Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 07. Jan. 2016 - 4 A 2054/13

bei uns veröffentlicht am07.01.2016

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Der Kostenerstattungsbescheid der Beklagten vom 11. September 2013 und ihr Widerspruchsbescheid vom 14. November 2013 in der Fassung der Teilrücknahme in der mündlichen Verhandlung werden aufgehoben, soweit sie den Betrag von 1.322,48 € (einschließlich 7 % Umsatzsteuer) übersteigen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens zu 91 % und die Beklagte zu 9 %.

Tatbestand

1

Die Kläger fechten einen Kostenerstattungsbescheid zur Neuverlegung des Trinkwasserhausanschlusses ihres Hausgrundstücks an.

2

Die Kläger sind Miteigentümer des Hausgrundstücks gemäß Rubrumsadresse. Die Trinkwasserhausanschlussleitung verlief bisher unter einem Gartenteich auf dem Grundstück.

3

Mit – nicht in den vorgelegten Verwaltungsvorgängen befindlichem – handschriftlichem Antrag vom 28. Oktober 2009 begehrten die Kläger („Familie P... H...“) „nach mehreren Rohrbrüchen vor der Wasseruhr ... (die) Neuverlegung der Rohrleitungen“.

4

In der Zeit vom 10. und 11. November 2009 ließ die Beklagte durch die Fa. W. H. Tief- und Rohrleitungsbau den Trinkwasseranschluss für dieses Grundstück sowohl im „öffentlichen Bereich“ als auch auf „priv(atem) Grundstück“ neu verlegen. In der Rechnung dieser Firma vom 18. Dezember 2009 werden für die Arbeiten auf dem privaten Grundstück 1.132,35 € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer verlangt, auf – wohl am 18. Dezember 2009 überarbeiteten bzw. nur zum Teil anerkannten - Anlagen zur Aufmaßabrechnung zu diesen Arbeiten schließlich ein Betrag in Höhe von 1.028,35 € (ohne Umsatzsteuer).

5

Zunächst übersandte die Beklagte den Klägern eine sog. Rechnung vom 29. April 2010 in Höhe von 1.342,02 €, die auf das anwaltliche Schreiben vom 4. Mai 2010 hin mit Schreiben vom 13. August 2010 aufgehoben wurde. Stattdessen wurde darin nach Inkrafttreten der Trinkwasserbeitragssatzung ein Kostenerstattungsbescheid angekündigt. Unter dem 16. August 2010 erfolgt die „STORNO – Rechnung“.

6

Mit dem streitgegenständlichen Kostenerstattungsbescheid vom 11. September 2013 erhob die Beklagte von den Klägern zur Refinanzierung des Aufwands für die Änderung des Hausanschlusses für ihr Grundstück nach der Trinkwasserhausanschlusskostenerstattungssatzung vom 31. August 2011 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 8. Mai 2013 einen Erstattungsbetrag in Höhe von 1.452,91 € inklusive 7 % Umsatzsteuer. Darin war neben anderen Positionen etwa eine „Fahrkostenpauschale“ in Höhe von 17,90 € enthalten, aber auch noch der ursprüngliche Rechnungsbetrag der Firma H. in Höhe von 1.132,35 €.

7

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 13. September 2013 Widerspruch ein, den die Beklagte – ohne die „zeitnah“ angekündigte Begründung des Widerspruchs abzuwarten oder eine Frist zu setzen - mit Widerspruchsbescheid vom 14. November 2013 zurückwies. Der Widerspruchsbescheid wurde am 20. November 2013 zugestellt.

8

Die Kläger haben am 20. Dezember 2013 Klage erhoben.

9

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den Kostenerstattungsbescheid vom 11. September 2013 in Höhe von 111,28 € einschließlich 7 % Umsatzsteuer zurückgenommen. Die Beteiligten haben daraufhin übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit für erledigt erklärt.

10

Die Kläger tragen vor:

11

Es habe sich um einen Wasserschaden gehandelt, der von ihnen nicht zu ersetzen sei. Sie hätten einen Wassereinbruch im Bereich der Wasseruhr im Keller festgestellt. Es sei zu einem Defekt des Wasserrohrs auf ihrem Grundstück gekommen, die Hausanschlussleitung sei defekt gewesen. Zuständig sei für diese Leitung der beklagte Zweckverband. Der Schaden sei der Mitarbeiterin der Beklagten, Frau Sch., mitgeteilt worden, die den Text des Antrags vom 28. Oktober 2009 vorformuliert habe. Zuvor hätten sie, die Kläger, ausdrücklich nachgefragt, ob irgendwelche Kosten entstehen würden. Ihnen sei zugesichert worden, dass dies nicht der Fall sei.

12

Erst nach Durchführung der Arbeiten sei dem Kläger (zu 2) das als Anlage B 3 von der Beklagten vorgelegte Schreiben vorgelegt worden. Ihm sei gesagt worden, dass man einen Nachweis über die durchgeführten Arbeiten haben müsse und die Kompetenzen festgehalten werden müssten hinsichtlich der Schließung mit Pflastersteinen. Es werde lediglich bestätigt, was das Unternehmen getan habe.

13

Sie, die Kläger, hätten zu keinem Zeitpunkt einen kostenauslösenden Auftrag erteilt. Die Hausanschlüsse gehörten grundsätzlich zu den Betriebsanlagen des Wasserversorgungsunternehmens. Dieses hafte sogar für etwaige Schäden, die durch den Betrieb des Wasseranschlusses entstünden (BGH, Urt. v. 7. Februar 2007 – III ZR 307/05 -).

14

Die in der Rechnung der Firma H. angegebene Neuverlegung des Trinkwasseranschlusses sei nicht erforderlich gewesen. Man hätte den Schaden reparieren können.

15

Die Kläger beantragen sinngemäß,

16

den Bescheid der Beklagten vom 11. September 2013 und ihren Widerspruchsbescheid vom 14. November 2013 in der Gestalt der teilumfänglichen Rücknahme des Bescheids gemäß Erklärung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung aufzuheben.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen,

19

und trägt dazu vor:

20

Die mit dem Kostenerstattungsbescheid abgerechneten Leistungen seien erforderlich, ortsüblich und angemessen.

21

Die vorgelegte Anlage B3 sei – anders als zunächst vorgetragen - tatsächlich erst nach Durchführung der streitgegenständlichen Arbeiten erstellt und von den Klägern unterzeichnet worden. Dieses Schreiben sei von der Firma H. zur Dokumentation der ausgeführten Arbeiten erstellt worden.

22

Frau Sch. als Mitarbeiterin bei ihr, der Beklagten, habe die Kläger im Vorfeld der Antragstellung beraten und die Beantragung einer Neuverlegung empfohlen. Die Arbeiten seien in diesem Fall kostengünstiger, weil vom Grundstückseigentümer dann lediglich die auf seinem Grundstück und nicht auch noch die im öffentlichen Bereich anfallenden Kosten zu tragen seien. Frau Sch. habe die Kläger auch darüber informiert, dass bei einer Beantragung einer Neuverlegung die auf ihrem Grundstück anfallenden Kosten zu erstatten seien.

23

Ein Verweis auf Rechtsprechung bei privatrechtlich organisierter Wasserversorgung sei hier nicht weiterführend. Der Zweckverband betreibe die öffentliche Wasserversorgung in öffentlich-rechtlicher Form. Die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten unterlägen daher öffentlich-rechtlicher Prägung. Maßgeblich sei insofern die Satzung über die öffentliche Wasserversorgung vom 25. April 2012 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 8. Mai 2013. Die tatsächliche und ordnungsgemäße Durchführung von Unterhaltungs-, Erneuerungs- oder Änderungsarbeiten an den Hausanschlussleitungen („auf“ den angeschlossenen Grundstücken) obliege nach § 12 Abs. 3 dieser Satzung zwar dem Zweckverband. Allerdings seien die durch solche Arbeiten anfallenden Kosten nach § 1 Abs. 1 der Trinkwasserhausanschlusskostenerstattungssatzung vom Anschlussinhaber, hier also den Klägern, zu tragen. Diese Gestaltung der Kostentragungspflicht sei folgerichtig, da die Hausanschlussleitungen nicht zur öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung des Zweckverbands gehörten.

24

Etwaige Schäden bzw. Rohrbrüche im Bereich des Trinkwasserhausanschlusses hätten auch nicht repariert bzw. mit weniger umfangreichen Arbeiten unter Einhaltung der anerkannten Regeln und des Stands der Technik behoben werden können. Die gesamte Anschlussleitung sei aus Stahl und damit nicht mehr normgerecht gewesen. Der vorherige Trinkwasserhausanschluss sei zudem mit einem ca. 4 x 5 m großen Teich überbaut gewesen, was nicht zulässig sei.

25

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 6. März 2014 zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Entscheidungsgründe

26

Soweit das Verfahren nach übereinstimmenden Erklärungen, dass der Rechtsstreit im Umfang der teilweisen Rücknahme des Bescheids in der Hauptsache erledigt sei, eingestellt worden ist, beruht dies auf einer analogen Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO.

27

Im Übrigen ist die Klage nur zu einem geringen Teil begründet.

28

Der Bescheid der Beklagten vom 11. September 2013 und ihr Widerspruchsbescheid vom 14. November 2013 in der Gestalt der teilweisen Rücknahme des Bescheids gemäß ihrer Erklärung in der mündlichen Verhandlung ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, soweit er einen Betrag von 1.322,48 € (einschließlich 7 % Umsatzsteuer) übersteigt; im Übrigen ist er rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

29

A) Der Kostenerstattungsbescheid hat seine Rechtsgrundlage nunmehr in § 1 Abs. 1 der Satzung über die Erstattung der Kosten für die Trinkwasserhausanschlussleitungen des Zweckverbands Wismar – Trinkwasserhausanschlusskostenerstattungssatzung (TWKS) – vom 23. April 2014. Diese Satzung ist nach ihrem § 7 Absatz 1 rückwirkend zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten und hat gleichzeitig die Satzung über die Erstattung der Kosten für die Trinkwasserhausanschlussleitungen des Zweckverbands Wismar vom 31. August 2011 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 8. Mai 2013 außer Kraft gesetzt.

30

I. Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit dieser Satzung (oder der Vorgängersatzung) sind von den Klägern nicht vorgebracht worden.

31

II. Auch das Gericht hält die Kostenerstattungssatzung jedenfalls im Hinblick auf die vorliegende Fallgestaltung für wirksam.

32

Rechtsgrundlage für die in der Satzung geregelte Erstattung von Kosten für Maßnahmen an den Trinkwasserhausanschlussleitungen ist nach Auffassung des Gerichts § 10 Abs. 2 bis 4 i. V. m. §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 KAG M-V und die §§ 154 und 5 Abs. 1, 3 bis 6 KV M-V.

33

1. Die nachfolgend dargestellten Fehler in der sog. Einleitungsformel bzw. Präambel der Satzung haben keine Auswirkungen auf ihre Wirksamkeit.

34

a) Soweit in der sog. Einleitungsformel bzw. Präambel als Rechtsgrundlage der Satzung das Wassergesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (LWaG) genannt wird, vermag das Gericht zwar nicht nachzuvollziehen, aufgrund welcher dortigen Vorschriften genau eine Kostenerstattung im Trinkwasserhausanschlussbereich ermöglicht werden soll. Für die sich stellenden Vorfragen zum satzungsrechtlich zu regelnden Umfang der öffentlichen Einrichtung und der Frage, ob dazu auch die Grundstücks- bzw. Hausanschlüsse gehören, mag dies zwar anders sein, indessen sind dafür andere (sog. technische) Satzungen des Zweckverbands maßgeblich (dazu weiter unten). Offenbar hat der Ortsgesetzgeber auch ähnliche Schwierigkeiten wie das Gericht, wenn er hier pauschal das Wassergesetz erwähnt, ohne sich auf konkrete Vorschriften festzulegen, während er dies bei den anderen aufgeführten gesetzlichen Eingriffsermächtigungen macht.

35

b) Bei der Benennung der Vorschriften der Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern (KV M-V) zum Satzungsrecht von Zweckverbänden (§§ 15, 150, 154 und 5 KV M-V) erscheint für die vorliegende Satzung der § 15 KV M-V, der die Satzungsbefugnis zur Regelung eines Anschluss- und Benutzungszwangs für öffentliche Einrichtungen der Gemeinden (und Zweckverbände) betrifft, nicht einschlägig.

36

c) Ebenso unzutreffend ist, soweit der Satzungsgeber meint, Rechtsgrundlage für die vorliegende Satzung sei „§ 6 i. V. m. §§ 1 II und 2 I“ des Kommunalabgabengesetzes (KAG M-V). § 6 KAG M-V befasst sich mit Benutzungsgebühren, nicht mit einer Kostenerstattung für die hier geregelten Maßnahmen an einem Trinkwasserhausanschluss, die weder unmittelbar zu den Benutzungsgebühren zählt noch kraft irgendeiner gesetzlichen Fiktion diesen Charakter aufweist; § 10 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V macht den öffentlich-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch nach § 10 Abs. 2 und 3 KAG M-V lediglich zur Abgabe im Sinne des § 1 KAG M-V. Da hilft es auch nichts, dass der Inhalt dieser Präambel schon in der 1. Änderungssatzung der Vorgängersatzung vom 8. Mai 2013 so (unzutreffend) aufgeführt wird.

37

d) Ohne Erwähnung des § 10 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V, für den die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend gelten, ist auch der Hinweis auf die §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 KAG M-V nicht verständlich.

38

e) Es ist indessen unschädlich, dass die Präambel zur Ableitung des Rechts zum Erlass der vorliegenden Satzung in weiten Teilen unzutreffend bzw. unvollständig ist. Eine solche Einleitungsformel und damit auch eine solche mit (korrekter) Benennung der gesetzlichen Rechtsgrundlagen ist kein notwendiger Bestandteil für eine wirksame kommunale Abgabensatzung (OVG Greifswald, Urt. v. 17. Juli 1997 – 6 L 235/96 -, S. 13 des amtlichen Umdrucks; Aussprung, in: ders./Siemers/Holz/Seppelt, Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern, Stand: November 2015, § 2 Erl. 2.5). Die (korrekte) Erwähnung der Ermächtigung zum Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen wird von § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V nicht gefordert, der aufführt, was eine wirksame Abgabensatzung zu beinhalten hat. Anders als im Falle etwa des Erlasses von Rechtsverordnungen nach Art. 80 Abs. 1 Satz 3 des Grundgesetzes bzw. Art. 57 Abs. 1 Satz 3 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern gibt es keine Vorschrift, welche die Angabe der (korrekten) Rechtsgrundlage in der Abgabensatzung selbst verlangt (OVG Greifswald, Urt. v. 17. Juli 1997, a. a. O.).

39

2. Gewichtiger ist dagegen die Frage, ob § 10 Abs. 2 ff. KAG M-V die Rechtsgrundlage für alle erdenklichen Maßnahmen an der Trinkwasserhausanschlussleitung die satzungsrechtliche Regelungsmöglichkeit einer Kostenerstattung bietet, soweit dieser Anschluss – dazu sogleich - nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung zur Trinkwasserversorgung mit der Folge einer grundsätzlichen Forderung im Rahmen eines Anschlussbeitrags nach den §§ 9, 10 Abs. 1 Satz 1 oder 2 KAG M-V ist. Jedenfalls für den vorliegenden Aufwand zur („Wieder-“)Herstellung bzw. Neuverlegung einer defekten (Trinkwasser-)Hausanschlussleitung ist die Befugnis zur Satzungsregelung einer Kostenerstattung nach § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V nicht zu beanstanden.

40

a) Die Kostenerstattung wäre allerdings ausgeschlossen, wenn die Trinkwasserhausanschlussleitungen auf den angeschlossenen (Privat-)Grundstücken im Gebiet des Zweckverbands Wismar Bestandteil seiner öffentlichen Einrichtung zur Trinkwasserversorgung wären (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 21. April 2015 – 1 K 46/11 -, juris Rn. 65 m. w. N., ebenso Urt. vom gleichen Tag – 1 K 47/11 -, S. 25 des amtlichen Umdrucks; Urteil des Gerichts vom 24. Juni 2011 – 4 A 1537/08 -, S. 10 des amtlichen Umdrucks; Seppelt, in: Aussprung u. a., a. a. O., § 10 Erl. 5.2.1). Dies ist jedoch nicht der Fall. Die genannte öffentliche Einrichtung umfasst lediglich die Grundstücksanschlussleitungen nach § 2 Abs. 1 dritter Spiegelstrich der Satzung über die öffentliche Wasserversorgung des Zweckverbands Wismar - Wasserversorgungssatzung (WVS) – vom 25. April 2012 in der insoweit unveränderten Fassung der 1. Änderungssatzung vom 8. Mai 2013. Grundstücksanschlussleitungen sind nach § 2 Abs. 3 fünfter Spiegelstrich Satz 1 WVS die Verbindungsleitungen vom Abzweig der Versorgungsleitung bis zur Grenze des jeweils angeschlossenen Grundstücks. Hausanschlussleitung ist nach § 2 Abs. 3 sechster Spiegelstrich Satz 1 WVS demgegenüber die Verbindungsleitung von der Grundstücksgrenze bis zur Übergabestelle, die wiederum nach § 2 Abs. 3 achter Spiegelstrich WVS grundsätzlich hinter der Absperrvorrichtung hinter der Wassermesseinrichtung liegt; dahinter beginnt nach § 2 Abs. 3 neunter Spiegelstrich Satz 1 WVS dann die Kundenanlage. Dass die Hausanschlussleitungen nicht zur öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung gehören, aber dennoch Teil der Betriebsanlagen des Zweckverbands sind, regelt auch § 2 Abs. 1 Satz 3 WVS ausdrücklich. Die Eigentumsverhältnisse an den Leitungen sind dabei unerheblich (OVG Greifswald, Urt. v. 16. Juli 2008 – 3 L 336/05 –, juris Rn. 37; Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 3.4).

41

Alle Bauarbeiten an Hausanschlussleitungen werden nach § 12 Abs. 1 Satz 2 WVS vom Zweckverband veranlasst. Diese Leitungen werden vom Zweckverband betrieben und stehen vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen im Eigentum des Anschlussberechtigten, § 12 Abs. 3 Satz 1 WVS. Sie werden vom Zweckverband hergestellt, unterhalten, erneuert, geändert, abgetrennt und beseitigt und müssen zugänglich und vor Beschädigung geschützt sein, § 12 Abs. 3 Satz 2 WVS.

42

Nichts anderes gilt, soweit wegen der bereits im Jahre 2009 erfolgten Maßnahme an der Trinkwasserhausanschlussleitung der Kläger noch die Vorgängersatzung über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser des Zweckverbandes Wismar vom 24. Mai 2000 in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 20. Dezember 2005 (WVS 2000/2005) zu beachten sein sollte (§§ 2 Abs. 1 Satz 2 dritter Spiegelstrich, Abs. 3 sechster und zehnter Spiegelstrich, 12 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 WVS 2000/2005).

43

Daran ändert sich auch bei Betrachtung des Umstands nichts, dass die Hausanschlussleitung zu den Betriebsanlagen des Zweckverbands gehört, § 2 Abs. 1 Satz 3 WVS/§ 2 Abs. 3 sechster Spiegelstrich Satz 1 WVS 2000/2005 (vgl. Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 3.3). Darin liegt insbesondere kein Widerspruch zu der übrigen Regelung dieser Norm, wonach die Hausanschlussleitungen nicht zur öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung gehören. Denn der Begriff der Betriebsanlage ist nicht identisch oder deckungsgleich mit dem Begriff der öffentlichen Einrichtung. Während mit der Definition der öffentlichen Einrichtung entschieden wird, in welchem Bereich die Rechts- und Pflichtenbindung nach §§ 14 Abs. 2, 15 KV M-V gilt, wird mit der Definition der Betriebsanlage bestimmt, in welchem Bereich eine Aufgabenzuständigkeit der Gemeinde oder des Zweckverbands besteht (vgl. auch die §§ 10 Abs. 3 Satz 1, 35 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser vom 20. Juni 1980 [AVBWasserV], nunmehr i. d. Fassung der Änderungsverordnung vom 11. Dezember 2014). Dabei gehören die Teile der Trinkwasserversorgungsanlage, die Bestandteil der öffentlichen Einrichtung sind, immer auch zur Betriebsanlage des Einrichtungsträgers. Umgekehrt müssen aber nicht alle Bestandteile der Betriebsanlage zugleich Teile der öffentlichen Einrichtung sein, auch nicht im Bereich der Trinkwasserversorgung (vgl. BVerwG, Urt. v. 6. Oktober 1989 – 8 C 52/87 –, BVerwGE 82, 350 ff. = juris, Rn. 9 ff.: § 10 Abs. 3 Satz 1 AVBWasserV ordnet nicht an, dass Hausanschlüsse für Trinkwasser bei öffentlich-rechtlicher Regelung des Versorgungsverhältnisses auch stets Teil der öffentlichen Einrichtung zur Trinkwasserversorgung sein müssen). Hiervon geht auch die Regelung über den Kostenerstattungsanspruch in § 10 Abs. 2 KAG M-V aus. Die Vorschrift setzt voraus, dass der Hausanschluss nur zu den Betriebsanlagen des Aufgabenträgers gehört. Einerseits ließe die Einbeziehung des Hausanschlusses in die öffentliche Einrichtung den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 2 KAG M-V entfallen. Andererseits wäre die Normierung eines Ersatzanspruchs für Maßnahmen in einem Bereich, der nicht in die Aufgabenzuständigkeit des Aufgabenträgers fällt, wenig einleuchtend (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 19. März 2015 – 3 A 791/14 –, juris Rn. 15).

44

b) Die Frage nach den erstattungs- (oder beitrags-)fähigen Tatbeständen im Bereich der Grundstücks- und Hausanschlüsse könnte zwar offen bleiben, wenn als Rechtsgrundlage für die genannten Maßnahmen jedenfalls auch der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch oder das auch im öffentlichen Recht grundsätzlich anwendbare Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs analog) herangezogen werden könnten, die dann allerdings nicht mit Verwaltungsakt, sondern durch Erhebung einer allgemeinen Leistungsklage durchzusetzen wären. Dies ist indessen nicht möglich, da die Vorschriften des § 10 KAG M-V für Kosten aufgrund von Arbeiten an den Haus- und Grundstücksanschlüssen Spezialregelungen enthalten, die allgemeinen Regelungen vorgehen (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 16. Juli 2008, a. a. O., Rn. 33 m. w. N.; vgl. auch VG Greifswald, Urt. v. 29. Oktober 2015 – 3 A 1174/13 –, juris Rn. 20; Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 1.3; Grünewald, in: Driehaus [Hrsg.], Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2015, § 10 Rn. 6).

45

c) Für die – hier jeweils nicht einschlägige – Herstellung des erstmaligen Grundstücks- oder Hausanschlusses (also die erstmalige Verlegung der Anschlussleitungen, vgl. Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 5.2.2.1.1) und die Beseitigung von Anschlüssen darf nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 KAG M-V jeweils eine Kostenerstattung (oder im Falle einer Einbeziehung in die öffentliche Einrichtung eine „einheitliche“ oder gesonderte Beitragserhebung) auf satzungsrechtlicher Grundlage erfolgen, während der Aufwand weiterer vom Anschlussberechtigten zusätzlich geforderter Anschlussleitungen nach § 10 Abs. 3 KAG M-V nur so (ohne alternative Einbeziehung in eine Beitragserhebung) abzurechnen ist (vgl. dazu etwa Urt. des Gerichts vom 17. Februar 2015 – 4 A 1199/10 -).

46

Nach Auffassung des Gerichts liegt der Tatbestand der Herstellung i. S. des § 10 KAG M-V aber auch dann vor, wenn es sich bei dem Aufwand um eine „Wieder“-Herstellung des Trinkwasserhausanschlusses handelt, weil ein bereits vorhandener (erstmals „hergestellter“) Anschluss nicht mehr den Anforderungen der Wasserversorgungssatzung und den Technischen Regeln (DIN 1988 „Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen“ Teil 2 bzw. DIN EN 806) entspricht und deshalb in einen ordnungsgemäßen Zustand gebracht und damit restauriert wird (vgl. bei einem bislang fehlenden, aber nach der Abwassersatzung erforderlichen Kontrollschacht auch VG Greifswald, Urt. v. 19. März 2015, a. a. O., Rn. 18, weitere Beispiele aus der dortigen Rechtsprechung bei Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 5.2.2.1.2). Der Begriff der Herstellung ist nicht nur im Rahmen des § 9 KAG M-V, sondern auch hier nicht in einem tatsächlichen, sondern in einem rechtlichen Sinne zu verstehen (ebenso Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 5.2.2.1.2).

47

Ersteres ist hier mit Blick auf den über dem alten Verlauf der Trinkwasserhausanschlussleitung errichteten Gartenteich der Fall gewesen. Anschlussleitungen dürfen nach dem genannten technischen Regelwerk nicht überbaut werden und müssen – so auch gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 WVS / WVS 2000/2005 - zugänglich sein, vgl. auch § 12 Abs. 4 Sätze 1 und 2 WVS / § 12 Abs. 3 Sätze 4 und 5 WVS 2000/2005. Die wiederhergestellte „neue“ Hausanschlussleitung trägt dem Rechnung, in dem sie in anderer Lage am Teich vorbei das Haus der Kläger mit dem Wasserversorgungsnetz verbindet.

48

An der im Urteil vom 24. Juni 2011 (Az. 4 A 1537/08) vertretenen Auffassung, dass eine Kostenerstattung für eine wegen des früheren Verlaufs über das Nachbargrundstück durchgeführte (Ver-)Änderung des Laufs der Grundstücks- oder Hausanschlussleitung ausgeschlossen sei, wird nicht festgehalten.

49

Insofern ist es dann unerheblich, dass damit nach Wasserrohrbrüchen zugleich auch eine „Erneuerung“ der offensichtlich schon mehrfach schadhaft gewesenen bisherigen Trinkwasserhausanschlussleitungen vorgenommen worden ist.

50

d) Für einen wegen Verlegung der Hauptversorgungsleitung notwendigen Umbau des Hausanschlusses kann nach der obergerichtlichen Rechtsprechung seit der Novellierung des Kommunalabgabengesetzes vom 14. März 2005 dagegen kein Erstattungsanspruch nach § 10 Abs. 2 KAG M-V mehr geltend gemacht werden (OVG, Beschl. v. 8. Juli 2008 – 1 L 198/07 -, NordÖR 2009, 41 = juris, Rn. 19), sodass auch eine entsprechende satzungsrechtliche Ermächtigung teilunwirksam wäre, wenn sie nicht entsprechend einschränkend ausgelegt werden kann. Aber auch darum geht es im vorliegenden Fall nicht.

51

e) In den übrigen Fällen von kostenauslösenden Maßnahmen am Haus- oder Grundstücksanschluss an Versorgungs- bzw. Entwässerungsleitungen hilft der Gesetzeswortlaut nicht weiter.

52

Soweit der obigen Beurteilung, dass eine öffentlich-rechtliche Kostenerstattung im Falle einer wegen „nachträglichen“ Verstoßes gegen die Wasserversorgungssatzung und/oder einschlägige DIN-Vorschriften notwendigen „Wiederherstellung“ eines Hausanschlusses möglich ist, nicht gefolgt wird, ist aber nach Auffassung des Gerichts jedenfalls eine Erneuerung einer defekten, nicht mehr reparaturfähigen Hausanschlussleitung (etwa nach mehreren, dies indizierenden Rohrbrüchen) auch kostenerstattungsfähig i. S. des § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V (im Gegensatz zur vom damaligen Kommentator Aussprung noch in der 32. Ergänzungslieferung in den Erläuterungen 7.8.2 und 7.8.2.4 vertretenen Auffassung nunmehr ebenso Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 5.2.2.1.2 S. 18 und 5.2.2.3; bei einem neuen Hausanschluss nach mehrjähriger Stilllegung und Frostschaden der alten Hausanschlussleitung ebenso das allerdings nicht rechtskräftige Urteil des Gerichts vom 26. Juni 2015 – 4 A 240/10 -; vgl. auch z. B. VG Greifswald, Beschl. v. 31. Juli 2014 – 3 B 530/14 –, juris Rn. 18, und Urt. v. 5. Oktober 2011 – 3 A 1427/10 –, juris Rn. 16 ff.) und kann somit Gegenstand einer entsprechenden Erstattungssatzung sein. An der beiläufigen anderen Auffassung im Urteil vom 24. Juni 2011 (Az. 4 A 1537/08, S. 8 des amtlichen Umdrucks) hält das Gericht nicht fest.

53

f) Im vorliegenden Bereich eines Haus(- oder Grundstücks)anschlusses an die Trinkwasserversorgung ist zwar grundsätzlich auch die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser zu beachten, indessen steht sie abgabenrechtlichen Satzungsvorschriften zur Kostenerstattung in diesem Bereich (über den in § 10 Abs. 4 AVBWasserV geregelten Umfang hinaus) nicht entgegen (§ 35 Abs. 1 AVBWasserV, BVerwG, Urt. v. 6. Oktober 1989, a. a. O., juris Rn. 14 ff.; BGH, Urt. v. 1. Februar 2007 – III ZR 289/06 –, juris Rn. 18; Grünewald, a. a. O., § 10 Rn. 8), so auch einer wohl gegenüber § 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2 dieser Verordnung engeren Definition des Hausanschlusses bzw. der Hausanschlussleitungen (und einem sich daran anschließenden Grundstücksanschluss bis zur Hauptleitung, siehe Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 3.3).

54

g) Im Weiteren hilft ein Blick auf die Kommunalabgabengesetze manch anderer Bundesländer nicht weiter, die ausdrücklich regeln, dass die Gemeinden durch Satzung bestimmen können, dass ihnen die Kosten bzw. der Aufwand für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie für die Unterhaltung der Haus- oder Grundstücksanschlüsse an Versorgungsleitungen und Abwasserbeseitigungsanlagen zu ersetzen sind (vgl. etwa § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG Brandenburg, § 10 Abs. 1 Satz KAG Nordrhein-Westfalen oder § 42 Abs. 1 KAG Baden-Württemberg, vgl. Grünewald, a. a. O., § 10 Rn. 1). Da jedes Bundesland sein eigenes Landesrecht schaffen kann, ist aus der fehlenden Erwähnung dieser Maßnahmen in § 10 KAG M-V nicht der zwingende Schluss zu ziehen, dass der hiesige Landesgesetzgeber die Kosten für andere als die ausdrücklich genannten Arbeiten an Haus- oder Grundstücksanschlüssen nicht als erstattungsfähig betrachtet.

55

h) Betrachtet das Gericht die historische Entwicklung dieser Norm, so fällt zwar auf, dass die ursprüngliche Fassung des § 10 Abs. 1 im Kommunalabgabengesetz vom 11. April 1991 weitgehend wortgleich bzw. identisch war mit den (immer noch) aktuellen Regelungen mindestens der Bundesländer, die vorstehend zitiert wurden. Der auffällige Bruch erfolgte dann mit Inkrafttreten der Neufassung des Kommunalabgabengesetzes vom 1. Juni 1993. Seither wird nicht mehr ausdrücklich geregelt, auf welche Maßnahmen sich der Anspruch auf Kostenerstattung (bzw. die Beitragsmöglichkeiten) bei Haus- und Grundstücksanschlüssen bezieht (vgl. Grünewald, a. a. O., § 10 Rn. 18).

56

Die in die Entstehungsgeschichte eines Parlamentsgesetzes bzw. einer solchen Rechtsnorm blickende historische Auslegung spricht aber entscheidend dafür, dass auch immer noch weitere Tatbestände wie jedenfalls der vorliegende der Erneuerung eines Trinkwasserhausanschlusses einer Satzungsregelung zur Kostenerstattung unterworfen werden können. Die Gesetzesmaterialien geben keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bewusst und gewollt die Tatbestände zur Kostenerstattung bzw. Beitragserhebung für Arbeiten am Haus- oder Grundstücksanschluss hat reduzieren wollen (a. A. die damalige 8. Kammer des Gerichts, Urteile v. 8. Juni 2007 - 8 A 381/07 - und 21. Nov. 2008 – 8 A 3375/04 –, juris Rn. 114 f., Letzteres in juris zu Unrecht als “Beschluss” bezeichnet).

57

Im Regierungsentwurf (LT-Drucks. 1/2258, S. 28) zum KAG 1993 war man sich zwar bewusst, dass § 10 Abs. 1 KAG neu formuliert wird. Als „regelungsbedürftig“ werden dort aber (nur) die Kosten für die Verlegung der Anschlussleitung vom Straßenkanal zur Grundstücksgrenze im Rahmen der Beitragsbestimmungen betrachtet. Auch die Beschlussempfehlung und der Bericht des Innenausschusses zu diesem Gesetzesentwurf (LT-Drucks. 1/3122, S. 30) zu dieser Vorschrift enthalten dazu keine Aussage. Einig sind sich beide Dokumente der Gesetzesgenese, dass durch die Neufassung des (gesamten) Gesetzes erreicht werden sollte, die besondere finanzielle Belastung der Kommunen durch Ausschöpfung bestehender Einnahmequellen zu lindern und dadurch die gemeindlichen Einnahmemöglichkeiten zu vervollständigen und zu verbessern. Bei der Verminderung von Beitrags- und Erstattungsfällen im Bereich der Haus- und Grundstücksanschlüsse käme es aber gerade nicht zu einer solchen Verbesserung der Einnahmesituation der Gemeinden oder Zweckverbände, sondern zu einer Verschlechterung, da dann die Kosten bzw. der Aufwand für einen nicht geringen Teil von notwendigen Arbeiten an den Haus- und Grundstücksanschlüssen von ihnen zu tragen wären. Es wäre zu erwarten gewesen, dass insoweit ausdrücklich auf die mit Blick auf die Neufassung des § 10 KAG andernfalls verbundene „ausnahmsweise“ höhere finanzielle Belastung der Gemeinden hingewiesen worden wäre. Auch ein Eingehen auf die Frage, aus welchen Erwägungen der Landesgesetzgeber hier schon ca. zwei Jahre nach erstmaliger Einführung einer gesetzlichen Regelung mit ihrer Änderung gerade die Grundstückseigentümer in weiten Bereich des Aufwands für Arbeiten an Grundstücks- und Hausanschlüssen von solchen finanziellen Lasten befreien will, wäre mindestens wünschenswert gewesen.

58

Nach Auffassung des Gerichts hat daran auch insbesondere das 1. Änderungsgesetz vom 14. März 2005 nichts geändert. Im Entwurf der Landesregierung (LT-Drucks. 4/1307) heißt es in den Vorbemerkungen zu § 10 KAG (M-V) u. a. (S. 50):

59

„... Mit der Neufassung erfolgen entsprechende Klarstellungen, ohne die Grundzüge der bisherigen Regelung aufzugeben ...“

60

Zum Absatz 1 der Regelung wird u. a. ausgeführt (S. 50):

61

„... Abs. 1 entspricht inhaltlich den Regelungen der Sätze 1 bis 3 des § 10 Abs. 1 in der bislang geltenden Fassung...“ (S. 50)

62

Zu Absatz 2 erläutert der Entwurf (S. 51):

63

„Die bisher in Abs. 1 Sätze 4 und 5 enthaltenen Regelungen über die Deckung der Haus- und Grundstücksanschlusskosten durch einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch werden - insbesondere auch um die Unterschiede beider Regelungsmöglichkeiten zu verdeutlichen - künftig aus dem Abs. 1 herausgelöst. Der neue Abs. 2 enthält dazu die grundsätzlichen Regelungen und wird durch die Absätze 3 und 4 ergänzt ...“

64

Neben hier nicht interessierenden „kleineren“ Änderungen wollte aber auch der Gesetzgeber des 1. Änderungsgesetzes zum Kommunalabgabengesetz im Jahre 2005 keine Einschränkung der Kostenerstattungstatbestände regeln. Dies wird von ihm an keiner Stelle angesprochen, sondern er ging vielmehr davon aus, insoweit lediglich redaktionelle Änderungen vorzunehmen wie die Trennung der grundsätzlichen Finanzierungsinstrumente (Beitragserhebung einerseits und Kostenerstattung andererseits).

65

i) Soweit maßgeblich (auch) auf den grundsätzlich herzustellenden Gleichklang beider Finanzierungssysteme für Arbeiten am Haus- oder Grundstücksanschluss hingewiesen wird (vgl. OVG, Beschl. v. 8. Juli 2008, a. a. O.), ist dieser jedenfalls auch bei der Fallgruppe der Erneuerung des jeweiligen Anschlusses gewahrt. Auch § 9 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V lässt die Anschlussbeitragserhebung zur Deckung des Aufwands für die Erneuerung zu, Satz 3 der Norm bestimmt, dass § 10 KAG M-V unberührt bleibt.

66

j) Die Möglichkeit, den Aufwand für die Erneuerung einer Trinkwasserhausanschlussleitung im Wege der Kostenerstattung satzungsrechtlich zu regeln, ergibt sich nach Auffassung des Gerichts auch aus einer Beurteilung der Interessenlage in diesem Bereich.

67

Der auf seinem bebauten Grundstück verlaufende Hausanschluss und dessen permanentes „Funktionieren“ im Bereich der Wasserversorgung liegen im Sonderinteresse des Eigentümers des an die entsprechende öffentliche Einrichtung angeschlossenen bebauten Grundstücks, dem diese Versorgungssituation für sein Hausgrundstück konkret nützlich ist (vgl. BGH, Urt. v. 1. Februar 2007, a. a. O., Rn. 20 m. w. N.; OVG Greifswald, Urt. v. 16. Juli 2008, a. a. O., Rn. 71 m. w. N.; Grünewald, a. a. O., § 10 Rn. 29; Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 7.2.2 spricht von einem erforderlichen Sondervorteil des Erstattungspflichtigen). Die Gemeinde bzw. der Zweckverband hat deswegen ein berechtigtes Interesse daran, mit diesen Kosten nicht über das allgemeine Beitrags- und Gebührenaufkommen die Gesamtheit aller Abnehmer, sondern allein die Eigentümer der begünstigten Grundstücke zu belasten (vgl. BGH, Urt. v. 1. Februar 2007, a. a. O., Rn. 20). Dies gilt nicht nur für wenigen ausdrücklich genannten Tatbestände in § 10 KAG M-V, sondern zumindest auch für den Fall der Erneuerung des jeweiligen Anschlusses.

68

Durch die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern zur fehlenden Erstattungsfähigkeit eines Umbaus eines Hausanschlusses, nachdem die Lage der Hauptversorgungsleitung räumlich verändert wurde, sind auch schon die Grenzen einer solchen Erstattungspflicht des Grundstückseigentümers erkennbar, sodass nicht jede „Änderung“ einer Grundstücks- oder Hausanschlussleitung einen Kostenerstattungsanspruch nach sich zieht. Wenn nämlich der Grund für die Aufwand verursachenden Arbeiten am Grundstücks- oder Hausanschluss nicht aus der Sphäre des Eigentümers stammt, sondern aus derjenigen der Gemeinde bzw. des Zweckverbands, so wäre es grob unbillig, dennoch den Grundstückseigentümer in Anspruch zu nehmen. Die entspricht auch der bisherigen Handhabung dieser Vorschrift durch das Gericht, das bei der häufig blassen und alleinigen Bezeichnung der Maßnahme als „Änderung“ des jeweiligen Anschlusses gerade in Kostenerstattungsbescheiden der Beklagten den genauen Hintergrund dafür wissen will.

69

B) Die Voraussetzungen für die Erstattung der Kosten für den (wieder-)hergestellten bzw. erneuerten Hausanschluss nach § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 3 TWKS liegen ganz überwiegend vor.

70

1. Danach ist der Aufwand für die Herstellung oder Änderung einer Hausanschlussleitung zum Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung dem Zweckverband in der tatsächlich entstandenen Höhe zu erstatten, wobei als eine Änderung der Hausanschlussleitung deren anderweitige Erneuerung sowie ihr Aus- oder Umbau, ihre Verbesserung und Erweiterung gelten. Anlass für eine einschränkende Auslegung der Satzung besteht hier nicht, da der jeweilige Grund für die erforderlich gewordene Maßnahme in der Sphäre der Kläger liegt, sei es die fehlende Zugänglichkeit bzw. der gegen technische Regeln zur Installation eines Hausanschlusses in Gestalt des Gartenteichs über dem alten Hausanschluss, seien es die für einen Verschleiß sprechenden mehreren Wasserrohrbrüche der alten Trinkwasserhausanschlussleitung.

