Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 26. Jan. 2006 - 8 K 308/04

bei uns veröffentlicht am26.01.2006

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger erstrebt die Feststellung der Rechtswidrigkeit verschiedener polizeilicher Maßnahmen im Zusammenhang mit den öffentlichen Gedenkfeiern anlässlich der Volkstrauertage der Jahre 2003 und 2004 auf dem B. in T.. Zudem sucht er hinsichtlich künftiger Volkstrauertage um vorbeugenden Rechtsschutz nach.
Die Beklagte - die Stadt T. - und der Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge veranstalten gemeinsam alljährlich am Volkstrauertag eine öffentliche Gedenkfeier am Mahnmal auf dem B. in T.. Die Veranstaltung beginnt jeweils um 11.15 Uhr. Nach dem Willen der Veranstalter darf seit dem Jahre 1987 nur ein Kranz niedergelegt werden.
Am Volkstrauertag des Jahres 2003, dem 17.11.2003, fuhr der Kläger gegen 10.40 Uhr zusammen mit einer weiteren Person mit dessen Pkw, Marke Mitsubishi, amtliches Kennzeichen ...-..., unmittelbar auf einen freien Parkplatz gegenüber dem Haupteingang des B.. Der Kläger und sein Begleiter stiegen aus dem Fahrzeug und begannen sofort, Plakate und Plakattafeln vom Dachgepäckträger des Pkw abzuladen. Im Anschluss daran positionierten sie sich mit diesen Plakaten unmittelbar gegenüber dem Haupteingang des B.. Die vier Plakate trugen als Aufschriften, das Plakat 1: „Man darf in der BRD (schon lange) nicht mehr die Wahrheit sagen. BRAVO Hohmann, General Günzel, PFUI Merkel, Stoiber, Struck...“, das Plakat 2: „R. - S., W. ...: HÄNGT die Heimkehrertafel wieder auf!“, das Plakat 3: „Viele Politiker und Medien sind so dumm, dass sie nicht mehr wissen wo Ostdeutschland liegt. Zählen Sie auch dazu?“ und das Plakat 4: „Deutsche sind keine Antisemiten wegen Göbbels und Hitler - wohl aber judenkritisch wegen USrael, Scharon, Spiegel, Friedmann und vielen Lea Rosh’s!“. Aufgrund der Plakate wurden dem Kläger und seinem Begleiter vom anwesenden Vertreter des Ordnungsamtes der Beklagten zunächst ein Platzverweis und die Beschlagnahme der Plakate bis Veranstaltungsende angedroht, wobei sich der Vertreter des Ordnungsamtes der Beklagten auf eine vom Kläger abgegebene eidesstattliche Versicherung, die Veranstaltung nicht zu stören, berief. Nachdem sich der Kläger weigerte, die Plakate wieder auf dem Dachgepäckträger des Autos zu verstauen und es zu einem längeren Wortgefecht zwischen dem Kläger und dem Vertreter des Ordnungsamtes gekommen war, ordnete dieser den Platzverweis und die Beschlagnahme der Plakate bis Veranstaltungsende an. Der Kläger verließ daraufhin mit seinem Begleiter den Parkplatz. Bei einer späteren Überprüfung durch Beamte des Polizeivollzugsdienstes wurde festgestellt, dass sich der Kläger zum Ende der Veranstaltung im Areal des B. befunden hat, sich nach Aussage des Vertreters des Ordnungsamtes der Beklagten jedoch im Hintergrund gehalten habe, weshalb keine weiteren Maßnahmen getroffen wurden. Die beschlagnahmten Plakate wurden bis zum Ende der Veranstaltung beim Polizeirevier T. verwahrt, was dem Kläger unmittelbar nach Ende der Veranstaltung mitgeteilt wurde. Am 28.11.2003 holte der Kläger die inzwischen der Beklagten übergebenen Plakate ab.
Wegen dieser Maßnahmen hat der Kläger am 25.11.2003 Widerspruch bei der Beklagten erhoben, den diese jedoch unter Hinweis darauf, dass sich die ergangenen Verwaltungsakte durch Zeitablauf erledigt hätten und es deshalb eines Vorverfahrens nicht mehr bedürfe, nicht förmlich beschied.
Der Kläger hat daraufhin mit Schreiben vom 29.01.2004 Klage zum Verwaltungsgericht erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass er ein Rechtsschutzbedürfnis, insbesondere ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse habe, da er erheblich in seinen Grundrechten verletzt worden und dies auch für die weiteren Volkstrauertage zu befürchten sei; zudem seien diese Übergriffe der Polizei auch öffentlich und damit für ihn Ruf schädigend beobachtet worden. Er habe aufgrund der bisherigen Entwicklung seit etwa 1985 auch das Recht zur Geltendmachung eines vorbeugenden Unterlassungsanspruchs, zumal die Gegenseite bekundet habe, sie würde solche Plakate des Klägers an einem solchen Tage und einem solchen Ort nicht dulden. Das Vorgehen der Beklagten sei auch deshalb rechtswidrig, weil es sich in Ermangelung eines dritten Plakatprotestanten um keinerlei öffentliche Versammlung unter freiem Himmel gehandelt habe und somit das Versammlungsgesetz nicht greife. Vielmehr habe es sich um die unmittelbare Ausübung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung ähnlich dem Verteilen von Flugblättern gehandelt, was im öffentlichen Raum, an Straßen und auf Plätzen von der beschriebenen Rechtsordnung ohne Einschränkungen erlaubt sei. Auch eine Zensur hinsichtlich Inhalten, beteiligten Personen, aufgesuchten Örtlichkeiten oder Daten, Tagen und Tageszeiten dürfe nicht stattfinden.
Im Vorfeld der Feierlichkeiten zum Volkstrauertag 2004 versuchte der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen im Wege einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Beklagte zu erreichen, dass ihm das Zeigen von Plakaten gewährt wird, ohne dass diese beschlagnahmt werden oder ihm ein Platzverweis erteilt wird. Der Antrag wurde durch Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 11.11.2004 (Az.: 8 K 1965/04) abgelehnt.
Am Volkstrauertag 2004, dem 14.11.2004, fuhr der Kläger mit zwei weiteren Personen mit dem Pkw Mitsubishi, amtliches Kennzeichen ...-..., zum B.. Noch bevor der Kläger mit seinen Begleitern diesen erreicht hatte, verließ er den PKW und begab sich gegen 10.55 Uhr zu Fuß zum Haupteingang des B.. Auf dem Weg dorthin klemmte er gelbe Flugblätter (Faltblatt, herausgegeben vom „S. f. d. d. V. e.V.“) unter die Scheibenwischer abgestellter Fahrzeuge. Vom anwesenden Vertreter des Ordnungsamtes der Beklagten wurde der Kläger daraufhin mehrfach aufgefordert, die Verteilung der Flugblätter zu unterlassen, was er ignorierte. Als ihm darauf gesagt wurde, dass er es doch unterlassen solle, den Totensonntag jedes Mal für seine Aktion zu missbrauchen, äußerte der Kläger ausweislich des gefertigten Polizeiberichts wörtlich: „Sie missbrauchen den Volkstrauertag für Ihre Juden- und Kommunistenpropaganda.“. Dem Kläger wurde sodann vom Vertreter des Ordnungsamtes erklärt, dass die Flugblätter nun beschlagnahmt würden. Als ihm die Flugblätter von einem Beamten des Polizeivollzugsdienstes weggenommen werden sollten, wehrte der Kläger sich und fing lauthals an zu schreien. Daraufhin wurde dem Kläger vom Vertreter des Ordnungsamtes der Gewahrsam bis zum Ende der Feierstunde erklärt. Der Kläger wurde mit einfacher körperlicher Gewalt in das Dienstfahrzeug des Polizeivollzugsdienstes verbracht und zum Polizeirevier T. gefahren. Dort wurde er in der Gewahrsamseinrichtung eingeschlossen und um 12.16 Uhr wieder auf freien Fuß gesetzt. Die beiden Begleiter des Klägers fuhren währenddessen mit dem Pkw am Haupteingang des B. vor und hängten sich jeweils zwei Plakate um. Der Wortlaut der Plakate bei der einen Person lautete: „R. - S., W. und Gen. - Hängt die Heimkehrertafel wieder auf“ und „Man darf in der BRD (schon lange) nicht mehr die Wahrheit sagen. Bravo Hohmann, General Günzel, Pfui Merkel, Stoiber, Struck“. Die Plakate, die die andere Person mit sich führte, trugen folgenden Wortlaut: „Viele Politiker und Medien sind so dumm, dass sie nicht mehr wissen, wo Deutschland ist. Zählen Sie auch dazu?“ und „Wer wie die BRD Machthaber ein Verbrechen im Nachhinein als Recht behandelt, hat kein Recht andere zu verurteilen.“ Im Fahrzeug wurden zudem zwei weitere Plakate mitgeführt, die ausweislich des gefertigten Polizeiberichts offenbar für den Kläger gedacht waren. Nach langwieriger Diskussion und Aufklärung über die Rechtslage durch den Vertreter des Ordnungsamtes wurden die Plakate wieder im Pkw verstaut. Die beiden Personen begaben sich daraufhin auf das Friedhofsgelände.
Mit Schreiben vom 11.11.2005 hat der Kläger auch insoweit beim Verwaltungsgericht Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass durch das Vorgehen der Beklagten bewiesen sei, dass es ihr nicht um die Verhinderung angeblicher Störungen durch den Kläger gehe, sondern um die Unterdrückung missliebiger Meinungsäußerungen von rechts überhaupt, wie das allüberall in diesem Staate zu beobachten sei. Dies zeige insbesondere der Umstand, dass die Beklagte auch das Zeigen von Plakaten durch dritte Personen, die sie dem Kläger zuordne, gewaltsam unterbunden habe. Sie habe insoweit gegen diese Personen nicht einmal angebliche frühere „Störungen“ erfinden können, alldieweil diese noch nie am Volkstrauertag anwesend gewesen seien. Praktisch bedeute die staatlich legalisierte Abschaffung des Grund- und Menschenrechts auf freie Meinungsäußerung DDR-Verhältnisse, wo es auch eine verheißungsvolle Verfassung gegeben habe, die sich aber in der Verfassungswirklichkeit nur als ein Fetzen Papier erwiesen habe.
Der Kläger beantragt zuletzt,
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festzustellen, dass die von der Beklagten veranlasste Plakatbeschlagnahme und der ausgesprochene polizeiliche Platzverweis am Volkstrauertag 2003 auf dem Gehweg gegenüber dem Eingangsbereich des B. T. rechtswidrig waren,
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festzustellen, dass die von der Beklagten veranlasste Flugblattbeschlagnahme und der ausgesprochene polizeiliche Platzverweis am Volkstrauertag 2004 im öffentlichen Zugangsbereich des B. T. rechtswidrig waren,
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die Beklagte zu verurteilen, es fortan an Volkstrauertagen zu unterlassen, vom Kläger gezeigte Plakate im öffentlichen Verkehrsraum (Bürgersteig, Parkplätze) gegenüber dem Eingangsbereich des B. T. zu verbieten, zu beschlagnahmen oder mittels Platzverweises zu verunmöglichen, es sei denn, dass ein Einschreiten auf der Grundlage von StGB und StPO geboten ist oder der Kläger in akustischer Weise störend in Erscheinung tritt und
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die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, vom Kläger beabsichtigte Verteilung von Handzetteln im öffentlichen Verkehrsraum (Bürgersteig, Parkplätze) gegenüber dem Eingangsbereich des B. zu verbieten, die Handzettel zu beschlagnahmen oder ihre Verteilung mittels Platzverweises zu verunmöglichen, es sei denn, dass ein Einschreiten auf der Grundlage von StGB und StPO geboten ist oder der Kläger in akustischer Weise störend in Erscheinung tritt.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
16 
Zur Begründung trägt sie hinsichtlich des Volkstrauertages 2003 vor, dass die Klage unbegründet sei, da die Beschlagnahme der Plakate sowie der Platzverweis rechtmäßig gewesen seien. Der Volkstrauertag als solcher und speziell die Gedenkfeier, mit der er begangen werde, habe nach der Anschauung einer weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung einen Inhalt und eine Zielrichtung, die gegen rechtsextreme Bestrebungen und rechtsextremes Gedankengut gerichtet sei. Dem komme nach dieser Anschauung ein so hoher Wert zu, dass seine Beachtung für ein gemeindliches Zusammenleben notwendig erscheine. Das Zeigen der Plakate mit rechtsgerichtetem Inhalt stelle somit eine Störung der öffentlichen Ordnung dar, die nur mit einer Beschlagnahme der Plakate habe beseitigt werden können. Die Beschlagnahme sei insoweit auch verhältnismäßig gewesen. Ebenso sei der Platzverweis gemäß den §§ 1, 3 PolG rechtmäßig gewesen, um eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Der Kläger habe im Zusammenhang mit der Vollziehung der Beschlagnahme lautstark geschrien und wie in der Vergangenheit über den „Unrechtsstaat“ und die „Gesinnungsjustiz“ geklagt. Hinsichtlich des Volkstrauertages 2004 sei die Gewahrsamnahme gem. § 28 PolG erfolgt, nachdem auf andere Weise eine bereits eingetretene erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung beseitigt werden können. Die vorbeugende Unterlassungsklage schließlich sei, soweit gegebenenfalls nicht bereits unzulässig, jedenfalls unbegründet. Der Kläger habe keinen seinem Antrag entsprechenden Anspruch gegen die Beklagte.
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Der Kammer haben die einschlägigen Behördenakten sowie die Gerichtsakten zu den Verfahren 6 K 2335/00, 6 K 3/01, 6 K 1748/01 und 8 K 1965/04 vorgelegen. Hierauf sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Klage bleibt sowohl als Fortsetzungsfeststellungklage (1.) als auch als vorbeugende Unterlassungsklage (2.) ohne Erfolg.
19 
1. Die Klage ist hinsichtlich der polizeilichen Maßnahmen an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 als Fortsetzungsfeststellungklage zulässig, jedoch nicht begründet.
20 
Die Klage ist analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig.
21 
Dem Kläger steht eine Feststellungsinteresse analog § 113 Abs.1 Satz 4 jedenfalls unter dem Aspekt der Wiederholungsgefahr zur Seite. Eine Wiederholungsgefahr in diesem Sinne setzt voraus, dass eine gleichartige Verwaltungsentscheidung bereits tatsächlich bevorsteht, in absehbarer Zeit möglich ist oder sich konkret abzeichnet. Dies ist vorliegend der Fall, nachdem die Beklagte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hinsichtlich des Volkstrauertages 2004 (8 K 1965/04) mit Schreiben vom 08.11.2004 ausdrücklich erklärt hat, dass für den Fall, dass sich der Kläger wie zum Volkstrauertag 2003 verhalte, „damit zu rechnen [sei], dass die Antragsgegnerin bereits um ihrer Selbstbindung gerecht zu werden, ähnlich verfährt, wie sie es im vergangenen Jahr für geboten hielt“. Dass sich der Kläger in Bezug auf künftige Volkstrauertage ähnlich wie bisher verhalten - also im Eingangsbereich des B. Plakate zeigen und Handzettel verteilen - möchte, ergibt sich u. a. bereits aus seinen Klaganträgen zum vorbeugenden Rechtsschutz. Darüber hinaus erklärte der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich, dass er mit seinen Handlungen „das spezielle Volkstrauertagspublikum im Auge“ habe und diese daher zum Zeitpunkt der Gedenkfeier am B. stattfinden müssten. Solche Handlungen „am Volkstrauertag in der Fußgängerzone in T.“ vorzunehmen, was die Beklagte gestatten würde, wie ihre Vertreter in der mündlichen Verhandlung sagten, lehnte der Kläger in der Verhandlung ausdrücklich ab.
22 
Darüber hinaus hat der Kläger ein schutzwürdiges Interesse an einer Rehabilitierung. Hat ein Verwaltungsakt außer seiner erledigten, belastenden Wirkung einen Inhalt, der dem Ansehen des Betroffenen schadet, so rechtfertigt das Interesse an einer Rehabilitation, an der Beseitigung der Rufminderung, eine Fortsetzungsfeststellungsklage. Der Kläger trägt vor, das Geschehen im Eingangsbereich des B. sei von der Öffentlichkeit beobachtet worden, was von der Beklagtenseite nicht bestritten worden ist. Zudem ist, jedenfalls was den Volkstrauertag 2003 angeht, auch in der Presse darüber berichtet worden. Dadurch kann das Ansehen des Klägers beeinträchtigt sein. Hinzu kommt hier noch, dass die Feststellungsbegehren polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand haben, die sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränken, in welcher der Betroffene keine gerichtliche Entscheidung erlangen kann. Dass in einem solchen Fall im Hinblick auf den durch Art.19 Abs.4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Klärung bestehen kann, ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, Juris m. w. N.).
23 
Der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage steht auch nicht entgegen, dass kein Vorverfahren durchgeführt worden ist. Die von der Polizei getroffene Maßnahmen in den genannten beiden Jahren haben sich auf die Dauer der Gedenkveranstaltung beschränkt und mit Ablauf ihrer Vollziehung erledigt. Da die Erledigung somit vor Ablauf der Widerspruchsfrist eingetreten ist, bedarf es eines Vorverfahrens nicht. Zudem ist die Klage auch nicht an die Frist der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7/98 -, BVerwGE 109, 203).
24 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die polizeilichen Maßnahmen an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 waren rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten.
25 
Die Platzverweise an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 finden ihre Rechtsgrundlage in den §§ 1, 3 des Polizeigesetzes (PolG) in der Fassung vom 13.Januar 1992 (GBl. S.1, ber. S. 596, 1993 S.155). Danach hat die Polizei die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, und zu deren Wahrnehmung diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage sind vorliegend erfüllt. Denn das Verhalten des Klägers stellte jeweils eine Störung der öffentlichen Sicherheit bzw. Ordnung dar.
