Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 10. Nov. 2016 - 2 A 119/15

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2016:1110.2A119.15.0A
bei uns veröffentlicht am10.11.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte oder die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer Scheune, den Neubau einer Überdachung, eines Holzlagers und Schuttcontainer sowie eines Büro für deren Zimmereibetrieb.

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Die unter dem 28.06.1996 als Gewerbe des Zimmererhandwerks mit 10 Arbeitnehmern unter der Anschrift I-Straße in A-Stadt als Hauptniederlassung angemeldete und seit dem ….1996 in die Handwerksrolle eingetragene Beigeladene betreibt seit 1996 auf dem Grundstück B-Straße 41 in A-Stadt (Flurstück 226 der Flur …) eine Zimmerei. Im Laufe des letzten Jahres ist der südöstliche Teil des Flurstücks mit einem Wohnhaus für einen Sohn des Betriebsinhabers der Beigeladenen bebaut worden.

3

Die Beigeladene hatte zunächst mit Vertrag vom 26.04.1996 ab dem 1.05.1996 eine Teilfläche mit darauf stehender Scheune von ca. 1.200 m² des dortigen ehemaligen landwirtschaftlichen Hofes der Eltern des Inhabers der Beigeladenen von diesen zum Betrieb einer Zimmerei gemietet. Mit Vertrag vom 30.07.1999 wurde die Mietfläche auf 1.600 m² und um eine weitere Lagerfläche im südlichen Bereich der ehemaligen Hoffläche unter gleichzeitiger Verlängerung des Vertrages bis zum 31.07.2009 erweitert und umfasste seitdem das heutige Flurstück 226.

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Am 1.07.2009 wurde der Inhaber der Beigeladenen Eigentümer des Hofgrundstücks. Mit Grundstücksüberlassungsvertrag vom 9.12.2008 wurde das Flurstück 226 mit einer Größe von 3.077 m² bebaut mit einer Holzhalle mit Hartdach und Blechverkleidung sowie einem abrissreifen ehemaligen Schweinestall vom Inhaber der Beigeladenen als Einlage auf die Beigeladene übertragen.

5

In den Jahren 2009 bis 2012 wurden folgende bauliche Maßnahmen auf dem Betriebsgrundstück der Beigeladenen vorgenommen:

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- Neubau von Überdachungen an der Nord- und Ostseite der Scheune als Holzlager

7

- Verlängerung einer Überdachung an der Südseite der Scheune für ein Hochregal-Holzlager

8

- Neubau eines Carports an der Südseite der Scheune für einen Teleskoplader

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- Überdachung u.a. für Schüttcontainern an der Ostgrenze des Grundstücks

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In an das Betriebsgrundstück der Beigeladenen anschließenden ehemaligen Stallgebäuden wurden mit Baugenehmigung vom 3.05.1989 sog. Gesellschaftsräume eingebaut, die weiterhin als „…“ mit 160 m² für die Durchführung von Hochzeits-, sonstiger Familien- und Betriebsfeiern mit bis zu 80 Personen zur Vermietung angeboten werden.

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Die Kläger sind seit dem 29.03.2010 im Grundbuch als Eigentümer eines mit Baugenehmigung vom 21.02.2002 im Jahre 2002 von den Eltern des Inhabers der Beigeladenen mit einem Einfamilienhaus mit Doppelgarage bebauten Grundstücks in A-Stadt, A-Straße eingetragen.

12

Mit Schreiben vom 4.11.2012 wandten sich die Kläger an das Amt Kisdorf anlässlich einer ihrer Ansicht nach im Jahre 2012 erfolgten Gebäude- und zeitlichen Nutzungserweiterung der Zimmerei der Beigeladenen.

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Der Beklagte stellte bei einem daraufhin durchgeführten Ortstermin fest, dass das ehemalige landwirtschaftlichen Betriebsgrundstück von der Beigeladenen als Lager- und Abstellfläche ihres Zimmereibetriebes genutzt wurde. Eine ehemalige Scheune diene dem Zimmereibetrieb als Lagerhalle. Als Anbauten an die Scheune seien auf ca. 16 m Breite und 3,50 m Tiefe nach Norden hin eine Überdachung und nach Süden ein Carport (5 x 4 m) errichtet worden. Außerdem sei an der Ostgrenze des Grundstücks eine Überdachung bzw. ein überdachtes Lager mit einer Grundfläche von ca. 13 x 4 m errichtet worden. Für diese baulichen Maßnahmen lägen keine Baugenehmigungen vor.

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Auf einen entsprechenden Bauantrag der Beigeladenen vom 13.03.2013, zu dem ein Schallgutachten vom 25.11.2013 vom Beigeladenen eingereicht wurde, erteilte der Beklagte der Beigeladenen am 9.09.2014 eine - überwiegend nachträgliche - Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung der vorhandenen Scheune als Lagerhalle nebst Überdachungen an der Nord-, Ost- und Südseite, den Einbau eines Büros, Sozialräumen und WC, einen Carport an der Südseite der Scheune für einen Teleskoplader, eine vorhandene Lärmschutzwand an der Südwestecke der Scheune, den Neubau einer Überdachung für Schüttcontainer, Gerüste und Leitern an der Ostgrenze des Grundstücks, einer Überdachung für ein Hochregal-Holzlager auf einer vorhandenen ehemaligen Betonmistplatte sowie den Abriss eines Schweinestalls. In der dazu genehmigten Betriebsbeschreibung heißt es u.a.:

15

1.1 Betriebsart:

16

Seit dem 01.07.1996 Gewerbeanmeldung zur Durchführung aller Arbeiten des Zimmererhandwerks, sowie Holz- u. Ausbauarbeiten aller Art und alle damit in Zusammenhang stehenden Geschäfte.

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1.2 Erzeugnisse:

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Dachstühle an Neu-, Alt- und Umbauten, von der Halle über Stallungen bis zum Wohn- und Mehrfamilienhäuser.

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- Sanierungen an den Dächern, Fassaden und Fußböden.

20

- Anbauarbeiten mit Konstruktionen, Dämmungen und Verkleidungen.

21

- Reparaturarbeiten von z.B. Sturm- und Wasserschäden.

22

- Erstellung von Terrassen, Balkone und Carports.

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1.3 Einsatzstoffe:

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- Bau- u. Brettschichtholz als Balken, Bohlen, Bretter, Latten.