71

2. Die im Bescheid geltend gemachte „Fahrkostenpauschale“ für die Fahrt zum Hausanschluss der Kläger am 11. November 2009 in Höhe von 17,90 € ist allerdings nicht erstattungsfähig. Wenn der Ortsgesetzgeber sich – wie hier - für eine Erstattung des Aufwands in der tatsächlich entstandenen Höhe entschieden hat, darf die Beklagte keine Pauschalierungen bestimmter Kostenpositionen vornehmen. Es sind dann die tatsächlich entstandenen Fahrtkosten zur Erstattung geltend zu machen, wobei offen bleiben kann, ob sich die Beklagte insoweit wenigstens an den (pauschalen) Wegestreckenentschädigungen im öffentlichen Dienst von z. Z. 0,30 € pro Kilometer orientieren darf und dies auch vom Satzungsgeber in die Kostenerstattungssatzung aufgenommen werden muss.

72

3. Eine Reparatur der alten Trinkwasserhausanschlussleitung war bereits wegen der unzulässig überbauten Lage der alten Leitung, jedenfalls aber vor dem Hintergrund der von Klägerseite selbst erwähnten Wasserrohrbrüche kaum möglich bzw. wirtschaftlich vertretbar. Der Vortrag der Kläger zur Möglichkeit der (ggf. weniger Aufwand verursachenden und damit „preiswerteren“) Reparatur des Anschlusses ist im Übrigen ins Blaue hinein formuliert und gibt keinen Anlass, dem im Wege einer Beweisaufnahme näher nachzugehen, zumal der Beklagten insoweit ein Entscheidungsspielraum zusteht, ob nach mehreren Rohrbrüchen dennoch weiterhin nur die Hausanschlussleitung repariert oder erneuert wird. Schließlich war insoweit auch zu berücksichtigen, dass die alte Hausanschlussleitung der Kläger nach der unbestrittenen Behauptung der Beklagten aus Stahl gewesen ist, was den modernen technischen Regeln zur Installation von in die Erde verlegten Trinkwasserleitungen widerspricht. Zum Einsatz kommen heute bei den erdverlegten Trinkwasserhausanschlüssen wohl vor allem Kunststoffrohre aus Polyethylen (vgl. etwa http://www.bwb.de/content/language1/html/1309.php).

73

C) Der Kostenerstattungsanspruch ist auch nicht festsetzungsverjährt. Der Zeitpunkt der Baumaßnahme selbst ist dabei unerheblich und setzt für sich genommen den Fristbeginn nicht in Lauf. Der Anspruch entsteht zwar nach § 10 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V mit der endgültigen Herstellung des Anschlusses. Dieser Begriff ist, wie oben ausgeführt, indessen juristisch zu verstehen und setzt das Inkrafttreten einer wirksamen Erstattungssatzung voraus (vgl. Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 7.3). Selbst wenn es schon vor dem rückwirkenden Inkrafttreten der Trinkwasserhausanschlusskostenerstattungssatzung vom 23. April 2014 eine wirksame entsprechende Satzungsregelung gab, lief die vierjährige Frist zur Festsetzung der Abgabe erst mit Ablauf des Jahres 2013 ab (§ 12 Abs. 1 KAG M-V i. V. m. §§ 169 Abs. 2 Nr. 2, 170 Abs. 1 der Abgabenordnung).

74

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO. Soweit es um die Kosten des Verfahrens für den erledigten Teil der Klage geht, so sind diese von der Beklagten zu tragen, da der Kostenerstattungsbescheid insoweit rechtswidrig gewesen ist. Der tatsächliche Aufwand war nach den von dem Mitarbeiter der Beklagten am 18. Dezember 2009 vorgenommenen Kürzungen der Aufmaßabrechnung der Tiefbaufirma geringer als – offenbar versehentlich – im entsprechenden Bescheid geltend gemacht.

75

Von Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kosten dieses Verfahrens sieht das Gericht ab (vgl. § 167 Abs. 2 VwGO), da auf Beklagtenseite ein insolvenzunfähiger Zweckverband und damit ein kraft Gesetzes stets zahlungsfähiger Schuldner steht.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 07. Jan. 2016 - 4 A 2054/13

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 07. Jan. 2016 - 4 A 2054/13

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 07. Jan. 2016 - 4 A 2054/13 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Abgabenordnung - AO 1977 | § 169 Festsetzungsfrist


(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf d

Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser - AVBWasserV | § 10 Hausanschluß


(1) Der Hausanschluß besteht aus der Verbindung des Verteilungsnetzes mit der Kundenanlage. Er beginnt an der Abzweigstelle des Verteilungsnetzes und endet mit der Hauptabsperrvorrichtung. (2) Art, Zahl und Lage der Hausanschlüsse sowie deren Änd

Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser - AVBWasserV | § 35 Öffentlich-rechtliche Versorgung mit Wasser


(1) Rechtsvorschriften, die das Versorgungsverhältnis öffentlich-rechtlich regeln, sind den Bestimmungen dieser Verordnung entsprechend zu gestalten; unberührt bleiben die Regelungen des Verwaltungsverfahrens sowie gemeinderechtliche Vorschriften zur

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 07. Jan. 2016 - 4 A 2054/13 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 07. Jan. 2016 - 4 A 2054/13 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 01. Feb. 2007 - III ZR 289/06

bei uns veröffentlicht am 01.02.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 289/06 Verkündet am: 1. Februar 2007 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GG Art. 31; HPf

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Feb. 2008 - III ZR 307/05

bei uns veröffentlicht am 07.02.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 307/05 Verkündet am: 7. Februar 2008 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja HPflG § 2; AVB

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 29. Okt. 2015 - 3 A 1174/13

bei uns veröffentlicht am 29.10.2015

Tenor 1. Der Bescheid des Beklagten vom 12. September 2013 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 5. November 2013 wird aufgehoben. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vo

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 21. Apr. 2015 - 1 K 46/11

bei uns veröffentlicht am 21.04.2015

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der.

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 19. März 2015 - 3 A 791/14

bei uns veröffentlicht am 19.03.2015

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern als Gesamtschuldnern auferlegt. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherhei

Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 21. Nov. 2008 - 8 A 3375/04

bei uns veröffentlicht am 21.11.2008

Tenor Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Die Bescheide vom 24.11.2003, Az.: BAW 018XXXX, BTW 018XXXX, EAW 19XXXX und die Widerspruchsbescheide vom 22.11.2004 werden au

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 16. Juli 2008 - 3 L 336/05

bei uns veröffentlicht am 16.07.2008

Tenor Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 07. Jan. 2016 - 4 A 2054/13.

Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 22. Juni 2018 - 4 A 786/17 SN

bei uns veröffentlicht am 22.06.2018

Tenor Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen werden der Kostenerstattungsbescheid des Beklagten vom 7. November 2016 und sein Widerspruchsbescheid vom

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 29. Juni 2017 - 6 A 11639/16

bei uns veröffentlicht am 29.06.2017

Die Berufung der Klägerin gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2016 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen mit Ausnahme der...

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 20. Mai 2016 - 3 A 128/14

bei uns veröffentlicht am 20.05.2016

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterl

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 307/05
Verkündet am:
7. Februar 2008
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
HPflG § 2; AVBWasserV § 10
Inhaber des von einer Wasserversorgungsanlage abzweigenden Hausanschlusses
ist regelmäßig das Versorgungsunternehmen. Das gilt
auch dann, wenn aufgrund des § 10 Abs. 6 AVBWasserV nach den
Versorgungsbedingungen der Anschlussnehmer Eigentümer der Hausanschlussleitung
wird, dem Wasserversorgungsunternehmen jedoch
weiterhin die Unterhaltung der Leitung obliegt (Ergänzung zum Senatsurteil
vom 1. Februar 2007 - III ZR 289/06 - NJW-RR 2007, 823).
BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - III ZR 307/05 - OLG Oldenburg
LG Oldenburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dr. Herrmann und Wöstmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 29. August 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin ist Gebäudeversicherer eines in den Jahren 1976/77 erbauten Einfamilienhauses in W. . Sie nimmt die beklagten Stadtwerke aus übergegangenem und abgetretenem Recht ihrer Versicherungsnehmer auf Schadensersatz wegen Gebäudeschäden in Anspruch, die sie auf eine Undichtigkeit im Hausanschluss der Wasserversorgung zurückführt.
2
Die Anschlussleitung wurde im Dezember 1976 von der Beklagten verlegt. Das aus Kunststoff bestehende Rohr verlief teilweise innerhalb eines von den Bauherren ausgehobenen Grabens, teils lag es ebenerdig auf. Mit den Bauherren war vereinbart, dass die Verfüllung und Aufschüttung des Geländes von diesen selbst vorgenommen werde. Die Mitarbeiter der Beklagten überdeckten aber das Rohr mit dem auf dem Grundstück vorhandenen Füllsand; danach füllten die Bauherren den Boden flächig mit Sand auf. Nach einigen Jahren traten in dem angeschlossenen Gebäude Risse auf. 1999 wurde eine schadhafte Stelle im Leitungsrohr zwischen Grundstücksgrenze und Wasseruhr festgestellt, aus der erhebliche Mengen Wasser ausströmten. Im Bereich des Lecks befand sich ein Kalksandstein, wie er beim Bau des Hauses verwendet worden war. Die Klägerin hält diesen Stein für die auslösende Schadensursache und macht für die Aufweichung des Bodens mit Beeinträchtigung der Standfestigkeit des Hauses die Beklagte verantwortlich.
3
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 264.511,70 € gerichtete Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren vom erkennenden Senat zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe


4
Die Revision hat Erfolg.

I.


5
Das Berufungsgericht führt aus:
6
1. Dass das Landgericht auf der Grundlage eingeholter Sachverständigengutachten sowie insbesondere nach Anhörung des gerichtlichen Gutachters zu dem Ergebnis gelangt sei, der durch den Stein entstandene Riss stelle sich als alleinige Schadensursache für die letztlich vollständige Zerstörung des Hauses dar, sei nicht zu beanstanden. Die Beweiswürdigung sei Sache des Tatrichters und gemäß § 513 Abs. 1, § 546 ZPO der Nachprüfung durch das Berufungsgericht grundsätzlich entzogen. Sie sei deshalb nur dahin zu überprüfen, ob sie in sich widersprüchlich sei, allgemeinen Erfahrungssätzen zuwider laufe oder Teile des Beweisergebnisses ungewürdigt lasse. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lasse die angefochtene Entscheidung keinen Rechtsfehler erkennen. Die Einzelrichterin habe sich eingehend und nachvollziehbar mit den Ausführungen der Beklagten und ihres Privatgutachters gegen die Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen auseinandergesetzt. Dass die gutachtlichen Äußerungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen offensichtliche Fehler aufgewiesen hätten oder die in Rede stehenden fachlich-technischen Fragen von der Einzelrichterin verkannt worden wären, sei nicht ersichtlich.
7
2. Der Schadensersatzanspruch rechtfertige sich nach den Grundsätzen einer Geschäftsführung ohne Auftrag. Der Beklagten sei gleichsam eine positive Vertragsverletzung des nach § 677 BGB begründeten gesetzlichen Schuldverhältnisses anzulasten. Sie habe lediglich die reine Rohrverlegung geschuldet , die sie mangels entgegenstehender Anhaltspunkte fehlerfrei erbracht habe. Gleichwohl hätten die Mitarbeiter der Beklagten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht nur eine lockere Sandaufschüttung vorgenommen, sondern im Schadensbereich außerdem eine feste, etwa 30 cm starke Sandumkleidung des Rohres geschaffen und dadurch ein fremdes Geschäft der Bauherren geführt. Es sei davon auszugehen, dass sich der Stein von Anfang an innerhalb dieses Sandmantels befunden habe und nicht von den erst später tätig gewor- denen Bauherren eingebracht worden sei. Dass der Stein im Laufe der Jahre über eine Strecke von mehr als 30 cm durch das von der Beklagten verdichtete Erdreich hindurch an das Rohr gewandert sein könne, erscheine nicht vorstellbar. Hinzu komme, dass die Zeugen A. H. und P. H. glaubhaft bekundet hätten, immer nur schichtweise verfüllt und sodann verdichtet zu haben. Sie hätten demzufolge einen größeren Kalksandstein bemerken müssen.
8
3. Jedenfalls hafte die Beklagte aus § 2 Abs. 1 HPflG. Ungeachtet der erfolgten Übereignung des auf dem privaten Grundstück verlaufenden Rohrleitungsstücks an die Grundstückseigentümer sei die Beklagte als Inhaberin dieses Leitungsteils anzusehen. Entscheidender als das Eigentum sei die tatsächliche Herrschaft, insbesondere die Verfügungsgewalt über den Betrieb der Anlage. Dem normalen Grundstückseigentümer sei es jedoch unmöglich, den Zustand der tief im Boden seines Anwesens verlaufenden Leitungen zu kontrollieren. Die Haftungsbeschränkung des § 10 Abs. 3 HPflG gelte nicht für Schäden an Grundstücken einschließlich deren wesentlicher Bestandteile. Ein Mitverschulden der Bauherren sei ebenso zu verneinen.

II.


9
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision in entscheidenden Punkten nicht stand. Die Voraussetzungen von Schadensersatzansprüchen gegen die Beklagte sind weder für den einen noch den anderen Rechtsgrund fehlerfrei festgestellt.
10
1. a) Auf der Grundlage des Parteivorbringens geht der Senat mit dem Berufungsgericht davon aus, dass die Rechtsbeziehungen zwischen den Anschlussnehmern und den seinerzeit offenbar noch nicht in der Rechtsform einer GmbH betriebenen Stadtwerken bereits damals privatrechtlich ausgestaltet waren. Dafür spricht, dass die Stadtwerke den Bauherren unter dem 10. September 1976 für das Herstellen des Wasseranschlusses eine "Rechnung" und keinen Gebührenbescheid erteilt haben. Auch die Parteien stellen diesen Ansatz nicht in Frage.
11
b) Zweifelhaft ist hingegen schon, ob die von der Beklagten vorgenommene Abdeckung des Leitungsrohres mit Füllsand, wie das Berufungsgericht meint, als Geschäftsführung ohne Auftrag zu qualifizieren ist. Die Beklagte hatte zwar die Erdarbeiten zur Verfüllung der Baugrube nicht übernommen. Bei der Ermittlung der aus dem Versorgungsverhältnis geschuldeten Leistungen sind aber auch die technischen Notwendigkeiten sowie die Verkehrsübung zu berücksichtigen. Danach spricht manches dafür, dass eine Überdeckung der Rohrleitung als Schutz gegen Beschädigungen insgesamt noch zum Pflichtenkreis der Beklagten gehörte.
12
c) Das mag jedoch auf sich beruhen. Eine Pflichtverletzung bei der Verfüllung wäre der Beklagten jedenfalls nur dann anzulasten, wenn ihre Mitarbeiter den nach den weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts schadensursächlichen Kalksandstein in die Füllschicht eingebracht oder ihn dort zumindest belassen hätten. Die Revision rügt indessen zu Recht, die Beklagte habe dazu im Gegensatz behauptet und durch Sachverständigengutachten unter Beweis gestellt, dass der Stein bei einer nachträglichen Verdichtung des Erdreichs über dem Rohr auch durch den Füllsand habe "wandern" können. Dieses Beweisan- gebot durfte das selbst nicht sachkundige Berufungsgericht nicht unter Hinweis darauf, ein solcher Verlauf sei nicht vorstellbar, übergehen.
13
d) Verfahrensfehlerhaft ist weiter die im Anschluss an die Beurteilung des Landgerichts vom Berufungsgericht getroffene Feststellung, der durch den Stein entstandene Riss des Kunststoffrohres stelle sich als alleinige Schadensursache für die Zerstörung des Hauses dar. Das Oberlandesgericht verkennt in diesem Punkt bereits den im Berufungsverfahren geltenden Prüfungsmaßstab. Aus § 513 Abs. 1, § 546 ZPO ergibt sich nicht, dass die Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hinsichtlich des erstinstanzlich festgestellten Sachverhalts nach der Reform des Rechtsmittelrechts auf Verfahrensfehler und damit auf den Umfang beschränkt wäre, in dem eine zweitinstanzliche Tatsachenfeststellung der Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt. Die vom Gericht des ersten Rechtszugs getroffenen Feststellungen sind vom Berufungsgericht vielmehr gemäß § 513 Abs. 1, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO dahin zu untersuchen, ob konkrete Anhaltspunkte Zweifel an ihrer Richtigkeit oder Vollständigkeit begründen und deshalb eine neue Feststellung gebieten. Solche Zweifel können sich selbst dann ergeben, wenn erstinstanzliche Tatsachenfeststellungen keine Verfahrensfehler aufweisen (BGHZ 162, 313, 315 ff.; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 529 Rn. 2).
14
Diese weitergehende Würdigung lässt das Berufungsurteil infolge seines verfehlten Ansatzes vermissen. Sie war hier um so eher geboten, als das Landgericht , wie der Revision gleichfalls zuzugeben ist, sich nicht in dem erforderlichen Maße mit den gegen die Richtigkeit der gerichtlichen Sachverständigengutachten erhobenen Einwendungen der Beklagten, für die sie sich auf die gutachtlichen Äußerungen ihres Privatsachverständigen bezogen hatte, auseinandergesetzt hat (§ 286 Abs. 1 ZPO; vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. Februar 2001 - VI ZR 272/99 - NJW 2001, 2796, 2797; Urteil vom 22. September 2004 - IV ZR 200/03 - NJW-RR 2004, 1679, 1680 m.w.N.). Dabei hatte die Beklagte auch mit Rücksicht auf die Erwägung des gerichtlichen Sachverständigen, aus geotechnischer Sicht sei es vollkommen auszuschließen, dass ein Stein nur aus der Last des überlagernden Bodens das Rohr zerstört habe, einen Ursachenzusammenhang zwischen dem vorgefundenen Kalksandstein und dem Haarriss in der Leitung im Ganzen bestritten. Mit diesem Vorbringen hätte sich das Berufungsgericht unter dem Blickwinkel des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ebenfalls auseinandersetzen müssen.
15
2. Auch die im Berufungsurteil mit § 2 Abs. 1 HPflG gefundene zweite Anspruchsgrundlage trägt das angefochtene Grundurteil nicht.
16
a) Allerdings ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, dass die Beklagte im Bereich des hier in Rede stehenden Abschnitts des Hausanschlusses zwischen Grundstücksgrenze und Hauptabsperrvorrichtung Inhaberin der Rohrleitungsanlage war und damit, grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Ursache des Lecks, für die infolge des ausströmenden Wassers entstandenen Schäden verantwortlich ist.
17
aa) Inhaber einer Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 HPflG ist, wer die tatsächliche Herrschaft über ihren Betrieb ausübt und die hierfür erforderlichen Weisungen erteilen kann (Senatsurteil vom 1. Februar 2007 - III ZR 289/06 - NJW-RR 2007, 823, 824 Rn. 10 = NVwZ 2007, 1222, 1223 m.w.N.). Das bestimmt sich bei Anschlussleitungen zu den Abnehmern einer Versorgungsanlage wesentlich nach den Regelungen in den Satzungen oder Versorgungsbedingungen der Unternehmen sowie den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen, hier seit 1980 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20. Juni 1980 (BGBl. I S. 750, 1067). Der Senat hat auf dieser Grundlage in dem genannten Urteil vom 1. Februar 2007 (aaO Rn. 11 ff.) - nach Erlass des Berufungsurteils - für eine öffentlich-rechtlich geregelte Wasserversorgung entschieden, Inhaber des Hausanschlusses sei das Wasserversorgungsunternehmen auch insoweit, als die Anschlussleitung innerhalb des Privatgrundstücks verlaufe. Er hat sich dafür maßgeblich auf die bundesrechtlichen Vorschriften des § 10 Abs. 3 AVBWasserV gestützt. Danach gehören Hausanschlüsse zu den Betriebsanlagen des Wasserversorgungsunternehmens und stehen vorbehaltlich abweichender Vereinbarung in dessen Eigentum (Satz 1). Sie werden ausschließlich von diesem hergestellt, unterhalten, erneuert, geändert, abgetrennt und beseitigt (Satz 2). Der Anschlussnehmer seinerseits darf keine Einwirkungen auf den Hausanschluss vornehmen oder vornehmen lassen (Satz 5). Das lässt im Ganzen nur den Schluss zu, das Versorgungsunternehmen haftungsrechtlich als Inhaber auch des Hausanschlusses anzusehen.
18
bb) Die vorliegende Fallgestaltung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Beklagte hat hier zwar in Anwendung der in § 10 Abs. 6 AVBWasserV enthaltenen Ausnahmebestimmung das Eigentum am Hausanschluss und die Kostenlast für dessen Unterhaltung abweichend von § 10 Abs. 3 AVBWasserV geregelt. Der Teil der Anschlussleitung, der nicht im öffentlichen Raum liegt, wird nach § 4 Abs. 8 Buchst. a der Ergänzenden Versorgungsbedingungen Eigentum des betroffenen Anschlussnehmers. Dieser hat auch die Kosten für die Unterhaltung, Erneuerung und Beseitigung des Leitungsabschnitts dem Versorgungsunternehmen zu erstatten (§ 4 Abs. 8 Buchst. d der Bedingungen).
19
Eine für die Inhaberschaft wesentliche Divergenz zu dem gesetzlichen Regelfall liegt darin nicht. Das Eigentum an der Anlage ist für die maßgebende tatsächliche Verfügungsgewalt über deren Betrieb nicht entscheidend (Senatsurteil vom 14. Juli 1988 - III ZR 225/87 - NJW 1989, 104). Von Bedeutung sind vielmehr die mit ihrer Unterhaltung verbundenen rechtlichen und tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten (siehe auch Filthaut, HPflG, 7. Aufl., § 2 Rn. 49); auch § 12 Abs. 5 AVBWasserV rechnet Teile des Hausanschlusses nur dann zur Kundenanlage, wenn der Kunde über das Eigentum hinaus zu deren Unterhaltung verpflichtet ist. Unterhaltungspflichten für die Hausanschlüsse hat die Beklagte indes - entgegen der Revision - durch § 4 Abs. 8 ihrer Ergänzenden Versorgungsbedingungen, die der Senat trotz ihres eingeschränkten Geltungsbereichs selbst auslegen kann (vgl. BGHZ 163, 321), ihren Anschlussnehmern nicht übertragen. Im Gegenteil setzt die Belastung des Kunden mit den Unterhaltungskosten unter Buchst. d der Klausel voraus, dass die Ausführung der Arbeiten dem Versorgungsunternehmen selbst obliegt. Dem mögen, wie die Revision geltend macht, auf einem Privatgrundstück zwar Schwierigkeiten tatsächlicher Art entgegenstehen. Das ändert aber nichts daran, dass nach den das Anschlussverhältnis beherrschenden rechtlichen Regelungen die tatsächliche Herrschaft über die Anschlussleitung auch außerhalb des öffentlichen Raums nicht dem Anschlussnehmer, sondern dem Wasserversorgungsunternehmen zukommt.
20
b) Eine Verpflichtung der Beklagten zur Schadensersatzleistung hängt indessen auch in dieser Beziehung davon ab, ob und inwieweit das aus dem Riss fließende Wasser den geltend gemachten Schaden verursacht hat. Hierzu fehlt es, wie dargelegt, an verfahrensfehlerfrei getroffenen tatrichterlichen Feststellungen , ohne die auch ein Grundurteil nicht ergehen darf.

III.


21
Infolgedessen kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben. Unter Aufhebung des Berufungsurteils ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , damit es die erforderlichen Feststellungen nachholen kann.
Schlick Wurm Kapsa
Herrmann Wöstmann
Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 02.02.2005 - 9 O 1052/02 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 29.08.2005 - 13 U 10/05 -

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn der Antragsgegner nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Grundstücks in A-Stadt. Der Antragsgegner betreibt in seinem Verbandsgebiet eine öffentliche Einrichtung zur zentralen Trinkwasserversorgung. Das Grundstück der Antragstellerin ist an diese Anlage angeschlossen. Mit Bescheid vom 15. Februar 2013 setzte der Antragsgegner gegen die Antragstellerin einen Anschlussbeitrag für die Herstellung der öffentlichen Einrichtung zur zentralen Trinkwasserversorgung in Höhe von 1.863,92 Euro fest. Über den Widerspruch der Antragstellerin gegen diesen Bescheid ist noch nicht entschieden.

2

Nachdem das erkennende Gericht mit Urteil vom 14. September 2010 (– 4 K 12/07 –, juris) die Trinkwasserbeitragssatzung des Antragsgegners vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 23. Dezember 2009 für unwirksam erklärt hatte, beschloss die Verbandsversammlung des Antragsgegners am 9. Dezember 2010 die hier streitgegenständliche Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes C-Stadt/ (nachfolgend: Trinkwasserbeitragssatzung). Gegenstand der Beschlussvorlage war neben dem Satzungstext auch eine Begründung zur Festsetzung einer Tiefenbegrenzung und zur Kalkulation des Beitragssatzes. Die Satzung wurde am 10. Dezember 2010 ausgefertigt und am 11. Dezember 2010 in der „Schweriner Volkszeitung“ öffentlich bekanntgemacht.

3

Am 7. November 2011 hat die Antragstellerin Normenkontrollantrag gegen die Trinkwasserbeitragssatzung gestellt.

4

Zur Begründung trägt die Antragstellerin im Wesentlichen vor:

5

Die Satzungsregelung zum Beginn der Verjährung in § 3 Trinkwasserbeitragssatzung sei wie auch § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 05.03.2013 – 1 BvR 2457/08 –) verfassungswidrig. Die Vorschriften seien nicht mit dem Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendem Gebot der Belastungsklarheit und Belastungsvorhersehbarkeit vereinbar. Die Bestimmung, wonach die Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung entstehe, ermögliche auf eine unbegrenzte Zeit die Festsetzung von Beiträgen. In bestimmten Fällen lasse die Trinkwasserbeitragssatzung sogar einen späteren Zeitpunkt als das Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung für das Entstehen der Beitragspflicht maßgeblich werden.

6

Soweit § 4 Abs. 2 Buchst. d Trinkwasserbeitragssatzung eine qualifizierte Tiefenbegrenzung normiere, sei die Maßstabsregel unwirksam. Die Tiefenbegrenzungslinie sei methodisch fehlerhaft ermittelt worden, nicht vorteilsgerecht und entspreche nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Zwar sei es möglich, die örtlichen Verhältnisse auf der Grundlage repräsentativer Grundstücke und Ortslagen zu ermitteln, dies setze jedoch voraus, dass die ausgewählten Grundstücke und Ortslagen tatsächlich repräsentativ seien. Daran fehle es. Der Antragsgegner habe die Anzahl der Ortslagen, die von der Tiefenbegrenzungsregelung betroffen seien, unzutreffend ermittelt. Dies zeige sich schon daran, dass die Ermittlung nicht zwischen den öffentlichen Einrichtungen zur zentralen Trinkwasserversorgung und denen zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung unterscheide, obwohl der Anschlussgrad im Schmutzwasserbereich deutlich niedriger liege. Der Antragsgegner habe es versäumt, die ortsübliche Bebauungstiefe anlagenbezogen festzustellen. Für eine vorteilsgerechte Regelung wäre er sogar verpflichtet gewesen, innerhalb derselben Einrichtung unterschiedliche Tiefenbegrenzungslinien zu bestimmen.

7

Doch selbst wenn man dazu kommen wollte, dass die ausgewählten Grundstücke die tatsächlichen Verhältnisse im Verbandsgebiet repräsentieren würden, sei die Schlussfolgerung einer ortsüblichen Bebauungstiefe von 40 Metern fehlerhaft. Im Verbandsgebiet existierten nicht nur eine Vielzahl von Ortslagen, diese differierten auch hinsichtlich der durchschnittlichen Bebauungstiefe beim Übergangsbereich zwischen Innen- und Außenbereich. Eine homogene und typische Bebauung existiere im Verbandsgebiet nicht. Die Gemeinden unterschieden sich hinsichtlich Größe und Bebauungsstruktur nachhaltig voneinander. Selbst in den einzelnen Gemeinden bestehe keine typische Bebauungstiefe. Bei einer inhomogenen Bebauung im Verbandsgebiet sei die Festsetzung einer einheitlichen Tiefenbegrenzungsregelung ausgeschlossen.

8

Der Antragsgegner habe bis zur Beschlussfassung über die Kalkulation des Beitragssatzes bereits die beitragspflichtige Fläche für sämtliche Grundstücke ermittelt. Damit sei er nicht mehr berechtigt gewesen, sich bei der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe auf einzelne, nach seiner Auffassung repräsentative Ortslagen zu beschränken. Für eine Tiefenbegrenzung habe deshalb keine sachliche Rechtfertigung unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung mehr bestanden. Auch der Gedanke der Verwaltungspraktikabilität könne eine Abweichung von der einzelfallbezogenen Vorteilsgerechtigkeit nicht legitimieren. Die konkrete Feststellung, wie weit im Einzelfall die Erschließungswirkung einer öffentlichen Einrichtung auf Grundstücke im Übergang zum Außenbereich reiche, könne zwar schwierig sein. Da der Antragsgegner bei der Ermittlung sowohl der repräsentativen Bautiefe als auch sämtlicher beitragspflichtigen Flächen im Verbandsgebiet ausschließlich auf die hintere Kante des letzten Gebäudes abgestellt habe, sei die Rechtsanwendung jedoch einfach. Diese Methodik sei zudem baurechtlich unzutreffend. Zwar ende der Bebauungszusammenhang in der Regel am letzten vorhandenen Gebäude, zu diesem Zusammenhang zählten jedoch nur Bauten, die optisch wahrnehmbar seien und ein gewisses Gewicht hätten. Untergeordnete Baulichkeiten seien, anders als der Antragsgegner meine, nicht zu berücksichtigen.

9

Die Regelung in § 4 Abs. 2 Buchst. d Satz 2 Trinkwasserbeitragssatzung, nach der die Tiefenbegrenzungslinie bei Grundstücken, die mit der Straße nur durch eine Zuwegung verbunden seien, vom Ende der Zuwegung an gemessen werde, lasse gleichheitswidrig unberücksichtigt, dass auch der als Zuwegung genutzte Teil eines Buchgrundstücks bei der Kalkulation und bei der Beitragserhebung berücksichtigt werden müsse.

10

Als unwirksam erweise sich auch die Maßstabsregelung in § 4 Abs. 2 Buchst. f der Trinkwasserbeitragssatzung. Diese Vorschrift erfasse die atypischen Fälle einer übergreifenden Grundstücksnutzung. Nach dem Willen des Satzungsgebers solle bei der Festsetzung des Beitrags jede Grundstückfläche im Außenbereich bis zur hinteren Grenze der letzten baulichen Nutzung berücksichtigt werden. Das stehe im Widerspruch zu dem Vorteil, den die öffentliche Einrichtung des Antragsgegners für das Grundstück vermittele. Im Außenbereich vermittelten die öffentlichen Einrichtungen zur Trinkwasserversorgung und Schmutzwasserentsorgung trotz einer baulichen oder gewerblichen Nutzung keinen Vorteil, solange das Gebäude nicht tatsächlich angeschlossen sei.

11

Die Kalkulation des Beitragssatzes sei fehlerhaft. Dies führe zu einer unwirksamen Regelung über den Beitragssatz und damit zur Gesamtunwirksamkeit der Satzung. Die Methode der Beitragskalkulation habe eine teilweise Doppelfinanzierung des Herstellungsaufwands der öffentlichen Einrichtung zum Ergebnis und verstoße gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot. Soweit der Aufwand für die Herstellung der öffentlichen Einrichtung bereits durch andere Einnahmen gedeckt sei, scheide die Erhebung eines Beitrags aus. Insoweit sei eine abgabenübergreifende Gesamtschau des Aufkommens aus Beiträgen und Gebühren geboten.

12

Der Antragsgegner habe die über die Benutzungsgebühren vereinnahmten Abschreibungen auf das kostenlos übernommene Vermögen nicht aufwandsmindernd berücksichtigt. Der Substanzwert dieser Einrichtungsbestandteile sei gemäß § 6 Abs. 2a Satz 1 KAG M-V nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen auf Basis des wertmäßigen Kostenbegriffs abzuschreiben gewesen. Für die Bemessung der Abschreibungsbasis sei dabei nach § 7 Abs. 1 Satz 2 DMBilG der Sachzeitwert in der Eröffnungsbilanz maßgeblich gewesen. Die Abschreibung auch des unentgeltlich übernommenen Vermögens führe zu Einnahmen, die etwa 30 Prozent des im Rahmen der Kalkulation nach Abzug der Fördermittel verbliebenen beitragsfähigen Aufwandes entsprechen würden. Diese Einnahmen lägen deutlich über der Differenz zwischen dem höchstmöglichen und dem beschlossenen Beitragssatz. Bei Fertigstellung der Anlage werde die Dauer der Abschreibung für die unentgeltlich übernommenen Anlagenbestandteile bereits über 25 Jahre betragen. Bei durchschnittlichen Abschreibungssätzen entspreche dies nahezu dem vollen Herstellungsaufwand. Der Antragsgegner habe verkannt, dass der Herstellungsaufwand für den technischen Ersatz der unentgeltlich übernommenen Anlagengüter in der Herstellungsphase bereits zum Teil durch die dafür vereinnahmten Abschreibungen gedeckt gewesen sei. Insoweit liege Zweckgleichheit vor. Der Antragsgegner hätte bei der Festsetzung des Beitragssatzes einen Abzug für denjenigen Anschaffungs- und Herstellungsaufwand vornehmen müssen, der im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Anschlussbeitragssatzung durch in den Gebühren enthaltene Abschreibungen gedeckt war. Die erstmalige Herstellung des Anlagengutes im rechtlichen Sinne führe dazu, dass das im technischen Sinne erneuerte Anlagegut nach wirtschaftlichen Grundsätzen untergehe. Gebührenrechtlich sei der Wertverzehr jedoch immer auf das jeweilige Anlagegut bezogen über die Abschreibung festzusetzen.

13

Der Berücksichtigung der über Abschreibungen erzielten Einnahmen bei der Kalkulation des Anschlussbeitrages stehe der Gesetzeswortlaut nicht entgegen. Gebührenzahlungen seien, soweit sie Abschreibungen enthielten, Leistungen Dritter im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V. Der Kreis der Gebührenschuldner nach § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V sei mit dem Kreis der Beitragspflichtigen nach § 7 KAG M-V nicht identisch, die Beitragsschuldner könnten deshalb als „Dritte“ im gesetzlichen Sinne angesehen werden. Diesem Verständnis stehe nicht entgegen, dass § 9 KAG M-V den Abzug von Abschreibungen nicht ausdrücklich vorschreibe. Der Gesetzgeber habe durch die Einführung von § 6 Abs. 2a Satz 1 KAG M-V zum Ausdruck gebracht, dass im Ergebnis eine Doppelbelastung auszuschließen sei. Was für die Gebührenkalkulation im Zusammenwirken mit den Beiträgen bereits ausdrücklich geregelt worden sei, gelte im Umkehrschluss auch für die Anrechnung der Abschreibungen im Rahmen der Beitragskalkulation.

14

Soweit die Auffassung vertreten werde, dass diese Abschreibungen ausschließlich bei den Erneuerungsbeiträgen zu berücksichtigen seien, sei dies unzutreffend. Anlagenbestandteile, die nach dem Konzept des Zweckverbandes rechtlich durch ihn erstmalig hergestellt wurden, würden nach Fertigstellung der Anlage erneut mit den vollen Anschaffungs- und Herstellungskosten in die Anlagenbuchhaltung übernommen. Der volle Herstellungsaufwand unterliege dann erneut der Abschreibung. Ausschließlich diese nach der rechtlichen Herstellung vereinnahmten Abschreibungen seien jedoch bei einem möglichen Erneuerungsbeitrag zu berücksichtigten.

15

Soweit der Antragsgegner hierzu auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verweise, sei der der Entscheidung (BVerwG, Beschl. v. 05.11.2012 – 9 B 2/12 –) zugrunde liegende Sachverhalt auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die in den Gebühren enthaltenen Abschreibungen hätten durchaus eine Finanzierungsfunktion für die Herstellung der Anlage. Abschreibungen dienten der Umwandlung des im Sachkapital gebundenen Geldes in Geldkapital, um den Wertverzehr der Anlagengüter durch Ersatzbeschaffung aufzufangen. Die Investitionen von 2006 bis zur Fertigstellung der Anlage seien ganz überwiegend eine Ersatzbeschaffung im technischen und betriebswirtschaftlichen Sinne. Die Berücksichtigung der Abschreibungen beim Herstellungsbeitrag entspreche auch der Absicht des Landesgesetzgebers, wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs (Landtagsdrucksache 4/1307, Seite 33) ergebe. Dort habe der Gesetzgeber die Funktion der Abschreibung mit der „Substanzerhaltung des Anlagevermögens und der Bereitstellung von Mitteln für die spätere Erneuerung“ beschrieben. Das Bundesverwaltungsgericht hätte dagegen über einen Fall entschieden, in dem die neben den Beiträgen erhobenen Benutzungsgebühren nicht zur Refinanzierung der Herstellungskosten, sondern ausschließlich zur Abdeckung der übrigen Kosten der Einrichtung dienten. Das sei hier nicht der Fall. Zudem habe der Antragsgegner erst ab dem Jahre 2005 erstmalig die flächendeckende Erhebung von Beiträgen auf der Grundlage einer Globalkalkulation veranlasst. Zuvor sei im Wege einer Rechnungsperiodenkalkulation lediglich das Leitungssystem über Beiträge abgerechnet worden. Dies sei 14 Jahre nach der Gründung des Zweckverbandes mit einer Umstellung des Finanzierungssystems im Sinne eines vom Bundesverwaltungsgericht als Ausnahmefall benannten Systemwechsels gleichzusetzen. Bis dahin sei die Anlage nahezu ausschließlich über Gebühren finanziert worden.

16

Soweit der Antragsgegner auf die Anrechnungsvorschrift des § 6 Abs. 2a Satz 1 KAG M-V Bezug nehme, gelte dieser Mechanismus nur für die jeweilige Kalkulationsperiode. Entscheide sich der Versorgungsträger, den Herstellungsaufwand für ein Anlagegut über Beiträge zu finanzieren, sei für die Abschreibungen der Anlagewert in der Kalkulation der Benutzungsgebühren um den Beitrag zu kürzen. Dies betreffe jedoch nur den Zeitraum von der (rechtlichen) Herstellung des Anlagegutes bis zu seiner Erneuerung. Das Anlagegut, das bereits vor der Herstellung im Rechtssinne bestanden habe, werde von der Norm dagegen nicht erfasst. Entscheide sich der Versorgungsträger, ein tatsächlich vorhandenes Anlagegut bereits vor der (rechtlichen) Herstellung abzuschreiben, sei dies zwar zulässig, die Abschreibungen darauf seien dann jedoch in der Beitragskalkulation zu berücksichtigen.

17

Die Maßstabsregel in § 5 Abs. 4 Buchst. b Trinkwasserbeitragssatzung sei unwirksam. Im Verbandsgebiet bestünden mehrere Bebauungspläne, in denen die Zahl der Vollgeschosse nicht bestimmt sei, sondern stattdessen nur die zulässige Höhe der baulichen Anlagen festgesetzt werde. Die Maßstabsregelung sei unvollständig, weil sie für diesen Fall nicht bestimme, welche der Methoden zur Berechnung der Anzahl der Vollgeschosse zur Anwendung komme. Zudem kläre das Satzungsrecht des Antragsgegners nicht, welche von mehreren Höhenfestsetzungen im Bebauungsplan maßgeblich sei, etwa wenn dort eine höchstzulässige Firsthöhe und eine höchstzulässige Traufhöhe bestimmt sei oder ausnahmsweise Abweichungen von Höhenmaßen zugelassen würden. Unabhängig davon sei der Divisor von 3,5 nicht vorteilsgerecht. Der Antragsgegner habe sich mit dieser Umrechnungsformel nicht an der durchschnittlichen Höhe der Vollgeschosse bei Wohngebäuden im Verbandsgebiet orientiert und keine Differenzierung nach der Art der baulichen Nutzung vorgenommen. Außerdem sei nicht ersichtlich, warum der Satzungsgeber von allgemeinen mathematischen Grundsätzen abgewichen sei und eine Aufrundung auf ein weiteres Vollgeschoss bereits bei einer Bruchzahl von mehr als 0,4 anordne.

18

Die Nichtigkeit von Maßstabsregeln führe wegen des Gebots der konkreten Vollständigkeit zur Gesamtnichtigkeit der Satzung. Auf eine Maßstabsregelung könne nur dann verzichtet werden, wenn betreffende Anwendungsfälle derzeit nicht vorhanden seien und dem Zweckverband gesicherte Erkenntnisse darüber vorlägen, dass während der Geltung der Beitragssatzung im Herstellungszeitraum der öffentlichen Einrichtung eine solche Grundstückssituation auch nicht entstehen werde. Dazu sei nichts vorgetragen.

