ausschuss gemäß § 13 Abs. 2 PromO 1972 voraus. Die Durchführung des Kolloquiums erforderte nach § 13 Abs. 1 PromO 1972, dass die Dissertation endgültig mindestens als „genügend“ bewertet wurde. Die Bewertung der vom Kläger vorgelegten Dissertation durch den nach § 11 PromO 1972 gebildeten Dissertationsausschuss entsprach gemäß § 10 Abs. 3 PromO 1972 der übereinstimmenden Bewertung der beiden zur Beurteilung der Dissertation bestellten Gutachter in ihren gemäß § 10 Abs. 1 i.V.m § 9 PromO 1972 erstellten Voten mit der Note „magna cum laude“. Dabei kann dahinstehen, ob der Betreuer der Dissertation und Erstgutachter Prof. Dr. A. bei Erstattung eines Votums vom 16. Oktober 1997 einem Irrtum unterlag. Denn zumindest das Votum des Zweitgutachters Prof. Dr. B. vom 23. Dezember 1997 beruhte, wie der Zweitgutachter in seiner Stellungnahme vom 1. Dezember 2011 bestätigt hat, auf dem durch die Täuschung hervorgerufenen Irrtum, dass „die gesamte Darstellung inhaltlich und textlich allein vom Verfasser“ stamme, sodass mit Aufdeckung der Täuschung nunmehr die „Grundlage für die Beurteilung“ entfallen ist. Ohne die Bewertung des Zweitgutachters wäre das Kolloquium nicht durchgeführt und dem Kläger folglich der Doktorgrad nicht verliehen worden.

196

Die Ursächlichkeit der vom Kläger begangenen Täuschung für die Verleihung des Doktorgrads schlösse es nicht aus, wenn für eine andere als die vom Kläger vorgelegte Arbeit der Doktorgrad verliehen worden wäre. Denn ausgehend von der Dissertation als Form- und Sinnganzes, kommt es auf die konkrete Identität der vorgelegten Arbeit an (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 19.4.2000, 9 S 2435/99, juris Rn. 25; Urt. v. 18.11.1980, IX 1302/78, ESVGH 31, 54 <57>).

197

ee. Der Kläger hat vorsätzlich gehandelt.

198

Vorsatz ist das Wissen und Wollen des Prüflings hinsichtlich der objektiven Umstände, d.h. der Täuschungshandlung im Promotionsverfahren durch Vorlage einer Fremdleistungen mangelhaft als solche ausweisenden Dissertation (dazu s.o. bb.), der Erheblichkeit der Täuschung (dazu s.o. cc.) und der Ursächlichkeit der Täuschung für die Verleihung des Doktorgrads (dazu s.o. dd.). Ausreichend für eine vorsätzliche Täuschung ist ein bedingter Vorsatz, bei dem die Verwirklichung der objektiven Umstände für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen wird (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 28.6.1994, 2 S 130/94, SächsVBl 1994, 269, juris ). Die vorsätzliche Täuschung eines Prüflings liegt dann vor, wenn keine andere Erklärung zu finden ist, als die, dass der Prüfling insgeheim den ursprünglichen Text als Schreibvorlage benutzt hat (VGH Mannheim, Urt. v. 18.11.1980, IX 1302/78, ESVGH 31, 54 <55>).

199

Nach diesen Maßstäben hat der Kläger im Promotionsverfahren vorsätzlich getäuscht. Der Kläger hat es für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, dass der Grad eines Doktors der Rechtswissenschaft an ihn aufgrund einer erheblichen Täuschung im Promotionsverfahren verliehen werden würde. Art und Umfang der Übernahme fremder Texte und Gedanken ohne hinreichende Ausweisung lassen keine andere Erklärung zu. Im Einzelnen:

200

In quantitativer Hinsicht kann ein bedingter Täuschungsvorsatz bereits aus der schieren Menge der Verstöße gegen die wissenschaftliche Redlichkeit hergeleitet werden (vgl. VG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2014, 15 K 2271/13, juris Rn. 159). Zitierfehler, die in einer mangelhaften Ausweisung von Fremdleistungen begründet sind, treten an 44 der 57 untersuchten Textstellen (und einer weiteren Textstelle teilweise) auf. Rechnerisch ist auf jeder vierten der insgesamt 180 Druckseiten der Dissertation festzustellen, dass Fremdleistungen mangelhaft ausgewiesen sind.

201

In qualitativer Hinsicht wiegt der vielfache Verstoß gegen die wissenschaftliche Redlichkeit besonders schwer. Die Art der Zitierfehler lässt – ebenso wie vorstehend beschrieben der Umfang der Zitierfehler – auf einen zumindest bedingten Täuschungsvorsatz schließen.

202

Dies folgt zunächst daraus, dass sich die mangelhafte Ausweisung von Fremdleistungen auf alle wesentlichen Teile der vom Kläger vorgelegten Dissertation erstreckt. Die betroffenen Textstellen (s.o. bb.) finden sich, wie im Bescheid vom 25. Juni 2012, S. 18 f., zu Recht hervorgehoben ist, nicht nur und auch nicht weit überwiegend in thematischen Randbereichen der Dissertation, vielmehr erstreckt sich die mangelhafte Ausweisung von Fremdleistungen auf alle wesentlichen Teile der vom Kläger vorgelegten Dissertation: Unter der Abschnittsüberschrift „§ 1 Generalia“ (S. 1-5) findet sich ein Zitierfehler der Fallgruppe F. Der Abschnitt „§ 2 Geschäftsleitung in der Aktiengesellschaft“ (S. 6-89) enthält 30 Textstellen (und eine Textstelle teilweise), die der Fallgruppe F zuzuordnen sind, davon 14 Textstellen in dem Unterabschnitt „D. Grenzen der Geschäftsverteilung“ (S. 24-74), die der Kläger in der Dissertation selbst (S. 3) als „Kernbereich der Arbeit“ ausgewiesen hat. Im Abschnitt „§ 3 …“ (S. 90-156) begegnen dem Leser zwei Zitierfehler der Fallgruppe F. Während in den beiden kürzeren Abschnitten „§ 4 …“ (S. 157-163) und „§ 5 …“ (S. 164-178) keine Zitierfehler festgestellt worden sind, treten in dem die Arbeit abschließenden Abschnitt „§ 6 … (S. 179-180)“, in dem die vom Promovenden gefundenen Ergebnisse der Arbeit zu sammeln waren, wiederum zwei Zitierfehler auf. An beiden Textstellen fehlt es bereits an der Autorennennung, an einer der Textstelle zusätzlich an der besonderen Kennzeichnung einer wörtlichen Übernahme.

203

In qualitativer Hinsicht wiegt der Verstoß ferner deshalb besonders schwer, weil von den 44 festgestellten Zitierfehlern (und einem weiteren teilweisen Zitierfehler), 35 (und ein weiterer teilweise) der Fallgruppe F zuzuordnen sind. Obwohl an den betroffenen Textstellen über den gedanklichen Inhalt hinaus auch die Formulierung wörtlich der Quelle entnommen ist, fehlt es hier nicht nur an der gebotenen besonderen Kennzeichnung der wörtlichen Übernahme, sondern bereits überhaupt an der Nennung des Autors. Der dem Kläger gemacht Vorwurf erschöpft sich mithin nicht darin und besteht auch nicht im Schwerpunkt darin, dass er nicht in hinreichendem Umfang Anführungszeichen gesetzt habe. Vielmehr liegt der Vorwurf darin begründet, dass es bereits an einer Nennung des Urhebers eines zu Unrecht als Eigenleistung dargestellten fremden gedanklichen Inhalts fehlt und zusätzlich dazu die Formulierungen wörtlich übernommen worden sind.

204

Für einen Täuschungsvorsatz spricht weiter, dass sich die Zitierfehler nicht auf den darstellenden Teil der Dissertation beschränken. Auch soweit die Dissertation Schlussfolgerungen enthält oder die Ergebnisse der Arbeit selbst präsentiert werden, sind Fremdleistungen mangelhaft ausgewiesen (s.o. bb. (28), (47), (55) und (57)). Dies wiegt besonders schwer, weil aus Sicht des Lesers der Wert der Dissertation als wissenschaftlicher Arbeit vor allem in den über das Repetitive hinausgehenden Transferleistungen besteht.

205

Hinzu kommt, dass der Verstoß gegen die Grundanforderungen wissenschaftlicher Redlichkeit durch fehlerhafte Zitate jeweils mit bestimmten Indizien einer vorsätzlichen Täuschung einhergeht. Ein Täuschungsvorsatz lässt sich in Anlehnung an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Münster anhand von vier alternativ zu erfüllenden Kriterien feststellen. Ist eines dieser Kriterien erfüllt, so kann darauf geschlossen werden, dass der Prüfling sich mit dem von ihm abgeschriebenen Text in einer Weise befasst hat, dass von einem bloß leichtfertigen Verstoß gegen das Redlichkeits- und Zitiergebot keine Rede sein kann (VG Münster, Urt. v. 20.2.2009, 10 K 1212/07, juris Rn. 27; vgl. OVG Münster, Beschl. v. 12.8.2010, 14 A 847/09, juris Rn. 23). Das erste Kriterium ist erfüllt, wenn der Prüfling eine Kollage aus Arbeiten fremder Autoren präsentiert. Das zweite Kriterium stellt auf marginale Manipulationen ausgehend vom ursprünglichen Text ab, denn (so VGH Mannheim, Beschl. v. 13.10.2008, 9 S 494/08, juris Rn. 9; vgl. auch VG Frankfurt, Urt. v. 23.5.2007, 12 E 2262/05, juris Rn. 15) die Vorgehensweise der Umstellungen und der Syntaxvariationen belegt eine gezielte Verschleierungsabsicht. Das dritte Kriterium zeigt ein Durchzitieren von Primärquellen ohne Nennung der Sekundärquelle, deren Rezeptionsleistung übernommen wurde, an. Das vierte Kriterium, das einen Täuschungsvorsatz indiziert, ist erfüllt, wenn der Prüfling die Quelle nicht an der in Rede stehenden Textstelle, sondern an anderer Stelle nennt, da dadurch für den Leser im Umkehrschluss der Eindruck bestärkt wird, der Prüfling habe an der erstgenannten Textstelle eine eigene Leistung erbracht.

206

An allen Textstellen, an denen Fremdleistungen mangelhaft ausgewiesen sind, ist zumindest das vierte Kriterium erfüllt, dass die Quelle an anderer Stelle benannt ist (s.o. bb. (1), (2), (5), (6), (8) bis (10), (12) bis (18), (20) bis (26), (28), (29) bis (33), (35) bis (39), (42), (44) bis (47), (49), (50), (52) bis (57)). In mindestens einem Fall ist daneben das erste Kriterium erfüllt, das eine kollageartige Zusammensetzung aus eigenen und fremden Gedanken anzeigt (s.o. bb. (16)). In neun Fällen ist auch das zweite Kriterium erfüllt, da gegenüber der Quelle eine marginale Veränderung, etwa in einzelnen Wörtern oder in den Satzübergängen vorgenommen worden ist (s.o. bb. (8), (12), (13), (16), (24), (30), (36), (38) und (45)). Das dritte Kriterium des Durchzitierens der Primärquelle unter Verschleierung der Rezeptionsleistung der Sekundärquelle ist in mindestens vier Fällen erfüllt (s.o. bb. (12), (20), (22) und (52)).

207

f. Die Rücknahme der Verleihung des Doktorgrads durch den Bescheid vom 25. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2013 genügt auch den auf Rechtsfolgenseite der Befugnisnorm gestellten Anforderungen.

208

Dabei kann dahinstehen, ob § 48 Abs. 1 HmbVwVfG oder § 18 Abs. 2 PromO 2010 als Rechtsgrundlage herangezogen wird (s.o. c.). Ebenso kann dahinstehen, ob § 18 Abs. 2 Satz 2 PromO 2010 zulasten des Prüflings eine gebundene Entscheidung für den Fall vorsieht, dass die Täuschung Leistungen in solchen Teilen der Promotion betrifft, die für die Bewertung der Dissertation oder Disputation oder die Gesamtnote einen wichtigen Stellenwert hatten und ob ein solcher Fall gegeben ist. Denn wenn keine gebundene Entscheidung vorläge, wäre die Ausübung des der Beklagten nach § 18 Abs. 2 Satz 1 PromO 2010 bzw. nach § 48 Abs. 1 HmbVwVfG eingeräumten behördlichen Ermessens nach § 114 Satz 1 VwGO gerichtlich nicht zu beanstanden. Im Einzelnen:

209

Ein der Ausübung von Ermessen etwaig vorgelagerter Fehler bei der Subsumtion unter den Tatbestand der Befugnisnorm kann keinen Ermessensfehler begründen (hierzu unter aa.). Die Beklagte hat in Übereinstimmung mit § 40 HmbVwVfG Ermessen ausgeübt (hierzu unter bb.) und zwar entsprechend dem Zweck der Ermächtigung (hierzu unter cc.) und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens (hierzu unter dd.).

210

aa. Kein Ermessensfehler folgt daraus, dass die Beklagte die vorsätzliche Täuschung im Promotionsverfahren aus von ihr angenommen Zitierfehlern an allen 57 in Anlage 1 und 2 zum Bescheid vom 25. Juni 2012 genannten Textstellen hergeleitet hat, aber nur an 44 Textstellen (und einer weiteren Textstelle teilweise) das Gericht Zitierfehler festgestellt hat (dazu s.o. e. bb.). Zum einen hat die Beklagte im Ergebnis zutreffend den Tatbestand der eine Rücknahme nach Ermessen eröffnenden Normen für erfüllt angesehen: Die festgestellte Täuschung im Promotionsverfahren erfüllt den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Satz 1 PromO 2010 und die aus der Täuschung im Promotionsverfahren folgende Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, mit dem der Doktorgrad verliehen worden ist, erfüllt den Tatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG (s.o. e.). Zum anderen geht die Subsumtion unter den Tatbestand der ein Rücknahmeermessen eröffnenden Vorschrift der Ausübung von Ermessen voraus, so dass sich aus einer fehlerhaften Subsumtion kein Ermessensfehler herleiten kann. Die Abweichung der festgestellten Fehlerzahl ist nicht derart gravierend, dass die Ausübung von Ermessen zugunsten der Rücknahme dadurch in Frage gestellt würde. Denn es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Widerspruchsausschuss eine andere Ermessensentscheidung getroffen hätte, wenn er statt von 57 Zitierfehlern von 44 Verstößen gegen die Grundanforderungen wissenschaftlicher Redlichkeit ausgegangen wäre.

211

bb. Die Entscheidung über die Rücknahme leidet nicht an einem Ermessensausfall. Die Beklagte ist davon ausgegangen, dass ihr bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen Ermessen darüber zusteht, ob sie den Verwaltungsakt über die Verleihung des Doktorgrads zurücknimmt. Die Beklagte hat im Widerspruchsbescheid das eröffnete Ermessen geprüft und ausgeführt, dass Ermessensfehler nicht erkennbar seien. Unschädlich ist dabei, dass die Beklagte statt der unanwendbaren bundesrechtlichen Vorschrift des § 48 Abs. 1 VwVfG nicht die in Betracht zu ziehende landesrechtliche Parallelvorschrift des § 48 Abs. 1 HmbVwVfG sowie die Satzungsbestimmung des § 18 Abs. 2 PromO 2010 genannt hat. Denn, wie bereits dargestellt, ist der Zweck des Ermessens, welches hinsichtlich der Rücknahme eines rechtswidrigen Verleihungsakts eingeräumt ist, nach beiden in Betracht zu ziehenden Befugnisnormen derselbe wie nach § 48 Abs. 1 VwVfG (s.o. c. cc.).

212

Ferner steht die im Widerspruchsbescheid enthaltene Annahme, wegen der vorliegenden arglistigen Täuschung sei ein sehr eingeschränkter Ermessensspielraum zu Grunde zu legen, weil der Vertrauensschutz eingeschränkt sei, in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Danach ist die in § 48 Abs. 2 der parallelen Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder getroffene Wertung über die Schutzwürdigkeit des Vertrauens, die sich ihrem Wortlaut nach nur auf die dort genannten Geld- und Sachleistungsverwaltungsakte bezieht, im Rahmen der Ausübung des Rücknahmeermessens zu berücksichtigen (BVerwG, Beschl. v. 20.10.2006, 6 B 67.06, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116, juris Rn. 6; OVG Münster, Urt. v. 10.2.2016, 19 A 991/12, juris Rn. 88 ff.). Auf den Bestand eines Verwaltungsaktes darf der Begünstigte gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Var. 1 HmbVwVfG insbesondere dann nicht vertrauen, wenn er den Verwaltungsakt durch eine arglistige Täuschung erwirkt hat. Dies ist hier der Fall. Arglist setzt eine bewusste Täuschung voraus (BVerwG, Urt. v. 9.9.2003, 1 C 6/03, BVerwGE 119, 17, juris Rn. 15), wobei bedingter Vorsatz genügt (OVG Bautzen, Beschl. v. 28.6.1994, 2 S 130/94, SächsVBl 1994, 269, juris ). Die Verleihung des Grads des Doktors der Rechtswissenschaft an den Kläger beruht auf der vorsätzlichen Täuschung im Promotionsverfahren (s.o. e.).

213

cc. Die Entscheidung über die Rücknahme leidet ferner nicht an einem Ermessensfehlgebrauch. Die Beklagte hat das Ermessen dem Zweck der Ermächtigung gemäß ausgeübt. Die Beklagte hat im Widerspruchsbescheid vom 30. April 2013 ihre eigene Ermessensbetätigung aufgrund einer Abwägung der widerstreitenden Interessen zu Recht darauf gestützt, dass die Entziehung des Doktorgrads den wissenschaftlichen Ruf des Fachbereichs, der Universität und das Ansehen der Rechtswissenschaft insgesamt schütze und die Übereinstimmung von akademischer Leistung und akademischem Titel ebenso sichere wie das Allgemeininteresse an Titelwahrheit, die Integrität des Promotionsverfahrens und die Chancengleichheit mit anderen Doktoranden. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Widerspruchsausschuss bei der Entscheidung über die Rücknahme aus sachfremden Gründen, d.h. willkürlich vorgegangen wäre. Unerheblich für die Ermessensausübung durch den Widerspruchsausschuss ist, aus welchem Anlass der für die Ausgangsentscheidung zuständige Promotionsausschuss das Verfahren über die Rücknahme der Verleihung des Doktorgrads eingeleitet hatte.

214

dd. Die Entscheidung über die Rücknahme leidet schließlich nicht an einer Ermessensüberschreitung. Die Beklagte hat die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten. Die besonderen Einschränkungen des § 48 Abs. 2 bis 4 HmbVwVfG, unter denen gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 HmbVwVfG ein begünstigender Verwaltungsakt nur zurückgenommen werden darf, stehen der Rücknahme des die Verleihung des Doktorgrads vornehmenden Verwaltungsakts nicht entgegen. Dies gilt sowohl für den einfachgesetzlichen Vertrauensschutz nach § 48 Abs. 2 oder 3 HmbVwVfG (hierzu unter (1)) als auch für die Rücknahmefrist nach § 48 Abs. 4 HmbVwVG (hierzu unter ((2)). Die Rücknahme der Promotion ist nach Treu und Glauben auch nicht im Hinblick auf die Vorgänge im Habilitationsverfahren ausgeschlossen (hierzu unter (3)). Die Rücknahme steht ferner mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang (hierzu unter (4)).

215

(1) Der Rücknahme steht auf besonderer einfachgesetzlicher Grundlage kein Vertrauensschutz entgegen.

216

Auch ausgehend von einer Anwendbarkeit des § 48 Abs. 1 HmbVwVfG ist ein Bestandsschutz nach § 48 Abs. 2 HmbVwVfG bereits deshalb nicht zu prüfen, weil der Verwaltungsakt, mit dem der akademische Grad eines Doktors der Rechte verliehen worden ist, nicht – wie diese Vorschrift voraussetzt – eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist. Bei anderen Verwaltungsakten steht schutzwürdiges Vertrauen nicht nach § 48 Abs. 2 HmbVwVfG im Wege des Bestandschutzes einer Rücknahme entgegen, sondern löst lediglich nach § 48 Abs. 3 Satz 1 HmbVwVfG im Wege des Vermögensschutzes eine Entschädigungspflicht aus (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.5.2012, 5 C 17/11, BVerwGE 143, 161, juris Rn. 21).

217

Unabhängig davon war das Vertrauen des Klägers in den Bestand des Verwaltungsakts über die Verleihung des Doktorgrads nach dem Maßstab des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Var. 1 HmbVwVfG nicht schutzwürdig. Denn der Kläger hat diesen Verwaltungsakt durch die im Promotionsverfahren begangene arglistige Täuschung erwirkt (s.o. bb.).

218

(2) Der Rücknahme der am 28. Januar 1998 vollzogenen Verleihung des Doktorgrads durch den Bescheid vom 25. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2013 steht die Rücknahmefristbestimmung des § 48 Abs. 4 HmbVwVfG nicht entgegen.

219

Die Bestimmung über die Rücknahmefrist findet nach § 18 Abs. 3 PromO 2010 auf eine Aberkennung und Entziehung der Verleihung des Doktorgrads aufgrund § 18 Abs. 2 PromO 2010 bzw. nach § 1 Abs. 1 HmbVwVfG auf eine Rücknahme aufgrund § 48 Abs. 1 HmbVwVfG Anwendung.

220

Jedoch galt die Rücknahmefrist in Anwendung des § 48 Abs. 4 Satz 2 HmbVwVfG vorliegend nicht. Nach dieser Vorschrift gilt die Fristbestimmung des § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG insbesondere nicht im Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Var. 1 HmbVwVfG, d.h. für die Rücknahme eines durch arglistige Täuschung erwirkten Verwaltungsakts. Dieser Anwendungsausschluss gilt nicht nur für Verwaltungsakte nach § 48 Abs. 2 HmbVwVfG, sondern auch für solche nach § 48 Abs. 3 HmbVwVfG (zu den Parallelvorschriften des Bundes und der Länder: BVerwG, Urt. v. 12.4.2005, 1 C 9/04, BVerwGE 123, 190, juris Rn. 32; Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 209 m.w.N.). Dies betrifft insbesondere die Entziehung des Doktorgrads wegen arglistiger Täuschung (zur hessischen Parallelvorschrift: VG Frankfurt, Urt. v. 23.5.2007, 12 E 2262/05, juris Rn. 20). Wie bereits dargestellt, ist eine arglistige Täuschung gegeben, da die Verleihung des Doktorgrads auf der vorsätzlichen Täuschung im Promotionsverfahren beruht (s.o. bb.).

221

Unabhängig davon wäre die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG, ihre Geltung unterstellt, beachtet. Nach dieser Vorschrift ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt zulässig, in dem die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen. Der Fristlauf beginnt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, erst dann, wenn die Behörde positive Kenntnis von den Tatsachen, die die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigen, erhalten hat. Danach erlangt die Behörde positive Kenntnis, wenn der nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung zur Rücknahme des Verwaltungsakts berufene Amtswalter oder ein sonst innerbehördlich zur rechtlichen Überprüfung des Verwaltungsakts berufener Amtswalter die die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigenden Tatsachen feststellt; die Feststellung ist getroffen, sobald diese Tatsachen vollständig, uneingeschränkt und zweifelsfrei ermittelt sind (BVerwG, Beschl. v. 19.1.1984, GrSen 1/84, GrSen 2GrSen 2/84, BVerwGE 70, 356, juris Rn. 22). Zur Herstellung der Entscheidungsreife gehört auch die Anhörung des Betroffenen, vor deren Durchführung die Jahresfrist nicht beginnt (BVerwG, Beschl. v. 4.12.2008, 2 B 60/08, juris Rn. 7). Ausgehend von einer Anhörung des Klägers im Januar 2012 erfolgte die am 28. Juni 2012 zugestellte und nach §§ 43 Abs. 1 Satz 1, 41 Abs. 5 HmbVwVfG gegenüber dem Kläger wirksam gewordene Rücknahme jedenfalls rechtzeitig.

222

(3) Auch unter Berücksichtigung der Vorgänge im Habilitationsverfahren ist die Rücknahme der Promotion nicht nach dem im öffentlichen Recht geltenden allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen. Die Rücknahme ist weder durch einen Vergleichsvertrag (hierzu unter (a)) noch durch eine Zusicherung (hierzu unter (b)) ausgeschlossen noch steht der Rücknahme das Verbot widersprüchlichen Verhaltens entgegen (hierzu unter (c)).

223

(a) Die im Zusammenhang mit der Sitzung des Habilitationsausschusses am 27. Mai 2009 gefundene „Rettungslösung“ ist kein verbindlicher Vergleichsvertrag des Inhalts, Plagiatsvorwürfe hinsichtlich der Dissertation nicht weiter zu verfolgen. Dabei kann in tatsächlicher Hinsicht der Vortrag des Klägers zu den Inhalten der vor der Sitzung des Habilitationsausschusses am 27. Mai 2009 zwischen dessen Vorsitzenden Prodekan Prof. Dr. D. und dem klägerischen Bevollmächtigten Rechtsanwalt H. durchgeführten Unterredung zugrunde gelegt werden (vgl. klägerischer Schriftsatz v. 20.4.2016, Bl. 141 ff. d.A.). Der Inhalt des Vier-Augen-Gesprächs ergibt sich danach aus den detaillierten Aufzeichnungen und diktierten Protokollen des Rechtsanwalts H.. In rechtlicher Hinsicht trägt die vom Kläger vorgenommene Bewertung der im Habilitationsverfahren gefundenen „Rettungslösung“ jedoch nicht. Im Einzelnen:

224

Fraglich ist bereits, ob im Zusammenhang mit der „Rettungslösung“ ein (öffentlich-rechtlicher Vergleichs-)Vertrag als ein mehrseitiges, durch übereinstimmende Willenserklärungen gemäß § 62 Satz 2 HmbVwVfG i.V.m. §§ 145 ff. BGB konstituiertes Rechtsgeschäft geschlossen worden ist. Als „Rettungslösung“ bezeichnet hat der Habilitationsausschuss in seiner Sitzung vom 8. Juni 2011 den von ihm in seiner Sitzung am 27. Mai 2009 gefassten Beschluss. Ein Beschluss des Habilitationsausschusses ist als einseitiger Innenrechtsakt keine gegenüber einem anderen Rechtsträger abgegebene Willenserklärung mit dem Ziel eines Vertragsabschlusses. Allenfalls könnte im Umfeld der Beschlussfassung vom 27. Mai 2009 zwischen dem durch seinen Bevollmächtigten vertretenen Kläger und dem für die Beklagte handelnden Vorsitzenden des Habilitationsausschusses ein Vertrag geschlossen worden sein, etwa auch in dem durchgeführten Vier-Augen-Gespräch.

225

Einen Vertragsschluss unterstellt, hätte dieser jedenfalls nicht den Verzicht auf eine Rücknahme der Promotion zum Inhalt gehabt. Die Annahme einer Regelung mit „Generalquittungscharakter“ trägt dabei bereits deshalb nicht, weil eine Generalquittung auf den Erlass, den Verzicht oder ein negatives Schuldanerkenntnis in Bezug auf wechselseitige Ansprüche abzielt (vgl. BGH, Urt. v. 13.1.1999, XII ZR 208/96, juris Rn. 17). Dies kam in der Situation vom 27. Mai 2009 insbesondere aus Sicht des Klägers nicht in Betracht. Denn der Kläger wollte ersichtlich nicht auf seinen Prüfungsanspruch auf Durchführung des noch nicht abgeschlossenen Habilitationsverfahrens verzichten. Die etwaig zum Inhalt eines Vertrags gemachte „Rettungslösung“ zielte allein auf die Behebung des sich am 27. Mai 2009 dem Habilitationsausschuss und dem Kläger als Habilitanden stellenden Problems ab. Dieses Problem bestand darin, dass der Zweitgutachter der Habilitationsschrift Prof. Dr. G. in seinem Votum vom 19. Juni 2008 Zitiermängel insoweit festgestellt hatte, dass in der Habilitationsschrift Übernahmen aus der Dissertation nicht hinreichend ausgewiesen waren. Der Habilitationsausschuss selbst hatte die Habilitationsschrift am 14. Januar 2009 für unzureichend erachtet, womit aber noch kein Abschluss des Habilitationsverfahrens zum Nachteil des Klägers verbunden war. Die am 27. Mai 2009 für das Problem der bislang unzureichenden Habilitationsschrift gefundene Lösung zielte – in Übereinstimmung mit dem klägerischen Vortrag – darauf ab, „dass [der Kläger] die Arbeit umarbeiten“ solle, da bei „der Durchsicht der Arbeit [des Klägers] aufgefallen sei, dass Passagen aus Aufsätzen übernommen worden seien, ohne dass dies hinreichend gekennzeichnet worden sei“. Der Habilitationsausschuss behielt sich „eine Neubewertung des überarbeiteten Teils der Arbeit vor“. Mit der „Arbeit“ stand allein die Habilitationsschrift in Rede, auf deren Erörterung vor dem Habilitationsausschuss am 27. Mai 2009 einvernehmlich vorerst verzichtet wurde. In Ausführung dieser Lösung begleiteten Prof. Dr. I. und Prof. Dr. G. die Umarbeitung der Habilitationsschrift durch den Kläger, die schließlich zu positiven Voten der Gutachter im Habilitationsverfahren vom 25. März 2010 sowie 21. April 2010 führte. Zum Zeitpunkt der Sitzung des Habilitationsausschusses am 27. Mai 2009 standen lediglich Zitiermängel der Habilitationsschrift in Bezug auf eine richtige Zitation der Dissertation fest. Demgegenüber bestand aus Sicht des Habilitationsausschusses kein Anlass dazu, über einen Verzicht auf ein Promotionsentziehungsverfahren zu verhandeln.

226

Aus dem substantiierten Vortrag des Klägers zum Inhalt des Vier-Augen-Gesprächs zwischen Prof. Dr. D. und Rechtsanwalt H. ergibt sich bereits nicht, dass auch über gegen die Dissertation erhobene Plagiatsvorwürfe gesprochen worden wäre. Selbst dann, wenn bereits am 27. Mai 2009 im Habilitationsausschuss Bedenken nicht nur gegen die Habilitationsschrift sondern auch gegen die Dissertation erhoben worden sein sollten, standen zu diesem Zeitpunkt noch keine Zitiermängel der Dissertation fest. Insbesondere besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Habilitationsausschuss sich am 27. Mai 2009 des Problems bewusst war, dass der Kläger im Promotionsverfahren dadurch vorsätzlich getäuscht hatte, dass in der vorgelegten Dissertation an mindestens 44 Textstellen (und einer weiteren Textstelle teilweise) fremde Leistungen zu Unrecht als eigene Leistungen präsentiert wurden (dazu s.o. e.). Soweit Rechtsanwalt H. die Ergebnisse des Vier-Augen-Gesprächs so verstanden hat, „dass vom Kläger erwartet werde, dass er nicht weiter vermeintliche formelle Mängel der Universität geltend mache und sich der neuen Situation widme“ und „[u]mgekehrt […] auch die Universität dem Kläger keine weiteren Steine in den Weg legen“ würde, bestand für diese Einschätzung nur Anlass angesichts des am 27. Mai 2009 ausdrücklich erörterten Problems der bislang unzureichenden Habilitationsschrift. Denn insbesondere der Fortbestand der Promotion war ausweislich der Aufzeichnung von Rechtsanwalt H. und dem Sitzungsprotokoll des Habilitationsausschusses kein Regelungsgegenstand der im Habilitationsverfahren gefundenen „Rettungslösung“.

227

Entgegen der Annahme des Klägers schloss die Einräumung einer Gelegenheit zur Überarbeitung und Verbesserung der Habilitationsschrift auch nicht „begriffsnotwendig“ ein, die Voraussetzungen zur Fertigung einer Habilitation als gegeben zu akzeptieren. Der Fortbestand der Promotion als Zulassungsvoraussetzung zur Habilitation bildete als Vorfrage die Geschäftsgrundlage eines Fortschreitens im Habilitationsverfahren. Doch gehört die Geschäftsgrundlage nicht zum Inhalt eines öffentlich-rechtlichen Vertrags, sondern geht ihm voraus. Die Geschäftsgrundlage wird aus den für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebenden Verhältnissen i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG gebildet.

228

Unabhängig davon wäre eine ohne die Mitwirkung des Promotionsausschusses als fakultätsintern zur Entscheidung zuständigem Gremium geschlossene Vereinbarung, die Rücknahme der Promotion zu unterlassen, nach § 59 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 44 Abs. 1 HmbVwVfG wegen eines schweren und offensichtlichen Mangels nichtig. Der Habilitationsausschuss oder sein Vorsitzender konnten nicht wirksam auf eine Rücknahme der Promotion verzichten, da die Entscheidung über die Rücknahme dem Promotionsausschuss oblag (dazu s.o. d. bb. (1)).

229

Schließlich wäre ein über den Verzicht auf die Rücknahme der Promotion geschlossener Vertrag mangels Wahrung der durch § 57 HmbVwVfG vorgeschriebenen Schriftform nach § 125 BGB i.V.m. § 59 Abs. 1 HmbVwVfG nichtig.

230

(b) Desgleichen fehlt es an einer nach § 38 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG wirksamen Zusicherung, einen Verwaltungsakt über die Rücknahme der Promotion nicht zu erlassen.

231

Ein Unterlassen der Rücknahme der Promotion war ebenso wenig Regelungsgegenstand einer einseitig gegebenen Zusicherung wie es zum Regelungsgegenstand eines Vertrags zwischen den Beteiligten gemacht worden ist. Der Habilitationsausschuss hat im Zuge der „Rettungslösung“ keine Regelung über den Fortbestand der Promotion getroffen, sondern den Fortbestand der Promotion als von ihm nicht zu regelnde Geschäftsgrundlage vorausgesetzt (s.o. (a)).

232

Unabhängig davon wäre eine ohne die Mitwirkung des Promotionsausschusses als fakultätsintern zur Entscheidung zuständigem Gremium ausgesprochene Zusicherung, die Promotion nicht zurückzunehmen, nach § 38 Abs. 2 i.V.m. § 44 Abs. 1 HmbVwVfG wegen eines schweren und offensichtlichen Mangels nichtig.

233

Zudem wäre eine Zusicherung mangels Wahrung der vorgeschriebenen Schriftform nach § 38 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG unwirksam.

234

(c) Die Rücknahme der Verleihung des Doktorgrads steht – unter Berücksichtigung der Vorgänge im Habilitationsverfahren sowie aller anderen Umstände des Einzelfalls – auch mit dem aus Treu und Glauben herzuleitenden Verbot widersprüchlichen Verhaltens im Einklang. Die Befugnis zur Rücknahme ist nicht verwirkt.

235

Die behördliche Befugnis zur Rücknahme eines Verwaltungsaktes ist dann verwirkt, wenn Umstände eintreten, aus denen der die Rechtswidrigkeit kennende Begünstigte berechtigterweise den Schluss ziehen durfte, der Verwaltungsakt werde nicht mehr zurückgenommen, obwohl die Behörde dessen Rücknehmbarkeit erkannt hat, der Begünstigte ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass die Rücknahmebefugnis nicht mehr ausgeübt werde und dieses Vertrauen in einer Weise betätigt hat, dass ihm mit der sodann gleichwohl erfolgten Rücknahme ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BVerwG, Urt. v. 20.12.1999, 7 C 42/98, BVerwGE 110, 226, juris Rn. 27).

236

Der für eine Verwirkung der Rücknahmebefugnis vorausgesetzte Vertrauenstatbestand ist mit der im Habilitationsverfahren am 27. Mai 2009 gefundenen „Rettungslösung“ bereits deshalb nicht gesetzt worden, weil die diesbezüglichen Verhandlungen des Klägers mit dem Habilitationsausschuss lediglich ein Voranschreiten im Habilitationsverfahren zum Regelungsgegenstand hatten, nicht aber eine vom Promotionsausschuss zu treffende Entscheidung, ob die Promotion zurückzunehmen war (s.o. (a)). Mangels Vertrauenstatbestands kann in der in Absprache mit dem Habilitationsausschuss durchgeführten Überarbeitung der Habilitationsschrift keine Betätigung des Vertrauens in den Fortbestand der Promotion gesehen werden.

237

Unabhängig davon haben der Habilitationsausschuss oder sein Vorsitzender einen Vertrauenstatbestand zugunsten des Fortbestands der Promotion auch deshalb nicht gesetzt, weil sie für eine Entscheidung über die Rücknahme der Promotion nicht zuständig waren. Die rechtlichen Hindernisse, die einem wirksamen Vergleichsvertrag und einer wirksamen Zusicherung entgegenstehen, dürfen nicht unter Rückgriff auf das Verbot widersprüchlichen Verhaltens umgangen werden. Die Bindung an geschlossene Verträge und gegebene Zusicherungen nach §§ 54 ff., 38 HmbVwVfG ist ein bereichsspezifisch vom Gesetzgeber konkretisierter Ausdruck des Gebots widerspruchsfreien Verhaltens. Hält sich die Behörde nicht an einen nach der Bewertung des Gesetzgebers unwirksamen Vertrag oder nicht an eine nach der Bewertung des Gesetzgebers unwirksame Zusicherung, so verstößt sie grundsätzlich nicht gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Eine sachlich nicht zuständige Stelle kann nur dann den für eine Verwirkung der Rücknahmebefugnis vorausgesetzten Vertrauensstand schaffen, wenn der Betroffene berechtigterweise den Schluss ziehen kann, der handelnden Stelle stehe die Rücknahmebefugnis zu und sie wolle diese nicht ausüben (BVerwG, Urt. v. 20.12.1999, 7 C 42/98, BVerwGE 100, 226, juris Rn. 28; vgl. Urt. v. 12.3.2015, 3 C 6/14, juris Rn. 18).

238

Dem Habilitationsausschuss stand es nicht zu, über die Frage der Rücknahme der Promotion durch Rechtsakt (Vergleichsvertrag oder Zusicherung) zu verfügen (dazu s.o. (a) und (b)). Deshalb kann das Verhalten des Habilitationsausschusses grundsätzlich auch nicht einer späteren Rücknahmeentscheidung des Promotionsausschusses entgegengehalten werden. Der vorbezeichnete Ausnahmefall, in dem eine unzuständige Stelle einen Vertrauenstatbestand setzen kann, ist nach den vorliegenden Umständen nicht gegeben. Die „Rettungslösung“ ist im Habilitationsverfahren am 27. Mai 2009 unter Beteiligung des durch seinen Vorsitzenden geleiteten Habilitationsausschuss einerseits und des durch seinen Bevollmächtigten vertretenen Klägers als Habilitanden andererseits gefunden worden. Objektiv bestand kein Zweifel daran, dass Prof. Dr. D. in seiner ihm in Vertretung des Dekans zukommenden Funktion als Vorsitzender des Habilitationsausschusses handelte und dass der Habilitationsausschuss nicht für Promotionsangelegenheiten zuständig ist und nicht zuständig war. Subjektiv standen für den Kläger keine Hindernisse entgegen, um die unterschiedlichen Gremienzuständigkeiten zu erkennen. Der Kläger ist selbst Jurist. Er hatte 1998 das Promotionsverfahren durchlaufen, 2000 die Befähigung zum Richteramt erworben, war seitdem als Rechtsanwalt tätig und erstrebte seit 2007 die rechtswissenschaftliche Habilitation.

239

Zudem spricht viel dafür, dass ein Vertrauenstatbestand mit der „Rettungslösung“ deshalb nicht verbunden ist, weil nicht verschriftlicht ist, die Promotion nicht zurückzunehmen. Das für die Wirksamkeit eines Rechtsakts (Vergleichsvertrag oder Zusicherung) geltende gesetzliche Schriftformerfordernis (dazu s.o. (a) und (b)) darf grundsätzlich nicht durch einen Rückgriff auf das Verbot widersprüchlichen Verhaltens umgangen werden.

240

Ferner ergibt sich der für eine Verwirkung der Rücknahmebefugnis vorausgesetzte Vertrauenstatbestand auch nicht aus einem Mitverschulden der Beklagten. Der vom Kläger gegen die Rücknahme erhobene Einwand, die Beklagte treffe wegen mangelnder Sorgfalt eine Mitverantwortung und es stelle eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn nach 14 Jahren die Zitierweise in der Dissertation beanstandet werde, dringt nicht durch. Unerheblich ist, dass die Gutachter eine Täuschung nicht bemerkt haben, auch wenn sie möglicherweise nachlässig gehandelt haben (VG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2014, 15 K 2271/13, juris Rn. 196, vgl. VGH München, Urt. v. 4.4.2006, 7 BV 05.388, BayVBl. 2007, 281, juris Rn. 13; VG Karlsruhe, Urt. v. 4.3.2013, 7 K 3335/11, juris Rn. 28). Die Prüfer sind nicht gehalten, die Dissertation bei Abgabe anlasslos auf Verstöße gegen die wissenschaftliche Redlichkeit zu kontrollieren (VG Düsseldorf, Urt. v. 4.3.2013, a.a.O., Rn. 198). Die Verantwortung des Klägers für sein vorsätzliches Handeln wäre durch eine etwaige Fahrlässigkeit auf Seiten der von der Beklagten bestellten Prüfer nicht in Frage gestellt.

241

Schließlich folgt der für eine Verwirkung der Rücknahmebefugnis vorausgesetzte Vertrauenstatbestand nicht aus dem Zeitablauf seit der Verleihung des Doktorgrads. Ein bloßer längerer Zeitablauf seit Verleihung des akademischen Grads, etwa auch von 30 Jahren (VG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2014, 15 K 2271/13, juris Rn. 177), schließt deren Rücknahme nicht aus. Über die Jahresfrist hinaus – die hier einer Rücknahme nicht entgegensteht (s.o. (2)) – gilt nach der Entscheidung des Normgebers für die Rücknahme der Verleihung des Doktorgrads keine absolute Grenze (vgl. VG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2014, a.a.O., Rn. 213 f. m.w.N.). Mangels gesetzlicher Anordnung besteht insbesondere keine Höchstfrist wie nach § 45 Abs. 3 SGB X. Eine zwingend zu beachtende Entziehungsfrist ist nicht verfassungsrechtlich geboten (OVG Münster, Beschl. v. 24.3.2015, 19 A 1111/12, juris Rn. 29 ff.; Urt. v. 10.12.2015, 19 A 254/13, juris Rn. 95 ff.).

242

(4) Die Rücknahme genügt hinsichtlich des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG und in seine Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Rücknahme der Verleihung des Doktorgrads ist zu einem legitimen Zweck geeignet und erforderlich (hierzu unter (a)) sowie im Verhältnis zu dem Eingriff auch angemessen (hierzu unter (b)).

243

(a) Die Rücknahme der Verleihung des Doktorgrads dient den legitimen Zwecken, das Ansehen der betroffenen Hochschule und das Ansehen der Rechtswissenschaft zu bewahren (s.o. cc.). Sie ist zu diesen Zwecken geeignet und auch erforderlich. Ein milderes, gleich geeignetes Mittel stand nicht zu Gebote. Eine Notenherabsetzung oder eine Nachbesserung kamen als mildere Maßnahmen nicht in Betracht, da sie auch bei einer früheren Entdeckung in der Promotionsordnung nicht vorgesehen gewesen wären. Da von der konkreten Identität der vorgelegten Arbeit auszugehen ist (s.o. e. dd.), bleibt ohne Bedeutung, ob für eine andere Arbeit, als die tatsächlich vorgelegte Dissertation der Doktorgrad ggf. mit einer schlechteren Note verliehen hätte werden können. Entgegen der Annahme des Klägers können die Mängel der vorgelegten Dissertation nicht im Rahmen einer Neueinreichung oder einer Sammeldissertation geheilt werden, da diese nicht Gegenstand des abgeschlossenen Promotionsverfahrens gewesen sind.

244

(b) Die Rücknahme ist im Verhältnis zum Eingriff in Rechte und Interessen des Klägers auch angemessen. Im Rahmen der Ausübung des Rücknahmeermessens ist das öffentliche Interesse an der Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes mit dem Interesse des Betroffenen an der Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes abzuwägen; das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Grundsatz der Rechtssicherheit sind dabei grundsätzlich gleichwertig, sofern dem anzuwendenden Fachrecht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist (BVerwG, Urt. v. 24.5.2012, 5 C 17/11, BVerwGE 143, juris Rn. 27). Danach durfte vorliegend die Beklagte dem öffentlichen Interesse den Vorrang vor dem Interesse des Klägers am Fortbestand der Promotion einräumen, die durch vorsätzliche Täuschung erwirkt hatte. Im Einzelnen:

245

In die Abwägung sind die bei der Entziehung eines Doktorgrades für den Betroffenen verbundenen beruflichen Erschwernisse einzustellen, die als vorhersehbare und in Kauf genommene Nebenfolgen den Schutzbereich der durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsfreiheit berühren. Die Entziehung des Doktorgrads lässt die mehrjährige Arbeit an der Dissertation hinfällig werden und kann zu beruflichen Erschwernissen führen. Diese Beeinträchtigungen mögen im Fall des Klägers ihre konkrete Ausprägung in den vom Kläger aufgezeigten Folgen für seine Tätigkeit als Rechtsanwalt und Geschäftsführer einer Interessenvereinigung mit sich bringen. Im Fall des Klägers kommt hinzu, dass mit der Aberkennung des Doktorgrads eine zwingende Zulassungsvoraussetzung zu der angestrebten Habilitation entfällt. Diese Folge ist aber ohne weiteres hinzunehmen, da eine unter Verstoß gegen die Grundanforderungen wissenschaftlicher Redlichkeit erschlichene Promotion keine schutzwürdige Grundlage einer weiteren wissenschaftlichen Laufbahn bildet.

246

Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich aus den entstandenen Indiskretionen und aus der von ihm geltend gemachten „öffentlichen Vorverurteilung“ nicht herleiten, dass die Entziehung des Doktorgrads unzulässig wäre. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass die Beklagte die Rücknahme der Promotion unterließe, denn eine Rechtsverletzung durch in der Vergangenheit aufgetretene Indiskretionen könnte dadurch nicht rückgängig gemacht werden, dass die durch vorsätzliche Täuschung erwirkte Promotion unangetastet bliebe.

247

Rechtlich nicht erheblich für die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs ist eine zwischenzeitlich aufgetretene und der Beklagten erst nach der letzten Behördenentscheidung bekannt gewordene Erkrankung des Klägers.

248

Das öffentliche Interesse an der Rücknahme der durch arglistige Täuschung erwirkten Promotion muss gegenüber dem privaten Interesse des Klägers an deren Fortbestand nicht zurückstehen. Die Rücknahme dient dazu, das Ansehen der Hochschule und der Rechtswissenschaft zu sichern. Die wissenschaftliche Redlichkeit ist ein zum Schutz der Funktionsfähigkeit des Wissenschaftsprozesses überragend wichtiges und verfassungsrechtlich in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verankertes Gemeinschaftsgut (VG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2014, 15 K 2271/13, juris Rn. 167 f. im Anlehnung an BVerwG, Urt. v. 31.7.2013, 6 C 9/12, BVerwGE 147, 292, Rn. 31). Die Rücknahme eines § 48 Abs. 3 HmbVwVfG unterfallenden Verwaltungsaktes kann zwar ausnahmsweise unzulässig sein, wenn dem Betroffenen durch die Rücknahme ein immaterieller, nicht durch eine materielle Entschädigung auszugleichender Schaden entsteht (Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 181 ff.). Doch ist die § 48 Abs. 2 der parallelen Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder getroffene Wertung über die Schutzwürdigkeit des Vertrauens ist im Rahmen der Ausübung des Rücknahmeermessens zu berücksichtigen (BVerwG, Beschl. v. 20.10.2006, 6 B 67.06, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116, juris Rn. 6; OVG Münster, Urt. v. 10.2.2016, 19 A 991/12, juris Rn. 88 ff.). Es ist nicht zu beanstanden, dass eine Universität vorsätzliche Täuschungen im Promotionsverfahren konsequent unterbindet und dem wissenschaftlichen Ruf sowie dem Ansehen der Rechtswissenschaft insgesamt den Vorrang vor negativen Folgen für den Promovenden einräumt (VGH München, Urt. v. 4.4.2006, 7 BV 05.388, BayVBl. 2007, 281, juris Rn. 13; vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 13.10.2008, 9 S 494/08, NVwZ-RR 2009, 285 Rn. 10).

249

2. Soweit der Kläger den Regelungsgehalt unter Ziffer 2 des Bescheidtenors anficht, ist die Klage demgegenüber nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO begründet. Denn in diesem Umfang ist der Bescheid vom 25. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2013 objektiv rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen subjektiven Rechten.

250

Dabei kann dahinstehen, ob für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Rückforderung von Urkunden maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung oder auf den Schluss der mündlichen Verhandlung abzustellen ist. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen der einschlägigen Befugnisnorm § 52 Satz 1 HmbVwVfG (i.V.m. § 18 Abs. 3 PromO 2010) waren zu keinem Zeitpunkt gegeben. Nach dieser Vorschrift kann die Behörde die auf Grund eines Verwaltungsaktes erteilten Urkunden oder Sachen, die zum Nachweis der Rechte aus dem Verwaltungsakt oder zu deren Ausübung bestimmt sind, dann zurückfordern, wenn der Verwaltungsakt unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen oder seine Wirksamkeit aus einem anderen Grund nicht oder nicht mehr gegeben ist. Der Verwaltungsakt, mit dem unter dem 28. Januar 1998 dem Kläger der Doktorgrad verliehen worden ist, war und ist noch nicht unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen. Auch ist dieser Verwaltungsakt deshalb noch als wirksam zu behandeln, weil die gemäß § 43 Abs. 2 HmbVwVfG zur Beendigung der Wirksamkeit führende Rücknahme mit aufschiebender Wirkung angefochten ist. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage im Umfang von Ziffer 1 des Bescheidtenors endet gemäß § 80b Abs. 1 Satz 1 VwGO erst mit der Unanfechtbarkeit oder drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des Rechtsmittels gegen die insoweit klageabweisende gerichtliche Entscheidung.

II.

251

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Gegenüber dem Teilobsiegen der Beklagten hinsichtlich der Rücknahme der Promotion (dazu s.o. I. 1.) tritt ausgehend vom vorrangigen Interesse des Klägers an dem Erhalt des ihm verliehenen akademischen Grads das Teilobsiegen des Klägers hinsichtlich der Rückforderung der Promotionsurkunde (dazu s.o. I. 2.) als unbedeutend und nicht streitwerterhöhend zurück. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 24. Juni 2016 - 2 K 2209/13

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 24. Juni 2016 - 2 K 2209/13

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwen

Referenzen

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.