25

- Verkleidungen aus OSB, Sperrholz, Holz, Kunststoffplatten, Metallblechen und Dachziegeln.

26

- Dämmungen aus Mineralfaser, Holzfaser und Zellulose.

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1.4 Arbeitsabläufe:

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a) Eintreffen der Mitarbeiter täglich morgens um 6.30 Uhr auf dem Betriebsgelände (Scheune). Kurze Absprache und Einweisung der Mitarbeiter. Die Transporter (Mercedes Sprinter Kastenwagen) mit Grundausstattung an Handmaschinen und Geräten werden beladen, ggf. einschl. Tandemanhänger mit Material für die jeweilige Baustelle. Manchmal auch der 7,5 t LKW mit größerer Materialladung. Anschließend wird in der Regel mit 3 Kolonnen (2-3 Personen) gefahren und vor Ort werden die ausstehenden Arbeiten verrichtet. Zwischendurch ist eine halbe Stunde Frühstücks- u. Mittagspause. Zu um 16.00 Uhr (Arbeitsende) wird auf- u. eingeräumt, um den Heimweg zum Betriebsgelände wieder anzutreten.

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Die Firmenfahrzeuge werden auf dem Betriebsgelände abgestellt.

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Die eine oder andere Klärung von Problemen oder Planungen wird besprochen, bevor dann der Heimweg nach Hause mit dem eigenen Fahrzeug angetreten wird.

31

b) Ganztägige Vorbereitungsarbeiten auf dem Betriebsgelände, wie z.B. Abbundarbeiten an Dachstühlen oder Wandtafeln sind im Durchschnitt an ca. 24 Tagen im Jahr, (10% von ca. 240 Arbeitstagen in ca. 48 Wochen/Jahr) von 2-4 Mitarbeitern durchzuführen.

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c) Stundenweise Zuschnittarbeiten auf dem Betriebsgelände, wie z.B. Platten, Bohlen oder Hölzer sind im Durchschnitt auch an ca. 24 Tagen im Jahr von meistens 2 Mitarbeitern für die Dauer von ca. 1-2 Stunden durchzuführen.

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d) Lieferanten mit großen Fahrzeugen zum Entladen von z.B. Holzpaketen, Werkstoffplattenpaketen o. Dämmstoffkollies kommen nach vorheriger Ankündigung an ca. 12 Tagen im Jahr, entweder mit Selbstentladung (Kran oder Hubfahrzeug), oder ich entlade mit unserem kleinen Teleskoplader, in der Regel für eine 1/2 Stunde pro Ladung. Die manchmal anstehenden Beladungen unseres 7,5to LKWs führe ich meistens tagsüber mit unserem kleinen Teleskoplader selbst durch, in der Regel für eine 1/2 Stunde pro Ladung.

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1.5.1 Maschinen:

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- In der Scheune steht eine Formattischkreissäge mit Späneabsaugung, ein Dickenhobel und eine Bandsäge.

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- Handabbundmaschinen für Platzarbeiten oder auf Baustellen:

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Kreissägen, Hobel, Bandsäge, Bohrmaschinen und Tischkettensäge.

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- Handmaschinen für Fahrzeuge auf Baustellen:

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Kreissägen, Stich- und Tigersägen, Hobel, Bohrmaschinen, Akku-Schrauber und Geräte in diversen Größen und Stärken, Mobile Luftdruckkompressen mit verschiedenen Schussgeräten (Nägel, Klammern, Stifte).

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1.5.2 Fördereinrichtungen:

41

- Merlo Teleskoplader ROTO 30.16 EV als selbst fahrende Baustellenbetriebsmaschine für alle Förder-, Hebe- u. Richtarbeiten auf den jeweiligen Baustellen.

42

- Merlo Teleskoplader P 32.6 Plus als selbst fahrende Betriebshofmaschine für alle Be- u. Entladungsarbeiten auf dem Betriebsgelände.

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1.5.3 Betriebsfahrzeuge:

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1 x LKW Mercedes-Benz Typ 809

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1 x Anhänger-Nachläufer Patzke NL 2,5

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3 x Sprinter DB Typ 312 D

47

3 x Tandemanhänger 2,0to

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1 x Merlo Teleskoplader Roto 30.16 EV

49

1 x Merlo Teleskoplader P 32.6 Plus

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1 x PKW Subaru Impreza STI

51

1 x VW-Bus T5 Diesel

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2.1 Betriebszeiten:

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Arbeitstage: Montag - Freitag

54

Arbeitsbeginn: Mo.- Fr. Treffen: 6.30 Uhr, Arbeitsbeginn: 7.00 Uhr

55

Pausen: täglich 2 x halbe Stunde

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Arbeitsende: Mo. - Do. 16.00 Uhr; Fr. 13.30 Uhr

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3.1 Beschäftigte:

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1 Zimmerermeister u. Geschäftsführer (…) Der Geschäftsführer ist entweder im Büro, bei Baustellenbesprechungen oder zu neuen Kundenterminen unterwegs.

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6 Zimmerergesellen zwischen 22-55 Jahren alt.

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1 Lehrling, 19 Jahre alt, 2. Lehrjahr

61

1 Lehrling, 18 Jahre alt, 1. Lehrjahr.

62

1 Jugendlicher, 16 Jahre alt, Einstellungsqualifizierungsjahr.

63

Die Mannschaft ist zu 90% auf den Baustellen vor Ort. An der Betriebsstätte hält sich die Mannschaft zu ca. 10% auf und die Lehrlinge sind außerdem auch noch zu 1/3 des Jahres entweder in der Schule oder in der überbetrieblichen Ausbildungsstätte in Bad Segeberg.