19

Obwohl nach dem Satzungsrecht des Antragsgegners die Grundstücksanschlüsse Bestandteil der öffentlichen Einrichtung seien, erfolge die Refinanzierung des Aufwandes für die Herstellung sowohl über Beiträge als auch über Kostenerstattungsansprüche. Dies sei unzulässig. Die Geltendmachung von öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüchen nach § 10 KAG M-V sei nur zulässig, wenn die Grundstücksanschlüsse nicht zugleich Bestandteil der öffentlichen Einrichtung seien. Das Satzungsrecht des Antragsgegners regele demgegenüber jedoch, dass auch die weiteren Grundstücksanschlüsse Bestandteil der öffentlichen Einrichtung würden.

20

Die Antragstellerin beantragt,

21

die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes C-Stadt/ vom 9. Dezember 2010 für unwirksam zu erklären.

22

Der Antragsgegner beantragt,

23

den Antrag zurückzuweisen.

24

Die Verbandsversammlung habe unter Beachtung der zur Vorgängersatzung ergangenen Rechtsprechung die streitbefangene Satzung einschließlich einer Tiefenbegrenzungsregelung auf der Grundlage einer aktualisierten Ermittlung der örtlichen Verhältnisse und ohne die vom Oberverwaltungsgericht beanstandete Kombination mit dem Grundsatz der Typengerechtigkeit neu beschlossen. Die Ermittlungsmethode des Zweckverbandes sei vom Oberverwaltungsgericht grundsätzlich anerkannt worden. Die Antragstellerin verkenne, dass der Antragsgegner nur diejenigen Ortslagen für die Ermittlung der örtlichen Verhältnisse in Betracht gezogen habe, die Übergangsgrundstücke vom Innen- zum Außenbereich aufwiesen. Nur in diesen Ortslagen komme die beanstandete Regelung zur Anwendung. Aus den Ermittlungen zur ortsüblichen Bebauungstiefe lasse sich kein Rückschluss auf die Homogenität des Verbandsgebietes ziehen. Vielmehr würden die Ergebnisse der Ermittlungen nach diesen Kriterien zeigen, dass vergleichbare örtliche Verhältnisse vorliegen. Die Flächenermittlung stehe im Einklang mit den Regelungen der Beitragssatzung.

25

Die Maßstabsregelung über die qualifizierte Tiefenbegrenzung sei vorteilsgerecht. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin komme es bei der Beurteilung der ortsüblichen Bebauungstiefe nicht auf die Bebauungstiefen innerhalb einzelner Gemeinden oder Ortsteile, sondern auf die Vergleichbarkeit der örtlichen Verhältnisse im gesamten Verbandsgebiet an. Die Tiefenbegrenzung nach Ortslagen zu differenzieren liefe dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung zuwider. Der Antragsgegner betreibe im Verbandsgebiet jeweils nur eine Anlage zur zentralen Trinkwasserversorgung bzw. Abwasserentsorgung. Entscheidend sei, ob sich eine hinreichend große Vergleichsgruppe im Sinne der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern feststellen lasse. In dem vorliegenden Fall sei für die Gruppe der bis zu 40 Meter tief bebauten Grundstücke ein Anteil von ca. 70 Prozent aller in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke ermittelt worden, wobei die durchschnittliche Bebauungstiefe aller untersuchten Grundstücke zudem 38,19 Meter betrage. Hinsichtlich des Einflusses und der Maßgeblichkeit der Bebauungsstruktur einzelner Gemeinden oder Ortsteile unterliege die Antragstellerin einem grundsätzlichen Irrtum. Die Bebauungsstruktur einer Ortslage betreffe sämtliche Bauten, insbesondere auch auf reinen Innenbereichsgrundstücken und nicht nur auf sogenannten Übergangsgrundstücken. Die Bebauungsstruktur beschreibe ohne Ansehung von Grundstücksgrenzen lediglich die räumliche Anordnung von Baulichkeiten. Die bauplanungsrechtliche Zugehörigkeit der einzelnen Grundstücke zum Innen-, Übergangs- oder Außenbereich spiele für die Bebauungsstruktur keine Rolle. Aus dieser lasse sich folglich keine Aussage zu den Bebauungstiefen der sogenannten Übergangsgrundstücke treffen. Allein das Vorhandensein von unterschiedlichen Bebauungsstrukturen oder von Städten neben kleineren Gemeinden in einem Verbandsgebiet führe nicht automatisch zum Ausschluss einer einheitlichen Tiefenbegrenzungsregelung. Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, sondern vom Gesetzgeber gewollt, dass prinzipiell mit der Schaffung einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung im Rechtssinne eine Nivellierung der Beiträge und Gebühren eintrete. Dies liege im Wesen einer Pauschalierung. Beim Verbandsgebiet des Antragsgegners handele es sich insgesamt um ein ländlich geprägtes Gebiet. Die Kerngebiete größerer Städte wie C-Stadt oder D-Stadt gehörten gerade nicht zum Verbandsgebiet. Die beiden größten Gemeinden im Verbandsgebiet seien die beiden Kleinstädte E- Stadt und A-Stadt. Diese seien in ihrer Randlagenbebauung mit Dörfern vergleichbar.

26

Der Antragsgegner habe für die Beschlussfassung über den Beitragssatz die bevorteilten Grundstücksflächen für sämtliche Grundstücke im Verbandsgebiet ermitteln müssen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Antragstellerin hieraus den Schluss ziehe, der Antragsgegner sei nicht mehr berechtigt, sich bei der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe auf repräsentative Ortslagen zu beschränken. Die festgestellte ortsübliche Bebauungstiefe bilde erst die Grundlage für die Festsetzung der Tiefenbegrenzung und damit die Ermittlung der bevorteilten Grundstücksflächen. Der Antragsgegner habe dabei keine rechtlich schwierigen Einzelfallentscheidungen für jedes einzelne Übergangsgrundstück mehr treffen müssen.

27

Die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich sei anhand des Bebauungszusammenhangs erfolgt. Der Bebauungszusammenhang ende grundsätzlich unmittelbar hinter dem letzten Gebäude. Demzufolge sei es nicht zu beanstanden, bei der Ermittlung der örtlichen Verhältnisse auf die Bebauungstiefe abzustellen. Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern habe ausgesprochen, dass die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich nach Maßgabe der hinteren Begrenzung des letzten relevanten Gebäudes oder unter Einbeziehung der bauakzessorischen Nutzung bzw. der topographischen Verhältnisse erfolgen könne. Dies unterliege der ortsgesetzgeberischen Ermessensentscheidung, beide Vorgehensweisen seien zulässig. Der Antragsgegner habe sich dafür entschieden, die hintere Begrenzung des letzten relevanten Gebäudes anzusetzen, weil sich diese hinreichend verlässlich feststellen lasse. Die Antragstellerin verkenne, dass auch Baulichkeiten wie Scheunen und Ställe maßstabsbildend sein könnten. Auch diese Gebäude seien für die Frage, wie weit der Bebauungszusammenhang reiche, gegebenenfalls von Bedeutung. Der Antragsgegner habe bei der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe nur diejenigen Gebäude berücksichtigt, die am Bebauungszusammenhang teilnähmen und nicht solche, die eindeutig dem Außenbereich zuzuordnen seien.

28

Die Regelung in der Satzung, wonach sich bei sogenannter übergreifender Bebauung die Tiefenbegrenzungslinie bis zur hinteren Grenze der baulichen Nutzung verschiebe, sei nicht zu beanstanden. Dabei gehe es nur um eine „übergreifende“ Grundstücksnutzung und gerade nicht um Grundstücksflächen oder Gebäude, die im Außenbereich belegen seien. Die Vermutungsregelung der Tiefenbegrenzung werde in diesen atypischen Fällen durchbrochen. Für die beitragsrechtliche Vorteilslage komme es nicht darauf an, ob die übergreifenden Baulichkeiten tatsächlich angeschlossen oder anzuschließen seien.

29

Die Behauptung der Antragstellerin, die Nichtberücksichtigung von Abschreibungen auf kostenlos übernommenes Altanlagevermögen in der Beitragskalkulation führe zu einer Kostenüberdeckung und Doppelfinanzierung der öffentlichen Einrichtung, sei unzutreffend. Die Antragstellerin verkenne, dass Anschlussbeiträge der einmaligen Deckung des Aufwandes für die erstmalige Herstellung der öffentlichen Einrichtung dienten. Abschreibungen hätten dagegen eine andere Funktion und dienten der Umwandlung des im Sachkapital gebundenen Geldes in Geldkapital, um den Wertverzehr der Anlagegüter durch Ersatzbeschaffung aufzufangen. Abschreibungen bewirkten anders als Beiträge mithin keinen zusätzlichen Kapitalzufluss. Bereits die unterschiedliche Finanzierungsfunktion zeige, dass Abschreibungen nicht in der Beitrags- sondern in der Gebührenkalkulation zu berücksichtigen seien. Zudem komme es auch deshalb zu keiner Doppelfinanzierung, weil gemäß § 6 Abs. 2a Satz 1 KAG M-V für die Abschreibungen die Anlagewerte in der Kalkulation der Benutzungsgebühren um Beiträge und ähnliche Entgelte zu kürzen bzw. diese gemäß Satz 3 ertragswirksam aufzulösen seien. Nach der Gesetzeslage in Mecklenburg-Vorpommern sei es mithin gerade umgekehrt: Abschreibungen seien nicht in der Beitragskalkulation zu berücksichtigen, sondern das Beitragsaufkommen finde für die Abschreibungen in der Gebührenkalkulation Berücksichtigung. Wenn die Antragstellerin meine, Gebührenzahlungen seien, soweit sie Abschreibungen enthielten, Leistungen Dritter im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V, verkenne sie wiederum den Regelungszusammenhang. Leistungen und Zuschüsse Dritter im Sinne dieser Vorschrift seien Sach- oder Geldmittel, die der Anschaffung und Herstellung der öffentlichen Einrichtung dienten, nicht jedoch dem Ausgleich des Wertverzehrs. Soweit die Antragstellerin auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Urt. v. 14.11.2013 – 9 B 35/12 –) hinweise, sei dazu anzumerken, dass sich das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 5. November 2012 mit Blick auf die Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern mit dem Argument der Doppelbelastung bereits auseinandergesetzt habe. Die Frage der Doppelbelastung könne sich danach allenfalls im Rahmen der Erhebung von Erneuerungsbeiträgen stellen. Würden die Abschreibungen bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes berücksichtigt, käme dies nicht den Gebührenschuldnern, die die Abschreibungen finanziert hätten, sondern den Beitragsschuldnern zugute.

30

Dem Anschlussbeitrag liege eine Globalkalkulation zugrunde. Darin sei für die Vergangenheit der gesamte tatsächlich entstandene und für die Zukunft der gesamte prognostizierte Investitionsaufwand für die Anschaffung und Herstellung der öffentlichen Einrichtung eingestellt worden. Maßgeblich hierfür sei ausschließlich die Einrichtungsdefinition zum Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflichten mit Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung. Es könne deshalb dahinstehen, wie die öffentliche Einrichtung zuvor definiert gewesen sei. Die Vorfinanzierung bereits hergestellter Anlagenteile spiele für die Beitragskalkulation keine Rolle. Dass auch vorfinanzierte Investitionen einzustellen seien, ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V, wonach es auch auf die tatsächlich entstandenen Kosten ankomme. Soweit in der Vergangenheit bereits Beiträge gezahlt worden seien, sei dies bei der Veranlagung zu Anschlussbeiträgen aufgrund der aktuellen Satzung zu berücksichtigen, nicht jedoch bei der Kalkulation des Beitragssatzes. Irreführend sei der Hinweis der Antragstellerin auf die Rechtsprechung zur „Systemumstellung“. Einen Systemwechsel habe der Antragsgegner nicht vorgenommen. Zu keinem Zeitpunkt habe es im Verbandsgebiet ein reines Gebührenmodell gegeben.

31

Die Auffassung der Antragstellerin, der Herstellungsaufwand der Anlage dürfe grundsätzlich nicht über Gebühren finanziert werden, sei unzutreffend. Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern halte sogar eine vollständige Finanzierung des Anschaffungs- und Herstellungsaufwandes über die Gebühren für zulässig (Urt. v. 03.05.2011 – 1 L 59/10 –). Es sei anerkannt, dass die Beitragsfinanzierung dieses Aufwandes nur anteilig erfolgen könne und damit auch immer über die Benutzungsgebühren eine Mitfinanzierung des Anschaffungs- und Herstellungsaufwandes nötig sei.

32

Es sei sachlich zwingend, die Refinanzierung weiterer Grundstücksanschlüsse über eine Kostenerstattung und nicht über den Herstellungsbeitrag vorzunehmen, § 10 Abs. 3 KAG M-V sei insoweit eine abschließende und spezielle Regelung.

33

Die Maßstabsregelung in § 4 Abs. 4 Trinkwasserbeitragssatzung schließlich sei vom weiten Satzungsermessen der Verbandsversammlung gedeckt, vorteilsgerecht und nicht mehrdeutig.

34

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 21. April 2015 sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

35

Der Normenkontrollantrag ist zulässig (1.), hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes C-Stadt/D-Stadt vom 9. Dezember 2010 ist wirksam (2.).

36

1. Der Senat versteht den nicht ausdrücklich beschränkten Antrag der Antragstellerin, die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes C-Stadt/D-Stadt vom 9. Dezember 2010 für unwirksam zu erklären, in der Weise (§ 133 BGB), dass die Ordnungswidrigkeitenbestimmungen in § 11 Trinkwasserbeitragssatzung nicht angegriffen sind. Regelungen des Ordnungswidrigkeitenrechts unterfallen nicht dem Verwaltungsrechtsweg und können daher von vornherein nicht Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle sein (OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 17).

37

Der so verstandene Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie kann geltend machen, durch die Anwendung der streitgegenständlichen Satzung in absehbarer Zeit in ihren Rechten verletzt zu werden (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO), da der aufgrund dieser Satzung gegen sie ergangene Beitragsbescheid noch nicht bestandskräftig ist (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 03.07.2002 – 4 K 35/01 –, juris Rn. 11). Da ohne eine wirksame Satzung gemeindliche Abgaben gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V nicht erhoben werden dürfen, hängt der Bestand des Beitragsbescheids von der Wirksamkeit der zur Normenkontrolle gestellten Trinkwasserbeitragssatzung ab. Die Antragsfrist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eingehalten, der Normenkontrollantrag wurde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift gestellt.

38

2. Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet. Die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes C-Stadt/D-Stadt vom 9. Dezember 2010 steht mit höherrangigem Recht in Einklang und ist wirksam.

39

a) Die Regelung in § 3 Abs. 1 Trinkwasserbeitragssatzung, wonach die Beitragspflicht entsteht, sobald das Grundstück an die öffentliche Einrichtung zur zentralen Trinkwasserversorgung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung, ist wirksam. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V muss eine Abgabensatzung in Mecklenburg-Vorpommern auch den Zeitpunkt des Entstehens der Abgabe regeln. Die Vorschrift regelt das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht in Übereinstimmung mit § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V. Dass das Kommunalabgabenrecht in Mecklenburg-Vorpommern die sachliche Anschlussbeitragspflicht nicht vor dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Beitragssatzung entstehen lässt, liegt im rechtlichen Charakter der sachlichen Beitragspflicht begründet. Das Landesrecht geht davon aus, dass der beitragsrelevante Vorteil mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung bereits vollständig ausgebildet ist und die Erhebung des Beitrags in voller Höhe rechtfertigt. Das setzt voraus, dass der Beitrag, mit dem das bevorteilte Grundstück zu den Herstellungskosten herangezogen wird und der als öffentliche Last auf dem Grundstück (§ 7 Abs. 6 KAG M-V) ruht, auch der Höhe nach ausgeprägt ist. Die sachliche Beitragspflicht steht der Höhe nach unveränderlich fest und begründet mit diesem Inhalt ein abstraktes Beitragsschuldverhältnis. Da die Höhe des Beitrags unter anderem von den Maßstabsregeln und dem Beitragssatz abhängt, die in der Beitragssatzung normiert sind, ist ein Entstehen der sachlichen Beitragspflicht vor dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Beitragssatzung ausgeschlossen (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 15.12.2009 – 1 L 323/06 –, juris Rn. 50 f.). Zu einem früheren Zeitpunkt kann die sachliche Beitragspflicht nicht entstehen. Es ist rechtlich zwingend, das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht tatbestandlich vom Inkrafttreten der ersten wirksamen Beitragssatzung abhängig zu machen.

40

Die Satzungsvorschrift unterliegt auch in Ansehung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit einer zeitlich unbegrenzten Festsetzbarkeit vorteilsausgleichender kommunaler Abgaben (BVerfG, Beschl. v. 05.03.2013 – 1 BvR 2457/08 –, BVerfGE 133, 143) keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Eine Bestimmung des Zeitpunktes der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht durch eine Rechtsnorm ist – wie erläutert – zwingende Voraussetzung der Beitragserhebung. Die Satzungsbestimmung steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage, wie lange der Antragsgegner nach Eintritt der Vorteilslage einen Anschlussbeitrag erheben darf. Ihr Regelungsgegenstand ist insbesondere nicht die Verjährung des Beitragsanspruchs. Diese richtet sich vielmehr nach den gesetzlichen Vorschriften in § 12 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 KAG M-V i.V.m. §§ 47, 169 Abs. 1, 170 Abs. 1 AO. Das Gesetz knüpft dabei zwar tatbestandlich an das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht für die Bestimmung des Beginns der Festsetzungsfrist an. Die Rechtsfolge – das Erlöschen des Beitragsanspruchs nach Ablauf von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Beitrag entstanden ist – wird jedoch entsprechend der Kompetenzordnung durch den Landesgesetzgeber und nicht durch den kommunalen Satzungsgeber gesetzt.

41

Dementsprechend weist das Bundesverfassungsgericht auch dem Gesetzgeber die Aufgabe zu, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an der Erhebung von Beiträgen und dem Interesse des Beitragsschuldners, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und des Einzelnen an Rechtssicherheit durch entsprechende Gestaltung von Verjährungsbestimmungen oder anderweitige Regelungen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.03.2013 – 1 BvR 2457/08 –, juris Rn. 42, 45). Fehlt eine solche gesetzliche Bestimmung, lässt das die Wirksamkeit einer Beitragssatzung grundsätzlich unberührt. Ihr Fehlen kann sich erst auf der Ebene der Rechtsanwendung im Einzelfall auswirken, wenn im konkreten Erhebungsfall die Schlussfolgerung gerechtfertigt wäre, die Legitimation für die Beitragserhebung sei mit Blick auf den Zeitraum zwischen der Entstehung der Vorteilslage und der Beitragserhebung entfallen.

42

Aus den vorgenannten Erwägungen folgt zugleich, dass die Bestimmung in § 3 Abs. 1 Trinkwasserbeitragssatzung zur Entstehung der sachlichen Beitragspflicht nicht deshalb unwirksam ist, weil deren landesgesetzliche Grundlage in § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V gegen Verfassungsrecht verstieße. Auch diese Vorschrift ist zum einen nach der beitragsrechtlichen Systematik unverzichtbar und betrifft zum anderen unmittelbar nur das Entstehen des Beitragsanspruchs, nicht dessen Erlöschen. Der Eintritt der Vorteilslage durch die Möglichkeit des Anschlusses des Grundstücks an die öffentliche Einrichtung, den das Bundesverfassungsgericht zum Anknüpfungspunkt für die Legitimation der Beitragserhebung macht, fällt mit dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht nicht notwendigerweise, sondern nur dann zusammen, wenn zu diesem Zeitpunkt eine wirksame Beitragssatzung besteht. Für diesen Fall stellt sich aber das verfassungsrechtliche Problem der Rechtssicherheit nicht, weil zugleich die Festsetzungsverjährungsfrist in Gang gesetzt wird, die das Interesse der Abgabenschuldner hinreichend schützt. Fallen der Eintritt der Vorteilslage und das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht auseinander, weil bei Anschlussmöglichkeit wirksames Satzungsrecht noch nicht besteht, kommt es für die verfassungsrechtliche Frage der Rechtssicherheit auf den späteren Zeitpunkt (des Inkrafttretens wirksamen Beitragsrechts) ohnehin nicht an. Der Gesetzgeber muss die zeitliche Legitimation der Beitragserhebung vielmehr mit Blick auf den Zeitraum sicherstellen, der seit dem Eintritt der Vorteilslage vergangen ist.

43

Mit diesen Überlegungen korrespondiert der Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeitsfeststellung in seinem Beschluss vom 5. März 2013 (– 1 BvR 2457/08 –, BVerfGE 133, 143) nicht auf die Vorschriften zur Entstehung der sachlichen Beitragspflicht im bayerischen Kommunalabgabengesetz, sondern lediglich auf die Regelung zum Beginn der Festsetzungsfrist erstreckt hat. Eine Gesamtunwirksamkeit des bayerischen Kommunalabgabengesetzes hat das Bundesverfassungsgericht selbst für den Fall nicht angenommen, dass die mit dem Grundgesetz unvereinbare Bestimmung nach Ablauf der gesetzten Anpassungsfrist nicht neu geregelt worden ist. Dann wäre es Aufgabe der Verwaltungsgerichte, das – im Übrigen wirksame – Landesrecht entsprechend verfassungskonform auszulegen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.03.2013 – 1 BvR 2457/08 –, juris Rn. 52). Nach alledem sind weder § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V noch das gesamte Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern mit Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem aus Art. 20 Abs. 3 GG folgenden verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit unvereinbar, mit der Folge, dass keine Satzungsermächtigung für den Antragsgegner mehr bestünde.

44

Der Senat muss deshalb für diese Entscheidung nicht klären, ob an seiner Rechtsprechung, wonach das Regelungssystem des Kommunalabgabengesetzes Mecklenburg-Vorpommern jedenfalls im Rahmen des weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und des Einzelnen an Rechtssicherheit zu einem angemessenen Ausgleich bringt (OVG Greifswald Urt. v. 01.04.2014 – 1 L 142/13 –, juris Rn. 62), auch nach den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. April 2015 (– 9 C 15.14 bis 9 C 21.14 –), die im Übrigen noch nicht vollständig abgefasst vorliegen, festzuhalten ist.

45

Soweit § 3 Abs. 2 und 3 Trinkwasserbeitragssatzung spätere Zeitpunkte für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht begründen, finden die Vorschriften ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 3 Satz 2 KAG M-V. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit stehen diesen Bestimmungen in gleicher Weise keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Hindernisse entgegen, soweit sie das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht neben dem tatsächlichen Anschluss an die öffentliche Einrichtung vom Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung abhängig machen.

46

b) Die Bestimmung in § 4 Abs. 2 Buchst. d Satz 1 Trinkwasserbeitragssatzung, nach der als (bevorteilte) Grundstücksfläche bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 40 Metern dazu verlaufenden Parallelen gilt, ist gleichfalls mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Vorschrift regelt eine sogenannte qualifizierte Tiefenbegrenzung. Sie gilt ausschließlich für Grundstücke, die planungsrechtlich im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich liegen, und anders als die sogenannte schlichte Tiefenbegrenzung nicht auch für vollständig im Innenbereich liegende Grundstücke.

47

Die Regelung einer Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht grundsätzlich zulässig. Die Tiefenbegrenzung ist eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland ist. Eine Tiefenbegrenzung findet im Anschlussbeitragsrecht ihre Rechtfertigung darin, dass im Rahmen der Beitragskalkulation die Ermittlung der Gesamtbeitragsfläche erforderlich ist, die auf metrische Festlegungen angewiesen ist. Dadurch gewinnt der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität und Verwaltungsvereinfachung besondere Bedeutung. Ohne Tiefenbegrenzung müsste gegebenenfalls eine exakte Einzelfallbewertung sämtlicher der Beitragspflicht unterliegenden unbeplanten Grundstücke trotz verbleibender Unsicherheiten in der Abgrenzung des Innenbereichs angestellt werden. Die Gesichtspunkte der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität stehen im Spannungsfeld mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V). Danach sind die Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen. Die Vorteile bestehen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V in der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, für die die Beiträge erhoben werden. Da eine exakte Bemessung der Vorteile in der Praxis mit einem nicht akzeptablen Aufwand verbunden wäre, sind Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe anerkannt, insbesondere ist es zulässig, Vorteile nach einem – wie hier in § 4 Abs. 1 Trinkwasserbeitragssatzung geregelten – kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab zu bemessen.

48

Nach diesem Maßstab ist die Größe der bevorteilten Fläche des Grundstückes ein wesentlicher Faktor zur Errechnung des auf das Grundstück entfallenden Beitrages. Je größer die Fläche des Grundstückes bzw. bei Grundstücken im Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich der im Innenbereich liegende (bebaubare) Teil des Grundstückes ist, desto größer ist der zu leistende Beitrag. Dieser Zusammenhang ist bei der Normierung einer Tiefenbegrenzung zu beachten. Die Bestimmung einer Tiefenbegrenzungslinie hat sich daher zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfindet, stellt – wenn eine solche ermittelbar ist – die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar. Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu. Um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes ermitteln. Die Ergebnisse dieser Ermittlung sollen als Nachweis für die Kalkulation dokumentiert werden. Das Normenkontrollgericht hat die Ermessensausübung durch den Satzungsgeber nur auf deren Übereinstimmung mit den gesetzlichen Erfordernissen zu überprüfen, darf jedoch keine eigene Entscheidung an die Stelle der zu überprüfenden Ermessensentscheidung setzen (so grundlegend OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 75 ff. m.w.N., daran anschließend OVG Greifswald, Urt. v. 10.10.2012 – 1 L 289/11 –, juris Rn. 33 f.).

49

Diesen rechtlichen Maßstäben genügt die hier zu überprüfende Bestimmung. Der Satzungsgeber hat die örtlichen Verhältnisse methodisch fehlerfrei ermittelt. Die metrische Festsetzung der Tiefenbegrenzung hält sich im Rahmen seines Satzungsermessens.

50

aa) Soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, dass wegen des unterschiedlichen Anschlussgrades für die Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe von vornherein nur solche Ortslagen zu berücksichtigen seien, die an die betreffende zentrale Einrichtung angeschlossen seien oder in der Herstellungsphase noch angeschlossen werden sollten, ist dem nicht zu folgen. Es besteht kein rechtliches Gebot, die örtlichen Verhältnisse zur Bestimmung einer Tiefenbegrenzungslinie nur an den Verhältnissen im Bereich der von der Satzungsregelung konkret betroffenen Grundstücke zu messen. Vielmehr reicht es aus, die Bestimmung einer Tiefenbegrenzung an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Bestimmung auszurichten. Regelungen über eine qualifizierte Tiefenbegrenzung zur Bestimmung der bevorteilten Grundstücksfläche gelten aber jedenfalls dann im gesamten Verbandsgebiet, wenn die betreffende Körperschaft – wie hier – nur eine zentrale Anlage zur Trinkwasserversorgung in ihrem Zuständigkeitsbereich betreibt (vgl. § 1 Abs. 1 der Wasserversorgungssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes C-Stadt-Lübz vom 29. September 2006). Jedenfalls in diesen Fällen ist nichts dagegen zu erinnern, im Ausgangspunkt das gesamte Verbandsgebiet bei der Ermittlung einer ortsüblichen Bebauungstiefe in den Blick zu nehmen. Ob im Falle von mehreren Einrichtungen im Verbandsgebiet etwas anderes gelten muss (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 15.03.1995 – 4 K 22/94 –, juris Rn. 54), ist hier nicht zu entscheiden.

51

Der Senat hat mehrfach entschieden, dass der Satzungsgeber bei Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe seine Untersuchung der örtlichen Verhältnisse auf repräsentativ ausgewählte Ortslagen beschränken darf (vgl. etwa OVG Greifswald, Urt. v. 30.04.2014 – 1 L 80/12 –, juris Rn. 20, im Anschluss an OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 78). Müsste der Ortsgesetzgeber die tatsächlichen Bebauungstiefen in allen Ortslagen des Verbandsgebietes untersuchen, verlöre die Tiefenbegrenzung als Instrument zur Verwaltungsvereinfachung ihre Berechtigung, denn dann würden die Grundstücksdaten, die aufgrund der Tiefenbegrenzungsregel nicht sollen erhoben werden müssen, schon für die Bildung der Regel benötigt. Vorliegend hat der Satzungsgeber 47 Ortslagen mit sog. Übergangsgrundstücken identifiziert. Dass er dabei die von einer baurechtlichen Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB erfassten Gemeindegebiete unberücksichtigt gelassen hat, unterfällt seinem Ermessensspielraum (OVG Greifswald, Urt. v. 30.04.2014 – 1 L 80/12 –, juris Rn. 19). Diese Ortslagen hat die Verbandsversammlung nach Größe und Siedlungsstruktur kategorisiert und unter Wahrung der Relation zueinander 16 Ortslagen bestimmt, in denen die tatsächliche Bebauungstiefe aller von der Satzungsbestimmung betroffenen Grundstücke zu ermitteln war. Gegen diese Verfahrensweise ist nichts einzuwenden, sie erscheint dem Senat hinreichend nachvollziehbar.

52

Der Zweckverband hat für die so aufgefundenen repräsentativen Ortslagen alle 780 Übergangsgrundstücke hinsichtlich der Bebauungstiefe untersucht. Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass er dabei auf die rückwärtige Grenze des letzten dem Innenbereich zuzurechnenden Gebäudes abgestellt hat. Eine eventuell daneben bestehende und den planungsrechtlichen Innenbereich „in die Tiefe“ erweiternde bauakzessorische Nutzung (zum Beispiel einen Hausgarten) musste die Verbandsversammlung nicht aus Rechtsgründen berücksichtigen. Soweit die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 23. Oktober 2014 zu deutlich geringeren Bautiefen als die Verbandsversammlung gelangt ist, beruht das im Wesentlichen auf der unzutreffenden Annahme, dass die Tiefe der Wohnbebauung insoweit maßgeblich sei. Zwar sind für die Frage, ob ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde einen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bildet, grundsätzlich nur solche Gebäude als gebietsprägend zu berücksichtigen, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen zu dienen bestimmt sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.04.2007 – 4 B 7/07 –, juris Rn. 5). Davon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, wie weit der Bebauungszusammenhang eines (bauplanungsrechtlichen) Ortsteils reicht. Zum Bebauungszusammenhang gehört die tatsächlich vorhandene Bebauung, soweit sie von einem gewissen Gewicht ist, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich bei dabei um Wohnhäuser, gewerblich genutzte Vorhaben, landwirtschaftliche Anwesen oder auch Nebengebäude handelt; dies ist für die Frage der Ausdehnung des Bebauungszusammenhangs gleichgültig (vgl. zusammenfassend OVG Greifswald, Urt. v. 05.07.2001 – 3 L 197/00 –, NordÖR 2002, 18). An diesen planungsrechtlichen Kriterien hat sich der Zweckverband bei der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe ersichtlich orientiert.

53

bb) Schließlich leidet auch die Ermessensbetätigung der Verbandsversammlung hinsichtlich der metrischen Festsetzung der Tiefenbegrenzung nicht an Rechtsfehlern.

54

Es ist anerkannt, dass sich die Tiefenbegrenzung an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren muss. Bei der Frage der Ortsüblichkeit geht es allerdings nicht um die Ermittlung einer exakt berechenbaren Größe (OVG Greifswald, Urt. v. 12.10.2011 – 4 K 31/06 –, juris Rn. 60). Das bringen die Begriffe „ortsüblich“ und „orientieren“ mit der ihnen inbegriffenen Unschärfe zum Ausdruck. Das Erfordernis der Üblichkeit einer Bebauungstiefe setzt vielmehr schon voraus, dass es daneben eine nicht nur geringe Anzahl von Grundstücken mit im Gebiet nicht üblichen Bebauungstiefen geben wird, die nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen muss. Aus all dem folgt, dass für die Annahme der Ortsüblichkeit eine zahlenmäßig hinreichend große Gruppe von Grundstücken ausreichend ist, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, sodass von einer üblichen Tiefe gesprochen werden kann (OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 83).

55

Dem Satzungsbeschluss liegt eine hinreichende Orientierung an der ortsüblichen Bebauungstiefe zugrunde. Zwar hat die Verbandsversammlung ausweislich der dokumentierten Ermessenserwägungen keine Aufstellung der Ermittlungsergebnisse dahingehend vorgenommen, dass sie die Gruppe der betreffenden Grundstücke mit einer Bebauungstiefe von etwa 40 Metern gesondert dargestellt hätte. Die Dokumentation stellt lediglich fest, dass 69 Prozent aller untersuchten Grundstücke bis zu einer Tiefe von 40 Metern bebaut sind und die durchschnittliche Bebauungstiefe 38,19 Meter beträgt. Diese Feststellungen bilden jedoch zusammengenommen eine genügende Tatsachengrundlage für die Ermessensbetätigung der Verbandsversammlung.

56

Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass der Satzungsgeber bei der Festsetzung einer Tiefenbegrenzung zwar nicht ausschließlich, aber auch auf die durchschnittliche Bebauungstiefe abstellen darf, wenn der Berechnung einer solchen durchschnittlichen Bebauungstiefe – wie hier – eine hinreichend große Zahl von Grundstücken zugrunde liegt und „Ausreißer“ deshalb weitgehend eliminiert werden (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 10.10.2012 – 1 L 289/11 –, juris Rn. 53 f., in Fortführung von OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 83). Die durchschnittliche Bebauungstiefe weist einen Bezug zur ortsüblichen Bebauungstiefe auf. Je mehr Grundstücke in einem Bereich bebaut sind, der als ortsüblich qualifiziert werden kann, umso eher wird auch die durchschnittliche Bebauungstiefe in diesem Bereich liegen. Dieser Wert hat Aussagekraft auch für die Frage, ob sich die Abweichungen beiderseits der beabsichtigten Tiefenbegrenzungslinie in etwa die Waage halten und sich die Mengen der Grundstücke, bei denen die bauliche Ausnutzbarkeit diesseits bzw. jenseits der Tiefenbegrenzungslinie endet, in etwa entsprechen.

57

Gleichermaßen berücksichtigungsfähig war der vom Zweckverband herangezogene Umstand, dass 69 Prozent aller betreffenden Grundstücke nicht tiefer als 40 Meter bebaut sind. Auch dies entspricht der Spruchpraxis des Gerichts in den vorerwähnten Entscheidungen. Der vom Antragsgegner ermittelte Befund lässt unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Vorteilsgerechtigkeit aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität eine Typisierung der bevorteilten Grundstücksflächen durch eine Tiefenbegrenzungslinie zu. Auch diese Erwägungen erscheinen jedenfalls nicht unplausibel und bei Berücksichtigung des weiten Satzungsermessens gemeinsam mit der ermittelten durchschnittlichen Bebauungstiefe als genügende Grundlage für die Ermessensbetätigung des Satzungsgebers.

58

Soweit die Antragstellerin der Auffassung ist, dass eine qualifizierte Tiefenbegrenzungsregelung nur im Falle einer homogenen Bebauungsstruktur im Verbandsgebiet in Betracht komme, an der es vorliegend fehle, dringt sie damit nicht durch. Einen solchen Rechtssatz gibt es nicht. Zwar mag eine Tiefenbegrenzungsregelung bei einem großen und inhomogenen Verbandsgebiet ausscheiden (vgl. Sauthoff, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2012, § 8, Rn. 1655). Maßgeblich für die Zulässigkeit einer qualifizierten Tiefenbegrenzung im Anschlussbeitragsrecht ist dabei aber nicht der Umstand der Homogenität der Bebauungsstruktur, sondern die Frage, ob im maßgeblichen Verbandsgebiet eine ortsübliche Bebauungstiefe bei sog. Übergangsgrundstücken besteht. Das ist vorliegend der Fall.

59

cc) Der Antragstellerin ist auch nicht in ihrer Ansicht zu folgen, wonach Gründe der Verwaltungsvereinfachung eine Tiefenbegrenzungsregelung nicht mehr zu rechtfertigen vermögen, weil der Antragsgegner ohnehin sämtliche Grundstücke im Verbandsgebiet nach Innen- und Außenbereich erfasst habe. Unabhängig von der Frage, ob ein solches Vorgehen die Normierung einer qualifizierten Tiefenbegrenzung überhaupt ausschließen würde, trägt der Antragsgegner dazu vor, die Einzelerfassung der Grundstücke sei unter Anwendung der Tiefenbegrenzungsvorschrift erfolgt und habe der Ermittlung der beitragsfähigen Vorteilsfläche bei der Kalkulation des Beitragssatzes gedient. Der Vortrag der Antragstellerin geht daher ins Leere.

60

c) Wirksam ist auch die Regelung zu sog. „Pfeifenstielgrundstücken“ in § 4 Abs. 2 Buchst. d Satz 2 Trinkwasserbeitragssatzung, nach der der Abstand zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der dazu verlaufenden Parallelen bei Grundstücken, die mit der Straße nur durch eine Zuwegung verbunden sind, vom Ende der Zuwegung an gemessen wird. Die aus dem Vorteilsprinzip folgenden Bedenken der Antragstellerin sind bei richtigem Verständnis der Bestimmung unbegründet. Im Falle einer Grundstückszuwegung wird nicht der straßenseitige Anfang der zu berechnenden Fläche von der Straße weg bis zum Ende der Zuwegung und Anfang der eigentlichen Grundstücksfläche verlegt mit der Folge, dass die Fläche der Zuwegung nicht mitzählte, sondern nur der Verlauf der Tiefenbegrenzungslinie, indem insoweit der Abstand erst ab dem Ende der Zuwegung gemessen wird. Maßgeblich ist grundsätzlich die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der im Abstand von 40 Metern dazu verlaufenden Parallelen. Bei „Pfeifenstielgrundstücken“ wird nur der Verlauf dieser Parallele verschoben, indem der 40 Meter betragende Abstand (zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der Parallelen) erst von dem Ende der Zuwegung an gemessen wird. Die der Straße zugewandte Grundstücksseite wird nicht verschoben. Daher fällt die Zuwegung – anders als die Antragstellerin meint – in die beitragspflichtige Fläche (OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 48).

61

d) Ebenso mit höherrangigem Recht vereinbar ist § 4 Abs. 2 Buchst. f Trinkwasserbeitragssatzung. Nach dieser Vorschrift ist für die Begrenzung der bevorteilten Grundstücksfläche die Grundstückstiefe maßgebend, die durch die rückwärtige Grenze der baulichen Nutzung bestimmt wird, wenn die bauliche oder gewerbliche Nutzung über die Tiefenbegrenzungslinie hinaus reicht. Die Regelung rechtfertigt sich aus der Überlegung, dass in den Fällen übergreifender baulicher bzw. gewerblicher Nutzung die in der Tiefenbegrenzung liegende Vermutung, dass der planungsrechtliche Innenbereich an der Tiefenbegrenzungslinie ende, widerlegt ist und zugunsten einer konkreten Vorteilsbetrachtung nach Maßgabe der hinteren Grenze der betreffenden Nutzung zurücktritt (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 02.02.2012 – 6 A 11232/11 –, juris Rn. 18; VG Greifswald, Urt. v. 20.09.2006 – 3 A 2268/04 –).

62

e) Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die Regelung in § 4 Abs. 4 Trinkwasserbeitragssatzung. Diese Vorschrift trifft Bestimmungen zur Anzahl der Vollgeschosse, die bei der Bewertung der bevorteilten Grundstücksfläche gemäß § 4 Abs. 3 Trinkwasserbeitragssatzung zu berücksichtigen sind. Soweit die Antragstellerin hierzu rügt, die Maßstabsregelung sei unvollständig, weil sie im Fall eines Bebauungsplans, der keine höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse festsetze, ungeregelt lasse, wie viele Vollgeschosse zu berücksichtigen seien, folgt der Senat dem nicht. Das Gebot der konkreten Vollständigkeit ist nicht verletzt. Wenn der Bebauungsplan keine Festsetzungen zur höchstzulässigen Zahl der Vollgeschosse enthält, gilt § 4 Abs. 4 Satz 1 Buchst. b Trinkwasserbeitragssatzung schon nach seinem Wortlaut. Maßgeblich ist dann die Zahl der auf dem Grundstück tatsächlich vorhandenen, der genehmigten bzw. der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse. Hiervon macht § 4 Abs. 4 Satz 2 Trinkwasserbeitragssatzung als speziellere Regelung eine Ausnahme für den Fall, dass im Bebauungsplan eine Baumassenzahl und bzw. oder die zulässige Höhe der baulichen Anlagen auf dem betreffenden Grundstück festgesetzt ist. Dann ist die Baumassenzahl bzw. die festgesetzte Höhe durch 3,5 zu teilen und nach § 4 Abs. 4 Satz 3 Trinkwasserbeitragssatzung ab- bzw. aufzurunden. Die hier zur Überprüfung stehende Beitragssatzung enthält auch (insofern lag der Sachverhalt in OVG Greifswald, Urt. v. 24.04.2013 – 4 K 1/10 –, juris Rn. 72 anders) eine Kollisionsregel für den Fall, dass der Bebauungsplan für das betreffende Grundstück gleichermaßen Baumassenzahl und zulässige Höhe festsetzt. In diesem Fall ist die Baumassenzahl vorrangig, der zweite Halbsatz des § 4 Abs. 4 Satz 2 Trinkwasserbeitragssatzung kommt nach seinem Wortlaut ausschließlich dann zur Anwendung, wenn „nur“ die zulässige Höhe der baulichen Anlagen bestimmt ist.