26 
Öffentliche Sicherheit in diesem Sinne meint die Unverletzlichkeit der objektiven Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie die Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates und der sonstigen Träger von Hoheitsgewalt. Hierunter fällt auch die Rechtsposition der Veranstalter der Gedenkfeiern am Volkstrauertag als Sondernutzungserlaubnis, wie das Verwaltungsgericht Sigmaringen bereits in seinen Urteilen vom 31.05.1989 - 3 K 1735/88 - und vom 17.10.2002 - 6 K 1760/01 - zutreffend ausführt. Bei dem Mahnmal auf dem B. der Stadt T. handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung der Beklagten (vgl. § 2 der Friedhofssatzung vom 2. Juli 2001). Das Mahnmal ist Teil der Friedhofs. Nach § 5 Abs.4 Satz 1 Friedhofsordnung bedürfen Totengedenkfeiern auf den Friedhöfen der Zustimmung der Beklagten. Daraus folgt, dass es sich bei den Gedenkfeiern an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 um eine Sondernutzung, nicht um Ausübung des Gemeingebrauchs handelte. Die den Veranstaltern der Gedenkfeiern - der Stadt T. und dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge - erteilte Sondernutzungserlaubnis schließt für die Dauer ihrer Geltung den Gemeingebrauch anderer aus (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10.09.1986 - 11 A 53/84 -, NVwZ 1987, 1099). Die Veranstalter haben als Inhaber der Sondernutzungserlaubnis das Recht den Ablauf der Veranstaltung zu bestimmen und die Gedenkstätte nach ihren Wünschen und Bedürfnissen zu gestalten. Es gibt kein Recht Dritter, darauf Einfluss zu nehmen. Nach dem Willen der Veranstalter sollten die jeweiligen Gedenkfeiern zu den Volkstrauertagen 2003 und 2004 störungsfrei ablaufen; insbesondere ergibt sich aus den Umständen - seit 1987 sollte nur ein Kranz durch die Veranstalter abgelegt werden -, dass in unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Nähe zur Gedenkfeier keine politischen Meinungsäußerungen stattfinden sollten, welche zum mahnenden Charakter der Veranstaltung in Widerspruch stehen. Dabei bezieht sich das Gestaltungsrecht der Veranstalter räumlich nicht nur auf das Friedhofgelände selbst, sondern auch auf den daran unmittelbar angrenzenden Bereich - hier den Zugangsbereich zum Friedhofsgelände -, von dem aus zumindest bei extensiver Nutzung Dritte auf die Veranstaltung störend einzuwirken vermochten; dies auch dann, wenn diese Personen hierbei die Grenzen des sonst zulässigen Gemeingebrauchs im Einzelfall nicht überschritten haben sollten (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10.09.1986, a. a. O.). Zeitlich setzt die Sondernutzungserlaubnis nicht erst mit Beginn der Veranstaltung, sondern bereits zu einem Zeitpunkt ein, zu dem regelmäßig mit dem Eintreffen von Besuchern und Teilnehmern der Veranstaltung zu rechnen ist.
27 
Durch das Verhalten des Klägers an den genannten Volkstrauertagen stand jeweils eine Störung dieses Rechts der Veranstalter unmittelbar bevor. Im Jahr 2003 ergibt sich dies daraus, dass der Kläger sich gegen 10.40 Uhr und damit unmittelbar vor der um 11.15 Uhr beginnenden Veranstaltung mit den im Tatbestand bezeichneten Plakaten gegenüber dem Eingang des B. postierte. Der Inhalt dieser Plakate stand zu dem von den Veranstaltern gewünschten mahnenden Charakter der Gedenkfeier in erkennbarem Widerspruch. Gleiches gilt für die am Volkstrauertag 2004 gegen 10.55 Uhr verteilten Flugblätter des Klägers. Insoweit ist auch die vom Kläger gegenüber dem Vertreter des Ordnungsamtes der Beklagten gemachte Äußerung („Sie missbrauchen den Volkstrauertag für Ihre Juden- und Kommunistenpropaganda.“) zu berücksichtigen, aus der ersichtlich wird, dass es dem Kläger mit seinen Meinungsäußerungen erkennbar um eine Relativierung der Gedenkfeiern in der von Veranstaltern vorgenommenen Art und Weise ging. Zudem ließen das aggressive Verhalten des aus den Vorjahren für massive Störversuche im Hinblick auf die Gedenkfeier bekannten Klägers während der jeweils durchgeführten Polizeikontrollen darauf schließen, dass weitere Störungen unmittelbar bevor standen.
28 
Darüber hinaus bestand eine Gefahr für die öffentliche Ordnung im Sinne von § 1 PolG. Unter öffentlicher Ordnung wird die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln verstanden, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden und mit dem Wertgehalt des Grundgesetzes zu vereinbarenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebietes angesehen wird. Die öffentliche Ordnung kann durch die Art und Weise der Kundgabe einer Meinung oder durch provokantes Auftreten von Rechtsextremen verletzt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 -, NVwZ 2004, 90 m. w. N.). Die Gedenkfeier auf dem B. in T. am Volkstrauertag diente der Erinnerung an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, also an diejenigen Menschen, die unmittelbar durch die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft oder mittelbar durch den von dieser verschuldeten Weltkrieg ihr Leben verloren haben, und der Mahnung vor der Wiederholung solcher oder vergleichbarer Geschehnisse. Dieser Feiertag als solcher und speziell die Gedenkfeier, mit der er begangen wird, haben nach der Anschauung einer weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung einen Inhalt und eine Zielrichtung, die gegen rechtsextreme Bestrebungen und rechtsextremes Gedankengut gerichtet ist. Dem kommt nach dieser Anschauung ein so hoher Wert zu, dass seine Beachtung als für ein gedeihliches Zusammenleben notwendig erscheint (vgl. zum Charakter des Volkstrauertages auch OVG Brandenburg, Beschl. v. 15.11.2002 - 4 B 326/02 -, NVwZ 2003, 623). Die Absicht des Klägers, an diesen Tagen eine erklärtermaßen politisch rechts angesiedelte Meinungsäußerung - sei es durch das Zeigen von Plakaten oder das Verteilen von Flugblättern - zu betreiben, stellt eine Störung der öffentlichen Ordnung dar, die in den konkreten Situationen 2003 und 2004 jedenfalls unmittelbar bevorstand, wenn nicht gar bereits eingetreten war.
29 
Es sind keinerlei Anhaltspunkte - auch nicht ansatzweise - ersichtlich oder vorgetragen, dass die Veranstalter des Gedenktags dessen Charakter zuwider handeln oder gar missbrauchen. Die Behauptung des Klägers, der Tag werde für „Juden- und Kommunistenpropaganda“ missbraucht, ist haltlos. Sie lässt allerdings deutlich werden, worum es dem Kläger bei seinen Aktionen geht. Deren Inhalt aber auch die Art und Weise, etwa die lautstarken Auftritte des Klägers, sind unvereinbar mit dem still mahnenden Charakter des Volkstrauertages.
30 
Die Beklagte wurde jeweils als zuständige Ortspolizeibehörde (§§ 60 Abs. 1, 66 Abs. 2 PolG) tätig, um durch den Erlass der Platzverweise die Rechtspositionen der Veranstalter zu schützen und hierdurch die Gefahr für die öffentliche Ordnung zu beseitigen. Die Anordnungen richteten sich gegen den Kläger als Störer (§§ 6 und 7 PolG). Die Platzverweise waren auch nicht unverhältnismäßig. Es handelte sich um vorübergehende Maßnahmen, die nur von kurzer Dauer waren, nämlich bis zum Ende der Veranstaltung; es fehlt ihnen die Eingriffsqualität, so dass Art. 11 GG nicht entgegensteht (Reiff, PolG für Baden-Württemberg, Kommentar, § 3 RdNr. 26). Diese Platzverweise waren auch erforderlich, da es kein milderes Mittel im Sinne des § 5 PolG gab, um die Entfernung des Klägers vom Ort der Gedenkfeier zu erreichen.
31 
Die Platzverweise sind schließlich, auch soweit sie dazu dienten, eine Gefahr für die öffentliche Ordnung abzuwehren, ermessensfehlerfrei ergangen. Insbesondere ist auch die hierin liegende Beeinträchtigung der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers nicht zu beanstanden. Die Gewährleistung der Freiheit der Meinungsäußerung unterliegt nach Art. 5 Abs. 2 GG den Schranken der allgemeinen Gesetze, die - wie hier die §§ 1, 3 PolG - den Schutz anderer Rechtsgüter zum Gegenstand haben. Dabei darf das Grundrecht aus Art. 5 Abs.1 GG zwar nicht unbegrenzt eingeschränkt werden. Das Recht der freien Meinungsäußerung ist vielmehr als konstituierend für ein freiheitliches demokratisches Gemeinwesen in der Güterabwägung zu gewichten. Andererseits zählt die Abgrenzung gegen die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschland ebenfalls zu den tragenden Elementen der Wertordnung des Grundgesetzes. Wenngleich in einer Demokratie selbst diese Grundwerte keinen absoluten Schutz vor jeder Art von Kritik und auch Provokation genießen können, ist doch ein gewisser, eng begrenzter Kernbereich anzunehmen, in welchem die symbolische Bekräftigung derselben, auch im Sinne einer Selbstvergewisserung des demokratischen Gemeinwesens, gänzlich frei von Störungen gehalten werden darf. Zu diesem Kernbereich sind Veranstaltungen mit solch symbolischem Charakter, wie eben die Gedenkfeier zum Volkstrauertag auf dem T. B., zu zählen. Es ist darum unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden, wenn die Behörde in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Gedenkfeier Meinungsäußerungen unterbindet, die - wie die des Klägers - gezielt zur selben Zeit und in unmittelbarer Nähe vorgenommen werden, um den Inhalt der Feier zu konterkarieren. Zu diesem Zweck stellte ein Platzverweis, auch in der Ausdehnung auf den Eingangsbereich des Friedhofs, das mildeste Mittel dar.
32 
Was die Beschlagnahme der Plakate anlässlich des Volkstrauertages 2003 sowie der Flugblätter anlässlich des Volkstrauertages 2004 anbelangt, so waren diese ebenfalls rechtmäßig. Rechtsgrundlage der Beschlagnahme war jeweils § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG. Danach kann die Polizei eine Sache beschlagnahmen, wenn dies erforderlich ist zum Schutz eines Einzelnen oder des Gemeinwesens gegen eine unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung. Diese Voraussetzungen waren vorliegend gegeben, denn die Plakate und die Flugblätter dienten als Mittel der unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme gilt das oben zu den Platzverweisen Ausgeführte entsprechend. Zudem waren die zeitlichen Grenzen des § 33 Abs. 3 Satz 1 PolG gewahrt. Dies gilt auch hinsichtlich der anlässlich des Volkstrauertages 2003 stattgefundenen Beschlagnahme. Denn dem Kläger wurde die Möglichkeit gegeben, die Plakate unmittelbar nach dem Ende der Gedenkfeier am Ort der Verwahrung, dem Polizeirevier T., abzuholen. Eine Pflicht zur Rückgabe der Plakate am Ort der Beschlagnahme - hier dem Eingangsbereich des B.s - bestand angesichts von deren Rechtmäßigkeit nicht (vgl. ausführlich zur strafprozessualen Beschlagnahme: BGH, Urt. v. 03.02.2005 - III ZR 271/04 -, NJW 2005, 988).
33 
Was schließlich die Anordnung des polizeilichen Gewahrsams am Volkstrauertag 2004 angeht, war diese - soweit sich angesichts der Antragsformulierung die Klage hiergegen überhaupt richten sollte - ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten. Der Gewahrsam ist eine Maßnahme der Gefahrenabwehr und zielt auf eine Freiheitsentziehung aus präventiv polizeilichen Gründen. Rechtsgrundlage hierfür war § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG. Danach kann die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn auf andere Weise eine unmittelbar bevorstehende erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht verhindert oder eine bereits eingetretene Störung nicht beseitigt werden kann. Die weitere unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die vom Kläger im Jahr 2004 aufgrund seines aggressiven Verhaltens ausging, ist als erheblich einzustufen, nachdem er sich gegen die zuvor ausgesprochene Beschlagnahme der Flugblätter zur Wehr setzte und im Zuge dessen lauthals schrie; weitere Störungen des Klägers konnten daher auf andere Weise als seine Gewahrsamnahme nicht verhindert werden, insbesondere erschien ein Platzverweis nicht mehr ausreichend. Der erforderliche enge Zusammenhang mit der Gedenkveranstaltung (§ 28 Abs. 3 Satz 1 PolG) war ebenfalls gewahrt, da der Kläger unmittelbar nach Ende dieser Veranstaltung wieder aus dem Gewahrsam entlassen wurde.
34 
Der Rechtmäßigkeit der Gewahrsamnahme des Klägers steht schließlich nicht entgegen, dass keine richterliche Entscheidung über den Gewahrsam herbeigeführt worden ist (§ 28 Abs. 3 Satz 3 PolG). Denn die Herbeiführung einer solchen Entscheidung war vorliegend entbehrlich, da eine Prognose ergibt, dass eine richterliche Entscheidung erst zu einem Zeitpunkt hätte ergehen können, als der Grund für den Gewahrsam wieder weggefallen ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.09.2004 - 1 S 2206/03 -, VBlBW 2005, 63 m. w. N.). Der Kläger ist lediglich für knapp eine Stunde in Gewahrsam genommen worden, wobei für die Polizeibehörde angesichts der alljährlich stattfindenden Gedenkfeier auf dem B. diese (kurze) zeitliche Dauer und damit der Zeitpunkt der Freilassung des Klägers absehbar war. Bei dieser Sachlage erweist sich der Verzicht auf eine richterliche Entscheidung durch die Prognose gerechtfertigt, dass die Herbeiführung einer solchen die Dauer des Gewahrsams aller Voraussicht nach verlängert hätte. Insbesondere mit Blick darauf, dass die herbeizuführende richterliche Entscheidung zur Gewährung rechtlichen Gehörs grundsätzlich die Anhörung sämtlicher Beteiligter vorausgesetzt hätte, konnte die Polizei - zumal es sich um einen Sonntag handelte, an dem am zuständigen Amtsgericht allenfalls ein Bereitschaftsdienst tätig gewesen ist - davon ausgehen, dass eine richterliche Entscheidung nicht vor Ablauf des Gewahrsams hätte ergehen können.
35 
2. Auch die vorbeugende Unterlassungsklage des Klägers bleibt ohne Erfolg. Sie dürfte zwar zulässig sein. Denn im Hinblick darauf, dass auch diese Klage polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand hat, die sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränken, in welcher der Betroffene keine gerichtliche Entscheidung erlangen kann, wäre (auch vorläufiger) nachträglicher Rechtsschutz nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße wirksam (vgl. zum sog. qualifizierten Rechtsschutzinteresse: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.01.1993 - 2 S 1040/91 -, NVwZ-RR1994, 363 m. w. N.). Allerdings ist die Klage unbegründet. Denn dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu, nachdem sich die anlässlich der Volkstrauertage 2003 und 2004 durchgeführten polizeilichen Maßnahmen - gegen deren Wiederholung sich die Unterlassungsklage richtet - als rechtmäßig erweisen.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
18 
Die Klage bleibt sowohl als Fortsetzungsfeststellungklage (1.) als auch als vorbeugende Unterlassungsklage (2.) ohne Erfolg.
19 
1. Die Klage ist hinsichtlich der polizeilichen Maßnahmen an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 als Fortsetzungsfeststellungklage zulässig, jedoch nicht begründet.
20 
Die Klage ist analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig.
21 
Dem Kläger steht eine Feststellungsinteresse analog § 113 Abs.1 Satz 4 jedenfalls unter dem Aspekt der Wiederholungsgefahr zur Seite. Eine Wiederholungsgefahr in diesem Sinne setzt voraus, dass eine gleichartige Verwaltungsentscheidung bereits tatsächlich bevorsteht, in absehbarer Zeit möglich ist oder sich konkret abzeichnet. Dies ist vorliegend der Fall, nachdem die Beklagte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hinsichtlich des Volkstrauertages 2004 (8 K 1965/04) mit Schreiben vom 08.11.2004 ausdrücklich erklärt hat, dass für den Fall, dass sich der Kläger wie zum Volkstrauertag 2003 verhalte, „damit zu rechnen [sei], dass die Antragsgegnerin bereits um ihrer Selbstbindung gerecht zu werden, ähnlich verfährt, wie sie es im vergangenen Jahr für geboten hielt“. Dass sich der Kläger in Bezug auf künftige Volkstrauertage ähnlich wie bisher verhalten - also im Eingangsbereich des B. Plakate zeigen und Handzettel verteilen - möchte, ergibt sich u. a. bereits aus seinen Klaganträgen zum vorbeugenden Rechtsschutz. Darüber hinaus erklärte der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich, dass er mit seinen Handlungen „das spezielle Volkstrauertagspublikum im Auge“ habe und diese daher zum Zeitpunkt der Gedenkfeier am B. stattfinden müssten. Solche Handlungen „am Volkstrauertag in der Fußgängerzone in T.“ vorzunehmen, was die Beklagte gestatten würde, wie ihre Vertreter in der mündlichen Verhandlung sagten, lehnte der Kläger in der Verhandlung ausdrücklich ab.
22 