64

Die Baugenehmigung wurde u.a. mit folgender Auflage 1. versehen:

65

„Bestandteil der Baugenehmigung ist die Schallimmissionsprognose des Ingenieurbüros dBCon vom 25.11.2013, Nummer (501) 210913 (Rev. 01). Die Anlage darf nur in dem vom Gutachter beschriebenen Umfang betrieben werden. Die vorgeschlagenen Schallschutzmaßnahmen sind zu berücksichtigen. Beim Betrieb der Anlage darf der Beurteilungspegel den Wert von 54 dB(A) in der Nachbarschaft während der Tageszeit nicht überschreiten.“

66

In dieser Schallimmissionsprognose heißt es als Ergebnis u.a.:

67

„Um unter die Immissionsrichtwerte und sogar wie gefordert darüber hinaus unter die Irrelevanzschwelle zu gelangen, müssen folgende Maßnahmen getroffen werden:

68

- Verkleidung der Nordwestseite der Werkstatt von innen mit mind. 16 mm OSB-Platten

69

- Verkleidung der Südostseite der Werkstatt von innen mit mind. 16 mm OSB-Platten

70

- Verkleidung der Decke des Hochregallagers von unten als Unterschlag mit mind. 16 mm OSB-Platte und aufliegender Dämmlage 60 mm

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- Montage einer weiteren (mind.) 16 mm OSB-Platte unter Trapezblech mit Dämmzwischenlage von 40 mm an der Nordost- und Nordwestseite des Hochregallagers“

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Mit den vier genannten Maßnahmen und geschlossenem Tor würden sich dem Gutachten zufolge an der Südwand des klägerischen Wohnhauses als Immissionsort tagsüber Beurteilungspegel vom 51,8 und 51,9 dB(A) ergeben.

73

Das Gutachten legte Betriebszeiten von montags bis sonnabends in der Zeit von 6.00 h bis 18.00 h zugrunde und berücksichtigte den Merlo Teleskoplader ROTO 30.16 EV, wie sich aus einer ergänzenden Stellungnahme des Gutachters vom 23.06.2015 ergibt, nicht, weil dieser nach der genehmigten Betriebsbeschreibung als selbst fahrende Baustellenbetriebsmaschine für alle Förder-, Hebe- u. Richtarbeiten nur auf den jeweiligen Baustellen zum Einsatz kommen soll.

74

Am 4.10.2014 legten die Kläger gegen diese Baugenehmigung Widerspruch im Wesentlichen mit der Begründung ein, die dem Schallgutachten zugrundeliegenden Angaben und die Angaben der Betriebsbeschreibung würden hinsichtlich der Betriebszeiten voneinander abweichen, sodass nicht erkennbar sei, welche Betriebszeiten für den Beigeladenen verbindlich seien. Der Merlo Teleskoplader ROTO 30.16 EV sei bei der Begutachtung nicht berücksichtigt worden. Außerdem sei in der Vergangenheit eine Motorkettensäge offen im Hofbereich verwendet worden, die ebenfalls nicht berücksichtigt worden sei. Es erscheine zudem unrealistisch, dass die Arbeiten auf der Hofstelle wie vom Gutachter angenommen grundsätzlich bei geschlossenem Tor durchgeführt werden, da die zur Verfügung stehende Fläche nicht für die Bearbeitung von Dachstuhlelementen nicht ausreiche. Es sei weiter zweifelhaft, ob die Schallminderung durch die Schiebetore erreicht werde, da den Bauzeichnungen nicht zu entnehmen sei, dass die Dämmung der Tore denen der Wände entspreche. Bei der planungsrechtlichen Beurteilung des Gebietscharakters könne nicht von einem faktischen Dorfgebiet ausgegangen werden, sondern von einem faktischen allgemeinen Wohngebiet. Bei dem Zimmereibetrieb handele es sich nicht um einen nicht störenden Handwerksbetrieb iSv § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, sodass die Baugenehmigung ihren Gebietserhaltungsanspruch verletzte.

75

Mit am 9.07.2015 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 1.07.2015 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

76

Am 3.08.2015 haben die Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen erneut vortragen, dass Vorhaben sei in der als faktisches allgemeines Wohngebiet einzustufenden näheren Umgebung unzulässig. Als nähere Umgebung sei ein weiteres Gebiet zu berücksichtigen als nur bis zum Katenweg/Schulsteig. Dort handele es sich um ein faktisches allgemeines Wohngebiet, während die Nutzungen auf der ehemaligen Hofstelle als Fremdkörper auszuscheiden seien. Bei dem Zimmereibetrieb handele es sich nicht um einen nicht störenden Handwerksbetrieb iSv § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, sodass die Baugenehmigung ihren Gebietserhaltungsanspruch verletzte. Es sei zweifelhaft, ob die Schallminderung durch die Schiebetore erreicht werde, da den Bauzeichnungen nicht zu entnehmen sei, dass die Dämmung der Tore denen der Wände entspreche. Ihre Nachbarrechte gegenüber dem Zimmereibetrieb seien auch nicht verwirkt, da der frühere Betrieb nicht mit dem genehmigten vergleichbar sei. Schon die Gewerbeanmeldung habe auf Nr. 45 gelautet, statt Nr. 41. Auch die Erweiterung der Pachtflächen belege keine tatsächlich erfolgte Betriebserweiterung. Durch die Erteilung der Baugenehmigung erhalte der Betrieb eine neue Qualität.

77

Die Kläger beantragen,

78

die Baugenehmigung vom 9.09.2014 und den Widerspruchsbescheid vom 1.07.2015 aufzuheben.

79

Der Beklagte beantragt,

80

die Klage abzuweisen.

81

Der Beklagte sieht weiterhin durch die angefochtene Baugenehmigung keine Rechte der Kläger verletzt und nimmt auf die Begründung des Widerspruchsbescheides Bezug.

82

Die Beigeladene beantragt,

83

die Klage abzuweisen.