63

Aus dem Regelungszusammenhang der Satzung ergibt sich zwanglos, dass mit der „zulässigen Höhe“ die „höchstzulässige Höhe“ in Gestalt der Firsthöhe gemeint ist, da die bauliche Ausnutzbarkeit des Grundstücks in einem solchen Fall nicht mit der Traufhöhe endet (so auch VG Schwerin, Urt. v. 11.04.2013 – 4 A 1250/12 –, juris Rn. 79). Auch insoweit ist die Satzungsregelung einer eindeutigen Auslegung zugänglich und hinreichend bestimmt.

64

Soweit die Antragstellerin schließlich (im Anschluss an VG Schwerin, Urt. v. 05.05.2011 – 4 A 826/08 –, zit. n. Aussprung, in: Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand April 2013, § 7, Anm. 9.1.6.) der Auffassung ist, dass die Beitragssatzung bei der Bestimmung der Anzahl der anzusetzenden Vollgeschosse im Falle eines Bebauungsplans ohne entsprechende Festsetzung nicht unterschiedslos denselben Divisor (hier 3,5) zur Anwendung bringen dürfe, sondern nach der Art der baulichen Nutzung differenzieren müsse, führt das gleichfalls nicht zur Unwirksamkeit der Vorschrift. Die Verbandsversammlung bewegt sich innerhalb ihres weiten Satzungsermessens im Rahmen des Vorteilsprinzips, wenn sie auf eine entsprechende Differenzierung verzichtet. Es ist schon fraglich, ob es einen Erfahrungssatz gibt, dass gewerblich genutzte Gebäude (zu denen auch zum Beispiel Bürogebäude gehören) im Bereich eines Bebauungsplans nach § 4 Abs. 4 Satz 2 Trinkwasserbeitragssatzung regelmäßig größere Vollgeschosshöhen als Wohngebäude aufweisen. Zudem muss der Satzungsgeber jedenfalls zu vermeiden suchen, dass beitragsrechtlich mehr Vollgeschosse berücksichtigt werden, als baurechtlich zulässigerweise errichtet werden können. Dem beugen ein großzügiger Divisor und eine Abrundungsregel vor. Die Divisionsregel stellt sich zusammen mit der Rundungsregel als zulässige Typisierung eines Mittelwerts der baulichen Ausnutzbarkeit eines Grundstücks in Hinblick auf die Anzahl der Vollgeschosse dar. Es gibt keinen Rechtsgrundsatz, nach dem die Rundung nach kaufmännischen oder mathematischen Regeln zu erfolgen hat. Der Divisor von 3,5, der für eine angenommene Vollgeschosshöhe von 3,5 Metern steht, begegnet keinen rechtlichen Bedenken (so bereits OVG Greifswald, Urt. v. 10.10.2007 – 1 L 256/06 –, juris Rn. 13 unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 26.01.1979 – IV C 61.75 –, BVerwGE 57, 240 und § 21 Abs. 4 BauNVO; vgl. auch OVG Greifswald, Urt. v. 15.03.1995 – 4 K 22/94 –, juris Rn. 52).

65

f) Soweit § 9 Abs. 1 Trinkwasserbeitragssatzung einen Kostenerstattungsanspruch des Zweckverbandes für die auf Antrag des Grundstückseigentümers vorgenommene Herstellung eines weiteren oder Verlegung eines bestehenden Grundstücksanschlusses begründet, bestehen dagegen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zwar gehören gemäß §§ 1 Abs. 2, 7 Abs. 1 der Wasserversorgungssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes C-Stadt-D-Stadt vom 25. September 2006 (Wasserversorgungssatzung) in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 29. November 2013 sämtliche Grundstücksanschlüsse zur öffentlichen Einrichtung des Antragsgegners. Es gilt ferner der Grundsatz, dass Aufwendungen für die Herstellung von der öffentlichen Einrichtung zugehörigen Grundstücksanschlüssen nur über Beiträge gedeckt werden können und ein Erstattungsanspruch nur in Betracht kommt, wenn die Haus- bzw. Grundstücksanschlussleitungen nicht Teil der öffentlichen Einrichtung sind (OVG Greifswald, Urt. v. 16.07.2008 – 3 L 336/05 –, juris Rn. 35). Allerdings trifft das Gesetz in den Fällen von weiteren Grundstücksanschlüssen neben dem Erstanschluss mit § 10 Abs. 3 KAG M-V eine abschließende Regelung zur Refinanzierung, die unabhängig von der Frage eingreift, ob diese Grundstücksanschlüsse Teil der öffentlichen Einrichtung werden (Aussprung, in: Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand August 2010, § 10, Anm. 8). Nach dieser Vorschrift ist für die Herstellung weiterer vom Anschlussberechtigten zusätzlich geforderter Anschlussleitungen und für die Beseitigung von Anschlüssen eine Kostenerstattung in Höhe des tatsächlich entstandenen Aufwandes als öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu leisten. Als Beseitigung und Neuherstellung lässt sich die Verlegung eines Grundstücksanschlusses verstehen. Für diese Auffassung spricht zudem der Umstand, dass eine Kalkulation weiterer Grundstücksanschlüsse in den Herstellungsbeitrag nach § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V schon deshalb ausscheidet, weil sich dieser Aufwand schwerlich prognostizieren lässt.

66

g) Schließlich ist auch die Festsetzung des Beitragssatzes in § 5 Trinkwasserbeitragssatzung rechtlich nicht zu beanstanden. Diese beruht insbesondere auf einer ordnungsgemäßen Kalkulation.

67

Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts muss dem Rechtssetzungsorgan – neben der Beschlussvorlage über die Satzung – bei der Beschlussfassung eine Kalkulation über den Abgabensatz vorliegen. Wird dem Vertretungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Unwirksamkeit der Bestimmung des Abgabensatzes zur Folge. Die Unwirksamkeit eines festgelegten Abgabensatzes ist dabei dann anzunehmen, wenn erstens in erheblichem Umfang nicht beitragsfähiger Aufwand angesetzt und daher gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot verstoßen wird, oder zweitens, wenn erhebliche methodische Fehler die Feststellung unmöglich machen, ob das Aufwandsüberschreitungsverbot beachtet ist oder nicht. Die Unwirksamkeit der Festsetzung eines Abgabensatzes tritt als zwingende Folge immer dann ein, wenn die unterbreitete Kalkulation in einem für die Abgabenhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft ist, weil das Vertretungsorgan anderenfalls sein Ermessen nicht fehlerfrei ausüben kann (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 02.06.2004 – 4 K 38/02 –, juris Rn. 63, 142, m.w.N.)

68

Wie der Aufwand für einen Herstellungsbeitrag zu kalkulieren ist, bestimmt sich im Wesentlichen nach § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 KAG M-V. Danach ist der Aufwand nach den tatsächlich entstandenen und voraussichtlich zu erwartenden Kosten unter Berücksichtigung der Leistungen und Zuschüsse Dritter zu ermitteln. Die Aufwandsermittlung hat für die gesamte öffentliche Einrichtung (Globalkalkulation) oder für einen sowohl zeitlich als auch hinsichtlich des Bauprogramms sowie der bevorteilten Grundstücke repräsentativen Teil der öffentlichen Einrichtung (Rechnungsperiodenkalkulation) zu erfolgen.

69

Entsprechend diesen gesetzlichen Vorgaben ist der Antragsgegner ausweislich der bei den Verwaltungsvorgängen befindlichen „Kalkulation Baukostenbeitrag Trinkwasser“ verfahren. Es handelt sich dabei um eine gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V zulässige Globalkalkulation. Die Kalkulation ermittelte aufwandsseitig das zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bestehende Anlagevermögen einschließlich der tatsächlichen Investitionen aus dem Zeitraum 2006/09 zuzüglich der prognostizierten Investitionen für den Zeitraum bis zur geplanten endgültigen Herstellung der Anlage. Davon wurde das dem Betrieb der Anlage und nicht deren Herstellung dienende Anlagevermögen abgezogen. Ein Abzug erfolgte auch hinsichtlich des vom Verband unentgeltlich übernommenen Vermögens. Das entspricht der Rechtsprechung des Gerichts. Wenn eine Altanlage kostenlos übernommen wird, ist es rechtlich nicht zulässig, für diese einen Wert in die Kalkulation einzustellen, da es sich dabei nicht um Aufwand handelt, der dem Zweckverband für die Herstellung der Anlage tatsächlich entstanden ist. Etwas anderes gilt jedoch, wenn dabei Schulden übernommen werden. Diese können als eigener Aufwand in die Kalkulation eingestellt werden (OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 23). So ist hier verfahren worden.

70

Insoweit greift die Antragstellerin die Kalkulation des Beitragssatzes auch nicht an. Sie ist vielmehr der Auffassung, dass der Antragsgegner die bei der Kalkulation der Benutzungsgebühren gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2, Abs. 2a KAG M-V eingestellten Abschreibungen in der Beitragskalkulation als Leistungen Dritter im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V aufwandsmindernd berücksichtigen müsse. Dem folgt der Senat nicht.

71

Allerdings ist der Antragstellerin im Ausgangspunkt zuzustimmen: Entscheidet sich der Träger der öffentlichen Einrichtung für ein gemischtes System der Refinanzierung aus Beiträgen und Gebühren, muss er sicherstellen, dass es nicht zu einer Doppelbelastung der Abgabenschuldner kommt. Der Senat hat das für die Fälle des – hier nicht vorliegenden – Systemwechsels von einem gemischten Refinanzierungssystem zu einem reinen Gebührenmodell bereits mehrfach ausgesprochen (OVG Greifswald, Urt. v. 03.05.2011 – 1 L 59/10 –, juris Rn. 106; OVG Greifswald, Beschl. v. 25.05.2009 – 1 M 157/08 –, juris Rn. 60), der angesprochene Rechtssatz gilt jedoch als allgemeiner Grundsatz über diese Fallgestaltung hinaus.

72

Der Antragstellerin ist jedoch nicht darin zu folgen, dass das Verbot der Doppelbelastung dazu führt, dass diejenigen Anschaffungs- und Herstellungskosten vom beitragsfähigen Aufwand abzusetzen sind, die der Höhe der Anteile für Abschreibungen in der Kalkulation der Benutzungsgebühren für die Anlage entsprechen. Das gilt unabhängig davon, ob man diesen Einwand nur auf die bei Inkrafttreten der Beitragssatzung schon vereinnahmten Abschreibungen, auf die bis zur endgültigen Herstellung der Anlage noch zu erwartenden gebührenfähigen Abschreibungen oder nur auf die Abschreibungen auf unentgeltlich übernommenen Anlagenbestandteile beziehen will. Die Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg, an die die Antragstellerin mit ihrem Vorbringen anknüpft (OVG Berlin, Urt. v. 14.11.2013 – OVG 9 B 35.12 –, juris Rn. 51 ff.), lässt sich auf das Kommunalabgabenrecht in Mecklenburg-Vorpommern nicht übertragen.

73

Dagegen sprechen durchgreifend Wortlaut und Systematik des Gesetzes. Die Aufwandsermittlung ist in § 9 Abs. 2 KAG M-V ohne die Berücksichtigung von über die Benutzungsgebühr vereinnahmten Abschreibungen geregelt. Das verkennt auch die Antragstellerin nicht, die Abschreibungen deshalb als „Leistungen Dritter“ im Sinne der Vorschrift verstehen will. Gegen ein solches Gesetzesverständnis spricht aber in systematischer Hinsicht, dass das Gesetz selbst den Begriff der Abschreibung in § 6 Abs. 2 Satz 2, Abs. 2a KAG M-V verwendet. Hätte der Gesetzgeber die Anrechnung von Abschreibungen auf den Herstellungsaufwand anordnen wollen, hätte es nahegelegen, dass er diesen Rechtsbegriff auch in § 9 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V zur Anwendung bringt. Das Gesetz verwendet die Begriffe „Abschreibungen“, „Leistungen“ und „Zuschüsse“ in den §§ 6, 9 KAG M-V in differenzierter Weise. Dies zeigt sich insbesondere in dem Umstand, dass der Gesetzgeber im umgekehrten Fall einer Anrechnungsvorschrift – der Kürzung der Anlagewerte für Abschreibungen nach § 6 Abs. 2a Satz 1 bzw. der ertragswirksamen Auflösung der Beiträge gemäß § 6 Abs. 2a Satz 3 KAG M-V in der Gebührenkalkulation – den Rechtsbegriff des Beitrags in einer eindeutigen und nicht auslegungsfähigen Weise benutzt. Es spricht nichts dafür, dass die mit Blick auf § 6 KAG M-V vergleichsweise wenig komplexe Anrechnungsvorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V über den Wortlaut hinaus auszulegen ist. „Leistungen Dritter“ im Sinne der Vorschrift sind Erlöse aus der Erhebung von privatrechtlich erhobenen Benutzungsentgelten, soweit diese der Refinanzierung von Herstellungskosten der öffentlichen Wasserversorgungsanlage dienten. Im Übrigen ist die Berücksichtigung von Erlösen aus der Erhebung von Beiträgen und Gebühren in einer Beitragskalkulation nach § 9 Abs. 2 KAG M-V nicht vorgesehen und damit prinzipiell unzulässig (OVG Greifswald, Urt. v. 24.04.2013 – 4 K 1/10 –, juris Rn. 53 ff., 62). Darauf würde eine aufwandsmindernde Berücksichtigung von (gebührenwirksamen) Abschreibungen indes hinauslaufen. Aus alledem ergibt sich, dass der Aufgabenträger der Gefahr einer Doppelbelastung der Abgabenschuldner nicht in der Kalkulation des Herstellungsbeitrags zu begegnen hat (so im Ergebnis auch VG Schwerin, Urt. v. 27.05.2011 – 8 A 898/10 –, juris Rn. 28 f. und VG Greifswald, Urt. v. 16.10.2014 – 3 A 509/13 –, juris Rn. 35).

74

Eine Gesetzesauslegung im Sinne der Antragstellerin ist auch deshalb nicht geboten, weil die Durchsetzung des Verbots der Doppelbelastung als systemübergreifende Ausprägung des Kostenüberdeckungsverbots an einem anderen Ort als der Aufwandsermittlung für den Herstellungsbeitrag näherliegt. Dazu kommen verschiedene Modelle in Betracht. Der Senat kann für diese Entscheidung offenlassen, ob das von der Antragstellerin grundsätzlich zu Recht aufgeworfene Problem bei der Kalkulation der Benutzungsgebühren, bei der Kalkulation von Erneuerungsbeiträgen, bei beiden Kalkulationsvorgängen oder auf andere Weise zu lösen ist, da dies für die hier zu beurteilende Frage der Wirksamkeit der Beitragssatzung unerheblich ist.

75

In Betracht kommt eine Anrechnung der nach § 6 Abs. 2a KAG M-V gekürzten Abschreibungen auf den beitragsfähigen Aufwand bei einem Erneuerungsbeitrag, soweit die Abschreibungen nicht der Tilgung von Herstellungskosten, sondern dazu dienen, den eintretenden Wertverzehr der Anlagegüter in der Rechnungsperiode abzugelten, um die Ersatzbeschaffung der Anlagegüter nach Ablauf ihrer Nutzungsdauer zu finanzieren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 06.11.2012 – 9 BN 2/12 –, juris Rn. 3 m.w.N.; VG Cottbus, Urt. v. 10.02.2015 – 6 K 756/14 –, juris Rn. 54; ausdrücklich geregelt in § 8 Abs. 4 Satz 5 Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg: „Bei der Erneuerung von öffentlichen Einrichtungen und Anlagen bleiben die bei der Erhebung von Benutzungsgebühren nach § 6 Abs. 2 kalkulierten Abschreibungen außer Ansatz“). Erwägenswert erscheint dem Senat auch eine Verkürzung der gebührenfähigen Kosten der Anlage um die im Kalkulationszeitraum der Benutzungsgebühr vereinnahmten Herstellungsbeiträge (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 28.10.2010 – 5 D 5/06 –, juris Rn. 111, unter Verweis auf § 12 Abs. 1 SächsKAG), zumal sich das Gebührenrecht mit der Möglichkeit des Ausgleichs von Kostenunterdeckungen und Kostenüberdeckungen nach § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V und kürzeren Kalkulationsperioden im Vergleich zur Globalkalkulation eines Herstellungsbeitrags als im Sinne des Vorteilsprinzips anpassungsfähiger für in der Zukunft liegende Entwicklungen erweist. Schließlich hat der Senat erwogen, ob wegen der Kalkulation von Abschreibungen in die gebührenfähigen Kosten die Erhebung von Erneuerungsbeiträgen überhaupt ausgeschlossen ist, soweit der Finanzbedarf der Ersatzinvestitionen nicht über den Finanzbedarf der Erstinvestition hinausgeht (in diesem Sinne Siemers, in: Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand Juli 2014, § 6, Anm. 6.3.2.4.2.3, unter Hinweis auf OVG Lüneburg, Urt. v. 09.10.1990 – 9 L 279/89 –, juris Rn. 7). Dabei wäre jedoch zu bedenken, dass § 9 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V die Erhebung von Erneuerungsbeiträge ausdrücklich vorsieht und die Abschreibungen zudem wegen der eingenommenen Beiträge gemäß § 6 Abs. 2a KAG M-V zu kürzen sind.

76

Einer abschließenden Entscheidung bedürfen diese Fragen für das vorliegende Normenkontrollverfahren jedoch nicht.

77

3. Da der Antrag erfolglos bleibt, hat die Antragstellerin nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Grundlage der Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch auf Erstattung von Kosten, die diesem sowie der X.gesellschaft GmbH - X - für die Erneuerung und Sanierungsarbeiten der Schmutz- und Regenwasserleitungen auf den Flurstücken 10/13, 10/17 und 16/61 der Flur 49 der Gemarkung Y entstanden sind.

2

Die genannten Flurstücke sind die sogenannte Hoffläche im Wohnhof V, R.straße/C.-Straße in Y.

3

Der Kläger wurde zunächst Eigentümer der dort stehenden Gebäude R.straße 62 bis 69 einschließlich deren Grundflächen. Hierbei handelte es sich um ein ehemaliges Lehrlingswohnheim des VEB L.. Die angrenzenden zwei Häuser des Wohnblocks erwarb er etwa zwei Jahre später.

4

Die weiteren angrenzende Häuser Nr. 70 bis 74 wurden im Wege der Vermögenszuordnung der X.gesellschaft, X, deren alleinige Inhaberin die Beklagte ist, zugeordnet. Alle weiteren umgebenden Flächen, insbesondere auch der durch die rechtwinklige Bauweise der Objekte gebildete sogenannte Hof V standen zu Zeiten der DDR im Eigentum des Volkes - Rechtsträger Stadt Y. Sie wurden im Rahmen der Vermögenszuordnung durch Bescheide des Oberfinanzpräsidenten der OFD Rostock vom 23.04.2001 der X. zugewiesen.

5

Durch Kaufvertrag vom 04.07.2000 verkaufte die X. einen Teil der Hoffläche (Flurstücke 10/13, 10/17 und 16/64 der Flur 49) an den Kläger. Nach § 6 des Kaufvertrags räumt die X. dem Kläger ein Wegerecht zur Erschließung des Blockes 62 bis 69 auf der Wegefläche vor dem Wohnblock 70 bis 74 ein.

6

Im Rahmen der Umgestaltung des Innenhofs wurde die ehemalige Wegefläche vor dem Wohnblock 70 bis 74 verschoben und auf der vormaligen Wegefläche Stellplätze unter anderem vor den Nummern 70 bis 74 errichtet. Diese wie auch die an gleicher Stelle verbliebenen Stellplätze gegenüber den Nummern 62 - 69 sind an Bewohner der anliegenden Häuser vermietet.

7

Bei der Planung und Durchführung der mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnumfeldverbesserungsmaßnahme wurde deutlich, dass die Regen- und Schmutzwasserleitungen in diesem Bereich saniert und bzw. erneuert werden mussten. Der Plan des Dipl. W. vom 04.05.2001 gibt für die Regenwasser- und Schmutzwasserleitungen den Planungszustand wieder, der realisiert wurde und im Wesentlichen dem damals vorhandenen Zustand entspricht. Das gilt namentlich für den Verlauf der Leitungen und die Schächte.

8

Der Kläger sowie die X. einerseits und die Beklagte andererseits konnten sich nicht darüber einigen, wer die Kosten für diese Maßnahmen zu tragen habe. Durch Vertrag vom 19.07./23.07.2001 vereinbarten der Kläger und die X. einerseits sowie die Beklagte andererseits, die Baumaßnahmen unverzüglich fortzusetzen und in deren Rahmen sinnvollerweise auch die sanierungsbedürftigen Regen- und Schmutzwasserleitungen im Wohnhof V zu erneuern. Die drei Parteien lassen zu diesem Zeitpunkt die Frage, wer und ggf. in welchem Umfang die Kosten der Erneuerungsmaßnahme zu tragen habe ausdrücklich offen. Die Parteien würden sich hierzu rechtlich und ggf. gerichtlich auseinandersetzen.

9

Mit Urkunde vom 30.10.2001 ermächtigte die X. den Kläger, sämtliche Eigentümerrechte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung wahrzunehmen, die im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung mit der Beklagten in Bezug auf die Durchführung von Instandsetzungs- und Erneuerungsarbeiten an den Regen- und Schmutzwasserleitungen im Bereich der Wohnumfeldverbesserungsmaßnahme in Y. Hof V bestehen.

10

Am 22.04.2002 erhob der Kläger vor dem Landgericht Rostock Klage mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 14.09.2001 zu zahlen. Das Landgericht Rostock verwies den Rechtsstreit durch Beschluss vom 13.09.2002 an das Verwaltungsgericht Schwerin. Es verneinte Ansprüche aus privatrechtlichem Vertrag, § 8 AVBWasserV, enteignungsrechtlichen Erwägungen, § 9 GBBerG, öffentlich-rechtlicher GoA und § 994 BGB. Ein etwaiger Erstattungsanspruch sei öffentlich-rechtlicher Natur.

11

Der Kläger führte zur Begründung seiner Klage aus: Durch die streitbefangene Leitung seien mindestens drei unabhängige Grundstücke angeschlossen. Es handele sich um die Häuser R.straße 62 bis 69, R.straße 70 bis 74, die neugeschaffene Hoffläche, die zum Teil in seinem und zum Teil im Eigentum der X. stehe, sowie die öffentliche R.straße und Gehwege. Die Leitungen würden ausschließlich im Bereich des Straßenkörpers der R.straße parallel zu den errichteten Gebäuden verlaufen. Die Beklagte betreibe die Abwasseranlage als einheitliche öffentliche Einrichtung. Die betroffenen Leitungen seien Bestandteile der öffentlichen Abwasseranlage im Sinne des § 2 Nr. 2 der Abwassersatzung der Beklagten. Die Beklagte habe auch als Eigentümerin der Leitungen, die Bestandteil der öffentlichen Abwasseranlage seien, die Kosten zu tragen. Am 20.09.1990, dem Stichtag für die Eigentumszuordnung, hätte die Hausanschlussleitung des Gebäudes des Klägers bis zur Übergabepunkt an der streitigen Abwasserleitung auf städtischem Grund gelegen.

12

Der Kläger beantragte,

13

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 10.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 14.09.2001 zu zahlen.

14

Die Beklagte beantragte,

15

die Klage abzuweisen.

16

Sie führte aus: Maßgebend sei die Satzung über die Abwasserbeseitigung - AWS - vom 09.03./15.03.2000, geändert durch Beschluss vom 26.10.2000. Danach handele es sich hier um Grundstücksentwässerungsanlagen im Sinne des § 9 Abs. 5 und § 11 Abs. 1 AWS, für die der Kläger die Kosten zu tragen habe. Es handele sich nämlich um Grundstücksentwässerungsleitungen im Sinne des § 2 Ziffer 6 der Satzung.

17

Das Verwaltungsgericht Schwerin hat die Klage durch Urteil vom 26.05.2005 abgewiesen. Zur Begründung führt es im Wesentlichen aus:

18

Ein Anspruch auf öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag käme nicht in Betracht, da die Beklagte der Erstellung der Leitung auf ihre Kosten widersprochen habe, sodass eine Geschäftsführung gegen den Willen des Geschäftsherrn vorliege.

19

Der Kläger könne sich auch nicht auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch berufen. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, die Anschlussleitung auf ihre Kosten herzustellen. Es handele sich bei den hier in Streit stehenden Leitungen um Anschlussleitungen im Sinne des § 9 der Abwasserbeseitigungssatzung. Die Leitungen verliefen im Innenkarree des Häuserblocks, das durch die Häuser mit den Nr. 62 bis 69, 70 bis 74, 20 bis 20 d und 58 bis 61 gebildet werde. Die hier angelegte Zufahrt zu den Stellplätzen dieser Häuser, die Stellplätze selbst, die Spiel- und Grünflächen sowie die vorhandenen Trockenplätze seien in privater Hand des Klägers bzw. der X.. Sie gehörten nicht zum öffentlichen Verkehrsraum. Nach § 9 Abs. 5 der Abwassersatzung hätten für diese Anlagen die Grundstückseigentümer die Kosten zu tragen. Dem stehe nicht entgegen, dass die Leitungen teilweise über andere private Grundstücke geführt werden müssten. Grenze das anzuschließende Grundstück ausnahmsweise nicht unmittelbar an eine öffentliche Straße mit der öffentlichen Abwasseranlage (Mischkanal oder Trennsystem) und müsse die Anschlussleitung über Privatgrundstücke geführt werden können, gehöre auch dieser bis zur Grundstücksgrenze des Anschlussnehmers führenden Teil zum Grundstücksanschluss. Daraus ergebe sich, dass der Kläger bzw. die X. die Kosten auch für diese Teile der Leitung zu tragen hätten. Auch der Umstand, dass die Anschlussleitung über Grundstücke einer Mehrzahl von Grundstückseigentümern führe, führe nicht zwangsläufig zur Zugehörigkeit zur öffentlichen Versorgungseinrichtung. Der vom Kläger aus den gewählten Leitungsquerschnitten gezogene Rückschluss auf die Zugehörigkeit zur öffentlichen Entwässerungseinrichtung vermöge nicht zu überzeugen. Ohne dass es noch darauf ankomme sei darauf hingewiesen, dass auch dann, wenn man von einer früheren Zugehörigkeit der hier im Streit stehenden Leitungen zur öffentlichen Abwasserentsorgungsanlage ausgehen wollte, diese Zugehörigkeit nach Privatisierung der Flächen und Abriss der bestehenden Anlage jedenfalls nicht mehr gegeben sei.

20

Dieses Urteil wurde dem Kläger am 01.09.2005 zugestellt. Durch Beschluss vom 15.08.2007 ließ der Senat die Berufung zu. Dieser Beschluss wurde dem Kläger am 27.08.2007 zugestellt. Am 26.09.2007 hat der Kläger die Berufung wie folgt begründet:

21

Ihm stehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu. Es handele sich bei der Stichstraße als Teil der R.straße um eine öffentliche Straße im Sinne des § 62 StWG M-V. Zwar verlaufe die Zufahrt unstreitig auf dem - allerdings erst späterhin - privaten gemeinsamen Grundstück des Klägers und der X.. Die Straße sei indes im Rahmen der Errichtung der Südstadt in Y in den 80iger Jahren geplant worden, als die streitgegenständlichen Leitungen eingebracht, der Fahrstreifen in Beton und nebst Fußweg bis vor die Häuser ausgeführt sowie die Straßenbeleuchtung gesetzt worden seien. Anlieger der Straße seien nicht private Rechtsobjekte gewesen, was gerade für das Vorliegen eines ausschließlich öffentlichen Wegs spreche. Das Objekt habe im Eigentum des VEB L., das zugehörige Objektgrundstück (allerdings nur im Flächenmaß des Hauses) in dessen späterer Rechtsträgerschaft gestanden. Entsprechendes gelte für die X. in Nachfolge des VEB K.. Selbst wenn man eine ehemalige betriebliche öffentliche Straße annehme, könne der Nachweis einer formellen Entscheidung für die Begründung einer öffentlichen Fläche geführt werden. Sie liege bereits in der Einbringung aller Ver- und Entsorgungsleitungen im Straßenkörper sowie das Aufrichten und Betreiben der zugehörigen Straßenbeleuchtung durch den damaligen Rat der Stadt. Diese Merkmale sprächen für die öffentliche Nutzung der Straße bis zu den Gebäuden und gingen über das bloße Dulden einer regelmäßigen Nutzung durch die jeweiligen Bewohner der Objekte als Dritte hinaus. Die Leitungen lägen daher in dem Straßenkörper einer öffentlichen Straße, sodass sie Teil der öffentlichen Einrichtung der Abwasserversorgung seien.

22

Dies entspreche auch der Abwassersatzung der Beklagten. Nach § 2 Ziffer 3 Buchstabe a sowie Ziffer 6 in der Satzung seien auch diejenigen Kanäle, die vom öffentlichen Straßenkanal zu den entwässernden Grundstücken führten, Grundstücksleitungen und Bestandteil der öffentlichen Einrichtung. Diese Grundentscheidung widerspreche teilweise der in § 9 Abs. 5 der Satzung getroffenen Regelung. Diese Vorschrift laufe auch angesichts der Bestimmung des § 10 KAG M-V leer. Widersprüchlich sei auch, dass in § 11 der Satzung das angeschlossene Grundstück bis zur Straßenoberkante vor dem Grundstück vor Rückstau aus der öffentlichen Abwasseranlage durch den Anschlussberechtigten selbst zu schützen sei. Die maßgebende Grundstücksgrenze im Sinne der Satzung für das Objekt liege unmittelbar an der (nach diesseitiger Auffassung auch öffentlichen) Zuwegung, in der sich die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage befinde.

23

Der Kläger beantragt,

24

das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 26.05.2005 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, an ihn 10.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 14.09.2001 zu zahlen.

25

Die Beklagte beantragt,

26

die Berufung zurückzuweisen.

27

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt aus: Bei der Stichstraße handele es sich um eine betrieblich-öffentliche Straße. Sie sei vom überörtlichen Verkehr in keiner Weise genutzt worden und diente allein dem an- und abfahrenden Verkehr für das im Eigentum des VEB L. stehenden Hauses sowie für das Haus des VEB K.. Maßgebend sei im vorliegenden Fall allein § 2 der Abwassersatzung, nicht die §§ 9 und 11. Aus § 9 Abs. 2 der Satzung werde im Übrigen deutlich, dass im Ausnahmefall mehrere Grundstücke bei einem gemeinsamen Grundstücksanschluss an die öffentliche Abwasseranlage angeschlossen werden könne. Selbst wenn früher die Leitungen Teil der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage gewesen seien, so seien diese abgerissen und dafür Grundstücksanschlüsse gelegt worden. Es komme daher nicht darauf an, ob die Leitungen ursprünglich einmal im Eigentum der Beklagten gestanden hätten.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

29

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat durch das angefochtene Urteil die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

30

I. 1. Der Vertrag zwischen dem Kläger, der X. und der Beklagten vom 19.07./23.07.2001 bietet keine Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Zahlungsanspruch. Nach Ziffer 3 des Vertrags lassen die drei Parteien die Frage, welche der Parteien und ggf. in welchem Umfang die Kosten der Erneuerungsmaßnahme zu tragen hat, ausdrücklich offen.

31

2. Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht einen Anspruch nach den Grundsätzen der öffentlichen Geschäftsführung ohne Auftrag abgelehnt. Dies ergibt sich aus dem Vorrang der vertraglichen Vereinbarung. Ziffer 3 des Vertrags ist so zu verstehen, dass der Beklagte eine Geschäftsführung ohne Auftrag gegen ihren Willen nicht als Grundlage eines Zahlungsanspruches begründen oder anerkennen wollte.

32

II. Angesichts des Umstandes, dass der Kläger - zugleich für die X. - Zahlungen geleistet hat, kommt - mit dem Verwaltungsgericht - als Anspruchsgrundlage allein der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch in Betracht. Voraussetzung für diesen Anspruch ist, dass der Kläger bzw. die X. ohne Rechtsgrund die Zahlungen im Zusammenhang mit der Sanierung der Leitungen geleistet hat. Die Zahlungen wären in diesem Sinne rechtsgrundlos erfolgt, wenn der Kläger nicht etwaige Kosten der Beklagten für Arbeiten an den Abwasserleitungen hätte erstatten müssen. Dies ist nicht der Fall.

33

1. Maßgebend ist für Grundstücks- und Hausanschlussleitungen an öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlagen § 10 Kommunalabgabengesetz - KAG M-V a.F. - vom 11. April 1991 (GVOBl. M-V S. 113) bzw. § 10 Kommunalabgabengesetz - KAG M-V n.F. - in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. April 2005 (GVOBl. M-V 2005, S. 146). Sie enthalten eine Spezialregelung, die allgemeinen Regelungen vorgeht (Dietzel in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 10 Rdn. 6 mwN; Aussprung in ders./Holz/Siemers, Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern, Stand März 2008 § 10 Anm. 3.3). Sofern die Leitung als Teil der Abwasseranlage zu rechnen ist, erfolgt im Übrigen eine Refinanzierung über Beiträge und Gebühren nach §§ 4 und 9 KAG M-Va.F. bzw. §§ 4 und 9 KAG M-V n.F.

34

Nach § 10 KAG M-V a.F. kann der Kostenersatz für Haus- und Grundstücksanschlüsse in verschiedener Art und Weise ausgestaltet sein. Der Ortsgesetzgeber kann den Kostenersatz als Beitrag ausgestalten. Dies wiederum kann in der Weise geschehen, dass die Kosten der Anschlüsse als unselbständiger Bestandteil in den zu erhebenden Anschlussbeitrag einkalkuliert werden (§ 10 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V a.F.). Als weitere Möglichkeit bietet sich an, für die Kosten der Anschlüsse einen gesonderten Beitrag zu erheben (§ 10 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V a.F. ). Neben den beiden beitragsrechtlichen Lösungen steht dem Ortsgesetzgeber ferner die Möglichkeit zur Seite, einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zu normieren. Wird ein solcher öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch vorgesehen, kann der Ortsgesetzgeber bestimmen, dass der tatsächliche Aufwand des Anschlusses maßgeblich sein soll; als weitere Möglichkeit kommt in Betracht, den Aufwand zu pauschalieren, indem Einheitssätze zugrundegelegt werden (§ 10 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V a.F.). Schließlich besteht gemäß § 10 Abs. 1 Satz 4 KAG M-V a.F. die Möglichkeit, bei der Berechnung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches die Abwasserleitung fiktiv als in der Mitte der Straße verlaufend anzusehen. Damit stehen dem Ortsgesetzgeber nicht weniger als fünf verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten seines Organisationsermessens bezüglich der Kostenerstattung für Haus- und Grundstücksanschlüsse zur Verfügung (OVG Greifswald, B. v. 02.03.1995 - 6 M 211/94; B. v. 04.01.1999 - 1 L 162/97 - NordÖR 1999, 164; B. v. 01.02.2001 - 1 M 80/00 - NVwZ-RR 2001, 401 = KStZ 2002, 18). Ob eine vertraglich abweichende Regelung zulässig wäre, bedarf keiner Entscheidung, da der Vertrag zwischen den Beteiligten aus Juli 2001 eine solche gerade nicht trifft sondern die gesetzliche Regelung gelten lassen will, über deren Inhalt Dissens besteht.

35

Der Erstattungsanspruch nach § 10 Abs. 1 KAG a.F. setzt eine hinreichend klare und eindeutige Bestimmung im Ortsrecht über den Umfang der öffentlichen Einrichtung voraus. Das KAG in Mecklenburg-Vorpommern unterscheidet sich erheblich von den Kommunalabgabengesetzen anderer Länder (so z.B. § 10 Abs. 3 KAG NRW), weil es im Hinblick auf die Frage, ob die Haus- und/oder Grundstücksanschlussleitungen Bestandteil der öffentlichen Einrichtung sind, neutral formuliert ist. Die Gemeinden bzw. Verbände können und müssen im Anschlussbeitragsrecht daher den Umfang der von ihnen betriebenen öffentlichen Einrichtung durch Satzung bestimmen. Es bedarf stets einer ortsgesetzgeberischen Entscheidung, ob die öffentliche Einrichtung bei Abwasser mit dem Hauptsammler in der Straße enden soll, oder ob auch die Grundstücksanschlussleitung (die Strecke bis zur Grundstücksgrenze) und/oder auch noch die Hausanschlussleitung (Strecke zwischen Grundstücksgrenze und Gebäude) zur öffentlichen Einrichtung gehören soll. Eine Definition der öffentlichen Einrichtung ist deshalb zwingende Voraussetzung für die Erhebung von Anschlusskosten, weil § 10 KAG a.F. - wie ausgeführt - unterschiedliche Möglichkeiten des Kostenersatzes für Haus- und Grundstücksanschlüsse vorsieht. Eine Einbeziehung der Haus- und Grundstücksanschlusskosten in den Anschlussbeitrag scheidet aus, wenn die Anschlussleitung nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung ist. Auch die Erhebung eines eigenen Beitrages kommt nur dann und insoweit in Betracht, wie die Haus- und Grundstücksanschlussleitungen zu Teilen der öffentlichen Einrichtung erklärt worden sind. Umgekehrt hat die Bestimmung z.B. der Grundstücksanschlussleitungen zu Teilen der öffentlichen Einrichtung zur Folge, dass Aufwendungen für ihre Herstellung nur über Beiträge gedeckt werden können, und ein Erstattungsanspruch nicht in Betracht kommt. Lediglich dann, wenn die Haus- bzw. Grundstücksanschlussleitungen nicht Teil der öffentlichen Einrichtung sind, kommt eine Kostenerstattung im Wege eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs nach § 10 Abs. 1 Satz 3 KAG in Betracht. Hierbei kommt - sofern durch den Ortsgesetzgeber bestimmt - die Mittenregelung des § 10 Abs. 1 Satz 4 KAG zur Anwendung (so OVG Greifswald, B. v. 23.08.2000 - 1 M 62/00 - NVwZ-RR 2001, 181 = NordÖR 2001, 173).

36

2. Die Beklagte hat eine solche Abgrenzungsregelung getroffen.

37

Maßgebende Rechtsgrundlage hierfür ist § 40 Abs. 1 des Wassergesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern (LWaG) vom 30.11.1992 (GVOBl. M-V 1992, S. 669) in der zum Zeitpunkt des Vertrags maßgebenden Fassung des Gesetzes vom 02.03.1993 (GVOBl. M-V S. 178). Danach obliegt die Abwasserbeseitigung den Gemeinden im Rahmen der Selbstverwaltung, soweit sie nicht nach Absatz 4 anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts übertragen wurden. Nach Abs. 2 ist anfallendes Abwasser dem Beseitigungspflichtigen zu überlassen. Die Beseitigungspflichtigen können durch Satzung bestimmen, wie ihnen das angefallene Abwasser zu überlassen ist. Der Gemeinde ist diese Aufgabe als Selbstverwaltungsaufgabe übertragen. Sie ist daher berechtigt, Einzelheiten durch Satzung zu regeln (Kotulla, Wasserhaushaltsgesetz, Komm. 2003 § 18 a Rdn. 30). Diese Ermächtigungsgrundlage umfasst auch die Regelung des Umfanges der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage (Gieseke/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, 8. Aufl. 2003 § 18a Rn. 27). Somit ist für die Frage, welchen Umfang die öffentliche Einrichtung hat, die Entwässerungssatzung heranzuziehen. Maßgeblich für den Begriff der Einrichtung ist nicht die technische Ausgestaltung, sondern grundsätzlich die rechtliche Bestimmung durch die Gemeinde (vgl. OVG Greifswald, U. v. 15.03.1995 - 4 K 22/94 - KStZ 1996, S. 114, 115 m.w.N.). Auch die Eigentumsverhältnisse an den Leitungen sind unerheblich (vgl. Aussprung a.a.O. § 10 Anm. 4.5.2.).