Darüber hinaus hat der Kläger ein schutzwürdiges Interesse an einer Rehabilitierung. Hat ein Verwaltungsakt außer seiner erledigten, belastenden Wirkung einen Inhalt, der dem Ansehen des Betroffenen schadet, so rechtfertigt das Interesse an einer Rehabilitation, an der Beseitigung der Rufminderung, eine Fortsetzungsfeststellungsklage. Der Kläger trägt vor, das Geschehen im Eingangsbereich des B. sei von der Öffentlichkeit beobachtet worden, was von der Beklagtenseite nicht bestritten worden ist. Zudem ist, jedenfalls was den Volkstrauertag 2003 angeht, auch in der Presse darüber berichtet worden. Dadurch kann das Ansehen des Klägers beeinträchtigt sein. Hinzu kommt hier noch, dass die Feststellungsbegehren polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand haben, die sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränken, in welcher der Betroffene keine gerichtliche Entscheidung erlangen kann. Dass in einem solchen Fall im Hinblick auf den durch Art.19 Abs.4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Klärung bestehen kann, ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, Juris m. w. N.).
23 
Der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage steht auch nicht entgegen, dass kein Vorverfahren durchgeführt worden ist. Die von der Polizei getroffene Maßnahmen in den genannten beiden Jahren haben sich auf die Dauer der Gedenkveranstaltung beschränkt und mit Ablauf ihrer Vollziehung erledigt. Da die Erledigung somit vor Ablauf der Widerspruchsfrist eingetreten ist, bedarf es eines Vorverfahrens nicht. Zudem ist die Klage auch nicht an die Frist der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7/98 -, BVerwGE 109, 203).
24 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die polizeilichen Maßnahmen an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 waren rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten.
25 
Die Platzverweise an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 finden ihre Rechtsgrundlage in den §§ 1, 3 des Polizeigesetzes (PolG) in der Fassung vom 13.Januar 1992 (GBl. S.1, ber. S. 596, 1993 S.155). Danach hat die Polizei die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, und zu deren Wahrnehmung diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage sind vorliegend erfüllt. Denn das Verhalten des Klägers stellte jeweils eine Störung der öffentlichen Sicherheit bzw. Ordnung dar.
26 
Öffentliche Sicherheit in diesem Sinne meint die Unverletzlichkeit der objektiven Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie die Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates und der sonstigen Träger von Hoheitsgewalt. Hierunter fällt auch die Rechtsposition der Veranstalter der Gedenkfeiern am Volkstrauertag als Sondernutzungserlaubnis, wie das Verwaltungsgericht Sigmaringen bereits in seinen Urteilen vom 31.05.1989 - 3 K 1735/88 - und vom 17.10.2002 - 6 K 1760/01 - zutreffend ausführt. Bei dem Mahnmal auf dem B. der Stadt T. handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung der Beklagten (vgl. § 2 der Friedhofssatzung vom 2. Juli 2001). Das Mahnmal ist Teil der Friedhofs. Nach § 5 Abs.4 Satz 1 Friedhofsordnung bedürfen Totengedenkfeiern auf den Friedhöfen der Zustimmung der Beklagten. Daraus folgt, dass es sich bei den Gedenkfeiern an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 um eine Sondernutzung, nicht um Ausübung des Gemeingebrauchs handelte. Die den Veranstaltern der Gedenkfeiern - der Stadt T. und dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge - erteilte Sondernutzungserlaubnis schließt für die Dauer ihrer Geltung den Gemeingebrauch anderer aus (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10.09.1986 - 11 A 53/84 -, NVwZ 1987, 1099). Die Veranstalter haben als Inhaber der Sondernutzungserlaubnis das Recht den Ablauf der Veranstaltung zu bestimmen und die Gedenkstätte nach ihren Wünschen und Bedürfnissen zu gestalten. Es gibt kein Recht Dritter, darauf Einfluss zu nehmen. Nach dem Willen der Veranstalter sollten die jeweiligen Gedenkfeiern zu den Volkstrauertagen 2003 und 2004 störungsfrei ablaufen; insbesondere ergibt sich aus den Umständen - seit 1987 sollte nur ein Kranz durch die Veranstalter abgelegt werden -, dass in unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Nähe zur Gedenkfeier keine politischen Meinungsäußerungen stattfinden sollten, welche zum mahnenden Charakter der Veranstaltung in Widerspruch stehen. Dabei bezieht sich das Gestaltungsrecht der Veranstalter räumlich nicht nur auf das Friedhofgelände selbst, sondern auch auf den daran unmittelbar angrenzenden Bereich - hier den Zugangsbereich zum Friedhofsgelände -, von dem aus zumindest bei extensiver Nutzung Dritte auf die Veranstaltung störend einzuwirken vermochten; dies auch dann, wenn diese Personen hierbei die Grenzen des sonst zulässigen Gemeingebrauchs im Einzelfall nicht überschritten haben sollten (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10.09.1986, a. a. O.). Zeitlich setzt die Sondernutzungserlaubnis nicht erst mit Beginn der Veranstaltung, sondern bereits zu einem Zeitpunkt ein, zu dem regelmäßig mit dem Eintreffen von Besuchern und Teilnehmern der Veranstaltung zu rechnen ist.
27 
Durch das Verhalten des Klägers an den genannten Volkstrauertagen stand jeweils eine Störung dieses Rechts der Veranstalter unmittelbar bevor. Im Jahr 2003 ergibt sich dies daraus, dass der Kläger sich gegen 10.40 Uhr und damit unmittelbar vor der um 11.15 Uhr beginnenden Veranstaltung mit den im Tatbestand bezeichneten Plakaten gegenüber dem Eingang des B. postierte. Der Inhalt dieser Plakate stand zu dem von den Veranstaltern gewünschten mahnenden Charakter der Gedenkfeier in erkennbarem Widerspruch. Gleiches gilt für die am Volkstrauertag 2004 gegen 10.55 Uhr verteilten Flugblätter des Klägers. Insoweit ist auch die vom Kläger gegenüber dem Vertreter des Ordnungsamtes der Beklagten gemachte Äußerung („Sie missbrauchen den Volkstrauertag für Ihre Juden- und Kommunistenpropaganda.“) zu berücksichtigen, aus der ersichtlich wird, dass es dem Kläger mit seinen Meinungsäußerungen erkennbar um eine Relativierung der Gedenkfeiern in der von Veranstaltern vorgenommenen Art und Weise ging. Zudem ließen das aggressive Verhalten des aus den Vorjahren für massive Störversuche im Hinblick auf die Gedenkfeier bekannten Klägers während der jeweils durchgeführten Polizeikontrollen darauf schließen, dass weitere Störungen unmittelbar bevor standen.
28 
Darüber hinaus bestand eine Gefahr für die öffentliche Ordnung im Sinne von § 1 PolG. Unter öffentlicher Ordnung wird die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln verstanden, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden und mit dem Wertgehalt des Grundgesetzes zu vereinbarenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebietes angesehen wird. Die öffentliche Ordnung kann durch die Art und Weise der Kundgabe einer Meinung oder durch provokantes Auftreten von Rechtsextremen verletzt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 -, NVwZ 2004, 90 m. w. N.). Die Gedenkfeier auf dem B. in T. am Volkstrauertag diente der Erinnerung an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, also an diejenigen Menschen, die unmittelbar durch die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft oder mittelbar durch den von dieser verschuldeten Weltkrieg ihr Leben verloren haben, und der Mahnung vor der Wiederholung solcher oder vergleichbarer Geschehnisse. Dieser Feiertag als solcher und speziell die Gedenkfeier, mit der er begangen wird, haben nach der Anschauung einer weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung einen Inhalt und eine Zielrichtung, die gegen rechtsextreme Bestrebungen und rechtsextremes Gedankengut gerichtet ist. Dem kommt nach dieser Anschauung ein so hoher Wert zu, dass seine Beachtung als für ein gedeihliches Zusammenleben notwendig erscheint (vgl. zum Charakter des Volkstrauertages auch OVG Brandenburg, Beschl. v. 15.11.2002 - 4 B 326/02 -, NVwZ 2003, 623). Die Absicht des Klägers, an diesen Tagen eine erklärtermaßen politisch rechts angesiedelte Meinungsäußerung - sei es durch das Zeigen von Plakaten oder das Verteilen von Flugblättern - zu betreiben, stellt eine Störung der öffentlichen Ordnung dar, die in den konkreten Situationen 2003 und 2004 jedenfalls unmittelbar bevorstand, wenn nicht gar bereits eingetreten war.
29 
Es sind keinerlei Anhaltspunkte - auch nicht ansatzweise - ersichtlich oder vorgetragen, dass die Veranstalter des Gedenktags dessen Charakter zuwider handeln oder gar missbrauchen. Die Behauptung des Klägers, der Tag werde für „Juden- und Kommunistenpropaganda“ missbraucht, ist haltlos. Sie lässt allerdings deutlich werden, worum es dem Kläger bei seinen Aktionen geht. Deren Inhalt aber auch die Art und Weise, etwa die lautstarken Auftritte des Klägers, sind unvereinbar mit dem still mahnenden Charakter des Volkstrauertages.
30 
Die Beklagte wurde jeweils als zuständige Ortspolizeibehörde (§§ 60 Abs. 1, 66 Abs. 2 PolG) tätig, um durch den Erlass der Platzverweise die Rechtspositionen der Veranstalter zu schützen und hierdurch die Gefahr für die öffentliche Ordnung zu beseitigen. Die Anordnungen richteten sich gegen den Kläger als Störer (§§ 6 und 7 PolG). Die Platzverweise waren auch nicht unverhältnismäßig. Es handelte sich um vorübergehende Maßnahmen, die nur von kurzer Dauer waren, nämlich bis zum Ende der Veranstaltung; es fehlt ihnen die Eingriffsqualität, so dass Art. 11 GG nicht entgegensteht (Reiff, PolG für Baden-Württemberg, Kommentar, § 3 RdNr. 26). Diese Platzverweise waren auch erforderlich, da es kein milderes Mittel im Sinne des § 5 PolG gab, um die Entfernung des Klägers vom Ort der Gedenkfeier zu erreichen.
31 
Die Platzverweise sind schließlich, auch soweit sie dazu dienten, eine Gefahr für die öffentliche Ordnung abzuwehren, ermessensfehlerfrei ergangen. Insbesondere ist auch die hierin liegende Beeinträchtigung der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers nicht zu beanstanden. Die Gewährleistung der Freiheit der Meinungsäußerung unterliegt nach Art. 5 Abs. 2 GG den Schranken der allgemeinen Gesetze, die - wie hier die §§ 1, 3 PolG - den Schutz anderer Rechtsgüter zum Gegenstand haben. Dabei darf das Grundrecht aus Art. 5 Abs.1 GG zwar nicht unbegrenzt eingeschränkt werden. Das Recht der freien Meinungsäußerung ist vielmehr als konstituierend für ein freiheitliches demokratisches Gemeinwesen in der Güterabwägung zu gewichten. Andererseits zählt die Abgrenzung gegen die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschland ebenfalls zu den tragenden Elementen der Wertordnung des Grundgesetzes. Wenngleich in einer Demokratie selbst diese Grundwerte keinen absoluten Schutz vor jeder Art von Kritik und auch Provokation genießen können, ist doch ein gewisser, eng begrenzter Kernbereich anzunehmen, in welchem die symbolische Bekräftigung derselben, auch im Sinne einer Selbstvergewisserung des demokratischen Gemeinwesens, gänzlich frei von Störungen gehalten werden darf. Zu diesem Kernbereich sind Veranstaltungen mit solch symbolischem Charakter, wie eben die Gedenkfeier zum Volkstrauertag auf dem T. B., zu zählen. Es ist darum unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden, wenn die Behörde in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Gedenkfeier Meinungsäußerungen unterbindet, die - wie die des Klägers - gezielt zur selben Zeit und in unmittelbarer Nähe vorgenommen werden, um den Inhalt der Feier zu konterkarieren. Zu diesem Zweck stellte ein Platzverweis, auch in der Ausdehnung auf den Eingangsbereich des Friedhofs, das mildeste Mittel dar.
32 
Was die Beschlagnahme der Plakate anlässlich des Volkstrauertages 2003 sowie der Flugblätter anlässlich des Volkstrauertages 2004 anbelangt, so waren diese ebenfalls rechtmäßig. Rechtsgrundlage der Beschlagnahme war jeweils § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG. Danach kann die Polizei eine Sache beschlagnahmen, wenn dies erforderlich ist zum Schutz eines Einzelnen oder des Gemeinwesens gegen eine unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung. Diese Voraussetzungen waren vorliegend gegeben, denn die Plakate und die Flugblätter dienten als Mittel der unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme gilt das oben zu den Platzverweisen Ausgeführte entsprechend. Zudem waren die zeitlichen Grenzen des § 33 Abs. 3 Satz 1 PolG gewahrt. Dies gilt auch hinsichtlich der anlässlich des Volkstrauertages 2003 stattgefundenen Beschlagnahme. Denn dem Kläger wurde die Möglichkeit gegeben, die Plakate unmittelbar nach dem Ende der Gedenkfeier am Ort der Verwahrung, dem Polizeirevier T., abzuholen. Eine Pflicht zur Rückgabe der Plakate am Ort der Beschlagnahme - hier dem Eingangsbereich des B.s - bestand angesichts von deren Rechtmäßigkeit nicht (vgl. ausführlich zur strafprozessualen Beschlagnahme: BGH, Urt. v. 03.02.2005 - III ZR 271/04 -, NJW 2005, 988).
33 
Was schließlich die Anordnung des polizeilichen Gewahrsams am Volkstrauertag 2004 angeht, war diese - soweit sich angesichts der Antragsformulierung die Klage hiergegen überhaupt richten sollte - ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten. Der Gewahrsam ist eine Maßnahme der Gefahrenabwehr und zielt auf eine Freiheitsentziehung aus präventiv polizeilichen Gründen. Rechtsgrundlage hierfür war § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG. Danach kann die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn auf andere Weise eine unmittelbar bevorstehende erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht verhindert oder eine bereits eingetretene Störung nicht beseitigt werden kann. Die weitere unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die vom Kläger im Jahr 2004 aufgrund seines aggressiven Verhaltens ausging, ist als erheblich einzustufen, nachdem er sich gegen die zuvor ausgesprochene Beschlagnahme der Flugblätter zur Wehr setzte und im Zuge dessen lauthals schrie; weitere Störungen des Klägers konnten daher auf andere Weise als seine Gewahrsamnahme nicht verhindert werden, insbesondere erschien ein Platzverweis nicht mehr ausreichend. Der erforderliche enge Zusammenhang mit der Gedenkveranstaltung (§ 28 Abs. 3 Satz 1 PolG) war ebenfalls gewahrt, da der Kläger unmittelbar nach Ende dieser Veranstaltung wieder aus dem Gewahrsam entlassen wurde.
34 
Der Rechtmäßigkeit der Gewahrsamnahme des Klägers steht schließlich nicht entgegen, dass keine richterliche Entscheidung über den Gewahrsam herbeigeführt worden ist (§ 28 Abs. 3 Satz 3 PolG). Denn die Herbeiführung einer solchen Entscheidung war vorliegend entbehrlich, da eine Prognose ergibt, dass eine richterliche Entscheidung erst zu einem Zeitpunkt hätte ergehen können, als der Grund für den Gewahrsam wieder weggefallen ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.09.2004 - 1 S 2206/03 -, VBlBW 2005, 63 m. w. N.). Der Kläger ist lediglich für knapp eine Stunde in Gewahrsam genommen worden, wobei für die Polizeibehörde angesichts der alljährlich stattfindenden Gedenkfeier auf dem B. diese (kurze) zeitliche Dauer und damit der Zeitpunkt der Freilassung des Klägers absehbar war. Bei dieser Sachlage erweist sich der Verzicht auf eine richterliche Entscheidung durch die Prognose gerechtfertigt, dass die Herbeiführung einer solchen die Dauer des Gewahrsams aller Voraussicht nach verlängert hätte. Insbesondere mit Blick darauf, dass die herbeizuführende richterliche Entscheidung zur Gewährung rechtlichen Gehörs grundsätzlich die Anhörung sämtlicher Beteiligter vorausgesetzt hätte, konnte die Polizei - zumal es sich um einen Sonntag handelte, an dem am zuständigen Amtsgericht allenfalls ein Bereitschaftsdienst tätig gewesen ist - davon ausgehen, dass eine richterliche Entscheidung nicht vor Ablauf des Gewahrsams hätte ergehen können.
35 
2. Auch die vorbeugende Unterlassungsklage des Klägers bleibt ohne Erfolg. Sie dürfte zwar zulässig sein. Denn im Hinblick darauf, dass auch diese Klage polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand hat, die sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränken, in welcher der Betroffene keine gerichtliche Entscheidung erlangen kann, wäre (auch vorläufiger) nachträglicher Rechtsschutz nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße wirksam (vgl. zum sog. qualifizierten Rechtsschutzinteresse: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.01.1993 - 2 S 1040/91 -, NVwZ-RR1994, 363 m. w. N.). Allerdings ist die Klage unbegründet. Denn dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu, nachdem sich die anlässlich der Volkstrauertage 2003 und 2004 durchgeführten polizeilichen Maßnahmen - gegen deren Wiederholung sich die Unterlassungsklage richtet - als rechtmäßig erweisen.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 26. Jan. 2006 - 8 K 308/04