84

Die Beigeladene trägt vor, die seit 1996 bestehende Zimmerei werde im Rahmen einer 5-Tage-Woche betrieben, mit jährlich ca. 240 Arbeits-/Werktagen. Im Zeitraum vom 01.04. bis 30.11. würden die Mitarbeiter in der Regel um ca. 6.00 Uhr morgens auf dem Betriebsgelände eintreffen. In dem Zeitraum vom 01.12. bis 31.03. eines Jahres (Wintermonate) verschiebe sich der Arbeitsbeginn um 1/2 Stunde auf ca. 6.30 Uhr. Auf dem Betriebsgelände finde dann zunächst eine kurze Absprache und Einweisung der Mitarbeiter in den anstehenden Arbeitstag statt. Die genutzten Transporterkastenwagen verfügten über eine umfangreiche Grundausstattung mit Handmaschinen und weiteren Geräten, sodass in der Regel keine umfangreiche Beladung der Fahrzeuge mit weiteren Maschinen stattfinden müsse. Aus Produktivitäts- und Rationalisierungsgründen werde so wenig Material wie möglich auf dem Firmengelände gelagert. Deshalb würden auch die drei Tandemanhänger nur so wenig wie möglich für Materialtransporte genutzt. Der noch in der Betriebsbeschreibung aus dem Jahr 2013 enthaltene LKW (Mercedes Benz Typ 809) sei inzwischen aus Rationalisierungsgründen abgeschafft worden. Ihre Mitarbeiter würden in der Regel mit 3 Kolonnen, bestehend aus 2 bis 3 Personen, ab ca. 6.15 Uhr bzw. 6.45 Uhr (in den Wintermonaten) zu den jeweiligen Baustellen fahren, um die anstehenden Arbeiten vor Ort zu verrichten. Die Behauptung der Kläger, dass sie täglich auf ihrem Betriebsgelände Lärm und Staub verursachen würde, sei daher nicht zutreffend. Im Gegensatz zu einer Tischlerwerkstatt, in der mit stationären Maschinen gearbeitet werde, hätten Zimmereien im Allgemeinen lediglich kleine Werkstätten, um im Einzelfall eigene vorproduzierte Werkteile auf dem eigenen Betriebsgelände herzustellen. Bei dem absolut überwiegenden Teil der Arbeiten handele es sich jedoch um Tätigkeiten am Bauwerk selbst, also auf der jeweiligen Baustelle vor Ort. Hierdurch würden einerseits Transportwege eingespart und andererseits eventuelle Immissionen erheblich verringert. Nur in Ausnahmefällen müssten Platten oder Hölzer auf Sondermaß für die Baustelle vorgeschnitten werden. In der Regel werde versucht, diese Arbeiten nachmittags für den nächsten Tag durchzuführen. Zudem würden Großprojekte inzwischen weit überwiegend in industriellen Abbundzentren kostengünstiger vorgefertigt und direkt zur Baustelle angeliefert. Auf dem Firmengelände selbst würden nur noch kleinere oder spezielle Projektarbeiten vorgefertigt. Entsprechende Arbeiten fänden an ca. 24 Tagen im Jahr statt, dann aber auch nur stundenweise. Hierbei würden sämtliche immissionsschutzrechtlichen Vorgaben (Schließen der Hallentore etc.) eingehalten. Darüber hinaus gelte die firmeninterne Vorgabe, dass Maschinentätigkeiten erst ab 7.00 Uhr begonnen würden. Um ca. 15.30 Uhr werde auf den jeweiligen Baustellen aufgeräumt und die Rückfahrt zum Betriebsgelände angetreten. Dort würden die Betriebsfahrzeuge dann abgestellt, ohne dass anschließend noch weitere Arbeiten durchgeführt würden. Materiallieferungen von außerhalb fänden aufgrund einer betriebsinternen Vorgabe erst nach 7.00 Uhr auf dem Betriebsgelände statt. Sie dauerten in der Regel höchstens eine halbe Stunde an, wobei immissionsschutzrechtliche Vorgaben nicht überschritten würden. Seit 1996 sei es zu keinen Beeinträchtigungen der Nachbarschaft gekommen. Aufgrund der dargestellten Betriebsorganisation sei dies auch zukünftig nicht der Fall. Im Umgebungsbereich würden sich mehrere Wohnhäuser, der Zimmereibetrieb, ehemalige Stallungen, die als Gesellschaftsräume genutzt würden, sowie weitere ehemalige landwirtschaftliche Gebäude befinden. Aufgrund der gegebenen Nutzungen handele es sich bauplanungsrechtlich um eine Gemengelage mit Mischgebietscharakter. Dass die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks einem allgemeinen Wohngebiet entspreche, in dem die Zimmerei als störender Gewerbebetrieb nicht zulässig wäre, sei wegen der in der Umgebung vorhandenen landwirtschaftlichen und gewerblichen Betriebe auszuschließen. Nordwestlich vom Betriebsgelände an der K21 befinde sich der Landwirtschaftsbetrieb Langmaack. Nordwestlich im Katenweg sei durch den dortigen Eigentümer Herrn Jürgen Schümann ein Aussiedlungshof in Planung. Des Weiteren werde in unmittelbarer Umgebung des Vorhabens (B-Straße 43) ein Gesellschaftshaus geführt. Selbst wenn man ein "faktisches" Dorfgebiet oder ein "faktisches" Mischgebiet annähme, wäre ein hieraus resultierender Anspruch der Kläger auf Wahrung der Gebietsart nicht verletzt, weil die Zimmereiwerkstatt angesichts der dargelegten Betriebsabläufe als ein in einem Dorf- oder Mischgebiet allgemein zulässiger, das Wohnen nicht wesentlich störender sonstiger Gewerbebetrieb iSv § 5 Abs. 2 Nr. 6 bzw. § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO einzustufen sei. Das genehmigte Vorhaben verletze auch nicht das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme. Durch die immissionsschutzrechtlichen Auflagen des Genehmigungsbescheids sei sichergestellt, dass der für das Grundstück der Kläger maßgebliche Immissionsrichtwert nicht überschritten werde.

85

Die Kammer hat mit Beschluss vom 8.08.2016 den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Der Einzelrichter hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor Ort am 10.11.2016 die Örtlichkeiten in Augenschein genommen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

87

Die Klage ist als Drittanfechtungsklage gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 9.09.2014 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 1.07.2015 zwar zulässig, aber unbegründet.

88

Nach § 113 Abs. 1 VwGO ist die Klage eines Nachbarn gegen die einem Dritten erteilte Baugenehmigung nur dann begründet, wenn die Baugenehmigung rechtswidrigund der Nachbar dadurch in seinen Rechten verletzt wird.

89

Bei baurechtlichen Nachbarrechtsbehelfen ist nicht allein die objektive Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigung in den Blick zu nehmen, sondern, dass Rechtsbehelfe dieser Art nur erfolgreich sein können, wenn darüber hinaus gerade der klagende Nachbar in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt ist. Ob die angefochtene Baugenehmigung insgesamt objektiv rechtmäßig ist, ist nicht maßgeblich. Vielmehr ist die Baugenehmigung allein daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen Vorschriften verstößt, die dem Schutz des um Rechtsschutz nachsuchenden Nachbarn dienen. Der Nachbar kann sich nur auf solche Interessen berufen, die das Gesetz im Verhältnis der Grundstücksnachbarn untereinander als schutzwürdig ansieht. Dabei ist für die Beurteilung der Verletzung von öffentlich-rechtlich geschützten Nachbarrechten durch eine Baugenehmigung allein der Regelungsinhalt der Genehmigungsentscheidung maßgeblich.