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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Entziehung ihres Doktorgrades.
Die Philosophisch-Historische Fakultät der Beklagten verlieh der Klägerin am 21.08.2000 aufgrund ihrer Dissertation mit dem Titel „Historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik: Die Lateinische Münzunion 1865-1927“ und der mündlichen Prüfungen am 04.08.2000 und am 21.08.2000 den Grad eines Doktors der Philosophie. Die Dissertation wurde durch die von der Fakultät bestellten Gutachter, Prof. Dr. S. und Prof. Dr. Z., übereinstimmend mit dem Prädikat „cum laude“ (gut) bewertet. Die Arbeit wurde im Jahr 2001 im N.-Verlag veröffentlicht. Die Promotionsurkunde wurde der Klägerin mit Schreiben vom 08.01.2002 übersandt.
Nachdem das Dekanat der Philosophischen Fakultät Anfang April 2011 Kenntnis davon erhalten hatte, dass auf einer Internetplattform unter der Adresse http://de.vroniplag.wikia.com/wiki/xxx Belegstellen gesammelt würden, die den Verdacht begründen könnten, dass es sich bei der Dissertation der Klägerin in Teilen um ein Plagiat handeln könnte, billigte der Promotionsausschuss in seiner Sitzung am 13.04.2011 eine durch den Ausschussvorsitzenden eingeleitete Untersuchung der Vorwürfe. Die Mitglieder des Promotionsausschusses waren zuvor im Rahmen der Sitzung des Großen Fakultätsrats am selben Tag gewählt worden. Mit Schreiben vom 02.05.2011 teilte der Dekan der Philosophischen Fakultät der Klägerin den Stand des Untersuchungsverfahrens mit, übersandte eine synoptische Übersicht (Stand: 19.04.2011) über die mutmaßlichen nicht gekennzeichneten Übernahmen von Textstellen anderer Autoren, gab ihr die Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme und bot ihr an, sich auch persönlich zu den Vorwürfen zu äußern.
Mit Schreiben vom 25.05.2011 nahm die Klägerin zu den Vorwürfen Stellung. Voraussetzung für die Entziehung des Doktorgrades sei, dass dessen Verleihung rechtswidrig gewesen sei. Es lägen jedoch keine Anzeichen dafür vor, dass die beiden Gutachter oder der Promotionsausschuss rechtswidrig gehandelt hätten. Die Arbeit sei ordnungsgemäß von Prof. Dr. S. betreut und das Verfahren entsprechend den Vorgaben der Promotionsordnung durchgeführt worden. Sie habe ihre Dissertation in den Jahren 1996 bis 1999 als externe Doktorandin verfasst und dabei die im Literaturverzeichnis der Arbeit angegebenen Quellen verwendet. Für die Dissertation habe sie umfangreiche Recherchen vor allem in französischen Archiven durchgeführt. Die wissenschaftlichen Ergebnisse ihrer Arbeit beruhten auf ihrer eigenen wissenschaftlichen Leistung. Beide Gutachten hätten den eigenständigen wissenschaftlichen Beitrag gewürdigt, der sich aus der Bearbeitung der Primärquellen ableiten ließe, und seien seinerzeit der Auffassung gewesen, dass die Arbeit aufgrund dieser wissenschaftlichen Leistung den Voraussetzungen des § 7 der Promotionsordnung genüge. Beide Gutachten hätten aber auch explizit auf die Schwächen der Arbeit hingewiesen. Diese seien somit in das Votum mit eingeflossen und beide Gutachter hätten die Arbeit mit „cum laude“ bewertet. Dieser Empfehlung sei der Promotionsausschuss der Fakultät bei der - nach den kritischen Hinweisen der Gutachter sicherlich besonders sorgfältigen - Prüfung ihrer Arbeit gefolgt. Bei den in der übersandten Synopse aufgelisteten Textstellen ließen sich verschiedene Fallgruppen unterscheiden. Zum Teil handele es sich um Stellen, die die Darstellung historischer Ereignisse beträfen. Da die Arbeit einen historischen Hintergrund habe, sei die Darstellung historischer Ereignisse lediglich eine erläuternde Umgebung für die Schlussfolgerungen, die sie aus dem Quellenstudium gezogen habe. Es liege in der Natur der Sache, dass diese historischen Ereignisse - oft in sehr ähnlicher Weise - bereits von vielen Autoren beschrieben worden seien. Die Aussagen seien völlig allgemeiner Natur und sie erhebe an keiner Stelle den Anspruch, dass diese ihre eigenen wissenschaftlichen Erkenntnisse wären. Bei der zweiten Gruppe von Textstellen handele es sich um allgemeine Begriffsdefinitionen. Bei der Beschreibung für das Verständnis der Hintergründe notwendiger Begriffe habe sie teilweise eine ähnliche oder dieselbe Formulierung wie andere Autoren verwandt, ohne dies ausdrücklich zu kennzeichnen. Diese Begriffe seien vielfältig in Lehr- und Handbüchern erläutert worden, sie seien nicht Teil der von ihr erbrachten eigenen wissenschaftlichen Leistung und sie erhebe auch nicht einen solchen Anspruch. Eine weitere Fallgruppe seien Passagen, die handwerkliche Defizite aufweisen würden. Darauf hätten beide Gutachter in ihren Voten hingewiesen und dies auch in ihre Beurteilung einfließen lassen. Die Autoren, deren Werke sie verwendet habe, seien in der unmittelbaren Umgebung der betroffenen Textstellen, als Fußnote oder im Literaturverzeichnis aufgeführt. Sie habe sich keine wertende Stellungnahme anderer Autoren zu eigen gemacht. Weder habe sie ihre Schlussfolgerungen noch ganze Kapitel von anderen Autoren übernommen. Sie habe die Arbeit selbständig erstellt und ihr eigener wissenschaftlicher Beitrag sei eindeutig. Nach Übersendung einer aktualisierten Version der Synopse (Stand: 16.05.2011) wurde die Klägerin in der Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 persönlich angehört. Sie wiederholte im Wesentlichen ihre schriftlich formulierten Einwände. Weiter wies sie darauf hin, dass die problematische Kategorie der technischen Defizite lediglich einen geringen Teil der Dissertation (weniger als 1 % bezogen auf die Zeichenzahl ohne Leerstellen) betreffe. Angesichts des geringen Umfangs der problematischen Stellen sei zu fragen, ob diese nicht unterhalb der Bagatellgrenze blieben. Nach Abschluss der Anhörung und Beratung beschloss der Promotionsausschuss, der Klägerin den Doktorgrad zu entziehen.
In Ausführung dieses Beschlusses entzog der Vorsitzende des Promotionsausschusses mit Bescheid vom 22.06.2011 der Klägerin den mit Urkunde vom 21.08.2000 verliehenen Grad eines Doktors der Philosophie und gab ihr auf, die ihr übersandte Promotionsurkunde vom 21.08.2000 bis zum 15.07.2011 an die Beklagte zurückzugeben. Zur Begründung wurde ausgeführt, auf 80 Textseiten der Dissertation fänden sich insgesamt 125 Stellen, die als Plagiate zu klassifizieren seien. Diese Plagiate stammten aus 32 verschiedenen Publikationen, inklusive Einzelbeiträgen zu Handbüchern. Von diesen 32 Titeln seien 22 nicht im Literaturverzeichnis der Arbeit aufgeführt. Bei der großen Mehrheit der in der Dissertation aufgefundenen übernommenen Textstellen fehle ein Verweis auf den Originaltext, obwohl diese Textstellen entweder wortgleich oder fast wörtlich übernommen worden seien. Die Dissertation enthalte auch Übernahmen fremder Texte, die zwar mit korrekter Quellenangabe in der Fußnote aufgeführt, im Text aber nicht als Zitate gekennzeichnet seien. Festgestellt worden sei zudem eine hohe Zahl übernommener Textstellen in erläuternden Fußnoten, wobei der übernommene Originaltext lediglich in Teile zerlegt und an verschiedenen Stellen wiedergegeben worden sei. Größere Sinneinheiten seien ohne korrekte Kennzeichnung systematisch übernommen worden. Alle Kapitel der Arbeit enthielten längere Wortlaut- und Inhaltsübernahmen. Der Klägerin sei daher der Doktorgrad zu entziehen. Die Voraussetzungen eines Plagiats seien im Fall der Dissertation der Klägerin erfüllt: Sinneinheiten und nicht nur einzelne Gedanken seien ohne Quellenangaben übernommen worden; es sei erkennbar, dass das Plagiat planmäßig und nicht nur an wenigen isolierten Stellen erfolge; auch geringfügige Umformulierungen fremder Texte ohne Quellenangabe seien als Plagiat zu werten. Die von der Klägerin vorgenommene Klassifizierung und die damit verbundene Wertung bestimmter plagiierter Stellen als weniger gravierend sei nicht angemessen. Die Quantität und Qualität der im Text der Dissertation nachweisbaren Plagiate führten zu der zwingenden Schlussfolgerung, dass die Dissertation nicht als selbständige wissenschaftliche Arbeit zu bewerten sei. Angesichts der Vielzahl und des systematischen Charakters der Plagiate bestehe kein Zweifel daran, dass sich die Klägerin in ihrer Dissertation bewusst fremdes geistiges Eigentum angeeignet und als das eigene ausgegeben habe. Die Verleihung des Doktorgrades sei somit aufgrund falscher Voraussetzungen in Bezug auf die Eigenständigkeit der erbrachten wissenschaftlichen Leistungen erfolgt. Die Monita der Gutachter seien ausschließlich auf inhaltliche und formale Defizite bezogen gewesen, nicht aber auf erkannte Plagiate in der Arbeit. Auf die Frage, ob die Arbeit ohne die plagiierten Stellen noch als eigenständige wissenschaftliche Leistung gewertet werden könne, komme es nicht an, denn eine solche Arbeit könne nicht in Teilen, sondern nur als Ganzes betrachtet werden. Mildere Maßnahmen unterhalb der Entziehung des Doktorgrades, beispielsweise in Form einer Nachbesserungsauflage, seien angesichts der festgestellten Schwere der Verstöße gegen die wissenschaftliche Praxis und des zeitlichen Abstands zur Veröffentlichung der Arbeit nicht mehr vertretbar. Es sei berücksichtigt worden, dass die Entziehung des Doktorgrades hinsichtlich der beruflichen Laufbahn und gesellschaftlich negative Auswirkungen für die Klägerin haben könne. Diese persönlichen Folgen seien abzuwägen gegen die Notwendigkeit, aus einer so schwerwiegenden Täuschung über die Eigenständigkeit der erbrachten wissenschaftlichen Leistung Konsequenzen in Bezug auf die Führung des Doktorgrads zu ziehen. Diese Interessenabwägung habe ergeben, dass das Interesse der Wissenschaft und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Zuverlässigkeit und Redlichkeit eines verliehenen Doktorgrads das persönliche Interesse der Klägerin, durch die Führung des Doktorgrades ihre erfolgreiche Promotion zu dokumentieren und ihre beruflichen Chancen zu verbessern, überwiege. Diese Wertung beruhe auch auf dem Umstand, dass der Doktorgrad hauptsächlich Beleg für die Befähigung zu wissenschaftlichem Arbeiten und kein berufsqualifizierender Abschluss sei. Damit bedeute die Entziehung keine so schwerwiegende Beeinträchtigung der künftigen beruflichen Möglichkeiten der Klägerin, dass in Abwägung dazu ein Entzug des Doktorgrades unverhältnismäßig erschiene.
Am 18.07.2011 legte die Klägerin gegen den Bescheid Widerspruch ein und begründete diesen dahingehend, dass der Promotionsausschuss die Frage der materiellen Rechtmäßigkeit nicht nach Maßgabe des Gesetzes geprüft, sondern sich allein mit der Frage, ob ein „Plagiat“ vorliege, beschäftigt habe. Es stehe zwar außer Frage, dass die Dissertation Textpassagen enthalte, die ohne Kenntlichmachung als Zitat aus fremden Texten übernommen worden seien. Damit unterscheide sich die Arbeit jedoch nicht von einer Vielzahl anderer Dissertationen, in denen dies - sicherlich in Art und Umfang sehr unterschiedlich - ebenso der Fall sei.
Nachdem sich der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät in seiner Sitzung am 03.11.2011 mit der Widerspruchsbegründung befasst und dem Widerspruch nicht abgeholfen hatte, wies die Prorektorin für Studium und Lehre der Beklagten den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2011 zurück und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Promotion dem Nachweis der Befähigung zu vertiefter wissenschaftlicher Arbeit diene und auf einer selbständigen wissenschaftlichen Arbeit (Dissertation) beruhe. Die Beachtung des Grundsatzes der Selbständigkeit stelle dabei ein zentrales Kriterium für die Verleihung des Doktorgrades dar. Die anerkannten Grundsätze des wissenschaftlichen Arbeitens verlangten dabei, dass Textpassagen aus den Werken anderer Autoren genannt und entsprechend kenntlich gemacht würden. Durch die Vorlage der Dissertation würde das Einhalten dieser Grundsätze durch den Promovenden schlüssig erklärt. Der Doktorgrad wäre im vorliegenden Fall nicht verliehen worden, wenn bekannt gewesen wäre, dass die vorgelegte Dissertation in nicht unerheblichem Umfang nicht zitierte Textstellen aus Werken anderer Autoren enthalte. Die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes ergebe sich somit aus dem begangenen Plagiat. Bei den Plagiaten handele sich nicht nur um ganz vereinzelte Passagen, die mit mangelnder Sorgfalt zu erklären wären, vielmehr weise die Vielzahl der nicht aufgeführten Zitate auf eine vorsätzliche Übernahme gedanklicher Leistungen anderer Autoren hin. Auf die Frage, ob entsprechende Mängel auch in einer Vielzahl anderer Dissertationen vorhanden seien, komme es nicht an. Die Universität sei nicht verpflichtet, vorgelegte Dissertationen systematisch auf fremde, nicht zitierte Textstellen zu untersuchen. Erhalte sie dagegen substantiiert Kenntnis von einem derartigen Fehlverhalten, sei sie verpflichtet, den Sachverhalt aufzuklären. Der Promotionsausschuss habe aufgrund der Vielzahl der plagiierten Textstellen sein Entschließungsermessen dahingehend ausgeübt, dass die Einleitung einer eigenständigen Untersuchung unumgänglich sei. Die monierten Textstellen seien das Ergebnis der vom Promotionsausschuss eigenständig durchgeführten Untersuchung. Eine Selbstbindung der Verwaltung im Rahmen der Ermessensausübung komme schon deshalb nicht in Betracht, weil seit Bildung der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg im Jahr 2002 kein vergleichbarer Fall bekannt geworden sei. Auch im Übrigen sei die Ermessensausübung nicht zu beanstanden. Der Promotionsausschuss habe sich bei seiner Entscheidung mit Alternativen zum Entzug des Doktorgrades auseinandergesetzt. Ein milderes Mittel sei nicht in Betracht gekommen, da Plagiate schwerwiegende Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis seien, über die Eigenständigkeit der wissenschaftlichen Leistung täuschten und daher grundsätzlich nicht toleriert werden könnten. Der vorliegende Fall liege über der hypothetischen Bagatellschwelle, so dass ein milderes Mittel in Form einer Nachbesserung nicht in Betracht komme. Ob die beanstandeten Stellen bei einer besseren Kontrolle der Universität früher bemerkt und nur zur einer Aufforderung zur Nachbesserung geführt hätten, sei rein hypothetisch und für den vorliegenden Fall irrelevant. Wäre der Sachverhalt seinerzeit bekannt gewesen, wäre das Promotionsverfahren nicht fortgesetzt worden. Aufgrund der Vielzahl der plagiierten Textstellen wäre die Nachbesserung praktisch der Anfertigung einer neuen Dissertation gleichgestellt gewesen. Zudem erscheine die Nachbesserung eines bereits vor zehn Jahren veröffentlichten Buches nicht vertretbar. Grundsätzlich zulässige generalpräventive Erwägungen seien im vorliegenden Fall nicht angestellt worden.
Die Klägerin hat am 14.12.2011 Klage erhoben. Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag und führt ergänzend aus, die angefochtenen Bescheide seien zudem formell rechtswidrig. Nicht der Promotionsausschuss, sondern der Fakultätsvorstand sei für den Erlass der Entziehungsverfügung zuständig gewesen. Nach dem Inkrafttreten des Landeshochschulgesetzes bestehe für § 22 der Promotionsordnung bereits keine tragfähige gesetzliche Grundlage mehr. Während es im Universitätsgesetz eine gesonderte Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Promotionsordnungen und die dortige Festlegung des für die Entziehung des Doktorgrades zuständigen Universitätsorgans gegeben habe, fehle eine solche im Landeshochschulgesetz. Nach § 38 Abs. 4 Satz 2 LHG regele die Promotionsordnung die weiteren Zulassungsvoraussetzungen, die Höchstdauer der Promotionszeit und die Durchführung des Promotionsverfahrens. Eine Regelung der Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften sei demgegenüber nicht vorgesehen. Desweiteren fehle es keineswegs an einer landesrechtlichen Zuständigkeitsregelung, wie dies § 22 PromO verlange. Ohne Zweifel handele es sich vorliegend um eine Fakultätsangelegenheit und insofern ergebe sich die Zuständigkeitsregelung aus § 23 Abs. 3 LHG.
Zudem seien die Mitglieder des Promotionsausschusses nicht ordnungsgemäß bestimmt worden. Zum einen sei für die Wahl des Promotionsausschusses der Fakultätsrat, nicht aber der Große Fakultätsrat zuständig gewesen. Zwar bestehe nach der Grundordnung der Beklagten die Möglichkeit, dass ein Großer Fakultätsrat eingerichtet werde und - sofern er bestehe - dann die Aufgaben des Fakultätsrates übernehme. Die Einrichtung eines solchen Großen Fakultätsrates obliege jedoch ausschließlich dem Senat. Eine Delegation dieser Entscheidung auf den Fakultätsrat selbst, wie dies in der Grundordnung vorgesehen sei, sei nicht zulässig. Zudem fehle es hier an einem Beschluss des Fakultätsrates. Außerdem habe es zum Zeitpunkt der vermeintlichen Beschlussfassung hierfür noch gar keine normative Grundlage in der Grundordnung gegeben. Schließlich habe ausweislich des Protokolls am 16.02.2005 nicht der Fakultätsrat, welcher dann für die Entscheidung zuständig sein sollte, sondern der Erweiterte Fakultätsrat getagt. Aus der Tatsache, dass die Entscheidung über die Einrichtung eines Großen Fakultätsrates unwirksam sei, folge, dass der Fakultätsrat den Promotionsausschuss hätte wählen müssen, was jedoch nicht geschehen sei. Es sei zudem erforderlich, dass die Gremien - hier der Große Fakultätsrat - im Rahmen einer ordnungsgemäß einberufenen Sitzung entscheiden. Zur Prüfung, ob die Sitzung am 13.04.2011 ordnungsgemäß einberufen worden sei, seien die Einladungen vorzulegen. Weiter sei fraglich, ob der TOP 7 „Wahl des Promotionsausschusses“ wirksam in die Tagesordnung der Sitzung des Großen Fakultätsrats am 13.04.2011 aufgenommen worden sei. Die Wahl des Promotionsausschusses sei darüber hinaus verfahrensfehlerhaft gewesen, da sie nicht geheim und mit Stimmzetteln erfolgt sei. Zudem seien die Mitglieder des Promotionsausschusses zu Unrecht im Block gewählt worden. Eine Blockwahl würde es den Wählern unmöglich machen, individuelle Mehrheiten für die einzelnen Personen herbeizuführen. Ob es rechtlich statthaft gewesen sei, den Promotionsausschuss speziell für den Fall der Klägerin zu konstituieren, sei ebenfalls zweifelhaft.
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Zum anderen sei die abschließende Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 nicht ordnungsgemäß geleitet worden, da Prof. Dr. F. und Frau St. als Sachverständige anwesend gewesen seien, ohne dass zuvor ihre Hinzuziehung beschlossen worden sei. Die in der ersten Sitzung des Promotionsausschusses am 13.04.2011 getroffene Übereinkunft, eng mit der Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, deren Ombudsmann für die Geisteswissenschaften, der Rechtsabteilung und dem Rektorat zusammenzuarbeiten, ersetze den erforderlichen Beschluss zu Beginn der Sitzung nicht. Zum einen könne ein solcher Beschluss nicht als Vorratsbeschluss gefasst werden. Zum anderen habe sich der Ausschuss nur auf die Zusammenarbeit mit den genannten Institutionen, nicht aber auf die Teilnahme der konkreten Personen - Prof. Dr. F. und Frau St. - geeinigt. Dieser Verfahrensfehler sei auch kausal geworden. Es gebe gute Gründe dafür, dass der Promotionsausschuss nichtöffentlich verhandele. Jede weitere anwesende Person nehme Einfluss auf den Verlauf der Entscheidungsfindung, und die Sachverständigen hätten ein Rederecht. Es habe zudem den Anschein, als seien die Sachverständigen nicht nur bei der Beratung, sondern auch bei der Beschlussfassung anwesend gewesen. Das sei rechtlich noch nicht einmal erlaubt, wenn über die Hinzuziehung verfahrensordnungsgemäß entschieden worden wäre. Des weiteren sei die Beschlussfähigkeit des Gremiums nur gegeben, wenn die Sitzung ordnungsgemäß geleitet werde. Da zur ordnungsgemäßen Sitzungsleitung eben auch die Feststellung der Beschlussfähigkeit vor Eröffnung der Sitzung sowie die Beschlussfassung über die Zuziehung von Sachverständigen gehörten, fehle es an dieser Voraussetzung. Ein nicht beschlussfähiges Gremium könne auch keine rechtmäßigen Beschlüsse fassen.
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Wenn der Promotionsausschuss zuständig gewesen wäre, hätte auch die Widerspruchsentscheidung durch ihn - und nicht durch die Prorektorin für Studium und Lehre - erfolgen müssen. Es handele sich vorliegend nicht um eine Hochschulprüfungen betreffende Angelegenheit, so dass § 8 Abs. 2 Satz 1 LHG nicht einschlägig sei. Die Entscheidung, einen akademischen Grad zu entziehen, sei keine Entscheidung aus dem Bereich des Prüfungsrechts, denn elementarer Bestandteil prüfungsrechtlicher Entscheidungen sei die Bewertung von Prüfungsleistungen, worum es vorliegend offenkundig nicht gehe. Außerdem handele es sich bei der Promotionsordnung auch nicht um eine Prüfungsordnung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 LHG. Eine entsprechende Anwendung sei ausgeschlossen, da darin ein Verstoß gegen das Verbot, Eingriffsgrundlagen aus Analogien zu schließen, liege. Es sei zudem zweifelhaft, ob Frau Prof. Dr. N. tatsächlich das für Lehre zuständige Rektoratsmitglied der Beklagten sei. Außerdem werde bezweifelt, dass das Rektorat auf Vorschlag des Rektors bestimmte Geschäftsbereiche für seine Mitglieder festgelegt habe.
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Der angegriffene Ausgangsbescheid sei auch ermessensfehlerhaft, da nicht alle relevanten Gesichtspunkte in die Ermessensentscheidung eingestellt worden seien. Namentlich die erhebliche Zeitspanne zwischen Verleihung des Doktorgrades und behördlicher Entscheidung habe in den Diskussionen des Promotionsausschusses keine Rolle gespielt. Auch der denunziatorische Charakter der Sache spiele in den Erwägungen der Beklagten zu Unrecht keine Rolle. Eine nachträgliche Nachbesserung der Ermessenserwägungen sei unzulässig. Diese seien nicht in nachfolgenden Schriftsätzen, sondern durch den Promotionsausschuss in dessen Sitzung anzustellen gewesen, was ausweislich des Protokolls jedoch nicht erfolgt sei.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.11.2011 aufzuheben, hilfsweise, den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.11.2011 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie nimmt Bezug auf die angefochtenen Bescheide und trägt ergänzend vor, der Promotionsausschuss sei für die Entscheidung über die Entziehung des Doktorgrades zuständig gewesen. Dies ergebe sich aus § 35 Abs. 7 Satz 2 LHG, wonach die Zuständigkeit für die Entziehung des Doktorgrades bei der jeweiligen Hochschule liege, und § 22 Abs. 1 der Promotionsordnung für die Philosophische Fakultät und die Neuphilologische Fakultät vom 22.09.2006 i.d.F. vom 24.05.2007, wonach der Promotionsausschuss für die Entscheidung innerhalb der Hochschule zuständig sei.
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Die Wahl des Promotionsausschusses sei zu Recht durch den Großen Fakultätsrat erfolgt, denn das Landeshochschulgesetz eröffne unter § 25 Abs. 3 Satz 1 die Möglichkeit, in der Grundordnung der Universität eine Regelung zur Einsetzung eines Großen Fakultätsrates zu treffen. Der Senat habe in § 16 Abs. 3 der Grundordnung generell festgelegt, diese Entscheidung den Fakultäten zu überlassen und entsprechend habe sich die Philosophische Fakultät am 16.02.2005 für die Einsetzung eines Großen Fakultätsrates entschieden. Zudem habe das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg der Grundordnung der Beklagten zugestimmt. Gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 der Grundordnung oblägen bei Einsetzung eines Großen Fakultätsrates diesem die Aufgaben des Fakultätsrates und damit auch die Wahl des Promotionsausschusses nach § 3 Abs. 2 der Promotionsordnung. Die Zweifel der Klägerin an der ordnungsgemäßen Aufnahme des neuen Tagesordnungspunktes 7 (Wahl des Promotionsausschusses) bei der Sitzung des Großen Fakultätsrates am 13.04.2011 entbehrten jeder Grundlage. Auch die Wahl des Promotionsausschusses durch den großen Fakultätsrat am 13.04.2011 sei - entsprechend den Vorgaben der Verfahrensordnung - geheim und mit Stimmzetteln erfolgt. Die vorangegangene Wahl des Promotionsausschusses der Philosophischen Fakultät habe am 25.10.2006 stattgefunden. Nach einem turnusmäßigen Dekanewechsel, sei die Wahl eines neuen Promotionsausschusses zunächst ausgesetzt worden, da keine dringenden bzw. streitigen Aufgaben angestanden hätten. Es sei nicht unüblich, solche Ausschüsse über die festgelegte Amtszeit weiter bestehen zu lassen, zumal die Beschlussfähigkeit über die Regelung von § 9 Abs. 2 LHG gesichert sei. Erst durch den Fall der Klägerin sei die ohnehin anstehende Wahl des neuen Promotionsausschusses dann umgehend in die Wege geleitet worden. Die kurzfristige Einberufung des Gremiums sei über die Regelung von § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung gedeckt. Die Anwesenheit von Nichtmitgliedern stehe einer wirksamen Beschlussfassung durch den Promotionsausschuss ebenfalls nicht entgegen, da nach § 3 der Verfahrensordnung Bedienstete der Verwaltung und Sachverständige zu einer Ausschusssitzung beratend hinzugezogen werden könnten. Frau St. und Herr Prof. Dr. F. hätten als beratende Sachverständige, Frau Dr. H., die Geschäftsführerin der Fakultät, in ihrer Funktion als Protokollführerin der Sitzung beigewohnt. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 der Verfahrensordnung sei es nicht erforderlich, zusätzlich zur Festsetzung der Tagesordnung einen separaten Beschluss über die Hinzuziehung von Sachverständigen zu treffen. Der Promotionsausschuss habe sich bereits in seiner ersten Sitzung, in der die Vorwürfe gegen die Klägerin besprochen worden seien, über die Hinzuziehung von Sachverständigen verständigt, indem er beschlossen habe, eng mit der Kommission zur Sicherung wissenschaftlicher Praxis, deren Ombudsmann für die Geisteswissenschaften, der Rechtsabteilung und dem Rektorat zusammenzuarbeiten. Nach damaligem Verständnis sei gemeint gewesen, dass die genannten Sachverständigen auch jeweils zu den Sitzungen des Promotionsausschusses hinzugezogen werden sollten. In den Sitzungen des Promotionsausschusses seien die in den Protokollen aufgeführten Sachverständigen und Auskunftspersonen jeweils vor der Festsetzung der Tagesordnung vom Ausschussvorsitzenden namentlich und mit ihrer jeweiligen Funktion vorgestellt worden. In keiner der Sitzungen sei Widerspruch gegen die Anwesenheit der Sachverständigen und deren Unterstützung erhoben worden. In dem dann jeweils folgenden Beschluss zur Feststellung der Tagesordnung sei der Beschluss über die Hinzuziehung von Sachverständigen und Auskunftspersonen enthalten gewesen. Abgesehen davon, dass die Hinzuziehung der Sachverständigen jeweils mit Zustimmung aller Mitglieder des Promotionsausschusses erfolgt sei, sei nicht erkennbar, wie sich das Fehlen eines gesonderten Beschlusses über die Hinzuziehung auf den Verlauf des Verfahrens und die Entscheidung des Promotionsausschusses ausgewirkt haben sollte.
19 
Für das Widerspruchsverfahren würden die gesetzlichen Vorgaben nach § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG gelten, demzufolge über Widersprüche in Prüfungsangelegenheiten das für Lehre zuständige Mitglied des Vorstandes, vorliegend die Prorektorin für Studium und Lehre, entscheide. Die Zuständigkeit für Prüfungsangelegenheiten umfasse grundsätzlich auch Promotionen und damit auch deren Entziehung. Aus dem vorgelegten Geschäftsverteilungsplan des Rektorats ergäben sich die verschiedenen Verantwortungsbereiche der Prorektoren und damit auch die Zuständigkeit von Frau Prof. Dr. N.. Auf Vorschlag des Rektors seien auch in der Vergangenheit jeweils die Geschäftsbereiche der Rektoratsmitglieder im Rektorat beschlossen worden.
20 
Sofern die Klägerin die Nichtberücksichtigung des Zeitablaufs zwischen Titelverleihung und Titelentzug rüge, entspreche dies nicht den Tatsachen. Innerhalb der Abwägung, ob mildere Mittel als der Titelentzug zur Anwendung hätten kommen können, sei bei den Überlegungen zu den beruflichen und politischen Folgen eines Titelentzugs für die Klägerin auch der zeitliche Faktor mit in die Erwägungen einbezogenen worden. Unbeschadet der Auffassung, dass allein aufgrund der Quantität und der Qualität der Plagiate eine Nachbesserung nicht möglich gewesen sei, sei eine Nachbesserung eines bereits vor zehn Jahren veröffentlichten Buches nicht vertretbar. Darüber hinaus habe der Zeitablauf keine eigenständige Bedeutung, insbesondere sei in Fällen wie dem vorliegenden, in dem die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes im Bereich der Klägerin gelegen habe, ein Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsaktes nicht schutzwürdig.
21 
Dem Gericht liegen fünf Hefte Akten der Beklagten vor. Auf den Inhalt dieser Akten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlungen waren, sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die zulässige Klage ist sowohl mit dem Hauptantrag (dazu unter I.) als auch mit dem Hilfsantrag (dazu unter II.) unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 und der Widerspruchsbescheid vom 30.11.2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
23 
I. Der Hauptantrag ist unbegründet.
24 
1. Die angegriffenen Verfügungen - der Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 (dazu unter a.) sowie der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.11.2011 (dazu unter b.) - sind formell ordnungsgemäß zustande gekommen.
25 
a. Der Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 ist formell rechtmäßig ergangen. Mit dem Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten hat das zuständige Organ der Fakultät über die Entziehung des Doktorgrades entschieden (aa.). Bei seiner am 14.06.2011 getroffenen Entscheidung war der Promotionsausschuss vorschriftsmäßig besetzt (bb.) und die Anwesenheit von Prof. Dr. F. und Frau St. in der Sitzung am 14.06.2011 führte nicht zur formellen Rechtswidrigkeit der Entscheidung (cc.). Schließlich war der Promotionsausschuss in seiner Sitzung am 14.06.2011 auch beschlussfähig (dd.).
26 
aa. Die Zuständigkeit für die Entziehung eines Doktorgrades liegt bei der Hochschule, die den Grad verliehen hat (§ 35 Abs. 7 Satz 2 LHG). Zuständiges Organ innerhalb der Hochschule hierfür ist der Promotionsausschuss der Beklagten, der in seiner Sitzung am 14.06.2011 über die Entziehung des Doktorgrades abschließend entschieden hat. In Ausführung dieses Beschlusses hat der Dekan der Philosophischen Fakultät als Vorsitzender des Promotionsausschusses den Bescheid vom 22.06.2011 erlassen.
27 
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Promotionsordnung der Universität Heidelberg für die Philosophische Fakultät und die neuphilosophischen Fakultät vom 22.09.2006 in der Fassung vom 24.05.2007 (im Folgenden: Promotionsordnung - PromO -) richtet sich die Entziehung des Doktorgrades nach den landesrechtlichen Bestimmungen. Soweit dort eine Zuständigkeitsregelung fehlt, ist der Promotionsausschuss zuständig (Satz 2). Die Zuständigkeit des Promotionsausschusses folgt hier aus § 22 Abs. 1 Satz 2, da die Promotionsordnung auf den vorliegenden Fall anzuwenden (dazu unter aaa.) und eine anderweitige Zuständigkeitsbestimmung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO nicht gegeben ist (dazu unter bbb.).
28 
aaa. Im vorliegenden Fall findet die Promotionsordnung und nicht etwa die frühere Fassung der Promotionsordnung der Universität Heidelberg für die Philosophisch-historische Fakultät, die Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaft und die Neuphilologische Fakultät vom 28.08.1989 ( - PromO a.F. -) Anwendung, nach deren § 10 Abs. 2 Satz 2 für die Entziehung des Doktorgrades, soweit eine Zuständigkeitsregelung fehlte, nicht der Promotionsausschuss, sondern der erweiterte Fakultätsrat zuständig war. Dies folgt daraus, dass sich die Rechtmäßigkeit der Entziehung eines Doktorgrades -und damit auch die Zuständigkeit des zur Entscheidung berufenen Gremiums -mangels anderweitiger Bestimmungen im Hochschulrecht als dem einschlägigen Fachrecht nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids richtet (ebenso unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HschR/NF 21A Nr. 19). Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids war die Promotionsordnung in Kraft, da sie auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage beruhte und formell rechtmäßig erlassen wurde.
29 
Die Promotionsordnung findet die Ermächtigung für ihren Erlass in § 38 Abs. 4 Sätze 1 und 2 LHG. Nach § 38 Abs. 4 Satz 1 LHG führt die Hochschule Promotionsverfahren auf der Grundlage einer Promotionsordnung durch, die vom Senat zu beschließen ist und der Zustimmung des Vorstandsvorsitzenden bedarf. Nach § 38 Abs. 4 Satz 2 LHG regelt die Promotionsordnung die weiteren Zulassungsvoraussetzungen, die Höchstdauer der Promotionszeit sowie die Durchführung des Promotionsverfahrens. Die Regelung der „Durchführung des Promotionsverfahrens“ umfasst sowohl die Entziehung des Doktorgrades als auch die Bestimmung des für die Durchführung des Promotionsverfahrens - und damit auch für die Entziehung -zuständigen Organs - hier des Promotionsausschusses.
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Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte zur Frage der Ermächtigungsgrundlage für derartige Vorschriften einer Promotionsordnung zur Rechtslage nach dem Universitätsgesetz ausgeführt, Ermächtigungsgrundlage für Promotionsordnungen, in denen auch die Entziehung des Doktorgrades geregelt sei, sei § 54 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 und Nr. 9 des Universitätsgesetzes in der ursprünglichen Fassung vom 22.11.1977 (GBl. S. 473; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HschR/NF 21A Nr. 19). Nach § 54 Abs. 2 Satz 3, 1. Halbsatz UG i.d.F. 22.11.1977 bedurfte die vom Senat der Universität als Satzung zu beschließende Promotionsordnung der Zustimmung des Rektors. Der 2. Halbsatz der Vorschrift ordnete die entsprechende Geltung einzelner Vorschriften über Prüfungsordnungen, namentlich § 51 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 3 bis 7, 9 bis 13 UG, an. Zu diesen entsprechend anwendbaren Regelungen zählten insbesondere die Vorschriften über die Prüfungsorgane (§ 51 Abs. 2 Nr. 5 UG) sowie über die Folgen von Prüfungsverstößen (§ 51 Abs. 2 Nr. 9 UG), die demnach - so der Verwaltungsgerichtshof - auch im Rahmen einer Promotionsordnung geregelt werden dürften.
31 
Mit dem Landeshochschulgesetz wurde die Verweisung auf die Vorschriften über Prüfungsordnungen aufgegeben und stattdessen in § 38 Abs. 4 LHG eine eigenständige Regelung der Promotionsordnungen getroffen. Statt - wie bisher - die entsprechende Anwendbarkeit einzelner Regelungen zu statuieren, wurde in § 38 Abs. 4 Satz 2 LHG mit „Durchführung des Promotionsverfahrens“ ein weitreichender Oberbegriff eingeführt, der - abgesehen von den gesondert genannten Zulassungsvoraussetzungen sowie der Höchstdauer der Promotion - alle Verfahrensfragen umfasst. Dass auch die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsregeln Teil des Promotionsverfahrens sind und somit zu dessen Durchführung zählen, lässt sich bereits § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 UG entnehmen, der unter dem Begriff „Ablauf des Prüfungsverfahrens“ insbesondere den Beginn, die Gliederung, die Dauer des Prüfungsverfahrens, Prüfungstermine und die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften aufzählte. Auch die Gesetzesbegründung zum Landeshochschulgesetz stellt klar, dass durch die Neufassung des § 38 LHG und die eigenständige Regelung der Promotionsordnungen in dessen Absatz 4 keine inhaltliche Änderung vorgenommen werden sollte. Zu § 38 Abs. 4 LHG heißt es dort ausdrücklich, Absatz 4 entspreche inhaltlich dem bisherigen Recht von § 54 Abs. 2 Sätze 3 bis 5, Abs. 3 Satz 2 UG; die Neufassung umschreibe allerdings die Inhalte als Folge der Zielsetzungen der Novelle insbesondere in Satz 2 in anderer Weise (vgl. Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.10.2004, LT-Drs. 13/3640, S. 212). Die Zielsetzung des Landesgesetzgebers bei der Neufassung der Bestimmungen über die Promotion war es, die Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch intensive Betreuung der Doktoranden zu verbessern und dabei auf die bisherigen Detailvorgaben in § 54 Abs. 2 bis 4 UG zu verzichten (vgl. LT-Drs. 13/3640, S. 211).
32 
Die Promotionsordnung ist auch formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Der dazu gemäß § 38 Abs. 4 Satz 1 LHG berufene Senat der Beklagten hat die Promotionsordnung in seiner Sitzung am 19.06.2006 beschlossen. Bei dieser Senatssitzung war der zu diesem Zeitpunkt aus 19 Amts- und 20 Wahlmitgliedern bestehende Senat ordnungsgemäß besetzt und beschlussfähig. Insbesondere waren ausweislich des Protokolls der Senatssitzung am 19.06.2006 nur elf der insgesamt 39 Senatsmitglieder nicht anwesend, so dass keine Bedenken gegen die Beschlussfähigkeit des Senats bestehen. Die beiden bei der Sitzung des Senats ebenfalls anwesenden Gäste Frau Prof. Dr. J. und Herr Prof. Dr. Sch. waren jeweils zu anderen Tagesordnungspunkten geladen; Prof. Dr. W. war trotz seiner Nennung als Gast ausweislich der im Protokoll unter den Tagesordnungspunkte 11 und 12 angegebenen Erläuterungen aus gesundheitlichen Gründen an der Teilnahme verhindert. Mit seiner Unterschrift auf der Ausfertigung der Promotionsordnung am 22.09.2006 hat der damalige Rektor der Beklagten seine nach § 38 Abs. 4 Satz 1 LHG erforderliche Zustimmung zur Promotionsordnung erteilt. Zudem ist die Promotionsordnung entsprechend den Vorgaben des § 8 Abs. 6 Satz 1 LHG im Mitteilungsblatt des Rektors bekanntgemacht worden (vgl. Mitteilungsblatt des Rektors vom 25.09.2006, S. 749 ff.). Auch die nachfolgende, den § 22 PromO nicht betreffende Änderung der Promotionsordnung vom 24.05.2007 erfolgte wirksam durch den Beschluss des Senats vom 22.05.2007, die Zustimmungserteilung des Rektors vom 24.05.2007 und die nachfolgende Veröffentlichung im Mitteilungsblatt des Rektors (vgl. Mitteilungsblatt des Rektors vom 06.07.2007, S. 1765).
33 
bbb. Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 PormO war der Promotionsausschuss für die Entscheidung über die Entziehung des Doktorgrades zuständig. Denn es besteht keine vorrangige landesrechtliche Zuständigkeitsregelung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO, die den Rückgriff auf die subsidiäre Zuständigkeitsbestimmung des § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO und damit die Zuständigkeit des Promotionsausschusses ausschließen würde. Bei der allgemeinen Zuständigkeitsbestimmung des § 23 Abs. 3 Satz 1 LHG, wonach der Fakultätsvorstand für alle Fakultätsangelegenheiten im Sinne des § 22 Abs. 1 LHG zuständig ist, handelt es sich nicht um eine vorrangige Zuständigkeitsregelung. Dies folgt daraus, dass § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO unmittelbar Bezug nimmt auf Absatz 1 Satz 1, dessen Regelungsgegenstand ausschließlich die Entziehung des Doktorgrades ist. Nur wenn für diese spezielle Aufgabe - Entziehung des Doktorgrades - eine landesrechtliche Bestimmung bestünde, wäre diese vorrangig. So wäre etwa die frühere Regelung des Gesetzes über die Führung akademischer Grade vom 07.06.1939 (RGBl. I S. 985) i.V.m. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Führung akademischer Grade vom 21.07.1939 (RGBl. I S. 1326), welche nach 1945 als Landesrecht fortgalt und für die Entziehung des Doktorgrades die Zuständigkeit eines Rektor-Dekane-Ausschusses begründete (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54), eine derartige spezielle landesrechtliche Regelung, die in § 22 PromO gemeint ist. Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Regelung, wonach das Organ, das den Doktorgrad verleiht, auch über die Entziehung entscheidet. Denn in der Sache ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung vorlagen.
34 
bb. Der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät war bei seiner Entscheidung über die Entziehung des Doktorgrades der Klägerin auch vorschriftsmäßig besetzt. Die gewählten Mitglieder des Promotionsausschusses erfüllen die Anforderungen der Promotionsordnung (dazu unter aaa.); die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl der Ausschussmitglieder sind unerheblich (dazu unter bbb.).
35 
aaa. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 PromO werden die Mitglieder des Promotionsausschusses und je ein Stellvertreter vom Fakultätsrat für eine Amtszeit von zwei Jahren gewählt. Dass die Wahl des Promotionsausschusses hier anlässlich des Verfahrens der Klägerin am 13.04.2011 stattfand, ist nicht zu beanstanden. Die Amtszeit des zuvor am 25.10.2006 gewählten Promotionsausschusses war seit langem abgelaufen. Ob die Annahme der Beklagten zutreffend ist, dass die Mitglieder des Promotionsausschusses, solange kein neuer Promotionsausschuss gewählt worden ist, ihr Amt gemäß § 9 Abs. 2 LHG auch über mehrere Jahre hinweg weiterführen konnten, wenn kein neuer Promotionsausschuss gewählt wird, bedarf keiner Entscheidung. Aufgrund der bereits seit langem abgelaufenen Amtszeit der bisherigen Mitglieder des Promotionsausschusses bestand im April 2011 jedenfalls Anlass, den Promotionsausschuss neu zu wählen. Nach § 3 Abs. 3 PromO sind Mitglieder des Promotionsausschusses der Dekan oder ein Prodekan als Vorsitzender sowie vier weitere Hochschullehrer oder Privatdozenten der Fakultät, die hauptberuflich an der Universität Heidelberg tätig sind. Die vom Großen Fakultätsrat in seiner Sitzung am 13.04.2011 gewählten und am 14.06.2011 anwesenden Mitglieder des Promotionsausschusses erfüllen diese Voraussetzungen.
36 
bbb. Die von der Klägerin erhobenen Rügen gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses greifen nicht durch.
37 
Für derartige Einwände gegen die Rechtmäßigkeit von Gremienwahlen ist in der Verfahrensordnung der Beklagten ein gesondertes Verfahren vorgesehen. Nach § 14 Satz 1 der Verfahrensordnung muss der Einwand, Beschlüsse oder Wahlen seien nicht entsprechend dieser Verfahrensordnung zu Stande gekommen, spätestens bis zum Beginn der nächsten Sitzung (des betreffenden Gremiums) erhoben werden. Satz 3 regelt das anschließende Verfahren und bestimmt, dass, sofern der Einwand vom Gremium als berechtigt anerkannt wird, über die Angelegenheit erneut zu beraten und zu beschließen bzw. zu wählen ist. Damit soll sichergestellt werden, dass mögliche Verfahrensfehler einerseits zeitnah korrigiert werden können und andererseits die getroffenen Beschlüsse und durchgeführten Wahlen nach Ablauf der Frist (Beginn der nächsten Sitzung) Bestand haben. Dementsprechend hat die Beklagte die Stimmzettel zur Wahl des Promotionsausschusses in der dem 13.04.2011 nachfolgenden Sitzung des Großen Fakultätsrats vernichtet.
38 
Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl können darüber hinaus nicht - gleichsam als Vorfrage - im vorliegenden Rahmen der Anfechtung der Entziehungsverfügung geltend gemacht werden. Dies folgt aus dem in § 10 Abs. 5 LHG enthaltenen Rechtsgedanken sowie aus allgemeinen im Staats- und Verwaltungsrecht geltenden Grundsätzen.
39 
§ 10 Abs. 5 LHG lautet: „Ist die Wahl eines Gremiums oder einzelner Mitglieder eines Gremiums rechtskräftig für ungültig erklärt worden, so führt dieses Gremium in der bisherigen Zusammensetzung die Geschäfte bis zum Zusammentreten des auf Grund einer Wiederholungs- oder Neuwahl neugebildeten Gremiums weiter (Satz 1). Die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit dieser Mitglieder wird durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt (Satz 2). Satz 2 gilt bei einer fehlerhaften Besetzung von Gremien entsprechend (Satz 3).“ § 10 Abs. 5 Sätze 2 und 3 LHG treffen somit eine Regelung, die im Interesse der Rechtssicherheit dazu führt, dass die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit gewählter Mitglieder eines Gremiums der Universität, deren Wahl rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, durch die Ungültigkeit der Wahl oder durch sonstige Fehler, die zu einer fehlerhaften Besetzung des Gremiums führen, nicht berührt wird (ebenso zur früheren Regelung des § 109 Abs. 3 UG VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, juris).
40 
Gremium im Sinne dieser Vorschrift ist auch der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten (vgl. § 10 Abs. 1 LHG; ebenso § 1 der Verfahrensordnung der Beklagten). Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses müssen im vorliegenden Verfahren unbeachtet bleiben, denn erkennbare Zielsetzung des Landesgesetzgebers bei der Schaffung des früheren § 109 Abs. 3 UG, dessen Regelungen in § 10 Abs. 5 Sätze 1 und 2 LHG unverändert übernommen wurden (vgl. Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.10.2004, LT-Drs. 13/3640, S. 182), war es, Rechtssicherheit durch Anerkennung der Rechtsbeständigkeit der von den universitären Gremien geschaffenen Maßnahmen unabhängig von der etwaigen Fehlerhaftigkeit zugrundeliegender Wahlen zu schaffen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, juris). Dass dies auch die Intention des Landesgesetzgebers bei der Schaffung des Landeshochschulgesetzes war, wird daraus ersichtlich, dass neben der unveränderten Übernahme des § 109 Abs. 3 UG in § 10 Abs. 5 den Sätzen 1 und 2 LHG ein Satz 3 angefügt wurde, um - so die Begründung des Gesetzentwurfs - klarzustellen, dass die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit von Mitgliedern auch dann unberührt bleibt, wenn das Gremium aus anderen Gründen fehlerhaft besetzt sein sollte. Dies gelte insbesondere für die Amtsmitglieder eines Gremiums selbst, aber auch für vom Gremium gewählte Funktionsträger, z.B. für den Studiendekan und die Studienkommissionen sowie die Mitglieder von Prüfungsausschüssen usw. (vgl. LT-Drs. 13/3640, S. 182). Wird die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit der Mitglieder eines Gremiums sogar dann durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt, wenn diese Wahl rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, so muss dies erst recht dann gelten, wenn - wie hier - lediglich Einwände gegen die Gültigkeit der Wahlen erhoben werden (so schon zur Vorgängerregelung des § 109 Abs. 3 Satz 2 UG: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, juris).
41 
Darin liegt - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch kein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG, wonach die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht gebunden ist, denn die Unbeachtlichkeit derartiger Rügen ist Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes, wonach es die rechtliche Wirksamkeit staatlicher Rechtsakte nicht berührt, wenn die Wirksamkeit der Bestellung des handelnden Staatsorgans in Frage gestellt ist, solange diese Bestellung nicht in dem hierfür vorgesehenen Verfahren widerrufen oder für ungültig erklärt worden ist; auch dann wirkt der Widerruf oder die Ungültigkeiterklärung der Bestellung nur ex nunc. Das gilt im Staatsrecht für die Wahl der Landtage und des Deutschen Bundestages (BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 14 [38]; Entscheidung vom 11.10.1972 - 2 BvR 912/71 -, BVerfGE 34, 81 [95 f.]) und im Verwaltungsrecht für die Wahl der Kreistage und Gemeinderäte (BVerfG, Beschluss vom 11.11.1953 - 1 BvR 444/53 -, BVerfGE 3, 41 [44]; vgl. § 30 Abs. 3 Satz 2 GemO; § 21 Abs. 3 Satz 2 LKrO). In diesen Fällen besteht zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen demokratischen Willensbildung ein gesondertes Wahlprüfungsverfahren. Etwaige Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl sind ausschließlich in diesem Verfahren geltend zu machen.
42 
Dieser Grundsatz gilt aber nicht nur für gewählte Organe, sondern auch für ernannte Amtswalter, ohne dass es dort ein gesondertes Prüfungsverfahren gäbe. So hat die unerkannte Unwirksamkeit der Ernennung eines Beamten ebenso wenig Einfluss auf die Wirksamkeit seiner Amtshandlungen (§ 15 Satz 3 BBG; § 13 Abs. 4 Satz 1 LBG) wie die noch nicht rechtskräftig festgestellte Nichtigkeit der Ernennung eines Richters (§ 18 Abs. 3 DRiG) auf dessen Rechtsprechungstätigkeit. Auch gerichtliche Entscheidungen, an denen ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat, dessen Wahl nachträglich rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, werden hierdurch in ihrer Wirksamkeit nicht berührt (BVerwG, Beschlüsse vom 09.06.1987 - 9 CB 36.87 -, DVBl. 1987, 1112 und vom 03.09.1987 - 1 CB 39.87 -, Buchholz 310 § 26 VwGO Nr. 2).
43 
Diese Grundsätze entsprechen dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (vgl. BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 14 [38]; ebenso unter Hinweis auf die Konsequenzen einer abweichenden Auffassung VG Freiburg, Urteil vom 24.02.1996 - 10 K 1064/95 -, GewArch 1997, 423). Bei gewählten Hauptorganen öffentlich-rechtlicher Körperschaften dienen sie zudem dem Gebot, die jeweilige Körperschaft zu keiner Zeit ohne handlungsfähiges Organ zu lassen (vgl. Versteyl, in: von Münch/Kunig, GG Bd. I, 6. Aufl. 2012, Art. 41 GG Rn. 13; zum Ganzen eingehend VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.12.1997 - 9 S 2506/07 -, GewArch 1998, 164; StGH Bremen, Entscheidung vom 28.02.1984 - St 2/93 -, DVBl. 1994, 633; ebenso BGH, Urteil vom 17.12.1973 - II ZR 47/71 -, NJW 1974, 183 in Abgrenzung zur Rechtslage bei innerparteilichen Wahlen, die dem privaten Vereinsrecht unterliegen).
44 
Dieser Grundsatz findet vorliegend auch für die Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses Anwendung, da der Promotionsausschuss Vertretungsorgan der Fakultät (Gremium) im Rahmen des Promotionsverfahrens und als solches mit Ausübung von Hoheitsmacht beauftragt ist.
45 
Dem steht auch nicht die spezifische Aufgabe des Promotionsausschusses bei der Durchführung des Promotionsverfahrens bzw. im Verfahren der Entziehung des Doktorgrades entgegen. Der Einwand der Klägerin, eine abweichende Besetzung des Promotionsausschusses hätte Auswirkungen auf das Ergebnis der zu treffenden Ermessensentscheidung gehabt und sei deshalb in jeden Fall erheblich, trägt nicht. Die Tatsache, dass Ermessensentscheidungen von einem anderen Amts- oder Mandatsträger gegebenenfalls anders getroffenen würden, ist nicht ausschlaggebend, denn dies würde auch im Falle einer fehlerhaften Beamtenernennung durchgreifen, sofern der betreffende Beamte Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, die Ermessensentscheidungen beinhalten. Die Argumentation der Klägerin zielt in der Sache auf eine Gleichstellung des Promotionsausschusses mit einer aus mehreren Prüfern zusammengesetzten Prüfungskommission, welche hier jedoch abzulehnen ist.
46 
Richtig ist, dass die Bestellung eines Prüfers oder mehrerer Prüfer für eine bestimmte Prüfung für das Prüfungsergebnis grundsätzlich erhebliche Bedeutung hat, weil die prüfungsspezifischen Wertungen des Prüfers von seiner Einschätzung der Leistungen des Prüflings und ferner von seinen Erfahrungen hinsichtlich des für ein positives Prüfungsergebnis grundsätzlich vorauszusetzenden Leistungsniveaus abhängen (vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 362). Bei dem Promotionsausschuss handelt es sich jedoch nicht um eine Prüfungskommission, sondern vielmehr um einen Prüfungsausschuss, welcher keine Prüfungs- sondern Verwaltungsentscheidungen trifft (vgl. zur Begrifflichkeit und zur Unterscheidung Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 356). Dies folgt aus § 2 Abs. 3 PromO, wonach die Organe der jeweiligen Fakultät der Promotionsausschuss sowie eine vom Promotionsausschuss - für jedes Promotionsverfahren gesondert - eingesetzte Promotionskommission sind. Im Gegensatz zur Promotionskommission, die eine Leistungsbewertung vornimmt und damit Prüferaufgaben erfüllt, sorgt der Promotionsausschuss nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Promotionsordnung für den ordnungsgemäßen Ablauf des Promotionsverfahrens. Dass der Ausschuss als solches keine Prüfungskommission und seine Mitglieder keine Prüfer sind, folgt auch aus der Tatsache, dass Stellvertreter gewählt werden, bei verschiedenen Sitzungen des Promotionsausschusses demnach verschiedene und unterschiedlich viele Mitglieder bzw. deren Stellvertreter anwesend sind und der Promotionsausschuss auch ohne vollständige Anwesenheit aller Mitglieder beschlussfähig ist. Es ist vielmehr ausreichend, wenn sich die an der abschließenden Entscheidung teilnehmenden Ausschussmitglieder durch entsprechende Vorbereitung (Lektüre schriftlicher Unterlagen wie etwa der Synopse sowie der Protokolle vorangegangener Ausschusssitzungen) ein eigenes Bild von dem zu entscheidenden Fall gemacht haben. Diese durch die Konzeption des Promotionsausschusses und seine Verfahrensordnung bedingten personellen Wechsel in einem laufenden Verfahren wären für ein Prüfungsverfahren, zu dessen Durchführung einzelne Prüfer individuell zu bestimmen sind, nicht zulässig.
47 
Dem steht auch nicht entgegen, dass dem Promotionsausschuss bei der Entziehung des Doktorgrades ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich des Umfangs oder des Gewichts eines Plagiats und des Ausmaßes der damit verbundenen Schädigung der öffentlichen Interessen zusteht, weil die Beurteilung dieser Fragen durch die Satzungsregelung bewusst dem wissenschaftlichen Gremium der Fakultät zugewiesen ist, und diese Fragen „nach prüfungsrechtlichen Gesichtspunkten“ beantwortet werden müssen (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK- HSchR/NF 21A Nr. 19). Denn bei der Bewertung, ob ein Plagiat vorliegt, besteht kein prüfungsspezifischer Bewertungsspielraum; diese Beurteilung kann vielmehr durch jeden sachverständigen Dritten erfolgen (BVerwG, Beschluss vom 21.12.2006 - 6 B 102.06 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116; BayVGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl. 2007, 281; Schroeder, NWVBl. 2010, 177). Dementsprechend nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in der Sache - vergleichbar der Rechtsprechung zu den Täuschungsversuchen - eine vollständige Prüfung vor, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rücknahmeentscheidung vorliegen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19, und vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191). Schließlich kommt es nach der Rechtsprechung für die Beurteilung, ob der Verstoß gegen die Anforderungen wissenschaftlichen Arbeitens vorliegt, auch nicht auf die - allein durch Prüfer zu beurteilende - Frage an, ob die Arbeit ohne fehlerhafte Stellen noch eine promotionswürdige Leistung darstellt (vgl. VGH Baden- Württemberg, Urteil vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191; grundlegend dazu bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 - ESVGH 31, 54).
48 
Der Einwand der Klägerin, ihr stehe hinsichtlich der Wahl des Promotionsausschusses weder ein Wahlprüfungsverfahren noch ein ähnliches Verfahren zu, in dem sie ihre Rügen gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl geltend machen könne, hindert die Anwendbarkeit des § 10 Abs. 5 LHG sowie der genannten Grundsätze zur rechtlichen Wirksamkeit staatlicher Rechtsakte nicht. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob die Klägerin als Nichtmitglied der Fakultät gemäß § 14 der Verfahrensordnung Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl des Promotionsausschusses hätte erheben können, denn die Geltung dieses allgemeinen Grundsatzes ist - wie bereits ausgeführt - nicht generell davon abhängig, dass dem durch einen staatlichen Hoheitsakt Betroffenen tatsächlich ein Rechtsbehelf gegen die Bestellung eines Amtsträgers oder die Wahl eines Gremiums zusteht, auf den er verwiesen werden kann. Ein solcher Rechtsbehelf ist etwa auch gegen die Bestellung eines Beamten oder die Ernennung eines Richters nicht gegeben. Ebenso wenig sieht § 10 Abs. 5 LHG die Möglichkeit für Außenstehende vor, sich gegen die Wahl eines Gremiums zu wenden und ordnet gleichwohl, sogar über den Zeitpunkt der gerichtlichen Feststellung der Ungültigkeit der Wahl hinaus, die Wirksamkeit der Entscheidungen dieser Gremien an.
49 
Schließlich spricht auch das Gebot der Rechtssicherheit von Prüfungsentscheidungen (vgl. dazu nur Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 56 ff.) dafür, dass der oben genannte Grundsatz auch auf den Promotionsausschuss Anwendung finden muss, denn wenn - wie die Klägerin meint - Fehler bei der Wahl der Ausschussmitglieder zur Rechtswidrigkeit der getroffenen Entscheidungen des Promotionsausschusses führen würden, könnte bis zur ordnungsgemäßen Neuwahl kein rechtmäßiges Promotionsverfahren durchgeführt werden, und auch die Verleihung von Doktorgraden an Doktoranden wäre rechtswidrig.
50 
Daraus folgt, dass die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl des Promotionsausschusses - namentlich im Hinblick auf die Einberufung der Sitzung des Großen Fakultätsrats am 13.04.2011, die nachträgliche Ergänzung der Tagesordnung um TOP 7, die Geheimheit der Wahl sowie das Verfahren der Blockwahl - im vorliegenden Verfahren ohne Belang und somit nicht zu überprüfen sind. Es bedarf deshalb auch nicht der von der Klägerin schriftsätzlich beantragten Beweiserhebung dazu, wie die Einberufung der Sitzung, die Ergänzung der Tagesordnung sowie die Durchführung der Wahl am 13.04.2011 vonstattengegangen sind.
51 
Schließlich ist auch der Einwand der Klägerin, mit dem Großen Fakultätsrat habe - mangels ordnungsgemäßer Einsetzung desselben - das falsche Gremium die Wahl des Promotionsausschusses vorgenommen, nach den oben genannten Grundsätzen unbeachtlich, denn auch die Frage, in welcher Zusammensetzung ein Gremium die Wahl eines Ausschusses vornimmt, betrifft die Rechtmäßigkeit der Wahl und ist daher im vorliegenden Verfahren unerheblich. Der Grundsatz gilt nicht nur für die konkrete Wahlhandlung, sondern ebenso für die der eigentlichen Wahl vorangehende Zusammensetzung des wählenden Gremium, hier des Großen Fakultätsrats, denn diese ist - als Vorfrage der eigentlichen Wahlhandlung - vergleichbar mit der Ungültigkeit von Wahlgesetzen (vgl. dazu BVerfG, Entscheidung vom 11.10.1972 - 2 BvR 912/71 -, BVerfGE 34, 81 [95 f.]) oder der Tatsache, dass die Legislaturperiode eines Parlaments bereits beendet ist (vgl. dazu grundlegend auch schon BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 18, [34]).
52 
Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob in den Fällen etwas anderes gelten muss, in denen ein offensichtlich unzuständiges Gremium eine Wahl vornimmt, zu der ein anderes Gremium berufen gewesen wäre, denn so liegt der Fall hier nicht. Selbst wenn die Einrichtung eines Großen Fakultätsrates durch die Philosophische Fakultät den gesetzlichen oder den in § 16 Abs. 1 der Grundordnung der Beklagten aufgestellten Anforderungen nicht genügen sollte, betrifft dies lediglich die Art und Weise der Zusammensetzung des Fakultätsrats der Beklagten. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei dem Großen Fakultätsrat nicht um ein völlig anderes Gremium, sondern lediglich um eine abweichende, nämlich umfangreichere Besetzung des Fakultätsrats. Dies lässt sich bereits aus § 25 LHG und § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LHG ersehen, denn dort wird „Fakultätsrat“ als Oberbegriff für das jeweilige kollegiale Vertretungsgremium der Fakultät verwendet, unabhängig davon, ob dieses einfach (§ 25 Abs. 2 LHG) oder aber als Großer Fakultätsrat (§ 25 Abs. 3 LHG) zusammengesetzt ist. Auch die Regelung in § 3 Abs. 2 der Promotionsordnung, die ausweislich des Protokolls des erweiterten Fakultätsrats in seiner Sitzung am 16.02.2005 vorberaten (vgl. TOP 16) und am 19.09.2006 vom Senat beschlossen wurde, sieht vor, dass „der Fakultätsrat“ den Promotionsausschuss wählt. Angesichts der Tatsache, dass die Fakultät - nach Auffassung der Beklagten - bereits am 16.02.2005 ihr Vertretungsorgan als Großen Fakultätsrat konstituierte, ist auch „Fakultätsrat“ im Sinne des § 3 Abs. 2 Promotionsordnung als Oberbegriff für die jeweilige Zusammensetzung des Fakultätsrat zu verstehen.
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cc. Die Tatsache, dass Herr Prof. Dr. F. und Frau St. an der Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 teilnahmen, führt ebenfalls nicht zur formellen Fehlerhaftigkeit des Ausgangsbescheids, da die Anwesenheit der beiden Personen nach der anzuwendenden Verfahrensordnung nicht zu beanstanden ist.
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Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 LHG tagen die Gremien - mit Ausnahme der Angelegenheiten nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2, 12 bis 14 LHG - nicht öffentlich. Dementsprechend ordnet auch § 4 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung der Beklagten die Nichtöffentlichkeit der Gremiensitzungen an. Neben den Gremienmitgliedern können nach den Regelungen der Verfahrensordnung jedoch auch weitere Personen an der nichtöffentlichen Sitzung teilnehmen. So kann der Vorsitzende des jeweiligen Gremiums gemäß § 3 Abs. 3 der Verfahrensordnung Bedienstete seines Verwaltungsbereichs zur Unterstützung hinzuziehen und ihnen den Vortrag zu einzelnen Tagesordnungspunkten übertragen. Die hier in Rede stehende Hinzuziehung von Sachverständigen ist in § 3 Abs. 2 und in § 6 Abs. 1 der Verfahrensordnung geregelt. Nach § 3 Abs. 2 prüft der Vorsitzende bei der Aufstellung der vorläufigen Tagesordnung, zu welchen Tagesordnungspunkten Sachverständige und/oder Auskunftspersonen beratend hinzugezogen und geladen werden sollen. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung ist erster Punkt der Tagesordnung deren Feststellung. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist mit der Feststellung der Tagesordnung über die Zuziehung von Sachverständigen und Auskunftspersonen Beschluss zu fassen. Eine Hinzuziehung dritter Personen ist auch im Falle des nach § 3 Abs. 5 Satz 1 Promotionsordnung nichtöffentlich tagenden Promotionsausschusses zulässig, da es sich bei diesem um ein Gremium im Sinne der Verfahrensordnung und im Sinne des Landeshochschulgesetzes handelt. Insbesondere handelt es sich - wie bereits ausgeführt - nicht um eine Prüfungskommission und bei seinen Mitgliedern nicht um Prüfer. In der Sitzung am 14.06.2011 fand dementsprechend auch keine (mündliche) Prüfung, sondern vielmehr eine persönliche Anhörung der Klägerin sowie anschließend eine Beratung und Beschlussfassung statt. Die strengen prüfungsrechtlichen Vorgaben - auf die die Klägerin wiederholt hingewiesen hat und nach denen die Teilnahme eines Dritten an der Beratung einer Prüfungskommission zu einem Verfahrensfehler führt, der die Prüfungswiederholung erfordert (vgl. dazu SächsFG, Urteil vom 31.05.2011, - 2 K 243/10 -, DVBl. 2012, 64-66; BFH, Urteil vom 18.09.2012 - VII R 41/11 -, DStR 2013, 430) - finden somit hier keine Anwendung. Daher bedarf es - anders als die Klägerin meint - auch keiner Differenzierung zwischen der in der Sitzung am 14.06.2011 erfolgten Anhörung, Beratung und Beschlussfassung.
55 
Die Voraussetzungen, die die Verfahrensordnung an die wirksame Hinzuziehung von Sachverständigen stellt, sind im vorliegenden Fall erfüllt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine ausdrückliche Beschlussfassung über die Zuziehung nicht geboten, vielmehr genügt auch ein konkludenter Beschluss den Anforderungen. Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensordnung. Danach ist „mit der Feststellung der Tagesordnung“ über die Hinzuziehung von Sachverständigen Beschluss zu fassen ist. Dies ist so zu verstehen, dass durch die Feststellung der Tagesordnung durch den Ausschuss die vorangegangene Entscheidung des Vorsitzenden nach § 3 Abs. 2 Verfahrensordnung, die sich bereits in der Ladung der Sachverständigen ausdrückt, gebilligt wird. Der Beschluss über die Hinzuziehung und die Feststellung der Tagesordnung fallen in einen Akt zusammen. Dies ergibt sich insbesondere auch aus dem Vergleich mit dem 1. Halbsatz des § 6 Abs. 2 Satz 2 der Verfahrensordnung, wo es in Bezug auf die Änderung der vorläufigen Tagesordnung ausdrücklich heißt: „Über diese Anträge istgesondert zu beschließen.“ Im Übrigen sieht die Verfahrensordnung die konkludente Beschlussfassung bei Anträgen zur Geschäftsordnung (im Gegensatz zu Anträgen zur Sache) in § 7 Abs. 3 Sätze 4 und 5 ausdrücklich vor. Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 der Verfahrensordnung ist über Anträge zur Geschäftsordnung nach der Begründung durch den Antragsteller und einer begründeten Gegenrede sofort abzustimmen. Erfolgt keine Gegenrede, ist der Antrag angenommen (Satz 5). Unabhängig davon, ob der Antrag, Sachverständige zu einem Tagesordnungspunkt zuzuziehen, ein solcher Antrag zur Geschäftsordnung ist und damit § 7 Abs. 3 Satz 5 Verfahrensordnung unmittelbar Anwendung findet, oder ob die Verfahrensfragen betreffend der Hinzuziehung von Sachverständigen in § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 Satz 2 der Verfahrensordnung speziell und abschließend geregelt sind, lässt sich aus diesen Regelungen ersehen, dass eine konkludente Beschlussfassung grundsätzlich möglich ist.
56 
Nicht zuletzt spricht auch Sinn und Zweck der Nichtöffentlichkeit der Gremiensitzung dafür, die konkludente Beschlussfassung über die Hinzuziehung von Sachverständigen ausreichen zu lassen. Ausweislich der Gesetzbegründung wurde die mit dem Landeshochschulgesetz 1973 erstmals eingeführte Regelung der Nichtöffentlichkeit der universitären Gremiensitzungen vorgesehen, um eine sachgerechte Beratung zu ermöglichen und die häufig von einer sogenannten aktiven Öffentlichkeit ausgehenden Störungen zu unterbinden (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hochschulgesetzes vom 22.05.1973, LT-Drs. 6/2520, S. 39 f.). Selbst wenn dieser ursprüngliche Zweck der Nichtöffentlichkeit im Falle des Promotionsausschusses ergänzt wird durch die Schutzinteressen des betroffenen Promovenden, hier der Klägerin, dient die Nichtöffentlichkeit in erster Linie der sachgerechten Ausschussarbeit. Sind sich die Ausschussmitglieder über die Mitwirkung bestimmter Sachverständiger in der konkreten Sitzung ersichtlich einig, liegt eine Störung der Sitzungsarbeit nicht vor.
57 
Die Hinzuziehung der durch den Ausschussvorsitzenden mit Erstellung der Tagesordnung geladenen Sachverständigen Prof. Dr. F. und Frau St. in der Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 wurde durch das Vorgehen des Ausschussvorsitzenden und der sonstigen Mitglieder des Promotionsausschusses erkennbar konkludent beschlossen. Bereits in der ersten Sitzung des Promotionsausschusses am 13.04.2011 wurde - ohne expliziten Beschluss - ein Einvernehmen aller Ausschussmitglieder dahingehend erzielt und entsprechend im Protokoll vermerkt, dass der Ausschuss eng mit der Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, deren Ombudsmann für die Geisteswissenschaften, der Rechtsabteilung und dem Rektorat zusammenarbeiten werde. Zu den nachfolgenden Sitzungen des Promotionsausschusses wurden dementsprechend auch Prof. Dr. F., der Ombudsmann der Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, und Frau St., die Leiterin des Dezernats 1 (Recht und Gremien) der Zentralen Universitätsverwaltung, geladen. Zu Beginn der jeweiligen Sitzung vor dem Beschluss über die Tagesordnung - und so auch am 14.06.2011 - wurden die beiden Sachverständigen namentlich durch den Ausschussvorsitzenden begrüßt und dieser dankte den beiden für ihre Unterstützung. Gegen dieses Vorgehen erhob sich kein Widerspruch von Ausschussmitgliedern und auch die Klägerin und deren damalige Bevollmächtigte, die zumindest am ersten Teil der Ausschusssitzung am 14.06.2011 teilgenommen hatten, wandten sich nicht gegen die Teilnahme der beiden Sachverständigen. Dieses Vorgehen bringt eindeutig zum Ausdruck, dass die beiden als Sachverständige hinzugezogen wurden.
58 
Da hier die Hinzuziehung der beiden Sachverständigen nach der Verfahrensordnung fehlerfrei erfolgt ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Anwesenheit von Dritten, deren Zuziehung nicht beschlossen wurde, zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Promotionsausschusses führt oder ob ein solcher Verfahrensfehler unbeachtlich ist, da allein die stimmberechtigte Mitwirkung, die den Ausschussmitgliedern vorbehalten und nur von diesen ausgeübt worden ist, entscheidend ist (in diese Richtung wohl VGH, Urteil vom 09.07.1996 - 9 S 1048/94 -, juris, wonach die stimmberechtigte Mitwirkung von externen Gutachtern an einem Habilitationsverfahren unzulässig sei).
59 
dd. Der Promotionsausschuss war in seiner Sitzung am 14.06.2011 auch beschlussfähig. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung ist das Gremium beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte derjenigen Mitglieder anwesend ist, die hinsichtlich der zur Beschlussfassung aufgerufenen Angelegenheit Stimmrecht besitzen, und die Sitzung ordnungsgemäß geleitet wird.
60 
Unabhängig davon, dass hier - wie bereits ausgeführt - ein ausreichender Beschluss über die Hinzuziehung von Sachverständigen und somit schon kein Verfahrensfehler vorlag, würde ein einfacher Fehler bei der Verfahrensgestaltung auch nicht die ordnungsgemäße Sitzungsleitung beseitigen. In der Verfahrensordnung der Beklagten ist nicht näher definiert, was unter „ordnungsgemäßer Sitzungsleitung“ im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 zu verstehen ist. Bei der Auslegung des Begriffes sind jedoch die Regelungen des § 5 der Verfahrensordnung (Leitung der Sitzung) zu berücksichtigen. Nach § 5 Satz 1 der Verfahrensordnung eröffnet, leitet und schließt der Vorsitzende die Sitzung. Nach Satz 3 dieser Vorschrift trifft er alle notwendigen Maßnahmen und Entscheidungen für einen geordneten Sitzungsablauf. Nach Satz 4 stellt er vor Eröffnung der Sitzung sowie gegebenenfalls jederzeit die Beschlussfähigkeit fest und legt - nach Satz 5 - im Zweifelsfall die Verfahrensordnung aus. Dadurch, dass dem Vorsitzenden die Sitzungsleitung - einschließlich der Klärung von Verfahrensfragen - obliegt, wird deutlich, dass nicht jeder einfache Verfahrensfehler die ordnungsgemäße Sitzungsleitung aufhebt, sondern lediglich solche Situationen, in denen die Leitungsfunktion des Vorsitzenden durch Störungen vollständig aufgehoben wird. So läge der Fall - selbst wenn die Hinzuziehung der Sachverständigen unterblieben wäre - hier ersichtlich nicht.
61 
Sonstige Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheids sind nicht ersichtlich. Die Klägerin wurde zu der beabsichtigten Maßnahme im Vorfeld angehört und der Verwaltungsakt wurde auch ordnungsgemäß begründet.
62 
b. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.11.2011 lässt ebenfalls keine formellen Rechtsfehler erkennen. Mit Frau Prof. Dr. N. hat die als Prorektorin für Studium und Lehre der Beklagten für die Widerspruchsentscheidung zuständige Amtsträgerin über den Widerspruch entschieden (dazu unter aa.). Die Zweifel der Klägerin an der Aufgabenteilung innerhalb des Rektorats der Beklagten sind in der Sache unberechtigt (dazu unter bb.) und würden - selbst für den Fall, dass sie berechtigt wären - im Ergebnis nicht zu einem formellen Mangel des Widerspruchsbescheids führen (dazu unter cc.).
63 
aa. Für die Entscheidung über Widersprüche im Entziehungsverfahren enthält die Promotionsordnung keine Regelung. Insoweit verbleibt es bei den gesetzlichen Vorgaben aus § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG, nach denen die Entscheidung über Widersprüche in Prüfungsangelegenheiten dem für die Lehre zuständigen Mitglied des Vorstands, vorliegend der Prorektorin für Studium und Lehre, obliegt. Diese Zuständigkeit für Hochschulprüfungen erfasst grundsätzlich auch Promotionen und damit auch deren Entziehung als „actus contrarius“, da es sich bei Promotionen um Hochschulprüfungen handelt (zum Universitätsgesetz VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54 und vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19 sowie - ohne weitere Begründung - auch zur Rechtslage nach dem Landeshochschulgesetz zuletzt VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.09.2011 - 9 S 2667/10 -, VBlBW 2012, 180).
64 
Dem steht nicht entgegen, dass die Entscheidung, einen akademischen Grad zu entziehen, keine genuin prüfungsrechtliche Entscheidung ist, deren Gegenstand die Bewertung von Prüfungsleistungen ist. Denn der Begriff „Angelegenheiten, die Hochschulprüfungen betreffen“ - so die Formulierung des § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG - ist umfassender zu verstehen. Er betrifft nicht nur reine Prüfungsentscheidungen, sondern beinhaltet auch die Entziehung eines Titels als actus contrarius zu dessen Verleihung. Nichts anderes folgte für den Anwendungsbereich des § 11 Abs. 3 Satz UG aus der Gesetzbegründung, wonach der Entscheidungsspielraum des - damals noch zur Widerspruchsentscheidung berufenen - Präsidenten sich auf die Kontrolle des Prüfungsverfahrens und damit im wesentlichen auf eine Rechtskontrolle beschränke, da er in den Beurteilungsspielraum der Prüfer nicht eingreifen dürfe (LT-Drs. 7/2041, S. 141; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54). Auch der Hinweis der Klägerin auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21.11.2011 (14 B 1257/11, juris), wonach die Feststellung eines Täuschungsversuchs weder eine pädagogisch-wissenschaftliche Entscheidung noch eine Beurteilung von Prüfungsleistungen sei, mag zutreffen, hat jedoch für die Auslegung des § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG keine Relevanz, da dort eben nicht nur Prüfungsentscheidungen im Sinne einer Beurteilung von Prüfungsleistungen, sondern Angelegenheiten, die Hochschulprüfungen betreffen, erfasst sind.
65 
Die Auffassung der Klägerin, wonach jedenfalls seit Geltung des Landeshochschulgesetzes die Entziehungsentscheidung nicht (mehr) unter § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG falle, da die noch in § 54 Abs. 2 UG enthaltene entsprechende Anwendbarkeit der Regelungen über Prüfungsordnungen auch auf die Promotionsordnung nicht mehr bestehe, es sich bei der Promotionsordnung somit nicht um eine Prüfungsordnung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 LHG handele und aus § 8 Abs. 2 Satz 2 LHG folge, dass die Widerspruchsbefugnis des Prorektors für Lehre nur „echte Prüfungen“ betreffe, ist nicht zutreffend. Dass es sich auch nach der Rechtslage unter Geltung des Landeshochschulgesetzes, in dem die Promotion in § 38 eine eigenständige von den sonstigen Prüfungen losgelöste Regelung gefunden hat, bei der Promotion weiterhin um eine Hochschulprüfung - und damit bei der Titelentziehung um eine Angelegenheit, die Hochschulprüfungen betrifft - handelt, folgt bereits aus der systematischen Stellung des § 38 LHG im Dritten Teil des Landeshochschulgesetzes, der mit „Studium, Lehre und Prüfungen“ überschrieben ist. Dementsprechend handelt es sich bei der Promotionsordnung um eine spezielle Prüfungsordnung, die in § 38 Abs. 4 LHG gesondert geregelt ist. In Kenntnis der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zur Zuständigkeit für die Widerspruchsentscheidung hinsichtlich der Entziehung des Doktorgrades, hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 8 Abs. 2 LHG die Entscheidungen über Widersprüche vom Rektor auf das Vorstandsmitglied für Lehre delegiert; ansonsten war keine Änderung der Rechtslage zum Universitätsgesetz beabsichtigt (vgl. Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.10.2004, LT-Drs. 13/3640, S. 179). Da die Entziehungsentscheidung somit bereits in den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG fällt, sind die gegen eine analoge Anwendung dieser Vorschrift vorgebrachten Einwände der Klägerin ohne Belang.
66 
Nach den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen (Sonderprotokoll der Rektoratsbesprechung vom 29.04.2009; Auszug aus dem Protokoll der Rektoratsbesprechung vom 29.04.2009; Erklärung der persönlichen Referentin des Rektors vom 19.02.2013 zur Protokollführung des Rektorats; Vorlage des Rektors an den Senat vom 05.05.2009; Protokoll der öffentlichen Senatssitzung am 12.05.2009; Protokoll der Sitzung des Universitätsrates am 06.07.2009 sowie Protokoll der Rektoratsbesprechung vom 21.04.2010) besteht kein Zweifel daran, dass Frau Prof. Dr. N. seit dem 01.04.2010 - und damit auch zum Zeitpunkt des Ergehens der Widerspruchsentscheidung am 30.11.2011 - das Amt der Prorektorin für Studium und Lehre der Beklagten inne hatte.
67 
bb. Die Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen Prorektoren innerhalb des Rektorats erfolgte - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch entsprechend den Vorgaben des § 16 Abs. 2 Satz 1 LHG. Danach legt der Vorstand auf Vorschlag des Vorstandsvorsitzenden eine ständige Vertretung und bestimmte Geschäftsbereiche für seine Mitglieder fest, in denen sie die Geschäfte der laufenden Verwaltung in eigener Zuständigkeit erledigen.
68 
Ausweislich des Sonderprotokolls zur Rektoratssitzung am 29.04.2009 wurde im Rahmen dieser Sitzung die bevorstehende Prorektorenwahl und die inhaltliche Festlegung der Prorektorate besprochen. Dabei wurde auf Vorschlag des Rektors die Geschäftsverteilung der Prorektoren beschlossen, wonach die designierte Prorektorin Prof. Dr. N. ab dem 01.04.2010 das Prorektorat Studium und Lehre übernehmen solle. Sowohl ein Vorschlag des Rektors als auch ein gesonderter Beschluss des Rektorats lagen somit vor. Dementsprechend wurde Frau Prof. Dr. N. in der Folge durch den Senat „als“ Prorektorin für Studium und Lehre gewählt und der Universitätsrat erteilte seine Zustimmung zu dieser Wahl. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Vorschlag des Rektors und die Beschlussfassung des Rektorats zu einem Zeitpunkt ergingen, als die beiden neuen Prorektoren - Herr Prof. Dr. So. und Frau Prof. Dr. N. - noch nicht gewählt waren. § 16 Abs. 2 Satz 1 LHG ist nicht zu entnehmen, dass bei jeder personellen Veränderung innerhalb des Rektorats, die aufgrund der unterschiedlichen Amtszeiten von Rektor und Prorektoren (vgl. § 17 Abs. 2 und § 18 Abs. 2 LHG) häufiger auftreten, ein erneuter Beschluss erforderlich wäre. Sofern lediglich einzelne Personen ausgetauscht werden, ist dafür kein sachliches Bedürfnis erkennbar.
69 
cc. Zudem könnte die Klägerin etwaige Fehler bei der Bestellung der Prorektorin für Studium und Lehre im vorliegenden Verfahren ebenfalls nicht rügen. Denn auch für den einzelnen Amtsträger - wie hier die Prorektorin für Studium und Lehre - gilt, dass er, solange seine Bestellung nicht rechtskräftig zurückgenommen ist oder ihre Nichtigkeit festgestellt wird, wirksam handeln kann. Auch für die Bestellung eines Amtsträgers gelten die bereits ausgeführten Grundsätze zur rechtlichen Wirksamkeit staatlicher Rechtsakte (vgl. dazu nur VGH, Urteil vom 02.12.1997, a.a.O., m.w.N.). So hat auch der Staatsgerichtshof Bremen in Bezug auf die fehlerhafte Wahl eines Regierungsmitglieds folgende Ausführungen gemacht:
70 
„Die Frage, welche rechtlichen Auswirkungen die Ungültigkeit der Wahl eines Regierungsmitgliedes auf die Amtshandlungen dieses (Senats-) Mitglieds und auf diejenigen des Gesamtsenats hat, ist nicht ausdrücklich geregelt. Gesetzlich bestimmt ist hingegen, dass Amtshandlungen eines Beamten, dessen Ernennung nichtig war, oder zurückgenommen worden ist, in gleicher Weise gültig sind, wie wenn sie ein wirksam ernannter Beamter ausgeführt hätte (§ 16 Abs. 2 Satz 1 BremBeamtenG; § 14 Abs. 1 Satz 1 BBG). In der Rechtsprechung ist ferner anerkannt, dass gerichtliche Entscheidungen, an denen ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat, dessen Wahl nachträglich rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, hierdurch in ihrer Wirksamkeit nicht berührt werden (BVerwG, Beschluss vom 09.06.1987, Buchholz 310 § 26 Nr. 1 VwGO; Beschluss vom 03.09.1987, Buchholz, aaO, Nr. 2). In diesem Zusammenhang ist schließlich beachtlich, dass alle Entscheidungen, an denen ein Abgeordneter mitgewirkt hat, dessen Wahl später im Wahlprüfungsverfahren für ungültig erklärt wurde, als ordnungsgemäß zustande gekommen angesehen werden, und dass sogar die Maßnahmen und Beschlüsse des Parlamentes, das ungültig gewählt war (vgl. dazu HbgVerfG, DVBl. 1993, 1073) oder dessen Legislaturperiode bereits beendet war (BVerfGE 1, 14, 38), in ihrem Rechtsbestand und in ihrer Verbindlichkeit durch ein nachträgliches Gerichtsurteil nicht in Frage gestellt werden. Dies ist Ausdruck des im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Grundsatzes der Rechtssicherheit. Das Gebot der Rechtssicherheit kann in Fällen vorliegender Art nur zu dem Ergebnis führen, dass Amtshandlungen eines Regierungsmitgliedes, dessen Wahl später für ungültig erklärt wird, ebenso Bestand haben wie Entscheidungen anderer Amtsträger, deren Wahl oder Ernennung unwirksam ist. Was für Entscheidungen gilt, die das Regierungsmitglied in eigener Zuständigkeit getroffen hat, muss erst recht für die Amtshandlungen gelten, die es zusammen mit seinen Amtskollegen im Senat vorgenommen hat. Daraus folgt, dass die Ungültigkeit einer Senatorenwahl nicht die Wirksamkeit von Amtshandlungen berührt, die das unwirksam gewählte Senatsmitglied oder unter seiner Mitwirkung der Senat als Kollegialorgan bis zur Feststellung der Wahlungültigkeit durch den Staatsgerichtshof vorgenommen hat.“ (StGH Bremen, Entscheidung vom 28.02.1994 - St 2/93 -, DVBl. 1994, 633 zur Wahl eines Regierungsmitglieds, dem die gesetzliche Wählbarkeitsvoraussetzung fehlte).
71 
Dies würde - selbst wenn der Beklagten ein formeller Fehler bei der Bestellung unterlaufen wäre - auch für deren Prorektorin für Studium und Lehre gelten.
72 
2. Die Entziehung des Doktorgrades ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Entziehung des Doktorgrades zu Recht auf die Ermächtigungsgrundlage des § 48 LVwVfG gestützt (dazu unter a.). Dessen Tatbestandvoraussetzungen lagen vor (dazu unter b.) und auch die Ermessensausübung ist nicht zu beanstanden (dazu unter c.).
73 
a. Die Entziehung des Doktorgrades findet ihre erforderliche Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (vgl. zur unbedenklichen Anwendbarkeit dieser Rücknahmeregelung beim Entzug des Doktorgrades, BVerwG, Beschluss vom 20.10.2006 - 6 B 67.06 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116). Die Promotionsordnung enthält keine speziellere Regelung. In § 22 Abs. 1 Satz 1 PromO ist lediglich bestimmt, dass sich die Entziehung des Doktorgrades nach den landesrechtlichen Bestimmungen richtet. § 21 Abs. 1 PromO scheidet als Rechtsgrundlage aus, weil diese Bestimmung nur die hier nicht gegebene Fallkonstellation regelt, dass sich noch vor der Aushändigung der Doktorurkunde ergibt, dass der Bewerber oder die Bewerberin über eine Zulassungsvoraussetzung getäuscht oder dass wesentliche Zulassungsvoraussetzungen irrigerweise als gegeben angenommen worden sind, oder wenn Tatsachen bekannt werden, die nach Landesrecht eine Entziehung des Doktorgrades rechtfertigen würden. Gleiches gilt für § 21 Abs. 2 PromO, der den Fall betrifft, dass sich vor Aushändigung der Doktorurkunde ergibt, dass der Bewerber oder die Bewerberin bei einer Promotionsleistung getäuscht hat. Schließlich ist in § 35 Abs. 7 LHG zwar eine spezialgesetzliche Regelung für die Entziehung akademischer Grade für den Fall enthalten, dass sich der Inhaber durch sein späteres Verhalten der Führung des Grades als unwürdig erwiesen hat. Diese Regelung schließt jedoch den Rückgriff auf die allgemeinen Rücknahmevorschriften in anderen Fallkonstellationen nicht aus, wie sich bereits aus der ausdrücklichen Formulierung „unbeschadet der §§ 48 und 49 LVwVfG“ ergibt. Die Entziehung des Doktorgrades ist in Baden-Württemberg schließlich auch nicht vom Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgenommen (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG; ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 - und vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, beide juris).
74 
b. Die tatbestandlichen Rücknahmevoraussetzungen sind hier gegeben.
75 
Die Verleihung des Doktorgrades, die durch die Aushändigung der Urkunde über die bestandene Doktorprüfung an die Klägerin durch Übersendung am 08.01.2002 erfolgte, ist ein begünstigender Verwaltungsakt, der rechtswidrig war. Unabhängig von der tatsächlich unzutreffenden (dazu sogleich) schriftlichen Erklärung der Klägerin gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 PromO a.F., dass sie die Dissertation selbständig verfasst, alle wörtlich oder sinngemäß übernommenen Textstellen als solche kenntlich gemacht, andere Quellen und Hilfsmittel als die in der Arbeit genannten nicht benutzt und die Dissertation noch keiner anderen Fakultät vorgelegt habe, erbrachte die von der Klägerin im Jahr 1998 eingereichte Dissertation nicht den Nachweis der Befähigung zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit (§ 54 Abs. 1 Satz 2 UG, § 7 Abs. 3 Satz 2 PromO a.F. („Sie soll eine beachtenswerte wissenschaftliche Leistung darstellen und die Fähigkeit des Verfassers zu selbständiger Forschung erkennen lassen“; nunmehr: § 38 Abs. 1 Satz 1 LHG; § 7 Abs. 1 PromO). Damit lagen die rechtlichen Voraussetzungen für die Verleihung des Doktorgrades nicht vor. Dieser wurde der Klägerin vielmehr zu Unrecht verliehen.
76 
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass „nur eine unter Offenlegung aller verwendeten Quellen und Hilfsmitteln erbrachte wissenschaftliche Leistung den Anforderungen an eine Dissertation genügt“ (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19 unter Bezugnahme auf VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54; VGH, Urteil vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191) bzw. „die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von Textpassagen aus fremden Werken ohne (ausreichendes) Zitat gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens verstößt und die Annahme als Dissertation im Regelfall ausschließt“ (BayVGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl. 2007, 281). Zu den Grundanforderungen wissenschaftlichen Arbeitens gehört gerade, dass der Beitrag auf eigenständigen Erwägungen beruht und nicht bloß Passagen aus dem Werk eines anderen Autors übernimmt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191).
77 
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht nur einzelne Sätze, sondern vielmehr erhebliche, teilweise mehrseitige Passagen - zum Teil samt Fußnoten - aus fremden Texten anderer Autoren wortgleich oder nahezu wortgleich übernommen, ohne dies hinreichend kenntlich zu machen. Ihre Darlegungen erwecken den falschen Eindruck, Formulierung und Inhalt des Textes stammten insoweit als eigene gedankliche Leistung von ihr.
78 
Die Tatsache, dass die Klägerin einige der betroffenen Werke, aus denen sie ganze Passagen wortgleich oder nahezu wortgleich übernommen hat, unter der Rubrik „X.5 Sekundärliteratur“ in ihr Literaturverzeichnis aufgenommen hat, stellt die Berechtigung des Plagiatsvorwurfs nicht in Frage; denn der Leser eines wissenschaftlichen Werkes erwartet, dass wörtliche Übernahmen aus anderen Werken bei den jeweiligen Textstellen als Zitate oder auf andere geeignete Weise kenntlich gemacht werden (VG Freiburg, Urteil vom 23.05.2012 - 1 K 58/12 -, juris; VG Frankfurt, Urteil vom 23.05.2007 - 12 E 2262/05 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19). Der Kennzeichnungs- und Offenbarungspflicht in einer Dissertation wird nicht dadurch genügt, dass die Werke, aus denen die wörtlich übernommenen Textpassagen stammen, lediglich im Literaturverzeichnis aufgeführt sind (VG Freiburg, Urteil vom 23.05.2012 - 1 K 58/12 -, juris; ebenso Schroeder, NWVBl. 2010, 176, 179 m.w.N.). Im Übrigen sind keineswegs alle, sondern lediglich zehn der insgesamt 32 betroffenen Quellen im Literaturverzeichnis genannt, wie sich aus der synoptischen Zusammenstellung der Beklagten vom 12.05.2011 (Aktenseiten 439 bis 491) ersehen lässt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die bloße Nennung eines Sammelbandes im Literaturverzeichnis nicht ausreichend ist, sondern vielmehr die konkreten Quellen - hier die in Sammelbänden veröffentlichten einzelnen Beiträge - unter namentlicher Nennung des jeweiligen Autors angegeben werden müssen.
79 
Dem steht auch nicht entgegen, dass einige der betroffenen Textstellen die Darstellung historischer Ereignisse betreffen. Inwieweit allgemeine Darstellungen, die Allgemeingut eines Faches sind, im Rahmen einer Dissertation unbelegt bleiben können, bedarf keiner Entscheidung. Denn dies setzt jedenfalls voraus, dass es sich um eigene Darstellungen des Doktoranden handelt. Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin stellt keineswegs allgemein bekannte historische Zusammenhänge selbständig dar, sondern übernimmt seitenweise Passagen aus den Werken anderer Autoren fast wortwörtlich, ohne dies kenntlich zu machen. Lediglich beispielhaft seien folgende - von der Klägerin als „historische Darstellungen“ bezeichnete - Stellen genannt: Die Ausführungen der Klägerin auf den Seiten 43 und 44 ihrer Arbeit sind weitgehend wörtlich übernommen aus der 1984 veröffentlichten Arbeit von Gall „Europa auf dem Weg in die Moderne 1850-1890“ sowie aus zwei Beiträgen von de Jonge („Großbritannien und Irland, Frankreich, Belgien und die Niederlande 1850-1914: Die Wirtschaft“) und Fischer („Wirtschaft und Gesellschaft Europas 1850-1914“) aus dem 1985 erschienenen Band 5 des Handbuchs der Europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Die Arbeit von Gall findet sich zwar im Literaturverzeichnis, ist aber weder auf Seite 43 noch auf Seite 44 der Arbeit genannt; die beiden anderen Beiträge sind weder dort noch im Literaturverzeichnis aufgeführt. Die Ausführungen der Klägerin auf Seite 117 unten sowie auf Seite 118 sind übernommen aus der oben genannten Arbeit von Gall sowie aus einem Beitrag von Lill („Italien im Zeitalter des Risorgimento (1815-1870)“ in Band 5 des Handbuchs der Europäischen Wirtschaftsgeschichte. Keine der beiden Quellen ist auf diesen Seiten genannt; der Handbuchbeitrag von Lill findet sich auch nicht im Literaturverzeichnis. Ihre Ausführungen auf Seite 120 (letzter Absatz) bis Seite 121 oben hat die Klägerin weitgehend aus dem Beitrag von Hertner („Italien 1850-1914“) in Band 5 des Handbuchs der Europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte übernommen. Die weitgehend wörtliche Wiederholung der Vorlagetexte einschließlich der sprachlichen Eigentümlichkeiten und Formulierungen lässt keinen anderen Schluss zu, als dass die Klägerin die Passagen unmittelbar abgeschrieben und nicht etwa zufällig dieselben historischen Zusammenhänge wie andere Autoren wiedergegeben hat.
80 
Der weitere Einwand der Klägerin, einige der betroffenen Textstellen beträfen allgemeine Definitionen, die als solche keines Belegs bedürften, ist ebenfalls zurückzuweisen. Auch insoweit bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob allgemeine Begriffsdefinitionen einer Wissenschaftsdisziplin generell belegt werden müssen, denn bei den von der Klägerin insoweit angeführten Textstellen, handelt es sich nicht um bloße Definitionen, sondern um wortwörtliche Übernahmen erläuternder Darstellungen. Wiederum beispielhaft ist insoweit auf folgende Stellen zu verweisen: Ihre Ausführungen zum Begriff des Geldes auf den Seiten 57 und 58 stammen weitgehend aus dem Beitrag im Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften von Ehrlicher mit dem Titel „Geldtheorie und Geldpolitik III: Geldtheorie“. Aus dem Beitrag von Janning „Leitbilder der europäischen Integration“ in dem von Weidenfeld und Wessels herausgegebenen Sammelband „Europa von A-Z. Taschenbuch der europäischen Integration“ hat die Klägerin ihre Ausführungen zur Europäischen Integration auf Seite 203 übernommen, ohne dass diese Quelle dort oder im Literaturverzeichnis genannt ist. Der Text in den Fußnoten 806 und 807 auf Seite 205 der Arbeit der Klägerin stammt ursprünglich aus dem Beitrag von Hillenbrand „Wirtschafts- und Währungsunion“ in dem genannten Sammelband „Europa von A-Z“. Auch hier fehlt jeder Hinweis auf den Autor.
81 
Unbeachtlich bleibt ferner der Einwand der Klägerin, es handele sich zum Teil nur um handwerkliche Fehler. Es ist zwar grundsätzlich denkbar, vereinzelte fehlerhafte Zitierungen als bloße Bagatellverstöße gegen die Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens außer Acht zu lassen. Dies käme - für sich betrachtet - hinsichtlich folgender Stellen in Betracht: Auf Seite 47 ihrer Arbeit nennt die Klägerin ihre Quelle (Born, Geld und Banken im 19. und 20 Jahrhundert, 1977), aber es fehlen die Anführungszeichen, die deutlich machen, dass hier eine wortwörtliche Übernahme vorliegt. Auch auf Seite 119 wird die Quelle (Hawig, Napoleon III. und Europa - Revision eines Geschichtsbilde. Aufgezeigt an der Beurteilung seiner Mittelmeerpolitik, 1983) in der Fußnote aufgeführt, es fehlen jedoch wiederum die Anführungszeichen zur Kennzeichnung wortwörtlicher Übernahmen, und es ist für den Leser auch nicht zu erkennen, dass nicht nur die in der Fußnote genannten Zahlen, sondern auch die Ausführungen im Haupttext von Hawig stammen. Welches Gewicht derartigen Verstößen zukommt, kann die Kammer offen lassen, denn diese betreffen nur einen äußerst geringen Teil der von der Beklagten überprüften Textstellen. Andere von der Klägerin in diese Kategorie der handwerklichen Fehler eingeordneten Textstellen sind dagegen offensichtliche und erhebliche Täuschungen über die wahre Urheberschaft der ausgeführten Gedanken und verwendeten Formulierungen. Bei der auf den Seiten 110 bis 112 erfolgten weitgehend wörtlichen Übernahme mitsamt der Darstellungsweise mit Spiegelstrichen aus der 1992 veröffentlichten Arbeit von Theurl („Eine gemeinsame Währung für Europa. 12 Lehren aus der Geschichte“) handelt es sich ersichtlich ebenso wenig um einen bloßen handwerklichen Fehler, wie bei den Ausführungen auf Seite 182, wo die Klägerin über eine halbe Seite hinweg wortwörtlich den Text von Theurl übernimmt und mit deren Nennung in der Fußnote 725 zu Unrecht den Eindruck erweckt, lediglich die in Anführungszeichen gesetzte Formulierung („prominenten Platz in der Geschichte der Währungsunion“) stamme von dieser Autorin.
82 
Der Plagiatsvorwurf trifft die Klägerin somit nicht nur vereinzelt oder im Sinne einer unsachgemäßen Handhabung der Zitierweise; vielmehr lassen die von der Beklagten aufgefundenen Stellen den Schluss zu, dass die Klägerin fremde Passagen wiederholt und planmäßig als eigene wissenschaftliche Arbeit ausgewiesen hat. Eine systematische und planmäßige Übernahme fremden Gedankenguts ergibt sich bereits daraus, dass sich die Plagiate an mehreren Stellen der Dissertation auffinden lassen und verschiedene Fremdautoren betreffen. Die von der Beklagten aufgezeigten Übernahmen aus verschiedenen Quellen weisen die Gemeinsamkeit auf, dass längere Passagen wortwörtlich übernommen worden sind, ohne dass dies in ausreichender Weise kenntlich gemacht worden wäre. Für einen Großteil der betroffenen Passagen ist eine Quellenangabe überhaupt nicht erfolgt. Ein bloßer Bagatellverstoß liegt darin offensichtlich nicht, denn betroffen sind weitgehend alle Teile, in denen der historische und wirtschaftswissenschaftliche Hintergrund der Arbeit erläutert wird. So ist im Kapitel IV. 1 (Wirtschaftliche Rahmenbedingungen im ausgehenden und beginnenden 20. Jahrhundert) auf den Seiten 41 bis 44 praktisch kein eigener Gedanke der Klägerin enthalten, ohne dass dies kenntlich gemacht worden wäre. Auch in quantitativer Hinsicht können die Übernahmen nicht als unbedeutend eingestuft werden, weil sie sich insgesamt auf 80 Textseiten der 200 Seiten (reiner Text ohne Inhalts- und Literaturverzeichnis) umfassenden Arbeit finden und von der Klägerin wiederholt und in Bezug auf verschiedene Autoren eingesetzt worden sind.
83 
Die Täuschungshandlung der Klägerin und der durch sie hervorgerufene Irrtum, es handele sich bei der Dissertation um eine in jeder Hinsicht eigenständige Leistung, waren für die Verleihung des Doktorgrades ursächlich; denn der Grad wäre ihr sonst für die vorgelegte Arbeit nicht zuerkannt worden. Dem steht nicht entgegen, dass der Erstgutachter der Arbeit in seinem Votum bemängelt hatte, dass die Klägerin nicht deutlich mache, auf welche Literatur sie sich jeweils stütze. Er führte diesbezüglich aus: „So werden zum Beispiel auf Seite 150 f. einige grundsätzliche Aussagen zur französischen, belgischen und italienischen Kolonialpolitik gemacht, ohne daß auch nur ein einziger Beleg genannt würde.“ Die Auffassung der Klägerin, wonach daraus zu schließen sei, dass die Schwächen ihrer Arbeit bekannt und damit bereits Gegenstand der Bewertung mit „cum laude“ gewesen seien, teilt die Kammer nicht. Gegenstand der Kritik des Erstgutachters war allein das Fehlen von Literaturangaben zu den - nach seiner Einschätzung - selbstständigen Ausführungen der Klägerin. Dass es sich dabei in weiten Teilen nicht um eigene Ausführungen der Klägerin, sondern vielmehr um wörtlich oder sinngemäß übernommene Ausführungen anderer Autoren handelte, war den Gutachtern der Arbeit nicht bekannt. Wäre ihnen bekannt gewesen, dass es sich nicht um eine eigenständige wissenschaftliche Leistung der Klägerin handelte, wäre der vorgelegten Arbeit die Anerkennung als Dissertation zu versagen gewesen.
84 
Der Einwand der Klägerin, sie habe umfangreiche eigene Recherchen durchgeführt, die wissenschaftlichen Ergebnisse ihrer Arbeit beruhten auf ihrer eigenen wissenschaftlichen Arbeit und ihr eigener wissenschaftlicher Beitrag sei eindeutig, ist ebenfalls unbeachtlich. Denn es kommt nicht darauf an, ob der Klägerin für die eingereichte Dissertation ohne die beanstandeten Seiten oder bei jeweils wörtlicher Zitierung der Doktorgrad noch verliehen worden wäre. Derartige hypothetische Erwägungen sind rechtlich unerheblich. Es ist für die Ursächlichkeit der von der Klägerin begangenen Täuschung nicht von Bedeutung, ob ihr für eine andere als die vorgelegte Arbeit der Doktorgrad verliehen worden wäre (so ausdrücklich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191; grundlegend bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54).
85 
c. Die von der Beklagten verfügte Entziehung des Doktorgrades weist auch im Übrigen keine Rechtsfehler auf. Die Beklagte hat nicht verkannt, dass die Entscheidung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG in ihrem Ermessen steht. Die Ermessenserwägungen im Ausgangsbescheid und im Widerspruchsbescheid sind auch nicht fehlerhaft im Sinne von § 114 VwGO. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Entschließungsermessens in Bezug auf die Durchführung eines Entziehungsverfahrens (dazu unter aa.) als auch hinsichtlich des Auswahlermessens bezüglich der gewählten Rechtsfolge (dazu unter bb.).
86 
aa. Die Beklagte hat ihr Entschließungsermessen hinsichtlich der Durchführung eines Entziehungsverfahrens ordnungsgemäß ausgeübt. Dem steht nicht entgegen, dass Anlass für die Einleitung des Verfahrens durch die Beklagte eine Überprüfung der Arbeit der Klägerin durch anonyme Internetnutzer und die Veröffentlichung von deren Ergebnissen auf der Internetseite http://de.vroniplag.wikia.com/wiki/xxx waren. Unabhängig davon, auf welche Weise und durch wen tatsächliche Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens bekannt werden, ist die betroffene Universität und das zur Entscheidung berufene Organ berechtigt, diese Vorwürfe im Rahmen eines Entziehungsverfahrens zu prüfen.
87 
bb. Auch die getroffene Ermessensentscheidung, der Klägerin den Doktorgrad zu entziehen, begegnet keinen Bedenken. Die erheblichen Nachteile, die diese Entscheidung für die Klägerin in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht nach sich zieht, hat der Promotionssauschuss bei seiner Entscheidung nicht verkannt. Dass die öffentlichen Interessen an der Entziehung des Doktorgrades im Ergebnis höher bewertet wurden, ist rechtlich in keiner Weise zu beanstanden. Zutreffend hat der Promotionsausschuss hierbei auf das ganz erhebliche Ausmaß der Plagiate der Klägerin und das Gewicht der wissenschaftlichen Unredlichkeit abgehoben.
88 
Der Promotionsausschuss hat auch die Tatsache, dass seit der Verleihung des Doktorgrades und dessen Entziehung mehr als zehn Jahre vergangen waren, hinreichend berücksichtigt (zur Berücksichtigung des Zeitablaufs seit der Verleihung des Doktorgrades im Rahmen des Ermessens vgl. zuletzt VG Köln, Urteil vom 22.03.2012 - 6 K 6097/11 -, NWVBl. 2012, 366 und VG Köln, Urteil vom 06.12.2012 - 6 K 2684/12 -, juris). Der Faktor Zeitablauf ist zwar weder in dem Sitzungsprotokoll des Promotionsausschusses vom 14.06.2011 noch in dem ausführenden Bescheid des Dekans vom 22.06.2011 gesondert thematisiert worden, der Promotionsausschuss hat jedoch ausweislich des Sitzungsprotokolls intensiv über die Verhältnismäßigkeit einer Entziehung des Doktortitels diskutiert und ist nach Abwägung aller sachlichen und persönlichen Gesichtspunkte zur Auffassung gekommen, dass die Entziehung des Doktortitels nicht gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit verstoße. Da den Mitgliedern des Promotionsausschusses bekannt war, dass die Titelverleihung bereits im Jahr 2000 erfolgt war, und in der Sitzung am 14.06.2011 nach persönlicher Anhörung der Klägerin alle - dem Ausschuss bekannten - sachlichen und persönlichen Gesichtspunkte erörtert worden sind, ist ein Ermessensfehler dahingehend, dass ein Gesichtspunkt nicht beachtet worden wäre, nicht erkennbar. Die Frage, wie und mit welchem Gewicht dieser Gesichtspunkt des Zeitablaufs in die Ermessensentscheidung eingestellt wird, obliegt dem Ausschuss und entzieht sich der gerichtlichen Kontrolle (§ 114 VwGO). Für eine ermessensfehlerhafte Gewichtung bestehen insoweit keine Anhaltspunkte.
89 
Selbst wenn man davon ausginge, dass eine Berücksichtigung des Zeitablaufs zwischen Titelerteilung und Titelentzug mangels ausdrücklicher Erwähnung im Sitzungsprotokoll und in der Begründung des Ausgangsbescheids nicht in hinreichendem Maße stattgefunden und daher ursprünglich ein Ermessensfehler vorgelegen hätte, wäre dieser durch die in der Sitzung des Promotionsausschusses am 03.11.2011 getroffene Abhilfeentscheidung geheilt worden. Im Protokoll der Promotionsausschusssitzung vom 03.11.2011 heißt es - nachdem die Klägerin den zeitlichen Aspekt erstmals ausdrücklich in ihrer Widerspruchsbegründung geltend gemacht hatte - ausdrücklich: „Der Ausschuss kann außerdem nicht erkennen, dass sich Frau xxx Rechtsposition durch Zeitablauf verfestigt hätte. Unbeschadet seiner Auffassung, dass im Falle der Dissertation Frau xxx allein aufgrund der Quantität und der Qualität der Plagiate keine Nachbesserung in Betracht kommen kann, hält der Ausschuss die Nachbesserung eines bereits vor zehn Jahren veröffentlichten Buches nicht für vertretbar.“ Aufgrund dieser (nochmaligen) expliziten Befassung des Promotionsausschusses mit dem Zeitablauf und dessen Einstellung in die Ermessenserwägungen bedarf es keiner Entscheidung, ob - wie die Klägerin bestreitet - das Ermessen des Promotionsausschusses hinsichtlich der Entziehung des Doktorgrades auch durch die Widerspruchsentscheidung oder noch im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden kann (§ 114 Satz 2 VwGO).
90 
Der Einwand der Klägerin, der Promotionsausschuss hätte eine Nachbesserungsauflage als milderes Mittel vorsehen oder es bei einer wissenschaftlichen Rüge belassen müssen, weil der erhebliche Zeitablauf seit Abgabe der Dissertation zu einer Verfestigung ihrer rechtlichen Position führe, welcher nach Möglichkeit auf der Ebene des Auswahlermessens Rechnung zu tragen sei, und weil außerdem durch die öffentliche Debatte das Präventionsziel bereits erreicht sei, ist zurückzuweisen. Das (möglicherweise vorhandene) Vertrauen der Klägerin, der verliehene Grad werde ihr erhalten bleiben, steht dessen Entziehung nicht entgegen. Zum einen hindert ein Vertrauensschutz die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts, der keine Geld- oder Sachleistungen gewährt, grundsätzlich nicht, da § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG in solchen Fällen nicht gilt (§ 48 Abs. 3 LVwVfG). Im Übrigen wäre die Klägerin auch nach § 48 Abs. 2 LVwVfG nicht gegen eine Rücknahme der Begünstigung geschützt, da sie die Gradverleihung durch eine arglistige Täuschung bewirkt hat (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG). Arglist in diesem Sinne liegt vor, wenn die bewusste Irreführung darauf gerichtet war, auf den Erklärungswillen einer Behörde hinzuwirken. Sie ist damit bei einer vorsätzlichen Täuschung, wie sie der Klägerin hier vorzuwerfen ist, regelmäßig gegeben; Anhaltspunkte für das Gegenteil liegen nicht vor (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, juris).
91 
Der Promotionsausschuss hat sich auch in hinreichendem Maße mit der Frage befasst, ob mildere Maßnahmen unterhalb der Entziehung des Doktorgrades, etwa eine Nachbesserungsauflage, in Betracht kommen könnten, und sich damit im Rahmen seiner Ermessensausübung auseinandergesetzt. Der Hinweis der Klägerin auf zwei weitere Fälle an der Medizinischen Fakultät der Beklagten, in denen geringere Sanktionen als die Entziehung des Doktorgrades verhängt worden seien, hat für die Entscheidung des Promotionsausschusses der Philosophischen Fakultät im vorliegenden Verfahren keine Bedeutung.
92 
Der von der Klägerin erhobene Einwand, wonach gegen die Verfasser anderer Dissertationen, bei denen die gleichen Fehler vorlägen, nicht vorgegangen werde und woraus sich eine Verwaltungspraxis ergebe, die auch in ihrem Fall angewandt werden müsse, geht ebenfalls ins Leere. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten in vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit andere Maßstäbe angelegt hätte. Die Beklagte hat vielmehr dargelegt, dass es seit der Gründung der Philosophischen Fakultät im Jahr 2002 keine Fälle gegeben habe, in denen ein Entziehungsverfahren durchgeführt worden sei. Eine Ermessenbindung scheidet somit bereits mangels entsprechender Verwaltungspraxis aus. Die pauschalen Behauptungen der Klägerin, eine Vielzahl anderer Dissertationen sei ebenso fehlerhaft wie ihre eigene, sind im Übrigen rein spekulativ und bleiben daher ohne rechtliche Bedeutung.
93 
Dass Erst- und Zweitgutachter die ganz erheblichen Plagiate nicht schon bei der Annahme und bei der Bewertung ihrer schriftlichen Dissertation entdeckt haben, begründet für die Klägerin ebenfalls keinen Vertrauensschutz dahingehend, die elementaren Grundlagen wissenschaftlicher Arbeitstechniken missachten zu dürfen (BayVGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl 2007, 281; VG Freiburg, Urteil vom 23.05.2012 - 1 K 58/12 -, juris; VG Sigmaringen, Urteil vom 04.10.2007 - 8 K 1384/05 -, n.v.). Auch ein „Mitverschulden“ der Beklagten lässt sich daraus nicht konstruieren, da keine Verpflichtung der Beklagten bestand, sämtliche Dissertationen bereits bei ihrer Abgabe - unabhängig von einem Verdacht auf einen Verstoß gegen die allgemeinen Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens - auf derartige Verfehlungen hin zu kontrollieren (vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 04.10.2007 - 8 K 1384/05 -, S. 15 des Entscheidungsabdrucks).
94 
Die Aufforderung im Bescheid des Dekans vom 22.06.2011, die Promotionsurkunde zurückzugeben, sieht die Kammer nur als einen Hinweis und nicht als Regelung im Sinne eines Verwaltungsakts auf Rückgabe gemäß § 52 LVwVfG.
95 
II. Da der Widerspruchsbescheid vom 30.11.2011 - wie bereits ausgeführt - weder formell noch materiell zu beanstanden ist, bleibt auch der Hilfsantrag ohne Erfolg.
96 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
97 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO vorliegt.
98 
B E S C H L U S S
99 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Ziffer 18.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (DVBl. 2004, 1525) auf 15.000 EUR festgesetzt.
100 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
22 
Die zulässige Klage ist sowohl mit dem Hauptantrag (dazu unter I.) als auch mit dem Hilfsantrag (dazu unter II.) unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 und der Widerspruchsbescheid vom 30.11.2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
23 
I. Der Hauptantrag ist unbegründet.
24 
1. Die angegriffenen Verfügungen - der Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 (dazu unter a.) sowie der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.11.2011 (dazu unter b.) - sind formell ordnungsgemäß zustande gekommen.
25 
a. Der Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 ist formell rechtmäßig ergangen. Mit dem Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten hat das zuständige Organ der Fakultät über die Entziehung des Doktorgrades entschieden (aa.). Bei seiner am 14.06.2011 getroffenen Entscheidung war der Promotionsausschuss vorschriftsmäßig besetzt (bb.) und die Anwesenheit von Prof. Dr. F. und Frau St. in der Sitzung am 14.06.2011 führte nicht zur formellen Rechtswidrigkeit der Entscheidung (cc.). Schließlich war der Promotionsausschuss in seiner Sitzung am 14.06.2011 auch beschlussfähig (dd.).
26 
aa. Die Zuständigkeit für die Entziehung eines Doktorgrades liegt bei der Hochschule, die den Grad verliehen hat (§ 35 Abs. 7 Satz 2 LHG). Zuständiges Organ innerhalb der Hochschule hierfür ist der Promotionsausschuss der Beklagten, der in seiner Sitzung am 14.06.2011 über die Entziehung des Doktorgrades abschließend entschieden hat. In Ausführung dieses Beschlusses hat der Dekan der Philosophischen Fakultät als Vorsitzender des Promotionsausschusses den Bescheid vom 22.06.2011 erlassen.
27 
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Promotionsordnung der Universität Heidelberg für die Philosophische Fakultät und die neuphilosophischen Fakultät vom 22.09.2006 in der Fassung vom 24.05.2007 (im Folgenden: Promotionsordnung - PromO -) richtet sich die Entziehung des Doktorgrades nach den landesrechtlichen Bestimmungen. Soweit dort eine Zuständigkeitsregelung fehlt, ist der Promotionsausschuss zuständig (Satz 2). Die Zuständigkeit des Promotionsausschusses folgt hier aus § 22 Abs. 1 Satz 2, da die Promotionsordnung auf den vorliegenden Fall anzuwenden (dazu unter aaa.) und eine anderweitige Zuständigkeitsbestimmung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO nicht gegeben ist (dazu unter bbb.).
28 
aaa. Im vorliegenden Fall findet die Promotionsordnung und nicht etwa die frühere Fassung der Promotionsordnung der Universität Heidelberg für die Philosophisch-historische Fakultät, die Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaft und die Neuphilologische Fakultät vom 28.08.1989 ( - PromO a.F. -) Anwendung, nach deren § 10 Abs. 2 Satz 2 für die Entziehung des Doktorgrades, soweit eine Zuständigkeitsregelung fehlte, nicht der Promotionsausschuss, sondern der erweiterte Fakultätsrat zuständig war. Dies folgt daraus, dass sich die Rechtmäßigkeit der Entziehung eines Doktorgrades -und damit auch die Zuständigkeit des zur Entscheidung berufenen Gremiums -mangels anderweitiger Bestimmungen im Hochschulrecht als dem einschlägigen Fachrecht nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids richtet (ebenso unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HschR/NF 21A Nr. 19). Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids war die Promotionsordnung in Kraft, da sie auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage beruhte und formell rechtmäßig erlassen wurde.
29 
Die Promotionsordnung findet die Ermächtigung für ihren Erlass in § 38 Abs. 4 Sätze 1 und 2 LHG. Nach § 38 Abs. 4 Satz 1 LHG führt die Hochschule Promotionsverfahren auf der Grundlage einer Promotionsordnung durch, die vom Senat zu beschließen ist und der Zustimmung des Vorstandsvorsitzenden bedarf. Nach § 38 Abs. 4 Satz 2 LHG regelt die Promotionsordnung die weiteren Zulassungsvoraussetzungen, die Höchstdauer der Promotionszeit sowie die Durchführung des Promotionsverfahrens. Die Regelung der „Durchführung des Promotionsverfahrens“ umfasst sowohl die Entziehung des Doktorgrades als auch die Bestimmung des für die Durchführung des Promotionsverfahrens - und damit auch für die Entziehung -zuständigen Organs - hier des Promotionsausschusses.
30 
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte zur Frage der Ermächtigungsgrundlage für derartige Vorschriften einer Promotionsordnung zur Rechtslage nach dem Universitätsgesetz ausgeführt, Ermächtigungsgrundlage für Promotionsordnungen, in denen auch die Entziehung des Doktorgrades geregelt sei, sei § 54 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 und Nr. 9 des Universitätsgesetzes in der ursprünglichen Fassung vom 22.11.1977 (GBl. S. 473; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HschR/NF 21A Nr. 19). Nach § 54 Abs. 2 Satz 3, 1. Halbsatz UG i.d.F. 22.11.1977 bedurfte die vom Senat der Universität als Satzung zu beschließende Promotionsordnung der Zustimmung des Rektors. Der 2. Halbsatz der Vorschrift ordnete die entsprechende Geltung einzelner Vorschriften über Prüfungsordnungen, namentlich § 51 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 3 bis 7, 9 bis 13 UG, an. Zu diesen entsprechend anwendbaren Regelungen zählten insbesondere die Vorschriften über die Prüfungsorgane (§ 51 Abs. 2 Nr. 5 UG) sowie über die Folgen von Prüfungsverstößen (§ 51 Abs. 2 Nr. 9 UG), die demnach - so der Verwaltungsgerichtshof - auch im Rahmen einer Promotionsordnung geregelt werden dürften.
31 
Mit dem Landeshochschulgesetz wurde die Verweisung auf die Vorschriften über Prüfungsordnungen aufgegeben und stattdessen in § 38 Abs. 4 LHG eine eigenständige Regelung der Promotionsordnungen getroffen. Statt - wie bisher - die entsprechende Anwendbarkeit einzelner Regelungen zu statuieren, wurde in § 38 Abs. 4 Satz 2 LHG mit „Durchführung des Promotionsverfahrens“ ein weitreichender Oberbegriff eingeführt, der - abgesehen von den gesondert genannten Zulassungsvoraussetzungen sowie der Höchstdauer der Promotion - alle Verfahrensfragen umfasst. Dass auch die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsregeln Teil des Promotionsverfahrens sind und somit zu dessen Durchführung zählen, lässt sich bereits § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 UG entnehmen, der unter dem Begriff „Ablauf des Prüfungsverfahrens“ insbesondere den Beginn, die Gliederung, die Dauer des Prüfungsverfahrens, Prüfungstermine und die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften aufzählte. Auch die Gesetzesbegründung zum Landeshochschulgesetz stellt klar, dass durch die Neufassung des § 38 LHG und die eigenständige Regelung der Promotionsordnungen in dessen Absatz 4 keine inhaltliche Änderung vorgenommen werden sollte. Zu § 38 Abs. 4 LHG heißt es dort ausdrücklich, Absatz 4 entspreche inhaltlich dem bisherigen Recht von § 54 Abs. 2 Sätze 3 bis 5, Abs. 3 Satz 2 UG; die Neufassung umschreibe allerdings die Inhalte als Folge der Zielsetzungen der Novelle insbesondere in Satz 2 in anderer Weise (vgl. Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.10.2004, LT-Drs. 13/3640, S. 212). Die Zielsetzung des Landesgesetzgebers bei der Neufassung der Bestimmungen über die Promotion war es, die Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch intensive Betreuung der Doktoranden zu verbessern und dabei auf die bisherigen Detailvorgaben in § 54 Abs. 2 bis 4 UG zu verzichten (vgl. LT-Drs. 13/3640, S. 211).
32 
Die Promotionsordnung ist auch formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Der dazu gemäß § 38 Abs. 4 Satz 1 LHG berufene Senat der Beklagten hat die Promotionsordnung in seiner Sitzung am 19.06.2006 beschlossen. Bei dieser Senatssitzung war der zu diesem Zeitpunkt aus 19 Amts- und 20 Wahlmitgliedern bestehende Senat ordnungsgemäß besetzt und beschlussfähig. Insbesondere waren ausweislich des Protokolls der Senatssitzung am 19.06.2006 nur elf der insgesamt 39 Senatsmitglieder nicht anwesend, so dass keine Bedenken gegen die Beschlussfähigkeit des Senats bestehen. Die beiden bei der Sitzung des Senats ebenfalls anwesenden Gäste Frau Prof. Dr. J. und Herr Prof. Dr. Sch. waren jeweils zu anderen Tagesordnungspunkten geladen; Prof. Dr. W. war trotz seiner Nennung als Gast ausweislich der im Protokoll unter den Tagesordnungspunkte 11 und 12 angegebenen Erläuterungen aus gesundheitlichen Gründen an der Teilnahme verhindert. Mit seiner Unterschrift auf der Ausfertigung der Promotionsordnung am 22.09.2006 hat der damalige Rektor der Beklagten seine nach § 38 Abs. 4 Satz 1 LHG erforderliche Zustimmung zur Promotionsordnung erteilt. Zudem ist die Promotionsordnung entsprechend den Vorgaben des § 8 Abs. 6 Satz 1 LHG im Mitteilungsblatt des Rektors bekanntgemacht worden (vgl. Mitteilungsblatt des Rektors vom 25.09.2006, S. 749 ff.). Auch die nachfolgende, den § 22 PromO nicht betreffende Änderung der Promotionsordnung vom 24.05.2007 erfolgte wirksam durch den Beschluss des Senats vom 22.05.2007, die Zustimmungserteilung des Rektors vom 24.05.2007 und die nachfolgende Veröffentlichung im Mitteilungsblatt des Rektors (vgl. Mitteilungsblatt des Rektors vom 06.07.2007, S. 1765).
33 
bbb. Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 PormO war der Promotionsausschuss für die Entscheidung über die Entziehung des Doktorgrades zuständig. Denn es besteht keine vorrangige landesrechtliche Zuständigkeitsregelung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO, die den Rückgriff auf die subsidiäre Zuständigkeitsbestimmung des § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO und damit die Zuständigkeit des Promotionsausschusses ausschließen würde. Bei der allgemeinen Zuständigkeitsbestimmung des § 23 Abs. 3 Satz 1 LHG, wonach der Fakultätsvorstand für alle Fakultätsangelegenheiten im Sinne des § 22 Abs. 1 LHG zuständig ist, handelt es sich nicht um eine vorrangige Zuständigkeitsregelung. Dies folgt daraus, dass § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO unmittelbar Bezug nimmt auf Absatz 1 Satz 1, dessen Regelungsgegenstand ausschließlich die Entziehung des Doktorgrades ist. Nur wenn für diese spezielle Aufgabe - Entziehung des Doktorgrades - eine landesrechtliche Bestimmung bestünde, wäre diese vorrangig. So wäre etwa die frühere Regelung des Gesetzes über die Führung akademischer Grade vom 07.06.1939 (RGBl. I S. 985) i.V.m. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Führung akademischer Grade vom 21.07.1939 (RGBl. I S. 1326), welche nach 1945 als Landesrecht fortgalt und für die Entziehung des Doktorgrades die Zuständigkeit eines Rektor-Dekane-Ausschusses begründete (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54), eine derartige spezielle landesrechtliche Regelung, die in § 22 PromO gemeint ist. Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Regelung, wonach das Organ, das den Doktorgrad verleiht, auch über die Entziehung entscheidet. Denn in der Sache ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung vorlagen.
34 
bb. Der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät war bei seiner Entscheidung über die Entziehung des Doktorgrades der Klägerin auch vorschriftsmäßig besetzt. Die gewählten Mitglieder des Promotionsausschusses erfüllen die Anforderungen der Promotionsordnung (dazu unter aaa.); die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl der Ausschussmitglieder sind unerheblich (dazu unter bbb.).
35 
aaa. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 PromO werden die Mitglieder des Promotionsausschusses und je ein Stellvertreter vom Fakultätsrat für eine Amtszeit von zwei Jahren gewählt. Dass die Wahl des Promotionsausschusses hier anlässlich des Verfahrens der Klägerin am 13.04.2011 stattfand, ist nicht zu beanstanden. Die Amtszeit des zuvor am 25.10.2006 gewählten Promotionsausschusses war seit langem abgelaufen. Ob die Annahme der Beklagten zutreffend ist, dass die Mitglieder des Promotionsausschusses, solange kein neuer Promotionsausschuss gewählt worden ist, ihr Amt gemäß § 9 Abs. 2 LHG auch über mehrere Jahre hinweg weiterführen konnten, wenn kein neuer Promotionsausschuss gewählt wird, bedarf keiner Entscheidung. Aufgrund der bereits seit langem abgelaufenen Amtszeit der bisherigen Mitglieder des Promotionsausschusses bestand im April 2011 jedenfalls Anlass, den Promotionsausschuss neu zu wählen. Nach § 3 Abs. 3 PromO sind Mitglieder des Promotionsausschusses der Dekan oder ein Prodekan als Vorsitzender sowie vier weitere Hochschullehrer oder Privatdozenten der Fakultät, die hauptberuflich an der Universität Heidelberg tätig sind. Die vom Großen Fakultätsrat in seiner Sitzung am 13.04.2011 gewählten und am 14.06.2011 anwesenden Mitglieder des Promotionsausschusses erfüllen diese Voraussetzungen.
36 
bbb. Die von der Klägerin erhobenen Rügen gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses greifen nicht durch.
37 
Für derartige Einwände gegen die Rechtmäßigkeit von Gremienwahlen ist in der Verfahrensordnung der Beklagten ein gesondertes Verfahren vorgesehen. Nach § 14 Satz 1 der Verfahrensordnung muss der Einwand, Beschlüsse oder Wahlen seien nicht entsprechend dieser Verfahrensordnung zu Stande gekommen, spätestens bis zum Beginn der nächsten Sitzung (des betreffenden Gremiums) erhoben werden. Satz 3 regelt das anschließende Verfahren und bestimmt, dass, sofern der Einwand vom Gremium als berechtigt anerkannt wird, über die Angelegenheit erneut zu beraten und zu beschließen bzw. zu wählen ist. Damit soll sichergestellt werden, dass mögliche Verfahrensfehler einerseits zeitnah korrigiert werden können und andererseits die getroffenen Beschlüsse und durchgeführten Wahlen nach Ablauf der Frist (Beginn der nächsten Sitzung) Bestand haben. Dementsprechend hat die Beklagte die Stimmzettel zur Wahl des Promotionsausschusses in der dem 13.04.2011 nachfolgenden Sitzung des Großen Fakultätsrats vernichtet.
38 
Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl können darüber hinaus nicht - gleichsam als Vorfrage - im vorliegenden Rahmen der Anfechtung der Entziehungsverfügung geltend gemacht werden. Dies folgt aus dem in § 10 Abs. 5 LHG enthaltenen Rechtsgedanken sowie aus allgemeinen im Staats- und Verwaltungsrecht geltenden Grundsätzen.
39 
§ 10 Abs. 5 LHG lautet: „Ist die Wahl eines Gremiums oder einzelner Mitglieder eines Gremiums rechtskräftig für ungültig erklärt worden, so führt dieses Gremium in der bisherigen Zusammensetzung die Geschäfte bis zum Zusammentreten des auf Grund einer Wiederholungs- oder Neuwahl neugebildeten Gremiums weiter (Satz 1). Die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit dieser Mitglieder wird durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt (Satz 2). Satz 2 gilt bei einer fehlerhaften Besetzung von Gremien entsprechend (Satz 3).“ § 10 Abs. 5 Sätze 2 und 3 LHG treffen somit eine Regelung, die im Interesse der Rechtssicherheit dazu führt, dass die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit gewählter Mitglieder eines Gremiums der Universität, deren Wahl rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, durch die Ungültigkeit der Wahl oder durch sonstige Fehler, die zu einer fehlerhaften Besetzung des Gremiums führen, nicht berührt wird (ebenso zur früheren Regelung des § 109 Abs. 3 UG VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, juris).
40 
Gremium im Sinne dieser Vorschrift ist auch der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten (vgl. § 10 Abs. 1 LHG; ebenso § 1 der Verfahrensordnung der Beklagten). Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses müssen im vorliegenden Verfahren unbeachtet bleiben, denn erkennbare Zielsetzung des Landesgesetzgebers bei der Schaffung des früheren § 109 Abs. 3 UG, dessen Regelungen in § 10 Abs. 5 Sätze 1 und 2 LHG unverändert übernommen wurden (vgl. Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.10.2004, LT-Drs. 13/3640, S. 182), war es, Rechtssicherheit durch Anerkennung der Rechtsbeständigkeit der von den universitären Gremien geschaffenen Maßnahmen unabhängig von der etwaigen Fehlerhaftigkeit zugrundeliegender Wahlen zu schaffen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, juris). Dass dies auch die Intention des Landesgesetzgebers bei der Schaffung des Landeshochschulgesetzes war, wird daraus ersichtlich, dass neben der unveränderten Übernahme des § 109 Abs. 3 UG in § 10 Abs. 5 den Sätzen 1 und 2 LHG ein Satz 3 angefügt wurde, um - so die Begründung des Gesetzentwurfs - klarzustellen, dass die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit von Mitgliedern auch dann unberührt bleibt, wenn das Gremium aus anderen Gründen fehlerhaft besetzt sein sollte. Dies gelte insbesondere für die Amtsmitglieder eines Gremiums selbst, aber auch für vom Gremium gewählte Funktionsträger, z.B. für den Studiendekan und die Studienkommissionen sowie die Mitglieder von Prüfungsausschüssen usw. (vgl. LT-Drs. 13/3640, S. 182). Wird die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit der Mitglieder eines Gremiums sogar dann durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt, wenn diese Wahl rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, so muss dies erst recht dann gelten, wenn - wie hier - lediglich Einwände gegen die Gültigkeit der Wahlen erhoben werden (so schon zur Vorgängerregelung des § 109 Abs. 3 Satz 2 UG: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, juris).
41 
Darin liegt - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch kein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG, wonach die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht gebunden ist, denn die Unbeachtlichkeit derartiger Rügen ist Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes, wonach es die rechtliche Wirksamkeit staatlicher Rechtsakte nicht berührt, wenn die Wirksamkeit der Bestellung des handelnden Staatsorgans in Frage gestellt ist, solange diese Bestellung nicht in dem hierfür vorgesehenen Verfahren widerrufen oder für ungültig erklärt worden ist; auch dann wirkt der Widerruf oder die Ungültigkeiterklärung der Bestellung nur ex nunc. Das gilt im Staatsrecht für die Wahl der Landtage und des Deutschen Bundestages (BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 14 [38]; Entscheidung vom 11.10.1972 - 2 BvR 912/71 -, BVerfGE 34, 81 [95 f.]) und im Verwaltungsrecht für die Wahl der Kreistage und Gemeinderäte (BVerfG, Beschluss vom 11.11.1953 - 1 BvR 444/53 -, BVerfGE 3, 41 [44]; vgl. § 30 Abs. 3 Satz 2 GemO; § 21 Abs. 3 Satz 2 LKrO). In diesen Fällen besteht zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen demokratischen Willensbildung ein gesondertes Wahlprüfungsverfahren. Etwaige Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl sind ausschließlich in diesem Verfahren geltend zu machen.
42 
Dieser Grundsatz gilt aber nicht nur für gewählte Organe, sondern auch für ernannte Amtswalter, ohne dass es dort ein gesondertes Prüfungsverfahren gäbe. So hat die unerkannte Unwirksamkeit der Ernennung eines Beamten ebenso wenig Einfluss auf die Wirksamkeit seiner Amtshandlungen (§ 15 Satz 3 BBG; § 13 Abs. 4 Satz 1 LBG) wie die noch nicht rechtskräftig festgestellte Nichtigkeit der Ernennung eines Richters (§ 18 Abs. 3 DRiG) auf dessen Rechtsprechungstätigkeit. Auch gerichtliche Entscheidungen, an denen ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat, dessen Wahl nachträglich rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, werden hierdurch in ihrer Wirksamkeit nicht berührt (BVerwG, Beschlüsse vom 09.06.1987 - 9 CB 36.87 -, DVBl. 1987, 1112 und vom 03.09.1987 - 1 CB 39.87 -, Buchholz 310 § 26 VwGO Nr. 2).
43 
Diese Grundsätze entsprechen dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (vgl. BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 14 [38]; ebenso unter Hinweis auf die Konsequenzen einer abweichenden Auffassung VG Freiburg, Urteil vom 24.02.1996 - 10 K 1064/95 -, GewArch 1997, 423). Bei gewählten Hauptorganen öffentlich-rechtlicher Körperschaften dienen sie zudem dem Gebot, die jeweilige Körperschaft zu keiner Zeit ohne handlungsfähiges Organ zu lassen (vgl. Versteyl, in: von Münch/Kunig, GG Bd. I, 6. Aufl. 2012, Art. 41 GG Rn. 13; zum Ganzen eingehend VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.12.1997 - 9 S 2506/07 -, GewArch 1998, 164; StGH Bremen, Entscheidung vom 28.02.1984 - St 2/93 -, DVBl. 1994, 633; ebenso BGH, Urteil vom 17.12.1973 - II ZR 47/71 -, NJW 1974, 183 in Abgrenzung zur Rechtslage bei innerparteilichen Wahlen, die dem privaten Vereinsrecht unterliegen).
44 
Dieser Grundsatz findet vorliegend auch für die Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses Anwendung, da der Promotionsausschuss Vertretungsorgan der Fakultät (Gremium) im Rahmen des Promotionsverfahrens und als solches mit Ausübung von Hoheitsmacht beauftragt ist.
45 
Dem steht auch nicht die spezifische Aufgabe des Promotionsausschusses bei der Durchführung des Promotionsverfahrens bzw. im Verfahren der Entziehung des Doktorgrades entgegen. Der Einwand der Klägerin, eine abweichende Besetzung des Promotionsausschusses hätte Auswirkungen auf das Ergebnis der zu treffenden Ermessensentscheidung gehabt und sei deshalb in jeden Fall erheblich, trägt nicht. Die Tatsache, dass Ermessensentscheidungen von einem anderen Amts- oder Mandatsträger gegebenenfalls anders getroffenen würden, ist nicht ausschlaggebend, denn dies würde auch im Falle einer fehlerhaften Beamtenernennung durchgreifen, sofern der betreffende Beamte Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, die Ermessensentscheidungen beinhalten. Die Argumentation der Klägerin zielt in der Sache auf eine Gleichstellung des Promotionsausschusses mit einer aus mehreren Prüfern zusammengesetzten Prüfungskommission, welche hier jedoch abzulehnen ist.
46 
Richtig ist, dass die Bestellung eines Prüfers oder mehrerer Prüfer für eine bestimmte Prüfung für das Prüfungsergebnis grundsätzlich erhebliche Bedeutung hat, weil die prüfungsspezifischen Wertungen des Prüfers von seiner Einschätzung der Leistungen des Prüflings und ferner von seinen Erfahrungen hinsichtlich des für ein positives Prüfungsergebnis grundsätzlich vorauszusetzenden Leistungsniveaus abhängen (vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 362). Bei dem Promotionsausschuss handelt es sich jedoch nicht um eine Prüfungskommission, sondern vielmehr um einen Prüfungsausschuss, welcher keine Prüfungs- sondern Verwaltungsentscheidungen trifft (vgl. zur Begrifflichkeit und zur Unterscheidung Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 356). Dies folgt aus § 2 Abs. 3 PromO, wonach die Organe der jeweiligen Fakultät der Promotionsausschuss sowie eine vom Promotionsausschuss - für jedes Promotionsverfahren gesondert - eingesetzte Promotionskommission sind. Im Gegensatz zur Promotionskommission, die eine Leistungsbewertung vornimmt und damit Prüferaufgaben erfüllt, sorgt der Promotionsausschuss nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Promotionsordnung für den ordnungsgemäßen Ablauf des Promotionsverfahrens. Dass der Ausschuss als solches keine Prüfungskommission und seine Mitglieder keine Prüfer sind, folgt auch aus der Tatsache, dass Stellvertreter gewählt werden, bei verschiedenen Sitzungen des Promotionsausschusses demnach verschiedene und unterschiedlich viele Mitglieder bzw. deren Stellvertreter anwesend sind und der Promotionsausschuss auch ohne vollständige Anwesenheit aller Mitglieder beschlussfähig ist. Es ist vielmehr ausreichend, wenn sich die an der abschließenden Entscheidung teilnehmenden Ausschussmitglieder durch entsprechende Vorbereitung (Lektüre schriftlicher Unterlagen wie etwa der Synopse sowie der Protokolle vorangegangener Ausschusssitzungen) ein eigenes Bild von dem zu entscheidenden Fall gemacht haben. Diese durch die Konzeption des Promotionsausschusses und seine Verfahrensordnung bedingten personellen Wechsel in einem laufenden Verfahren wären für ein Prüfungsverfahren, zu dessen Durchführung einzelne Prüfer individuell zu bestimmen sind, nicht zulässig.
47 
Dem steht auch nicht entgegen, dass dem Promotionsausschuss bei der Entziehung des Doktorgrades ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich des Umfangs oder des Gewichts eines Plagiats und des Ausmaßes der damit verbundenen Schädigung der öffentlichen Interessen zusteht, weil die Beurteilung dieser Fragen durch die Satzungsregelung bewusst dem wissenschaftlichen Gremium der Fakultät zugewiesen ist, und diese Fragen „nach prüfungsrechtlichen Gesichtspunkten“ beantwortet werden müssen (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK- HSchR/NF 21A Nr. 19). Denn bei der Bewertung, ob ein Plagiat vorliegt, besteht kein prüfungsspezifischer Bewertungsspielraum; diese Beurteilung kann vielmehr durch jeden sachverständigen Dritten erfolgen (BVerwG, Beschluss vom 21.12.2006 - 6 B 102.06 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116; BayVGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl. 2007, 281; Schroeder, NWVBl. 2010, 177). Dementsprechend nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in der Sache - vergleichbar der Rechtsprechung zu den Täuschungsversuchen - eine vollständige Prüfung vor, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rücknahmeentscheidung vorliegen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19, und vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191). Schließlich kommt es nach der Rechtsprechung für die Beurteilung, ob der Verstoß gegen die Anforderungen wissenschaftlichen Arbeitens vorliegt, auch nicht auf die - allein durch Prüfer zu beurteilende - Frage an, ob die Arbeit ohne fehlerhafte Stellen noch eine promotionswürdige Leistung darstellt (vgl. VGH Baden- Württemberg, Urteil vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191; grundlegend dazu bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 - ESVGH 31, 54).
48 
Der Einwand der Klägerin, ihr stehe hinsichtlich der Wahl des Promotionsausschusses weder ein Wahlprüfungsverfahren noch ein ähnliches Verfahren zu, in dem sie ihre Rügen gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl geltend machen könne, hindert die Anwendbarkeit des § 10 Abs. 5 LHG sowie der genannten Grundsätze zur rechtlichen Wirksamkeit staatlicher Rechtsakte nicht. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob die Klägerin als Nichtmitglied der Fakultät gemäß § 14 der Verfahrensordnung Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl des Promotionsausschusses hätte erheben können, denn die Geltung dieses allgemeinen Grundsatzes ist - wie bereits ausgeführt - nicht generell davon abhängig, dass dem durch einen staatlichen Hoheitsakt Betroffenen tatsächlich ein Rechtsbehelf gegen die Bestellung eines Amtsträgers oder die Wahl eines Gremiums zusteht, auf den er verwiesen werden kann. Ein solcher Rechtsbehelf ist etwa auch gegen die Bestellung eines Beamten oder die Ernennung eines Richters nicht gegeben. Ebenso wenig sieht § 10 Abs. 5 LHG die Möglichkeit für Außenstehende vor, sich gegen die Wahl eines Gremiums zu wenden und ordnet gleichwohl, sogar über den Zeitpunkt der gerichtlichen Feststellung der Ungültigkeit der Wahl hinaus, die Wirksamkeit der Entscheidungen dieser Gremien an.
49 
Schließlich spricht auch das Gebot der Rechtssicherheit von Prüfungsentscheidungen (vgl. dazu nur Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 56 ff.) dafür, dass der oben genannte Grundsatz auch auf den Promotionsausschuss Anwendung finden muss, denn wenn - wie die Klägerin meint - Fehler bei der Wahl der Ausschussmitglieder zur Rechtswidrigkeit der getroffenen Entscheidungen des Promotionsausschusses führen würden, könnte bis zur ordnungsgemäßen Neuwahl kein rechtmäßiges Promotionsverfahren durchgeführt werden, und auch die Verleihung von Doktorgraden an Doktoranden wäre rechtswidrig.
50 
Daraus folgt, dass die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl des Promotionsausschusses - namentlich im Hinblick auf die Einberufung der Sitzung des Großen Fakultätsrats am 13.04.2011, die nachträgliche Ergänzung der Tagesordnung um TOP 7, die Geheimheit der Wahl sowie das Verfahren der Blockwahl - im vorliegenden Verfahren ohne Belang und somit nicht zu überprüfen sind. Es bedarf deshalb auch nicht der von der Klägerin schriftsätzlich beantragten Beweiserhebung dazu, wie die Einberufung der Sitzung, die Ergänzung der Tagesordnung sowie die Durchführung der Wahl am 13.04.2011 vonstattengegangen sind.
51 
Schließlich ist auch der Einwand der Klägerin, mit dem Großen Fakultätsrat habe - mangels ordnungsgemäßer Einsetzung desselben - das falsche Gremium die Wahl des Promotionsausschusses vorgenommen, nach den oben genannten Grundsätzen unbeachtlich, denn auch die Frage, in welcher Zusammensetzung ein Gremium die Wahl eines Ausschusses vornimmt, betrifft die Rechtmäßigkeit der Wahl und ist daher im vorliegenden Verfahren unerheblich. Der Grundsatz gilt nicht nur für die konkrete Wahlhandlung, sondern ebenso für die der eigentlichen Wahl vorangehende Zusammensetzung des wählenden Gremium, hier des Großen Fakultätsrats, denn diese ist - als Vorfrage der eigentlichen Wahlhandlung - vergleichbar mit der Ungültigkeit von Wahlgesetzen (vgl. dazu BVerfG, Entscheidung vom 11.10.1972 - 2 BvR 912/71 -, BVerfGE 34, 81 [95 f.]) oder der Tatsache, dass die Legislaturperiode eines Parlaments bereits beendet ist (vgl. dazu grundlegend auch schon BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 18, [34]).
52 
Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob in den Fällen etwas anderes gelten muss, in denen ein offensichtlich unzuständiges Gremium eine Wahl vornimmt, zu der ein anderes Gremium berufen gewesen wäre, denn so liegt der Fall hier nicht. Selbst wenn die Einrichtung eines Großen Fakultätsrates durch die Philosophische Fakultät den gesetzlichen oder den in § 16 Abs. 1 der Grundordnung der Beklagten aufgestellten Anforderungen nicht genügen sollte, betrifft dies lediglich die Art und Weise der Zusammensetzung des Fakultätsrats der Beklagten. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei dem Großen Fakultätsrat nicht um ein völlig anderes Gremium, sondern lediglich um eine abweichende, nämlich umfangreichere Besetzung des Fakultätsrats. Dies lässt sich bereits aus § 25 LHG und § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LHG ersehen, denn dort wird „Fakultätsrat“ als Oberbegriff für das jeweilige kollegiale Vertretungsgremium der Fakultät verwendet, unabhängig davon, ob dieses einfach (§ 25 Abs. 2 LHG) oder aber als Großer Fakultätsrat (§ 25 Abs. 3 LHG) zusammengesetzt ist. Auch die Regelung in § 3 Abs. 2 der Promotionsordnung, die ausweislich des Protokolls des erweiterten Fakultätsrats in seiner Sitzung am 16.02.2005 vorberaten (vgl. TOP 16) und am 19.09.2006 vom Senat beschlossen wurde, sieht vor, dass „der Fakultätsrat“ den Promotionsausschuss wählt. Angesichts der Tatsache, dass die Fakultät - nach Auffassung der Beklagten - bereits am 16.02.2005 ihr Vertretungsorgan als Großen Fakultätsrat konstituierte, ist auch „Fakultätsrat“ im Sinne des § 3 Abs. 2 Promotionsordnung als Oberbegriff für die jeweilige Zusammensetzung des Fakultätsrat zu verstehen.
53 
cc. Die Tatsache, dass Herr Prof. Dr. F. und Frau St. an der Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 teilnahmen, führt ebenfalls nicht zur formellen Fehlerhaftigkeit des Ausgangsbescheids, da die Anwesenheit der beiden Personen nach der anzuwendenden Verfahrensordnung nicht zu beanstanden ist.
54 
Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 LHG tagen die Gremien - mit Ausnahme der Angelegenheiten nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2, 12 bis 14 LHG - nicht öffentlich. Dementsprechend ordnet auch § 4 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung der Beklagten die Nichtöffentlichkeit der Gremiensitzungen an. Neben den Gremienmitgliedern können nach den Regelungen der Verfahrensordnung jedoch auch weitere Personen an der nichtöffentlichen Sitzung teilnehmen. So kann der Vorsitzende des jeweiligen Gremiums gemäß § 3 Abs. 3 der Verfahrensordnung Bedienstete seines Verwaltungsbereichs zur Unterstützung hinzuziehen und ihnen den Vortrag zu einzelnen Tagesordnungspunkten übertragen. Die hier in Rede stehende Hinzuziehung von Sachverständigen ist in § 3 Abs. 2 und in § 6 Abs. 1 der Verfahrensordnung geregelt. Nach § 3 Abs. 2 prüft der Vorsitzende bei der Aufstellung der vorläufigen Tagesordnung, zu welchen Tagesordnungspunkten Sachverständige und/oder Auskunftspersonen beratend hinzugezogen und geladen werden sollen. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung ist erster Punkt der Tagesordnung deren Feststellung. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist mit der Feststellung der Tagesordnung über die Zuziehung von Sachverständigen und Auskunftspersonen Beschluss zu fassen. Eine Hinzuziehung dritter Personen ist auch im Falle des nach § 3 Abs. 5 Satz 1 Promotionsordnung nichtöffentlich tagenden Promotionsausschusses zulässig, da es sich bei diesem um ein Gremium im Sinne der Verfahrensordnung und im Sinne des Landeshochschulgesetzes handelt. Insbesondere handelt es sich - wie bereits ausgeführt - nicht um eine Prüfungskommission und bei seinen Mitgliedern nicht um Prüfer. In der Sitzung am 14.06.2011 fand dementsprechend auch keine (mündliche) Prüfung, sondern vielmehr eine persönliche Anhörung der Klägerin sowie anschließend eine Beratung und Beschlussfassung statt. Die strengen prüfungsrechtlichen Vorgaben - auf die die Klägerin wiederholt hingewiesen hat und nach denen die Teilnahme eines Dritten an der Beratung einer Prüfungskommission zu einem Verfahrensfehler führt, der die Prüfungswiederholung erfordert (vgl. dazu SächsFG, Urteil vom 31.05.2011, - 2 K 243/10 -, DVBl. 2012, 64-66; BFH, Urteil vom 18.09.2012 - VII R 41/11 -, DStR 2013, 430) - finden somit hier keine Anwendung. Daher bedarf es - anders als die Klägerin meint - auch keiner Differenzierung zwischen der in der Sitzung am 14.06.2011 erfolgten Anhörung, Beratung und Beschlussfassung.
55 
Die Voraussetzungen, die die Verfahrensordnung an die wirksame Hinzuziehung von Sachverständigen stellt, sind im vorliegenden Fall erfüllt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine ausdrückliche Beschlussfassung über die Zuziehung nicht geboten, vielmehr genügt auch ein konkludenter Beschluss den Anforderungen. Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensordnung. Danach ist „mit der Feststellung der Tagesordnung“ über die Hinzuziehung von Sachverständigen Beschluss zu fassen ist. Dies ist so zu verstehen, dass durch die Feststellung der Tagesordnung durch den Ausschuss die vorangegangene Entscheidung des Vorsitzenden nach § 3 Abs. 2 Verfahrensordnung, die sich bereits in der Ladung der Sachverständigen ausdrückt, gebilligt wird. Der Beschluss über die Hinzuziehung und die Feststellung der Tagesordnung fallen in einen Akt zusammen. Dies ergibt sich insbesondere auch aus dem Vergleich mit dem 1. Halbsatz des § 6 Abs. 2 Satz 2 der Verfahrensordnung, wo es in Bezug auf die Änderung der vorläufigen Tagesordnung ausdrücklich heißt: „Über diese Anträge istgesondert zu beschließen.“ Im Übrigen sieht die Verfahrensordnung die konkludente Beschlussfassung bei Anträgen zur Geschäftsordnung (im Gegensatz zu Anträgen zur Sache) in § 7 Abs. 3 Sätze 4 und 5 ausdrücklich vor. Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 der Verfahrensordnung ist über Anträge zur Geschäftsordnung nach der Begründung durch den Antragsteller und einer begründeten Gegenrede sofort abzustimmen. Erfolgt keine Gegenrede, ist der Antrag angenommen (Satz 5). Unabhängig davon, ob der Antrag, Sachverständige zu einem Tagesordnungspunkt zuzuziehen, ein solcher Antrag zur Geschäftsordnung ist und damit § 7 Abs. 3 Satz 5 Verfahrensordnung unmittelbar Anwendung findet, oder ob die Verfahrensfragen betreffend der Hinzuziehung von Sachverständigen in § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 Satz 2 der Verfahrensordnung speziell und abschließend geregelt sind, lässt sich aus diesen Regelungen ersehen, dass eine konkludente Beschlussfassung grundsätzlich möglich ist.
56 
Nicht zuletzt spricht auch Sinn und Zweck der Nichtöffentlichkeit der Gremiensitzung dafür, die konkludente Beschlussfassung über die Hinzuziehung von Sachverständigen ausreichen zu lassen. Ausweislich der Gesetzbegründung wurde die mit dem Landeshochschulgesetz 1973 erstmals eingeführte Regelung der Nichtöffentlichkeit der universitären Gremiensitzungen vorgesehen, um eine sachgerechte Beratung zu ermöglichen und die häufig von einer sogenannten aktiven Öffentlichkeit ausgehenden Störungen zu unterbinden (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hochschulgesetzes vom 22.05.1973, LT-Drs. 6/2520, S. 39 f.). Selbst wenn dieser ursprüngliche Zweck der Nichtöffentlichkeit im Falle des Promotionsausschusses ergänzt wird durch die Schutzinteressen des betroffenen Promovenden, hier der Klägerin, dient die Nichtöffentlichkeit in erster Linie der sachgerechten Ausschussarbeit. Sind sich die Ausschussmitglieder über die Mitwirkung bestimmter Sachverständiger in der konkreten Sitzung ersichtlich einig, liegt eine Störung der Sitzungsarbeit nicht vor.
57 
Die Hinzuziehung der durch den Ausschussvorsitzenden mit Erstellung der Tagesordnung geladenen Sachverständigen Prof. Dr. F. und Frau St. in der Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 wurde durch das Vorgehen des Ausschussvorsitzenden und der sonstigen Mitglieder des Promotionsausschusses erkennbar konkludent beschlossen. Bereits in der ersten Sitzung des Promotionsausschusses am 13.04.2011 wurde - ohne expliziten Beschluss - ein Einvernehmen aller Ausschussmitglieder dahingehend erzielt und entsprechend im Protokoll vermerkt, dass der Ausschuss eng mit der Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, deren Ombudsmann für die Geisteswissenschaften, der Rechtsabteilung und dem Rektorat zusammenarbeiten werde. Zu den nachfolgenden Sitzungen des Promotionsausschusses wurden dementsprechend auch Prof. Dr. F., der Ombudsmann der Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, und Frau St., die Leiterin des Dezernats 1 (Recht und Gremien) der Zentralen Universitätsverwaltung, geladen. Zu Beginn der jeweiligen Sitzung vor dem Beschluss über die Tagesordnung - und so auch am 14.06.2011 - wurden die beiden Sachverständigen namentlich durch den Ausschussvorsitzenden begrüßt und dieser dankte den beiden für ihre Unterstützung. Gegen dieses Vorgehen erhob sich kein Widerspruch von Ausschussmitgliedern und auch die Klägerin und deren damalige Bevollmächtigte, die zumindest am ersten Teil der Ausschusssitzung am 14.06.2011 teilgenommen hatten, wandten sich nicht gegen die Teilnahme der beiden Sachverständigen. Dieses Vorgehen bringt eindeutig zum Ausdruck, dass die beiden als Sachverständige hinzugezogen wurden.
58 
Da hier die Hinzuziehung der beiden Sachverständigen nach der Verfahrensordnung fehlerfrei erfolgt ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Anwesenheit von Dritten, deren Zuziehung nicht beschlossen wurde, zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Promotionsausschusses führt oder ob ein solcher Verfahrensfehler unbeachtlich ist, da allein die stimmberechtigte Mitwirkung, die den Ausschussmitgliedern vorbehalten und nur von diesen ausgeübt worden ist, entscheidend ist (in diese Richtung wohl VGH, Urteil vom 09.07.1996 - 9 S 1048/94 -, juris, wonach die stimmberechtigte Mitwirkung von externen Gutachtern an einem Habilitationsverfahren unzulässig sei).
59 
dd. Der Promotionsausschuss war in seiner Sitzung am 14.06.2011 auch beschlussfähig. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung ist das Gremium beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte derjenigen Mitglieder anwesend ist, die hinsichtlich der zur Beschlussfassung aufgerufenen Angelegenheit Stimmrecht besitzen, und die Sitzung ordnungsgemäß geleitet wird.
60 
Unabhängig davon, dass hier - wie bereits ausgeführt - ein ausreichender Beschluss über die Hinzuziehung von Sachverständigen und somit schon kein Verfahrensfehler vorlag, würde ein einfacher Fehler bei der Verfahrensgestaltung auch nicht die ordnungsgemäße Sitzungsleitung beseitigen. In der Verfahrensordnung der Beklagten ist nicht näher definiert, was unter „ordnungsgemäßer Sitzungsleitung“ im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 zu verstehen ist. Bei der Auslegung des Begriffes sind jedoch die Regelungen des § 5 der Verfahrensordnung (Leitung der Sitzung) zu berücksichtigen. Nach § 5 Satz 1 der Verfahrensordnung eröffnet, leitet und schließt der Vorsitzende die Sitzung. Nach Satz 3 dieser Vorschrift trifft er alle notwendigen Maßnahmen und Entscheidungen für einen geordneten Sitzungsablauf. Nach Satz 4 stellt er vor Eröffnung der Sitzung sowie gegebenenfalls jederzeit die Beschlussfähigkeit fest und legt - nach Satz 5 - im Zweifelsfall die Verfahrensordnung aus. Dadurch, dass dem Vorsitzenden die Sitzungsleitung - einschließlich der Klärung von Verfahrensfragen - obliegt, wird deutlich, dass nicht jeder einfache Verfahrensfehler die ordnungsgemäße Sitzungsleitung aufhebt, sondern lediglich solche Situationen, in denen die Leitungsfunktion des Vorsitzenden durch Störungen vollständig aufgehoben wird. So läge der Fall - selbst wenn die Hinzuziehung der Sachverständigen unterblieben wäre - hier ersichtlich nicht.
61 
Sonstige Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheids sind nicht ersichtlich. Die Klägerin wurde zu der beabsichtigten Maßnahme im Vorfeld angehört und der Verwaltungsakt wurde auch ordnungsgemäß begründet.
62 
b. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.11.2011 lässt ebenfalls keine formellen Rechtsfehler erkennen. Mit Frau Prof. Dr. N. hat die als Prorektorin für Studium und Lehre der Beklagten für die Widerspruchsentscheidung zuständige Amtsträgerin über den Widerspruch entschieden (dazu unter aa.). Die Zweifel der Klägerin an der Aufgabenteilung innerhalb des Rektorats der Beklagten sind in der Sache unberechtigt (dazu unter bb.) und würden - selbst für den Fall, dass sie berechtigt wären - im Ergebnis nicht zu einem formellen Mangel des Widerspruchsbescheids führen (dazu unter cc.).
63 
aa. Für die Entscheidung über Widersprüche im Entziehungsverfahren enthält die Promotionsordnung keine Regelung. Insoweit verbleibt es bei den gesetzlichen Vorgaben aus § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG, nach denen die Entscheidung über Widersprüche in Prüfungsangelegenheiten dem für die Lehre zuständigen Mitglied des Vorstands, vorliegend der Prorektorin für Studium und Lehre, obliegt. Diese Zuständigkeit für Hochschulprüfungen erfasst grundsätzlich auch Promotionen und damit auch deren Entziehung als „actus contrarius“, da es sich bei Promotionen um Hochschulprüfungen handelt (zum Universitätsgesetz VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54 und vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19 sowie - ohne weitere Begründung - auch zur Rechtslage nach dem Landeshochschulgesetz zuletzt VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.09.2011 - 9 S 2667/10 -, VBlBW 2012, 180).
64 
Dem steht nicht entgegen, dass die Entscheidung, einen akademischen Grad zu entziehen, keine genuin prüfungsrechtliche Entscheidung ist, deren Gegenstand die Bewertung von Prüfungsleistungen ist. Denn der Begriff „Angelegenheiten, die Hochschulprüfungen betreffen“ - so die Formulierung des § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG - ist umfassender zu verstehen. Er betrifft nicht nur reine Prüfungsentscheidungen, sondern beinhaltet auch die Entziehung eines Titels als actus contrarius zu dessen Verleihung. Nichts anderes folgte für den Anwendungsbereich des § 11 Abs. 3 Satz UG aus der Gesetzbegründung, wonach der Entscheidungsspielraum des - damals noch zur Widerspruchsentscheidung berufenen - Präsidenten sich auf die Kontrolle des Prüfungsverfahrens und damit im wesentlichen auf eine Rechtskontrolle beschränke, da er in den Beurteilungsspielraum der Prüfer nicht eingreifen dürfe (LT-Drs. 7/2041, S. 141; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54). Auch der Hinweis der Klägerin auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21.11.2011 (14 B 1257/11, juris), wonach die Feststellung eines Täuschungsversuchs weder eine pädagogisch-wissenschaftliche Entscheidung noch eine Beurteilung von Prüfungsleistungen sei, mag zutreffen, hat jedoch für die Auslegung des § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG keine Relevanz, da dort eben nicht nur Prüfungsentscheidungen im Sinne einer Beurteilung von Prüfungsleistungen, sondern Angelegenheiten, die Hochschulprüfungen betreffen, erfasst sind.
65 
Die Auffassung der Klägerin, wonach jedenfalls seit Geltung des Landeshochschulgesetzes die Entziehungsentscheidung nicht (mehr) unter § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG falle, da die noch in § 54 Abs. 2 UG enthaltene entsprechende Anwendbarkeit der Regelungen über Prüfungsordnungen auch auf die Promotionsordnung nicht mehr bestehe, es sich bei der Promotionsordnung somit nicht um eine Prüfungsordnung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 LHG handele und aus § 8 Abs. 2 Satz 2 LHG folge, dass die Widerspruchsbefugnis des Prorektors für Lehre nur „echte Prüfungen“ betreffe, ist nicht zutreffend. Dass es sich auch nach der Rechtslage unter Geltung des Landeshochschulgesetzes, in dem die Promotion in § 38 eine eigenständige von den sonstigen Prüfungen losgelöste Regelung gefunden hat, bei der Promotion weiterhin um eine Hochschulprüfung - und damit bei der Titelentziehung um eine Angelegenheit, die Hochschulprüfungen betrifft - handelt, folgt bereits aus der systematischen Stellung des § 38 LHG im Dritten Teil des Landeshochschulgesetzes, der mit „Studium, Lehre und Prüfungen“ überschrieben ist. Dementsprechend handelt es sich bei der Promotionsordnung um eine spezielle Prüfungsordnung, die in § 38 Abs. 4 LHG gesondert geregelt ist. In Kenntnis der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zur Zuständigkeit für die Widerspruchsentscheidung hinsichtlich der Entziehung des Doktorgrades, hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 8 Abs. 2 LHG die Entscheidungen über Widersprüche vom Rektor auf das Vorstandsmitglied für Lehre delegiert; ansonsten war keine Änderung der Rechtslage zum Universitätsgesetz beabsichtigt (vgl. Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.10.2004, LT-Drs. 13/3640, S. 179). Da die Entziehungsentscheidung somit bereits in den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG fällt, sind die gegen eine analoge Anwendung dieser Vorschrift vorgebrachten Einwände der Klägerin ohne Belang.
66 
Nach den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen (Sonderprotokoll der Rektoratsbesprechung vom 29.04.2009; Auszug aus dem Protokoll der Rektoratsbesprechung vom 29.04.2009; Erklärung der persönlichen Referentin des Rektors vom 19.02.2013 zur Protokollführung des Rektorats; Vorlage des Rektors an den Senat vom 05.05.2009; Protokoll der öffentlichen Senatssitzung am 12.05.2009; Protokoll der Sitzung des Universitätsrates am 06.07.2009 sowie Protokoll der Rektoratsbesprechung vom 21.04.2010) besteht kein Zweifel daran, dass Frau Prof. Dr. N. seit dem 01.04.2010 - und damit auch zum Zeitpunkt des Ergehens der Widerspruchsentscheidung am 30.11.2011 - das Amt der Prorektorin für Studium und Lehre der Beklagten inne hatte.
67 
bb. Die Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen Prorektoren innerhalb des Rektorats erfolgte - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch entsprechend den Vorgaben des § 16 Abs. 2 Satz 1 LHG. Danach legt der Vorstand auf Vorschlag des Vorstandsvorsitzenden eine ständige Vertretung und bestimmte Geschäftsbereiche für seine Mitglieder fest, in denen sie die Geschäfte der laufenden Verwaltung in eigener Zuständigkeit erledigen.
68 
Ausweislich des Sonderprotokolls zur Rektoratssitzung am 29.04.2009 wurde im Rahmen dieser Sitzung die bevorstehende Prorektorenwahl und die inhaltliche Festlegung der Prorektorate besprochen. Dabei wurde auf Vorschlag des Rektors die Geschäftsverteilung der Prorektoren beschlossen, wonach die designierte Prorektorin Prof. Dr. N. ab dem 01.04.2010 das Prorektorat Studium und Lehre übernehmen solle. Sowohl ein Vorschlag des Rektors als auch ein gesonderter Beschluss des Rektorats lagen somit vor. Dementsprechend wurde Frau Prof. Dr. N. in der Folge durch den Senat „als“ Prorektorin für Studium und Lehre gewählt und der Universitätsrat erteilte seine Zustimmung zu dieser Wahl. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Vorschlag des Rektors und die Beschlussfassung des Rektorats zu einem Zeitpunkt ergingen, als die beiden neuen Prorektoren - Herr Prof. Dr. So. und Frau Prof. Dr. N. - noch nicht gewählt waren. § 16 Abs. 2 Satz 1 LHG ist nicht zu entnehmen, dass bei jeder personellen Veränderung innerhalb des Rektorats, die aufgrund der unterschiedlichen Amtszeiten von Rektor und Prorektoren (vgl. § 17 Abs. 2 und § 18 Abs. 2 LHG) häufiger auftreten, ein erneuter Beschluss erforderlich wäre. Sofern lediglich einzelne Personen ausgetauscht werden, ist dafür kein sachliches Bedürfnis erkennbar.
69 
cc. Zudem könnte die Klägerin etwaige Fehler bei der Bestellung der Prorektorin für Studium und Lehre im vorliegenden Verfahren ebenfalls nicht rügen. Denn auch für den einzelnen Amtsträger - wie hier die Prorektorin für Studium und Lehre - gilt, dass er, solange seine Bestellung nicht rechtskräftig zurückgenommen ist oder ihre Nichtigkeit festgestellt wird, wirksam handeln kann. Auch für die Bestellung eines Amtsträgers gelten die bereits ausgeführten Grundsätze zur rechtlichen Wirksamkeit staatlicher Rechtsakte (vgl. dazu nur VGH, Urteil vom 02.12.1997, a.a.O., m.w.N.). So hat auch der Staatsgerichtshof Bremen in Bezug auf die fehlerhafte Wahl eines Regierungsmitglieds folgende Ausführungen gemacht:
70 
„Die Frage, welche rechtlichen Auswirkungen die Ungültigkeit der Wahl eines Regierungsmitgliedes auf die Amtshandlungen dieses (Senats-) Mitglieds und auf diejenigen des Gesamtsenats hat, ist nicht ausdrücklich geregelt. Gesetzlich bestimmt ist hingegen, dass Amtshandlungen eines Beamten, dessen Ernennung nichtig war, oder zurückgenommen worden ist, in gleicher Weise gültig sind, wie wenn sie ein wirksam ernannter Beamter ausgeführt hätte (§ 16 Abs. 2 Satz 1 BremBeamtenG; § 14 Abs. 1 Satz 1 BBG). In der Rechtsprechung ist ferner anerkannt, dass gerichtliche Entscheidungen, an denen ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat, dessen Wahl nachträglich rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, hierdurch in ihrer Wirksamkeit nicht berührt werden (BVerwG, Beschluss vom 09.06.1987, Buchholz 310 § 26 Nr. 1 VwGO; Beschluss vom 03.09.1987, Buchholz, aaO, Nr. 2). In diesem Zusammenhang ist schließlich beachtlich, dass alle Entscheidungen, an denen ein Abgeordneter mitgewirkt hat, dessen Wahl später im Wahlprüfungsverfahren für ungültig erklärt wurde, als ordnungsgemäß zustande gekommen angesehen werden, und dass sogar die Maßnahmen und Beschlüsse des Parlamentes, das ungültig gewählt war (vgl. dazu HbgVerfG, DVBl. 1993, 1073) oder dessen Legislaturperiode bereits beendet war (BVerfGE 1, 14, 38), in ihrem Rechtsbestand und in ihrer Verbindlichkeit durch ein nachträgliches Gerichtsurteil nicht in Frage gestellt werden. Dies ist Ausdruck des im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Grundsatzes der Rechtssicherheit. Das Gebot der Rechtssicherheit kann in Fällen vorliegender Art nur zu dem Ergebnis führen, dass Amtshandlungen eines Regierungsmitgliedes, dessen Wahl später für ungültig erklärt wird, ebenso Bestand haben wie Entscheidungen anderer Amtsträger, deren Wahl oder Ernennung unwirksam ist. Was für Entscheidungen gilt, die das Regierungsmitglied in eigener Zuständigkeit getroffen hat, muss erst recht für die Amtshandlungen gelten, die es zusammen mit seinen Amtskollegen im Senat vorgenommen hat. Daraus folgt, dass die Ungültigkeit einer Senatorenwahl nicht die Wirksamkeit von Amtshandlungen berührt, die das unwirksam gewählte Senatsmitglied oder unter seiner Mitwirkung der Senat als Kollegialorgan bis zur Feststellung der Wahlungültigkeit durch den Staatsgerichtshof vorgenommen hat.“ (StGH Bremen, Entscheidung vom 28.02.1994 - St 2/93 -, DVBl. 1994, 633 zur Wahl eines Regierungsmitglieds, dem die gesetzliche Wählbarkeitsvoraussetzung fehlte).
71 
Dies würde - selbst wenn der Beklagten ein formeller Fehler bei der Bestellung unterlaufen wäre - auch für deren Prorektorin für Studium und Lehre gelten.
72 
2. Die Entziehung des Doktorgrades ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Entziehung des Doktorgrades zu Recht auf die Ermächtigungsgrundlage des § 48 LVwVfG gestützt (dazu unter a.). Dessen Tatbestandvoraussetzungen lagen vor (dazu unter b.) und auch die Ermessensausübung ist nicht zu beanstanden (dazu unter c.).
73 
a. Die Entziehung des Doktorgrades findet ihre erforderliche Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (vgl. zur unbedenklichen Anwendbarkeit dieser Rücknahmeregelung beim Entzug des Doktorgrades, BVerwG, Beschluss vom 20.10.2006 - 6 B 67.06 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116). Die Promotionsordnung enthält keine speziellere Regelung. In § 22 Abs. 1 Satz 1 PromO ist lediglich bestimmt, dass sich die Entziehung des Doktorgrades nach den landesrechtlichen Bestimmungen richtet. § 21 Abs. 1 PromO scheidet als Rechtsgrundlage aus, weil diese Bestimmung nur die hier nicht gegebene Fallkonstellation regelt, dass sich noch vor der Aushändigung der Doktorurkunde ergibt, dass der Bewerber oder die Bewerberin über eine Zulassungsvoraussetzung getäuscht oder dass wesentliche Zulassungsvoraussetzungen irrigerweise als gegeben angenommen worden sind, oder wenn Tatsachen bekannt werden, die nach Landesrecht eine Entziehung des Doktorgrades rechtfertigen würden. Gleiches gilt für § 21 Abs. 2 PromO, der den Fall betrifft, dass sich vor Aushändigung der Doktorurkunde ergibt, dass der Bewerber oder die Bewerberin bei einer Promotionsleistung getäuscht hat. Schließlich ist in § 35 Abs. 7 LHG zwar eine spezialgesetzliche Regelung für die Entziehung akademischer Grade für den Fall enthalten, dass sich der Inhaber durch sein späteres Verhalten der Führung des Grades als unwürdig erwiesen hat. Diese Regelung schließt jedoch den Rückgriff auf die allgemeinen Rücknahmevorschriften in anderen Fallkonstellationen nicht aus, wie sich bereits aus der ausdrücklichen Formulierung „unbeschadet der §§ 48 und 49 LVwVfG“ ergibt. Die Entziehung des Doktorgrades ist in Baden-Württemberg schließlich auch nicht vom Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgenommen (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG; ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 - und vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, beide juris).
74 
b. Die tatbestandlichen Rücknahmevoraussetzungen sind hier gegeben.
75 
Die Verleihung des Doktorgrades, die durch die Aushändigung der Urkunde über die bestandene Doktorprüfung an die Klägerin durch Übersendung am 08.01.2002 erfolgte, ist ein begünstigender Verwaltungsakt, der rechtswidrig war. Unabhängig von der tatsächlich unzutreffenden (dazu sogleich) schriftlichen Erklärung der Klägerin gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 PromO a.F., dass sie die Dissertation selbständig verfasst, alle wörtlich oder sinngemäß übernommenen Textstellen als solche kenntlich gemacht, andere Quellen und Hilfsmittel als die in der Arbeit genannten nicht benutzt und die Dissertation noch keiner anderen Fakultät vorgelegt habe, erbrachte die von der Klägerin im Jahr 1998 eingereichte Dissertation nicht den Nachweis der Befähigung zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit (§ 54 Abs. 1 Satz 2 UG, § 7 Abs. 3 Satz 2 PromO a.F. („Sie soll eine beachtenswerte wissenschaftliche Leistung darstellen und die Fähigkeit des Verfassers zu selbständiger Forschung erkennen lassen“; nunmehr: § 38 Abs. 1 Satz 1 LHG; § 7 Abs. 1 PromO). Damit lagen die rechtlichen Voraussetzungen für die Verleihung des Doktorgrades nicht vor. Dieser wurde der Klägerin vielmehr zu Unrecht verliehen.
76 
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass „nur eine unter Offenlegung aller verwendeten Quellen und Hilfsmitteln erbrachte wissenschaftliche Leistung den Anforderungen an eine Dissertation genügt“ (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19 unter Bezugnahme auf VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54; VGH, Urteil vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191) bzw. „die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von Textpassagen aus fremden Werken ohne (ausreichendes) Zitat gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens verstößt und die Annahme als Dissertation im Regelfall ausschließt“ (BayVGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl. 2007, 281). Zu den Grundanforderungen wissenschaftlichen Arbeitens gehört gerade, dass der Beitrag auf eigenständigen Erwägungen beruht und nicht bloß Passagen aus dem Werk eines anderen Autors übernimmt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191).
77 
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht nur einzelne Sätze, sondern vielmehr erhebliche, teilweise mehrseitige Passagen - zum Teil samt Fußnoten - aus fremden Texten anderer Autoren wortgleich oder nahezu wortgleich übernommen, ohne dies hinreichend kenntlich zu machen. Ihre Darlegungen erwecken den falschen Eindruck, Formulierung und Inhalt des Textes stammten insoweit als eigene gedankliche Leistung von ihr.
78 
Die Tatsache, dass die Klägerin einige der betroffenen Werke, aus denen sie ganze Passagen wortgleich oder nahezu wortgleich übernommen hat, unter der Rubrik „X.5 Sekundärliteratur“ in ihr Literaturverzeichnis aufgenommen hat, stellt die Berechtigung des Plagiatsvorwurfs nicht in Frage; denn der Leser eines wissenschaftlichen Werkes erwartet, dass wörtliche Übernahmen aus anderen Werken bei den jeweiligen Textstellen als Zitate oder auf andere geeignete Weise kenntlich gemacht werden (VG Freiburg, Urteil vom 23.05.2012 - 1 K 58/12 -, juris; VG Frankfurt, Urteil vom 23.05.2007 - 12 E 2262/05 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19). Der Kennzeichnungs- und Offenbarungspflicht in einer Dissertation wird nicht dadurch genügt, dass die Werke, aus denen die wörtlich übernommenen Textpassagen stammen, lediglich im Literaturverzeichnis aufgeführt sind (VG Freiburg, Urteil vom 23.05.2012 - 1 K 58/12 -, juris; ebenso Schroeder, NWVBl. 2010, 176, 179 m.w.N.). Im Übrigen sind keineswegs alle, sondern lediglich zehn der insgesamt 32 betroffenen Quellen im Literaturverzeichnis genannt, wie sich aus der synoptischen Zusammenstellung der Beklagten vom 12.05.2011 (Aktenseiten 439 bis 491) ersehen lässt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die bloße Nennung eines Sammelbandes im Literaturverzeichnis nicht ausreichend ist, sondern vielmehr die konkreten Quellen - hier die in Sammelbänden veröffentlichten einzelnen Beiträge - unter namentlicher Nennung des jeweiligen Autors angegeben werden müssen.
79 
Dem steht auch nicht entgegen, dass einige der betroffenen Textstellen die Darstellung historischer Ereignisse betreffen. Inwieweit allgemeine Darstellungen, die Allgemeingut eines Faches sind, im Rahmen einer Dissertation unbelegt bleiben können, bedarf keiner Entscheidung. Denn dies setzt jedenfalls voraus, dass es sich um eigene Darstellungen des Doktoranden handelt. Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin stellt keineswegs allgemein bekannte historische Zusammenhänge selbständig dar, sondern übernimmt seitenweise Passagen aus den Werken anderer Autoren fast wortwörtlich, ohne dies kenntlich zu machen. Lediglich beispielhaft seien folgende - von der Klägerin als „historische Darstellungen“ bezeichnete - Stellen genannt: Die Ausführungen der Klägerin auf den Seiten 43 und 44 ihrer Arbeit sind weitgehend wörtlich übernommen aus der 1984 veröffentlichten Arbeit von Gall „Europa auf dem Weg in die Moderne 1850-1890“ sowie aus zwei Beiträgen von de Jonge („Großbritannien und Irland, Frankreich, Belgien und die Niederlande 1850-1914: Die Wirtschaft“) und Fischer („Wirtschaft und Gesellschaft Europas 1850-1914“) aus dem 1985 erschienenen Band 5 des Handbuchs der Europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Die Arbeit von Gall findet sich zwar im Literaturverzeichnis, ist aber weder auf Seite 43 noch auf Seite 44 der Arbeit genannt; die beiden anderen Beiträge sind weder dort noch im Literaturverzeichnis aufgeführt. Die Ausführungen der Klägerin auf Seite 117 unten sowie auf Seite 118 sind übernommen aus der oben genannten Arbeit von Gall sowie aus einem Beitrag von Lill („Italien im Zeitalter des Risorgimento (1815-1870)“ in Band 5 des Handbuchs der Europäischen Wirtschaftsgeschichte. Keine der beiden Quellen ist auf diesen Seiten genannt; der Handbuchbeitrag von Lill findet sich auch nicht im Literaturverzeichnis. Ihre Ausführungen auf Seite 120 (letzter Absatz) bis Seite 121 oben hat die Klägerin weitgehend aus dem Beitrag von Hertner („Italien 1850-1914“) in Band 5 des Handbuchs der Europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte übernommen. Die weitgehend wörtliche Wiederholung der Vorlagetexte einschließlich der sprachlichen Eigentümlichkeiten und Formulierungen lässt keinen anderen Schluss zu, als dass die Klägerin die Passagen unmittelbar abgeschrieben und nicht etwa zufällig dieselben historischen Zusammenhänge wie andere Autoren wiedergegeben hat.
80 
Der weitere Einwand der Klägerin, einige der betroffenen Textstellen beträfen allgemeine Definitionen, die als solche keines Belegs bedürften, ist ebenfalls zurückzuweisen. Auch insoweit bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob allgemeine Begriffsdefinitionen einer Wissenschaftsdisziplin generell belegt werden müssen, denn bei den von der Klägerin insoweit angeführten Textstellen, handelt es sich nicht um bloße Definitionen, sondern um wortwörtliche Übernahmen erläuternder Darstellungen. Wiederum beispielhaft ist insoweit auf folgende Stellen zu verweisen: Ihre Ausführungen zum Begriff des Geldes auf den Seiten 57 und 58 stammen weitgehend aus dem Beitrag im Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften von Ehrlicher mit dem Titel „Geldtheorie und Geldpolitik III: Geldtheorie“. Aus dem Beitrag von Janning „Leitbilder der europäischen Integration“ in dem von Weidenfeld und Wessels herausgegebenen Sammelband „Europa von A-Z. Taschenbuch der europäischen Integration“ hat die Klägerin ihre Ausführungen zur Europäischen Integration auf Seite 203 übernommen, ohne dass diese Quelle dort oder im Literaturverzeichnis genannt ist. Der Text in den Fußnoten 806 und 807 auf Seite 205 der Arbeit der Klägerin stammt ursprünglich aus dem Beitrag von Hillenbrand „Wirtschafts- und Währungsunion“ in dem genannten Sammelband „Europa von A-Z“. Auch hier fehlt jeder Hinweis auf den Autor.
81 
Unbeachtlich bleibt ferner der Einwand der Klägerin, es handele sich zum Teil nur um handwerkliche Fehler. Es ist zwar grundsätzlich denkbar, vereinzelte fehlerhafte Zitierungen als bloße Bagatellverstöße gegen die Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens außer Acht zu lassen. Dies käme - für sich betrachtet - hinsichtlich folgender Stellen in Betracht: Auf Seite 47 ihrer Arbeit nennt die Klägerin ihre Quelle (Born, Geld und Banken im 19. und 20 Jahrhundert, 1977), aber es fehlen die Anführungszeichen, die deutlich machen, dass hier eine wortwörtliche Übernahme vorliegt. Auch auf Seite 119 wird die Quelle (Hawig, Napoleon III. und Europa - Revision eines Geschichtsbilde. Aufgezeigt an der Beurteilung seiner Mittelmeerpolitik, 1983) in der Fußnote aufgeführt, es fehlen jedoch wiederum die Anführungszeichen zur Kennzeichnung wortwörtlicher Übernahmen, und es ist für den Leser auch nicht zu erkennen, dass nicht nur die in der Fußnote genannten Zahlen, sondern auch die Ausführungen im Haupttext von Hawig stammen. Welches Gewicht derartigen Verstößen zukommt, kann die Kammer offen lassen, denn diese betreffen nur einen äußerst geringen Teil der von der Beklagten überprüften Textstellen. Andere von der Klägerin in diese Kategorie der handwerklichen Fehler eingeordneten Textstellen sind dagegen offensichtliche und erhebliche Täuschungen über die wahre Urheberschaft der ausgeführten Gedanken und verwendeten Formulierungen. Bei der auf den Seiten 110 bis 112 erfolgten weitgehend wörtlichen Übernahme mitsamt der Darstellungsweise mit Spiegelstrichen aus der 1992 veröffentlichten Arbeit von Theurl („Eine gemeinsame Währung für Europa. 12 Lehren aus der Geschichte“) handelt es sich ersichtlich ebenso wenig um einen bloßen handwerklichen Fehler, wie bei den Ausführungen auf Seite 182, wo die Klägerin über eine halbe Seite hinweg wortwörtlich den Text von Theurl übernimmt und mit deren Nennung in der Fußnote 725 zu Unrecht den Eindruck erweckt, lediglich die in Anführungszeichen gesetzte Formulierung („prominenten Platz in der Geschichte der Währungsunion“) stamme von dieser Autorin.
82 
Der Plagiatsvorwurf trifft die Klägerin somit nicht nur vereinzelt oder im Sinne einer unsachgemäßen Handhabung der Zitierweise; vielmehr lassen die von der Beklagten aufgefundenen Stellen den Schluss zu, dass die Klägerin fremde Passagen wiederholt und planmäßig als eigene wissenschaftliche Arbeit ausgewiesen hat. Eine systematische und planmäßige Übernahme fremden Gedankenguts ergibt sich bereits daraus, dass sich die Plagiate an mehreren Stellen der Dissertation auffinden lassen und verschiedene Fremdautoren betreffen. Die von der Beklagten aufgezeigten Übernahmen aus verschiedenen Quellen weisen die Gemeinsamkeit auf, dass längere Passagen wortwörtlich übernommen worden sind, ohne dass dies in ausreichender Weise kenntlich gemacht worden wäre. Für einen Großteil der betroffenen Passagen ist eine Quellenangabe überhaupt nicht erfolgt. Ein bloßer Bagatellverstoß liegt darin offensichtlich nicht, denn betroffen sind weitgehend alle Teile, in denen der historische und wirtschaftswissenschaftliche Hintergrund der Arbeit erläutert wird. So ist im Kapitel IV. 1 (Wirtschaftliche Rahmenbedingungen im ausgehenden und beginnenden 20. Jahrhundert) auf den Seiten 41 bis 44 praktisch kein eigener Gedanke der Klägerin enthalten, ohne dass dies kenntlich gemacht worden wäre. Auch in quantitativer Hinsicht können die Übernahmen nicht als unbedeutend eingestuft werden, weil sie sich insgesamt auf 80 Textseiten der 200 Seiten (reiner Text ohne Inhalts- und Literaturverzeichnis) umfassenden Arbeit finden und von der Klägerin wiederholt und in Bezug auf verschiedene Autoren eingesetzt worden sind.
83 
Die Täuschungshandlung der Klägerin und der durch sie hervorgerufene Irrtum, es handele sich bei der Dissertation um eine in jeder Hinsicht eigenständige Leistung, waren für die Verleihung des Doktorgrades ursächlich; denn der Grad wäre ihr sonst für die vorgelegte Arbeit nicht zuerkannt worden. Dem steht nicht entgegen, dass der Erstgutachter der Arbeit in seinem Votum bemängelt hatte, dass die Klägerin nicht deutlich mache, auf welche Literatur sie sich jeweils stütze. Er führte diesbezüglich aus: „So werden zum Beispiel auf Seite 150 f. einige grundsätzliche Aussagen zur französischen, belgischen und italienischen Kolonialpolitik gemacht, ohne daß auch nur ein einziger Beleg genannt würde.“ Die Auffassung der Klägerin, wonach daraus zu schließen sei, dass die Schwächen ihrer Arbeit bekannt und damit bereits Gegenstand der Bewertung mit „cum laude“ gewesen seien, teilt die Kammer nicht. Gegenstand der Kritik des Erstgutachters war allein das Fehlen von Literaturangaben zu den - nach seiner Einschätzung - selbstständigen Ausführungen der Klägerin. Dass es sich dabei in weiten Teilen nicht um eigene Ausführungen der Klägerin, sondern vielmehr um wörtlich oder sinngemäß übernommene Ausführungen anderer Autoren handelte, war den Gutachtern der Arbeit nicht bekannt. Wäre ihnen bekannt gewesen, dass es sich nicht um eine eigenständige wissenschaftliche Leistung der Klägerin handelte, wäre der vorgelegten Arbeit die Anerkennung als Dissertation zu versagen gewesen.
84 
Der Einwand der Klägerin, sie habe umfangreiche eigene Recherchen durchgeführt, die wissenschaftlichen Ergebnisse ihrer Arbeit beruhten auf ihrer eigenen wissenschaftlichen Arbeit und ihr eigener wissenschaftlicher Beitrag sei eindeutig, ist ebenfalls unbeachtlich. Denn es kommt nicht darauf an, ob der Klägerin für die eingereichte Dissertation ohne die beanstandeten Seiten oder bei jeweils wörtlicher Zitierung der Doktorgrad noch verliehen worden wäre. Derartige hypothetische Erwägungen sind rechtlich unerheblich. Es ist für die Ursächlichkeit der von der Klägerin begangenen Täuschung nicht von Bedeutung, ob ihr für eine andere als die vorgelegte Arbeit der Doktorgrad verliehen worden wäre (so ausdrücklich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191; grundlegend bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54).
85 
c. Die von der Beklagten verfügte Entziehung des Doktorgrades weist auch im Übrigen keine Rechtsfehler auf. Die Beklagte hat nicht verkannt, dass die Entscheidung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG in ihrem Ermessen steht. Die Ermessenserwägungen im Ausgangsbescheid und im Widerspruchsbescheid sind auch nicht fehlerhaft im Sinne von § 114 VwGO. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Entschließungsermessens in Bezug auf die Durchführung eines Entziehungsverfahrens (dazu unter aa.) als auch hinsichtlich des Auswahlermessens bezüglich der gewählten Rechtsfolge (dazu unter bb.).
86 
aa. Die Beklagte hat ihr Entschließungsermessen hinsichtlich der Durchführung eines Entziehungsverfahrens ordnungsgemäß ausgeübt. Dem steht nicht entgegen, dass Anlass für die Einleitung des Verfahrens durch die Beklagte eine Überprüfung der Arbeit der Klägerin durch anonyme Internetnutzer und die Veröffentlichung von deren Ergebnissen auf der Internetseite http://de.vroniplag.wikia.com/wiki/xxx waren. Unabhängig davon, auf welche Weise und durch wen tatsächliche Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens bekannt werden, ist die betroffene Universität und das zur Entscheidung berufene Organ berechtigt, diese Vorwürfe im Rahmen eines Entziehungsverfahrens zu prüfen.
87 
bb. Auch die getroffene Ermessensentscheidung, der Klägerin den Doktorgrad zu entziehen, begegnet keinen Bedenken. Die erheblichen Nachteile, die diese Entscheidung für die Klägerin in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht nach sich zieht, hat der Promotionssauschuss bei seiner Entscheidung nicht verkannt. Dass die öffentlichen Interessen an der Entziehung des Doktorgrades im Ergebnis höher bewertet wurden, ist rechtlich in keiner Weise zu beanstanden. Zutreffend hat der Promotionsausschuss hierbei auf das ganz erhebliche Ausmaß der Plagiate der Klägerin und das Gewicht der wissenschaftlichen Unredlichkeit abgehoben.
88 
Der Promotionsausschuss hat auch die Tatsache, dass seit der Verleihung des Doktorgrades und dessen Entziehung mehr als zehn Jahre vergangen waren, hinreichend berücksichtigt (zur Berücksichtigung des Zeitablaufs seit der Verleihung des Doktorgrades im Rahmen des Ermessens vgl. zuletzt VG Köln, Urteil vom 22.03.2012 - 6 K 6097/11 -, NWVBl. 2012, 366 und VG Köln, Urteil vom 06.12.2012 - 6 K 2684/12 -, juris). Der Faktor Zeitablauf ist zwar weder in dem Sitzungsprotokoll des Promotionsausschusses vom 14.06.2011 noch in dem ausführenden Bescheid des Dekans vom 22.06.2011 gesondert thematisiert worden, der Promotionsausschuss hat jedoch ausweislich des Sitzungsprotokolls intensiv über die Verhältnismäßigkeit einer Entziehung des Doktortitels diskutiert und ist nach Abwägung aller sachlichen und persönlichen Gesichtspunkte zur Auffassung gekommen, dass die Entziehung des Doktortitels nicht gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit verstoße. Da den Mitgliedern des Promotionsausschusses bekannt war, dass die Titelverleihung bereits im Jahr 2000 erfolgt war, und in der Sitzung am 14.06.2011 nach persönlicher Anhörung der Klägerin alle - dem Ausschuss bekannten - sachlichen und persönlichen Gesichtspunkte erörtert worden sind, ist ein Ermessensfehler dahingehend, dass ein Gesichtspunkt nicht beachtet worden wäre, nicht erkennbar. Die Frage, wie und mit welchem Gewicht dieser Gesichtspunkt des Zeitablaufs in die Ermessensentscheidung eingestellt wird, obliegt dem Ausschuss und entzieht sich der gerichtlichen Kontrolle (§ 114 VwGO). Für eine ermessensfehlerhafte Gewichtung bestehen insoweit keine Anhaltspunkte.
89 
Selbst wenn man davon ausginge, dass eine Berücksichtigung des Zeitablaufs zwischen Titelerteilung und Titelentzug mangels ausdrücklicher Erwähnung im Sitzungsprotokoll und in der Begründung des Ausgangsbescheids nicht in hinreichendem Maße stattgefunden und daher ursprünglich ein Ermessensfehler vorgelegen hätte, wäre dieser durch die in der Sitzung des Promotionsausschusses am 03.11.2011 getroffene Abhilfeentscheidung geheilt worden. Im Protokoll der Promotionsausschusssitzung vom 03.11.2011 heißt es - nachdem die Klägerin den zeitlichen Aspekt erstmals ausdrücklich in ihrer Widerspruchsbegründung geltend gemacht hatte - ausdrücklich: „Der Ausschuss kann außerdem nicht erkennen, dass sich Frau xxx Rechtsposition durch Zeitablauf verfestigt hätte. Unbeschadet seiner Auffassung, dass im Falle der Dissertation Frau xxx allein aufgrund der Quantität und der Qualität der Plagiate keine Nachbesserung in Betracht kommen kann, hält der Ausschuss die Nachbesserung eines bereits vor zehn Jahren veröffentlichten Buches nicht für vertretbar.“ Aufgrund dieser (nochmaligen) expliziten Befassung des Promotionsausschusses mit dem Zeitablauf und dessen Einstellung in die Ermessenserwägungen bedarf es keiner Entscheidung, ob - wie die Klägerin bestreitet - das Ermessen des Promotionsausschusses hinsichtlich der Entziehung des Doktorgrades auch durch die Widerspruchsentscheidung oder noch im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden kann (§ 114 Satz 2 VwGO).
90 
Der Einwand der Klägerin, der Promotionsausschuss hätte eine Nachbesserungsauflage als milderes Mittel vorsehen oder es bei einer wissenschaftlichen Rüge belassen müssen, weil der erhebliche Zeitablauf seit Abgabe der Dissertation zu einer Verfestigung ihrer rechtlichen Position führe, welcher nach Möglichkeit auf der Ebene des Auswahlermessens Rechnung zu tragen sei, und weil außerdem durch die öffentliche Debatte das Präventionsziel bereits erreicht sei, ist zurückzuweisen. Das (möglicherweise vorhandene) Vertrauen der Klägerin, der verliehene Grad werde ihr erhalten bleiben, steht dessen Entziehung nicht entgegen. Zum einen hindert ein Vertrauensschutz die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts, der keine Geld- oder Sachleistungen gewährt, grundsätzlich nicht, da § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG in solchen Fällen nicht gilt (§ 48 Abs. 3 LVwVfG). Im Übrigen wäre die Klägerin auch nach § 48 Abs. 2 LVwVfG nicht gegen eine Rücknahme der Begünstigung geschützt, da sie die Gradverleihung durch eine arglistige Täuschung bewirkt hat (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG). Arglist in diesem Sinne liegt vor, wenn die bewusste Irreführung darauf gerichtet war, auf den Erklärungswillen einer Behörde hinzuwirken. Sie ist damit bei einer vorsätzlichen Täuschung, wie sie der Klägerin hier vorzuwerfen ist, regelmäßig gegeben; Anhaltspunkte für das Gegenteil liegen nicht vor (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, juris).
91 
Der Promotionsausschuss hat sich auch in hinreichendem Maße mit der Frage befasst, ob mildere Maßnahmen unterhalb der Entziehung des Doktorgrades, etwa eine Nachbesserungsauflage, in Betracht kommen könnten, und sich damit im Rahmen seiner Ermessensausübung auseinandergesetzt. Der Hinweis der Klägerin auf zwei weitere Fälle an der Medizinischen Fakultät der Beklagten, in denen geringere Sanktionen als die Entziehung des Doktorgrades verhängt worden seien, hat für die Entscheidung des Promotionsausschusses der Philosophischen Fakultät im vorliegenden Verfahren keine Bedeutung.
92 
Der von der Klägerin erhobene Einwand, wonach gegen die Verfasser anderer Dissertationen, bei denen die gleichen Fehler vorlägen, nicht vorgegangen werde und woraus sich eine Verwaltungspraxis ergebe, die auch in ihrem Fall angewandt werden müsse, geht ebenfalls ins Leere. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten in vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit andere Maßstäbe angelegt hätte. Die Beklagte hat vielmehr dargelegt, dass es seit der Gründung der Philosophischen Fakultät im Jahr 2002 keine Fälle gegeben habe, in denen ein Entziehungsverfahren durchgeführt worden sei. Eine Ermessenbindung scheidet somit bereits mangels entsprechender Verwaltungspraxis aus. Die pauschalen Behauptungen der Klägerin, eine Vielzahl anderer Dissertationen sei ebenso fehlerhaft wie ihre eigene, sind im Übrigen rein spekulativ und bleiben daher ohne rechtliche Bedeutung.
93 
Dass Erst- und Zweitgutachter die ganz erheblichen Plagiate nicht schon bei der Annahme und bei der Bewertung ihrer schriftlichen Dissertation entdeckt haben, begründet für die Klägerin ebenfalls keinen Vertrauensschutz dahingehend, die elementaren Grundlagen wissenschaftlicher Arbeitstechniken missachten zu dürfen (BayVGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl 2007, 281; VG Freiburg, Urteil vom 23.05.2012 - 1 K 58/12 -, juris; VG Sigmaringen, Urteil vom 04.10.2007 - 8 K 1384/05 -, n.v.). Auch ein „Mitverschulden“ der Beklagten lässt sich daraus nicht konstruieren, da keine Verpflichtung der Beklagten bestand, sämtliche Dissertationen bereits bei ihrer Abgabe - unabhängig von einem Verdacht auf einen Verstoß gegen die allgemeinen Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens - auf derartige Verfehlungen hin zu kontrollieren (vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 04.10.2007 - 8 K 1384/05 -, S. 15 des Entscheidungsabdrucks).
94 
Die Aufforderung im Bescheid des Dekans vom 22.06.2011, die Promotionsurkunde zurückzugeben, sieht die Kammer nur als einen Hinweis und nicht als Regelung im Sinne eines Verwaltungsakts auf Rückgabe gemäß § 52 LVwVfG.
95 
II. Da der Widerspruchsbescheid vom 30.11.2011 - wie bereits ausgeführt - weder formell noch materiell zu beanstanden ist, bleibt auch der Hilfsantrag ohne Erfolg.
96 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
97 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO vorliegt.
98 
B E S C H L U S S
99 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Ziffer 18.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (DVBl. 2004, 1525) auf 15.000 EUR festgesetzt.
100 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 4. März 2013 - 7 K 3335/11 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin benannten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; unter I.), der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; unter II.), aber auch der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO; unter III.) oder der Abweichung von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO; unter IV.), rechtfertigen aus den dargelegten Gründen (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO) die Zulassung der Berufung nicht.
I.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, die nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Durchführung eines Berufungsverfahrens rechtfertigen, sind gegeben, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt worden ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77, 83; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 -, NVwZ 2011, 546; Senatsbeschluss vom 20.05.2010 - 9 S 2530/09 -, VBlBW 2010, 480). Diese Voraussetzungen erfüllt das Vorbringen der Klägerin nicht.
1. Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin auf Aufhebung des Bescheids des Vorsitzenden des Promotionsausschusses vom 22.06.2011 sowie des Widerspruchsbescheides der Prorektorin für Studium und Lehre vom 30.11.2011 mit der Begründung abgewiesen, beide Verfügungen seien formell ordnungsgemäß zustande gekommen und die Entziehung des Doktorgrades auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 sei formell rechtmäßig ergangen. Mit dem Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten habe das zuständige Organ der Fakultät über die Entziehung des Doktorgrades entschieden. Bei seiner am 14.06.2011 getroffenen Entscheidung sei der Promotionsausschuss vorschriftsmäßig besetzt gewesen. Rügen gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl seiner Mitglieder griffen nicht durch. Die Anwesenheit von Prof. Dr. F. und Frau St. in der Sitzung am 14.06.2011 habe nicht zur formellen Rechtswidrigkeit der Entscheidung geführt. Auch sei der Promotionsausschuss an diesem Tag beschlussfähig gewesen. Zu Recht habe die Prorektorin für Studium und Lehre über den Widerspruch entschieden. Selbst berechtigte Zweifel an der Aufgabenverteilung innerhalb des Rektorats würden nicht zu einem formellen Mangel des Widerspruchsbescheids führen. Die Entziehung des Doktorgrads sei auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 LVwVfG hätten vorgelegen und auch die Ermessensausübung weise keine Fehler auf.
2. Mit ihrem Zulassungsantrag wendet sich die Klägerin in erster Linie gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheids vom 22.06.2011 wie auch des Widerspruchsbescheids vom 30.11.2011. Sie trägt vor, die Zuständigkeit für den Erlass des Ausgangsbescheids hätte nicht beim Promotionsausschuss, sondern beim Fakultätsvorstand gelegen (a). Jedenfalls sei die „Installierung“ des Promotionsausschusses - bei dessen unterstellter Zuständigkeit - rechtsfehlerhaft verlaufen; mit diesem Einwand sei sie im vorliegenden Verfahren auch nicht ausgeschlossen (b). Ebenso sei die Beschlussfassung des Promotionsausschusses formell rechtswidrig, gerade auch im Hinblick auf die unzulässige Anwesenheit von als Sachverständige zugezogenen Personen (c). Auch der Widerspruchsbescheid sei auf formell rechtswidrige Weise ergangen (d). Der Beschluss des Promotionsausschusses sei schließlich auch materiell-rechtlich zu beanstanden; er habe insbesondere die erhebliche Zeitspanne zwischen Verleihung des Doktorgrades und der behördlichen Entscheidung von 10 Jahren und den denunziatorischen Charakter des Vorgehens gegen die Klägerin nicht berücksichtigt und sei mit zwei Entscheidungen der Medizinischen Fakultät nicht vereinbar (e).
Keine dieser Rügen ist geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu wecken.
a) Zuständigkeit des Promotionsausschusses
Der Umfang der Zuständigkeit des Promotionsausschusses ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 LHG handeln in Angelegenheiten, die Hochschulprüfungen betreffen, für die Hochschule die nach den Prüfungsordnungen zuständigen Stellen. Diese Zuständigkeit für Hochschulprüfungen erfasst auch Promotionen und damit die Verleihung wie auch - als „actus contrarius“ - die Entziehung des Doktorgrades. Auch bei der Rücknahme eines verliehenen Doktorgrades handelt es sich somit um eine Hochschulprüfungen betreffende Angelegenheit (Senatsurteil vom 14.09.2011 - 9 S 2667/10 -, VBlBW 2012, 180, ebenso bereits Senatsurteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, Juris Rn. 32 m.w.N., zu § 11 Abs. 3 Satz 2 UG).
Das Antragsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Zuständigkeit nach § 8 Abs. 2 LHG steht zu der in § 22 Abs. 1 LHG geregelten Zuständigkeit der Fakultät als organisatorische Grundeinheit der Hochschule im Verhältnis der Spezialität. Damit tritt hier die Auffangzuständigkeit der Fakultät hinter die spezielle Zuständigkeit des Promotionsausschusses gemäß § 8 Abs. 2 LHG i.V.m. § 38 Abs. 4 LHG, wonach die Ausgestaltung des Promotionsverfahrens der jeweiligen Promotionsordnung überlassen wird (Sandberger, Landeshochschulgesetz Baden-Württemberg, 2013, § 38 Rn. 8), und § 22 Abs. 1 PromO zurück. Die Promotionsordnung der Philosophischen Fakultät und der Neuphilologischen Fakultät der Beklagten vom 22.09.2006 (Mitteilungsblatt 2006, 749, geändert durch Änderungssatzung vom 24.05.2007, Mitteilungsblatt 2007, 1765 - PromO -) enthält ein - gestuftes - Prüfungsverfahren als Voraussetzung für die Verleihung des Doktorgrades. Dessen Abschluss ist die Verleihung des Dr. phil. nach § 19 PromO. Wenn die Entziehung dieses Doktorgrades - wie von der Klägerin eingeräumt wird - der actus contrarius seiner Verleihung ist, dann steht auch der sie erwähnende § 22 PromO in unmittelbarem sachlichem Zusammenhang mit dieser Hochschulprüfung und „betrifft“ diese damit (vgl. auch die Bezugnahme auf Prüfungen und Prüfer in § 38 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 Satz 3 LHG; zur einhelligen Charakterisierung der Promotion als Hochschulprüfung vgl. Senatsurteil vom 19.04.2000, a.a.O., Juris Rn. 32 m.w.N., sowie Maurer, in: Flämig u.a. , Handbuch des Wissenschaftsrechts, 2. Aufl., Band 1, S. 754; Sandberger, a.a.O., § 35 Rn. 7, § 38 Rn. 8). Dass § 8 Abs. 2 LHG nur für die Fälle eine Zuständigkeitsregel darstelle, in denen es unmittelbar um einen prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum geht, und auch nur insoweit die Zuständigkeit an ein universitäres Gremium vermitteln könne, lässt sich dieser Vorschrift schon mit Blick auf ihren umfassend formulierten Anwendungsbereich („Angelegenheiten, die Hochschulprüfungen betreffen“) nicht entnehmen. Nachvollziehbare Gründe, die trotz des klaren Wortlauts eine einschränkende Auslegung rechtfertigen, sind weder dargelegt worden noch sonst für den Senat ersichtlich. Vor diesem Hintergrund kann der Auffassung der Klägerin, bei der Promotionsordnung handele es sich nicht um eine Prüfungsordnung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 LHG, nicht gefolgt werden. Vielmehr hat schon das Verwaltungsgericht das Verhältnis der Promotionsordnung zu Regelungen des Landeshochschulgesetzes zutreffend dargelegt: Bereits aus der systematischen Stellung des § 38 LHG im Dritten Teil des Landeshochschulgesetzes, der mit „Studium, Lehre und Prüfungen“ überschrieben ist, folgt, dass es sich auch nach Ablösung des Universitätsgesetzes durch das Landeshochschulgesetz, in dem die Promotion in § 38 eine eigenständige von den sonstigen Prüfungen losgelöste Regelung gefunden hat, bei der Promotion weiterhin um eine Hochschulprüfung handelt. Danach ist die Promotionsordnung eine spezielle Prüfungsordnung, die in § 38 Abs. 4 LHG besonders geregelt ist. Diesen mit dem Antragsvorbringen nicht substantiiert in Frage gestellten Ausführungen hat der Senat nichts hinzuzufügen.
b) „Installierung“ des Promotionsausschusses
10 
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Promotionsausschuss habe - bei unterstellter Zuständigkeit - durch den Fakultätsrat und nicht durch den Großen Fakultätsrat gewählt werden müssen. Zudem sei die durch den Großen Fakultätsrat erfolgte Wahl als solche - namentlich im Hinblick auf die Einberufung der Sitzung des Großen Fakultätsrats am 13.04.2011, die nachträgliche Ergänzung der Tagesordnung um TOP 7, die Geheimheit der Wahl sowie das Verfahren der Blockwahl - rechtswidrig gewesen.
11 
Dem hat das Verwaltungsgericht u.a. entgegengehalten, die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl, die auch die Frage umfassten, ob mit dem Großen Fakultätsrat das richtige Gremium die Wahl vorgenommen habe, könnten im vorliegenden Verfahren der Anfechtung der Entziehungsverfügung nicht geltend gemacht werden. Dies folge aus dem in § 10 Abs. 5 LHG enthaltenen Rechtsgedanken sowie aus allgemeinen im Staats- und Verwaltungsrecht geltenden Grundsätzen. Das Antragsvorbringen weckt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der diesbezüglichen Erwägungen. Insbesondere verkennt es Bedeutung und Tragweite der hochschulrechtlichen Bestimmung des § 10 Abs. 5 LHG.
12 
Nach § 10 Abs. 5 Satz 1 LHG führt (auch) dann, wenn die Wahl eines Gremiums oder einzelner Mitglieder eines Gremiums für ungültig erklärt worden ist, dieses Gremium in der bisherigen Besetzung die Geschäfte bis zum Zusammentreten des aufgrund einer Wiederholungs- oder Neuwahl gebildeten Gremiums weiter. Die „Rechtswirksamkeit“ der Tätigkeit dieser Mitglieder wird durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt (Satz 2). Letzteres gilt bei einer fehlerhaften Besetzung von Gremien entsprechend (Satz 3).
13 
aa) Der Anwendungsbereich der Regelung erstreckt sich, entgegen dem Vortrag der Klägerin, sowohl auf den (Großen) Fakultätsrat als auch auf den Promotionsausschuss. Sie bezieht sich ganz allgemein auf „Gremien“ sowie einzelne Mitglieder eines Gremiums und ist unabhängig davon zu beachten, ob das jeweilige Gremium aus Vertretern der an einer Universität vorhandenen Mitgliedergruppen zusammengesetzt ist oder ob es, wie der Promotionsausschuss, allein aus gewählten Amtsträgern besteht.
14 
Dies folgt bereits aus der Entstehungsgeschichte der Norm, die von der Klägerin nicht hinreichend in den Blick genommen wird. In der Begründung des Gesetzentwurfs des Zweiten Hochschulrechtsänderungsgesetzes heißt es insoweit (vgl. LTDrucks. 13/3640 vom 06.10.2004, zu § 10 S. 182):
15 
„Die Regelung in Absatz 5 entspricht dem bisherigen Recht von § 109 Abs. 3 UG. In Satz 3 wird aus Gründen der Rechtssicherheit klargestellt, dass die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit von Mitgliedern auch dann unberührt bleibt, wenn das Gremium aus anderen Rechtsgründen fehlerhaft besetzt sein sollte. Dies gilt insbesondere für die Amtsmitglieder eines Gremiums selbst, aber auch für vom Gremium gewählte Funktionsträger, z. B. für den Studiendekan und die Studienkommissionen sowie die Mitglieder von Prüfungsausschüssen usw.“
16 
Die explizit auch „Mitglieder von Prüfungsausschüssen“ (dazu Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010 Rn. 356) nennende, nicht abschließende Aufzählung verdeutlicht, dass die Vorschrift nach dem Willen des Landesgesetzgebers auch für die Tätigkeit der Mitglieder des Promotionsausschusses gelten soll, bei denen es sich ersichtlich auch um von einem Gremium, dem Fakultätsrat, gewählte Funktionsträger im Sinne der Gesetzesbegründung handelt (zur Erstreckung des Anwendungsbereichs der Vorgängervorschrift des § 109 Abs. 3 UG auf Wahlen einzelner Mitglieder durch das Gremium für bestimmte Funktionen vgl. bereits den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, Juris).
17 
Unabhängig davon ergibt sich bereits aus der inneren Systematik der Norm, dass auch der Promotionsausschusses ein Gremium in deren Sinne darstellt. Indem § 10 LHG mehrfach ausdrücklich „nach Mitgliedergruppen zusammengesetzte Gremien“ in besonderer Weise hervorhebt, grenzt er sie gegenüber Gremien, die nicht entsprechend zusammengesetzt sind, ab. Dass auch solche Personenmehrheiten als „Gremium“ anzusehen sind, wird etwa auch durch § 9 Abs. 5 Satz 2 LHG bestätigt. Danach sind „Mitglieder von Gremien“ „zur Verschwiegenheit über alle Angelegenheiten und Tatsachen verpflichtet, die ihnen in Personal- und Prüfungsangelegenheiten in nicht öffentlicher Sitzung bekannt geworden sind“. Prüfungsangelegenheiten werden in der Regel in Ausschüssen verhandelt, die nicht nach Mitgliedergruppen zusammengesetzt sind. Entsprechend kennt § 9 Abs. 2 LHG „Organe, Gremien und beratende Ausschüsse mit besonderen Aufgaben“. Demnach sind jedenfalls sämtliche mit Entscheidungsbefugnissen versehene Personenmehrheiten als Gremium, manche dazuhin auch als „Organ“ anzusehen. Organe sind nach § 15 Abs. 1 LHG - zentral - Vorstand, Senat und Aufsichtsrat der Hochschule und auf Fakultäts- bzw, Sektionsebene nach § 15 Abs. 4 LHG der Fakultäts- oder Sektionsvorstand sowie der Fakultäts- oder Sektionsrat. Da der Promotionsausschuss nach der Promotionsordnung der Beklagten nicht nur beratende, sondern in vielfältiger Weise entscheidende Funktionen hat, handelt es sich bei ihm nicht um einen „beratenden Ausschuss“. Somit bleibt nur, dass es sich neben dem Organ (Großer) Fakultätsrat auch beim Promotionsausschuss um ein „Gremium“ im Sinne des § 10 LHG handelt.
18 
Darüber hinaus sind von der Vorschrift nicht allein die die Wahl des Promotionsausschusses unmittelbar betreffenden Mängel erfasst. Vielmehr gilt diese auch für die von der Klägerin behauptete fehlerhafte Bildung des Wahlorgans, des Gremiums „Großer Fakultätsrat“.
19 
Dabei kann dahinstehen, ob mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen ist, dass auch die Frage, in welcher Zusammensetzung ein Gremium (hier der Fakultätsrat) die Wahl eines Ausschusses vornimmt, die Rechtmäßigkeit der Wahl im Sinne des § 10 Abs. 5 LHG betrifft. Denn der Landesgesetzgeber hat bei der Schaffung des Landeshochschulgesetzes neben der unveränderten Übernahme des § 109 Abs. 3 UG in § 10 Abs. 5 LHG den Sätzen 1 und 2 LHG einen Satz 3 angefügt, um - wie oben dargelegt - aus Gründen der Rechtssicherheit klarzustellen, dass die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit von Mitgliedern eines Gremiums auch dann unberührt bleibt, wenn das Gremium „aus anderen Rechtsgründen fehlerhaft besetzt“ sein sollte (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs des Zweiten Hochschulrechtsänderungsgesetzes, LTDrucks. 13/3640, vom 06.10.2004 zu § 10 S. 182). Dies belegt, dass die zuvor in § 109 Abs. 3 UG in der Fassung vom 01.02.2000 auf Wahlmängel beschränkte Regelung ausdrücklich auf (sämtliche) Besetzungsfehler von Gremien aus anderen Gründen ausgedehnt werden sollte.
20 
Auch bei dem Einwand, mit dem Großen Fakultätsrat habe mangels ordnungsgemäßer Einsetzung desselben das falsche Gremium die Wahl des Promotionsausschusses vorgenommen, handelt es sich um die Rüge der ordnungsgemäßen Besetzung des Wahlgremiums. Hierzu hat das Verwaltungsgericht ausgeführt:
21 
„Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei dem Großen Fakultätsrat nicht um ein völlig anderes Gremium, sondern lediglich um eine abweichende, nämlich umfangreichere Besetzung des Fakultätsrats. Dies lässt sich bereits aus § 25 LHG und § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LHG ersehen, denn dort wird „Fakultätsrat“ als Oberbegriff für das jeweilige kollegiale Vertretungsgremium der Fakultät verwendet, unabhängig davon, ob dieses einfach (§ 25 Abs. 2 LHG) oder aber als Großer Fakultätsrat (§ 25 Abs. 3 LHG) zusammengesetzt ist. Auch die Regelung in § 3 Abs. 2 der Promotionsordnung, die ausweislich des Protokolls des erweiterten Fakultätsrats in seiner Sitzung am 16.02.2005 vorberaten (vgl. TOP 16) und am 19.09.2006 vom Senat beschlossen wurde, sieht vor, dass „der Fakultätsrat“ den Promotionsausschuss wählt. Angesichts der Tatsache, dass die Fakultät - nach Auffassung der Beklagten - bereits am 16.02.2005 ihr Vertretungsorgan als Großen Fakultätsrat konstituierte, ist auch „Fakultätsrat“ im Sinne des § 3 Abs. 2 Promotionsordnung als Oberbegriff für die jeweilige Zusammensetzung des Fakultätsrats zu verstehen.“
22 
Diese überzeugenden Erwägungen werden von der Klägerin nicht schlüssig in Frage gestellt. Für ihre Richtigkeit spricht vor allem schon der Wortlaut der gesetzlichen Regelung: § 25 Abs. 3 LHG enthält eine Legaldefinition des „Großen Fakultätsrats“ dahingehend, dass die Grundordnung vorsehen kann, dass „…einem Fakultätsrat alle hauptberuflichen Hochschullehrer der Fakultät ohne Wahl und mindestens sechs Studierende angehören“ und die anderen Gruppen angemessen zu berücksichtigen sind (Hervorhebung nur hier). Dementsprechend behandelt auch das einschlägige Schrifttum die Frage „Fakultätsrat“ - „Großer Fakultätsrat“ übereinstimmend nicht als Zuständigkeitsproblem sondern als Frage der richtigen Besetzung ein und desselben Gremiums (vgl. Sandberger, a.a.O., § 25 Rn. 3; Herberger, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2009, Rn. 445 ff.).
23 
Dem kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Wahl des Promotionsausschusses durch den Großen Fakultätsrat könne durchaus auch unter dem Stichwort „fehlerhaft errichtete Behörde“ diskutiert werden. Dieser Ansatz geht fehl. Die Klägerin verkennt, dass die von ihr herangezogenen Fälle (vgl. OVG Bautzen, Urteil vom 05.11.2003 - 5 B 310/03 -; OVG Weimar, Urteil vom 31.05.2005 - 4 KO 1109/04 -) tatsächlich und rechtlich mit der vorliegenden Problematik nicht vergleichbar sind. Dort ging es darum, dass der Übergang hoheitlicher Aufgaben von den Gemeinden auf einen Zweckverband als Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit auf einen selbständigen Rechtsträger nur dann wirksam erfolgen konnte, wenn alle formellen und materiellen Gründungsvoraussetzungen (Gesetzesvorbehalt, formelle und materielle Gründungsanforderungen) eingehalten wurden. Ein fehlerhaft gegründeter Zweckverband hatte als Hoheitsträger mit Satzungsgewalt nie existiert, seine Satzungen waren ungültig, die darauf beruhenden Abgabenbescheide zumindest rechtswidrig (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 64; Aschke, NVwZ 2003, 917). Darum geht es hier nicht. Weder die rechtliche Existenz des Rechtsträgers, der Universität ..., noch die des für diesen Rechtsträger handelnden Organs, des Fakultätsrats, ist zweifelhaft.
24 
bb) Das Verwaltungsgericht hat auch den Inhalt der in § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG angeordnetenRechtsfolge nicht verkannt.
25 
Danach wird die „Rechtswirksamkeit“ der Tätigkeit der Mitglieder durch die Ungültigkeit der Wahl eines Gremiums bzw. die fehlerhafte Besetzung von Gremien nicht berührt. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die vom Landeshochschulgesetz angeordnete „Rechtswirksamkeit“ der Tätigkeit eines betroffenen Gremiums oder dessen Mitglieds entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht bedeutet, dass insoweit eine - auf entsprechende formelle Mängel gestützte - Anfechtbarkeit von Akten des jeweiligen Gremiums oder Mitglieds auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen ist.
26 
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung zur Vorgängerregelung des § 109 Abs. 3 Satz 2 UG hervorgehoben, dass die erkennbare Zielsetzung des Landesgesetzgebers dahin ging, Rechtssicherheit durch Anerkennung der Rechtsbeständigkeit der von den universitären Gremien geschaffenen Maßnahmen unabhängig von der etwaigen Fehlerhaftigkeit zugrundeliegender Wahlen zu schaffen bzw. umgekehrt, Fehlern bei der Wahl von Gremienvertretern oder von Funktionsträgern durch Gremien keine Rechtswirkungen beizumessen (vgl. Beschluss vom 17.09.2003, a.a.O.). Dass dies auch die Intention des Landesgesetzgebers bei der Schaffung des Landeshochschulgesetzes war, wird aus der unveränderten Übernahme des § 109 Abs. 3 UG in § 10 Abs. 5 Satz 1 und 2 LHG und der Ausdehnung der Vorschrift auf sonstige Besetzungsmängel (§ 10 Abs. 5 Satz 3 LHG) deutlich. Für diese weitgehende Rechtsfolge spricht auch, dass die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit der Mitglieder eines Gremiums sogar dann durch die Ungültigkeit der Wahl bzw. durch Besetzungsmängel nicht berührt wird, wenn diese Wahl rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist. Erst recht kann nichts anderes gelten, wenn es - wie im vorliegenden Fall - weder zu einer rechtskräftigen Ungültigerklärung einer Wahl noch zu einer rechtskräftigen Feststellung eines Besetzungsfehlers gekommen ist (vgl. schon Beschluss vom 17.09.2003, a.a.O.).
27 
Vor diesem Hintergrund schließt daher die „Rechtswirksamkeit“ der Tätigkeit der Mitglieder eines Gremiums entgegen der Auffassung der Klägerin auch eine etwaige Anfechtung von auf einem Gremiumsbeschluss beruhenden Verwaltungsakten von Organen der Universität aus. Andernfalls würde die Vorschrift ersichtlich den ihr vom Gesetzgeber beigemessenen Zweck verfehlen. Ergänzend bemerkt der Senat, dass, anders als der Erlass von Verwaltungsakten, der Beschluss einer Satzung, der ebenfalls Gremienangelegenheit sein kann, nur entweder wirksam und damit gültig oder unwirksam und damit nichtig sein. Da der Gesetzgeber für jegliche Gremientätigkeit einheitlich deren „Rechtswirksamkeit“ betont, muss auch die „Rechtmäßigkeit“ - und nicht etwa eine bloßen „Gültigkeit“ trotz Rechtswidrigkeit - etwaiger auf der Grundlage eines Gremiumsbeschlusses erlassener Verwaltungsakte im Bezug auf Besetzungsmängel des Gremiums angenommen werden.
28 
Soweit die Klägerin dem die - nicht entscheidungstragenden - Ausführungen des Senats in seinem Urteil vom 02.12.1997 - 9 S 2506/97 - (VBlBW 1998, 234 = Juris) zu Auswirkungen von Wahlfehlern auf Beschlüsse der Vollversammlung der Handwerkskammer entgegenhält, vermag der Senat die Vergleichbarkeit mit der hier vorliegenden Problematik nicht zu erkennen. Im Übrigen beruht dieser Einwand auf einem Missverständnis.
29 
Der Senat hat insoweit ausgeführt (Juris, Rn. 33):
30 
„c) Die vorstehend entwickelten Grundsätze gelten für den Einspruch gegen die Gültigkeit einer Wahl insgesamt (§ 101 Abs. 3 HwO); nur ein solcher Einspruch ist hier erhoben. Welche Auswirkungen der Erfolg eines Einspruchs nur gegen die Wahl eines Gewählten hat (§ 101 Abs. 2 HwO), bleibt offen. Allerdings neigt der Senat zu der Auffassung, dass auch in diesen Fällen nur die Wirksamkeit solcher Beschlüsse der Vollversammlung in Zweifel gezogen werden kann, die später unter dessen Mitwirkung gefasst werden.“
31 
In der diesem Absatz vorangehenden Passage hat der Senat deutlich gemacht, dass allein durch einen Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl die Vollversammlung der Handwerkskammer nicht die Befugnis zur Beschlussfassung verliert und dass in dem Zeitraum bis zur Ungültigkeitserklärung gefasste Beschlüsse wirksam bleiben (Juris, Rn. 32). Aus diesem Kontext lässt sich ohne weiteres entnehmen, dass auch nach dem zitierten Absatz nur die Wirksamkeit solcher Beschlüsse in Zweifel gezogen werden kann, die „später“, also erst nach dem „Erfolg eines Einspruchs nur gegen die Wahl eines Gewählten“ gefasst werden. Die Wirksamkeit der im Zeitraum bis zum Eintritt des Erfolgs des Einspruchs gefassten Beschlüsse soll also ersichtlich nicht bezweifelt werden können.
32 
Nach alledem handelt es sich bei § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG um eine spezialgesetzliche Unbeachtlichkeitsklausel, die im Interesse der Rechtssicherheit und zur Sicherstellung der Handlungs- und Funktionsfähigkeit universitärer Gremien und Organe bestimmten, oben aufgezeigten Verfahrensfehlern eine rechtliche Relevanz für die Rechtswirksamkeit von Beschlüssen und für die Aufhebbarkeit gegebenenfalls darauf gestützter Verwaltungsakte abspricht. Im Anwendungsbereich der von § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG erfassten Verfahrensfehler geht daher auch der Hinweis der Klägerin auf die Anwendbarkeit der allgemeinen Regelung des § 46 LVwVfG bereits aus Gründen der Spezialität fehl.
33 
Dass § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG und dessen Anwendung auf die vorliegende Fallgestaltung verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen könnte, ist weder substantiiert dargelegt worden noch sonst für den Senat ersichtlich. Abgesehen davon, dass nur ein kleiner Teil von Verfahrensvorschriften wirklich grundrechtsgeboten ist, besteht auch insofern kein verfassungsrechtlicher Zwang, einem Verfahrensfehler unbedingte Auswirkungen auf die Sachentscheidung zuzuerkennen (vgl. Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Stand: Februar 2003, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 158; Schoch, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle , Grundlagen des Verwaltungsrechts Band 3, 2009, § 50 Rn. 302 m.w.N.). Bei der Normierung der Fehlerfolgen sind die oft gegenläufigen Interessen u.a. der strikten Gesetzesbindung, der Aufrechterhaltung der Sachentscheidung, der Verwaltungseffizienz und des Rechtsschutzes zu einem Ausgleich zu bringen (vgl. Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 25. Ergänzungslieferung 2013, Einleitung Rn. 212); dabei kann auch Berücksichtigung finden, dass dem Verfahrensrecht grundsätzlich eine dienende Funktion zukommt. Der hierbei bestehende „Sanktionierungsspielraum“ steht primär dem Gesetzgeber zu (Schmidt-Aßmann, a.a.O., Rn. 158; ders./Schenk, a.a.O., Einleitung Rn. 212). Dass der Landesgesetzgeber hier von dem ihm bei der Bestimmung der Fehlerfolgen eingeräumten Spielraum in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht hätte, ist weder dargetan noch sonst für den Senat erkennbar. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass er dem rechtsstaatlich verankerten Bedürfnis nach Rechtssicherheit (vgl. Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG; Art. 23 Abs. 1, Art. 25 Abs. 2 LV) sowie dem Interesse an der Sicherstellung der Handlungs- und Funktionsfähigkeit universitärer Gremien und Organe hier den Vorrang eingeräumt hat (vgl. Senatsurteil vom 02.12.1997 - 9 S 2506/97 -, VBlBW 1998, 234 m.z.w.N.; BVerwG, Urteil vom 17.12.1998 - 1 C 7.98 -, BVerwGE 108, 169, 178). Dies gilt umso mehr, als das Verwaltungsgericht zutreffend und ohne dass dies von der Klägerin beanstandet würde, davon ausgegangen ist, dass der Beklagten bei der hier angegriffenen Entscheidung über die Entziehung des Doktorgrads, insbesondere über das Vorliegen eines Plagiats, kein prüfungsrechtlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt ist (vgl. Juris, Rn. 47). Vielmehr hat das Verwaltungsgericht eine vollständige Prüfung vorgenommen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rücknahmeentscheidung vorliegen. Fehlt es insoweit an einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle, liegen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dem Verfahrensrecht hier eine besondere, den Rechtsschutz ergänzende Funktion im Sinne eines „Grundrechtschutzes durch Verfahren“ beizumessen, zumal die Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren umfassend Gelegenheit hatte, ihre formell- und materiell-rechtlichen Einwände geltend zu machen.
34 
Für dieses Ergebnis spricht im Übrigen, dass weder hinreichend dargetan noch sonst ersichtlich ist, dass die hier gegebenenfalls einschlägigen und durch § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG für unbeachtlich erklärten Verfahrensfehler überhaupt Bestimmungen betreffen, die subjektive Rechte der Klägerin begründen. Es ist anerkannt, dass - auch mit Blick auf die Aufgabenvielfalt des Verfahrensrechts - der erforderliche Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen Verfahrensfehler und klägerischer Rechtsverletzung nur dann besteht, wenn im Gefüge der Verfahrenshandlungen gerade die einschlägige Verfahrensbestimmung eine Schutzaufgabe für die materiell-rechtliche Position des Klägers hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.1972 - IV C 107.67 - BVerwGE 41, 58, 64 ff., vom 26.03.1976 - IV C 7.74 -, BVerwGE 50, 282, 285, und vom 22.12.1980 - 7 C 84.78 -, BVerwGE 61, 256, 275; Schmidt-Aßmann, a.a.O., Art. 19 Abs. 4 Rn. 157). Dies gilt für Adressatenklagen und Drittklagen gleichermaßen (vgl. Schmidt-Aßmann, a.a.O., Art. 19 Abs. 4 Rn. 156; Gerhardt in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 113 Rn. 11). Insoweit kann hier festgestellt werden, dass die Regeln hinsichtlich der Zusammensetzung des Fakultätsrats und der (sonstigen) Ordnungsmäßigkeit der Wahl des Promotionsausschusses den Verfahrensablauf im Binnenbereich der Universität betreffen, der (weit) im Vorfeld der abschließenden Verwaltungsentscheidung liegt und an dem ausschließlich Organe bzw. Organteile des Rechtsträgers Universität beteiligt sind (vgl. Wahl/Schütz, in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 42 Abs. 2 Rn. 91). Dies legt nahe, dass die einschlägigen Verfahrensnormen allenfalls den Schutz organschaftlicher Rechte bezwecken und nicht dem vorgezogenen Rechtsschutz des Bürgers im Verwaltungsverfahren dienen. Demgemäß kann ihre Verletzung nicht zu einem Aufhebungsanspruch der Klägerin gegenüber dem daraus resultierenden, außenwirksamen Verwaltungshandeln führen (vgl. Gerhardt, a.a.O., § 113 Rn. 12).
35 
Nach § 10 Abs. 5 Satz 2 und 3 LHG kann sich somit die Klägerin für ihre Behauptung der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Bescheide weder auf - mögliche - formale Mängel bei der Bildung und Besetzung des „Großen Fakultätsrats“ noch auf - mögliche - formale (protokollarische oder Verfahrens-) Mängel bei der Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses berufen.
36 
c) Zur formellen Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Promotionsausschusses vom 14.06.2011
37 
aa) Die Klägerin macht insoweit geltend, bei der Sitzung des Promotionsausschusses vom 14.06.2011 seien Personen anwesend gewesen, die diesem Ausschuss nicht angehört hätten. Da ein Beschluss über die Zuziehung dieser Personen als Sachverständige nicht gefasst worden sei (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 Verfahrensordnung der Beklagten), stelle dies einen Verstoß dar, der unter § 71 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG zu fassen sei. Eine konkludente Beschlussfassung reiche insoweit nicht aus. Zudem sei deren Anwesenheit bei der Beschlussfassung selbst dann nicht erlaubt, da es sich um eine Ermessensentscheidung gehandelt habe und jede Anwesenheit eine Einflussnahme darstelle.
38 
Diese Darlegungen sind gleichfalls nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung zu begründen.
39 
(1) Anwesenheit von nicht dem Ausschuss angehörenden Personen
40 
Soweit die Klägerin mit Blick auf die Anwesenheit von Herrn Prof. Dr. F. und Frau S. in der Ausschusssitzung am 14.06.2011 einen Verstoß gegen § 71 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG rügt, geht diese Rüge ins Leere.
41 
Zunächst ist das Landesverwaltungsverfahrensgesetz (in seiner Fassung vom 12.04.2005, GBl. S. 350, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 17.12.2009, GBl. S. 809, 811) auf die Frage der Besetzung eines universitären Gremiums nicht anwendbar. Nach seinem § 1 Abs. 1 gilt dieses Gesetz für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur, soweit nicht landesrechtliche Vorschriften inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Dabei umfasst der Begriff „landesrechtliche Vorschriften“ nicht nur (Landes-)Gesetze im formellen oder materiellen Sinn, sondern auch Rechtsvorschriften sonstiger Rechtsträger des Landesrechts (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 1 Rn. 32). Der Landesgesetzgeber versteht unter „landesrechtlichen Vorschriften“ ausdrücklich auch „alle im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsnormen“. Subsidiarität des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes besteht damit auch „gegenüber Satzungsrecht der juristischen Personen des öffentlichen Rechts“, etwa „der Hochschulen“ (LT-Drucks. 7/820 vom 28.12.1976 S. 68). Im vorliegenden Fall enthält nicht nur § 10 LHG in seinen Absätzen 4 (auch in Verbindung mit Verweisungen auf § 19 Abs. 1) und Absatz 5 besondere Regelungen hinsichtlich des Verfahrens in universitären Gremien, sondern überträgt die Regelungskompetenz in Absatz 8 im Übrigen auf die Hochschulen selbst. Die Beklagte hat hiervon insbesondere durch die vom Senat am 07.11.2006 beschlossene Verfahrensordnung Gebrauch gemacht. Aus der Existenz beider Regelungen folgt die Unanwendbarkeit des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes insgesamt.
42 
Zudem wäre, selbst bei unterstellter Anwendbarkeit des Gesetzes, sein § 71 und auch dessen Absatz 2 deshalb unanwendbar, weil die angegriffenen Bescheide nicht in einem förmlichen Verwaltungsverfahren im Sinne der §§ 63 bis 71 LVwVfG ergangen sind. Ein solches förmliches Verwaltungsverfahren findet nur dann statt, wenn es durch Rechtsvorschriften - besonders - angeordnet ist (vgl. § 63 Abs. 1 LVwVfG). Dies ist hinsichtlich universitärer Verfahren und insbesondere denen des Promotionsausschusses nicht der Fall, auch nicht etwa im Wege der Rückverweisung auf §§ 63ff LVwVfG durch eine entsprechende Norm des Landeshochschulgesetzes oder auch der Verfahrensordnung der Beklagten.
43 
Doch auch bei einer entsprechenden Anwendung des § 71 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG auf die vorliegende Sachverhaltskonstellation legt die Antragsschrift ernstliche Zweifel schon nicht schlüssig dar. Denn die in Bezug genommene Bestimmung wird in der Antragsschrift bereits nicht korrekt zitiert. Sie lautet in vollständiger Form „Bei der Beratung und Abstimmung dürfen nur Ausschussmitglieder zugegen sein, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben“. Inwieweit aus dieser, ersichtlich den Unmittelbarkeitsgrundsatz im Falle einer mündlichen Verhandlung begründenden Bestimmung die Unzulässigkeit der Anwesenheit dritter Personen abgeleitet werden kann, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.
44 
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Anwesenheit der beiden Personen mit Blick auf § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 der Verfahrensordnung der Beklagten vom 19.11.2006 (Mitteilungsblatt 2007, 33 - VerfahrensO -) als Zuziehung von Sachverständigen auch im Falle des nach § 3 Abs. 5 Satz 1 PromO nichtöffentlich tagenden Promotionsausschusses für zulässig gehalten, da es sich bei diesem um ein Gremium im Sinne der Verfahrensordnung und im Sinne des Landeshochschulgesetzes handele. Insbesondere handele es sich nicht um eine Prüfungskommission und bei seinen Mitgliedern nicht um Prüfer. Die strengen prüfungsrechtlichen Vorgaben, nach denen die Teilnahme eines Dritten an der Beratung der Prüfungskommission zu einem Verfahrensfehler führt, fänden somit hier keine Anwendung. Daher bedürfe es auch keiner Differenzierung zwischen der in der Sitzung am 14.06.2011 erfolgten Anhörung, Beratung und Beschlussfassung.
45 
Auch insoweit zeigt die Klägerin ernstliche Zweifel nicht auf.
46 
Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht als wesentlichen Verfahrensmangel betrachtet, wenn eine der Prüfungskommission nicht angehörende Person an deren Beratung teilnimmt. Die Sitzungen und Beratungen der Prüfungskommission stellen den Kernbereich der Prüfertätigkeit dar. Für sie schreiben die Prüfungsordnungen, welche das Prüfungsverfahren in seinen Einzelheiten normieren, Exklusivität vor: Teilnahmeberechtigt sind ausschließlich die bestellten Prüfer, es sei denn, dass ausnahmsweise die Mitwirkung dritter Personen ausdrücklich zugelassen wird. Damit wird der Besonderheit dieses Verwaltungsverfahrens Rechnung getragen, welches durch die Unabhängigkeit der Prüfer, den ihnen zuerkannten Beurteilungsspielraum und die Vertraulichkeit ihrer Beratungen geprägt ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.03.2009 - 6 P 8/08 -, BVerwGE 133, 289; BFH, Urteil vom 18.09.2012 - VII R 41/11 -, Juris; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.01.1995 - 14 S 2867/93 -).
47 
Bei dem hier handelnden Promotionsausschuss handelt es sich indes gerade nicht um eine - mit einem besonderen Beurteilungsspielraum und besonderer Unabhängigkeit ausgestattete - Prüfungskommission. Dies räumt auch die Klägerin ein. Deshalb hätte es besonderer Begründung bedurft, weshalb die aufgezeigten Grundsätze auch für die Zuziehung von Sachverständigen durch den Promotionsausschuss gelten sollen. Eine solche ist nicht erkennbar.
48 
So wird in der Antragsschrift nicht hinreichend dargelegt, weshalb eine etwaige Verletzung des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit der Sitzung des Gremiums ohne weiteres einen Anspruch der Klägerin auf Aufhebung der abschließenden Verwaltungsentscheidung nach sich ziehen sollte. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus Sinn und Zweck der Nichtöffentlichkeit der Gremiensitzungen. Nach den - mit dem Zulassungsantrag nicht in Frage gestellten - Feststellungen des Verwaltungsgerichts wurde ausweislich der Gesetzesbegründung die mit dem Landeshochschulgesetz 1973 erstmals eingeführte Regelung der Nichtöffentlichkeit der universitären Gremiensitzungen vorgesehen, um eine sachgerechte Beratung zu ermöglichen und die häufig von einer sogenannten aktiven Öffentlichkeit ausgehenden Störungen zu unterbinden (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hochschulgesetzes vom 22.05.1973, LT-Drs. 6/2520, S. 39 f.). Es hat ferner ausgeführt, selbst wenn dieser ursprüngliche Zweck der Nichtöffentlichkeit im Falle des Promotionsausschusses ergänzt werde durch die Schutzinteressen des betroffenen Promovenden, diene die Nichtöffentlichkeit in erster Linie der sachgerechten Ausschussarbeit. Dies kann auf der Grundlage des Antragsvorbringens nicht beanstandet werden.
49 
Wie oben dargelegt besteht der erforderliche Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen Verfahrensfehler und klägerischer Rechtsverletzung nur dann, wenn gerade die einschlägige Verfahrensbestimmung dem Schutz der materiell-rechtlichen Position des Klägers dient. Auf der Grundlage der Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist davon auszugehen, dass mit der Nichtöffentlichkeit primär der Zweck der störungsfreien, sachgerechten Durchführung eines Verwaltungsverfahrens verfolgt wird. Selbst wenn eine nichtöffentliche Beratung und Beschlussfassung in einem gewissen Umfang auch den privaten Belangen des jeweiligen Promovenden zugute kommen mag, betrifft dies allenfalls dessen Interesse an der Wahrung der Vertraulichkeit der Sitzung und damit seiner Persönlichkeitsrechte. Sie dient aber nicht dem vorgezogenen Rechtsschutz des Promovenden im Verwaltungsverfahren im Hinblick auf seine materielle Rechtsposition. Dass der Ausschuss die Persönlichkeitsrechte der Klägerin in besonderer Weise in den Blick genommen hat, belegen die sich aus den Sitzungsniederschriften ergebenden wiederholten Mahnungen des Ausschussvorsitzenden zur Wahrung der Vertraulichkeit.
50 
Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht, dass der Ausschuss mit der Hinzuziehung der beiden Sachverständigen maßgeblich den Zweck verfolgte, in Wahrnehmung des Untersuchungsgrundsatzes (vgl. § 24 Abs. 1 und 2 LVwVfG; zur Schutzrichtung vgl. Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 24 Rn. 7) den Sachverhalt umfassend und sachgerecht aufzuklären und seine Entscheidung auf einer möglichst breiten Informationsbasis und mit der erforderlichen (auch juristischen) Sachkunde vorzubereiten (vgl. die Ausführungen in der Niederschrift vom 13.04.2011, Bl. 59 der Behördenakte). Mit Blick darauf fehlt es - im Unterschied etwa zu Fällen der Beteiligung befangener Amtswalter - an greifbaren Anhaltspunkten dafür, dass die Anwesenheit der beiden - im Übrigen nicht stimmberechtigten - Personen mit Gefahren für die sachliche Richtigkeit des Inhalts der Entscheidung des Promotionsausschusses verbunden war. Eine sachwidrige Beeinflussung des Ausschusses durch die anwesenden Personen wird von der Klägerin letztlich auch nicht behauptet (zu diesem Gesichtspunkt vgl. auch OVG Bautzen, Beschluss vom 07.04.1998 - P 5 S 20/97 -, NVwZ-RR 1999, 777).
51 
Schließlich hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass sich gegen die Zuziehung der Sachverständigen in den Sitzungen des Ausschusses kein Widerspruch von Ausschussmitgliedern erhob. Auch hätten sich die Klägerin und deren damalige Bevollmächtigte, die zumindest am ersten Teil der Ausschusssitzung am 14.06.2011 teilgenommen hätten, nicht gegen die Teilnahme der beiden Sachverständigen gewandt. Diese Feststellungen werden von der Klägerin nicht substantiiert in Frage gestellt. Auch in der - nach Akteneinsicht des Bevollmächtigten in die Behördenakten gefertigten - Widerspruchsbegründung wird die Anwesenheit der beiden Personen nicht moniert. Es ist danach davon auszugehen, dass bis zur Einreichung der Klagebegründung weder die Klägerin noch ihre Bevollmächtigten die Anwesenheit der Sachverständigen in den Ausschusssitzungen beanstandet haben. Dass sie und ihre Bevollmächtigten über den Umstand der Anwesenheit nicht dem Ausschuss angehörender Personen informiert waren, lässt sich ohne weiteres den vorliegenden Akten entnehmen (vgl. E-Mail des Ausschussvorsitzenden an das Büro der Klägerin vom 31.05.2011, Behördenakte Bl. 499; Niederschriften über die Sitzungen vom 13.04.2011 und vom 14.06.2011, Behördenakte Bl. 59 und Bl. 528 ff.).
52 
Bei dieser Sachlage ist der Klägerin jedenfalls die Berufung auf den geltend gemachten Verfahrensmangel verwehrt.
53 
§ 71 Abs. 3 Satz 3 LVwVfG, wonach mit dem Ablehnungsrecht eines Beteiligten hinsichtlich nach § 20 LVwVfG ausgeschlossener oder nach § 21 LVwVfG befangener Personen eine Rügeobliegenheit korrespondiert, ist ebenso wie § 43 ZPO und entsprechende prozessrechtliche Normen nur die besondere Ausprägung eines allgemeinen, das ganze Recht beherrschenden Rechtsgedankens. Die genannten Vorschriften stellen eine unwiderlegliche Vermutung dafür auf, dass ein Beteiligter mit der Person des zur Entscheidung berufenen Richters, Beamten oder Ausschussmitglieds einverstanden ist, wenn er sich trotz eines ihm bekannten Ablehnungsgrunds in eine Verhandlung einlässt oder Anträge stellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 02.07.1992 - 5 C 51.90 -, BVerwGE 90, 287, 290, zu § 71 Abs. 3 Satz 3 VwVfG des Bundes; vgl. auch Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 71 Rn. 18, 21).
54 
Diese Rügeobliegenheit ist erst recht im vorliegenden Fall anzunehmen, in dem als Verfahrensmangel nicht die Befangenheit oder der gesetzliche Ausschluss eines Ausschussmitglieds sondern - lediglich - die Anwesenheit nicht dem Ausschuss zugehöriger, als Sachverständige zugezogener Personen geltend gemacht wird. Denn während bei der Mitwirkung eines befangenen Ausschussmitglieds die Gefahr einer sachwidrigen Beeinflussung der abschließenden Entscheidung nahe liegt, ist dies bei der Anwesenheit einer nicht stimmberechtigten Person in einer Ausschusssitzung nicht der Fall (dazu bereits oben S. 19). Dementsprechend hat auch das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Teilnahme einzelner am Verfahren nicht beteiligter Bediensteter der Bundeswehrverwaltung an der Sitzung des Prüfungsausschusses für Kriegsdienstverweigerer jedenfalls dann nicht zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führt, wenn der Antragsteller dies nicht beanstandet hat (Urteil vom 17.07.1974 - VI C 34.73 -, BVerwGE 45, 351, 356). Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass eine noch während des Verwaltungsverfahrens erhobene Rüge der Klägerin oder ihrer Prozessbevollmächtigten dem Ausschuss ohne weiteres die Möglichkeit gegeben hätte, dem behaupteten Verfahrensmangel abzuhelfen (zu diesem Zweck der Rügeobliegenheit im Prüfungsrecht vgl. Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 219: „schnellstmögliche Korrektur oder Kompensation“; Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Aufl. 2007, Rn. 292).
55 
(2) Beschlussfassung über die Zuziehung von Sachverständigen
56 
Ob (allein) wegen fehlender Beschlussfassung über die Zuziehung der Sachverständigen in der Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 gegen § 6 Abs. 1 VerfahrensO verstoßen wurde, ist im Ergebnis ohne rechtliche Bedeutung. Entgegen § 14 der Verfahrensordnung ist bis zum Beginn der nächsten Sitzung des Promotionsausschusses am 03.11.2011 ein Einwand wegen eines Verstoßes gegen die Verfahrensordnung nicht erhoben worden. Auch die Begründung des Widerspruchs der Klägerin vom 18.11.2011 enthält keinen solchen Einwand, so dass sich die Frage, wer zur Erhebung von Einwänden nach § 14 VerfahrensO berechtigt ist, in diesem Zusammenhang nicht stellt.
57 
Im Übrigen dient das formale Erfordernis einer gesonderten Beschlussfassung über die Zuziehung der Sachverständigen ersichtlich nur der Ordnung des ausschussinternen Verfahrensablaufs und betrifft hier insbesondere die Handhabung des Untersuchungsgrundsatzes. Dies legt nahe, dass § 6 Abs. 1 Satz 2 VerfahrensO primär dem öffentlichen Interesse, allenfalls dem Schutz organschaftlicher Rechte dient; jedenfalls ist er typischerweise nicht darauf gerichtet, dem Bürger vorgezogenen Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren zu verschaffen (vgl. Kallerhoff, a.a.O., § 26 Rn. 81, 19 f.; § 24 Rn. 7, 58 ff.). Demgemäß kann ihre Verletzung nicht zu einem Aufhebungsanspruch der Klägerin gegenüber der abschließenden Verwaltungsentscheidung führen.
58 
bb) Die Klägerin rügt ferner, sowohl die Sitzung des Großen Fakultätsrats am 13.04.2011 als auch die Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 seien nicht ordnungsgemäß geleitet worden, denn es seien Beschlüsse über die Beschlussfähigkeit (§ 5 Satz 4 VerfahrensO) bzw. die Zuziehung von Sachverständigen nicht gefasst worden. Damit seien beide Gremien nicht beschlussfähig gewesen (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 VerfahrensO) und hätten auch keine rechtmäßigen Beschlüsse fassen können.
59 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass § 8 Abs. 1 Satz 1 VerfahrensO bereits nicht die von der Klägerin angenommene Bedeutung und Tragweite hat. Es hat ausgeführt, ein einfacher Fehler bei der Verfahrensgestaltung würde die ordnungsgemäße Sitzungsleitung nicht beseitigen. In der Verfahrensordnung der Beklagten sei nicht näher definiert, was unter „ordnungsgemäßer Sitzungsleitung“ im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 zu verstehen sei. Bei der Auslegung des Begriffes seien jedoch die Regelungen des § 5 der Verfahrensordnung (Leitung der Sitzung) zu berücksichtigen. Nach § 5 Satz 1 der Verfahrensordnung eröffne, leite und schließe der Vorsitzende die Sitzung. Nach Satz 3 dieser Vorschrift treffe er alle notwendigen Maßnahmen und Entscheidungen für einen geordneten Sitzungsablauf. Nach Satz 4 stelle er vor Eröffnung der Sitzung sowie gegebenenfalls jederzeit die Beschlussfähigkeit fest und lege - nach Satz 5 - im Zweifelsfall die Verfahrensordnung aus. Dadurch, dass dem Vorsitzenden die Sitzungsleitung - einschließlich der Klärung von Verfahrensfragen - obliege, werde deutlich, dass nicht jeder einfache Verfahrensfehler die ordnungsgemäße Sitzungsleitung aufhebe, sondern lediglich solche Situationen, in denen die Leitungsfunktion des Vorsitzenden durch Störungen vollständig aufgehoben werde. So läge der Fall - selbst wenn die Hinzuziehung der Sachverständigen unterblieben wäre - hier ersichtlich nicht.
60 
Diese überzeugenden Erwägungen werden mit der Antragsschrift nicht substantiiert in Frage gestellt. Die pauschale Einwand, die Argumentation mit dem Wortlaut von § 5 VerfahrensO sei dem Prozessbevollmächtigten nicht verständlich, es solle wohl darum gehen, dass „Marginalien keine Rolle spielen“, weckt keine konkreten Zweifel an der Begründung des Verwaltungsgerichts. Dass eine Fehlerfreiheit der Leitung nicht gefordert wird, folgt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - bereits aus dem die Leitung der Sitzung regelnden § 5 VerfahrensO. Danach trifft der Vorsitzende alle notwendigen Maßnahmen und Entscheidungen für einen geordneten Sitzungsablauf (Satz 3), stellt vor Eröffnung der Sitzung sowie gegebenenfalls jederzeit die Beschlussfähigkeit fest (Satz 4) und legt im Zweifelsfall die Verfahrensordnung aus. Bereits die Häufung der - hier hervorgehobenen - ausfüllungsbedürftigen unbestimmten (Rechts-)Begriffe legt es nahe, dass von deren im Einzelfall korrekten Auslegung die Beschlussfähigkeit des jeweiligen Gremiums nicht abhängig sein kann. Dies wird dadurch bestätigt, dass einerseits nach § 8 Satz 1 VerfahrensO die Beschlussfähigkeit u.a. von der ordnungsgemäßen Leitung abhängt und andererseits eben diese Beschlussfähigkeit vom die Sitzung leitenden Vorsitzenden nach § 5 Satz 4 VerfahrensO „ggf. jederzeit“ festzustellen ist. Sie kann daher nicht von jeglicher Abweichung von den Regelungen der Verfahrensordnung abhängig sein. Gleiches ergibt sich auch aus der Rügeregelung in § 14 VerfahrensO. Demnach bleiben Verstöße gegen die Verfahrensordnung unbeachtlich, wenn sie nicht rechtzeitig gerügt werden. Auch damit ist eine Unwirksamkeit von Entscheidungen wegen - nicht entdeckter bzw. nicht gerügter - Beschlussunfähigkeit nicht vereinbar.
61 
Schließlich dient auch § 8 der Verfahrensordnung in erster Linie dem geordneten Verfahrensablauf. Aus einer Verletzung dieser Vorschrift vermag die Klägerin einen Anspruch auf Aufhebung der abschließenden Sachentscheidung nicht abzuleiten.
62 
d) Zur Rechtswidrigkeit des Widerspruchsbescheids
63 
Im Hinblick auf die Zuständigkeit für den Erlass des Widerspruchsbescheids hat das Verwaltungsgericht auf § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG verwiesen. Danach obliege die Entscheidung über Widersprüche in Prüfungsangelegenheiten dem für die Lehre zuständigen Mitglied des Vorstands, vorliegend der Prorektorin für Studium und Lehre. Diese Zuständigkeit für Hochschulprüfungen erfasse grundsätzlich auch Promotionen und damit auch deren Entziehung als „actus contrarius“, da es sich bei Promotionen um Hochschulprüfungen handele. Diese Erwägungen stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. insbesondere Senatsbeschluss vom 14.09.2011, a.a.O.) und sind auf der Grundlage des Antragsvorbringens nicht zu beanstanden. Insoweit kann auf die Ausführungen unter I.2.a) Bezug genommen werden.
64 
e) Ermessen
65 
Auch ein Ermessensfehler beim Erlass der angegriffenen Bescheide kann nicht festgestellt und daher der Zulassungsgrund ernstlicher Richtigkeitszweifel hierauf nicht gestützt werden.
66 
Zu dem Einwand, die erhebliche Zeitspanne zwischen Verleihung des Doktorgrads und behördlicher Entscheidung habe in den Diskussionen des Promotionsausschusses keine Rolle gespielt, hat das Verwaltungsgericht ausgeführt:
67 
„Selbst wenn man davon ausginge, dass eine Berücksichtigung des Zeitablaufs zwischen Titelerteilung und Titelentzug mangels ausdrücklicher Erwähnung im Sitzungsprotokoll und in der Begründung des Ausgangsbescheids nicht in hinreichendem Maße stattgefunden und daher ursprünglich ein Ermessensfehler vorgelegen hätte, wäre dieser durch die in der Sitzung des Promotionsausschusses am 03.11.2011 getroffene Abhilfeentscheidung geheilt worden. Im Protokoll der Promotionsausschusssitzung vom 03.11.2011 heißt es - nachdem die Klägerin den zeitlichen Aspekt erstmals ausdrücklich in ihrer Widerspruchsbegründung geltend gemacht hatte - ausdrücklich: „Der Ausschuss kann außerdem nicht erkennen, dass sich Frau ... Rechtsposition durch Zeitablauf verfestigt hätte. Unbeschadet seiner Auffassung, dass im Falle der Dissertation Frau ... allein aufgrund der Quantität und der Qualität der Plagiate keine Nachbesserung in Betracht kommen kann, hält der Ausschuss die Nachbesserung eines bereits vor zehn Jahren veröffentlichten Buches nicht für vertretbar.“
68 
Mit dieser entscheidungstragenden Erwägung setzt sich die Antragsschrift nicht auseinander. Unabhängig davon ergibt sich aus der Niederschrift (Bl. 614-616, Bl. 615 d. Behördenakte), dass der Promotionsausschuss in seiner Sitzung vom 03.11.2011 diesen Gesichtspunkt ausdrücklich gesehen und gewürdigt hat.
69 
Entsprechendes gilt hinsichtlich des Vorwurfs eines denunziatorischen Charakters des Vorgehens gegen die Klägerin. Der Promotionsausschuss hat in seiner Sitzung vom 03.11.2011 zur Behauptung, er sei „auf Zuruf“ tätig geworden und habe sich zur „Figur“ in einer politisch motivierten Kampagne gegen die Klägerin machen lassen, ausdrücklich Stellung genommen (Bl. 615 der Behördenakte). Dass die Art und Weise der Berücksichtigung der monierten Gesichtspunkte durch den Promotionsausschuss im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ihrerseits ermessensfehlerhaft sei, wird von der Klägerin weder behauptet noch ist es sonst ersichtlich.
70 
Mit dem Vorbringen, die Entscheidung der Philosophischen Fakultät sei auch ermessensfehlerhaft, weil die Dissertation der Klägerin anders behandelt worden sei als zwei Dissertationen der Medizinischen Fakultät, in denen lediglich eine Rüge wegen erheblichen wissenschaftlichen Fehlerverhaltens ausgesprochen wurde, werden ernstliche Richtigkeitszweifel ebenfalls nicht dargelegt. Die Klägerin zeigt schon nicht schlüssig auf, dass die von ihr gegenübergestellten Sachverhalte überhaupt vergleichbar sind.
71 
Der von der Klägerin vorgelegten Pressemitteilung der Beklagten lässt sich entnehmen, dass die Medizinische Fakultät entschieden hat, den beiden Promovierten die Doktortitel nicht abzuerkennen, weil die Dissertationen trotz ihrer Mängel als eigenständige wissenschaftliche Arbeiten zu werten seien. Als Gründe, die gegen die Aberkennung der Titel sprechen, werden u.a. genannt, dass beiden keine vorsätzliche Täuschungsabsicht im Sinne eines systematischen Plagiarismus vorgeworfen werden könne, dass die Textübernahmen ausschließlich aus der Arbeitsgruppe des Doktorvaters stammten und dass beide eigenständige Leistungen im Rahmen der Doktorarbeit erbracht hätten und die Textübernahme nur die Diskussion und Zitierweise betreffe.
72 
Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht zur Arbeit der Klägerin in seiner Entscheidung (u.a.). festgestellt, diese habe nicht nur einzelne Sätze, sondern vielmehr erhebliche, teilweise mehrseitige Passagen - zum Teil samt Fußnoten - aus fremden Texten anderer Autoren wortgleich oder nahezu wortgleich übernommen, ohne dies hinreichend kenntlich zu machen. Ihre Darlegungen erweckten den falschen Eindruck, Formulierung und Inhalt des Textes stammten insoweit als eigene gedankliche Leistung von ihr. An anderer Stelle wird ausgeführt, der Plagiatsvorwurf treffe die Klägerin (somit) nicht nur vereinzelt oder im Sinne einer unsachgemäßen Handhabung der Zitierweise; vielmehr ließen die von der Beklagten aufgefundenen Stellen den Schluss zu, dass die Klägerin fremde Passagen wiederholt und planmäßig als eigene wissenschaftliche Arbeit ausgewiesen habe. Eine systematische und planmäßige Übernahme fremden Gedankenguts ergebe sich bereits daraus, dass sich die Plagiate an mehreren Stellen der Dissertation auffinden ließen und verschiedene Fremdautoren beträfen. Die von der Beklagten aufgezeigten Übernahmen aus verschiedenen Quellen wiesen die Gemeinsamkeit auf, dass längere Passagen wortwörtlich übernommen worden seien, ohne dass dies in ausreichender Weise kenntlich gemacht worden wäre. Für einen Großteil der betroffenen Passagen sei eine Quellenangabe überhaupt nicht erfolgt. Im Rahmen der Ermessensausübung stellt das Gericht darauf ab, dass es rechtlich in keiner Weise zu beanstanden sei, dass die öffentlichen Interessen an der Entziehung des Doktorgrades im Ergebnis höher bewertet worden seien. Zutreffend habe der Promotionsausschuss hierbei auf das ganz erhebliche Ausmaß der Plagiate der Klägerin und das Gewicht der wissenschaftlichen Unredlichkeit abgehoben. Einem etwaigen Vertrauensschutz hält das Verwaltungsgericht entgegen, dass ihr eine vorsätzliche Täuschung vorzuwerfen sei.
73 
Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen, die von der Klägerin mit der Antragsschrift nicht in Zweifel gezogen werden, ist für den Senat bereits eine Vergleichbarkeit der angesprochenen Sachverhalte nicht erkennbar.
II.
74 
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO weist eine Rechtssache auf, wenn angesichts des Vorbringens im Zulassungsantrag nicht ohne weiteres geklärt werden kann, ob die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts richtig ist, und die Komplexität des Verfahrens daher die Festlegung des Rechtsmittelgerichts bereits im Zulassungsverfahren untunlich erscheinen lässt und die Durchführung eines Berufungsverfahrens gebietet (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 20.05.2010, a.a.O., und vom 19.09.2000 - 9 S 1607/00 -, Juris; Bay. VGH, Beschluss vom 27.11.2009 - 21 ZB 09.1589 -, Juris; dazu auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, VBlBW 2000, 392).
75 
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil bereits im Rahmen des Zulassungsverfahrens - auch und gerade unter Würdigung des Zulassungsvorbringens - sicher beurteilt werden kann, dass das Verwaltungsgericht im Ergebnis richtig entschieden hat und hierfür nicht erst ein Berufungsverfahren, etwa zur Beantwortung schwieriger oder neuer Rechtsfragen, erforderlich wäre (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 20.05.2010, a.a.O., und vom 07.01.1998 - 7 S 3117/97 -, NVwZ-RR 1998, 371; OVG NRW, Beschluss vom 06.07.2007 - 19 A 4728/06 -, Juris). Zur Begründung wird auf die Ausführungen unter I. verwiesen.
76 
Soweit die Klägerin vorträgt, bereits die Menge des Streitstoffes und die Länge des angegriffenen Urteils seien Beleg dafür, dass der Fall besondere tatsächliche bzw. rechtliche Schwierigkeiten aufweist, ist dem nicht zu folgen. Zwar weist das Urteil des Verwaltungsgerichts mit 45 Seiten einen überdurchschnittlichen Umfang auf. Ursache hierfür ist jedoch weniger die Schwierigkeit der durch die vorliegende Fallgestaltung aufgeworfenen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen, als vielmehr die Vielgestaltigkeit der von Klägerseite erhobenen Angriffe auf die - insbesondere formale - Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide. Aus deren Zahl und Umfang ergeben sich indes nicht zugleich auch besondere rechtliche Schwierigkeiten.
III.
77 
Soweit die Klägerin ihren Zulassungsantrag auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache stützt, könnte diese nur angenommen werden, wenn es für die Entscheidung maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 -, Juris Rn. 25). Die nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO gebotene Darlegung dieser Voraussetzungen verlangt, dass unter Durchdringung des Streitstoffes eine klärungsbedürftige konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage aufgezeigt wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war und die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und dass ein Hinweis auf den Grund gegeben wird, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.11.2011 - 5 B 29/11 -, Juris, zum Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Diesen Anforderungen entspricht der Antrag nicht.
78 
Zunächst sind die in der Antragsschrift aufgeworfenen Fragen in der dort formulierten Allgemeinheit von vornherein berufungsgerichtlicher Klärung nicht zugänglich. Denn es handelt sich nicht um konkrete Fragen hinreichender Bestimmtheit.
79 
Im Übrigen nennt die Klägerin zwar einen vom Verwaltungsgericht vorgestellten „allgemeinen Grundsatz, wonach es die rechtliche Wirksamkeit der Bestellung des handelnden Staatsorgans nicht berührt, wenn die Wirksamkeit der Bestellung des handelnden Staatsorgans in Frage gestellt ist, solange diese Bestellung nicht in dem hierfür vorgesehenen Verfahren widerrufen oder für ungültig erklärt worden ist.“ Schon mit Blick darauf, dass das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang entscheidungstragend - auch - auf die spezialgesetzliche Unbeachtlichkeitsklausel des § 10 Abs. 5 LHG abgestellt hat, wird von der Klägerin, die diese Bestimmung im vorliegenden Zusammenhang überhaupt nicht erwähnt, die Entscheidungserheblichkeit der angedeuteten Problemstellung nicht dargelegt.
80 
Entsprechendes gilt für die gleichfalls genannte Abgrenzung von Nichtigkeit zur - bloßen - Rechtswidrigkeit von durch ein Kollegialorgan getroffenen Entscheidungen. Der Hinweis, der „Aspekt notwendiger Differenzierung zwischen Nichtigkeit und Rechtswidrigkeit scheint uns generell wenig ausgelastet und deshalb grundsätzlich klärungsbedürftig“, ist so allgemein und undifferenziert, dass damit weder die Entscheidungserheblichkeit noch die Klärungsbedürftigkeit einer konkreten rechtlichen Frage hinreichend aufgezeigt wird.
81 
Soweit die Klägerin schließlich den Aspekt der Wahl des Promotionsausschusses durch ein „unzuständiges Organ“ (Erweiterter Fakultätsrat anstelle von Fakultätsrat) unter dem Stichwort „fehlerhaft errichtete Behörde“ zu diskutieren sucht, genügt dies ebenfalls nicht den an eine zulässige Grundsatzrüge zu stellenden Anforderungen. Insbesondere fehlt es an der Darlegung, dass die zu diesem Gesichtspunkt ergangene obergerichtliche Rechtsprechung auch für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreit erheblich ist (vgl. auch bereits oben unter I.2.b) bb).
IV.
82 
Nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist die Berufung u.a. dann zuzulassen, wenn das angegriffene Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Sowohl die Abweichung als auch das „Beruhen“ der Entscheidung hierauf sind gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO „darzulegen“. Zur Darlegung der Rechtssatzdivergenz ist erforderlich, dass ein die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz aufgezeigt wird, der mit einem in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellten Rechtssatz in der Entscheidung des höheren Gerichts im Widerspruch steht. Eine Divergenz begründende Abweichung liegt nicht vor, wenn das Vordergericht einen Rechtssatz eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten höheren Gerichte übersehen oder - ob zu Recht oder nicht - als nicht anwendbar eingestuft hat (vgl. Senatsbeschluss vom 30.04.2012 - A 9 S 886/12 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.03.1997 - 8 S 664/97 -, DVBl. 1997, 1326).
83 
Danach wird mit dem Zulassungsantrag eine Divergenz nicht hinreichend dargelegt.
84 
Die Klägerin trägt vor, aus der Entscheidung des Senats vom 02.12.1997 - 9 S 2506/96 - (Juris Rn. 33) ergebe sich der Grundsatz, wonach die Mitwirkung fehlerhaft bestimmter Teilnehmer an der Entscheidung eines Kollegialorgans zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führe. Bei dieser Aussage handelt es sich nicht um einen die Entscheidung tragenden Rechtssatz, sondern um eine zusätzliche Überlegung (obiter dictum). Hierauf kann eine Divergenzrüge nicht gestützt werden (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 31.01.2011 - 8 B 32/10 -, Juris). Im Übrigen beruht die Rüge auf einem fehlerhaften Verständnis jener Senatsentscheidung (vgl. bereits oben S.12).
V.
85 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
86 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 18.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2013 (VBlBW Heft 1 2014, Sonderbeilage).
87 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG hinsichtlich der Streitwertfestsetzung).