38

Die Satzung über die Abwasserbeseitigung - AWS - vom 09.03.2000, zuletzt geändert durch Beschluss der Stadtvertretung vom 24.10.2002 lautet auszugsweise:

39

§ 1 Abwasserbeseitigungspflicht, öffentliche Einrichtung

40

(1) Die Stadt Y. errichtet und betreibt zur Erfüllung ihrer Abwasserbeseitigungspflicht Abwasseranlagen als jeweils eine einheitliche öffentliche Einrichtung

41

1. zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung

42

2. zur zentralen Niederschlagsbeseitigung und

43

3. zur dezentralen Schmutzwasserbeseitigung.

44

(2) Art, Lage und Umfang der öffentlichen Abwasseranlagen sowie den Zeitpunkt ihrer Herstellung, Erweiterung, Erneuerung, Veränderung oder Beseitigung bestimmt die Stadt Y.. (...)

45

§ 2 Begriffsbestimmungen

46

3. Öffentliche Abwasseranlagen

47

Zur den öffentlichen Abwasseranlagen im Sinne dieser Satzung gehören

48

a) das gesamte öffentlich städtische Entwässerungsnetz einschließlich aller technischen Einrichtungen, insbesondere Straßenkanäle, Abwasserpumpwerke, Regenrückhalte- und Regenüberlaufbecken, offene und geschlossene Gräben, soweit sie von der Stadt Y. entsprechend ihrer jeweiligen Zweckbestimmungen und im Einklang mit den Vorschriften des Wasserrechts zur öffentlichen Abwasserbeseitigung benutzt werden, Druckentwässerungsanlagen, auch auf privaten Flächen, sofern die Stadt sie betreibt,

49

b) die Kläranlage Y. - P., einschließlich aller technischen Einrichtungen sowie der Betriebshof. Die Einbeziehung der Kläranlage erfolgt dabei anteilmäßig entsprechend des Mitbenutzungsrechtes,

50

c) Anlagen und Einrichtungen, die nicht von der Stadt Y. selbst, sondern von Dritten hergestellt oder unterhalten werden, wenn sich die Stadt Y. dieser Anlagen für die Abwasserbeseitigung bedient. (...)

51

6. Grundstücksanschluss

52

Grundstücksanschluss im Sinne dieser Satzung ist der Kanal vom öffentlichen Straßenkanal bis einschließlich des ersten Kontrollschachtes an der Grundstücksgrenze, bei Nichtvorhandensein eines Kontrollschachtes die Grundstücksgrenze selbst. Der Grundstücksanschluss ist Bestandteil der öffentlichen Abwasseranlage.

53

7. Grundstücksentwässerungsanlagen

54

Grundstücksentwässerungsanlagen im Sinne dieser Satzung sind die Einrichtungen, die der Sammlung, Vorbehandlung, Prüfung, Rückhaltung, Ableitung und Klärung des Abwassers auf dem Grundstück dienen. Dazu gehören insbesondere Abwassereinläufe, Hebeanlagen, Rückstausicherungen, Kleinkläranlagen, Abwasservorbehandlungsanlagen, Abscheideanlagen, Sickeranlagen, Regenrückhaltebecken sowie Speicherräume und Abwasserleitungen einschließlich deren Absperrvorrichtungen, Reinigungsschächte und -öffnungen. Zu den Abwasserleitungen gehören insbesondere auch Grundleitungen (auf dem Grundstück im Erdbereich unter Baukörpern und sonst im Erdbereich verlegte Leitungen).

55

8. Grundstück

56

Grundstück im Sinne dieser Satzung ist unabhängig von der Eintragung im Liegenschaftskataster und Grundbuch und ohne Rücksicht auf die Bezeichnung durch Hausnummern jeder zusammenhängende Grundbesitz, der eine selbständige wirtschaftliche Einheit bildet, sowie alle privaten und öffentlichen Straßen, Wege und Plätze, auf die sich die Abwasserbeseitigungspflicht der Stadt erstreckt. Befinden sich auf dem Grundstück mehrere bauliche Anlagen, so können für jede dieser Anlagen die für Grundstücke maßgeblichen Vorschriften dieser Satzung angewandt werden, die Entscheidung hierüber trifft die Stadt Y..

57

§ 4 Begrenzung des Anschlussrechtes

58

(1) Das Anschlussrecht besteht für solche Grundstücke, die an eine Straße grenzen, in der eine betriebsfertige und aufnahmefähige Abwasseranlage vorhanden ist, oder zu denen hin der Anschlussberechtigte einen eigenen dinglich und zusätzlich durch Baulast gesicherten Zugang von der Straße her einschließlich eines Leitungsrechtes hat.

59

§ 9 Grundstücksanschlüsse

60

(1) Jedes Grundstück, für das Anschlusszwang besteht (§ 6), ist entsprechend dem bestehenden Anschluss und Benutzungszwang für dieses Grundstück unterirdisch mit einem eigenen Grundstücksanschluss unmittelbar an den Mischwasserkanal der öffentlichen Abwasseranlagen, bei Trennsystem je durch einen entsprechenden Grundstücksanschluss für Schmutz- und Niederschlagswasser, an die öffentlichen Abwasseranlagen anzuschließen.

61

(2) Die Stadt Y. kann in Ausnahmefällen zulassen, dass mehrere Grundstücke über einen gemeinsamen Grundstücksanschluss an die öffentlichen Abwasseranlagen angeschlossen werden. In besonders begründeten Einzelfällen kann die Stadt Y. auch für ein Grundstück mehrere Grundstücksanschlüsse über Abs. 1 dieser Regelung hinausgehend verlangen.

62

(3) Wird ein Grundstück nach seinem Anschluss in mehrere Grundstücke geteilt, so gelten die vorstehenden Absätze, für jedes neue Grundstück entsprechend.

63

(5) Die Herstellung, Veränderung sowie die Beseitigung von Grundstücksanschlüssen führt die Stadt Y. oder ein von ihr beauftragtes Unternehmen auf Kosten des Anschlusspflichtigen aus. Grundlage hierfür sind die baurechtlich genehmigten Bauvorlagen.

64

(6) Der Anschlussberechtigte hat ggf. der Stadt Y. unverzüglich mitzuteilen, dass am Grundstücksanschluss Betriebsstörungen oder Mängel aufgetreten sind oder dass der Grundstücksanschluss nicht mehr benutzt wird und daher verschlossen oder beseitigt werden muss.

65

§ 11 Grundstücksentwässerungsanlagen

66

(1) Der Anschlussberechtigte hat alle Grundstücksentwässerungsanlagen unter Beachtung der technischen Vorschriften für den Bau und Betrieb der betreffenden Anlagen herzustellen und in einem diesen Vorschriften entsprechenden Zustand zu unterhalten, insbesondere deren Dichtigkeit zu gewährleisten (DIN 1986, Teil 30).

67

(2) Gegen einen etwaigen Rückstau des Abwassers aus der öffentlichen Abwasseranlagen in die angeschlossenen Grundstücke hat sich der Anschlussberechtigte bis zur Straßenoberkante vor dem Grundstück selbst zu schützen.

68

Diese Regelungen orientieren sich ersichtlich an dem gängigen terminologischen Verständnis. Unter Grundstücksanschluss ist danach bei leitungsgebundenen Einrichtungen die Leitung zu verstehen, mit der das zu ver- oder entsorgende Grundstück oder Gebäude mit der Sammelleitung, die im Allgemeinen in der Straße oder neben der Straße verlegt ist, verbunden wird. Die Anschlussleitung liegt in aller Regel zum Teil im öffentlichen Straßengrund und zum Teil in privatem Grund (BayVerfGH, Entsch. v. 20.11.2003 - Vf.12-VII-02 - BayVBl 2004, 138). In diesem Sinne sind auch § 2 Nr. 3 Buchst. a) und Nr. 6 AWS zu verstehen. Sammelleitungen sind die Kanalleitungen zur Sammlung und Weiterleitung der über die Kanalanschlussleitung von den angeschlossenen Grundstücken kommenden Abwässer bis zum Auslauf des Kanalnetzes. Diese Funktion wird auch aus § 2 Nr. 3 Buchst. a) AWS deutlich, der von Entwässerungs"netz" spricht.

69

§ 9 Abs. 1 AWS bestimmt, dass ein Grundstück unterirdisch mit einem eigenen Grundstücksanschluss unmittelbar an den Mischwasserkanal der öffentlichen Abwasseranlagen, bei Trennsystem durch einen entsprechenden Grundstücksanschluss für Schmutzwasser angeschlossen werden muss. Damit beginnt der Grundstückanschluss, wie auch § 2 Nr. 3 Buchst. a AWS bestimmt, an dem öffentlichen Straßenkanal (vgl. Dietzel a.a.O. § 10 Rdn. 15). Ihm schließt sich an der anderen Seite - ohne dass dieser Begriff in der Satzung ausdrücklich genannt wird - die Hausanschlussleitung an. Sie beginnt nach § 2 Nr. 6 AWS am ersten Kontrollschacht an der Grundstücksgrenze (der öffentlichen Straße und des Anliegrundstücks), bei Nichtvorhandensein eines Kontrollschachtes an der Grundstücksgrenze selbst. Damit ist bestimmt, dass die Hausanschlussleitungen (Strecke zwischen erstem Kontrollschacht an der Grundstücksgrenze bzw. Grundstücksgrenze und Gebäude) nicht zur öffentlichen Einrichtung gehören (vgl. Aussprung a.a.O. § 10 Anm. 4.1.). Danach ist wesentlich, dass der Grundstückanschluss im öffentlichen Straßenraum verläuft, während der Hausanschluss auf dem Privatgrundstück liegt (Dietzel a.a.O.).

70

Damit sind Hausanschlussleitung nicht als Teil der öffentlichen Abwassereinrichtung bestimmt.

71

§ 11 AWS bestimmt, dass diese als Teil der Grundstücksentwässerungsanlagen von den Anschlussberechtigten zu unterhalten sind. Es ist nicht vorgesehen, dass die Beklagte Hausanschlüsse errichtet und unterhält. Es ist somit auch keine Regelung veranlasst, die Ansprüche der Beklagten gegenüber Grundstückseigentümern begründet. Vielmehr haben diese die Kosten von vornherein selbst zu tragen, da sie Teil der privaten Anlage ist (Aussprung a.a.O. § 10 Anm. 4.2). Eine normative Zuweisung dieser Pflicht an den Anschlussnehmer würde lediglich deklaratorische Bedeutung haben. Sie brächte nämlich nur die Selbstverständlichkeit zum Ausdruck, dass derjenige, der sich im eigenen (Sonder-)Interesse - wie etwa zur Erfüllung seiner Anschluss- und Benutzungspflicht - an den öffentlichen Abwasserkanal anschließen will oder muss, grundsätzlich selbst (auf eigene Kosten) den Anschluss herzustellen und instandzuhalten hat. Einer diese Handlungs- und die ihr korrespondierende Kostentragungspflicht konstitutiv begründenden Übertragung auf den Anschlussnehmer bedarf es nicht; diese Pflichten liegen vielmehr a priori - ohne dass es überhaupt einer satzungsrechtlichen Erwähnung bedürfte - bei demjenigen, der sein Grundstück an die öffentliche Anlage selbst anschließt. Was gelten würde, wenn die Beklagte die Handlungspflichten bezüglich des nicht zur öffentlichen Anlage gehörenden Anschlusses durch Satzung als öffentliche Aufgabe übernommen und dem Anschlussnehmer nach Maßgabe des § 10 KAG M-V lediglich die Zahlungspflicht auferlegt hätte - was allerdings nur für die Kosten in Betracht kommt, die der Gemeinde bei der Durchführung solcher Herstellungs- oder Instandhaltungsarbeiten entstehen, die im Sonderinteresse des Anschlussnehmers liegen - bedarf danach hier keiner Entscheidung (vgl. OVG Münster, U. v. 10.10.1997 - 22 A 2742/94 - NWVBl 1998, 198).

72

3. Diese Satzungsregelung der Beklagten der AWS begegnet keinen Bedenken. Die Gemeinde kann unter Ausübung ihres weiten Organisationsermessens, das nur beschränkt gerichtlich überprüfbar ist, bestimmen, was zur öffentlichen Einrichtung Abwasseranlage gehört. Im Rahmen ihres Organisationsermessen können die Gemeinden entscheiden, ob sie die Grundstücks- und Hausanschlüsse überhaupt nicht oder alle beide oder nur die Grundstücksanschlüsse zum Bestandteil der öffentlichen Einrichtung bestimmen. In der Praxis werden Grundstücksanschlüsse und Hausanschlüsse entweder überhaupt nicht zum Bestandteil der öffentlichen Abwasseranlage erklärt oder es werden lediglich die Grundstücksanschlüsse, d.h. die Anschlussleitungen vom Hauptkanal bis zur privaten Grundstücksgrenze zum Bestandteil der öffentlichen Einrichtung bestimmt, während die Hausanschlussleitungen, d.h. die Anschlussleitungen auf dem Privatgrundstück nicht zur öffentlichen Einrichtung gehören (vgl. OVG Schleswig, U. v. 24.06.1998 - 2 L 188/96; Dietzel a.a.O. § 10 Rz. 16). Zwar mag es Fälle geben, in denen der Grundsatz der Gleichbehandlung zu einer bestimmten Regelung zwingen mag (vgl. OVG Greifswald, 15.03.1995 - 4 K 22/94 - KStZ 1996, 114). Dies ist hier nicht erkennbar.

73

Die Beklagte musste entgegen der Ansicht des Klägers nicht dem Umstand besonders Rechnung tragen, dass in der Südstadt die Aufgabe der Abwasserentsorgung ursprünglich nicht durch die Eigentümer der anliegenden Grundstücke zu tragen war, sondern durch öffentliche Träger und dass hier Wohnumfeldverbesserungsmaßnahmen durchgeführt wurden. Hausanschlüsse nicht der öffentlichen Abwasseranlage zuzurechnen, ist grundsätzlich wegen des Sondervorteils, der darin für die Grundstückseigentümer liegt, sachgerecht. Eine Art Vertrauensschutz ist angesichts der allgemeinen Privatisierung der Wohnungen und des Wohnheimes nicht gegeben.

74

4. Die hier betroffenen Leitungen sind als Hausanschlussleitungen zu qualifizieren.

75

a) Der Charakter der hier in Rede stehenden Leitung als Stichleitung macht bereits deutlich, dass es sich nicht um eine Sammelleitung handelt. Sie dient vielmehr allein der Abwasserbeseitigung aus den Gebäudeblöcken Nr. 62 bis 69 und Nr. 70 bis 74. In diesem Bereich sind insgesamt drei Schächte vorhanden. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte unter der Geltung der Normen des Landeswassergesetzes, des Kommunalabgabengesetzes und der Kommunalverfassung die Leitung auf diesem Grundstück selbst - als Teil der Abwasserbeseitigungsanlage - betrieben hat (§ 2 Nr. 3 Buchstabe a am Ende). Auf die Verhältnisse vor In-Kraft-Treten dieser Regelungen kommt es nicht an. Die hier betroffene Leitung hat erkennbar ein Sonderinteresse zur Versorgung der genannten Baulichkeiten zum Gegenstand. Nach Sinn und Zweck der Regelung der Beklagten fällt sie daher nicht unter die öffentliche Abwasseranlage.

76

b) Es handelt sich auch nicht um einen Grundstückanschluss.

77

§ 2 Nr. 3 a AWS bestimmt, dass er an öffentlichen Straßenkanal anschließt und am ersten Kontrollschacht an der Grundstücksgrenze (der öffentlichen Straße und des Anliegrundstücks), bei Nichtvorhandensein eines Kontrollschachtes die Grundstücksgrenze selbst endet. Es handelt es sich bei der Fläche, in die die streitbefangenen Leitungen verlegt sind, nicht um wegerechtlich öffentliche, sondern um private Flächen. Sie beginnt unmittelbar mit der Einmündung der Zufahrt aus dem Hof V in die R.straße.

78

Die Wegefläche, die von der R.straße in das Geviert abzweigt, ist keine öffentliche Straße im Sinne des § 1 Straßen- und Wegegesetz Mecklenburg-Vorpommern - StrwG MV -. Da die Straße nicht unter der Geltung des § 7 StrWG MV gewidmet worden ist, kommt es darauf an, ob sie kraft Überleitungsrechts öffentlich ist. Bei der Prüfung, ob eine Straße gemäß § 62 Abs 1 Satz 1 StrWG MV nach bisherigem Recht die Eigenschaft einer öffentlichen Straße besitzt, ist jeweils für den maßgebenden historischen Zeitpunkt zu ermitteln, welche Anforderungen nach damals geltendem Recht zu erfüllen waren. Dabei sind diejenigen Vorschriften maßgeblich, unter denen die Straße erstellt bzw. von der Öffentlichkeit benutzt wurde (OVG Greifswald, B. v. 13.02.2002 - 1 L 151/00 - NordÖR 2002, 324 = LKV 2003, 143). Da die Straße nach 1974 entstanden sein soll, ist die Straßenverordnung - StrVO DDR 1974 - vom 22.08.1974 (GBl DDR I S. 515) maßgebend. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 StrVO DDR 1974 entschied der Rat der Stadt bzw. der Gemeinde durch Beschluss über die öffentliche Nutzung und über die Zuordnung zu den Straßen, die ausschließlich der öffentlichen Nutzung dienten, oder zu den betrieblich-öffentlichen Straßen. Das Fehlen eines förmlichen Beschlusses i.S.d. § 4 Abs. 1 StrVO DDR 1974 steht allerdings der Öffentlichkeit der Straße nach dem DDR-Recht nicht entgegen (vgl. BVerwG, U. v. 30.10.2002 - 8 C 24.01 - ZOV 2003, 51, 52 m.w.N.). Insoweit wird zu Recht auf den maßgeblichen straßenrechtlichen DDR-Kommentar (Bönninger/Knobloch: Themenreihe Verwaltungsrecht der DDR, Das Recht der öffentlichen Straßen, Karl-Marx-Universität Leipzig 1978, S. 11, zit. nach OVG Magdeburg, U. v. 14.08.2007 - 4 L 400/06 - juris) abgestellt, in dem es u.a. heißt: "Die Straße, die zunächst Bauwerk ist, wird zu einer öffentlichen Straße in dem Zeitpunkt, in dem das Bauwerk Straße abgenommen wird und durch den Rechtsträger und die Deutsche Volkspolizei, die die Verkehrssicherheit der Straße bescheinigt, für die öffentliche Nutzung freigegeben wird. Beim Neubau einer Straße ist die Freigabe für die öffentliche Nutzung der Akt, durch den die Straße zu einer öffentlichen wird. Diese Freigabeerklärung erfolge in der Regel durch Anschluss an das bestehende Straßennetz (symbolisch durch das Zerschneiden eines Bandes, das die bisherige Baustelle vom öffentlichen Straßennetz trennt) und durch öffentliche Bekanntmachung." Es muss aber wenigstens festgestellt werden können, dass eine Nutzung zu Verkehrszwecken stattfand.

79

Dies ist hier nicht erkennbar. In § 3 Abs. 1 Satz 2 StrVO DDR 1974 wird zur Frage der öffentlichen Nutzung auf die Zweckbestimmung der öffentlichen Straßen und ihren straßenbau- und verkehrstechnischen Zustand abgestellt. Voraussetzung für die öffentliche Nutzung war ein nicht nur auf einen individuell feststehenden Personenkreis beschränkter, sondern der Allgemeinheit ungehindert offen stehender Verkehr. Vorliegend war der Verkehr durch die Ausgestaltung der Straße als Stichstraße erheblich eingeschränkt; sie diente lediglich der Erreichbarkeit der anliegenden Wohngebäude. Dass die Straße und die Parkplätze von der Allgemeinheit benutzt worden sind, ist angesichts der tatsächlichen Umstände nicht ersichtlich; die gegenteilige Behauptung hat die Klägerin nicht weiter belegt. Die Lage des Weges im Straßennetz der Beklagten sowie der Zweck der Stichstraße sprechen damit gegen einen allgemeinen Verkehr im Sinne des § 3 Abs. 1 StrVO DDR 1974 (OVG Magdburg, U. v. 14.08.2007 - a.a.O.).

80

Etwas anderes ergäbe sich auch nicht, wenn man mit dem Kläger von einer betrieblich-öffentlichen Straße ausginge. Nach § 3 Abs. 3 StrVO DDR 1974 sind auch solche Straßen öffentlich, "die überwiegend den Interessen ihrer Rechtsträger oder Eigentümer und daneben der öffentlichen Nutzung dienen". Diese Regelung ist in der Ersten Durchführungsbestimmung zur Straßenverordnung vom 22.08.1974 (GBl der DDR I, 522) unter § 1 Abs. 1 vierter Spiegelstrich näher erläutert. Danach gehören Parkplätze, deren Benutzung überwiegend einem begrenzten Personenkreis vorbehalten ist und die außerhalb der Straßenbegrenzungslinien liegen, z.B. Parkplätze für Hotels, Betriebe, Einrichtungen "in der Regel" zu den betrieblich-öffentlichen Straßen. Das setzt voraus, dass die betroffene Fläche neben ihrer Hauptnutzung als Betriebsparkplatz auch noch einem speziellen öffentlichen Nutzungszweck dienen muss. Eine mögliche gelegentliche Nutzung der Fläche durch private Dritte erfüllt diese Voraussetzung noch nicht (BVerwG, U. v. 12.12.2001 - 8 C 30/00 - ZOV 2002, 118 = VIZ 2002, 339, zit. nach juris). Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Grundstück neben der -unterstellten - betrieblichen Verwendung einem derartigen speziellen öffentlichen Nutzungszweck - als Parkfläche für die Allgemeinheit - dienen sollte und tatsächlich diente. Eine gelegentliche Nutzung des Geländes zu Parkzwecken durch Dritte, die nur vereinzelt und lediglich rein faktisch erfolgte, würde nicht genügen (BVerwG a.a.O.)

81

Fraglich ist, ob gleichwohl trotz fehlender öffentlicher Nutzung die Öffentlichkeit durch einen staatlichen Akt begründet werden konnte. Erforderlich wäre dann jedenfalls eine Freigabe für die öffentliche Nutzung durch die zuständigen Stellen. Eine solche Freigabe ging über die Duldung der wegemäßigen Benutzung einer Straße durch Dritte hinaus. Als zuständige Stelle war nach der StrVO DDR 1974 für die jeweilige Straße der nach ihrer Freigabe zuständige Rechtsträger oder eine von ihm dazu beauftragte Stelle anzusehen. Als Nachweis für eine Freigabe zur öffentlichen Nutzung käme ein (deklaratorischer) Beschluss nach § 4 Abs. 1 Satz 1 StrVO DDR 1974, die Vorlage einer Straßendatei oder eines Bestandsverzeichnisses oder die Vorlage sonstiger Urkunden oder Beweismittel, aus denen sich ein entsprechender Vorgang ergibt, in Betracht. Dabei musste ein entsprechender Wille der zuständigen Stelle in hinreichender Weise nach außen erkennbar geworden sein. Eine Vermutung für die Öffentlichkeit einer Straße lässt sich der StrVO DDR 1974 aber nicht entnehmen (vgl. OVG Magdeburg, U. v. 14.08.2007 - a.a.O.). Solche Nachweise oder zumindest Indizien für eine solche Freigabe sind nicht erkennbar. Sie liegen entgegen der Ansicht des Klägers nicht in der Verlegung der Versorgungsleitungen in der Straße oder in dem Betreiben der Straßenbeleuchtung durch den Rat der Stadt. Die Verlegung von Versorgungsleitungen konnte durch den VEB W. auch in nicht öffentlichen Flächen erfolgen. Es konnte ein Mitbenutzungsrecht an dem Grundstück zur Errichtung, zum Betrieb und zur Instandhaltung der streitigen Wasserversorgungs- und Abwasserleitungen eingeräumt werden. Die Einräumung des Mitbenutzungsrechts erfolgte aufgrund der Vorschriften des DDR-Wasserrechts (vgl. § 27 des Wassergesetzes vom 17. April 1963, GBl. DDR I S. 77, sowie zuletzt § 40 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c i.V.m. § 46 Satz 2 des Wassergesetzes vom 02. Juli 1982, GBl. DDR I S. 467). Das Zivilgesetzbuch der DDR von 1975 verwies insoweit in § 321 Abs. 4 auf die für die Mitbenutzung von Grundstücken zum Zwecke der Wasserwirtschaft bestehenden besonderen Rechtsvorschriften (BGH U. v. 02.04.1998 - III ZR 251/96 - BGHZ 138, 281 = VIZ 1998, 401). Das Betreiben der Straßenbeleuchtung durch den Rat der Stadt würde sich aus dem Umstand erklären, dass diese Flächen in deren Rechtsträgerschaft standen und sie daher verkehrssicherungspflichtig war.

82

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass ein Teil der Fläche Eigentum eines VEB war. Dass das Grundstück als "Eigentum des Volkes" eingetragen war und sich in der Rechtsträgerschaft des Rates der Stadt Y. befand, ist kein Nachweis für eine Freigabe für den öffentlichen Verkehr. Zwar befanden sich Straßen, die ausschließlich der öffentlichen Nutzung dienten, gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 StrVO DDR 1974 in der Rechtsträgerschaft der zuständigen Staatsorgane, bei Stadt- und Gemeindestraßen waren dies nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Spiegelstrich 1 StrVO DDR 1974 die Räte der Städte bzw. Gemeinden. Die Aufgaben der Rechtsträger (u. a. Instandhaltung) richteten sich nach § 10 StrVO DDR 1974. Jedoch war mit der Rechtsträgerschaft der Straße bzw. dem Eigentum an der Straße allein nicht schon eine Entscheidung über deren öffentliche Nutzung verbunden. Die Tatsache der Rechtsträgerschaft ist hier noch nicht einmal ein Indiz für eine Freigabe zur öffentlichen Nutzung. Denn die Rechtsträgerschaft war nicht auf die Straßenfläche beschränkt, sondern erfasste das gesamte Grundstück (vgl. OVG Magdeburg a.a.O).

83

Gegen die Annahme einer öffentlichen Straße spricht, dass die Beteiligten in Zusammenhang mit anderen Rechtsverhältnissen offenbar einvernehmlich davon ausgehen, dass es sich um eine Privatstraße handelt. Dies wird zunächst durch die Veräußerung der Wegefläche deutlich. Zwar unterliegt eine wegerechtlich öffentliche Fläche nicht einem Veräußerungsverbot. Jedoch geht das Straßen- und Wegegesetz MV davon aus, dass der Straßenbaulastträger anstrebt, Eigentümer der gewidmeten Fläche zu sein oder zu werden (§§ 18 Abs. 1 und 19 Abs. 1 und 2 StrWG MV). Gegen die Annahme der Öffentlichkeit der Wegefläche spricht auch, dass auf dieser Fläche ein Wegerecht zur Errichtung der hinterliegenden Wohnungen 62 - 69 eingeräumt wurde; dessen bedarf es nicht, wenn der Fläche wegerechtlich öffentlich ist, da dann an ihr Gemeingebrauch (§ 21 StrWG MV) besteht. Schließlich spricht dagegen die Vermietung der angrenzenden Parkplätze an Bewohner; diese wären als unselbständige Parkplätze nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 StrWG MV Bestandteil der öffentlichen Straße.

84

Der Grundstücksanschluss endet somit unmittelbar an der Grundstücksgrenze zur R.straße mit der Einmündung der Zufahrt, unabhängig davon, in wessen Eigentum das angrenzende Grundstück steht. Sowohl für den Regen- wie den Abwasserkanal sind dort Schächte eingebracht. Die nächstgelegenen weiteren Schächte in Höhe der Mitte der vorderen rechten Parkplatzreihe bzw. in Höhe der Hauskante des Blocks Nr. 70 - 74 erfüllen nicht mehr das Merkmal "Kontrollschacht an der Grundstücksgrenze". Somit stellen die Leitungen von der Grundstücksgrenze zur R.straße ab rechtlich einen Hausanschluss dar, sodass der Kläger bzw. die X. die Kosten zu tragen hatte.

85

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

86

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 ff. ZPO.

87

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), sieht der Senat nicht.

(1) Der Hausanschluß besteht aus der Verbindung des Verteilungsnetzes mit der Kundenanlage. Er beginnt an der Abzweigstelle des Verteilungsnetzes und endet mit der Hauptabsperrvorrichtung.

(2) Art, Zahl und Lage der Hausanschlüsse sowie deren Änderung werden nach Anhörung des Anschlußnehmers und unter Wahrung seiner berechtigten Interessen vom Wasserversorgungsunternehmen bestimmt.

(3) Hausanschlüsse gehören zu den Betriebsanlagen des Wasserversorgungsunternehmens und stehen vorbehaltlich abweichender Vereinbarung in dessen Eigentum. In dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet bleibt das am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts bestehende Eigentum eines Kunden an einem Hausanschluss, den er auf eigene Kosten errichtet oder erweitert hat, bestehen, solange er das Eigentum nicht auf das Wasserversorgungsunternehmen überträgt. Hausanschlüsse werden ausschließlich von dem Wasserversorgungsunternehmen hergestellt, unterhalten, erneuert, geändert, abgetrennt und beseitigt, müssen zugänglich und vor Beschädigungen geschützt sein. Soweit das Versorgungsunternehmen die Erstellung des Hausanschlusses oder Veränderungen des Hausanschlusses nicht selbst, sondern durch Nachunternehmer durchführen läßt, sind Wünsche des Anschlußnehmers bei der Auswahl der Nachunternehmen zu berücksichtigen. Der Anschlußnehmer hat die baulichen Voraussetzungen für die sichere Errichtung des Hausanschlusses zu schaffen. Er darf keine Einwirkungen auf den Hausanschluß vornehmen oder vornehmen lassen.

(4) Das Wasserversorgungsunternehmen ist berechtigt, vom Anschlußnehmer die Erstattung der bei wirtschaftlicher Betriebsführung notwendigen Kosten für

1.
die Erstellung des Hausanschlusses,
2.
die Veränderungen des Hausanschlusses, die durch eine Änderung oder Erweiterung seiner Anlage erforderlich oder aus anderen Gründen von ihm veranlaßt werden,
zu verlangen. Die Kosten können pauschal berechnet werden.

(5) Kommen innerhalb von fünf Jahren nach Herstellung des Hausanschlusses weitere Anschlüsse hinzu und wird der Hausanschluß dadurch teilweise zum Bestandteil des Verteilungsnetzes, so hat das Wasserversorgungsunternehmen die Kosten neu aufzuteilen und dem Anschlußnehmer den etwa zuviel gezahlten Betrag zu erstatten.

(6) Soweit hinsichtlich des Eigentums am Hausanschluß und der daraus folgenden Pflichten zur Herstellung, Unterhaltung, Erneuerung, Änderung, Abtrennung und Beseitigung bestehende allgemeine Versorgungsbedingungen von Absatz 3 abweichen, können diese Regelungen auch nach Inkrafttreten dieser Verordnung beibehalten werden.

(7) Jede Beschädigung des Hausanschlusses, insbesondere das Undichtwerden von Leitungen sowie sonstige Störungen sind dem Wasserversorgungsunternehmen unverzüglich mitzuteilen.

(8) Kunden und Anschlußnehmer, die nicht Grundstückseigentümer sind, haben auf Verlangen des Wasserversorgungsunternehmens die schriftliche Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Herstellung des Hausanschlusses unter Anerkennung der damit verbundenen Verpflichtungen beizubringen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern als Gesamtschuldnern auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Grundstücksanschlusskosten (Abwasser).

2

Die Kläger sind Eigentümer des Wohngrundstücks G1.

3

Im Jahre 2009 ersetzte der Beklagte im Zuge einer gemeindlichen Straßenbaumaßnahme den vorhandenen Grundstücksanschluss ohne Kontrollschacht gegen einen solchen mit Kontrollschacht. Der Beklagte kündigte die Arbeiten mit Schreiben vom 18. Juni 2009 an. Darin heißt es weiter, dass dem Grundstückseigentümer für diese Baumaßnahme keine Kosten entstehen würden.

4

Mit Bescheid vom 13. November 2013 zog der Beklagte die Kläger zu Grundstücksanschlusskosten Abwasserbeseitigung i.H.v. 1.518,20 EUR heran. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Kläger wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2014 zurück.

5

Am 10. September 2014 haben die Kläger Anfechtungsklage erhoben. Sie sind der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. In der abgerechneten Maßnahme liege keine erstmalige Herstellung eines Grundstücksanschlusses, da das Grundstück bereits angeschlossen gewesen sei. Zudem habe der Beklagte durch die Erklärungen in dem Schreiben vom 18. Juni 2009 auf die Erhebung von Grundstücksanschlusskosten verzichtet. Jedenfalls habe er einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der einer Heranziehung der Kläger unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung entgegen stehe. Das Aufmaß sei fehlerhaft. Die Kosten- und Mengenansätze seien um mindestens 30 v.H. überhöht. Zwar könnten die Kläger den Nachweis hierfür nicht erbringen. Dies jedoch nur deshalb, weil die Kläger mit Blick auf das Schreiben des Beklagten vom 18. Juni 2009 darauf verzichtet hätten, eigene Messungen anzustellen. Die Kosten für den Holzverbau seien nicht angefallen.

6

Die Kläger beantragen,

7

den Bescheid des Beklagten vom 13. November 2013 – Kundennummer 403193 – und seinen Widerspruchsbescheid vom 27. August 2014 aufzuheben.

8

Der Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Mit Beschluss vom 9. Dezember 2014 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Der Kammer haben bei der Entscheidung die beim Antragsgegner entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

13

Er findet seine gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung über die Erstattung von Grundstücksanschlusskosten für die leitungsgebundene Abwasserbeseitigung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung Insel Usedom (Kostensatzung Abwasser – KoS) i.d.F. der 3. Änderungssatzung vom 3. September 2009. Nach § 2 Abs. 1 KoS ist der Aufwand, der erforderlich ist, das Grundstück an die öffentliche Anschlussleitung anzuschließen, dem Zweckverband in der tatsächlich entstandenen Höhe zu erstatten.

14

1. Diese Bestimmung ist nach gegenwärtiger Erkenntnis wirksam. Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 und 2 KAG M-V kann für den Aufwand, der erforderlich ist, um ein Grundstück an Versorgungs- oder Entwässerungsleitungen anzuschließen, ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch erhoben werden. Der zu deckende Aufwand kann dabei nach den tatsächlich im Einzelfall entstandenen Kosten ermittelt werden. Der Erstattungsanspruch setzt eine hinreichend klare und eindeutige Bestimmung im Ortsrecht über den Umfang der öffentlichen Einrichtung voraus. Eine Kostenerstattung im Wege eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs kommt lediglich dann in Betracht, wenn die Grundstücksanschlussleitungen nicht Teil der öffentlichen Einrichtung sind (OVG Greifswald, Urt. v. 16.07.2008 – 3 L 336/05 –, NordÖR 2009, 371). So liegt es hier. Nach § 2 Nr. 6 Satz 4 der Abwasseranschluss- und –beseitigungssatzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Insel Usedom vom 5. Dezember 2007 (Abwasseranschlusssatzung – AAS) i.d.F. der 4. Änderungssatzung vom 13. Dezember 2012 ist der Grundstücksanschluss nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung.

15

Unschädlich ist, dass der Grundstücksanschluss zu den Betriebsanlagen des Zweckverbands gehört (§ 2 Nr. 6 Satz 5 AAS). Darin liegt insbesondere kein Widerspruch zu der Bestimmung in § 2 Nr. 6 Satz 4 AAS. Denn der Begriff der Betriebsanlage ist nicht identisch oder deckungsgleich mit dem Begriff der öffentlichen Einrichtung. Während mit der Definition der öffentlichen Einrichtung entschieden wird, in welchem Bereich die Rechts- und Pflichtenbindung nach §§ 14 Abs. 2, 15 Kommunalverfassung (KV M-V) gilt, wird mit der Definition der Betriebsanlage bestimmt, in welchem Bereich eine Aufgabenzuständigkeit der Gemeinde oder des Zweckverbandes besteht. Dabei ist es so, dass die Teile der Abwasserbeseitigungsanlage, die Bestandteil der öffentlichen Einrichtung sind, immer auch zur Betriebsanlage des Einrichtungsträgers gehören. Umgekehrt müssen aber nicht alle Bestandteile der Betriebsanlage zugleich Teile der öffentlichen Einrichtung sein. Hiervon geht auch die Regelung über den Kostenerstattungsanspruch in § 10 Abs. 2 KAG M-V aus. Die Vorschrift setzt voraus, dass der Grundstücksanschluss nur zu den Betriebsanlagen des Aufgabenträgers gehört. Einerseits ließe die Einbeziehung des Grundstücksanschlusses in die öffentliche Einrichtung den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 2 KAG M-V entfallen (s.o.). Andererseits wäre die Normierung eines Ersatzanspruchs für Maßnahmen in einem Bereich, der nicht in die Aufgabenzuständigkeit des Aufgabenträgers fällt, wenig einleuchtend.

16

2. Die vom Beklagten durchgeführte Maßnahme ist erstattungsfähig.

17

a) Anhaltspunkte dafür, dass die Anlegung eines Grundstücksanschlusses mit Kontrollschacht nicht erforderlich war, sind nicht ersichtlich. Vielmehr geht § 2 Nr. 6 Satz 1 i.V.m. Nr. 7 AAS davon aus, dass in Fällen, in denen die Grundstücksentwässerung im freien Gefälle erfolgt, der Grundstücksanschluss regelmäßig über einen Kontrollschacht verfügen muss. Dies ist auch sachgerecht, denn der Kontrollschacht ermöglicht die Überprüfung, Unterhaltung und Reinigung der Rohrleitung. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem in § 2 Nr. 6 Satz 1 AAS enthaltenen einschränkenden Zusatz „soweit vorhanden“. Damit wird nicht die Erforderlichkeit eines Kontrollschachtes infrage gestellt, sondern lediglich berücksichtigt, dass es Altfälle gibt, bei denen der Grundstücksanschluss ohne Kontrollschacht angelegt wurde.

18

b) Der Erstattungsfähigkeit steht nicht entgegen, dass das klägerische Grundstück bereits vor der Durchführung der hier abgerechneten Maßnahme über einen Grundstücksanschluss für die Abwasserbeseitigung verfügt hat. Zwar stellt § 2 Abs. 1 KoS auf den Aufwand ab, der erforderlich ist, das Grundstück an die öffentliche Anschlussleitung anzuschließen. Damit ist nicht nur der Aufwand für den erstmaligen Anschluss an die öffentliche Einrichtung gemeint. Auch vorhandene Grundstücksanschlüsse, die – wie hier – den Maßgaben der Abwasseranschlusssatzung nicht entsprechen, werden von der Vorschrift erfasst. Dies ergibt sich aus einer Auslegung des § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V nach Systematik und Wortlaut. Da die Bestimmung des § 2 Abs. 1 KoS den Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V wiedergibt, sind die nachfolgenden Ausführungen zur Auslegung des § 10 KAG M-V auf die genannten Bestimmungen übertragbar.

19

Dem Aufgabenträger stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um den Kostenersatz für Grundstücksanschlüsse zu regeln. Sind diese Bestandteil der öffentlichen Einrichtung, erlaubt es § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V, den entsprechenden Aufwand in den beitragsfähigen Aufwand der Maßnahme nach § 9 KAG M-V einzubeziehen („großer Beitrag“). Dieser Aufwand ist in diesen Fällen als unselbstständiger Bestandteil in die Kalkulation des Anschlussbeitrages gemäß § 9 KAG M-V aufzunehmen. Verfährt der Aufgabenträger auf diese Weise, teilt der abgerechnete Aufwand den rechtlichen Charakter des Gesamtaufwandes. Solange sich die öffentliche Anlage einschließlich der darin einbezogenen Grundstücksanschlüsse in der Herstellungsphase befindet und noch nicht endgültig hergestellt ist, stellen sich alle notwendigen Maßnahmen an einzelnen Bestandteilen der Anlage als Herstellungsmaßnahmen dar, auch wenn sie einen Austausch vorhandener, aber den Anforderungen nicht genügender Anlagenbestandteile beinhalten (eingehend: OVG Greifswald, Beschl. v. 13.02.2013 – 4 K 16/10 –, juris Rn. 20; vgl. auch Beschl. v. 21.04.1999 – 1 M 12/99 –, juris Rn. 22). Das Merkmal „Herstellung“ i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V ist folglich nicht in einem tatsächlichen, sondern in einem rechtlichen Sinne zu verstehen. Entsprechendes gilt, wenn sich der Aufgabenträger entschließt, für die Grundstücksanschlüsse einen gesonderten („kleinen“) Beitrag i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V zu erheben. Auch dieser Beitrag kann, solange sich die Gesamtanlage in der Herstellungsphase befindet, nur ein Herstellungsbeitrag sein. Bei einer beitragsrechtlichen Lösung wäre der vorliegend abgerechnete Aufwand ohne weiteres beitragsfähig.