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Eine hiervon abweichende Ausführung kann die Aufhebung der Baugenehmigung demgegenüber nicht rechtfertigen.

91

Daher können die Kläger nicht mit ihrer Befürchtung durchdringen, es würde der Betrieb entgegen der Baugenehmigung und der ausdrücklich als Auflage zu deren Gegenstand gemachten schallmindernden Maßnahmen geführt werden.

92

Die beanstandete fehlende Begutachtung einer angeblich offen im Hofbereich eingesetzten Motorkettensäge erweist sich ebenso als unerheblich, wie der Umstand, dass der Merlo Teleskoplader ROTO 30.16 EV nicht mit begutachtet worden ist.

93

Anfechtungsgegenstand kann nur der genehmigte Umfang des Betriebes sein, der ausdrücklich keinen Einsatz einer Motorkettensäge im Hof vorsieht und in der Betriebsbeschreibung auch deutlich macht, dass der Merlo Teleskoplader ROTO 30.16 EV ausschließlich auf Baustellen eingesetzt wird.

94

Die von den Klägern außerdem geltend gemachte Rechtsverletzung durch eine angebliche Widersprüchlichkeit bzw. Unbestimmtheit der Baugenehmigung liegt nicht vor.

95

Dass der Gutachter bei seiner Beurteilung der Schallimmissionen von umfangreicheren Betriebszeiten ausgegangen ist als in der genehmigten Betriebsbeschreibung führt nicht zu dem Ergebnis, da die Baugenehmigung dadurch widersprüchlich oder unbestimmt ist. Vielmehr ist auch für die Kläger als Nachbarn deutlich erkennbar, dass nur die von der Beigeladenen in ihrer als solchen genehmigten Betriebsbeschreibung beantragten Zeiten maßgeblich sind.

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Darüber hinaus haben die Kläger bereits ihre Abwehrrechte gegen die der Beigeladenen - überwiegend nachträglich - für ihren Zimmereibetrieb erteilte Baugenehmigung zwar nicht formell, aber materiell verwirkt.

97

Für die Verwirkung des materiellen Rechts kommt es darauf an, ob der Berechtigte während eines längeren Zeitraums ein ihm zustehendes Recht nicht geltend macht, obwohl er hierfür Anlass hat, und ob ein solches Verhalten geeignet ist, bei dem Verpflichteten den Eindruck zu erwecken, der Berechtigte werde sein Recht nicht (mehr) ausüben.

98

Dies wird mit dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis begründet, das die Nachbarn verpflichtet, ihre Einwendungen nicht unangemessen spät zu erheben. Dabei kommt es für den Beginn der Frist nicht darauf an, wann der Nachbar tatsächlich Kenntnis von dem Bauvorhaben gehabt hat, maßgeblich ist vielmehr, wann der Nachbar das Bauvorhaben hätte zur Kenntnis nehmen müssen.

99

Die Verwirkung wirkt auch gegenüber dem Rechtsnachfolger des Nachbarn. Insoweit müssen sich die Kläger das Verhalten ihrer Rechtsvorgänger zurechnen lassen, denn nachbarliche Abwehrrecht im Baurecht sind grundstücksbezogene Rechte (vgl. OVG Magdeburg, Beschl. v. 4.6.2012, - 2 L 56.11 -; VGH Mannheim, Urt. v. 25.09.1991, – 3 S 2000/91 –). Dies gilt auch gegenüber ungenehmigten baulichen Anlagen (BVerwG, Beschl. v. 11.02.1997, - 4 B 10/97 -; VGH Kassel, Urt. v. 25.06.2014, - 3 A 1024/13 -; VGH Mannheim, Urt. v. 25.09.1991, – 3 S 2000/91 –). Angesichts der Grundstücksbezogenheit der nachbarlichen Abwehrrechte ist auch unerheblich, welche Gründe die jeweiligen Grundstückseigentümer dazu veranlasst haben, auf Einwände gegen die bauliche Nutzung eines angrenzenden Grundstücks zu verzichten. Es ist daher insoweit unerheblich, dass es sich bei den Voreigentümern des Klägergrundstücks um die Eltern des Betriebsinhabers der Beigeladenen handelte.

100

Nach diesen Grundsätzen sind die von den Klägern geltend gemachten Abwehransprüche gegen die Zimmerei der Beigeladenen, die Gegenstand der angefochtenen Baugenehmigung ist, verwirkt.

101

Den Klägern musste nicht nur die Nutzung der ehemaligen Hofstelle der Eltern des Inhabers der Beigeladene schon bei Erwerb im Jahre 2010 bekannt geworden sein. Vielmehr haben bereits ihre Rechtsvorgänger über ein Jahrzehnt lang nicht nur keine Einwände gegen den Betrieb erhoben, sondern diesen durch Vermietung und später Übertragung der Hofstelle sogar erst ermöglicht. Die Zimmerei wird dort seit 1996 betrieben. Selbst wenn man berücksichtigt, dass in den letzten Jahren vor Erteilung der Baugenehmigung noch weitere Baumaßnahmen für die Zimmerei erfolgt sind, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich Art und Ausmaß der Nutzung der ehemaligen Hofstelle durch die Zimmerei in den letzten beiden Jahren zulasten der in der Umgebung vorhandenen Wohnbebauung verändert hat. Vielmehr spricht nach den von den Klägern nicht substantiiert bestrittenen Erläuterung der Beigeladenen Überwiegendes dafür, dass sich die Immissionssituation durch die weit überwiegende Verlagerung der lärmintensiven Betriebsabläufe auf die Baustellen sogar verbessert hat. Dass die in erster Linie einer nachträglichen Legalisierung der bereits betriebenen Zimmerei dienende Baugenehmigung auch die Zulassung von Neubauten umfasst, rechtfertigt keine andere Beurteilung, da mit diesen Neubauten weder eine Intensivierung noch eine Ausweitung der Zimmerei verbunden ist, sondern lediglich bislang im Freien erfolgende Lager mit immissionsmindernder Wirkung überdacht worden sind.