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Fortsetzung des Klageverfahrens wird abgelehnt.

Das Klageverfahren ist durch den gerichtlichen Vergleich vom 13. Juni 2012 mit Ablauf der Widerrufsfrist am 20. Juni 2012 beendet.

Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Fortsetzung eines Klageverfahrens betreffend die im ersten Versuch abgelegte Bachelorprüfung. Die Beklagte macht geltend, das Klageverfahren sei durch den Abschluss eines Prozessvergleichs beendet.

2

Der Kläger unternahm als Student der beklagten Hochschule im Bachelorstudiengang Technische Informatik dreimal den Versuch, die Bachelorprüfung zu bestehen.

3

Im ersten Prüfungsversuch, auf den sich das hiesige Verfahren bezieht, gab die Beklagte dem Kläger am 26. Juni 2010 eine auf sechs Monate angesetzte Bachelorarbeit mit der Themenstellung „Portierung einer Softwarearchitektur für Autonome Fahrzeuge auf den Fraunhofer Volksbot“ aus. Betreuender Prüfer war der Zeuge Prof. Dr. A. Am 22. Dezember 2010 stellte der Kläger einen Antrag auf Verlängerung der Bearbeitungszeit auf acht Monate, da unbedingt eine Kamera für die Bildverarbeitung benötigt werde, die ihm nicht zur Verfügung stehe. Die Beklagte lehnte den Verlängerungsantrag am 5. Januar 2011 ab, da es nicht wesentlich auf die Kamera ankomme. Der Kläger erhob dagegen mit Schreiben vom 13. Februar 2011 Widerspruch. Seine Bearbeitung der Bachelorarbeit gab der Kläger am 26. Februar 2011 ab. Die Beklagte bewertete die Bachelorarbeit mit der Note „nicht ausreichend“. Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 16. März 2011 Widerspruch, zu dessen Begründung er vorbrachte, es habe ihm während der gesamten Bearbeitungszeit an einer einsatzbereiten, kalibrierten Kamera gefehlt, die für die Bewältigung der Aufgabe unerlässlich gewesen sei. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2011, zugestellt am 12. Mai 2011, zurück und führte aus: Nach der Allgemeinen Prüfungs- und Studienordnung für die Bachelor- und Masterstudiengänge an der Fakultät Technik und Informatik (v. 16.11.2006 – APSO-TI-BM) lägen die Voraussetzungen für die Anordnung einer erneuten ersten Bachelorprüfung nicht vor. Eine kalibrierte Kamera sei für die Bearbeitung nicht unverzichtbar gewesen.

4

Der Kläger hat am 10. Juni 2011 (damals unter dem Aktenzeichen 2 K 1306/11) wegen des ersten Prüfungsversuchs Klage erhoben.

5

Zwischenzeitlich wurde im zweiten Prüfungsversuch am 7. April 2011 die Bachelorarbeit zum Thema „Vergleichen und Optimieren von Algorithmen für die Positionsbestimmung eines autonomen Fahrzeugs mithilfe eines Laserscanners“ ausgegeben und am 15. November 2011 für nicht bestanden erklärt. Ein diesbezüglicher Widerspruchsbescheid erging am 6. April 2012 unter Fehldatierung auf den 6. April 2011. Der Kläger reichte hinsichtlich des zweiten Prüfungsversuchs am 11. Mai 2012 bei Gericht eine nicht unterschriebene Klageschrift ein. Eine Unterschrift in dem diesbezüglichen Klageverfahren, 2 K 1227/12, leistete er erst am 25. Mai 2012. Zur Begründung der Klage brachte er vor, die Beklagte habe mit großer Sorgfalt darauf achten müssen, nicht wieder durch eigene Fehler ihn, den Kläger, durchfallen zu lassen. Die Beklagte habe aber eine nicht lösbare Aufgabenstellung ausgegeben und Arbeitsmaterial sei nicht zur Verfügung gestellt worden. Ferner beantragte der Kläger wegen Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

6

Nachdem die Beteiligten im Klageverfahren wegen des ersten Prüfungsversuchs, 2 K 1306/11, darüber gestritten haben, ob die APSO-TI-BM oder die Prüfungs- und Studienordnung des Bachelorstudiengangs Technische Informatik an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (v. 22.11.2001, geändert am 7.12.2004 – PSOBScTI 2001) Anwendung finde und ob es zur Bearbeitung der Bachelorarbeit einer kalibrierten Kamera bedurft hätte, hat die Kammer den betreuenden Prüfer Prof. Dr. A. als Zeugen vernommen und den Kläger persönlich angehört. Die Beteiligten haben im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2012 nach Diktat durch das Gericht folgenden Vergleich genehmigt:

7

„1. Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit, dass die Beklagte dem Kläger eine weitere Möglichkeit zur Anfertigung der Bachelor-Arbeit im Studiengang Technische Informatik gewährt.

8

2. Einvernehmlich wird festgelegt, dass in diesem Fall die Prüfungs- und Studienordnung des Bachelorstudiengangs Technische Informatik an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg vom 22. November 2001 in der Fassung vom 7. Dezember 2004 auch über den 31. August 2012 hinaus gelten soll.

9

3. Das vom Kläger im Rahmen der nunmehr gewährten weiteren Möglichkeit zu bearbeitende Thema soll vom Prüfungsausschuss des Studiengangs Technische Informatik bestimmt werden. Die Person des betreuenden Prüfers wird vom Prüfungsausschuss des Studiengangs Technische Informatik bestimmt. Der Kläger verfügt hinsichtlich der Aufgabenstellung und hinsichtlich der Person des betreuenden Prüfers über ein Vorschlagsrecht. Dieses Vorschlagsrecht ist bis zum 31. Juli 2012 auszuüben.

10

4. Der Beginn der Bearbeitungszeit der Bachelor-Arbeit wird im Einvernehmen der Beteiligten festgelegt. Die Entscheidung des Prüfungsausschusses, mit der die Aufgabenstellung und die Person des betreuenden Prüfers bestimmt werden, ist dem Kläger bis spätestens zwei Wochen vor Beginn der Bearbeitungszeit schriftlich mitzuteilen. Dies soll bis zum 1. Oktober 2012 erfolgen. Der Beginn der Bearbeitungszeit wird auf Mitte Oktober 2012 avisiert.

11

5. Vor Beginn der Bearbeitungszeit stellt die Beklagte sicher, dass gegebenenfalls erforderliche Hilfsmittel zur Bearbeitung der Aufgabenstellung dem Kläger zur Verfügung stehen; sie gibt gegebenenfalls erforderliche Hilfsmittel bereits bei der Mitteilung der Aufgabenstellung an den Kläger an. Der Kläger hat binnen einer Woche Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Hilfsmitteln.

12

6. Eine Verlängerung oder Unterbrechung der Bearbeitungszeit ist nur aus Krankheitsgründen möglich. Sie setzt die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung voraus, auf Anforderung der Beklagten einer amtsärztlichen Bescheinigung, in der die krankheitsbedingte Verhinderung des Klägers an der weiteren Bearbeitung festgestellt wird.

13

7. Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit, dass dem Kläger über die Möglichkeit gemäß Ziff. 1 des Vergleichs hinaus keine weiteren Möglichkeiten zur Anfertigung einer Bachelor-Arbeit im Studiengang Technische Informatik gewährt werden.

14

8. Der Kläger übernimmt die Gerichtskosten dieses Verfahrens; die Beteiligten verzichten jeweils auf eine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten.

15

9. Das Verfahren 2 K 1227/12 wird übereinstimmend für erledigt erklärt. Für das Verfahren 2 K 1227/12 übernimmt die Beklagte die Gerichtskosten. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst. Die Beklagte erhebt keine Widerspruchsgebühren für die Erstellung der Widerspruchsbescheide in diesem Verfahren und in dem Verfahren 2 K 1227/12.

16

10. Die Beklagte hat das Recht, binnen einer Woche ab heute von diesem Vergleich zurückzutreten.“

17

Die Beklagte hat innerhalb der benannten Frist keinen Rücktritt von dem Vergleich erklärt.

18

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 28. Juni 2012 vorgebracht, das Protokoll der mündlichen Verhandlung sei nach Diktat richtig erstellt worden, doch sei das „Fristdatum für das Einreichen des studentischen Wunschthemas […] auf das vermutlich dem Sinn der Vereinbarung entsprechende Datum des 31.8.2012“ (Hervorhebung dort) zu „berichtigen“. Das Gericht hat dem Kläger mit Schreiben vom 3. Juli 2012 geantwortet, dass eine „Berichtigung“ nicht in Betracht komme, da das Protokoll unstreitig richtig erstellt sei.

19

Die in dem weiteren Prüfungsversuch am 18. Oktober 2012 ausgegebene Bachelorarbeit zum Thema „Entwicklung eines graphischen Videoschnittprogramms auf Basis der frei verfügbaren Bibliothek libavcodec“ sowie das sich am 27. Mai 2013 anschließende Kolloquium, wie auch insgesamt die Bachelorprüfung im dritten Versuch wurden mit „mangelhaft“ bewertet und die Bewertung mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2013 bestätigt.

20

Der Kläger hat dem Gericht mit Schriftsatz vom 27. Juni 2013 mitgeteilt, dass die Beklagte sich „nicht an die Absicht des Vergleichs (zu einem reibungslosen Bestehen in einem dritten Prüfungsversuch beizutragen)“ gehalten habe. Das Gericht hat dem Kläger am 3. Juli 2013 geantwortet, dass das Verfahren wegen des Abschlusses des Vergleichs beendet sei und deshalb keinen Einwendungen im Hinblick auf das Ergebnis des Vergleichs geltend gemacht werden könnten.

21

Der Kläger erhob hinsichtlich des dritten Prüfungsversuchs am 23. Dezember 2013 Klage, 2 K 5441/13, und brachte zur Begründung insbesondere vor, der Prüfer Prof. Dr. B. sei fachlich nicht geeignet gewesen und habe sich nicht um ihn, den Kläger, gekümmert. Es sei ein Netzwerkanschluss erforderlich gewesen und nicht gestellt worden. Nach Ablehnung des Antrags auf Prozesskostenhilfe (VG Hamburg, Beschl. v. 15.4.2014, 2 K 5441/13) und Zurückweisung der diesbezüglichen Beschwerde (OVG Hamburg, Beschl. v. 13.6.2014, 3 So 51/14) wies das Verwaltungsgericht Hamburg die Klage ab (VG Hamburg, Urt. v. 26.9.2014, 2 K 5441/13). Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (Beschl. v. 2.4. 2015, 3 Bf 177/14) stellte das Berufungszulassungsverfahren ein, nachdem der Prozessbevollmächtigte den Berufungszulassungsantrag zurückgenommen hatte. Nach Antrag des Klägers auf Fortsetzung des Zulassungsverfahrens stellte das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (OVG Hamburg, Beschl. v. 29.4.2015, 3 Bf 68/15.Z) fest, dass der Berufungszulassungsantrag zurückgenommen ist. Über die am 31. März 2015 beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht erhobene Wiederaufnahmeklage ist nach Verweisung (OVG Hamburg, Beschl. v. 30.4.2015, 3 E 9/15) an das Verwaltungsgericht Hamburg (2 K 2573/15) noch nicht entschieden worden.

22

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 21. August 2014 gegenüber dem Gericht erklärt, er fechte den in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 2 K 1306/11 geschlossenen Vergleich an. Zur Begründung bringt er insbesondere vor:

23

„Für die Zustimmung zum Vergleich wurde vom Gericht sozusagen im Namen der Beklagten das 'reibungslose Bestehen' zugesichert, weil die Beklagte sich beim dritten Mal ganz bestimmt Mühe geben würde. Dieses reibungslose Bestehen wurde nur mündlich zugesichert, aber nicht schriftlich. Ohne Versprechen seitens der Beklagten, diesmal zum 100%igen Bestehen der Prüfung beitragen zu wollen, ist der Vergleich wertlos. Dies merkt man am Ende auch daran, daß die Beklagte sich keine Mühe gegeben hat, und der Kläger ein drittes Mal durchfallen mußte.

24

Es gilt normalerweise der Grundsatz der Rechtssicherheit: Urteile eines Gerichts sollen möglichst für immer gelten. Einen Nutzen aus der Rechtssicherheit hatte aber nur die Beklagte, die den Kläger lässig ein drittes Mal durchfallen lassen konnte. Der Kläger hatte keine Rechtssicherheit (ein dritter Versuch wäre auch ohne Vergleich möglich gewesen). Es gibt keine schützenswerten Interessen. Deshalb gilt hier der Grundsatz der Rechtssicherheit nicht, der Vergleich kann nachträglich aufgehoben werden.

25

Eine Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile ergibt folgendes Ergebnis:

26

Die Beklagte hatte den Kläger zweimal schulhaft durchfallen lassen, der Kläger konnte deshalb trotz größten Arbeitseinsatzes oft bis in den späten Abend hinein (in der ersten Prüfung, während der zweiten Prüfung wurde mangels Arbeitsmitteln bei laufender Prüfungszeit die Klage geschrieben) nicht bestehen. Die Beklagte gab sich im dritten Versuch keine Mühe, weil der dritte Versuch nicht einklagbar sein sollte. Der Kläger arbeitete wieder, soviel er konnte, um am Ende doch durchzufallen.

27

Das Gericht wollte die Angelegenheit nicht 'bis zum bitteren Ende' weiterverfolgen und hat sich die Sache mit einem Vergleich sehr einfach gemacht.

28

[…]

29

Die Beklagte hat den Kläger zuerst zweimal nachgewiesen verschuldet durchfallen lassen. Anschließend hat die Beklagte den Kläger auf gleiche Art noch ein drittes Mal durchfallen lassen. Es ist deshalb nötig, den Vergleich rückgängig zu machen, weil die Rechtsansprüche für die Verhandlung zum dritten Versuch benötigt werden. Die drei Prüfungsversuche müssen als eine Einheit verhandelt werden.

30

Es liegt eine Täuschung des Klägers seitens des Gerichts vor:

31

Es war nicht aus juristischen Gründen zwingend notwendig, einen Vergleich zu formulieren, wie das Gericht den Anschein erweckt hatte. Es wäre viel rechtmäßiger gewesen, wenn die Klage mit beidermalige[m] Erfolg für den Kläger geendet hätte. Der Kläger hat bereits während der Verhandlung Kritik am Vergleich geäußert ('Was habe ich denn davon? Beide Klagen zu gewinnen ist doch viel besser.').

32

Das Gericht verfolgte eigene Interessen: es wollte einen Präzedenzfall verhindern.

33

Während das Gericht den Eindruck erweckte, daß der Vergleich nur vorläufig geschlossen werden sollte (Kläger: 'Was passiert denn, wenn der dritte Versuch auch mit ‚durchgefallen‘ endet?' Gericht: 'Dann ist aber ‘was los!!'), war das Entsetzen des Klägers groß, als eine Rechtsauskunft meinte, daß die Rechtsansprüche nicht nur vorübergehend (für den Versuch einer milden Lösung) zurückgenommen werden sollten, sondern eigentlich für immer (womit der Kläger selbstverständlich nicht einverstanden ist).“

34

Der Kläger meint, es liege ein nach § 117 BGB nichtiges Scheingeschäft vor, da die Beklagte dem „reibungslosen Bestehen“ als „Gegenzug“ zur beendeten rechtlichen Weiterverfolgung der Sache zugestimmt habe, dies aber nicht eingehalten habe. Aus gleichem Grund liege ein Mangel an Ernstlichkeit nach § 118 BGB vor. Eine Anfechtbarkeit wegen (Inhalts-)Irrtums nach § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB meint der Kläger daraus herleiten zu können, dass er bei Abschluss des Vergleichs den Eindruck gehabt habe, dass ihm keine Wahl geblieben sei. Eine Anfechtbarkeit wegen (Erklärungs-)Irrtums nach § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB folge daraus, dass er den Vergleich nicht gewollt habe und dies auch während der Verhandlung geäußert habe. Während der Verhandlung habe er geäußert: „Was habe ich denn von dem Vergleich? So habe ich nur einen Versuch, sonst hätte ich zwei bzw. drei Versuche.“ Die Anfechtungsfrist nach § 121 BGB sei gewahrt, da er die „Anfechtung bzw. die Kritik am Sinn des Vergleichs“ unverzüglich geäußert habe. Eine Anfechtbarkeit wegen Täuschung nach § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB sei daraus herzuleiten, dass er „kein Interesse an der Rücknahme“ der Klage habe haben können und „ihm weisgemacht“ worden sei, „daß der Vergleich besser für ihn“ sei. Die Anfechtungsfrist nach § 124 BGB sei eingehalten, da er „die Täuschung (bzw. die rechtlichen Möglichkeiten, die das Verhalten des Gerichts zur Täuschung werden lassen) erst vor ein paar Wochen entdeckt“ habe. Der Vergleich verstoße i.S.d. § 134 BGB gegen ein gesetzliches Verbot, da ein „Ausschließen von Rechtsansprüchen zum dritten Versuch […] nichtig“ sei, „weil der dritte Versuch laut Prüfungsordnung ein vollwertiger Versuch“ sei. Es gehöre zu den guten Sitten i.S.d. § 138 BGB, einen Studenten, der das Studium mit Ausnahme der Bachelorarbeit schon erfolgreich bestanden habe, nun auch noch die letzte Prüfung bestehen zu lassen. Der Vergleich sei (gemeint: nach § 140 BGB) „umgewandelt werden, in die direkte Anordnung des dritten Versuchs mit vollen Rechtsansprüchen des dritten Versuchs (der dritte Versuch ist damit einklagbar).“

35

Der Kläger trägt weiter vor, dass er sich in den Gerichtsverhandlungen zum dritten Prüfungsversuch unverstanden gefühlt habe. Aus dem E-Mail-Verkehr mit der Beklagten über die Durchführung des dritten Prüfungsversuchs ergebe sich, ob die Beklagte den Vergleich eingehalten habe.

36

Der Kläger beantragt,

37

das Klageverfahren fortzusetzen.

38

Die Beklagte beantragt,

39

festzustellen, dass das Klageverfahren durch den gerichtlichen Vergleich vom 13. Juni 2012 mit Ablauf der Widerrufsfrist am 20. Juni 2012 beendet ist.

40

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind die Sachakten in zwei Bänden sowie die Gerichtsakten der Verfahren 2 K 1227/12, 2 K 5441/13 und 2 K 2573/15. Darauf, sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte des hiesigen Verfahrens wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

41

I. Der vom Kläger gestellte Prozessantrag, das Klageverfahren fortzusetzen, hat keinen Erfolg. Stattdessen ist gemäß dem von der Beklagten gestellten Prozessantrag festzustellen, dass das Klageverfahren durch den in der mündlichen Verhandlung am 13. Juni 2012 abgeschlossenen Vergleich mit Ablauf der Widerrufsfrist am 20. Juni 2012 beendet ist. Eine Entscheidung in der Sache ist nicht veranlasst, da die Klage wegen der vergleichsweisen Erledigung nach § 106 VwGO nicht mehr anhängig ist. Der am 13. Juni 2012 abgeschlossene Vergleich ist mit fruchtlosem Ablauf der Widerrufsfrist am 20. Juni 2012 wirksam geworden.

42

Wegen der Doppelnatur des Prozessvergleiches würde einem vor Gericht geschlossenen Vergleich zwar auch seine verfahrensrechtliche Wirkung der Prozessbeendigung entzogen, wenn er aus materiell-rechtlichen Gründen nichtig wäre (BVerwG, Urt. v. 10.3.2010, 6 C 15/09, NJW 2010, 3048, juris Rn. 12; Urt. v. 28.3.1962, V C 100/61, BVerwGE 14, 103, juris Rn. 21; BGH, Urt. v. 20.3.2013, XII ZR 72/11, NJW 2013, 1530, juris Rn. 14). Doch ist der Vergleich vom 13. Juni 2012 nach materiellem Recht ein wirksames Rechtsgeschäft. Die Wirksamkeit des Vergleichs, obwohl in einer Prüfungssache geschlossen, beurteilt sich nach §§ 54 bis 62 HmbVwVfG (1.). Ausgehend davon liegend die formellen (2.) und materiellen Voraussetzungen (3.) eines wirksamen Vertrags vor.

43

1. Die Wirksamkeit des Vergleichs beurteilt sich auf Grundlage der §§ 54 bis 62 HmbVwVfG. Diese besonderen Vorschriften über den öffentlich-rechtlichen Vertrag sind anwendbar, obwohl der Vergleich vom 13. Juni 2012 eine Prüfungssache zum Gegenstand hat. Zwar sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG für die „Tätigkeit der Behörden bei Leistungs-, Eignungs- und ähnlichen Prüfungen von Personen sowie für die Tätigkeit der Schulen“ nur die in der Norm benannten Vorschriften anwendbar, womit insbesondere die Anwendung der in der Norm nicht genannten besonderen Vorschriften über öffentlich-rechtliche Verträge in §§ 54 bis 62 HmbVwVfG ausgeschlossen ist. Doch greift der Anwendungsausschluss vorliegend nicht. Denn obwohl der abgeschlossene Vergleich eine von der Beklagten abzunehmende Hochschulprüfung zum Gegenstand hatte, war die Beklagte bei Abschluss des Vergleichs nicht i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG bei einer Prüfung tätig. Im Einzelnen:

44

Bereits seinem Wortlaut nach betrifft der erste Satzteil des § 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG nur die „Tätigkeit […] bei […] Prüfungen“. Dies verweist darauf, dass in einer Prüfungssache der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vergleichsvertrags über allgemeine Verfahrensfragen außerhalb der spezifischen Prüfungssituation nicht ausgeschlossen ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 7.4.2014, OVG 10 N 90.11, NVwZ-RR 2014, 686, juris Rn. 15; vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 54 Rn. 3b), zumindest dann, wenn äußere Angelegenheiten, die der Leistungsbewertung vorausgehen, zum Gegenstand gemacht werden (Bonk/Neumann, Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 54 Rn. 27), beispielsweise der äußere Verfahrensablauf, ein Rücktritt von einer Prüfung wegen Prüfungsunfähigkeit oder die Gestaltung einer Wiederholungsprüfung (OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 13) oder die Anzahl der weiteren Prüfungsversuche (VG Berlin, Gerichtsbescheid v. 6.8.2013, 3 K 260/12, juris Rn. 4), wie es vorliegend der Fall ist.

45

Systematisch spricht gegen einen undifferenzierten Ausschluss der Anwendung insbesondere der §§ 54 bis 62 HmbHG für die Tätigkeit der Prüfungsbehörden, dass der Gesetzgeber im zweiten Satzteil des § 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG im Gegensatz zum ersten Satzteil für die „Tätigkeit der Schulen“ pauschal einen Anwendungsausschluss ausspricht. Die Systematik drängt auch insofern zu einer engen Auslegung des ersten Satzteils des § 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG, als diese Norm nicht nur die Anwendung der besonderen Regelungen über den öffentlich-rechtlichen Vertrag ausschließt, sondern auch die Anwendung der besonderen Regelungen etwa über Bevollmächtigte und Beistände in §§ 14 bis 19 HmbVwVfG. Damit steht im Zusammenhang, dass nach Sinn und Zweck § 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG vorliegend nicht eingreift: Für die Durchführung der Prüfung ist unmittelbar einsichtig, dass der Prüfling sich nicht vertreten lassen und nicht über das Prüfungsergebnis Vertragsverhandlungen führen darf. Diesen begrenzten Gesetzeszweck des Anwendungsausschlusses für die Tätigkeit bei Prüfungen belegt die Gesetzgebungsgeschichte. Da anzunehmen ist, dass der Landesgesetzgeber der Kodifikation bei gleichem Wortlaut keinen anderen Inhalt beimessen wollte als der Bundesgesetzgeber den Parallelvorschriften, kann auf den dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes zugrundeliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (Entwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes , BT-Drs. 7/910, S. 36) verwiesen werden. Dort heißt es:

46

„Die Verfahren bei Leistungs-, Eignungs- und ähnlichen Prüfungen von Personen weisen Besonderheiten auf, die eine uneingeschränkte Anwendung des Verfahrensgesetzes nicht zulassen (Nummer 2). So können z. B. die Vorschriften über Bevollmächtigte und Beistände sowie über von Amts wegen bestellte Vertreter auf diese Bereiche nicht angewendet werden, da z. B. im Prüfungsverfahren sich der Prüfling der Prüfung persönlich zu unterziehen hat. Bei den nicht aufgeführten Bestimmungen liegt eine vergleichbare Situation vor.“

47

Die nach dem die Auslegung steuernden Gesetzeszweck vorausgesetzte „vergleichbare Situation“ fehlt, soweit der Prüfling, nachdem er sich der Prüfung unterzogen und die Prüfungsbehörde ihn über das Ergebnis beschieden hat, sich in einem auf die Prüfung bezogenen Streit mit der Prüfungsbehörde über die Möglichkeiten der Wiederholung der Prüfungsleistung vergleichsweise einigt.

48

2. Auf Grundlage der §§ 54 bis 62 HmbVwVfG liegen die Voraussetzungen eines wirksamen Vertrages vor. Der Vergleich vom 13. Juni 2012 beruht entsprechend §§ 145 ff. BGB (i.V.m. § 62 Satz 2 HmbVwVfG) auf übereinstimmenden Willenserklärungen der vertragsschließenden Parteien. Ein Vertragsschluss liegt vor, da die Beteiligten beiderseits den auf Band aufgenommenen und sodann vorgespielten Vergleichstext in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2012 genehmigt haben. Aus der Vielzahl der vom Kläger angeführten Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die nach Maßgabe des § 62 Satz 2 HmbVwVfG entsprechende Anwendung finden, folgt nicht die Nichtigkeit der den Vergleichsschluss konstituierenden Willenserklärungen der Beteiligten. Dies gilt selbst dann, wenn zu Gunsten des Klägers angenommen wird, dass er sich bei der Genehmigung nicht nach § 164 Abs. 1 BGB (i.V.m. § 62 Satz 2 HmbVwVfG) durch seinen damaligen Prozessbevollmächtigten hat vertreten lassen und es nicht entsprechend § 166 Abs. 1 BGB (i.V.m. § 62 Satz 2 HmbVwVfG) nur auf Willensmängel des Vertreters ankäme. Im Einzelnen:

49

Die in der Genehmigung des Vergleichstexts am 13. Juni 2012 liegenden Willenserklärungen der Beteiligten bilden weder entsprechend § 117 Abs. 1 BGB ein nichtiges Scheingeschäft (a)) noch sind sie entsprechend § 118 BGB mangels Ernstlichkeit nichtig (b)). Die Nichtigkeit der den Kläger bindenden Willenserklärung folgt auch nicht entsprechend § 142 Abs. 1 BGB aus der vom Kläger erklärten Anfechtung wegen eines Inhalts- oder Erklärungsirrtums entsprechend § 119 BGB (c)), wegen einer arglistigen Täuschung entsprechend § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB (d)) oder wegen einer widerrechtlichen Drohung entsprechend § 123 Abs. 1 Alt. 2 BGB (e)). Der geschlossene Vergleich ist weder wegen Fehlens der Vergleichsvoraussetzungen nach § 59 Abs. 2 Nr. 3 HmbVwVfG (f)) noch wegen eines beiderseitigen Irrtums über die Vergleichsgrundlagen nach der gemäß § 59 Abs. 1 HmbVwVfG entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 779 Abs. 1 BGB unwirksam (g)). Das Rechtsgeschäft ist auch nicht nach den gemäß § 59 Abs. 1 HmbVwVfG entsprechend anwendbaren Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot entsprechend § 134 BGB (h)) oder wegen Verstoßes gegen die guten Sitten entsprechend § 138 Abs. 1 BGB (i)) nichtig. Der Vergleichsvertrag ist schließlich nicht im Hinblick auf eine Umdeutung nach der gemäß § 59 Abs. 1 HmbVwVfG entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 140 BGB unwirksam (j)).

50

a) Soweit der Kläger meint, es liege ein nach § 117 Abs. 1 BGB (i.V.m. § 62 Satz 2 HmbVwVfG) nichtiges Scheingeschäft vor, da die Beklagte dem „reibungslosen Bestehen“ als „Gegenzug“ zur beendeten rechtlichen Weiterverfolgung der Sache zugestimmt, dies aber nicht eingehalten habe, kann seiner rechtlichen Bewertung nicht gefolgt werden. Es liegt nicht der von § 117 Abs. 1 BGB vorausgesetzte Tatbestand vor, dass eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wurde. Ein solches Scheingeschäft setzt voraus, dass das Vereinbarte nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien keine Geltung haben soll (BGH, Urt. v. 20.5.2011, V ZR 221/10, NJW 2011, 2785, juris Rn. 6). Maßgeblich dafür, ob eine Willenserklärung an einem Willensmangel leidet, ist dabei der Zeitpunkt, in dem der Erklärende die Willenserklärung abgibt, hier mithin der Zeitpunkt der Genehmigung des Vergleichstexts am 13. Juni 2012, nicht der nachfolgende Zeitraum der Durchführung des dritten Prüfungsversuchs. Es ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen, dass die Beteiligten bei Abschluss des Vergleichs am 13. Juni 2012 übereinstimmend den Willen hatten, dass das Vereinbarte nicht gelten sollte. Soweit das Klägervorbringen so zu verstehen ist, dass die Beklagte insgeheim das Vereinbarte nicht habe erfüllen wollen, so liegt dafür bereits kein Anhaltspunkt vor und wäre unabhängig davon kein Grund für eine Unwirksamkeit geltend gemacht. Denn entsprechend § 116 Satz 1 BGB (i.V.m. § 62 Satz 2 HmbVwVfG) ist eine Erklärung nicht deshalb nichtig, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen.

51

b) Soweit der Kläger meint, aus „gleichem Grund“ liege ein Mangel an Ernstlichkeit nach § 118 BGB (i.V.m. § 62 Satz 2 HmbVwVfG) vor, geht er fehl. Nach dieser Vorschrift ist eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden, nichtig. Ein solcher Mangel an Ernstlichkeit i.S.d. § 118 BGB kann unterschiedlichste Gründe haben. In Betracht kommt, dass der Erklärende aus einer persönlichen Stimmungslage wie etwa Scherzhaftigkeit, Ironie, Angeberei, bloßer Höflichkeit, Provokation oder Theatralik handelte (Armbrüster, in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2015, § 118 Rn. 5). Für all dies besteht aber kein Anhaltspunkt. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger oder der Beklagten bei der Genehmigung des Vergleichstextes am 13. Juni 2012 die Ernstlichkeit gefehlt und sie etwa aus Scherz den Vertragstext genehmigt hätten. Gegen einen Mangel an Ernstlichkeit im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung des Vergleichstexts am 13. Juni 2012 spricht auch, dass die Beteiligten bei der sich anschließenden Durchführung des dritten Prüfungsversuchs zunächst übereinstimmend von einem wirksamen Vertragsschluss ausgingen. So hat auch der Kläger in einer an die Beklagte gerichteten E-Mail vom 21. Juni 2012 (dem Gericht vorgelegt mit Schriftsatz v. 24.12.2015) die Wirksamkeit des Vergleichs zugrunde gelegt und ausgeführt, er habe in einem Vergleich „einen dritten Prüfungsversuch bei Zurückziehen der beiden Klagen bekommen“. Zusätzlich hat der Kläger in einer E-Mail an die Beklagte vom 26. Juli 2012 ausgeführt, ihm sei „durch einen gerichtlichen Vergleich ein dritter Versuch für die Bachelorprüfung gewährt“ worden.

52

c) Ohne Erfolg sucht der Kläger eine Anfechtung seiner Willenserklärung wegen eines Inhalts- oder Erklärungsirrtums entsprechend § 119 BGB (i.V.m. § 62 Satz 2 HmbVwVfG) zu begründen. Ein Anfechtungsgrund ergibt sich weder aus einem Erklärungsirrtum (aa)) noch aus einem Inhaltsirrtum (bb)) oder einem Eigenschaftsirrtum (cc)). Unabhängig davon fehlt es an einer rechtzeitigen Anfechtungserklärung (dd)).

53

aa) Der Kläger war nicht wegen eines Erklärungsirrtums zur Anfechtung berechtigt. Eine Willenserklärung kann nach § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB (i.V.m. § 62 Satz 2 HmbVwVfG) anfechten, wer (erste Voraussetzung) bei der Abgabe der Willenserklärung eine Erklärung dieses Inhalts nicht abgeben wollte, wenn (zweite Voraussetzung) anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde. Bereits die erste Voraussetzung ist nicht erfüllt. Denn der vorausgesetzte Erklärungsirrtum ist nur dann gegeben, wenn der Erklärende seine Willenserklärung in einer Gestalt abgibt, in der er sich nicht abgeben wollte, d. h. ihm die praktische Umsetzung seines Erklärungswillens in eine diesen Willen zutreffend kundgebende Äußerung missglückt, indem er sich etwa verspricht, verschreibt oder vergreift (Armbrüster, in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2015, § 119 Rn. 46 m.w.N.). Daran fehlt es im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung des Vergleichstexts. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich lediglich die Behauptung, er habe zu einem der Genehmigung vorausliegenden Zeitpunkt während der Vergleichsverhandlungen den Vergleich zunächst nicht abschließen wollen. Es ist aber nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen, er selbst oder der für ihn handelnde Prozessbevollmächtigte habe bei der Genehmigung des Vergleichstexts diese Genehmigung nicht erklären wollen und sich versprochen.

54

bb) Der Kläger war auch nicht wegen eines Inhaltsirrtums zur Anfechtung berechtigt. Eine Willenserklärung kann nach § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB (i.V.m. § 62 Satz 2 HmbVwVfG) anfechten, wer (erste Voraussetzung) bei der Abgabe der Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war, wenn (zweite Voraussetzung) anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde. Bereits die erste Voraussetzung ist nicht erfüllt. Denn der vorausgesetzte Inhaltsirrtum liegt nur dann vor, wenn zwar der äußere Tatbestand der Erklärung dem Willen des Erklärenden entspricht, dieser sich jedoch über die Bedeutung oder die Tragweite seiner Erklärung irrt (BVerwG, Urt. v. 10.3.2010, 6 C 15/09 u.a., NJW 2010, 3048, juris Rn. 18 m.w.N.). Im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung des Vergleichstexts fehlt es an einem Irrtum des Klägers über die Bedeutung oder die Tragweite der Erklärung. Im Einzelnen:

55

(1) Es liegt kein Anhaltspunkt dafür vor, dass der Kläger bei der Genehmigung des Vergleichstexts am 13. Juni 2012 nicht verstanden hat, dass er mit der Genehmigung einen Vergleichsvertrag mit der Beklagten schloss. Der Vortrag des Klägers, er habe bereits während der Verhandlung die Kritik am Vergleich geäußert: „Was habe ich denn von dem Vergleich? So habe ich nur einen Versuch, sonst hätte ich zwei bzw. drei Versuche.“ bestätigt, dass er wusste, mit einer Genehmigung des Vergleichstexts den Vergleichsvertrag abzuschließen. Dass der Kläger am 13. Juni 2012 wusste, dass er einen Vergleich genehmigte, bestätigt sein nachfolgendes Verhalten. So machte der Kläger mit E-Mails vom 21. Juni 2012 bzw. 26. Juli 2012 gegenüber der Beklagten geltend, er habe in einem Vergleich „einen dritten Prüfungsversuch bei Zurückziehen der beiden Klagen bekommen“ bzw. ihm sei „durch einen gerichtlichen Vergleich ein dritter Versuch für die Bachelorprüfung gewährt“ worden.

56

(2) Soweit der Kläger vorgetragen hat, das Gericht habe „den Eindruck“ erweckt, „daß der Vergleich nur vorläufig geschlossen werden sollte“, ist bereits nicht substantiiert dargelegt, dass sich der Kläger bei der Genehmigung des Vergleichstexts über Bedeutung und Tragweite seiner Erklärung irrte. Zutreffend war es, den Vergleich in dem Sinne als „vorläufig“ zu verstehen, dass mit ihm die Bachelorprüfung noch nicht insgesamt beendet war und ein Ergebnis noch ausstand. Bereits im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung des Vergleichstexts war hingegen für jeden offensichtlich, dass bei einem Misserfolg in dem durch den Vergleich eröffneten dritten Versuch eine Neudurchführung des ersten oder zweiten Versuchs ausgeschlossen war. Denn unter Ziffer 7 war ausdrücklich bestimmt, dass „dem Kläger über die Möglichkeit gemäß Ziff. 1 des Vergleichs hinaus keine weiteren Möglichkeiten zur Anfertigung einer Bachelor-Arbeit im Studiengang Technische Informatik gewährt“ werden sollten. Der Kläger wusste im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung des Vergleichstexts, dass er mit dem Abschluss des Vergleichs davon Abstand nahm, die auf die ersten beiden Prüfungsversuche bezogenen Klagen weiterzuverfolgen. Dies bestätigt die dem Vergleichsschluss vom 13. Juni 2012 zeitnah nachfolgende E-Mail vom 21. Juni 2012, mit welcher der Kläger gegenüber der Beklagten geltend machte, er habe in einem Vergleich „einen dritten Prüfungsversuch bei Zurückziehen der beiden Klagen bekommen“.

57

cc) Der Kläger war ferner nicht wegen eines Eigenschaftsirrtums zur Anfechtung berechtigt. Als zur Anfechtung berechtigender Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt entsprechend § 119 Abs. 2 BGB (i.V.m. § 62 Satz 2 HmbVwVfG) auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden. Es kann dahinstehen, ob es sich bei dem Eigenschaftsirrtum um einen ausnahmsweise beachtlichen Motivirrtum handelt (Nachweise zu den verschiedenen Ansätzen der Lehre: Armbrüster, in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2015, § 119 Rn. 105 ff.). Ein Motivirrtum besteht, wenn der Erklärende objektiv dasjenige erklärt, was er subjektiv erklären wollte, aber bei Abgabe seiner Erklärung einer Fehlvorstellung über den dafür maßgeblichen Beweggrund unterliegt (Armbrüster, a.a.O., Rn. 101). Denn es fehlt jedenfalls an dem gemäß § 119 Abs. 2 BGB vorausgesetzten Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft. Unter den Begriff der Eigenschaften der Sache fallen nach der höchstrichterlichen zivilgerichtlichen Rechtsprechung nicht nur die natürlichen (körperlichen) Eigenschaften, sondern auch solche tatsächliche und rechtliche Verhältnisse einer Sache, die zufolge ihrer Beschaffenheit und vorausgesetzten Dauer nach den Verkehrsanschauungen einen Einfluss auf die Wertschätzung der Sache auszuüben pflegen, allerdings nur dann, wenn sie für den Vertragspartner erkennbar dem Vertragsschluss zugrunde gelegt worden sind (Nachweise bei Armbrüster, in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2015, § 119 Rn. 103 f.). Dafür besteht kein Anhaltspunkt. Der Kläger hat bereits nicht dargelegt, dass er sich im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung des Vergleichstexts über ein tatsächliches oder rechtliches Verhältnis einer Sache, das nach der Verkehrsanschauung ihre Wertschätzung bestimmt, irrte und dies für die Beklagte erkennbar war.

58

dd) Unabhängig davon hat der Kläger die Anfechtung seiner Willenserklärung nicht entsprechend § 121 Abs. 1 BGB (i.V.m. § 62 Satz 2 HmbVwVfG) ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erklärt, nachdem er von den Umständen, aus denen er – zu Unrecht –einen Anfechtungsgrund herzuleiten sucht, Kenntnis erlangt hat. Von diesen Umständen hatte der Kläger bereits bei Abschluss des Vertrages Kenntnis. Dies ergibt sich aus seinem eigenen Vortrag, die Anfechtungsfrist sei gewahrt, da er die „Anfechtung bzw. die Kritik am Sinn des Vergleichs“ unverzüglich geäußert habe, womit er seine Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2012 meint. Der Kläger hat eine Anfechtung aber erst mit Schriftsatz vom 21. August 2014 erklärt. Sein Zögern ist als schuldhaft zu bewerten. Der Kläger hat zunächst unter Berufung auf den Prozessvergleich den weiteren Prüfungsversuch mit der am 18. Oktober 2012 ausgegebenen Bachelorarbeit und dem sich am 27. Mai 2013 anschließenden Kolloquium absolviert. Sodann hat er den das Nichtbestehen im weiteren Prüfungsversuch bestätigenden Widerspruchsbescheid vom 8. November 2013 abgewartet und nach Erhebung der diesbezüglichen Klage auch noch die Ablehnung des Antrags auf Prozesskostenhilfe (VG Hamburg, Beschl. v. 15.4.2014, 2 K 5441/13) und die Zurückweisung der diesbezüglichen Beschwerde (OVG Hamburg, Beschl. v. 13.6.2014, 3 So 51/14). Unabhängig davon wäre die Erklärung einer Anfechtung am 21. August 2014 auch dann nicht mehr unverzüglich und damit nicht rechtzeitig erfolgt, wenn der Kläger etwaige Umstände erst „vor ein paar Wochen entdeckt“ gehabt hätte. Ein mehrere Wochen andauerndes Zögern ohne benannten und nachvollziehbaren Grund ist als schuldhaft zu bewerten.

59

Vor dem 21. August 2014 hat der Kläger keine Anfechtung erklärt. Eine Anfechtungserklärung nach § 143 Abs. 1 BGB (i.V.m. § 62 Satz 2 HmbVwVfG) muss auf Grund ihres objektiven Erklärungswerts erkennen lassen, dass der Anfechtungsberechtigte seine vorangehende Erklärung nicht gelten lassen will (Busche, in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2015, § 143 Rn. 2). Dem Schriftsatz vom 28. Juni 2012, mit dem der Kläger geltend machte, das Protokoll der mündlichen Verhandlung sei nach Diktat richtig erstellt worden, doch sei das „Fristdatum für das Einreichen des studentischen Wunschthemas […] auf das vermutlich dem Sinn der Vereinbarung entsprechende Datum des 31.8.2012“ (Hervorhebung dort) zu „berichtigen“, lässt nicht erkennen, dass der Kläger seine Genehmigungserklärung nicht mehr gelten lassen wollte. Aus der Mitteilung des Klägers im Schriftsatz vom 27. Juni 2013, dass die Beklagte sich „nicht an die Absicht des Vergleichs (zu einem reibungslosen Bestehen in einem dritten Prüfungsversuch beizutragen)“ gehalten habe, geht lediglich die Rechtsauffassung des Klägers hervor, die Beklagte habe den Vergleichsvertrag nicht ordnungsgemäß erfüllt, nicht aber, dass er, der Kläger, sich nicht mehr an seiner Genehmigung des Vergleichstexts festhalten lassen wolle.

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d) Ohne Erfolg sucht der Kläger eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung entsprechend § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB (i.V.m. § 62 Satz 2 HmbVwVfG) zu begründen. Aus keinem der vom Kläger benannten Gesichtspunkte lässt sich ein Anfechtungsgrund nach dieser Vorschrift herleiten (aa)). Unabhängig davon wäre hinsichtlich bestimmter vom Kläger benannter Gesichtspunkte die Anfechtungsfrist versäumt (bb)).

61

aa) Ein Anfechtungsgrund entsprechend § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB liegt nicht vor. Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung bestimmt worden ist, kann nach dieser Vorschrift die Erklärung anfechten. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Es kann dahinstehen, wer nach dem Vortrag des Klägers eine Täuschung verübt haben soll: die Beklagte als Vertragspartnerin oder das Gericht. Ebenfalls kann dahinstehen, ob das Gericht im Rechtssinne Dritter war, so dass die Einschränkung des § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB Anwendung fände, wonach dann, wenn ein Dritter die Täuschung verübt, eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar ist, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Denn es fehlt im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung des Vergleichstexts bereits an einer Täuschung des Klägers, sei es durch die Beklagte oder durch das Gericht. Eine Täuschung setzt voraus, dass ein anderer oder Dritter beim Erklärenden vorsätzlich einen Irrtum erwecken oder aufrechterhalten möchte (Armbrüster, in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2015, § 119 Rn. 13). Eben dies wird mit dem Tatbestandsmerkmal der Arglist ausgedrückt, dem keine eigenständige Bedeutung beizumessen ist (Armbrüster, in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2015, § 119 Rn. 17). Danach setzt eine arglistige Täuschung eine Täuschungshandlung, einen dadurch erweckten oder aufrechterhaltenen Irrtum und Vorsatz voraus. Diese Voraussetzungen sind unter keinem der vom Kläger angeführten Gesichtspunkte erfüllt:

62

(1) Soweit der Kläger vorgetragen hat, er habe den Eindruck gehabt, dass ihm keine Wahl geblieben sei und es liege eine „Täuschung […] seitens des Gerichts vor“, da es „nicht aus juristischen Gründen zwingend notwendig“ gewesen sei, „einen Vergleich zu formulieren, wie das Gericht den Anschein erweckt“ habe, ist das Vorliegen eines Irrtums bereits nicht substantiiert dargelegt. Denn es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung des Vergleichstextes der Rechtsauffassung gewesen ist, er wäre rechtlich zur Genehmigung verpflichtet gewesen und ihm hätte nicht offen gestanden, die Genehmigung zu verweigern. Dem Vergleich vom 13. Juni 2012 gingen Verhandlungen voraus, die zum Gegenstand hatten, ob der Vergleich geschlossen wird. In den vom Kläger gebrauchten Worten war der Abschluss des Vergleichs nur eine Möglichkeit, „die Angelegenheit nicht 'bis zum bitteren Ende' weiterverfolgen“ zu müssen. Ausgehend davon hat das Gericht offengelegt, dass der Abschluss des Vergleichs nicht ohne Alternative war, um das Verfahren zu erledigen. Die Einschätzung des Klägers, das Gericht – welches im Rechtsstreit über den ersten Prüfungsversuch am 24. Februar 2012 mit drei Richtern mehrstündig erörtert und am 13. Juni 2012 mit fünf Richtern mehrstündig verhandelt hatte – habe „sich die Sache mit einem Vergleich sehr einfach gemacht“, bestätigt, dass der Abschluss eines Vergleichs nur eine Möglichkeit zur Erledigung des Verfahrens war und der Kläger dies auch wusste. Es trat offen zu Tage, dass der Vergleichsschluss prozessrechtlich nicht ohne Alternative war, ansonsten hätte unter Ziffer 10 des Vergleichs kein Vorbehalt des Widerrufs ausbedungen werden können. Der Vortrag des Klägers, er habe „bereits während der Verhandlung Kritik am Vergleich geäußert ('Was habe ich denn davon? Beide Klagen zu gewinnen ist doch viel besser.')“ bestätigt, dass er im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung des Vergleichstexts bewusst eine Wahl für den Abschluss des Vergleichsvertrages getroffen hat.

63

Unabhängig davon hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt, durch welche Täuschungshandlung die Beklagte oder das Gericht einen Irrtum erzeugt haben könnten und noch dazu unter Vorsatz. Denn in den vom Kläger gebrauchten Worten war der Abschluss des Vergleichs auch nach Darstellung des Gerichts nur eine Möglichkeit, „die Angelegenheit nicht 'bis zum bitteren Ende' weiterverfolgen“ zu müssen.

64

(2) Mit dem Vortrag des Klägers, „[f]ür die Zustimmung zum Vergleich […] sei vom Gericht sozusagen im Namen der Beklagten das 'reibungslose Bestehen' zugesichert [worden], weil die Beklagte sich beim dritten Mal ganz bestimmt Mühe geben würde“, ist zumindest nicht substantiiert dargelegt, dass die Beklagte oder das Gericht einen im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung des Vergleichstexts bestehenden Irrtum des Klägers erzeugt hätten, noch dazu vorsätzlich. Denn es hätte dem Sinn und Zwecks des Vergleichs, der unter Ziffer 1 dem Kläger die Möglichkeit einräumte, sich zum dritten Mal dem Versuch einer Bachelorprüfung zu unterziehen, widersprochen, ein Ergebnis der noch zu unternehmenden Prüfung bereits festzulegen. Die Auffassung des Klägers, ohne ein Versprechen der Beklagten, „zum 100%igen Bestehen der Prüfung beitragen zu wollen“, sei „der Vergleich wertlos“, trägt nur teilweise: Der Kläger durfte erwarten, dass die Beklagte unter Wahrung des berufsbezogene Prüfungen beherrschenden Gebots der Chancengleichheit nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG Prüfungsbedingungen zu schaffen bereit war, damit der Kläger die seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechende Prüfungsleistung würde erbringen können. Der Kläger durfte aber der Einräumung einer weiteren Prüfungschance nicht die Aussage entnehmen, ob die von ihm noch zu erbringende Prüfungsleistung den Anforderungen entsprechen würde. Denn es war gerade Sinn der Prüfung zu ermitteln, ob die Kenntnisse und Fertigkeiten des Klägers den in einer Bachelorprüfung zu stellenden Anforderungen genügten. Die Auffassung des Klägers ist insofern abwegig, als er entgegen der Natur eines Prüfungsversuchs eine Garantie „zum 100%igen Bestehen der Prüfung“ erwartete. Es ist nicht substantiiert dargelegt, dass die Beklagte oder das Gericht eine solche abwegige Auffassung des Klägers in ihm erzeugt oder aufrechterhalten hätten, noch dazu vorsätzlich.

65

(3) Der Vortrag des Klägers, „daß die Beklagte sich keine Mühe gegeben hat, und der Kläger ein drittes Mal durchfallen mußte“, ist lediglich Ausdruck seiner Rechtsauffassung, dass er in dem durch den Vergleich eröffneten dritten Versuch zu Unrecht nicht bestanden habe. Damit ist keine im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung des Vergleichstexts am 13. Juni 2012 bestehende Fehlvorstellung aufgezeigt. Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass er sich in den Gerichtsverhandlungen zum dritten Prüfungsversuch unverstanden gefühlt habe und sich aus dem E-Mail-Verkehr mit der Beklagten über die Durchführung des dritten Prüfungsversuchs ergebe, „ob die Beklagte den Vergleich eingehalten“ habe, berührt dies nicht die Wirksamkeit des am 13. Juni 2012 geschlossenen Prozessvergleichs. Die dem Abschluss des Vergleichs nachfolgende Durchführung des dritten Prüfungsversuchs einschließlich der am 18. Oktober 2012 ausgegebenen Hausarbeit ist ausschließlich Gegenstand des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens 2 K 5441/13, hinsichtlich dessen der Kläger unter dem Aktenzeichen 2 K 2373/15 eine Wiederaufnahmeklage verfolgt.

66

(4) Ein Umstand, über den er sich bei der Genehmigung des Vergleichstextes geirrt hätte, ist nicht dargelegt, soweit der Kläger vorgetragen hat, dass er „kein Interesse an der Rücknahme“ der Klage habe haben können. Zwar sind im Rahmen des § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB ohne die Einschränkung des § 119 Abs. 2 BGB alle Motivirrtümer beachtlich, sofern sie nur auf einer Täuschung beruhen (Armbrüster, in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2015, § 123 Rn. 2). Doch geht aus dem Vortrag des Klägers lediglich seine rückblickende Einschätzung hervor, dass der Vergleich für ihn ungünstig sei und er ausgehend von seinen Interessen die Klage besser bis zu einer streitigen Entscheidung weiterverfolgt hätte. Es ist kein rechtlicher oder tatsächlicher Umstand dargelegt, über den er im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung des Vergleichstexts eine Fehlvorstellung unterhalten hätte. Entsprechendes gilt für den Vortrag des Klägers, dass „ihm weisgemacht“ worden sei, „daß der Vergleich besser für ihn“ sei. Damit ist lediglich behauptet, ein anderer habe die Einschätzung in ihm, dem Kläger, geweckt, der Abschluss des Vertrages sei für ihn günstig. Da aber die „Günstigkeit“ des Vergleichs kein objektiv zu ermittelnder rechtlicher oder tatsächlicher Umstand ist, kann der Kläger darüber auch keiner subjektiven Fehlvorstellung, d. h. keinem Irrtum, unterlegen sein.

67

bb) Unabhängig davon, dass die vom Kläger benannten Gesichtspunkte keine Täuschung begründen, wäre die Anfechtungsfrist jedenfalls hinsichtlich der unter aa) (2) bis (4) benannten Umstände versäumt. Entsprechend § 124 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB ist die Anfechtung innerhalb eines Jahres ab der Entdeckung der etwaigen Täuschung zu erklären. Hinsichtlich der oben unter aa) (2) und (3) erörterten Gesichtspunkte ist die Jahresfrist durch die Anfechtungserklärung vom 21. August 2014 nicht gewahrt, da der Kläger spätestens mit der Eröffnung der Beurteilung im dritten Prüfungsversuch im Anschluss an das Kolloquium am 27. Mai 2013 wusste, dass ein „reibungsloses Bestehen“ nicht garantiert und ein Nichtbestehen möglich waren. Hinsichtlich der oben unter aa) (4) erörterten Gesichtspunkte hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt, wann er die vermeintliche Täuschung entdeckt habe, d. h. wann er zu der Auffassung gelangt sei, dass er „kein Interesse an der Rücknahme“ der Klage habe haben können und nicht „der Vergleich besser für ihn“ sei.

68

e) Die vom Kläger vorgebrachten Umstände tragen auch keine Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung entsprechend § 123 Abs. 1 Alt. 2 BGB (i.V.m. § 62 Satz 2 HmbVwVfG). Die Behauptung eines Beteiligten, er habe einen Vergleich tatsächlich so nicht schließen wollen, der Vergleich sei mehr auf Drängen des verhandlungsführenden Richters zustande gekommen, rechtfertigt nicht die Annahme eines Defizits im eigenen Willen und damit eine Anfechtung, weil das Gesetz Willenserklärungen unbeschränkt Geschäftsfähiger ungeachtet einer etwaigen Einflussnahme Dritter bis zur Grenze der arglistigen Täuschung oder widerrechtlichen Drohung für bindend erachtet (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24.6.2015, OVG 5 N 7.14, NVwZ-RR 2015, 797, juris Rn. 5). Eine Drohung setzt das vorsätzliche Inaussichtstellen eines künftigen Übels voraus, auf dessen Verwirklichung der Drohende Einfluss zu haben vorgibt, um damit auf die Willensentscheidung des Bedrohten einzuwirken (Ambrüster, Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2015, § 123 Rn. 97 m.w.N.). Für ein solches Inaussichtstellen eines künftigen Übels ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich.