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 26. Jan. 2006 - 8 K 308/04

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 26. Jan. 2006 - 8 K 308/04 zitiert 9 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 74


(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erho

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 11


(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet. (2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der

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Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 26. Jan. 2006 - 8 K 308/04 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 26. Jan. 2006 - 8 K 308/04 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Feb. 2005 - III ZR 271/04

bei uns veröffentlicht am 03.02.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 271/04 Verkündet am: 3. Februar 2005 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 697;

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 27. Sept. 2004 - 1 S 2206/03

bei uns veröffentlicht am 27.09.2004

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 10. Juni 2002 - 12 K 179/01 - wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 26. Jan. 2006 - 8 K 308/04.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 25. Apr. 2007 - 1 S 2828/06

bei uns veröffentlicht am 25.04.2007

Tenor Das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26. Januar 2006 - 8 K 308/04 - wird geändert. Es wird festgestellt, dass die Beschlagnahme der Plakate und der Platzverweis am Volkstrauertag 2003 sowie die Beschlagnahme

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.

(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 271/04
Verkündet am:
3. Februar 2005
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 697; StPO § 98; Verwaltungsrecht/Allgemeines - Öffentlich-rechtliche
Verwahrung
Die Rückgabe einer in einem Strafverfahren beschlagnahmten Sache hat an
dem Ort zu erfolgen, an welchem diese aufzubewahren war; die zuständigen
Justizbehörden sind nicht verpflichtet, die Sache dem Berechtigten an dessen
Wohnsitz zu bringen.
BGH, Urteil vom 3. Februar 2005 - III ZR 271/04 - LG Hamburg
AG Hamburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke im schriftlichen
Verfahren aufgrund der bis zum 31. Dezember 2004 eingereichten Schriftsätze

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 3, vom 20. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


In der Kanzlei des Klägers, eines seinerzeit in Hamburg praktizierenden Rechtsanwalts, wurden im Zuge eines gegen ihn geführten steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens in den Jahren 1984 und 1989 durch die dortige Staatsanwaltschaft Unterlagen aus Mandantenakten beschlagnahmt. Das Strafverfahren selbst wurde später vom Landgericht Hamburg gemäß § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldbuße von 12.000 DM eingestellt; eine Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) wurde dem Kläger versagt. Die in mehreren Kartons auf-
bewahrten beschlagnahmten Unterlagen wurden daraufhin von der Staatsanwaltschaft zur Abholung bereitgestellt.
Der Kläger, der zwischenzeitlich seinen Wohn- und Kanzlei sitz nach Ibiza verlegt hat, begehrt mit der vorliegenden Klage die Verurteilung der beklagten Freien und Hansestadt Hamburg (Justizbehörde - Justizamt), die beschlagnahmten Unterlagen an seinen neuen Wohnsitz zu übersenden. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben; das Landgericht (NJW 2004, 2455) hat sie abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist nicht begründet.
1. Beide Vorinstanzen haben die Zulässigkeit der vorliegenden zivilgerichtlichen Klage mit Recht bejaht. Es geht hier um einen vermögensrechtlichen Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung, der gemäß § 40 Abs. 2 VwGO den ordentlichen Gerichten zugewiesen ist. Die Parteien streiten nicht über die Aufhebung der Beschlagnahmeanordnung - die Beschlagnahme ist durch den rechtskräftigen Abschluß des Strafverfahrens ohne weiteres erloschen (allgemeine Meinung; vgl. KK/Nack, StPO 5. Aufl. 2003 § 98 Rn. 33; Meyer-Goßner, StPO 47. Aufl. 2004 § 98 Rn. 29 m.w.N.) -, die den zuständigen Strafverfolgungsbehörden (Staatsanwaltschaft, Gericht) vorbehalten ist (Hoffmann/Knierim , NStZ 2000, 461, 463; KK/Nack aaO Rn. 34; Meyer-Goßner aaO Rn. 30), sondern ausschließlich über die Modalitäten der Rückgabe. Diese Frage kann
von den Zivilgerichten nach allgemeinen materiell- und verfahrensrechtlichen Grundsätzen entschieden werden, ohne daß ein Kompetenzkonflikt mit der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht entsteht. Entgegen Hoffmann/Knierim (aaO), die insoweit "im Wege der Annexkompetenz" § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO für anwendbar und deshalb eine Zivilklage für unzulässig halten, hat auch das Oberlandesgericht Stuttgart in seinem Urteil vom 25. April 1984 (wistra 1984, 240) die dortige Herausgabeklage nicht etwa als unzulässig, sondern als unbegründet abgewiesen, weil den dort geltend gemachten Herausgabeansprüchen nach § 985 BGB und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung mit der wirksamen Beschlagnahme ein materiell-rechtliches Hindernis entgegengestanden hatte.
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Das Landgericht hat vielmehr mit Recht auf das hier in Rede stehende öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnis die Vorschrift des § 697 BGB entsprechend angewandt. Danach hat die Rückgabe der hinterlegten (hier: der durch Beschlagnahme in öffentlich-rechtliche Verwahrung genommenen) Sache an dem Ort zu erfolgen, an welchem die Sache aufzubewahren war; der Verwahrer (die beklagte Justizbehörde) ist nicht verpflichtet, die Sache dem Hinterleger (hier dem Kläger an dessen Wohnort) zu bringen.

a) In diesem Sinne hat sich das Oberlandesgericht Hambur g bereits in einer frühen Entscheidung (Urteil vom 13. Juli 1916 = SeuffArch 72 [1917] Nr. 4 S. 7, 8 geäußert. Diese Entscheidung ist unverändert aktuell; ihr hat sich ein Großteil der Kommentarliteratur zum Bürgerlichen Gesetzbuch angeschlossen (Staudinger/Reuter, BGB 13. Bearb. 1995 § 697 Rn. 5; Erman/Herrmann, BGB 11. Aufl. 2004 § 697 Rn. 1; MünchKomm/Hüffer, BGB 4. Aufl. 2005 § 697 Rn. 3
i.V.m. Fn. 4). Auch in Teilen der strafprozessualen Literatur wird § 697 BGB für anwendbar gehalten (H. Schäfer, wistra 1984, 136, 137).

b) Demgegenüber wird in der strafprozessualen Literatu r wohl überwiegend die Auffassung vertreten, § 697 BGB sei bei beschlagnahmten oder formlos für Zwecke der Strafverfolgung sichergestellten Sachen nach Beendigung des hoheitlichen Zugriffs nicht analog anwendbar. Dies habe die Konsequenz, daß die beschlagnahmten Sachen dem Betroffenen dort zurückzugeben seien, wo sie von der Behörde beschlagnahmt oder wo sie dieser zur Abwendung der Beschlagnahme freiwillig übergeben worden waren (Damrau, NStZ 2003, 408, 410). Noch weitergehend nehmen G. Schäfer (in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. Stand: 1. Oktober 2003 § 98 Rn. 64) und Hoffmann/Knierim (aaO) an, die Gegenstände seien dem Berechtigten auf Verlangen zurückzubringen. Dies könnte die weitere Folge haben, daß die Behörde die beschlagnahmten Sachen auf eigene Kosten und Gefahr auch an einen etwaigen neuen, möglicherweise - wie hier - sogar im Ausland befindlichen Wohnsitz des Berechtigten zu verbringen hätte.

c) Das zentrale Argument für die Begründung einer der artigen weitergehenden Verpflichtung, die beschlagnahmten Sachen zurückzubringen, besteht darin, daß sie - anders als beim normalen privatrechtlichen Verwahrungsvertrag - nicht aufgrund eines vertraglichen Einverständnisses des Hinterlegers, sondern - oftmals gegen dessen Willen - durch den hoheitlichen Zugriff der Strafverfolgungsbehörden in die öffentlich-rechtliche Verwahrung überführt worden seien. Mit der Verpflichtung des Betroffenen, diese zwangsweise Entziehung zu dulden, korrespondiere eine Rechtspflicht der Strafverfolgungsbehörden , die Sachen nach dem Wegfall der öffentlich-rechtlichen Verstrickung
- gleichsam im Wege der "Wiedergutmachung" - zum Berechtigten zurückzuschaffen.

d) Diese Betrachtungsweise vermag der erkennende Senat i ndessen nicht zu teilen. Vielmehr erhält - wie schon das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat - der hier zu beurteilende Sachverhalt sein Gepräge dadurch, daß die Beschlagnahme rechtmäßig gewesen war und ihre gesetzliche Grundlage in § 94 StPO gefunden hatte. Diese Rechtmäßigkeit des hoheitlichen Zugriffs begründet eine sachliche Rechtfertigung für das öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnis, die in ihrem Gewicht dem vertraglichen Konsens bei einem privatrechtlichen Verwahrungsvertrag mindestens gleichkommt. Dies rechtfertigt es, die gesetzlichen Regelungen für die Abwicklung eines beendeten Verwahrungsverhältnisses auch auf die Beendigung einer Beschlagnahme anzuwenden, und zu diesen gehört auch die gesetzliche Wertung, die der Rückgaberegelung des § 697 BGB zugrunde liegt.

e) Nichts anderes ergibt sich aus dem Gesichtspunkt der Folg enbeseitigung , den Staudinger/Reuter (aaO) zur ausnahmsweisen Begründung einer Rückschaffungspflicht der Behörde anführt. Der Folgenbeseitigungsanspruch betrifft Fälle, in denen durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist, der noch andauert. Der ursprünglichen Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts steht es gleich, wenn ein von einer Behörde geschaffener Zustand nachträglich rechtswidrig wird (Wolff/ Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2 6. Aufl. [2000] § 52 II Rn. 13 und 17 m.w.N.). An dieser entscheidenden Voraussetzung fehlt es hier. Weder war durch die rechtmäßige Beschlagnahme ein rechtswidriger Zustand geschaffen worden, noch war der ursprünglich rechtmäßige Zustand nachträglich rechts-
widrig geworden, nachdem die Beschlagnahme geendet und die Staatsanwaltschaft die Gegenstände zur Abholung bereit gestellt hatte.