20

Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Grundstücksanschluss im vorliegenden Fall nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung ist, denn die maßgebliche Vorschrift des § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V zielt auf den Ersatz desselben Aufwandes. Dies folgt schon daraus, dass der Erstattungsanspruch nach § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V „anstelle“ des Beitrages nach § 10 Abs. 1 KAG M-V erhoben werden kann. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch erfasst der Sache nach denselben Sachverhalt, der durch einen Beitrag abgegolten werden kann (OVG Greifswald, Beschl. v. 08.07.2008 – 1 L 198/07 –, juris Rn. 18 und NordÖR 2009, 41). Er bildet das Funktionsäquivalent zum Beitrag nach § 10 Abs. 1 KAG M-V (VG Greifswald, Urt. v. 14.07.2009 – 3 A 839/06 – juris). Der Gegenstand des Erstattungsanspruches geht über den Gegenstand des Beitrags nicht hinaus, bleibt aber auch dahinter nicht zurück. Maßnahmen, die im Falle einer organisationsrechtlichen Entscheidung des Aufgabenträgers zugunsten von § 10 Abs. 1 KAG M-V beitragsfähig wären, unterliegen auch der Kostenerstattungspflicht nach § 10 Abs. 2 KAG M-V auch wenn der Grundstückanschluss nicht Bestandteil der Gesamtanlage ist. Aus dem Umstand, dass § 10 Abs. 2 Sätze 2 und 3 KAG M-V teilweise eigene Maßstabsregeln enthalten, folgt nichts Anderes. Diese Vorschriften betreffen nur die Verteilung des Aufwandes, nicht dessen Ermittlung.

21

Gegen diese Auslegung spricht auch nicht die Regelung des § 10 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V. Diese Vorschrift bestimmt lediglich einen Zeitpunkt für das Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs, da die Regelung in § 9 Abs. 3 KAG M-V auf den Kostenerstattungsanspruch nicht anwendbar ist, weil die tatsächlich im Einzelfall entstandenen Kosten nicht schon mit der Anschlussmöglichkeit, sondern erst nach dem Anschluss feststehen. Für den Gegenstand des Anspruchs gibt diese Norm nichts her (zum Ganzen: VG Greifswald, Urt. v. 05.10.2011 – 3 A 1427/10 – juris Rn. 17 f.).

22

Die Rechtsprechung des OVG Greifswald, wonach für einen infolge der Verlegung der Hauptversorgungsleitung erforderlich werdenden „Umbau“ eines Grundstücksanschlusses kein Kostenersatz nach § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V verlangt werden kann (Beschl. v. 08.07.2008 – 1 L 198/07 – juris Rn. 18; vgl. auch OVG Schleswig, Urt. v. 18.12.2009 – 2 LB 25/09 –, juris Rn. 30: kein Sonderinteresse des Erstattungspflichtigen bei bloßer Veränderung des Verlaufs der Sammelleitung), ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die abgerechnete Baumaßnahme wurde nicht durch eine Verlegung der Hauptsammelleitung ausgelöst, sondern erfolgte, weil der vorhandene Grundstücksanschluss nicht den Maßgaben der Abwasseranschlusssatzung genügte. Im Übrigen sei mit Blick auf den zitierten Beschluss vom 8. Juli 2008 darauf hingewiesen, dass nach der neueren Rechtsprechung des OVG Greifswald der Wegfall der noch in § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 enthaltenen Merkmale „Aus- und Umbau“, „Verbesserung“ und „Erweiterung“ in § 9 Abs. 1 KAG M-V für die Auslegung des Merkmals „Herstellung“ i.S.d. § 9 Abs. 1 KAG M-V nichts hergibt (OVG Greifswald, Beschl. v. 13.02.2013 – 4 K 16/10 –, juris Rn. 20).

23

c) Auch der Höhe nach ist der Erstattungsanspruch nicht zu beanstanden. Soweit die Kläger bestreiten, dass der abgerechnete Baugrubenverbau (Holzverbau) tatsächlich vorgenommen wurde, ist der Vortrag unsubstanziiert und daher unbeachtlich. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung plausibel dargelegt, dass die Anlegung eines Holzverbaus bereits deshalb notwendig war, weil die Grundstücksanschlussleitung in einer Tiefe von 2,6 m verläuft. Ohne den Holzverbau hätte die Gefahr bestanden, dass die Baugrube einstürzt.

24

Der Behauptung der Kläger, die Kosten- und Mengenansätze seien um mindestens 30 v.H. überhöht, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Zum einen hat der Beklagte die Kosten- und Mengenansätze durch das Aufmaß der bauausführenden Firma und deren Rechnung belegt. Zum anderen tragen die Kläger selbst vor, Nachweise für ihre Behauptung nicht erbringen zu können. Zu Unrecht meinen sie, dass ihnen eine Beweiserleichterung zugute kommen müsse, weil sie mit Blick auf das Schreiben des Beklagten vom 18. Juni 2009 darauf verzichtet hätten, eigene Messungen während der Bauausführung anzustellen. Denn es liegt kein Fall einer Beweisnot vor. Entgegen der Auffassung der Kläger sind nachträgliche Feststellungen zu den konkreten Aufwendungen des Beklagten sind sehr wohl möglich. Die Kläger haben lediglich davon abgesehen, entsprechende Beweisanträge zu stellen.

25

d) Der Erstattungsanspruch ist nicht infolge Festsetzungsverjährung (§§ 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. 47 Abgabenordnung [AO]) erloschen. Die Festsetzungsfrist beträgt gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V für alle kommunalen Abgaben und Steuern vier Jahre. Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V). Nach § 2 Abs. 3 (vgl. auch § 10 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V) entsteht der Kostenersatzanspruch mit der endgültigen Herstellung der Grundstücksanschlussleitung. Zweifel an der Wirksamkeit dieser bereits bei Durchführung der Maßnahmen geltenden Regelungen bestehen nicht. Der vorliegend abgerechnete Grundstücksanschluss ist im Jahre 2009 hergestellt worden. Folglich lief die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2009 an und mit Ablauf des Jahres 2013 ab. Die Heranziehung der Kläger im November 2013 erfolgte daher fristgemäß.

26

e) Entgegen der Auffassung der Kläger hat der Beklagte mit seinen Erklärungen in dem Schreiben vom 18. Juni 2009 nicht auf die Geltendmachung des Kostenersatzanspruchs verzichtet. Ungeachtet der Frage, ob ein öffentlicher Aufgabenträger überhaupt wirksam auf ihm zustehende Abgabenansprüche verzichten kann, fehlt es jedenfalls an dem erforderlichen Verzichtswillen. Denn der Beklagte ging bei Abgabe der Erklärung in dem Schreiben vom 18. Juni 2009 aufgrund der veröffentlichten Entscheidung des OVG Greifswald vom 8. Juli 2008 (– 1 L 198/07 –) davon aus, dass ihm für den Umbau von Grundstücksanschlüssen kein Erstattungsanspruch zusteht. Damit konnte er nicht den Willen haben, über die Geltendmachung eines bestehenden Anspruchs zu verfügen. Demgemäß hat er in den Widerspruchsbescheiden ausgeführt, dass er erst mit Blick auf das gegenteilige Urteil des VG Greifswald vom 5. Oktober 2011 (– 3 A 1427/10 –, juris) vom Bestehen des Anspruchs ausgeht.

27

f) Schließlich hat der Beklagte sein Recht, den Kostenersatzanspruch gegenüber den Klägern geltend zu machen, nicht verwirkt (vgl. § 242 BGB). Als ein im Grundsatz von Treu und Glauben wurzelnder Vorgang der Rechtsvernichtung bedeutet Verwirkung, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung des Rechts als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete in Folge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand), und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (Vertrauensbetätigung) (OVG Greifswald, Urt. v. 02.11.2005 – 1 L 105/05 –, juris Rn 81).

28

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Vertrauensgrundlage entstanden ist. Zwar hat der Beklagte in dem Schreiben vom 18. Juni 2009 erklärt, dass für die Maßnahmen keine Kosten entstehen würden. Allerdings beruhte diese Erklärung nicht auf einer Dispositionsbefugnis des Beklagten, sondern wurde in der Annahme abgegeben, dass ihm für die Maßnahme kein Anspruch zusteht (s.o.). Ob in einem solchen Fall eine Vertrauensgrundlage überhaupt entstehen kann, bedarf keiner Vertiefung, denn jedenfalls ist der zwischen dem Zeitpunkt der Entstehung der Erstattungsansprüche und ihrer Geltendmachung verstrichene Zeitraum nicht so lang, dass die Vertrauensgrundlage hätte entstehen können. Wie lang der Zeitraum der Untätigkeit sein muss, um eine Verwirkung anzunehmen, wird nicht einheitlich beurteilt. Teilweise wird ein Zeitablauf von 18 bis 20 Jahren für erforderlich gehalten (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 13.10.1983 – 2 S 248/83 – KStZ 1984, 56; VG Düsseldorf, Urt. v. 03.05.1988 – 17 K 2555/85 –, KStZ 1989, 115). Nach der Rechtsprechung des VGH München soll bereits ein Zeitraum von 8 Jahren genügen (Urt. v. 16.04.1984 – 6 B 82 A.1895 –, BayVBl. 1984, 407 [nur LS]). Diese Fristen sind vorliegend allesamt nicht überschritten worden.

29

Ungeachtet dessen sei darauf hingewiesen, dass die Vertrauensgrundlage jedenfalls dann nicht entstehen kann, wenn die abgerechnete Maßnahme – wie hier – unter Geltung einer wirksamen Erstattungssatzung durchgeführt wurde und die Geltendmachung des Kostenersatzanspruchs innerhalb der Festsetzungsfrist erfolgt. Die Anspruchsentstehung richtet sich nach § 10 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V, wonach der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch mit der endgültigen Herstellung der Anschlussleitung entsteht, und daneben nach § 9 Abs. 3 KAG M-V (VG Greifswald, Urt. v. 05.10.2011 – 3 A 1427/10 –, juris Rn. 15 unter Hinweis auf OVG Greifswald, Beschl. v. 04.01.1999 – 1 L 162/07 –, NordÖR 1999, 164). Folglich entsteht der Kostenerstattungsanspruch ungeachtet des Zeitpunkts der endgültigen Herstellung der Anschlussleitung frühestens mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen (Kostenersatz-)Satzung. Der Zeitpunkt der Anspruchsentstehung und damit der Zeitpunkt des Anlaufens der Festsetzungsfrist kann sich daher durch Fehler, die zur Unwirksamkeit der Kostenersatzsatzung führen, unter Umständen erheblich verzögern, weil es für die Anspruchsentstehung einer Fehlerheilung durch Änderung oder Neuerlass der Kostenersatzsatzung bedarf. In solchen Fällen ist die Annahme einer Verwirkung vor Ablauf der Festsetzungsfrist zumindest denkbar.

30

Anders ist es aber, wenn die Durchführung der abgerechneten Maßnahme unter Geltung einer wirksamen Kostenersatzsatzung erfolgt und der Anspruch damit zu dem nach dem Gesetz frühestmöglichen Zeitpunkt – dem der endgültigen Herstellung des Grundstücksanschlusses – entsteht. In diesem Fall läuft auch die Festsetzungsfrist zum frühestmöglichen Zeitpunkt an und damit auch zum frühestmöglichen Zeitpunkt ab. Innerhalb der Festsetzungsfrist muss jeder Abgabenschuldner damit rechnen, zu Kommunalabgaben herangezogen zu werden. Die Annahme einer Vertrauensgrundlage in Fällen, in denen die Festsetzungsfrist zum frühestmöglichen Zeitpunkt an- und abläuft, liefe der in der Normierung der Festsetzungsfrist enthaltenen gesetzgeberischen Wertung zuwider.

31

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung. Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a VwGO) sind nicht ersichtlich. Anders als noch in der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2015 erwogen, liegt insbesondere keine Abweichung von dem Beschluss des OVG Greifswald vom 8. Juli 2008 (– 1 L 198/07 –, juris) vor.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 12. September 2013 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 5. November 2013 wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Grundstücksanschlusskosten.

2

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks G1, Gemarkung B-Stadt (B-Straße). Bei dem Grundstück handelt es sich um ein Hinterliegergrundstück, das über eine im Eigentum der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald stehende Stichstraße (Flurstück G2) mit der (öffentlichen) S.-Straße verbunden ist.

3

Im Jahre 2013 führte der Beklagte Arbeiten zum Anschluss anderer an der Stichstraße gelegener Grundstücke an die zentrale Abwasserbehandlungsanlage durch. Das Grundstück der Kläger war seinerzeit zusammen mit anderen Grundstücken an eine Klärgrube angeschlossen.

4

Nachdem die Kläger Kenntnis von diesen Arbeiten erlangt hatten, beantragten sie den Anschluss ihres Grundstücks an die öffentliche Abwasserbehandlungsanlage. Daraufhin wurde das Grundstück an die Anlage angeschlossen. Über die Kostenverteilung sowie den Verlauf und Inhalt von Gesprächen zwischen den Beteiligten anlässlich der Herstellung der Anschlussleitung besteht Streit.

5

Mit Bescheid vom 17. September 2013 zog der Beklagte die Kläger zu einer Vorauszahlung (Sicherheitsleistung) auf die Grundstücksanschlusskosten i.H.v. 1.600,00 EUR heran. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Kläger wies er mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 2013 – zugestellt am 13. November 2013 – zurück.

6

Am 13. Dezember 2013 haben die Kläger Anfechtungsklage erhoben. Der Bescheid sei rechtswidrig. Die Kosten habe der Beklagte zu tragen. Ungeachtet dessen sei die Zuordnung der Kosten zu den angeschlossenen Grundstücken fehlerhaft.

7

Die Kläger beantragen,

8

den Bescheid des Beklagten vom 12. September 2013 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 5. November 2013 aufzuheben.

9

Der Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Er ist der Auffassung, der Bescheid sei rechtmäßig. Zwar gehöre die durchgeführte Maßnahme nicht zu seinen satzungsrechtlich definierten Aufgaben, so dass die Kosten nicht nach den Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes erhoben werden könnten. Ihm stehe gegen die Kläger aber ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch jedenfalls in Höhe der Festsetzung zu, der durch Erlass eines Leistungsbescheides geltend gemacht werden könne.

12

Mit Beschluss vom 20. Juli 2015 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Klage ist begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger daher in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

15

Dem Beklagten steht kein Kostenersatzanspruch gegen die Kläger zu (1.). Jedenfalls kann der Anspruch nicht durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden (2.).

16

1.a. Ein Anspruch aus § 10 Abs. 2 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) besteht nicht. Es fehlt bereits an der erforderlichen satzungsrechtlichen Grundlage. Zu den Vorschriften, die über § 10 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V auf den Kostenersatzanspruch entsprechend anzuwenden sind, gehört die Vorschrift über den Satzungszwang in § 2 Abs. 1 KAG M-V. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V können Abgaben nur aufgrund einer Satzung erhoben werden. Somit setzt die Entstehung des Ersatzanspruchs eine formell und materiell wirksame satzungsrechtliche Grundlage voraus (Dietzel in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand 3/15, § 10 Rn. 11). An einer solchen Regelung fehlt es.

17

Für – wie hier – „erste“ Grundstücksanschlüsse sieht das Refinanzierungssystem des Zweckverbandes Wasser/Abwasser Boddenküsten eine gesonderte Kostenerstattung nicht vor. Vielmehr wird der Aufwand für die Herstellung von Grundstücksanschlüssen im Rahmen der Kalkulation des Anschlussbeitrages berücksichtigt (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V). Demgemäß ist der in § 2 Nr. 3 der Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung der Grundstücke im Verbandsgebiet des Zweckverbandes Wasser/Abwasser Boddenküste (Abwasserbeseitigungssatzung – ABS) vom 26. November 2008 definierte Grundstücksanschlusskanal gemäß § 1 Abs. 6 ABS in allen Kalkulationskreisen Bestandteil der beitragsfähigen öffentlichen Einrichtung.

18

Lediglich für die Kosten zusätzlicher Grundstücksanschlüsse i.S.d. § 10 Abs. 3 KAG M-V, deren Einbeziehung in den Anschlussbeitrag nach § 9 Abs. 1 KAG M-V ausscheidet (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 4/1307 S. 51) sieht § 10 der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung des Zweckverbandes Wasser/Abwasser Boddenküste (Beitrags- und Gebührensatzung – BGS) vom 7. Januar 2013 eine Kostenerstattung vor. Die Kosten für einen solchen Anschluss stehen vorliegend jedoch nicht im Streit.

19

Eine Kostenerstattung für eine Hausanschlussleitung, also die Verbindung zwischen der Grundstücksanschlussleitung und dem Gebäude, ist im Satzungsrecht des Beklagten ebenfalls nicht vorgesehen. Die Verbindung zwischen der Grundstücksanschlussleitung und dem Gebäude ist in der Terminologie der Abwasserbeseitigungssatzung eine Grundstücksentwässerungsanlage, da sie der Ableitung von Abwasser dient, ohne Bestandteil der öffentlichen Einrichtung zu sein (vgl. § 2 Nr. 4 Satz 1 ABS). Um eine Grundstücksentwässerungsanlage in diesem Sinne geht vorliegend, weil sie erst jenseits des öffentlichen Straßenraums beginnt und damit kein öffentlicher Grundstücksanschlusskanal sein kann (vgl. § 2 Nr. 3 Satz 2 ABS). Für Grundstücksentwässerungsanlagen bestimmt § 7 Abs. 4 Satz 1 ABS, dass sie vom Anschlussberechtigten herzustellen sind. Eine Regelung über die Kostenerstattung ist daher entbehrlich.

20

b. Der Beklagte kann die Kostenerstattung auch nicht mit Blick auf den gewohnheitsrechtlich anerkannten allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch verlangen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch findet nur dort Anwendung, wo im geschriebenen Recht eine Regelung fehlt. Er ist den anderen Rechtsquellen gegenüber subsidiär (VGH München, Urt. v. 01.12.1992 – 23 B 91.2407 –, juris Rn. 37). Dies trifft auch auf den vorliegenden Fall zu. Nach § 1 Abs. 1 KAG M-V sind die Gemeinden und Landkreise berechtigt, nach Maßgabe dieses Gesetzes Abgaben (Steuern, Gebühren, Beiträge und sonstige Abgaben) zu erheben, soweit nicht geltende Gesetze etwas anderes bestimmen. Diese Vorschrift, die auch für die von den Gemeinden auf Grundlage der §§ 150 ff. Kommunalverfassung (KV M-V) i.V.m. § 40 Abs. 4 Landeswassergesetz (LWaG) gebildeten Abwasserzweckverbände gilt, beschränkt die Abgabenerhebung auf die im Kommunalabgabengesetz oder anderen gesetzlichen Bestimmungen normierten Abgaben. Dadurch wird der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Abgabenerhebung hervorgehoben (Siemers in: Aussprung/ders./Holz, KAG M-V, Stand 08/2015, § 1 Anm. 1). Die Abgabenerhebung muss vorhersehbar sein. Dies schließt den Rückgriff auf nicht kodifizierte Anspruchsgrundlagen, wie den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch aus. Bestätigt wird diese Auslegung durch § 10 KAG M-V. Darin hat der Gesetzgeber sämtliche Varianten eines Erstattungsanspruchs normiert und dem Satzungsvorbehalt untergeworfen (VG Schwerin, Urt. v. 29.09.1998 – 4 A 713/98 –, n.v.). Bei einer Anwendbarkeit des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs könnten die aus § 10 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 2 KAG M-V folgenden gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen umgangen werden.

21

Soweit der Beklagte meint, das Institut des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs sei anwendbar, weil die Herstellung der Anschlussleitung nicht zu seinem satzungsrechtlich definierten Aufgabenbereich gehöre, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Richtig ist zwar, dass den Gemeinden und Zweckverbänden für das Recht der leitungsgebundenen Anlagen weitgehendes Organisationsermessen zusteht (OVG Greifswald, Urt. v. 15.03.1995 – 4 K 22/94 –, juris Rn. 28). Diese Gestaltungsfreiheit berührt die Ausschlusswirkung des § 1 Abs. 1 KAG M-V jedoch nicht, denn sie unterliegt nicht der Disposition der abgabenerhebungsberechtigten Körperschaft. Maßgeblich sind daher nicht die konkrete Definition der öffentlichen Einrichtung oder der Betriebsanlage und die sich daraus ergebenden abgabenrechtlichen Folgen. Entscheidend ist vielmehr, ob die satzungsrechtliche Definition einer Anspruchsgrundlage rechtlich möglich ist. Da § 10 Abs. 2 KAG M-V ausweislich der Gesetzesüberschrift auch eine Kostenerstattung für Hausanschlüsse vorsieht, wäre die Normierung einer entsprechenden Anspruchsnorm ohne weiteres zulässig.

22

Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf abweichende Rechtsprechung aus anderen Bundesländern berufen. Die Auffassung, dass sich unabhängig von einer satzungsrechtlich festgelegten Erstattungspflicht eine Zahlungsverpflichtung des Anschlussnehmers aus dem allgemeinen Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs ergeben kann (VGH Mannheim, Urt. v. 10.10.1985 – 2 S 1708/83 –, ESVGH 36, 56, allerdings für die Rechtslage vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes für Baden-Württemberg), ist aus den oben genannten Gründen nicht folgen. Die Rechtsprechung des OVG Schleswig, wonach es sich bei dem Erstattungsanspruch um einen arteigenen öffentlich-rechtlichen Aufwendungsersatzanspruch handelt, der auf der Grundlage der Gemeindeordnung (Kommunalverfassung) geregelt werden darf, da diese Möglichkeit durch das Kommunalabgabengesetz nicht ausgeschlossen wird (Urt. v. 18.11.1997 – 2 L 134/96 –, juris Rn. 23), kann auf das Landesrecht von Mecklenburg-Vorpommern ebenfalls nicht übertragen werden. Denn die der Entscheidung zu Grunde liegende Fassung des Kommunalabgabengesetzes Schleswig-Holstein sah einen Kostenersatz für Haus- und Grundstücksanschlüsse nicht vor. Zudem ist diese Entscheidung seit der mit Wirkung vom 1. Januar 2004 erfolgten Normierung eines Kostenerstattungsanspruchs (§ 9a KAG S-H) überholt.

23

c. Auch ein Anspruch nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über eine Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) ist vorliegend nicht gegeben. Zwar sind die Bestimmungen im öffentlichen Recht grundsätzlich entsprechend anwendbar (BVerwG, Urt. vom 6. 9. 1988 – 4 C 5.86 –, juris). So können Erstattungsansprüche gegenüber dem Grundstückseigentümer dann gerechtfertigt sein, wenn die objektive Interessenlage nach der zugrunde liegenden Situation mit einer Geschäftsführung ohne Auftrag vergleichbar ist (vgl. für einen satzungsrechtlich normierten Erstattungsanspruch: VGH München, Urt. v. 03.05.1991 – 23 B 89.504 –, juris). Mit Blick auf § 1 Abs. 1 und § 10 KAG M-V ist allerdings auch hier von einer Subsidiarität der Geschäftsführung ohne Auftrag auszugehen. Daher besteht für die Anwendung der Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag neben § 10 KAG M-V kein Raum. Eine Erweiterung der Erstattungspflicht über die gesetzlich normierten Erstattungstatbestände hinaus würde die Grenzen der Eingriffsbefugnis der Verwaltung, insbesondere die Grenzen der Möglichkeit, Kosten der Verwaltung auf Dritte abzuwälzen, in unzulässiger Weise verwischen (VG Gießen, Urt. v. 18.04.1997 – 10 E 1685/95 –, juris Rn. 23 ff.).

24

2. Der Bescheid ist aber auch dann fehlerhaft, wenn man den vorstehenden Ausführungen nicht folgt und vom Bestehen des Erstattungsanspruchs ausgeht. Da der Anspruch nicht auf kommunalabgabenrechtliche Bestimmungen gestützt wird und nach den vorstehenden Darlegungen auch nicht auf sie gestützt werden kann, findet die insoweit geltende Befugnis, den Anspruch durch Leistungsbescheid geltend zu machen, keine Anwendung.

25

Offen bleiben kann, ob sich die Befugnis zum Erlass eines Leistungsbescheides trotz fehlender gesetzlicher Ermächtigung aus einem zwischen den Beteiligten bestehenden Verhältnis der Über-/Unterordnung ergeben kann (erwogen vom OVG Greifswald, Beschl. v. 19.07.2007 – 1 L 68/06 –, juris Rn. 8). Denn jedenfalls im vorliegenden Fall ist sie ausgeschlossen. Ein subordinationsrechtliches Gepräge allein rechtfertigt noch nicht den Schluss, dass das Überordnungsverhältnis sämtliche Einzelansprüche erfasst, die hieraus erwachsen. Eine Regel des Inhalts, dass ein dem öffentlichen Recht zuzuordnendes Rechtsverhältnis im Zweifel auf ein umfassendes, durchgängiges und für alle Beziehungen geltendes Über-/Unterordnungsverhältnis angelegt ist, gibt es grundsätzlich nicht. Gegenstand der Betrachtung ist damit stets die einzelne Rechtsbeziehung, wobei es darauf ankommt, ob die Geltendmachung des Anspruchs auf der dem Hoheitsträger partiell zugewiesenen Handlungsbefugnis beruht (OVG Greifswald. a.a.O., Rn. 9). Handelt der Hoheitsträger außerhalb des ihm zugewiesenen Aufgabenbereichs, so kann ein ihm daraus erwachsender Anspruch ebenfalls nicht hoheitlich geltend gemacht werden.

26

So ist es hier. Zwar stehen dem Zweckverband gemäß § 7 ABS im Hinblick auf Grundstücksentwässerungsanlagen diverse hoheitliche Kontrollbefugnisse und Mitspracherechte (Einvernehmensregelung) zu. Die Herstellung von Grundstücksentwässerungsanlagen gehört nach der ausdrücklichen Regelung in § 7 Abs. 4 Satz 1 ABS jedoch nicht zu seinem Aufgabenbereich; sie ist vielmehr dem (privaten) Anschlussberechtigten zugewiesen. Als Folge davon scheidet auch eine hoheitliche Geltendmachung von Erstattungsansprüchen aus.

27

Abweichendes folgt schließlich auch nicht aus den bereits zitierten Entscheidungen des VGH München vom 3. Mai 1991 und 1. Dezember 1992. Denn der Umstand, dass der kommunale Aufgabenträger den Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag durch Verwaltungsakt geltend machen konnte, beruht auf dem Umstand, dass die betreffende Abgabensatzung eine entsprechende Befugnis vorsah (VGH München Urt. v. 03.05.1991, a.a.O. Rn. 57; Urt. v. 01.12.1992, a.a.O. Rn. 34). Dass eine solche Befugnis vorliegend fehlt, wurde bereits dargelegt.

28

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich.

(1) Der Hausanschluß besteht aus der Verbindung des Verteilungsnetzes mit der Kundenanlage. Er beginnt an der Abzweigstelle des Verteilungsnetzes und endet mit der Hauptabsperrvorrichtung.

(2) Art, Zahl und Lage der Hausanschlüsse sowie deren Änderung werden nach Anhörung des Anschlußnehmers und unter Wahrung seiner berechtigten Interessen vom Wasserversorgungsunternehmen bestimmt.

(3) Hausanschlüsse gehören zu den Betriebsanlagen des Wasserversorgungsunternehmens und stehen vorbehaltlich abweichender Vereinbarung in dessen Eigentum. In dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet bleibt das am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts bestehende Eigentum eines Kunden an einem Hausanschluss, den er auf eigene Kosten errichtet oder erweitert hat, bestehen, solange er das Eigentum nicht auf das Wasserversorgungsunternehmen überträgt. Hausanschlüsse werden ausschließlich von dem Wasserversorgungsunternehmen hergestellt, unterhalten, erneuert, geändert, abgetrennt und beseitigt, müssen zugänglich und vor Beschädigungen geschützt sein. Soweit das Versorgungsunternehmen die Erstellung des Hausanschlusses oder Veränderungen des Hausanschlusses nicht selbst, sondern durch Nachunternehmer durchführen läßt, sind Wünsche des Anschlußnehmers bei der Auswahl der Nachunternehmen zu berücksichtigen. Der Anschlußnehmer hat die baulichen Voraussetzungen für die sichere Errichtung des Hausanschlusses zu schaffen. Er darf keine Einwirkungen auf den Hausanschluß vornehmen oder vornehmen lassen.

(4) Das Wasserversorgungsunternehmen ist berechtigt, vom Anschlußnehmer die Erstattung der bei wirtschaftlicher Betriebsführung notwendigen Kosten für

1.
die Erstellung des Hausanschlusses,
2.
die Veränderungen des Hausanschlusses, die durch eine Änderung oder Erweiterung seiner Anlage erforderlich oder aus anderen Gründen von ihm veranlaßt werden,
zu verlangen. Die Kosten können pauschal berechnet werden.

(5) Kommen innerhalb von fünf Jahren nach Herstellung des Hausanschlusses weitere Anschlüsse hinzu und wird der Hausanschluß dadurch teilweise zum Bestandteil des Verteilungsnetzes, so hat das Wasserversorgungsunternehmen die Kosten neu aufzuteilen und dem Anschlußnehmer den etwa zuviel gezahlten Betrag zu erstatten.

(6) Soweit hinsichtlich des Eigentums am Hausanschluß und der daraus folgenden Pflichten zur Herstellung, Unterhaltung, Erneuerung, Änderung, Abtrennung und Beseitigung bestehende allgemeine Versorgungsbedingungen von Absatz 3 abweichen, können diese Regelungen auch nach Inkrafttreten dieser Verordnung beibehalten werden.

(7) Jede Beschädigung des Hausanschlusses, insbesondere das Undichtwerden von Leitungen sowie sonstige Störungen sind dem Wasserversorgungsunternehmen unverzüglich mitzuteilen.

(8) Kunden und Anschlußnehmer, die nicht Grundstückseigentümer sind, haben auf Verlangen des Wasserversorgungsunternehmens die schriftliche Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Herstellung des Hausanschlusses unter Anerkennung der damit verbundenen Verpflichtungen beizubringen.

(1) Rechtsvorschriften, die das Versorgungsverhältnis öffentlich-rechtlich regeln, sind den Bestimmungen dieser Verordnung entsprechend zu gestalten; unberührt bleiben die Regelungen des Verwaltungsverfahrens sowie gemeinderechtliche Vorschriften zur Regelung des Abgabenrechts.

(2) Bei Inkrafttreten dieser Verordnung geltende Rechtsvorschriften, die das Versorgungsverhältnis öffentlich-rechtlich regeln, sind bis zum 1. Januar 1982 anzupassen.

18
§ 15 Abs. 1 WVS ist aber deswegen nicht unwirksam. Denn § 35 AVBWasserV nimmt, wie schon das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat (BVerwGE 82, 350, 354 ff.), Satzungsbestimmungen dieses Inhalts von der dort geregelten Anpassungspflicht aus. Nach § 35 Abs. 1 Halbs. 1 AVBWasserV sind Rechtsvorschriften, die das Versorgungsverhältnis öffentlich-rechtlich regeln, den Bestimmungen dieser Verordnung entsprechend zu gestalten und bis zum 1. Januar 1982 anzupassen (Absatz 2). Das gilt gemäß § 35 Abs. 1 Halbs. 2 AVBWasserV aber nicht für "gemeinderechtliche Vorschriften zur Regelung des Abgabenrechts". Hierunter fallen nach der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts, die der erkennende Senat teilt, auch die Kostenerstattungsansprüche des gemeindlichen Wasserversorgungsrechts (BVerwG aaO). Die gesetzlich zugelassene Ausnahme erfasst entgegen der Revisionserwiderung auch erst nachträglich in Kraft getretene gemeinderechtliche Normen wie die hier maßgebende Satzung der Beklagten aus dem Jahre 1997 sowie § 10a des ihr zugrunde liegenden Kommunalabgabengesetzes des Landes Baden-Württemberg in der Fassung vom 28. Mai 1996 (GBl. S. 481; jetzt § 42 KAG vom 17. März 2005, GBl. S. 206). An einer entsprechenden Ermächtigung des Bundesministers für Wirtschaft durch den früheren § 27 AGBG ist nicht zu zweifeln (vgl. BVerfG NVwZ 1982, 306).

Tenor

Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Die Bescheide vom 24.11.2003, Az.: BAW 018XXXX, BTW 018XXXX, EAW 19XXXX und die Widerspruchsbescheide vom 22.11.2004 werden aufgehoben.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte ist befugt, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen Anschlussbeitragsbescheide für die Herstellung der öffentlichen Einrichtung zur Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung sowie - nunmehr noch - gegen Kostenerstattungsansprüche für den Grundstücksanschluss Abwasser.

2

Die Kläger sind Miteigentümer des Grundstücks F...Straße in N..., Flurbezeichnung: Flurstück, Flur, Gemarkung N...

3

Mit getrennten Bescheiden vom 24. November 2003 (BTW ) zog der Beklagte die Kläger bezüglich des vorgenannten Grundstücks jeweils zu einem Anschlussbeitrag für die Herstellung der öffentlichen Einrichtung zur Wasserversorgung in Höhe von 348,76 € heran. Bemessungsgrundlage für den Anschlussbeitrag war eine Grundstücksgröße von 511 qm, eingeschossige Bebauung des Grundstücks sowie ein Betragssatz von 2,73 € incl. MWSt. Die Bescheide enthielten den Hinweis, dass der Beitrag insgesamt nur einmal zu zahlen sei.

4

Mit getrennten Bescheiden vom selben Tage zog der Beklagte die Kläger zudem bezüglich des vorgenannten Grundstücks jeweils zu einem Anschlussbeitrag für die Herstellung der öffentlichen Einrichtung zur Abwasserbeseitigung in Höhe von 1.175,30 € heran (BAW ). Bemessungsgrundlage für den Anschlussbeitrag war eine Grundstücksgröße von 511 qm, eingeschossige Bebauung des Grundstücks sowie ein Betragssatz von 9,20 € incl. MWSt. Die Bescheide enthielten ebenfalls den Hinweis, dass der Beitrag insgesamt nur einmal zu zahlen sei.

5

Ferner machte der Beklagte gegenüber den Klägern wiederum mit getrennten Bescheiden vom 24. November 2003 einen Erstattungsanspruch für die Grundstücksanschlusskanäle Trinkwasser (ETW ) und Abwasser (EAW ) geltend.

6

Gegen die Bescheide erhoben die Kläger am 4. Dezember 2002 Widerspruch,

7

Bezüglich der Personen getrennt aber die unterschiedlichen Gegenstände zusammenfassend wies der Beklagte die Widersprüche der Kläger mit Widerspruchsbescheiden vom 22. November 2004 zurück. Die Bescheide wurde am 23. November 2004 zugestellt.

8

Hiergegen haben die Kläger am 23. Dezember 2004 Klage erhoben. Die Klage ist im schriftlichen Verfahren nicht weiter begründet worden.

9

Die Kläger beantragen,

10

die Bescheide des Beklagten zu den Aktenzeichen BTW, BAW, EAW, vom 24. November 2003 in der Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide vom 22. November 2004 aufzuheben.

11

Der Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Er nimmt auf die Gründe der angefochtenen Bescheide Bezug und trägt vertiefend zur Rechtmäßigkeit der zwischenzeitlich ergangenen neuen Beitrags- und Gebührensatzungen vor.

14

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die Bescheide ETW vom 24. November 2003 aufgehoben. Daraufhin haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend insoweit für in der Hauptsache erledigt erklärt.

15

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen, die von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze, die Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie die beigezogenen Akten des Verfahrens 8 A 709/06 verwiesen, die die Kalkulationsunterlagen des Beklagten enthalten und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

16

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren einzustellen (§ 161 Abs. 2 VwGO).

17

Die zulässige Klage hat - soweit sie noch entscheidungserheblich ist - auch in der Sache Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Dem Beklagten ist es nach Auffassung der Kammer vorliegend trotz der früheren privatrechtlichen Gestaltung der Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung zwar nicht grundsätzlich verwehrt, von den Klägern aufgrund öffentlich-rechtlicher Bestimmungen einen Anschlussbeitrag zu erheben (I.); jedenfalls fehlen den angefochtenen Bescheiden jeweils in Ermangelung einer wirksamen Beitragssatzung die notwendige Rechtsgrundlagen (II. und III.). Auch bezüglich des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs kann der Beklagte keine hinreichende Rechtsgrundlage heranziehen (IV.).

18

I. Die Tatsache, dass der Beklagte bis zum 31. Dezember 2000 die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung privatrechtlich ausgestaltet hatte, führt vorliegend nicht dazu, dass es dem Beklagten grundsätzlich verwehrt ist, von den Klägern einen Anschlussbeitrag aufgrund öffentlich-rechtlicher Bestimmungen zu erheben. Zwar ist auch die Kammer der Auffassung, dass die Entscheidung für ein privatrechtliches Finanzierungssystem zur Folge hat, dass eine im Rahmen dieses Systems erbrachte Leistung ausschließlich nach Maßgabe des Privatrechts zu behandeln ist und ein späterer Wechsel des Finanzierungssystems nach Maßgabe öffentlich-rechtlicher Vorschriften nicht zur Folge hat, dass nunmehr die erbrachte Leistung nach öffentlich-rechtlichen Regelungen abgerechnet werden kann. Dieser so genannte Regimewechsel führt nur dazu, dass nach der Umstellung des Finanzierungssystems erbrachte Leistungen nach Maßgabe des neuen Finanzierungsregimes abgerechnet werden können und müssen. Bereits zuvor erbrachte Leistungen sind hingegen unabänderlich nach der Maßgabe des ursprünglichen Regimes abzurechnen (vgl. Sächs. OVG, Urt. v. 12.9.2007 - Az. 5 B 191/05 -; Thür. OVG, Beschl. v. 7.12.2006 - Az. 4 EO 534/06 -, zitiert nach Juris). Dies kann nach Auffassung der Kammer jedoch nur dann gelten, wenn nach dem seinerzeit jeweils gültigen Rechtsregime tatsächlich eine Leistungspflicht entstanden ist. Dies ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.

19

Das Gericht hat allerdings grundsätzlich keine Zweifel daran, dass der Beklagte im Zeitraum vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 2000 die Rechtsbeziehungen bezüglich der Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung wirksam privatrechtlich geregelt hatte. § 2 Abs. 2 der Verbandssatzung aus dem Jahr 1992 regelte ebenso wie § 2 Abs. 3 der Verbandssatzung in der Fassung vom 20. Dezember 1995, dass der Beklagte "... den Bereich der Gebühren- und der Beitragsregelungen auch privatrechtlich gestalten ..." konnte. Des weiteren enthielt § 29 der "Satzung über den Anschluss der Grundstücke an die öffentliche Wasserleitung und über die Abgabe von Wasser des Zweckverbandes kommunaler Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Ludwigslust " vom 27. November 1992 die Bestimmung, dass Entgelte nach besonderen Rechtsvorschriften erhoben werden. Damit hatte der Beklagte die erforderlichen sogenannten Rumpfsatzungen erlassen, die die Voraussetzung für eine wirksame Betätigung in privatrechtlicher Weise darstellen. Die Höhe der Nutzungs- und Beitragsentgelte wurde sodann in der Entgeltregelung der Preise, Bedingungen und Hinweise für die Versorgung der Tarifkunden mit Wasser aus dem Versorgungsnetz des Zweckverbandes kommunaler Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Ludwigslust (ZkWAL) niedergelegt. Soweit seinerzeit privatrechtliche Leistungspflichten entstanden sind, unterliegen diese damit allein in den Regelungen des Privatrechts und können nicht nach dem Wechsel in das öffentliche Recht ab dem 1. Januar 2001 nunmehr aufgrund öffentlich-rechtlicher Bestimmungen erneut geltend gemacht werden.