69

f) Eine Unwirksamkeit des Vergleichs folgt auch nicht aus § 59 Abs. 2 Nr. 3 HmbVwVfG. Danach ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag i.S.d. § 54 Satz 2 HmbVwVfG nichtig, wenn die Voraussetzungen zum Abschluss eines Vergleichsvertrags nicht vorlagen und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers i.S.d. § 46 HmbVwVfG rechtswidrig wäre. Ein solcher Fall ist nicht gegeben. Die § 55 HmbVwVfG zu entnehmenden Voraussetzungen eines Vergleichsvertrags liegen vor. Danach ist ein Vergleich ein öffentlich-rechtlicher Vertrag i.S.d. § 54 Satz 2 HmbVwVfG, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird. Es handelt es sich um einen gemäß § 54 Satz 2 HmbVwVfG anstelle des Erlasses eines Verwaltungsaktes in der Hochschulprüfungssache von der beklagten Hochschule geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Der Vergleich beseitigte durch gegenseitiges Nachgeben eine bestehende Ungewissheit über die Anzahl der dem Kläger noch zustehenden Prüfungsversuche, indem er unter Ziffer 1 einen weiteren Prüfungsversuch gewährte, unter Ziffer 7 aber darüber hinausgehende Prüfungsversuche ausschloss. Vor Abschluss des Vergleichs bestand eine Unsicherheit darüber, ob der Kläger mit Erfolg die Annullierung wenigstens einer der bereits durchgeführten Prüfungsversuche oder die Durchführung eines dritten Prüfungsversuchs geltend machen konnte. Im Einzelnen:

70

Hinsichtlich des ersten Prüfungsversuchs („Portierung einer Softwarearchitektur für Autonome Fahrzeuge auf den Fraunhofer Volksbot“) war es nach der Vernehmung des Zeugen Prof. Dr. A. und der persönlichen Anhörung des Klägers durch die Kammer nicht ausgeschlossen, dass der Kläger mit seiner Klage in erster Instanz obsiegen würde. Das Verwaltungsgericht Hamburg hätte etwa die Auffassung einnehmen können, dass es zur Bearbeitung der Themenstellung durch den Kläger einer von der Beklagten gestellten kalibrierten Kamera bedurft hätte. Es war aber offen, ob etwa in einer zweiten Instanz das zuständige Berufungsgericht eine solche Auffassung geteilt hätte. Ein letztinstanzlicher Erfolg der Klage war nicht offensichtlich. Es wäre auch in Betracht gekommen, vor der Beantwortung der Frage, ob der Kläger mit seiner Klage obsiegt, zunächst dem Beweisantritt des Klägers durch Einholung eines Sachverständigengutachten nachzugehen, ob zu der Bearbeitung der Bachelorarbeit mit einem Software-Thema tatsächlich die vom Kläger geforderte Hardware zur Verfügung stehen musste.

71

Bezüglich des zweiten Prüfungsversuchs („Vergleichen und Optimieren von Algorithmen für die Positionsbestimmung eines autonomen Fahrzeugs mithilfe eines Laserscanners“) war der Erfolg der Klage im diesbezüglichen Verfahren, 2 K 1227/12, ebenfalls offen. Bereits die Zulässigkeit der Klage war unter dem Gesichtspunkt der Klagefrist nach § 74 VwGO fraglich. Der anwaltlich vertretene Kläger selbst hatte eine Versäumung der Klagefrist angenommen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, worüber noch nicht entschieden war. Wäre die Klage unzulässig gewesen, hätte das Gericht in der Sache selbst nicht entscheiden dürfen, insbesondere nicht zugunsten des Klägers. Wäre die Klage zulässig gewesen, hätte das Gericht in der Sache prüfen müssen, ob – entsprechend dem sich zu dem zweiten Prüfungsversuch wiederholenden Klägervorbringen – die Aufgabenstellung nicht lösbar gewesen war und Arbeitsmaterial nicht zur Verfügung gestanden hatte. Darüber war im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung des Vergleichstexts auch in erster gerichtlicher Instanz noch nicht verhandelt worden.

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Angesichts eines etwaigen zukünftigen dritten Prüfungsversuchs wäre zunächst die Frage zu beantworten gewesen, ob entgegen der damaligen Rechtsauffassung der Beklagten und mit der Rechtsauffassung des Klägers in zeitlicher Hinsicht die Prüfungs- und Studienordnung des Bachelorstudiengangs Technische Informatik an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (v. 22.11.2001, Amtl. Anz. 2002, S. 969 i.d.F. v. 7.12.2004, Amtl. Anz. 2005, S. 125 – PSOBScTI 2001) anwendbar war. Die Anwendbarkeit dieser Prüfungsordnung zugunsten des Klägers unterstellt hätte ferner eine Unsicherheit bestanden, ob nach § 13 Abs. 4 Satz 5 PSOBScTI 2001 die Tatbestandsvoraussetzung eines begründeten Falls vorlag, der die Ermessensentscheidung der Beklagten über einen dritten Versuch eröffnet hätte. Das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung des § 13 Abs. 4 Satz 5 PSOBScTI 2001 zugunsten des Klägers unterstellt hätte darüber hinaus eine Unsicherheit bestanden, ob die Beklagte ihr Ermessen dahingehend ausüben musste, dem Kläger einen dritten Prüfungsversuch zu gewähren.

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g) Der Vergleich ist nicht in entsprechender Anwendung des § 779 Abs. 1 BGB unwirksam. Nach dieser gemäß § 59 Abs. 1 HmbVwVfG entsprechend anwendbaren Vorschrift ist ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde. Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass die Verfahrensbeteiligten für eine vergleichsweise Regelung einen Rahmen nicht streitiger Umstände schaffen, die sie zur wesentlichen Grundlage der Streitbeilegung erheben (VGH München, Urt. v. 21.12.1999, 20 N 96.2625, 20 B 9620 B 96.2509, DVBl. 2000, 568, juris Rn. 33). Aus der Vorschrift des § 779 BGB folgt aber weiter, dass die Vergleichsparteien beim Abschluss eines Prozessvergleichs das Risiko dafür übernehmen, dass einseitige Bewertungen oder ungewisse Umstände, deren Bedeutung, Auswirkung und Einschätzung sie zur Streitbeilegung – vergleichsweise – geregelt haben, ggf. anders als erwartet zum Tragen kommen; d. h. verbindet ein Verfahrensbeteiligter mit vergleichsweise getroffenen Regelungen (einseitige) Erwartungen, die später nicht eintreten, so ist er an den Prozessvergleich gebunden (VGH München, a.a.O.; vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 18.2.2010, 1 A 10973/09, juris Rn. 68; VG Berlin, Gerichtsbescheid v. 6.8.2013, 3 K 260/12, juris Rn. 21). Es ist nicht ersichtlich, dass nach dem Inhalt des Vergleichs vom 13. Juni 2012 ein Sachverhalt von beiden Beteiligten als feststehend zugrunde gelegt worden ist, welcher der Wirklichkeit nicht entspräche. Vielmehr gingen beide Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die Anzahl der offenen Prüfungsversuche in Streit stand und darüber eine vergleichsweise Regelung getroffen werden sollte.

74

h) Zu Unrecht meint der Kläger ein „Ausschließen von Rechtsansprüchen zum dritten Versuch [sei] nichtig“ nach § 134 BGB, „weil der dritte Versuch laut Prüfungsordnung ein vollwertiger Versuch“ sei. Nach dieser, gemäß § 59 Abs.1 HmbVwVfG entsprechend anwendbaren Vorschrift ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot besteht dabei nicht bereits dann, wenn die getroffene Vereinbarung nicht mit allen formellen oder materiellen Rechtsvorschriften übereinstimmt, sondern erst dann, wenn und soweit der spezifische Sinn und Zweck der Vorschrift die Nichtigkeit auch einer von ihr abweichenden vertraglichen Regelung erfordert (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 59 Rn. 10; vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes , BT-Drs. 7/910, S. 81). Der Nichtigkeitsgrund setzt voraus, dass sich das gesetzliche Verbot gegen die Vornahme gerade eines Vertrags der vorliegenden Art zwischen den konkret beteiligten Vertragsparteien richtet; Verstöße gegen die materielle Gesetzmäßigkeit oder gegen materielle Ermächtigungsnormen allein genügen nicht (Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 11). Gegen ein gesetzliches Verbot verstößt der Vergleich vom 13. Juni 2012 nicht dadurch, dass er unter Ziffer 1 einen weiteren Prüfungsversuch gewährt und unter Ziffer 7 darüber hinausgehende Prüfungsversuche ausschließt. Es fehlt bereits an einem Verbotsgesetz, das einer vergleichsweisen Einigung über die zur Verfügung stehenden Prüfungsversuche entgegensteht. Ein solches Verbotsgesetz liegt insbesondere nicht in den Regelungen des § 13 Abs. 4 Satz 2 und Satz 5 PSOBScTI 2001 vor, die dem Prüfling einen Anspruch auf eine Wiederholung und in begründeten Fällen auf eine zweite Wiederholung der Bachelorarbeit einräumen. Der Verzicht des Prüflings auf Prüfungsversuche, auf die ein Anspruch besteht, ist dadurch nicht ausgeschlossen, da die dem Prüfling eingeräumten Prüfungsversuche zu seiner Disposition stehen. Umso weniger ausgeschlossen ist, dass der Prüfling, wie vorliegend der Kläger, im Wege eines Vergleichs auf etwaige Wiederholungsmöglichkeiten, die ungewiss sind (dazu s.o. g)), verzichtet und im Gegenzug die Sicherheit einer zuvor ungewissen Wiederholungsmöglichkeit erlangt.

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i) Zu Unrecht meint der Kläger eine Nichtigkeit mit dem Vortrag herzuleiten, dass es zu den guten Sitten gehöre, einen Studenten, der das Studium mit Ausnahme der Bachelorarbeit schon erfolgreich bestanden habe, nun auch noch die letzte Prüfung bestehen zu lassen. Nach der gemäß § 59 Abs. 1 HmbVwVfG entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das gegen die guten Sitten verstößt. Es überschreitet die Grenzen der guten Sitten nicht, sondern wird sogar im Gegenteil von ihnen gefordert, dass ein Student in einem Bachelorstudiengang auch die Bachelorprüfung bestehen muss, um den Studiengang erfolgreich abzuschließen. Es entspricht der Natur der Prüfung, dass der Prüfling bestehen oder aber nicht bestehen kann. Das gilt auch für den letzten Prüfungsversuch. Müsste jedem Studenten die letzte Prüfung erspart bleiben, würde die vorletzte Prüfung zur letzten Prüfung und müsste dem Studenten ebenfalls erspart bleiben, die vorvorletzte Prüfung dergleichen u.s.w. bis der Student überhaupt keine Prüfung mehr ablegen müsste. Auf diese Weise könnte die Qualität der zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führenden Ausbildung nicht gewährleistet werden.

76

j) Eine Erledigung des Rechtsstreits ist nicht wegen einer vom Kläger zu Unrecht für möglich erachteten Umdeutung des geschlossenen Vergleichs in einen Vergleich anderen Inhalts ausgeschlossen. Nach § 140 BGB (i.V.m. § 59 Abs. 1 HmbVwVfG) gilt dann, wenn ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts entspricht, das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde. Die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts ist mithin gerade nicht Rechtsfolge, sondern Tatbestandsvoraussetzung dieser Norm. Ein ohne die Umdeutung unwirksames Rechtsgeschäft wird nach Umdeutung zu einem wirksamen Rechtsgeschäft. Hier fehlt es jedoch bereits an einem ohne die Umdeutung unwirksamen Rechtsgeschäft, da der Vergleich, so wie er am 13. Juni 2012 von den Beteiligten geschlossen wurde, wirksam ist (s.o. a) – i)).

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II. Eine Kostenentscheidung ist gemäß § 161 VwGO veranlasst, da im Streit über die Fortsetzung des Klageverfahrens durch Urteil entschieden wird. Allerdings ist nur über die weiteren Kosten nach der vergleichsweisen Beendigung des Klageverfahrens zu befinden. Denn für die bis zur vergleichsweisen Beendigung angefallenen Kosten ist bereits im wirksamen (s.o. I.) Prozessvergleich vom 13. Juni 2012 unter Ziffer 8 eine Bestimmung über die Kosten aufgenommen worden, so dass insoweit eine gerichtliche Kostenentscheidung nach § 160 VwGO nicht zu treffen ist. Die weiteren Kosten fallen nach § 154 Abs. 1 VwGO dem Kläger zur Last, da er mit seinem Fortsetzungsbegehren unterliegt. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit unter Abwendungsbefugnis beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden

1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.

(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.


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(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Entziehung ihres Doktorgrades.
Die Philosophisch-Historische Fakultät der Beklagten verlieh der Klägerin am 21.08.2000 aufgrund ihrer Dissertation mit dem Titel „Historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik: Die Lateinische Münzunion 1865-1927“ und der mündlichen Prüfungen am 04.08.2000 und am 21.08.2000 den Grad eines Doktors der Philosophie. Die Dissertation wurde durch die von der Fakultät bestellten Gutachter, Prof. Dr. S. und Prof. Dr. Z., übereinstimmend mit dem Prädikat „cum laude“ (gut) bewertet. Die Arbeit wurde im Jahr 2001 im N.-Verlag veröffentlicht. Die Promotionsurkunde wurde der Klägerin mit Schreiben vom 08.01.2002 übersandt.
Nachdem das Dekanat der Philosophischen Fakultät Anfang April 2011 Kenntnis davon erhalten hatte, dass auf einer Internetplattform unter der Adresse http://de.vroniplag.wikia.com/wiki/xxx Belegstellen gesammelt würden, die den Verdacht begründen könnten, dass es sich bei der Dissertation der Klägerin in Teilen um ein Plagiat handeln könnte, billigte der Promotionsausschuss in seiner Sitzung am 13.04.2011 eine durch den Ausschussvorsitzenden eingeleitete Untersuchung der Vorwürfe. Die Mitglieder des Promotionsausschusses waren zuvor im Rahmen der Sitzung des Großen Fakultätsrats am selben Tag gewählt worden. Mit Schreiben vom 02.05.2011 teilte der Dekan der Philosophischen Fakultät der Klägerin den Stand des Untersuchungsverfahrens mit, übersandte eine synoptische Übersicht (Stand: 19.04.2011) über die mutmaßlichen nicht gekennzeichneten Übernahmen von Textstellen anderer Autoren, gab ihr die Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme und bot ihr an, sich auch persönlich zu den Vorwürfen zu äußern.
Mit Schreiben vom 25.05.2011 nahm die Klägerin zu den Vorwürfen Stellung. Voraussetzung für die Entziehung des Doktorgrades sei, dass dessen Verleihung rechtswidrig gewesen sei. Es lägen jedoch keine Anzeichen dafür vor, dass die beiden Gutachter oder der Promotionsausschuss rechtswidrig gehandelt hätten. Die Arbeit sei ordnungsgemäß von Prof. Dr. S. betreut und das Verfahren entsprechend den Vorgaben der Promotionsordnung durchgeführt worden. Sie habe ihre Dissertation in den Jahren 1996 bis 1999 als externe Doktorandin verfasst und dabei die im Literaturverzeichnis der Arbeit angegebenen Quellen verwendet. Für die Dissertation habe sie umfangreiche Recherchen vor allem in französischen Archiven durchgeführt. Die wissenschaftlichen Ergebnisse ihrer Arbeit beruhten auf ihrer eigenen wissenschaftlichen Leistung. Beide Gutachten hätten den eigenständigen wissenschaftlichen Beitrag gewürdigt, der sich aus der Bearbeitung der Primärquellen ableiten ließe, und seien seinerzeit der Auffassung gewesen, dass die Arbeit aufgrund dieser wissenschaftlichen Leistung den Voraussetzungen des § 7 der Promotionsordnung genüge. Beide Gutachten hätten aber auch explizit auf die Schwächen der Arbeit hingewiesen. Diese seien somit in das Votum mit eingeflossen und beide Gutachter hätten die Arbeit mit „cum laude“ bewertet. Dieser Empfehlung sei der Promotionsausschuss der Fakultät bei der - nach den kritischen Hinweisen der Gutachter sicherlich besonders sorgfältigen - Prüfung ihrer Arbeit gefolgt. Bei den in der übersandten Synopse aufgelisteten Textstellen ließen sich verschiedene Fallgruppen unterscheiden. Zum Teil handele es sich um Stellen, die die Darstellung historischer Ereignisse beträfen. Da die Arbeit einen historischen Hintergrund habe, sei die Darstellung historischer Ereignisse lediglich eine erläuternde Umgebung für die Schlussfolgerungen, die sie aus dem Quellenstudium gezogen habe. Es liege in der Natur der Sache, dass diese historischen Ereignisse - oft in sehr ähnlicher Weise - bereits von vielen Autoren beschrieben worden seien. Die Aussagen seien völlig allgemeiner Natur und sie erhebe an keiner Stelle den Anspruch, dass diese ihre eigenen wissenschaftlichen Erkenntnisse wären. Bei der zweiten Gruppe von Textstellen handele es sich um allgemeine Begriffsdefinitionen. Bei der Beschreibung für das Verständnis der Hintergründe notwendiger Begriffe habe sie teilweise eine ähnliche oder dieselbe Formulierung wie andere Autoren verwandt, ohne dies ausdrücklich zu kennzeichnen. Diese Begriffe seien vielfältig in Lehr- und Handbüchern erläutert worden, sie seien nicht Teil der von ihr erbrachten eigenen wissenschaftlichen Leistung und sie erhebe auch nicht einen solchen Anspruch. Eine weitere Fallgruppe seien Passagen, die handwerkliche Defizite aufweisen würden. Darauf hätten beide Gutachter in ihren Voten hingewiesen und dies auch in ihre Beurteilung einfließen lassen. Die Autoren, deren Werke sie verwendet habe, seien in der unmittelbaren Umgebung der betroffenen Textstellen, als Fußnote oder im Literaturverzeichnis aufgeführt. Sie habe sich keine wertende Stellungnahme anderer Autoren zu eigen gemacht. Weder habe sie ihre Schlussfolgerungen noch ganze Kapitel von anderen Autoren übernommen. Sie habe die Arbeit selbständig erstellt und ihr eigener wissenschaftlicher Beitrag sei eindeutig. Nach Übersendung einer aktualisierten Version der Synopse (Stand: 16.05.2011) wurde die Klägerin in der Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 persönlich angehört. Sie wiederholte im Wesentlichen ihre schriftlich formulierten Einwände. Weiter wies sie darauf hin, dass die problematische Kategorie der technischen Defizite lediglich einen geringen Teil der Dissertation (weniger als 1 % bezogen auf die Zeichenzahl ohne Leerstellen) betreffe. Angesichts des geringen Umfangs der problematischen Stellen sei zu fragen, ob diese nicht unterhalb der Bagatellgrenze blieben. Nach Abschluss der Anhörung und Beratung beschloss der Promotionsausschuss, der Klägerin den Doktorgrad zu entziehen.
In Ausführung dieses Beschlusses entzog der Vorsitzende des Promotionsausschusses mit Bescheid vom 22.06.2011 der Klägerin den mit Urkunde vom 21.08.2000 verliehenen Grad eines Doktors der Philosophie und gab ihr auf, die ihr übersandte Promotionsurkunde vom 21.08.2000 bis zum 15.07.2011 an die Beklagte zurückzugeben. Zur Begründung wurde ausgeführt, auf 80 Textseiten der Dissertation fänden sich insgesamt 125 Stellen, die als Plagiate zu klassifizieren seien. Diese Plagiate stammten aus 32 verschiedenen Publikationen, inklusive Einzelbeiträgen zu Handbüchern. Von diesen 32 Titeln seien 22 nicht im Literaturverzeichnis der Arbeit aufgeführt. Bei der großen Mehrheit der in der Dissertation aufgefundenen übernommenen Textstellen fehle ein Verweis auf den Originaltext, obwohl diese Textstellen entweder wortgleich oder fast wörtlich übernommen worden seien. Die Dissertation enthalte auch Übernahmen fremder Texte, die zwar mit korrekter Quellenangabe in der Fußnote aufgeführt, im Text aber nicht als Zitate gekennzeichnet seien. Festgestellt worden sei zudem eine hohe Zahl übernommener Textstellen in erläuternden Fußnoten, wobei der übernommene Originaltext lediglich in Teile zerlegt und an verschiedenen Stellen wiedergegeben worden sei. Größere Sinneinheiten seien ohne korrekte Kennzeichnung systematisch übernommen worden. Alle Kapitel der Arbeit enthielten längere Wortlaut- und Inhaltsübernahmen. Der Klägerin sei daher der Doktorgrad zu entziehen. Die Voraussetzungen eines Plagiats seien im Fall der Dissertation der Klägerin erfüllt: Sinneinheiten und nicht nur einzelne Gedanken seien ohne Quellenangaben übernommen worden; es sei erkennbar, dass das Plagiat planmäßig und nicht nur an wenigen isolierten Stellen erfolge; auch geringfügige Umformulierungen fremder Texte ohne Quellenangabe seien als Plagiat zu werten. Die von der Klägerin vorgenommene Klassifizierung und die damit verbundene Wertung bestimmter plagiierter Stellen als weniger gravierend sei nicht angemessen. Die Quantität und Qualität der im Text der Dissertation nachweisbaren Plagiate führten zu der zwingenden Schlussfolgerung, dass die Dissertation nicht als selbständige wissenschaftliche Arbeit zu bewerten sei. Angesichts der Vielzahl und des systematischen Charakters der Plagiate bestehe kein Zweifel daran, dass sich die Klägerin in ihrer Dissertation bewusst fremdes geistiges Eigentum angeeignet und als das eigene ausgegeben habe. Die Verleihung des Doktorgrades sei somit aufgrund falscher Voraussetzungen in Bezug auf die Eigenständigkeit der erbrachten wissenschaftlichen Leistungen erfolgt. Die Monita der Gutachter seien ausschließlich auf inhaltliche und formale Defizite bezogen gewesen, nicht aber auf erkannte Plagiate in der Arbeit. Auf die Frage, ob die Arbeit ohne die plagiierten Stellen noch als eigenständige wissenschaftliche Leistung gewertet werden könne, komme es nicht an, denn eine solche Arbeit könne nicht in Teilen, sondern nur als Ganzes betrachtet werden. Mildere Maßnahmen unterhalb der Entziehung des Doktorgrades, beispielsweise in Form einer Nachbesserungsauflage, seien angesichts der festgestellten Schwere der Verstöße gegen die wissenschaftliche Praxis und des zeitlichen Abstands zur Veröffentlichung der Arbeit nicht mehr vertretbar. Es sei berücksichtigt worden, dass die Entziehung des Doktorgrades hinsichtlich der beruflichen Laufbahn und gesellschaftlich negative Auswirkungen für die Klägerin haben könne. Diese persönlichen Folgen seien abzuwägen gegen die Notwendigkeit, aus einer so schwerwiegenden Täuschung über die Eigenständigkeit der erbrachten wissenschaftlichen Leistung Konsequenzen in Bezug auf die Führung des Doktorgrads zu ziehen. Diese Interessenabwägung habe ergeben, dass das Interesse der Wissenschaft und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Zuverlässigkeit und Redlichkeit eines verliehenen Doktorgrads das persönliche Interesse der Klägerin, durch die Führung des Doktorgrades ihre erfolgreiche Promotion zu dokumentieren und ihre beruflichen Chancen zu verbessern, überwiege. Diese Wertung beruhe auch auf dem Umstand, dass der Doktorgrad hauptsächlich Beleg für die Befähigung zu wissenschaftlichem Arbeiten und kein berufsqualifizierender Abschluss sei. Damit bedeute die Entziehung keine so schwerwiegende Beeinträchtigung der künftigen beruflichen Möglichkeiten der Klägerin, dass in Abwägung dazu ein Entzug des Doktorgrades unverhältnismäßig erschiene.
Am 18.07.2011 legte die Klägerin gegen den Bescheid Widerspruch ein und begründete diesen dahingehend, dass der Promotionsausschuss die Frage der materiellen Rechtmäßigkeit nicht nach Maßgabe des Gesetzes geprüft, sondern sich allein mit der Frage, ob ein „Plagiat“ vorliege, beschäftigt habe. Es stehe zwar außer Frage, dass die Dissertation Textpassagen enthalte, die ohne Kenntlichmachung als Zitat aus fremden Texten übernommen worden seien. Damit unterscheide sich die Arbeit jedoch nicht von einer Vielzahl anderer Dissertationen, in denen dies - sicherlich in Art und Umfang sehr unterschiedlich - ebenso der Fall sei.
Nachdem sich der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät in seiner Sitzung am 03.11.2011 mit der Widerspruchsbegründung befasst und dem Widerspruch nicht abgeholfen hatte, wies die Prorektorin für Studium und Lehre der Beklagten den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2011 zurück und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Promotion dem Nachweis der Befähigung zu vertiefter wissenschaftlicher Arbeit diene und auf einer selbständigen wissenschaftlichen Arbeit (Dissertation) beruhe. Die Beachtung des Grundsatzes der Selbständigkeit stelle dabei ein zentrales Kriterium für die Verleihung des Doktorgrades dar. Die anerkannten Grundsätze des wissenschaftlichen Arbeitens verlangten dabei, dass Textpassagen aus den Werken anderer Autoren genannt und entsprechend kenntlich gemacht würden. Durch die Vorlage der Dissertation würde das Einhalten dieser Grundsätze durch den Promovenden schlüssig erklärt. Der Doktorgrad wäre im vorliegenden Fall nicht verliehen worden, wenn bekannt gewesen wäre, dass die vorgelegte Dissertation in nicht unerheblichem Umfang nicht zitierte Textstellen aus Werken anderer Autoren enthalte. Die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes ergebe sich somit aus dem begangenen Plagiat. Bei den Plagiaten handele sich nicht nur um ganz vereinzelte Passagen, die mit mangelnder Sorgfalt zu erklären wären, vielmehr weise die Vielzahl der nicht aufgeführten Zitate auf eine vorsätzliche Übernahme gedanklicher Leistungen anderer Autoren hin. Auf die Frage, ob entsprechende Mängel auch in einer Vielzahl anderer Dissertationen vorhanden seien, komme es nicht an. Die Universität sei nicht verpflichtet, vorgelegte Dissertationen systematisch auf fremde, nicht zitierte Textstellen zu untersuchen. Erhalte sie dagegen substantiiert Kenntnis von einem derartigen Fehlverhalten, sei sie verpflichtet, den Sachverhalt aufzuklären. Der Promotionsausschuss habe aufgrund der Vielzahl der plagiierten Textstellen sein Entschließungsermessen dahingehend ausgeübt, dass die Einleitung einer eigenständigen Untersuchung unumgänglich sei. Die monierten Textstellen seien das Ergebnis der vom Promotionsausschuss eigenständig durchgeführten Untersuchung. Eine Selbstbindung der Verwaltung im Rahmen der Ermessensausübung komme schon deshalb nicht in Betracht, weil seit Bildung der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg im Jahr 2002 kein vergleichbarer Fall bekannt geworden sei. Auch im Übrigen sei die Ermessensausübung nicht zu beanstanden. Der Promotionsausschuss habe sich bei seiner Entscheidung mit Alternativen zum Entzug des Doktorgrades auseinandergesetzt. Ein milderes Mittel sei nicht in Betracht gekommen, da Plagiate schwerwiegende Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis seien, über die Eigenständigkeit der wissenschaftlichen Leistung täuschten und daher grundsätzlich nicht toleriert werden könnten. Der vorliegende Fall liege über der hypothetischen Bagatellschwelle, so dass ein milderes Mittel in Form einer Nachbesserung nicht in Betracht komme. Ob die beanstandeten Stellen bei einer besseren Kontrolle der Universität früher bemerkt und nur zur einer Aufforderung zur Nachbesserung geführt hätten, sei rein hypothetisch und für den vorliegenden Fall irrelevant. Wäre der Sachverhalt seinerzeit bekannt gewesen, wäre das Promotionsverfahren nicht fortgesetzt worden. Aufgrund der Vielzahl der plagiierten Textstellen wäre die Nachbesserung praktisch der Anfertigung einer neuen Dissertation gleichgestellt gewesen. Zudem erscheine die Nachbesserung eines bereits vor zehn Jahren veröffentlichten Buches nicht vertretbar. Grundsätzlich zulässige generalpräventive Erwägungen seien im vorliegenden Fall nicht angestellt worden.
Die Klägerin hat am 14.12.2011 Klage erhoben. Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag und führt ergänzend aus, die angefochtenen Bescheide seien zudem formell rechtswidrig. Nicht der Promotionsausschuss, sondern der Fakultätsvorstand sei für den Erlass der Entziehungsverfügung zuständig gewesen. Nach dem Inkrafttreten des Landeshochschulgesetzes bestehe für § 22 der Promotionsordnung bereits keine tragfähige gesetzliche Grundlage mehr. Während es im Universitätsgesetz eine gesonderte Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Promotionsordnungen und die dortige Festlegung des für die Entziehung des Doktorgrades zuständigen Universitätsorgans gegeben habe, fehle eine solche im Landeshochschulgesetz. Nach § 38 Abs. 4 Satz 2 LHG regele die Promotionsordnung die weiteren Zulassungsvoraussetzungen, die Höchstdauer der Promotionszeit und die Durchführung des Promotionsverfahrens. Eine Regelung der Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften sei demgegenüber nicht vorgesehen. Desweiteren fehle es keineswegs an einer landesrechtlichen Zuständigkeitsregelung, wie dies § 22 PromO verlange. Ohne Zweifel handele es sich vorliegend um eine Fakultätsangelegenheit und insofern ergebe sich die Zuständigkeitsregelung aus § 23 Abs. 3 LHG.
Zudem seien die Mitglieder des Promotionsausschusses nicht ordnungsgemäß bestimmt worden. Zum einen sei für die Wahl des Promotionsausschusses der Fakultätsrat, nicht aber der Große Fakultätsrat zuständig gewesen. Zwar bestehe nach der Grundordnung der Beklagten die Möglichkeit, dass ein Großer Fakultätsrat eingerichtet werde und - sofern er bestehe - dann die Aufgaben des Fakultätsrates übernehme. Die Einrichtung eines solchen Großen Fakultätsrates obliege jedoch ausschließlich dem Senat. Eine Delegation dieser Entscheidung auf den Fakultätsrat selbst, wie dies in der Grundordnung vorgesehen sei, sei nicht zulässig. Zudem fehle es hier an einem Beschluss des Fakultätsrates. Außerdem habe es zum Zeitpunkt der vermeintlichen Beschlussfassung hierfür noch gar keine normative Grundlage in der Grundordnung gegeben. Schließlich habe ausweislich des Protokolls am 16.02.2005 nicht der Fakultätsrat, welcher dann für die Entscheidung zuständig sein sollte, sondern der Erweiterte Fakultätsrat getagt. Aus der Tatsache, dass die Entscheidung über die Einrichtung eines Großen Fakultätsrates unwirksam sei, folge, dass der Fakultätsrat den Promotionsausschuss hätte wählen müssen, was jedoch nicht geschehen sei. Es sei zudem erforderlich, dass die Gremien - hier der Große Fakultätsrat - im Rahmen einer ordnungsgemäß einberufenen Sitzung entscheiden. Zur Prüfung, ob die Sitzung am 13.04.2011 ordnungsgemäß einberufen worden sei, seien die Einladungen vorzulegen. Weiter sei fraglich, ob der TOP 7 „Wahl des Promotionsausschusses“ wirksam in die Tagesordnung der Sitzung des Großen Fakultätsrats am 13.04.2011 aufgenommen worden sei. Die Wahl des Promotionsausschusses sei darüber hinaus verfahrensfehlerhaft gewesen, da sie nicht geheim und mit Stimmzetteln erfolgt sei. Zudem seien die Mitglieder des Promotionsausschusses zu Unrecht im Block gewählt worden. Eine Blockwahl würde es den Wählern unmöglich machen, individuelle Mehrheiten für die einzelnen Personen herbeizuführen. Ob es rechtlich statthaft gewesen sei, den Promotionsausschuss speziell für den Fall der Klägerin zu konstituieren, sei ebenfalls zweifelhaft.
10 
Zum anderen sei die abschließende Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 nicht ordnungsgemäß geleitet worden, da Prof. Dr. F. und Frau St. als Sachverständige anwesend gewesen seien, ohne dass zuvor ihre Hinzuziehung beschlossen worden sei. Die in der ersten Sitzung des Promotionsausschusses am 13.04.2011 getroffene Übereinkunft, eng mit der Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, deren Ombudsmann für die Geisteswissenschaften, der Rechtsabteilung und dem Rektorat zusammenzuarbeiten, ersetze den erforderlichen Beschluss zu Beginn der Sitzung nicht. Zum einen könne ein solcher Beschluss nicht als Vorratsbeschluss gefasst werden. Zum anderen habe sich der Ausschuss nur auf die Zusammenarbeit mit den genannten Institutionen, nicht aber auf die Teilnahme der konkreten Personen - Prof. Dr. F. und Frau St. - geeinigt. Dieser Verfahrensfehler sei auch kausal geworden. Es gebe gute Gründe dafür, dass der Promotionsausschuss nichtöffentlich verhandele. Jede weitere anwesende Person nehme Einfluss auf den Verlauf der Entscheidungsfindung, und die Sachverständigen hätten ein Rederecht. Es habe zudem den Anschein, als seien die Sachverständigen nicht nur bei der Beratung, sondern auch bei der Beschlussfassung anwesend gewesen. Das sei rechtlich noch nicht einmal erlaubt, wenn über die Hinzuziehung verfahrensordnungsgemäß entschieden worden wäre. Des weiteren sei die Beschlussfähigkeit des Gremiums nur gegeben, wenn die Sitzung ordnungsgemäß geleitet werde. Da zur ordnungsgemäßen Sitzungsleitung eben auch die Feststellung der Beschlussfähigkeit vor Eröffnung der Sitzung sowie die Beschlussfassung über die Zuziehung von Sachverständigen gehörten, fehle es an dieser Voraussetzung. Ein nicht beschlussfähiges Gremium könne auch keine rechtmäßigen Beschlüsse fassen.
11 
Wenn der Promotionsausschuss zuständig gewesen wäre, hätte auch die Widerspruchsentscheidung durch ihn - und nicht durch die Prorektorin für Studium und Lehre - erfolgen müssen. Es handele sich vorliegend nicht um eine Hochschulprüfungen betreffende Angelegenheit, so dass § 8 Abs. 2 Satz 1 LHG nicht einschlägig sei. Die Entscheidung, einen akademischen Grad zu entziehen, sei keine Entscheidung aus dem Bereich des Prüfungsrechts, denn elementarer Bestandteil prüfungsrechtlicher Entscheidungen sei die Bewertung von Prüfungsleistungen, worum es vorliegend offenkundig nicht gehe. Außerdem handele es sich bei der Promotionsordnung auch nicht um eine Prüfungsordnung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 LHG. Eine entsprechende Anwendung sei ausgeschlossen, da darin ein Verstoß gegen das Verbot, Eingriffsgrundlagen aus Analogien zu schließen, liege. Es sei zudem zweifelhaft, ob Frau Prof. Dr. N. tatsächlich das für Lehre zuständige Rektoratsmitglied der Beklagten sei. Außerdem werde bezweifelt, dass das Rektorat auf Vorschlag des Rektors bestimmte Geschäftsbereiche für seine Mitglieder festgelegt habe.
12 
Der angegriffene Ausgangsbescheid sei auch ermessensfehlerhaft, da nicht alle relevanten Gesichtspunkte in die Ermessensentscheidung eingestellt worden seien. Namentlich die erhebliche Zeitspanne zwischen Verleihung des Doktorgrades und behördlicher Entscheidung habe in den Diskussionen des Promotionsausschusses keine Rolle gespielt. Auch der denunziatorische Charakter der Sache spiele in den Erwägungen der Beklagten zu Unrecht keine Rolle. Eine nachträgliche Nachbesserung der Ermessenserwägungen sei unzulässig. Diese seien nicht in nachfolgenden Schriftsätzen, sondern durch den Promotionsausschuss in dessen Sitzung anzustellen gewesen, was ausweislich des Protokolls jedoch nicht erfolgt sei.
13 
Die Klägerin beantragt,
14 
den Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.11.2011 aufzuheben, hilfsweise, den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.11.2011 aufzuheben.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Sie nimmt Bezug auf die angefochtenen Bescheide und trägt ergänzend vor, der Promotionsausschuss sei für die Entscheidung über die Entziehung des Doktorgrades zuständig gewesen. Dies ergebe sich aus § 35 Abs. 7 Satz 2 LHG, wonach die Zuständigkeit für die Entziehung des Doktorgrades bei der jeweiligen Hochschule liege, und § 22 Abs. 1 der Promotionsordnung für die Philosophische Fakultät und die Neuphilologische Fakultät vom 22.09.2006 i.d.F. vom 24.05.2007, wonach der Promotionsausschuss für die Entscheidung innerhalb der Hochschule zuständig sei.
18 
Die Wahl des Promotionsausschusses sei zu Recht durch den Großen Fakultätsrat erfolgt, denn das Landeshochschulgesetz eröffne unter § 25 Abs. 3 Satz 1 die Möglichkeit, in der Grundordnung der Universität eine Regelung zur Einsetzung eines Großen Fakultätsrates zu treffen. Der Senat habe in § 16 Abs. 3 der Grundordnung generell festgelegt, diese Entscheidung den Fakultäten zu überlassen und entsprechend habe sich die Philosophische Fakultät am 16.02.2005 für die Einsetzung eines Großen Fakultätsrates entschieden. Zudem habe das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg der Grundordnung der Beklagten zugestimmt. Gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 der Grundordnung oblägen bei Einsetzung eines Großen Fakultätsrates diesem die Aufgaben des Fakultätsrates und damit auch die Wahl des Promotionsausschusses nach § 3 Abs. 2 der Promotionsordnung. Die Zweifel der Klägerin an der ordnungsgemäßen Aufnahme des neuen Tagesordnungspunktes 7 (Wahl des Promotionsausschusses) bei der Sitzung des Großen Fakultätsrates am 13.04.2011 entbehrten jeder Grundlage. Auch die Wahl des Promotionsausschusses durch den großen Fakultätsrat am 13.04.2011 sei - entsprechend den Vorgaben der Verfahrensordnung - geheim und mit Stimmzetteln erfolgt. Die vorangegangene Wahl des Promotionsausschusses der Philosophischen Fakultät habe am 25.10.2006 stattgefunden. Nach einem turnusmäßigen Dekanewechsel, sei die Wahl eines neuen Promotionsausschusses zunächst ausgesetzt worden, da keine dringenden bzw. streitigen Aufgaben angestanden hätten. Es sei nicht unüblich, solche Ausschüsse über die festgelegte Amtszeit weiter bestehen zu lassen, zumal die Beschlussfähigkeit über die Regelung von § 9 Abs. 2 LHG gesichert sei. Erst durch den Fall der Klägerin sei die ohnehin anstehende Wahl des neuen Promotionsausschusses dann umgehend in die Wege geleitet worden. Die kurzfristige Einberufung des Gremiums sei über die Regelung von § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung gedeckt. Die Anwesenheit von Nichtmitgliedern stehe einer wirksamen Beschlussfassung durch den Promotionsausschuss ebenfalls nicht entgegen, da nach § 3 der Verfahrensordnung Bedienstete der Verwaltung und Sachverständige zu einer Ausschusssitzung beratend hinzugezogen werden könnten. Frau St. und Herr Prof. Dr. F. hätten als beratende Sachverständige, Frau Dr. H., die Geschäftsführerin der Fakultät, in ihrer Funktion als Protokollführerin der Sitzung beigewohnt. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 der Verfahrensordnung sei es nicht erforderlich, zusätzlich zur Festsetzung der Tagesordnung einen separaten Beschluss über die Hinzuziehung von Sachverständigen zu treffen. Der Promotionsausschuss habe sich bereits in seiner ersten Sitzung, in der die Vorwürfe gegen die Klägerin besprochen worden seien, über die Hinzuziehung von Sachverständigen verständigt, indem er beschlossen habe, eng mit der Kommission zur Sicherung wissenschaftlicher Praxis, deren Ombudsmann für die Geisteswissenschaften, der Rechtsabteilung und dem Rektorat zusammenzuarbeiten. Nach damaligem Verständnis sei gemeint gewesen, dass die genannten Sachverständigen auch jeweils zu den Sitzungen des Promotionsausschusses hinzugezogen werden sollten. In den Sitzungen des Promotionsausschusses seien die in den Protokollen aufgeführten Sachverständigen und Auskunftspersonen jeweils vor der Festsetzung der Tagesordnung vom Ausschussvorsitzenden namentlich und mit ihrer jeweiligen Funktion vorgestellt worden. In keiner der Sitzungen sei Widerspruch gegen die Anwesenheit der Sachverständigen und deren Unterstützung erhoben worden. In dem dann jeweils folgenden Beschluss zur Feststellung der Tagesordnung sei der Beschluss über die Hinzuziehung von Sachverständigen und Auskunftspersonen enthalten gewesen. Abgesehen davon, dass die Hinzuziehung der Sachverständigen jeweils mit Zustimmung aller Mitglieder des Promotionsausschusses erfolgt sei, sei nicht erkennbar, wie sich das Fehlen eines gesonderten Beschlusses über die Hinzuziehung auf den Verlauf des Verfahrens und die Entscheidung des Promotionsausschusses ausgewirkt haben sollte.
19 
Für das Widerspruchsverfahren würden die gesetzlichen Vorgaben nach § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG gelten, demzufolge über Widersprüche in Prüfungsangelegenheiten das für Lehre zuständige Mitglied des Vorstandes, vorliegend die Prorektorin für Studium und Lehre, entscheide. Die Zuständigkeit für Prüfungsangelegenheiten umfasse grundsätzlich auch Promotionen und damit auch deren Entziehung. Aus dem vorgelegten Geschäftsverteilungsplan des Rektorats ergäben sich die verschiedenen Verantwortungsbereiche der Prorektoren und damit auch die Zuständigkeit von Frau Prof. Dr. N.. Auf Vorschlag des Rektors seien auch in der Vergangenheit jeweils die Geschäftsbereiche der Rektoratsmitglieder im Rektorat beschlossen worden.
20 
Sofern die Klägerin die Nichtberücksichtigung des Zeitablaufs zwischen Titelverleihung und Titelentzug rüge, entspreche dies nicht den Tatsachen. Innerhalb der Abwägung, ob mildere Mittel als der Titelentzug zur Anwendung hätten kommen können, sei bei den Überlegungen zu den beruflichen und politischen Folgen eines Titelentzugs für die Klägerin auch der zeitliche Faktor mit in die Erwägungen einbezogenen worden. Unbeschadet der Auffassung, dass allein aufgrund der Quantität und der Qualität der Plagiate eine Nachbesserung nicht möglich gewesen sei, sei eine Nachbesserung eines bereits vor zehn Jahren veröffentlichten Buches nicht vertretbar. Darüber hinaus habe der Zeitablauf keine eigenständige Bedeutung, insbesondere sei in Fällen wie dem vorliegenden, in dem die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes im Bereich der Klägerin gelegen habe, ein Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsaktes nicht schutzwürdig.
21 
Dem Gericht liegen fünf Hefte Akten der Beklagten vor. Auf den Inhalt dieser Akten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlungen waren, sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die zulässige Klage ist sowohl mit dem Hauptantrag (dazu unter I.) als auch mit dem Hilfsantrag (dazu unter II.) unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 und der Widerspruchsbescheid vom 30.11.2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
23 
I. Der Hauptantrag ist unbegründet.
24 
1. Die angegriffenen Verfügungen - der Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 (dazu unter a.) sowie der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.11.2011 (dazu unter b.) - sind formell ordnungsgemäß zustande gekommen.
25 
a. Der Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 ist formell rechtmäßig ergangen. Mit dem Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten hat das zuständige Organ der Fakultät über die Entziehung des Doktorgrades entschieden (aa.). Bei seiner am 14.06.2011 getroffenen Entscheidung war der Promotionsausschuss vorschriftsmäßig besetzt (bb.) und die Anwesenheit von Prof. Dr. F. und Frau St. in der Sitzung am 14.06.2011 führte nicht zur formellen Rechtswidrigkeit der Entscheidung (cc.). Schließlich war der Promotionsausschuss in seiner Sitzung am 14.06.2011 auch beschlussfähig (dd.).
26 
aa. Die Zuständigkeit für die Entziehung eines Doktorgrades liegt bei der Hochschule, die den Grad verliehen hat (§ 35 Abs. 7 Satz 2 LHG). Zuständiges Organ innerhalb der Hochschule hierfür ist der Promotionsausschuss der Beklagten, der in seiner Sitzung am 14.06.2011 über die Entziehung des Doktorgrades abschließend entschieden hat. In Ausführung dieses Beschlusses hat der Dekan der Philosophischen Fakultät als Vorsitzender des Promotionsausschusses den Bescheid vom 22.06.2011 erlassen.
27 
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Promotionsordnung der Universität Heidelberg für die Philosophische Fakultät und die neuphilosophischen Fakultät vom 22.09.2006 in der Fassung vom 24.05.2007 (im Folgenden: Promotionsordnung - PromO -) richtet sich die Entziehung des Doktorgrades nach den landesrechtlichen Bestimmungen. Soweit dort eine Zuständigkeitsregelung fehlt, ist der Promotionsausschuss zuständig (Satz 2). Die Zuständigkeit des Promotionsausschusses folgt hier aus § 22 Abs. 1 Satz 2, da die Promotionsordnung auf den vorliegenden Fall anzuwenden (dazu unter aaa.) und eine anderweitige Zuständigkeitsbestimmung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO nicht gegeben ist (dazu unter bbb.).
28 
aaa. Im vorliegenden Fall findet die Promotionsordnung und nicht etwa die frühere Fassung der Promotionsordnung der Universität Heidelberg für die Philosophisch-historische Fakultät, die Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaft und die Neuphilologische Fakultät vom 28.08.1989 ( - PromO a.F. -) Anwendung, nach deren § 10 Abs. 2 Satz 2 für die Entziehung des Doktorgrades, soweit eine Zuständigkeitsregelung fehlte, nicht der Promotionsausschuss, sondern der erweiterte Fakultätsrat zuständig war. Dies folgt daraus, dass sich die Rechtmäßigkeit der Entziehung eines Doktorgrades -und damit auch die Zuständigkeit des zur Entscheidung berufenen Gremiums -mangels anderweitiger Bestimmungen im Hochschulrecht als dem einschlägigen Fachrecht nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids richtet (ebenso unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HschR/NF 21A Nr. 19). Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids war die Promotionsordnung in Kraft, da sie auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage beruhte und formell rechtmäßig erlassen wurde.
29 
Die Promotionsordnung findet die Ermächtigung für ihren Erlass in § 38 Abs. 4 Sätze 1 und 2 LHG. Nach § 38 Abs. 4 Satz 1 LHG führt die Hochschule Promotionsverfahren auf der Grundlage einer Promotionsordnung durch, die vom Senat zu beschließen ist und der Zustimmung des Vorstandsvorsitzenden bedarf. Nach § 38 Abs. 4 Satz 2 LHG regelt die Promotionsordnung die weiteren Zulassungsvoraussetzungen, die Höchstdauer der Promotionszeit sowie die Durchführung des Promotionsverfahrens. Die Regelung der „Durchführung des Promotionsverfahrens“ umfasst sowohl die Entziehung des Doktorgrades als auch die Bestimmung des für die Durchführung des Promotionsverfahrens - und damit auch für die Entziehung -zuständigen Organs - hier des Promotionsausschusses.
30 
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte zur Frage der Ermächtigungsgrundlage für derartige Vorschriften einer Promotionsordnung zur Rechtslage nach dem Universitätsgesetz ausgeführt, Ermächtigungsgrundlage für Promotionsordnungen, in denen auch die Entziehung des Doktorgrades geregelt sei, sei § 54 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 und Nr. 9 des Universitätsgesetzes in der ursprünglichen Fassung vom 22.11.1977 (GBl. S. 473; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HschR/NF 21A Nr. 19). Nach § 54 Abs. 2 Satz 3, 1. Halbsatz UG i.d.F. 22.11.1977 bedurfte die vom Senat der Universität als Satzung zu beschließende Promotionsordnung der Zustimmung des Rektors. Der 2. Halbsatz der Vorschrift ordnete die entsprechende Geltung einzelner Vorschriften über Prüfungsordnungen, namentlich § 51 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 3 bis 7, 9 bis 13 UG, an. Zu diesen entsprechend anwendbaren Regelungen zählten insbesondere die Vorschriften über die Prüfungsorgane (§ 51 Abs. 2 Nr. 5 UG) sowie über die Folgen von Prüfungsverstößen (§ 51 Abs. 2 Nr. 9 UG), die demnach - so der Verwaltungsgerichtshof - auch im Rahmen einer Promotionsordnung geregelt werden dürften.
31 
Mit dem Landeshochschulgesetz wurde die Verweisung auf die Vorschriften über Prüfungsordnungen aufgegeben und stattdessen in § 38 Abs. 4 LHG eine eigenständige Regelung der Promotionsordnungen getroffen. Statt - wie bisher - die entsprechende Anwendbarkeit einzelner Regelungen zu statuieren, wurde in § 38 Abs. 4 Satz 2 LHG mit „Durchführung des Promotionsverfahrens“ ein weitreichender Oberbegriff eingeführt, der - abgesehen von den gesondert genannten Zulassungsvoraussetzungen sowie der Höchstdauer der Promotion - alle Verfahrensfragen umfasst. Dass auch die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsregeln Teil des Promotionsverfahrens sind und somit zu dessen Durchführung zählen, lässt sich bereits § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 UG entnehmen, der unter dem Begriff „Ablauf des Prüfungsverfahrens“ insbesondere den Beginn, die Gliederung, die Dauer des Prüfungsverfahrens, Prüfungstermine und die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften aufzählte. Auch die Gesetzesbegründung zum Landeshochschulgesetz stellt klar, dass durch die Neufassung des § 38 LHG und die eigenständige Regelung der Promotionsordnungen in dessen Absatz 4 keine inhaltliche Änderung vorgenommen werden sollte. Zu § 38 Abs. 4 LHG heißt es dort ausdrücklich, Absatz 4 entspreche inhaltlich dem bisherigen Recht von § 54 Abs. 2 Sätze 3 bis 5, Abs. 3 Satz 2 UG; die Neufassung umschreibe allerdings die Inhalte als Folge der Zielsetzungen der Novelle insbesondere in Satz 2 in anderer Weise (vgl. Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.10.2004, LT-Drs. 13/3640, S. 212). Die Zielsetzung des Landesgesetzgebers bei der Neufassung der Bestimmungen über die Promotion war es, die Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch intensive Betreuung der Doktoranden zu verbessern und dabei auf die bisherigen Detailvorgaben in § 54 Abs. 2 bis 4 UG zu verzichten (vgl. LT-Drs. 13/3640, S. 211).
32 
Die Promotionsordnung ist auch formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Der dazu gemäß § 38 Abs. 4 Satz 1 LHG berufene Senat der Beklagten hat die Promotionsordnung in seiner Sitzung am 19.06.2006 beschlossen. Bei dieser Senatssitzung war der zu diesem Zeitpunkt aus 19 Amts- und 20 Wahlmitgliedern bestehende Senat ordnungsgemäß besetzt und beschlussfähig. Insbesondere waren ausweislich des Protokolls der Senatssitzung am 19.06.2006 nur elf der insgesamt 39 Senatsmitglieder nicht anwesend, so dass keine Bedenken gegen die Beschlussfähigkeit des Senats bestehen. Die beiden bei der Sitzung des Senats ebenfalls anwesenden Gäste Frau Prof. Dr. J. und Herr Prof. Dr. Sch. waren jeweils zu anderen Tagesordnungspunkten geladen; Prof. Dr. W. war trotz seiner Nennung als Gast ausweislich der im Protokoll unter den Tagesordnungspunkte 11 und 12 angegebenen Erläuterungen aus gesundheitlichen Gründen an der Teilnahme verhindert. Mit seiner Unterschrift auf der Ausfertigung der Promotionsordnung am 22.09.2006 hat der damalige Rektor der Beklagten seine nach § 38 Abs. 4 Satz 1 LHG erforderliche Zustimmung zur Promotionsordnung erteilt. Zudem ist die Promotionsordnung entsprechend den Vorgaben des § 8 Abs. 6 Satz 1 LHG im Mitteilungsblatt des Rektors bekanntgemacht worden (vgl. Mitteilungsblatt des Rektors vom 25.09.2006, S. 749 ff.). Auch die nachfolgende, den § 22 PromO nicht betreffende Änderung der Promotionsordnung vom 24.05.2007 erfolgte wirksam durch den Beschluss des Senats vom 22.05.2007, die Zustimmungserteilung des Rektors vom 24.05.2007 und die nachfolgende Veröffentlichung im Mitteilungsblatt des Rektors (vgl. Mitteilungsblatt des Rektors vom 06.07.2007, S. 1765).
33 
bbb. Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 PormO war der Promotionsausschuss für die Entscheidung über die Entziehung des Doktorgrades zuständig. Denn es besteht keine vorrangige landesrechtliche Zuständigkeitsregelung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO, die den Rückgriff auf die subsidiäre Zuständigkeitsbestimmung des § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO und damit die Zuständigkeit des Promotionsausschusses ausschließen würde. Bei der allgemeinen Zuständigkeitsbestimmung des § 23 Abs. 3 Satz 1 LHG, wonach der Fakultätsvorstand für alle Fakultätsangelegenheiten im Sinne des § 22 Abs. 1 LHG zuständig ist, handelt es sich nicht um eine vorrangige Zuständigkeitsregelung. Dies folgt daraus, dass § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO unmittelbar Bezug nimmt auf Absatz 1 Satz 1, dessen Regelungsgegenstand ausschließlich die Entziehung des Doktorgrades ist. Nur wenn für diese spezielle Aufgabe - Entziehung des Doktorgrades - eine landesrechtliche Bestimmung bestünde, wäre diese vorrangig. So wäre etwa die frühere Regelung des Gesetzes über die Führung akademischer Grade vom 07.06.1939 (RGBl. I S. 985) i.V.m. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Führung akademischer Grade vom 21.07.1939 (RGBl. I S. 1326), welche nach 1945 als Landesrecht fortgalt und für die Entziehung des Doktorgrades die Zuständigkeit eines Rektor-Dekane-Ausschusses begründete (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54), eine derartige spezielle landesrechtliche Regelung, die in § 22 PromO gemeint ist. Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Regelung, wonach das Organ, das den Doktorgrad verleiht, auch über die Entziehung entscheidet. Denn in der Sache ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung vorlagen.
34 
bb. Der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät war bei seiner Entscheidung über die Entziehung des Doktorgrades der Klägerin auch vorschriftsmäßig besetzt. Die gewählten Mitglieder des Promotionsausschusses erfüllen die Anforderungen der Promotionsordnung (dazu unter aaa.); die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl der Ausschussmitglieder sind unerheblich (dazu unter bbb.).
35 
aaa. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 PromO werden die Mitglieder des Promotionsausschusses und je ein Stellvertreter vom Fakultätsrat für eine Amtszeit von zwei Jahren gewählt. Dass die Wahl des Promotionsausschusses hier anlässlich des Verfahrens der Klägerin am 13.04.2011 stattfand, ist nicht zu beanstanden. Die Amtszeit des zuvor am 25.10.2006 gewählten Promotionsausschusses war seit langem abgelaufen. Ob die Annahme der Beklagten zutreffend ist, dass die Mitglieder des Promotionsausschusses, solange kein neuer Promotionsausschuss gewählt worden ist, ihr Amt gemäß § 9 Abs. 2 LHG auch über mehrere Jahre hinweg weiterführen konnten, wenn kein neuer Promotionsausschuss gewählt wird, bedarf keiner Entscheidung. Aufgrund der bereits seit langem abgelaufenen Amtszeit der bisherigen Mitglieder des Promotionsausschusses bestand im April 2011 jedenfalls Anlass, den Promotionsausschuss neu zu wählen. Nach § 3 Abs. 3 PromO sind Mitglieder des Promotionsausschusses der Dekan oder ein Prodekan als Vorsitzender sowie vier weitere Hochschullehrer oder Privatdozenten der Fakultät, die hauptberuflich an der Universität Heidelberg tätig sind. Die vom Großen Fakultätsrat in seiner Sitzung am 13.04.2011 gewählten und am 14.06.2011 anwesenden Mitglieder des Promotionsausschusses erfüllen diese Voraussetzungen.
36 
bbb. Die von der Klägerin erhobenen Rügen gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses greifen nicht durch.
37 
Für derartige Einwände gegen die Rechtmäßigkeit von Gremienwahlen ist in der Verfahrensordnung der Beklagten ein gesondertes Verfahren vorgesehen. Nach § 14 Satz 1 der Verfahrensordnung muss der Einwand, Beschlüsse oder Wahlen seien nicht entsprechend dieser Verfahrensordnung zu Stande gekommen, spätestens bis zum Beginn der nächsten Sitzung (des betreffenden Gremiums) erhoben werden. Satz 3 regelt das anschließende Verfahren und bestimmt, dass, sofern der Einwand vom Gremium als berechtigt anerkannt wird, über die Angelegenheit erneut zu beraten und zu beschließen bzw. zu wählen ist. Damit soll sichergestellt werden, dass mögliche Verfahrensfehler einerseits zeitnah korrigiert werden können und andererseits die getroffenen Beschlüsse und durchgeführten Wahlen nach Ablauf der Frist (Beginn der nächsten Sitzung) Bestand haben. Dementsprechend hat die Beklagte die Stimmzettel zur Wahl des Promotionsausschusses in der dem 13.04.2011 nachfolgenden Sitzung des Großen Fakultätsrats vernichtet.
38 
Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl können darüber hinaus nicht - gleichsam als Vorfrage - im vorliegenden Rahmen der Anfechtung der Entziehungsverfügung geltend gemacht werden. Dies folgt aus dem in § 10 Abs. 5 LHG enthaltenen Rechtsgedanken sowie aus allgemeinen im Staats- und Verwaltungsrecht geltenden Grundsätzen.
39 
§ 10 Abs. 5 LHG lautet: „Ist die Wahl eines Gremiums oder einzelner Mitglieder eines Gremiums rechtskräftig für ungültig erklärt worden, so führt dieses Gremium in der bisherigen Zusammensetzung die Geschäfte bis zum Zusammentreten des auf Grund einer Wiederholungs- oder Neuwahl neugebildeten Gremiums weiter (Satz 1). Die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit dieser Mitglieder wird durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt (Satz 2). Satz 2 gilt bei einer fehlerhaften Besetzung von Gremien entsprechend (Satz 3).“ § 10 Abs. 5 Sätze 2 und 3 LHG treffen somit eine Regelung, die im Interesse der Rechtssicherheit dazu führt, dass die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit gewählter Mitglieder eines Gremiums der Universität, deren Wahl rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, durch die Ungültigkeit der Wahl oder durch sonstige Fehler, die zu einer fehlerhaften Besetzung des Gremiums führen, nicht berührt wird (ebenso zur früheren Regelung des § 109 Abs. 3 UG VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, juris).
40 
Gremium im Sinne dieser Vorschrift ist auch der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten (vgl. § 10 Abs. 1 LHG; ebenso § 1 der Verfahrensordnung der Beklagten). Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses müssen im vorliegenden Verfahren unbeachtet bleiben, denn erkennbare Zielsetzung des Landesgesetzgebers bei der Schaffung des früheren § 109 Abs. 3 UG, dessen Regelungen in § 10 Abs. 5 Sätze 1 und 2 LHG unverändert übernommen wurden (vgl. Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.10.2004, LT-Drs. 13/3640, S. 182), war es, Rechtssicherheit durch Anerkennung der Rechtsbeständigkeit der von den universitären Gremien geschaffenen Maßnahmen unabhängig von der etwaigen Fehlerhaftigkeit zugrundeliegender Wahlen zu schaffen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, juris). Dass dies auch die Intention des Landesgesetzgebers bei der Schaffung des Landeshochschulgesetzes war, wird daraus ersichtlich, dass neben der unveränderten Übernahme des § 109 Abs. 3 UG in § 10 Abs. 5 den Sätzen 1 und 2 LHG ein Satz 3 angefügt wurde, um - so die Begründung des Gesetzentwurfs - klarzustellen, dass die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit von Mitgliedern auch dann unberührt bleibt, wenn das Gremium aus anderen Gründen fehlerhaft besetzt sein sollte. Dies gelte insbesondere für die Amtsmitglieder eines Gremiums selbst, aber auch für vom Gremium gewählte Funktionsträger, z.B. für den Studiendekan und die Studienkommissionen sowie die Mitglieder von Prüfungsausschüssen usw. (vgl. LT-Drs. 13/3640, S. 182). Wird die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit der Mitglieder eines Gremiums sogar dann durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt, wenn diese Wahl rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, so muss dies erst recht dann gelten, wenn - wie hier - lediglich Einwände gegen die Gültigkeit der Wahlen erhoben werden (so schon zur Vorgängerregelung des § 109 Abs. 3 Satz 2 UG: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, juris).
41 
Darin liegt - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch kein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG, wonach die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht gebunden ist, denn die Unbeachtlichkeit derartiger Rügen ist Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes, wonach es die rechtliche Wirksamkeit staatlicher Rechtsakte nicht berührt, wenn die Wirksamkeit der Bestellung des handelnden Staatsorgans in Frage gestellt ist, solange diese Bestellung nicht in dem hierfür vorgesehenen Verfahren widerrufen oder für ungültig erklärt worden ist; auch dann wirkt der Widerruf oder die Ungültigkeiterklärung der Bestellung nur ex nunc. Das gilt im Staatsrecht für die Wahl der Landtage und des Deutschen Bundestages (BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 14 [38]; Entscheidung vom 11.10.1972 - 2 BvR 912/71 -, BVerfGE 34, 81 [95 f.]) und im Verwaltungsrecht für die Wahl der Kreistage und Gemeinderäte (BVerfG, Beschluss vom 11.11.1953 - 1 BvR 444/53 -, BVerfGE 3, 41 [44]; vgl. § 30 Abs. 3 Satz 2 GemO; § 21 Abs. 3 Satz 2 LKrO). In diesen Fällen besteht zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen demokratischen Willensbildung ein gesondertes Wahlprüfungsverfahren. Etwaige Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl sind ausschließlich in diesem Verfahren geltend zu machen.
42 
Dieser Grundsatz gilt aber nicht nur für gewählte Organe, sondern auch für ernannte Amtswalter, ohne dass es dort ein gesondertes Prüfungsverfahren gäbe. So hat die unerkannte Unwirksamkeit der Ernennung eines Beamten ebenso wenig Einfluss auf die Wirksamkeit seiner Amtshandlungen (§ 15 Satz 3 BBG; § 13 Abs. 4 Satz 1 LBG) wie die noch nicht rechtskräftig festgestellte Nichtigkeit der Ernennung eines Richters (§ 18 Abs. 3 DRiG) auf dessen Rechtsprechungstätigkeit. Auch gerichtliche Entscheidungen, an denen ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat, dessen Wahl nachträglich rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, werden hierdurch in ihrer Wirksamkeit nicht berührt (BVerwG, Beschlüsse vom 09.06.1987 - 9 CB 36.87 -, DVBl. 1987, 1112 und vom 03.09.1987 - 1 CB 39.87 -, Buchholz 310 § 26 VwGO Nr. 2).
43 
Diese Grundsätze entsprechen dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (vgl. BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 14 [38]; ebenso unter Hinweis auf die Konsequenzen einer abweichenden Auffassung VG Freiburg, Urteil vom 24.02.1996 - 10 K 1064/95 -, GewArch 1997, 423). Bei gewählten Hauptorganen öffentlich-rechtlicher Körperschaften dienen sie zudem dem Gebot, die jeweilige Körperschaft zu keiner Zeit ohne handlungsfähiges Organ zu lassen (vgl. Versteyl, in: von Münch/Kunig, GG Bd. I, 6. Aufl. 2012, Art. 41 GG Rn. 13; zum Ganzen eingehend VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.12.1997 - 9 S 2506/07 -, GewArch 1998, 164; StGH Bremen, Entscheidung vom 28.02.1984 - St 2/93 -, DVBl. 1994, 633; ebenso BGH, Urteil vom 17.12.1973 - II ZR 47/71 -, NJW 1974, 183 in Abgrenzung zur Rechtslage bei innerparteilichen Wahlen, die dem privaten Vereinsrecht unterliegen).
44 
Dieser Grundsatz findet vorliegend auch für die Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses Anwendung, da der Promotionsausschuss Vertretungsorgan der Fakultät (Gremium) im Rahmen des Promotionsverfahrens und als solches mit Ausübung von Hoheitsmacht beauftragt ist.
45 
Dem steht auch nicht die spezifische Aufgabe des Promotionsausschusses bei der Durchführung des Promotionsverfahrens bzw. im Verfahren der Entziehung des Doktorgrades entgegen. Der Einwand der Klägerin, eine abweichende Besetzung des Promotionsausschusses hätte Auswirkungen auf das Ergebnis der zu treffenden Ermessensentscheidung gehabt und sei deshalb in jeden Fall erheblich, trägt nicht. Die Tatsache, dass Ermessensentscheidungen von einem anderen Amts- oder Mandatsträger gegebenenfalls anders getroffenen würden, ist nicht ausschlaggebend, denn dies würde auch im Falle einer fehlerhaften Beamtenernennung durchgreifen, sofern der betreffende Beamte Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, die Ermessensentscheidungen beinhalten. Die Argumentation der Klägerin zielt in der Sache auf eine Gleichstellung des Promotionsausschusses mit einer aus mehreren Prüfern zusammengesetzten Prüfungskommission, welche hier jedoch abzulehnen ist.
46 
Richtig ist, dass die Bestellung eines Prüfers oder mehrerer Prüfer für eine bestimmte Prüfung für das Prüfungsergebnis grundsätzlich erhebliche Bedeutung hat, weil die prüfungsspezifischen Wertungen des Prüfers von seiner Einschätzung der Leistungen des Prüflings und ferner von seinen Erfahrungen hinsichtlich des für ein positives Prüfungsergebnis grundsätzlich vorauszusetzenden Leistungsniveaus abhängen (vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 362). Bei dem Promotionsausschuss handelt es sich jedoch nicht um eine Prüfungskommission, sondern vielmehr um einen Prüfungsausschuss, welcher keine Prüfungs- sondern Verwaltungsentscheidungen trifft (vgl. zur Begrifflichkeit und zur Unterscheidung Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 356). Dies folgt aus § 2 Abs. 3 PromO, wonach die Organe der jeweiligen Fakultät der Promotionsausschuss sowie eine vom Promotionsausschuss - für jedes Promotionsverfahren gesondert - eingesetzte Promotionskommission sind. Im Gegensatz zur Promotionskommission, die eine Leistungsbewertung vornimmt und damit Prüferaufgaben erfüllt, sorgt der Promotionsausschuss nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Promotionsordnung für den ordnungsgemäßen Ablauf des Promotionsverfahrens. Dass der Ausschuss als solches keine Prüfungskommission und seine Mitglieder keine Prüfer sind, folgt auch aus der Tatsache, dass Stellvertreter gewählt werden, bei verschiedenen Sitzungen des Promotionsausschusses demnach verschiedene und unterschiedlich viele Mitglieder bzw. deren Stellvertreter anwesend sind und der Promotionsausschuss auch ohne vollständige Anwesenheit aller Mitglieder beschlussfähig ist. Es ist vielmehr ausreichend, wenn sich die an der abschließenden Entscheidung teilnehmenden Ausschussmitglieder durch entsprechende Vorbereitung (Lektüre schriftlicher Unterlagen wie etwa der Synopse sowie der Protokolle vorangegangener Ausschusssitzungen) ein eigenes Bild von dem zu entscheidenden Fall gemacht haben. Diese durch die Konzeption des Promotionsausschusses und seine Verfahrensordnung bedingten personellen Wechsel in einem laufenden Verfahren wären für ein Prüfungsverfahren, zu dessen Durchführung einzelne Prüfer individuell zu bestimmen sind, nicht zulässig.
47 
Dem steht auch nicht entgegen, dass dem Promotionsausschuss bei der Entziehung des Doktorgrades ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich des Umfangs oder des Gewichts eines Plagiats und des Ausmaßes der damit verbundenen Schädigung der öffentlichen Interessen zusteht, weil die Beurteilung dieser Fragen durch die Satzungsregelung bewusst dem wissenschaftlichen Gremium der Fakultät zugewiesen ist, und diese Fragen „nach prüfungsrechtlichen Gesichtspunkten“ beantwortet werden müssen (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK- HSchR/NF 21A Nr. 19). Denn bei der Bewertung, ob ein Plagiat vorliegt, besteht kein prüfungsspezifischer Bewertungsspielraum; diese Beurteilung kann vielmehr durch jeden sachverständigen Dritten erfolgen (BVerwG, Beschluss vom 21.12.2006 - 6 B 102.06 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116; BayVGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl. 2007, 281; Schroeder, NWVBl. 2010, 177). Dementsprechend nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in der Sache - vergleichbar der Rechtsprechung zu den Täuschungsversuchen - eine vollständige Prüfung vor, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rücknahmeentscheidung vorliegen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19, und vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191). Schließlich kommt es nach der Rechtsprechung für die Beurteilung, ob der Verstoß gegen die Anforderungen wissenschaftlichen Arbeitens vorliegt, auch nicht auf die - allein durch Prüfer zu beurteilende - Frage an, ob die Arbeit ohne fehlerhafte Stellen noch eine promotionswürdige Leistung darstellt (vgl. VGH Baden- Württemberg, Urteil vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191; grundlegend dazu bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 - ESVGH 31, 54).
48 
Der Einwand der Klägerin, ihr stehe hinsichtlich der Wahl des Promotionsausschusses weder ein Wahlprüfungsverfahren noch ein ähnliches Verfahren zu, in dem sie ihre Rügen gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl geltend machen könne, hindert die Anwendbarkeit des § 10 Abs. 5 LHG sowie der genannten Grundsätze zur rechtlichen Wirksamkeit staatlicher Rechtsakte nicht. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob die Klägerin als Nichtmitglied der Fakultät gemäß § 14 der Verfahrensordnung Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl des Promotionsausschusses hätte erheben können, denn die Geltung dieses allgemeinen Grundsatzes ist - wie bereits ausgeführt - nicht generell davon abhängig, dass dem durch einen staatlichen Hoheitsakt Betroffenen tatsächlich ein Rechtsbehelf gegen die Bestellung eines Amtsträgers oder die Wahl eines Gremiums zusteht, auf den er verwiesen werden kann. Ein solcher Rechtsbehelf ist etwa auch gegen die Bestellung eines Beamten oder die Ernennung eines Richters nicht gegeben. Ebenso wenig sieht § 10 Abs. 5 LHG die Möglichkeit für Außenstehende vor, sich gegen die Wahl eines Gremiums zu wenden und ordnet gleichwohl, sogar über den Zeitpunkt der gerichtlichen Feststellung der Ungültigkeit der Wahl hinaus, die Wirksamkeit der Entscheidungen dieser Gremien an.
49 
Schließlich spricht auch das Gebot der Rechtssicherheit von Prüfungsentscheidungen (vgl. dazu nur Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 56 ff.) dafür, dass der oben genannte Grundsatz auch auf den Promotionsausschuss Anwendung finden muss, denn wenn - wie die Klägerin meint - Fehler bei der Wahl der Ausschussmitglieder zur Rechtswidrigkeit der getroffenen Entscheidungen des Promotionsausschusses führen würden, könnte bis zur ordnungsgemäßen Neuwahl kein rechtmäßiges Promotionsverfahren durchgeführt werden, und auch die Verleihung von Doktorgraden an Doktoranden wäre rechtswidrig.
50 
Daraus folgt, dass die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl des Promotionsausschusses - namentlich im Hinblick auf die Einberufung der Sitzung des Großen Fakultätsrats am 13.04.2011, die nachträgliche Ergänzung der Tagesordnung um TOP 7, die Geheimheit der Wahl sowie das Verfahren der Blockwahl - im vorliegenden Verfahren ohne Belang und somit nicht zu überprüfen sind. Es bedarf deshalb auch nicht der von der Klägerin schriftsätzlich beantragten Beweiserhebung dazu, wie die Einberufung der Sitzung, die Ergänzung der Tagesordnung sowie die Durchführung der Wahl am 13.04.2011 vonstattengegangen sind.
51 
Schließlich ist auch der Einwand der Klägerin, mit dem Großen Fakultätsrat habe - mangels ordnungsgemäßer Einsetzung desselben - das falsche Gremium die Wahl des Promotionsausschusses vorgenommen, nach den oben genannten Grundsätzen unbeachtlich, denn auch die Frage, in welcher Zusammensetzung ein Gremium die Wahl eines Ausschusses vornimmt, betrifft die Rechtmäßigkeit der Wahl und ist daher im vorliegenden Verfahren unerheblich. Der Grundsatz gilt nicht nur für die konkrete Wahlhandlung, sondern ebenso für die der eigentlichen Wahl vorangehende Zusammensetzung des wählenden Gremium, hier des Großen Fakultätsrats, denn diese ist - als Vorfrage der eigentlichen Wahlhandlung - vergleichbar mit der Ungültigkeit von Wahlgesetzen (vgl. dazu BVerfG, Entscheidung vom 11.10.1972 - 2 BvR 912/71 -, BVerfGE 34, 81 [95 f.]) oder der Tatsache, dass die Legislaturperiode eines Parlaments bereits beendet ist (vgl. dazu grundlegend auch schon BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 18, [34]).
52 
Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob in den Fällen etwas anderes gelten muss, in denen ein offensichtlich unzuständiges Gremium eine Wahl vornimmt, zu der ein anderes Gremium berufen gewesen wäre, denn so liegt der Fall hier nicht. Selbst wenn die Einrichtung eines Großen Fakultätsrates durch die Philosophische Fakultät den gesetzlichen oder den in § 16 Abs. 1 der Grundordnung der Beklagten aufgestellten Anforderungen nicht genügen sollte, betrifft dies lediglich die Art und Weise der Zusammensetzung des Fakultätsrats der Beklagten. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei dem Großen Fakultätsrat nicht um ein völlig anderes Gremium, sondern lediglich um eine abweichende, nämlich umfangreichere Besetzung des Fakultätsrats. Dies lässt sich bereits aus § 25 LHG und § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LHG ersehen, denn dort wird „Fakultätsrat“ als Oberbegriff für das jeweilige kollegiale Vertretungsgremium der Fakultät verwendet, unabhängig davon, ob dieses einfach (§ 25 Abs. 2 LHG) oder aber als Großer Fakultätsrat (§ 25 Abs. 3 LHG) zusammengesetzt ist. Auch die Regelung in § 3 Abs. 2 der Promotionsordnung, die ausweislich des Protokolls des erweiterten Fakultätsrats in seiner Sitzung am 16.02.2005 vorberaten (vgl. TOP 16) und am 19.09.2006 vom Senat beschlossen wurde, sieht vor, dass „der Fakultätsrat“ den Promotionsausschuss wählt. Angesichts der Tatsache, dass die Fakultät - nach Auffassung der Beklagten - bereits am 16.02.2005 ihr Vertretungsorgan als Großen Fakultätsrat konstituierte, ist auch „Fakultätsrat“ im Sinne des § 3 Abs. 2 Promotionsordnung als Oberbegriff für die jeweilige Zusammensetzung des Fakultätsrat zu verstehen.
53 
cc. Die Tatsache, dass Herr Prof. Dr. F. und Frau St. an der Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 teilnahmen, führt ebenfalls nicht zur formellen Fehlerhaftigkeit des Ausgangsbescheids, da die Anwesenheit der beiden Personen nach der anzuwendenden Verfahrensordnung nicht zu beanstanden ist.
54 
Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 LHG tagen die Gremien - mit Ausnahme der Angelegenheiten nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2, 12 bis 14 LHG - nicht öffentlich. Dementsprechend ordnet auch § 4 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung der Beklagten die Nichtöffentlichkeit der Gremiensitzungen an. Neben den Gremienmitgliedern können nach den Regelungen der Verfahrensordnung jedoch auch weitere Personen an der nichtöffentlichen Sitzung teilnehmen. So kann der Vorsitzende des jeweiligen Gremiums gemäß § 3 Abs. 3 der Verfahrensordnung Bedienstete seines Verwaltungsbereichs zur Unterstützung hinzuziehen und ihnen den Vortrag zu einzelnen Tagesordnungspunkten übertragen. Die hier in Rede stehende Hinzuziehung von Sachverständigen ist in § 3 Abs. 2 und in § 6 Abs. 1 der Verfahrensordnung geregelt. Nach § 3 Abs. 2 prüft der Vorsitzende bei der Aufstellung der vorläufigen Tagesordnung, zu welchen Tagesordnungspunkten Sachverständige und/oder Auskunftspersonen beratend hinzugezogen und geladen werden sollen. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung ist erster Punkt der Tagesordnung deren Feststellung. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist mit der Feststellung der Tagesordnung über die Zuziehung von Sachverständigen und Auskunftspersonen Beschluss zu fassen. Eine Hinzuziehung dritter Personen ist auch im Falle des nach § 3 Abs. 5 Satz 1 Promotionsordnung nichtöffentlich tagenden Promotionsausschusses zulässig, da es sich bei diesem um ein Gremium im Sinne der Verfahrensordnung und im Sinne des Landeshochschulgesetzes handelt. Insbesondere handelt es sich - wie bereits ausgeführt - nicht um eine Prüfungskommission und bei seinen Mitgliedern nicht um Prüfer. In der Sitzung am 14.06.2011 fand dementsprechend auch keine (mündliche) Prüfung, sondern vielmehr eine persönliche Anhörung der Klägerin sowie anschließend eine Beratung und Beschlussfassung statt. Die strengen prüfungsrechtlichen Vorgaben - auf die die Klägerin wiederholt hingewiesen hat und nach denen die Teilnahme eines Dritten an der Beratung einer Prüfungskommission zu einem Verfahrensfehler führt, der die Prüfungswiederholung erfordert (vgl. dazu SächsFG, Urteil vom 31.05.2011, - 2 K 243/10 -, DVBl. 2012, 64-66; BFH, Urteil vom 18.09.2012 - VII R 41/11 -, DStR 2013, 430) - finden somit hier keine Anwendung. Daher bedarf es - anders als die Klägerin meint - auch keiner Differenzierung zwischen der in der Sitzung am 14.06.2011 erfolgten Anhörung, Beratung und Beschlussfassung.
55 
Die Voraussetzungen, die die Verfahrensordnung an die wirksame Hinzuziehung von Sachverständigen stellt, sind im vorliegenden Fall erfüllt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine ausdrückliche Beschlussfassung über die Zuziehung nicht geboten, vielmehr genügt auch ein konkludenter Beschluss den Anforderungen. Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensordnung. Danach ist „mit der Feststellung der Tagesordnung“ über die Hinzuziehung von Sachverständigen Beschluss zu fassen ist. Dies ist so zu verstehen, dass durch die Feststellung der Tagesordnung durch den Ausschuss die vorangegangene Entscheidung des Vorsitzenden nach § 3 Abs. 2 Verfahrensordnung, die sich bereits in der Ladung der Sachverständigen ausdrückt, gebilligt wird. Der Beschluss über die Hinzuziehung und die Feststellung der Tagesordnung fallen in einen Akt zusammen. Dies ergibt sich insbesondere auch aus dem Vergleich mit dem 1. Halbsatz des § 6 Abs. 2 Satz 2 der Verfahrensordnung, wo es in Bezug auf die Änderung der vorläufigen Tagesordnung ausdrücklich heißt: „Über diese Anträge istgesondert zu beschließen.“ Im Übrigen sieht die Verfahrensordnung die konkludente Beschlussfassung bei Anträgen zur Geschäftsordnung (im Gegensatz zu Anträgen zur Sache) in § 7 Abs. 3 Sätze 4 und 5 ausdrücklich vor. Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 der Verfahrensordnung ist über Anträge zur Geschäftsordnung nach der Begründung durch den Antragsteller und einer begründeten Gegenrede sofort abzustimmen. Erfolgt keine Gegenrede, ist der Antrag angenommen (Satz 5). Unabhängig davon, ob der Antrag, Sachverständige zu einem Tagesordnungspunkt zuzuziehen, ein solcher Antrag zur Geschäftsordnung ist und damit § 7 Abs. 3 Satz 5 Verfahrensordnung unmittelbar Anwendung findet, oder ob die Verfahrensfragen betreffend der Hinzuziehung von Sachverständigen in § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 Satz 2 der Verfahrensordnung speziell und abschließend geregelt sind, lässt sich aus diesen Regelungen ersehen, dass eine konkludente Beschlussfassung grundsätzlich möglich ist.
56 
Nicht zuletzt spricht auch Sinn und Zweck der Nichtöffentlichkeit der Gremiensitzung dafür, die konkludente Beschlussfassung über die Hinzuziehung von Sachverständigen ausreichen zu lassen. Ausweislich der Gesetzbegründung wurde die mit dem Landeshochschulgesetz 1973 erstmals eingeführte Regelung der Nichtöffentlichkeit der universitären Gremiensitzungen vorgesehen, um eine sachgerechte Beratung zu ermöglichen und die häufig von einer sogenannten aktiven Öffentlichkeit ausgehenden Störungen zu unterbinden (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hochschulgesetzes vom 22.05.1973, LT-Drs. 6/2520, S. 39 f.). Selbst wenn dieser ursprüngliche Zweck der Nichtöffentlichkeit im Falle des Promotionsausschusses ergänzt wird durch die Schutzinteressen des betroffenen Promovenden, hier der Klägerin, dient die Nichtöffentlichkeit in erster Linie der sachgerechten Ausschussarbeit. Sind sich die Ausschussmitglieder über die Mitwirkung bestimmter Sachverständiger in der konkreten Sitzung ersichtlich einig, liegt eine Störung der Sitzungsarbeit nicht vor.
57 
Die Hinzuziehung der durch den Ausschussvorsitzenden mit Erstellung der Tagesordnung geladenen Sachverständigen Prof. Dr. F. und Frau St. in der Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 wurde durch das Vorgehen des Ausschussvorsitzenden und der sonstigen Mitglieder des Promotionsausschusses erkennbar konkludent beschlossen. Bereits in der ersten Sitzung des Promotionsausschusses am 13.04.2011 wurde - ohne expliziten Beschluss - ein Einvernehmen aller Ausschussmitglieder dahingehend erzielt und entsprechend im Protokoll vermerkt, dass der Ausschuss eng mit der Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, deren Ombudsmann für die Geisteswissenschaften, der Rechtsabteilung und dem Rektorat zusammenarbeiten werde. Zu den nachfolgenden Sitzungen des Promotionsausschusses wurden dementsprechend auch Prof. Dr. F., der Ombudsmann der Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, und Frau St., die Leiterin des Dezernats 1 (Recht und Gremien) der Zentralen Universitätsverwaltung, geladen. Zu Beginn der jeweiligen Sitzung vor dem Beschluss über die Tagesordnung - und so auch am 14.06.2011 - wurden die beiden Sachverständigen namentlich durch den Ausschussvorsitzenden begrüßt und dieser dankte den beiden für ihre Unterstützung. Gegen dieses Vorgehen erhob sich kein Widerspruch von Ausschussmitgliedern und auch die Klägerin und deren damalige Bevollmächtigte, die zumindest am ersten Teil der Ausschusssitzung am 14.06.2011 teilgenommen hatten, wandten sich nicht gegen die Teilnahme der beiden Sachverständigen. Dieses Vorgehen bringt eindeutig zum Ausdruck, dass die beiden als Sachverständige hinzugezogen wurden.
58 
Da hier die Hinzuziehung der beiden Sachverständigen nach der Verfahrensordnung fehlerfrei erfolgt ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Anwesenheit von Dritten, deren Zuziehung nicht beschlossen wurde, zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Promotionsausschusses führt oder ob ein solcher Verfahrensfehler unbeachtlich ist, da allein die stimmberechtigte Mitwirkung, die den Ausschussmitgliedern vorbehalten und nur von diesen ausgeübt worden ist, entscheidend ist (in diese Richtung wohl VGH, Urteil vom 09.07.1996 - 9 S 1048/94 -, juris, wonach die stimmberechtigte Mitwirkung von externen Gutachtern an einem Habilitationsverfahren unzulässig sei).
59 
dd. Der Promotionsausschuss war in seiner Sitzung am 14.06.2011 auch beschlussfähig. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung ist das Gremium beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte derjenigen Mitglieder anwesend ist, die hinsichtlich der zur Beschlussfassung aufgerufenen Angelegenheit Stimmrecht besitzen, und die Sitzung ordnungsgemäß geleitet wird.
60 
Unabhängig davon, dass hier - wie bereits ausgeführt - ein ausreichender Beschluss über die Hinzuziehung von Sachverständigen und somit schon kein Verfahrensfehler vorlag, würde ein einfacher Fehler bei der Verfahrensgestaltung auch nicht die ordnungsgemäße Sitzungsleitung beseitigen. In der Verfahrensordnung der Beklagten ist nicht näher definiert, was unter „ordnungsgemäßer Sitzungsleitung“ im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 zu verstehen ist. Bei der Auslegung des Begriffes sind jedoch die Regelungen des § 5 der Verfahrensordnung (Leitung der Sitzung) zu berücksichtigen. Nach § 5 Satz 1 der Verfahrensordnung eröffnet, leitet und schließt der Vorsitzende die Sitzung. Nach Satz 3 dieser Vorschrift trifft er alle notwendigen Maßnahmen und Entscheidungen für einen geordneten Sitzungsablauf. Nach Satz 4 stellt er vor Eröffnung der Sitzung sowie gegebenenfalls jederzeit die Beschlussfähigkeit fest und legt - nach Satz 5 - im Zweifelsfall die Verfahrensordnung aus. Dadurch, dass dem Vorsitzenden die Sitzungsleitung - einschließlich der Klärung von Verfahrensfragen - obliegt, wird deutlich, dass nicht jeder einfache Verfahrensfehler die ordnungsgemäße Sitzungsleitung aufhebt, sondern lediglich solche Situationen, in denen die Leitungsfunktion des Vorsitzenden durch Störungen vollständig aufgehoben wird. So läge der Fall - selbst wenn die Hinzuziehung der Sachverständigen unterblieben wäre - hier ersichtlich nicht.
61 
Sonstige Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheids sind nicht ersichtlich. Die Klägerin wurde zu der beabsichtigten Maßnahme im Vorfeld angehört und der Verwaltungsakt wurde auch ordnungsgemäß begründet.
62 
b. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.11.2011 lässt ebenfalls keine formellen Rechtsfehler erkennen. Mit Frau Prof. Dr. N. hat die als Prorektorin für Studium und Lehre der Beklagten für die Widerspruchsentscheidung zuständige Amtsträgerin über den Widerspruch entschieden (dazu unter aa.). Die Zweifel der Klägerin an der Aufgabenteilung innerhalb des Rektorats der Beklagten sind in der Sache unberechtigt (dazu unter bb.) und würden - selbst für den Fall, dass sie berechtigt wären - im Ergebnis nicht zu einem formellen Mangel des Widerspruchsbescheids führen (dazu unter cc.).
63 
aa. Für die Entscheidung über Widersprüche im Entziehungsverfahren enthält die Promotionsordnung keine Regelung. Insoweit verbleibt es bei den gesetzlichen Vorgaben aus § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG, nach denen die Entscheidung über Widersprüche in Prüfungsangelegenheiten dem für die Lehre zuständigen Mitglied des Vorstands, vorliegend der Prorektorin für Studium und Lehre, obliegt. Diese Zuständigkeit für Hochschulprüfungen erfasst grundsätzlich auch Promotionen und damit auch deren Entziehung als „actus contrarius“, da es sich bei Promotionen um Hochschulprüfungen handelt (zum Universitätsgesetz VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54 und vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19 sowie - ohne weitere Begründung - auch zur Rechtslage nach dem Landeshochschulgesetz zuletzt VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.09.2011 - 9 S 2667/10 -, VBlBW 2012, 180).
64 
Dem steht nicht entgegen, dass die Entscheidung, einen akademischen Grad zu entziehen, keine genuin prüfungsrechtliche Entscheidung ist, deren Gegenstand die Bewertung von Prüfungsleistungen ist. Denn der Begriff „Angelegenheiten, die Hochschulprüfungen betreffen“ - so die Formulierung des § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG - ist umfassender zu verstehen. Er betrifft nicht nur reine Prüfungsentscheidungen, sondern beinhaltet auch die Entziehung eines Titels als actus contrarius zu dessen Verleihung. Nichts anderes folgte für den Anwendungsbereich des § 11 Abs. 3 Satz UG aus der Gesetzbegründung, wonach der Entscheidungsspielraum des - damals noch zur Widerspruchsentscheidung berufenen - Präsidenten sich auf die Kontrolle des Prüfungsverfahrens und damit im wesentlichen auf eine Rechtskontrolle beschränke, da er in den Beurteilungsspielraum der Prüfer nicht eingreifen dürfe (LT-Drs. 7/2041, S. 141; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54). Auch der Hinweis der Klägerin auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21.11.2011 (14 B 1257/11, juris), wonach die Feststellung eines Täuschungsversuchs weder eine pädagogisch-wissenschaftliche Entscheidung noch eine Beurteilung von Prüfungsleistungen sei, mag zutreffen, hat jedoch für die Auslegung des § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG keine Relevanz, da dort eben nicht nur Prüfungsentscheidungen im Sinne einer Beurteilung von Prüfungsleistungen, sondern Angelegenheiten, die Hochschulprüfungen betreffen, erfasst sind.
65 
Die Auffassung der Klägerin, wonach jedenfalls seit Geltung des Landeshochschulgesetzes die Entziehungsentscheidung nicht (mehr) unter § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG falle, da die noch in § 54 Abs. 2 UG enthaltene entsprechende Anwendbarkeit der Regelungen über Prüfungsordnungen auch auf die Promotionsordnung nicht mehr bestehe, es sich bei der Promotionsordnung somit nicht um eine Prüfungsordnung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 LHG handele und aus § 8 Abs. 2 Satz 2 LHG folge, dass die Widerspruchsbefugnis des Prorektors für Lehre nur „echte Prüfungen“ betreffe, ist nicht zutreffend. Dass es sich auch nach der Rechtslage unter Geltung des Landeshochschulgesetzes, in dem die Promotion in § 38 eine eigenständige von den sonstigen Prüfungen losgelöste Regelung gefunden hat, bei der Promotion weiterhin um eine Hochschulprüfung - und damit bei der Titelentziehung um eine Angelegenheit, die Hochschulprüfungen betrifft - handelt, folgt bereits aus der systematischen Stellung des § 38 LHG im Dritten Teil des Landeshochschulgesetzes, der mit „Studium, Lehre und Prüfungen“ überschrieben ist. Dementsprechend handelt es sich bei der Promotionsordnung um eine spezielle Prüfungsordnung, die in § 38 Abs. 4 LHG gesondert geregelt ist. In Kenntnis der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zur Zuständigkeit für die Widerspruchsentscheidung hinsichtlich der Entziehung des Doktorgrades, hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 8 Abs. 2 LHG die Entscheidungen über Widersprüche vom Rektor auf das Vorstandsmitglied für Lehre delegiert; ansonsten war keine Änderung der Rechtslage zum Universitätsgesetz beabsichtigt (vgl. Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.10.2004, LT-Drs. 13/3640, S. 179). Da die Entziehungsentscheidung somit bereits in den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG fällt, sind die gegen eine analoge Anwendung dieser Vorschrift vorgebrachten Einwände der Klägerin ohne Belang.
66 
Nach den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen (Sonderprotokoll der Rektoratsbesprechung vom 29.04.2009; Auszug aus dem Protokoll der Rektoratsbesprechung vom 29.04.2009; Erklärung der persönlichen Referentin des Rektors vom 19.02.2013 zur Protokollführung des Rektorats; Vorlage des Rektors an den Senat vom 05.05.2009; Protokoll der öffentlichen Senatssitzung am 12.05.2009; Protokoll der Sitzung des Universitätsrates am 06.07.2009 sowie Protokoll der Rektoratsbesprechung vom 21.04.2010) besteht kein Zweifel daran, dass Frau Prof. Dr. N. seit dem 01.04.2010 - und damit auch zum Zeitpunkt des Ergehens der Widerspruchsentscheidung am 30.11.2011 - das Amt der Prorektorin für Studium und Lehre der Beklagten inne hatte.
67 
bb. Die Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen Prorektoren innerhalb des Rektorats erfolgte - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch entsprechend den Vorgaben des § 16 Abs. 2 Satz 1 LHG. Danach legt der Vorstand auf Vorschlag des Vorstandsvorsitzenden eine ständige Vertretung und bestimmte Geschäftsbereiche für seine Mitglieder fest, in denen sie die Geschäfte der laufenden Verwaltung in eigener Zuständigkeit erledigen.
68 
Ausweislich des Sonderprotokolls zur Rektoratssitzung am 29.04.2009 wurde im Rahmen dieser Sitzung die bevorstehende Prorektorenwahl und die inhaltliche Festlegung der Prorektorate besprochen. Dabei wurde auf Vorschlag des Rektors die Geschäftsverteilung der Prorektoren beschlossen, wonach die designierte Prorektorin Prof. Dr. N. ab dem 01.04.2010 das Prorektorat Studium und Lehre übernehmen solle. Sowohl ein Vorschlag des Rektors als auch ein gesonderter Beschluss des Rektorats lagen somit vor. Dementsprechend wurde Frau Prof. Dr. N. in der Folge durch den Senat „als“ Prorektorin für Studium und Lehre gewählt und der Universitätsrat erteilte seine Zustimmung zu dieser Wahl. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Vorschlag des Rektors und die Beschlussfassung des Rektorats zu einem Zeitpunkt ergingen, als die beiden neuen Prorektoren - Herr Prof. Dr. So. und Frau Prof. Dr. N. - noch nicht gewählt waren. § 16 Abs. 2 Satz 1 LHG ist nicht zu entnehmen, dass bei jeder personellen Veränderung innerhalb des Rektorats, die aufgrund der unterschiedlichen Amtszeiten von Rektor und Prorektoren (vgl. § 17 Abs. 2 und § 18 Abs. 2 LHG) häufiger auftreten, ein erneuter Beschluss erforderlich wäre. Sofern lediglich einzelne Personen ausgetauscht werden, ist dafür kein sachliches Bedürfnis erkennbar.
69 
cc. Zudem könnte die Klägerin etwaige Fehler bei der Bestellung der Prorektorin für Studium und Lehre im vorliegenden Verfahren ebenfalls nicht rügen. Denn auch für den einzelnen Amtsträger - wie hier die Prorektorin für Studium und Lehre - gilt, dass er, solange seine Bestellung nicht rechtskräftig zurückgenommen ist oder ihre Nichtigkeit festgestellt wird, wirksam handeln kann. Auch für die Bestellung eines Amtsträgers gelten die bereits ausgeführten Grundsätze zur rechtlichen Wirksamkeit staatlicher Rechtsakte (vgl. dazu nur VGH, Urteil vom 02.12.1997, a.a.O., m.w.N.). So hat auch der Staatsgerichtshof Bremen in Bezug auf die fehlerhafte Wahl eines Regierungsmitglieds folgende Ausführungen gemacht:
70 
„Die Frage, welche rechtlichen Auswirkungen die Ungültigkeit der Wahl eines Regierungsmitgliedes auf die Amtshandlungen dieses (Senats-) Mitglieds und auf diejenigen des Gesamtsenats hat, ist nicht ausdrücklich geregelt. Gesetzlich bestimmt ist hingegen, dass Amtshandlungen eines Beamten, dessen Ernennung nichtig war, oder zurückgenommen worden ist, in gleicher Weise gültig sind, wie wenn sie ein wirksam ernannter Beamter ausgeführt hätte (§ 16 Abs. 2 Satz 1 BremBeamtenG; § 14 Abs. 1 Satz 1 BBG). In der Rechtsprechung ist ferner anerkannt, dass gerichtliche Entscheidungen, an denen ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat, dessen Wahl nachträglich rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, hierdurch in ihrer Wirksamkeit nicht berührt werden (BVerwG, Beschluss vom 09.06.1987, Buchholz 310 § 26 Nr. 1 VwGO; Beschluss vom 03.09.1987, Buchholz, aaO, Nr. 2). In diesem Zusammenhang ist schließlich beachtlich, dass alle Entscheidungen, an denen ein Abgeordneter mitgewirkt hat, dessen Wahl später im Wahlprüfungsverfahren für ungültig erklärt wurde, als ordnungsgemäß zustande gekommen angesehen werden, und dass sogar die Maßnahmen und Beschlüsse des Parlamentes, das ungültig gewählt war (vgl. dazu HbgVerfG, DVBl. 1993, 1073) oder dessen Legislaturperiode bereits beendet war (BVerfGE 1, 14, 38), in ihrem Rechtsbestand und in ihrer Verbindlichkeit durch ein nachträgliches Gerichtsurteil nicht in Frage gestellt werden. Dies ist Ausdruck des im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Grundsatzes der Rechtssicherheit. Das Gebot der Rechtssicherheit kann in Fällen vorliegender Art nur zu dem Ergebnis führen, dass Amtshandlungen eines Regierungsmitgliedes, dessen Wahl später für ungültig erklärt wird, ebenso Bestand haben wie Entscheidungen anderer Amtsträger, deren Wahl oder Ernennung unwirksam ist. Was für Entscheidungen gilt, die das Regierungsmitglied in eigener Zuständigkeit getroffen hat, muss erst recht für die Amtshandlungen gelten, die es zusammen mit seinen Amtskollegen im Senat vorgenommen hat. Daraus folgt, dass die Ungültigkeit einer Senatorenwahl nicht die Wirksamkeit von Amtshandlungen berührt, die das unwirksam gewählte Senatsmitglied oder unter seiner Mitwirkung der Senat als Kollegialorgan bis zur Feststellung der Wahlungültigkeit durch den Staatsgerichtshof vorgenommen hat.“ (StGH Bremen, Entscheidung vom 28.02.1994 - St 2/93 -, DVBl. 1994, 633 zur Wahl eines Regierungsmitglieds, dem die gesetzliche Wählbarkeitsvoraussetzung fehlte).
71 
Dies würde - selbst wenn der Beklagten ein formeller Fehler bei der Bestellung unterlaufen wäre - auch für deren Prorektorin für Studium und Lehre gelten.
72 
2. Die Entziehung des Doktorgrades ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Entziehung des Doktorgrades zu Recht auf die Ermächtigungsgrundlage des § 48 LVwVfG gestützt (dazu unter a.). Dessen Tatbestandvoraussetzungen lagen vor (dazu unter b.) und auch die Ermessensausübung ist nicht zu beanstanden (dazu unter c.).
73 
a. Die Entziehung des Doktorgrades findet ihre erforderliche Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (vgl. zur unbedenklichen Anwendbarkeit dieser Rücknahmeregelung beim Entzug des Doktorgrades, BVerwG, Beschluss vom 20.10.2006 - 6 B 67.06 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116). Die Promotionsordnung enthält keine speziellere Regelung. In § 22 Abs. 1 Satz 1 PromO ist lediglich bestimmt, dass sich die Entziehung des Doktorgrades nach den landesrechtlichen Bestimmungen richtet. § 21 Abs. 1 PromO scheidet als Rechtsgrundlage aus, weil diese Bestimmung nur die hier nicht gegebene Fallkonstellation regelt, dass sich noch vor der Aushändigung der Doktorurkunde ergibt, dass der Bewerber oder die Bewerberin über eine Zulassungsvoraussetzung getäuscht oder dass wesentliche Zulassungsvoraussetzungen irrigerweise als gegeben angenommen worden sind, oder wenn Tatsachen bekannt werden, die nach Landesrecht eine Entziehung des Doktorgrades rechtfertigen würden. Gleiches gilt für § 21 Abs. 2 PromO, der den Fall betrifft, dass sich vor Aushändigung der Doktorurkunde ergibt, dass der Bewerber oder die Bewerberin bei einer Promotionsleistung getäuscht hat. Schließlich ist in § 35 Abs. 7 LHG zwar eine spezialgesetzliche Regelung für die Entziehung akademischer Grade für den Fall enthalten, dass sich der Inhaber durch sein späteres Verhalten der Führung des Grades als unwürdig erwiesen hat. Diese Regelung schließt jedoch den Rückgriff auf die allgemeinen Rücknahmevorschriften in anderen Fallkonstellationen nicht aus, wie sich bereits aus der ausdrücklichen Formulierung „unbeschadet der §§ 48 und 49 LVwVfG“ ergibt. Die Entziehung des Doktorgrades ist in Baden-Württemberg schließlich auch nicht vom Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgenommen (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG; ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 - und vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, beide juris).
74 
b. Die tatbestandlichen Rücknahmevoraussetzungen sind hier gegeben.
75 
Die Verleihung des Doktorgrades, die durch die Aushändigung der Urkunde über die bestandene Doktorprüfung an die Klägerin durch Übersendung am 08.01.2002 erfolgte, ist ein begünstigender Verwaltungsakt, der rechtswidrig war. Unabhängig von der tatsächlich unzutreffenden (dazu sogleich) schriftlichen Erklärung der Klägerin gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 PromO a.F., dass sie die Dissertation selbständig verfasst, alle wörtlich oder sinngemäß übernommenen Textstellen als solche kenntlich gemacht, andere Quellen und Hilfsmittel als die in der Arbeit genannten nicht benutzt und die Dissertation noch keiner anderen Fakultät vorgelegt habe, erbrachte die von der Klägerin im Jahr 1998 eingereichte Dissertation nicht den Nachweis der Befähigung zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit (§ 54 Abs. 1 Satz 2 UG, § 7 Abs. 3 Satz 2 PromO a.F. („Sie soll eine beachtenswerte wissenschaftliche Leistung darstellen und die Fähigkeit des Verfassers zu selbständiger Forschung erkennen lassen“; nunmehr: § 38 Abs. 1 Satz 1 LHG; § 7 Abs. 1 PromO). Damit lagen die rechtlichen Voraussetzungen für die Verleihung des Doktorgrades nicht vor. Dieser wurde der Klägerin vielmehr zu Unrecht verliehen.
76 
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass „nur eine unter Offenlegung aller verwendeten Quellen und Hilfsmitteln erbrachte wissenschaftliche Leistung den Anforderungen an eine Dissertation genügt“ (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19 unter Bezugnahme auf VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54; VGH, Urteil vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191) bzw. „die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von Textpassagen aus fremden Werken ohne (ausreichendes) Zitat gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens verstößt und die Annahme als Dissertation im Regelfall ausschließt“ (BayVGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl. 2007, 281). Zu den Grundanforderungen wissenschaftlichen Arbeitens gehört gerade, dass der Beitrag auf eigenständigen Erwägungen beruht und nicht bloß Passagen aus dem Werk eines anderen Autors übernimmt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191).
77 
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht nur einzelne Sätze, sondern vielmehr erhebliche, teilweise mehrseitige Passagen - zum Teil samt Fußnoten - aus fremden Texten anderer Autoren wortgleich oder nahezu wortgleich übernommen, ohne dies hinreichend kenntlich zu machen. Ihre Darlegungen erwecken den falschen Eindruck, Formulierung und Inhalt des Textes stammten insoweit als eigene gedankliche Leistung von ihr.
78 
Die Tatsache, dass die Klägerin einige der betroffenen Werke, aus denen sie ganze Passagen wortgleich oder nahezu wortgleich übernommen hat, unter der Rubrik „X.5 Sekundärliteratur“ in ihr Literaturverzeichnis aufgenommen hat, stellt die Berechtigung des Plagiatsvorwurfs nicht in Frage; denn der Leser eines wissenschaftlichen Werkes erwartet, dass wörtliche Übernahmen aus anderen Werken bei den jeweiligen Textstellen als Zitate oder auf andere geeignete Weise kenntlich gemacht werden (VG Freiburg, Urteil vom 23.05.2012 - 1 K 58/12 -, juris; VG Frankfurt, Urteil vom 23.05.2007 - 12 E 2262/05 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19). Der Kennzeichnungs- und Offenbarungspflicht in einer Dissertation wird nicht dadurch genügt, dass die Werke, aus denen die wörtlich übernommenen Textpassagen stammen, lediglich im Literaturverzeichnis aufgeführt sind (VG Freiburg, Urteil vom 23.05.2012 - 1 K 58/12 -, juris; ebenso Schroeder, NWVBl. 2010, 176, 179 m.w.N.). Im Übrigen sind keineswegs alle, sondern lediglich zehn der insgesamt 32 betroffenen Quellen im Literaturverzeichnis genannt, wie sich aus der synoptischen Zusammenstellung der Beklagten vom 12.05.2011 (Aktenseiten 439 bis 491) ersehen lässt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die bloße Nennung eines Sammelbandes im Literaturverzeichnis nicht ausreichend ist, sondern vielmehr die konkreten Quellen - hier die in Sammelbänden veröffentlichten einzelnen Beiträge - unter namentlicher Nennung des jeweiligen Autors angegeben werden müssen.
79 
Dem steht auch nicht entgegen, dass einige der betroffenen Textstellen die Darstellung historischer Ereignisse betreffen. Inwieweit allgemeine Darstellungen, die Allgemeingut eines Faches sind, im Rahmen einer Dissertation unbelegt bleiben können, bedarf keiner Entscheidung. Denn dies setzt jedenfalls voraus, dass es sich um eigene Darstellungen des Doktoranden handelt. Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin stellt keineswegs allgemein bekannte historische Zusammenhänge selbständig dar, sondern übernimmt seitenweise Passagen aus den Werken anderer Autoren fast wortwörtlich, ohne dies kenntlich zu machen. Lediglich beispielhaft seien folgende - von der Klägerin als „historische Darstellungen“ bezeichnete - Stellen genannt: Die Ausführungen der Klägerin auf den Seiten 43 und 44 ihrer Arbeit sind weitgehend wörtlich übernommen aus der 1984 veröffentlichten Arbeit von Gall „Europa auf dem Weg in die Moderne 1850-1890“ sowie aus zwei Beiträgen von de Jonge („Großbritannien und Irland, Frankreich, Belgien und die Niederlande 1850-1914: Die Wirtschaft“) und Fischer („Wirtschaft und Gesellschaft Europas 1850-1914“) aus dem 1985 erschienenen Band 5 des Handbuchs der Europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Die Arbeit von Gall findet sich zwar im Literaturverzeichnis, ist aber weder auf Seite 43 noch auf Seite 44 der Arbeit genannt; die beiden anderen Beiträge sind weder dort noch im Literaturverzeichnis aufgeführt. Die Ausführungen der Klägerin auf Seite 117 unten sowie auf Seite 118 sind übernommen aus der oben genannten Arbeit von Gall sowie aus einem Beitrag von Lill („Italien im Zeitalter des Risorgimento (1815-1870)“ in Band 5 des Handbuchs der Europäischen Wirtschaftsgeschichte. Keine der beiden Quellen ist auf diesen Seiten genannt; der Handbuchbeitrag von Lill findet sich auch nicht im Literaturverzeichnis. Ihre Ausführungen auf Seite 120 (letzter Absatz) bis Seite 121 oben hat die Klägerin weitgehend aus dem Beitrag von Hertner („Italien 1850-1914“) in Band 5 des Handbuchs der Europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte übernommen. Die weitgehend wörtliche Wiederholung der Vorlagetexte einschließlich der sprachlichen Eigentümlichkeiten und Formulierungen lässt keinen anderen Schluss zu, als dass die Klägerin die Passagen unmittelbar abgeschrieben und nicht etwa zufällig dieselben historischen Zusammenhänge wie andere Autoren wiedergegeben hat.
80 
Der weitere Einwand der Klägerin, einige der betroffenen Textstellen beträfen allgemeine Definitionen, die als solche keines Belegs bedürften, ist ebenfalls zurückzuweisen. Auch insoweit bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob allgemeine Begriffsdefinitionen einer Wissenschaftsdisziplin generell belegt werden müssen, denn bei den von der Klägerin insoweit angeführten Textstellen, handelt es sich nicht um bloße Definitionen, sondern um wortwörtliche Übernahmen erläuternder Darstellungen. Wiederum beispielhaft ist insoweit auf folgende Stellen zu verweisen: Ihre Ausführungen zum Begriff des Geldes auf den Seiten 57 und 58 stammen weitgehend aus dem Beitrag im Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften von Ehrlicher mit dem Titel „Geldtheorie und Geldpolitik III: Geldtheorie“. Aus dem Beitrag von Janning „Leitbilder der europäischen Integration“ in dem von Weidenfeld und Wessels herausgegebenen Sammelband „Europa von A-Z. Taschenbuch der europäischen Integration“ hat die Klägerin ihre Ausführungen zur Europäischen Integration auf Seite 203 übernommen, ohne dass diese Quelle dort oder im Literaturverzeichnis genannt ist. Der Text in den Fußnoten 806 und 807 auf Seite 205 der Arbeit der Klägerin stammt ursprünglich aus dem Beitrag von Hillenbrand „Wirtschafts- und Währungsunion“ in dem genannten Sammelband „Europa von A-Z“. Auch hier fehlt jeder Hinweis auf den Autor.
81 
Unbeachtlich bleibt ferner der Einwand der Klägerin, es handele sich zum Teil nur um handwerkliche Fehler. Es ist zwar grundsätzlich denkbar, vereinzelte fehlerhafte Zitierungen als bloße Bagatellverstöße gegen die Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens außer Acht zu lassen. Dies käme - für sich betrachtet - hinsichtlich folgender Stellen in Betracht: Auf Seite 47 ihrer Arbeit nennt die Klägerin ihre Quelle (Born, Geld und Banken im 19. und 20 Jahrhundert, 1977), aber es fehlen die Anführungszeichen, die deutlich machen, dass hier eine wortwörtliche Übernahme vorliegt. Auch auf Seite 119 wird die Quelle (Hawig, Napoleon III. und Europa - Revision eines Geschichtsbilde. Aufgezeigt an der Beurteilung seiner Mittelmeerpolitik, 1983) in der Fußnote aufgeführt, es fehlen jedoch wiederum die Anführungszeichen zur Kennzeichnung wortwörtlicher Übernahmen, und es ist für den Leser auch nicht zu erkennen, dass nicht nur die in der Fußnote genannten Zahlen, sondern auch die Ausführungen im Haupttext von Hawig stammen. Welches Gewicht derartigen Verstößen zukommt, kann die Kammer offen lassen, denn diese betreffen nur einen äußerst geringen Teil der von der Beklagten überprüften Textstellen. Andere von der Klägerin in diese Kategorie der handwerklichen Fehler eingeordneten Textstellen sind dagegen offensichtliche und erhebliche Täuschungen über die wahre Urheberschaft der ausgeführten Gedanken und verwendeten Formulierungen. Bei der auf den Seiten 110 bis 112 erfolgten weitgehend wörtlichen Übernahme mitsamt der Darstellungsweise mit Spiegelstrichen aus der 1992 veröffentlichten Arbeit von Theurl („Eine gemeinsame Währung für Europa. 12 Lehren aus der Geschichte“) handelt es sich ersichtlich ebenso wenig um einen bloßen handwerklichen Fehler, wie bei den Ausführungen auf Seite 182, wo die Klägerin über eine halbe Seite hinweg wortwörtlich den Text von Theurl übernimmt und mit deren Nennung in der Fußnote 725 zu Unrecht den Eindruck erweckt, lediglich die in Anführungszeichen gesetzte Formulierung („prominenten Platz in der Geschichte der Währungsunion“) stamme von dieser Autorin.
82 
Der Plagiatsvorwurf trifft die Klägerin somit nicht nur vereinzelt oder im Sinne einer unsachgemäßen Handhabung der Zitierweise; vielmehr lassen die von der Beklagten aufgefundenen Stellen den Schluss zu, dass die Klägerin fremde Passagen wiederholt und planmäßig als eigene wissenschaftliche Arbeit ausgewiesen hat. Eine systematische und planmäßige Übernahme fremden Gedankenguts ergibt sich bereits daraus, dass sich die Plagiate an mehreren Stellen der Dissertation auffinden lassen und verschiedene Fremdautoren betreffen. Die von der Beklagten aufgezeigten Übernahmen aus verschiedenen Quellen weisen die Gemeinsamkeit auf, dass längere Passagen wortwörtlich übernommen worden sind, ohne dass dies in ausreichender Weise kenntlich gemacht worden wäre. Für einen Großteil der betroffenen Passagen ist eine Quellenangabe überhaupt nicht erfolgt. Ein bloßer Bagatellverstoß liegt darin offensichtlich nicht, denn betroffen sind weitgehend alle Teile, in denen der historische und wirtschaftswissenschaftliche Hintergrund der Arbeit erläutert wird. So ist im Kapitel IV. 1 (Wirtschaftliche Rahmenbedingungen im ausgehenden und beginnenden 20. Jahrhundert) auf den Seiten 41 bis 44 praktisch kein eigener Gedanke der Klägerin enthalten, ohne dass dies kenntlich gemacht worden wäre. Auch in quantitativer Hinsicht können die Übernahmen nicht als unbedeutend eingestuft werden, weil sie sich insgesamt auf 80 Textseiten der 200 Seiten (reiner Text ohne Inhalts- und Literaturverzeichnis) umfassenden Arbeit finden und von der Klägerin wiederholt und in Bezug auf verschiedene Autoren eingesetzt worden sind.
83 
Die Täuschungshandlung der Klägerin und der durch sie hervorgerufene Irrtum, es handele sich bei der Dissertation um eine in jeder Hinsicht eigenständige Leistung, waren für die Verleihung des Doktorgrades ursächlich; denn der Grad wäre ihr sonst für die vorgelegte Arbeit nicht zuerkannt worden. Dem steht nicht entgegen, dass der Erstgutachter der Arbeit in seinem Votum bemängelt hatte, dass die Klägerin nicht deutlich mache, auf welche Literatur sie sich jeweils stütze. Er führte diesbezüglich aus: „So werden zum Beispiel auf Seite 150 f. einige grundsätzliche Aussagen zur französischen, belgischen und italienischen Kolonialpolitik gemacht, ohne daß auch nur ein einziger Beleg genannt würde.“ Die Auffassung der Klägerin, wonach daraus zu schließen sei, dass die Schwächen ihrer Arbeit bekannt und damit bereits Gegenstand der Bewertung mit „cum laude“ gewesen seien, teilt die Kammer nicht. Gegenstand der Kritik des Erstgutachters war allein das Fehlen von Literaturangaben zu den - nach seiner Einschätzung - selbstständigen Ausführungen der Klägerin. Dass es sich dabei in weiten Teilen nicht um eigene Ausführungen der Klägerin, sondern vielmehr um wörtlich oder sinngemäß übernommene Ausführungen anderer Autoren handelte, war den Gutachtern der Arbeit nicht bekannt. Wäre ihnen bekannt gewesen, dass es sich nicht um eine eigenständige wissenschaftliche Leistung der Klägerin handelte, wäre der vorgelegten Arbeit die Anerkennung als Dissertation zu versagen gewesen.
84 
Der Einwand der Klägerin, sie habe umfangreiche eigene Recherchen durchgeführt, die wissenschaftlichen Ergebnisse ihrer Arbeit beruhten auf ihrer eigenen wissenschaftlichen Arbeit und ihr eigener wissenschaftlicher Beitrag sei eindeutig, ist ebenfalls unbeachtlich. Denn es kommt nicht darauf an, ob der Klägerin für die eingereichte Dissertation ohne die beanstandeten Seiten oder bei jeweils wörtlicher Zitierung der Doktorgrad noch verliehen worden wäre. Derartige hypothetische Erwägungen sind rechtlich unerheblich. Es ist für die Ursächlichkeit der von der Klägerin begangenen Täuschung nicht von Bedeutung, ob ihr für eine andere als die vorgelegte Arbeit der Doktorgrad verliehen worden wäre (so ausdrücklich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191; grundlegend bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54).
85 
c. Die von der Beklagten verfügte Entziehung des Doktorgrades weist auch im Übrigen keine Rechtsfehler auf. Die Beklagte hat nicht verkannt, dass die Entscheidung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG in ihrem Ermessen steht. Die Ermessenserwägungen im Ausgangsbescheid und im Widerspruchsbescheid sind auch nicht fehlerhaft im Sinne von § 114 VwGO. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Entschließungsermessens in Bezug auf die Durchführung eines Entziehungsverfahrens (dazu unter aa.) als auch hinsichtlich des Auswahlermessens bezüglich der gewählten Rechtsfolge (dazu unter bb.).
86 
aa. Die Beklagte hat ihr Entschließungsermessen hinsichtlich der Durchführung eines Entziehungsverfahrens ordnungsgemäß ausgeübt. Dem steht nicht entgegen, dass Anlass für die Einleitung des Verfahrens durch die Beklagte eine Überprüfung der Arbeit der Klägerin durch anonyme Internetnutzer und die Veröffentlichung von deren Ergebnissen auf der Internetseite http://de.vroniplag.wikia.com/wiki/xxx waren. Unabhängig davon, auf welche Weise und durch wen tatsächliche Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens bekannt werden, ist die betroffene Universität und das zur Entscheidung berufene Organ berechtigt, diese Vorwürfe im Rahmen eines Entziehungsverfahrens zu prüfen.
87 
bb. Auch die getroffene Ermessensentscheidung, der Klägerin den Doktorgrad zu entziehen, begegnet keinen Bedenken. Die erheblichen Nachteile, die diese Entscheidung für die Klägerin in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht nach sich zieht, hat der Promotionssauschuss bei seiner Entscheidung nicht verkannt. Dass die öffentlichen Interessen an der Entziehung des Doktorgrades im Ergebnis höher bewertet wurden, ist rechtlich in keiner Weise zu beanstanden. Zutreffend hat der Promotionsausschuss hierbei auf das ganz erhebliche Ausmaß der Plagiate der Klägerin und das Gewicht der wissenschaftlichen Unredlichkeit abgehoben.
88 
Der Promotionsausschuss hat auch die Tatsache, dass seit der Verleihung des Doktorgrades und dessen Entziehung mehr als zehn Jahre vergangen waren, hinreichend berücksichtigt (zur Berücksichtigung des Zeitablaufs seit der Verleihung des Doktorgrades im Rahmen des Ermessens vgl. zuletzt VG Köln, Urteil vom 22.03.2012 - 6 K 6097/11 -, NWVBl. 2012, 366 und VG Köln, Urteil vom 06.12.2012 - 6 K 2684/12 -, juris). Der Faktor Zeitablauf ist zwar weder in dem Sitzungsprotokoll des Promotionsausschusses vom 14.06.2011 noch in dem ausführenden Bescheid des Dekans vom 22.06.2011 gesondert thematisiert worden, der Promotionsausschuss hat jedoch ausweislich des Sitzungsprotokolls intensiv über die Verhältnismäßigkeit einer Entziehung des Doktortitels diskutiert und ist nach Abwägung aller sachlichen und persönlichen Gesichtspunkte zur Auffassung gekommen, dass die Entziehung des Doktortitels nicht gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit verstoße. Da den Mitgliedern des Promotionsausschusses bekannt war, dass die Titelverleihung bereits im Jahr 2000 erfolgt war, und in der Sitzung am 14.06.2011 nach persönlicher Anhörung der Klägerin alle - dem Ausschuss bekannten - sachlichen und persönlichen Gesichtspunkte erörtert worden sind, ist ein Ermessensfehler dahingehend, dass ein Gesichtspunkt nicht beachtet worden wäre, nicht erkennbar. Die Frage, wie und mit welchem Gewicht dieser Gesichtspunkt des Zeitablaufs in die Ermessensentscheidung eingestellt wird, obliegt dem Ausschuss und entzieht sich der gerichtlichen Kontrolle (§ 114 VwGO). Für eine ermessensfehlerhafte Gewichtung bestehen insoweit keine Anhaltspunkte.
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Selbst wenn man davon ausginge, dass eine Berücksichtigung des Zeitablaufs zwischen Titelerteilung und Titelentzug mangels ausdrücklicher Erwähnung im Sitzungsprotokoll und in der Begründung des Ausgangsbescheids nicht in hinreichendem Maße stattgefunden und daher ursprünglich ein Ermessensfehler vorgelegen hätte, wäre dieser durch die in der Sitzung des Promotionsausschusses am 03.11.2011 getroffene Abhilfeentscheidung geheilt worden. Im Protokoll der Promotionsausschusssitzung vom 03.11.2011 heißt es - nachdem die Klägerin den zeitlichen Aspekt erstmals ausdrücklich in ihrer Widerspruchsbegründung geltend gemacht hatte - ausdrücklich: „Der Ausschuss kann außerdem nicht erkennen, dass sich Frau xxx Rechtsposition durch Zeitablauf verfestigt hätte. Unbeschadet seiner Auffassung, dass im Falle der Dissertation Frau xxx allein aufgrund der Quantität und der Qualität der Plagiate keine Nachbesserung in Betracht kommen kann, hält der Ausschuss die Nachbesserung eines bereits vor zehn Jahren veröffentlichten Buches nicht für vertretbar.“ Aufgrund dieser (nochmaligen) expliziten Befassung des Promotionsausschusses mit dem Zeitablauf und dessen Einstellung in die Ermessenserwägungen bedarf es keiner Entscheidung, ob - wie die Klägerin bestreitet - das Ermessen des Promotionsausschusses hinsichtlich der Entziehung des Doktorgrades auch durch die Widerspruchsentscheidung oder noch im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden kann (§ 114 Satz 2 VwGO).
90 
Der Einwand der Klägerin, der Promotionsausschuss hätte eine Nachbesserungsauflage als milderes Mittel vorsehen oder es bei einer wissenschaftlichen Rüge belassen müssen, weil der erhebliche Zeitablauf seit Abgabe der Dissertation zu einer Verfestigung ihrer rechtlichen Position führe, welcher nach Möglichkeit auf der Ebene des Auswahlermessens Rechnung zu tragen sei, und weil außerdem durch die öffentliche Debatte das Präventionsziel bereits erreicht sei, ist zurückzuweisen. Das (möglicherweise vorhandene) Vertrauen der Klägerin, der verliehene Grad werde ihr erhalten bleiben, steht dessen Entziehung nicht entgegen. Zum einen hindert ein Vertrauensschutz die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts, der keine Geld- oder Sachleistungen gewährt, grundsätzlich nicht, da § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG in solchen Fällen nicht gilt (§ 48 Abs. 3 LVwVfG). Im Übrigen wäre die Klägerin auch nach § 48 Abs. 2 LVwVfG nicht gegen eine Rücknahme der Begünstigung geschützt, da sie die Gradverleihung durch eine arglistige Täuschung bewirkt hat (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG). Arglist in diesem Sinne liegt vor, wenn die bewusste Irreführung darauf gerichtet war, auf den Erklärungswillen einer Behörde hinzuwirken. Sie ist damit bei einer vorsätzlichen Täuschung, wie sie der Klägerin hier vorzuwerfen ist, regelmäßig gegeben; Anhaltspunkte für das Gegenteil liegen nicht vor (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, juris).
91 
Der Promotionsausschuss hat sich auch in hinreichendem Maße mit der Frage befasst, ob mildere Maßnahmen unterhalb der Entziehung des Doktorgrades, etwa eine Nachbesserungsauflage, in Betracht kommen könnten, und sich damit im Rahmen seiner Ermessensausübung auseinandergesetzt. Der Hinweis der Klägerin auf zwei weitere Fälle an der Medizinischen Fakultät der Beklagten, in denen geringere Sanktionen als die Entziehung des Doktorgrades verhängt worden seien, hat für die Entscheidung des Promotionsausschusses der Philosophischen Fakultät im vorliegenden Verfahren keine Bedeutung.
92 
Der von der Klägerin erhobene Einwand, wonach gegen die Verfasser anderer Dissertationen, bei denen die gleichen Fehler vorlägen, nicht vorgegangen werde und woraus sich eine Verwaltungspraxis ergebe, die auch in ihrem Fall angewandt werden müsse, geht ebenfalls ins Leere. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten in vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit andere Maßstäbe angelegt hätte. Die Beklagte hat vielmehr dargelegt, dass es seit der Gründung der Philosophischen Fakultät im Jahr 2002 keine Fälle gegeben habe, in denen ein Entziehungsverfahren durchgeführt worden sei. Eine Ermessenbindung scheidet somit bereits mangels entsprechender Verwaltungspraxis aus. Die pauschalen Behauptungen der Klägerin, eine Vielzahl anderer Dissertationen sei ebenso fehlerhaft wie ihre eigene, sind im Übrigen rein spekulativ und bleiben daher ohne rechtliche Bedeutung.
93 
Dass Erst- und Zweitgutachter die ganz erheblichen Plagiate nicht schon bei der Annahme und bei der Bewertung ihrer schriftlichen Dissertation entdeckt haben, begründet für die Klägerin ebenfalls keinen Vertrauensschutz dahingehend, die elementaren Grundlagen wissenschaftlicher Arbeitstechniken missachten zu dürfen (BayVGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl 2007, 281; VG Freiburg, Urteil vom 23.05.2012 - 1 K 58/12 -, juris; VG Sigmaringen, Urteil vom 04.10.2007 - 8 K 1384/05 -, n.v.). Auch ein „Mitverschulden“ der Beklagten lässt sich daraus nicht konstruieren, da keine Verpflichtung der Beklagten bestand, sämtliche Dissertationen bereits bei ihrer Abgabe - unabhängig von einem Verdacht auf einen Verstoß gegen die allgemeinen Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens - auf derartige Verfehlungen hin zu kontrollieren (vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 04.10.2007 - 8 K 1384/05 -, S. 15 des Entscheidungsabdrucks).
94 
Die Aufforderung im Bescheid des Dekans vom 22.06.2011, die Promotionsurkunde zurückzugeben, sieht die Kammer nur als einen Hinweis und nicht als Regelung im Sinne eines Verwaltungsakts auf Rückgabe gemäß § 52 LVwVfG.
95 
II. Da der Widerspruchsbescheid vom 30.11.2011 - wie bereits ausgeführt - weder formell noch materiell zu beanstanden ist, bleibt auch der Hilfsantrag ohne Erfolg.
96 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
97 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO vorliegt.
98 
B E S C H L U S S
99 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Ziffer 18.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (DVBl. 2004, 1525) auf 15.000 EUR festgesetzt.
100 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
22 
Die zulässige Klage ist sowohl mit dem Hauptantrag (dazu unter I.) als auch mit dem Hilfsantrag (dazu unter II.) unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 und der Widerspruchsbescheid vom 30.11.2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
23 
I. Der Hauptantrag ist unbegründet.
24 
1. Die angegriffenen Verfügungen - der Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 (dazu unter a.) sowie der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.11.2011 (dazu unter b.) - sind formell ordnungsgemäß zustande gekommen.
25 
a. Der Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 ist formell rechtmäßig ergangen. Mit dem Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten hat das zuständige Organ der Fakultät über die Entziehung des Doktorgrades entschieden (aa.). Bei seiner am 14.06.2011 getroffenen Entscheidung war der Promotionsausschuss vorschriftsmäßig besetzt (bb.) und die Anwesenheit von Prof. Dr. F. und Frau St. in der Sitzung am 14.06.2011 führte nicht zur formellen Rechtswidrigkeit der Entscheidung (cc.). Schließlich war der Promotionsausschuss in seiner Sitzung am 14.06.2011 auch beschlussfähig (dd.).
26 
aa. Die Zuständigkeit für die Entziehung eines Doktorgrades liegt bei der Hochschule, die den Grad verliehen hat (§ 35 Abs. 7 Satz 2 LHG). Zuständiges Organ innerhalb der Hochschule hierfür ist der Promotionsausschuss der Beklagten, der in seiner Sitzung am 14.06.2011 über die Entziehung des Doktorgrades abschließend entschieden hat. In Ausführung dieses Beschlusses hat der Dekan der Philosophischen Fakultät als Vorsitzender des Promotionsausschusses den Bescheid vom 22.06.2011 erlassen.
27 
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Promotionsordnung der Universität Heidelberg für die Philosophische Fakultät und die neuphilosophischen Fakultät vom 22.09.2006 in der Fassung vom 24.05.2007 (im Folgenden: Promotionsordnung - PromO -) richtet sich die Entziehung des Doktorgrades nach den landesrechtlichen Bestimmungen. Soweit dort eine Zuständigkeitsregelung fehlt, ist der Promotionsausschuss zuständig (Satz 2). Die Zuständigkeit des Promotionsausschusses folgt hier aus § 22 Abs. 1 Satz 2, da die Promotionsordnung auf den vorliegenden Fall anzuwenden (dazu unter aaa.) und eine anderweitige Zuständigkeitsbestimmung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO nicht gegeben ist (dazu unter bbb.).
28 
aaa. Im vorliegenden Fall findet die Promotionsordnung und nicht etwa die frühere Fassung der Promotionsordnung der Universität Heidelberg für die Philosophisch-historische Fakultät, die Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaft und die Neuphilologische Fakultät vom 28.08.1989 ( - PromO a.F. -) Anwendung, nach deren § 10 Abs. 2 Satz 2 für die Entziehung des Doktorgrades, soweit eine Zuständigkeitsregelung fehlte, nicht der Promotionsausschuss, sondern der erweiterte Fakultätsrat zuständig war. Dies folgt daraus, dass sich die Rechtmäßigkeit der Entziehung eines Doktorgrades -und damit auch die Zuständigkeit des zur Entscheidung berufenen Gremiums -mangels anderweitiger Bestimmungen im Hochschulrecht als dem einschlägigen Fachrecht nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids richtet (ebenso unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HschR/NF 21A Nr. 19). Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids war die Promotionsordnung in Kraft, da sie auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage beruhte und formell rechtmäßig erlassen wurde.
29 
Die Promotionsordnung findet die Ermächtigung für ihren Erlass in § 38 Abs. 4 Sätze 1 und 2 LHG. Nach § 38 Abs. 4 Satz 1 LHG führt die Hochschule Promotionsverfahren auf der Grundlage einer Promotionsordnung durch, die vom Senat zu beschließen ist und der Zustimmung des Vorstandsvorsitzenden bedarf. Nach § 38 Abs. 4 Satz 2 LHG regelt die Promotionsordnung die weiteren Zulassungsvoraussetzungen, die Höchstdauer der Promotionszeit sowie die Durchführung des Promotionsverfahrens. Die Regelung der „Durchführung des Promotionsverfahrens“ umfasst sowohl die Entziehung des Doktorgrades als auch die Bestimmung des für die Durchführung des Promotionsverfahrens - und damit auch für die Entziehung -zuständigen Organs - hier des Promotionsausschusses.
30 
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte zur Frage der Ermächtigungsgrundlage für derartige Vorschriften einer Promotionsordnung zur Rechtslage nach dem Universitätsgesetz ausgeführt, Ermächtigungsgrundlage für Promotionsordnungen, in denen auch die Entziehung des Doktorgrades geregelt sei, sei § 54 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 und Nr. 9 des Universitätsgesetzes in der ursprünglichen Fassung vom 22.11.1977 (GBl. S. 473; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HschR/NF 21A Nr. 19). Nach § 54 Abs. 2 Satz 3, 1. Halbsatz UG i.d.F. 22.11.1977 bedurfte die vom Senat der Universität als Satzung zu beschließende Promotionsordnung der Zustimmung des Rektors. Der 2. Halbsatz der Vorschrift ordnete die entsprechende Geltung einzelner Vorschriften über Prüfungsordnungen, namentlich § 51 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 3 bis 7, 9 bis 13 UG, an. Zu diesen entsprechend anwendbaren Regelungen zählten insbesondere die Vorschriften über die Prüfungsorgane (§ 51 Abs. 2 Nr. 5 UG) sowie über die Folgen von Prüfungsverstößen (§ 51 Abs. 2 Nr. 9 UG), die demnach - so der Verwaltungsgerichtshof - auch im Rahmen einer Promotionsordnung geregelt werden dürften.
31 
Mit dem Landeshochschulgesetz wurde die Verweisung auf die Vorschriften über Prüfungsordnungen aufgegeben und stattdessen in § 38 Abs. 4 LHG eine eigenständige Regelung der Promotionsordnungen getroffen. Statt - wie bisher - die entsprechende Anwendbarkeit einzelner Regelungen zu statuieren, wurde in § 38 Abs. 4 Satz 2 LHG mit „Durchführung des Promotionsverfahrens“ ein weitreichender Oberbegriff eingeführt, der - abgesehen von den gesondert genannten Zulassungsvoraussetzungen sowie der Höchstdauer der Promotion - alle Verfahrensfragen umfasst. Dass auch die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsregeln Teil des Promotionsverfahrens sind und somit zu dessen Durchführung zählen, lässt sich bereits § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 UG entnehmen, der unter dem Begriff „Ablauf des Prüfungsverfahrens“ insbesondere den Beginn, die Gliederung, die Dauer des Prüfungsverfahrens, Prüfungstermine und die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften aufzählte. Auch die Gesetzesbegründung zum Landeshochschulgesetz stellt klar, dass durch die Neufassung des § 38 LHG und die eigenständige Regelung der Promotionsordnungen in dessen Absatz 4 keine inhaltliche Änderung vorgenommen werden sollte. Zu § 38 Abs. 4 LHG heißt es dort ausdrücklich, Absatz 4 entspreche inhaltlich dem bisherigen Recht von § 54 Abs. 2 Sätze 3 bis 5, Abs. 3 Satz 2 UG; die Neufassung umschreibe allerdings die Inhalte als Folge der Zielsetzungen der Novelle insbesondere in Satz 2 in anderer Weise (vgl. Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.10.2004, LT-Drs. 13/3640, S. 212). Die Zielsetzung des Landesgesetzgebers bei der Neufassung der Bestimmungen über die Promotion war es, die Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch intensive Betreuung der Doktoranden zu verbessern und dabei auf die bisherigen Detailvorgaben in § 54 Abs. 2 bis 4 UG zu verzichten (vgl. LT-Drs. 13/3640, S. 211).
32 
Die Promotionsordnung ist auch formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Der dazu gemäß § 38 Abs. 4 Satz 1 LHG berufene Senat der Beklagten hat die Promotionsordnung in seiner Sitzung am 19.06.2006 beschlossen. Bei dieser Senatssitzung war der zu diesem Zeitpunkt aus 19 Amts- und 20 Wahlmitgliedern bestehende Senat ordnungsgemäß besetzt und beschlussfähig. Insbesondere waren ausweislich des Protokolls der Senatssitzung am 19.06.2006 nur elf der insgesamt 39 Senatsmitglieder nicht anwesend, so dass keine Bedenken gegen die Beschlussfähigkeit des Senats bestehen. Die beiden bei der Sitzung des Senats ebenfalls anwesenden Gäste Frau Prof. Dr. J. und Herr Prof. Dr. Sch. waren jeweils zu anderen Tagesordnungspunkten geladen; Prof. Dr. W. war trotz seiner Nennung als Gast ausweislich der im Protokoll unter den Tagesordnungspunkte 11 und 12 angegebenen Erläuterungen aus gesundheitlichen Gründen an der Teilnahme verhindert. Mit seiner Unterschrift auf der Ausfertigung der Promotionsordnung am 22.09.2006 hat der damalige Rektor der Beklagten seine nach § 38 Abs. 4 Satz 1 LHG erforderliche Zustimmung zur Promotionsordnung erteilt. Zudem ist die Promotionsordnung entsprechend den Vorgaben des § 8 Abs. 6 Satz 1 LHG im Mitteilungsblatt des Rektors bekanntgemacht worden (vgl. Mitteilungsblatt des Rektors vom 25.09.2006, S. 749 ff.). Auch die nachfolgende, den § 22 PromO nicht betreffende Änderung der Promotionsordnung vom 24.05.2007 erfolgte wirksam durch den Beschluss des Senats vom 22.05.2007, die Zustimmungserteilung des Rektors vom 24.05.2007 und die nachfolgende Veröffentlichung im Mitteilungsblatt des Rektors (vgl. Mitteilungsblatt des Rektors vom 06.07.2007, S. 1765).
33 
bbb. Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 PormO war der Promotionsausschuss für die Entscheidung über die Entziehung des Doktorgrades zuständig. Denn es besteht keine vorrangige landesrechtliche Zuständigkeitsregelung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO, die den Rückgriff auf die subsidiäre Zuständigkeitsbestimmung des § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO und damit die Zuständigkeit des Promotionsausschusses ausschließen würde. Bei der allgemeinen Zuständigkeitsbestimmung des § 23 Abs. 3 Satz 1 LHG, wonach der Fakultätsvorstand für alle Fakultätsangelegenheiten im Sinne des § 22 Abs. 1 LHG zuständig ist, handelt es sich nicht um eine vorrangige Zuständigkeitsregelung. Dies folgt daraus, dass § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO unmittelbar Bezug nimmt auf Absatz 1 Satz 1, dessen Regelungsgegenstand ausschließlich die Entziehung des Doktorgrades ist. Nur wenn für diese spezielle Aufgabe - Entziehung des Doktorgrades - eine landesrechtliche Bestimmung bestünde, wäre diese vorrangig. So wäre etwa die frühere Regelung des Gesetzes über die Führung akademischer Grade vom 07.06.1939 (RGBl. I S. 985) i.V.m. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Führung akademischer Grade vom 21.07.1939 (RGBl. I S. 1326), welche nach 1945 als Landesrecht fortgalt und für die Entziehung des Doktorgrades die Zuständigkeit eines Rektor-Dekane-Ausschusses begründete (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54), eine derartige spezielle landesrechtliche Regelung, die in § 22 PromO gemeint ist. Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Regelung, wonach das Organ, das den Doktorgrad verleiht, auch über die Entziehung entscheidet. Denn in der Sache ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung vorlagen.
34 
bb. Der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät war bei seiner Entscheidung über die Entziehung des Doktorgrades der Klägerin auch vorschriftsmäßig besetzt. Die gewählten Mitglieder des Promotionsausschusses erfüllen die Anforderungen der Promotionsordnung (dazu unter aaa.); die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl der Ausschussmitglieder sind unerheblich (dazu unter bbb.).
35 
aaa. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 PromO werden die Mitglieder des Promotionsausschusses und je ein Stellvertreter vom Fakultätsrat für eine Amtszeit von zwei Jahren gewählt. Dass die Wahl des Promotionsausschusses hier anlässlich des Verfahrens der Klägerin am 13.04.2011 stattfand, ist nicht zu beanstanden. Die Amtszeit des zuvor am 25.10.2006 gewählten Promotionsausschusses war seit langem abgelaufen. Ob die Annahme der Beklagten zutreffend ist, dass die Mitglieder des Promotionsausschusses, solange kein neuer Promotionsausschuss gewählt worden ist, ihr Amt gemäß § 9 Abs. 2 LHG auch über mehrere Jahre hinweg weiterführen konnten, wenn kein neuer Promotionsausschuss gewählt wird, bedarf keiner Entscheidung. Aufgrund der bereits seit langem abgelaufenen Amtszeit der bisherigen Mitglieder des Promotionsausschusses bestand im April 2011 jedenfalls Anlass, den Promotionsausschuss neu zu wählen. Nach § 3 Abs. 3 PromO sind Mitglieder des Promotionsausschusses der Dekan oder ein Prodekan als Vorsitzender sowie vier weitere Hochschullehrer oder Privatdozenten der Fakultät, die hauptberuflich an der Universität Heidelberg tätig sind. Die vom Großen Fakultätsrat in seiner Sitzung am 13.04.2011 gewählten und am 14.06.2011 anwesenden Mitglieder des Promotionsausschusses erfüllen diese Voraussetzungen.
36 
bbb. Die von der Klägerin erhobenen Rügen gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses greifen nicht durch.
37 
Für derartige Einwände gegen die Rechtmäßigkeit von Gremienwahlen ist in der Verfahrensordnung der Beklagten ein gesondertes Verfahren vorgesehen. Nach § 14 Satz 1 der Verfahrensordnung muss der Einwand, Beschlüsse oder Wahlen seien nicht entsprechend dieser Verfahrensordnung zu Stande gekommen, spätestens bis zum Beginn der nächsten Sitzung (des betreffenden Gremiums) erhoben werden. Satz 3 regelt das anschließende Verfahren und bestimmt, dass, sofern der Einwand vom Gremium als berechtigt anerkannt wird, über die Angelegenheit erneut zu beraten und zu beschließen bzw. zu wählen ist. Damit soll sichergestellt werden, dass mögliche Verfahrensfehler einerseits zeitnah korrigiert werden können und andererseits die getroffenen Beschlüsse und durchgeführten Wahlen nach Ablauf der Frist (Beginn der nächsten Sitzung) Bestand haben. Dementsprechend hat die Beklagte die Stimmzettel zur Wahl des Promotionsausschusses in der dem 13.04.2011 nachfolgenden Sitzung des Großen Fakultätsrats vernichtet.
38 
Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl können darüber hinaus nicht - gleichsam als Vorfrage - im vorliegenden Rahmen der Anfechtung der Entziehungsverfügung geltend gemacht werden. Dies folgt aus dem in § 10 Abs. 5 LHG enthaltenen Rechtsgedanken sowie aus allgemeinen im Staats- und Verwaltungsrecht geltenden Grundsätzen.
39 
§ 10 Abs. 5 LHG lautet: „Ist die Wahl eines Gremiums oder einzelner Mitglieder eines Gremiums rechtskräftig für ungültig erklärt worden, so führt dieses Gremium in der bisherigen Zusammensetzung die Geschäfte bis zum Zusammentreten des auf Grund einer Wiederholungs- oder Neuwahl neugebildeten Gremiums weiter (Satz 1). Die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit dieser Mitglieder wird durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt (Satz 2). Satz 2 gilt bei einer fehlerhaften Besetzung von Gremien entsprechend (Satz 3).“ § 10 Abs. 5 Sätze 2 und 3 LHG treffen somit eine Regelung, die im Interesse der Rechtssicherheit dazu führt, dass die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit gewählter Mitglieder eines Gremiums der Universität, deren Wahl rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, durch die Ungültigkeit der Wahl oder durch sonstige Fehler, die zu einer fehlerhaften Besetzung des Gremiums führen, nicht berührt wird (ebenso zur früheren Regelung des § 109 Abs. 3 UG VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, juris).
40 
Gremium im Sinne dieser Vorschrift ist auch der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten (vgl. § 10 Abs. 1 LHG; ebenso § 1 der Verfahrensordnung der Beklagten). Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses müssen im vorliegenden Verfahren unbeachtet bleiben, denn erkennbare Zielsetzung des Landesgesetzgebers bei der Schaffung des früheren § 109 Abs. 3 UG, dessen Regelungen in § 10 Abs. 5 Sätze 1 und 2 LHG unverändert übernommen wurden (vgl. Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.10.2004, LT-Drs. 13/3640, S. 182), war es, Rechtssicherheit durch Anerkennung der Rechtsbeständigkeit der von den universitären Gremien geschaffenen Maßnahmen unabhängig von der etwaigen Fehlerhaftigkeit zugrundeliegender Wahlen zu schaffen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, juris). Dass dies auch die Intention des Landesgesetzgebers bei der Schaffung des Landeshochschulgesetzes war, wird daraus ersichtlich, dass neben der unveränderten Übernahme des § 109 Abs. 3 UG in § 10 Abs. 5 den Sätzen 1 und 2 LHG ein Satz 3 angefügt wurde, um - so die Begründung des Gesetzentwurfs - klarzustellen, dass die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit von Mitgliedern auch dann unberührt bleibt, wenn das Gremium aus anderen Gründen fehlerhaft besetzt sein sollte. Dies gelte insbesondere für die Amtsmitglieder eines Gremiums selbst, aber auch für vom Gremium gewählte Funktionsträger, z.B. für den Studiendekan und die Studienkommissionen sowie die Mitglieder von Prüfungsausschüssen usw. (vgl. LT-Drs. 13/3640, S. 182). Wird die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit der Mitglieder eines Gremiums sogar dann durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt, wenn diese Wahl rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, so muss dies erst recht dann gelten, wenn - wie hier - lediglich Einwände gegen die Gültigkeit der Wahlen erhoben werden (so schon zur Vorgängerregelung des § 109 Abs. 3 Satz 2 UG: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, juris).
41 
Darin liegt - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch kein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG, wonach die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht gebunden ist, denn die Unbeachtlichkeit derartiger Rügen ist Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes, wonach es die rechtliche Wirksamkeit staatlicher Rechtsakte nicht berührt, wenn die Wirksamkeit der Bestellung des handelnden Staatsorgans in Frage gestellt ist, solange diese Bestellung nicht in dem hierfür vorgesehenen Verfahren widerrufen oder für ungültig erklärt worden ist; auch dann wirkt der Widerruf oder die Ungültigkeiterklärung der Bestellung nur ex nunc. Das gilt im Staatsrecht für die Wahl der Landtage und des Deutschen Bundestages (BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 14 [38]; Entscheidung vom 11.10.1972 - 2 BvR 912/71 -, BVerfGE 34, 81 [95 f.]) und im Verwaltungsrecht für die Wahl der Kreistage und Gemeinderäte (BVerfG, Beschluss vom 11.11.1953 - 1 BvR 444/53 -, BVerfGE 3, 41 [44]; vgl. § 30 Abs. 3 Satz 2 GemO; § 21 Abs. 3 Satz 2 LKrO). In diesen Fällen besteht zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen demokratischen Willensbildung ein gesondertes Wahlprüfungsverfahren. Etwaige Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl sind ausschließlich in diesem Verfahren geltend zu machen.
42 
Dieser Grundsatz gilt aber nicht nur für gewählte Organe, sondern auch für ernannte Amtswalter, ohne dass es dort ein gesondertes Prüfungsverfahren gäbe. So hat die unerkannte Unwirksamkeit der Ernennung eines Beamten ebenso wenig Einfluss auf die Wirksamkeit seiner Amtshandlungen (§ 15 Satz 3 BBG; § 13 Abs. 4 Satz 1 LBG) wie die noch nicht rechtskräftig festgestellte Nichtigkeit der Ernennung eines Richters (§ 18 Abs. 3 DRiG) auf dessen Rechtsprechungstätigkeit. Auch gerichtliche Entscheidungen, an denen ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat, dessen Wahl nachträglich rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, werden hierdurch in ihrer Wirksamkeit nicht berührt (BVerwG, Beschlüsse vom 09.06.1987 - 9 CB 36.87 -, DVBl. 1987, 1112 und vom 03.09.1987 - 1 CB 39.87 -, Buchholz 310 § 26 VwGO Nr. 2).
43 
Diese Grundsätze entsprechen dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (vgl. BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 14 [38]; ebenso unter Hinweis auf die Konsequenzen einer abweichenden Auffassung VG Freiburg, Urteil vom 24.02.1996 - 10 K 1064/95 -, GewArch 1997, 423). Bei gewählten Hauptorganen öffentlich-rechtlicher Körperschaften dienen sie zudem dem Gebot, die jeweilige Körperschaft zu keiner Zeit ohne handlungsfähiges Organ zu lassen (vgl. Versteyl, in: von Münch/Kunig, GG Bd. I, 6. Aufl. 2012, Art. 41 GG Rn. 13; zum Ganzen eingehend VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.12.1997 - 9 S 2506/07 -, GewArch 1998, 164; StGH Bremen, Entscheidung vom 28.02.1984 - St 2/93 -, DVBl. 1994, 633; ebenso BGH, Urteil vom 17.12.1973 - II ZR 47/71 -, NJW 1974, 183 in Abgrenzung zur Rechtslage bei innerparteilichen Wahlen, die dem privaten Vereinsrecht unterliegen).
44 
Dieser Grundsatz findet vorliegend auch für die Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses Anwendung, da der Promotionsausschuss Vertretungsorgan der Fakultät (Gremium) im Rahmen des Promotionsverfahrens und als solches mit Ausübung von Hoheitsmacht beauftragt ist.
45 
Dem steht auch nicht die spezifische Aufgabe des Promotionsausschusses bei der Durchführung des Promotionsverfahrens bzw. im Verfahren der Entziehung des Doktorgrades entgegen. Der Einwand der Klägerin, eine abweichende Besetzung des Promotionsausschusses hätte Auswirkungen auf das Ergebnis der zu treffenden Ermessensentscheidung gehabt und sei deshalb in jeden Fall erheblich, trägt nicht. Die Tatsache, dass Ermessensentscheidungen von einem anderen Amts- oder Mandatsträger gegebenenfalls anders getroffenen würden, ist nicht ausschlaggebend, denn dies würde auch im Falle einer fehlerhaften Beamtenernennung durchgreifen, sofern der betreffende Beamte Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, die Ermessensentscheidungen beinhalten. Die Argumentation der Klägerin zielt in der Sache auf eine Gleichstellung des Promotionsausschusses mit einer aus mehreren Prüfern zusammengesetzten Prüfungskommission, welche hier jedoch abzulehnen ist.
46 
Richtig ist, dass die Bestellung eines Prüfers oder mehrerer Prüfer für eine bestimmte Prüfung für das Prüfungsergebnis grundsätzlich erhebliche Bedeutung hat, weil die prüfungsspezifischen Wertungen des Prüfers von seiner Einschätzung der Leistungen des Prüflings und ferner von seinen Erfahrungen hinsichtlich des für ein positives Prüfungsergebnis grundsätzlich vorauszusetzenden Leistungsniveaus abhängen (vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 362). Bei dem Promotionsausschuss handelt es sich jedoch nicht um eine Prüfungskommission, sondern vielmehr um einen Prüfungsausschuss, welcher keine Prüfungs- sondern Verwaltungsentscheidungen trifft (vgl. zur Begrifflichkeit und zur Unterscheidung Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 356). Dies folgt aus § 2 Abs. 3 PromO, wonach die Organe der jeweiligen Fakultät der Promotionsausschuss sowie eine vom Promotionsausschuss - für jedes Promotionsverfahren gesondert - eingesetzte Promotionskommission sind. Im Gegensatz zur Promotionskommission, die eine Leistungsbewertung vornimmt und damit Prüferaufgaben erfüllt, sorgt der Promotionsausschuss nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Promotionsordnung für den ordnungsgemäßen Ablauf des Promotionsverfahrens. Dass der Ausschuss als solches keine Prüfungskommission und seine Mitglieder keine Prüfer sind, folgt auch aus der Tatsache, dass Stellvertreter gewählt werden, bei verschiedenen Sitzungen des Promotionsausschusses demnach verschiedene und unterschiedlich viele Mitglieder bzw. deren Stellvertreter anwesend sind und der Promotionsausschuss auch ohne vollständige Anwesenheit aller Mitglieder beschlussfähig ist. Es ist vielmehr ausreichend, wenn sich die an der abschließenden Entscheidung teilnehmenden Ausschussmitglieder durch entsprechende Vorbereitung (Lektüre schriftlicher Unterlagen wie etwa der Synopse sowie der Protokolle vorangegangener Ausschusssitzungen) ein eigenes Bild von dem zu entscheidenden Fall gemacht haben. Diese durch die Konzeption des Promotionsausschusses und seine Verfahrensordnung bedingten personellen Wechsel in einem laufenden Verfahren wären für ein Prüfungsverfahren, zu dessen Durchführung einzelne Prüfer individuell zu bestimmen sind, nicht zulässig.
47 
Dem steht auch nicht entgegen, dass dem Promotionsausschuss bei der Entziehung des Doktorgrades ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich des Umfangs oder des Gewichts eines Plagiats und des Ausmaßes der damit verbundenen Schädigung der öffentlichen Interessen zusteht, weil die Beurteilung dieser Fragen durch die Satzungsregelung bewusst dem wissenschaftlichen Gremium der Fakultät zugewiesen ist, und diese Fragen „nach prüfungsrechtlichen Gesichtspunkten“ beantwortet werden müssen (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK- HSchR/NF 21A Nr. 19). Denn bei der Bewertung, ob ein Plagiat vorliegt, besteht kein prüfungsspezifischer Bewertungsspielraum; diese Beurteilung kann vielmehr durch jeden sachverständigen Dritten erfolgen (BVerwG, Beschluss vom 21.12.2006 - 6 B 102.06 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116; BayVGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl. 2007, 281; Schroeder, NWVBl. 2010, 177). Dementsprechend nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in der Sache - vergleichbar der Rechtsprechung zu den Täuschungsversuchen - eine vollständige Prüfung vor, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rücknahmeentscheidung vorliegen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19, und vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191). Schließlich kommt es nach der Rechtsprechung für die Beurteilung, ob der Verstoß gegen die Anforderungen wissenschaftlichen Arbeitens vorliegt, auch nicht auf die - allein durch Prüfer zu beurteilende - Frage an, ob die Arbeit ohne fehlerhafte Stellen noch eine promotionswürdige Leistung darstellt (vgl. VGH Baden- Württemberg, Urteil vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191; grundlegend dazu bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 - ESVGH 31, 54).
48 
Der Einwand der Klägerin, ihr stehe hinsichtlich der Wahl des Promotionsausschusses weder ein Wahlprüfungsverfahren noch ein ähnliches Verfahren zu, in dem sie ihre Rügen gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl geltend machen könne, hindert die Anwendbarkeit des § 10 Abs. 5 LHG sowie der genannten Grundsätze zur rechtlichen Wirksamkeit staatlicher Rechtsakte nicht. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob die Klägerin als Nichtmitglied der Fakultät gemäß § 14 der Verfahrensordnung Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl des Promotionsausschusses hätte erheben können, denn die Geltung dieses allgemeinen Grundsatzes ist - wie bereits ausgeführt - nicht generell davon abhängig, dass dem durch einen staatlichen Hoheitsakt Betroffenen tatsächlich ein Rechtsbehelf gegen die Bestellung eines Amtsträgers oder die Wahl eines Gremiums zusteht, auf den er verwiesen werden kann. Ein solcher Rechtsbehelf ist etwa auch gegen die Bestellung eines Beamten oder die Ernennung eines Richters nicht gegeben. Ebenso wenig sieht § 10 Abs. 5 LHG die Möglichkeit für Außenstehende vor, sich gegen die Wahl eines Gremiums zu wenden und ordnet gleichwohl, sogar über den Zeitpunkt der gerichtlichen Feststellung der Ungültigkeit der Wahl hinaus, die Wirksamkeit der Entscheidungen dieser Gremien an.
49 
Schließlich spricht auch das Gebot der Rechtssicherheit von Prüfungsentscheidungen (vgl. dazu nur Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 56 ff.) dafür, dass der oben genannte Grundsatz auch auf den Promotionsausschuss Anwendung finden muss, denn wenn - wie die Klägerin meint - Fehler bei der Wahl der Ausschussmitglieder zur Rechtswidrigkeit der getroffenen Entscheidungen des Promotionsausschusses führen würden, könnte bis zur ordnungsgemäßen Neuwahl kein rechtmäßiges Promotionsverfahren durchgeführt werden, und auch die Verleihung von Doktorgraden an Doktoranden wäre rechtswidrig.
50 
Daraus folgt, dass die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl des Promotionsausschusses - namentlich im Hinblick auf die Einberufung der Sitzung des Großen Fakultätsrats am 13.04.2011, die nachträgliche Ergänzung der Tagesordnung um TOP 7, die Geheimheit der Wahl sowie das Verfahren der Blockwahl - im vorliegenden Verfahren ohne Belang und somit nicht zu überprüfen sind. Es bedarf deshalb auch nicht der von der Klägerin schriftsätzlich beantragten Beweiserhebung dazu, wie die Einberufung der Sitzung, die Ergänzung der Tagesordnung sowie die Durchführung der Wahl am 13.04.2011 vonstattengegangen sind.
51 
Schließlich ist auch der Einwand der Klägerin, mit dem Großen Fakultätsrat habe - mangels ordnungsgemäßer Einsetzung desselben - das falsche Gremium die Wahl des Promotionsausschusses vorgenommen, nach den oben genannten Grundsätzen unbeachtlich, denn auch die Frage, in welcher Zusammensetzung ein Gremium die Wahl eines Ausschusses vornimmt, betrifft die Rechtmäßigkeit der Wahl und ist daher im vorliegenden Verfahren unerheblich. Der Grundsatz gilt nicht nur für die konkrete Wahlhandlung, sondern ebenso für die der eigentlichen Wahl vorangehende Zusammensetzung des wählenden Gremium, hier des Großen Fakultätsrats, denn diese ist - als Vorfrage der eigentlichen Wahlhandlung - vergleichbar mit der Ungültigkeit von Wahlgesetzen (vgl. dazu BVerfG, Entscheidung vom 11.10.1972 - 2 BvR 912/71 -, BVerfGE 34, 81 [95 f.]) oder der Tatsache, dass die Legislaturperiode eines Parlaments bereits beendet ist (vgl. dazu grundlegend auch schon BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 18, [34]).
52 
Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob in den Fällen etwas anderes gelten muss, in denen ein offensichtlich unzuständiges Gremium eine Wahl vornimmt, zu der ein anderes Gremium berufen gewesen wäre, denn so liegt der Fall hier nicht. Selbst wenn die Einrichtung eines Großen Fakultätsrates durch die Philosophische Fakultät den gesetzlichen oder den in § 16 Abs. 1 der Grundordnung der Beklagten aufgestellten Anforderungen nicht genügen sollte, betrifft dies lediglich die Art und Weise der Zusammensetzung des Fakultätsrats der Beklagten. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei dem Großen Fakultätsrat nicht um ein völlig anderes Gremium, sondern lediglich um eine abweichende, nämlich umfangreichere Besetzung des Fakultätsrats. Dies lässt sich bereits aus § 25 LHG und § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LHG ersehen, denn dort wird „Fakultätsrat“ als Oberbegriff für das jeweilige kollegiale Vertretungsgremium der Fakultät verwendet, unabhängig davon, ob dieses einfach (§ 25 Abs. 2 LHG) oder aber als Großer Fakultätsrat (§ 25 Abs. 3 LHG) zusammengesetzt ist. Auch die Regelung in § 3 Abs. 2 der Promotionsordnung, die ausweislich des Protokolls des erweiterten Fakultätsrats in seiner Sitzung am 16.02.2005 vorberaten (vgl. TOP 16) und am 19.09.2006 vom Senat beschlossen wurde, sieht vor, dass „der Fakultätsrat“ den Promotionsausschuss wählt. Angesichts der Tatsache, dass die Fakultät - nach Auffassung der Beklagten - bereits am 16.02.2005 ihr Vertretungsorgan als Großen Fakultätsrat konstituierte, ist auch „Fakultätsrat“ im Sinne des § 3 Abs. 2 Promotionsordnung als Oberbegriff für die jeweilige Zusammensetzung des Fakultätsrat zu verstehen.
53 
cc. Die Tatsache, dass Herr Prof. Dr. F. und Frau St. an der Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 teilnahmen, führt ebenfalls nicht zur formellen Fehlerhaftigkeit des Ausgangsbescheids, da die Anwesenheit der beiden Personen nach der anzuwendenden Verfahrensordnung nicht zu beanstanden ist.
54 
Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 LHG tagen die Gremien - mit Ausnahme der Angelegenheiten nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2, 12 bis 14 LHG - nicht öffentlich. Dementsprechend ordnet auch § 4 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung der Beklagten die Nichtöffentlichkeit der Gremiensitzungen an. Neben den Gremienmitgliedern können nach den Regelungen der Verfahrensordnung jedoch auch weitere Personen an der nichtöffentlichen Sitzung teilnehmen. So kann der Vorsitzende des jeweiligen Gremiums gemäß § 3 Abs. 3 der Verfahrensordnung Bedienstete seines Verwaltungsbereichs zur Unterstützung hinzuziehen und ihnen den Vortrag zu einzelnen Tagesordnungspunkten übertragen. Die hier in Rede stehende Hinzuziehung von Sachverständigen ist in § 3 Abs. 2 und in § 6 Abs. 1 der Verfahrensordnung geregelt. Nach § 3 Abs. 2 prüft der Vorsitzende bei der Aufstellung der vorläufigen Tagesordnung, zu welchen Tagesordnungspunkten Sachverständige und/oder Auskunftspersonen beratend hinzugezogen und geladen werden sollen. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung ist erster Punkt der Tagesordnung deren Feststellung. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist mit der Feststellung der Tagesordnung über die Zuziehung von Sachverständigen und Auskunftspersonen Beschluss zu fassen. Eine Hinzuziehung dritter Personen ist auch im Falle des nach § 3 Abs. 5 Satz 1 Promotionsordnung nichtöffentlich tagenden Promotionsausschusses zulässig, da es sich bei diesem um ein Gremium im Sinne der Verfahrensordnung und im Sinne des Landeshochschulgesetzes handelt. Insbesondere handelt es sich - wie bereits ausgeführt - nicht um eine Prüfungskommission und bei seinen Mitgliedern nicht um Prüfer. In der Sitzung am 14.06.2011 fand dementsprechend auch keine (mündliche) Prüfung, sondern vielmehr eine persönliche Anhörung der Klägerin sowie anschließend eine Beratung und Beschlussfassung statt. Die strengen prüfungsrechtlichen Vorgaben - auf die die Klägerin wiederholt hingewiesen hat und nach denen die Teilnahme eines Dritten an der Beratung einer Prüfungskommission zu einem Verfahrensfehler führt, der die Prüfungswiederholung erfordert (vgl. dazu SächsFG, Urteil vom 31.05.2011, - 2 K 243/10 -, DVBl. 2012, 64-66; BFH, Urteil vom 18.09.2012 - VII R 41/11 -, DStR 2013, 430) - finden somit hier keine Anwendung. Daher bedarf es - anders als die Klägerin meint - auch keiner Differenzierung zwischen der in der Sitzung am 14.06.2011 erfolgten Anhörung, Beratung und Beschlussfassung.
55 
Die Voraussetzungen, die die Verfahrensordnung an die wirksame Hinzuziehung von Sachverständigen stellt, sind im vorliegenden Fall erfüllt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine ausdrückliche Beschlussfassung über die Zuziehung nicht geboten, vielmehr genügt auch ein konkludenter Beschluss den Anforderungen. Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensordnung. Danach ist „mit der Feststellung der Tagesordnung“ über die Hinzuziehung von Sachverständigen Beschluss zu fassen ist. Dies ist so zu verstehen, dass durch die Feststellung der Tagesordnung durch den Ausschuss die vorangegangene Entscheidung des Vorsitzenden nach § 3 Abs. 2 Verfahrensordnung, die sich bereits in der Ladung der Sachverständigen ausdrückt, gebilligt wird. Der Beschluss über die Hinzuziehung und die Feststellung der Tagesordnung fallen in einen Akt zusammen. Dies ergibt sich insbesondere auch aus dem Vergleich mit dem 1. Halbsatz des § 6 Abs. 2 Satz 2 der Verfahrensordnung, wo es in Bezug auf die Änderung der vorläufigen Tagesordnung ausdrücklich heißt: „Über diese Anträge istgesondert zu beschließen.“ Im Übrigen sieht die Verfahrensordnung die konkludente Beschlussfassung bei Anträgen zur Geschäftsordnung (im Gegensatz zu Anträgen zur Sache) in § 7 Abs. 3 Sätze 4 und 5 ausdrücklich vor. Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 der Verfahrensordnung ist über Anträge zur Geschäftsordnung nach der Begründung durch den Antragsteller und einer begründeten Gegenrede sofort abzustimmen. Erfolgt keine Gegenrede, ist der Antrag angenommen (Satz 5). Unabhängig davon, ob der Antrag, Sachverständige zu einem Tagesordnungspunkt zuzuziehen, ein solcher Antrag zur Geschäftsordnung ist und damit § 7 Abs. 3 Satz 5 Verfahrensordnung unmittelbar Anwendung findet, oder ob die Verfahrensfragen betreffend der Hinzuziehung von Sachverständigen in § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 Satz 2 der Verfahrensordnung speziell und abschließend geregelt sind, lässt sich aus diesen Regelungen ersehen, dass eine konkludente Beschlussfassung grundsätzlich möglich ist.
56 
Nicht zuletzt spricht auch Sinn und Zweck der Nichtöffentlichkeit der Gremiensitzung dafür, die konkludente Beschlussfassung über die Hinzuziehung von Sachverständigen ausreichen zu lassen. Ausweislich der Gesetzbegründung wurde die mit dem Landeshochschulgesetz 1973 erstmals eingeführte Regelung der Nichtöffentlichkeit der universitären Gremiensitzungen vorgesehen, um eine sachgerechte Beratung zu ermöglichen und die häufig von einer sogenannten aktiven Öffentlichkeit ausgehenden Störungen zu unterbinden (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hochschulgesetzes vom 22.05.1973, LT-Drs. 6/2520, S. 39 f.). Selbst wenn dieser ursprüngliche Zweck der Nichtöffentlichkeit im Falle des Promotionsausschusses ergänzt wird durch die Schutzinteressen des betroffenen Promovenden, hier der Klägerin, dient die Nichtöffentlichkeit in erster Linie der sachgerechten Ausschussarbeit. Sind sich die Ausschussmitglieder über die Mitwirkung bestimmter Sachverständiger in der konkreten Sitzung ersichtlich einig, liegt eine Störung der Sitzungsarbeit nicht vor.
57 
Die Hinzuziehung der durch den Ausschussvorsitzenden mit Erstellung der Tagesordnung geladenen Sachverständigen Prof. Dr. F. und Frau St. in der Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 wurde durch das Vorgehen des Ausschussvorsitzenden und der sonstigen Mitglieder des Promotionsausschusses erkennbar konkludent beschlossen. Bereits in der ersten Sitzung des Promotionsausschusses am 13.04.2011 wurde - ohne expliziten Beschluss - ein Einvernehmen aller Ausschussmitglieder dahingehend erzielt und entsprechend im Protokoll vermerkt, dass der Ausschuss eng mit der Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, deren Ombudsmann für die Geisteswissenschaften, der Rechtsabteilung und dem Rektorat zusammenarbeiten werde. Zu den nachfolgenden Sitzungen des Promotionsausschusses wurden dementsprechend auch Prof. Dr. F., der Ombudsmann der Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, und Frau St., die Leiterin des Dezernats 1 (Recht und Gremien) der Zentralen Universitätsverwaltung, geladen. Zu Beginn der jeweiligen Sitzung vor dem Beschluss über die Tagesordnung - und so auch am 14.06.2011 - wurden die beiden Sachverständigen namentlich durch den Ausschussvorsitzenden begrüßt und dieser dankte den beiden für ihre Unterstützung. Gegen dieses Vorgehen erhob sich kein Widerspruch von Ausschussmitgliedern und auch die Klägerin und deren damalige Bevollmächtigte, die zumindest am ersten Teil der Ausschusssitzung am 14.06.2011 teilgenommen hatten, wandten sich nicht gegen die Teilnahme der beiden Sachverständigen. Dieses Vorgehen bringt eindeutig zum Ausdruck, dass die beiden als Sachverständige hinzugezogen wurden.
58 
Da hier die Hinzuziehung der beiden Sachverständigen nach der Verfahrensordnung fehlerfrei erfolgt ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Anwesenheit von Dritten, deren Zuziehung nicht beschlossen wurde, zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Promotionsausschusses führt oder ob ein solcher Verfahrensfehler unbeachtlich ist, da allein die stimmberechtigte Mitwirkung, die den Ausschussmitgliedern vorbehalten und nur von diesen ausgeübt worden ist, entscheidend ist (in diese Richtung wohl VGH, Urteil vom 09.07.1996 - 9 S 1048/94 -, juris, wonach die stimmberechtigte Mitwirkung von externen Gutachtern an einem Habilitationsverfahren unzulässig sei).
59 
dd. Der Promotionsausschuss war in seiner Sitzung am 14.06.2011 auch beschlussfähig. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung ist das Gremium beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte derjenigen Mitglieder anwesend ist, die hinsichtlich der zur Beschlussfassung aufgerufenen Angelegenheit Stimmrecht besitzen, und die Sitzung ordnungsgemäß geleitet wird.
60 
Unabhängig davon, dass hier - wie bereits ausgeführt - ein ausreichender Beschluss über die Hinzuziehung von Sachverständigen und somit schon kein Verfahrensfehler vorlag, würde ein einfacher Fehler bei der Verfahrensgestaltung auch nicht die ordnungsgemäße Sitzungsleitung beseitigen. In der Verfahrensordnung der Beklagten ist nicht näher definiert, was unter „ordnungsgemäßer Sitzungsleitung“ im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 zu verstehen ist. Bei der Auslegung des Begriffes sind jedoch die Regelungen des § 5 der Verfahrensordnung (Leitung der Sitzung) zu berücksichtigen. Nach § 5 Satz 1 der Verfahrensordnung eröffnet, leitet und schließt der Vorsitzende die Sitzung. Nach Satz 3 dieser Vorschrift trifft er alle notwendigen Maßnahmen und Entscheidungen für einen geordneten Sitzungsablauf. Nach Satz 4 stellt er vor Eröffnung der Sitzung sowie gegebenenfalls jederzeit die Beschlussfähigkeit fest und legt - nach Satz 5 - im Zweifelsfall die Verfahrensordnung aus. Dadurch, dass dem Vorsitzenden die Sitzungsleitung - einschließlich der Klärung von Verfahrensfragen - obliegt, wird deutlich, dass nicht jeder einfache Verfahrensfehler die ordnungsgemäße Sitzungsleitung aufhebt, sondern lediglich solche Situationen, in denen die Leitungsfunktion des Vorsitzenden durch Störungen vollständig aufgehoben wird. So läge der Fall - selbst wenn die Hinzuziehung der Sachverständigen unterblieben wäre - hier ersichtlich nicht.
61 
Sonstige Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheids sind nicht ersichtlich. Die Klägerin wurde zu der beabsichtigten Maßnahme im Vorfeld angehört und der Verwaltungsakt wurde auch ordnungsgemäß begründet.
62 
b. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.11.2011 lässt ebenfalls keine formellen Rechtsfehler erkennen. Mit Frau Prof. Dr. N. hat die als Prorektorin für Studium und Lehre der Beklagten für die Widerspruchsentscheidung zuständige Amtsträgerin über den Widerspruch entschieden (dazu unter aa.). Die Zweifel der Klägerin an der Aufgabenteilung innerhalb des Rektorats der Beklagten sind in der Sache unberechtigt (dazu unter bb.) und würden - selbst für den Fall, dass sie berechtigt wären - im Ergebnis nicht zu einem formellen Mangel des Widerspruchsbescheids führen (dazu unter cc.).
63 
aa. Für die Entscheidung über Widersprüche im Entziehungsverfahren enthält die Promotionsordnung keine Regelung. Insoweit verbleibt es bei den gesetzlichen Vorgaben aus § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG, nach denen die Entscheidung über Widersprüche in Prüfungsangelegenheiten dem für die Lehre zuständigen Mitglied des Vorstands, vorliegend der Prorektorin für Studium und Lehre, obliegt. Diese Zuständigkeit für Hochschulprüfungen erfasst grundsätzlich auch Promotionen und damit auch deren Entziehung als „actus contrarius“, da es sich bei Promotionen um Hochschulprüfungen handelt (zum Universitätsgesetz VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54 und vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19 sowie - ohne weitere Begründung - auch zur Rechtslage nach dem Landeshochschulgesetz zuletzt VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.09.2011 - 9 S 2667/10 -, VBlBW 2012, 180).
64 
Dem steht nicht entgegen, dass die Entscheidung, einen akademischen Grad zu entziehen, keine genuin prüfungsrechtliche Entscheidung ist, deren Gegenstand die Bewertung von Prüfungsleistungen ist. Denn der Begriff „Angelegenheiten, die Hochschulprüfungen betreffen“ - so die Formulierung des § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG - ist umfassender zu verstehen. Er betrifft nicht nur reine Prüfungsentscheidungen, sondern beinhaltet auch die Entziehung eines Titels als actus contrarius zu dessen Verleihung. Nichts anderes folgte für den Anwendungsbereich des § 11 Abs. 3 Satz UG aus der Gesetzbegründung, wonach der Entscheidungsspielraum des - damals noch zur Widerspruchsentscheidung berufenen - Präsidenten sich auf die Kontrolle des Prüfungsverfahrens und damit im wesentlichen auf eine Rechtskontrolle beschränke, da er in den Beurteilungsspielraum der Prüfer nicht eingreifen dürfe (LT-Drs. 7/2041, S. 141; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54). Auch der Hinweis der Klägerin auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21.11.2011 (14 B 1257/11, juris), wonach die Feststellung eines Täuschungsversuchs weder eine pädagogisch-wissenschaftliche Entscheidung noch eine Beurteilung von Prüfungsleistungen sei, mag zutreffen, hat jedoch für die Auslegung des § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG keine Relevanz, da dort eben nicht nur Prüfungsentscheidungen im Sinne einer Beurteilung von Prüfungsleistungen, sondern Angelegenheiten, die Hochschulprüfungen betreffen, erfasst sind.
65 
Die Auffassung der Klägerin, wonach jedenfalls seit Geltung des Landeshochschulgesetzes die Entziehungsentscheidung nicht (mehr) unter § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG falle, da die noch in § 54 Abs. 2 UG enthaltene entsprechende Anwendbarkeit der Regelungen über Prüfungsordnungen auch auf die Promotionsordnung nicht mehr bestehe, es sich bei der Promotionsordnung somit nicht um eine Prüfungsordnung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 LHG handele und aus § 8 Abs. 2 Satz 2 LHG folge, dass die Widerspruchsbefugnis des Prorektors für Lehre nur „echte Prüfungen“ betreffe, ist nicht zutreffend. Dass es sich auch nach der Rechtslage unter Geltung des Landeshochschulgesetzes, in dem die Promotion in § 38 eine eigenständige von den sonstigen Prüfungen losgelöste Regelung gefunden hat, bei der Promotion weiterhin um eine Hochschulprüfung - und damit bei der Titelentziehung um eine Angelegenheit, die Hochschulprüfungen betrifft - handelt, folgt bereits aus der systematischen Stellung des § 38 LHG im Dritten Teil des Landeshochschulgesetzes, der mit „Studium, Lehre und Prüfungen“ überschrieben ist. Dementsprechend handelt es sich bei der Promotionsordnung um eine spezielle Prüfungsordnung, die in § 38 Abs. 4 LHG gesondert geregelt ist. In Kenntnis der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zur Zuständigkeit für die Widerspruchsentscheidung hinsichtlich der Entziehung des Doktorgrades, hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 8 Abs. 2 LHG die Entscheidungen über Widersprüche vom Rektor auf das Vorstandsmitglied für Lehre delegiert; ansonsten war keine Änderung der Rechtslage zum Universitätsgesetz beabsichtigt (vgl. Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.10.2004, LT-Drs. 13/3640, S. 179). Da die Entziehungsentscheidung somit bereits in den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG fällt, sind die gegen eine analoge Anwendung dieser Vorschrift vorgebrachten Einwände der Klägerin ohne Belang.
66 
Nach den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen (Sonderprotokoll der Rektoratsbesprechung vom 29.04.2009; Auszug aus dem Protokoll der Rektoratsbesprechung vom 29.04.2009; Erklärung der persönlichen Referentin des Rektors vom 19.02.2013 zur Protokollführung des Rektorats; Vorlage des Rektors an den Senat vom 05.05.2009; Protokoll der öffentlichen Senatssitzung am 12.05.2009; Protokoll der Sitzung des Universitätsrates am 06.07.2009 sowie Protokoll der Rektoratsbesprechung vom 21.04.2010) besteht kein Zweifel daran, dass Frau Prof. Dr. N. seit dem 01.04.2010 - und damit auch zum Zeitpunkt des Ergehens der Widerspruchsentscheidung am 30.11.2011 - das Amt der Prorektorin für Studium und Lehre der Beklagten inne hatte.
67 
bb. Die Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen Prorektoren innerhalb des Rektorats erfolgte - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch entsprechend den Vorgaben des § 16 Abs. 2 Satz 1 LHG. Danach legt der Vorstand auf Vorschlag des Vorstandsvorsitzenden eine ständige Vertretung und bestimmte Geschäftsbereiche für seine Mitglieder fest, in denen sie die Geschäfte der laufenden Verwaltung in eigener Zuständigkeit erledigen.
68 
Ausweislich des Sonderprotokolls zur Rektoratssitzung am 29.04.2009 wurde im Rahmen dieser Sitzung die bevorstehende Prorektorenwahl und die inhaltliche Festlegung der Prorektorate besprochen. Dabei wurde auf Vorschlag des Rektors die Geschäftsverteilung der Prorektoren beschlossen, wonach die designierte Prorektorin Prof. Dr. N. ab dem 01.04.2010 das Prorektorat Studium und Lehre übernehmen solle. Sowohl ein Vorschlag des Rektors als auch ein gesonderter Beschluss des Rektorats lagen somit vor. Dementsprechend wurde Frau Prof. Dr. N. in der Folge durch den Senat „als“ Prorektorin für Studium und Lehre gewählt und der Universitätsrat erteilte seine Zustimmung zu dieser Wahl. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Vorschlag des Rektors und die Beschlussfassung des Rektorats zu einem Zeitpunkt ergingen, als die beiden neuen Prorektoren - Herr Prof. Dr. So. und Frau Prof. Dr. N. - noch nicht gewählt waren. § 16 Abs. 2 Satz 1 LHG ist nicht zu entnehmen, dass bei jeder personellen Veränderung innerhalb des Rektorats, die aufgrund der unterschiedlichen Amtszeiten von Rektor und Prorektoren (vgl. § 17 Abs. 2 und § 18 Abs. 2 LHG) häufiger auftreten, ein erneuter Beschluss erforderlich wäre. Sofern lediglich einzelne Personen ausgetauscht werden, ist dafür kein sachliches Bedürfnis erkennbar.
69 
cc. Zudem könnte die Klägerin etwaige Fehler bei der Bestellung der Prorektorin für Studium und Lehre im vorliegenden Verfahren ebenfalls nicht rügen. Denn auch für den einzelnen Amtsträger - wie hier die Prorektorin für Studium und Lehre - gilt, dass er, solange seine Bestellung nicht rechtskräftig zurückgenommen ist oder ihre Nichtigkeit festgestellt wird, wirksam handeln kann. Auch für die Bestellung eines Amtsträgers gelten die bereits ausgeführten Grundsätze zur rechtlichen Wirksamkeit staatlicher Rechtsakte (vgl. dazu nur VGH, Urteil vom 02.12.1997, a.a.O., m.w.N.). So hat auch der Staatsgerichtshof Bremen in Bezug auf die fehlerhafte Wahl eines Regierungsmitglieds folgende Ausführungen gemacht:
70 
„Die Frage, welche rechtlichen Auswirkungen die Ungültigkeit der Wahl eines Regierungsmitgliedes auf die Amtshandlungen dieses (Senats-) Mitglieds und auf diejenigen des Gesamtsenats hat, ist nicht ausdrücklich geregelt. Gesetzlich bestimmt ist hingegen, dass Amtshandlungen eines Beamten, dessen Ernennung nichtig war, oder zurückgenommen worden ist, in gleicher Weise gültig sind, wie wenn sie ein wirksam ernannter Beamter ausgeführt hätte (§ 16 Abs. 2 Satz 1 BremBeamtenG; § 14 Abs. 1 Satz 1 BBG). In der Rechtsprechung ist ferner anerkannt, dass gerichtliche Entscheidungen, an denen ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat, dessen Wahl nachträglich rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, hierdurch in ihrer Wirksamkeit nicht berührt werden (BVerwG, Beschluss vom 09.06.1987, Buchholz 310 § 26 Nr. 1 VwGO; Beschluss vom 03.09.1987, Buchholz, aaO, Nr. 2). In diesem Zusammenhang ist schließlich beachtlich, dass alle Entscheidungen, an denen ein Abgeordneter mitgewirkt hat, dessen Wahl später im Wahlprüfungsverfahren für ungültig erklärt wurde, als ordnungsgemäß zustande gekommen angesehen werden, und dass sogar die Maßnahmen und Beschlüsse des Parlamentes, das ungültig gewählt war (vgl. dazu HbgVerfG, DVBl. 1993, 1073) oder dessen Legislaturperiode bereits beendet war (BVerfGE 1, 14, 38), in ihrem Rechtsbestand und in ihrer Verbindlichkeit durch ein nachträgliches Gerichtsurteil nicht in Frage gestellt werden. Dies ist Ausdruck des im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Grundsatzes der Rechtssicherheit. Das Gebot der Rechtssicherheit kann in Fällen vorliegender Art nur zu dem Ergebnis führen, dass Amtshandlungen eines Regierungsmitgliedes, dessen Wahl später für ungültig erklärt wird, ebenso Bestand haben wie Entscheidungen anderer Amtsträger, deren Wahl oder Ernennung unwirksam ist. Was für Entscheidungen gilt, die das Regierungsmitglied in eigener Zuständigkeit getroffen hat, muss erst recht für die Amtshandlungen gelten, die es zusammen mit seinen Amtskollegen im Senat vorgenommen hat. Daraus folgt, dass die Ungültigkeit einer Senatorenwahl nicht die Wirksamkeit von Amtshandlungen berührt, die das unwirksam gewählte Senatsmitglied oder unter seiner Mitwirkung der Senat als Kollegialorgan bis zur Feststellung der Wahlungültigkeit durch den Staatsgerichtshof vorgenommen hat.“ (StGH Bremen, Entscheidung vom 28.02.1994 - St 2/93 -, DVBl. 1994, 633 zur Wahl eines Regierungsmitglieds, dem die gesetzliche Wählbarkeitsvoraussetzung fehlte).
71 
Dies würde - selbst wenn der Beklagten ein formeller Fehler bei der Bestellung unterlaufen wäre - auch für deren Prorektorin für Studium und Lehre gelten.
72 
2. Die Entziehung des Doktorgrades ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Entziehung des Doktorgrades zu Recht auf die Ermächtigungsgrundlage des § 48 LVwVfG gestützt (dazu unter a.). Dessen Tatbestandvoraussetzungen lagen vor (dazu unter b.) und auch die Ermessensausübung ist nicht zu beanstanden (dazu unter c.).
73 
a. Die Entziehung des Doktorgrades findet ihre erforderliche Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (vgl. zur unbedenklichen Anwendbarkeit dieser Rücknahmeregelung beim Entzug des Doktorgrades, BVerwG, Beschluss vom 20.10.2006 - 6 B 67.06 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116). Die Promotionsordnung enthält keine speziellere Regelung. In § 22 Abs. 1 Satz 1 PromO ist lediglich bestimmt, dass sich die Entziehung des Doktorgrades nach den landesrechtlichen Bestimmungen richtet. § 21 Abs. 1 PromO scheidet als Rechtsgrundlage aus, weil diese Bestimmung nur die hier nicht gegebene Fallkonstellation regelt, dass sich noch vor der Aushändigung der Doktorurkunde ergibt, dass der Bewerber oder die Bewerberin über eine Zulassungsvoraussetzung getäuscht oder dass wesentliche Zulassungsvoraussetzungen irrigerweise als gegeben angenommen worden sind, oder wenn Tatsachen bekannt werden, die nach Landesrecht eine Entziehung des Doktorgrades rechtfertigen würden. Gleiches gilt für § 21 Abs. 2 PromO, der den Fall betrifft, dass sich vor Aushändigung der Doktorurkunde ergibt, dass der Bewerber oder die Bewerberin bei einer Promotionsleistung getäuscht hat. Schließlich ist in § 35 Abs. 7 LHG zwar eine spezialgesetzliche Regelung für die Entziehung akademischer Grade für den Fall enthalten, dass sich der Inhaber durch sein späteres Verhalten der Führung des Grades als unwürdig erwiesen hat. Diese Regelung schließt jedoch den Rückgriff auf die allgemeinen Rücknahmevorschriften in anderen Fallkonstellationen nicht aus, wie sich bereits aus der ausdrücklichen Formulierung „unbeschadet der §§ 48 und 49 LVwVfG“ ergibt. Die Entziehung des Doktorgrades ist in Baden-Württemberg schließlich auch nicht vom Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgenommen (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG; ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 - und vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, beide juris).
74 
b. Die tatbestandlichen Rücknahmevoraussetzungen sind hier gegeben.
75 
Die Verleihung des Doktorgrades, die durch die Aushändigung der Urkunde über die bestandene Doktorprüfung an die Klägerin durch Übersendung am 08.01.2002 erfolgte, ist ein begünstigender Verwaltungsakt, der rechtswidrig war. Unabhängig von der tatsächlich unzutreffenden (dazu sogleich) schriftlichen Erklärung der Klägerin gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 PromO a.F., dass sie die Dissertation selbständig verfasst, alle wörtlich oder sinngemäß übernommenen Textstellen als solche kenntlich gemacht, andere Quellen und Hilfsmittel als die in der Arbeit genannten nicht benutzt und die Dissertation noch keiner anderen Fakultät vorgelegt habe, erbrachte die von der Klägerin im Jahr 1998 eingereichte Dissertation nicht den Nachweis der Befähigung zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit (§ 54 Abs. 1 Satz 2 UG, § 7 Abs. 3 Satz 2 PromO a.F. („Sie soll eine beachtenswerte wissenschaftliche Leistung darstellen und die Fähigkeit des Verfassers zu selbständiger Forschung erkennen lassen“; nunmehr: § 38 Abs. 1 Satz 1 LHG; § 7 Abs. 1 PromO). Damit lagen die rechtlichen Voraussetzungen für die Verleihung des Doktorgrades nicht vor. Dieser wurde der Klägerin vielmehr zu Unrecht verliehen.
76 
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass „nur eine unter Offenlegung aller verwendeten Quellen und Hilfsmitteln erbrachte wissenschaftliche Leistung den Anforderungen an eine Dissertation genügt“ (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19 unter Bezugnahme auf VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54; VGH, Urteil vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191) bzw. „die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von Textpassagen aus fremden Werken ohne (ausreichendes) Zitat gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens verstößt und die Annahme als Dissertation im Regelfall ausschließt“ (BayVGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl. 2007, 281). Zu den Grundanforderungen wissenschaftlichen Arbeitens gehört gerade, dass der Beitrag auf eigenständigen Erwägungen beruht und nicht bloß Passagen aus dem Werk eines anderen Autors übernimmt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191).
77 
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht nur einzelne Sätze, sondern vielmehr erhebliche, teilweise mehrseitige Passagen - zum Teil samt Fußnoten - aus fremden Texten anderer Autoren wortgleich oder nahezu wortgleich übernommen, ohne dies hinreichend kenntlich zu machen. Ihre Darlegungen erwecken den falschen Eindruck, Formulierung und Inhalt des Textes stammten insoweit als eigene gedankliche Leistung von ihr.
78 
Die Tatsache, dass die Klägerin einige der betroffenen Werke, aus denen sie ganze Passagen wortgleich oder nahezu wortgleich übernommen hat, unter der Rubrik „X.5 Sekundärliteratur“ in ihr Literaturverzeichnis aufgenommen hat, stellt die Berechtigung des Plagiatsvorwurfs nicht in Frage; denn der Leser eines wissenschaftlichen Werkes erwartet, dass wörtliche Übernahmen aus anderen Werken bei den jeweiligen Textstellen als Zitate oder auf andere geeignete Weise kenntlich gemacht werden (VG Freiburg, Urteil vom 23.05.2012 - 1 K 58/12 -, juris; VG Frankfurt, Urteil vom 23.05.2007 - 12 E 2262/05 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19). Der Kennzeichnungs- und Offenbarungspflicht in einer Dissertation wird nicht dadurch genügt, dass die Werke, aus denen die wörtlich übernommenen Textpassagen stammen, lediglich im Literaturverzeichnis aufgeführt sind (VG Freiburg, Urteil vom 23.05.2012 - 1 K 58/12 -, juris; ebenso Schroeder, NWVBl. 2010, 176, 179 m.w.N.). Im Übrigen sind keineswegs alle, sondern lediglich zehn der insgesamt 32 betroffenen Quellen im Literaturverzeichnis genannt, wie sich aus der synoptischen Zusammenstellung der Beklagten vom 12.05.2011 (Aktenseiten 439 bis 491) ersehen lässt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die bloße Nennung eines Sammelbandes im Literaturverzeichnis nicht ausreichend ist, sondern vielmehr die konkreten Quellen - hier die in Sammelbänden veröffentlichten einzelnen Beiträge - unter namentlicher Nennung des jeweiligen Autors angegeben werden müssen.
79 
Dem steht auch nicht entgegen, dass einige der betroffenen Textstellen die Darstellung historischer Ereignisse betreffen. Inwieweit allgemeine Darstellungen, die Allgemeingut eines Faches sind, im Rahmen einer Dissertation unbelegt bleiben können, bedarf keiner Entscheidung. Denn dies setzt jedenfalls voraus, dass es sich um eigene Darstellungen des Doktoranden handelt. Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin stellt keineswegs allgemein bekannte historische Zusammenhänge selbständig dar, sondern übernimmt seitenweise Passagen aus den Werken anderer Autoren fast wortwörtlich, ohne dies kenntlich zu machen. Lediglich beispielhaft seien folgende - von der Klägerin als „historische Darstellungen“ bezeichnete - Stellen genannt: Die Ausführungen der Klägerin auf den Seiten 43 und 44 ihrer Arbeit sind weitgehend wörtlich übernommen aus der 1984 veröffentlichten Arbeit von Gall „Europa auf dem Weg in die Moderne 1850-1890“ sowie aus zwei Beiträgen von de Jonge („Großbritannien und Irland, Frankreich, Belgien und die Niederlande 1850-1914: Die Wirtschaft“) und Fischer („Wirtschaft und Gesellschaft Europas 1850-1914“) aus dem 1985 erschienenen Band 5 des Handbuchs der Europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Die Arbeit von Gall findet sich zwar im Literaturverzeichnis, ist aber weder auf Seite 43 noch auf Seite 44 der Arbeit genannt; die beiden anderen Beiträge sind weder dort noch im Literaturverzeichnis aufgeführt. Die Ausführungen der Klägerin auf Seite 117 unten sowie auf Seite 118 sind übernommen aus der oben genannten Arbeit von Gall sowie aus einem Beitrag von Lill („Italien im Zeitalter des Risorgimento (1815-1870)“ in Band 5 des Handbuchs der Europäischen Wirtschaftsgeschichte. Keine der beiden Quellen ist auf diesen Seiten genannt; der Handbuchbeitrag von Lill findet sich auch nicht im Literaturverzeichnis. Ihre Ausführungen auf Seite 120 (letzter Absatz) bis Seite 121 oben hat die Klägerin weitgehend aus dem Beitrag von Hertner („Italien 1850-1914“) in Band 5 des Handbuchs der Europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte übernommen. Die weitgehend wörtliche Wiederholung der Vorlagetexte einschließlich der sprachlichen Eigentümlichkeiten und Formulierungen lässt keinen anderen Schluss zu, als dass die Klägerin die Passagen unmittelbar abgeschrieben und nicht etwa zufällig dieselben historischen Zusammenhänge wie andere Autoren wiedergegeben hat.
80 
Der weitere Einwand der Klägerin, einige der betroffenen Textstellen beträfen allgemeine Definitionen, die als solche keines Belegs bedürften, ist ebenfalls zurückzuweisen. Auch insoweit bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob allgemeine Begriffsdefinitionen einer Wissenschaftsdisziplin generell belegt werden müssen, denn bei den von der Klägerin insoweit angeführten Textstellen, handelt es sich nicht um bloße Definitionen, sondern um wortwörtliche Übernahmen erläuternder Darstellungen. Wiederum beispielhaft ist insoweit auf folgende Stellen zu verweisen: Ihre Ausführungen zum Begriff des Geldes auf den Seiten 57 und 58 stammen weitgehend aus dem Beitrag im Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften von Ehrlicher mit dem Titel „Geldtheorie und Geldpolitik III: Geldtheorie“. Aus dem Beitrag von Janning „Leitbilder der europäischen Integration“ in dem von Weidenfeld und Wessels herausgegebenen Sammelband „Europa von A-Z. Taschenbuch der europäischen Integration“ hat die Klägerin ihre Ausführungen zur Europäischen Integration auf Seite 203 übernommen, ohne dass diese Quelle dort oder im Literaturverzeichnis genannt ist. Der Text in den Fußnoten 806 und 807 auf Seite 205 der Arbeit der Klägerin stammt ursprünglich aus dem Beitrag von Hillenbrand „Wirtschafts- und Währungsunion“ in dem genannten Sammelband „Europa von A-Z“. Auch hier fehlt jeder Hinweis auf den Autor.
81 
Unbeachtlich bleibt ferner der Einwand der Klägerin, es handele sich zum Teil nur um handwerkliche Fehler. Es ist zwar grundsätzlich denkbar, vereinzelte fehlerhafte Zitierungen als bloße Bagatellverstöße gegen die Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens außer Acht zu lassen. Dies käme - für sich betrachtet - hinsichtlich folgender Stellen in Betracht: Auf Seite 47 ihrer Arbeit nennt die Klägerin ihre Quelle (Born, Geld und Banken im 19. und 20 Jahrhundert, 1977), aber es fehlen die Anführungszeichen, die deutlich machen, dass hier eine wortwörtliche Übernahme vorliegt. Auch auf Seite 119 wird die Quelle (Hawig, Napoleon III. und Europa - Revision eines Geschichtsbilde. Aufgezeigt an der Beurteilung seiner Mittelmeerpolitik, 1983) in der Fußnote aufgeführt, es fehlen jedoch wiederum die Anführungszeichen zur Kennzeichnung wortwörtlicher Übernahmen, und es ist für den Leser auch nicht zu erkennen, dass nicht nur die in der Fußnote genannten Zahlen, sondern auch die Ausführungen im Haupttext von Hawig stammen. Welches Gewicht derartigen Verstößen zukommt, kann die Kammer offen lassen, denn diese betreffen nur einen äußerst geringen Teil der von der Beklagten überprüften Textstellen. Andere von der Klägerin in diese Kategorie der handwerklichen Fehler eingeordneten Textstellen sind dagegen offensichtliche und erhebliche Täuschungen über die wahre Urheberschaft der ausgeführten Gedanken und verwendeten Formulierungen. Bei der auf den Seiten 110 bis 112 erfolgten weitgehend wörtlichen Übernahme mitsamt der Darstellungsweise mit Spiegelstrichen aus der 1992 veröffentlichten Arbeit von Theurl („Eine gemeinsame Währung für Europa. 12 Lehren aus der Geschichte“) handelt es sich ersichtlich ebenso wenig um einen bloßen handwerklichen Fehler, wie bei den Ausführungen auf Seite 182, wo die Klägerin über eine halbe Seite hinweg wortwörtlich den Text von Theurl übernimmt und mit deren Nennung in der Fußnote 725 zu Unrecht den Eindruck erweckt, lediglich die in Anführungszeichen gesetzte Formulierung („prominenten Platz in der Geschichte der Währungsunion“) stamme von dieser Autorin.
82 
Der Plagiatsvorwurf trifft die Klägerin somit nicht nur vereinzelt oder im Sinne einer unsachgemäßen Handhabung der Zitierweise; vielmehr lassen die von der Beklagten aufgefundenen Stellen den Schluss zu, dass die Klägerin fremde Passagen wiederholt und planmäßig als eigene wissenschaftliche Arbeit ausgewiesen hat. Eine systematische und planmäßige Übernahme fremden Gedankenguts ergibt sich bereits daraus, dass sich die Plagiate an mehreren Stellen der Dissertation auffinden lassen und verschiedene Fremdautoren betreffen. Die von der Beklagten aufgezeigten Übernahmen aus verschiedenen Quellen weisen die Gemeinsamkeit auf, dass längere Passagen wortwörtlich übernommen worden sind, ohne dass dies in ausreichender Weise kenntlich gemacht worden wäre. Für einen Großteil der betroffenen Passagen ist eine Quellenangabe überhaupt nicht erfolgt. Ein bloßer Bagatellverstoß liegt darin offensichtlich nicht, denn betroffen sind weitgehend alle Teile, in denen der historische und wirtschaftswissenschaftliche Hintergrund der Arbeit erläutert wird. So ist im Kapitel IV. 1 (Wirtschaftliche Rahmenbedingungen im ausgehenden und beginnenden 20. Jahrhundert) auf den Seiten 41 bis 44 praktisch kein eigener Gedanke der Klägerin enthalten, ohne dass dies kenntlich gemacht worden wäre. Auch in quantitativer Hinsicht können die Übernahmen nicht als unbedeutend eingestuft werden, weil sie sich insgesamt auf 80 Textseiten der 200 Seiten (reiner Text ohne Inhalts- und Literaturverzeichnis) umfassenden Arbeit finden und von der Klägerin wiederholt und in Bezug auf verschiedene Autoren eingesetzt worden sind.
83 
Die Täuschungshandlung der Klägerin und der durch sie hervorgerufene Irrtum, es handele sich bei der Dissertation um eine in jeder Hinsicht eigenständige Leistung, waren für die Verleihung des Doktorgrades ursächlich; denn der Grad wäre ihr sonst für die vorgelegte Arbeit nicht zuerkannt worden. Dem steht nicht entgegen, dass der Erstgutachter der Arbeit in seinem Votum bemängelt hatte, dass die Klägerin nicht deutlich mache, auf welche Literatur sie sich jeweils stütze. Er führte diesbezüglich aus: „So werden zum Beispiel auf Seite 150 f. einige grundsätzliche Aussagen zur französischen, belgischen und italienischen Kolonialpolitik gemacht, ohne daß auch nur ein einziger Beleg genannt würde.“ Die Auffassung der Klägerin, wonach daraus zu schließen sei, dass die Schwächen ihrer Arbeit bekannt und damit bereits Gegenstand der Bewertung mit „cum laude“ gewesen seien, teilt die Kammer nicht. Gegenstand der Kritik des Erstgutachters war allein das Fehlen von Literaturangaben zu den - nach seiner Einschätzung - selbstständigen Ausführungen der Klägerin. Dass es sich dabei in weiten Teilen nicht um eigene Ausführungen der Klägerin, sondern vielmehr um wörtlich oder sinngemäß übernommene Ausführungen anderer Autoren handelte, war den Gutachtern der Arbeit nicht bekannt. Wäre ihnen bekannt gewesen, dass es sich nicht um eine eigenständige wissenschaftliche Leistung der Klägerin handelte, wäre der vorgelegten Arbeit die Anerkennung als Dissertation zu versagen gewesen.
84 
Der Einwand der Klägerin, sie habe umfangreiche eigene Recherchen durchgeführt, die wissenschaftlichen Ergebnisse ihrer Arbeit beruhten auf ihrer eigenen wissenschaftlichen Arbeit und ihr eigener wissenschaftlicher Beitrag sei eindeutig, ist ebenfalls unbeachtlich. Denn es kommt nicht darauf an, ob der Klägerin für die eingereichte Dissertation ohne die beanstandeten Seiten oder bei jeweils wörtlicher Zitierung der Doktorgrad noch verliehen worden wäre. Derartige hypothetische Erwägungen sind rechtlich unerheblich. Es ist für die Ursächlichkeit der von der Klägerin begangenen Täuschung nicht von Bedeutung, ob ihr für eine andere als die vorgelegte Arbeit der Doktorgrad verliehen worden wäre (so ausdrücklich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191; grundlegend bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54).
85 
c. Die von der Beklagten verfügte Entziehung des Doktorgrades weist auch im Übrigen keine Rechtsfehler auf. Die Beklagte hat nicht verkannt, dass die Entscheidung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG in ihrem Ermessen steht. Die Ermessenserwägungen im Ausgangsbescheid und im Widerspruchsbescheid sind auch nicht fehlerhaft im Sinne von § 114 VwGO. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Entschließungsermessens in Bezug auf die Durchführung eines Entziehungsverfahrens (dazu unter aa.) als auch hinsichtlich des Auswahlermessens bezüglich der gewählten Rechtsfolge (dazu unter bb.).
86 
aa. Die Beklagte hat ihr Entschließungsermessen hinsichtlich der Durchführung eines Entziehungsverfahrens ordnungsgemäß ausgeübt. Dem steht nicht entgegen, dass Anlass für die Einleitung des Verfahrens durch die Beklagte eine Überprüfung der Arbeit der Klägerin durch anonyme Internetnutzer und die Veröffentlichung von deren Ergebnissen auf der Internetseite http://de.vroniplag.wikia.com/wiki/xxx waren. Unabhängig davon, auf welche Weise und durch wen tatsächliche Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens bekannt werden, ist die betroffene Universität und das zur Entscheidung berufene Organ berechtigt, diese Vorwürfe im Rahmen eines Entziehungsverfahrens zu prüfen.
87 
bb. Auch die getroffene Ermessensentscheidung, der Klägerin den Doktorgrad zu entziehen, begegnet keinen Bedenken. Die erheblichen Nachteile, die diese Entscheidung für die Klägerin in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht nach sich zieht, hat der Promotionssauschuss bei seiner Entscheidung nicht verkannt. Dass die öffentlichen Interessen an der Entziehung des Doktorgrades im Ergebnis höher bewertet wurden, ist rechtlich in keiner Weise zu beanstanden. Zutreffend hat der Promotionsausschuss hierbei auf das ganz erhebliche Ausmaß der Plagiate der Klägerin und das Gewicht der wissenschaftlichen Unredlichkeit abgehoben.
88 
Der Promotionsausschuss hat auch die Tatsache, dass seit der Verleihung des Doktorgrades und dessen Entziehung mehr als zehn Jahre vergangen waren, hinreichend berücksichtigt (zur Berücksichtigung des Zeitablaufs seit der Verleihung des Doktorgrades im Rahmen des Ermessens vgl. zuletzt VG Köln, Urteil vom 22.03.2012 - 6 K 6097/11 -, NWVBl. 2012, 366 und VG Köln, Urteil vom 06.12.2012 - 6 K 2684/12 -, juris). Der Faktor Zeitablauf ist zwar weder in dem Sitzungsprotokoll des Promotionsausschusses vom 14.06.2011 noch in dem ausführenden Bescheid des Dekans vom 22.06.2011 gesondert thematisiert worden, der Promotionsausschuss hat jedoch ausweislich des Sitzungsprotokolls intensiv über die Verhältnismäßigkeit einer Entziehung des Doktortitels diskutiert und ist nach Abwägung aller sachlichen und persönlichen Gesichtspunkte zur Auffassung gekommen, dass die Entziehung des Doktortitels nicht gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit verstoße. Da den Mitgliedern des Promotionsausschusses bekannt war, dass die Titelverleihung bereits im Jahr 2000 erfolgt war, und in der Sitzung am 14.06.2011 nach persönlicher Anhörung der Klägerin alle - dem Ausschuss bekannten - sachlichen und persönlichen Gesichtspunkte erörtert worden sind, ist ein Ermessensfehler dahingehend, dass ein Gesichtspunkt nicht beachtet worden wäre, nicht erkennbar. Die Frage, wie und mit welchem Gewicht dieser Gesichtspunkt des Zeitablaufs in die Ermessensentscheidung eingestellt wird, obliegt dem Ausschuss und entzieht sich der gerichtlichen Kontrolle (§ 114 VwGO). Für eine ermessensfehlerhafte Gewichtung bestehen insoweit keine Anhaltspunkte.
89 
Selbst wenn man davon ausginge, dass eine Berücksichtigung des Zeitablaufs zwischen Titelerteilung und Titelentzug mangels ausdrücklicher Erwähnung im Sitzungsprotokoll und in der Begründung des Ausgangsbescheids nicht in hinreichendem Maße stattgefunden und daher ursprünglich ein Ermessensfehler vorgelegen hätte, wäre dieser durch die in der Sitzung des Promotionsausschusses am 03.11.2011 getroffene Abhilfeentscheidung geheilt worden. Im Protokoll der Promotionsausschusssitzung vom 03.11.2011 heißt es - nachdem die Klägerin den zeitlichen Aspekt erstmals ausdrücklich in ihrer Widerspruchsbegründung geltend gemacht hatte - ausdrücklich: „Der Ausschuss kann außerdem nicht erkennen, dass sich Frau xxx Rechtsposition durch Zeitablauf verfestigt hätte. Unbeschadet seiner Auffassung, dass im Falle der Dissertation Frau xxx allein aufgrund der Quantität und der Qualität der Plagiate keine Nachbesserung in Betracht kommen kann, hält der Ausschuss die Nachbesserung eines bereits vor zehn Jahren veröffentlichten Buches nicht für vertretbar.“ Aufgrund dieser (nochmaligen) expliziten Befassung des Promotionsausschusses mit dem Zeitablauf und dessen Einstellung in die Ermessenserwägungen bedarf es keiner Entscheidung, ob - wie die Klägerin bestreitet - das Ermessen des Promotionsausschusses hinsichtlich der Entziehung des Doktorgrades auch durch die Widerspruchsentscheidung oder noch im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden kann (§ 114 Satz 2 VwGO).
90 
Der Einwand der Klägerin, der Promotionsausschuss hätte eine Nachbesserungsauflage als milderes Mittel vorsehen oder es bei einer wissenschaftlichen Rüge belassen müssen, weil der erhebliche Zeitablauf seit Abgabe der Dissertation zu einer Verfestigung ihrer rechtlichen Position führe, welcher nach Möglichkeit auf der Ebene des Auswahlermessens Rechnung zu tragen sei, und weil außerdem durch die öffentliche Debatte das Präventionsziel bereits erreicht sei, ist zurückzuweisen. Das (möglicherweise vorhandene) Vertrauen der Klägerin, der verliehene Grad werde ihr erhalten bleiben, steht dessen Entziehung nicht entgegen. Zum einen hindert ein Vertrauensschutz die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts, der keine Geld- oder Sachleistungen gewährt, grundsätzlich nicht, da § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG in solchen Fällen nicht gilt (§ 48 Abs. 3 LVwVfG). Im Übrigen wäre die Klägerin auch nach § 48 Abs. 2 LVwVfG nicht gegen eine Rücknahme der Begünstigung geschützt, da sie die Gradverleihung durch eine arglistige Täuschung bewirkt hat (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG). Arglist in diesem Sinne liegt vor, wenn die bewusste Irreführung darauf gerichtet war, auf den Erklärungswillen einer Behörde hinzuwirken. Sie ist damit bei einer vorsätzlichen Täuschung, wie sie der Klägerin hier vorzuwerfen ist, regelmäßig gegeben; Anhaltspunkte für das Gegenteil liegen nicht vor (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, juris).
91 
Der Promotionsausschuss hat sich auch in hinreichendem Maße mit der Frage befasst, ob mildere Maßnahmen unterhalb der Entziehung des Doktorgrades, etwa eine Nachbesserungsauflage, in Betracht kommen könnten, und sich damit im Rahmen seiner Ermessensausübung auseinandergesetzt. Der Hinweis der Klägerin auf zwei weitere Fälle an der Medizinischen Fakultät der Beklagten, in denen geringere Sanktionen als die Entziehung des Doktorgrades verhängt worden seien, hat für die Entscheidung des Promotionsausschusses der Philosophischen Fakultät im vorliegenden Verfahren keine Bedeutung.
92 
Der von der Klägerin erhobene Einwand, wonach gegen die Verfasser anderer Dissertationen, bei denen die gleichen Fehler vorlägen, nicht vorgegangen werde und woraus sich eine Verwaltungspraxis ergebe, die auch in ihrem Fall angewandt werden müsse, geht ebenfalls ins Leere. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten in vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit andere Maßstäbe angelegt hätte. Die Beklagte hat vielmehr dargelegt, dass es seit der Gründung der Philosophischen Fakultät im Jahr 2002 keine Fälle gegeben habe, in denen ein Entziehungsverfahren durchgeführt worden sei. Eine Ermessenbindung scheidet somit bereits mangels entsprechender Verwaltungspraxis aus. Die pauschalen Behauptungen der Klägerin, eine Vielzahl anderer Dissertationen sei ebenso fehlerhaft wie ihre eigene, sind im Übrigen rein spekulativ und bleiben daher ohne rechtliche Bedeutung.
93 
Dass Erst- und Zweitgutachter die ganz erheblichen Plagiate nicht schon bei der Annahme und bei der Bewertung ihrer schriftlichen Dissertation entdeckt haben, begründet für die Klägerin ebenfalls keinen Vertrauensschutz dahingehend, die elementaren Grundlagen wissenschaftlicher Arbeitstechniken missachten zu dürfen (BayVGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl 2007, 281; VG Freiburg, Urteil vom 23.05.2012 - 1 K 58/12 -, juris; VG Sigmaringen, Urteil vom 04.10.2007 - 8 K 1384/05 -, n.v.). Auch ein „Mitverschulden“ der Beklagten lässt sich daraus nicht konstruieren, da keine Verpflichtung der Beklagten bestand, sämtliche Dissertationen bereits bei ihrer Abgabe - unabhängig von einem Verdacht auf einen Verstoß gegen die allgemeinen Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens - auf derartige Verfehlungen hin zu kontrollieren (vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 04.10.2007 - 8 K 1384/05 -, S. 15 des Entscheidungsabdrucks).
94 
Die Aufforderung im Bescheid des Dekans vom 22.06.2011, die Promotionsurkunde zurückzugeben, sieht die Kammer nur als einen Hinweis und nicht als Regelung im Sinne eines Verwaltungsakts auf Rückgabe gemäß § 52 LVwVfG.
95 
II. Da der Widerspruchsbescheid vom 30.11.2011 - wie bereits ausgeführt - weder formell noch materiell zu beanstanden ist, bleibt auch der Hilfsantrag ohne Erfolg.
96 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
97 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO vorliegt.
98 
B E S C H L U S S
99 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Ziffer 18.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (DVBl. 2004, 1525) auf 15.000 EUR festgesetzt.
100 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme und Rückforderung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG.