f) Wegen dieser Rechtmäßigkeit scheidet auch ein auf Ersa tz der für den Rücktransport erforderlichen Aufwendungen gerichteter Amtshaftungsanspruch des Klägers (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) von vornherein aus. Ob diese Aufwendungen gegebenenfalls zu den nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 StrEG ersatzfähigen Schadensposition gehören könnten, ist hier nicht zu entscheiden.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 10. Juni 2002 - 12 K 179/01 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Ingewahrsamnahme durch Beamte des Polizeivollzugsdienstes des beklagten Landes.
Mit Telefax vom 17.10.2000 meldete xxx für Mittwoch, den 18.10.2000, bei der zuständigen Versammlungsbehörde, dem Landratsamt xxx, eine Demonstration gegen den für diesen Tag erwarteten Transport von Brennelementen (Castor-Transport) vom Gelände des Kernkraftwerks xxx zur Wiederaufbereitungsanlage xxx an. Die Demonstration sollte von 7.00 bis 15.00 Uhr „vom Marktplatz zur AKW-Haupteinfahrt mit anschließender Mahnwache und Abschlusskundgebung“ stattfinden. Der Versammlungsleiter und die Versammlungsteilnehmer gingen dabei davon aus, dass der Demonstrationszug zunächst in östlicher Richtung zum sogenannten „Kreisel“ und von dort über die sogenannte Rheinschanzinsel zum Haupteingang des Kernkraftwerks xxx verlaufen sollte. Nachdem allerdings am frühen Morgen des 18.10.2000 gegen 6.15 Uhr eine andere Demonstrationsgruppe mit etwa 150 Teilnehmern die am Zufahrtsweg des Kernkraftwerks postierte Polizei überrannt und eine sogenannte „Schichtwechsel-Blockade“ durchgeführt hatte und dadurch der ursprünglich geplante Weg zum Kernkraftwerk durch Polizeikräfte und Demonstranten versperrt war, entschlossen sich der Versammlungsleiter und die Versammlungsteilnehmer - darunter auch der Kläger - kurzfristig, über die L 555 zur Straße am Zufahrtsgleis zum Kernkraftwerk zu gehen, um dann auf dieser Straße entlang dem Gleis zum Kernkraftwerkstor zu gelangen. Der Demonstrationszug begab sich mit 150 Teilnehmern - darunter auch der Kläger - gegen 7.20 Uhr in westlicher Richtung auf die L 555 in Richtung Industriegleis. An der Straßenbrücke über den Pfinzkanal wurde der Demonstrationszug von Polizeikräften aufgehalten, woraufhin sich die Teilnehmer - darunter auch der Kläger - auf die Fahrbahn der L 555 setzten und diese blockierten. Ein Vertreter der Versammlungsbehörde teilte dem Versammlungsleiter sodann mit, dass ein Aufzugsweg zum Kernkraftwerk über das Anschlussgleis nicht zugelassen werde, die Fahrbahn freigehalten werden müsse und beabsichtigt sei, die Demonstration zu untersagen. Um 8.20 Uhr erklärte der Versammlungsleiter daraufhin die Demonstration für beendet. Nachdem die Versammlungsteilnehmer sich trotz mehrfacher Aufforderung durch die Polizei nicht von der Fahrbahn entfernten, wurde die Versammlung durch mündliche Verfügung des Vertreters der Versammlungsbehörde aufgelöst und die auf der Fahrbahn verbliebenen Versammlungsteilnehmer - darunter auch der Kläger - von polizeilichen Einsatzkräften auf das angrenzende Wiesengelände abgedrängt. Die Räumung der L 555 war um ca. 8.37 Uhr beendet.
Etwa um 9.15 Uhr beschlossen die abgedrängten Versammlungsteilnehmer ohne Mitwirkung des bisherigen Versammlungsleiters nun doch, über die Altrheinbrücke zur Rheinschanzinsel zum Werkstor des Kernkraftwerks zu marschieren, um dort - wie ursprünglich vorgesehen - zu demonstrieren. Die etwa 150 Personen gingen daraufhin nach xxx zurück, um auf direktem Wege zur Hauptzufahrtstraße zum Kernkraftwerk zu gelangen. An der Altrheinbrücke zur Rheinschanzinsel wurden die Demonstranten etwa um 9.35 Uhr durch eine Polizeisperre am Weitergehen gehindert. Daraufhin setzten sich die Teilnehmer - darunter auch der Kläger - wiederum auf die Straße, um gegen die Vorgehensweise der Polizei zu protestieren. Um 9.54 Uhr löste der Vertreter der Versammlungsbehörde auch diese Versammlung auf. Während sich etwa 40 Teilnehmer freiwillig von der Fahrbahn entfernten, verblieben über 110 Personen - darunter auch der Kläger - auf der Straße zum Kernkraftwerk sitzen. Nachdem diese seitens der Polizei mehrfach zur Räumung der Straße aufgefordert worden waren, wurden sie etwa ab 10.10 Uhr von den Polizeikräften unter Anwendung unmittelbaren Zwangs weggetragen und in Gewahrsam genommen. Alle in Gewahrsam genommenen Demonstranten wurden sodann mit Polizeifahrzeugen in die xxxx-Kaserne nach xxx verbracht, wo sie gegen 11.00 Uhr eintrafen. Dort erfolgte die erkennungsdienstliche Behandlung und die Anfertigung von Ordnungswidrigkeitenanzeigen. Der Kläger, dessen Personalien etwa um 13.30 Uhr festgestellt wurden, verweigerte die Aussage zu der ihm zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit, legte schriftlich Widerspruch gegen die Ingewahrsamnahme ein und beantragte eine sofortige richterliche Entscheidung.
Bereits um die Mittagszeit war seitens der Polizei erfolglos versucht worden, bezüglich der Ingewahrsamnahmen mit einem Richter des Amtsgerichts xxx-xxx Kontakt aufzunehmen. Um Rückruf wurde gebeten. Nachdem ein Rückruf nicht erfolgte, telefonierte um 15.15 Uhr Kriminaloberrat xxx mit dem Amtsgericht xxx und erhielt die Auskunft, dass ein Richter bereits nach Hause gegangen sei und der Direktor des Amtsgerichts gerade einen Sitzungstermin wahrnehme. Um 15.38 Uhr gelang es, Amtsgerichtsdirektor xxx telefonisch über die Gewahrsamnahmen in Kenntnis zu setzen. Dieser erklärte, dass er „nach § 28 Abs. 3 PolG durch den Anruf unverzüglich über die freiheitsentziehenden Maßnahmen der Personen unterrichtet“ sei. Weiter führte er aus, dass eine richterliche Bestätigung eine Einzelanhörung der inhaftierten Personen voraussetze. Nach seiner Auffassung habe die Polizei die rechtliche Möglichkeit, die Personen bis zum Ende des darauffolgenden Tages in Gewahrsam zu nehmen. Sollte der Gewahrsam im Laufe des nächsten Tages aufrechterhalten werden, so sei er hierüber zu verständigen, worauf er mit einer Einzelanhörung beginnen werde.
Um 16.45 Uhr wurde der Gewahrsam aufgehoben und der Kläger auf freien Fuß gesetzt.
Am 27.12.2000 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und beantragt festzustellen, dass die Gewahrsamnahme vom 18.10.2000 rechtswidrig gewesen sei. Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
Mit Urteil vom 10.6.2002 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Gewahrsamnahme sei sowohl für den Zeitraum zwischen 11.00 Uhr bis 13.30 Uhr als auch für den Zeitraum zwischen 13.30 Uhr bis 16.45 Uhr rechtmäßig gewesen. Hinsichtlich des ersten Zeitraums sei die Maßnahme durch §§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO gerechtfertigt. Rechtsgrundlage für das weitere Festhalten des Klägers nach Abschluss der Personenfeststellung um ca. 13.30 Uhr sei § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG gewesen. Es könne dahingestellt bleiben, ob der weitere Gewahrsam des Klägers zum Zwecke der Verhinderung einer bevorstehenden Straftat unter dem Gesichtspunkt der Nötigung, § 240 StGB, gerechtfertigt gewesen sei. Denn eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit könne auch bei bevorstehenden Ordnungswidrigkeiten angenommen werden, sofern diese zu umfangreichen und intensiven Störungen führen könnten. Dies sei hier der Fall gewesen. Die wiederholte Nichtbeachtung des sich aus § 13 Abs. 2 VersG ergebenden Gebots, sich nach der Auflösung der Versammlung zu entfernen, stelle eine Ordnungswidrigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 VersG dar. Zudem habe zugleich auch ein Verstoß gegen §§ 1 Abs. 2, 25 Abs. 1 StVO und eine nicht erlaubte Sondernutzung einer öffentlichen Straße gemäß § 16 Abs. 1 LStrG vorgelegen. Diese Störungen seien nach Umfang und Intensität erheblich gewesen. Die Störung habe auch unmittelbar bevorgestanden, da der Beklagte aufgrund des der Gewahrsamnahme vorangegangenen Verhaltens des Klägers sowie der polizeibekannten Strategie der Versammlungsteilnehmer davon habe ausgehen dürfen, dass der Kläger nach der Räumung der Straße erneut die Fahrbahn an einer anderen Stelle blockieren würde. Die Gefahr weiterer erheblicher Störungen der öffentlichen Sicherheit habe auch bei der Aufrechterhaltung des Gewahrsams nach Abschluss der Personenfeststellung um 13.30 Uhr unmittelbar bevorgestanden. Eine Freilassung des Klägers um 13.30 Uhr hätte die Gefahr einer erneuten Blockadeaktion in sich geborgen. Der Beklagte habe auch nicht gegen die Pflicht verstoßen, unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Bei Beginn des Gewahrsams sei eine solche entbehrlich gewesen, da der Beklagte geplant habe, die in Gewahrsam genommenen Personen unmittelbar nach Abschluss der Personenfeststellung im Laufe der nächsten Stunde freizulassen, da man von Seiten der Polizei davon ausgegangen sei, dass die Demonstranten alsdann die Heimreise antreten würden. Bei dieser Sachlage sei die Einholung einer richterlichen Entscheidung schon deshalb entbehrlich gewesen, weil diese nur zu einer Verzögerung der Freilassung geführt hätte. Ihre Absicht, die in Gewahrsam genommenen Demonstranten bis spätestens 15.00 Uhr freizulassen, habe die Polizei in der Folgezeit jedoch nicht umsetzen können, nachdem sich die Gesamtsituation bis zu der tatsächlich erfolgten Kontaktaufnahme mit dem Amtsgericht xxx (um 15.15 Uhr) zum Unklaren hin entwickelt habe. Zwar seien schon vereinzelt Abreiseaktivitäten außerhalb der xxx-Kaserne feststellbar gewesen, andererseits habe aber insbesondere bei den in Gewahrsam genommenen Personen keine Bereitschaft bestanden, die umgehende Abreise zuzusichern. Wenn sich die Polizei in dieser Phase der Unsicherheit nunmehr dazu entschlossen habe, jetzt doch eine richterliche Entscheidung gemäß § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG herbeizuführen, so sei dieses Verhalten noch unverzüglich. Die Tatsache, dass das Amtsgericht erst um 15.38 Uhr über den Sachstand in Kenntnis gesetzt werden konnte, könne der Polizei nicht angelastet werden. Der Begriff des „Herbeiführens“ umfasse lediglich das Anhängigmachen der Sache beim zuständigen Amtsgericht. Nicht in die Verantwortungssphäre der Polizei falle die weitere Sachbehandlung durch das Amtsgericht xxx, nachdem dieses von dem Gewahrsam polizeilicherseits in Kenntnis gesetzt worden sei. Die Entscheidung des Amtsgerichts, von einer richterlichen Entscheidung über die Fortdauer des Gewahrsams vorerst abzusehen, sei im vorliegenden Rechtsstreit unerheblich, zumal dem erkennenden Gericht insoweit eine Überprüfungskompetenz nicht zustehe. Die Freiheitsentziehung habe auch nicht gegen Art. 5 Abs. 1 Buchst. c EMRK verstoßen. Der Begriff der „strafbaren Handlung“ im Sinne dieser Bestimmung sei weit auszulegen, so dass die Vorschrift die Ingewahrsamnahme zum Zwecke der Verhinderung einer Ordnungswidrigkeit nicht verbiete.
Auf den Antrag des Klägers hat der Senat die Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil zugelassen.
Zur Begründung seiner Berufung vertieft der Kläger seine bisherigen Ausführungen: Es sei zweifelhaft, ob die Rechtsgrundlage für die Ingewahrsamnahme in der Zeit von 11.00 Uhr bis 13.30 Uhr tatsächlich § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO gewesen sei. Nach ihrem eigenen Vortrag habe die Polizei die Demonstranten aus Gründen der Gefahrenabwehr in Gewahrsam genommen und nicht, um ihre Personalien festzustellen. Aus Gründen der Gefahrenabwehr sei die Ingewahrsamnahme seinerzeit aber nicht erforderlich gewesen. Er, der Kläger, habe sich an Blockadeaktionen zu keinem Zeitpunkt beteiligt, eine Blockade des AKW sei von ihm nicht beabsichtigt gewesen. Auf die Straße habe er sich allein deshalb gesetzt, weil die Polizei ein Weitergehen der Demonstrationsteilnehmer verhindert habe. Im Übrigen verstoße die Ingewahrsamnahme gegen Art. 5 Abs. 1 Buchst. c EMRK. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts rechtfertige die Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten eine Freiheitsentziehung nicht. Die Voraussetzungen für eine Ingewahrsamnahme hätten auch im weiteren Verlauf nicht vorgelegen. Ausreichende Tatsachen für eine akute Bedrohung der öffentlichen Sicherheit hätten nicht vorgelegen. Insoweit könne insbesondere nicht ausreichend sein, dass die in Gewahrsam genommenen Demonstranten keine Zusicherung abgegeben hätten, unmittelbar die Abreise anzutreten. Die Ingewahrsamnahme sei auch deshalb rechtswidrig, weil die Polizei es unterlassen habe, unverzüglich die erforderliche richterliche Entscheidung herbeizuführen. Nach dem eigenen Vortrag des Beklagten sei eine Entlassung des Klägers erst eine Stunde nach Beendigung der Personalienfeststellung vorgesehen gewesen. Insoweit hätte ohne weiteres bereits vor der Ingewahrsamnahme eine richterliche Entscheidung beim Amtsgericht herbeigeführt werden können und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen. Die Polizei habe aber auch nach der Ingewahrsamnahme nicht unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeigeführt. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, dass dem Gericht der wesentliche Sachverhalt mit der Bitte um Entscheidung vorgelegt worden wäre, wozu es eines auf die Person des Klägers bezogenen Antrags bedurft hätte. Wie der Direktor des Amtsgerichts xxx in seiner Stellungnahme mitgeteilt habe, sei ein formeller Antrag auf richterliche Entscheidung seitens der Polizei nicht gestellt worden. Ein bloßes Telefonat könne insoweit nicht ausreichen.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 10. Juni 2002 - 12 K 179/01 - zu ändern und festzustellen, dass die Ingewahrsamnahme am 18.10.2000 rechtswidrig war.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er trägt noch vor: Die Festnahme des Klägers habe zunächst der Personenfeststellung und der Anfertigung von Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen Verstoßes gegen § 29 Abs. 1 Nr. 2 VersG gedient. Erst gegen 13.40 Uhr sei dem Kläger mitgeteilt worden, dass er nunmehr polizeirechtlich in Gewahrsam genommen werde. Bei den bis zur Eröffnung der polizeirechtlichen Ingewahrsamnahme getroffenen Maßnahmen handle es sich somit nicht um Akte, für die gemäß § 40 VwGO der Verwaltungsrechtsweg gegeben sei. Soweit sich die Klage auch auf das Verbringen in die xxx-Kaserne und das Festhalten bis zur Eröffnung der polizeilichen Ingewahrsamnahme erstrecke, sei sie deshalb unzulässig. Zum Zeitpunkt der polizeirechtlichen Ingewahrsamnahme hätten die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG vorgelegen. Ursprünglich sei beabsichtigt gewesen, den Kläger nach Beendigung der Maßnahmen im Rahmen des ordnungswidrigkeitsrechtlichen Ermittlungsverfahrens aus dem Gewahrsam zu entlassen, da man davon ausgegangen sei, dass die in xxx verbliebenen Demonstranten in absehbarer Zeit die Heimreise antreten würden. In der Folgezeit hätten sich jedoch veränderte Gesamtumstände ergeben. In Gesprächen zwischen den Kundgebungsteilnehmern und dem polizeilichen Einsatzleiter sei deutlich geworden, dass im Grunde nur auf die Freilassung der festgehaltenen Personen gewartet worden sei und dass für die Nachmittags- bzw. Abendstunden noch eine weitere Kundgebung geplant sei. Unter diesen Umständen sei es äußerst wahrscheinlich gewesen, dass es bei einer sofortigen Freilassung zeitnah zu neuen Blockadeaktionen gekommen wäre. Dies habe auch aus den Erfahrungen mit den Blockadeaktionen am Vormittag und aus der von der Kampagne „X-tausendmal quer - überall“ generell im Zusammenhang mit dem Castortransport verfolgten Strategie geschlossen werden können.