102

Es kann weder angesichts der Entwicklung des Zimmereibetriebes in den Jahren seit 2010 noch aufgrund der nunmehr erteilten nachträglichen Baugenehmigung davon die Rede sein, dass der Betrieb gegenüber dem für die Verwirkung maßgeblichem Zeitraum einen Qualitätssprung - ähnlich der von den Klägern zum Vergleich herangezogenen Wandlung eines „normalen“ in ein „großflächiges“ Einzelhandelsgeschäft - gemacht hätte. Aufgrund der von den Klägern nicht substantiiert bestrittenen und für das Gericht gerade vor dem Hintergrund der Gewerbeanmeldungsunterlagen, der Mietverträge über die Betriebsfläche und der noch vor dem Erwerb des Klägergrundstücks erfolgten Eigentumsübertragung des Betriebsgrundstücks auf die Beigeladene plausiblen Darstellung der Geschichte des streitbefangenen Betriebes ist davon auszugehen, dass bereits im Jahre 2010, als die Kläger ihr Grundstück von den Eltern des Betriebsinhabers der Beigeladenen erwarben, der Zimmereibetrieb in 2014 nachträglich genehmigten Nutzungsart - und -umfang vorhanden war.

103

Da ein materiell-rechtliches Abwehrrecht, das im Hinblick auf eine nicht genehmigte bauliche Anlage verwirkt worden ist, bei nachträglicher Legalisierung des Vorhabens nicht wieder auflebt (OVG Münster, Urt. v. 02.03.1999, – 10 A 2343/97 -), ist der von den Klägern geltend gemachte Abwehranspruch insoweit verwirkt, als er sich gegen die Inhalte der angefochtenen Baugenehmigung richtet, die bereits verwirklicht worden waren.

104

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass sich die Kläger selbst ohne eine Annahme einer Verwirkung ihrer Abwehransprüche gegen die Zimmerei nicht mit Erfolg auf eine Verletzung des anerkanntermaßen nachbarschützenden Gebietserhaltungsanspruchs durch die angefochtene Genehmigung berufen können.

105

§ 34 Abs. 2 BauGB entfaltet innerhalb von faktischen Baugebieten nachbarschützende Wirkung. Der Grundsatz, dass sich ein Nachbar in einem Bebauungsplangebiet auch dann gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wenden kann, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird, lässt sich auf den Nachbarschutz in einem faktischen Baugebiet übertragen. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses kann daher das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des (faktischen) Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindert werden.

106

Die Anwendbarkeit des § 34 Abs. 2 BauGB setzt jedoch voraus, dass die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete entspricht, die in der BauNVO bezeichnet sind. Dies setzt wiederum voraus, dass die maßgebliche Umgebung ausschließlich bauliche Elemente enthält, die nur einem der in der BauNVO geregelten Baugebiete zuzuordnen sind. Dabei kann berücksichtigt werden, dass die bauliche Entwicklung im nicht beplanten Innenbereich naturgemäß nicht in jeder Beziehung so verlaufen ist wie in beplanten Gebieten. Daraus folgt, dass das betreffende Gebiet zwar der Zweckbestimmung eines Baugebiets der BauNVO entsprechen muss. Nicht erforderlich ist, dass für die Zweckbestimmung nicht wesentliche einzelne Anlagen auch vorhanden sein müssen. Auch in den beplanten Gebieten sind nicht in allen Fällen sämtliche der in den Baugebietsvorschriften der BauNVO bezeichneten einzelnen Arten von Anlagen tatsächlich verwirklicht worden. Unzulässig ist es allerdings, eine vorhandene Bebauung in Zielrichtung auf eine scharfe Trennung von Gebietscharakter und zulässiger Bebauung geradezu gewaltsam in ein Baugebiet der in den §§ 2 ff. BauNVO bezeichneten Art zu pressen mit der Folge der schematischen Anwendung der Zulässigkeitsregeln der Baugebietsvorschriften der BauNVO (BVerwG Urt. v. 23. 4. 1969, – 4 C 12.67 -). Dies schließt allerdings nicht aus, dass – entsprechend den allgemeinen Regeln zur Bestimmung der Eigenart der Umgebung – bestimmte Arten von Nutzungen außer Betracht bleiben, weil sie entweder nicht wesentlich sind oder sogenannte Fremdkörper darstellen.

107

Im vorliegenden Fall ist für das Gericht nach Auswertung der Lagepläne, den Angaben der Beteiligten zu den vorhandenen Nutzungen und dem Ergebnis der Ortsbesichtigung jedenfalls nicht erkennbar, dass sowohl die Grundstücke der Kläger als auch das Betriebsgrundstück der Beigeladenen innerhalb desselben Baugebiets und noch dazu innerhalb eines faktisches allgemeines Wohngebiets iSv § 34 Abs. 2 BauGB iVm § 4 BauNVO liegen.

108

Zwar erscheint es bei der Frage der für das Einfügen in die Eigenart des Gebiets maßgeblichen Abgrenzung der näheren Umgebung nicht gerechtfertigt, den Bereich auf die Bebauung südlich des Schulsteig und des Katenwegs zu beschränken. Nach dem vom Gericht insgesamt gewonnenen Eindruck der örtlichen Verhältnisse endet jedoch ein möglicherweise vorhandenes faktisches allgemeines Wohngebiet in südwestlicher Richtung mit dem Aufeinandertreffen der Wohnbebauung, die noch das klägerische Grundstück umfasst, auf das ehemalige landwirtschaftlich genutzte Hofgrundstück mit seinen, von denen in einem allgemeinen Wohngebiet zulässigen völlig verschiedenen Nutzungen. Auf der ehemaligen Hofstelle befinden sich mit dem sog. Gesellschaftshaus und der streitbefangenen, bei der Beurteilung des Gebietscharakters aber zu berücksichtigenden, seit nunmehr fast 20 Jahren dort betriebenen Zimmerei zwei Nutzungen, die nicht in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig wären. Das Gesellschaftshaus stellt von dem genehmigten Nutzungszweck her keine der Versorgung des Gebiets dienende Schank- und Speisewirtschaft, sondern ein auf überörtliche Kunden ausgerichtetes gastronomisches Veranstaltungszentrum dar und ein Zimmereibetrieb ist bei typisierenden Betrachtungsweise nicht als ausnahmsweise in einem allgemeinen Wohngebiet zulässiger sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb einzustufen. Dass die Zimmerei als vorhandene Nutzung zu berücksichtigen ist, ergibt sich daraus, dass sie trotz fehlender Genehmigung von dem Beklagten in einer Weise geduldet wird, die keine Zweifel daran lässt, dass er sich mit deren Vorhandensein abgefunden hat (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 20.01.2005, - 1 LB 23/04 -, Beschl. v. 6.07.2011, - 1 LA 41/11 -), was sich gerade in der Erteilung der hier streitbefangenen Baugenehmigung dokumentiert.