2

Der 1954 in der damaligen Sowjetunion geborene Kläger entstammt einer gemischtnationalen Ehe (Vater Russe; Mutter Deutsche). Sowohl in seinem sowjetischen Inlandspass aus dem Jahre 1979 als auch in der Geburtsurkunde seines Sohnes T. ist die Nationalität des Klägers mit "russisch" angegeben. Im Mai 1997 stellte der Kläger Aufnahmeanträge für sich, seine (russische) Ehefrau und seinen Sohn T. Im Oktober 1998 wurde er als Abkömmling einer Spätaussiedlerin in den Aufnahmebescheid seiner Mutter einbezogen. Im Dezember 1999 siedelte die Familie nach Deutschland um.

3

Im Februar 2000 beantragte der Kläger die Ausstellung einer Bescheinigung für Ehegatten und Abkömmlinge eines Spätaussiedlers nach § 15 Abs. 2 BVFG, dem das Landratsamt Freiberg als Rechtsvorgänger des Beklagten mit Bescheid vom 5. Mai 2000 entsprach. Ebenfalls unter dem 5. Mai 2000 stellte das Landratsamt dem Kläger eine Angehörigenbescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG aus. Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, den das Landratsamt Freiberg als Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung für Spätaussiedler nach § 15 Abs. 1 BVFG umdeutete und mit Bescheid vom 14. Januar 2004 ablehnte, weil der Kläger kein deutscher Volkszugehöriger sei. Hiergegen legte der Kläger keinen Rechtsbehelf ein.

4

Am 12. Oktober 2004 griffen Mitarbeiter des Landratsamts den Vorgang ohne erkennbaren Anlass wieder auf und stellten für den Kläger unter demselben Datum eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG aus. Nach dieser ist der Kläger Spätaussiedler nach § 4 BVFG, seine Ehefrau Ehegatte eines Spätaussiedlers und sein Sohn T. Abkömmling eines Spätaussiedlers. Am 15. Oktober 2004 erging gegenüber dem Kläger ein durch die Leiterin des Sozialamtes, Frau H., unterzeichneter Bescheid des Landratsamtes, in dem unter dem Betreff "Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung für Spätaussiedler nach § 15 Abs. 1 BVFG" ausgeführt wurde, dass dem Antrag des Klägers vom Februar 2000 auf "Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG" entsprochen werde. Außerdem wurde im Bescheid auf eine am "14. Oktober 2004" ausgestellte Bescheinigung Bezug genommen, deren Identifikations- und Seriennummer der Bescheinigung vom 12. Oktober 2004 über den Nachweis der Spätaussiedlereigenschaft nach § 15 Abs. 1 BVFG entsprach.

5

Nach Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten führte das Landratsamt Freiberg im Herbst 2005 eine Überprüfung durch und nahm nach Anhörung des Klägers mit einem wiederum durch die Leiterin des Sozialamts, Frau H., unterzeichneten Bescheid vom 24. März 2006 den Bescheid vom 15. Oktober 2004 sowie die am 12. Oktober 2004 ausgestellte Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG zurück (Ziffer 1), forderte den Kläger unter Fristsetzung zur Rückgabe des Bescheides und der Bescheinigung auf (Ziffer 2) und drohte ihm für den Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung die Wegnahme des Bescheides und der Bescheinigung an (Ziffer 4). Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei kein Spätaussiedler. Es fehle an einem durchgängigen Bekenntnis nur zum deutschen Volkstum. Zudem sei er zum Zeitpunkt seiner Ausreise nicht in der Lage gewesen, die deutsche Sprache ausreichend zu verstehen und zu sprechen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Chemnitz mit Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2007 mit der Maßgabe zurück, dass nur die Bescheinigung spätestens zwei Wochen nach Bestandskraft der Rücknahmeentscheidung zurückzugeben ist. Der für die Erstellung des Bescheides vom Oktober 2004 zuständige Sachbearbeiter wurde nach Angaben des Beklagten im Jahr 2011 zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

6

Das Verwaltungsgericht hat die gegen den Rücknahmebescheid gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheides vom 15. Oktober 2004 und der Bescheinigung vom 12. Oktober 2004 lägen vor. Beide seien von Anfang an rechtswidrig gewesen, weil der Kläger kein Spätaussiedler sei. Im Zeitpunkt der Ausreise sei nicht von einem durchgehenden Bekenntnis des Klägers zum deutschen Volkstum auszugehen. Ob in der freiwilligen Eintragung der russischen Nationalität in amtlichen Dokumenten bereits ein Gegenbekenntnis zur deutschen Volkszugehörigkeit liege, könne dahinstehen. Jedenfalls fehle es an einer familiären Vermittlung der deutschen Sprache, weil der Kläger nur als Kind bis zum Alter von zwei Jahren mit seiner Mutter und seiner Großmutter Deutsch gesprochen habe. Das Rücknahmeermessen richte sich allein nach § 48 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwVfG, da die Bescheinigung als solche keine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewähre. Es reiche nicht aus, dass die Bescheinigung Grundlage für Leistungen der Eingliederungshilfe im Sinne von § 9 Abs. 3 BVFG gewesen sei. Schließlich werde dem Kläger mit der Rücknahme der Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG nicht die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen, da er diese bereits im Mai 2000 mit der Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG erworben habe. Diese ältere Bescheinigung habe sich mit Erteilung der Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG im Oktober 2004 weder erledigt noch sei ihre Wirksamkeit anderweitig beseitigt worden.

7

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 48 VwVfG. Die angefochtene Rücknahmeentscheidung sei ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig, weil ihm hierdurch die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werde. Das Berufungsgericht habe nicht in den Blick genommen, dass sich die Bescheinigungen nach § 15 Abs. 1 und 2 BVFG gegenseitig sowohl tatbestandlich als auch von den Rechtsfolgen her ausschlössen. So könne eine Person entweder nur Spätaussiedler oder nur Abkömmling eines Spätaussiedlers sein, denn § 7 Abs. 2 BVFG definiere Abkömmlinge ausdrücklich als Personen, welche nicht die Voraussetzungen der Spätaussiedlereigenschaft des § 4 Abs. 1 oder 2 BVFG erfüllten.

8

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Berufungsurteil. Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung des Berufungsgerichts an, dass die Rücknahmeentscheidung die Stellung des Klägers als deutscher Staatsangehöriger nicht berühre. Die Ansprüche als Spätaussiedler und als Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers könnten in echter Anspruchskonkurrenz nebeneinander bestehen. Daher berühre der Verlust der Rechtsstellung nach § 15 Abs. 1 BVFG nicht die zuvor bereits erworbenen Rechte aufgrund der Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Berufungsgerichts steht im Einklang mit revisiblem Recht. Der Rücknahmebescheid vom 24. März 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2007, dessen Ziffer 1 dahingehend auszulegen ist, dass der der ausgestellten Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG zugrunde liegende Bescheid vom 15. Oktober 2004 als Verwaltungsakt aufgehoben wird, ist formell (1.) und materiell (2. und 3.) rechtmäßig.

10

Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Rücknahmeentscheidung ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (hier: Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2007). Das folgt schon daraus, dass hier eine behördliche Ermessensentscheidung zu treffen war, die eine Anpassung an eine neue Rechtslage nur begrenzt ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1980 - 1 C 82.76 - BVerwGE 60, 133 <136>). Mithin finden das Verwaltungsverfahrensgesetz für den Freistaat Sachsen - SächsVwVfG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2003 (SächsGVBl. S. 614) und das Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge - Bundesvertriebenengesetz (BVFG) - in der Fassung des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 - ZuwandG 2004 - (BGBl. I S. 1950) Anwendung. Die seit der letzten Behördenentscheidung ergangenen Änderungen des Bundesvertriebenengesetzes, insbesondere die durch das Achte Gesetz zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes vom 6. Juli 2009 - BVFGÄndG 8 - (BGBl. I S. 1694) mit Wirkung zum 11. Juli 2009 in Kraft getretene spezielle Rücknahmevorschrift des § 15 Abs. 4 BVFG n.F., die mit Blick auf die staatsangehörigkeitsrechtlichen Folgen nur Rücknahmen mit Wirkung für die Vergangenheit erfasst, sind ohne entsprechende Übergangsregelungen nicht auf eine - wie hier - vor ihrem Inkrafttreten ausgesprochene Rücknahme anwendbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 C 17.11 - BVerwGE 143, 161 Rn. 12).

11

Nach der allgemeinen Rücknahmevorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 1 Satz 1 SächsVwVfG, auf die mangels einer speziellen Rücknahmeregelung zurückzugreifen ist, kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 C 17.11 - BVerwGE 143, 161 Rn. 13).

12

1. Mit dem Oberverwaltungsgericht ist von der formellen Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung auszugehen. Der Rechtsvorgänger des Beklagten war insbesondere für diese Entscheidung zuständig (a). Unerheblich ist, dass Rücknahmebescheid und zurückgenommener Bescheid von der gleichen Person unterzeichnet worden sind (b).

13

a) Die Zuständigkeit des Landratsamts ergibt sich aus der speziellen Zuständigkeitsregelung des § 15 Abs. 3 BVFG. Danach entscheidet über die Rücknahme und den Widerruf sowie über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung die Ausstellungsbehörde. Abweichend von den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen zur Bestimmung der Zuständigkeit für eine Rücknahmeentscheidung nach § 48 VwVfG war das Landratsamt damit schon deshalb für die Rücknahmeentscheidung zuständig, weil es die zurückzunehmende Spätaussiedlerbescheinigung ausgestellt hatte.

14

Die gegenteilige Auffassung des Klägers, "Ausstellungsbehörde" im Sinne des § 15 Abs. 3 BVFG sei - analog zu den zu § 48 VwVfG entwickelten allgemeinen Zuständigkeitsregeln - die im Zeitpunkt der Rücknahme für die Ausstellung zuständige Behörde und damit hier das seit dem 1. Januar 2005 zuständige Bundesverwaltungsamt, widerspricht dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers. Den Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, dass nach § 15 Abs. 3 BVFG für den Widerruf und die Rücknahme einer Bescheinigung - ungeachtet der zwischenzeitlichen Zuständigkeitsübertragung auf das Bundesverwaltungsamt - die Behörde zuständig sein soll, die die Bescheinigung ausgestellt hat (BT-Drs. 12/3212 S. 26 und 16/12593 S. 9).

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat auch mit Recht einen behördlichen Verfahrensfehler verneint, den der Kläger aus der Tatsache abzuleiten versucht, dass die frühere Leiterin des Sozialamts des Landratsamts nicht nur den Rücknahmebescheid, sondern auch den zurückgenommenen Bescheid unterzeichnet hat. Dies begründet weder einen gesetzlichen Ausschlussgrund nach § 20 VwVfG noch eine Fehlerhaftigkeit wegen Besorgnis der Befangenheit nach § 21 VwVfG. Das Berufungsgericht durfte die Frage, ob die frühere Leiterin des Sozialamts befangen war, offenlassen, denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen ihrer Mitwirkung und der in der Gestalt des Widerspruchsbescheides zur Prüfung gestellten Rücknahmeentscheidung (vgl. BVerwG, Urteile vom 30. Mai 1984 - 4 C 58.81 - BVerwGE 69, 256 <269 f.> und vom 5. Dezember 1986 - 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214 <228> jeweils zu § 20 VwVfG), weil die Widerspruchsbehörde den Rücknahmebescheid vollständig überprüft und durch eine selbstständige Sachentscheidung bestätigt hat.

16

2. Die Rücknahme der Entscheidung über die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung ist auch materiell nicht zu beanstanden. Der zurückgenommene Bescheid war bei wertender Gesamtbetrachtung hinreichend bestimmt auf die Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG gerichtet (a). Er war aber rechtswidrig. Der Kläger war bei Erlass des Bescheides kein Spätaussiedler. Es fehlte bei Verlassen der Aussiedlungsgebiete jedenfalls an einem (durchgängigen) Bekenntnis zum deutschen Volkstum (b). Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG ist gewahrt (c). Auch die Ermessensentscheidung begegnet keinen Bedenken (d).

17

a) Der zurückgenommene Bescheid war hinreichend bestimmt. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass mit dem aufgehobenen Bescheid vom 15. Oktober 2004 die Rechtsstellung des Klägers durch Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG neben der ihm im Mai 2000 ausgestellten Angehörigenbescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG hochgestuft werden sollte. Diese Annahme ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere war der aufgehobene Bescheid bei wertender Gesamtbetrachtung und unter Einbeziehung der auf seiner Grundlage dem Kläger ausgestellten Bescheinigung noch hinreichend bestimmt auf die Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung gerichtet. Im Bescheid vom 15. Oktober 2004 ist im Betreff ausdrücklich von einem Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG die Rede. Soweit in den Gründen einem Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG entsprochen wird, handelt es sich offensichtlich um ein Schreibversehen bei der Absatzbezeichnung. Denn dem Kläger war bereits im Mai 2000 eine Angehörigenbescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG ausgestellt worden, während er auf der Grundlage des Bescheides vom 15. Oktober 2004 eine Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG erhielt.

18

b) Der zurückgenommene Bescheid war aber rechtswidrig. Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des statusrechtlichen Bescheides vom 15. Oktober 2004 richtet sich gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG grundsätzlich nach der zum Zeitpunkt seines Erlasses maßgeblichen Rechtslage (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2012 - 6 C 3.11 - BVerwGE 143, 87 Rn. 43 mit Verweis auf den Beschluss vom 7. Juli 2004 - 6 C 24.03 - BVerwGE 121, 226 <229> m.w.N.).

19

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG in der im Oktober 2004 bei Erlass des aufgehobenen Bescheides geltenden Fassung des Spätaussiedlerstatusgesetzes vom 30. August 2001 (BGBl. I S. 2266) - BVFG 2001 - erhielten Spätaussiedler zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft auf Antrag eine Bescheinigung (Spätaussiedlerbescheinigung). Eine solche Bescheinigung steht nach § 15 Abs. 1 BVFG nur demjenigen zu, der in dem für die Ausstellung der Bescheinigung maßgeblichen Zeitpunkt die Spätaussiedlereigenschaft besitzt, d.h. Spätaussiedler ist (BVerwG, Urteil vom 12. März 2002 - 5 C 45.01 - BVerwGE 116, 119 Rn. 9).

20

Wer Spätaussiedler ist, richtet sich grundsätzlich nach der Rechtslage bei Aufnahme in das Bundesgebiet (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. März 2002 - 5 C 45.01 - BVerwGE 116, 119 <121>). Die Übersiedlung des Klägers nach Deutschland im Wege des Aufnahmeverfahrens erfolgte im Dezember 1999. Danach wäre für die Bestimmung der Spätaussiedlereigenschaft die Rechtslage nach dem Bundesvertriebenengesetz in der Fassung vom 2. Juni 1993 (BGBl. I S. 829) maßgeblich. Allerdings sind nach der durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes vom 30. August 2001 (BGBl. I S. 2266) mit Wirkung zum 7. September 2001 eingeführten Übergangsvorschrift des § 100a BVFG Anträge nach § 15 Abs. 1 BVFG nach dem Recht zu bescheiden, das "nach dem 7. September 2001 gilt". Der Bescheid nach § 15 Abs. 1 BVFG wurde dem Kläger im Oktober 2004 erteilt. Das Berufungsgericht hat den Bescheid daher zutreffend an der im Oktober 2004 geltenden Rechtslage gemessen. Eine Korrektur der gesetzgeberischen Entscheidung ist hier nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten. Denn ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der bei Aufenthaltsnahme (hier: im Dezember 1999) bestehenden Rechtslage und auf das Fortbestehen eines seinerzeit entstandenen Spätaussiedlerstatus besteht jedenfalls nicht bei Personen, bei denen die Aufnahme nicht aufgrund der (vorläufig) bejahten deutschen Volkszugehörigkeit erfolgte, sondern die nur als Abkömmling eines Spätaussiedlers aufgenommen wurden (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. November 2003 - 5 C 14.03 - BVerwGE 119, 188 <190>).

21

Die Übergangsvorschrift des § 100a BVFG ist hingegen nicht dynamisch in dem Sinn auszulegen, dass die Spätaussiedlereigenschaft bei Anträgen nach § 15 Abs. 1 BVFG, die vor Inkrafttreten der Gesetzesnovelle von 2001 gestellt worden sind, nach dem jeweils geltenden aktuellen Recht zu bestimmen sei, hier etwa nach den erleichterten Voraussetzungen in § 6 Abs. 2 BVFG des Zehnten Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes vom 6. September 2013 (BGBl. I S. 3554). Denn bei dieser Übergangsregelung handelt es sich - wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt (BT-Drs.14/6310 S. 6 ff.) - lediglich um einen (statischen) Verweis auf die zum 7. September 2001 in Kraft getretene Neufassung des § 6 Abs. 2 BVFG. Durch sie wollte der Gesetzgeber wieder zu der Rechtslage zurückkehren, die bis zu den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2000 (- 5 C 44.99 - BVerwGE 112, 112 u.a.) in der Verwaltungspraxis von Bund und Ländern und in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anwendung kam. Hingegen ergeben sich für die Gesetzesnovelle von 2013 keine Anhaltspunkte, dass den durch sie bewirkten Erleichterungen für die Bestimmung der Spätaussiedlereigenschaft Rückwirkung in Altverfahren beigemessen werden sollte.

22

Maßgeblich für den Erwerb der Spätaussiedlereigenschaft ist folglich § 4 Abs. 1 BVFG in der zum Entscheidungszeitpunkt im Oktober 2004 geltenden Fassung vom 30. August 2001 (BGBl. I S. 2266) - BVFG 2001 -. Danach ist Spätaussiedler in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor (1.) seit dem 8. Mai 1945 oder (2.) nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder (3.) seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben, seinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten hatte.

23

Deutscher Volkszugehöriger ist nach § 6 Abs. 1 BVFG 2001, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird. Wer - wie der Kläger - nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG 2001 deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise nur zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum oder die rechtliche Zuordnung zur deutschen Nationalität muss bestätigt wer-den durch die familiäre Vermittlung der deutschen Sprache (Satz 2). Diese ist nur festgestellt, wenn jemand im Zeitpunkt der Aussiedlung aufgrund dieser Vermittlung zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen kann (Satz 3). Ihre Feststellung entfällt, wenn die familiäre Vermittlung wegen der Verhältnisse in dem jeweiligen Aussiedlungsgebiet nicht möglich oder nicht zumutbar war (Satz 4). Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch aufgrund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören (Satz 5).

24

Der Kläger stammt aus der ehemaligen Sowjetunion und wurde im Oktober 1998 als Abkömmling in den Aufnahmebescheid seiner Mutter einbezogen. Damit hat er die Aussiedlungsgebiete im Dezember 1999 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und im Bundesgebiet Aufenthalt genommen (§ 4 Abs. 1 BVFG 2001). Das Berufungsgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger jedoch die weitere Voraussetzung der Spätaussiedlereigenschaft - die deutsche Volkszugehörigkeit im Sinne von § 6 BVFG 2001 - nicht erfüllt.

25

Die Voraussetzungen für die deutsche Volkszugehörigkeit ergeben sich für den nach dem 31. Dezember 1923 geborenen Kläger aus § 6 Abs. 2 BVFG 2001. Der Kläger stammt zwar mütterlicherseits von einer deutschen Volkszugehörigen ab. Wegen der russischen Volkszugehörigkeit seines Vaters wurde er nach dem Recht seines Herkunftsstaates aber nicht ohne sein Zutun der deutschen Nationalität zugerechnet, wie dies z.B. nach der sowjetischen Passverordnung von 1974 bei Abkömmlingen der Fall war, bei denen beide Elternteile dem deutschen Volkstum zugehörten (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 1995 - 9 C 391.94 - BVerwGE 99, 133 <140>). Folglich hätte er sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise (nur) zum deutschen Volkstum bekennen müssen. Hieran fehlt es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts (UA Rn. 32). Vielmehr ist seine Nationalität in seinem sowjetischen Inlandspass vom 23. Oktober 1979 mit "russisch" angegeben (UA Rn. 2). Diese Nationalität ist auch in der Geburtsurkunde seines Sohnes T. eingetragen. Wie das Oberverwaltungsgericht weiter festgestellt hat, erfolgten diese Eintragungen "freiwillig" (UA Rn. 33), beruhten also auf einer entsprechenden Erklärung des Klägers. Er selbst hat dies nach den gerichtlichen Feststellungen dahin erläutert, "bei Beantragung des Passes im Jahr 1979 sei die Nationalität für ihn kein Thema gewesen, weil die UdSSR eine große internationale Familie gewesen sei" (UA Rn. 6). Bei dieser Sachlage konnte das Gericht offenlassen, ob in dem Verhalten des Klägers bereits ein "Gegenbekenntnis" zu einem fremden Volkstum liegt, wie es der Rechtsvorgänger des Beklagten und das Verwaltungsgericht angenommen haben. Denn es fehlt schon an einem (positiven) Bekenntnis nur zum deutschen Volkstum, wie es § 6 Abs. 2 BVFG 2001 verlangt. Damit kommt es nicht darauf an, ob es im Fall des Klägers - wie das Oberverwaltungsgericht festgestellt hat (UA Rn. 33) - auch an einer familiären Vermittlung der deutschen Sprache fehlt.

26

c) Der Rechtsvorgänger des Beklagten hat die einjährige Rücknahmefrist des § 48 Abs. 4 VwVfG bei Erlass seines Bescheides vom 24. März 2006 beachtet, die erst nach Abschluss des Anhörungsverfahrens im Dezember 2005 zu laufen begann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 1984 - Gr.Sen. 1. und 2.84 - BVerwGE 70, 356 <362 f.>; s.a. Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 C 17.11 - BVerwGE 143, 161 <165 f.>).

27

d) Das Berufungsgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass auch die Ausübung des Rücknahmeermessens nicht zu beanstanden ist. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 und 3 VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Für einen Verwaltungsakt, der - wie hier - ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf eine Rücknahme nach § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 erfolgen.

28

aa) Das Berufungsgericht hat die Rücknahme des rechtswidrigen Bescheides über die Spätaussiedlereigenschaft des Klägers mit Recht nur am Maßstab des § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwVfG gemessen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in früheren Entscheidungen einen teilweisen Rückgriff auf § 48 Abs. 2 VwVfG für geboten hielt, hält der inzwischen für das Vertriebenenrecht zuständige 1. Revisionssenat an dieser Rechtsprechung nicht fest.

29

§ 48 Abs. 2 VwVfG stellt eine Sonderregelung für Verwaltungsakte dar, die eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilweise Sachleistung gewähren oder hierfür Voraussetzung sind. § 48 Abs. 3 VwVfG gestaltet den Vertrauensschutz bei der Rücknahme aller rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakte aus, deren Aufrechterhaltung weniger fiskalische Interessen berührt, sondern die stärker staatsbezogen sind und deren Aufrechterhaltung daher schwerer erträglich ist als in den Fällen des § 48 Abs. 2 VwVfG (BT-Drs. 7/910 S. 71). Hierzu zählen insbesondere Verwaltungsakte, die eine nichtmonetäre Rechtsstellung gestalten oder feststellen.

30

Schon in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wurde der Bescheid über die Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG - wie schon die Erteilung eines Vertriebenenausweises - als statusfeststellender Verwaltungsakt angesehen, dessen Rücknahme sich grundsätzlich nach der Regelung des § 48 Abs. 3 VwVfG richtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 1990 - 9 C 12.89 - BVerwGE 85, 79 <84> zum früheren Vertriebenenausweis; ähnlich Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 C 17.11 - BVerwGE 143, 161 Rn. 22 zur Spätaussiedlerbescheinigung). Das wurde damit begründet, dass die - rechtswidrige - Feststellung, dass jemand die Spätaussiedlereigenschaft (früher: Vertriebeneneigenschaft) besitzt, für sich allein keine fiskalischen Interessen berührt, sondern - etwa im Hinblick auf die Staatsangehörigkeit des Betroffenen - allein hoheitliche staatliche Belange. Soweit lediglich der - rechtswidrig festgestellte - Status in Rede stand, schied auch nach der bisherigen Rechtsprechung eine Vertrauensschutzprüfung nach § 48 Abs. 2 VwVfG im Ausweiseinziehungsverfahren aus (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. März 1990 - 9 C 12.89 - BVerwGE 85, 79 <84> und vom 24. Mai 2012 - 5 C 17.11 - BVerwGE 143, 161 <166 ff.>). Allerdings sah das Bundesverwaltungsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung die Notwendigkeit, Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes in Bezug auf die einem Vertriebenen zu gewährenden finanziellen Vergünstigungen schon in die Entscheidung über die Rücknahme der Statusfeststellung einzubeziehen und den Rücknahmebescheid deshalb zusätzlich nach § 48 Abs. 2 VwVfG zu beurteilen, wenn und soweit im Einzelfall feststand, dass der Begünstige aufgrund seines Status als Spätaussiedler (früher: Vertriebener) konkrete Geld- oder Sachleistungen erhalten oder sein Vertrauen im Hinblick auf den Erhalt solcher Leistungen sonst in schutzwürdiger Weise betätigt hat (vgl. BVerwG Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 C 17.11 - BVerwGE 143, 161 Rn. 22 m.w.N.). Das wurde damit begründet, dass der Statusbescheid Grundlage für die Gewährung bestimmter Geld- oder Sachleistungen ist, wie z.B. finanzielle Hilfen nach § 9 BVFG, Leistungen bei Krankheit nach § 11 BVFG, Leistungen der Unfall- und Rentenversicherung nach § 13 BVFG und der Förderung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nach § 14 BVFG (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 C 17.11 - BVerwGE 143, 161 Rn. 22) und die statusrechtliche Entscheidung für alle Behörden und Stellen verbindlich ist, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach dem Bundesvertriebenengesetz oder einem anderen Gesetz zuständig sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 1990 - 9 C 12.89 - BVerwGE 85, 79 <85>). Diese Rechtsprechung hatte zur Folge, dass ein Rücknahmebescheid jedenfalls an § 48 Abs. 3 VwVfG und ggf. hinsichtlich seiner Auswirkungen auf bereits erhaltene Geld- oder Sachleistungen oder im Vertrauen auf deren Erhalt getätigte Vermögenspositionen an § 48 Abs. 2 VwVfG gemessen wurde, was zu unterschiedlichen Ergebnissen führen konnte mit der Folge, dass der der Spätaussiedlerbescheinigung zugrunde liegende Bescheid teilweise nicht zurückgenommen werden durfte (so etwa BVerwG, Urteil vom 20. März 1990 - 9 C 12.89 - BVerwGE 85, 79; ähnlich schon Urteil vom 28. Oktober 1983 - 8 C 91.82 - BVerwGE 68, 159 <164 f.>).

31

An dieser Rechtsprechung hält der 1. Revisionssenat nicht mehr fest. Vielmehr ist die Rücknahme einer Statusfeststellung nach § 15 Abs. 1 BVFG ausschließlich nach § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwVfG zu beurteilen. Das dient der einheitlichen Beurteilung statusrechtlicher Bescheide, die auch in anderen Rechtsgebieten ergehen, beispielsweise im Flüchtlingsrecht nach §§ 2, 3 und 5 AsylVfG oder im Staatsangehörigkeitsrecht die Einbürgerung nach §§ 8 und 10 StAG. In diesen Rechtsgebieten wird über die Rücknahme des statusrechtlichen Bescheides ungeachtet des rechtlichen Schicksals etwaiger daran anknüpfender Leistungsbescheide entschieden, die auf der Grundlage der Statusbescheide ergehen und für die die Statusentscheidung verbindlich ist. Auch im Vertriebenenrecht sind derartige Leistungsbescheide - wie in den anderen genannten Rechtsgebieten - nicht Bestandteil der Statusentscheidung und deshalb sind sie nicht von Gesetzes wegen Gegenstand der die rechtswidrige Statusentscheidung aufhebenden Rücknahmeentscheidung. Ist ein Statusbescheid rechtswidrig, sind Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes bei der Entscheidung über die Rücknahme des Statusbescheides - im Anwendungsbereich des § 48 VwVfG - ausschließlich bei der Ermessensausübung nach § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwVfG zu berücksichtigen.

32

§ 48 Abs. 2 VwVfG kommt hingegen erst bei nachfolgenden Entscheidungen über die Rücknahme von auf der Grundlage der Statusentscheidung ergangenen Leistungsbescheiden zur Anwendung. Insoweit unterscheiden sich Statusbescheide hinsichtlich der Verknüpfung mit darauf aufbauenden Folgebescheiden etwa von steuerrechtlichen Messbescheiden, deren einziger Zweck der Erlass eines nachfolgenden Steuererhebungsbescheides ist. Es dient dem Ziel einer schnellen Entscheidung über die Wiederherstellung der Integrität der Rechtsordnung, wenn das Verfahren zur Aufhebung einer rechtswidrigen Statusentscheidung nicht schon mit Feststellungen zum rechtlichen Schicksal darauf beruhender Leistungsbescheide belastet wird. Das zeigt auch das vorliegende Verfahren, in dem bei Anwendung des § 48 Abs. 2 VwVfG in Bezug auf die vom Kläger nach seinem Vorbringen im Dezember 2004 erhaltenen Eingliederungshilfe nach § 9 Abs. 3 BVFG in Höhe von circa 2 000 € schon im Verfahren über die Rücknahme der Statusbescheinigung geprüft werden müsste, ob der Kläger die Rechtswidrigkeit des Statusbescheides kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG), obwohl derzeit völlig offen ist, ob die Verwaltung beabsichtigt, diesen Bescheid ebenfalls zurückzunehmen.

33

Das der Behörde in § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwVfG eröffnete Ermessen stellt insbesondere sicher, dass dem Vertrauensschutz im Hinblick auf die nichtvermögensrechtlichen Folgen einer Rücknahme - etwa wegen eines Verlusts der Staatsangehörigkeit - Rechnung getragen wird. Dieser Auslegung von § 48 VwVfG steht der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Dezember 1981 (- 1 BvR 898/79 u.a. - BVerfGE 59, 128) nicht entgegen. Danach darf die Prüfung von Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes beim Entzug eines Vertriebenenausweises (heute: einer Spätaussiedlerbescheinigung) nicht gänzlich unberücksichtigt und ausschließlich der nachgelagerten Ebene der Rückforderung gewährter Leistungen vorbehalten bleiben (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1981 - 1 BvR 898/79 u.a. - BVerfGE 59, 128 <152 ff.>). Denn ungeachtet der Tatsache, dass die verfassungsgerichtliche Entscheidung zur mittlerweile aufgehobenen zwingenden Vorschrift des § 18 BVFG a.F. ergangen ist, wonach Vertriebenenausweise einzuziehen oder für ungültig zu erklären waren, wenn die Voraussetzungen für ihre Ausstellung nicht vorgelegen hatten, sind Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes auch nach der Rechtsprechung des Senats bei der Rücknahme des Statusbescheides nach § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwVfG zu berücksichtigen. Dabei stehen allerdings die nichtvermögensrechtlichen Folgen der Rücknahme im Vordergrund, ohne dass der schwerpunktmäßig in Folgeverfahren zu prüfende vermögensrechtliche Vertrauensschutz jedoch gänzlich außer Betracht bleibt. Vermögensrechtlicher Vertrauensschutz ist bei der Rücknahmeentscheidung auf der Primärebene insbesondere dann zu berücksichtigen, wenn das entsprechende Fachrecht auf der Sekundärebene keine Vertrauensschutzprüfung vorsieht. Freilich kann bei der Beurteilung, welches Gewicht dem vermögensrechtlichen Vertrauensschutz bei dieser Prüfung beizumessen ist, auch die gesetzgeberische Wertung im Bereich des Fachrechts Berücksichtigung finden. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass ein Vermögensnachteil bei schützenswertem Vertrauen auch nach § 48 Abs. 3 VwVfG auszugleichen ist.

34

bb) Die Rücknahmeentscheidung ist auch nicht - wie der Kläger meint - wegen Verstoßes gegen Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG ermessensfehlerhaft (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 C 18.11 - BVerwGE 143, 171 Rn. 26), da sie nicht zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit des Klägers führt.

35

Der Kläger hat die deutsche Staatsangehörigkeit gemäß § 7 Satz 1 Staatsangehörigkeitsgesetz in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999 (BGBl. I S. 1618) - StAG a.F. - bereits mit der ihm auf der Grundlage des Bescheides vom 5. Mai 2000 ausgestellten Angehörigenbescheinigung gemäß § 15 Abs. 2 BVFG erworben. Die neue Fassung, welche die Vorschrift durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 - EURLAsylUmsG - (BGBl. I S. 1970) mit Wirkung zum 28. August 2007 erhalten hat, ist hier nicht anwendbar. Nach § 7 Satz 1 StAG a.F. erwarb ein Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG, der nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, mit der Ausstellung der Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 oder 2 BVFG die deutsche Staatsangehörigkeit.

36

Bei Ausstellung der Angehörigenbescheinigung im Mai 2000 erfüllte der Kläger auch die weiteren Voraussetzungen des § 7 Satz 1 StAG a.F., insbesondere war er mit seiner Aufnahme Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG geworden. Nach dieser Vorschrift ist Deutscher im Sinne des Grundgesetzes vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiet des Deutschen Reichs nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat. Unter welchen Voraussetzungen eine Person "als Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling" diesen Status erwirbt, ist seit Inkrafttreten der durch das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz vom 21. Dezember 1992 - KfbG - (BGBl. I S. 2094) geänderten Fassung des Bundesvertriebenengesetzes am 1. Januar 1993 grundsätzlich nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu beurteilen. Personen, die - wie der Kläger - als Abkömmling einer Spätaussiedlerin in Deutschland Aufnahme gefunden haben, sind mit der Übersiedlung Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG geworden. Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesvertriebenengesetzes stellen insoweit die in Art. 116 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber vorbehaltene gesetzliche Regelung für den Erwerb des Deutschen-Status dar (BVerwG, Urteile vom 20. April 2004 - 1 C 3.03 - BVerwGE 120, 292 <295>, vom 19. Juni 2001 - 1 C 26.00 - BVerwGE 114, 332 <334> und vom 24. Mai 2012 - 5 C 18.11 - BVerwGE 143, 171 Rn. 29).

37

Als Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG hat der Kläger nach § 7 Abs. 1 StAG a.F. die deutsche Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes mit der Ausstellung der Angehörigenbescheinigung im Mai 2000 erworben. Hieran hat die spätere Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG nichts geändert. Insbesondere war die deutsche Staatsangehörigkeit des Klägers nie eine gesetzliche Folge dieser Bescheinigung. Vielmehr beruht der Staatsangehörigkeitserwerb des Klägers auf dem Bescheid vom Mai 2000 und der auf seiner Grundlage ausgestellten Angehörigenbescheinigung. Diese Entscheidung wurde nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit der späteren Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG - weder ausdrücklich noch konkludent - aufgehoben (UA Rn. 49). Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem der Entscheidung des 5. Senats vom 24. Mai 2012 (- 5 C 18.11 - BVerwGE 143, 171) zugrunde liegenden Sachverhalt, da im dortigen Verfahren der Erwerb der Staatsangehörigkeit auf dem zurückgenommenen Bescheid beruhte und mit der auf den Ausstellungstag zurückreichenden Rücknahme eine wesentliche Voraussetzung für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit (rückwirkend) beseitigt wurde, was ex post zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit führte. Selbst wenn - entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten - unterstellt würde, dass sich die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG mit der Entscheidung über eine solche nach § 15 Abs. 1 BVFG "auf andere Weise" erledigte (§ 43 Abs. 2 VwVfG), wofür allerdings nichts spricht, würde dies nichts daran ändern, dass der Erwerb der Staatsangehörigkeit weiterhin auf der Angehörigenbescheinigung vom Mai 2000 beruht, deren Unwirksamkeit ex nunc keinen Verlustgrund darstellen würde (vgl. § 17 StAG).

38

cc) Die Ermessensentscheidung weist auch im Übrigen keine Ermessensfehler im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO zu Lasten des Klägers auf. Die Ausgangs- und die Widerspruchsbehörde haben bei der Abwägung der für und gegen eine Rücknahme sprechenden öffentlichen und privaten Belange alle nach Lage der Dinge maßgeblichen Umstände berücksichtigt und fehlerfrei abgewogen. Das Berufungsgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beklagte das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung des statusrechtlichen Bescheides nach § 15 Abs. 1 BVFG in ausreichendem Maße berücksichtigt hat (UA Rn. 50).