15 
Es sei auch nicht gegen die Verpflichtung zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung verstoßen worden. Schon im Hinblick auf die §§ 46 OWiG, 163 c Abs. 1 StPO sei noch vor 12.00 Uhr erfolglos versucht worden, einen zuständigen Richter beim Amtsgericht xxx zu erreichen. Wegen der zwischenzeitlich erfolgten Ingewahrsamnahme nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG sei um 15.15 Uhr erneut Kontakt mit dem Amtsgericht xxx-xxx aufgenommen worden. Der im Amtsgericht noch anwesende Amtsgerichtsdirektor xxx habe aber letztlich erst um 15.38 Uhr umfassend über die Ingewahrsamnahme informiert werden können, weil er zuvor noch einen Sitzungstermin wahrgenommen habe. Währenddessen habe sich die Situation entspannt. Ab etwa 15.00 Uhr seien erste Abwanderungsbewegungen festgestellt worden. In weiteren Gesprächen sei unverkennbar eine vorherrschende Aufbruchstimmung wahrnehmbar gewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt habe bei den in Gewahrsam genommenen Personen keine Bereitschaft bestanden, die umgehende Abreise zuzusichern. Dies habe sich erst nach Einschaltung einer Aktivistin (xxx xxx) als Vermittlerin geändert. Nachdem ihr eine Kontaktaufnahme mit den in Gewahrsam Genommenen gestattet worden sei, habe sie gegenüber dem Polizeiführer erklärt, dass man nach der Entlassung aus dem Gewahrsam lediglich noch eine Abschlusskundgebung auf dem Marktplatz von xxx durchzuführen beabsichtige. Der Gewahrsam sei dann um 16.45 Uhr aufgehoben worden. Dass ein Richter beim Amtsgericht xxx wegen anderer Dienstgeschäfte nicht sofort greifbar gewesen sei, liege in der Natur der Aufgabenstellung des Richters und sei unvermeidbar. Auch der Umstand, dass Amtsgerichtsdirektor xxx letztendlich bewusst keine Entscheidung über die Ingewahrsamnahme des Klägers getroffen habe, sei nicht zu beanstanden. Die von dem zuständigen Richter nach Unterrichtung durch die Polizei getroffene Prognose, dass insbesondere aufgrund des Erfordernisses der Anhörung eine richterliche Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes der Ingewahrsamnahme ergehen würde, sei nachvollziehbar und vertretbar gewesen. Soweit sich die Klage auf die vom Richter getroffene formlose „Verfahrensentscheidung“ erstrecke, mit Rücksicht auf das absehbare Ende der Gewahrsamnahme keine förmliche Sachentscheidung zu treffen, sei auch insoweit der Verwaltungsrechtsweg ausgeschlossen, weil eine Entscheidung des Gerichts im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 4 PolG ergangen sei.
16 
Dem Senat liegen die einschlägigen Behörden- und Gerichtsakten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die im Berufungszulassungs- und Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
18 
Die - nach Zulassung statthafte und auch sonst zulässige - Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige (I.) Klage zu Recht abgewiesen. Denn der am 18.10.2000 angeordnete Gewahrsam des Klägers war rechtmäßig und verletzte diesen nicht in seinen Rechten (II.).
I.
19 
Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 Abs. 1 VwGO hat der Senat nicht mehr zu prüfen. Hat das erstinstanzliche Gericht - wie im vorliegenden Fall - den zu ihm beschrittenen Rechtsweg bejaht und in der Hauptsache entschieden, ist das Berufungsgericht gemäß § 17 a Abs. 5 GVG grundsätzlich gehindert, die Rechtswegfrage inhaltlich zu überprüfen. Zwar ist die Bestimmung des § 17 a Abs. 5 GVG nicht anwendbar, wenn das Verwaltungsgericht unter Verstoß gegen § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG nicht vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs befunden hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.1.1994 - 7 B 198.93 -, Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 268; Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, 9. Ergänzungslieferung 2003, § 17 a GVG RdNrn. 46, 28 f.). Hier war eine Vorabentscheidung des Verwaltungsgerichts indes nicht geboten, weil der Beklagte die Zulässigkeit des Rechtswegs im erstinstanzlichen Verfahren nicht gerügt hatte (vgl. § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG). Bei dieser prozessrechtlichen Lage ist der Senat gehindert, über die vom Beklagten erstmals im Berufungsverfahren erhobenen Rechtswegrügen zu befinden.
20 
Mit seinem im Berufungsverfahren weiterverfolgten Klagantrag begehrt der Kläger die Feststellung, dass der am 18.10.2000 angeordnete, durch die noch am selben Tage um 16.45 Uhr erfolgte Freilassung erledigte Gewahrsam rechtswidrig war. Dass dieses Begehren in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig ist, hat das Verwaltungsgericht in zutreffender Weise festgestellt (vgl. S. 7 des Entscheidungsabdrucks).
II.
21 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch angenommen, dass die Klage unbegründet ist. Denn der am 28.10.2000 erfolgte Gewahrsam des Klägers war rechtmäßig und verletzte diesen daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Dies hat das Verwaltungsgericht mit im Wesentlichen zutreffender Begründung festgestellt. Der Senat nimmt deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (S. 7 bis 15 des Entscheidungsabdrucks; vgl. § 130 b Satz 2 VwGO). Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
22 
Der Kläger wendet sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, Rechtsgrundlage für die Ingewahrsamnahme in der Zeit von 11.00 bis 13.30 Uhr sei § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO gewesen. Er macht geltend, die Demonstranten seien nicht zur Feststellung ihrer Personalien, sondern aus Gründen der Gefahrenabwehr in Gewahrsam genommen worden. Dieser Einwand, dessen Prüfung dem Senat im Hinblick auf § 17 Abs. 2 GVG nicht verwehrt ist, verfängt nicht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Vertreter des beklagten Landes unwidersprochen angegeben, dass die Ingewahrsamnahme zunächst dem Zweck gedient habe, gegen die Aktivisten Anzeigen wegen des Verstoßes gegen § 29 VersG zu fertigen (S. 2 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.6.2002, S. 175 der VG-Akte). Bestätigt wird diese Angabe durch die von dem Beklagten vorgelegten Akten aus dem ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungsverfahren sowie die im Berufungsverfahren vorgelegte Stellungnahme des EKHK xxx vom 23.10.2003 (Anlage 4 zum Schriftsatz vom 8.12.2003, S. 109 f. der VGH-Akte). Dort heißt es u.a.:
23 
„1. Am 18.10.2000 war ich innerhalb des Abschnittes „Strafverfolgung“ als Leiter des Unterabschnittes (UA) „Ermittlungen“ eingesetzt. In der Zeit zwischen 10.45 und 11.45 Uhr wurden dem Abschnitt „Strafverfolgung“ sukzessive mehr als 100 Demonstranten überstellt. Sämtliche Personen gelangten zunächst zum UA „Gefangenensammelstelle“, wo ihre Identität festgestellt und in Einzelfällen überprüft wurde. Gleichzeitig wurden den Personen mitgeführte Gegenstände abgenommen und in gesonderten Räumen verwahrt. Hierzu war es notwendig, sämtliche Gegenstände im Detail in einem Verzeichnis zu erfassen. Nach Erledigung dieses äußerst zeitaufwendigen Prozedere wurde den Personen von Beamten des UA „Ermittlungen“ die Straftat bzw. Ordnungswidrigkeit, derer sie verdächtig waren, eröffnet.
24 
Nach Abschluss der strafprozessualen Maßnahmen wurde den Personen ihre polizeirechtliche Gewahrsamnahme eröffnet und sie wurden in die dafür vorgesehenen Räumlichkeiten verbracht.
25 
2. Den teilweise noch vorhandenen Listen des UA „Gefangenensammelstelle“ ist zu entnehmen, dass xxx xxx mit einer Gruppe von mindestens 17 Personen beim UA „Gefangenensammelstelle“ gegen 11.00 Uhr eintraf und um 13.40 Uhr belehrt wurde. Demnach erfolgte seine polizeirechtliche Gewahrsamnahme kurz nach 13.40 Uhr.“
26 
Diese konkrete und detaillierte Darstellung ist vom Kläger im Berufungsverfahren nicht in Frage gestellt worden. Für ihre Richtigkeit sprechen die Ausführungen des Klägers in seinem Gedächtnisprotokoll vom 21.10.2002 (S. 121 ff. der VG-Akte). Dort heißt es u.a.:
27 
„Um ca. 13.30 Uhr erfolgt die Ankündigung, dass die Behandlung der einzelnen Personen ab sofort verkürzt stattfindet. Kurz danach bin ich an der Reihe. Ich darf mein Gepäck wieder an mich nehmen, werde im Flur des Gebäudes mit einer Polaroid-Kamera fotografiert und anschließend in ein Büro geführt. Dort erfolgt eine Belehrung über die Ordnungswidrigkeit „Teilnahme an einer nicht angemeldeten Demonstration“. Ich mache keine Aussage, sondern gebe nur meine Personalien an. ...“
28 
Vor diesem Hintergrund hat der Senat keine Zweifel daran, dass der Gewahrsam des Klägers bis etwa 13.40 Uhr der Durchführung des ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungsverfahrens diente und deshalb durch § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO gedeckt war. Selbst wenn mit dem Gewahrsam bereits am Vormittag zugleich auch präventive Zwecke verfolgt worden sein sollten, könnte der Kläger hieraus für sein Begehren nichts herleiten. Denn für die Qualifizierung einer sogenannten doppelfunktionalen Maßnahme der Polizei kommt es zum einen auf das Schwergewicht des polizeilichen Handelns und zum anderen auf den damit verbundenen Zweck an (Senatsurteil vom  16.5.1988, VBlBW 1989, 16, 17; Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 5. Aufl., RdNr. 189 ff.). Soweit der Grund des polizeilichen Handelns dabei dem Betroffenen nicht bereits unmittelbar selbst von der Polizei genannt wurde, ist für die Abgrenzung der Aufgabengebiete maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (Senatsurteil vom 16.5.1988, a.a.O.). Auch hieran gemessen greift der Einwand des Klägers nicht durch. Auf der Grundlage der oben erwähnten Unterlagen geht der Senat davon aus, dass sich der Gewahrsam bis 13.40 Uhr jedenfalls seinem Schwerpunkt nach für einen verständigen Bürger in der Lage des Klägers als Maßnahme zur Aufklärung und Ahndung der zuvor begangenen Ordnungswidrigkeiten darstellte.
29 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auch festgestellt, dass im Hinblick auf den nach Abschluss der Personenfeststellung aufrechterhaltenen Gewahrsam des Klägers die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG vorlagen (S. 8 ff. des Entscheidungsabdrucks). Nach dieser Vorschrift kann die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn auf andere Weise eine unmittelbar bevorstehende erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht verhindert oder eine bereits eingetretene erhebliche Störung nicht beseitigt werden kann.
30 
Das Verwaltungsgericht hat angenommen, eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung sei nicht allein anzunehmen, wenn die Gefahr der Begehung von Straftaten drohe. Vielmehr könne auch das Bevorstehen von Ordnungswidrigkeiten eine Ingewahrsamnahme nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG rechtfertigen, wenn diese zu umfangreichen und intensiven Störungen führen könnten. Diese Auffassung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Ihr steht insbesondere Bundesrecht nicht entgegen. Die Regelungen des Ordnungswidrigkeitengesetzes, die insbesondere eine Verhaftung und vorläufige Festnahme zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ausschließen (vgl. § 46 Abs. 3 S. 1 OWiG), hindern diese Interpretation nicht. Denn durch das bundesrechtliche Absehen von repressiven Maßnahmen im Rahmen der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten wird die Möglichkeit der Anordnung präventiv-polizeilichen Gewahrsams zur Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten nicht ausgeschlossen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 2.8.1990, NVwZ 1991, 664, 665).
31 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist in dieser Auslegung auch kein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der kraft gesetzlicher Übernahme im Range eines Bundesgesetzes geltenden (vgl. BVerfGE 74, 358, 370) Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - vom 4.11.1950 (BGBl. 1952 II S. 685) in der ab 1.1.1998 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 17.5.2002 (BGBl. II S. 1055) zu sehen. Nach dieser Bestimmung ist eine Freiheitsentziehung u.a. dann zulässig, wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, den Betreffenden an der Begehung einer „strafbaren Handlung“ zu hindern. Aus dem Umstand, dass Ordnungswidrigkeiten nicht erwähnt sind, kann nicht der Schluss gezogen werden, die Vorschrift lasse die Ingewahrsamnahme nur zur Verhinderung von mit Kriminalstrafe bedrohten Handlungen zu (so aber Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 3. Aufl., Abschnitt F RdNr. 501 m.w.N.). Dafür, den Begriff der „strafbaren Handlung“ in einem umfassenden, auch Ordnungswidrigkeiten einschließenden Sinne zu verstehen, spricht zunächst der Wortlaut der Bestimmung in der authentischen englischen und französischen Vertragssprache (vgl. die Schlussklausel nach Art. 59 EMRK). Denn die dort verwendeten Begriffe „offence“ und „infraction“ sind den in diesem Zusammenhang naheliegenden Begriffen „crime“ und „délite“ vorgezogen worden, was darauf hindeutet, dass sie als Oberbegriffe Tatbestände sowohl des Kriminalstraf- wie des Ordnungswidrigkeitenrechts umfassen sollten (vgl. Herzog, AöR 1961, 86. Band , S. 194, 221 f.; SächsVerfGH, Urteil vom 14.5.1996, LKV 1996, 273, 276). Auch vor diesem Hintergrund ist nicht anzunehmen, die Vertragsstaaten hätten sich so weit binden wollen, dass in einem Staat präventiv-polizeilicher Gewahrsam ausgeschlossen sein sollte, wenn dieser das zu verhindernde Unrecht nur unter die Sanktion einer Geldbuße und nicht einer Kriminalstrafe gestellt hat. Denn zum einen kann diese Einordnung in den einzelnen Staaten für dasselbe Unrecht unterschiedlich sein (vgl. BayVerfGH, a.a.O., S. 665; VG Schleswig, Urteil vom 15.6.1999, NJW 2000, 970, 971). Vor allem aber ist in Rechnung zu stellen, dass der Staat das Mittel des Gewahrsams hier zum Zwecke wirksamer Gefahrenabwehr einsetzt. Für die Erfüllung dieses Zwecks ist es nicht von entscheidender Bedeutung, welche Sanktion das Gesetz für denjenigen vorsieht, der einen Gesetzesverstoß begangen hat, zumal sich dies aus rechtspolitischen Gründen ändern kann (vgl. VG Schleswig, a.a.O.). Maßgeblich ist vielmehr, welche Gefahr für ein geschütztes Rechtsgut aufgrund dieser Handlung droht. Im Einklang mit der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum geht der Senat deshalb davon aus, dass Art. 5 Abs. 1 Buchst. c EMRK auch die Freiheitsentziehung zur Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten zulässt, wenn diese mit erheblichen Gefahren für ein geschütztes Rechtsgut verbunden sind (vgl. SächsVerfGH, a.a.O., S. 276; BayVerfGH, a.a.O., S. 665; VG Schleswig, a.a.O., S. 971; Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 5. Aufl., § 28 RdNr. 10; Würtenberger/Heckmann/Riggert, a.a.O., RdNr. 358; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 13. Aufl., RdNr. 295; vgl. auch Frowein-Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Aufl., Art. 5 RdNr. 72 m.w.N.). Dass dieser Auslegung die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entgegenstünde, ist weder vorgetragen worden noch sonst für den Senat ersichtlich.