109

Es erscheint nach Auffassung des Gerichts nicht gerechtfertigt, entgegen der o.g. Grundsätze hier die vorhandene Bebauung in Zielrichtung auf eine scharfe Trennung von Gebietscharakter und zulässiger Bebauung geradezu gewaltsam in ein Baugebiet der in den §§ 2 ff. BauNVO bezeichneten Art zu pressen, d.h. hier auch die Bebauung auf der ehemaligen Hofstelle mit einzubeziehen, um dann die - hier in ein faktisches allgemeines Wohngebiet - nicht einfügsamen Nutzungen wieder als Fremdkörper bei der Einstufung des Gebietscharakters auszublenden. Vielmehr treffen vorliegend ein durchweg von Wohnbebauung geprägtes Gebiet auf die ehemalige Hofstelle in einer Randlage mit ihren WA-gebietsunverträglichen Nutzungen. Daher ist hier von einer für eine einer Zuordnung zu einem bestimmten Baugebietstypus der BauNVO nicht zugänglichen Gemengelage in Form des Aufeinandertreffens vom Baugebietstypus unverträglicher Nutzungen auszugehen. Für ein Berufen auf den Gebietserhaltungsanspruch ist daher hier kein Raum.

110

Aber auch das aus dem Begriff des „Einfügens“ in § 34 BauGB abgeleitete Gebot der Rücksichtnahme ist hier durch den Betrieb der Beigeladenen gegenüber den Klägern nicht verletzt.

111

Die im Rahmen der Mittelwertbildung für eine Gemengelage entscheidenden Lärm-Immissionsrichtwerte werden durch das genehmigte (unter Beachtung der Auflagen zu betreibende) Vorhaben, wie sich aus dem dazu im Baugenehmigungsverfahren eingereichten Gutachten ergibt, eingehalten. Zusätzlich ist in der Baugenehmigung der Beigeladenen durch die Auflage 1 ausdrücklich aufgegeben worden, den Wert von 54 db(A) in der Nachbarschaft während der Tageszeit nicht zu überschreiten.

112

Die dagegen von den Klägern erhobenen Einwände greifen nicht durch. Insbesondere der Einwand, dass ein Arbeiten bei geschlossenen Toren angesichts der zu bearbeitenden Werkstoffe unrealistisch sei, ist aufgrund der vom Beigeladenen erläuterten Betriebswirklichkeit unberechtigt.

113

Da die Klägerin ihre Abwehrrechte gegenüber der angefochtenen Baugenehmigung zum einen bereits verwirkt hat und die Kläger unabhängig davon durch diese Baugenehmigung auch nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werden, war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

114

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nach § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeit für erstattungsfähig erklärt worden, weil sie einen eigenen Antrag gestellt hat und damit auch das Risiko eigener Kostenpflicht nach § 154 Abs. 3 VwGO eingegangen ist.

115

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.


Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 10. Nov. 2016 - 2 A 119/15

Urteilsbesprechungen zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 10. Nov. 2016 - 2 A 119/15

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage
Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 10. Nov. 2016 - 2 A 119/15 zitiert 9 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 4 Allgemeine Wohngebiete


(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,3. Anlagen für kirchliche, kulture

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 6 Mischgebiete


(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. Geschäfts- und Bürogebäude,3. Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie B

Referenzen - Urteile

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 10. Nov. 2016 - 2 A 119/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 10. Nov. 2016 - 2 A 119/15 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 06. Juli 2011 - 1 LA 41/11

bei uns veröffentlicht am 06.07.2011

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 2. Kammer - vom 07. Juni 2011 wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 10. Nov. 2016 - 2 A 119/15.

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 19. Dez. 2018 - 4 LB 10/18

bei uns veröffentlicht am 19.12.2018

Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% de

Referenzen

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 2. Kammer - vom 07. Juni 2011 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf 20.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger erstrebt einen Bauvorbescheid zur Errichtung eines Wohnhauses im rückwärtigen Bereich seines Grundstücks … . Seine Verpflichtungsklage wies das Verwaltungsgericht mit der Begründung ab, das Vorhaben füge sich hinsichtlich der zu überbauenden Fläche nicht ein. Die auf den Grundstücken …, … und … vorhandenen Baulichkeiten würden von der Beklagten nicht geduldet bzw. seien als Fremdkörper anzusehen.

II.

2

Der Antrag für Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die dargelegten Gründe führen weder nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 noch nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zur Berufungszulassung.

3

1) Der Senat hat keine Zweifel, dass das Verwaltungsgericht die - allein streitige - Frage, ob sich das in 50 m Abstand vom … geplante Gebäude des Klägers nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, rechtlich zutreffend verneint hat. Die auf den Grundstücken …, … und … vorhandenen Baulichkeiten vermögen dies nicht zu erschüttern.

4

a) Auf dem Nachbargrundstück … ist 1966 ein kleines Gartenhäuschen genehmigt worden, das - wäre es unverändert erhalten - als untergeordnete Nebenanlage anzusehen wäre. Die spätere erhebliche Erweiterung und Umgestaltung des Gartenhäuschens auf ca. 130 qm Nutzfläche ist ungenehmigt erfolgt. Für die nähere Umgebung i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB wäre das - jetzt vorhandene, erheblich vergrößerte - Gebäude nur zu berücksichtigen, wenn es von der Beklagten in einer Weise geduldet würde, die keine Zweifel daran lässt, dass sie sich mit dessen Vorhandensein abgefunden hat (vgl. Söfker, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Lbl., 2006, § 34 BauGB Rn. 35 m. w. N.; Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314). Eine solche Duldung ist hier nicht festzustellen. Zwar trifft es zu, dass die Beklagte das Gebäude erst im Zusammenhang mit dem vorliegenden Rechtsstreit "in den Blick" genommen hat. Sie hat (dann) aber sogleich konkrete Schritte eingeleitet, indem sie den Eigentümer zum Erlass von Bauordnungsverfügungen (Rückbau, Nutzungsuntersagung) angehört hat. Von einer Hinnahme oder Duldung der ungenehmigten Nutzung kann unter diesen Umständen keine Rede sein. Das Recht der Beklagten zum Einschreiten gegenüber den Nachbarn ist auch nicht verwirkt. Ihre Befugnis, auf die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu achten, wäre allenfalls eingeschränkt, wenn der Nachbar aufgrund besonderer Umstände zu der Annahme berechtigt hätte sein können, dass von bauordnungsrechtlichen Befugnissen auf Dauer kein Gebrauch mehr gemacht werden soll (vgl. VGH München, Urt. v. 17.06.1998, 2 B 97.171, BayVBl. 1999, 590 ff.). Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich.