20

Bezüglich der Frage, ob im Einzelfall privatrechtliche Leistungspflichten entstanden sind, ist unabhängig von der Frage der grundsätzlichen Geltung der Entgeltregelung für die Trinkwasserversorgung zudem zu prüfen, ob diese auch Vertragsbestandteil der Nutzungsbeziehung geworden ist. Dies kann im Einzelfall insoweit fraglich sein, als die Entgeltregelung in Teil I Ziff. 2 Baukostenzuschüsse zur anteiligen Deckung des Aufwandes für die Herstellung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung der öffentlichen Anlagen, Transporteinrichtungen und Netze des Zweckverbandes kommunaler Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Ludwigslust (ZkWAL) vorsieht. Diese Regelung ist weitergehend als die Regelung für Baukostenzuschüsse gemäß § 9 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20. Juni 1980, nach der ein Wasserversorgungsunternehmen lediglich berechtigt ist, einen angemessenen Baukostenzuschuss zur teilweisen Abdeckung der bei wirtschaftlicher Betriebsführung notwendigen Kosten für die Erstellung oder Verstärkung von der öffentlichen Versorgung dienenden Verteilungsanlagen zu verlangen, soweit sie sich ausschließlich dem Versorgungsbereich zuordnen lassen, in dem der Anschluss erfolgt. Da die Regelung des Baukostenzuschusses in der Entgeltregelung des Beklagten seinerzeit weiter gefasst war als die vorgenannte Vorschrift der AVBWasserV, konnte sie gemäß § 1 Abs. 3 AVBWasserV nur dann Bestandteil der Vertragsbeziehung werden, wenn der Beklagte dem Kunden einen Vertragsabschluss zu den allgemeinen Bedingungen der AVBWasserV angeboten hatte und der Kunde mit den Abweichungen ausdrücklich einverstanden war. Ob dies der Fall gewesen ist, ist ggf. jeweils in der konkreten Vertragsbeziehung zu erörtern. Für den Baukostenzuschuss zur Abwasserbeseitigung stellt sich dieses Problem nicht, weil eine der AVBWasserV entsprechende Rechtsvorschrift für die Abwasserbeseitigung fehlt.

21

Auf die vorgenannte Frage kommt es jedoch vorliegend nicht an. Denn aus diesem seinerzeit privatrechtlich geregelten Leistungsverhältnis ist keine Leistungspflicht der Kläger entstanden. Die allein in Betracht zu ziehende Entgeltregelung der Preise, Bedingungen und Hinweise für die Versorgung der Tarifkunden mit Wasser aus dem Versorgungsnetz des ZkWAL sah in Teil II Ziff. 8 und Teil III Ziff.12 lediglich einen Baukostenzuschuss für solche Grundstücke vor, die entweder innerhalb eines Neubaugebietes liegen, für das bis zum 31. Dezember 1992 noch keine öffentliche Wasserversorgungsanlage vorhanden war oder aber innerhalb eines bebauten Ortsteils liegen und nach dem 31. Dezember 1992 erstmals eine Versorgungsleitung zur Erschließung mit Trink- und Brauchwasser erhalten haben. Dass dies in Bezug auf das Grundstück der Kläger der Fall wäre, ist weder von den Klägern vorgetragen worden noch sonst nach Aktenlage ersichtlich. Wenn aber eine solche Leistungspflicht aufgrund der privatrechtlichen Ausgestaltung der Versorgung mit Trinkwasser in der Zeit zwischen dem 1. Januar 1993 und dem 31. Dezember 2000 nicht bestanden hat, ist es dem Beklagten nicht verwehrt, nunmehr nach dem Wechsel der Versorgungsbeziehungen in das öffentliche Recht einen öffentlich-rechtlichen Anschlussbeitrag von den Klägern zu fordern. Nur dann, wenn eine privatrechtliche Verpflichtung zur Zahlung eines Baukostenzuschusses bestanden hätte, wäre eine öffentlich-rechtliche Beitragsausgestaltung grundsätzlich ausgeschlossen.

22

II. Die angefochtenen Bescheide BTW vom 24. November 2003 und die Widerspruchsbescheide vom 22. November 2004 sind jedenfalls rechtswidrig, weil es es an einer wirksamen Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Kläger zu einem Trinkwasseranschlussbeitrag fehlt.

23

1. Die Heranziehungsbescheid vom 24. November 2003 wie auch die Widerspruchsbescheide vom 22. November 2004 waren im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig, weil die "Satzung über die Erhebung von Abgaben für die Wasserversorgung des Zweckverbandes kommunaler Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Ludwigslust (ZkWAL) - Beitrags- und Gebührensatzung -" vom 18. Juli 2001 in der insoweit maßgeblichen Fassung der 2. Änderungssatzung vom 24. Juni 2003 (im Folgenden: BGS-TW 2003) mit höherrangigem Recht nicht vereinbar war. Grundlage dieser rechtlichen Prüfung ist dabei das seinerzeit gültige Kommunalabgabengesetz vom 1. Juni 1993 (GVOBl. S. 522; im Folgenden: KAG M-V 1993). Den damit geltenden Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V 1993 genügt die BGS-TW 2003 nicht.

24

a) Die gemäß § 2 Abs. 1 KAG M-V 1993 notwendige Bestimmung des Kreises der Beitragspflichtigen in § 7 BGS-TW 2003 widerspricht den zwingenden Vorgaben des § 8 Abs. 10 KAG M-V 1993. § 7 BGS-TW 2003 lautet:

25

"Beitragspflichtig ist derjenige, der zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstückes, zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigter, sowie der Wohnung- oder Teileigentümer. Bei einem erbbaubelasteten Grundstück ist der Erbbauberechtigte an Stelle des Eigentümers beitragspflichtig."

26

Fehlerhaft ist insoweit, dass die Beitragspflicht der Wohnungs- und Teileigentümer entgegen § 8 Abs. 10 KAG M-V 1993 nicht auf ihren Miteigentumsanteil begrenzt und zudem die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Beitragspflichtiger im Übrigen nicht normiert ist.

27

b) Hinsichtlich der Regelungen zur Zahl der Vollgeschosse gemäß § 5 Abs. 5 BGS-TW 2003 verstößt die Regelung in Buchst. e) für Grundstücke, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplanentwurfs liegen, gegen den Gleichheitssatz. Die Vorschrift lautet:

28

"e) Bei Grundstücken, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplanentwurfs (§ 33 BauGB) liegen, ist zur Ermittlung der Zahl der Vollgeschosse nicht auf die nach dem Planentwurf vorgesehenen Festsetzungen der Nutzung abzustellen, sondern die Vorschriften entsprechend anzuwenden, wie sie bestehen für:

29

aa) B-Pläne, wenn das Grundstück im Bereich eines B-Planes liegt,

30

bb) die im Zusammenhang bebauten Ortsteile, wenn das Grundstück in diesem Bereich liegt,

31

cc) den Außenbereich, soweit das Grundstück hierin liegt,"

32

Die Kammer hat in ihrem Urteil vom 30. Januar 2008 (Az. 8 A 803/07) zu der wortgleichen Vorschrift der Satzung in der Fassung der 6. Änderungssatzung vom 7. Juli 2006 (im Folgenden BGS-TW 2006; in der Entscheidung zitiert als BS 2006) ausgeführt:

33

"Es ist unter Vorteilsgesichtspunkten nicht zu rechtfertigen, dass derartige Grundstücke zwar bezüglich der Betrachtung der beitragsrelevanten Grundfläche den Grundstücken in einem bereits festgesetzten Bebauungsplangebiet gleichgestellt werden (vgl. § 5 Abs. 4 Buchst. a) BS 2006) hingegen bezüglich der anzusetzenden Zahl der Vollgeschosse nach der bislang geltenden planungsrechtlichen Situation. Wenn man davon ausgeht, dass die planungsrechtliche Situation gemäß § 33 BauGB bezüglich der baurechtlichen Ausnutzbarkeit der betroffenen Grundstücke eine Vorwirkung des noch nicht wirksamen Bebauungsplans entfaltet, ist nicht erkennbar, dass unter Vorteilsgesichtspunkten in einer derartigen Situation noch sachgerecht auf die formale gegenwärtige bauplanungsrechtliche Situation abgestellt werden könnte. Dies ergibt sich insbesondere aus der Tatsache, dass in dieser planungsrechtlichen Situation Bauvorhaben grundsätzlich nur dann genehmigungsfähig sind, wenn sie den Maßgaben des künftigen Bebauungsplans nicht widersprechen. Folglich kann vorteilsgerecht nur eine Regelung sein, die an die Festsetzungen des Bebauungsplanentwurfs oder in Ermangelung derartiger Festsetzungen an entsprechende Hilfsparameter wie bei Bebauungsplangebieten (vgl. § 5 Abs. 5 Buchst. b) BS 2006) abstellt."

34

Diese Rechtsauffassung hält sie weiterhin aufrecht.

35

c) Die vorgenannten Fehler betreffen jeweils die gesamte Wirksamkeit der Beitragssatzung. Denn die Satzung ist ohne diese Regelungen in ihrem nach § 2 Abs. 1 KAG M-V 1993 notwendigen Kernbereich nicht vollständig. Deshalb kann eine satzungserhaltende Teilnichtigkeit in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 139 BGB nicht angenommen werden. Sie führen deshalb zu ihrer Nichtigkeit. Auf die Frage, ob die Regelung des Entstehens der Beitragspflicht gemäß § 4 BGS-TW 2003 mit §§ 2 Abs. 1, 8 Abs. 7 KAG M-V 1993 vereinbar ist, kommt es demnach nicht mehr an.

36

2. Auch die darauffolgenden Satzungen bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung sind in so schwerwiegender Weise fehlerhaft und mit höherrangigem Recht unvereinbar, dass sie - den Beitragsteil der Satzung betreffend - insgesamt unwirksam sind.

37

a) Die Nichtigkeit der Beitrags- und Gebührensatzung in der jeweiligen Fassung von der 2. bis zur 5. Änderungssatzung ergibt sich bereits daraus, dass der unter II.1. b) dargestellte Fehler der Vollgeschossregelung für Gebiete gemäß § 33 BauGB fortbestanden hat.

38

b) Die Beitrags- und Gebührensatzung leidet auch in der Fassung der 6. Änderungssatzung vom 6. Juli 2006 an schweren Fehlern, die zu ihrer Nichtigkeit führen. Diese Satzung ist bereits ausdrücklich Gegenstand der rechtlichen Überprüfung in dem Urteil der Kammer vom 30. Januar 2008 (Az.: 8 A 803/07) gewesen. Die Kammer hat darin zur Wirksamkeit der Satzung u.a. Folgendes ausgeführt:

39

" ... Die 'Satzung über die Erhebung von Abgaben für die Wasserversorgung des Zweckverbandes kommunaler Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Ludwigslust (ZkWAL) - Beitrags- und Gebührensatzung -' vom 18. Juli 2001 in der zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Bescheide maßgeblichen Fassung der 6. Änderungssatzung vom 7. Juli 2006 (im Folgenden: BS 2006) hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Grundlage dieser rechtlichen Prüfung ist dabei nach dem Inkrafttreten des 1. Gesetzes zur Änderung des kommunalen Abgabengesetzes vom 14. März 2005 (GVOBl. M-V 2005, S. 91) das Kommunalabgabengesetz in der seit dem 31. März 2005 geltenden Fassung (im Folgenden: KAG M-V 2005). Dies ergibt sich zum einen aus der Tatsache, dass die ursprüngliche Beitrags- und Gebührensatzung aus dem Jahre 2001 durch die 6. Änderungssatzung vom 7. Juli 2006 im zeitlichen Geltungsbereich des KAG M-V 2005 geändert worden ist und zudem nach § 22 Abs. 2 Satz 2 der Übergangszeitraum für noch nicht dem KAG M-V 2005 entsprechende Satzungen im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Bescheide abgelaufen war.

40

. Den damit geltenden Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V 2005 genügt die Beitrags- und Gebührensatzung 2006 nicht. Der darin festgelegte Beitragsmaßstab verstößt teilweise gegen das Vorteilsprinzip und den Gleichheitssatz (a) und die Kalkulation des Abgabensatzes erweist sich als fehlerhaft (b).

41

a) Der in § 5 Abs. 1 und 2 BS 2006 angewandte kombinierte Flächen- und Vollgeschossmaßstab ist grundsätzlich zulässig. Dies gilt insbesondere auch für die Abstufung des Vollgeschossmaßstabes gemäß § 5 Abs. 2 BS 2006, wonach für das erste Vollgeschoss 25 % und für jedes weitere Vollgeschoss je 15 % in Ansatz zu bringen sind (vgl. OVG M-V, Urt. v. 15.3.1995, Az.: 4 K 22/94, zitiert nach JURIS).

42

Grundsätzlich nicht mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist die Regelung in § 5 Abs. 4 Buchst. a) Satz 2 BS 2006, wonach bei einem Grundstück, das sich sowohl im Bereich eines Bebauungsplanes bzw. eines Bebauungsplanentwurfs als auch außerhalb dieses Bereichs befindet, lediglich die Fläche im Bereich des Bebauungsplans bzw. des Bebauungsplanentwurfs für die Beitragsbemessung maßgebend ist. Abstrakt gesehen kann hierdurch eine Ungleichbehandlung zwischen teilweise im Bebauungsplangebiet und im unbeplanten Innenbereich liegenden Grundstücken gegenüber vollständig im unbeplanten Innenbereich liegenden Grundstücken gesehen werden, weil erstere gegebenenfalls lediglich mit dem im Bebauungsplangebiet liegenden Teil veranschlagt werden, während letztere vollständig in die Beitragsberechnung eingestellt würden. Es kann dabei offen bleiben, ob diese Ungleichbehandlung unter dem Gesichtspunkt der konkreten Vollständigkeit der Satzung in Ermangelung tatsächlich vorhandener Fallkonstellationen im Verbandsgebiet nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Satzung führt (in diesem Sinne OVG M-V, Urt. v. 13.1.2001, Az.: 4 K 16/00, zitiert nach JURIS), weil der Beitragsmaßstab an weiteren Mängeln leidet.

43

Die in § 5 Abs. 4 Buchst. c) BS 2006 geregelte Tiefenbegrenzung verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen das Vorteilsprinzip. Zwar ist die grundsätzliche Regelung, wonach bei Grundstücken, die teilweise im unbeplanten Innenbereich und teilweise im Außenbereich liegen, nur die Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und der in einem Abstand von 40 m dazu verlaufenden Parallele berücksichtigt wird, rechtlich nicht zu beanstanden. Nach dem vom Beklagten vorgelegten Kartenmaterial zur Flächenerfassung, scheint diese pauschalierte Betrachtungsweise den örtlichen Verhältnissen im gesamten Verbandsgebiet durchaus zu entsprechen.

44

Nicht mit dem Vorteilsprinzip vereinbar ist jedoch die Regelung in § 5 Abs. 4 Buchst. c) a) Satz 3 BS 2006, wonach bei Grundstücken, die über diese Tiefenbegrenzungslinie hinaus tatsächlich bebaut oder gewerblich oder vergleichbar genutzt werden, die Fläche maßgebend ist, die durch die hintere Grenze der Nutzung bestimmt wird. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern die Berücksichtigung einer sogenannten übergreifenden Bebauung bei der Festlegung der zur Beitragsbemessung heranzuziehenden Grundfläche eines Grundstücks rechtlich nicht nur nichts zu beanstanden, sondern sogar geboten (vgl. OVG M-V, Urt. v.2.6.2004, Az.: 4 K 38/02, zitiert nach JURIS), doch darf eine derartige Regelung ihrerseits unter Berücksichtigung des dem Satzungsgeber zuzubilligenden Grundsatzes der Regelung entsprechend einer zu berücksichtigenden Verwaltungspraktikabilität, nicht dem Gleichheitssatz zuwiderlaufen.

45

Dies ist vorliegend jedoch dann der Fall, wenn sich die rückwärtige Bebauung nicht auf oder nahe bei der Tiefenbegrenzungslinie befindet, sondern in dem rückwärtigen Bereich des Grundstücks, der sich eindeutig im Außenbereich befindet. In diesen Fällen erscheint es möglich, dass eine derartige Baulichkeit nicht im Einzelfall den unbeplanten Innenbereich über die Tiefenbegrenzungslinie hinaus erweitert, sondern schlicht einen im Außenbereich belegene Bebauung darstellt, die entweder aufgrund ihrer Privilegierung im Außenbereich zulässig ist, oder jedenfalls Bestandsschutz genießt. Beitragsbezogen wird insoweit ggf. jedoch nicht die Bemessungsregelung für Außenbereichsbebauung - Gebäudegrundfläche geteilt durch 0,2 - sondern die Innenbereichsregelung - volle Bemessung der Grundstücksfläche bis zur hintersten Gebäudegrenze - herangezogen. Dies kann bei großem Abstand eines rückwärtigen Gebäudes zur Tiefenbegrenzungslinie zu deutlichen Abweichungen in der Berechnung führen.

46

Da in den Fällen, in denen eine Bebauung tatsächlich über die Tiefenbegrenzungslinie hinaus festzustellen ist, ohnehin anhand der konkreten tatsächlichen Verhältnisse die beitragsfähige Fläche des Grundstücks festgestellt werden muss, erscheint es unter Gesichtspunkten der Verwaltungspraktikabilität nicht überzeugend, dass in diesen Konstellationen in jedem Fall die gesamte Grundstücksfläche bis zur hinteren Gebäudegrenze des über die Tiefenbegrenzungslinie hinaus belegenen Bauwerks in Ansatz gebracht wird, weil eine differenzierende Regelung des Inhalts, dass danach zu unterscheiden ist, ob dieses rückwärtige Gebäude den unbeplanten Innenbereich ausnahmsweise über die Tiefenbegrenzungslinie hinaus erweitert oder aber dem Außenbereich zuzuordnen ist, die Flächenerfassung nicht erschwert. Demnach erscheint eine differenzierende Regelung je nach der Lage des rückwärtigen Gebäudes entweder in Anlehnung an die Regelungen über den unbeplanten Innenbereich oder in Anlehnung an die Regelung über die Flächenfeststellung im Außenbereich geboten (so auch Verwaltungsgericht Schwerin, Urt. v. 25.1.2007, Az.: 4 A 217/06, unveröffentlicht).

47

Rechtlichen Bedenken begegnet zudem die Regelung über die Tiefenbegrenzung bei Grundstücken, die an mehreren Straßen liegen, gemäß § 5 Abs. 4 Buchst. c) bb) BS 2006. Nach dieser Regelung ist bei Grundstücken, die an mehreren Straßen belegen sind, die Tiefenbegrenzung von jeder der Straße zugewandten Grundstücksseite über die gesamte Grundstücksbreite anzusetzen. Da die Beitragsbemessung nach Vorteilsgesichtspunkten zu erfolgen hat, wäre eine derartige Regelung nur dann rechtmäßig, wenn dem Beitragspflichtigen eines solchen Grundstücks aufgrund der Belegenheit an mehreren Straßen in jedem Fall ein beitragsrelevanter Vorteil entstehen würde. Dieser Vorteil kann allein in einer gegebenenfalls erhöhten baulichen Ausnutzbarkeit des Grundstücks gesehen werden, weil es in beitragsrechtlicher Hinsicht für den Beitragspflichtigen eines derartigen "Eckgrundstücks" unerheblich ist, ob er möglicherweise von verschiedenen Straßenseiten aus mit einem Trinkwasseranschluss oder Abwasserkanal versehen werden kann. Die damit maßgebliche baurechtliche Betrachtungsweise für den beitragsrelevanten Vorteil ergibt jedoch, dass allein die Tatsache der Belegenheit des Grundstücks an mehreren Straßen keine erhöhte baurechtliche Ausnutzbarkeit ergibt. Dies ist nämlich nur dann der Fall, wenn alle anliegenden Straßen dem gegebenenfalls über Langen- oder Tiefengrundstück einen weitergehenden Bebauungszusammenhang vermitteln. Führt hingegen eine Straße am Grundstück entlang gleichsam in den Außenbereich mit der Folge, dass der Bebauungszusammenhang im vorderen Bereich des Grundstücks endet, so vermittelt die Lage des Grundstücks an der Straße dem Beitragspflichtigen keinen weitergehenden Vorteil bezüglich der Ausnutzbarkeit des Grundstücks.

48

Dass derartige Konstellationen durchaus häufiger vorkommen, lässt sich dem von der Kammer in Einsicht genommenen Kartenmaterial des Beklagten zur Flächenerfassung unzweifelhaft entnehmen. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass der Begriff der Straße in der Beitrags- und Gebührensatzung 2006 nicht weiter erläutert wird, so dass letztendlich allein auf die Kategorie des öffentlichen Weges im Sinne des Straßen- und Wegerechts Mecklenburg-Vorpommern abgestellt werden muss. Legt man diese Kategorie zugrunde, so ist ersichtlich, dass immer wieder in Bereichen mit Tiefenbegrenzungsregelung Straßen oder auch unbefestigte öffentliche Wege zwischen Grundstücken in den Außenbereich führen, also diesen anliegenden Grundstücken keinen weitergehenden Bebauungszusammenhang und damit keine vergrößerte bauliche Nutzbarkeit vermitteln. Aufgrund der Satzungsregelung, die allein auf die Lage des Grundstücks an mehreren Straßen abstellt, sind diese Grundstücke dennoch nach der Tiefenbegrenzungsregelung des § 5 Abs. 4 Buchst. c) bb) BS 2006 mit einer größeren Beitragsfläche zu veranschlagen, als benachbarte Grundstücke, die allein an der vorderen Straße liegen. Hierfür ist ein unter Vorteilsgesichtspunkten sachliches Differenzierungskriterium nicht ersichtlich. Die Tatsache, dass ausweislich des Kartenmaterials der Beklagte in derartigen Grundstückssituationen augenscheinlich selbst die vorgenannte spezielle Tiefenbegrenzungsregelung nicht angewendet hat, belegt indiziell, dass ein derartiges Ergebnis bei Erlass der Regelung auch nicht gewollt gewesen ist. Dennoch ist insoweit der durch Auslegung nicht weiter einzuschränkende Wortlaut der Regelung maßgeblich, der in derartigen Fällen, d. h. einer Belegenheit des Grundstücks an mehreren Straßen, ohne dass diese Situation eine zusätzliche Bebaubarkeit des Grundstücks eröffnet, eine gegenüber dem Normalfall weitergehende Beitragsveranlagung gebietet.

49

Da eine Tiefenbegrenzungsregelung als Abweichung vom Buchgrundstücksbegriff ihre Rechtfertigung allein in dem Gesichtspunkt der notwendigen Verwaltungsvereinfachung findet, mag es zweifelhaft erscheinen, ob eine "Eckgrundstücksregelung" der vorgenannten Art überhaupt notwendig ist. Wenn der Satzungsgeber sich jedoch für eine derartige differenzierende Betrachtungsweise entscheidet, die zur Folge hat, dass gerade nicht in pauschalierter Weise die beitragsfähige Fläche nach metrischen Angaben bestimmt werden kann, so darf eine derartige Ausnahmeregelung unter Vorteilsgesichtspunkten wiederum nur besondere Ausnahmefälle außer Acht lassen, die auch unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung bei der Betrachtung gerade dieser Grundstückskategorie vernachlässigungswert ist. Dass dies vorliegend der Fall wäre, kann jedoch bei Betrachtung des Kartenmaterials zur Flächenerfassung nicht festgestellt werden. Es ist in keiner Weise erkennbar, dass in der Regel bei Grundstücken, die an mehreren Straßen liegen, jede dieser Straßen dem Grundstück aufgrund eines Bebauungszusammenhangs eine weitergehende bauliche Nutzbarkeit vermittelt. Dies ist vom Beklagten auch nicht in substantiierter Weise dargelegt worden. Wenn aber Anhaltspunkte für eine derartige Pauschalierung nicht gegeben sind und die Ausnahmeregelung ohnehin dazu führt, dass derartige Eckgrundstücke einer genaueren Betrachtung der Beitragsfläche unterzogen werden müssen, so muss unter Vorteils- und Gleichheitsgesichtspunkten gegebenenfalls eine derartige Regelung so gestaltet werden, dass sie den tatsächlichen zusätzlichen beitragsrelevanten Vorteil derartiger Grundstücke in etwa abbildet.

50

Hinsichtlich der Regelungen zur Zahl der Vollgeschosse gemäß § 5 Abs. 5 BS 2006 verstößt die Regelung in Buchst. e) für Grundstücke, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplanentwurfs liegen, gegen den Gleichheitssatz. Es ist unter Vorteilsgesichtspunkten nicht zu rechtfertigen, dass derartige Grundstücke zwar bezüglich der Betrachtung der beitragsrelevanten Grundfläche den Grundstücken in einem bereits festgesetzten Bebauungsplangebiet gleichgestellt werden (vgl. § 5 Abs. 4 Buchst. a) BS 2006) hingegen bezüglich der anzusetzenden Zahl der Vollgeschosse nach der bislang geltenden planungsrechtlichen Situation. Wenn man davon ausgeht, dass die planungsrechtliche Situation gemäß § 33 BauGB bezüglich der baurechtlichen Ausnutzbarkeit der betroffenen Grundstücke eine Vorwirkung des noch nicht wirksamen Bebauungsplans entfaltet, ist nicht erkennbar, dass unter Vorteilsgesichtspunkten in einer derartigen Situation noch sachgerecht auf die formale gegenwärtige bauplanungsrechtliche Situation abgestellt werden könnte. Dies ergibt sich insbesondere aus der Tatsache, dass in dieser planungsrechtlichen Situation Bauvorhaben grundsätzlich nur dann genehmigungsfähig sind, wenn sie den Maßgaben des künftigen Bebauungsplans nicht widersprechen. Folglich kann vorteilsgerecht nur eine Regelung sein, die an die Festsetzungen des Bebauungsplanentwurfs oder in Ermangelung derartiger Festsetzungen an entsprechende Hilfsparameter wie bei Bebauungsplangebieten (vgl. § 5 Abs. 5 Buchst. b) BS 2006) abstellt.

51

b) Der in § 6 BS 2006 festgesetzte Anschlussbeitragssatz in Höhe von Netto 2,55 € zuzüglich differierenden Mehrwertsteuersätzen je nach Leistungszeitpunkt beruht auf einer methodisch fehlerhaften Kalkulation und ist deshalb unwirksam. Dies ergibt sich aus den folgenden Gründen:

52

Die vom Beklagten gewählte Aufwandsermittlung entspricht nicht einer der vom Gesetzgeber vorgegebenen zulässigen Methoden zur Aufwandsermittlung. Es handelt sich weder um eine Globalkalkulation i.S.v. § 9 Abs. 2 1. Alternative KAG M-V 2005 noch um eine Rechnungsperiodenkalkulation i.S.v. § 9 Abs. 2 Satz 2 2. Alternative KAG M-V 2005.

53

Zwar stellt sich die vom Beklagten gewählte Methode zur Aufwandsermittlung im Ansatz als eine Globalkalkulation dar, weil dem ersten Anschein nach die gesamten Kosten der Herstellung der zentralen Trinkwasserversorgungsanlage entsprechend dem Trinkwasserkonzept des Beklagten in Relation zur gesamten beitragspflichtigen Fläche des Verbandsgebiets gesetzt worden sind. Dies ist jedoch tatsächlich nicht der Fall. Wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 30. Januar 2008 ausgeführt hat, sind in dem dem Satzungsbeschluss zugrunde liegenden Kalkulationswerk nicht die Kosten enthalten, die der Trinkwasserversorgung der sogenannten "Sonderkunden", d.h. der Industrieunternehmen, mit denen bezüglich der Trinkwasserversorgung gesonderte Vereinbarungen geschlossen worden sind, zuzurechnen sind. Da der Beklagte aber nur eine zentrale Trinkwasserversorgungsanlage betreibt, die sowohl die Tarifkunden als auch die Sonderkunden in gleicher Weise mit Trinkwasser versorgt, muss sich notwendig die Kalkulation i.S.d. § 9 Abs. 2 KAG M-V 2005 auch auf alle Anlagenteile erstrecken.

54

Diese methodische Notwendigkeit kann nicht mit Erfolg deshalb angezweifelt werden, weil der Beklagte in der mündlichen Verhandlung behauptet hat, dass die sowohl kostenseitig als auch flächenseitig erfolgte Herausnahme der Anlagenteile, die für die Nutzung für Sonderkunden allein oder mitbeansprucht werden, dazu führe, dass den anderen Beitragspflichtigen kein Nachteil entstehe. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass der Beklagte nicht selbst den Beitragssatz festlegt, sondern dieser von der Verbandsversammlung des Zweckverbandes aufgrund der Regelung des § 22 Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern vorbehalten ist. Die Verbandsversammlung kann aber das ihr zugewiesene Beschlussfassungsrecht nur dann sachgerecht ausüben, wenn sie von vollständigen tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht. Hierzu gehört, dass die gesamte Anlage kalkuliert worden ist. Dabei ist vorliegend zu berücksichtigen, dass sich weder dem Erläuterungsbericht noch dem Zahlenwerk selbst entnehmen lässt, dass Teile der Anlage hier aufgrund der Zuordnung zu der Trinkwasserversorgung von Sonderkunden nicht wertmäßig in die Betrachtung eingeflossen sind. Wenn aber schon ein solcher Hinweis fehlt, ist es der Verbandsversammlung grundsätzlich nicht möglich zu prüfen, ob die vom Beklagten behauptete Kostenneutralität dieser Berechnungsweise überhaupt zutrifft. Dies stellt nach Auffassung der Kammer einen schwerwiegenden methodischen Fehler bei der Beitragskalkulation dar.

55

Die Aufwandsermittlung kann auch nicht als eine sogenannte Rechnungsperiodenkalkulation gewertet werden, weil sie sich nach der Art und Weise der Aufwandsermittlung weder zeitlich noch im Hinblick auf die bevorteilten Grundstücke auf einen repräsentativen Teil der öffentlichen Einrichtung erstreckt. So lange die Trinkwasserversorgung für Sonderkunden wie für Tarifkunden in gleicher Weise aus einer - rechtlich betrachtet - einheitlichen Trinkwasserversorgungsanlage erfolgt, ist es zwingend geboten, dass sich die Kalkulation dann auch auf die gesamte Anlage erstreckt.

56

Ein weiterer Fehler der vom Beklagten zugrunde gelegten Kalkulation liegt darin, dass die Berechnung der beitragspflichtigen Fläche unter Berücksichtigung des Vollgeschossmaßstabs in der Kalkulation nicht kongruent zum Beitragsmaßstab in § 5 Abs. 2 BS 2006 ist. Während in der vorgenannten Satzungsregelung das erste Vollgeschoss zu 25 % zu berücksichtigen ist, ist tatsächlich im Rechenwerk der Kalkulation das erste Vollgeschoss mit dem Faktor 0,4, d.h. mit 40 %, berücksichtigt worden. Dies hat zur Folge, dass die beitragspflichtige Fläche der Kalkulation zur Folge weitaus höher ist, als sie tatsächlich berücksichtigt werden kann. Damit hat dieser eigentlich schlichte Berechnungsfehler weitreichende Folgen für die Aussagekraft des der Verbandsversammlung vorgelegten Kalkulationswerks. Tatsächlich beträgt die beitragspflichtige Fläche nach den nunmehr dem Gericht vorgelegten korrigierten Fassung nämlich nahezu eine Million Quadratmeter weniger, als sie in dem der Beschlussfassung zugrunde gelegten Kalkulationswerk ausgewiesen worden ist. Dies ist zwar unter dem Gesichtspunkt der Aufwandsüberschreitung insoweit rechtlich unbedenklich, als der ohnehin unter dem höchstzulässigen Beitragssatz festgelegte tatsächliche Beitragssatz auch bei Annahme der tatsächlich in die Kalkulation einzustellenden Beitragsfläche noch unter Kostenaufwandsgesichtspunkten hinreichend legitimiert wird. Dennoch handelt es sich nach Auffassung der Kammer um einen methodisch relevanten Fehler, denn auch insoweit ist der Verbandsversammlung zur Beschlussfassung ein von der Realität gravierend abweichendes Rechenwerk vorgelegt worden, so dass sie in Verkennung der tatsächlichen Gegebenheiten nicht sachgemäß in der gebotenen Weise über den Beitragssatz entscheiden konnte.

57

Dieser grundlegende Fehler wird auch nicht dadurch unbeachtlich, dass die Verbandsversammlung in der Vergangenheit unabhängig von allen unterschiedlichen Berechnungsmethoden immer einen Beitragssatz von 2,55 € Netto festgesetzt hat. Eine derartige Argumentationsweise, die letztendlich darauf hinaus läuft, dass jegliche Kalkulation überflüssig ist, weil sich die Verbandsversammlung immer für einen politisch orientierten und unter den tatsächlichen Herstellungskosten liegenden Beitragssatz entscheidet, findet in den rechtlichen Rahmenbedingungen des KAG M-V 2005 keine rechtliche Handhabe.

58

Der aufgrund der falschen Angabe des Faktors für das erste Vollgeschoss erfolgte Kalkulationsfehler ist auch nicht durch die zwischenzeitliche Neuberechnung und die Erklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 30. Januar 2008 i.S.d. § 2 Abs. 3 KAG M-V 2005 geheilt worden. Es ist schon fraglich, ob flächenseitige Kalkulationsfehler angesichts des klaren Wortlauts der Vorschrift, wonach "die abgabenberechtigte Körperschaft einzelne Aufwands- und Kostenpositionen nachträglich einstellen oder anders bewerten" darf, in dem Verfahren des § 2 Abs. 3 KAG M-V 2005 korrigiert werden können. Selbst wenn man dies grundsätzlich aus systematischen Erwägungen gegen den Wortlaut der Vorschrift zulassen wollte, hat die falsche Faktoreneingabe vorliegend eine derart starke Abweichung zur Folge, dass sie nicht mehr als Neubewertung einer einzelnen Position angesehen werden kann, die gemäß § 2 Abs. 3 KAG M-V 2005 korrigiert werden könnte. Auch in diesem Zusammenhang ist wieder zu beachten, dass es letztlich um die Frage geht, ob die Verbandsversammlung ihren Beschluss über den Beitragssatz aufgrund einer im Wesentlichen richtigen Kalkulationsgrundlage gefasst hat. Die Regelung des § 2 Abs. 3 KAG M-V 2005 will ersichtlich lediglich verhindern, dass kleinere Ungenauigkeiten einer Kalkulation, die insgesamt nicht zu einer Verletzung des Verbotes der Aufwandsüberschreitung führen, jedes Mal die Unwirksamkeit der Festsetzung des Beitragssatzes zur Folge haben. Vorliegend handelt es sich jedoch um einen zwar im technischen Sinne lapidaren Eingabefehler, der in seinen Auswirkungen jedoch eine gravierende Abweichung der gewichteten Beitragsfläche zur Folge hat und deshalb als ein methodischer Fehler der Kalkulation anzusehen ist. Derartige Fehler sind auch unter der Geltung des § 2 Abs. 3 KAG M-V 2005 nicht ohne erneute Befassung der Verbandsversammlung zu korrigieren. ..."

59

An dieser Rechtsauffassung hält die Kammer in weiten Teilen und im Ergebnis fest. Hinzuzufügen ist, dass aufgrund später dem Gericht bekannt gewordenen Tatsachen festzustellen ist, dass die Flächenkalkulation auch insoweit methodisch fehlerhaft war, als nicht alle edv-technisch hergestellten Tabellenwerke in die Gesamtberechnung einbezogen worden sind, weil nicht auf alle Zwischensummen zugegriffen wurde.

60

Nicht festgehalten wird an der Auffassung, dass die Regelung in § 5 Abs. 4 Buchst. c) a) Satz 3 BS 2006, wonach bei Grundstücken, die über diese Tiefenbegrenzungslinie hinaus tatsächlich bebaut oder gewerblich oder vergleichbar genutzt werden, die Fläche maßgebend ist, die durch die hintere Grenze der Nutzung bestimmt wird, nicht mit höherrangigem Recht vereinbar sei. Die Kammer hat insoweit bezüglich einer inhaltlich gleichlautenden Regelung zum Beitragsmaßstab für den Trinkwasserbeitrag eines anderen Zweckverbandes in ihrem Urteil vom 27. Juni 2008 (Az.: 8 A 1797/06) ausgeführt:

61

"... Die die 'übergreifende Bebauung' betreffende Bestimmung in § 6 Abs. 2 f) BSW 2000 ist allerdings für sich genommen nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern ist deren Berücksichtigung bei der Festlegung der zur Beitragsbemessung heranzuziehenden Grundfläche eines Grundstücks rechtlich nicht nur nicht zu beanstanden, sondern sogar geboten (vgl. OVG M-V, Urt. v. 2. Juni 2004, - 4 K 38/02 -, zitiert nach Juris Rn. 112). Eine derartige Regelung darf aber ihrerseits unter Berücksichtigung des dem Satzungsgeber zuzubilligenden Grundsatzes der Regelung entsprechend einer zu berücksichtigenden Verwaltungspraktikabilität nicht dem Gleichheitssatz zuwiderlaufen.

62

Zwar hat die Kammer in ihrem Urteil vom 30. Januar 2008 - 8 A 803/07 - (n.v., S. 7) entschieden, eine solche Regelung könne den Gleichheitssatz verletzen, wenn sich die Bebauung nicht auf oder nahe der Tiefenbegrenzungslinie liege, sondern im rückwärtigen dem Außenbereich des § 35 BauGB zuzurechnenden Bereich des Grundstücks. Dies könne bei großem Abstand eines rückwärtigen Gebäudes zu deutlichen Abweichungen in der Berechnung führen. Daran hält die Kammer aber nach neuerlicher Überprüfung nicht mehr fest. Bei solchen Bebauungskonstellationen erscheint es zulässig, die volle Grundstücksfläche bis zur von der hinteren Bebauung begrenzten Linie zu erfassen. Denn eine solche Vorschrift über die 'übergreifende Bebauung' stellt ihrerseits eine Gegenausnahme von der Ausnahme der Tiefenbegrenzungsregelung dar. Sie kann mit Gründen der Verwaltungspraktikabilität nicht mehr gerechtfertigt werden, sondern würde selbst eine genaue, individuelle Betrachtung des Grundstücks und seiner Bebauung erforderlich machen. ..."

63

Unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität ist eine derartige Regelung deshalb noch als vorteilsgerecht und dem Gleichheitssatz entsprechend anzusehen.

64

Die im Urteil vom 30. Januar 2008 (Az.: 8 A 803/07) vertretene Auffassung, dass die in § 5 Abs. 4 Buchst. c) BS 2006 geregelte Tiefenbegrenzung von 40 m im Grundsatz nicht zu beanstanden sei, hält die Kammer allerdings aufgrund der nunmehr vorgelegten Verwaltungsvorgänge ebenfalls nicht mehr aufrecht. Sie ist methodisch fehlerhaft ermittelt (vgl. dazu im Folgenden II.2.e)bb)).

65

c) Die mit Wirkung zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Beitrags- und Gebührensatzung vom 17. Dezember 2007 (im Folgenden BGS-TW 2007) enthält die unter II.2.b) dargestellten Fehler, die ebenfalls zu ihrer Unwirksamkeit führen. Nach den Darlegungen des Beklagten im Verfahren 8 A 803/07 hat dieser neu erlassenen Satzung keine geänderte Kalkulation zugrunde gelegen, so dass auch der Beitragssatz aus den vorgenannten Gründen nicht rechtmäßig festgesetzt worden ist.

66

d) In der Beitrags- und Gebührensatzung vom 7. April 2008 (im Folgenden BGS-TW 2008/1) ist zwar den im Urteil vom 30. Januar 2008 vom Gericht geäußerten rechtlichen Bedenken zu einzelnen Regelungen des Beitragsmaßstabes Rechnung getragen worden, doch leidet die Satzung weiterhin an schwerwiegenden Fehlern, die zu ihrer Nichtigkeit führen. In diesem Fall ist die öffentliche Einrichtung der zentralen Wasserversorgung nicht hinreichend konkret bestimmt und die Tiefenbegrenzungsregelung sowie die Festsetzung des Beitragsmaßstabes aufgrund fehlerhafter Kalkulation halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

67

Die Satzung kommt dem sich aus § 2 Abs. 1 KAG M-V ergebenden Erfordernis der hinreichenden Bestimmung der öffentlichen Einrichtung, für die ein Beitrag erhoben werden soll, aus den folgenden Gründen nicht nach: Die BGS-TW 2008/1 definiert nicht abschließend den Umfang der Anlage, für die Beiträge erhoben werden sollen. Da in § 1 Abs. 1 BGS-TW 2008/1 auf § 1 Abs. 1 der Wasserversorgungssatzung vom vom 18. Dezember 2007 (im Folgenden: WVS 2007) Bezug genommen wird, ist der Rückgriff auf die Anlagendefinition der WVS 2007 zulässig. Dort wird wiederum in § 1 Abs. 1 WVS 2007 von einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung zur Wasserversorgung im gesamten Verbandsgebiet unabhängig von technisch getrennten Anlagenteilen gesprochen. In § 2 WVS 2007 wird dann allerdings nicht die öffentliche Einrichtung in ihrem Umfang definiert, sondern es wird von der "öffentlichen Wasserversorgungsanlage" gesprochen. Dass hiermit die öffentliche Einrichtung zur Wasserversorgung gemeint ist, ergibt sich allerdings wiederum aus den übrigen Begriffsbestimmungen wie z.B. der des Hausanschlusses, in der es heißt, dass der Hausanschluss "nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung zur Wasserversorgung" ist. Deshalb kann man davon ausgehen, dass der Anlagenbegriff hinreichend konkret definiert ist. Problematisch ist allerdings, dass das Verbandsgebiet in der Verbandssatzung und in der Wasserversorgungssatzung nicht einheitlich festgelegt wird. Nach der Verbandssatzung ist die Gemeinde Milow nur mit den Ortsteilen Deibow, Kastorf, Milow und Semmerin trinkwasserseitig Verbandsgebiet (§ 1 Abs. 4). Die Wasserversorgungssatzung benennt hingegen auch die Ortsteile Görnitz und Krinitz ( § 1 Abs. 1 WVS 2007). Damit erweitert die Wasserversorgungssatzung des Verbandsgebiet in unzulässiger Weise. Zudem ist in der Gemeinde Möllenbeck der Ortsteil Menzendorf nicht mit benannt, obwohl die Gemeinde nach der Verbandssatzung insgesamt zum Verbandsgebiet gehört. Der Ortsteil ist in der Flächenkalkulation auch nicht enthalten. Damit steht die WVS 2007 - und somit auch der von ihr abgeleitete Anlagenbegriff der BGS-TW 2008/1 - im Widerspruch zur seinerzeit gültigen Verbandssatzung und ist folglich in entscheidender Weise fehlerhaft.