32 
Ob die Auffassung, dass präventiv-polizeilicher Gewahrsam bundesrechtlich zur Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten der genannten Art nicht verboten sei, auch auf Art. 5 Abs. 1 Buchst. b EMRK gestützt werden könnte (vgl.   BayVerfGH, a.a.O.), kann deshalb dahinstehen.
33 
Vor diesem Hintergrund kann der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht auch offen lassen, ob die vom Kläger durchgeführten Blockadeaktionen den Tatbestand der Nötigung gemäß § 240 StGB erfüllt haben (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001, BVerfGE 104, 92) und die Ingewahrsamnahme somit auch zur Verhinderung einer Straftat im Sinne des Strafgesetzbuchs erfolgte.
34 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ferner festgestellt, dass die Prognose der polizeilichen Einsatzleitung, dass die Begehung von Ordnungswidrigkeiten, die zu umfangreichen und intensiven Störungen hätten führen können, unmittelbar bevorgestanden habe, aufgrund des vorherigen Verhaltens des Klägers gerechtfertigt war.
35 
Der Kläger hatte durch die Teilnahme an den Sitzblockaden auf der L 555 in Richtung Industriegleis in der Zeit von 7.30 bis 8.40 Uhr und später (9.35 Uhr) auf der Brücke zur Rheinschanzinsel innerhalb eines kurzen Zeitraums wiederholt Ordnungswidrigkeiten nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 VersG begangen, da er sich nach der Auflösung der Demonstrationen durch die Versammlungsbehörde nicht unverzüglich entfernt hat. In seinem Verhalten ist ferner ein wiederholter Verstoß gegen straßenverkehrsrechtliche Verhaltenspflichten (vgl. §§ 1 Abs. 2, 25 Abs. 1 StVO) sowie eine wiederholte unerlaubte Sondernutzung einer öffentlichen Straße gemäß § 16 Abs. 1 StrG zu sehen, was beides ebenfalls den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit begründet (§ 49 Abs. 1 Nr. 24 Buchst. a StVO sowie § 54 Abs. 1 Nr. 1 StrG). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch die Erheblichkeit dieser Störungen im Sinne des § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG bejaht. Denn da mit der Blockade der Hauptzufahrtswege zum Kernkraftwerk xxx in einem Stör- bzw. Notfall etwa auch Rettungsfahrzeuge bzw. Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr, der Polizei oder des Technischen Hilfswerks nicht mehr zum Kernkraftwerk hätten gelangen können, wurden insoweit Gefahren für hochrangige Rechtsgüter (vgl. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) heraufbeschworen.
36 
Angesichts des konkreten Verhaltens des Klägers einschließlich der gesamten Umstände der am 28.10.2000 durchgeführten Aktionen der Kernkraftgegner - die Blockade der L 555 auf der Brücke zur Rheinschanzinsel war bereits die dritte Aktion dieser Art an diesem Vormittag - durfte der Polizeivollzugsdienst auch davon ausgehen, der Kläger würde im Anschluss an die Räumung der Straße bei der Brücke zur Rheinschanzinsel erneut an anderer Stelle die Fahrbahn blockieren und damit würde eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit im Sinne des § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG unmittelbar bevorstehen.
37 
Nicht einmal ansatzweise in Frage gestellt wird diese Beurteilung durch die im Berufungsverfahren erhobenen Einwände des Klägers. Auf der Grundlage der dem Senat vorliegenden Unterlagen bestehen keinerlei Zweifel daran, dass der Kläger sowohl an der Sitzblockade der L 555 an der Straßenbrücke über den Pfinzkanal als auch an der Sitzblockade im Bereich der Brücke zur Rheinschanzinsel teilgenommen hat und beide Male seiner Entfernungspflicht aus § 13 Abs. 2 VersG nicht nachgekommen ist. In beiden Fällen wurden die auf der Fahrbahn sitzenden Personen mehrfach zum Verlassen der Fahrbahn aufgefordert und auf die Rechtsfolgen hingewiesen, die eine Nichtbeachtung nach sich ziehen würde (vgl. den Auszug aus dem Einsatzkalender des Polizeipräsidiums xxx, S. 65 ff. der VG-Akte). Während ein (kleiner) Teil der Demonstranten den Aufforderungen offenbar nachkam (Auszug aus dem Einsatzkalender, S. 67, 69 der VG-Akte), weigerte sich der größere Teil, zu dem auch der Kläger gehörte, die Fahrbahn zu verlassen. Im ersten Fall ist der Kläger von Polizeikräften auf das angrenzende Wiesengelände abgedrängt worden, im zweiten Fall musste er unter Anwendung unmittelbaren Zwangs von der Fahrbahn getragen werden. Letzteres wird durch die von der Polizei hergestellten und in den Akten dokumentierten Videoaufnahmen eindeutig belegt. Bereits durch dieses konkrete Verhalten hat der Kläger gezeigt, dass er die Fahrbahn der L 555 blockieren wollte und sich dabei bewusst war, damit auch das Kernkraftwerk xxx zu blockieren. Hierfür spricht insbesondere auch, dass sich das Verhalten des Klägers ohne weiteres in die allgemeine Strategie der Kernkraftgegner eingefügt hat. Nach den vom Beklagten gesammelten, vom Kläger nicht in Frage gestellten Erkenntnismitteln war es Teil der Strategie der Kernkraftgegner, die Zufahrtsstraßen zum Kernkraftwerk zu blockieren (vgl. hierzu die Darstellungen im Schriftsatz des Beklagten vom 8.12.2003, S. 6 bis 10, VGH-Akte S. 83 - 91, sowie in dem im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Schriftsatz vom 20.2.2002, S. 2 und 3, S. 135 f. der VG-Akte). Besonders deutlich zum Ausdruck kommt diese Strategie in einer Nachbetrachtung, die die „SprecherInnenrats-Moderatorin“ xxx xxx in dem Rundbrief Nr. 10 der Anti-Atomkraftgruppierung „X-tausendmal quer - überall“ angestellt hat. Dort heißt es:
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„Der legendär kürzeste Rat war dann am Mittwochmorgen (Anmerkung: 18.10.2000) um 7.00 Uhr, als es hieß, dass eine Gruppe, die auf der Straße, die wir für unsere Blockade ausgewählt hatten, eingekesselt sei und damit auch blockiere. Es war klar, alle wollten jetzt was machen und nicht mehr ewig Bedenken austauschen und so wurde einfach der naheliegendste Vorschlag angenommen: Die andere Straße zu blockieren. Gesagt, getan und so lief es auch den Tag über weiter ...“
39 
Auch das Amtsgericht Bruchsal hat in dem in erster Instanz vorgelegten Urteil vom 7.9.2001 in einer Bußgeldsache gegen einen Teilnehmer der Blockadeaktion keinerlei Zweifel daran gelassen, dass die Demonstranten zur Erreichung ihres Ziels die Zufahrtswege zum Kernkraftwerk xxx blockieren wollten (S. 7 des Entscheidungsabdrucks, S. 163 der VG-Akte). Vor diesem Hintergrund erweist sich die Einlassung des Klägers, eine Blockade des Kernkraftwerks sei von ihm nicht beabsichtigt gewesen, als nicht nachvollziehbar und unglaubhaft.
40 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Polizeivollzugsdienst auch für den Zeitraum von 13.40 Uhr bis zur Freilassung um 16.45 Uhr zu Recht von der Erforderlichkeit der Aufrechterhaltung des polizeilichen Gewahrsams ausgegangen. Denn auch noch in diesem Zeitraum konnte der Polizeivollzugsdienst bei der gebotenen ex-ante-Betrachtung davon ausgehen, dass es sehr wahrscheinlich war, dass es bei einer Freilassung der in der xxx-Kaserne festgehaltenen Personen - und damit auch des Klägers - alsbald zu erneuten Blockadeaktionen kommen würde. Hierfür spricht zunächst die Darstellung des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hinsichtlich der sich am Nachmittag des 18.10.2000 bietenden Gefahrenlage. Danach hätte eine Freilassung der festgehaltenen Personen die Gefahr in sich geborgen, dass sich die freigelassenen mit den vor der Kaserne befindlichen Personen verbünden und es erneut zu Blockadeaktionen kommen würde (wird weiter ausgeführt, S. 2 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, S. 175 der VG-Akte). Dieser Darstellung ist der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Im Kern bestätigt wird sie durch einen im Internet veröffentlichten Bericht der Aktivistin xxx xxx über die Situation an diesem Nachmittag. Diese hatte sich als Vermittlerin zwischen der Polizeiführung und den in Gewahrsam genommenen Aktivisten zur Verfügung gestellt. Ihr Bericht enthält deutliche Hinweise darauf, dass die Inhaftierten den Vorschlag der Polizei, sie gruppenweise freizulassen gegen die Zusicherung, ohne weitere Aktionen abzureisen, jedenfalls zunächst nicht akzeptieren wollten. So heißt es dort hinsichtlich der festgehaltenen Aktivisten:
41 
„Die meisten wollten wirklich bald nach Hause, aber die Forderung “keine weiteren Aktionen“ will die Gruppe dann doch so pauschal nicht annehmen“ (vgl. S. 115 der VG-Akte; vgl. auch S. 3 des Gedächtnisprotokolls des Klägers vom 21.10.2000, S. 125 der VG-Akte: „Die Gruppe, die bereits vor uns da war, berichtet uns über einen „Kuhhandel“, den uns die Polizei anbietet: ... “).
42 
Bei dieser Sachlage und unter Einbeziehung der wiederholten Blockadeaktionen am Vormittag konnte der Polizeivollzugsdienst auch noch am Nachmittag des 18.10.2000 bis gegen 16.45 Uhr von einer hohen Wahrscheinlichkeit weiterer Blockadeaktionen jedenfalls der in Gewahrsam Genommenen und damit auch des Klägers im Falle der Freilassung ausgehen.
43 
Nach alledem kann die Gefahrenprognose des Beklagten nicht beanstandet werden. Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Beklagte diese nicht allein darauf gestützt, dass die in Gewahrsam genommenen Demonstranten keine Zusicherung abgegeben hätten, unmittelbar die Abreise anzutreten. Dies zeigt im Übrigen auch die weitere Vorgehensweise des polizeilichen Einsatzleiters. Dieser hatte der Aktivistin xxx den notwendigen Freiraum für Vermittlungsgespräche mit den in Gewahrsam Genommenen eingeräumt und - nachdem sich diese jedenfalls der Sache nach mit dem Verzicht auf weitere Blockadeaktionen einverstanden erklärt hatten - dem Kompromiss zugestimmt, dass der Gewahrsam aufgehoben wird und die Freigelassenen erst nach Durchführung einer Abschlusskundgebung auf dem Marktplatz in xxx die Heimreise antreten.
44 
Der Gewahrsam des Klägers war auch nicht wegen Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung rechtswidrig.
45 
Gemäß Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG hat über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung nur der Richter zu entscheiden. Die Freiheitsentziehung setzt danach grundsätzlich eine vorherige richterliche Anordnung voraus. Eine nachträgliche richterliche Entscheidung, deren Zulässigkeit in Ausnahmefällen Art. 104 Abs. 2 GG voraussetzt, genügt nur, wenn der mit der Freiheitsentziehung verfolgte verfassungsrechtlich zulässige Zweck nicht erreichbar wäre, sofern der Festnahme die richterliche Entscheidung vorausgehen müsste. Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG fordert dann, die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen (vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 15.5.2002, BVerfGE 105, 239, 248 f. m.w.N.). Diese Verpflichtung wird in § 163 c Abs. 1 Satz 2 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG für die Festhaltung zu Zwecken der Identitätsfeststellung im Rahmen des ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungsverfahrens und in § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG für die polizeirechtliche Ingewahrsamnahme zum Zwecke der Gefahrenabwehr einfachrechtlich nachvollzogen.
46 
Das Merkmal der „Unverzüglichkeit“ im Sinne des Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG ist dahin auszulegen, dass die richterliche Entscheidung ohne jede Verzögerung, die sich nicht aus sachlichen Gründen rechtfertigen lässt, nachgeholt werden muss (vgl. BVerfGE 105, 239, 249 m.w.N.). Nicht vermeidbar sind z.B. die Verzögerungen, die durch die Länge des Weges, Schwierigkeiten beim Transport, die notwendige Registrierung und Protokollierung, ein renitentes Verhalten des Festgenommenen oder vergleichbare Umstände bedingt sind. Die fehlende Möglichkeit, einen Richter zu erreichen, kann angesichts der verfassungsrechtlichen Verpflichtung des Staates, der Bedeutung des Richtervorbehalts durch geeignete organisatorische Maßnahmen Rechnung zu tragen, nicht ohne weiteres als unvermeidbares Hindernis für die unverzügliche Nachholung der richterlichen Entscheidung gelten (vgl. BVerfGE 105, 239, 249; 103, 142, 151 ff., 156).
47 
Eine Ausnahme von der in Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG verankerten Pflicht zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung wird allgemein angenommen, wenn eine Prognose ergibt, dass eine richterliche Entscheidung erst ergehen kann, wenn der Grund für den Gewahrsam wieder weggefallen ist; andernfalls würde die Regelung zu einer mit ihrem Rechtsschutzzweck nicht zu vereinbarenden Verlängerung der Freiheitsentziehung führen (vgl. Gusy, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz, Kommentar, Band 3, 4. Aufl., Art. 104 RdNr. 55; Rüping, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 3, 4. Aufl., Art. 104 RdNr. 63; Degenhart, in: Sachs, Grundgesetz, 3. Aufl., Art. 104 RdNr. 36). Demgemäß sieht § 163 c Abs. 1 Satz 2 StPO, § 46 Abs. Abs. 1 OWiG eine Ausnahme von der Pflicht zur Vorführung vor, wenn die Herbeiführung der richterlichen Entscheidung voraussichtlich längere Zeit in Anspruch nehmen würde, als zur Feststellung der Identität notwendig wäre. Entsprechendes gilt für den polizeirechtlichen Gewahrsam: Mit Blick auf § 28 Abs. 3 Satz 1 PolG, wonach der Gewahrsam aufzuheben ist, sobald sein Zweck erreicht ist, ist eine richterliche Entscheidung nicht einzuholen oder abzuwarten, wenn dadurch die Dauer des Gewahrsams verlängert würde (vgl. Wolf/Stephan, a.a.O., § 28 RdNr. 36; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 28 RdNr. 21; Würtenberger/Heckmann/Riggert, a.a.O., RdNr. 363). Diese Einschränkung der Verpflichtung zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken; das Bundesverfassungsgericht hebt allerdings die an die in diesem Zusammenhang gebotene Prognose zu stellenden Anforderungen hervor (vgl. BVerfGE 105, 239, 251; Rabe v. Kühlewein, DVBl. 2002, 1545, 1546).