5

b) Scheidet damit das hintere Gebäude auf dem Grundstück … aus der relevanten "näheren Umgebung" i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB aus, so gilt - im Ergebnis - das Gleiche für die Gebäude auf den Grundstücken … und …. Diese Gebäude hat das Verwaltungsgericht (in Bezug auf das hier relevante Merkmal der überbaubaren Grundstücksfläche) zutreffend als Fremdkörper bewertet.

6

Der Annahme des Klägers, dieser Bewertung stehe entgegen, dass es sich um zwei Baukörper handele, die nicht mehr "singulär" sein könnten, ist nicht zuzustimmen. Diese Annahme widerspricht der Rechtsprechung des Senats, die (wie die Beklagte zutreffend aufzeigt) auch zwei aus der baulichen Umgebung herausfallende Baulichkeiten als Fremdkörper angesehen hat, wenn sie "wegen ihrer Andersartigkeit und Einzigartigkeit den Charakter ihrer Umgebung nicht prägen" (Urt. des Senats v. 10.01.1995, 1 L 113/94; Juris [Tn. 31]). Das im Zusammenhang mit sog. "Fremdkörpern" häufig zu findende Attribut "singulär" ist nicht numerisch zu verstehen, sondern qualitativ. Die "Einzigartigkeit" von baulichen Anlagen, die als "Fremdkörper" anzusehen sind, ergibt sich daraus, dass diese "völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen", in einem "auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung" stehen und deshalb "den Charakter ihrer Umgebung letztlich nicht beeinflussen können"; das kommt nicht nur bei einer baulichen Anlage in Betracht, sondern auch bei mehreren Baukörpern, die aus dem Rahmen der Umgebungsbebauung - ohne tonangebend zu sein - herausfallen (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.02.1990, 4 C 23.86, BVerwGE 84, 322 [bei Juris Tn. 15-16]).

7

Soweit der Senat in seinem Urteil vom 08.10.1998 (1 L 91/97, NordÖR 1999, 365) die Bewertung als Fremdkörper als "von vornherein problematisch" bezeichnet hat, wenn es nicht nur einen, sondern zwei solcher Fälle gibt, bezog sich dies auf eine "überschaubare" (nähere) Umgebung. Eine Grundsatzaussage des Inhalts, dass es in einer Umgebung nur einen "Fremdkörper" geben kann, ist daraus nicht zu entnehmen, zumal es in jenem Fall an "einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung" fehlte (a.a.O., bei Juris Tn. 28). Aus dem weiteren (im Zulassungsantrag angeführten) Senatsurteil vom 23.09.2010 (1 LB 3/10, n. v.) ist keine Aussage zu entnehmen, die die These, bei zwei Baukörpern sei eine Bewertung, es handele sich dabei um Fremdkörper, ausgeschlossen, stützten könnte.

8

Das Verwaltungsgericht hat unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe zutreffend angenommen, dass die (weit) "zurückspringenden" Gebäude auf den Grundstücken … und … im Vergleich zur ansonsten vorhandenen Bebauung in der Umgebung - zwischen den Grundstücken … und … und den Grundstücken … und … (s. S. 6 des erstinstanzl. Urt.-Abdr.) - jedenfalls hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, als Fremdkörper anzusehen sind. Anzumerken ist, dass die Wahl des Bauplatzes für die Grundstücke … und … historisch durch die in diesem Bereich verlaufende 60 kV-Freileitung beeinflusst worden war (Bl. 31 der Beiakte A), was zusätzlich belegt, dass diese Gebäude den Rahmen der ansonsten realisierten Bebauung verlassen.

9

c) Das Verwaltungsgericht hat - nach alledem - zutreffend entschieden, dass die auf den Grundstücken …, … und … vorhandenen Baulichkeiten aus dem umgebungsrelevanten Rahmen ausscheiden. Der Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt somit nicht vor.

10

2) Die Berufungszulassung kann auch nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht beansprucht werden.

11

Nach den vom Kläger zitierten Entscheidungen (OVG Münster, Beschl. v. 31.07.1998, 10 A 1329/98, NVwZ 1999, 202; OVG Weimar, Beschl. v. 10.12.1997, 3 ZEO 1053/97, DVBl. 1998, 489) wäre die Berufung wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen, wenn "gegen die Tatsachenfeststellungen oder die rechtliche Würdigung, auf denen das angefochtene Urteil beruht", Zweifel dargelegt worden wären, die sich im Zulassungsverfahren nicht klären lassen. Das ist nicht der Fall. Die Tatsachenfeststellung - als solche - steht außer Streit. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene rechtliche Würdigung ist keinen Zweifeln ausgesetzt (s. o. 1).

12

Der Hinweis des Klägers auf die mit der "standortbezogenen Einfügsamkeit" verbundenen Schwierigkeiten und die Annahme, insoweit sei eine Inaugenscheinnahme erforderlich, verfehlt den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ebenfalls. Die aus dem erstinstanzlichen Urteil zu entnehmenden örtlichen Verhältnisse - insbesondere zur Bebauung im Karree … / … / … - und die dazu vorliegenden Lagepläne ergeben eine tragfähige Grundlage zur Beurteilung der "Einfügsamkeit" i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB. Welche "Schwierigkeiten" (erst) durch eine Ortsbesichtigung ausgeräumt werden können, ist den Darlegungen im Zulassungsantrag nicht zu entnehmen. Allein die Möglichkeit, evtl. vorhandene (Rest-)Zweifel hinsichtlich der Eigenart der näheren Umgebung durch eine Ortsbesichtigung auszuräumen, genügt für das Vorliegen "besonderer Schwierigkeiten" i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht (Beschl. des Senats vom 03.09.1998, 1 L 58/98, NordÖR 1998, 385; ebenso: OVG Saarlouis, Beschl. v. 04.12.2008, 2 A 228/08, LKRZ 2009, 146 und vom 11.01.2007, 2 Q 35/06, BauR 2008, 485).

13

3) Weitere Zulassungsgründe sind nicht dargelegt. Der Zulassungsantrag ist nach alledem abzulehnen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist damit rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

15

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.

16

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.