39

3. Die im Widerspruchsverfahren abgeänderte Aufforderung zur Rückgabe der Spätaussiedlerbescheinigung innerhalb von zwei Wochen nach Bestandskraft der Rücknahmeentscheidung findet ihre Rechtsgrundlage in § 52 VwVfG i.V.m. § 1 Satz 1 SächsVwVfG. Danach kann die Behörde, wenn ein Verwaltungsakt unanfechtbar zurückgenommen ist, die aufgrund dieses Verwaltungsakts erteilten Urkunden oder Sachen, die zum Nachweis der Rechte aus dem Verwaltungsakt oder zu deren Ausübung bestimmt sind, zurückfordern. Dies kann unter der aufschiebenden Bedingung des Eintritts der Unanfechtbarkeit auch schon zusammen mit der Rücknahme verfügt werden. Auch die Zwangsmittelandrohung bezieht sich nach der Abänderung der Rückgabeverpflichtung durch die Widerspruchbehörde nur noch auf die Rückgabe der Spätaussiedlerbescheinigung. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 20 i.V.m. § 27 SächsVerwVollstrG und ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

40

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt

1.
die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird,
2.
wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat,
3.
in Selbstverwaltungsangelegenheiten die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
Abweichend von Satz 2 Nr. 1 kann durch Gesetz bestimmt werden, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig ist.

(2) Vorschriften, nach denen im Vorverfahren des Absatzes 1 Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Absatz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

(3) Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Der Widerspruchsbescheid bestimmt auch, wer die Kosten trägt.

Hält die Behörde den Widerspruch für begründet, so hilft sie ihm ab und entscheidet über die Kosten.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.


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(1) Wer ein Geheimnis, das ihm als

1.
Amtsträger,
2.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten,
3.
Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt oder
4.
Europäischer Amtsträger,
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Hat der Täter durch die Tat fahrlässig wichtige öffentliche Interessen gefährdet, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer, abgesehen von den Fällen des Absatzes 1, unbefugt einen Gegenstand oder eine Nachricht, zu deren Geheimhaltung er

1.
auf Grund des Beschlusses eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder eines Landes oder eines seiner Ausschüsse verpflichtet ist oder
2.
von einer anderen amtlichen Stelle unter Hinweis auf die Strafbarkeit der Verletzung der Geheimhaltungspflicht förmlich verpflichtet worden ist,
an einen anderen gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(3a) Beihilfehandlungen einer in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 der Strafprozessordnung genannten Person sind nicht rechtswidrig, wenn sie sich auf die Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung des Geheimnisses oder des Gegenstandes oder der Nachricht, zu deren Geheimhaltung eine besondere Verpflichtung besteht, beschränken.

(4) Die Tat wird nur mit Ermächtigung verfolgt. Die Ermächtigung wird erteilt

1.
von dem Präsidenten des Gesetzgebungsorgans
a)
in den Fällen des Absatzes 1, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit bei einem oder für ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes bekanntgeworden ist,
b)
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1;
2.
von der obersten Bundesbehörde
a)
in den Fällen des Absatzes 1, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit sonst bei einer oder für eine Behörde oder bei einer anderen amtlichen Stelle des Bundes oder für eine solche Stelle bekanntgeworden ist,
b)
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2, wenn der Täter von einer amtlichen Stelle des Bundes verpflichtet worden ist;
3.
von der Bundesregierung in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit bei einer Dienststelle der Europäischen Union bekannt geworden ist;
4.
von der obersten Landesbehörde in allen übrigen Fällen der Absätze 1 und 2 Nr. 2.
In den Fällen des Satzes 2 Nummer 3 wird die Tat nur verfolgt, wenn zudem ein Strafverlangen der Dienststelle vorliegt.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt der Kläger.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.


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Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 7. November 2013 - 8 K 2286/11 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist nicht begründet. Aus den von der Klägerin in der fristgemäßen Antragsbegründung genannten - und somit nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO allein maßgeblichen - Gründen ist die Berufung nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) oder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind gegeben, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77, 83; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 -, NVwZ 2011, 546; Senatsbeschluss vom 20.05.2010 - 9 S 2530/09 -, VBlBW 2010, 480). An diesem Maßstab gemessen zeigt die Antragsschrift ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht auf.
Das Verwaltungsgericht hat entschieden, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Neubewertung oder auf eine nochmalige Wiederholung ihrer Diplomarbeit. Das daraus folgende Nichtbestehen der Diplomprüfung sowie die Exmatrikulation seien aus Rechtsgründen ebenfalls nicht zu beanstanden. Eine (bessere) Benotung, die zu einem Bestehen der Prüfungsleistung Diplomarbeit und damit der Diplomprüfung insgesamt führen könnte, sei schon aus Rechtsgründen nicht möglich. Denn nach § 12 Abs. 4 Satz 1 der einschlägigen Studien- und Prüfungsordnung der beklagten Hochschule (vom 30.07.1999, zuletzt geändert am 03.04.2002, StuPO) sei eine Prüfungsleistung mit der Note „nicht ausreichend“ (5,0) zu bewerten, wenn jemand versuche, das Ergebnis seiner Prüfungsleistungen durch Täuschung oder Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel zu beeinflussen. Bei der Bewertung, ob eine Täuschung durch ein Plagiat vorliege, bestehe kein prüfungsspezifischer Beurteilungsspielraum. Es handele sich vielmehr um eine gebundene Entscheidung, die vom Gericht bei Vorliegen entsprechender Verdachtsmomente in vollem Umfang zu überprüfen ist. Für die Beurteilung, ob ein Verstoß gegen die Anforderungen wissenschaftlichen Arbeitens vorliege, komme es auch nicht darauf an, ob die Arbeit ohne die als Plagiat beanstandeten Stellen - hypothetisch - noch eine ausreichende Leistung darstellen würde oder nicht. Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 4 Satz 1 StuPO seien im vorliegenden Fall erfüllt. Die Diplomarbeit der Klägerin müsste sogar mit der Note 5,0 („nicht ausreichend") bewertet werden. Die Durchsicht der Arbeit und der von der Beklagten angeführten Quellentexte habe ergeben, dass an zahlreichen Stellen - und in noch größerem Umfang als von der beklagten Hochschule zunächst beanstandet - Passagen aus Werken anderer Autoren im Wortlaut bzw. mit geringfügigen Umformulierungen oder unwesentlich geänderten Fallbeispielen übernommen worden seien, ohne dies entsprechend zu kennzeichnen. Noch gravierender sei, dass die Klägerin diverse Textpassagen als authentische Patientenberichte aus Therapiedokumentationen aus ihrer täglichen Arbeit auf der Akutstation im Zentrum für Psychiatrie dargestellt habe, obwohl es sich tatsächlich um Texte aus dem Internet handele, deren Authentizität in keiner Weise gesichert sei.
Dem hält die Klägerin entgegen, begriffsnotwendig setze eine Täuschung eine Handlung voraus, die einen Erklärungswert hinsichtlich Tatsachen besitze, die durch Einwirken auf die Vorstellung einer anderen natürlichen Person bei dieser zu einem Irrtum führen könne. Ob von einer (objektiven) Täuschungshandlung schon allein deswegen gesprochen werden könne, weil sie teilweise Quellen nicht offen gelegt habe, erscheine fraglich und auch mit Blick auf die ratio legis des § 12 Abs. 4 Satz 1 StuPO nicht gerechtfertigt. Jedenfalls aber werde ihr (in subjektiver Hinsicht) kein Täuschungsvorsatz hinsichtlich der Selbständigkeit der erbrachten wissenschaftlichen Leistung - wie es das Verwaltungsgericht inzidenter angenommen habe - unterstellt werden können. Damit dringt die Klägerin nicht durch.
Nach den vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen hat die Klägerin an zahlreichen Stellen Text aus anderen Quellen im Wortlaut bzw. nur mit geringfügigen Änderungen und Auslassungen in ihre Diplomarbeit übernommen und dies teilweise gar nicht, teilweise nur unzureichend als Zitat gekennzeichnet. Darüber hinaus hat sie in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass sie verschiedene Textpassagen als authentische Patientenberichte aus Therapiedokumentationen aus ihrer täglichen Arbeit auf der Akutstation im Zentrum für Psychiatrie Südwürttemberg dargestellt hat, obwohl sie diese Texte tatsächlich aus dem Internet übernommen hat. Daraus hat das Verwaltungsgericht gefolgert, die Quellenangaben in den Fußnoten stellten sich als falsch und als Täuschung über die Herkunft der Patientenberichte dar. Denn die Klägerin führe in der Einleitung zu ihrer Diplomarbeit auf S. 2 oben explizit aus, dass „die des Öfteren in dieser Arbeit aufgeführten Exkurse, welche aus der Therapiedokumentation meiner beruflichen Tätigkeit auf der Akutstation mit dem Schwerpunkt Persönlichkeitsstörungen und Krisen stammen, […] als eine Veranschaulichung für den Leser dienen [sollen].“ Damit nehme die Klägerin für sich in Anspruch, dass es sich um Schilderungen von echten Patienten aus ihrer beruflichen Praxis im ZfP handle. Wenn sie dann aber stattdessen Fallbeispiele aus Internet-Foren übernehme, deren Echtheit gar nicht gesichert sei, und diese als solche aus ihrer beruflichen Praxis ausgebe, liege darin sogar eine doppelte Täuschung: sowohl über die Herkunft der Patientenangaben aus dem ZfP als auch darüber, dass die Angaben aus ihrer beruflichen Praxis stammten. Dies wird durch das Antragsvorbringen nicht erschüttert, das auch nichts dafür ergibt, dass die Täuschung ohne Täuschungsvorsatz erfolgt wäre. Die Klägerin lässt auch außer Betracht, dass bei der Abgabe der Diplomarbeit nach § 27 Abs. 1 Satz 2 StuPO zu versichern ist, dass die Arbeit selbständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt wurden. Dass sie dagegen - objektiv und subjektiv vorwerfbar - verstoßen hat, liegt auf der Hand. Auch die detailliert begründeten Feststellungen des Verwaltungsgerichts, dass sie an zahlreichen Stellen ihrer Arbeit Text aus anderen Quellen im Wortlaut bzw. nur mit geringfügigen Änderungen und Auslassungen übernommen und dies nicht (hinreichend) kenntlich gemacht hat, vermag die Klägerin nicht in Zweifel zu ziehen.
Entgegen ihrer Auffassung hat das Verwaltungsgericht in Bezug auf die wissenschaftlichen Anforderungen der Diplomarbeit auch keinen überhöhten Maßstab angelegt.
Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 StuPO soll die Diplomarbeit zeigen, dass innerhalb einer vorgegebenen Frist ein Problem aus dem Fach selbständig nach wissenschaftlichen Methoden bearbeitet werden kann. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat, gehört zu den damit auch für die Diplomarbeit geltenden Grundanforderungen des selbständigen wissenschaftlichen Arbeitens, dass alle verwendeten Quellen und Hilfsmittel der Arbeit offen gelegt werden müssen (vgl. nur Senatsurteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, juris; Senatsbeschluss vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, NVwZ-RR 2009, 285, m.w.N.). Die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von zusammenhängenden Textpassagen aus fremden Werken ohne (ausreichendes) Zitat verstößt gegen grundlegende Maßstäbe des wissenschaftlichen Arbeitens und beinhaltet eine Täuschung über die Selbständigkeit der erbrachten wissenschaftlichen Leistung, insbesondere wenn die Übernahme fremden Gedankengutes nicht nur vereinzelt, sondern systematisch und planmäßig erfolgt, etwa wenn sich solche Plagiate an mehreren Stellen der Arbeit finden und Passagen von verschiedenen Fremdautoren betreffen (vgl. Senatsbeschluss vom 13.10.2008, a.a.O.). Dabei lässt die wörtliche Wiederholung von Vorlagentexten einschließlich ihrer sprachlichen Eigentümlichkeiten jedenfalls den Schluss zu, dass diese Passagen unmittelbar abgeschrieben wurden. Das gilt auch dann, wenn kleinere Änderungen - etwa in Form von Umgruppierungen wiederum fast wörtlich übernommener Passagen - vorgenommen werden. Denn auch insoweit ist die Gedankenführung nicht eigenständig entwickelt und es wird darüber getäuscht, dass die wissenschaftliche Leistung tatsächlich von einem Anderen und nicht vom Autor selbst stammt (Senatsbeschluss vom 13.10.2008, a.a.O.). Dass die angeführten Senatsentscheidungen Verfahren wegen Entziehung eines Doktorgrades betreffen, rechtfertigt keine andere Bewertung. Die dargestellten Grundanforderungen sind auch bei der hier streitigen Diplomarbeit zu erfüllen, weil sie die Befähigung zum selbständigen wissenschaftlichen Arbeiten betreffen, die hier wie dort nachgewiesen werden muss. Dass die Anforderungen an eine Dissertation noch darüber hinausgehen, ändert daran ebenso wenig etwas wie der Umstand, dass die Prüfer im Rahmen ihrer Bewertung die Diplomarbeit mehrfach als Bachelor-Arbeit bezeichnet haben.
Die Frage, ob die Bewertung der Diplomarbeit durch den Erst- und Zweitprüfer auch im Übrigen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist, die das Verwaltungsgericht ergänzend behandelt hat, bedarf danach keiner Entscheidung; die angeführten und von der Klägerin nicht erschütterten Gründe tragen die angefochtene Entscheidung selbständig.
2. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn es für ihre Entscheidung maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 -, Juris Rn. 25). Die nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebotene Darlegung dieser Voraussetzungen verlangt, dass unter Durchdringung des Streitstoffes eine klärungsbedürftige konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage aufgezeigt wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war und die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und dass ein Hinweis auf den Grund gegeben wird, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.11.2011 - 5 B 29.11 -, juris, zum Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Diesen Anforderungen entspricht der Antrag nicht.
10 
Zu der von der Klägerin sinngemäß aufgeworfenen Frage, ob der Maßstab für ein selbständiges wissenschaftliches Arbeiten im Rahmen der Fertigung einer Diplomarbeit im Wesentlichen mit den wissenschaftlichen Anforderungen an eine Dissertation gleichzustellen sei, trägt sie selbst vor, dass diese Rechtsfrage möglicherweise nur im Einzelfall entschieden werden könne. Abgesehen davon ist die Frage im oben unter 1. dargestellten Sinn zu beantworten, ohne dass weiterer Klärungsbedarf aufgezeigt wäre.
11 
Soweit die Klägerin die Zulässigkeit von EDV-gestützten Arbeitshilfen für die Wertung von Diplomarbeiten anzweifelt und hierin eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sieht, fehlt es schon an der Klärungsbedürftigkeit. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, das Softwareprogramm Docol©c sei von der Beklagten nur als „Tippgeber“ eingesetzt worden, und die seinerzeit ausgeworfene Übereinstimmungsquote sei von ihr nicht als Nachweis für Plagiate angesehen worden, sondern habe lediglich Anlass zu einer individuellen Überprüfung der mutmaßlichen Textübereinstimmungen gegeben, die der Erstprüfer nach seinen Angaben selbst vorgenommen habe. Die Kammer habe ihre Überzeugung auch nicht anhand der ausgeworfenen Trefferquote der Softwareprogramms Docol©c gebildet, sondern habe selbst die fraglichen Textstellen der Diplomarbeit mit der darin zitierten Literatur einerseits und den von der Beklagten schriftsätzlich mitgeteilten mutmaßlichen Internetfundstellen andererseits abgeglichen. Das Ergebnis des Abgleichs sei in der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten erörtert worden. Vor diesem Hintergrund ist die Frage der Zulässigkeit von EDV-gestützten Arbeitshilfen für die Wertung von Diplomarbeiten nicht entscheidungserheblich und wäre in einem Berufungsverfahren nicht zu klären. Ebenso wenig ist es danach auch zu beanstanden, dass die Kammer dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag der Klägerin nicht nachgekommen ist.
12 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG.
13 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG hinsichtlich der Streitwertfestsetzung).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.


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Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 04. Oktober 2007 - 8 K 1384/05 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der zulässige Antrag des Klägers ist unbegründet. Ein hinreichender Grund zur Zulassung der Berufung im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO ist nicht dargelegt worden (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht, dieses ist vielmehr im Ergebnis zutreffend und überzeugend begründet.
a) Rechtsgrundlage für die von der Beklagten mit Verfügung vom 21.07.2004 ausgesprochene Entziehung des Doktorgrades ist - nachdem § 24 der Promotionsordnung eine eigenständige Regelung nicht enthält - § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG. Zwar ist in § 35 Abs. 7 des Gesetzes über die Hochschulen und Berufsakademien in Baden-Württemberg - LHG - vom 1. Januar 2005, das bei Erlass des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2005 bereits in Kraft getreten war (vgl. Art. 28 des Zweiten Gesetzes zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 01.01.2005, GBl. S. 1), eine spezialgesetzliche Regelung für die Entziehung akademischer Grade für den Fall enthalten, in dem sich der Inhaber durch sein späteres Verhalten der Führung des Grades als unwürdig erwiesen hat. Diese Regelung schließt den Rückgriff auf die allgemeinen Rücknahmevorschriften in anderen Fallkonstellationen jedoch nicht aus, wie sich bereits aus der ausdrücklichen Formulierung „unbeschadet der §§ 48 und 49 LVwVfG“ ergibt (vgl. auch Senatsurteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 - sowie Bay.VGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl 2007, 281). Die Entziehung des Doktorgrades ist in Baden-Württemberg auch nicht vom Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgenommen (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG).
b) Voraussetzung für die Rücknahme des dem Kläger verliehenen Doktorgrades ist demnach, dass diese rechtswidrig erfolgte. Dies ist von der Beklagten und vom Verwaltungsgericht zutreffend bejaht worden.
Entgegen der mit eidesstattlicher Versicherung vom 28.07.1997 abgegebenen Erklärung, „wörtliche Zitate als solche gekennzeichnet“ zu haben, hat der Kläger komplette Passagen aus dem Werk anderer Autoren in seine Dissertation übernommen, ohne dies zu kennzeichnen oder offen zu legen. Er hat die Gutachter damit über die Tatsache getäuscht, dass die vorgelegte Dissertation insoweit nicht auf einer selbständigen wissenschaftlichen Arbeit beruht. Dies stellt gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 LHG aber das wesensbestimmende Grundsatzmerkmal einer Dissertation und damit die wissenschaftlichen Mindeststandards im Sinne des § 8 der Promotionsordnung dar (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 20.10.2006 - 6 B 67/06 -).
Der Plagiatsvorwurf trifft den Kläger auch nicht nur vereinzelt oder im Sinne einer unsachgemäßen Handhabung der Zitierweise; vielmehr lassen die von der Beklagten im Wege der Stichprobenprüfung aufgefundenen Stellen den Schluss zu, dass der Kläger fremde Passagen wiederholt und planmäßig als eigenständige wissenschaftliche Arbeit ausgewiesen hat. Eine systematische und planmäßige Übernahme fremden Gedankenguts ergibt sich bereits daraus, dass sich die Plagiate an mehreren Stellen der Dissertation auffinden lassen und verschiedene Fremdautoren betreffen. Die von der Beklagten aufgezeigten Übernahmen aus den Werken von S., W. und N. ... weisen die Gemeinsamkeit auf, dass komplette Passagen wortwörtlich übernommen worden sind, ohne dass dies in ausreichender Weise kenntlich gemacht worden wäre. Für einen Großteil der Passagen ist eine zutreffende Quellenangabe gar nicht erfolgt. Doch auch soweit in einzelnen der Passagen ein Hinweis auf die Originalstelle erfolgt ist, genügt dieser nicht, um den Plagiatsvorwurf entfallen zu lassen. Vielmehr kann auch diesen Nachweisangaben nicht entnommen werden, dass ganze Passagen wörtlich entlehnt worden sind; zumal die vor und nach dem Nachweis liegenden Teile mit eigenständigen Fußnoten versehen sind (die meist wiederum aus dem Originalwerk abgeschrieben wurden). Auch die Art der erfolgten Quellenangabe (vgl. etwa Fußnote 414: „so auch S.“) versucht vielfach den Eindruck zu erwecken, der Kläger habe eigenständige Argumentationserwägungen angestellt, anstatt durch Anführungszeichen oder jedenfalls in anderer Weise erkennbar zu machen, dass es sich um die bloße Wiedergabe der bereits erbrachten gedanklichen Leistung eines Anderen handelt. Auch soweit sich in den von der Beklagten benannten Plagiatspassagen Hinweise auf die Originalstellen finden lassen, beseitigen diese den Übernahmevorwurf daher nicht.
Bei den - im Übrigen nicht auf einem systematischen Abgleich, sondern nur auf Stichproben beruhenden - Übernahmepassagen handelt es sich auch nicht um bloße Bagatellverstöße. Dies ergibt sich einerseits bereits aus der Tatsache, dass die vermeintlich eigenständige Leistung im Erstgutachten ausdrücklich angesprochen und gewürdigt worden ist („… Probleme, für die Herr E. guten Blick zeigt“). Auch in quantitativer Hinsicht kann die Übernahme aber nicht als völlig unbedeutend eingestuft werden, weil sie sich insgesamt jedenfalls auf mehrere Seiten erstreckt und vom Kläger wiederholt und in Bezug auf verschiedene Autoren eingesetzt worden ist.
Entgegen der mit dem Zulassungsantrag vorgetragenen Auffassung kommt es dabei nicht darauf an, ob dem Kläger für die eingereichte Dissertation ohne die beanstandeten Stellen oder bei jeweils wörtlicher Zitierung der Doktorgrad noch verliehen worden wäre. Derartig hypothetische Erwägungen im Sinne einer Art geltungserhaltenden Reduktion finden nicht statt. Es ist für die Ursächlichkeit der vom Kläger begangenen Täuschung nicht von Bedeutung, ob ihm für eine andere Arbeit, als er sie tatsächlich vorgelegt hat, der Doktorgrad verliehen worden wäre (vgl. Senatsurteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54). Maßgeblich ist vielmehr allein die vorgelegte Arbeit, mit der der Kläger gerade nicht den Beweis erbracht hat, dass er im Stande ist, zu rechtswissenschaftlichen Problemen selbständig und kritisch Stellung zu nehmen (vgl. § 8 Abs. 1 der Promotionsordnung). Zu den Grundanforderungen wissenschaftlichen Arbeitens gehört aber gerade, dass der Beitrag auf eigenständigen Erwägungen beruht und nicht bloß Passagen aus dem Werk eines anderen Autors übernimmt. Der Senat hat daher bereits klargestellt, dass nur eine unter Offenlegung aller verwendeten Quellen und Hilfsmittel erbrachte wissenschaftliche Leistung den Anforderungen an eine eigenständige Dissertation genügt. Die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von Textpassagen aus fremden Werken ohne hinreichende Kennzeichnung verstößt daher gegen die Grundsätze des wissenschaftlichen Arbeitens und schließt damit die Annahme einer Arbeit als Dissertation im Regelfall aus (vgl. Senatsurteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54; Bay.VGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl. 2007, 281).
c) Die wörtliche Wiederholung der Vorlagetexte einschließlich der sprachlichen Eigentümlichkeiten und Formulierungen lässt auch keinen anderen Schluss zu, als dass der Kläger die Passagen unmittelbar abgeschrieben hat. Jedenfalls soweit ein Verweis auf die Fundstelle ganz unterblieben ist, liegt daher unzweifelhaft eine Täuschung über die Urheberschaft der Gedanken vor. Gleiches gilt indes auch, soweit kleinere Änderungen - insbesondere in Form von Umgruppierungen wiederum fast wörtlich übernommener Passagen - vorgenommen worden sind. Auch insoweit ist die Gedankenführung nicht eigenständig entwickelt und darüber getäuscht worden, dass die wissenschaftliche Leistung von einem Anderen stammt (vgl. Senatsurteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54). Die Vorgehensweise der Umstellungen und der Syntaxvariationen belegt im Übrigen die gezielte Verschleierungsabsicht des Klägers (vgl. auch VG Frankfurt, Urteil vom 23.05.2007 - 12 E 2262/05 -).
10 
Ermessensfehler der Beklagten sind trotz der erheblichen Belastung für den Kläger nicht ersichtlich. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte das öffentliche Interesse am Ansehen und dem wissenschaftlichen Ruf der den Doktorgrad verleihenden Universität höher bewertet hat als die beruflichen und sozialen Folgen für den Kläger (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.10.2006 - 6 B 67/06 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116). Die Entziehung des Doktorgrades erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig, weil die Vorgehensweise des Klägers einen Verstoß gegen die wesensprägenden Grundsatzmerkmale wissenschaftlichen Arbeitens enthält und sich die Übernahme fremder Passagen nicht auf einzelne Gedanken, sondern ganze Sinneinheiten bezieht (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 23.05.2007 - 12 E 2262/05 -).
11 
Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG findet wegen der vom Kläger begangenen arglistigen Täuschung gemäß § 48 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG keine Anwendung (vgl. Senatsurteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -), sodass es auf die Frage, wann der Beklagten alle für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt waren (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 21.12.2006 - 6 B 102/06 -) nicht ankommt.
12 
2. Auch die übrigen, in Anspruch genommenen Zulassungsgründe sind nicht gegeben.
13 
Eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage ist bereits nicht hinreichend dargelegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.08.1997 - 7 B 261/97 -, NJW 1997, 3328). Im Übrigen sind die rechtlichen Maßstäbe, soweit sie zur Entscheidung des vorliegenden Falls erforderlich sind, durch die zitierte Senatsrechtsprechung (Senatsurteile vom 18.11.1980 - IX 1302/78 - sowie vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -) bereits geklärt.
14 
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Hinblick auf die Voraussetzungen für ein arglistiges Verhalten sind weder ausreichend dargelegt noch gegeben. Vielmehr ist offenkundig, dass die unzutreffende Erklärung des Klägers, wörtliche Zitate als solche gekennzeichnet zu haben, als bewusste Irreführung darauf gerichtet war, die Annahme der vorgelegten Arbeit als Dissertation zu erreichen.
15 
Die vorgetragene Divergenz zum Urteil des Senats vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 - liegt schon deshalb nicht vor, weil weder der Verwaltungsgerichtshof noch das Verwaltungsgericht die behaupteten Rechtssätze aufgestellt haben. Der Sache nach verkennt die Rüge überdies, dass die vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochene Nichtanwendung des § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG in der benannten Entscheidung auf das Vorliegen des § 48 Abs. 3 LVwVfG zurückging. Das Verwaltungsgericht dagegen hat auf die arglistige Täuschung nur im Zusammenhang mit § 48 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG Bezug genommen, was im Übrigen auch der Verfahrensweise im benannten Senatsurteil entspricht. Auch hinsichtlich des Plagiatsumfangs hat der Zulassungsantrag eine Divergenz nicht hinreichend aufgezeigt: insoweit fehlt es bereits an der Darstellung eines Rechtssatzes in der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs.
16 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 18.6 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004.
17 
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO nicht mit Rechtsmitteln anfechtbar.

(1) Der Vorstand hat unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten.

(2) Der Vorstand kann aus einer oder mehreren Personen bestehen. Bei Gesellschaften mit einem Grundkapital von mehr als drei Millionen Euro hat er aus mindestens zwei Personen zu bestehen, es sei denn, die Satzung bestimmt, daß er aus einer Person besteht. Die Vorschriften über die Bestellung eines Arbeitsdirektors bleiben unberührt.

(3) Mitglied des Vorstands kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Mitglied des Vorstands kann nicht sein, wer

1.
als Betreuter bei der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt (§ 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) unterliegt,
2.
aufgrund eines gerichtlichen Urteils oder einer vollziehbaren Entscheidung einer Verwaltungsbehörde einen Beruf, einen Berufszweig, ein Gewerbe oder einen Gewerbezweig nicht ausüben darf, sofern der Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt,
3.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten
a)
des Unterlassens der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Insolvenzverschleppung),
b)
nach den §§ 283 bis 283d des Strafgesetzbuchs (Insolvenzstraftaten),
c)
der falschen Angaben nach § 399 dieses Gesetzes oder § 82 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung,
d)
der unrichtigen Darstellung nach § 400 dieses Gesetzes, § 331 des Handelsgesetzbuchs, § 346 des Umwandlungsgesetzes oder § 17 des Publizitätsgesetzes,
e)
nach den §§ 263 bis 264a oder den §§ 265b bis 266a des Strafgesetzbuchs zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr
verurteilt worden ist; dieser Ausschluss gilt für die Dauer von fünf Jahren seit der Rechtskraft des Urteils, wobei die Zeit nicht eingerechnet wird, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.
Satz 2 Nummer 2 gilt entsprechend, wenn die Person in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einem vergleichbaren Verbot unterliegt. Satz 2 Nr. 3 gilt entsprechend bei einer Verurteilung im Ausland wegen einer Tat, die mit den in Satz 2 Nr. 3 genannten Taten vergleichbar ist.

(3a) Besteht der Vorstand bei börsennotierten Gesellschaften, für die das Mitbestimmungsgesetz, das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 801-2, veröffentlichten bereinigten Fassung – Montan-Mitbestimmungsgesetz – oder das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 801-3, veröffentlichten bereinigten Fassung – Mitbestimmungsergänzungsgesetz – gilt, aus mehr als drei Personen, so muss mindestens eine Frau und mindestens ein Mann Mitglied des Vorstands sein. Eine Bestellung eines Vorstandsmitglieds unter Verstoß gegen dieses Beteiligungsgebot ist nichtig.

(4) Der Vorstand von Gesellschaften, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen, legt für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands Zielgrößen fest. Die Zielgrößen müssen den angestrebten Frauenanteil an der jeweiligen Führungsebene beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen. Legt der Vorstand für den Frauenanteil auf einer der Führungsebenen die Zielgröße Null fest, so hat er diesen Beschluss klar und verständlich zu begründen. Die Begründung muss ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.


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Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 04. Oktober 2007 - 8 K 1384/05 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der zulässige Antrag des Klägers ist unbegründet. Ein hinreichender Grund zur Zulassung der Berufung im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO ist nicht dargelegt worden (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht, dieses ist vielmehr im Ergebnis zutreffend und überzeugend begründet.
a) Rechtsgrundlage für die von der Beklagten mit Verfügung vom 21.07.2004 ausgesprochene Entziehung des Doktorgrades ist - nachdem § 24 der Promotionsordnung eine eigenständige Regelung nicht enthält - § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG. Zwar ist in § 35 Abs. 7 des Gesetzes über die Hochschulen und Berufsakademien in Baden-Württemberg - LHG - vom 1. Januar 2005, das bei Erlass des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2005 bereits in Kraft getreten war (vgl. Art. 28 des Zweiten Gesetzes zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 01.01.2005, GBl. S. 1), eine spezialgesetzliche Regelung für die Entziehung akademischer Grade für den Fall enthalten, in dem sich der Inhaber durch sein späteres Verhalten der Führung des Grades als unwürdig erwiesen hat. Diese Regelung schließt den Rückgriff auf die allgemeinen Rücknahmevorschriften in anderen Fallkonstellationen jedoch nicht aus, wie sich bereits aus der ausdrücklichen Formulierung „unbeschadet der §§ 48 und 49 LVwVfG“ ergibt (vgl. auch Senatsurteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 - sowie Bay.VGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl 2007, 281). Die Entziehung des Doktorgrades ist in Baden-Württemberg auch nicht vom Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgenommen (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG).
b) Voraussetzung für die Rücknahme des dem Kläger verliehenen Doktorgrades ist demnach, dass diese rechtswidrig erfolgte. Dies ist von der Beklagten und vom Verwaltungsgericht zutreffend bejaht worden.
Entgegen der mit eidesstattlicher Versicherung vom 28.07.1997 abgegebenen Erklärung, „wörtliche Zitate als solche gekennzeichnet“ zu haben, hat der Kläger komplette Passagen aus dem Werk anderer Autoren in seine Dissertation übernommen, ohne dies zu kennzeichnen oder offen zu legen. Er hat die Gutachter damit über die Tatsache getäuscht, dass die vorgelegte Dissertation insoweit nicht auf einer selbständigen wissenschaftlichen Arbeit beruht. Dies stellt gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 LHG aber das wesensbestimmende Grundsatzmerkmal einer Dissertation und damit die wissenschaftlichen Mindeststandards im Sinne des § 8 der Promotionsordnung dar (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 20.10.2006 - 6 B 67/06 -).
Der Plagiatsvorwurf trifft den Kläger auch nicht nur vereinzelt oder im Sinne einer unsachgemäßen Handhabung der Zitierweise; vielmehr lassen die von der Beklagten im Wege der Stichprobenprüfung aufgefundenen Stellen den Schluss zu, dass der Kläger fremde Passagen wiederholt und planmäßig als eigenständige wissenschaftliche Arbeit ausgewiesen hat. Eine systematische und planmäßige Übernahme fremden Gedankenguts ergibt sich bereits daraus, dass sich die Plagiate an mehreren Stellen der Dissertation auffinden lassen und verschiedene Fremdautoren betreffen. Die von der Beklagten aufgezeigten Übernahmen aus den Werken von S., W. und N. ... weisen die Gemeinsamkeit auf, dass komplette Passagen wortwörtlich übernommen worden sind, ohne dass dies in ausreichender Weise kenntlich gemacht worden wäre. Für einen Großteil der Passagen ist eine zutreffende Quellenangabe gar nicht erfolgt. Doch auch soweit in einzelnen der Passagen ein Hinweis auf die Originalstelle erfolgt ist, genügt dieser nicht, um den Plagiatsvorwurf entfallen zu lassen. Vielmehr kann auch diesen Nachweisangaben nicht entnommen werden, dass ganze Passagen wörtlich entlehnt worden sind; zumal die vor und nach dem Nachweis liegenden Teile mit eigenständigen Fußnoten versehen sind (die meist wiederum aus dem Originalwerk abgeschrieben wurden). Auch die Art der erfolgten Quellenangabe (vgl. etwa Fußnote 414: „so auch S.“) versucht vielfach den Eindruck zu erwecken, der Kläger habe eigenständige Argumentationserwägungen angestellt, anstatt durch Anführungszeichen oder jedenfalls in anderer Weise erkennbar zu machen, dass es sich um die bloße Wiedergabe der bereits erbrachten gedanklichen Leistung eines Anderen handelt. Auch soweit sich in den von der Beklagten benannten Plagiatspassagen Hinweise auf die Originalstellen finden lassen, beseitigen diese den Übernahmevorwurf daher nicht.
Bei den - im Übrigen nicht auf einem systematischen Abgleich, sondern nur auf Stichproben beruhenden - Übernahmepassagen handelt es sich auch nicht um bloße Bagatellverstöße. Dies ergibt sich einerseits bereits aus der Tatsache, dass die vermeintlich eigenständige Leistung im Erstgutachten ausdrücklich angesprochen und gewürdigt worden ist („… Probleme, für die Herr E. guten Blick zeigt“). Auch in quantitativer Hinsicht kann die Übernahme aber nicht als völlig unbedeutend eingestuft werden, weil sie sich insgesamt jedenfalls auf mehrere Seiten erstreckt und vom Kläger wiederholt und in Bezug auf verschiedene Autoren eingesetzt worden ist.
Entgegen der mit dem Zulassungsantrag vorgetragenen Auffassung kommt es dabei nicht darauf an, ob dem Kläger für die eingereichte Dissertation ohne die beanstandeten Stellen oder bei jeweils wörtlicher Zitierung der Doktorgrad noch verliehen worden wäre. Derartig hypothetische Erwägungen im Sinne einer Art geltungserhaltenden Reduktion finden nicht statt. Es ist für die Ursächlichkeit der vom Kläger begangenen Täuschung nicht von Bedeutung, ob ihm für eine andere Arbeit, als er sie tatsächlich vorgelegt hat, der Doktorgrad verliehen worden wäre (vgl. Senatsurteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54). Maßgeblich ist vielmehr allein die vorgelegte Arbeit, mit der der Kläger gerade nicht den Beweis erbracht hat, dass er im Stande ist, zu rechtswissenschaftlichen Problemen selbständig und kritisch Stellung zu nehmen (vgl. § 8 Abs. 1 der Promotionsordnung). Zu den Grundanforderungen wissenschaftlichen Arbeitens gehört aber gerade, dass der Beitrag auf eigenständigen Erwägungen beruht und nicht bloß Passagen aus dem Werk eines anderen Autors übernimmt. Der Senat hat daher bereits klargestellt, dass nur eine unter Offenlegung aller verwendeten Quellen und Hilfsmittel erbrachte wissenschaftliche Leistung den Anforderungen an eine eigenständige Dissertation genügt. Die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von Textpassagen aus fremden Werken ohne hinreichende Kennzeichnung verstößt daher gegen die Grundsätze des wissenschaftlichen Arbeitens und schließt damit die Annahme einer Arbeit als Dissertation im Regelfall aus (vgl. Senatsurteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54; Bay.VGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl. 2007, 281).
c) Die wörtliche Wiederholung der Vorlagetexte einschließlich der sprachlichen Eigentümlichkeiten und Formulierungen lässt auch keinen anderen Schluss zu, als dass der Kläger die Passagen unmittelbar abgeschrieben hat. Jedenfalls soweit ein Verweis auf die Fundstelle ganz unterblieben ist, liegt daher unzweifelhaft eine Täuschung über die Urheberschaft der Gedanken vor. Gleiches gilt indes auch, soweit kleinere Änderungen - insbesondere in Form von Umgruppierungen wiederum fast wörtlich übernommener Passagen - vorgenommen worden sind. Auch insoweit ist die Gedankenführung nicht eigenständig entwickelt und darüber getäuscht worden, dass die wissenschaftliche Leistung von einem Anderen stammt (vgl. Senatsurteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54). Die Vorgehensweise der Umstellungen und der Syntaxvariationen belegt im Übrigen die gezielte Verschleierungsabsicht des Klägers (vgl. auch VG Frankfurt, Urteil vom 23.05.2007 - 12 E 2262/05 -).
10 
Ermessensfehler der Beklagten sind trotz der erheblichen Belastung für den Kläger nicht ersichtlich. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte das öffentliche Interesse am Ansehen und dem wissenschaftlichen Ruf der den Doktorgrad verleihenden Universität höher bewertet hat als die beruflichen und sozialen Folgen für den Kläger (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.10.2006 - 6 B 67/06 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116). Die Entziehung des Doktorgrades erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig, weil die Vorgehensweise des Klägers einen Verstoß gegen die wesensprägenden Grundsatzmerkmale wissenschaftlichen Arbeitens enthält und sich die Übernahme fremder Passagen nicht auf einzelne Gedanken, sondern ganze Sinneinheiten bezieht (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 23.05.2007 - 12 E 2262/05 -).
11 
Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG findet wegen der vom Kläger begangenen arglistigen Täuschung gemäß § 48 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG keine Anwendung (vgl. Senatsurteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -), sodass es auf die Frage, wann der Beklagten alle für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt waren (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 21.12.2006 - 6 B 102/06 -) nicht ankommt.
12 
2. Auch die übrigen, in Anspruch genommenen Zulassungsgründe sind nicht gegeben.
13 
Eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage ist bereits nicht hinreichend dargelegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.08.1997 - 7 B 261/97 -, NJW 1997, 3328). Im Übrigen sind die rechtlichen Maßstäbe, soweit sie zur Entscheidung des vorliegenden Falls erforderlich sind, durch die zitierte Senatsrechtsprechung (Senatsurteile vom 18.11.1980 - IX 1302/78 - sowie vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -) bereits geklärt.
14 
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Hinblick auf die Voraussetzungen für ein arglistiges Verhalten sind weder ausreichend dargelegt noch gegeben. Vielmehr ist offenkundig, dass die unzutreffende Erklärung des Klägers, wörtliche Zitate als solche gekennzeichnet zu haben, als bewusste Irreführung darauf gerichtet war, die Annahme der vorgelegten Arbeit als Dissertation zu erreichen.
15 
Die vorgetragene Divergenz zum Urteil des Senats vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 - liegt schon deshalb nicht vor, weil weder der Verwaltungsgerichtshof noch das Verwaltungsgericht die behaupteten Rechtssätze aufgestellt haben. Der Sache nach verkennt die Rüge überdies, dass die vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochene Nichtanwendung des § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG in der benannten Entscheidung auf das Vorliegen des § 48 Abs. 3 LVwVfG zurückging. Das Verwaltungsgericht dagegen hat auf die arglistige Täuschung nur im Zusammenhang mit § 48 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG Bezug genommen, was im Übrigen auch der Verfahrensweise im benannten Senatsurteil entspricht. Auch hinsichtlich des Plagiatsumfangs hat der Zulassungsantrag eine Divergenz nicht hinreichend aufgezeigt: insoweit fehlt es bereits an der Darstellung eines Rechtssatzes in der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs.
16 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 18.6 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004.
17 
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO nicht mit Rechtsmitteln anfechtbar.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt der Kläger.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der ihm erteilten Bescheinigung, Ehegatte einer Spätaussiedlerin zu sein.

2

Er wurde 1960 in Kasachstan geboren, ist seit 1988 verheiratet und hat mit seiner ebenfalls in Kasachstan geborenen Frau zwei Kinder. Sein Schwiegervater ist deutscher und seine Schwiegermutter russischer Nationalität.

3

Im Dezember 2002 siedelte der Kläger gemeinsam mit seiner Familie aufgrund der Einbeziehung in den Aufnahmebescheid seines Schwiegervaters in die Bundesrepublik Deutschland um. Während seine Ehefrau und Kinder als Abkömmlinge eines Spätaussiedlers aufgenommen wurden, reiste er als sonstiger Familienangehöriger ein.

4

Am 21. September 2004 stellte der Rechtsvorgänger des Beklagten eine Bescheinigung nach § 15 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) aus. In dieser Bescheinigung wurde die Ehefrau des Klägers nunmehr selbst als Spätaussiedlerin bezeichnet und der Kläger als Ehegatte einer Spätaussiedlerin. Die der Ehefrau des Klägers erteilte Bescheinigung wurde inzwischen rechtskräftig zurückgenommen, da sie - wie das Verwaltungsgericht feststellte - mangels deutscher Volkszugehörigkeit keine Spätaussiedlerin ist.

5

Mit Schreiben vom 4. Juli 2006 hörte der Rechtsvorgänger des Beklagten den Kläger zur beabsichtigten Rücknahme der ihm erteilten Bescheinigung an. Der Kläger machte daraufhin mit einem am 14. Juli 2006 bei der Behörde eingegangenen Schreiben geltend, die Bescheinigung begründe bei ihm die deutsche Staatsangehörigkeit. Deren Entzug komme allenfalls bei Vorliegen einer arglistigen Täuschung oder bewusst falscher Angaben in Betracht. Beides sei in seinem Fall nicht gegeben.

6

Mit Bescheid vom 12. September 2006 nahm der Rechtsvorgänger des Beklagten die dem Kläger erteilte Bescheinigung, Ehegatte einer Spätaussiedlerin zu sein, zurück. Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage abgewiesen.

7

Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Rücknahme der Bescheinigung aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Rücknahme sei zwar fristgerecht erfolgt. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) habe erst nach der Durchführung des Anhörungsverfahrens im Juli 2006 zu laufen begonnen und sei somit am 12. September 2006 noch nicht abgelaufen gewesen. Rechtsgrundlage der Rücknahme sei die allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Rücknahmevorschrift. Die mit Wirkung zum 11. Juli 2009 in Kraft getretene spezielle Rücknahmevorschrift des § 15 Abs. 4 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) sei mangels einer entsprechenden Übergangsregelung nicht anwendbar. Die Behörde habe allerdings das ihr hinsichtlich der Rücknahme zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Sie sei von einem falschen Ermessensrahmen ausgegangen, da sie zu Unrecht angenommen habe, dass der Kläger die Rechtswidrigkeit der zurückgenommenen Bescheinigung infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Abgesehen davon habe sie nicht beachtet, dass sie die Fehlerhaftigkeit der Bescheinigung allein zu verantworten habe. In einem solchen Fall komme nur eine Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft in Betracht. Schließlich habe die Behörde auch nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt, dass die Rücknahme Folgen haben könne, die der Entziehung der Staatsangehörigkeit ähnelten.

8

Mit seiner Revision macht der Beklagte eine Verletzung des § 48 VwVfG geltend. In Fällen, in denen - wie hier - die Rücknahme allein die Feststellung betreffe, dass der Inhaber der Bescheinigung Ehegatte einer Spätaussiedlerin sei, sei § 48 Abs. 1 und Abs. 3 VwVfG anzuwenden. Demzufolge komme es auf die Frage, ob der Kläger die Rechtswidrigkeit der Bescheinigung grob fahrlässig nicht erkannt habe, nicht an. Abgesehen davon habe das Oberverwaltungsgericht eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers auch zu Unrecht verneint.

9

Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) (1.). Es stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO) (2.).

11

1. Zwar ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Rücknahme der Bescheinigung nicht auf die mit Wirkung zum 11. Juli 2009 in Kraft getretene spezielle Rücknahmevorschrift des § 15 Abs. 4 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. August 2007 (BGBl I S. 1902), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 4. Dezember 2011 (BGBl I S. 2426) - n.F. - gestützt werden kann, sondern ihre Rechtsgrundlage in der allgemeinen verfahrensrechtlichen Rücknahmevorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) i.V.m. § 1 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für den Freistaat Sachsen (SächsVwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2003 (GVBl S. 614) findet (a). Des Weiteren hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht nicht in Frage gestellt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG erfüllt sind (b) und es sich bei der dem Kläger am 21. September 2004 gemäß § 15 Abs. 2 BVFG in der insoweit anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juni 1993 (BGBl I S. 829) - a.F. - ausgestellten Bescheinigung um einen begünstigenden Verwaltungsakt im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG handelt (c). Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht auch angenommen, dass die Rücknahme fristgerecht erfolgt ist (d). Jedoch hat es bei der Prüfung der behördlichen Ermessensentscheidung einen fehlerhaften Maßstab angewandt, soweit es auf die Vertrauensschutzregelung des § 48 Abs. 2 VwVfG abgestellt hat (e). Da der Anwendungsbereich des § 48 Abs. 2 VwVfG nicht eröffnet ist, greifen die darauf bezogenen Verfahrensrügen der Revision nicht durch (f).

12

a) Die durch das Achte Gesetz zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes vom 6. Juli 2009 (BGBl I S. 1694) eingeführte und mit Wirkung zum 11. Juli 2009 in Kraft getretene spezielle Rücknahmevorschrift des § 15 Abs. 4 BVFG n.F. ist mangels einer entsprechenden Übergangsregelung nicht auf eine - wie hier - vor ihrem Inkrafttreten ausgesprochene Rücknahme anwendbar.

13

b) Nach der allgemeinen Rücknahmevorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 1 Satz 1 SächsVwVfG, auf die mangels einer speziellen Rücknahmeregelung zurückzugreifen ist, kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die dem Kläger erteilte Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG a.F. stellt einen wirksamen Verwaltungsakt dar (aa), der in seinem Sachausspruch von Anfang an rechtswidrig war (bb).

14

aa) Die Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG ist ein statusfeststellender Verwaltungsakt, der die Rechtsstellung als Ehegatte eines Spätaussiedlers feststellt. Dies ist bislang - unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Erteilung des Vertriebenausweises - ausdrücklich nur für die Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG entschieden worden (vgl. Urteil vom 24. Februar 2005 - BVerwG 5 C 10.04 - BVerwGE 123, 101<103> = Buchholz 412.3 § 15 BVFG Nr. 30 S. 11 m.w.N.). Für die Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG gilt jedoch nichts anderes.

15

bb) Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich, hier also der Zeitpunkt, in dem die Bescheinigung ausgestellt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger nicht Ehegatte einer Spätaussiedlerin.

16

Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) wurde die Klage der Ehefrau des Klägers gegen die Rücknahme der ihr am 21. September 2004 erteilten Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG a.F. durch das Verwaltungsgericht rechtskräftig abgewiesen. Dabei wurde - soweit hier von Interesse - in den Entscheidungsgründen festgestellt, dass die Ehefrau des Klägers mangels deutscher Volkszugehörigkeit keine Spätaussiedlerin sei. Sie erfülle nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BVFG in der Fassung des Gesetzes zur Klarstellung des Spätaussiedlerstatus - Spätaussiedlerstatusgesetz (SpStatG) - vom 30. August 2001 (BGBl I S. 2266), da sie sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete nicht durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung zum deutschen Volkstum bekannt, sondern ausweislich der 1989 erfolgten Eintragung der russischen Nationalität in ihren Inlandspass ein Gegenbekenntnis zum russischen Volkstum abgegeben habe. Aus diesem Grund sei auch ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum auf vergleichbare Weise im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 BVFG ausgeschlossen. Ebenso wenig gehöre die Ehefrau des Klägers gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 Alt. 3 BVFG nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität. Auch könne ein Bekenntnis der Ehefrau des Klägers zum deutschen Volkstum nicht nach § 6 Abs. 2 Satz 5 BVFG unterstellt werden, weil diese nicht substanziiert und in sich stimmig dargelegt habe, dass ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden gewesen sei.

17

Die Rechtskraft des gegenüber der Ehefrau des Klägers ergangenen Urteils erzeugt im vorliegenden Verfahren zwar keine Bindungswirkung (vgl. Urteil vom 18. Dezember 2002 - BVerwG 5 C 40.01 - Buchholz 412.3 § 1 BVFG Nr. 57 S. 7). Das Oberverwaltungsgericht hat aber offensichtlich die vom Verwaltungsgericht in dem Verfahren der Ehefrau des Klägers vorgenommene Würdigung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht für das vorliegende Verfahren übernommen. Hiergegen sind weder erhebliche Gesichtspunkte vorgetragen noch ist diese Würdigung sonst revisionsgerichtlich zu beanstanden.

18

c) Ein Verwaltungsakt, der einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nach § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nur unter den Voraussetzungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Die Statusfeststellung nach § 15 Abs. 2 BVFG begründet oder bestätigt im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil. Die Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG a.F. wird zum Nachweis erteilt, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 BVFG vorliegen, d.h. dass der Inhaber der Bescheinigung Ehegatte (oder Abkömmling) des Spätaussiedlers ist, die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 oder 2 BVFG nicht erfüllt, aber die Aussiedlungsgebiete im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen hat (Satz 1). Der rechtliche Vorteil liegt darin, dass diese Feststellungen für alle Behörden und Stellen, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach dem Bundesvertriebenengesetz oder einem anderen Gesetz zuständig sind, im Einzelfall verbindlich sind.

19

d) Nach § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ist, wenn die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Diese Frist wird in Lauf gesetzt, sobald die Rücknahmebehörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr sämtliche für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Hierzu gehören auch alle für eine Ermessensbetätigung wesentlichen Umstände. Die Behörde erhält Kenntnis, wenn der nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung zur Rücknahme des Verwaltungsakts berufene Amtswalter oder ein sonst innerbehördlich zur rechtlichen Prüfung des Verwaltungsakts berufener Amtswalter positive Kenntnis erlangt. Ein einzelne Fachfragen begutachtender Mitarbeiter einer Behörde ist kein zur rechtlichen Prüfung berufener Amtswalter. Diente eine Anhörung des Betroffenen nach § 28 Abs. 1 VwVfG - wie hier - der Ermittlung weiterer entscheidungserheblicher Tatsachen, beginnt die Jahresfrist erst danach zu laufen (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 19. Dezember 1984 - BVerwG GrSen 1 und 2.84 - BVerwGE 70, 356 <362 ff.> = Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 33 S. 19 ff. und vom 7. November 2000 - BVerwG 8 B 137.00 - Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 99 S. 18; Urteile vom 24. Januar 2001 - BVerwG 8 C 8.00 - BVerwGE 112, 360 <362 ff.> = Buchholz 316 § 49 VwVfG Nr. 40 S. 4 ff. und vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 3.09 - Buchholz 436.36 § 27 BAföG Nr. 6 Rn. 25).

20

Das Oberverwaltungsgericht hat sich im Rahmen seiner Überzeugungsbildung von diesen Rechtsgrundsätzen leiten lassen. Auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen, gegen die die Revision keine Verfahrensrügen erhoben hat, ist seine rechtliche Würdigung, dass die Frist erst nach Durchführung des Anhörungsverfahrens im Juli 2006 zu laufen begonnen hat und demzufolge im Zeitpunkt der Rücknahme am 12. September 2006 noch nicht verstrichen war, revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Denn für die Ermessensentscheidung über die Rücknahme waren notwendig auch die Aspekte zu berücksichtigen, die der Kläger - insbesondere im Hinblick auf eine etwaige Betätigung schutzwürdigen Vertrauens - auf seine Anhörung vorbringen würde. Dabei kommt es für die vollständige Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen auf die Kenntnis der Leiterin der die Bescheinigung ausstellenden Behörde an. Denn diese war innerbehördlich zur abschließenden Prüfung der Frage zuständig, ob die Erteilung der Bescheinigung rechtswidrig erfolgt und zurückzunehmen ist. Entgegen der Auffassung des Klägers kann nicht auf den nach seiner Ansicht "bösgläubigen" Sachbearbeiter abgestellt werden, der bereits zum Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung die maßgeblichen Tatsachen für eine Rücknahmeentscheidung gekannt habe.

21

e) Das angefochtene Urteil steht aber mit Bundesrecht nicht in Einklang, soweit das Oberverwaltungsgericht die Ermessensentscheidung über die Rücknahme der Bescheinigung an der Vertrauensschutzregelung des § 48 Abs. 2 VwVfG gemessen hat.

22

Diese Vertrauensschutzregelung ist nur anzuwenden, wenn es um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt geht, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist. Ein derartiger Verwaltungsakt darf nach Satz 1 nicht zurückgenommen werden, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen schutzwürdig ist. Dementsprechend ist die Ermessensentscheidung über die Rücknahme der Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG mit Rücksicht darauf, dass die Bescheinigung als solche keine Leistungen der genannten Art gewährt, aber der durch die Bescheinigung nachgewiesene Status grundsätzlich Voraussetzung für die Gewährung bestimmter Geld- oder Sachleistungen wie z.B. den finanziellen Hilfen nach § 9 BVFG, den Leistungen bei Krankheit nach § 11 BVFG, den Leistungen nach der Unfall- und Rentenversicherung nach § 13 BVFG und der Förderung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nach § 14 BVFG ist (vgl. Urteil vom 24. Februar 2005 a.a.O. <103 f.> = S. 11), nur dann an § 48 Abs. 2 VwVfG auszurichten, wenn und soweit im Einzelfall feststeht, dass der Inhaber der Bescheinigung konkrete Geld- oder Sachleistungen erhalten oder sein Vertrauen im Hinblick auf den Erhalt solcher Leistungen sonst in schutzwürdiger Weise betätigt hat. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist die Ermessensentscheidung über die Rücknahme allein an § 48 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwVfG zu messen (vgl. Urteile vom 20. März 1990 - BVerwG 9 C 12.89 - BVerwGE 85, 79 <84 ff.> = Buchholz 412.3 § 18 BVFG Nr. 14 S. 22 ff. und vom 17. Februar 1992 - BVerwG 9 C 152.90 - Buchholz 412.3 § 18 BVFG Nr. 16 S. 43 ff. sowie Beschluss vom 23. März 1993 - BVerwG 9 B 375.92 - juris Rn. 2). So ist es hier.

23

Die Rücknahme der Bescheinigung des Klägers wirkt sich - worüber der Senat abschließend befinden kann - nur auf die dort getroffene Feststellung aus, dass er Ehegatte einer Spätaussiedlerin ist. Denn das Oberverwaltungsgericht hat nicht festgestellt, dass dem Kläger auf der Grundlage der ihm erteilten Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG a.F. tatsächlich Geld- oder Sachleistungen gewährt wurden oder er solche etwa beantragt hat. Der Kläger hat derartiges auch nicht geltend gemacht, obwohl ihm insoweit bereits im Verwaltungsverfahren nach Maßgabe des § 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwVfG i.V.m. § 1 Satz 1 SächsVwVfG eine Mitwirkungspflicht oblegen hat, auf die er mit Anhörungsschreiben vom 4. Juli 2006 ausdrücklich hingewiesen wurde.

24

f) Die von der Revision erhobene Rüge der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) hat keinen Erfolg. Sie bezieht sich auf Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG; Verursachungsbeitrag der Behörde), auf die es mangels Anwendbarkeit des § 48 Abs. 2 VwVfG für die Entscheidung nicht ankommt.

25

2. Das angefochtene Urteil stellt sich im Ergebnis auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ist die Entschließung des Rechtsvorgängers des Beklagten, die rechtswidrige Bescheinigung zurückzunehmen, gemessen an § 48 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwVfG revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden (a). Entsprechendes gilt, soweit der Rechtsvorgänger des Beklagten die Rücknahme der Bescheinigung zum Ausstellungstag ausgesprochen hat (b).

26

a) Die an § 48 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwVfG auszurichtende Ermessensentscheidung über das "Ob" der Rücknahme erweist sich als fehlerfrei.

27

Im Rahmen der Ermessensausübung ist das öffentliche Interesse an der Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes mit dem Interesse des Betroffenen an der Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes abzuwägen. Das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Grundsatz der Rechtssicherheit sind dabei grundsätzlich gleichwertig, sofern dem anzuwendenden Fachrecht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist (vgl. Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 1 C 33.07 - Buchholz 402.242 § 54 AufenthG Nr. 5 Rn. 12). Das ist vorliegend nicht der Fall (vgl. Urteil vom 14. Dezember 1972 - BVerwG 1 C 32.71 - BVerwGE 41, 277 <280> = Buchholz 130 § 3 RuStAG Nr. 1 S. 3). Erforderlich ist eine umfassende Güterabwägung unter Einbeziehung aller wesentlichen Umstände des konkreten Einzelfalls, wozu auch etwaige Vertrauensschutzgesichtspunkte gehören (vgl. Beschlüsse vom 7. November 2000 a.a.O. und vom 14. April 2010 - BVerwG 8 B 88.09 - FamRZ 2010, 1250 m.w.N.). Diesen rechtlichen Vorgaben wird die Rücknahmeentscheidung gerecht.

28

Der Beklagte hat das ihm durch § 48 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwVfG i.V.m. § 1 Satz 1 SächsVwVfG eingeräumte Ermessen erkannt und das öffentliche Interesse an der Beseitigung des rechtswidrigen Verwaltungsakts mit dem Interesse des Klägers an der Beibehaltung der rechtswidrigen Bescheinigung fehlerfrei abgewogen. Er hat dabei berücksichtigt, dass der Kläger aufgrund der Bescheinigung keine unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteile erhalten habe und zu Unrecht ein deutsches Personaldokument (Reisepass oder Personalausweis) besitze, da er nicht die deutsche Staatsangehörigkeit erworben habe. Er hat ferner festgestellt, dass auch keine Vertrauenstatbestände ersichtlich seien, die so stark seien, dass sie einer Rücknahme der Bescheinigung entgegenstünden.

29

b) Der Beklagte durfte gestützt auf § 48 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwVfG die Bescheinigung auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen. Dies begegnet im Hinblick auf Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Kläger hat durch die Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG a.F. nicht nach § 7 Satz 1 Staatsangehörigkeitsgesetz in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999 (BGBl I S. 1618) - StAG a.F. - die deutsche Staatsangehörigkeit erworben, da er - wie unter 1. b) bb) dargelegt - nicht Ehegatte einer Spätaussiedlerin und damit kein sogenannter Statusdeutscher ist.

30

Nach § 7 Satz 1 StAG a.F. erwirbt ein Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG, der nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, mit der Ausstellung der Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 oder 2 BVFG die deutsche Staatsangehörigkeit. Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG ist vorbehaltlich einer anderweitigen gesetzlichen Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes nach § 7 StAG a.F. setzt damit voraus, dass der Inhaber der Bescheinigung bei deren Ausstellung die Eigenschaft als Statusdeutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG besitzt. Hierfür spricht bereits der klare Wortlaut des Gesetzes (aa). Sinn und Zweck der Vorschrift (bb) sowie die Gesetzesmaterialien (cc) bestätigen dieses Normverständnis.

31

aa) Der Wortlaut des § 7 Satz 1 StAG a.F. bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass das ausdrücklich aufgeführte Tatbestandsmerkmal "Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes" im staatsangehörigkeitsrechtlichen Kontext nicht zu prüfen ist und der gesetzliche Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 7 Satz 1 StAG a.F. allein an das formelle Vorliegen einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG geknüpft sein soll.

32

bb) Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes nach § 7 StAG a.F. soll die Eingliederung von Statusdeutschen, d.h. von Deutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG ohne deutsche Staatsangehörigkeit, in den deutschen Staatsverband erleichtern. Diese sollen in der Regel die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben, ohne ein Einbürgerungsverfahren durchlaufen und die weiteren Voraussetzungen für eine Einbürgerung, die in der Regel wesentlich höher sind, erfüllen zu müssen. Objektiver Rechtfertigungsgrund für den vereinfachten Staatsangehörigkeitserwerb nach § 7 StAG ist die Rechtsstellung als Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG. § 7 StAG will nur denjenigen begünstigen, der tatsächlich Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG ist (vgl. Marx, in: GK-StAR, Stand August 2009, IV-2 § 7 Rn. 4 und 20; Renner/Maaßen, in: Hailbronner/Renner/Maaßen, StAR, 5. Aufl. 2010, § 7 Rn. 16; s.a. Urteil vom 19. Juni 2001 - BVerwG 1 C 26.00 - BVerwGE 114, 332 <336> = Buchholz 11 Art. 116 GG Nr. 30 S. 9 unter Bezugnahme auf BVerfG, 2. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 5. Juli 2000 - 2 BvR 865/00 - NVwZ-RR 2000, 836).

33

Unter welchen Voraussetzungen eine Person "als Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte (oder Abkömmling)" diesen Status erwirbt, bestimmt sich nach Art. 116 Abs. 1 GG i.V.m. mit § 4 BVFG. Die Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG zählt danach nicht zu den Erwerbsvoraussetzungen. Ihr kommt insoweit auch im Übrigen keine konstitutive Wirkung zu.

34

cc) Auch die Gesetzesmaterialien sprechen dafür, dass die Eigenschaft als Statusdeutscher im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG tatbestandliche Voraussetzung für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 7 Satz 1 StAG a.F. ist. Nach der Gesetzesbegründung zur Einführung dieser Vorschrift betrifft der Erwerbstatbestand Personen, die die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Satz 1 und 2 BVFG erfüllen (vgl. BTDrucks 14/533 S. 14; s.a. BTDrucks 16/5065 S. 227). Des Weiteren wird ausgeführt, "dagegen genügt es - entsprechend der bisherigen Praxis - für den Statuserwerb durch den nichtdeutschen Ehegatten nicht, wenn er nach dem Spätaussiedler die Aussiedlungsgebiete verlässt und erst in diesem Zeitpunkt die geforderte Ehedauer vorliegt. In diesen Fällen kann die deutsche Staatsangehörigkeit nur durch Einbürgerung erworben werden" (vgl. BTDrucks 14/533 S. 14 f.). Das zeigt, dass nach der gesetzgeberischen Vorstellung allein die formelle Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG nicht zum gesetzlichen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit führen soll. Vielmehr soll der privilegierte Staatsangehörigkeitserwerb nach § 7 StAG a.F. nur bei einer materiell rechtmäßigen Bescheinigung eintreten. Denn käme es allein auf das formelle Vorliegen der Bescheinigung an, könnte der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 7 StAG nicht daran scheitern, dass der nichtdeutsche Ehegatte die Aussiedlungsgebiete nach dem Spätaussiedler verlassen und demzufolge nicht die materiellrechtliche Voraussetzung des § 7 Abs. 2 BVFG erfüllt hat.

35

Die durch die Einfügung des gesetzlichen Erwerbstatbestandes angestrebte Entlastung der Einbürgerungsbehörden (vgl. BTDrucks 14/533 S. 14) entfällt dadurch nicht. Sie ist rein verfahrensrechtlicher Natur und liegt in dem Wegfall des bis dahin erforderlichen Einbürgerungsverfahrens für Spätaussiedler und deren nichtdeutschen Ehegatten und Abkömmlinge.

Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Hauptentschädigung nach dem Lastenausgleichsgesetz (LAG).

2

Zugunsten der Klägerin und zweier weiterer Geschädigter war mit Bescheid vom 29. April 1982 über die einheitliche Feststellung von Vermögensschäden nach dem Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz (BFG) ein Wegnahmeschaden an zwei Mietwohngrundstücken in Magdeburg festgestellt worden. Den Bescheid erteilte das Ausgleichsamt des Landkreises Hannover als einheitliches Feststellungsamt (§ 33 Abs. 2 BFG). Weitere Geschädigte waren die Schwester der Klägerin und eine Tante. Der Klägerin wurde durch das Ausgleichsamt der Stadt Hannover Hauptentschädigung zuerkannt, für die Zuerkennung von Hauptentschädigung an die beiden anderen Geschädigten blieb das Ausgleichsamt des Landkreises zuständig. Dementsprechend wurden die Schadensakten getrennt geführt. Nach der Auflösung des Landkreises im Jahre 2001 gingen die Akten zur Weiterbearbeitung auf das Ausgleichsamt der Stadt Hannover über.

3

Mitte 1992 nahm das Ausgleichsamt des Landkreises Ermittlungen auf, ob die Geschädigten über die Mietwohngrundstücke wieder frei verfügen konnten. Es wandte sich zunächst an die Schwester der verstorbenen Tante, sodann an Frau Gunda F., eine nichteheliche Tochter des vorverstorbenen Ehemanns der Tante, die diese beerbt hatte, sowie mit Schreiben vom 24. Januar 1995 auch an die Klägerin. Diese äußerte sich nicht schriftlich, sondern sprach zu einem nicht aufklärbaren Zeitpunkt beim Ausgleichsamt des Landkreises vor. Erkenntnisse über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gewann das Amt von dem Verwalter der Grundstücke in Magdeburg und aus dem Erbschein, der dem Ausgleichsamt im Juni 1995 zuging. Danach konnten die drei Miteigentümerinnen über ihre Grundstücke wieder frei verfügen. Entsprechend forderte das Ausgleichsamt des Landkreises von den beiden Miteigentümerinnen, für die es zuständig war, die ihnen gewährte bzw. zugeflossene Hauptentschädigung mit Rückforderungs- und Leistungsbescheiden von 1995 zurück. Das Ausgleichsamt der Stadt Hannover als für die Klägerin zuständiges Rückforderungsamt wurde über die Erkenntnisse nicht informiert. Von dem bei der Klägerin eingetretenen Schadensausgleich erfuhr es erst anlässlich einer Durchsicht der Schadensakten des ehemaligen Ausgleichsamtes des Landkreises am 21. Juli 2008. Die Rückforderung der ihr gewährten Hauptentschädigung in Höhe von 6 387,05 € folgte mit Bescheid vom 22. Juli 2010, der mit Bescheid vom 1. September 2010 berichtigt wurde. Die vornehmlich auf Verjährung der Rückforderung gestützte Beschwerde wies die Beschwerdestelle für Lastenausgleichssachen bei dem Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport mit Bescheid vom 23. September 2010 zurück.

4

Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage gegen den Rückforderungs- und Leistungsbescheid abgewiesen und ausgeführt, die Klägerin könne über ihren Miteigentumsanteil seit der Wiederherstellung der Deutschen Einheit frei verfügen, der Rückforderungsbetrag sei zutreffend ermittelt. Die Rückforderung sei auch nicht wegen Verstreichens der Rückforderungsfrist ausgeschlossen; weder die vierjährige noch die zehnjährige Frist nach § 349 Abs. 5 Satz 4 LAG seien abgelaufen. Zwar habe das Ausgleichsamt des Landkreises Hannover bereits 1995 vom Schadensausgleich erfahren. Zuständig für die Rückforderung von der Klägerin sei jedoch das Ausgleichsamt der Stadt Hannover, das von den Verhältnissen erst am 21. Juli 2008 erfahren habe. Die frühere Kenntnis des Rückforderungsamtes des Landkreises müsse das Ausgleichsamt der Stadt nicht gegen sich gelten lassen. Die Regelung in Tz. 8.4.5 des Rückforderungsrundschreibens des Bundesausgleichsamtes, wonach die Rückforderungsfrist in Fällen einer aktiven Befragung der Beteiligten durch ein einheitliches Feststellungsamt in der Regel sämtlichen Beteiligten gegenüber zu laufen beginne, wenn das Feststellungsamt die nötige Kenntnis erworben habe, greife nicht ein. Es sei schon zweifelhaft, ob alle Beteiligten, wie es danach erforderlich sei, schriftlich befragt worden seien; jedenfalls fehle es an einer aktiven Mitwirkung der Klägerin. Ihre Behauptung, den Schadensausgleich bei ihrer persönlichen Vorsprache bei dem Ausgleichsamt des Landkreises bestätigt zu haben, sei nicht erwiesen. Abgesehen davon fehle es an einer erfolgreichen aktiven Befragung, weil eine der Rückzahlungsverpflichteten den Schadensausgleich nicht bestätigt habe. Tz. 8.4.5 des Rückforderungsrundschreibens sei aber nur dann einschlägig, wenn die Kenntnis sämtlicher Rückforderungsvoraussetzungen auf einer Mitwirkung der Betroffenen beruhe. Ohne Konsequenzen bleibe auch, dass die Erkenntnisse nicht an das Ausgleichsamt der Stadt weitergeleitet worden seien. Zwar sehe das Rückforderungsrundschreiben eine enge Zusammenarbeit der Ämter vor; hieraus folge aber nicht, dass Kenntnisse eines Feststellungs- und Rückforderungsamtes einem anderen ohne Weiteres zuzurechnen seien. Es habe sich auch nicht um auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeiten gehandelt. Die Ausschlussfrist sei daher erst am 1. Januar 2009 in Gang gesetzt worden, die maßgebliche Vierjahresfrist bei Bescheiderlass 2010 noch nicht abgelaufen gewesen.

5

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansicht weiter, die Rückforderungsfrist sei verstrichen gewesen. Es sei dem Rückforderungsamt der Stadt zuzurechnen, dass einem anderen Rückforderungsamt schon 1995 der Schadensausgleich und die Rückzahlungspflichtigen bekannt gewesen seien. Für den Fristbeginn genüge es, dass die nötigen Erkenntnisse bei irgendeiner Behörde der Ausgleichsverwaltung vorhanden seien. Dafür spreche schon der Wortlaut des § 349 Abs. 5 Satz 4 LAG, der im Unterschied zu Satz 3 nicht von der "zuständigen Ausgleichsbehörde", sondern nur von einer "Ausgleichsbehörde" spreche. Dasselbe ergebe sich aus den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Mai 2010 - 3 C 23.09 - und vom 28. September 2011 - 3 C 38.10 -. Ermittele ein einheitliches Feststellungsamt, werde dies von den Befragten stets als das maßgebliche Amt wahrgenommen, denn die Betroffenen müssten nicht damit rechnen, dass sich eine unzuständige Behörde an sie wende. Das Verwaltungsgericht überspanne die Anforderungen an die aktive Befragung nach dem Rückforderungsrundschreiben. Es müsse ausreichen, wenn die Ausgleichsbehörde die für die Rückforderung nötigen Erkenntnisse von einem der Rückzahlungspflichtigen erhalte, die Frist laufe dann auch für alle anderen. Das bestätige der Präsident des Bundesausgleichsamtes in einem Schreiben vom 30. Juli 1998. Mehr als zehn Jahre nach der Rückforderung von den anderen Miteigentümern habe sie, die Klägerin, auch nicht mehr damit rechnen müssen, noch in Anspruch genommen zu werden. Jedenfalls aber sei die vierjährige Frist im Jahre 2001 angelaufen, als die Schadensakten auf das zuständige Rückforderungsamt übergegangen seien. Dadurch sei dieses Amt unmittelbar in den Besitz aller nötigen Kenntnisse gelangt.

6

Die Beklagte tritt dem Revisionsbegehren entgegen. Es komme allein auf die Kenntnis des für die Klägerin zuständigen Ausgleichsamtes an. Die Kenntnis des einheitlichen Feststellungsamtes könne diesem nicht zugerechnet werden, weil es der Klägerin nicht als zuständiges Rückforderungsamt entgegengetreten sei. Die Voraussetzungen der aktiven Befragung nach Tz. 8.4.5 des Rückforderungsrundschreibens habe die Klägerin nicht nachgewiesen. Zudem habe sie nicht annehmen können, ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht nachgekommen zu sein.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage ohne Verstoß gegen Bundesrecht abgewiesen und dabei die im Revisionsverfahren zentrale Frage, ob die Rückforderung wegen Verstreichens der dafür geltenden Frist ausgeschlossen ist, im Ergebnis zu Recht verneint.

8

1. Nach § 349 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 342 Abs. 3 Satz 1 und 2 LAG sind die zuviel gewährten Ausgleichsleistungen zurückzufordern, wenn nach dem 31. Dezember 1989 ein Schaden, für den Lastenausgleich gewährt worden ist, ganz oder teilweise ausgeglichen wird. Der zugunsten der Klägerin und der weiteren Geschädigten festgestellte Wegnahmeschaden an Mietwohngrundstücken in Magdeburg war am 3. Oktober 1990 ausgeglichen. Die Anerkennung eines Wegnahmeschadens beruhte darauf, dass die in der Bundesrepublik befindlichen Eigentümer keinen Zugriff auf ihr Grundvermögen hatten. Die tatsächliche Unmöglichkeit, über ein im Schadensgebiet befindliches Wirtschaftsgut zu verfügen, stand gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 BFG einer Wegnahme gleich. Diese Lage war infolge der Wiedervereinigung und der damit einhergehenden Wiedererlangung der vollen Verfügungsmöglichkeit über diese Vermögenswerte beseitigt, der Wegnahmeschaden galt gemäß § 349 Abs. 3 Satz 2 LAG als in voller Höhe ausgeglichen (zu dieser so genannten Mietwohngrundstücksregelung vgl. auch Tz. 5.2.1.1 des Rückforderungsrundschreibens des Bundesausgleichsamtes i.d.F. vom 29. Januar 2013 sowie BVerwG, Beschluss vom 9. September 2004 - 3 B 42.04 - juris Rn. 6).

9

2. Die Rückforderung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Ausschlussfrist des § 349 Abs. 5 Satz 4 LAG im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Rückforderungsbescheides abgelaufen gewesen wäre.

10

a) Die Frist beginnt nach § 349 Abs. 5 Satz 4 Halbs. 1 LAG nach dem Kalenderjahr, in dem die Ausgleichsbehörde von dem Schadensausgleich und von der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt hat. Fristauslösend ist die Kenntnis der für die Rückforderung zuständigen Behörde, unerheblich, ob die Kenntnis bei einer anderen Behörde der Ausgleichsverwaltung vorhanden ist. Dass es allein auf die Kenntnis der zuständigen Rückforderungsbehörde ankommt, ergibt sich deutlich aus dem Gesetz und erklärt sich aus den Notwendigkeiten einer Massenverwaltung, die den gesamten Lastenausgleich rückabzuwickeln hat und dabei auf Informationen Dritter und die Erkenntnisse und Ergebnisse anderer Verwaltungsverfahren, die zum Schadensausgleich führen (vgl. etwa § 349 Abs. 3 Satz 4 und 5 LAG), angewiesen ist. Der Senat hat das wiederholt klargestellt (BVerwG, Beschlüsse vom 9. September 2004 - 3 B 42.04 - juris Rn. 7 und vom 25. Juli 2007 - 3 B 4.07 - juris Rn. 6), aus den von der Klägerin angeführten Entscheidungen ergibt sich nichts anderes. Hieran ist festzuhalten. Wenn in Satz 3 von "der zuständigen Ausgleichsbehörde" die Rede ist, in Satz 4 aber nur von der "Ausgleichsbehörde", bedeutet das keinen Unterschied, sondern eine bloße sprachliche Verkürzung. Satz 4 spart ein Wort ein, das sich aus dem Zusammenhang und dem Rückbezug auf Satz 3 von selbst versteht.

11

b) Örtlich zuständig für die Rückforderung war bereits 1995 das Ausgleichsamt der Stadt Hannover, bei dem die Akten der Klägerin geführt wurden. Das ergibt sich aus Tz. 12.1 des Rückforderungsrundschreibens, wonach die örtliche Zuständigkeit des Rückforderungsamtes aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung "eingefroren“ ist. Für die Rückforderung in abgeschlossenen Gewährungsfällen ist das Ausgleichsamt zuständig, bei dem sich am 31. Juli 1992 die Hauptentschädigung-Zuerkennungsakte befand. Mangels normativer Festlegung der Zuständigkeit war der Präsident des Bundesausgleichsamtes nach Art. 120a Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 319 Abs. 2 Satz 2 LAG zu einer Bestimmung durch allgemeine Verwaltungsvorschrift im Sinne des Art. 85 Abs. 2 GG ermächtigt.

12

c) Fristauslösend ist die positive Kenntnis von dem Schadensausgleich und von der Person des Verpflichteten, gleichgültig, worauf sie beruht (BVerwG, Beschluss vom 4. Juni 2009 - 3 B 112.08 - ZOV 2009, 256 f.) und ob oder inwieweit sich die Ausgleichsbehörde um Kenntniserlangung bemüht hat (BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 2008 - 3 B 3.08 - Buchholz 427.3 § 349 LAG Nr. 18 Rn. 5 und vom 3. November 2009 - 3 B 41.09 - ZOV 2010, 31). Diese positive Kenntnis hat das Ausgleichsamt der Stadt Hannover nach den bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts am 21. Juli 2008 erlangt, sodass die Vierjahresfrist am 1. Januar 2009 begonnen hatte und bei Bescheiderlass im Jahre 2010 nicht abgelaufen war.

13

d) Das zuständige Ausgleichsamt hat die fristauslösenden Kenntnisse nicht schon im Jahr 2001 erlangt, als ihm die Akten des Ausgleichsamtes des Landkreises Hannover - nach dessen Auflösung - zur zuständigkeitsgemäßen Weiterbearbeitung zugeleitet wurden. In Fällen solcher Funktionsnachfolge von Ämtern verschiedener Verwaltungsträger muss das nachfolgende Amt die Kenntnis des Funktionsvorgängers von im Rechtsverkehr erheblichen Umständen nur dann gegen sich gelten lassen, wenn dieser für die Verwaltungsaufgabe vor dem Funktionswechsel zuständig war. Nur dann darf der Bürger darauf vertrauen, dass die Verwaltung das ihr zuständigkeitsgemäß vermittelte, typischerweise aktenmäßig festgehaltene Wissen so organisiert, dass es bis zum Abschluss eines Verwaltungsverfahrens verfügbar bleibt und dass ihm durch seinem Einfluss entzogene Umstrukturierungen keine Nachteile entstehen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94 - BGHZ 132, 30 <35 ff.>). Diese Erwägungen gelten nicht für Kenntnisse, die der Funktionsvorgänger nicht als zuständige Behörde, sondern bei der Wahrnehmung anderer Verwaltungsaufgaben beiläufig gewonnen und in seinen Akten niedergelegt hat und die nicht für seinen Zuständigkeitsbereich rechtserheblich waren. Unter solchen Voraussetzungen fehlt es an der Kontinuität der Zuständigkeiten, die es rechtfertigt, die einmal erworbene Kenntnis ungeachtet des Funktionswechsels als fortbestehend zu betrachten. Der Bürger kann auch nicht ernstlich darauf vertrauen, dass aktenkundige Kenntnisse einer bisher unzuständigen Behörde, die infolge eines - aus seiner Sicht zufälligen - Wechsels von Zuständigkeiten und der damit verbundenen Aktenübernahme in den Bereich der zuständigen Behörde gelangen, in dem Moment der Aktenübernahme als der neuen Behörde bekannt gelten. Vielmehr bleibt es in solchen Fällen auch unter dem Gesichtspunkt des Verkehrsschutzes bei dem Grundsatz, dass positive Kenntnis im Sinne des § 349 Abs. 5 Satz 4 LAG erst dann gegeben ist, wenn dem zuständigen Ausgleichsamt der rechtserhebliche Sachverhalt tatsächlich bekannt ist. Ist dieser von einem unzuständigen Ausgleichsamt ermittelt worden, erlangt das zuständige Amt bei einer durch Zuständigkeitswechsel veranlassten Aktenübernahme erst in dem Zeitpunkt Kenntnis, in dem der mit der Sachbearbeitung betraute Bedienstete die rechtserheblichen Umstände den Akten entnimmt, hier also am 21. Juli 2008.

14

3. Die Kenntnisse der Ausgleichsbehörde des Landeskreises aus dem Jahre 1995 muss die zuständige Ausgleichsbehörde auch nicht aus anderen Gründen gegen sich gelten lassen. Für eine Zurechnung dieses Wissens an die zuständige Ausgleichsbehörde fehlt eine Rechtsgrundlage.

15

a) Die Rechtsgrundlage kann nicht in Tz. 8.4.5 des Rückforderungsrundschreibens gesehen werden. Die Anwendung dieser Bestimmung würde zu einer materiellen Verkürzung von Rückforderungsansprüchen führen, weil die Ausgleichsverwaltung dadurch angehalten wird, von der Geltendmachung von Ansprüchen abzusehen, die objektiv noch durchsetzbar sind. Zu einer derart anspruchsverkürzenden Regelung ist der Präsident des Bundesausgleichsamtes nicht ermächtigt. Auch Art. 120a GG erlaubt ihm nicht, durch Verwaltungsvorschrift vom Gesetz abzuweichen oder ihm einen Inhalt zuzuschreiben, der sich mit der objektiven Rechtslage als unvereinbar erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2012 - 5 C 14.11 - BVerwGE 143, 314 Rn. 30; Beschluss vom 13. November 1987 - 3 B 14.87 - Buchholz 427.6 § 30 BFG Nr. 5 S. 2). Daher kann Tz. 8.4.5 des Rückforderungsrundschreibens nur Bedeutung haben, soweit darin im Sinne einer norminterpretierenden Verwaltungsvorschrift rechtsfehlerfrei erläutert wird, was sich für die geregelte Fallkonstellation aus Gesetz und Recht ergibt. Nichts anderes gilt für das Rundschreiben des Präsidenten des Bundesausgleichsamtes von 1998, auf das die Klägerin sich beruft.

16

b) Die Klägerin kann ihre Auffassung auch nicht auf die Grundsätze der Wissenszurechnung entsprechend § 166 BGB stützen, die allerdings auch im öffentlichen Recht Geltung beanspruchen (vgl. dazu Schramm, in: MünchKommBGB, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, § 166 Rn. 24 und Schilken, in: Staudinger, BGB, § 166 Rn. 40). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass zwischen verschiedenen Behörden (desselben oder eines anderen Rechtsträgers) im Grundsatz keine Zurechnung von Kenntnissen stattfindet. Aus Respekt vor der behördlichen Zuständigkeitsordnung hat die Beurteilung behördlichen Handelns nur auf das bei der zuständigen Behörde vorhandene Wissen abzustellen. Für die mit einer Wissenszurechnung verbundene Durchbrechung von gesetzlichen Zuständigkeitsgrenzen bietet der Rechtsgedanke des § 166 BGB allein keine Grundlage (stRspr; vgl. BGH, Urteile vom 4. Februar 1997 - VI ZR 306/95 - BGHZ 134, 343 <348>, vom 15. Dezember 2005 - IX ZR 227/04 - NJW-RR 2006, 771 Rn. 13 und vom 30. Juni 2011 - IX ZR 155/08 - BGHZ 190, 201 Rn. 16 ff.; Beschluss vom 29. Juni 2006 - IX ZR 167/04 - juris Rn. 3; ebenso BSG, Urteil vom 17. April 2008 - B 13 R 123/07 R - BSGE 100, 215 Rn. 20 und VGH München, Beschluss vom 2. Mai 2013 - 4 ZB 12.1393 - BayVBl. 2014, 81 Rn. 10).

17

Zwar sind Ausnahmen anerkannt, nach denen in Anwendung vorrangiger Rechtsgrundsätze eine Wissenszurechnung auch zwischen verschiedenen Behörden geboten ist. So muss etwa eine Behörde, die eine andere mit der Erledigung ihrer Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut, sich das Wissen zurechnen lassen, das die ausführende Behörde in diesem Rahmen erlangt (BGH, Beschluss vom 14. Februar 2013 - IX ZR 115/12 - MDR 2013, 620 Rn. 4; Urteile vom 25. Juni 1996 - VI ZR 117/95 - BGHZ 133, 129 <138> und vom 4. Februar 1997- VI ZR 306/95 - BGHZ 134, 343 <347 f.>.). Eine Zurechnung kann auch aus Gründen des Verkehrsschutzes geboten sein, wenn etwa der Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens berechtigterweise darauf vertrauen darf, dass das von einem Bediensteten erlangte Wissen in einer Verwaltungseinheit übergreifend verfügbar ist. Die Risiken einer Wissensaufteilung hat derjenige zu tragen, der sie veranlasst hat und durch zweckmäßige Organisation beherrschen kann (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94 - BGHZ 132, 30 <35 f., 38 f.).

18

Diese Erwägungen bieten aber im Fall der Klägerin keine taugliche Grundlage für eine Zurechnung. Als Ansatzpunkte hierfür kommen nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nur der Schutz der Klägerin infolge der "aktiven Befragung“ durch das Rückforderungsamt des Landkreises und dessen Versäumnis in Betracht, maßgebliche Erkenntnisse weiterzuleiten. Die Klägerin durfte jedoch nicht infolge der Ermittlungen des Landkreises annehmen, dass die Ausschlussfrist nach § 349 Abs. 5 Satz 4 LAG auch ihr gegenüber schon im Jahre 1995 ausgelöst worden ist. Es mag insofern einem Rückzahlungspflichtigen in Fällen der "aktiven Befragung“ im Sinne der Tz. 8.4.5 des Rückforderungsrundschreibens nicht zum Nachteil gereichen, dass das befragende Amt nicht für ihn zuständig ist. Den Befragten ist nicht abzuverlangen, die behördliche Zuständigkeitsordnung zu durchschauen, sodass es genügen kann, wenn ein ehemals für die Schadensfeststellung zuständiges einheitliches Feststellungsamt tätig wird und den objektiven Anschein einer für die Rückforderung fortbestehenden Zuständigkeit nicht ausräumt. Zur Entstehung einer Vertrauensgrundlage muss der Rückzahlungspflichtige aber seinerseits alles getan haben, um die Rückforderungsfrist, die für jeden Verpflichteten gesondert läuft, in Gang zu setzen. Dazu muss er gegenüber dem um Informationen nachsuchenden (unzuständigen) Amt, wiewohl diesem gegenüber nicht anzeigepflichtig, seine Mitwirkungspflicht gemäß den Vorgaben des § 349 Abs. 5 Satz 3 LAG einschränkungslos erfüllt und aus seiner Sicht die Voraussetzungen geschaffen haben, damit der ihm gezahlte Lastenausgleich zurückgefordert werden kann. Eine solche Erfüllung der Mitwirkungspflichten hat das Verwaltungsgericht für die Klägerin nicht festgestellt. Es hat zwar angenommen, dass die Klägerin - zu einem nicht bestimmbaren Zeitpunkt - beim Ausgleichsamt des Landkreises vorgesprochen hat; jedoch ist im Dunkeln geblieben, ob dies rechtzeitig geschehen ist und sie dabei die ihre Person betreffenden Angaben gemacht hat. Die Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts hat die Klägerin im Revisionsverfahren nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen, sie ist daher für den Senat bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO).

19

Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin nicht zugutekommt, dass der Landkreis das für die Klägerin zuständige Rückforderungsamt nicht informiert hat. Zwar verstieß dieses Unterlassen gegen die ausdrückliche und die nachgeordneten Ämter bindende Anweisung in Tz. 12.5 Satz 10 des Rückforderungsrundschreibens. Deshalb ist die Klägerin aber nicht so zu behandeln, als sei das für sie zuständige Ausgleichsamt umgehend - nämlich noch im Jahr 1995 - in Kenntnis gesetzt worden und die mangels Mitwirkung der Klägerin ausgelöste Zehnjahresfrist (§ 349 Abs. 5 Satz 4 Halbs. 2 LAG) am 31. Dezember 2005, also vor Erlass des angefochtenen Bescheides abgelaufen. Veranlassung, die Klägerin nach Treu und Glauben oder nach dem Grundgedanken des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (dazu BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 3 C 36.10 - BVerwGE 140, 103 Rn. 22 f. so zu stellen, als hätte der Landkreis seine Informationspflicht erfüllt, besteht nicht. Denn die Verpflichtung zur Informationsweiterleitung entfaltet keine Schutzwirkung zugunsten von Rückzahlungspflichtigen; sie soll lediglich im Interesse der Verwaltung sicherstellen, dass begründete Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht werden können.

20

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.