68

Bezüglich der Festsetzung der Tiefenbegrenzung als Teil des Verteilungsmaßstabes wird auf die folgenden Ausführungen verwiesen (vgl. unten II.2.e)bb)).

69

Die Festsetzung des Beitragssatzes gemäß § 6 BGS-TW 2008/1 ist wiederum aufgrund schwerwiegender Mängel in der Kalkulation fehlerhaft. So sind flächenseitig jedenfalls das Gewerbegebiet Eldena I und der Gewerbe- und Industriepark Malliß als beplante Gebiete nicht in die Kalkulation eingeflossen. In den Gewerbegebieten Fahrbinde I und Heiddorf/Neu Kaliß ist die beplante Fläche jeweils ganz oder größtenteils mit dem Geschossfaktor 0,25 (1-geschossige Bauweise) in die Berechnung eingegangen, obwohl die Ausweisungen der Bebauungspläne nach dem Beitragsmaßstab der BGS-TW 2008/1 eine mehrgeschossige Anrechnung erfordern. Aufgrund des Ausmaßes der fehlerhaften Festsetzung, kann hier nicht mehr von einem Anwendungsfehler im Einzelfall gesprochen werden, sondern es muss ein methodischer Ermittlungsfehler angenommen werden, der aus den o.g. Gründen zur Nichtigkeit der Festsetzung des Beitragssatzes unabhängig von der Frage führt, ob der tatsächlich festgesetzte Beitragssatz unter Kostendeckungsgesichtspunkten noch abgedeckt ist (vgl. oben II.2.b und VG E-Stadt 8 A 803/07 a. a. O.).

70

e) Schließlich kann auch die jüngste Beitrags- und Gebührensatzung vom 17. Oktober 2008 (im Folgenden BGS-TW 2008/2) nicht mit Erfolg als - nachgeschobene - Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide herangezogen werden. Auch diese Satzung weist Rechtsfehler auf, die zu ihrer Nichtigkeit führen.

71

aa) Das Gericht geht allerdings davon aus, das diese Satzung formell wirksam verabschiedet worden ist. Im Zeitpunkt der Verabschiedung der Satzung verfügte der Zweckverband über eine wirksame Verbandssatzung. Die BGS-TW 2008/2 ist nach den Vorschriften dieser Verbandssatzung erlassen worden.

72

Die im Zeitpunkt der des Erlasses der BGS-TW 2008/2 gültige Verbandssatzung vom 14. Oktober 2008 (im Folgenden VS 2008) weist nach Auffassung der Kammer keine Mängel auf, die zu ihrer Gesamtnichtigkeit führen.

73

Soweit es Zweifel daran geben kann, ob diese Satzung nach gültigen Bestimmungen vorangegangener Verbandssatzungen über die Stimmenzahl der Mitglieder des Zweckverbandes verabschiedet worden ist, ist dieser Mangel nach Auffassung der Kammer jedenfalls aufgrund der Regelung des § 170 Abs. 6 Satz 2 KV M-V unbeachtlich, weil das tatsächlich bei der Abstimmung in der Verbandsversammlung zugrunde gelegte Stimmenverhältnis als vereinbart anzusehen wäre. Auf die Frage, ob seinerzeit das Verbandsmitglied Stadt Ludwigslust als Rechtsnachfolger der eingemeindeten Gemeinden Kummer und Glaisin nach den alten Regelungen der Verbandssatzung nach Maßgabe der Gesamteinwohnerzahl oder nur nach der Anzahl der Einwohner in den allein zum Verbandsgebiet gehörenden Ortsteilen Stimmrechte hatte, kommt es demnach für die Wirksamkeit der aktuellen Verbandssatzung nicht an.

74

Bedenken bezüglich der Wirksamkeit der Verbandssatzung insgesamt aufgrund inhaltlicher Fehler hat das Gericht nicht.

75

Allerdings hält die Kammer die Regelung über die Wahrnehmung der Stimmen eines Verbandsmitgliedes, das aufgrund seiner Einwohnerzahl mehrere Vertreter in die Verbandsversammlung entsendet, durch den Bürgermeister bzw. seinen Stellvertreter (im Amt) für mit höherrangigem Recht unvereinbar und deshalb nichtig. Die Regelung in § 4 Abs. 1 und 2 VS 2008 lautet:

76

"1) Die Verbandsversammlung besteht aus den Bürgermeistern der Verbandsmitglieder sowie weiteren Vertretern der Verbandsmitglieder. Verbandmitglieder mit über 1.000 und bis zu 3.000 Einwohnern entsenden einen weiteren Vertreter in die Verbandsversammlung. Verbandsmitglieder mit über 3.000 Einwohnern entsenden drei weitere Vertreter in die Verbandsversammlung. Maßgeblich ist insoweit die Einwohnerzahl gemäß § 171 Abs. 1 KV M-V. Die Bürgermeister werden im Verhinderungsfall durch ihren Stellvertreter vertreten.

77

2) Die Anzahl der Stimmen der Verbandsmitglieder richtet sich nach der Anzahl ihrer Einwohner. Bei Verbandsmitgliedern gemäß § 1 a Abs. 2 beschränkt sich die Anzahl der für die Verbandsmitglieder zu berücksichtigenden Einwohner auf die dort genannten OT/OL. Die Städte und Gemeinden haben bis 500 Einwohner eine Stimme und je weiterer angefangener 500 eine weitere Stimme. Maßgebend sind die vom Statistischen Landesamt, hilfsweise die von den Ämtern oder Städten, fortgeschriebenen Einwohnerzahlen zum 30.06. des jeweiligen Jahres, die vom 01.01. des folgenden Jahres an für die Stimmenzahl zugrunde zu legen sind. Soweit der Bürgermeister des Verbandsmitglieds bzw. sein Stellvertreter im Amt in der Verbandsversammlung anwesend sind, nehmen diese die Stimmen wahr.

78

Die Stimmen eines Verbandsmitgliedes können nur einheitlich abgegeben werden. Für die Abgabe dieser Stimmen ist die Anwesenheit eines Vertreters des Verbandsmitgliedes in der Verbandsversammlung ausreichend."

79

Diese Regelung hat zur Folge, dass bei Anwesenheit des Bürgermeisters bzw. seines Vertreters die gemäß § 4 Abs. 1 VS 2008 entsandten weiteren Vertreter faktisch stimmrechtslos sind. Denn nach der Regelung wäre selbst im Falle einer internen Einigungspflicht der Vertreter eines Verbandsmitglieds entsprechend der Pflicht zur einheitlichen Abgabe der Stimmen gemäß § 4 Abs. 2 Satz 5 VS 2008 die Außenvollmacht des Bürgermeisters unbeschränkt. Diese Stimmrechtsregelung ist mit § 156 KV M-V nicht vereinbar. § 156 KV M-V sieht ersichtlich keine stimmrechtslosen Vertreter in der Verbandsversammlung vor. Zwar ist es dem Zweckverband freigestellt, die Entsendung weiterer Vertreter zu regeln. Wenn diese jedoch geregelt werden, muss ihnen dasselbe Stimmrecht zustehen wie den gesetzlich zwingend vorgesehenen Vertretern. Dies ergibt sich sowohl aus ihren Befugnissen gemäß §§ 154, 23 Abs. 2 KV M-V als auch aus der Regelung des § 156 Abs. 8 Satz KV M-V. Die in der letztgenannten Vorschrift enthaltene Regelung, dass die Verbandssatzung die Übertragbarkeit des Stimmrechts auf einen anderen Vertreter des Verbandsmitglieds vorsehen kann, setzt denklogisch voraus, dass zunächst jeder Vertreter ein eigenes Stimmrecht hat. Dies bedeutet in dem vom Zweckverband gewählten Fall, wonach ein Verbandsmitglied mehrere und auch von der Zahl der Vertreter abweichende Stimmen haben kann, dass diese nur von den Vertretern gemeinsam abgegeben werden können. Mithin hat jede Uneinigkeit zur Folge, dass die Stimmen des Verbandsmitglieds nicht im Abstimmungsergebnis berücksichtigt werden können. Dies ist der Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 4 VS 2008 aber im Wege der Auslegung nicht mehr zu entnehmen. Die darin für den Fall seiner Anwesenheit geregelte alleinige Stimmrechtswahrnehmung durch den Bürgermeister ist mit dem Regelungssystem der §§ 154, 156 KV M-V nicht zu vereinbaren und deshalb unwirksam. Da die Verbandssatzung aber auch im Falle der Nichtigkeit des § 4 Abs. 2 Satz 4 VS 2008 vollständig ist, hat die Unwirksamkeit der Regelung nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB nur die Unwirksamkeit der einzelnen Regelung und nicht der gesamten Satzung zur Folge.

80

Weitere Rechtsfehler der Verbandssatzung sind aus der Sicht der Kammer nicht zu erkennen. Dies gilt insbesondere auch für die in § 16 VS 2008 geregelte öffentliche Bekanntmachung von Satzungen und in sonstigen gesetzlich vorgeschriebenen Fällen im Internet. Diese Bekanntmachungsform ist nach § 3 Abs. 1 Ziff. 4 i.V.m. § 8 Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung (KV-DVO) vom 4. März 2008 ausdrücklich zugelassen. Die darin enthaltenen inhaltlichen Vorgaben werden von der VS 2008 vollständig umgesetzt. Da die KV-DVO keine weiteren Voraussetzungen bezüglich struktureller Merkmale der von der Veröffentlichung betroffenen Personenkreise - insbesondere eine bestimmte durchschnittliche Mindestverbreitung von Internetanschlüssen in der Bevölkerung - normiert, vermag die Argumentation nicht durchzugreifen, dass die ländliche Struktur des Zweckverbandes einer solchen Bekanntmachungsform entgegenstehe. Die Regelung der Internet-Bekanntmachung in der KV-DVO ist auch ihrerseits mit höherrangigem Recht vereinbar. Es ist für die Kammer nicht erkennbar, dass diese Bekanntmachungsform unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der Kenntnisnahme der betroffenen Personenkreise in rechtlich relevanter Weise hinter den Standards der anderen zugelassenen Bekanntmachungsformen zurückbleibt. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass in diesem Fall ergänzend immer auch der - wenn auch ggf. kostenpflichtige - Bezug der Satzungen von der Körperschaft in Papierform vorgesehen ist (§ 3 Abs. 2 Ziff. 4 KV-DVO). Selbst wenn man davon ausgeht, dass immer noch ein maßgeblicher Teil der betroffenen Grundstückseigentümer oder sonstigen Abgabenpflichtigen nicht über einen Internetanschluss verfügt, ist die Möglichkeit der Kenntnisnahme nicht in rechtlich relevanter Weise weniger zumutbar als z.B. im Falle der Veröffentlichung in Tageszeitungen, die erfahrungsgemäß auch nicht von jedermann bezogen werden.

81

Eine Unklarheit der Vertretungsregelung bezüglich der Vorstandsmitglieder gemäß § 6 VS 2008 vermag das Gericht nicht zu erkennen. Aus § 6 Abs. 3 VS 2008 ergibt sich zweifelsfrei, dass jedes Vorstandsmitglied einen Vertreter in dieser Funktion hat, d.h. ein Bürgermeister, der Vorstandsmitglied ist, nicht durch seinen Vertreter im Amt als Bürgermeister sondern durch ein von der Verbandsversammlung gewähltes stellvertretendes Vorstandsmitglied vertreten wird. Dabei ist es unschädlich, dass das Wahlverfahren nicht in der VS 2008 selbst geregelt ist, weil die Wahl des Verbandsvorstandes in § 159 Abs. 4 KV M-V normiert ist.

82

Mängel bezüglich der konkreten Internetveröffentlichung der BGS-TW 2008/2 sind nicht erkennbar. Die Satzungen des Zweckverbandes können aus dem Menü der Homepage heraus mit einem Anwendungsbefehl erreicht werden. Sie sind sowohl in der Veröffentlichungsform als auch in einer Lesefassung hinterlegt.

83

bb) Die BGS-TW 2008/2 leidet jedoch an inhaltlichen Mängeln, die zu ihrer Nichtigkeit führen. Dies ergibt sich aus den folgenden Gründen:

84

Der vom Zweckverband normierte Beitragsmaßstab ist unvollständig, weil die in § 5 Abs. 4 c) aa) BGS-TW 2008/2 geregelte Tiefenbegrenzung von 40 m methodisch fehlerhaft ermittelt worden und deshalb unwirksam ist. Nach Abschnitt 6 des Berichts über die Kalkulation des höchstzulässigen Beitragssatzes für die Herstellung der öffentlichen Einrichtung der Trinkwasserversorgung der Firma B... GmbH vom 13. Oktober 2008 sowie den in den beigezogenen Beiakten 19 und 20 des Verfahrens 8 A 709/06 befindlichen Berechnungen ist die Tiefenbegrenzungsregelung überprüft worden. Diese Überprüfung ist jedoch methodisch fehlerhaft erfolgt. Die rechnerisch ermittelte durchschnittliche Bebauungstiefe der Grundstücke die vom Innenbereich in den Außenbereich übergehen, von 38,75 m (siehe BA 19, Bl. 1) beruht nämlich zur Überzeugung der Kammer auf einer fehlerhaften arithmetischen Mittelung der auf den Grundstücken vorgefundenen tatsächlichen Bebauung. Den Unterlagen und Luftbildern lässt sich entnehmen, dass Grundstücke, deren Bebauung in 20 m Grundstückstiefe endet, mit diesem Wert ebenso ungefiltert in die Berechnung eingestellt worden sind wie Grundstücke, deren Bebauung erst in 50 oder 60 m Tiefe endet. Eine solche rein arithmetische Berechnung trägt jedoch dem rechtlich vorgeprägten Begriff des Innenbereichs nicht hinreichend Rechnung. Wenn man unter diesem Gesichtspunkt eine Straße betrachtet, von der aus Grundstücke vom Innenbereich in den Außenbereich übergehen, so ist der Innenbereich nicht für jedes Grundstück in Abhängigkeit von der tatsächlichen Bebauung gesondert zu bestimmen. Es ist vielmehr eine rechtliche Vorbetrachtung vorzunehmen, ob eine tiefere Bebauung auf mehreren Grundstücken die Innenbereichsbestimmung für alle Grundstücke der Umgebung prägt, oder sie so vereinzelt ist, dass nur die im Übrigen vorhandene straßennahe Bebauung innenbereichsprägend ist. Dies kann dazu führen, dass aufgrund einer prägenden Hinterbebauung auch Grundstücke, die nur straßennah bebaut sind, mit einer größeren zulässigen Bebauungstiefe in die Ermittlung einzustellen sind, weil sie nach Innenbereichsmaßstäben bis in diese Tiefe nutzbar sind. Demgegenüber ist den Auflistungen zufolge erkennbar eine solche Vorbetrachtung nicht erfolgt, sondern für jedes benachbarte Grundstück eine eigenständige Bebauungstiefe in Abhängigkeit von der tatsächlichen Bebauung erhoben worden. Dies führt tendenziell dazu, dass die durchschnittliche Bebauungstiefe zu kurz angenommen wird, weil die bauliche Nutzbarkeit von Grundstücken zu eng betrachtet und insbesondere auch die zum Innenbereich zugehörigen Flächen der gebäudeakzessorischen Nutzung nicht mit einbezogen werden. Angesichts dieses methodischen Fehlers ist die Festsetzung der Tiefenbegrenzungsregelung unter Vorteilsgesichtspunkten nicht mit dem Gleichheitssatz vereinbar. Es spricht einiges dafür, dass bei der notwendigen rechtlich vorgeprägten Betrachtung des Innenbereichs eine größere durchschnittliche Bebauungstiefe anzunehmen ist.

85

Weiterhin ist der Beitragssatz methodisch fehlerhaft ermittelt und deshalb unwirksam festgesetzt worden. Obwohl der Zweckverband den Bedenken des Gerichts zur Kalkulation des Beitrages in vieler Hinsicht Rechnung getragen hat, ist festzustellen, dass ein Teil des als umlagefähig in die Kalkulation eingestellten Aufwandes nach den Kriterien des § 9 Abs. 2 KAG M-V nicht berücksichtigungsfähig ist. Dies betrifft die bei Gründung des Zweckverbandes übernommen Verbindlichkeiten zur Finanzierung des Altvermögens, die mit ca. 2,5 Mio. € in die Kalkulation eingestellt worden sind (vgl. Erläuterungsbericht S. 39 ff.). Hierzu ist grundsätzlich folgendes anzumerken: Das Einstellen eines Wertes der Altanlage ist nur zulässig, soweit diesbezüglich Verbindlichkeiten übernommen worden sind (OVG Greifswald, Urt. v. 13.11.2001 - 4 K 16/00 -, KStZ 2002, 132). Grundsätzlich sind nur Kosten beitragsfähig, die dem Betreiber der Anlage nach der Wende für die Schaffung der öffentlichen Einrichtung entstanden sind. Hierzu zählen allerdings auch Altschulden, die mit einer übernommenen Anlage ebenfalls übernommen worden sind (vgl. Aussprung a. a. O., § 9 Rn 3.5.6.). Das bedeutet, dass der Anlagenbetreiber, den Wert seiner übernommenen Anlage zu ermitteln hat und die diesbezüglichen übernommenen Verbindlichkeiten dem gegenüber zu stellen hat. Übernommene Altverbindlichkeiten sind als Investitionsaufwand beitragsfähig, wenn sie sich der konkreten beitragsfähigen Maßnahme zuordnen lassen (OVG Weimar, Urt. v. 21.6.2006 - 4 N 574/98 - KStZ 2006, 212). Der Beklagte hat Altschulden in Höhe von insgesamt 2.748.275,56 € vom vorherigen Wasserversorger, der Westmecklenburgischen Wasserwerke (WMW) übernommen. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Verbindlichkeiten Der Beklagte hat hierzu erklärt, dass sich die Verbindlichkeiten keinem konkreten Anlagenbestandteil zuordnen lassen und auch keine Zuordnung zwischen Trink- und Abwasseranlagen erfolgen kann. Deshalb ist eine rechnerische Zuordnung nach dem Verhältnis der Verbindlichkeiten zum Wert der übernommenen Anlagen für die Trink- uns Abwassersparte erfolgt. Dies ist nach Auffassung der Kammer nicht zulässig. Die Kammer versteht die oben zitierte Rechtsprechung so, dass eine unmittelbare Zuordnung der Kredite zu bestimmten Anlagenteilen erfolgen muss. Eine Aufteilung nach Erfahrungssätzen, dass ein circa verhältnismäßiger Anteil auf die Trinkwasseranlage und ein anderer Anteil auf die Schmutzwasser- bzw. andere Anlagenteile erfolgt, reicht hier nicht aus. Eine derartige Auffassung verkennt die Regelung des § 9 Abs. 2 KAG M-V, nach der nur tatsächlich entstandene Kosten eingestellt werden dürfen. Dies bedeutet, dass kalkulatorisch oder kaufmännisch errechnete Kosten nicht eingestellt werden dürfen sondern nur die hierzu entstehenden tatsächlichen Kosten. Deshalb können die auf die Altanlage tatsächlich entstehenden Kosten eingerechnet werden, soweit eine Zuordnung konkret möglich ist. Dies ist dem Beklagten nicht gelungen. Dabei ist der Kammer sehr wohl bewusst, dass es demgemäß keinem Zweckverband, der Anlagen und Kredite der WMW übernommen hat, gelingen dürfte, die Altverbindlichkeiten konkret darzulegen, da die Buchführung der WMW eine Dokumentation insoweit nicht nachvollziehen lässt.

86

Keinen rechtlichen Bedenken unterliegt hingegen die Tatsache, dass der Beklagte Aufwendungen und Erträge aus dem Zeitraum der privatrechtlichen Betätigung nicht gesondert im Rahmen der Beitragskalkulation berücksichtigt hat. Es gibt nach Auffassung der Kammer auch unter Berücksichtigung der eingangs genannten Rechtsgrundsätze bei einem Wechsel vom Zivilrecht in das öffentliche Recht (s.o. I.) keinen Rechtsgrund, der dem Beklagten die Beitragskalkulation auf der Grundlage einer Globalkalkulation verwehrt. Tatsächlich aufgrund des Systemwechsels ggf. zu verzeichnende Einnahmeausfälle sind nicht in die Kalkulation einzustellen, weil diese gemäß § 9 KAG M-V strikt nach Anschaffungs- und Herstellungskosten zu erstellen ist. Sollten sich die Leistungspflichten tatsächlich in maßgeblichem Umfang allein nach zivilrechtlichen Regelungen aus der Zeit der privatrechtlichen Betätigung von 1993 bis Ende 2000 bestimmen und zudem zu einer Unterdeckung gegenüber der Refinanzierung nach Beitragsrecht führen, müsste dies vielmehr jenseits der Kalkulation vom Zweckverband als ein besonderes Problem der Refinanzierung abgearbeitet werden. Soweit diese Kosten weder als Beiträge noch als Gebühren berücksichtigungsfähig sein sollten, ist ggf. auf das Mittel der Verbandsumlage zurückzugreifen.

87

III. Auch die Heranziehungsbescheide vom 24. November 2003, BAW ..., über die Festsetzung des Beitrages für die Herstellung der zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage waren im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig, weil die "Satzung über die Erhebung von Abgaben für die Schmutzwasserbeseitigung des Zweckverbandes kommunaler Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Ludwigslust (ZkWAL) - Beitrags- und Gebührensatzung -" vom 16. August 2001 in der insoweit maßgeblichen Fassung der 2. Änderungssatzung vom 4. September 2002 (im Folgenden: BGS-AW 2002) mit höherrangigem Recht nicht vereinbar war. Grundlage dieser rechtlichen Prüfung ist dabei ebenfalls das seinerzeit gültige Kommunalabgabengesetz vom 1. Juni 1993 (GVOBl. S. 522; im Folgenden: KAG M-V 1993). Den damit geltenden Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V 1993 genügt die BGS-AW 2002 nicht.

88

1. a) Die gemäß § 2 Abs. 1 KAG M-V 1993 notwendige Bestimmung des Kreises der Beitragspflichtigen in § 7 BGS-AW 2002 widerspricht den zwingenden Vorgaben des § 8 Abs. 10 KAG M-V 1993. Die Vorschrift lautet:

89

"Beitragspflichtig ist derjenige, der zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstückes, zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigter, sowie der Wohnung- oder Teileigentümer. Bei einem erbbaubelasteten Grundstück ist der Erbbauberechtigte an Stelle des Eigentümers beitragspflichtig."

90

Fehlerhaft ist insoweit, dass die Beitragspflicht der Wohnungs- und Teileigentümer entgegen § 8 Abs. 10 KAG M-V 1993 nicht auf ihren Miteigentumsanteil begrenzt und zudem die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Beitragspflichtiger im Übrigen nicht normiert ist.

91

b) Hinsichtlich der Regelungen zur Zahl der Vollgeschosse gemäß § 5 Abs. 4 BGS-AW 2002 verstößt die Regelung in Buchst. e) für Grundstücke, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplanentwurfs liegen, gegen den Gleichheitssatz. Die Vorschrift lautet:

92

"e) Bei Grundstücken, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplanentwurfs (§ 33 BauGB) liegen, ist zur Ermittlung der Zahl der Vollgeschosse nicht auf die nach dem Planentwurf vorgesehenen Festsetzungen der Nutzung abzustellen, sondern die Vorschriften entsprechend anzuwenden, wie sie bestehen für:

93

aa) B-Pläne, wenn das Grundstück im Bereich eines B-Planes liegt,

94

bb) die im Zusammenhang bebauten Ortsteile, wenn das Grundstück in diesem Bereich liegt,

95

cc) den Außenbereich, soweit das Grundstück hierin liegt,"

96

Diese Regelung ist aus den den bereits zur inhaltsgleichen Regelung der Beitrags- und Gebührensatzung Trinkwasser genannten Gründen nicht vorteilsgerecht und deshalb nichtig (s.o. II.1.b))

97

c) Die vorgenannten Fehler betreffen jeweils die gesamte Wirksamkeit der Beitragssatzung. Denn die Satzung ist ohne diese Regelungen in ihrem nach § 2 Abs. 1 KAG M-V 1993 notwendigen Kernbereich nicht vollständig. Deshalb kann eine satzungserhaltende Teilnichtigkeit in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 139 BGB nicht angenommen werden. Sie führen deshalb zu ihrer Nichtigkeit. Auf die Frage, ob die Regelung des Entstehens der Beitragspflicht gemäß § 4 BGS 2003 mit §§ 2 Abs. 1, 8 Abs. 7 KAG M-V 1993 vereinbar ist, kommt es demnach nicht mehr an.

98

2. Auch die darauffolgenden Beitrags- und Gebührensatzungen Abwasser bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung sind in so schwerwiegender Weise fehlerhaft und mit höherrangigem Recht unvereinbar, dass sie - den Beitragsteil der Satzung betreffend - insgesamt unwirksam sind.

99

a) Die weiteren Änderungssatzungen der BGS-AW 2002 enthalten weiterhin die unter III.1. genannten Fehler.

100

b) Die nachfolgenden Beitrags- und Gebührensatzungen Schmutzwasser vom 17. Dezember 2007 und 7. April 2008 können bereits deshalb nicht als Rechtsgrundlagen herangezogen werden, weil sie nicht eine zentrale öffentliche Anlage der Abwasserbeseitigung sondern allein eine zentrale öffentliche Anlage der Schmutzwasserbeseitigung als Gegenstand der Beitragspflicht definieren. Damit unterscheiden sich die Anlagenbegriffe in maßgeblicher Weise, weil in den neueren Satzungen die Niederschlagswasserbeseitigung nicht in die öffentliche Einrichtung einbezogen ist.

101

c) Auch die Beitrags- und Gebührensatzung Abwasser vom 17. Oktober 2008 (im Folgenden: BGS-AW 2008) kann nicht mit Erfolg als Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid herangezogen werden. Zwar ist hier wieder die Beitragserhebung für eine öffentliche Einrichtung der zentralen Abwasserentsorgung geregelt, doch ist zumindest der Beitragssatz gemäß § 6 BGS-AW 2008 unwirksam festgesetzt. Eine einheitliche Festsetzung eines Beitragssatzes für die zentrale Abwasserbeseitigung setzt voraus, dass die Entsorgungsgebiete für Schmutzwasser und Niederschlagswasser deckungsgleich sind. Dies ist vorliegend nicht der Fall, wie in der mündlichen Verhandlung deutlich geworden ist. Wenn sich aber die Entsorgungsgebiete unterscheiden, sind entweder getrennte Schmutzwasser- und Niederschlagswasserbeiträge oder aber zumindest aufgegliederte Teilbeiträge zu erheben (vgl. Aussprung/Siemers/Holz, a.a.O., § 9 Anm. 2.4.7).

102

Dies kann vorliegend auch nicht mit dem Argument entkräftet werden, dass die Kosten für die Herstellung der öffentlichen Einrichtung zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung so gering seien, dass sie vernachlässigt werden dürften. Die ermittelten beitragsfähigen Aufwendungen für die private Niederschlagswasserbeseitigung in Höhe von 3.220.941,95 € (vgl. Bericht über die Kalkulation des höchstzulässigen Beitragssatzes für die Herstellung der öffentlichen Einrichtung der Abwasserbeseitigung der Firma B... GmbH, Oktober 2008, S. 32, in: BA 24 zu 8 A 709/06) können nicht einfach in Relation zu den Aufwendungen für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung in Höhe von 56.747.870,33 € gesetzt werden, weil sie sich nach den Angaben des Beklagten nur auf etwa 1/3 der Beitragsfläche beziehen. Damit ist zumindest der Vorteil der nicht gesondert veranlagten Grundstücke, deren Niederschlagswasser zentral entsorgt wird, nicht zu vernachlässigen.

103

Die Nichtigkeit der Regelung des Beitragssatzes hat als zentraler Bestandteil der Satzung gemäß § 2 Abs. 1 KAG M-V die Unwirksamkeit der gesamten Satzung - die Beitragsbestimmungen betreffend - zur Folge.

104

IV. Schließlich können auch die Kostenerstattungsansprüche für den Hausanschluss nicht auf eine wirksame Rechtsgrundlage gestützt werden. Für den Zeitpunkt des Erlasses der Heranziehungs- und Widerspruchsbescheide ergibt sich dies bereits aus der Tatsache, dass die Satzung keine wirksame Bestimmung des Kostenpflichtigen enthält. Weil § 11 BGS-AW 2002 keine eigene Bestimmung des Beitragspflichtigen enthält, müsste insoweit auf § 7 BGS-AW 2002 zurückgegriffen werden. Da diese Regelung aber aus den o.g. Gründen nichtig ist (s.o. III.1.a)), fehlt es auch insoweit an einer wirksamen Bestimmung des Kostenerstattungspflichtigen.

105

Die nachfolgenden Beitrags- und Gebührensatzungen Schmutzwasser vom 17. Dezember 2007 und 7. April 2008 können ebenfalls nicht als Rechtsgrundlagen herangezogen werden. Wie sich aus den Verwaltungsvorgängen ergibt, handelte es sich bei der Maßnahme um einen sog. Umschluss einer vorhandenen Entwässerungsleitung (Hausanschluss) an einen neuen Abwasserkanal in der Straße (vgl. BA 1, Bl. 17 Pos. 01.09..0220). Zwar hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass es nach seiner Kenntnis in diesem Gebiet zuvor keine zentrale Abwasserbeseitigung gegeben habe, doch hat er keine Anhaltspunkte dafür dargetan, dass das Grundstück der Kläger zuvor der öffentlichen Einrichtung der dezentralen Abwasserbeseitigung zugehörig war. Die von Klägerseite vorgetragene zuvor vorhandene Gruppenkläranlage spricht vielmehr dafür, dass es sich bereits um eine primitive öffentliche zentrale Abwasserbeseitigung in den Sinne handelte, dass das Abwasser vom Grundstück durch einen Kanal in eine zur öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage gehörende Anlage geleitet wurde. Ob diese dann in der Art einer Fäkalgrube entsorgt wurde, ist für die rechtliche Betrachtung ohne Belang.

106

Dieser Umschluss ist unter der Geltung des KAG M-V 2005 nicht mehr kostenerstattungsfähig.

107

Die Kammer hat diesbezüglich in ihrem Urteil vom 8. Juni 2007, Az. 8 A 381/07, Folgendes entschieden:

108

"3. Die angefochtenen Bescheide können auch nicht im Hinblick auf die Regelung des § 11 in der Fassung der 5. Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung von Abgaben für die Wasserversorgung des Zweckverbandes kommunaler Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Ludwigslust (ZkWAL) - Beitrags- und Gebührensatzung - vom 15.12.2005 (im Folgenden: AS 2006), die mit Wirkung zum 1. Januar 2006 in Kraft getreten ist, Bestand haben.

109

Dabei geht das Gericht davon aus, dass die vorgenommene Maßnahme entgegen der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung als Umbau des Hausanschlusses im Sinne des § 11 Abs. 3 2. Alt. AS 2006 und nicht als - teilweise - Erneuerung des Hausanschlusses zu qualifizieren ist. Eine Erneuerung im Rechtssinne des Kommunalabgabengesetzes liegt nur dann vor, wenn eine nach bestimmungsgemäßer Benutzung abgenutzte und - in der Regel - nicht mehr funktionstüchtige Anschlussleitung durch eine neue Leitung ersetzt wird (vgl. Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Kommentar, Stand: Mai 2007, § 10 Nr. 7.8.2.4). Eine Abnutzung des alten Hausanschlusses als Grund für die Erneuerung der Leitung ergibt sich weder aus den Verwaltungsvorgängen noch in substantiierter Weise aus dem Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung. Alleiniger Grund für die angefallenen Arbeiten ist vielmehr demnach der notwendige Umschluss an die neue Hauptversorgungsleitung. Damit handelt es sich um eine Umbaumaßnahme gemäß § 11 Abs. 3 AS 2001. Soweit der Hausanschluss infolge der abweichenden Lage der Hauptversorgungsleitung nunmehr länger hergestellt werden musste, kann allenfalls noch der Tatbestand der Erweiterung, der ebenfalls in § 11 Abs. 3 AS 2001 geregelt ist, in Betracht gezogen werden.

110

Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger ist der Beklagte allerdings nicht aufgrund des § 10 Abs. 4 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser vom 20. Juni 1980 (BGBl. I, S. 750, 1067 - AVBWasserV) an einer Regelung über die Kostenerstattungspflicht für Umbaumaßnahmen an Hausanschlüssen über die erstmalige Herstellung hinaus gehindert. Denn die Regelung durch Satzung ist als gemeinderechtliche Vorschrift zur Regelung des Abgabenrechts im Sinne von § 35 Abs. 1, 2. Halbsatz AVBWasserV zu verstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.10.1989, Az.: 8 C 2/88, KStZ 1990, 131, zit. nach JURIS) mit der Folge, dass sie vom Anwendungsbereich des § 10 AVBWasserV unberührt bleibt.

111

§ 11 AS 2006 ist aber insoweit nicht mit § 10 des Kommunalabgabengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. April 2005 (GVOBl. 2005, S. 146; im Folgenden: KAG 2005) vereinbar, als darin die Kostenerstattungspflicht für den Aus- und Umbau, die Verbesserung, Erweiterung und Erneuerung von Hausanschlüssen geregelt ist. Die Überprüfung der AS 2006 hat allein am Maßstab des KAG 2005 zu erfolgen, weil der Beklagte zuvor aus den o.g. Gründen keine gültige Satzung hatte und demgemäß die Übergangsregelung des 22 Abs. 2 KAG 2005 keine Anwendung findet.

112

Rechtmäßigkeitsbedenken gegen die Bestimmung des Maßstabes für die Inanspruchnahme der Kostenerstattungspflichtigen gemäß §§ 11 Abs. 4 i.V.m. 7 AS 2006 im Sinne der obigen Ausführungen zur AS 2001 bestehen nicht, weil § 7 AS 2006 nunmehr den Vorgaben des § 7 Abs. 2 KAG 2005 vollinhaltlich entspricht.

113

§ 10 Abs. 1 KAG bestimmt, dass für den "Aufwand, der erforderlich ist, ein Grundstück an Versorgungs- oder Entsorgungsleitungen anzuschließen," Kostenerstattung gefordert werden kann, wenn der Hausanschluss nicht in die Einrichtung mit einbezogen ist. Letzteres ist hier der Fall: § 2 der Satzung über den Anschluß der Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsleitung und über die Abgabe von Wasser des Zweckverbandes kommunaler Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Ludwigslust (ZkWAL) - Wasserversorgungssatzung - vom 7. Februar 2001 regelt, dass sowohl der öffentliche Teil des Hausanschlusses (bis zur Grundstücksgrenze) als auch dessen privater Teil nicht Teil der öffentlichen Einrichtung gemäß § 1 Wasserversorgungssatzung sind.

114

§ 10 KAG 2005 lässt jedoch nach seinem Wortlaut und seiner Systematik nur die Kostenerstattung für die erstmalige Herstellung eines oder ggfs. weiterer Hausanschlüsse sowie für deren Beseitigung zu. Der Aus- und Umbau, die Verbesserung, Erweiterung und Erneuerung von Hausanschlüssen oder gar deren Unterhaltung sind in eindeutiger Abweichung von § 10 Abs. 1 KAG 1991 nicht mehr kostenerstattungsfähig (vgl. auch Aussprung/Siemers/Holz, a.a.O., § 10, Ziff. 7.8). Zwar könnte der "Aufwand ... ein Grundstück ... anzuschließen" im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz KAG 2005 auch noch dahingehend ausgelegt werden, dass unter dem "Anschließen" auch das "Angeschlossenhalten" zu verstehen ist. Dem steht jedoch die Regelung zur Entstehung des Erstattungsanspruchs "... mit der endgültigen Herstellung der Anschlussleitung ..." in § 10 Abs. 4 Satz 1 KAG 2005 entgegen. Wenn alle Maßnahmen des Angeschlossenhaltens mit in die Regelung einbezogen würden, könnte eine endgültige Herstellung, die bezüglich der erstmaligen Herstellung klar definierbar ist, nicht mehr festgestellt werden, weil die einmal hergestellte Anlage eben im Laufe der Zeit weiteren Änderungen zur Erhaltung ihrer Funktionstüchtigkeit unterliegt. Zudem ist die noch offenere Formulierung des § 10 Abs. 2 KAG 1993, in der von endgültiger Herstellung und (Maßnahmen) "im übrigen" die Rede ist, nunmehr in § 10 Abs. 4 Satz 1 KAG 2005 konkret auf die endgültige Herstellung und die Beseitigung von Anschlüssen begrenzt worden.

115

Aus der Regelung des § 10 Abs. 4 Satz 2 KAG 2005, wonach auf den Erstattungsanspruch "die Vorschriften dieses Gesetzes" entsprechend anzuwenden sind, kann die Befugnis zur Kostenerstattung für Umbaumaßnahmen ebenfalls nicht hergeleitet werden. Denn es gibt keine einheitlichen Regelungen des KAG 2005, die einer entsprechenden Anwendung für den Kostenerstattungsanspruch zugänglich sind. Zwar sind in § 7 Abs. 1 KAG 2005 auch Umbaumaßnahmen an öffentlichen Einrichtungen als beitragsfähige Maßnahmen aufgeführt, doch während in § 8 Abs. 1 KAG 2005 der Umbau öffentlicher Straßen beitragsfähig ist, können gemäß § 9 Abs. 1 KAG 2005 nur Maßnahmen zur Anschaffung, Herstellung oder Erneuerung von öffentlichen Einrichtungen der leitungsgebundenen Versorgung mit Wasser u.a. zur Erhebung von Beiträgen berechtigen. Damit fehlt es bereits an einer allgemeinen analogiefähigen Vorschrift, auf die Bezug genommen werden könnte. Die hier sachnäher anmutende Vorschrift des § 9 Abs. 1 KAG 2005 enthält zudem eine Beschränkung, die gerade die Kostenerstattungsfähigkeit von Umbaumaßnahmen an Hausanschlüssen ausschließen würde (so auch Aussprung/Siemers/Holz, a.a.O., § 10 KAG, Nr. 7.8.2). Von diesem Ansatz ausgehend können Kostenerstattungsansprüche gemäß § 10 Abs. 2 ff. KAG 2005 mithin allein für die erstmalige Herstellung eines Hausanschlusses bzw. weiterer Hausanschlüsse sowie für deren Beseitigung erhoben werden. Für andere Maßnahmen gewährt § 10 KAG 2005 hingegen keine Rechtsgrundlage (offen gelassen lediglich für Erneuerungen: Aussprung/Siemers/ Holz, a.a.O., § 10 Ziff. 7.8, insbesondere 7.8.2.1 und 7.8.2.4). Selbst wenn man die durchgeführte Maßnahme zu einem Teil als Erweiterung im Sinne des § 11 Abs. 3 AS 2006 ansehen wollte, führte dies mithin zu keinem anderen Ergebnis.

116

Da § 11 AS 2006 nicht mit § 10 KAG 2005 vereinbar und somit nichtig ist, kommt es auf die weitere Frage, ob die zu "satzungsloser Zeit" ergangene Umbaumaßnahme sowie die ebenfalls vor dem Inkrafttreten der AS 2006 erlassenen Ausgangsbescheide noch auf diese gestützt werden könnten, obwohl die Satzung nicht rückwirkend in Kraft getreten ist, nicht mehr an."

117

Diese Rechtsauffassung trifft nach Auffassung der Kammer auch auf den vorliegenden Fall zu.

118

V. Als Unterlegener hat der Beklagte die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.