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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Entziehung ihres Doktorgrades.
Die Philosophisch-Historische Fakultät der Beklagten verlieh der Klägerin am 21.08.2000 aufgrund ihrer Dissertation mit dem Titel „Historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik: Die Lateinische Münzunion 1865-1927“ und der mündlichen Prüfungen am 04.08.2000 und am 21.08.2000 den Grad eines Doktors der Philosophie. Die Dissertation wurde durch die von der Fakultät bestellten Gutachter, Prof. Dr. S. und Prof. Dr. Z., übereinstimmend mit dem Prädikat „cum laude“ (gut) bewertet. Die Arbeit wurde im Jahr 2001 im N.-Verlag veröffentlicht. Die Promotionsurkunde wurde der Klägerin mit Schreiben vom 08.01.2002 übersandt.
Nachdem das Dekanat der Philosophischen Fakultät Anfang April 2011 Kenntnis davon erhalten hatte, dass auf einer Internetplattform unter der Adresse http://de.vroniplag.wikia.com/wiki/xxx Belegstellen gesammelt würden, die den Verdacht begründen könnten, dass es sich bei der Dissertation der Klägerin in Teilen um ein Plagiat handeln könnte, billigte der Promotionsausschuss in seiner Sitzung am 13.04.2011 eine durch den Ausschussvorsitzenden eingeleitete Untersuchung der Vorwürfe. Die Mitglieder des Promotionsausschusses waren zuvor im Rahmen der Sitzung des Großen Fakultätsrats am selben Tag gewählt worden. Mit Schreiben vom 02.05.2011 teilte der Dekan der Philosophischen Fakultät der Klägerin den Stand des Untersuchungsverfahrens mit, übersandte eine synoptische Übersicht (Stand: 19.04.2011) über die mutmaßlichen nicht gekennzeichneten Übernahmen von Textstellen anderer Autoren, gab ihr die Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme und bot ihr an, sich auch persönlich zu den Vorwürfen zu äußern.
Mit Schreiben vom 25.05.2011 nahm die Klägerin zu den Vorwürfen Stellung. Voraussetzung für die Entziehung des Doktorgrades sei, dass dessen Verleihung rechtswidrig gewesen sei. Es lägen jedoch keine Anzeichen dafür vor, dass die beiden Gutachter oder der Promotionsausschuss rechtswidrig gehandelt hätten. Die Arbeit sei ordnungsgemäß von Prof. Dr. S. betreut und das Verfahren entsprechend den Vorgaben der Promotionsordnung durchgeführt worden. Sie habe ihre Dissertation in den Jahren 1996 bis 1999 als externe Doktorandin verfasst und dabei die im Literaturverzeichnis der Arbeit angegebenen Quellen verwendet. Für die Dissertation habe sie umfangreiche Recherchen vor allem in französischen Archiven durchgeführt. Die wissenschaftlichen Ergebnisse ihrer Arbeit beruhten auf ihrer eigenen wissenschaftlichen Leistung. Beide Gutachten hätten den eigenständigen wissenschaftlichen Beitrag gewürdigt, der sich aus der Bearbeitung der Primärquellen ableiten ließe, und seien seinerzeit der Auffassung gewesen, dass die Arbeit aufgrund dieser wissenschaftlichen Leistung den Voraussetzungen des § 7 der Promotionsordnung genüge. Beide Gutachten hätten aber auch explizit auf die Schwächen der Arbeit hingewiesen. Diese seien somit in das Votum mit eingeflossen und beide Gutachter hätten die Arbeit mit „cum laude“ bewertet. Dieser Empfehlung sei der Promotionsausschuss der Fakultät bei der - nach den kritischen Hinweisen der Gutachter sicherlich besonders sorgfältigen - Prüfung ihrer Arbeit gefolgt. Bei den in der übersandten Synopse aufgelisteten Textstellen ließen sich verschiedene Fallgruppen unterscheiden. Zum Teil handele es sich um Stellen, die die Darstellung historischer Ereignisse beträfen. Da die Arbeit einen historischen Hintergrund habe, sei die Darstellung historischer Ereignisse lediglich eine erläuternde Umgebung für die Schlussfolgerungen, die sie aus dem Quellenstudium gezogen habe. Es liege in der Natur der Sache, dass diese historischen Ereignisse - oft in sehr ähnlicher Weise - bereits von vielen Autoren beschrieben worden seien. Die Aussagen seien völlig allgemeiner Natur und sie erhebe an keiner Stelle den Anspruch, dass diese ihre eigenen wissenschaftlichen Erkenntnisse wären. Bei der zweiten Gruppe von Textstellen handele es sich um allgemeine Begriffsdefinitionen. Bei der Beschreibung für das Verständnis der Hintergründe notwendiger Begriffe habe sie teilweise eine ähnliche oder dieselbe Formulierung wie andere Autoren verwandt, ohne dies ausdrücklich zu kennzeichnen. Diese Begriffe seien vielfältig in Lehr- und Handbüchern erläutert worden, sie seien nicht Teil der von ihr erbrachten eigenen wissenschaftlichen Leistung und sie erhebe auch nicht einen solchen Anspruch. Eine weitere Fallgruppe seien Passagen, die handwerkliche Defizite aufweisen würden. Darauf hätten beide Gutachter in ihren Voten hingewiesen und dies auch in ihre Beurteilung einfließen lassen. Die Autoren, deren Werke sie verwendet habe, seien in der unmittelbaren Umgebung der betroffenen Textstellen, als Fußnote oder im Literaturverzeichnis aufgeführt. Sie habe sich keine wertende Stellungnahme anderer Autoren zu eigen gemacht. Weder habe sie ihre Schlussfolgerungen noch ganze Kapitel von anderen Autoren übernommen. Sie habe die Arbeit selbständig erstellt und ihr eigener wissenschaftlicher Beitrag sei eindeutig. Nach Übersendung einer aktualisierten Version der Synopse (Stand: 16.05.2011) wurde die Klägerin in der Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 persönlich angehört. Sie wiederholte im Wesentlichen ihre schriftlich formulierten Einwände. Weiter wies sie darauf hin, dass die problematische Kategorie der technischen Defizite lediglich einen geringen Teil der Dissertation (weniger als 1 % bezogen auf die Zeichenzahl ohne Leerstellen) betreffe. Angesichts des geringen Umfangs der problematischen Stellen sei zu fragen, ob diese nicht unterhalb der Bagatellgrenze blieben. Nach Abschluss der Anhörung und Beratung beschloss der Promotionsausschuss, der Klägerin den Doktorgrad zu entziehen.
In Ausführung dieses Beschlusses entzog der Vorsitzende des Promotionsausschusses mit Bescheid vom 22.06.2011 der Klägerin den mit Urkunde vom 21.08.2000 verliehenen Grad eines Doktors der Philosophie und gab ihr auf, die ihr übersandte Promotionsurkunde vom 21.08.2000 bis zum 15.07.2011 an die Beklagte zurückzugeben. Zur Begründung wurde ausgeführt, auf 80 Textseiten der Dissertation fänden sich insgesamt 125 Stellen, die als Plagiate zu klassifizieren seien. Diese Plagiate stammten aus 32 verschiedenen Publikationen, inklusive Einzelbeiträgen zu Handbüchern. Von diesen 32 Titeln seien 22 nicht im Literaturverzeichnis der Arbeit aufgeführt. Bei der großen Mehrheit der in der Dissertation aufgefundenen übernommenen Textstellen fehle ein Verweis auf den Originaltext, obwohl diese Textstellen entweder wortgleich oder fast wörtlich übernommen worden seien. Die Dissertation enthalte auch Übernahmen fremder Texte, die zwar mit korrekter Quellenangabe in der Fußnote aufgeführt, im Text aber nicht als Zitate gekennzeichnet seien. Festgestellt worden sei zudem eine hohe Zahl übernommener Textstellen in erläuternden Fußnoten, wobei der übernommene Originaltext lediglich in Teile zerlegt und an verschiedenen Stellen wiedergegeben worden sei. Größere Sinneinheiten seien ohne korrekte Kennzeichnung systematisch übernommen worden. Alle Kapitel der Arbeit enthielten längere Wortlaut- und Inhaltsübernahmen. Der Klägerin sei daher der Doktorgrad zu entziehen. Die Voraussetzungen eines Plagiats seien im Fall der Dissertation der Klägerin erfüllt: Sinneinheiten und nicht nur einzelne Gedanken seien ohne Quellenangaben übernommen worden; es sei erkennbar, dass das Plagiat planmäßig und nicht nur an wenigen isolierten Stellen erfolge; auch geringfügige Umformulierungen fremder Texte ohne Quellenangabe seien als Plagiat zu werten. Die von der Klägerin vorgenommene Klassifizierung und die damit verbundene Wertung bestimmter plagiierter Stellen als weniger gravierend sei nicht angemessen. Die Quantität und Qualität der im Text der Dissertation nachweisbaren Plagiate führten zu der zwingenden Schlussfolgerung, dass die Dissertation nicht als selbständige wissenschaftliche Arbeit zu bewerten sei. Angesichts der Vielzahl und des systematischen Charakters der Plagiate bestehe kein Zweifel daran, dass sich die Klägerin in ihrer Dissertation bewusst fremdes geistiges Eigentum angeeignet und als das eigene ausgegeben habe. Die Verleihung des Doktorgrades sei somit aufgrund falscher Voraussetzungen in Bezug auf die Eigenständigkeit der erbrachten wissenschaftlichen Leistungen erfolgt. Die Monita der Gutachter seien ausschließlich auf inhaltliche und formale Defizite bezogen gewesen, nicht aber auf erkannte Plagiate in der Arbeit. Auf die Frage, ob die Arbeit ohne die plagiierten Stellen noch als eigenständige wissenschaftliche Leistung gewertet werden könne, komme es nicht an, denn eine solche Arbeit könne nicht in Teilen, sondern nur als Ganzes betrachtet werden. Mildere Maßnahmen unterhalb der Entziehung des Doktorgrades, beispielsweise in Form einer Nachbesserungsauflage, seien angesichts der festgestellten Schwere der Verstöße gegen die wissenschaftliche Praxis und des zeitlichen Abstands zur Veröffentlichung der Arbeit nicht mehr vertretbar. Es sei berücksichtigt worden, dass die Entziehung des Doktorgrades hinsichtlich der beruflichen Laufbahn und gesellschaftlich negative Auswirkungen für die Klägerin haben könne. Diese persönlichen Folgen seien abzuwägen gegen die Notwendigkeit, aus einer so schwerwiegenden Täuschung über die Eigenständigkeit der erbrachten wissenschaftlichen Leistung Konsequenzen in Bezug auf die Führung des Doktorgrads zu ziehen. Diese Interessenabwägung habe ergeben, dass das Interesse der Wissenschaft und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Zuverlässigkeit und Redlichkeit eines verliehenen Doktorgrads das persönliche Interesse der Klägerin, durch die Führung des Doktorgrades ihre erfolgreiche Promotion zu dokumentieren und ihre beruflichen Chancen zu verbessern, überwiege. Diese Wertung beruhe auch auf dem Umstand, dass der Doktorgrad hauptsächlich Beleg für die Befähigung zu wissenschaftlichem Arbeiten und kein berufsqualifizierender Abschluss sei. Damit bedeute die Entziehung keine so schwerwiegende Beeinträchtigung der künftigen beruflichen Möglichkeiten der Klägerin, dass in Abwägung dazu ein Entzug des Doktorgrades unverhältnismäßig erschiene.
Am 18.07.2011 legte die Klägerin gegen den Bescheid Widerspruch ein und begründete diesen dahingehend, dass der Promotionsausschuss die Frage der materiellen Rechtmäßigkeit nicht nach Maßgabe des Gesetzes geprüft, sondern sich allein mit der Frage, ob ein „Plagiat“ vorliege, beschäftigt habe. Es stehe zwar außer Frage, dass die Dissertation Textpassagen enthalte, die ohne Kenntlichmachung als Zitat aus fremden Texten übernommen worden seien. Damit unterscheide sich die Arbeit jedoch nicht von einer Vielzahl anderer Dissertationen, in denen dies - sicherlich in Art und Umfang sehr unterschiedlich - ebenso der Fall sei.
Nachdem sich der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät in seiner Sitzung am 03.11.2011 mit der Widerspruchsbegründung befasst und dem Widerspruch nicht abgeholfen hatte, wies die Prorektorin für Studium und Lehre der Beklagten den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2011 zurück und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Promotion dem Nachweis der Befähigung zu vertiefter wissenschaftlicher Arbeit diene und auf einer selbständigen wissenschaftlichen Arbeit (Dissertation) beruhe. Die Beachtung des Grundsatzes der Selbständigkeit stelle dabei ein zentrales Kriterium für die Verleihung des Doktorgrades dar. Die anerkannten Grundsätze des wissenschaftlichen Arbeitens verlangten dabei, dass Textpassagen aus den Werken anderer Autoren genannt und entsprechend kenntlich gemacht würden. Durch die Vorlage der Dissertation würde das Einhalten dieser Grundsätze durch den Promovenden schlüssig erklärt. Der Doktorgrad wäre im vorliegenden Fall nicht verliehen worden, wenn bekannt gewesen wäre, dass die vorgelegte Dissertation in nicht unerheblichem Umfang nicht zitierte Textstellen aus Werken anderer Autoren enthalte. Die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes ergebe sich somit aus dem begangenen Plagiat. Bei den Plagiaten handele sich nicht nur um ganz vereinzelte Passagen, die mit mangelnder Sorgfalt zu erklären wären, vielmehr weise die Vielzahl der nicht aufgeführten Zitate auf eine vorsätzliche Übernahme gedanklicher Leistungen anderer Autoren hin. Auf die Frage, ob entsprechende Mängel auch in einer Vielzahl anderer Dissertationen vorhanden seien, komme es nicht an. Die Universität sei nicht verpflichtet, vorgelegte Dissertationen systematisch auf fremde, nicht zitierte Textstellen zu untersuchen. Erhalte sie dagegen substantiiert Kenntnis von einem derartigen Fehlverhalten, sei sie verpflichtet, den Sachverhalt aufzuklären. Der Promotionsausschuss habe aufgrund der Vielzahl der plagiierten Textstellen sein Entschließungsermessen dahingehend ausgeübt, dass die Einleitung einer eigenständigen Untersuchung unumgänglich sei. Die monierten Textstellen seien das Ergebnis der vom Promotionsausschuss eigenständig durchgeführten Untersuchung. Eine Selbstbindung der Verwaltung im Rahmen der Ermessensausübung komme schon deshalb nicht in Betracht, weil seit Bildung der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg im Jahr 2002 kein vergleichbarer Fall bekannt geworden sei. Auch im Übrigen sei die Ermessensausübung nicht zu beanstanden. Der Promotionsausschuss habe sich bei seiner Entscheidung mit Alternativen zum Entzug des Doktorgrades auseinandergesetzt. Ein milderes Mittel sei nicht in Betracht gekommen, da Plagiate schwerwiegende Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis seien, über die Eigenständigkeit der wissenschaftlichen Leistung täuschten und daher grundsätzlich nicht toleriert werden könnten. Der vorliegende Fall liege über der hypothetischen Bagatellschwelle, so dass ein milderes Mittel in Form einer Nachbesserung nicht in Betracht komme. Ob die beanstandeten Stellen bei einer besseren Kontrolle der Universität früher bemerkt und nur zur einer Aufforderung zur Nachbesserung geführt hätten, sei rein hypothetisch und für den vorliegenden Fall irrelevant. Wäre der Sachverhalt seinerzeit bekannt gewesen, wäre das Promotionsverfahren nicht fortgesetzt worden. Aufgrund der Vielzahl der plagiierten Textstellen wäre die Nachbesserung praktisch der Anfertigung einer neuen Dissertation gleichgestellt gewesen. Zudem erscheine die Nachbesserung eines bereits vor zehn Jahren veröffentlichten Buches nicht vertretbar. Grundsätzlich zulässige generalpräventive Erwägungen seien im vorliegenden Fall nicht angestellt worden.
Die Klägerin hat am 14.12.2011 Klage erhoben. Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag und führt ergänzend aus, die angefochtenen Bescheide seien zudem formell rechtswidrig. Nicht der Promotionsausschuss, sondern der Fakultätsvorstand sei für den Erlass der Entziehungsverfügung zuständig gewesen. Nach dem Inkrafttreten des Landeshochschulgesetzes bestehe für § 22 der Promotionsordnung bereits keine tragfähige gesetzliche Grundlage mehr. Während es im Universitätsgesetz eine gesonderte Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Promotionsordnungen und die dortige Festlegung des für die Entziehung des Doktorgrades zuständigen Universitätsorgans gegeben habe, fehle eine solche im Landeshochschulgesetz. Nach § 38 Abs. 4 Satz 2 LHG regele die Promotionsordnung die weiteren Zulassungsvoraussetzungen, die Höchstdauer der Promotionszeit und die Durchführung des Promotionsverfahrens. Eine Regelung der Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften sei demgegenüber nicht vorgesehen. Desweiteren fehle es keineswegs an einer landesrechtlichen Zuständigkeitsregelung, wie dies § 22 PromO verlange. Ohne Zweifel handele es sich vorliegend um eine Fakultätsangelegenheit und insofern ergebe sich die Zuständigkeitsregelung aus § 23 Abs. 3 LHG.
Zudem seien die Mitglieder des Promotionsausschusses nicht ordnungsgemäß bestimmt worden. Zum einen sei für die Wahl des Promotionsausschusses der Fakultätsrat, nicht aber der Große Fakultätsrat zuständig gewesen. Zwar bestehe nach der Grundordnung der Beklagten die Möglichkeit, dass ein Großer Fakultätsrat eingerichtet werde und - sofern er bestehe - dann die Aufgaben des Fakultätsrates übernehme. Die Einrichtung eines solchen Großen Fakultätsrates obliege jedoch ausschließlich dem Senat. Eine Delegation dieser Entscheidung auf den Fakultätsrat selbst, wie dies in der Grundordnung vorgesehen sei, sei nicht zulässig. Zudem fehle es hier an einem Beschluss des Fakultätsrates. Außerdem habe es zum Zeitpunkt der vermeintlichen Beschlussfassung hierfür noch gar keine normative Grundlage in der Grundordnung gegeben. Schließlich habe ausweislich des Protokolls am 16.02.2005 nicht der Fakultätsrat, welcher dann für die Entscheidung zuständig sein sollte, sondern der Erweiterte Fakultätsrat getagt. Aus der Tatsache, dass die Entscheidung über die Einrichtung eines Großen Fakultätsrates unwirksam sei, folge, dass der Fakultätsrat den Promotionsausschuss hätte wählen müssen, was jedoch nicht geschehen sei. Es sei zudem erforderlich, dass die Gremien - hier der Große Fakultätsrat - im Rahmen einer ordnungsgemäß einberufenen Sitzung entscheiden. Zur Prüfung, ob die Sitzung am 13.04.2011 ordnungsgemäß einberufen worden sei, seien die Einladungen vorzulegen. Weiter sei fraglich, ob der TOP 7 „Wahl des Promotionsausschusses“ wirksam in die Tagesordnung der Sitzung des Großen Fakultätsrats am 13.04.2011 aufgenommen worden sei. Die Wahl des Promotionsausschusses sei darüber hinaus verfahrensfehlerhaft gewesen, da sie nicht geheim und mit Stimmzetteln erfolgt sei. Zudem seien die Mitglieder des Promotionsausschusses zu Unrecht im Block gewählt worden. Eine Blockwahl würde es den Wählern unmöglich machen, individuelle Mehrheiten für die einzelnen Personen herbeizuführen. Ob es rechtlich statthaft gewesen sei, den Promotionsausschuss speziell für den Fall der Klägerin zu konstituieren, sei ebenfalls zweifelhaft.
10 
Zum anderen sei die abschließende Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 nicht ordnungsgemäß geleitet worden, da Prof. Dr. F. und Frau St. als Sachverständige anwesend gewesen seien, ohne dass zuvor ihre Hinzuziehung beschlossen worden sei. Die in der ersten Sitzung des Promotionsausschusses am 13.04.2011 getroffene Übereinkunft, eng mit der Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, deren Ombudsmann für die Geisteswissenschaften, der Rechtsabteilung und dem Rektorat zusammenzuarbeiten, ersetze den erforderlichen Beschluss zu Beginn der Sitzung nicht. Zum einen könne ein solcher Beschluss nicht als Vorratsbeschluss gefasst werden. Zum anderen habe sich der Ausschuss nur auf die Zusammenarbeit mit den genannten Institutionen, nicht aber auf die Teilnahme der konkreten Personen - Prof. Dr. F. und Frau St. - geeinigt. Dieser Verfahrensfehler sei auch kausal geworden. Es gebe gute Gründe dafür, dass der Promotionsausschuss nichtöffentlich verhandele. Jede weitere anwesende Person nehme Einfluss auf den Verlauf der Entscheidungsfindung, und die Sachverständigen hätten ein Rederecht. Es habe zudem den Anschein, als seien die Sachverständigen nicht nur bei der Beratung, sondern auch bei der Beschlussfassung anwesend gewesen. Das sei rechtlich noch nicht einmal erlaubt, wenn über die Hinzuziehung verfahrensordnungsgemäß entschieden worden wäre. Des weiteren sei die Beschlussfähigkeit des Gremiums nur gegeben, wenn die Sitzung ordnungsgemäß geleitet werde. Da zur ordnungsgemäßen Sitzungsleitung eben auch die Feststellung der Beschlussfähigkeit vor Eröffnung der Sitzung sowie die Beschlussfassung über die Zuziehung von Sachverständigen gehörten, fehle es an dieser Voraussetzung. Ein nicht beschlussfähiges Gremium könne auch keine rechtmäßigen Beschlüsse fassen.
11 
Wenn der Promotionsausschuss zuständig gewesen wäre, hätte auch die Widerspruchsentscheidung durch ihn - und nicht durch die Prorektorin für Studium und Lehre - erfolgen müssen. Es handele sich vorliegend nicht um eine Hochschulprüfungen betreffende Angelegenheit, so dass § 8 Abs. 2 Satz 1 LHG nicht einschlägig sei. Die Entscheidung, einen akademischen Grad zu entziehen, sei keine Entscheidung aus dem Bereich des Prüfungsrechts, denn elementarer Bestandteil prüfungsrechtlicher Entscheidungen sei die Bewertung von Prüfungsleistungen, worum es vorliegend offenkundig nicht gehe. Außerdem handele es sich bei der Promotionsordnung auch nicht um eine Prüfungsordnung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 LHG. Eine entsprechende Anwendung sei ausgeschlossen, da darin ein Verstoß gegen das Verbot, Eingriffsgrundlagen aus Analogien zu schließen, liege. Es sei zudem zweifelhaft, ob Frau Prof. Dr. N. tatsächlich das für Lehre zuständige Rektoratsmitglied der Beklagten sei. Außerdem werde bezweifelt, dass das Rektorat auf Vorschlag des Rektors bestimmte Geschäftsbereiche für seine Mitglieder festgelegt habe.
12 
Der angegriffene Ausgangsbescheid sei auch ermessensfehlerhaft, da nicht alle relevanten Gesichtspunkte in die Ermessensentscheidung eingestellt worden seien. Namentlich die erhebliche Zeitspanne zwischen Verleihung des Doktorgrades und behördlicher Entscheidung habe in den Diskussionen des Promotionsausschusses keine Rolle gespielt. Auch der denunziatorische Charakter der Sache spiele in den Erwägungen der Beklagten zu Unrecht keine Rolle. Eine nachträgliche Nachbesserung der Ermessenserwägungen sei unzulässig. Diese seien nicht in nachfolgenden Schriftsätzen, sondern durch den Promotionsausschuss in dessen Sitzung anzustellen gewesen, was ausweislich des Protokolls jedoch nicht erfolgt sei.
13 
Die Klägerin beantragt,
14 
den Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.11.2011 aufzuheben, hilfsweise, den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.11.2011 aufzuheben.
15 
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
17 
Sie nimmt Bezug auf die angefochtenen Bescheide und trägt ergänzend vor, der Promotionsausschuss sei für die Entscheidung über die Entziehung des Doktorgrades zuständig gewesen. Dies ergebe sich aus § 35 Abs. 7 Satz 2 LHG, wonach die Zuständigkeit für die Entziehung des Doktorgrades bei der jeweiligen Hochschule liege, und § 22 Abs. 1 der Promotionsordnung für die Philosophische Fakultät und die Neuphilologische Fakultät vom 22.09.2006 i.d.F. vom 24.05.2007, wonach der Promotionsausschuss für die Entscheidung innerhalb der Hochschule zuständig sei.
18 
Die Wahl des Promotionsausschusses sei zu Recht durch den Großen Fakultätsrat erfolgt, denn das Landeshochschulgesetz eröffne unter § 25 Abs. 3 Satz 1 die Möglichkeit, in der Grundordnung der Universität eine Regelung zur Einsetzung eines Großen Fakultätsrates zu treffen. Der Senat habe in § 16 Abs. 3 der Grundordnung generell festgelegt, diese Entscheidung den Fakultäten zu überlassen und entsprechend habe sich die Philosophische Fakultät am 16.02.2005 für die Einsetzung eines Großen Fakultätsrates entschieden. Zudem habe das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg der Grundordnung der Beklagten zugestimmt. Gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 der Grundordnung oblägen bei Einsetzung eines Großen Fakultätsrates diesem die Aufgaben des Fakultätsrates und damit auch die Wahl des Promotionsausschusses nach § 3 Abs. 2 der Promotionsordnung. Die Zweifel der Klägerin an der ordnungsgemäßen Aufnahme des neuen Tagesordnungspunktes 7 (Wahl des Promotionsausschusses) bei der Sitzung des Großen Fakultätsrates am 13.04.2011 entbehrten jeder Grundlage. Auch die Wahl des Promotionsausschusses durch den großen Fakultätsrat am 13.04.2011 sei - entsprechend den Vorgaben der Verfahrensordnung - geheim und mit Stimmzetteln erfolgt. Die vorangegangene Wahl des Promotionsausschusses der Philosophischen Fakultät habe am 25.10.2006 stattgefunden. Nach einem turnusmäßigen Dekanewechsel, sei die Wahl eines neuen Promotionsausschusses zunächst ausgesetzt worden, da keine dringenden bzw. streitigen Aufgaben angestanden hätten. Es sei nicht unüblich, solche Ausschüsse über die festgelegte Amtszeit weiter bestehen zu lassen, zumal die Beschlussfähigkeit über die Regelung von § 9 Abs. 2 LHG gesichert sei. Erst durch den Fall der Klägerin sei die ohnehin anstehende Wahl des neuen Promotionsausschusses dann umgehend in die Wege geleitet worden. Die kurzfristige Einberufung des Gremiums sei über die Regelung von § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung gedeckt. Die Anwesenheit von Nichtmitgliedern stehe einer wirksamen Beschlussfassung durch den Promotionsausschuss ebenfalls nicht entgegen, da nach § 3 der Verfahrensordnung Bedienstete der Verwaltung und Sachverständige zu einer Ausschusssitzung beratend hinzugezogen werden könnten. Frau St. und Herr Prof. Dr. F. hätten als beratende Sachverständige, Frau Dr. H., die Geschäftsführerin der Fakultät, in ihrer Funktion als Protokollführerin der Sitzung beigewohnt. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 der Verfahrensordnung sei es nicht erforderlich, zusätzlich zur Festsetzung der Tagesordnung einen separaten Beschluss über die Hinzuziehung von Sachverständigen zu treffen. Der Promotionsausschuss habe sich bereits in seiner ersten Sitzung, in der die Vorwürfe gegen die Klägerin besprochen worden seien, über die Hinzuziehung von Sachverständigen verständigt, indem er beschlossen habe, eng mit der Kommission zur Sicherung wissenschaftlicher Praxis, deren Ombudsmann für die Geisteswissenschaften, der Rechtsabteilung und dem Rektorat zusammenzuarbeiten. Nach damaligem Verständnis sei gemeint gewesen, dass die genannten Sachverständigen auch jeweils zu den Sitzungen des Promotionsausschusses hinzugezogen werden sollten. In den Sitzungen des Promotionsausschusses seien die in den Protokollen aufgeführten Sachverständigen und Auskunftspersonen jeweils vor der Festsetzung der Tagesordnung vom Ausschussvorsitzenden namentlich und mit ihrer jeweiligen Funktion vorgestellt worden. In keiner der Sitzungen sei Widerspruch gegen die Anwesenheit der Sachverständigen und deren Unterstützung erhoben worden. In dem dann jeweils folgenden Beschluss zur Feststellung der Tagesordnung sei der Beschluss über die Hinzuziehung von Sachverständigen und Auskunftspersonen enthalten gewesen. Abgesehen davon, dass die Hinzuziehung der Sachverständigen jeweils mit Zustimmung aller Mitglieder des Promotionsausschusses erfolgt sei, sei nicht erkennbar, wie sich das Fehlen eines gesonderten Beschlusses über die Hinzuziehung auf den Verlauf des Verfahrens und die Entscheidung des Promotionsausschusses ausgewirkt haben sollte.
19 
Für das Widerspruchsverfahren würden die gesetzlichen Vorgaben nach § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG gelten, demzufolge über Widersprüche in Prüfungsangelegenheiten das für Lehre zuständige Mitglied des Vorstandes, vorliegend die Prorektorin für Studium und Lehre, entscheide. Die Zuständigkeit für Prüfungsangelegenheiten umfasse grundsätzlich auch Promotionen und damit auch deren Entziehung. Aus dem vorgelegten Geschäftsverteilungsplan des Rektorats ergäben sich die verschiedenen Verantwortungsbereiche der Prorektoren und damit auch die Zuständigkeit von Frau Prof. Dr. N.. Auf Vorschlag des Rektors seien auch in der Vergangenheit jeweils die Geschäftsbereiche der Rektoratsmitglieder im Rektorat beschlossen worden.
20 
Sofern die Klägerin die Nichtberücksichtigung des Zeitablaufs zwischen Titelverleihung und Titelentzug rüge, entspreche dies nicht den Tatsachen. Innerhalb der Abwägung, ob mildere Mittel als der Titelentzug zur Anwendung hätten kommen können, sei bei den Überlegungen zu den beruflichen und politischen Folgen eines Titelentzugs für die Klägerin auch der zeitliche Faktor mit in die Erwägungen einbezogenen worden. Unbeschadet der Auffassung, dass allein aufgrund der Quantität und der Qualität der Plagiate eine Nachbesserung nicht möglich gewesen sei, sei eine Nachbesserung eines bereits vor zehn Jahren veröffentlichten Buches nicht vertretbar. Darüber hinaus habe der Zeitablauf keine eigenständige Bedeutung, insbesondere sei in Fällen wie dem vorliegenden, in dem die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes im Bereich der Klägerin gelegen habe, ein Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsaktes nicht schutzwürdig.
21 
Dem Gericht liegen fünf Hefte Akten der Beklagten vor. Auf den Inhalt dieser Akten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlungen waren, sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die zulässige Klage ist sowohl mit dem Hauptantrag (dazu unter I.) als auch mit dem Hilfsantrag (dazu unter II.) unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 und der Widerspruchsbescheid vom 30.11.2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
23 
I. Der Hauptantrag ist unbegründet.
24 
1. Die angegriffenen Verfügungen - der Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 (dazu unter a.) sowie der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.11.2011 (dazu unter b.) - sind formell ordnungsgemäß zustande gekommen.
25 
a. Der Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 ist formell rechtmäßig ergangen. Mit dem Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten hat das zuständige Organ der Fakultät über die Entziehung des Doktorgrades entschieden (aa.). Bei seiner am 14.06.2011 getroffenen Entscheidung war der Promotionsausschuss vorschriftsmäßig besetzt (bb.) und die Anwesenheit von Prof. Dr. F. und Frau St. in der Sitzung am 14.06.2011 führte nicht zur formellen Rechtswidrigkeit der Entscheidung (cc.). Schließlich war der Promotionsausschuss in seiner Sitzung am 14.06.2011 auch beschlussfähig (dd.).
26 
aa. Die Zuständigkeit für die Entziehung eines Doktorgrades liegt bei der Hochschule, die den Grad verliehen hat (§ 35 Abs. 7 Satz 2 LHG). Zuständiges Organ innerhalb der Hochschule hierfür ist der Promotionsausschuss der Beklagten, der in seiner Sitzung am 14.06.2011 über die Entziehung des Doktorgrades abschließend entschieden hat. In Ausführung dieses Beschlusses hat der Dekan der Philosophischen Fakultät als Vorsitzender des Promotionsausschusses den Bescheid vom 22.06.2011 erlassen.
27 
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Promotionsordnung der Universität Heidelberg für die Philosophische Fakultät und die neuphilosophischen Fakultät vom 22.09.2006 in der Fassung vom 24.05.2007 (im Folgenden: Promotionsordnung - PromO -) richtet sich die Entziehung des Doktorgrades nach den landesrechtlichen Bestimmungen. Soweit dort eine Zuständigkeitsregelung fehlt, ist der Promotionsausschuss zuständig (Satz 2). Die Zuständigkeit des Promotionsausschusses folgt hier aus § 22 Abs. 1 Satz 2, da die Promotionsordnung auf den vorliegenden Fall anzuwenden (dazu unter aaa.) und eine anderweitige Zuständigkeitsbestimmung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO nicht gegeben ist (dazu unter bbb.).
28 
aaa. Im vorliegenden Fall findet die Promotionsordnung und nicht etwa die frühere Fassung der Promotionsordnung der Universität Heidelberg für die Philosophisch-historische Fakultät, die Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaft und die Neuphilologische Fakultät vom 28.08.1989 ( - PromO a.F. -) Anwendung, nach deren § 10 Abs. 2 Satz 2 für die Entziehung des Doktorgrades, soweit eine Zuständigkeitsregelung fehlte, nicht der Promotionsausschuss, sondern der erweiterte Fakultätsrat zuständig war. Dies folgt daraus, dass sich die Rechtmäßigkeit der Entziehung eines Doktorgrades -und damit auch die Zuständigkeit des zur Entscheidung berufenen Gremiums -mangels anderweitiger Bestimmungen im Hochschulrecht als dem einschlägigen Fachrecht nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids richtet (ebenso unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HschR/NF 21A Nr. 19). Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids war die Promotionsordnung in Kraft, da sie auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage beruhte und formell rechtmäßig erlassen wurde.
29 
Die Promotionsordnung findet die Ermächtigung für ihren Erlass in § 38 Abs. 4 Sätze 1 und 2 LHG. Nach § 38 Abs. 4 Satz 1 LHG führt die Hochschule Promotionsverfahren auf der Grundlage einer Promotionsordnung durch, die vom Senat zu beschließen ist und der Zustimmung des Vorstandsvorsitzenden bedarf. Nach § 38 Abs. 4 Satz 2 LHG regelt die Promotionsordnung die weiteren Zulassungsvoraussetzungen, die Höchstdauer der Promotionszeit sowie die Durchführung des Promotionsverfahrens. Die Regelung der „Durchführung des Promotionsverfahrens“ umfasst sowohl die Entziehung des Doktorgrades als auch die Bestimmung des für die Durchführung des Promotionsverfahrens - und damit auch für die Entziehung -zuständigen Organs - hier des Promotionsausschusses.
30 
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte zur Frage der Ermächtigungsgrundlage für derartige Vorschriften einer Promotionsordnung zur Rechtslage nach dem Universitätsgesetz ausgeführt, Ermächtigungsgrundlage für Promotionsordnungen, in denen auch die Entziehung des Doktorgrades geregelt sei, sei § 54 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 und Nr. 9 des Universitätsgesetzes in der ursprünglichen Fassung vom 22.11.1977 (GBl. S. 473; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HschR/NF 21A Nr. 19). Nach § 54 Abs. 2 Satz 3, 1. Halbsatz UG i.d.F. 22.11.1977 bedurfte die vom Senat der Universität als Satzung zu beschließende Promotionsordnung der Zustimmung des Rektors. Der 2. Halbsatz der Vorschrift ordnete die entsprechende Geltung einzelner Vorschriften über Prüfungsordnungen, namentlich § 51 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 3 bis 7, 9 bis 13 UG, an. Zu diesen entsprechend anwendbaren Regelungen zählten insbesondere die Vorschriften über die Prüfungsorgane (§ 51 Abs. 2 Nr. 5 UG) sowie über die Folgen von Prüfungsverstößen (§ 51 Abs. 2 Nr. 9 UG), die demnach - so der Verwaltungsgerichtshof - auch im Rahmen einer Promotionsordnung geregelt werden dürften.
31 
Mit dem Landeshochschulgesetz wurde die Verweisung auf die Vorschriften über Prüfungsordnungen aufgegeben und stattdessen in § 38 Abs. 4 LHG eine eigenständige Regelung der Promotionsordnungen getroffen. Statt - wie bisher - die entsprechende Anwendbarkeit einzelner Regelungen zu statuieren, wurde in § 38 Abs. 4 Satz 2 LHG mit „Durchführung des Promotionsverfahrens“ ein weitreichender Oberbegriff eingeführt, der - abgesehen von den gesondert genannten Zulassungsvoraussetzungen sowie der Höchstdauer der Promotion - alle Verfahrensfragen umfasst. Dass auch die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsregeln Teil des Promotionsverfahrens sind und somit zu dessen Durchführung zählen, lässt sich bereits § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 UG entnehmen, der unter dem Begriff „Ablauf des Prüfungsverfahrens“ insbesondere den Beginn, die Gliederung, die Dauer des Prüfungsverfahrens, Prüfungstermine und die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften aufzählte. Auch die Gesetzesbegründung zum Landeshochschulgesetz stellt klar, dass durch die Neufassung des § 38 LHG und die eigenständige Regelung der Promotionsordnungen in dessen Absatz 4 keine inhaltliche Änderung vorgenommen werden sollte. Zu § 38 Abs. 4 LHG heißt es dort ausdrücklich, Absatz 4 entspreche inhaltlich dem bisherigen Recht von § 54 Abs. 2 Sätze 3 bis 5, Abs. 3 Satz 2 UG; die Neufassung umschreibe allerdings die Inhalte als Folge der Zielsetzungen der Novelle insbesondere in Satz 2 in anderer Weise (vgl. Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.10.2004, LT-Drs. 13/3640, S. 212). Die Zielsetzung des Landesgesetzgebers bei der Neufassung der Bestimmungen über die Promotion war es, die Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch intensive Betreuung der Doktoranden zu verbessern und dabei auf die bisherigen Detailvorgaben in § 54 Abs. 2 bis 4 UG zu verzichten (vgl. LT-Drs. 13/3640, S. 211).
32 
Die Promotionsordnung ist auch formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Der dazu gemäß § 38 Abs. 4 Satz 1 LHG berufene Senat der Beklagten hat die Promotionsordnung in seiner Sitzung am 19.06.2006 beschlossen. Bei dieser Senatssitzung war der zu diesem Zeitpunkt aus 19 Amts- und 20 Wahlmitgliedern bestehende Senat ordnungsgemäß besetzt und beschlussfähig. Insbesondere waren ausweislich des Protokolls der Senatssitzung am 19.06.2006 nur elf der insgesamt 39 Senatsmitglieder nicht anwesend, so dass keine Bedenken gegen die Beschlussfähigkeit des Senats bestehen. Die beiden bei der Sitzung des Senats ebenfalls anwesenden Gäste Frau Prof. Dr. J. und Herr Prof. Dr. Sch. waren jeweils zu anderen Tagesordnungspunkten geladen; Prof. Dr. W. war trotz seiner Nennung als Gast ausweislich der im Protokoll unter den Tagesordnungspunkte 11 und 12 angegebenen Erläuterungen aus gesundheitlichen Gründen an der Teilnahme verhindert. Mit seiner Unterschrift auf der Ausfertigung der Promotionsordnung am 22.09.2006 hat der damalige Rektor der Beklagten seine nach § 38 Abs. 4 Satz 1 LHG erforderliche Zustimmung zur Promotionsordnung erteilt. Zudem ist die Promotionsordnung entsprechend den Vorgaben des § 8 Abs. 6 Satz 1 LHG im Mitteilungsblatt des Rektors bekanntgemacht worden (vgl. Mitteilungsblatt des Rektors vom 25.09.2006, S. 749 ff.). Auch die nachfolgende, den § 22 PromO nicht betreffende Änderung der Promotionsordnung vom 24.05.2007 erfolgte wirksam durch den Beschluss des Senats vom 22.05.2007, die Zustimmungserteilung des Rektors vom 24.05.2007 und die nachfolgende Veröffentlichung im Mitteilungsblatt des Rektors (vgl. Mitteilungsblatt des Rektors vom 06.07.2007, S. 1765).
33 
bbb. Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 PormO war der Promotionsausschuss für die Entscheidung über die Entziehung des Doktorgrades zuständig. Denn es besteht keine vorrangige landesrechtliche Zuständigkeitsregelung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO, die den Rückgriff auf die subsidiäre Zuständigkeitsbestimmung des § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO und damit die Zuständigkeit des Promotionsausschusses ausschließen würde. Bei der allgemeinen Zuständigkeitsbestimmung des § 23 Abs. 3 Satz 1 LHG, wonach der Fakultätsvorstand für alle Fakultätsangelegenheiten im Sinne des § 22 Abs. 1 LHG zuständig ist, handelt es sich nicht um eine vorrangige Zuständigkeitsregelung. Dies folgt daraus, dass § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO unmittelbar Bezug nimmt auf Absatz 1 Satz 1, dessen Regelungsgegenstand ausschließlich die Entziehung des Doktorgrades ist. Nur wenn für diese spezielle Aufgabe - Entziehung des Doktorgrades - eine landesrechtliche Bestimmung bestünde, wäre diese vorrangig. So wäre etwa die frühere Regelung des Gesetzes über die Führung akademischer Grade vom 07.06.1939 (RGBl. I S. 985) i.V.m. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Führung akademischer Grade vom 21.07.1939 (RGBl. I S. 1326), welche nach 1945 als Landesrecht fortgalt und für die Entziehung des Doktorgrades die Zuständigkeit eines Rektor-Dekane-Ausschusses begründete (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54), eine derartige spezielle landesrechtliche Regelung, die in § 22 PromO gemeint ist. Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Regelung, wonach das Organ, das den Doktorgrad verleiht, auch über die Entziehung entscheidet. Denn in der Sache ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung vorlagen.
34 
bb. Der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät war bei seiner Entscheidung über die Entziehung des Doktorgrades der Klägerin auch vorschriftsmäßig besetzt. Die gewählten Mitglieder des Promotionsausschusses erfüllen die Anforderungen der Promotionsordnung (dazu unter aaa.); die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl der Ausschussmitglieder sind unerheblich (dazu unter bbb.).
35 
aaa. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 PromO werden die Mitglieder des Promotionsausschusses und je ein Stellvertreter vom Fakultätsrat für eine Amtszeit von zwei Jahren gewählt. Dass die Wahl des Promotionsausschusses hier anlässlich des Verfahrens der Klägerin am 13.04.2011 stattfand, ist nicht zu beanstanden. Die Amtszeit des zuvor am 25.10.2006 gewählten Promotionsausschusses war seit langem abgelaufen. Ob die Annahme der Beklagten zutreffend ist, dass die Mitglieder des Promotionsausschusses, solange kein neuer Promotionsausschuss gewählt worden ist, ihr Amt gemäß § 9 Abs. 2 LHG auch über mehrere Jahre hinweg weiterführen konnten, wenn kein neuer Promotionsausschuss gewählt wird, bedarf keiner Entscheidung. Aufgrund der bereits seit langem abgelaufenen Amtszeit der bisherigen Mitglieder des Promotionsausschusses bestand im April 2011 jedenfalls Anlass, den Promotionsausschuss neu zu wählen. Nach § 3 Abs. 3 PromO sind Mitglieder des Promotionsausschusses der Dekan oder ein Prodekan als Vorsitzender sowie vier weitere Hochschullehrer oder Privatdozenten der Fakultät, die hauptberuflich an der Universität Heidelberg tätig sind. Die vom Großen Fakultätsrat in seiner Sitzung am 13.04.2011 gewählten und am 14.06.2011 anwesenden Mitglieder des Promotionsausschusses erfüllen diese Voraussetzungen.
36 
bbb. Die von der Klägerin erhobenen Rügen gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses greifen nicht durch.
37 
Für derartige Einwände gegen die Rechtmäßigkeit von Gremienwahlen ist in der Verfahrensordnung der Beklagten ein gesondertes Verfahren vorgesehen. Nach § 14 Satz 1 der Verfahrensordnung muss der Einwand, Beschlüsse oder Wahlen seien nicht entsprechend dieser Verfahrensordnung zu Stande gekommen, spätestens bis zum Beginn der nächsten Sitzung (des betreffenden Gremiums) erhoben werden. Satz 3 regelt das anschließende Verfahren und bestimmt, dass, sofern der Einwand vom Gremium als berechtigt anerkannt wird, über die Angelegenheit erneut zu beraten und zu beschließen bzw. zu wählen ist. Damit soll sichergestellt werden, dass mögliche Verfahrensfehler einerseits zeitnah korrigiert werden können und andererseits die getroffenen Beschlüsse und durchgeführten Wahlen nach Ablauf der Frist (Beginn der nächsten Sitzung) Bestand haben. Dementsprechend hat die Beklagte die Stimmzettel zur Wahl des Promotionsausschusses in der dem 13.04.2011 nachfolgenden Sitzung des Großen Fakultätsrats vernichtet.
38 
Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl können darüber hinaus nicht - gleichsam als Vorfrage - im vorliegenden Rahmen der Anfechtung der Entziehungsverfügung geltend gemacht werden. Dies folgt aus dem in § 10 Abs. 5 LHG enthaltenen Rechtsgedanken sowie aus allgemeinen im Staats- und Verwaltungsrecht geltenden Grundsätzen.
39 
§ 10 Abs. 5 LHG lautet: „Ist die Wahl eines Gremiums oder einzelner Mitglieder eines Gremiums rechtskräftig für ungültig erklärt worden, so führt dieses Gremium in der bisherigen Zusammensetzung die Geschäfte bis zum Zusammentreten des auf Grund einer Wiederholungs- oder Neuwahl neugebildeten Gremiums weiter (Satz 1). Die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit dieser Mitglieder wird durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt (Satz 2). Satz 2 gilt bei einer fehlerhaften Besetzung von Gremien entsprechend (Satz 3).“ § 10 Abs. 5 Sätze 2 und 3 LHG treffen somit eine Regelung, die im Interesse der Rechtssicherheit dazu führt, dass die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit gewählter Mitglieder eines Gremiums der Universität, deren Wahl rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, durch die Ungültigkeit der Wahl oder durch sonstige Fehler, die zu einer fehlerhaften Besetzung des Gremiums führen, nicht berührt wird (ebenso zur früheren Regelung des § 109 Abs. 3 UG VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, juris).
40 
Gremium im Sinne dieser Vorschrift ist auch der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten (vgl. § 10 Abs. 1 LHG; ebenso § 1 der Verfahrensordnung der Beklagten). Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses müssen im vorliegenden Verfahren unbeachtet bleiben, denn erkennbare Zielsetzung des Landesgesetzgebers bei der Schaffung des früheren § 109 Abs. 3 UG, dessen Regelungen in § 10 Abs. 5 Sätze 1 und 2 LHG unverändert übernommen wurden (vgl. Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.10.2004, LT-Drs. 13/3640, S. 182), war es, Rechtssicherheit durch Anerkennung der Rechtsbeständigkeit der von den universitären Gremien geschaffenen Maßnahmen unabhängig von der etwaigen Fehlerhaftigkeit zugrundeliegender Wahlen zu schaffen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, juris). Dass dies auch die Intention des Landesgesetzgebers bei der Schaffung des Landeshochschulgesetzes war, wird daraus ersichtlich, dass neben der unveränderten Übernahme des § 109 Abs. 3 UG in § 10 Abs. 5 den Sätzen 1 und 2 LHG ein Satz 3 angefügt wurde, um - so die Begründung des Gesetzentwurfs - klarzustellen, dass die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit von Mitgliedern auch dann unberührt bleibt, wenn das Gremium aus anderen Gründen fehlerhaft besetzt sein sollte. Dies gelte insbesondere für die Amtsmitglieder eines Gremiums selbst, aber auch für vom Gremium gewählte Funktionsträger, z.B. für den Studiendekan und die Studienkommissionen sowie die Mitglieder von Prüfungsausschüssen usw. (vgl. LT-Drs. 13/3640, S. 182). Wird die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit der Mitglieder eines Gremiums sogar dann durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt, wenn diese Wahl rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, so muss dies erst recht dann gelten, wenn - wie hier - lediglich Einwände gegen die Gültigkeit der Wahlen erhoben werden (so schon zur Vorgängerregelung des § 109 Abs. 3 Satz 2 UG: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, juris).
41 
Darin liegt - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch kein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG, wonach die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht gebunden ist, denn die Unbeachtlichkeit derartiger Rügen ist Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes, wonach es die rechtliche Wirksamkeit staatlicher Rechtsakte nicht berührt, wenn die Wirksamkeit der Bestellung des handelnden Staatsorgans in Frage gestellt ist, solange diese Bestellung nicht in dem hierfür vorgesehenen Verfahren widerrufen oder für ungültig erklärt worden ist; auch dann wirkt der Widerruf oder die Ungültigkeiterklärung der Bestellung nur ex nunc. Das gilt im Staatsrecht für die Wahl der Landtage und des Deutschen Bundestages (BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 14 [38]; Entscheidung vom 11.10.1972 - 2 BvR 912/71 -, BVerfGE 34, 81 [95 f.]) und im Verwaltungsrecht für die Wahl der Kreistage und Gemeinderäte (BVerfG, Beschluss vom 11.11.1953 - 1 BvR 444/53 -, BVerfGE 3, 41 [44]; vgl. § 30 Abs. 3 Satz 2 GemO; § 21 Abs. 3 Satz 2 LKrO). In diesen Fällen besteht zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen demokratischen Willensbildung ein gesondertes Wahlprüfungsverfahren. Etwaige Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl sind ausschließlich in diesem Verfahren geltend zu machen.
42 
Dieser Grundsatz gilt aber nicht nur für gewählte Organe, sondern auch für ernannte Amtswalter, ohne dass es dort ein gesondertes Prüfungsverfahren gäbe. So hat die unerkannte Unwirksamkeit der Ernennung eines Beamten ebenso wenig Einfluss auf die Wirksamkeit seiner Amtshandlungen (§ 15 Satz 3 BBG; § 13 Abs. 4 Satz 1 LBG) wie die noch nicht rechtskräftig festgestellte Nichtigkeit der Ernennung eines Richters (§ 18 Abs. 3 DRiG) auf dessen Rechtsprechungstätigkeit. Auch gerichtliche Entscheidungen, an denen ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat, dessen Wahl nachträglich rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, werden hierdurch in ihrer Wirksamkeit nicht berührt (BVerwG, Beschlüsse vom 09.06.1987 - 9 CB 36.87 -, DVBl. 1987, 1112 und vom 03.09.1987 - 1 CB 39.87 -, Buchholz 310 § 26 VwGO Nr. 2).
43 
Diese Grundsätze entsprechen dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (vgl. BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 14 [38]; ebenso unter Hinweis auf die Konsequenzen einer abweichenden Auffassung VG Freiburg, Urteil vom 24.02.1996 - 10 K 1064/95 -, GewArch 1997, 423). Bei gewählten Hauptorganen öffentlich-rechtlicher Körperschaften dienen sie zudem dem Gebot, die jeweilige Körperschaft zu keiner Zeit ohne handlungsfähiges Organ zu lassen (vgl. Versteyl, in: von Münch/Kunig, GG Bd. I, 6. Aufl. 2012, Art. 41 GG Rn. 13; zum Ganzen eingehend VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.12.1997 - 9 S 2506/07 -, GewArch 1998, 164; StGH Bremen, Entscheidung vom 28.02.1984 - St 2/93 -, DVBl. 1994, 633; ebenso BGH, Urteil vom 17.12.1973 - II ZR 47/71 -, NJW 1974, 183 in Abgrenzung zur Rechtslage bei innerparteilichen Wahlen, die dem privaten Vereinsrecht unterliegen).
44 
Dieser Grundsatz findet vorliegend auch für die Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses Anwendung, da der Promotionsausschuss Vertretungsorgan der Fakultät (Gremium) im Rahmen des Promotionsverfahrens und als solches mit Ausübung von Hoheitsmacht beauftragt ist.
45 
Dem steht auch nicht die spezifische Aufgabe des Promotionsausschusses bei der Durchführung des Promotionsverfahrens bzw. im Verfahren der Entziehung des Doktorgrades entgegen. Der Einwand der Klägerin, eine abweichende Besetzung des Promotionsausschusses hätte Auswirkungen auf das Ergebnis der zu treffenden Ermessensentscheidung gehabt und sei deshalb in jeden Fall erheblich, trägt nicht. Die Tatsache, dass Ermessensentscheidungen von einem anderen Amts- oder Mandatsträger gegebenenfalls anders getroffenen würden, ist nicht ausschlaggebend, denn dies würde auch im Falle einer fehlerhaften Beamtenernennung durchgreifen, sofern der betreffende Beamte Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, die Ermessensentscheidungen beinhalten. Die Argumentation der Klägerin zielt in der Sache auf eine Gleichstellung des Promotionsausschusses mit einer aus mehreren Prüfern zusammengesetzten Prüfungskommission, welche hier jedoch abzulehnen ist.
46 
Richtig ist, dass die Bestellung eines Prüfers oder mehrerer Prüfer für eine bestimmte Prüfung für das Prüfungsergebnis grundsätzlich erhebliche Bedeutung hat, weil die prüfungsspezifischen Wertungen des Prüfers von seiner Einschätzung der Leistungen des Prüflings und ferner von seinen Erfahrungen hinsichtlich des für ein positives Prüfungsergebnis grundsätzlich vorauszusetzenden Leistungsniveaus abhängen (vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 362). Bei dem Promotionsausschuss handelt es sich jedoch nicht um eine Prüfungskommission, sondern vielmehr um einen Prüfungsausschuss, welcher keine Prüfungs- sondern Verwaltungsentscheidungen trifft (vgl. zur Begrifflichkeit und zur Unterscheidung Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 356). Dies folgt aus § 2 Abs. 3 PromO, wonach die Organe der jeweiligen Fakultät der Promotionsausschuss sowie eine vom Promotionsausschuss - für jedes Promotionsverfahren gesondert - eingesetzte Promotionskommission sind. Im Gegensatz zur Promotionskommission, die eine Leistungsbewertung vornimmt und damit Prüferaufgaben erfüllt, sorgt der Promotionsausschuss nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Promotionsordnung für den ordnungsgemäßen Ablauf des Promotionsverfahrens. Dass der Ausschuss als solches keine Prüfungskommission und seine Mitglieder keine Prüfer sind, folgt auch aus der Tatsache, dass Stellvertreter gewählt werden, bei verschiedenen Sitzungen des Promotionsausschusses demnach verschiedene und unterschiedlich viele Mitglieder bzw. deren Stellvertreter anwesend sind und der Promotionsausschuss auch ohne vollständige Anwesenheit aller Mitglieder beschlussfähig ist. Es ist vielmehr ausreichend, wenn sich die an der abschließenden Entscheidung teilnehmenden Ausschussmitglieder durch entsprechende Vorbereitung (Lektüre schriftlicher Unterlagen wie etwa der Synopse sowie der Protokolle vorangegangener Ausschusssitzungen) ein eigenes Bild von dem zu entscheidenden Fall gemacht haben. Diese durch die Konzeption des Promotionsausschusses und seine Verfahrensordnung bedingten personellen Wechsel in einem laufenden Verfahren wären für ein Prüfungsverfahren, zu dessen Durchführung einzelne Prüfer individuell zu bestimmen sind, nicht zulässig.
47 
Dem steht auch nicht entgegen, dass dem Promotionsausschuss bei der Entziehung des Doktorgrades ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich des Umfangs oder des Gewichts eines Plagiats und des Ausmaßes der damit verbundenen Schädigung der öffentlichen Interessen zusteht, weil die Beurteilung dieser Fragen durch die Satzungsregelung bewusst dem wissenschaftlichen Gremium der Fakultät zugewiesen ist, und diese Fragen „nach prüfungsrechtlichen Gesichtspunkten“ beantwortet werden müssen (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK- HSchR/NF 21A Nr. 19). Denn bei der Bewertung, ob ein Plagiat vorliegt, besteht kein prüfungsspezifischer Bewertungsspielraum; diese Beurteilung kann vielmehr durch jeden sachverständigen Dritten erfolgen (BVerwG, Beschluss vom 21.12.2006 - 6 B 102.06 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116; BayVGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl. 2007, 281; Schroeder, NWVBl. 2010, 177). Dementsprechend nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in der Sache - vergleichbar der Rechtsprechung zu den Täuschungsversuchen - eine vollständige Prüfung vor, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rücknahmeentscheidung vorliegen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19, und vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191). Schließlich kommt es nach der Rechtsprechung für die Beurteilung, ob der Verstoß gegen die Anforderungen wissenschaftlichen Arbeitens vorliegt, auch nicht auf die - allein durch Prüfer zu beurteilende - Frage an, ob die Arbeit ohne fehlerhafte Stellen noch eine promotionswürdige Leistung darstellt (vgl. VGH Baden- Württemberg, Urteil vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191; grundlegend dazu bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 - ESVGH 31, 54).
48 
Der Einwand der Klägerin, ihr stehe hinsichtlich der Wahl des Promotionsausschusses weder ein Wahlprüfungsverfahren noch ein ähnliches Verfahren zu, in dem sie ihre Rügen gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl geltend machen könne, hindert die Anwendbarkeit des § 10 Abs. 5 LHG sowie der genannten Grundsätze zur rechtlichen Wirksamkeit staatlicher Rechtsakte nicht. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob die Klägerin als Nichtmitglied der Fakultät gemäß § 14 der Verfahrensordnung Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl des Promotionsausschusses hätte erheben können, denn die Geltung dieses allgemeinen Grundsatzes ist - wie bereits ausgeführt - nicht generell davon abhängig, dass dem durch einen staatlichen Hoheitsakt Betroffenen tatsächlich ein Rechtsbehelf gegen die Bestellung eines Amtsträgers oder die Wahl eines Gremiums zusteht, auf den er verwiesen werden kann. Ein solcher Rechtsbehelf ist etwa auch gegen die Bestellung eines Beamten oder die Ernennung eines Richters nicht gegeben. Ebenso wenig sieht § 10 Abs. 5 LHG die Möglichkeit für Außenstehende vor, sich gegen die Wahl eines Gremiums zu wenden und ordnet gleichwohl, sogar über den Zeitpunkt der gerichtlichen Feststellung der Ungültigkeit der Wahl hinaus, die Wirksamkeit der Entscheidungen dieser Gremien an.
49 
Schließlich spricht auch das Gebot der Rechtssicherheit von Prüfungsentscheidungen (vgl. dazu nur Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 56 ff.) dafür, dass der oben genannte Grundsatz auch auf den Promotionsausschuss Anwendung finden muss, denn wenn - wie die Klägerin meint - Fehler bei der Wahl der Ausschussmitglieder zur Rechtswidrigkeit der getroffenen Entscheidungen des Promotionsausschusses führen würden, könnte bis zur ordnungsgemäßen Neuwahl kein rechtmäßiges Promotionsverfahren durchgeführt werden, und auch die Verleihung von Doktorgraden an Doktoranden wäre rechtswidrig.
50 
Daraus folgt, dass die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl des Promotionsausschusses - namentlich im Hinblick auf die Einberufung der Sitzung des Großen Fakultätsrats am 13.04.2011, die nachträgliche Ergänzung der Tagesordnung um TOP 7, die Geheimheit der Wahl sowie das Verfahren der Blockwahl - im vorliegenden Verfahren ohne Belang und somit nicht zu überprüfen sind. Es bedarf deshalb auch nicht der von der Klägerin schriftsätzlich beantragten Beweiserhebung dazu, wie die Einberufung der Sitzung, die Ergänzung der Tagesordnung sowie die Durchführung der Wahl am 13.04.2011 vonstattengegangen sind.
51 
Schließlich ist auch der Einwand der Klägerin, mit dem Großen Fakultätsrat habe - mangels ordnungsgemäßer Einsetzung desselben - das falsche Gremium die Wahl des Promotionsausschusses vorgenommen, nach den oben genannten Grundsätzen unbeachtlich, denn auch die Frage, in welcher Zusammensetzung ein Gremium die Wahl eines Ausschusses vornimmt, betrifft die Rechtmäßigkeit der Wahl und ist daher im vorliegenden Verfahren unerheblich. Der Grundsatz gilt nicht nur für die konkrete Wahlhandlung, sondern ebenso für die der eigentlichen Wahl vorangehende Zusammensetzung des wählenden Gremium, hier des Großen Fakultätsrats, denn diese ist - als Vorfrage der eigentlichen Wahlhandlung - vergleichbar mit der Ungültigkeit von Wahlgesetzen (vgl. dazu BVerfG, Entscheidung vom 11.10.1972 - 2 BvR 912/71 -, BVerfGE 34, 81 [95 f.]) oder der Tatsache, dass die Legislaturperiode eines Parlaments bereits beendet ist (vgl. dazu grundlegend auch schon BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 18, [34]).
52 
Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob in den Fällen etwas anderes gelten muss, in denen ein offensichtlich unzuständiges Gremium eine Wahl vornimmt, zu der ein anderes Gremium berufen gewesen wäre, denn so liegt der Fall hier nicht. Selbst wenn die Einrichtung eines Großen Fakultätsrates durch die Philosophische Fakultät den gesetzlichen oder den in § 16 Abs. 1 der Grundordnung der Beklagten aufgestellten Anforderungen nicht genügen sollte, betrifft dies lediglich die Art und Weise der Zusammensetzung des Fakultätsrats der Beklagten. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei dem Großen Fakultätsrat nicht um ein völlig anderes Gremium, sondern lediglich um eine abweichende, nämlich umfangreichere Besetzung des Fakultätsrats. Dies lässt sich bereits aus § 25 LHG und § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LHG ersehen, denn dort wird „Fakultätsrat“ als Oberbegriff für das jeweilige kollegiale Vertretungsgremium der Fakultät verwendet, unabhängig davon, ob dieses einfach (§ 25 Abs. 2 LHG) oder aber als Großer Fakultätsrat (§ 25 Abs. 3 LHG) zusammengesetzt ist. Auch die Regelung in § 3 Abs. 2 der Promotionsordnung, die ausweislich des Protokolls des erweiterten Fakultätsrats in seiner Sitzung am 16.02.2005 vorberaten (vgl. TOP 16) und am 19.09.2006 vom Senat beschlossen wurde, sieht vor, dass „der Fakultätsrat“ den Promotionsausschuss wählt. Angesichts der Tatsache, dass die Fakultät - nach Auffassung der Beklagten - bereits am 16.02.2005 ihr Vertretungsorgan als Großen Fakultätsrat konstituierte, ist auch „Fakultätsrat“ im Sinne des § 3 Abs. 2 Promotionsordnung als Oberbegriff für die jeweilige Zusammensetzung des Fakultätsrat zu verstehen.
53 
cc. Die Tatsache, dass Herr Prof. Dr. F. und Frau St. an der Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 teilnahmen, führt ebenfalls nicht zur formellen Fehlerhaftigkeit des Ausgangsbescheids, da die Anwesenheit der beiden Personen nach der anzuwendenden Verfahrensordnung nicht zu beanstanden ist.
54 
Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 LHG tagen die Gremien - mit Ausnahme der Angelegenheiten nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2, 12 bis 14 LHG - nicht öffentlich. Dementsprechend ordnet auch § 4 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung der Beklagten die Nichtöffentlichkeit der Gremiensitzungen an. Neben den Gremienmitgliedern können nach den Regelungen der Verfahrensordnung jedoch auch weitere Personen an der nichtöffentlichen Sitzung teilnehmen. So kann der Vorsitzende des jeweiligen Gremiums gemäß § 3 Abs. 3 der Verfahrensordnung Bedienstete seines Verwaltungsbereichs zur Unterstützung hinzuziehen und ihnen den Vortrag zu einzelnen Tagesordnungspunkten übertragen. Die hier in Rede stehende Hinzuziehung von Sachverständigen ist in § 3 Abs. 2 und in § 6 Abs. 1 der Verfahrensordnung geregelt. Nach § 3 Abs. 2 prüft der Vorsitzende bei der Aufstellung der vorläufigen Tagesordnung, zu welchen Tagesordnungspunkten Sachverständige und/oder Auskunftspersonen beratend hinzugezogen und geladen werden sollen. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung ist erster Punkt der Tagesordnung deren Feststellung. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist mit der Feststellung der Tagesordnung über die Zuziehung von Sachverständigen und Auskunftspersonen Beschluss zu fassen. Eine Hinzuziehung dritter Personen ist auch im Falle des nach § 3 Abs. 5 Satz 1 Promotionsordnung nichtöffentlich tagenden Promotionsausschusses zulässig, da es sich bei diesem um ein Gremium im Sinne der Verfahrensordnung und im Sinne des Landeshochschulgesetzes handelt. Insbesondere handelt es sich - wie bereits ausgeführt - nicht um eine Prüfungskommission und bei seinen Mitgliedern nicht um Prüfer. In der Sitzung am 14.06.2011 fand dementsprechend auch keine (mündliche) Prüfung, sondern vielmehr eine persönliche Anhörung der Klägerin sowie anschließend eine Beratung und Beschlussfassung statt. Die strengen prüfungsrechtlichen Vorgaben - auf die die Klägerin wiederholt hingewiesen hat und nach denen die Teilnahme eines Dritten an der Beratung einer Prüfungskommission zu einem Verfahrensfehler führt, der die Prüfungswiederholung erfordert (vgl. dazu SächsFG, Urteil vom 31.05.2011, - 2 K 243/10 -, DVBl. 2012, 64-66; BFH, Urteil vom 18.09.2012 - VII R 41/11 -, DStR 2013, 430) - finden somit hier keine Anwendung. Daher bedarf es - anders als die Klägerin meint - auch keiner Differenzierung zwischen der in der Sitzung am 14.06.2011 erfolgten Anhörung, Beratung und Beschlussfassung.
55 
Die Voraussetzungen, die die Verfahrensordnung an die wirksame Hinzuziehung von Sachverständigen stellt, sind im vorliegenden Fall erfüllt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine ausdrückliche Beschlussfassung über die Zuziehung nicht geboten, vielmehr genügt auch ein konkludenter Beschluss den Anforderungen. Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensordnung. Danach ist „mit der Feststellung der Tagesordnung“ über die Hinzuziehung von Sachverständigen Beschluss zu fassen ist. Dies ist so zu verstehen, dass durch die Feststellung der Tagesordnung durch den Ausschuss die vorangegangene Entscheidung des Vorsitzenden nach § 3 Abs. 2 Verfahrensordnung, die sich bereits in der Ladung der Sachverständigen ausdrückt, gebilligt wird. Der Beschluss über die Hinzuziehung und die Feststellung der Tagesordnung fallen in einen Akt zusammen. Dies ergibt sich insbesondere auch aus dem Vergleich mit dem 1. Halbsatz des § 6 Abs. 2 Satz 2 der Verfahrensordnung, wo es in Bezug auf die Änderung der vorläufigen Tagesordnung ausdrücklich heißt: „Über diese Anträge istgesondert zu beschließen.“ Im Übrigen sieht die Verfahrensordnung die konkludente Beschlussfassung bei Anträgen zur Geschäftsordnung (im Gegensatz zu Anträgen zur Sache) in § 7 Abs. 3 Sätze 4 und 5 ausdrücklich vor. Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 der Verfahrensordnung ist über Anträge zur Geschäftsordnung nach der Begründung durch den Antragsteller und einer begründeten Gegenrede sofort abzustimmen. Erfolgt keine Gegenrede, ist der Antrag angenommen (Satz 5). Unabhängig davon, ob der Antrag, Sachverständige zu einem Tagesordnungspunkt zuzuziehen, ein solcher Antrag zur Geschäftsordnung ist und damit § 7 Abs. 3 Satz 5 Verfahrensordnung unmittelbar Anwendung findet, oder ob die Verfahrensfragen betreffend der Hinzuziehung von Sachverständigen in § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 Satz 2 der Verfahrensordnung speziell und abschließend geregelt sind, lässt sich aus diesen Regelungen ersehen, dass eine konkludente Beschlussfassung grundsätzlich möglich ist.
56 
Nicht zuletzt spricht auch Sinn und Zweck der Nichtöffentlichkeit der Gremiensitzung dafür, die konkludente Beschlussfassung über die Hinzuziehung von Sachverständigen ausreichen zu lassen. Ausweislich der Gesetzbegründung wurde die mit dem Landeshochschulgesetz 1973 erstmals eingeführte Regelung der Nichtöffentlichkeit der universitären Gremiensitzungen vorgesehen, um eine sachgerechte Beratung zu ermöglichen und die häufig von einer sogenannten aktiven Öffentlichkeit ausgehenden Störungen zu unterbinden (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hochschulgesetzes vom 22.05.1973, LT-Drs. 6/2520, S. 39 f.). Selbst wenn dieser ursprüngliche Zweck der Nichtöffentlichkeit im Falle des Promotionsausschusses ergänzt wird durch die Schutzinteressen des betroffenen Promovenden, hier der Klägerin, dient die Nichtöffentlichkeit in erster Linie der sachgerechten Ausschussarbeit. Sind sich die Ausschussmitglieder über die Mitwirkung bestimmter Sachverständiger in der konkreten Sitzung ersichtlich einig, liegt eine Störung der Sitzungsarbeit nicht vor.
57 
Die Hinzuziehung der durch den Ausschussvorsitzenden mit Erstellung der Tagesordnung geladenen Sachverständigen Prof. Dr. F. und Frau St. in der Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 wurde durch das Vorgehen des Ausschussvorsitzenden und der sonstigen Mitglieder des Promotionsausschusses erkennbar konkludent beschlossen. Bereits in der ersten Sitzung des Promotionsausschusses am 13.04.2011 wurde - ohne expliziten Beschluss - ein Einvernehmen aller Ausschussmitglieder dahingehend erzielt und entsprechend im Protokoll vermerkt, dass der Ausschuss eng mit der Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, deren Ombudsmann für die Geisteswissenschaften, der Rechtsabteilung und dem Rektorat zusammenarbeiten werde. Zu den nachfolgenden Sitzungen des Promotionsausschusses wurden dementsprechend auch Prof. Dr. F., der Ombudsmann der Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, und Frau St., die Leiterin des Dezernats 1 (Recht und Gremien) der Zentralen Universitätsverwaltung, geladen. Zu Beginn der jeweiligen Sitzung vor dem Beschluss über die Tagesordnung - und so auch am 14.06.2011 - wurden die beiden Sachverständigen namentlich durch den Ausschussvorsitzenden begrüßt und dieser dankte den beiden für ihre Unterstützung. Gegen dieses Vorgehen erhob sich kein Widerspruch von Ausschussmitgliedern und auch die Klägerin und deren damalige Bevollmächtigte, die zumindest am ersten Teil der Ausschusssitzung am 14.06.2011 teilgenommen hatten, wandten sich nicht gegen die Teilnahme der beiden Sachverständigen. Dieses Vorgehen bringt eindeutig zum Ausdruck, dass die beiden als Sachverständige hinzugezogen wurden.
58 
Da hier die Hinzuziehung der beiden Sachverständigen nach der Verfahrensordnung fehlerfrei erfolgt ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Anwesenheit von Dritten, deren Zuziehung nicht beschlossen wurde, zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Promotionsausschusses führt oder ob ein solcher Verfahrensfehler unbeachtlich ist, da allein die stimmberechtigte Mitwirkung, die den Ausschussmitgliedern vorbehalten und nur von diesen ausgeübt worden ist, entscheidend ist (in diese Richtung wohl VGH, Urteil vom 09.07.1996 - 9 S 1048/94 -, juris, wonach die stimmberechtigte Mitwirkung von externen Gutachtern an einem Habilitationsverfahren unzulässig sei).
59 
dd. Der Promotionsausschuss war in seiner Sitzung am 14.06.2011 auch beschlussfähig. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung ist das Gremium beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte derjenigen Mitglieder anwesend ist, die hinsichtlich der zur Beschlussfassung aufgerufenen Angelegenheit Stimmrecht besitzen, und die Sitzung ordnungsgemäß geleitet wird.
60 
Unabhängig davon, dass hier - wie bereits ausgeführt - ein ausreichender Beschluss über die Hinzuziehung von Sachverständigen und somit schon kein Verfahrensfehler vorlag, würde ein einfacher Fehler bei der Verfahrensgestaltung auch nicht die ordnungsgemäße Sitzungsleitung beseitigen. In der Verfahrensordnung der Beklagten ist nicht näher definiert, was unter „ordnungsgemäßer Sitzungsleitung“ im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 zu verstehen ist. Bei der Auslegung des Begriffes sind jedoch die Regelungen des § 5 der Verfahrensordnung (Leitung der Sitzung) zu berücksichtigen. Nach § 5 Satz 1 der Verfahrensordnung eröffnet, leitet und schließt der Vorsitzende die Sitzung. Nach Satz 3 dieser Vorschrift trifft er alle notwendigen Maßnahmen und Entscheidungen für einen geordneten Sitzungsablauf. Nach Satz 4 stellt er vor Eröffnung der Sitzung sowie gegebenenfalls jederzeit die Beschlussfähigkeit fest und legt - nach Satz 5 - im Zweifelsfall die Verfahrensordnung aus. Dadurch, dass dem Vorsitzenden die Sitzungsleitung - einschließlich der Klärung von Verfahrensfragen - obliegt, wird deutlich, dass nicht jeder einfache Verfahrensfehler die ordnungsgemäße Sitzungsleitung aufhebt, sondern lediglich solche Situationen, in denen die Leitungsfunktion des Vorsitzenden durch Störungen vollständig aufgehoben wird. So läge der Fall - selbst wenn die Hinzuziehung der Sachverständigen unterblieben wäre - hier ersichtlich nicht.
61 
Sonstige Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheids sind nicht ersichtlich. Die Klägerin wurde zu der beabsichtigten Maßnahme im Vorfeld angehört und der Verwaltungsakt wurde auch ordnungsgemäß begründet.
62 
b. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.11.2011 lässt ebenfalls keine formellen Rechtsfehler erkennen. Mit Frau Prof. Dr. N. hat die als Prorektorin für Studium und Lehre der Beklagten für die Widerspruchsentscheidung zuständige Amtsträgerin über den Widerspruch entschieden (dazu unter aa.). Die Zweifel der Klägerin an der Aufgabenteilung innerhalb des Rektorats der Beklagten sind in der Sache unberechtigt (dazu unter bb.) und würden - selbst für den Fall, dass sie berechtigt wären - im Ergebnis nicht zu einem formellen Mangel des Widerspruchsbescheids führen (dazu unter cc.).
63 
aa. Für die Entscheidung über Widersprüche im Entziehungsverfahren enthält die Promotionsordnung keine Regelung. Insoweit verbleibt es bei den gesetzlichen Vorgaben aus § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG, nach denen die Entscheidung über Widersprüche in Prüfungsangelegenheiten dem für die Lehre zuständigen Mitglied des Vorstands, vorliegend der Prorektorin für Studium und Lehre, obliegt. Diese Zuständigkeit für Hochschulprüfungen erfasst grundsätzlich auch Promotionen und damit auch deren Entziehung als „actus contrarius“, da es sich bei Promotionen um Hochschulprüfungen handelt (zum Universitätsgesetz VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54 und vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19 sowie - ohne weitere Begründung - auch zur Rechtslage nach dem Landeshochschulgesetz zuletzt VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.09.2011 - 9 S 2667/10 -, VBlBW 2012, 180).
64 
Dem steht nicht entgegen, dass die Entscheidung, einen akademischen Grad zu entziehen, keine genuin prüfungsrechtliche Entscheidung ist, deren Gegenstand die Bewertung von Prüfungsleistungen ist. Denn der Begriff „Angelegenheiten, die Hochschulprüfungen betreffen“ - so die Formulierung des § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG - ist umfassender zu verstehen. Er betrifft nicht nur reine Prüfungsentscheidungen, sondern beinhaltet auch die Entziehung eines Titels als actus contrarius zu dessen Verleihung. Nichts anderes folgte für den Anwendungsbereich des § 11 Abs. 3 Satz UG aus der Gesetzbegründung, wonach der Entscheidungsspielraum des - damals noch zur Widerspruchsentscheidung berufenen - Präsidenten sich auf die Kontrolle des Prüfungsverfahrens und damit im wesentlichen auf eine Rechtskontrolle beschränke, da er in den Beurteilungsspielraum der Prüfer nicht eingreifen dürfe (LT-Drs. 7/2041, S. 141; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54). Auch der Hinweis der Klägerin auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21.11.2011 (14 B 1257/11, juris), wonach die Feststellung eines Täuschungsversuchs weder eine pädagogisch-wissenschaftliche Entscheidung noch eine Beurteilung von Prüfungsleistungen sei, mag zutreffen, hat jedoch für die Auslegung des § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG keine Relevanz, da dort eben nicht nur Prüfungsentscheidungen im Sinne einer Beurteilung von Prüfungsleistungen, sondern Angelegenheiten, die Hochschulprüfungen betreffen, erfasst sind.
65 
Die Auffassung der Klägerin, wonach jedenfalls seit Geltung des Landeshochschulgesetzes die Entziehungsentscheidung nicht (mehr) unter § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG falle, da die noch in § 54 Abs. 2 UG enthaltene entsprechende Anwendbarkeit der Regelungen über Prüfungsordnungen auch auf die Promotionsordnung nicht mehr bestehe, es sich bei der Promotionsordnung somit nicht um eine Prüfungsordnung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 LHG handele und aus § 8 Abs. 2 Satz 2 LHG folge, dass die Widerspruchsbefugnis des Prorektors für Lehre nur „echte Prüfungen“ betreffe, ist nicht zutreffend. Dass es sich auch nach der Rechtslage unter Geltung des Landeshochschulgesetzes, in dem die Promotion in § 38 eine eigenständige von den sonstigen Prüfungen losgelöste Regelung gefunden hat, bei der Promotion weiterhin um eine Hochschulprüfung - und damit bei der Titelentziehung um eine Angelegenheit, die Hochschulprüfungen betrifft - handelt, folgt bereits aus der systematischen Stellung des § 38 LHG im Dritten Teil des Landeshochschulgesetzes, der mit „Studium, Lehre und Prüfungen“ überschrieben ist. Dementsprechend handelt es sich bei der Promotionsordnung um eine spezielle Prüfungsordnung, die in § 38 Abs. 4 LHG gesondert geregelt ist. In Kenntnis der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zur Zuständigkeit für die Widerspruchsentscheidung hinsichtlich der Entziehung des Doktorgrades, hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 8 Abs. 2 LHG die Entscheidungen über Widersprüche vom Rektor auf das Vorstandsmitglied für Lehre delegiert; ansonsten war keine Änderung der Rechtslage zum Universitätsgesetz beabsichtigt (vgl. Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.10.2004, LT-Drs. 13/3640, S. 179). Da die Entziehungsentscheidung somit bereits in den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG fällt, sind die gegen eine analoge Anwendung dieser Vorschrift vorgebrachten Einwände der Klägerin ohne Belang.
66 
Nach den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen (Sonderprotokoll der Rektoratsbesprechung vom 29.04.2009; Auszug aus dem Protokoll der Rektoratsbesprechung vom 29.04.2009; Erklärung der persönlichen Referentin des Rektors vom 19.02.2013 zur Protokollführung des Rektorats; Vorlage des Rektors an den Senat vom 05.05.2009; Protokoll der öffentlichen Senatssitzung am 12.05.2009; Protokoll der Sitzung des Universitätsrates am 06.07.2009 sowie Protokoll der Rektoratsbesprechung vom 21.04.2010) besteht kein Zweifel daran, dass Frau Prof. Dr. N. seit dem 01.04.2010 - und damit auch zum Zeitpunkt des Ergehens der Widerspruchsentscheidung am 30.11.2011 - das Amt der Prorektorin für Studium und Lehre der Beklagten inne hatte.
67 
bb. Die Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen Prorektoren innerhalb des Rektorats erfolgte - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch entsprechend den Vorgaben des § 16 Abs. 2 Satz 1 LHG. Danach legt der Vorstand auf Vorschlag des Vorstandsvorsitzenden eine ständige Vertretung und bestimmte Geschäftsbereiche für seine Mitglieder fest, in denen sie die Geschäfte der laufenden Verwaltung in eigener Zuständigkeit erledigen.
68 
Ausweislich des Sonderprotokolls zur Rektoratssitzung am 29.04.2009 wurde im Rahmen dieser Sitzung die bevorstehende Prorektorenwahl und die inhaltliche Festlegung der Prorektorate besprochen. Dabei wurde auf Vorschlag des Rektors die Geschäftsverteilung der Prorektoren beschlossen, wonach die designierte Prorektorin Prof. Dr. N. ab dem 01.04.2010 das Prorektorat Studium und Lehre übernehmen solle. Sowohl ein Vorschlag des Rektors als auch ein gesonderter Beschluss des Rektorats lagen somit vor. Dementsprechend wurde Frau Prof. Dr. N. in der Folge durch den Senat „als“ Prorektorin für Studium und Lehre gewählt und der Universitätsrat erteilte seine Zustimmung zu dieser Wahl. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Vorschlag des Rektors und die Beschlussfassung des Rektorats zu einem Zeitpunkt ergingen, als die beiden neuen Prorektoren - Herr Prof. Dr. So. und Frau Prof. Dr. N. - noch nicht gewählt waren. § 16 Abs. 2 Satz 1 LHG ist nicht zu entnehmen, dass bei jeder personellen Veränderung innerhalb des Rektorats, die aufgrund der unterschiedlichen Amtszeiten von Rektor und Prorektoren (vgl. § 17 Abs. 2 und § 18 Abs. 2 LHG) häufiger auftreten, ein erneuter Beschluss erforderlich wäre. Sofern lediglich einzelne Personen ausgetauscht werden, ist dafür kein sachliches Bedürfnis erkennbar.
69 
cc. Zudem könnte die Klägerin etwaige Fehler bei der Bestellung der Prorektorin für Studium und Lehre im vorliegenden Verfahren ebenfalls nicht rügen. Denn auch für den einzelnen Amtsträger - wie hier die Prorektorin für Studium und Lehre - gilt, dass er, solange seine Bestellung nicht rechtskräftig zurückgenommen ist oder ihre Nichtigkeit festgestellt wird, wirksam handeln kann. Auch für die Bestellung eines Amtsträgers gelten die bereits ausgeführten Grundsätze zur rechtlichen Wirksamkeit staatlicher Rechtsakte (vgl. dazu nur VGH, Urteil vom 02.12.1997, a.a.O., m.w.N.). So hat auch der Staatsgerichtshof Bremen in Bezug auf die fehlerhafte Wahl eines Regierungsmitglieds folgende Ausführungen gemacht:
70 
„Die Frage, welche rechtlichen Auswirkungen die Ungültigkeit der Wahl eines Regierungsmitgliedes auf die Amtshandlungen dieses (Senats-) Mitglieds und auf diejenigen des Gesamtsenats hat, ist nicht ausdrücklich geregelt. Gesetzlich bestimmt ist hingegen, dass Amtshandlungen eines Beamten, dessen Ernennung nichtig war, oder zurückgenommen worden ist, in gleicher Weise gültig sind, wie wenn sie ein wirksam ernannter Beamter ausgeführt hätte (§ 16 Abs. 2 Satz 1 BremBeamtenG; § 14 Abs. 1 Satz 1 BBG). In der Rechtsprechung ist ferner anerkannt, dass gerichtliche Entscheidungen, an denen ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat, dessen Wahl nachträglich rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, hierdurch in ihrer Wirksamkeit nicht berührt werden (BVerwG, Beschluss vom 09.06.1987, Buchholz 310 § 26 Nr. 1 VwGO; Beschluss vom 03.09.1987, Buchholz, aaO, Nr. 2). In diesem Zusammenhang ist schließlich beachtlich, dass alle Entscheidungen, an denen ein Abgeordneter mitgewirkt hat, dessen Wahl später im Wahlprüfungsverfahren für ungültig erklärt wurde, als ordnungsgemäß zustande gekommen angesehen werden, und dass sogar die Maßnahmen und Beschlüsse des Parlamentes, das ungültig gewählt war (vgl. dazu HbgVerfG, DVBl. 1993, 1073) oder dessen Legislaturperiode bereits beendet war (BVerfGE 1, 14, 38), in ihrem Rechtsbestand und in ihrer Verbindlichkeit durch ein nachträgliches Gerichtsurteil nicht in Frage gestellt werden. Dies ist Ausdruck des im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Grundsatzes der Rechtssicherheit. Das Gebot der Rechtssicherheit kann in Fällen vorliegender Art nur zu dem Ergebnis führen, dass Amtshandlungen eines Regierungsmitgliedes, dessen Wahl später für ungültig erklärt wird, ebenso Bestand haben wie Entscheidungen anderer Amtsträger, deren Wahl oder Ernennung unwirksam ist. Was für Entscheidungen gilt, die das Regierungsmitglied in eigener Zuständigkeit getroffen hat, muss erst recht für die Amtshandlungen gelten, die es zusammen mit seinen Amtskollegen im Senat vorgenommen hat. Daraus folgt, dass die Ungültigkeit einer Senatorenwahl nicht die Wirksamkeit von Amtshandlungen berührt, die das unwirksam gewählte Senatsmitglied oder unter seiner Mitwirkung der Senat als Kollegialorgan bis zur Feststellung der Wahlungültigkeit durch den Staatsgerichtshof vorgenommen hat.“ (StGH Bremen, Entscheidung vom 28.02.1994 - St 2/93 -, DVBl. 1994, 633 zur Wahl eines Regierungsmitglieds, dem die gesetzliche Wählbarkeitsvoraussetzung fehlte).
71 
Dies würde - selbst wenn der Beklagten ein formeller Fehler bei der Bestellung unterlaufen wäre - auch für deren Prorektorin für Studium und Lehre gelten.
72 
2. Die Entziehung des Doktorgrades ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Entziehung des Doktorgrades zu Recht auf die Ermächtigungsgrundlage des § 48 LVwVfG gestützt (dazu unter a.). Dessen Tatbestandvoraussetzungen lagen vor (dazu unter b.) und auch die Ermessensausübung ist nicht zu beanstanden (dazu unter c.).
73 
a. Die Entziehung des Doktorgrades findet ihre erforderliche Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (vgl. zur unbedenklichen Anwendbarkeit dieser Rücknahmeregelung beim Entzug des Doktorgrades, BVerwG, Beschluss vom 20.10.2006 - 6 B 67.06 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116). Die Promotionsordnung enthält keine speziellere Regelung. In § 22 Abs. 1 Satz 1 PromO ist lediglich bestimmt, dass sich die Entziehung des Doktorgrades nach den landesrechtlichen Bestimmungen richtet. § 21 Abs. 1 PromO scheidet als Rechtsgrundlage aus, weil diese Bestimmung nur die hier nicht gegebene Fallkonstellation regelt, dass sich noch vor der Aushändigung der Doktorurkunde ergibt, dass der Bewerber oder die Bewerberin über eine Zulassungsvoraussetzung getäuscht oder dass wesentliche Zulassungsvoraussetzungen irrigerweise als gegeben angenommen worden sind, oder wenn Tatsachen bekannt werden, die nach Landesrecht eine Entziehung des Doktorgrades rechtfertigen würden. Gleiches gilt für § 21 Abs. 2 PromO, der den Fall betrifft, dass sich vor Aushändigung der Doktorurkunde ergibt, dass der Bewerber oder die Bewerberin bei einer Promotionsleistung getäuscht hat. Schließlich ist in § 35 Abs. 7 LHG zwar eine spezialgesetzliche Regelung für die Entziehung akademischer Grade für den Fall enthalten, dass sich der Inhaber durch sein späteres Verhalten der Führung des Grades als unwürdig erwiesen hat. Diese Regelung schließt jedoch den Rückgriff auf die allgemeinen Rücknahmevorschriften in anderen Fallkonstellationen nicht aus, wie sich bereits aus der ausdrücklichen Formulierung „unbeschadet der §§ 48 und 49 LVwVfG“ ergibt. Die Entziehung des Doktorgrades ist in Baden-Württemberg schließlich auch nicht vom Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgenommen (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG; ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 - und vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, beide juris).
74 
b. Die tatbestandlichen Rücknahmevoraussetzungen sind hier gegeben.
75 
Die Verleihung des Doktorgrades, die durch die Aushändigung der Urkunde über die bestandene Doktorprüfung an die Klägerin durch Übersendung am 08.01.2002 erfolgte, ist ein begünstigender Verwaltungsakt, der rechtswidrig war. Unabhängig von der tatsächlich unzutreffenden (dazu sogleich) schriftlichen Erklärung der Klägerin gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 PromO a.F., dass sie die Dissertation selbständig verfasst, alle wörtlich oder sinngemäß übernommenen Textstellen als solche kenntlich gemacht, andere Quellen und Hilfsmittel als die in der Arbeit genannten nicht benutzt und die Dissertation noch keiner anderen Fakultät vorgelegt habe, erbrachte die von der Klägerin im Jahr 1998 eingereichte Dissertation nicht den Nachweis der Befähigung zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit (§ 54 Abs. 1 Satz 2 UG, § 7 Abs. 3 Satz 2 PromO a.F. („Sie soll eine beachtenswerte wissenschaftliche Leistung darstellen und die Fähigkeit des Verfassers zu selbständiger Forschung erkennen lassen“; nunmehr: § 38 Abs. 1 Satz 1 LHG; § 7 Abs. 1 PromO). Damit lagen die rechtlichen Voraussetzungen für die Verleihung des Doktorgrades nicht vor. Dieser wurde der Klägerin vielmehr zu Unrecht verliehen.
76 
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass „nur eine unter Offenlegung aller verwendeten Quellen und Hilfsmitteln erbrachte wissenschaftliche Leistung den Anforderungen an eine Dissertation genügt“ (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19 unter Bezugnahme auf VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54; VGH, Urteil vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191) bzw. „die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von Textpassagen aus fremden Werken ohne (ausreichendes) Zitat gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens verstößt und die Annahme als Dissertation im Regelfall ausschließt“ (BayVGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl. 2007, 281). Zu den Grundanforderungen wissenschaftlichen Arbeitens gehört gerade, dass der Beitrag auf eigenständigen Erwägungen beruht und nicht bloß Passagen aus dem Werk eines anderen Autors übernimmt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191).
77 
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht nur einzelne Sätze, sondern vielmehr erhebliche, teilweise mehrseitige Passagen - zum Teil samt Fußnoten - aus fremden Texten anderer Autoren wortgleich oder nahezu wortgleich übernommen, ohne dies hinreichend kenntlich zu machen. Ihre Darlegungen erwecken den falschen Eindruck, Formulierung und Inhalt des Textes stammten insoweit als eigene gedankliche Leistung von ihr.
78 
Die Tatsache, dass die Klägerin einige der betroffenen Werke, aus denen sie ganze Passagen wortgleich oder nahezu wortgleich übernommen hat, unter der Rubrik „X.5 Sekundärliteratur“ in ihr Literaturverzeichnis aufgenommen hat, stellt die Berechtigung des Plagiatsvorwurfs nicht in Frage; denn der Leser eines wissenschaftlichen Werkes erwartet, dass wörtliche Übernahmen aus anderen Werken bei den jeweiligen Textstellen als Zitate oder auf andere geeignete Weise kenntlich gemacht werden (VG Freiburg, Urteil vom 23.05.2012 - 1 K 58/12 -, juris; VG Frankfurt, Urteil vom 23.05.2007 - 12 E 2262/05 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19). Der Kennzeichnungs- und Offenbarungspflicht in einer Dissertation wird nicht dadurch genügt, dass die Werke, aus denen die wörtlich übernommenen Textpassagen stammen, lediglich im Literaturverzeichnis aufgeführt sind (VG Freiburg, Urteil vom 23.05.2012 - 1 K 58/12 -, juris; ebenso Schroeder, NWVBl. 2010, 176, 179 m.w.N.). Im Übrigen sind keineswegs alle, sondern lediglich zehn der insgesamt 32 betroffenen Quellen im Literaturverzeichnis genannt, wie sich aus der synoptischen Zusammenstellung der Beklagten vom 12.05.2011 (Aktenseiten 439 bis 491) ersehen lässt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die bloße Nennung eines Sammelbandes im Literaturverzeichnis nicht ausreichend ist, sondern vielmehr die konkreten Quellen - hier die in Sammelbänden veröffentlichten einzelnen Beiträge - unter namentlicher Nennung des jeweiligen Autors angegeben werden müssen.
79 
Dem steht auch nicht entgegen, dass einige der betroffenen Textstellen die Darstellung historischer Ereignisse betreffen. Inwieweit allgemeine Darstellungen, die Allgemeingut eines Faches sind, im Rahmen einer Dissertation unbelegt bleiben können, bedarf keiner Entscheidung. Denn dies setzt jedenfalls voraus, dass es sich um eigene Darstellungen des Doktoranden handelt. Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin stellt keineswegs allgemein bekannte historische Zusammenhänge selbständig dar, sondern übernimmt seitenweise Passagen aus den Werken anderer Autoren fast wortwörtlich, ohne dies kenntlich zu machen. Lediglich beispielhaft seien folgende - von der Klägerin als „historische Darstellungen“ bezeichnete - Stellen genannt: Die Ausführungen der Klägerin auf den Seiten 43 und 44 ihrer Arbeit sind weitgehend wörtlich übernommen aus der 1984 veröffentlichten Arbeit von Gall „Europa auf dem Weg in die Moderne 1850-1890“ sowie aus zwei Beiträgen von de Jonge („Großbritannien und Irland, Frankreich, Belgien und die Niederlande 1850-1914: Die Wirtschaft“) und Fischer („Wirtschaft und Gesellschaft Europas 1850-1914“) aus dem 1985 erschienenen Band 5 des Handbuchs der Europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Die Arbeit von Gall findet sich zwar im Literaturverzeichnis, ist aber weder auf Seite 43 noch auf Seite 44 der Arbeit genannt; die beiden anderen Beiträge sind weder dort noch im Literaturverzeichnis aufgeführt. Die Ausführungen der Klägerin auf Seite 117 unten sowie auf Seite 118 sind übernommen aus der oben genannten Arbeit von Gall sowie aus einem Beitrag von Lill („Italien im Zeitalter des Risorgimento (1815-1870)“ in Band 5 des Handbuchs der Europäischen Wirtschaftsgeschichte. Keine der beiden Quellen ist auf diesen Seiten genannt; der Handbuchbeitrag von Lill findet sich auch nicht im Literaturverzeichnis. Ihre Ausführungen auf Seite 120 (letzter Absatz) bis Seite 121 oben hat die Klägerin weitgehend aus dem Beitrag von Hertner („Italien 1850-1914“) in Band 5 des Handbuchs der Europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte übernommen. Die weitgehend wörtliche Wiederholung der Vorlagetexte einschließlich der sprachlichen Eigentümlichkeiten und Formulierungen lässt keinen anderen Schluss zu, als dass die Klägerin die Passagen unmittelbar abgeschrieben und nicht etwa zufällig dieselben historischen Zusammenhänge wie andere Autoren wiedergegeben hat.
80 
Der weitere Einwand der Klägerin, einige der betroffenen Textstellen beträfen allgemeine Definitionen, die als solche keines Belegs bedürften, ist ebenfalls zurückzuweisen. Auch insoweit bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob allgemeine Begriffsdefinitionen einer Wissenschaftsdisziplin generell belegt werden müssen, denn bei den von der Klägerin insoweit angeführten Textstellen, handelt es sich nicht um bloße Definitionen, sondern um wortwörtliche Übernahmen erläuternder Darstellungen. Wiederum beispielhaft ist insoweit auf folgende Stellen zu verweisen: Ihre Ausführungen zum Begriff des Geldes auf den Seiten 57 und 58 stammen weitgehend aus dem Beitrag im Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften von Ehrlicher mit dem Titel „Geldtheorie und Geldpolitik III: Geldtheorie“. Aus dem Beitrag von Janning „Leitbilder der europäischen Integration“ in dem von Weidenfeld und Wessels herausgegebenen Sammelband „Europa von A-Z. Taschenbuch der europäischen Integration“ hat die Klägerin ihre Ausführungen zur Europäischen Integration auf Seite 203 übernommen, ohne dass diese Quelle dort oder im Literaturverzeichnis genannt ist. Der Text in den Fußnoten 806 und 807 auf Seite 205 der Arbeit der Klägerin stammt ursprünglich aus dem Beitrag von Hillenbrand „Wirtschafts- und Währungsunion“ in dem genannten Sammelband „Europa von A-Z“. Auch hier fehlt jeder Hinweis auf den Autor.
81 
Unbeachtlich bleibt ferner der Einwand der Klägerin, es handele sich zum Teil nur um handwerkliche Fehler. Es ist zwar grundsätzlich denkbar, vereinzelte fehlerhafte Zitierungen als bloße Bagatellverstöße gegen die Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens außer Acht zu lassen. Dies käme - für sich betrachtet - hinsichtlich folgender Stellen in Betracht: Auf Seite 47 ihrer Arbeit nennt die Klägerin ihre Quelle (Born, Geld und Banken im 19. und 20 Jahrhundert, 1977), aber es fehlen die Anführungszeichen, die deutlich machen, dass hier eine wortwörtliche Übernahme vorliegt. Auch auf Seite 119 wird die Quelle (Hawig, Napoleon III. und Europa - Revision eines Geschichtsbilde. Aufgezeigt an der Beurteilung seiner Mittelmeerpolitik, 1983) in der Fußnote aufgeführt, es fehlen jedoch wiederum die Anführungszeichen zur Kennzeichnung wortwörtlicher Übernahmen, und es ist für den Leser auch nicht zu erkennen, dass nicht nur die in der Fußnote genannten Zahlen, sondern auch die Ausführungen im Haupttext von Hawig stammen. Welches Gewicht derartigen Verstößen zukommt, kann die Kammer offen lassen, denn diese betreffen nur einen äußerst geringen Teil der von der Beklagten überprüften Textstellen. Andere von der Klägerin in diese Kategorie der handwerklichen Fehler eingeordneten Textstellen sind dagegen offensichtliche und erhebliche Täuschungen über die wahre Urheberschaft der ausgeführten Gedanken und verwendeten Formulierungen. Bei der auf den Seiten 110 bis 112 erfolgten weitgehend wörtlichen Übernahme mitsamt der Darstellungsweise mit Spiegelstrichen aus der 1992 veröffentlichten Arbeit von Theurl („Eine gemeinsame Währung für Europa. 12 Lehren aus der Geschichte“) handelt es sich ersichtlich ebenso wenig um einen bloßen handwerklichen Fehler, wie bei den Ausführungen auf Seite 182, wo die Klägerin über eine halbe Seite hinweg wortwörtlich den Text von Theurl übernimmt und mit deren Nennung in der Fußnote 725 zu Unrecht den Eindruck erweckt, lediglich die in Anführungszeichen gesetzte Formulierung („prominenten Platz in der Geschichte der Währungsunion“) stamme von dieser Autorin.
82 
Der Plagiatsvorwurf trifft die Klägerin somit nicht nur vereinzelt oder im Sinne einer unsachgemäßen Handhabung der Zitierweise; vielmehr lassen die von der Beklagten aufgefundenen Stellen den Schluss zu, dass die Klägerin fremde Passagen wiederholt und planmäßig als eigene wissenschaftliche Arbeit ausgewiesen hat. Eine systematische und planmäßige Übernahme fremden Gedankenguts ergibt sich bereits daraus, dass sich die Plagiate an mehreren Stellen der Dissertation auffinden lassen und verschiedene Fremdautoren betreffen. Die von der Beklagten aufgezeigten Übernahmen aus verschiedenen Quellen weisen die Gemeinsamkeit auf, dass längere Passagen wortwörtlich übernommen worden sind, ohne dass dies in ausreichender Weise kenntlich gemacht worden wäre. Für einen Großteil der betroffenen Passagen ist eine Quellenangabe überhaupt nicht erfolgt. Ein bloßer Bagatellverstoß liegt darin offensichtlich nicht, denn betroffen sind weitgehend alle Teile, in denen der historische und wirtschaftswissenschaftliche Hintergrund der Arbeit erläutert wird. So ist im Kapitel IV. 1 (Wirtschaftliche Rahmenbedingungen im ausgehenden und beginnenden 20. Jahrhundert) auf den Seiten 41 bis 44 praktisch kein eigener Gedanke der Klägerin enthalten, ohne dass dies kenntlich gemacht worden wäre. Auch in quantitativer Hinsicht können die Übernahmen nicht als unbedeutend eingestuft werden, weil sie sich insgesamt auf 80 Textseiten der 200 Seiten (reiner Text ohne Inhalts- und Literaturverzeichnis) umfassenden Arbeit finden und von der Klägerin wiederholt und in Bezug auf verschiedene Autoren eingesetzt worden sind.
83 
Die Täuschungshandlung der Klägerin und der durch sie hervorgerufene Irrtum, es handele sich bei der Dissertation um eine in jeder Hinsicht eigenständige Leistung, waren für die Verleihung des Doktorgrades ursächlich; denn der Grad wäre ihr sonst für die vorgelegte Arbeit nicht zuerkannt worden. Dem steht nicht entgegen, dass der Erstgutachter der Arbeit in seinem Votum bemängelt hatte, dass die Klägerin nicht deutlich mache, auf welche Literatur sie sich jeweils stütze. Er führte diesbezüglich aus: „So werden zum Beispiel auf Seite 150 f. einige grundsätzliche Aussagen zur französischen, belgischen und italienischen Kolonialpolitik gemacht, ohne daß auch nur ein einziger Beleg genannt würde.“ Die Auffassung der Klägerin, wonach daraus zu schließen sei, dass die Schwächen ihrer Arbeit bekannt und damit bereits Gegenstand der Bewertung mit „cum laude“ gewesen seien, teilt die Kammer nicht. Gegenstand der Kritik des Erstgutachters war allein das Fehlen von Literaturangaben zu den - nach seiner Einschätzung - selbstständigen Ausführungen der Klägerin. Dass es sich dabei in weiten Teilen nicht um eigene Ausführungen der Klägerin, sondern vielmehr um wörtlich oder sinngemäß übernommene Ausführungen anderer Autoren handelte, war den Gutachtern der Arbeit nicht bekannt. Wäre ihnen bekannt gewesen, dass es sich nicht um eine eigenständige wissenschaftliche Leistung der Klägerin handelte, wäre der vorgelegten Arbeit die Anerkennung als Dissertation zu versagen gewesen.
84 
Der Einwand der Klägerin, sie habe umfangreiche eigene Recherchen durchgeführt, die wissenschaftlichen Ergebnisse ihrer Arbeit beruhten auf ihrer eigenen wissenschaftlichen Arbeit und ihr eigener wissenschaftlicher Beitrag sei eindeutig, ist ebenfalls unbeachtlich. Denn es kommt nicht darauf an, ob der Klägerin für die eingereichte Dissertation ohne die beanstandeten Seiten oder bei jeweils wörtlicher Zitierung der Doktorgrad noch verliehen worden wäre. Derartige hypothetische Erwägungen sind rechtlich unerheblich. Es ist für die Ursächlichkeit der von der Klägerin begangenen Täuschung nicht von Bedeutung, ob ihr für eine andere als die vorgelegte Arbeit der Doktorgrad verliehen worden wäre (so ausdrücklich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191; grundlegend bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54).
85 
c. Die von der Beklagten verfügte Entziehung des Doktorgrades weist auch im Übrigen keine Rechtsfehler auf. Die Beklagte hat nicht verkannt, dass die Entscheidung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG in ihrem Ermessen steht. Die Ermessenserwägungen im Ausgangsbescheid und im Widerspruchsbescheid sind auch nicht fehlerhaft im Sinne von § 114 VwGO. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Entschließungsermessens in Bezug auf die Durchführung eines Entziehungsverfahrens (dazu unter aa.) als auch hinsichtlich des Auswahlermessens bezüglich der gewählten Rechtsfolge (dazu unter bb.).
86 
aa. Die Beklagte hat ihr Entschließungsermessen hinsichtlich der Durchführung eines Entziehungsverfahrens ordnungsgemäß ausgeübt. Dem steht nicht entgegen, dass Anlass für die Einleitung des Verfahrens durch die Beklagte eine Überprüfung der Arbeit der Klägerin durch anonyme Internetnutzer und die Veröffentlichung von deren Ergebnissen auf der Internetseite http://de.vroniplag.wikia.com/wiki/xxx waren. Unabhängig davon, auf welche Weise und durch wen tatsächliche Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens bekannt werden, ist die betroffene Universität und das zur Entscheidung berufene Organ berechtigt, diese Vorwürfe im Rahmen eines Entziehungsverfahrens zu prüfen.
87 
bb. Auch die getroffene Ermessensentscheidung, der Klägerin den Doktorgrad zu entziehen, begegnet keinen Bedenken. Die erheblichen Nachteile, die diese Entscheidung für die Klägerin in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht nach sich zieht, hat der Promotionssauschuss bei seiner Entscheidung nicht verkannt. Dass die öffentlichen Interessen an der Entziehung des Doktorgrades im Ergebnis höher bewertet wurden, ist rechtlich in keiner Weise zu beanstanden. Zutreffend hat der Promotionsausschuss hierbei auf das ganz erhebliche Ausmaß der Plagiate der Klägerin und das Gewicht der wissenschaftlichen Unredlichkeit abgehoben.
88 
Der Promotionsausschuss hat auch die Tatsache, dass seit der Verleihung des Doktorgrades und dessen Entziehung mehr als zehn Jahre vergangen waren, hinreichend berücksichtigt (zur Berücksichtigung des Zeitablaufs seit der Verleihung des Doktorgrades im Rahmen des Ermessens vgl. zuletzt VG Köln, Urteil vom 22.03.2012 - 6 K 6097/11 -, NWVBl. 2012, 366 und VG Köln, Urteil vom 06.12.2012 - 6 K 2684/12 -, juris). Der Faktor Zeitablauf ist zwar weder in dem Sitzungsprotokoll des Promotionsausschusses vom 14.06.2011 noch in dem ausführenden Bescheid des Dekans vom 22.06.2011 gesondert thematisiert worden, der Promotionsausschuss hat jedoch ausweislich des Sitzungsprotokolls intensiv über die Verhältnismäßigkeit einer Entziehung des Doktortitels diskutiert und ist nach Abwägung aller sachlichen und persönlichen Gesichtspunkte zur Auffassung gekommen, dass die Entziehung des Doktortitels nicht gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit verstoße. Da den Mitgliedern des Promotionsausschusses bekannt war, dass die Titelverleihung bereits im Jahr 2000 erfolgt war, und in der Sitzung am 14.06.2011 nach persönlicher Anhörung der Klägerin alle - dem Ausschuss bekannten - sachlichen und persönlichen Gesichtspunkte erörtert worden sind, ist ein Ermessensfehler dahingehend, dass ein Gesichtspunkt nicht beachtet worden wäre, nicht erkennbar. Die Frage, wie und mit welchem Gewicht dieser Gesichtspunkt des Zeitablaufs in die Ermessensentscheidung eingestellt wird, obliegt dem Ausschuss und entzieht sich der gerichtlichen Kontrolle (§ 114 VwGO). Für eine ermessensfehlerhafte Gewichtung bestehen insoweit keine Anhaltspunkte.
89 
Selbst wenn man davon ausginge, dass eine Berücksichtigung des Zeitablaufs zwischen Titelerteilung und Titelentzug mangels ausdrücklicher Erwähnung im Sitzungsprotokoll und in der Begründung des Ausgangsbescheids nicht in hinreichendem Maße stattgefunden und daher ursprünglich ein Ermessensfehler vorgelegen hätte, wäre dieser durch die in der Sitzung des Promotionsausschusses am 03.11.2011 getroffene Abhilfeentscheidung geheilt worden. Im Protokoll der Promotionsausschusssitzung vom 03.11.2011 heißt es - nachdem die Klägerin den zeitlichen Aspekt erstmals ausdrücklich in ihrer Widerspruchsbegründung geltend gemacht hatte - ausdrücklich: „Der Ausschuss kann außerdem nicht erkennen, dass sich Frau xxx Rechtsposition durch Zeitablauf verfestigt hätte. Unbeschadet seiner Auffassung, dass im Falle der Dissertation Frau xxx allein aufgrund der Quantität und der Qualität der Plagiate keine Nachbesserung in Betracht kommen kann, hält der Ausschuss die Nachbesserung eines bereits vor zehn Jahren veröffentlichten Buches nicht für vertretbar.“ Aufgrund dieser (nochmaligen) expliziten Befassung des Promotionsausschusses mit dem Zeitablauf und dessen Einstellung in die Ermessenserwägungen bedarf es keiner Entscheidung, ob - wie die Klägerin bestreitet - das Ermessen des Promotionsausschusses hinsichtlich der Entziehung des Doktorgrades auch durch die Widerspruchsentscheidung oder noch im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden kann (§ 114 Satz 2 VwGO).
90 
Der Einwand der Klägerin, der Promotionsausschuss hätte eine Nachbesserungsauflage als milderes Mittel vorsehen oder es bei einer wissenschaftlichen Rüge belassen müssen, weil der erhebliche Zeitablauf seit Abgabe der Dissertation zu einer Verfestigung ihrer rechtlichen Position führe, welcher nach Möglichkeit auf der Ebene des Auswahlermessens Rechnung zu tragen sei, und weil außerdem durch die öffentliche Debatte das Präventionsziel bereits erreicht sei, ist zurückzuweisen. Das (möglicherweise vorhandene) Vertrauen der Klägerin, der verliehene Grad werde ihr erhalten bleiben, steht dessen Entziehung nicht entgegen. Zum einen hindert ein Vertrauensschutz die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts, der keine Geld- oder Sachleistungen gewährt, grundsätzlich nicht, da § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG in solchen Fällen nicht gilt (§ 48 Abs. 3 LVwVfG). Im Übrigen wäre die Klägerin auch nach § 48 Abs. 2 LVwVfG nicht gegen eine Rücknahme der Begünstigung geschützt, da sie die Gradverleihung durch eine arglistige Täuschung bewirkt hat (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG). Arglist in diesem Sinne liegt vor, wenn die bewusste Irreführung darauf gerichtet war, auf den Erklärungswillen einer Behörde hinzuwirken. Sie ist damit bei einer vorsätzlichen Täuschung, wie sie der Klägerin hier vorzuwerfen ist, regelmäßig gegeben; Anhaltspunkte für das Gegenteil liegen nicht vor (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, juris).
91 
Der Promotionsausschuss hat sich auch in hinreichendem Maße mit der Frage befasst, ob mildere Maßnahmen unterhalb der Entziehung des Doktorgrades, etwa eine Nachbesserungsauflage, in Betracht kommen könnten, und sich damit im Rahmen seiner Ermessensausübung auseinandergesetzt. Der Hinweis der Klägerin auf zwei weitere Fälle an der Medizinischen Fakultät der Beklagten, in denen geringere Sanktionen als die Entziehung des Doktorgrades verhängt worden seien, hat für die Entscheidung des Promotionsausschusses der Philosophischen Fakultät im vorliegenden Verfahren keine Bedeutung.
92 
Der von der Klägerin erhobene Einwand, wonach gegen die Verfasser anderer Dissertationen, bei denen die gleichen Fehler vorlägen, nicht vorgegangen werde und woraus sich eine Verwaltungspraxis ergebe, die auch in ihrem Fall angewandt werden müsse, geht ebenfalls ins Leere. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten in vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit andere Maßstäbe angelegt hätte. Die Beklagte hat vielmehr dargelegt, dass es seit der Gründung der Philosophischen Fakultät im Jahr 2002 keine Fälle gegeben habe, in denen ein Entziehungsverfahren durchgeführt worden sei. Eine Ermessenbindung scheidet somit bereits mangels entsprechender Verwaltungspraxis aus. Die pauschalen Behauptungen der Klägerin, eine Vielzahl anderer Dissertationen sei ebenso fehlerhaft wie ihre eigene, sind im Übrigen rein spekulativ und bleiben daher ohne rechtliche Bedeutung.
93 
Dass Erst- und Zweitgutachter die ganz erheblichen Plagiate nicht schon bei der Annahme und bei der Bewertung ihrer schriftlichen Dissertation entdeckt haben, begründet für die Klägerin ebenfalls keinen Vertrauensschutz dahingehend, die elementaren Grundlagen wissenschaftlicher Arbeitstechniken missachten zu dürfen (BayVGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl 2007, 281; VG Freiburg, Urteil vom 23.05.2012 - 1 K 58/12 -, juris; VG Sigmaringen, Urteil vom 04.10.2007 - 8 K 1384/05 -, n.v.). Auch ein „Mitverschulden“ der Beklagten lässt sich daraus nicht konstruieren, da keine Verpflichtung der Beklagten bestand, sämtliche Dissertationen bereits bei ihrer Abgabe - unabhängig von einem Verdacht auf einen Verstoß gegen die allgemeinen Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens - auf derartige Verfehlungen hin zu kontrollieren (vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 04.10.2007 - 8 K 1384/05 -, S. 15 des Entscheidungsabdrucks).
94 
Die Aufforderung im Bescheid des Dekans vom 22.06.2011, die Promotionsurkunde zurückzugeben, sieht die Kammer nur als einen Hinweis und nicht als Regelung im Sinne eines Verwaltungsakts auf Rückgabe gemäß § 52 LVwVfG.
95 
II. Da der Widerspruchsbescheid vom 30.11.2011 - wie bereits ausgeführt - weder formell noch materiell zu beanstanden ist, bleibt auch der Hilfsantrag ohne Erfolg.
96 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
97 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO vorliegt.
98 
B E S C H L U S S
99 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Ziffer 18.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (DVBl. 2004, 1525) auf 15.000 EUR festgesetzt.
100 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
22 
Die zulässige Klage ist sowohl mit dem Hauptantrag (dazu unter I.) als auch mit dem Hilfsantrag (dazu unter II.) unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 und der Widerspruchsbescheid vom 30.11.2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
23 
I. Der Hauptantrag ist unbegründet.
24 
1. Die angegriffenen Verfügungen - der Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 (dazu unter a.) sowie der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.11.2011 (dazu unter b.) - sind formell ordnungsgemäß zustande gekommen.
25 
a. Der Bescheid der Beklagten vom 22.06.2011 ist formell rechtmäßig ergangen. Mit dem Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten hat das zuständige Organ der Fakultät über die Entziehung des Doktorgrades entschieden (aa.). Bei seiner am 14.06.2011 getroffenen Entscheidung war der Promotionsausschuss vorschriftsmäßig besetzt (bb.) und die Anwesenheit von Prof. Dr. F. und Frau St. in der Sitzung am 14.06.2011 führte nicht zur formellen Rechtswidrigkeit der Entscheidung (cc.). Schließlich war der Promotionsausschuss in seiner Sitzung am 14.06.2011 auch beschlussfähig (dd.).
26 
aa. Die Zuständigkeit für die Entziehung eines Doktorgrades liegt bei der Hochschule, die den Grad verliehen hat (§ 35 Abs. 7 Satz 2 LHG). Zuständiges Organ innerhalb der Hochschule hierfür ist der Promotionsausschuss der Beklagten, der in seiner Sitzung am 14.06.2011 über die Entziehung des Doktorgrades abschließend entschieden hat. In Ausführung dieses Beschlusses hat der Dekan der Philosophischen Fakultät als Vorsitzender des Promotionsausschusses den Bescheid vom 22.06.2011 erlassen.
27 
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Promotionsordnung der Universität Heidelberg für die Philosophische Fakultät und die neuphilosophischen Fakultät vom 22.09.2006 in der Fassung vom 24.05.2007 (im Folgenden: Promotionsordnung - PromO -) richtet sich die Entziehung des Doktorgrades nach den landesrechtlichen Bestimmungen. Soweit dort eine Zuständigkeitsregelung fehlt, ist der Promotionsausschuss zuständig (Satz 2). Die Zuständigkeit des Promotionsausschusses folgt hier aus § 22 Abs. 1 Satz 2, da die Promotionsordnung auf den vorliegenden Fall anzuwenden (dazu unter aaa.) und eine anderweitige Zuständigkeitsbestimmung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO nicht gegeben ist (dazu unter bbb.).
28 
aaa. Im vorliegenden Fall findet die Promotionsordnung und nicht etwa die frühere Fassung der Promotionsordnung der Universität Heidelberg für die Philosophisch-historische Fakultät, die Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaft und die Neuphilologische Fakultät vom 28.08.1989 ( - PromO a.F. -) Anwendung, nach deren § 10 Abs. 2 Satz 2 für die Entziehung des Doktorgrades, soweit eine Zuständigkeitsregelung fehlte, nicht der Promotionsausschuss, sondern der erweiterte Fakultätsrat zuständig war. Dies folgt daraus, dass sich die Rechtmäßigkeit der Entziehung eines Doktorgrades -und damit auch die Zuständigkeit des zur Entscheidung berufenen Gremiums -mangels anderweitiger Bestimmungen im Hochschulrecht als dem einschlägigen Fachrecht nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids richtet (ebenso unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HschR/NF 21A Nr. 19). Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids war die Promotionsordnung in Kraft, da sie auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage beruhte und formell rechtmäßig erlassen wurde.
29 
Die Promotionsordnung findet die Ermächtigung für ihren Erlass in § 38 Abs. 4 Sätze 1 und 2 LHG. Nach § 38 Abs. 4 Satz 1 LHG führt die Hochschule Promotionsverfahren auf der Grundlage einer Promotionsordnung durch, die vom Senat zu beschließen ist und der Zustimmung des Vorstandsvorsitzenden bedarf. Nach § 38 Abs. 4 Satz 2 LHG regelt die Promotionsordnung die weiteren Zulassungsvoraussetzungen, die Höchstdauer der Promotionszeit sowie die Durchführung des Promotionsverfahrens. Die Regelung der „Durchführung des Promotionsverfahrens“ umfasst sowohl die Entziehung des Doktorgrades als auch die Bestimmung des für die Durchführung des Promotionsverfahrens - und damit auch für die Entziehung -zuständigen Organs - hier des Promotionsausschusses.
30 
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte zur Frage der Ermächtigungsgrundlage für derartige Vorschriften einer Promotionsordnung zur Rechtslage nach dem Universitätsgesetz ausgeführt, Ermächtigungsgrundlage für Promotionsordnungen, in denen auch die Entziehung des Doktorgrades geregelt sei, sei § 54 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 und Nr. 9 des Universitätsgesetzes in der ursprünglichen Fassung vom 22.11.1977 (GBl. S. 473; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HschR/NF 21A Nr. 19). Nach § 54 Abs. 2 Satz 3, 1. Halbsatz UG i.d.F. 22.11.1977 bedurfte die vom Senat der Universität als Satzung zu beschließende Promotionsordnung der Zustimmung des Rektors. Der 2. Halbsatz der Vorschrift ordnete die entsprechende Geltung einzelner Vorschriften über Prüfungsordnungen, namentlich § 51 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 3 bis 7, 9 bis 13 UG, an. Zu diesen entsprechend anwendbaren Regelungen zählten insbesondere die Vorschriften über die Prüfungsorgane (§ 51 Abs. 2 Nr. 5 UG) sowie über die Folgen von Prüfungsverstößen (§ 51 Abs. 2 Nr. 9 UG), die demnach - so der Verwaltungsgerichtshof - auch im Rahmen einer Promotionsordnung geregelt werden dürften.
31 
Mit dem Landeshochschulgesetz wurde die Verweisung auf die Vorschriften über Prüfungsordnungen aufgegeben und stattdessen in § 38 Abs. 4 LHG eine eigenständige Regelung der Promotionsordnungen getroffen. Statt - wie bisher - die entsprechende Anwendbarkeit einzelner Regelungen zu statuieren, wurde in § 38 Abs. 4 Satz 2 LHG mit „Durchführung des Promotionsverfahrens“ ein weitreichender Oberbegriff eingeführt, der - abgesehen von den gesondert genannten Zulassungsvoraussetzungen sowie der Höchstdauer der Promotion - alle Verfahrensfragen umfasst. Dass auch die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsregeln Teil des Promotionsverfahrens sind und somit zu dessen Durchführung zählen, lässt sich bereits § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 UG entnehmen, der unter dem Begriff „Ablauf des Prüfungsverfahrens“ insbesondere den Beginn, die Gliederung, die Dauer des Prüfungsverfahrens, Prüfungstermine und die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften aufzählte. Auch die Gesetzesbegründung zum Landeshochschulgesetz stellt klar, dass durch die Neufassung des § 38 LHG und die eigenständige Regelung der Promotionsordnungen in dessen Absatz 4 keine inhaltliche Änderung vorgenommen werden sollte. Zu § 38 Abs. 4 LHG heißt es dort ausdrücklich, Absatz 4 entspreche inhaltlich dem bisherigen Recht von § 54 Abs. 2 Sätze 3 bis 5, Abs. 3 Satz 2 UG; die Neufassung umschreibe allerdings die Inhalte als Folge der Zielsetzungen der Novelle insbesondere in Satz 2 in anderer Weise (vgl. Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.10.2004, LT-Drs. 13/3640, S. 212). Die Zielsetzung des Landesgesetzgebers bei der Neufassung der Bestimmungen über die Promotion war es, die Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch intensive Betreuung der Doktoranden zu verbessern und dabei auf die bisherigen Detailvorgaben in § 54 Abs. 2 bis 4 UG zu verzichten (vgl. LT-Drs. 13/3640, S. 211).
32 
Die Promotionsordnung ist auch formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Der dazu gemäß § 38 Abs. 4 Satz 1 LHG berufene Senat der Beklagten hat die Promotionsordnung in seiner Sitzung am 19.06.2006 beschlossen. Bei dieser Senatssitzung war der zu diesem Zeitpunkt aus 19 Amts- und 20 Wahlmitgliedern bestehende Senat ordnungsgemäß besetzt und beschlussfähig. Insbesondere waren ausweislich des Protokolls der Senatssitzung am 19.06.2006 nur elf der insgesamt 39 Senatsmitglieder nicht anwesend, so dass keine Bedenken gegen die Beschlussfähigkeit des Senats bestehen. Die beiden bei der Sitzung des Senats ebenfalls anwesenden Gäste Frau Prof. Dr. J. und Herr Prof. Dr. Sch. waren jeweils zu anderen Tagesordnungspunkten geladen; Prof. Dr. W. war trotz seiner Nennung als Gast ausweislich der im Protokoll unter den Tagesordnungspunkte 11 und 12 angegebenen Erläuterungen aus gesundheitlichen Gründen an der Teilnahme verhindert. Mit seiner Unterschrift auf der Ausfertigung der Promotionsordnung am 22.09.2006 hat der damalige Rektor der Beklagten seine nach § 38 Abs. 4 Satz 1 LHG erforderliche Zustimmung zur Promotionsordnung erteilt. Zudem ist die Promotionsordnung entsprechend den Vorgaben des § 8 Abs. 6 Satz 1 LHG im Mitteilungsblatt des Rektors bekanntgemacht worden (vgl. Mitteilungsblatt des Rektors vom 25.09.2006, S. 749 ff.). Auch die nachfolgende, den § 22 PromO nicht betreffende Änderung der Promotionsordnung vom 24.05.2007 erfolgte wirksam durch den Beschluss des Senats vom 22.05.2007, die Zustimmungserteilung des Rektors vom 24.05.2007 und die nachfolgende Veröffentlichung im Mitteilungsblatt des Rektors (vgl. Mitteilungsblatt des Rektors vom 06.07.2007, S. 1765).
33 
bbb. Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 PormO war der Promotionsausschuss für die Entscheidung über die Entziehung des Doktorgrades zuständig. Denn es besteht keine vorrangige landesrechtliche Zuständigkeitsregelung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO, die den Rückgriff auf die subsidiäre Zuständigkeitsbestimmung des § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO und damit die Zuständigkeit des Promotionsausschusses ausschließen würde. Bei der allgemeinen Zuständigkeitsbestimmung des § 23 Abs. 3 Satz 1 LHG, wonach der Fakultätsvorstand für alle Fakultätsangelegenheiten im Sinne des § 22 Abs. 1 LHG zuständig ist, handelt es sich nicht um eine vorrangige Zuständigkeitsregelung. Dies folgt daraus, dass § 22 Abs. 1 Satz 2 PromO unmittelbar Bezug nimmt auf Absatz 1 Satz 1, dessen Regelungsgegenstand ausschließlich die Entziehung des Doktorgrades ist. Nur wenn für diese spezielle Aufgabe - Entziehung des Doktorgrades - eine landesrechtliche Bestimmung bestünde, wäre diese vorrangig. So wäre etwa die frühere Regelung des Gesetzes über die Führung akademischer Grade vom 07.06.1939 (RGBl. I S. 985) i.V.m. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Führung akademischer Grade vom 21.07.1939 (RGBl. I S. 1326), welche nach 1945 als Landesrecht fortgalt und für die Entziehung des Doktorgrades die Zuständigkeit eines Rektor-Dekane-Ausschusses begründete (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54), eine derartige spezielle landesrechtliche Regelung, die in § 22 PromO gemeint ist. Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Regelung, wonach das Organ, das den Doktorgrad verleiht, auch über die Entziehung entscheidet. Denn in der Sache ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung vorlagen.
34 
bb. Der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät war bei seiner Entscheidung über die Entziehung des Doktorgrades der Klägerin auch vorschriftsmäßig besetzt. Die gewählten Mitglieder des Promotionsausschusses erfüllen die Anforderungen der Promotionsordnung (dazu unter aaa.); die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl der Ausschussmitglieder sind unerheblich (dazu unter bbb.).
35 
aaa. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 PromO werden die Mitglieder des Promotionsausschusses und je ein Stellvertreter vom Fakultätsrat für eine Amtszeit von zwei Jahren gewählt. Dass die Wahl des Promotionsausschusses hier anlässlich des Verfahrens der Klägerin am 13.04.2011 stattfand, ist nicht zu beanstanden. Die Amtszeit des zuvor am 25.10.2006 gewählten Promotionsausschusses war seit langem abgelaufen. Ob die Annahme der Beklagten zutreffend ist, dass die Mitglieder des Promotionsausschusses, solange kein neuer Promotionsausschuss gewählt worden ist, ihr Amt gemäß § 9 Abs. 2 LHG auch über mehrere Jahre hinweg weiterführen konnten, wenn kein neuer Promotionsausschuss gewählt wird, bedarf keiner Entscheidung. Aufgrund der bereits seit langem abgelaufenen Amtszeit der bisherigen Mitglieder des Promotionsausschusses bestand im April 2011 jedenfalls Anlass, den Promotionsausschuss neu zu wählen. Nach § 3 Abs. 3 PromO sind Mitglieder des Promotionsausschusses der Dekan oder ein Prodekan als Vorsitzender sowie vier weitere Hochschullehrer oder Privatdozenten der Fakultät, die hauptberuflich an der Universität Heidelberg tätig sind. Die vom Großen Fakultätsrat in seiner Sitzung am 13.04.2011 gewählten und am 14.06.2011 anwesenden Mitglieder des Promotionsausschusses erfüllen diese Voraussetzungen.
36 
bbb. Die von der Klägerin erhobenen Rügen gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses greifen nicht durch.
37 
Für derartige Einwände gegen die Rechtmäßigkeit von Gremienwahlen ist in der Verfahrensordnung der Beklagten ein gesondertes Verfahren vorgesehen. Nach § 14 Satz 1 der Verfahrensordnung muss der Einwand, Beschlüsse oder Wahlen seien nicht entsprechend dieser Verfahrensordnung zu Stande gekommen, spätestens bis zum Beginn der nächsten Sitzung (des betreffenden Gremiums) erhoben werden. Satz 3 regelt das anschließende Verfahren und bestimmt, dass, sofern der Einwand vom Gremium als berechtigt anerkannt wird, über die Angelegenheit erneut zu beraten und zu beschließen bzw. zu wählen ist. Damit soll sichergestellt werden, dass mögliche Verfahrensfehler einerseits zeitnah korrigiert werden können und andererseits die getroffenen Beschlüsse und durchgeführten Wahlen nach Ablauf der Frist (Beginn der nächsten Sitzung) Bestand haben. Dementsprechend hat die Beklagte die Stimmzettel zur Wahl des Promotionsausschusses in der dem 13.04.2011 nachfolgenden Sitzung des Großen Fakultätsrats vernichtet.
38 
Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl können darüber hinaus nicht - gleichsam als Vorfrage - im vorliegenden Rahmen der Anfechtung der Entziehungsverfügung geltend gemacht werden. Dies folgt aus dem in § 10 Abs. 5 LHG enthaltenen Rechtsgedanken sowie aus allgemeinen im Staats- und Verwaltungsrecht geltenden Grundsätzen.
39 
§ 10 Abs. 5 LHG lautet: „Ist die Wahl eines Gremiums oder einzelner Mitglieder eines Gremiums rechtskräftig für ungültig erklärt worden, so führt dieses Gremium in der bisherigen Zusammensetzung die Geschäfte bis zum Zusammentreten des auf Grund einer Wiederholungs- oder Neuwahl neugebildeten Gremiums weiter (Satz 1). Die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit dieser Mitglieder wird durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt (Satz 2). Satz 2 gilt bei einer fehlerhaften Besetzung von Gremien entsprechend (Satz 3).“ § 10 Abs. 5 Sätze 2 und 3 LHG treffen somit eine Regelung, die im Interesse der Rechtssicherheit dazu führt, dass die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit gewählter Mitglieder eines Gremiums der Universität, deren Wahl rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, durch die Ungültigkeit der Wahl oder durch sonstige Fehler, die zu einer fehlerhaften Besetzung des Gremiums führen, nicht berührt wird (ebenso zur früheren Regelung des § 109 Abs. 3 UG VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, juris).
40 
Gremium im Sinne dieser Vorschrift ist auch der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten (vgl. § 10 Abs. 1 LHG; ebenso § 1 der Verfahrensordnung der Beklagten). Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses müssen im vorliegenden Verfahren unbeachtet bleiben, denn erkennbare Zielsetzung des Landesgesetzgebers bei der Schaffung des früheren § 109 Abs. 3 UG, dessen Regelungen in § 10 Abs. 5 Sätze 1 und 2 LHG unverändert übernommen wurden (vgl. Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.10.2004, LT-Drs. 13/3640, S. 182), war es, Rechtssicherheit durch Anerkennung der Rechtsbeständigkeit der von den universitären Gremien geschaffenen Maßnahmen unabhängig von der etwaigen Fehlerhaftigkeit zugrundeliegender Wahlen zu schaffen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, juris). Dass dies auch die Intention des Landesgesetzgebers bei der Schaffung des Landeshochschulgesetzes war, wird daraus ersichtlich, dass neben der unveränderten Übernahme des § 109 Abs. 3 UG in § 10 Abs. 5 den Sätzen 1 und 2 LHG ein Satz 3 angefügt wurde, um - so die Begründung des Gesetzentwurfs - klarzustellen, dass die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit von Mitgliedern auch dann unberührt bleibt, wenn das Gremium aus anderen Gründen fehlerhaft besetzt sein sollte. Dies gelte insbesondere für die Amtsmitglieder eines Gremiums selbst, aber auch für vom Gremium gewählte Funktionsträger, z.B. für den Studiendekan und die Studienkommissionen sowie die Mitglieder von Prüfungsausschüssen usw. (vgl. LT-Drs. 13/3640, S. 182). Wird die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit der Mitglieder eines Gremiums sogar dann durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt, wenn diese Wahl rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, so muss dies erst recht dann gelten, wenn - wie hier - lediglich Einwände gegen die Gültigkeit der Wahlen erhoben werden (so schon zur Vorgängerregelung des § 109 Abs. 3 Satz 2 UG: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.09.2003 - 4 S 1636/01 -, juris).
41 
Darin liegt - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch kein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG, wonach die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht gebunden ist, denn die Unbeachtlichkeit derartiger Rügen ist Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes, wonach es die rechtliche Wirksamkeit staatlicher Rechtsakte nicht berührt, wenn die Wirksamkeit der Bestellung des handelnden Staatsorgans in Frage gestellt ist, solange diese Bestellung nicht in dem hierfür vorgesehenen Verfahren widerrufen oder für ungültig erklärt worden ist; auch dann wirkt der Widerruf oder die Ungültigkeiterklärung der Bestellung nur ex nunc. Das gilt im Staatsrecht für die Wahl der Landtage und des Deutschen Bundestages (BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 14 [38]; Entscheidung vom 11.10.1972 - 2 BvR 912/71 -, BVerfGE 34, 81 [95 f.]) und im Verwaltungsrecht für die Wahl der Kreistage und Gemeinderäte (BVerfG, Beschluss vom 11.11.1953 - 1 BvR 444/53 -, BVerfGE 3, 41 [44]; vgl. § 30 Abs. 3 Satz 2 GemO; § 21 Abs. 3 Satz 2 LKrO). In diesen Fällen besteht zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen demokratischen Willensbildung ein gesondertes Wahlprüfungsverfahren. Etwaige Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl sind ausschließlich in diesem Verfahren geltend zu machen.
42 
Dieser Grundsatz gilt aber nicht nur für gewählte Organe, sondern auch für ernannte Amtswalter, ohne dass es dort ein gesondertes Prüfungsverfahren gäbe. So hat die unerkannte Unwirksamkeit der Ernennung eines Beamten ebenso wenig Einfluss auf die Wirksamkeit seiner Amtshandlungen (§ 15 Satz 3 BBG; § 13 Abs. 4 Satz 1 LBG) wie die noch nicht rechtskräftig festgestellte Nichtigkeit der Ernennung eines Richters (§ 18 Abs. 3 DRiG) auf dessen Rechtsprechungstätigkeit. Auch gerichtliche Entscheidungen, an denen ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat, dessen Wahl nachträglich rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, werden hierdurch in ihrer Wirksamkeit nicht berührt (BVerwG, Beschlüsse vom 09.06.1987 - 9 CB 36.87 -, DVBl. 1987, 1112 und vom 03.09.1987 - 1 CB 39.87 -, Buchholz 310 § 26 VwGO Nr. 2).
43 
Diese Grundsätze entsprechen dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (vgl. BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 14 [38]; ebenso unter Hinweis auf die Konsequenzen einer abweichenden Auffassung VG Freiburg, Urteil vom 24.02.1996 - 10 K 1064/95 -, GewArch 1997, 423). Bei gewählten Hauptorganen öffentlich-rechtlicher Körperschaften dienen sie zudem dem Gebot, die jeweilige Körperschaft zu keiner Zeit ohne handlungsfähiges Organ zu lassen (vgl. Versteyl, in: von Münch/Kunig, GG Bd. I, 6. Aufl. 2012, Art. 41 GG Rn. 13; zum Ganzen eingehend VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.12.1997 - 9 S 2506/07 -, GewArch 1998, 164; StGH Bremen, Entscheidung vom 28.02.1984 - St 2/93 -, DVBl. 1994, 633; ebenso BGH, Urteil vom 17.12.1973 - II ZR 47/71 -, NJW 1974, 183 in Abgrenzung zur Rechtslage bei innerparteilichen Wahlen, die dem privaten Vereinsrecht unterliegen).
44 
Dieser Grundsatz findet vorliegend auch für die Wahl der Mitglieder des Promotionsausschusses Anwendung, da der Promotionsausschuss Vertretungsorgan der Fakultät (Gremium) im Rahmen des Promotionsverfahrens und als solches mit Ausübung von Hoheitsmacht beauftragt ist.
45 
Dem steht auch nicht die spezifische Aufgabe des Promotionsausschusses bei der Durchführung des Promotionsverfahrens bzw. im Verfahren der Entziehung des Doktorgrades entgegen. Der Einwand der Klägerin, eine abweichende Besetzung des Promotionsausschusses hätte Auswirkungen auf das Ergebnis der zu treffenden Ermessensentscheidung gehabt und sei deshalb in jeden Fall erheblich, trägt nicht. Die Tatsache, dass Ermessensentscheidungen von einem anderen Amts- oder Mandatsträger gegebenenfalls anders getroffenen würden, ist nicht ausschlaggebend, denn dies würde auch im Falle einer fehlerhaften Beamtenernennung durchgreifen, sofern der betreffende Beamte Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, die Ermessensentscheidungen beinhalten. Die Argumentation der Klägerin zielt in der Sache auf eine Gleichstellung des Promotionsausschusses mit einer aus mehreren Prüfern zusammengesetzten Prüfungskommission, welche hier jedoch abzulehnen ist.
46 
Richtig ist, dass die Bestellung eines Prüfers oder mehrerer Prüfer für eine bestimmte Prüfung für das Prüfungsergebnis grundsätzlich erhebliche Bedeutung hat, weil die prüfungsspezifischen Wertungen des Prüfers von seiner Einschätzung der Leistungen des Prüflings und ferner von seinen Erfahrungen hinsichtlich des für ein positives Prüfungsergebnis grundsätzlich vorauszusetzenden Leistungsniveaus abhängen (vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 362). Bei dem Promotionsausschuss handelt es sich jedoch nicht um eine Prüfungskommission, sondern vielmehr um einen Prüfungsausschuss, welcher keine Prüfungs- sondern Verwaltungsentscheidungen trifft (vgl. zur Begrifflichkeit und zur Unterscheidung Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 356). Dies folgt aus § 2 Abs. 3 PromO, wonach die Organe der jeweiligen Fakultät der Promotionsausschuss sowie eine vom Promotionsausschuss - für jedes Promotionsverfahren gesondert - eingesetzte Promotionskommission sind. Im Gegensatz zur Promotionskommission, die eine Leistungsbewertung vornimmt und damit Prüferaufgaben erfüllt, sorgt der Promotionsausschuss nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Promotionsordnung für den ordnungsgemäßen Ablauf des Promotionsverfahrens. Dass der Ausschuss als solches keine Prüfungskommission und seine Mitglieder keine Prüfer sind, folgt auch aus der Tatsache, dass Stellvertreter gewählt werden, bei verschiedenen Sitzungen des Promotionsausschusses demnach verschiedene und unterschiedlich viele Mitglieder bzw. deren Stellvertreter anwesend sind und der Promotionsausschuss auch ohne vollständige Anwesenheit aller Mitglieder beschlussfähig ist. Es ist vielmehr ausreichend, wenn sich die an der abschließenden Entscheidung teilnehmenden Ausschussmitglieder durch entsprechende Vorbereitung (Lektüre schriftlicher Unterlagen wie etwa der Synopse sowie der Protokolle vorangegangener Ausschusssitzungen) ein eigenes Bild von dem zu entscheidenden Fall gemacht haben. Diese durch die Konzeption des Promotionsausschusses und seine Verfahrensordnung bedingten personellen Wechsel in einem laufenden Verfahren wären für ein Prüfungsverfahren, zu dessen Durchführung einzelne Prüfer individuell zu bestimmen sind, nicht zulässig.
47 
Dem steht auch nicht entgegen, dass dem Promotionsausschuss bei der Entziehung des Doktorgrades ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich des Umfangs oder des Gewichts eines Plagiats und des Ausmaßes der damit verbundenen Schädigung der öffentlichen Interessen zusteht, weil die Beurteilung dieser Fragen durch die Satzungsregelung bewusst dem wissenschaftlichen Gremium der Fakultät zugewiesen ist, und diese Fragen „nach prüfungsrechtlichen Gesichtspunkten“ beantwortet werden müssen (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK- HSchR/NF 21A Nr. 19). Denn bei der Bewertung, ob ein Plagiat vorliegt, besteht kein prüfungsspezifischer Bewertungsspielraum; diese Beurteilung kann vielmehr durch jeden sachverständigen Dritten erfolgen (BVerwG, Beschluss vom 21.12.2006 - 6 B 102.06 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116; BayVGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl. 2007, 281; Schroeder, NWVBl. 2010, 177). Dementsprechend nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in der Sache - vergleichbar der Rechtsprechung zu den Täuschungsversuchen - eine vollständige Prüfung vor, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rücknahmeentscheidung vorliegen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19, und vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191). Schließlich kommt es nach der Rechtsprechung für die Beurteilung, ob der Verstoß gegen die Anforderungen wissenschaftlichen Arbeitens vorliegt, auch nicht auf die - allein durch Prüfer zu beurteilende - Frage an, ob die Arbeit ohne fehlerhafte Stellen noch eine promotionswürdige Leistung darstellt (vgl. VGH Baden- Württemberg, Urteil vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191; grundlegend dazu bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 - ESVGH 31, 54).
48 
Der Einwand der Klägerin, ihr stehe hinsichtlich der Wahl des Promotionsausschusses weder ein Wahlprüfungsverfahren noch ein ähnliches Verfahren zu, in dem sie ihre Rügen gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl geltend machen könne, hindert die Anwendbarkeit des § 10 Abs. 5 LHG sowie der genannten Grundsätze zur rechtlichen Wirksamkeit staatlicher Rechtsakte nicht. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob die Klägerin als Nichtmitglied der Fakultät gemäß § 14 der Verfahrensordnung Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl des Promotionsausschusses hätte erheben können, denn die Geltung dieses allgemeinen Grundsatzes ist - wie bereits ausgeführt - nicht generell davon abhängig, dass dem durch einen staatlichen Hoheitsakt Betroffenen tatsächlich ein Rechtsbehelf gegen die Bestellung eines Amtsträgers oder die Wahl eines Gremiums zusteht, auf den er verwiesen werden kann. Ein solcher Rechtsbehelf ist etwa auch gegen die Bestellung eines Beamten oder die Ernennung eines Richters nicht gegeben. Ebenso wenig sieht § 10 Abs. 5 LHG die Möglichkeit für Außenstehende vor, sich gegen die Wahl eines Gremiums zu wenden und ordnet gleichwohl, sogar über den Zeitpunkt der gerichtlichen Feststellung der Ungültigkeit der Wahl hinaus, die Wirksamkeit der Entscheidungen dieser Gremien an.
49 
Schließlich spricht auch das Gebot der Rechtssicherheit von Prüfungsentscheidungen (vgl. dazu nur Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 56 ff.) dafür, dass der oben genannte Grundsatz auch auf den Promotionsausschuss Anwendung finden muss, denn wenn - wie die Klägerin meint - Fehler bei der Wahl der Ausschussmitglieder zur Rechtswidrigkeit der getroffenen Entscheidungen des Promotionsausschusses führen würden, könnte bis zur ordnungsgemäßen Neuwahl kein rechtmäßiges Promotionsverfahren durchgeführt werden, und auch die Verleihung von Doktorgraden an Doktoranden wäre rechtswidrig.
50 
Daraus folgt, dass die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl des Promotionsausschusses - namentlich im Hinblick auf die Einberufung der Sitzung des Großen Fakultätsrats am 13.04.2011, die nachträgliche Ergänzung der Tagesordnung um TOP 7, die Geheimheit der Wahl sowie das Verfahren der Blockwahl - im vorliegenden Verfahren ohne Belang und somit nicht zu überprüfen sind. Es bedarf deshalb auch nicht der von der Klägerin schriftsätzlich beantragten Beweiserhebung dazu, wie die Einberufung der Sitzung, die Ergänzung der Tagesordnung sowie die Durchführung der Wahl am 13.04.2011 vonstattengegangen sind.
51 
Schließlich ist auch der Einwand der Klägerin, mit dem Großen Fakultätsrat habe - mangels ordnungsgemäßer Einsetzung desselben - das falsche Gremium die Wahl des Promotionsausschusses vorgenommen, nach den oben genannten Grundsätzen unbeachtlich, denn auch die Frage, in welcher Zusammensetzung ein Gremium die Wahl eines Ausschusses vornimmt, betrifft die Rechtmäßigkeit der Wahl und ist daher im vorliegenden Verfahren unerheblich. Der Grundsatz gilt nicht nur für die konkrete Wahlhandlung, sondern ebenso für die der eigentlichen Wahl vorangehende Zusammensetzung des wählenden Gremium, hier des Großen Fakultätsrats, denn diese ist - als Vorfrage der eigentlichen Wahlhandlung - vergleichbar mit der Ungültigkeit von Wahlgesetzen (vgl. dazu BVerfG, Entscheidung vom 11.10.1972 - 2 BvR 912/71 -, BVerfGE 34, 81 [95 f.]) oder der Tatsache, dass die Legislaturperiode eines Parlaments bereits beendet ist (vgl. dazu grundlegend auch schon BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 -, BVerfGE 1, 18, [34]).
52 
Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob in den Fällen etwas anderes gelten muss, in denen ein offensichtlich unzuständiges Gremium eine Wahl vornimmt, zu der ein anderes Gremium berufen gewesen wäre, denn so liegt der Fall hier nicht. Selbst wenn die Einrichtung eines Großen Fakultätsrates durch die Philosophische Fakultät den gesetzlichen oder den in § 16 Abs. 1 der Grundordnung der Beklagten aufgestellten Anforderungen nicht genügen sollte, betrifft dies lediglich die Art und Weise der Zusammensetzung des Fakultätsrats der Beklagten. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei dem Großen Fakultätsrat nicht um ein völlig anderes Gremium, sondern lediglich um eine abweichende, nämlich umfangreichere Besetzung des Fakultätsrats. Dies lässt sich bereits aus § 25 LHG und § 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LHG ersehen, denn dort wird „Fakultätsrat“ als Oberbegriff für das jeweilige kollegiale Vertretungsgremium der Fakultät verwendet, unabhängig davon, ob dieses einfach (§ 25 Abs. 2 LHG) oder aber als Großer Fakultätsrat (§ 25 Abs. 3 LHG) zusammengesetzt ist. Auch die Regelung in § 3 Abs. 2 der Promotionsordnung, die ausweislich des Protokolls des erweiterten Fakultätsrats in seiner Sitzung am 16.02.2005 vorberaten (vgl. TOP 16) und am 19.09.2006 vom Senat beschlossen wurde, sieht vor, dass „der Fakultätsrat“ den Promotionsausschuss wählt. Angesichts der Tatsache, dass die Fakultät - nach Auffassung der Beklagten - bereits am 16.02.2005 ihr Vertretungsorgan als Großen Fakultätsrat konstituierte, ist auch „Fakultätsrat“ im Sinne des § 3 Abs. 2 Promotionsordnung als Oberbegriff für die jeweilige Zusammensetzung des Fakultätsrat zu verstehen.
53 
cc. Die Tatsache, dass Herr Prof. Dr. F. und Frau St. an der Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 teilnahmen, führt ebenfalls nicht zur formellen Fehlerhaftigkeit des Ausgangsbescheids, da die Anwesenheit der beiden Personen nach der anzuwendenden Verfahrensordnung nicht zu beanstanden ist.
54 
Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 LHG tagen die Gremien - mit Ausnahme der Angelegenheiten nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2, 12 bis 14 LHG - nicht öffentlich. Dementsprechend ordnet auch § 4 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung der Beklagten die Nichtöffentlichkeit der Gremiensitzungen an. Neben den Gremienmitgliedern können nach den Regelungen der Verfahrensordnung jedoch auch weitere Personen an der nichtöffentlichen Sitzung teilnehmen. So kann der Vorsitzende des jeweiligen Gremiums gemäß § 3 Abs. 3 der Verfahrensordnung Bedienstete seines Verwaltungsbereichs zur Unterstützung hinzuziehen und ihnen den Vortrag zu einzelnen Tagesordnungspunkten übertragen. Die hier in Rede stehende Hinzuziehung von Sachverständigen ist in § 3 Abs. 2 und in § 6 Abs. 1 der Verfahrensordnung geregelt. Nach § 3 Abs. 2 prüft der Vorsitzende bei der Aufstellung der vorläufigen Tagesordnung, zu welchen Tagesordnungspunkten Sachverständige und/oder Auskunftspersonen beratend hinzugezogen und geladen werden sollen. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung ist erster Punkt der Tagesordnung deren Feststellung. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist mit der Feststellung der Tagesordnung über die Zuziehung von Sachverständigen und Auskunftspersonen Beschluss zu fassen. Eine Hinzuziehung dritter Personen ist auch im Falle des nach § 3 Abs. 5 Satz 1 Promotionsordnung nichtöffentlich tagenden Promotionsausschusses zulässig, da es sich bei diesem um ein Gremium im Sinne der Verfahrensordnung und im Sinne des Landeshochschulgesetzes handelt. Insbesondere handelt es sich - wie bereits ausgeführt - nicht um eine Prüfungskommission und bei seinen Mitgliedern nicht um Prüfer. In der Sitzung am 14.06.2011 fand dementsprechend auch keine (mündliche) Prüfung, sondern vielmehr eine persönliche Anhörung der Klägerin sowie anschließend eine Beratung und Beschlussfassung statt. Die strengen prüfungsrechtlichen Vorgaben - auf die die Klägerin wiederholt hingewiesen hat und nach denen die Teilnahme eines Dritten an der Beratung einer Prüfungskommission zu einem Verfahrensfehler führt, der die Prüfungswiederholung erfordert (vgl. dazu SächsFG, Urteil vom 31.05.2011, - 2 K 243/10 -, DVBl. 2012, 64-66; BFH, Urteil vom 18.09.2012 - VII R 41/11 -, DStR 2013, 430) - finden somit hier keine Anwendung. Daher bedarf es - anders als die Klägerin meint - auch keiner Differenzierung zwischen der in der Sitzung am 14.06.2011 erfolgten Anhörung, Beratung und Beschlussfassung.
55 
Die Voraussetzungen, die die Verfahrensordnung an die wirksame Hinzuziehung von Sachverständigen stellt, sind im vorliegenden Fall erfüllt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine ausdrückliche Beschlussfassung über die Zuziehung nicht geboten, vielmehr genügt auch ein konkludenter Beschluss den Anforderungen. Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensordnung. Danach ist „mit der Feststellung der Tagesordnung“ über die Hinzuziehung von Sachverständigen Beschluss zu fassen ist. Dies ist so zu verstehen, dass durch die Feststellung der Tagesordnung durch den Ausschuss die vorangegangene Entscheidung des Vorsitzenden nach § 3 Abs. 2 Verfahrensordnung, die sich bereits in der Ladung der Sachverständigen ausdrückt, gebilligt wird. Der Beschluss über die Hinzuziehung und die Feststellung der Tagesordnung fallen in einen Akt zusammen. Dies ergibt sich insbesondere auch aus dem Vergleich mit dem 1. Halbsatz des § 6 Abs. 2 Satz 2 der Verfahrensordnung, wo es in Bezug auf die Änderung der vorläufigen Tagesordnung ausdrücklich heißt: „Über diese Anträge istgesondert zu beschließen.“ Im Übrigen sieht die Verfahrensordnung die konkludente Beschlussfassung bei Anträgen zur Geschäftsordnung (im Gegensatz zu Anträgen zur Sache) in § 7 Abs. 3 Sätze 4 und 5 ausdrücklich vor. Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 der Verfahrensordnung ist über Anträge zur Geschäftsordnung nach der Begründung durch den Antragsteller und einer begründeten Gegenrede sofort abzustimmen. Erfolgt keine Gegenrede, ist der Antrag angenommen (Satz 5). Unabhängig davon, ob der Antrag, Sachverständige zu einem Tagesordnungspunkt zuzuziehen, ein solcher Antrag zur Geschäftsordnung ist und damit § 7 Abs. 3 Satz 5 Verfahrensordnung unmittelbar Anwendung findet, oder ob die Verfahrensfragen betreffend der Hinzuziehung von Sachverständigen in § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 Satz 2 der Verfahrensordnung speziell und abschließend geregelt sind, lässt sich aus diesen Regelungen ersehen, dass eine konkludente Beschlussfassung grundsätzlich möglich ist.
56 
Nicht zuletzt spricht auch Sinn und Zweck der Nichtöffentlichkeit der Gremiensitzung dafür, die konkludente Beschlussfassung über die Hinzuziehung von Sachverständigen ausreichen zu lassen. Ausweislich der Gesetzbegründung wurde die mit dem Landeshochschulgesetz 1973 erstmals eingeführte Regelung der Nichtöffentlichkeit der universitären Gremiensitzungen vorgesehen, um eine sachgerechte Beratung zu ermöglichen und die häufig von einer sogenannten aktiven Öffentlichkeit ausgehenden Störungen zu unterbinden (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hochschulgesetzes vom 22.05.1973, LT-Drs. 6/2520, S. 39 f.). Selbst wenn dieser ursprüngliche Zweck der Nichtöffentlichkeit im Falle des Promotionsausschusses ergänzt wird durch die Schutzinteressen des betroffenen Promovenden, hier der Klägerin, dient die Nichtöffentlichkeit in erster Linie der sachgerechten Ausschussarbeit. Sind sich die Ausschussmitglieder über die Mitwirkung bestimmter Sachverständiger in der konkreten Sitzung ersichtlich einig, liegt eine Störung der Sitzungsarbeit nicht vor.
57 
Die Hinzuziehung der durch den Ausschussvorsitzenden mit Erstellung der Tagesordnung geladenen Sachverständigen Prof. Dr. F. und Frau St. in der Sitzung des Promotionsausschusses am 14.06.2011 wurde durch das Vorgehen des Ausschussvorsitzenden und der sonstigen Mitglieder des Promotionsausschusses erkennbar konkludent beschlossen. Bereits in der ersten Sitzung des Promotionsausschusses am 13.04.2011 wurde - ohne expliziten Beschluss - ein Einvernehmen aller Ausschussmitglieder dahingehend erzielt und entsprechend im Protokoll vermerkt, dass der Ausschuss eng mit der Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, deren Ombudsmann für die Geisteswissenschaften, der Rechtsabteilung und dem Rektorat zusammenarbeiten werde. Zu den nachfolgenden Sitzungen des Promotionsausschusses wurden dementsprechend auch Prof. Dr. F., der Ombudsmann der Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, und Frau St., die Leiterin des Dezernats 1 (Recht und Gremien) der Zentralen Universitätsverwaltung, geladen. Zu Beginn der jeweiligen Sitzung vor dem Beschluss über die Tagesordnung - und so auch am 14.06.2011 - wurden die beiden Sachverständigen namentlich durch den Ausschussvorsitzenden begrüßt und dieser dankte den beiden für ihre Unterstützung. Gegen dieses Vorgehen erhob sich kein Widerspruch von Ausschussmitgliedern und auch die Klägerin und deren damalige Bevollmächtigte, die zumindest am ersten Teil der Ausschusssitzung am 14.06.2011 teilgenommen hatten, wandten sich nicht gegen die Teilnahme der beiden Sachverständigen. Dieses Vorgehen bringt eindeutig zum Ausdruck, dass die beiden als Sachverständige hinzugezogen wurden.
58 
Da hier die Hinzuziehung der beiden Sachverständigen nach der Verfahrensordnung fehlerfrei erfolgt ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Anwesenheit von Dritten, deren Zuziehung nicht beschlossen wurde, zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Promotionsausschusses führt oder ob ein solcher Verfahrensfehler unbeachtlich ist, da allein die stimmberechtigte Mitwirkung, die den Ausschussmitgliedern vorbehalten und nur von diesen ausgeübt worden ist, entscheidend ist (in diese Richtung wohl VGH, Urteil vom 09.07.1996 - 9 S 1048/94 -, juris, wonach die stimmberechtigte Mitwirkung von externen Gutachtern an einem Habilitationsverfahren unzulässig sei).
59 
dd. Der Promotionsausschuss war in seiner Sitzung am 14.06.2011 auch beschlussfähig. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung ist das Gremium beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte derjenigen Mitglieder anwesend ist, die hinsichtlich der zur Beschlussfassung aufgerufenen Angelegenheit Stimmrecht besitzen, und die Sitzung ordnungsgemäß geleitet wird.
60 
Unabhängig davon, dass hier - wie bereits ausgeführt - ein ausreichender Beschluss über die Hinzuziehung von Sachverständigen und somit schon kein Verfahrensfehler vorlag, würde ein einfacher Fehler bei der Verfahrensgestaltung auch nicht die ordnungsgemäße Sitzungsleitung beseitigen. In der Verfahrensordnung der Beklagten ist nicht näher definiert, was unter „ordnungsgemäßer Sitzungsleitung“ im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 zu verstehen ist. Bei der Auslegung des Begriffes sind jedoch die Regelungen des § 5 der Verfahrensordnung (Leitung der Sitzung) zu berücksichtigen. Nach § 5 Satz 1 der Verfahrensordnung eröffnet, leitet und schließt der Vorsitzende die Sitzung. Nach Satz 3 dieser Vorschrift trifft er alle notwendigen Maßnahmen und Entscheidungen für einen geordneten Sitzungsablauf. Nach Satz 4 stellt er vor Eröffnung der Sitzung sowie gegebenenfalls jederzeit die Beschlussfähigkeit fest und legt - nach Satz 5 - im Zweifelsfall die Verfahrensordnung aus. Dadurch, dass dem Vorsitzenden die Sitzungsleitung - einschließlich der Klärung von Verfahrensfragen - obliegt, wird deutlich, dass nicht jeder einfache Verfahrensfehler die ordnungsgemäße Sitzungsleitung aufhebt, sondern lediglich solche Situationen, in denen die Leitungsfunktion des Vorsitzenden durch Störungen vollständig aufgehoben wird. So läge der Fall - selbst wenn die Hinzuziehung der Sachverständigen unterblieben wäre - hier ersichtlich nicht.
61 
Sonstige Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheids sind nicht ersichtlich. Die Klägerin wurde zu der beabsichtigten Maßnahme im Vorfeld angehört und der Verwaltungsakt wurde auch ordnungsgemäß begründet.
62 
b. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.11.2011 lässt ebenfalls keine formellen Rechtsfehler erkennen. Mit Frau Prof. Dr. N. hat die als Prorektorin für Studium und Lehre der Beklagten für die Widerspruchsentscheidung zuständige Amtsträgerin über den Widerspruch entschieden (dazu unter aa.). Die Zweifel der Klägerin an der Aufgabenteilung innerhalb des Rektorats der Beklagten sind in der Sache unberechtigt (dazu unter bb.) und würden - selbst für den Fall, dass sie berechtigt wären - im Ergebnis nicht zu einem formellen Mangel des Widerspruchsbescheids führen (dazu unter cc.).
63 
aa. Für die Entscheidung über Widersprüche im Entziehungsverfahren enthält die Promotionsordnung keine Regelung. Insoweit verbleibt es bei den gesetzlichen Vorgaben aus § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG, nach denen die Entscheidung über Widersprüche in Prüfungsangelegenheiten dem für die Lehre zuständigen Mitglied des Vorstands, vorliegend der Prorektorin für Studium und Lehre, obliegt. Diese Zuständigkeit für Hochschulprüfungen erfasst grundsätzlich auch Promotionen und damit auch deren Entziehung als „actus contrarius“, da es sich bei Promotionen um Hochschulprüfungen handelt (zum Universitätsgesetz VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54 und vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19 sowie - ohne weitere Begründung - auch zur Rechtslage nach dem Landeshochschulgesetz zuletzt VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.09.2011 - 9 S 2667/10 -, VBlBW 2012, 180).
64 
Dem steht nicht entgegen, dass die Entscheidung, einen akademischen Grad zu entziehen, keine genuin prüfungsrechtliche Entscheidung ist, deren Gegenstand die Bewertung von Prüfungsleistungen ist. Denn der Begriff „Angelegenheiten, die Hochschulprüfungen betreffen“ - so die Formulierung des § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG - ist umfassender zu verstehen. Er betrifft nicht nur reine Prüfungsentscheidungen, sondern beinhaltet auch die Entziehung eines Titels als actus contrarius zu dessen Verleihung. Nichts anderes folgte für den Anwendungsbereich des § 11 Abs. 3 Satz UG aus der Gesetzbegründung, wonach der Entscheidungsspielraum des - damals noch zur Widerspruchsentscheidung berufenen - Präsidenten sich auf die Kontrolle des Prüfungsverfahrens und damit im wesentlichen auf eine Rechtskontrolle beschränke, da er in den Beurteilungsspielraum der Prüfer nicht eingreifen dürfe (LT-Drs. 7/2041, S. 141; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54). Auch der Hinweis der Klägerin auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21.11.2011 (14 B 1257/11, juris), wonach die Feststellung eines Täuschungsversuchs weder eine pädagogisch-wissenschaftliche Entscheidung noch eine Beurteilung von Prüfungsleistungen sei, mag zutreffen, hat jedoch für die Auslegung des § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG keine Relevanz, da dort eben nicht nur Prüfungsentscheidungen im Sinne einer Beurteilung von Prüfungsleistungen, sondern Angelegenheiten, die Hochschulprüfungen betreffen, erfasst sind.
65 
Die Auffassung der Klägerin, wonach jedenfalls seit Geltung des Landeshochschulgesetzes die Entziehungsentscheidung nicht (mehr) unter § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG falle, da die noch in § 54 Abs. 2 UG enthaltene entsprechende Anwendbarkeit der Regelungen über Prüfungsordnungen auch auf die Promotionsordnung nicht mehr bestehe, es sich bei der Promotionsordnung somit nicht um eine Prüfungsordnung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 LHG handele und aus § 8 Abs. 2 Satz 2 LHG folge, dass die Widerspruchsbefugnis des Prorektors für Lehre nur „echte Prüfungen“ betreffe, ist nicht zutreffend. Dass es sich auch nach der Rechtslage unter Geltung des Landeshochschulgesetzes, in dem die Promotion in § 38 eine eigenständige von den sonstigen Prüfungen losgelöste Regelung gefunden hat, bei der Promotion weiterhin um eine Hochschulprüfung - und damit bei der Titelentziehung um eine Angelegenheit, die Hochschulprüfungen betrifft - handelt, folgt bereits aus der systematischen Stellung des § 38 LHG im Dritten Teil des Landeshochschulgesetzes, der mit „Studium, Lehre und Prüfungen“ überschrieben ist. Dementsprechend handelt es sich bei der Promotionsordnung um eine spezielle Prüfungsordnung, die in § 38 Abs. 4 LHG gesondert geregelt ist. In Kenntnis der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zur Zuständigkeit für die Widerspruchsentscheidung hinsichtlich der Entziehung des Doktorgrades, hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 8 Abs. 2 LHG die Entscheidungen über Widersprüche vom Rektor auf das Vorstandsmitglied für Lehre delegiert; ansonsten war keine Änderung der Rechtslage zum Universitätsgesetz beabsichtigt (vgl. Gesetzentwurf zum Zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.10.2004, LT-Drs. 13/3640, S. 179). Da die Entziehungsentscheidung somit bereits in den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG fällt, sind die gegen eine analoge Anwendung dieser Vorschrift vorgebrachten Einwände der Klägerin ohne Belang.
66 
Nach den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen (Sonderprotokoll der Rektoratsbesprechung vom 29.04.2009; Auszug aus dem Protokoll der Rektoratsbesprechung vom 29.04.2009; Erklärung der persönlichen Referentin des Rektors vom 19.02.2013 zur Protokollführung des Rektorats; Vorlage des Rektors an den Senat vom 05.05.2009; Protokoll der öffentlichen Senatssitzung am 12.05.2009; Protokoll der Sitzung des Universitätsrates am 06.07.2009 sowie Protokoll der Rektoratsbesprechung vom 21.04.2010) besteht kein Zweifel daran, dass Frau Prof. Dr. N. seit dem 01.04.2010 - und damit auch zum Zeitpunkt des Ergehens der Widerspruchsentscheidung am 30.11.2011 - das Amt der Prorektorin für Studium und Lehre der Beklagten inne hatte.
67 
bb. Die Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen Prorektoren innerhalb des Rektorats erfolgte - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch entsprechend den Vorgaben des § 16 Abs. 2 Satz 1 LHG. Danach legt der Vorstand auf Vorschlag des Vorstandsvorsitzenden eine ständige Vertretung und bestimmte Geschäftsbereiche für seine Mitglieder fest, in denen sie die Geschäfte der laufenden Verwaltung in eigener Zuständigkeit erledigen.
68 
Ausweislich des Sonderprotokolls zur Rektoratssitzung am 29.04.2009 wurde im Rahmen dieser Sitzung die bevorstehende Prorektorenwahl und die inhaltliche Festlegung der Prorektorate besprochen. Dabei wurde auf Vorschlag des Rektors die Geschäftsverteilung der Prorektoren beschlossen, wonach die designierte Prorektorin Prof. Dr. N. ab dem 01.04.2010 das Prorektorat Studium und Lehre übernehmen solle. Sowohl ein Vorschlag des Rektors als auch ein gesonderter Beschluss des Rektorats lagen somit vor. Dementsprechend wurde Frau Prof. Dr. N. in der Folge durch den Senat „als“ Prorektorin für Studium und Lehre gewählt und der Universitätsrat erteilte seine Zustimmung zu dieser Wahl. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Vorschlag des Rektors und die Beschlussfassung des Rektorats zu einem Zeitpunkt ergingen, als die beiden neuen Prorektoren - Herr Prof. Dr. So. und Frau Prof. Dr. N. - noch nicht gewählt waren. § 16 Abs. 2 Satz 1 LHG ist nicht zu entnehmen, dass bei jeder personellen Veränderung innerhalb des Rektorats, die aufgrund der unterschiedlichen Amtszeiten von Rektor und Prorektoren (vgl. § 17 Abs. 2 und § 18 Abs. 2 LHG) häufiger auftreten, ein erneuter Beschluss erforderlich wäre. Sofern lediglich einzelne Personen ausgetauscht werden, ist dafür kein sachliches Bedürfnis erkennbar.
69 
cc. Zudem könnte die Klägerin etwaige Fehler bei der Bestellung der Prorektorin für Studium und Lehre im vorliegenden Verfahren ebenfalls nicht rügen. Denn auch für den einzelnen Amtsträger - wie hier die Prorektorin für Studium und Lehre - gilt, dass er, solange seine Bestellung nicht rechtskräftig zurückgenommen ist oder ihre Nichtigkeit festgestellt wird, wirksam handeln kann. Auch für die Bestellung eines Amtsträgers gelten die bereits ausgeführten Grundsätze zur rechtlichen Wirksamkeit staatlicher Rechtsakte (vgl. dazu nur VGH, Urteil vom 02.12.1997, a.a.O., m.w.N.). So hat auch der Staatsgerichtshof Bremen in Bezug auf die fehlerhafte Wahl eines Regierungsmitglieds folgende Ausführungen gemacht:
70 
„Die Frage, welche rechtlichen Auswirkungen die Ungültigkeit der Wahl eines Regierungsmitgliedes auf die Amtshandlungen dieses (Senats-) Mitglieds und auf diejenigen des Gesamtsenats hat, ist nicht ausdrücklich geregelt. Gesetzlich bestimmt ist hingegen, dass Amtshandlungen eines Beamten, dessen Ernennung nichtig war, oder zurückgenommen worden ist, in gleicher Weise gültig sind, wie wenn sie ein wirksam ernannter Beamter ausgeführt hätte (§ 16 Abs. 2 Satz 1 BremBeamtenG; § 14 Abs. 1 Satz 1 BBG). In der Rechtsprechung ist ferner anerkannt, dass gerichtliche Entscheidungen, an denen ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat, dessen Wahl nachträglich rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, hierdurch in ihrer Wirksamkeit nicht berührt werden (BVerwG, Beschluss vom 09.06.1987, Buchholz 310 § 26 Nr. 1 VwGO; Beschluss vom 03.09.1987, Buchholz, aaO, Nr. 2). In diesem Zusammenhang ist schließlich beachtlich, dass alle Entscheidungen, an denen ein Abgeordneter mitgewirkt hat, dessen Wahl später im Wahlprüfungsverfahren für ungültig erklärt wurde, als ordnungsgemäß zustande gekommen angesehen werden, und dass sogar die Maßnahmen und Beschlüsse des Parlamentes, das ungültig gewählt war (vgl. dazu HbgVerfG, DVBl. 1993, 1073) oder dessen Legislaturperiode bereits beendet war (BVerfGE 1, 14, 38), in ihrem Rechtsbestand und in ihrer Verbindlichkeit durch ein nachträgliches Gerichtsurteil nicht in Frage gestellt werden. Dies ist Ausdruck des im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Grundsatzes der Rechtssicherheit. Das Gebot der Rechtssicherheit kann in Fällen vorliegender Art nur zu dem Ergebnis führen, dass Amtshandlungen eines Regierungsmitgliedes, dessen Wahl später für ungültig erklärt wird, ebenso Bestand haben wie Entscheidungen anderer Amtsträger, deren Wahl oder Ernennung unwirksam ist. Was für Entscheidungen gilt, die das Regierungsmitglied in eigener Zuständigkeit getroffen hat, muss erst recht für die Amtshandlungen gelten, die es zusammen mit seinen Amtskollegen im Senat vorgenommen hat. Daraus folgt, dass die Ungültigkeit einer Senatorenwahl nicht die Wirksamkeit von Amtshandlungen berührt, die das unwirksam gewählte Senatsmitglied oder unter seiner Mitwirkung der Senat als Kollegialorgan bis zur Feststellung der Wahlungültigkeit durch den Staatsgerichtshof vorgenommen hat.“ (StGH Bremen, Entscheidung vom 28.02.1994 - St 2/93 -, DVBl. 1994, 633 zur Wahl eines Regierungsmitglieds, dem die gesetzliche Wählbarkeitsvoraussetzung fehlte).
71 
Dies würde - selbst wenn der Beklagten ein formeller Fehler bei der Bestellung unterlaufen wäre - auch für deren Prorektorin für Studium und Lehre gelten.
72 
2. Die Entziehung des Doktorgrades ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Entziehung des Doktorgrades zu Recht auf die Ermächtigungsgrundlage des § 48 LVwVfG gestützt (dazu unter a.). Dessen Tatbestandvoraussetzungen lagen vor (dazu unter b.) und auch die Ermessensausübung ist nicht zu beanstanden (dazu unter c.).
73 
a. Die Entziehung des Doktorgrades findet ihre erforderliche Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (vgl. zur unbedenklichen Anwendbarkeit dieser Rücknahmeregelung beim Entzug des Doktorgrades, BVerwG, Beschluss vom 20.10.2006 - 6 B 67.06 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116). Die Promotionsordnung enthält keine speziellere Regelung. In § 22 Abs. 1 Satz 1 PromO ist lediglich bestimmt, dass sich die Entziehung des Doktorgrades nach den landesrechtlichen Bestimmungen richtet. § 21 Abs. 1 PromO scheidet als Rechtsgrundlage aus, weil diese Bestimmung nur die hier nicht gegebene Fallkonstellation regelt, dass sich noch vor der Aushändigung der Doktorurkunde ergibt, dass der Bewerber oder die Bewerberin über eine Zulassungsvoraussetzung getäuscht oder dass wesentliche Zulassungsvoraussetzungen irrigerweise als gegeben angenommen worden sind, oder wenn Tatsachen bekannt werden, die nach Landesrecht eine Entziehung des Doktorgrades rechtfertigen würden. Gleiches gilt für § 21 Abs. 2 PromO, der den Fall betrifft, dass sich vor Aushändigung der Doktorurkunde ergibt, dass der Bewerber oder die Bewerberin bei einer Promotionsleistung getäuscht hat. Schließlich ist in § 35 Abs. 7 LHG zwar eine spezialgesetzliche Regelung für die Entziehung akademischer Grade für den Fall enthalten, dass sich der Inhaber durch sein späteres Verhalten der Führung des Grades als unwürdig erwiesen hat. Diese Regelung schließt jedoch den Rückgriff auf die allgemeinen Rücknahmevorschriften in anderen Fallkonstellationen nicht aus, wie sich bereits aus der ausdrücklichen Formulierung „unbeschadet der §§ 48 und 49 LVwVfG“ ergibt. Die Entziehung des Doktorgrades ist in Baden-Württemberg schließlich auch nicht vom Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgenommen (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG; ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 - und vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, beide juris).
74 
b. Die tatbestandlichen Rücknahmevoraussetzungen sind hier gegeben.
75 
Die Verleihung des Doktorgrades, die durch die Aushändigung der Urkunde über die bestandene Doktorprüfung an die Klägerin durch Übersendung am 08.01.2002 erfolgte, ist ein begünstigender Verwaltungsakt, der rechtswidrig war. Unabhängig von der tatsächlich unzutreffenden (dazu sogleich) schriftlichen Erklärung der Klägerin gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 PromO a.F., dass sie die Dissertation selbständig verfasst, alle wörtlich oder sinngemäß übernommenen Textstellen als solche kenntlich gemacht, andere Quellen und Hilfsmittel als die in der Arbeit genannten nicht benutzt und die Dissertation noch keiner anderen Fakultät vorgelegt habe, erbrachte die von der Klägerin im Jahr 1998 eingereichte Dissertation nicht den Nachweis der Befähigung zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit (§ 54 Abs. 1 Satz 2 UG, § 7 Abs. 3 Satz 2 PromO a.F. („Sie soll eine beachtenswerte wissenschaftliche Leistung darstellen und die Fähigkeit des Verfassers zu selbständiger Forschung erkennen lassen“; nunmehr: § 38 Abs. 1 Satz 1 LHG; § 7 Abs. 1 PromO). Damit lagen die rechtlichen Voraussetzungen für die Verleihung des Doktorgrades nicht vor. Dieser wurde der Klägerin vielmehr zu Unrecht verliehen.
76 
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass „nur eine unter Offenlegung aller verwendeten Quellen und Hilfsmitteln erbrachte wissenschaftliche Leistung den Anforderungen an eine Dissertation genügt“ (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19 unter Bezugnahme auf VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54; VGH, Urteil vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191) bzw. „die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von Textpassagen aus fremden Werken ohne (ausreichendes) Zitat gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens verstößt und die Annahme als Dissertation im Regelfall ausschließt“ (BayVGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl. 2007, 281). Zu den Grundanforderungen wissenschaftlichen Arbeitens gehört gerade, dass der Beitrag auf eigenständigen Erwägungen beruht und nicht bloß Passagen aus dem Werk eines anderen Autors übernimmt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191).
77 
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht nur einzelne Sätze, sondern vielmehr erhebliche, teilweise mehrseitige Passagen - zum Teil samt Fußnoten - aus fremden Texten anderer Autoren wortgleich oder nahezu wortgleich übernommen, ohne dies hinreichend kenntlich zu machen. Ihre Darlegungen erwecken den falschen Eindruck, Formulierung und Inhalt des Textes stammten insoweit als eigene gedankliche Leistung von ihr.
78 
Die Tatsache, dass die Klägerin einige der betroffenen Werke, aus denen sie ganze Passagen wortgleich oder nahezu wortgleich übernommen hat, unter der Rubrik „X.5 Sekundärliteratur“ in ihr Literaturverzeichnis aufgenommen hat, stellt die Berechtigung des Plagiatsvorwurfs nicht in Frage; denn der Leser eines wissenschaftlichen Werkes erwartet, dass wörtliche Übernahmen aus anderen Werken bei den jeweiligen Textstellen als Zitate oder auf andere geeignete Weise kenntlich gemacht werden (VG Freiburg, Urteil vom 23.05.2012 - 1 K 58/12 -, juris; VG Frankfurt, Urteil vom 23.05.2007 - 12 E 2262/05 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19). Der Kennzeichnungs- und Offenbarungspflicht in einer Dissertation wird nicht dadurch genügt, dass die Werke, aus denen die wörtlich übernommenen Textpassagen stammen, lediglich im Literaturverzeichnis aufgeführt sind (VG Freiburg, Urteil vom 23.05.2012 - 1 K 58/12 -, juris; ebenso Schroeder, NWVBl. 2010, 176, 179 m.w.N.). Im Übrigen sind keineswegs alle, sondern lediglich zehn der insgesamt 32 betroffenen Quellen im Literaturverzeichnis genannt, wie sich aus der synoptischen Zusammenstellung der Beklagten vom 12.05.2011 (Aktenseiten 439 bis 491) ersehen lässt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die bloße Nennung eines Sammelbandes im Literaturverzeichnis nicht ausreichend ist, sondern vielmehr die konkreten Quellen - hier die in Sammelbänden veröffentlichten einzelnen Beiträge - unter namentlicher Nennung des jeweiligen Autors angegeben werden müssen.
79 
Dem steht auch nicht entgegen, dass einige der betroffenen Textstellen die Darstellung historischer Ereignisse betreffen. Inwieweit allgemeine Darstellungen, die Allgemeingut eines Faches sind, im Rahmen einer Dissertation unbelegt bleiben können, bedarf keiner Entscheidung. Denn dies setzt jedenfalls voraus, dass es sich um eigene Darstellungen des Doktoranden handelt. Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin stellt keineswegs allgemein bekannte historische Zusammenhänge selbständig dar, sondern übernimmt seitenweise Passagen aus den Werken anderer Autoren fast wortwörtlich, ohne dies kenntlich zu machen. Lediglich beispielhaft seien folgende - von der Klägerin als „historische Darstellungen“ bezeichnete - Stellen genannt: Die Ausführungen der Klägerin auf den Seiten 43 und 44 ihrer Arbeit sind weitgehend wörtlich übernommen aus der 1984 veröffentlichten Arbeit von Gall „Europa auf dem Weg in die Moderne 1850-1890“ sowie aus zwei Beiträgen von de Jonge („Großbritannien und Irland, Frankreich, Belgien und die Niederlande 1850-1914: Die Wirtschaft“) und Fischer („Wirtschaft und Gesellschaft Europas 1850-1914“) aus dem 1985 erschienenen Band 5 des Handbuchs der Europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Die Arbeit von Gall findet sich zwar im Literaturverzeichnis, ist aber weder auf Seite 43 noch auf Seite 44 der Arbeit genannt; die beiden anderen Beiträge sind weder dort noch im Literaturverzeichnis aufgeführt. Die Ausführungen der Klägerin auf Seite 117 unten sowie auf Seite 118 sind übernommen aus der oben genannten Arbeit von Gall sowie aus einem Beitrag von Lill („Italien im Zeitalter des Risorgimento (1815-1870)“ in Band 5 des Handbuchs der Europäischen Wirtschaftsgeschichte. Keine der beiden Quellen ist auf diesen Seiten genannt; der Handbuchbeitrag von Lill findet sich auch nicht im Literaturverzeichnis. Ihre Ausführungen auf Seite 120 (letzter Absatz) bis Seite 121 oben hat die Klägerin weitgehend aus dem Beitrag von Hertner („Italien 1850-1914“) in Band 5 des Handbuchs der Europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte übernommen. Die weitgehend wörtliche Wiederholung der Vorlagetexte einschließlich der sprachlichen Eigentümlichkeiten und Formulierungen lässt keinen anderen Schluss zu, als dass die Klägerin die Passagen unmittelbar abgeschrieben und nicht etwa zufällig dieselben historischen Zusammenhänge wie andere Autoren wiedergegeben hat.
80 
Der weitere Einwand der Klägerin, einige der betroffenen Textstellen beträfen allgemeine Definitionen, die als solche keines Belegs bedürften, ist ebenfalls zurückzuweisen. Auch insoweit bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob allgemeine Begriffsdefinitionen einer Wissenschaftsdisziplin generell belegt werden müssen, denn bei den von der Klägerin insoweit angeführten Textstellen, handelt es sich nicht um bloße Definitionen, sondern um wortwörtliche Übernahmen erläuternder Darstellungen. Wiederum beispielhaft ist insoweit auf folgende Stellen zu verweisen: Ihre Ausführungen zum Begriff des Geldes auf den Seiten 57 und 58 stammen weitgehend aus dem Beitrag im Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften von Ehrlicher mit dem Titel „Geldtheorie und Geldpolitik III: Geldtheorie“. Aus dem Beitrag von Janning „Leitbilder der europäischen Integration“ in dem von Weidenfeld und Wessels herausgegebenen Sammelband „Europa von A-Z. Taschenbuch der europäischen Integration“ hat die Klägerin ihre Ausführungen zur Europäischen Integration auf Seite 203 übernommen, ohne dass diese Quelle dort oder im Literaturverzeichnis genannt ist. Der Text in den Fußnoten 806 und 807 auf Seite 205 der Arbeit der Klägerin stammt ursprünglich aus dem Beitrag von Hillenbrand „Wirtschafts- und Währungsunion“ in dem genannten Sammelband „Europa von A-Z“. Auch hier fehlt jeder Hinweis auf den Autor.
81 
Unbeachtlich bleibt ferner der Einwand der Klägerin, es handele sich zum Teil nur um handwerkliche Fehler. Es ist zwar grundsätzlich denkbar, vereinzelte fehlerhafte Zitierungen als bloße Bagatellverstöße gegen die Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens außer Acht zu lassen. Dies käme - für sich betrachtet - hinsichtlich folgender Stellen in Betracht: Auf Seite 47 ihrer Arbeit nennt die Klägerin ihre Quelle (Born, Geld und Banken im 19. und 20 Jahrhundert, 1977), aber es fehlen die Anführungszeichen, die deutlich machen, dass hier eine wortwörtliche Übernahme vorliegt. Auch auf Seite 119 wird die Quelle (Hawig, Napoleon III. und Europa - Revision eines Geschichtsbilde. Aufgezeigt an der Beurteilung seiner Mittelmeerpolitik, 1983) in der Fußnote aufgeführt, es fehlen jedoch wiederum die Anführungszeichen zur Kennzeichnung wortwörtlicher Übernahmen, und es ist für den Leser auch nicht zu erkennen, dass nicht nur die in der Fußnote genannten Zahlen, sondern auch die Ausführungen im Haupttext von Hawig stammen. Welches Gewicht derartigen Verstößen zukommt, kann die Kammer offen lassen, denn diese betreffen nur einen äußerst geringen Teil der von der Beklagten überprüften Textstellen. Andere von der Klägerin in diese Kategorie der handwerklichen Fehler eingeordneten Textstellen sind dagegen offensichtliche und erhebliche Täuschungen über die wahre Urheberschaft der ausgeführten Gedanken und verwendeten Formulierungen. Bei der auf den Seiten 110 bis 112 erfolgten weitgehend wörtlichen Übernahme mitsamt der Darstellungsweise mit Spiegelstrichen aus der 1992 veröffentlichten Arbeit von Theurl („Eine gemeinsame Währung für Europa. 12 Lehren aus der Geschichte“) handelt es sich ersichtlich ebenso wenig um einen bloßen handwerklichen Fehler, wie bei den Ausführungen auf Seite 182, wo die Klägerin über eine halbe Seite hinweg wortwörtlich den Text von Theurl übernimmt und mit deren Nennung in der Fußnote 725 zu Unrecht den Eindruck erweckt, lediglich die in Anführungszeichen gesetzte Formulierung („prominenten Platz in der Geschichte der Währungsunion“) stamme von dieser Autorin.
82 
Der Plagiatsvorwurf trifft die Klägerin somit nicht nur vereinzelt oder im Sinne einer unsachgemäßen Handhabung der Zitierweise; vielmehr lassen die von der Beklagten aufgefundenen Stellen den Schluss zu, dass die Klägerin fremde Passagen wiederholt und planmäßig als eigene wissenschaftliche Arbeit ausgewiesen hat. Eine systematische und planmäßige Übernahme fremden Gedankenguts ergibt sich bereits daraus, dass sich die Plagiate an mehreren Stellen der Dissertation auffinden lassen und verschiedene Fremdautoren betreffen. Die von der Beklagten aufgezeigten Übernahmen aus verschiedenen Quellen weisen die Gemeinsamkeit auf, dass längere Passagen wortwörtlich übernommen worden sind, ohne dass dies in ausreichender Weise kenntlich gemacht worden wäre. Für einen Großteil der betroffenen Passagen ist eine Quellenangabe überhaupt nicht erfolgt. Ein bloßer Bagatellverstoß liegt darin offensichtlich nicht, denn betroffen sind weitgehend alle Teile, in denen der historische und wirtschaftswissenschaftliche Hintergrund der Arbeit erläutert wird. So ist im Kapitel IV. 1 (Wirtschaftliche Rahmenbedingungen im ausgehenden und beginnenden 20. Jahrhundert) auf den Seiten 41 bis 44 praktisch kein eigener Gedanke der Klägerin enthalten, ohne dass dies kenntlich gemacht worden wäre. Auch in quantitativer Hinsicht können die Übernahmen nicht als unbedeutend eingestuft werden, weil sie sich insgesamt auf 80 Textseiten der 200 Seiten (reiner Text ohne Inhalts- und Literaturverzeichnis) umfassenden Arbeit finden und von der Klägerin wiederholt und in Bezug auf verschiedene Autoren eingesetzt worden sind.
83 
Die Täuschungshandlung der Klägerin und der durch sie hervorgerufene Irrtum, es handele sich bei der Dissertation um eine in jeder Hinsicht eigenständige Leistung, waren für die Verleihung des Doktorgrades ursächlich; denn der Grad wäre ihr sonst für die vorgelegte Arbeit nicht zuerkannt worden. Dem steht nicht entgegen, dass der Erstgutachter der Arbeit in seinem Votum bemängelt hatte, dass die Klägerin nicht deutlich mache, auf welche Literatur sie sich jeweils stütze. Er führte diesbezüglich aus: „So werden zum Beispiel auf Seite 150 f. einige grundsätzliche Aussagen zur französischen, belgischen und italienischen Kolonialpolitik gemacht, ohne daß auch nur ein einziger Beleg genannt würde.“ Die Auffassung der Klägerin, wonach daraus zu schließen sei, dass die Schwächen ihrer Arbeit bekannt und damit bereits Gegenstand der Bewertung mit „cum laude“ gewesen seien, teilt die Kammer nicht. Gegenstand der Kritik des Erstgutachters war allein das Fehlen von Literaturangaben zu den - nach seiner Einschätzung - selbstständigen Ausführungen der Klägerin. Dass es sich dabei in weiten Teilen nicht um eigene Ausführungen der Klägerin, sondern vielmehr um wörtlich oder sinngemäß übernommene Ausführungen anderer Autoren handelte, war den Gutachtern der Arbeit nicht bekannt. Wäre ihnen bekannt gewesen, dass es sich nicht um eine eigenständige wissenschaftliche Leistung der Klägerin handelte, wäre der vorgelegten Arbeit die Anerkennung als Dissertation zu versagen gewesen.
84 
Der Einwand der Klägerin, sie habe umfangreiche eigene Recherchen durchgeführt, die wissenschaftlichen Ergebnisse ihrer Arbeit beruhten auf ihrer eigenen wissenschaftlichen Arbeit und ihr eigener wissenschaftlicher Beitrag sei eindeutig, ist ebenfalls unbeachtlich. Denn es kommt nicht darauf an, ob der Klägerin für die eingereichte Dissertation ohne die beanstandeten Seiten oder bei jeweils wörtlicher Zitierung der Doktorgrad noch verliehen worden wäre. Derartige hypothetische Erwägungen sind rechtlich unerheblich. Es ist für die Ursächlichkeit der von der Klägerin begangenen Täuschung nicht von Bedeutung, ob ihr für eine andere als die vorgelegte Arbeit der Doktorgrad verliehen worden wäre (so ausdrücklich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, VBlBW 2009, 191; grundlegend bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54).
85 
c. Die von der Beklagten verfügte Entziehung des Doktorgrades weist auch im Übrigen keine Rechtsfehler auf. Die Beklagte hat nicht verkannt, dass die Entscheidung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG in ihrem Ermessen steht. Die Ermessenserwägungen im Ausgangsbescheid und im Widerspruchsbescheid sind auch nicht fehlerhaft im Sinne von § 114 VwGO. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Entschließungsermessens in Bezug auf die Durchführung eines Entziehungsverfahrens (dazu unter aa.) als auch hinsichtlich des Auswahlermessens bezüglich der gewählten Rechtsfolge (dazu unter bb.).
86 
aa. Die Beklagte hat ihr Entschließungsermessen hinsichtlich der Durchführung eines Entziehungsverfahrens ordnungsgemäß ausgeübt. Dem steht nicht entgegen, dass Anlass für die Einleitung des Verfahrens durch die Beklagte eine Überprüfung der Arbeit der Klägerin durch anonyme Internetnutzer und die Veröffentlichung von deren Ergebnissen auf der Internetseite http://de.vroniplag.wikia.com/wiki/xxx waren. Unabhängig davon, auf welche Weise und durch wen tatsächliche Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens bekannt werden, ist die betroffene Universität und das zur Entscheidung berufene Organ berechtigt, diese Vorwürfe im Rahmen eines Entziehungsverfahrens zu prüfen.
87 
bb. Auch die getroffene Ermessensentscheidung, der Klägerin den Doktorgrad zu entziehen, begegnet keinen Bedenken. Die erheblichen Nachteile, die diese Entscheidung für die Klägerin in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht nach sich zieht, hat der Promotionssauschuss bei seiner Entscheidung nicht verkannt. Dass die öffentlichen Interessen an der Entziehung des Doktorgrades im Ergebnis höher bewertet wurden, ist rechtlich in keiner Weise zu beanstanden. Zutreffend hat der Promotionsausschuss hierbei auf das ganz erhebliche Ausmaß der Plagiate der Klägerin und das Gewicht der wissenschaftlichen Unredlichkeit abgehoben.
88 
Der Promotionsausschuss hat auch die Tatsache, dass seit der Verleihung des Doktorgrades und dessen Entziehung mehr als zehn Jahre vergangen waren, hinreichend berücksichtigt (zur Berücksichtigung des Zeitablaufs seit der Verleihung des Doktorgrades im Rahmen des Ermessens vgl. zuletzt VG Köln, Urteil vom 22.03.2012 - 6 K 6097/11 -, NWVBl. 2012, 366 und VG Köln, Urteil vom 06.12.2012 - 6 K 2684/12 -, juris). Der Faktor Zeitablauf ist zwar weder in dem Sitzungsprotokoll des Promotionsausschusses vom 14.06.2011 noch in dem ausführenden Bescheid des Dekans vom 22.06.2011 gesondert thematisiert worden, der Promotionsausschuss hat jedoch ausweislich des Sitzungsprotokolls intensiv über die Verhältnismäßigkeit einer Entziehung des Doktortitels diskutiert und ist nach Abwägung aller sachlichen und persönlichen Gesichtspunkte zur Auffassung gekommen, dass die Entziehung des Doktortitels nicht gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit verstoße. Da den Mitgliedern des Promotionsausschusses bekannt war, dass die Titelverleihung bereits im Jahr 2000 erfolgt war, und in der Sitzung am 14.06.2011 nach persönlicher Anhörung der Klägerin alle - dem Ausschuss bekannten - sachlichen und persönlichen Gesichtspunkte erörtert worden sind, ist ein Ermessensfehler dahingehend, dass ein Gesichtspunkt nicht beachtet worden wäre, nicht erkennbar. Die Frage, wie und mit welchem Gewicht dieser Gesichtspunkt des Zeitablaufs in die Ermessensentscheidung eingestellt wird, obliegt dem Ausschuss und entzieht sich der gerichtlichen Kontrolle (§ 114 VwGO). Für eine ermessensfehlerhafte Gewichtung bestehen insoweit keine Anhaltspunkte.
89 
Selbst wenn man davon ausginge, dass eine Berücksichtigung des Zeitablaufs zwischen Titelerteilung und Titelentzug mangels ausdrücklicher Erwähnung im Sitzungsprotokoll und in der Begründung des Ausgangsbescheids nicht in hinreichendem Maße stattgefunden und daher ursprünglich ein Ermessensfehler vorgelegen hätte, wäre dieser durch die in der Sitzung des Promotionsausschusses am 03.11.2011 getroffene Abhilfeentscheidung geheilt worden. Im Protokoll der Promotionsausschusssitzung vom 03.11.2011 heißt es - nachdem die Klägerin den zeitlichen Aspekt erstmals ausdrücklich in ihrer Widerspruchsbegründung geltend gemacht hatte - ausdrücklich: „Der Ausschuss kann außerdem nicht erkennen, dass sich Frau xxx Rechtsposition durch Zeitablauf verfestigt hätte. Unbeschadet seiner Auffassung, dass im Falle der Dissertation Frau xxx allein aufgrund der Quantität und der Qualität der Plagiate keine Nachbesserung in Betracht kommen kann, hält der Ausschuss die Nachbesserung eines bereits vor zehn Jahren veröffentlichten Buches nicht für vertretbar.“ Aufgrund dieser (nochmaligen) expliziten Befassung des Promotionsausschusses mit dem Zeitablauf und dessen Einstellung in die Ermessenserwägungen bedarf es keiner Entscheidung, ob - wie die Klägerin bestreitet - das Ermessen des Promotionsausschusses hinsichtlich der Entziehung des Doktorgrades auch durch die Widerspruchsentscheidung oder noch im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden kann (§ 114 Satz 2 VwGO).
90 
Der Einwand der Klägerin, der Promotionsausschuss hätte eine Nachbesserungsauflage als milderes Mittel vorsehen oder es bei einer wissenschaftlichen Rüge belassen müssen, weil der erhebliche Zeitablauf seit Abgabe der Dissertation zu einer Verfestigung ihrer rechtlichen Position führe, welcher nach Möglichkeit auf der Ebene des Auswahlermessens Rechnung zu tragen sei, und weil außerdem durch die öffentliche Debatte das Präventionsziel bereits erreicht sei, ist zurückzuweisen. Das (möglicherweise vorhandene) Vertrauen der Klägerin, der verliehene Grad werde ihr erhalten bleiben, steht dessen Entziehung nicht entgegen. Zum einen hindert ein Vertrauensschutz die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts, der keine Geld- oder Sachleistungen gewährt, grundsätzlich nicht, da § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG in solchen Fällen nicht gilt (§ 48 Abs. 3 LVwVfG). Im Übrigen wäre die Klägerin auch nach § 48 Abs. 2 LVwVfG nicht gegen eine Rücknahme der Begünstigung geschützt, da sie die Gradverleihung durch eine arglistige Täuschung bewirkt hat (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG). Arglist in diesem Sinne liegt vor, wenn die bewusste Irreführung darauf gerichtet war, auf den Erklärungswillen einer Behörde hinzuwirken. Sie ist damit bei einer vorsätzlichen Täuschung, wie sie der Klägerin hier vorzuwerfen ist, regelmäßig gegeben; Anhaltspunkte für das Gegenteil liegen nicht vor (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, juris).
91 
Der Promotionsausschuss hat sich auch in hinreichendem Maße mit der Frage befasst, ob mildere Maßnahmen unterhalb der Entziehung des Doktorgrades, etwa eine Nachbesserungsauflage, in Betracht kommen könnten, und sich damit im Rahmen seiner Ermessensausübung auseinandergesetzt. Der Hinweis der Klägerin auf zwei weitere Fälle an der Medizinischen Fakultät der Beklagten, in denen geringere Sanktionen als die Entziehung des Doktorgrades verhängt worden seien, hat für die Entscheidung des Promotionsausschusses der Philosophischen Fakultät im vorliegenden Verfahren keine Bedeutung.
92 
Der von der Klägerin erhobene Einwand, wonach gegen die Verfasser anderer Dissertationen, bei denen die gleichen Fehler vorlägen, nicht vorgegangen werde und woraus sich eine Verwaltungspraxis ergebe, die auch in ihrem Fall angewandt werden müsse, geht ebenfalls ins Leere. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Beklagten in vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit andere Maßstäbe angelegt hätte. Die Beklagte hat vielmehr dargelegt, dass es seit der Gründung der Philosophischen Fakultät im Jahr 2002 keine Fälle gegeben habe, in denen ein Entziehungsverfahren durchgeführt worden sei. Eine Ermessenbindung scheidet somit bereits mangels entsprechender Verwaltungspraxis aus. Die pauschalen Behauptungen der Klägerin, eine Vielzahl anderer Dissertationen sei ebenso fehlerhaft wie ihre eigene, sind im Übrigen rein spekulativ und bleiben daher ohne rechtliche Bedeutung.
93 
Dass Erst- und Zweitgutachter die ganz erheblichen Plagiate nicht schon bei der Annahme und bei der Bewertung ihrer schriftlichen Dissertation entdeckt haben, begründet für die Klägerin ebenfalls keinen Vertrauensschutz dahingehend, die elementaren Grundlagen wissenschaftlicher Arbeitstechniken missachten zu dürfen (BayVGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl 2007, 281; VG Freiburg, Urteil vom 23.05.2012 - 1 K 58/12 -, juris; VG Sigmaringen, Urteil vom 04.10.2007 - 8 K 1384/05 -, n.v.). Auch ein „Mitverschulden“ der Beklagten lässt sich daraus nicht konstruieren, da keine Verpflichtung der Beklagten bestand, sämtliche Dissertationen bereits bei ihrer Abgabe - unabhängig von einem Verdacht auf einen Verstoß gegen die allgemeinen Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens - auf derartige Verfehlungen hin zu kontrollieren (vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 04.10.2007 - 8 K 1384/05 -, S. 15 des Entscheidungsabdrucks).
94 
Die Aufforderung im Bescheid des Dekans vom 22.06.2011, die Promotionsurkunde zurückzugeben, sieht die Kammer nur als einen Hinweis und nicht als Regelung im Sinne eines Verwaltungsakts auf Rückgabe gemäß § 52 LVwVfG.
95 
II. Da der Widerspruchsbescheid vom 30.11.2011 - wie bereits ausgeführt - weder formell noch materiell zu beanstanden ist, bleibt auch der Hilfsantrag ohne Erfolg.
96 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
97 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO vorliegt.
98 
B E S C H L U S S
99 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Ziffer 18.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (DVBl. 2004, 1525) auf 15.000 EUR festgesetzt.
100 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.


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(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 15.000,00 Euro festgesetzt.


Gründe:

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der ihm erteilten Bescheinigung, Ehegatte einer Spätaussiedlerin zu sein.

2

Er wurde 1960 in Kasachstan geboren, ist seit 1988 verheiratet und hat mit seiner ebenfalls in Kasachstan geborenen Frau zwei Kinder. Sein Schwiegervater ist deutscher und seine Schwiegermutter russischer Nationalität.

3

Im Dezember 2002 siedelte der Kläger gemeinsam mit seiner Familie aufgrund der Einbeziehung in den Aufnahmebescheid seines Schwiegervaters in die Bundesrepublik Deutschland um. Während seine Ehefrau und Kinder als Abkömmlinge eines Spätaussiedlers aufgenommen wurden, reiste er als sonstiger Familienangehöriger ein.

4

Am 21. September 2004 stellte der Rechtsvorgänger des Beklagten eine Bescheinigung nach § 15 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) aus. In dieser Bescheinigung wurde die Ehefrau des Klägers nunmehr selbst als Spätaussiedlerin bezeichnet und der Kläger als Ehegatte einer Spätaussiedlerin. Die der Ehefrau des Klägers erteilte Bescheinigung wurde inzwischen rechtskräftig zurückgenommen, da sie - wie das Verwaltungsgericht feststellte - mangels deutscher Volkszugehörigkeit keine Spätaussiedlerin ist.

5

Mit Schreiben vom 4. Juli 2006 hörte der Rechtsvorgänger des Beklagten den Kläger zur beabsichtigten Rücknahme der ihm erteilten Bescheinigung an. Der Kläger machte daraufhin mit einem am 14. Juli 2006 bei der Behörde eingegangenen Schreiben geltend, die Bescheinigung begründe bei ihm die deutsche Staatsangehörigkeit. Deren Entzug komme allenfalls bei Vorliegen einer arglistigen Täuschung oder bewusst falscher Angaben in Betracht. Beides sei in seinem Fall nicht gegeben.

6

Mit Bescheid vom 12. September 2006 nahm der Rechtsvorgänger des Beklagten die dem Kläger erteilte Bescheinigung, Ehegatte einer Spätaussiedlerin zu sein, zurück. Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage abgewiesen.

7

Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Rücknahme der Bescheinigung aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Rücknahme sei zwar fristgerecht erfolgt. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) habe erst nach der Durchführung des Anhörungsverfahrens im Juli 2006 zu laufen begonnen und sei somit am 12. September 2006 noch nicht abgelaufen gewesen. Rechtsgrundlage der Rücknahme sei die allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Rücknahmevorschrift. Die mit Wirkung zum 11. Juli 2009 in Kraft getretene spezielle Rücknahmevorschrift des § 15 Abs. 4 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) sei mangels einer entsprechenden Übergangsregelung nicht anwendbar. Die Behörde habe allerdings das ihr hinsichtlich der Rücknahme zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Sie sei von einem falschen Ermessensrahmen ausgegangen, da sie zu Unrecht angenommen habe, dass der Kläger die Rechtswidrigkeit der zurückgenommenen Bescheinigung infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Abgesehen davon habe sie nicht beachtet, dass sie die Fehlerhaftigkeit der Bescheinigung allein zu verantworten habe. In einem solchen Fall komme nur eine Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft in Betracht. Schließlich habe die Behörde auch nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt, dass die Rücknahme Folgen haben könne, die der Entziehung der Staatsangehörigkeit ähnelten.

8

Mit seiner Revision macht der Beklagte eine Verletzung des § 48 VwVfG geltend. In Fällen, in denen - wie hier - die Rücknahme allein die Feststellung betreffe, dass der Inhaber der Bescheinigung Ehegatte einer Spätaussiedlerin sei, sei § 48 Abs. 1 und Abs. 3 VwVfG anzuwenden. Demzufolge komme es auf die Frage, ob der Kläger die Rechtswidrigkeit der Bescheinigung grob fahrlässig nicht erkannt habe, nicht an. Abgesehen davon habe das Oberverwaltungsgericht eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers auch zu Unrecht verneint.

9

Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) (1.). Es stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO) (2.).

11

1. Zwar ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Rücknahme der Bescheinigung nicht auf die mit Wirkung zum 11. Juli 2009 in Kraft getretene spezielle Rücknahmevorschrift des § 15 Abs. 4 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. August 2007 (BGBl I S. 1902), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 4. Dezember 2011 (BGBl I S. 2426) - n.F. - gestützt werden kann, sondern ihre Rechtsgrundlage in der allgemeinen verfahrensrechtlichen Rücknahmevorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) i.V.m. § 1 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für den Freistaat Sachsen (SächsVwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2003 (GVBl S. 614) findet (a). Des Weiteren hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht nicht in Frage gestellt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG erfüllt sind (b) und es sich bei der dem Kläger am 21. September 2004 gemäß § 15 Abs. 2 BVFG in der insoweit anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juni 1993 (BGBl I S. 829) - a.F. - ausgestellten Bescheinigung um einen begünstigenden Verwaltungsakt im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG handelt (c). Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht auch angenommen, dass die Rücknahme fristgerecht erfolgt ist (d). Jedoch hat es bei der Prüfung der behördlichen Ermessensentscheidung einen fehlerhaften Maßstab angewandt, soweit es auf die Vertrauensschutzregelung des § 48 Abs. 2 VwVfG abgestellt hat (e). Da der Anwendungsbereich des § 48 Abs. 2 VwVfG nicht eröffnet ist, greifen die darauf bezogenen Verfahrensrügen der Revision nicht durch (f).

12

a) Die durch das Achte Gesetz zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes vom 6. Juli 2009 (BGBl I S. 1694) eingeführte und mit Wirkung zum 11. Juli 2009 in Kraft getretene spezielle Rücknahmevorschrift des § 15 Abs. 4 BVFG n.F. ist mangels einer entsprechenden Übergangsregelung nicht auf eine - wie hier - vor ihrem Inkrafttreten ausgesprochene Rücknahme anwendbar.

13

b) Nach der allgemeinen Rücknahmevorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 1 Satz 1 SächsVwVfG, auf die mangels einer speziellen Rücknahmeregelung zurückzugreifen ist, kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die dem Kläger erteilte Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG a.F. stellt einen wirksamen Verwaltungsakt dar (aa), der in seinem Sachausspruch von Anfang an rechtswidrig war (bb).

14

aa) Die Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG ist ein statusfeststellender Verwaltungsakt, der die Rechtsstellung als Ehegatte eines Spätaussiedlers feststellt. Dies ist bislang - unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Erteilung des Vertriebenausweises - ausdrücklich nur für die Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG entschieden worden (vgl. Urteil vom 24. Februar 2005 - BVerwG 5 C 10.04 - BVerwGE 123, 101<103> = Buchholz 412.3 § 15 BVFG Nr. 30 S. 11 m.w.N.). Für die Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG gilt jedoch nichts anderes.

15

bb) Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich, hier also der Zeitpunkt, in dem die Bescheinigung ausgestellt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger nicht Ehegatte einer Spätaussiedlerin.

16

Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) wurde die Klage der Ehefrau des Klägers gegen die Rücknahme der ihr am 21. September 2004 erteilten Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG a.F. durch das Verwaltungsgericht rechtskräftig abgewiesen. Dabei wurde - soweit hier von Interesse - in den Entscheidungsgründen festgestellt, dass die Ehefrau des Klägers mangels deutscher Volkszugehörigkeit keine Spätaussiedlerin sei. Sie erfülle nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BVFG in der Fassung des Gesetzes zur Klarstellung des Spätaussiedlerstatus - Spätaussiedlerstatusgesetz (SpStatG) - vom 30. August 2001 (BGBl I S. 2266), da sie sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete nicht durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung zum deutschen Volkstum bekannt, sondern ausweislich der 1989 erfolgten Eintragung der russischen Nationalität in ihren Inlandspass ein Gegenbekenntnis zum russischen Volkstum abgegeben habe. Aus diesem Grund sei auch ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum auf vergleichbare Weise im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 BVFG ausgeschlossen. Ebenso wenig gehöre die Ehefrau des Klägers gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 Alt. 3 BVFG nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität. Auch könne ein Bekenntnis der Ehefrau des Klägers zum deutschen Volkstum nicht nach § 6 Abs. 2 Satz 5 BVFG unterstellt werden, weil diese nicht substanziiert und in sich stimmig dargelegt habe, dass ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden gewesen sei.

17

Die Rechtskraft des gegenüber der Ehefrau des Klägers ergangenen Urteils erzeugt im vorliegenden Verfahren zwar keine Bindungswirkung (vgl. Urteil vom 18. Dezember 2002 - BVerwG 5 C 40.01 - Buchholz 412.3 § 1 BVFG Nr. 57 S. 7). Das Oberverwaltungsgericht hat aber offensichtlich die vom Verwaltungsgericht in dem Verfahren der Ehefrau des Klägers vorgenommene Würdigung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht für das vorliegende Verfahren übernommen. Hiergegen sind weder erhebliche Gesichtspunkte vorgetragen noch ist diese Würdigung sonst revisionsgerichtlich zu beanstanden.

18

c) Ein Verwaltungsakt, der einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nach § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nur unter den Voraussetzungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Die Statusfeststellung nach § 15 Abs. 2 BVFG begründet oder bestätigt im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil. Die Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG a.F. wird zum Nachweis erteilt, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 BVFG vorliegen, d.h. dass der Inhaber der Bescheinigung Ehegatte (oder Abkömmling) des Spätaussiedlers ist, die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 oder 2 BVFG nicht erfüllt, aber die Aussiedlungsgebiete im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen hat (Satz 1). Der rechtliche Vorteil liegt darin, dass diese Feststellungen für alle Behörden und Stellen, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach dem Bundesvertriebenengesetz oder einem anderen Gesetz zuständig sind, im Einzelfall verbindlich sind.

19

d) Nach § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ist, wenn die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Diese Frist wird in Lauf gesetzt, sobald die Rücknahmebehörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr sämtliche für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Hierzu gehören auch alle für eine Ermessensbetätigung wesentlichen Umstände. Die Behörde erhält Kenntnis, wenn der nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung zur Rücknahme des Verwaltungsakts berufene Amtswalter oder ein sonst innerbehördlich zur rechtlichen Prüfung des Verwaltungsakts berufener Amtswalter positive Kenntnis erlangt. Ein einzelne Fachfragen begutachtender Mitarbeiter einer Behörde ist kein zur rechtlichen Prüfung berufener Amtswalter. Diente eine Anhörung des Betroffenen nach § 28 Abs. 1 VwVfG - wie hier - der Ermittlung weiterer entscheidungserheblicher Tatsachen, beginnt die Jahresfrist erst danach zu laufen (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 19. Dezember 1984 - BVerwG GrSen 1 und 2.84 - BVerwGE 70, 356 <362 ff.> = Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 33 S. 19 ff. und vom 7. November 2000 - BVerwG 8 B 137.00 - Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 99 S. 18; Urteile vom 24. Januar 2001 - BVerwG 8 C 8.00 - BVerwGE 112, 360 <362 ff.> = Buchholz 316 § 49 VwVfG Nr. 40 S. 4 ff. und vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 3.09 - Buchholz 436.36 § 27 BAföG Nr. 6 Rn. 25).

20

Das Oberverwaltungsgericht hat sich im Rahmen seiner Überzeugungsbildung von diesen Rechtsgrundsätzen leiten lassen. Auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen, gegen die die Revision keine Verfahrensrügen erhoben hat, ist seine rechtliche Würdigung, dass die Frist erst nach Durchführung des Anhörungsverfahrens im Juli 2006 zu laufen begonnen hat und demzufolge im Zeitpunkt der Rücknahme am 12. September 2006 noch nicht verstrichen war, revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Denn für die Ermessensentscheidung über die Rücknahme waren notwendig auch die Aspekte zu berücksichtigen, die der Kläger - insbesondere im Hinblick auf eine etwaige Betätigung schutzwürdigen Vertrauens - auf seine Anhörung vorbringen würde. Dabei kommt es für die vollständige Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen auf die Kenntnis der Leiterin der die Bescheinigung ausstellenden Behörde an. Denn diese war innerbehördlich zur abschließenden Prüfung der Frage zuständig, ob die Erteilung der Bescheinigung rechtswidrig erfolgt und zurückzunehmen ist. Entgegen der Auffassung des Klägers kann nicht auf den nach seiner Ansicht "bösgläubigen" Sachbearbeiter abgestellt werden, der bereits zum Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung die maßgeblichen Tatsachen für eine Rücknahmeentscheidung gekannt habe.

21

e) Das angefochtene Urteil steht aber mit Bundesrecht nicht in Einklang, soweit das Oberverwaltungsgericht die Ermessensentscheidung über die Rücknahme der Bescheinigung an der Vertrauensschutzregelung des § 48 Abs. 2 VwVfG gemessen hat.

22

Diese Vertrauensschutzregelung ist nur anzuwenden, wenn es um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt geht, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist. Ein derartiger Verwaltungsakt darf nach Satz 1 nicht zurückgenommen werden, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen schutzwürdig ist. Dementsprechend ist die Ermessensentscheidung über die Rücknahme der Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG mit Rücksicht darauf, dass die Bescheinigung als solche keine Leistungen der genannten Art gewährt, aber der durch die Bescheinigung nachgewiesene Status grundsätzlich Voraussetzung für die Gewährung bestimmter Geld- oder Sachleistungen wie z.B. den finanziellen Hilfen nach § 9 BVFG, den Leistungen bei Krankheit nach § 11 BVFG, den Leistungen nach der Unfall- und Rentenversicherung nach § 13 BVFG und der Förderung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nach § 14 BVFG ist (vgl. Urteil vom 24. Februar 2005 a.a.O. <103 f.> = S. 11), nur dann an § 48 Abs. 2 VwVfG auszurichten, wenn und soweit im Einzelfall feststeht, dass der Inhaber der Bescheinigung konkrete Geld- oder Sachleistungen erhalten oder sein Vertrauen im Hinblick auf den Erhalt solcher Leistungen sonst in schutzwürdiger Weise betätigt hat. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist die Ermessensentscheidung über die Rücknahme allein an § 48 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwVfG zu messen (vgl. Urteile vom 20. März 1990 - BVerwG 9 C 12.89 - BVerwGE 85, 79 <84 ff.> = Buchholz 412.3 § 18 BVFG Nr. 14 S. 22 ff. und vom 17. Februar 1992 - BVerwG 9 C 152.90 - Buchholz 412.3 § 18 BVFG Nr. 16 S. 43 ff. sowie Beschluss vom 23. März 1993 - BVerwG 9 B 375.92 - juris Rn. 2). So ist es hier.

23

Die Rücknahme der Bescheinigung des Klägers wirkt sich - worüber der Senat abschließend befinden kann - nur auf die dort getroffene Feststellung aus, dass er Ehegatte einer Spätaussiedlerin ist. Denn das Oberverwaltungsgericht hat nicht festgestellt, dass dem Kläger auf der Grundlage der ihm erteilten Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG a.F. tatsächlich Geld- oder Sachleistungen gewährt wurden oder er solche etwa beantragt hat. Der Kläger hat derartiges auch nicht geltend gemacht, obwohl ihm insoweit bereits im Verwaltungsverfahren nach Maßgabe des § 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwVfG i.V.m. § 1 Satz 1 SächsVwVfG eine Mitwirkungspflicht oblegen hat, auf die er mit Anhörungsschreiben vom 4. Juli 2006 ausdrücklich hingewiesen wurde.

24

f) Die von der Revision erhobene Rüge der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) hat keinen Erfolg. Sie bezieht sich auf Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG; Verursachungsbeitrag der Behörde), auf die es mangels Anwendbarkeit des § 48 Abs. 2 VwVfG für die Entscheidung nicht ankommt.

25

2. Das angefochtene Urteil stellt sich im Ergebnis auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ist die Entschließung des Rechtsvorgängers des Beklagten, die rechtswidrige Bescheinigung zurückzunehmen, gemessen an § 48 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwVfG revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden (a). Entsprechendes gilt, soweit der Rechtsvorgänger des Beklagten die Rücknahme der Bescheinigung zum Ausstellungstag ausgesprochen hat (b).

26

a) Die an § 48 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwVfG auszurichtende Ermessensentscheidung über das "Ob" der Rücknahme erweist sich als fehlerfrei.

27

Im Rahmen der Ermessensausübung ist das öffentliche Interesse an der Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes mit dem Interesse des Betroffenen an der Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes abzuwägen. Das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Grundsatz der Rechtssicherheit sind dabei grundsätzlich gleichwertig, sofern dem anzuwendenden Fachrecht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist (vgl. Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 1 C 33.07 - Buchholz 402.242 § 54 AufenthG Nr. 5 Rn. 12). Das ist vorliegend nicht der Fall (vgl. Urteil vom 14. Dezember 1972 - BVerwG 1 C 32.71 - BVerwGE 41, 277 <280> = Buchholz 130 § 3 RuStAG Nr. 1 S. 3). Erforderlich ist eine umfassende Güterabwägung unter Einbeziehung aller wesentlichen Umstände des konkreten Einzelfalls, wozu auch etwaige Vertrauensschutzgesichtspunkte gehören (vgl. Beschlüsse vom 7. November 2000 a.a.O. und vom 14. April 2010 - BVerwG 8 B 88.09 - FamRZ 2010, 1250 m.w.N.). Diesen rechtlichen Vorgaben wird die Rücknahmeentscheidung gerecht.

28

Der Beklagte hat das ihm durch § 48 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwVfG i.V.m. § 1 Satz 1 SächsVwVfG eingeräumte Ermessen erkannt und das öffentliche Interesse an der Beseitigung des rechtswidrigen Verwaltungsakts mit dem Interesse des Klägers an der Beibehaltung der rechtswidrigen Bescheinigung fehlerfrei abgewogen. Er hat dabei berücksichtigt, dass der Kläger aufgrund der Bescheinigung keine unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteile erhalten habe und zu Unrecht ein deutsches Personaldokument (Reisepass oder Personalausweis) besitze, da er nicht die deutsche Staatsangehörigkeit erworben habe. Er hat ferner festgestellt, dass auch keine Vertrauenstatbestände ersichtlich seien, die so stark seien, dass sie einer Rücknahme der Bescheinigung entgegenstünden.

29

b) Der Beklagte durfte gestützt auf § 48 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwVfG die Bescheinigung auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen. Dies begegnet im Hinblick auf Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Kläger hat durch die Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG a.F. nicht nach § 7 Satz 1 Staatsangehörigkeitsgesetz in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999 (BGBl I S. 1618) - StAG a.F. - die deutsche Staatsangehörigkeit erworben, da er - wie unter 1. b) bb) dargelegt - nicht Ehegatte einer Spätaussiedlerin und damit kein sogenannter Statusdeutscher ist.

30

Nach § 7 Satz 1 StAG a.F. erwirbt ein Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG, der nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, mit der Ausstellung der Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 oder 2 BVFG die deutsche Staatsangehörigkeit. Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG ist vorbehaltlich einer anderweitigen gesetzlichen Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes nach § 7 StAG a.F. setzt damit voraus, dass der Inhaber der Bescheinigung bei deren Ausstellung die Eigenschaft als Statusdeutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG besitzt. Hierfür spricht bereits der klare Wortlaut des Gesetzes (aa). Sinn und Zweck der Vorschrift (bb) sowie die Gesetzesmaterialien (cc) bestätigen dieses Normverständnis.

31

aa) Der Wortlaut des § 7 Satz 1 StAG a.F. bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass das ausdrücklich aufgeführte Tatbestandsmerkmal "Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes" im staatsangehörigkeitsrechtlichen Kontext nicht zu prüfen ist und der gesetzliche Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 7 Satz 1 StAG a.F. allein an das formelle Vorliegen einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG geknüpft sein soll.

32

bb) Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes nach § 7 StAG a.F. soll die Eingliederung von Statusdeutschen, d.h. von Deutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG ohne deutsche Staatsangehörigkeit, in den deutschen Staatsverband erleichtern. Diese sollen in der Regel die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben, ohne ein Einbürgerungsverfahren durchlaufen und die weiteren Voraussetzungen für eine Einbürgerung, die in der Regel wesentlich höher sind, erfüllen zu müssen. Objektiver Rechtfertigungsgrund für den vereinfachten Staatsangehörigkeitserwerb nach § 7 StAG ist die Rechtsstellung als Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG. § 7 StAG will nur denjenigen begünstigen, der tatsächlich Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG ist (vgl. Marx, in: GK-StAR, Stand August 2009, IV-2 § 7 Rn. 4 und 20; Renner/Maaßen, in: Hailbronner/Renner/Maaßen, StAR, 5. Aufl. 2010, § 7 Rn. 16; s.a. Urteil vom 19. Juni 2001 - BVerwG 1 C 26.00 - BVerwGE 114, 332 <336> = Buchholz 11 Art. 116 GG Nr. 30 S. 9 unter Bezugnahme auf BVerfG, 2. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 5. Juli 2000 - 2 BvR 865/00 - NVwZ-RR 2000, 836).

33

Unter welchen Voraussetzungen eine Person "als Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte (oder Abkömmling)" diesen Status erwirbt, bestimmt sich nach Art. 116 Abs. 1 GG i.V.m. mit § 4 BVFG. Die Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG zählt danach nicht zu den Erwerbsvoraussetzungen. Ihr kommt insoweit auch im Übrigen keine konstitutive Wirkung zu.

34

cc) Auch die Gesetzesmaterialien sprechen dafür, dass die Eigenschaft als Statusdeutscher im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG tatbestandliche Voraussetzung für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 7 Satz 1 StAG a.F. ist. Nach der Gesetzesbegründung zur Einführung dieser Vorschrift betrifft der Erwerbstatbestand Personen, die die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Satz 1 und 2 BVFG erfüllen (vgl. BTDrucks 14/533 S. 14; s.a. BTDrucks 16/5065 S. 227). Des Weiteren wird ausgeführt, "dagegen genügt es - entsprechend der bisherigen Praxis - für den Statuserwerb durch den nichtdeutschen Ehegatten nicht, wenn er nach dem Spätaussiedler die Aussiedlungsgebiete verlässt und erst in diesem Zeitpunkt die geforderte Ehedauer vorliegt. In diesen Fällen kann die deutsche Staatsangehörigkeit nur durch Einbürgerung erworben werden" (vgl. BTDrucks 14/533 S. 14 f.). Das zeigt, dass nach der gesetzgeberischen Vorstellung allein die formelle Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG nicht zum gesetzlichen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit führen soll. Vielmehr soll der privilegierte Staatsangehörigkeitserwerb nach § 7 StAG a.F. nur bei einer materiell rechtmäßigen Bescheinigung eintreten. Denn käme es allein auf das formelle Vorliegen der Bescheinigung an, könnte der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 7 StAG nicht daran scheitern, dass der nichtdeutsche Ehegatte die Aussiedlungsgebiete nach dem Spätaussiedler verlassen und demzufolge nicht die materiellrechtliche Voraussetzung des § 7 Abs. 2 BVFG erfüllt hat.

35

Die durch die Einfügung des gesetzlichen Erwerbstatbestandes angestrebte Entlastung der Einbürgerungsbehörden (vgl. BTDrucks 14/533 S. 14) entfällt dadurch nicht. Sie ist rein verfahrensrechtlicher Natur und liegt in dem Wegfall des bis dahin erforderlichen Einbürgerungsverfahrens für Spätaussiedler und deren nichtdeutschen Ehegatten und Abkömmlinge.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.


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Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich dagegen, dass ihm die beklagte Universität den von ihr verliehenen Doktorgrad unter Berufung darauf entzogen hat, er habe sich durch späteres Verhalten der Führung des Grades als unwürdig erwiesen.

2

Der Kläger ist Physiker. Die Beklagte promovierte ihn im Januar 1998 auf Grund einer Dissertation auf dem Gebiet der Photovoltaik zum Doktor der Naturwissenschaften. Von Juli 1998 bis September 2002 arbeitete der Kläger in einer privaten Forschungseinrichtung, den zur Firma L. T. gehörenden B. L., in den USA. Für diese Tätigkeit hatte ihm die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ein Postdoktorandenstipendium mit der Laufzeit von August 1998 bis Januar 2000 bewilligt. Der Kläger befasste sich während dieser Zeit mit Forschungen und Experimenten zur Supraleitung und zur Herstellung von Nano-Bauelementen. Er war an einer Vielzahl wissenschaftlicher Publikationen beteiligt, die in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit teilweise als bahnbrechend gewürdigt wurden.

3

Im Mai 2002 setzte die Leitung der B. L. eine Kommission unter dem Vorsitz von Prof. B. von der S. University (im Folgenden: B.-Kommission) ein, um die Vorwürfe des wissenschaftlichen Fehlverhaltens zu klären, die in der Fachöffentlichkeit unter Bezug auf von dem Kläger und verschiedenen Mitautoren verfasste Publikationen erhoben worden waren. Nach der Untersuchung von 24 Veröffentlichungen und einem unveröffentlichten Manuskript aus den Jahren 1998 bis 2002 kam die B.-Kommission in ihrem Abschlussbericht vom September 2002 (im Folgenden: B.-Report) zu dem Ergebnis, dass der Kläger die Originaldaten und die verwendeten Proben seiner beschriebenen Experimente nicht systematisch archiviert habe. Zudem gebe es zwingende Belege dafür, dass er Daten manipuliert und falsch dargestellt habe. Eine Verantwortlichkeit auch der Mitautoren der betroffenen Ausarbeitungen scheide aus, da der Kläger die zu Grunde liegenden Versuche und Messungen mit wenigen Ausnahmen allein durchgeführt habe.

4

Entsprechend einem von dem Promotionsausschuss Physik der Beklagten gefassten Beschluss entzog dessen Vorsitzender dem Kläger mit Bescheid vom 4. Juni 2004 unter Berufung auf § 55c Abs. 1 UG BW a.F. den verliehenen akademischen Grad eines Doktors der Naturwissenschaften, weil sich der Kläger im Sinne der Vorschrift durch sein späteres Verhalten der Führung des Grades als unwürdig erwiesen habe. Der Begriff der Unwürdigkeit sei wissenschaftsbezogen zu verstehen. Der Ausschuss sei auf Grund einer eigenen Würdigung des B.-Reports zu der Auffassung gelangt, dass ein wissenschaftliches Fehlverhalten des Klägers in Gestalt der Datenmanipulation, der Präsentation von Daten in falschem Zusammenhang und der künstlichen Erzeugung von Daten in einem in der deutschen Wissenschaftsgeschichte bisher beispiellosen Ausmaß nachgewiesen sei. Das Interesse der Beklagten, eine Person, die wissenschaftliches Fehlverhalten in einem derart erheblichen Umfang zu verantworten habe, nach außen sichtbar aus dem Kreis derjenigen auszuschließen, die durch den Doktorgrad die Zugehörigkeit zur qualifizierten wissenschaftlichen Forschung dokumentierten, überwiege das persönliche Interesse des Klägers, durch die Führung des Titels seine erfolgreiche Promotion zu belegen und seine beruflichen Chancen zu verbessern.

5

Im Verlauf des Verfahrens über den von dem Kläger gegen die Entziehungsverfügung eingelegten Widerspruch untersuchte der Promotionsausschuss Physik der Beklagten sieben der in dem B.-Report aufgeführten Publikationen. In der hierüber gefertigten Analyse stellte der Promotionsausschuss fest, dass vielfach Originaldaten fehlten und im Übrigen Daten manipuliert, gefälscht und fabriziert worden seien; zudem würden in den Publikationen mehrfach geglättete Daten gezeigt, dabei werde jedoch suggeriert, dass es sich um gemessene Daten handele. Der Promotionsausschuss zog überdies die Entscheidung des Hauptausschusses der DFG vom 14. Oktober 2004 bei, in der festgestellt worden war, dass dem Kläger im Hinblick auf zwei Veröffentlichungen aus den Jahren 1998 und 2000, die er in einem Bericht an die DFG benannt hatte und die auch von der B.-Kommission untersucht worden waren, wissenschaftliches Fehlverhalten in der Form der Fälschung und Manipulation von Daten sowie der unzureichenden Aufbewahrung und Dokumentation von Primärdaten zur Last zu legen sei. Nachdem sich der Promotionsausschuss für die Zurückweisung des Widerspruchs des Klägers ausgesprochen hatte, wurde dieser durch den Prorektor für Lehre der Beklagten unter dem 19. Oktober 2009 entsprechend beschieden. Die Voraussetzungen für den Entzug des Doktorgrades nach dem zwischenzeitlich an die Stelle des § 55c Abs. 1 UG BW a.F. getretenen, wortgleichen § 35 Abs. 7 LHG BW lägen vor. Der Kläger habe über einen längeren Zeitraum und in erheblichem Umfang wissenschaftliches Fehlverhalten an den Tag gelegt und dadurch seine Kernpflichten als Wissenschaftler massiv verletzt.

6

Das Verwaltungsgericht hat der von dem Kläger erhobenen Anfechtungsklage stattgegeben, weil es das der angefochtenen Entziehungsverfügung zu Grunde liegende wissenschaftsbezogene Verständnis des in § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW enthaltenen Begriffs der Unwürdigkeit verfassungsrechtlich für nicht zulässig, stattdessen eine Beschränkung auf Fälle besonders zu missbilligender Straftaten für geboten und zudem die Entziehung des Doktorgrades des Klägers für unverhältnismäßig gehalten hat.

7

Auf die Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Die Entziehung des Doktorgrades habe in § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW eine verfassungsmäßige Ermächtigungsgrundlage. Das in der Norm enthaltene Tatbestandsmerkmal der Unwürdigkeit sei wegen des in ihm angelegten Wissenschaftsbezugs hinreichend bestimmt. Ein Titelinhaber erweise sich als unwürdig zur Führung des verliehenen Doktorgrades, wenn er gravierend gegen die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis bzw. die wissenschaftliche Redlichkeit verstoße, insbesondere Forschungsergebnisse fälsche. Derart ausgelegt, bestünden auch keine Bedenken gegen die Vereinbarkeit des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW mit den Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Dass dem Kläger ein die weitere Führung des verliehenen Doktorgrades ausschließender schwerwiegender Verstoß gegen die wissenschaftliche Redlichkeit zur Last zu legen sei, habe die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise angenommen. Da der Kläger die Primärdaten seiner Untersuchungen nicht ordnungsgemäß aufbewahrt und die durchgeführten Experimente nicht hinreichend dokumentiert habe, könne im Wege des prima-facie-Beweises darauf geschlossen werden, dass die von dem Kläger behaupteten Experimente nicht in der beschriebenen Weise stattgefunden hätten. Unabhängig hiervon sei durch die Entscheidung des Hauptausschusses der DFG vom 14. Oktober 2004 und die im Rahmen des Widerspruchsverfahrens durchgeführte Untersuchung des Promotionsausschusses Physik der Beklagten positiv nachgewiesen, dass der Kläger Daten gefälscht und manipuliert habe. Auch die Einwände des Klägers gegen die Ergebnisse der B.-Kommission überzeugten nicht. Bei dieser Sachlage sei eine weitere gerichtliche Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht nicht veranlasst gewesen. Ein Ermessensfehler sei der Beklagten nicht unterlaufen. Insbesondere stehe die Entziehung des Doktorgrades in Ansehung der Gesamtumstände in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Eingriffs.

8

Zur Begründung seiner von dem Senat zugelassenen Revision gegen das Berufungsurteil macht der Kläger - teilweise gestützt auf die Erwägungen des der Klage stattgebenden erstinstanzlichen Urteils - geltend: Der überkommene hochschulrechtliche Begriff der Unwürdigkeit gehöre dem revisiblen Recht an. Durch die von dem Verwaltungsgerichtshof vorgenommene wissenschaftsbezogene Auslegung gewinne dieser Begriff eine verfassungsrechtlich unzulässige Weite. Sie ermögliche eine dauerhafte Entwertung des korrekt erworbenen Doktorgrades auf Grund eines nachträglichen Fehlverhaltens ohne strafrechtliche Relevanz und dadurch einen unverhältnismäßigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, die Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und die Berufswahlfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG, erfasse unter Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG nur diejenigen Inhaber eines Doktorgrades, die nach ihrer Promotion weiterhin im Wissenschaftsbereich tätig seien, und verletze die rechtsstaatlichen Grundsätze der Normenklarheit und Justitiabilität, weil sich verlässliche Kriterien für die Beantwortung der Frage, wann gravierendes wissenschaftliches Fehlverhalten vorliege, nicht finden ließen. Unabhängig hiervon sei der Verwaltungsgerichtshof in verfahrensfehlerhafter Weise zu seiner Feststellung eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens gelangt. Er habe unter Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO - hier in seiner Ausprägung durch die gerichtliche Hinweis- und Erörterungspflicht aus § 86 Abs. 3 VwGO und § 104 Abs. 1 VwGO - ein Überraschungsurteil erlassen und überdies die gerichtliche Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO verletzt, weil er den bestrittenen Sachvortrag der Beklagten ohne weitere Ermittlungen bzw. Beweiserhebung und ohne entsprechenden vorherigen Hinweis als gegeben vorausgesetzt habe. Eine Gehörsverletzung wegen des Erlasses eines Überraschungsurteils sei dem Verwaltungsgerichtshof auch deshalb vorzuwerfen, weil er nicht darauf hingewiesen habe, dass er der rechtlichen Bewertung des Verwaltungsgerichts nicht folgen und den unbestimmten Rechtsbegriff der Unwürdigkeit auch in Abkehr von seiner eigenen bisherigen Rechtsprechung wissenschaftsbezogen auslegen werde. In jedem Fall habe die Beklagte den Doktorgrad in ermessensfehlerhafter Weise entzogen, weil die Wissenschaftsgemeinschaft mit den gegen ihn, den Kläger, erhobenen Vorwürfen auch ohnedies bereits vertraut gewesen sei und im Übrigen der Titel bei wissenschaftlichen Publikationen im Fach Physik nicht angegeben werde.

9

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 14. September 2011 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 22. September 2010 zurückzuweisen,

hilfsweise,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 14. September 2011 aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

10

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

11

Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist sowohl mit ihrem Hauptantrag als auch mit ihrem Hilfsantrag unbegründet und deshalb gemäß § 144 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Das angefochtene Urteil hat im Einklang mit Bundesrecht im Sinne von § 137 Abs. 1 VwGO die Klage gegen die Entziehung des Doktorgrades abgewiesen.

13

Die Vorschrift des § 35 Abs. 7 Satz 1 des Gesetzes über die Hochschulen in Baden-Württemberg (Landeshochschulgesetz BW - LHG BW) vom 1. Januar 2005 (GBl S. 1), hier anwendbar in der Fassung des Gesetzes vom 14. Juli 2009 (GBl S. 317, 331), wonach der von einer baden-württembergischen Hochschule verliehene Hochschulgrad unbeschadet der §§ 48 und 49 LVwVfG BW entzogen werden kann, wenn sich der Inhaber durch sein späteres Verhalten der Führung des Grades als unwürdig erwiesen hat, gehört dem nach § 137 Abs. 1 VwGO nicht revisiblen Landesrecht an (1.). Sie verstößt in ihrer Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht gegen das Grundgesetz (2.). Ebenso wenig ist revisionsgerichtlich zu beanstanden, dass der Verwaltungsgerichtshof die auf die Vorschrift gestützte Entziehungsverfügung der Beklagten im Übrigen als rechtmäßig beurteilt hat. An die den Tatbestand des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW ausfüllenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, da der Kläger keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe gegen sie vorgebracht hat (3.). Einen Ermessensfehler der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof ohne Verstoß gegen Bundesrecht verneint (4.).

14

1. Der Kläger geht fehl, wenn er meint, der in § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW enthaltene unbestimmte Rechtsbegriff der Unwürdigkeit gehöre dem revisiblen Recht an. Er beruft sich zu Unrecht darauf, dass der Begriff aus der die Entziehung wegen nachträglicher Unwürdigkeit durch späteres Verhalten betreffenden Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c) des früheren Gesetzes über die Führung akademischer Grade (GFaG) vom 7. Juni 1939 (RGBl I S. 985) mit bundeseinheitlicher Geltung überkommen sei und das Hochschulrecht der Länder den Entzug des Doktorgrades durchweg an die Voraussetzung der Unwürdigkeit knüpfe.

15

Das vorkonstitutionelle Gesetz über die Führung akademischer Grade galt in seinem wesentlichen Normbestand nach Inkrafttreten des Grundgesetzes wegen seiner Zugehörigkeit zum Hochschulrecht und damit zur Gesetzgebungskompetenz der Länder gemäß Art. 123 Abs. 1 GG als Landesrecht fort (stRspr seit dem Urteil vom 26. Februar 1960 - BVerwG 7 C 198.59 - BVerwGE 10, 195 <195 f.> = Buchholz 421.11 § 4 Ges. Akadem. Grade Nr. 1 S. 1 f., zuletzt Urteil vom 25. August 1993 - BVerwG 6 C 4.91 - BVerwGE 94, 73 <76 f.> = Buchholz 421.11 § 2 GFaG Nr. 14 S. 14). Die Geltung des Gesetzes in allen damaligen Ländern machte es nicht zu Bundesrecht und führte mangels einer ausdrücklichen Anordnung der Landesgesetzgeber nach Art. 99 GG auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtseinheit und des Anspruchs der Bürger auf Gleichbehandlung nicht dazu, dass es als revisibel angesehen werden konnte (Beschlüsse vom 26. November 1976 - BVerwG 7 B 48.75 - Buchholz 421.11 § 2 GFaG Nr. 4 S. 2, vom 17. März 1978 - BVerwG 7 B 14.77 - Buchholz 421.11 § 2 GFaG Nr. 6 S. 7 und vom 20. Juli 1984 - BVerwG 7 B 116.84 - Buchholz 421.11 § 2 GFaG Nr. 8 S. 4). Für Regelungen, die - wie § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW - nach der sukzessiven Aufhebung des Gesetzes über die Führung akademischer Grade in den Ländern an die Stelle des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c) GFaG getreten sind, besteht erst recht kein Anknüpfungspunkt für die Annahme einer Revisibilität (Beschluss vom 10. März 1997 - BVerwG 6 B 72.96 - Buchholz 421.11 § 4 GFaG Nr. 4), zumal längst nicht alle Länder derartige Nachfolgeregelungen erlassen haben (vgl. die Zusammenstellung der einschlägigen Landesvorschriften bei: Stumpf, BRJ Sonderausgabe 1/2011, 36 Fn. 325). Der Senat hat demnach nur zu prüfen, ob die durch den Verwaltungsgerichtshof ausgelegte Entziehungsvorschrift als solche oder ihre Anwendung auf den konkreten Fall dem (Verfassungs-)Recht des Bundes widerspricht.

16

2. Die Vorschrift des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW ist nicht verfassungswidrig. Der in ihr enthaltene unbestimmte Rechtsbegriff der Unwürdigkeit erfährt durch seinen Wissenschaftsbezug, den der Verwaltungsgerichtshof im Wege der für den Senat nach § 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO verbindlichen Normauslegung festgestellt hat (a)), eine Konkretisierung, die dem in dem Rechtsstaatsprinzip und damit im Wesentlichen in Art. 20 Abs. 3 GG zu verortenden Gebot der Gesetzesbestimmtheit genügt (b)). Die Norm ist in dieser Auslegung auch mit dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG (c)), der in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsfreiheit (d)), dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (e)) und dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (f)) vereinbar.

17

a) Nach ihrer Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof ist die landesrechtliche Entziehungsvorschrift des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW wissenschaftsbezogen zu verstehen. Anders als dies bei den auf einen berufsqualifizierenden Abschluss gerichteten Hochschulgraden der Fall sei, werde durch den Doktorgrad nicht lediglich ein einmal erreichter Ausbildungsstand nachgewiesen. Vielmehr bescheinige die Erlaubnis zur Führung des Doktorgrades dem Inhaber gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 LHG BW die Befähigung zu vertiefter - und auch selbständiger - wissenschaftlicher Arbeit. Damit werde der Inhaber öffentlich sichtbar als Mitglied der akademischen Wissenschaftsgemeinde ("scientific community") ausgewiesen. Er gelange durch diese Zuschreibung in dem arbeitsteiligen Prozess des wissenschaftlichen Fortschritts in den Genuss eines Vertrauensvorschusses, was die Einhaltung der Regeln der Wissenschaftlichkeit anbelange. Die Kernpflicht wissenschaftlichen Arbeitens bestehe in der Wahrung der wissenschaftlichen Redlichkeit, zu der auch § 3 Abs. 5 Satz 1 LHG BW ausdrücklich verpflichte. Ein Titelinhaber erweise sich deshalb dann als unwürdig im Sinne des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW, wenn sich der mit der Verleihung des Doktorgrades begründete Anschein wissenschaftskonformen Arbeitens angesichts gravierender Verstöße gegen die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis und Redlichkeit - insbesondere in Form der Fälschung von Forschungsergebnissen - als unzutreffend herausstelle und zum Schutz vor Irreführung korrigiert werden müsse. Demgemäß sehe auch § 3 Abs. 5 Satz 3 LHG BW vorsätzliche oder grob fahrlässige Falschangaben in wissenschaftserheblichem Zusammenhang als beispielhaft für einen Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis an.

18

Durch diese Ausführungen hat der Verwaltungsgerichtshof den Regelungsgehalt der landesrechtlichen Vorschrift des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW dahingehend umrissen, dass sie von den durch Prüfung erlangten Hochschulgraden nur den Doktorgrad erfasst und für dessen Entziehung wegen späterer Unwürdigkeit vorsätzliche oder grob fahrlässige Verstöße gegen wissenschaftliche Kernpflichten voraussetzt.

19

b) Mit diesem Inhalt steht § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW nicht in Widerspruch zu dem in dem bundesverfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip wurzelnden (BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2001 - 2 BvK 1/00 - BVerfGE 103, 332 <384>; BVerwG, Urteil vom 23. März 2011 - BVerwG 6 CN 3.10 - BVerwGE 139, 210 = Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 175 Rn. 22) Gebot der hinreichenden gesetzlichen Bestimmtheit.

20

Das Bestimmtheitsgebot zwingt den Gesetzgeber nicht, den Tatbestand einer Norm mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Dass ein Gesetz unbestimmte, der Auslegung und Konkretisierung bedürftige Begriffe verwendet, verstößt allein noch nicht gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz der Normklarheit und Justitiabilität. Das Gesetz muss nur so bestimmt sein, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Unvermeidbare Auslegungsschwierigkeiten in Randbereichen sind dann von Verfassungs wegen hinzunehmen. Erforderlich ist allerdings stets, dass die von der Norm Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Sie müssen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Rechtsfolge vorliegen (BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2001 a.a.O. S. 384 f. m.w.N.).

21

Diese Bestimmtheitsanforderungen würden verfehlt, wollte man für die Bestimmung der Unwürdigkeit im Sinne der Entziehungsvorschrift, wie von der älteren Instanzrechtsprechung (etwa: OVG Münster, Urteil vom 14. Januar 1963 - V A 747/62 - MDR 1965, 515 <516>; OVG Lüneburg, Urteil vom 20. Oktober 1965 - V OVG A 58/63 - OVGE 21, 441 <443 ff.>; VGH München, Urteile vom 21. Juli 1966 - Nr. 184 VI 65 - DVBl 1967, 89 und vom 14. Februar 1969 - Nr. 182 III 67 - VGHE 22, 111 <112>; vgl. auch noch: OVG Berlin, Urteil vom 26. April 1990 - 3 B 19/89 - NVwZ 1991, 188; OVG Koblenz, Urteil vom 31. Juli 1991 - 2 A 10260/91 - NVwZ-RR 1992, 79 <80>), der frühen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 6. September 1966 - BVerwG 7 B 201.65 - Buchholz 421.11 § 4 Ges. Akadem. Grade Nr. 2 S. 4) und großen Teilen der Literatur (z.B. Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 3. Aufl. 2004 Rn. 420, 436 f., 441; Menzel, JZ 1960, 461) für die Vorgängernorm des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c) GFaG vertreten, auf die Enttäuschung traditioneller gesellschaftlicher Vorstellungen über den Doktorgrad als öffentliche Würde eigener Art, als herausgehobener Rang oder als ehrenvolle Kennzeichnung der Persönlichkeit seines Trägers abstellen. Weder haben derartige allgemeine Vorstellungen, sofern sie in der Gesellschaft überhaupt auch heute noch bestehen, eine normative Grundlage, noch sind die Hochschulen institutionell oder fachlich zur Abgabe und Durchsetzung entsprechender Werturteile berufen. Die Fallgestaltungen, in denen eine Entziehung des Doktorgrades wegen späterer Unwürdigkeit gerechtfertigt wäre, würden nicht in hinreichender Weise erkennbar (Lorenz, DVBl 2005, 1244; Maurer, Promotion, in: Flämig/Kimminich/Krüger/Meusel/Rupp/Scheven/Schuster/Graf Stenbock-Fermor , Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, 2. Aufl. 1996, S. 768 f., 776; Stumpf, a.a.O. S. 36).

22

Dementsprechend haben das Bundesverfassungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht in den wenigen, sehr kurzen Entscheidungen, in denen explizit die Bestimmtheit des Unwürdigkeitsbegriffs des früheren § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c) GFaG in Frage stand, der Sache nach eine restriktive, verfassungskonforme Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs für erforderlich gehalten. Bestimmend für diese Rechtsprechung ist der Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30. November 1988 - 1 BvR 900/88 - (juris Rn. 8 f.; vgl. im Übrigen noch: Beschluss vom 18. Dezember 1992 - 1 BvR 1475/92 - n.v. und dazu: BVerwG, Beschluss vom 10. März 1997 a.a.O.), dessen Erwägungen sich das Bundesverwaltungsgericht (Beschlüsse vom 7. September 1990 - BVerwG 7 B 127.90 - Buchholz 421.11 § 4 GFaG Nr. 2 S. 9 und vom 25. August 1992 - BVerwG 6 B 31.91 - Buchholz 421.11 § 4 GFaG Nr. 3 S. 13) zu eigen gemacht hat. Das Bundesverfassungsgericht (Kammerbeschluss vom 30. November 1988 a.a.O.) hat die Unschärfe des Unwürdigkeitsbegriffs hervorgehoben und Zweifeln Ausdruck verliehen, inwieweit Verhaltensweisen, die keinen unmittelbaren Bezug zu der mit dem Doktorgrad verbundenen fachlich-wissenschaftlichen Qualifikation hätten, zur Begründung eines Unwerturteils herangezogen werden dürften. Deshalb werde eine Auslegung, die eine funktionelle Verknüpfung - des seinerzeit gegebenen strafbaren Verhaltens - mit dem Wesen und der Bedeutung des akademischen Grades herstelle, den verfassungsrechtlichen Anforderungen in besonderer Weise gerecht.

23

Diesen bundesverfassungsgerichtlichen Ansatz hat der Verwaltungsgerichtshof unter Aufnahme einschlägiger dogmatischer Grundlegungen in der Literatur (Lorenz, a.a.O. S. 1242 ff.; v. Coelln, FuL 2011, 278 f.; im Ausgangspunkt auch Tiedemann, ZRP 2010, 55 und später Stumpf, a.a.O. S. 37 f.) durch die auf die systematischen Bezüge innerhalb des Landeshochschulgesetzes gestützte wissenschaftsbezogene Interpretation des Unwürdigkeitsbegriffs in § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW weiterentwickelt. Er ist auf diese Weise zu einer konsistenten Beschreibung des Regelungsbereichs der Entziehungsvorschrift gelangt, die deren Begrenzung ohne Weiteres ersichtlich werden lässt. Die Vorschrift erfasst danach im Wesentlichen die Verletzung von Pflichten, die sich unabhängig von den innerhalb der Wissenschaft erarbeiteten Zusammenstellungen der Anforderungen an eine gute wissenschaftliche Praxis (zum Beispiel: Deutsche Forschungsgemeinschaft, Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis - Empfehlungen der Kommission "Selbstkontrolle in der Wissenschaft", Denkschrift 1998 mit Ergänzung vom Juli 2013) im Sinne eines Begriffskerns (vgl. dazu: Schmidt-Aßmann, NVwZ 1998, 1226; Schulze-Fielitz, WissR, Beiheft 21 <2011> S. 6) bereits aus dem Begriff der Wissenschaft als solchem, das heißt dem ernsthaften Versuch zur Ermittlung von Wahrheit ergeben. In vergleichbarer Weise hat der Senat (Urteil vom 11. Dezember 1996 - BVerwG 6 C 5.95 - BVerwGE 102, 304 <308 ff.> = Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 150 S. 63 ff.) in anderem Zusammenhang die durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantierte individuelle Forschungsfreiheit des Hochschullehrers in Beziehung zu der Verantwortung der Hochschule für die Pflege der Wissenschaften gesetzt, die aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG als objektiver, das Verhältnis von Wissenschaft und Staat regelnder wertentscheidender Grundsatznorm ableitbar ist. Dem im vorliegenden Fall in Rede stehenden Fälschungs- und Manipulationsverbot können danach - wie etwa § 3 Abs. 5 Satz 3 LHG BW im Hinblick auf Hochschulangehörige bestimmt - vor allem die vergleichbar gewichtigen Verbote der Verletzung des geistigen Eigentums und der Beeinträchtigung der Forschungstätigkeit Anderer an die Seite gestellt werden.

24

Mit dieser Auslegung des Unwürdigkeitsbegriffs verträgt es sich indes nicht, wenn der Verwaltungsgerichtshof - wenngleich nicht im Zusammenhang mit der Frage der Bestimmtheit der Entziehungsvorschrift, sondern mit derjenigen ihrer Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz - offen lässt, ob neben den Fällen einer wissenschaftsbezogen begründeten Unwürdigkeit auch bei schweren Verfehlungen außerhalb des Wissenschaftsbetriebs eine Entziehung des Doktorgrades in Betracht kommen könnte. Der in § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW enthaltene Unwürdigkeitsbegriff, der nach den Maßgaben des Landeshochschulrechts über die Bedeutung des Doktorgrades wissenschaftsbezogen zu verstehen ist, kann aus Gründen des bundesverfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots nicht zugleich unter Heranziehung anderer Kriterien interpretiert werden, die mangels normativer Regelung ihrerseits nur in der oben genannten Enttäuschung nicht hinreichend fassbarer gesellschaftlicher Vorstellungen über den Doktorgrad und dessen Träger bestehen können. Dies gilt auch für die unter anderem in der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 4 Abs. 1 GFaG (Urteil vom 18. März 1981 - IX 1496/79 - JZ 1981, 661 <663>; ebenso: Starosta, DÖV 1987, 1052) und in dem hiesigen Verfahren noch von dem erstinstanzlichen Urteil befürwortete Beschränkung des Unwürdigkeitsbegriffs auf besonders schwere oder verwerfliche Straftaten jedenfalls dann, wenn diese Taten keinen Wissenschaftsbezug aufweisen. Vor diesem Hintergrund ist der Senat zu der Feststellung befugt, dass die von dem Verwaltungsgerichtshof gefundene wissenschaftsbezogene Auslegung des Unwürdigkeitsbegriffs in § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW als abschließend anzusehen ist (vgl. dazu allgemein: Urteil vom 17. Oktober 1986 - BVerwG 7 C 79.85 - BVerwGE 75, 67 <72> = Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 18 S. 33).

25

c) In der wissenschaftsbezogenen Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof ist § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW mit dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vereinbar.

26

Von vornherein kein Raum besteht für die Annahme, das individuelle Wissenschaftsfreiheitsrecht sei dadurch verletzt, dass die Unwürdigkeit im Sinne der landesrechtlichen Entziehungsvorschrift überhaupt in vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verstößen gegen wissenschaftliche Kernpflichten gefunden werde. Denn ein derartiges wissenschaftliches Fehlverhalten wird bereits von dem Schutzbereich des Grundrechts nicht erfasst (vgl. Urteil vom 11. Dezember 1996 a.a.O. S. 312 bzw. S. 67; Linke, WissR 1999, 160; Lorenz, a.a.O. S. 1244 f.).

27

Ein unzulässiger Eingriff in die individuelle Wissenschaftsfreiheit liegt auch nicht darin begründet, dass die Vorschrift als Reaktion auf die in Rede stehenden späteren wissenschaftlichen Pflichtverstöße den Zugriff auf den Bestand des zuvor redlich erworbenen Doktorgrades ermöglicht. Denn der damit für den Träger des Grades verbundene Nachteil findet seine Rechfertigung in dem Gehalt des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG als objektiver Grundsatznorm, weil er nach dem von dem Verwaltungsgerichtshof festgestellten Regelungsgehalt der landesrechtlichen Entziehungsvorschrift der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Wissenschaftsprozesses dient. In der Wissenschaft als prinzipiell offenem System muss jeder wissenschaftlich Tätige mit seinen Forschungen auf den Erkenntnissen anderer aufbauen und darauf vertrauen können, dass diese nicht manipuliert sind. Wird dieses Vertrauen verletzt, leidet neben der Qualität der jeweiligen Forschungsarbeit auch die Präzision des Fachdiskurses. Dies kann die Glaubwürdigkeit des Wissenschaftsbetriebs insgesamt beschädigen (vgl. Goeckenjan, JZ 2013, 725; Deutsche Forschungsgemeinschaft, a.a.O. S. 27). Vor diesem Hintergrund hat der Landesgesetzgeber nach Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs dem verliehenen Doktorgrad die Funktion zugeschrieben, im Fall der weiteren Teilnahme seines Trägers am Wissenschaftsprozess als Ausweis für dessen Willen und Fähigkeit zur permanenten Einhaltung der wissenschaftlichen Kernpflichten zu dienen. Der Landesgesetzgeber hat diese Zuschreibung mit einer entsprechenden Verhaltenserwartung verknüpft und für den Fall der Nichterfüllung der Erwartung die Entziehung des Doktorgrades vorgesehen. Dieses Regelungssystem stellt sich unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative und des Gestaltungsspielraums des Landesgesetzgebers nicht als unverhältnismäßig im weiteren Sinne dar. Insbesondere sind die gesetzgeberische Zuschreibung und Verhaltenserwartung nicht deshalb als fehlsam zu beurteilen, weil das entsprechende Vertrauen in den Doktorgrad in der Wissenschaft bzw. in einzelnen ihrer Bereiche in tatsächlicher Hinsicht unterschiedlich stark ausgeprägt sein mag.

28

Einen unverhältnismäßigen Charakter gewinnt die in § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW geregelte Entziehung des Doktorgrades wegen eines späteren wissenschaftsbezogenen unwürdigen Verhaltens ferner nicht deshalb, weil die Vorschrift keine Bestimmung über eine Befristung der Entziehungsentscheidung enthält. Denn in Fällen, in denen sich eine Aufrechterhaltung der Entziehungsverfügung als unzumutbar erweisen sollte, kann dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dadurch Rechnung getragen werden, dass die Entziehungsentscheidung auf der Grundlage der nach § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisiblen Vorschrift des § 49 Abs. 1 LVwVfG BW, auf die § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW ausdrücklich verweist, widerrufen wird (zur Aufhebung einer Entziehungsentscheidung nach dem früheren Gesetz über die Führung akademischer Grade unter Verweis auf § 4 Abs. 4 GFaG: VGH Mannheim, Urteil vom 18. März 1981 a.a.O. S. 664; Thieme, a.a.O. Rn. 446; vgl. auch: Maurer, a.a.O. S. 777). Unabhängig hiervon besteht grundsätzlich die Möglichkeit eines Neuerwerbs des Doktorgrades (Stumpf, a.a.O. S. 48).

29

Schließlich können etwaige für das Grundrecht der subjektiven Wissenschaftsfreiheit bedeutsame Besonderheiten des Einzelfalles im Rahmen der nach § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW erforderlichen Ermessensausübung berücksichtigt werden.

30

d) Die wissenschaftsbezogen ausgelegte Entziehungsvorschrift des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW verletzt nicht das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG.

31

Einschränkungen der Berufsfreiheit, die sich als Folge einer auf Grund der Vorschrift verfügten Entziehung des Doktorgrades für Tätigkeiten im Wissenschaftsbetrieb ergeben, sind entsprechend den Darlegungen zu Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gerechtfertigt, weil sie zum Schutz der Funktionsfähigkeit des Wissenschaftsprozesses, einem überragend wichtigen und verfassungsrechtlich in dem objektiven Regelungsgehalt des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verankerten Gemeinschaftsgut, erforderlich und auch sonst verhältnismäßig sind. Deshalb müssen die von einer Entziehungsentscheidung Betroffenen auch mit dieser verbundene faktische Beeinträchtigungen einer Berufsausübung (vgl. zu solchen Beeinträchtigungen allgemein: Urteil vom 18. Oktober 1990 - BVerwG 3 C 2.88 - BVerwGE 87, 37 <41 ff.> = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 209 S. 27 ff.) außerhalb des Wissenschaftsbereichs hinnehmen. Der Landesgesetzgeber war auf Grund der ihm zustehenden Pauschalierungs- und Typisierungsbefugnis nicht verpflichtet, bereichsspezifische Verbote zur Führung des Doktorgrades vorzusehen. Eine im Einzelfall gegebene besondere Betroffenheit in beruflicher Hinsicht kann wiederum in die Ermessensausübung nach § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW einfließen.

32

e) Aus den bisherigen Darlegungen folgt zugleich, dass - im Hinblick auf einen etwaigen, mit der Entziehung des Doktorgrades zusammenhängenden Verlust gesellschaftlichen Ansehens - das durch Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht in der wissenschaftsbezogen interpretierten Norm des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW eine verfassungsmäßige Grenze findet.

33

f) Der Umstand, dass der wohl überwiegende Teil der Promovierten mangels weiterer wissenschaftlicher Tätigkeit nach der Promotion dem Anwendungsbereich des wissenschaftsbezogen verstandenen § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW faktisch nicht unterfällt, begründet keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Er ist vielmehr deshalb sachlich gerechtfertigt, weil von den besagten Titelträgern keine Gefahr einer Störung des Wissenschaftsprozesses durch Verletzung wissenschaftlicher Kernpflichten ausgeht (vgl. Stumpf, a.a.O. S. 38).

34

3. Gegen die Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs, der Kläger habe den Tatbestand des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW erfüllt, ist revisionsgerichtlich nichts zu erinnern.

35

Der Verwaltungsgerichtshof hat - unmittelbar und unabhängig von dem ergänzend gezogenen, an eine mangelhafte Archivierung von Primärdaten und Dokumentation von Experimenten anknüpfenden prima-facie-Schluss - festgestellt, dass der Kläger während seiner wissenschaftlichen Tätigkeit in den USA schwerwiegend und wiederholt Daten seiner Forschungsergebnisse manipuliert und gefälscht hat. Auf diesen vorsätzlichen bzw. grob fahrlässigen Verstoß gegen das zum Kreis der wissenschaftlichen Kernpflichten gehörende Fälschungs- und Manipulationsverbot hat der Verwaltungsgerichtshof die Annahme der Unwürdigkeit des Klägers im Sinne des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW gestützt. Der Senat ist gemäß § 137 Abs. 2 VwGO an die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs und dessen auf dieser Grundlage vorgenommene Sachverhalts- und Beweiswürdigung gebunden, weil der Kläger mit seinen hiergegen gerichteten Verfahrensrügen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (a)) und der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (b)) nicht durchzudringen vermag.

36

a) Der Kläger macht geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verstoßen, weil das Berufungsurteil sowohl im Hinblick auf seine tatsächliche als auch in Bezug auf seine rechtliche Grundlage eine Überraschungsentscheidung darstelle. In tatsächlicher Hinsicht habe der Verwaltungsgerichtshof nicht nach § 86 Abs. 3 VwGO darauf hingewiesen bzw. nicht gemäß § 104 Abs. 1 VwGO erörtert, dass er die von ihm, dem Kläger, bestrittene Manipulation und Fälschung von Daten allein auf Grund des Akteninhalts als erwiesen ansehen werde. Eines solchen Hinweises habe es zwingend bedurft, da der Verwaltungsgerichtshof einerseits anders als das erstinstanzliche Urteil ein wissenschaftsbezogenes Unwürdigkeitsverständnis befürwortet, andererseits aber den für ein solches Verständnis entscheidungserheblichen umstrittenen Sachverhalt nicht durch eigene Ermittlungen und Beweiserhebungen aufgeklärt habe. Anders gewendet hätte der Verwaltungsgerichtshof in rechtlicher Hinsicht nicht ohne vorherigen Hinweis sein wissenschaftsbezogenes Unwürdigkeitsverständnis an die Stelle der von der Vorinstanz in Übereinstimmung mit der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vertretenen Beschränkung auf besonders schwere oder verwerfliche Straftaten setzen dürfen. Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang ergänzend auf die auf den Zivilprozess bezogene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. etwa Kammerbeschluss vom 16. Oktober 1991 - 2 BvR 458/89 - NJW 1992, 495 m.w.N.) und des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 15. Februar 2005 - XI ZR 144/03 - FamRZ 2005, 700 f. m.w.N.) über zweitinstanzliche Vortragserleichterungen für die in erster Instanz siegreiche Partei bzw. zu deren Gunsten eingreifende Hinweispflichten des Berufungsgerichts nach § 139 ZPO in der prozessualen Situation, dass das Berufungsgericht den Rechtsstandpunkt der Vorinstanz nicht teilt. Er macht geltend, dass er, wenn der Verwaltungsgerichtshof den erforderlichen Hinweis in tatsächlicher Hinsicht erteilt hätte, in der Lage gewesen wäre, dazu Stellung zu nehmen, Vertagung zu beantragen und weiter vorzutragen oder einen förmlichen Beweisantrag zu stellen, so dass eine für ihn günstigere Entscheidung des Berufungsgerichts nicht ausgeschlossen gewesen wäre. Auf eine verfahrensfehlerhafte Ablehnung eines gestellten Beweisantrages hätte er seine Nichtzulassungsbeschwerde stützen können. Auf den notwendigen Hinweis in rechtlicher Hinsicht hin hätte er den Verwaltungsgerichtshof mit seiner früheren Rechtsprechung konfrontiert.

37

Der Gehörsrüge muss der Erfolg versagt bleiben. Sie erfüllt bereits nicht die Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO, der für die Rüge eines Verfahrensmangels die Angabe der Tatsachen verlangt, die den Mangel ergeben. Wird ein Gehörsverstoß geltend gemacht, sind demnach substantiierte Ausführungen darüber erforderlich, was im Falle der Gewährung rechtlichen Gehörs über das bisherige Vorbringen hinaus noch entscheidungserheblich vorgetragen worden wäre bzw. welche Beweisanträge gestellt worden wären (vgl. Urteile vom 16. August 1983 - BVerwG 9 C 853.80 - Buchholz 310 § 52 VwGO Nr. 26 S. 10 und vom 24. September 1992 - BVerwG 3 C 88.88 - Buchholz 451.512 MGVO Nr. 61 S. 267 f.). Dies ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers nicht.

38

Davon abgesehen liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs nicht vor, denn das angefochtene Urteil stellt keine diesen Grundsatz verletzende Überraschungsentscheidung dar. Auch unter Berücksichtigung der Ausprägung, die der Grundsatz durch die Hinweis- und Erörterungspflichten nach § 86 Abs. 3 VwGO und § 104 Abs. 1 VwGO erfährt, ist das Tatsachengericht nicht verpflichtet, die Beteiligten schon vor bzw. in der mündlichen Verhandlung auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinzuweisen und offenzulegen, wie es seine Entscheidung im Einzelnen zu begründen beabsichtigt. Denn die tatsächliche und rechtliche Würdigung ergibt sich regelmäßig erst auf Grund der abschließenden Beratung (Beschlüsse vom 28. Dezember 1999 - BVerwG 9 B 467.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 51 S. 2; vom 27. November 2008 - BVerwG 5 B 54.08 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 60 Rn. 8 und vom 29. Juni 2011 - BVerwG 6 B 7.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 410 Rn. 8). Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn das Gericht bei seiner Entscheidung auf eine rechtliche Sichtweise oder auf eine bestimmte Bewertung des Sachverhalts abstellen will, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht (Beschlüsse vom 27. November 2008 a.a.O. Rn. 8; vom 29. Juni 2011 a.a.O. Rn. 8 und vom 19. Juli 2010 - BVerwG 6 B 20.10 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 54 Rn. 4; vgl. aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Beschluss vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190>; Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <263>; Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 1 BvR 10/99 - BVerfGE 108, 341 <345 f.>). Die Annahme eines solchen Ausnahmefalls scheidet hier aus.

39

In tatsächlicher Hinsicht hat die Beklagte die Annahme der wissenschaftsbezogen verstandenen Unwürdigkeit des Klägers im Sinne des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW auf die Ergebnisse des B.-Reports vom September 2002, die Feststellungen des Hauptausschusses der DFG vom 14. Oktober 2004 und die im Widerspruchsverfahren von ihrem Promotionsausschuss Physik erstellte Fehleranalyse gestützt. Der Kläger hatte im Verwaltungsverfahren Gelegenheit, ausführlich zu den in den genannten Untersuchungen enthaltenen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Die Verwaltungsvorgänge, in denen das Material enthalten ist, sind im gerichtlichen Verfahren beigezogen worden. In der ersten Instanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens haben sich die Beteiligten weiter umfänglich darüber auseinander gesetzt. Nachdem sie in der Berufungsinstanz über die Rechtsfrage der - in dem erstinstanzlichen Urteil abgelehnten - wissenschaftsbezogenen Auslegung der Unwürdigkeit im Sinne des § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW gestritten hatten, hat der Verwaltungsgerichtshof in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen auf die Behördenakten zurückgreife. Für den anwaltlich vertretenen Kläger konnte daher kein Zweifel bestehen, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, sollte sich dieser der Ablehnung des wissenschaftsbezogenen Unwürdigkeitsverständnisses durch das Verwaltungsgericht nicht anschließen, die Frage eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens des Klägers und der tatsächlichen Grundlagen dafür Bedeutung erlangen würde. Ebenso klar lag zu Tage, dass der Verwaltungsgerichtshof dann seiner ausdrücklichen Ankündigung gemäß auf die in den Behördenakten enthaltenen tatsächlichen Feststellungen abstellen würde. Der Kläger musste deshalb damit rechnen, dass das Berufungsgericht dabei die für ihn ungünstigen Ergebnisse der bereits von der Beklagten herangezogenen Untersuchungen als überzeugend erachten würde.

40

Auch in rechtlicher Hinsicht musste der Kläger ohne weiteren gerichtlichen Hinweis gewärtigen, dass der Verwaltungsgerichtshof die Unwürdigkeit als Voraussetzung für die Entziehung des Doktorgrades nach § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW wissenschaftsbezogen verstehen und insoweit seine frühere Rechtsprechung (Urteil vom 18. März 1981 a.a.O. S. 663) zu § 4 Abs. 1 GFaG fortentwickeln würde. Schließlich hatte die Beklagte ihre Entziehungsverfügung ausdrücklich auf ein solches wissenschaftsbezogenes Unwürdigkeitsverständnis gestützt. Die Beteiligten hatten darüber bereits in der ersten Instanz ausführlich und in der Berufungsinstanz fast ausschließlich gestritten.

41

Weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht kann der Kläger aus der von ihm herangezogenen zivilprozessualen Rechtsprechung etwas zu seinen Gunsten herleiten, denn diese hat ihre Grundlage in dem Beibringungsgrundsatz, der den Zivilprozess prägt (vgl. zu diesem Zusammenhang: Beschluss vom 24. Juli 2008 - BVerwG 6 PB 18.08 - Buchholz 251.7 § 79 NWPersVG Nr. 7 Rn. 3), jedoch im Verwaltungsprozess nicht gilt.

42

b) Die Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO durch den Verwaltungsgerichtshof sieht der Kläger darin begründet, dass dieser, obwohl er, der Kläger, die Vorwürfe der Manipulation und Fälschung von Daten substantiiert bestritten und widerlegt habe, die in den Verfahrensakten enthaltenen Feststellungen übernommen habe, anstatt den Sachverhalt von Amts wegen näher zu ermitteln und gegebenenfalls das von der Beklagten in der ersten Instanz angeregte Sachverständigengutachten einzuholen.

43

Für eine Prüfung dieses Verfahrensfehlers hat der Kläger keine den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügende Grundlage unterbreitet. Für die ordnungsgemäße Begründung der Aufklärungsrüge muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände, die für das Gericht entscheidungserheblich waren, Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern deren Berücksichtigung auf der Grundlage der Rechtsauffassung der Vorinstanz zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Dabei müssen die Beweismittel, deren Heranziehung sich dem Berufungsgericht hätte aufdrängen müssen, angegeben werden, also zum Beispiel die Sachverständigen genannt und die im Einzelnen in ihr Wissen gestellten Tatsachen angeführt und dargelegt werden, inwiefern das Urteil im Einzelnen auf der unterbliebenen Vernehmung beruht oder beruhen kann (stRspr, vgl. nur Urteile vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264 Rn. 25 und vom 14. Februar 2007 - BVerwG 6 C 28.05 - Buchholz 442.066 § 150 TKG Nr. 3 Rn. 11).

44

Die Revisionsbegründung wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Der Kläger hätte dem von der Beklagten entsprechend den Ergebnissen des B.-Reports, der Entscheidung des Hauptausschusses der DFG vom 14. Oktober 2004 und der Fehleranalyse des Promotionsausschusses Physik der Beklagten erhobenen Vorwurf der Manipulation und Fälschung von Daten sein abweichendes Vorbringen im Detail entgegenstellen müssen. Er hätte weiter angeben müssen, was der Verwaltungsgerichtshof insoweit - quasi auf der Hand liegend - mit welchem Ergebnis aufzuklären gehabt hätte. Dies hat der Kläger nicht ansatzweise getan.

45

4. Ein Verstoß gegen Bundesrecht liegt schließlich nicht darin, dass der Verwaltungsgerichtshof die Ausübung des von § 35 Abs. 7 Satz 1 LHG BW eingeräumten Ermessens durch die Beklagte gebilligt hat.

46

Die wissenschaftsbezogene Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Unwürdigkeit im Tatbestand der Entziehungsvorschrift bringt es mit sich, dass im Rahmen des eingeräumten Ermessens auf der Rechtsfolgeseite der Norm dem allgemeinen Interesse an der Vertrauenswürdigkeit wissenschaftlicher Tätigkeit besonderes Gewicht zukommt. Dem hat die Beklagte Rechnung getragen. Wegen der auch formellen Funktion des Doktorgrades als Vertrauenswürdigkeitsausweis geht das von dem Kläger verwandte Argument ins Leere, in seinem Fall sei die Wissenschaftsgemeinschaft durch das Aufsehen, das die gegen ihn gerichteten Vorwürfe erregt hätten, bereits materiell hinreichend unterrichtet und eine Entziehung des Doktorgrades nicht mehr erforderlich gewesen. Ferner ist es, anders als der Kläger meint, unerheblich, wenn der Doktorgrad bei wissenschaftlichen Publikationen im Fach Physik nicht angegeben wird, denn der Wissenschaftsprozess greift hierüber weit hinaus.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt der Kläger.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 04. Oktober 2007 - 8 K 1384/05 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der zulässige Antrag des Klägers ist unbegründet. Ein hinreichender Grund zur Zulassung der Berufung im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO ist nicht dargelegt worden (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht, dieses ist vielmehr im Ergebnis zutreffend und überzeugend begründet.
a) Rechtsgrundlage für die von der Beklagten mit Verfügung vom 21.07.2004 ausgesprochene Entziehung des Doktorgrades ist - nachdem § 24 der Promotionsordnung eine eigenständige Regelung nicht enthält - § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG. Zwar ist in § 35 Abs. 7 des Gesetzes über die Hochschulen und Berufsakademien in Baden-Württemberg - LHG - vom 1. Januar 2005, das bei Erlass des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2005 bereits in Kraft getreten war (vgl. Art. 28 des Zweiten Gesetzes zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 01.01.2005, GBl. S. 1), eine spezialgesetzliche Regelung für die Entziehung akademischer Grade für den Fall enthalten, in dem sich der Inhaber durch sein späteres Verhalten der Führung des Grades als unwürdig erwiesen hat. Diese Regelung schließt den Rückgriff auf die allgemeinen Rücknahmevorschriften in anderen Fallkonstellationen jedoch nicht aus, wie sich bereits aus der ausdrücklichen Formulierung „unbeschadet der §§ 48 und 49 LVwVfG“ ergibt (vgl. auch Senatsurteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 - sowie Bay.VGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl 2007, 281). Die Entziehung des Doktorgrades ist in Baden-Württemberg auch nicht vom Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgenommen (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG).
b) Voraussetzung für die Rücknahme des dem Kläger verliehenen Doktorgrades ist demnach, dass diese rechtswidrig erfolgte. Dies ist von der Beklagten und vom Verwaltungsgericht zutreffend bejaht worden.
Entgegen der mit eidesstattlicher Versicherung vom 28.07.1997 abgegebenen Erklärung, „wörtliche Zitate als solche gekennzeichnet“ zu haben, hat der Kläger komplette Passagen aus dem Werk anderer Autoren in seine Dissertation übernommen, ohne dies zu kennzeichnen oder offen zu legen. Er hat die Gutachter damit über die Tatsache getäuscht, dass die vorgelegte Dissertation insoweit nicht auf einer selbständigen wissenschaftlichen Arbeit beruht. Dies stellt gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 LHG aber das wesensbestimmende Grundsatzmerkmal einer Dissertation und damit die wissenschaftlichen Mindeststandards im Sinne des § 8 der Promotionsordnung dar (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 20.10.2006 - 6 B 67/06 -).
Der Plagiatsvorwurf trifft den Kläger auch nicht nur vereinzelt oder im Sinne einer unsachgemäßen Handhabung der Zitierweise; vielmehr lassen die von der Beklagten im Wege der Stichprobenprüfung aufgefundenen Stellen den Schluss zu, dass der Kläger fremde Passagen wiederholt und planmäßig als eigenständige wissenschaftliche Arbeit ausgewiesen hat. Eine systematische und planmäßige Übernahme fremden Gedankenguts ergibt sich bereits daraus, dass sich die Plagiate an mehreren Stellen der Dissertation auffinden lassen und verschiedene Fremdautoren betreffen. Die von der Beklagten aufgezeigten Übernahmen aus den Werken von S., W. und N. ... weisen die Gemeinsamkeit auf, dass komplette Passagen wortwörtlich übernommen worden sind, ohne dass dies in ausreichender Weise kenntlich gemacht worden wäre. Für einen Großteil der Passagen ist eine zutreffende Quellenangabe gar nicht erfolgt. Doch auch soweit in einzelnen der Passagen ein Hinweis auf die Originalstelle erfolgt ist, genügt dieser nicht, um den Plagiatsvorwurf entfallen zu lassen. Vielmehr kann auch diesen Nachweisangaben nicht entnommen werden, dass ganze Passagen wörtlich entlehnt worden sind; zumal die vor und nach dem Nachweis liegenden Teile mit eigenständigen Fußnoten versehen sind (die meist wiederum aus dem Originalwerk abgeschrieben wurden). Auch die Art der erfolgten Quellenangabe (vgl. etwa Fußnote 414: „so auch S.“) versucht vielfach den Eindruck zu erwecken, der Kläger habe eigenständige Argumentationserwägungen angestellt, anstatt durch Anführungszeichen oder jedenfalls in anderer Weise erkennbar zu machen, dass es sich um die bloße Wiedergabe der bereits erbrachten gedanklichen Leistung eines Anderen handelt. Auch soweit sich in den von der Beklagten benannten Plagiatspassagen Hinweise auf die Originalstellen finden lassen, beseitigen diese den Übernahmevorwurf daher nicht.
Bei den - im Übrigen nicht auf einem systematischen Abgleich, sondern nur auf Stichproben beruhenden - Übernahmepassagen handelt es sich auch nicht um bloße Bagatellverstöße. Dies ergibt sich einerseits bereits aus der Tatsache, dass die vermeintlich eigenständige Leistung im Erstgutachten ausdrücklich angesprochen und gewürdigt worden ist („… Probleme, für die Herr E. guten Blick zeigt“). Auch in quantitativer Hinsicht kann die Übernahme aber nicht als völlig unbedeutend eingestuft werden, weil sie sich insgesamt jedenfalls auf mehrere Seiten erstreckt und vom Kläger wiederholt und in Bezug auf verschiedene Autoren eingesetzt worden ist.
Entgegen der mit dem Zulassungsantrag vorgetragenen Auffassung kommt es dabei nicht darauf an, ob dem Kläger für die eingereichte Dissertation ohne die beanstandeten Stellen oder bei jeweils wörtlicher Zitierung der Doktorgrad noch verliehen worden wäre. Derartig hypothetische Erwägungen im Sinne einer Art geltungserhaltenden Reduktion finden nicht statt. Es ist für die Ursächlichkeit der vom Kläger begangenen Täuschung nicht von Bedeutung, ob ihm für eine andere Arbeit, als er sie tatsächlich vorgelegt hat, der Doktorgrad verliehen worden wäre (vgl. Senatsurteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54). Maßgeblich ist vielmehr allein die vorgelegte Arbeit, mit der der Kläger gerade nicht den Beweis erbracht hat, dass er im Stande ist, zu rechtswissenschaftlichen Problemen selbständig und kritisch Stellung zu nehmen (vgl. § 8 Abs. 1 der Promotionsordnung). Zu den Grundanforderungen wissenschaftlichen Arbeitens gehört aber gerade, dass der Beitrag auf eigenständigen Erwägungen beruht und nicht bloß Passagen aus dem Werk eines anderen Autors übernimmt. Der Senat hat daher bereits klargestellt, dass nur eine unter Offenlegung aller verwendeten Quellen und Hilfsmittel erbrachte wissenschaftliche Leistung den Anforderungen an eine eigenständige Dissertation genügt. Die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von Textpassagen aus fremden Werken ohne hinreichende Kennzeichnung verstößt daher gegen die Grundsätze des wissenschaftlichen Arbeitens und schließt damit die Annahme einer Arbeit als Dissertation im Regelfall aus (vgl. Senatsurteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54; Bay.VGH, Urteil vom 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, BayVBl. 2007, 281).
c) Die wörtliche Wiederholung der Vorlagetexte einschließlich der sprachlichen Eigentümlichkeiten und Formulierungen lässt auch keinen anderen Schluss zu, als dass der Kläger die Passagen unmittelbar abgeschrieben hat. Jedenfalls soweit ein Verweis auf die Fundstelle ganz unterblieben ist, liegt daher unzweifelhaft eine Täuschung über die Urheberschaft der Gedanken vor. Gleiches gilt indes auch, soweit kleinere Änderungen - insbesondere in Form von Umgruppierungen wiederum fast wörtlich übernommener Passagen - vorgenommen worden sind. Auch insoweit ist die Gedankenführung nicht eigenständig entwickelt und darüber getäuscht worden, dass die wissenschaftliche Leistung von einem Anderen stammt (vgl. Senatsurteil vom 18.11.1980 - IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54). Die Vorgehensweise der Umstellungen und der Syntaxvariationen belegt im Übrigen die gezielte Verschleierungsabsicht des Klägers (vgl. auch VG Frankfurt, Urteil vom 23.05.2007 - 12 E 2262/05 -).
10 
Ermessensfehler der Beklagten sind trotz der erheblichen Belastung für den Kläger nicht ersichtlich. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte das öffentliche Interesse am Ansehen und dem wissenschaftlichen Ruf der den Doktorgrad verleihenden Universität höher bewertet hat als die beruflichen und sozialen Folgen für den Kläger (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.10.2006 - 6 B 67/06 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116). Die Entziehung des Doktorgrades erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig, weil die Vorgehensweise des Klägers einen Verstoß gegen die wesensprägenden Grundsatzmerkmale wissenschaftlichen Arbeitens enthält und sich die Übernahme fremder Passagen nicht auf einzelne Gedanken, sondern ganze Sinneinheiten bezieht (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 23.05.2007 - 12 E 2262/05 -).
11 
Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG findet wegen der vom Kläger begangenen arglistigen Täuschung gemäß § 48 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG keine Anwendung (vgl. Senatsurteil vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -), sodass es auf die Frage, wann der Beklagten alle für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt waren (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 21.12.2006 - 6 B 102/06 -) nicht ankommt.
12 
2. Auch die übrigen, in Anspruch genommenen Zulassungsgründe sind nicht gegeben.
13 
Eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage ist bereits nicht hinreichend dargelegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.08.1997 - 7 B 261/97 -, NJW 1997, 3328). Im Übrigen sind die rechtlichen Maßstäbe, soweit sie zur Entscheidung des vorliegenden Falls erforderlich sind, durch die zitierte Senatsrechtsprechung (Senatsurteile vom 18.11.1980 - IX 1302/78 - sowie vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -) bereits geklärt.
14 
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Hinblick auf die Voraussetzungen für ein arglistiges Verhalten sind weder ausreichend dargelegt noch gegeben. Vielmehr ist offenkundig, dass die unzutreffende Erklärung des Klägers, wörtliche Zitate als solche gekennzeichnet zu haben, als bewusste Irreführung darauf gerichtet war, die Annahme der vorgelegten Arbeit als Dissertation zu erreichen.
15 
Die vorgetragene Divergenz zum Urteil des Senats vom 19.04.2000 - 9 S 2435/99 - liegt schon deshalb nicht vor, weil weder der Verwaltungsgerichtshof noch das Verwaltungsgericht die behaupteten Rechtssätze aufgestellt haben. Der Sache nach verkennt die Rüge überdies, dass die vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochene Nichtanwendung des § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG in der benannten Entscheidung auf das Vorliegen des § 48 Abs. 3 LVwVfG zurückging. Das Verwaltungsgericht dagegen hat auf die arglistige Täuschung nur im Zusammenhang mit § 48 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG Bezug genommen, was im Übrigen auch der Verfahrensweise im benannten Senatsurteil entspricht. Auch hinsichtlich des Plagiatsumfangs hat der Zulassungsantrag eine Divergenz nicht hinreichend aufgezeigt: insoweit fehlt es bereits an der Darstellung eines Rechtssatzes in der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs.
16 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 18.6 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004.
17 
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO nicht mit Rechtsmitteln anfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage endet mit der Unanfechtbarkeit oder, wenn die Anfechtungsklage im ersten Rechtszug abgewiesen worden ist, drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des gegen die abweisende Entscheidung gegebenen Rechtsmittels. Dies gilt auch, wenn die Vollziehung durch die Behörde ausgesetzt oder die aufschiebende Wirkung durch das Gericht wiederhergestellt oder angeordnet worden ist, es sei denn, die Behörde hat die Vollziehung bis zur Unanfechtbarkeit ausgesetzt.

(2) Das Rechtsmittelgericht kann auf Antrag anordnen, daß die aufschiebende Wirkung fortdauert.

(3) § 80 Abs. 5 bis 8 und die §§ 80a und 80c gelten entsprechend.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.