48 
An diesem Maßstab gemessen lässt sich hier ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung nicht feststellen.
49 
Ohne Erfolg bleibt die Rüge des Klägers, es hätte ohne weiteres bereits vor der Ingewahrsamnahme eine richterliche Entscheidung des Amtsgerichts herbeigeführt werden können und müssen. Die Festnahme und Verbringung der Demonstranten und damit des Klägers zur xxx-Kaserne um 11.00 Uhr erfolgte unmittelbar im Anschluss an die wiederholte Begehung von Ordnungswidrigkeiten, die mit erheblichen Gefahren für hochrangige Rechtsgüter verbunden waren (siehe oben S. 16 f.). Wie dargelegt, diente die Ingewahrsamnahme jedenfalls ihrem Schwerpunkt nach zunächst der Durchführung von Maßnahmen zur Identitätsfeststellung im Rahmen des ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Insoweit musste die vorherige Einschaltung eines Richters bereits aus tatsächlichen Gründen ausscheiden. Hätte die Polizei die unmittelbar im Zusammenhang mit der Sitzblockade der L 555 im Bereich der Brücke zur Rheinschanzinsel festgenommenen über 110 Personen nicht in Gewahrsam genommen, sondern diese bis zur Entscheidung eines Richters zunächst auf freiem Fuß gelassen, hätte eine hohe Wahrscheinlichkeit bestanden, dass sich diese Personen einer Identitätsfeststellung entzogen hätten und somit der Zweck der Maßnahme vereitelt worden wäre. Dies rechtfertigte den Verzicht auf eine vorherige richterliche Anordnung.
50 
Aber auch soweit von der Herbeiführung einer nachträglichen richterlichen Entscheidung abgesehen wurde, begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts war von Seiten der polizeilichen Einsatzleitung zunächst beabsichtigt gewesen, die in Gewahrsam genommenen Personen nach Abschluss der Personenfeststellung (d.h. nach 14.00 Uhr) im Laufe der nächsten Stunde freizulassen, da man davon ausgegangen war, dass die Demonstranten alsdann die Heimreise antreten würden (S. 13 des Entscheidungsabdrucks). Diese Feststellung ist vom Kläger im Berufungsverfahren nicht in Zweifel gezogen worden. Bei dieser Sachlage erweist sich der Verzicht auf eine richterliche Entscheidung zum damaligen Zeitpunkt durch die Prognose gerechtfertigt, dass die Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung die Dauer des Gewahrsams aller Voraussicht nach verlängert hätte (§ 163 c Abs. 1 Satz 2, § 46 OWiG). Insbesondere mit Blick darauf, dass die herbeizuführende richterliche Entscheidung zur Gewährung rechtlichen Gehörs grundsätzlich die Anhörung sämtlicher (über 110) im Gewahrsam befindlicher Personen vorausgesetzt hätte (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 47. Auf., § 163 c RdNr. 11), konnte die Polizei davon ausgehen, dass eine richterliche Entscheidung erst nach der im Anschluss an die Maßnahmen zur Identitätsfeststellung vorgesehene Freilassung ergehen könnte. Dies würde entgegen der Auffassung des Klägers selbst dann gelten, wenn die polizeiliche Einsatzleitung die Freilassung tatsächlich erst eine Stunde nach Abschluss der Personalienfeststellung beabsichtigt gehabt hätte. Denn auch in diesem Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine richterliche Entscheidung hinsichtlich aller festgehaltenen Personen vor dem für die Freilassung vorgesehenen Zeitpunkt hätte ergehen können.
51 
Die Verpflichtung zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung (§ 28 Abs. 3 Satz 3 PolG, Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG) wurde auch nicht verletzt, als es im weiteren Verlauf des Nachmittags nicht zu einer richterlichen Entscheidung über die Aufrechterhaltung des nunmehr ausschließlich nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG zu beurteilenden Gewahrsams kam. Insoweit hatte sich nach den überzeugenden, im Berufungsverfahren nicht substantiiert angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts die Situation entscheidend verändert, als sich die polizeiliche Einsatzleitung auf der Grundlage von Gesprächen mit den in Gewahrsam Genommenen entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nunmehr an einer Freilassung gehindert sah, weil trotz vereinzelt festgestellter Abreiseaktivitäten außerhalb der xxx-Kaserne bei den in Gewahrsam genommenen Personen Anhaltspunkte für die Bereitschaft zu erneuten Sitzblockaden bestand (vgl. bereits oben S. 18 f.). Damit war die Frage, ob das Gebot nach § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG und Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt wurde, nach der sich zu diesem Zeitpunkt ergebenden Erkenntnislage zu beurteilen.
52 
Ausgehend hiervon haben die Beamten des Polizeivollzugsdienstes des Beklagten durch die nunmehr unternommenen Anstrengungen, eine richterliche Entscheidung des Amtsgerichts xxx herbeizuführen, insbesondere durch die um 15.38 Uhr erfolgte telefonische Information des Direktors des Amtsgerichts xxx, noch unverzüglich im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG, Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG gehandelt.
53 
Nach Auffassung des Senats genügt die Polizei dem Gebot zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung grundsätzlich dadurch, dass sie die Sache beim zuständigen Amtsgericht anhängig macht, d.h. dem Gericht den Sachverhalt vorträgt mit der Bitte um Entscheidung über die Fortdauer der Freiheitsentziehung (vgl. OVG Münster, Urteil vom 3.11.1989, NJW 1990, S. 3224 f.). Mit Blick auf die in diesen Fällen regelmäßig gegebene besondere Eilbedürftigkeit erscheint dem Senat ein formeller schriftlicher Antrag entbehrlich, soweit das Anhängigmachen des Begehrens in den Akten in verlässlicher Weise dokumentiert ist und die Identität der in Gewahrsam Genommenen jedenfalls anhand der Akten festgestellt werden kann. Dies gilt auch mit Blick darauf, dass es dem Gericht obliegt, von Amts wegen die für seine Entscheidung erheblichen Tatsachen zu ermitteln (§ 28 Abs. 4 Satz 2 PolG i.V.m. § 12 FGG; vgl. Wolf/Stephan, a.a.O., § 28 RdNr. 41).
54 
Nach diesen Grundsätzen kann die Vorgehensweise der polizeilichen Einsatzleitung nicht beanstandet werden. Insbesondere haben die Beamten des Polizeivollzugsdienstes ausweislich der dem Senat vorliegenden Akten den zuständigen Richter im Rahmen des um 15.38 Uhr erfolgten Telefonats in hinreichender Weise über die Umstände der Gewahrsamnahme informiert und um richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer des Gewahrsams ersucht (vgl. den Auszug aus dem Einsatzkalender des Polizeipräsidiums xxx, S. 72 der VG-Akte, sowie die Stellungnahme des KOR xxx vom 31.10.2003, Anlage 2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 8.12.2003, S. 103 f. der VGH-Akte).
55 
Dass Amtsgerichtsdirektor xxx nicht bereits bei dem Telefonat um 15.11 Uhr erreicht werden konnte, stellt die Unverzüglichkeit der Bemühungen des Polizeivollzugsdienstes nicht in Frage. Denn Grund dafür war, dass der allein noch am Amtsgericht xxx im Dienst befindliche Richter sich in einer Sitzung befand. Mithin handelte es sich um eine sachlich gerechtfertigte Verzögerung, die durch die Wahrnehmung anderweitiger, nicht ohne weiteres zu unterbrechender dienstlicher Verpflichtungen verursacht worden ist und deshalb nach den oben dargestellten Grundsätzen als „unvermeidbares Hindernis“ anzusehen ist. Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass es sich lediglich um eine kurzfristige Verzögerung (ca. 1/2 Stunde) gehandelt hat, der fragliche Richter sich noch im Dienst befand und auch grundsätzlich erreichbar war. Es war somit kein Fall gegeben, in dem die Erreichbarkeit eines zuständigen Richters bereits wegen Fehlens der gerichtsorganisatorischen Voraussetzungen nicht gewährleistet war (vgl. hierzu BVerfGE 105, 239, 249; 103, 142, 151 ff., 156).
56 
Die Tatsache, dass der Polizeivollzugsdienst die Sache noch unverzüglich beim Amtsgericht anhängig gemacht hat, bedeutet indes noch nicht, dass der Gewahrsam ab diesem Zeitpunkt keinen rechtlichen Bedenken mehr begegnete. Denn auch die weitere Sachbehandlung durch das Amtsgericht muss den Anforderungen des § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG, Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG genügen, insbesondere muss dessen Entscheidung grundsätzlich unverzüglich ergehen (vgl. Gusy, a.a.O., Art. 104 RdNr. 54; Rüping, a.a.O., RdNr. 69). Dass die Polizei nach dem Anhängigmachen der Sache beim Amtsgericht keine Einflussmöglichkeiten mehr auf das weitere Verfahren hat, ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts in diesem Zusammenhang für die Frage der Rechtmäßigkeit des Gewahrsams ohne Belang.
57 
Der Senat teilt nicht die Ansicht des Verwaltungsgerichts, diesem habe insoweit bereits die Überprüfungskompetenz gefehlt. Nach der gesetzlichen Regelung des § 28 Abs. 4 Satz 4 PolG ist eine Anwendbarkeit der Rechtsbehelfe der VwGO und damit eine Prüfungskompetenz der Verwaltungsgerichte erst ausgeschlossen, wenn eine Entscheidung des Amtsgerichts im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 4 PolG „ergangen“ ist (vgl. Senatsurteil vom 13.5.2004 - 1 S 2052/03 - m.w.N.). Dabei geht der Senat davon aus, dass es sich hierbei um eine Sachentscheidung über die Rechtmäßigkeit des Gewahrsams handeln muss und deshalb in der bloßen Ablehnung einer richterlichen Entscheidung durch den Richter des Amtsgerichts noch kein „Ergehen“ einer richterlichen Entscheidung im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 4 PolG gesehen werden kann (a.A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 3.11.1989, NJW 1990, 3224, 3225, mit Blick auf § 14 NRWPG a.F.). Vor dem Zeitpunkt des „Ergehens“ ist aber insbesondere auch mit Blick auf die Gewährleistung aus Art. 19 Abs. 4 GG eine umfassende Überprüfungskompetenz der Verwaltungsgerichte anzunehmen.
58 
Im vorliegenden Fall hat der zuständige Richter des Amtsgerichts xx-xxx zwar telefonisch mit einem Beamten der Einsatzleitung gesprochen, eine richterliche Entscheidung ist dabei aber nicht im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 4 PolG ergangen. Er hat vielmehr ausdrücklich derzeit von einer richterlichen Entscheidung abgesehen. Auch damit ist jedoch nicht gegen die Verpflichtung aus § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG, Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG verstoßen worden.
59 
Soweit der Direktor des Amtsgerichts xxx das Absehen von einer richterlichen Entscheidung allerdings damit begründet haben sollte, dass die Polizei die rechtliche Möglichkeit habe, die betreffenden Personen bis zum Ende des 19.10.2000, 24.00 Uhr, in Gewahrsam zu halten, und er deshalb (erst) mit einer Einzelanhörung beginnen werde, wenn die Polizei im Laufe des nächsten Tages die Absicht äußere, den Gewahrsam aufrechtzuerhalten (vgl. den Auszug aus dem Einsatzkalender, S. 72 der VG-Akte, sowie die Stellungnahme des KOR xxxxx, S. 103 der VGH-Akte), wäre diese Auffassung verfassungsrechtlich nicht haltbar. Denn die Nachholung der richterlichen Entscheidung ist auch dann nicht entbehrlich, wenn der Freiheitsentzug vor Ablauf der Frist des Art. 104 Abs. 2 Satz 3 GG endet. Diese Vorschrift setzt dem Festhalten einer Person ohne richterliche Entscheidung mit dem Ende des auf das Ergreifen folgenden Tages lediglich eine äußerste Grenze, befreit aber nicht von der Verpflichtung, eine solche Entscheidung unverzüglich herbeizuführen (BVerfG, Beschluss vom 15.5.2002, BVerfGE 105, 239, 249 m.w.N.).
60 
Auf der Grundlage der dem Senat vorliegenden Unterlagen ist jedoch davon auszugehen, dass Amtsgerichtsdirektor xxx seinen Entschluss, von einer richterlichen Entscheidung über den Gewahrsam noch am Nachmittag des 18.10.2000 abzusehen, jedenfalls auch auf die Einschätzung gestützt hat, dass dann, wenn die Inhaftierten noch am selben Tage in absehbarer Zeit freigelassen würden, die richterliche Entscheidung erst nach der Freilassung würde ergehen können. Diese Prognose ist geeignet, das Absehen von einer richterlichen Entscheidung und damit die Rechtmäßigkeit des Gewahrsams zu tragen.
61 
Wie dargelegt, kann die Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung unterbleiben, wenn anzunehmen ist, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes für den Polizeigewahrsam ergehen kann (oben S. 21 f.). Die insoweit gebotene Prognose erfordert einen Zeitvergleich hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer des polizeilichen Gewahrsams und des Zeitraums, der voraussichtlich für die Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung benötigt wird (vgl. Rachor, a.a.O., RdNr. 536). Grundlage der Prognose war die dem Richter von der Polizei um 15.38 Uhr im Rahmen des Telefonats vermittelte Lagebeurteilung (vgl. hierzu bereits oben S. 19 f.). Dabei wurde der Richter auch dahingehend unterrichtet, dass die Ingewahrsamnahme nach Einschätzung der Polizei vermutlich um 17.00 Uhr beendet sein würde, ein Ende also absehbar sei (vgl. die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.6.2002, S. 175 der VG-Akte). Für eine Freilassung in absehbarer Zukunft sprachen dabei insbesondere ab 15.00 Uhr festgestellte Abreiseaktivitäten der Kernkraftgegner außerhalb der Kaserne und die Tatsache, dass nach Einschätzung der Polizei die Wahrscheinlichkeit von Folgeaktionen „von Stunde zu Stunde geringer“ geworden sei (vgl. die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.6.2002, S. 175 der VG-Akte). Bei der Einschätzung des für die richterliche Entscheidung zu veranschlagenden Zeitaufwands war von entscheidender Bedeutung, dass der zuständige Richter die rechtlich nicht zu beanstandende Auffassung vertrat, eine Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Gewahrsams könne nur nach vorheriger persönlicher Anhörung der in Gewahrsam Genommenen ergehen (vgl. nur Gusy, a.a.O., Art. 104 RdNr. 50 m.w.N.; Degenhardt, a.a.O., Art. 104 RdNr. 38; vgl. auch Wolf/Stephan, a.a. O., § 28 RdNr. 41). Legt man zugrunde, dass hier über 110 Personen in Gewahrsam genommen waren und diese entweder dem im Gebäude des Amtsgerichts in xxx anwesenden Richter hätten vorgeführt werden müssen oder dieser sich noch in die - außerhalb von xxx-xxx gelegene - xxx-Kaserne hätte begeben müssen, erweist sich die Einschätzung des Richters, die Freilassung werde vor einer richterlichen Entscheidung erfolgen, jedenfalls als vertretbar. Diese Beurteilung wird durch den tatsächlichen Ablauf bestätigt. Denn die Freilassung des Klägers erfolgte bereits etwa eine Stunde nach dem Telefonat mit dem Direktor des Amtsgerichts.
62 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
63 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
17 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
18 
Die - nach Zulassung statthafte und auch sonst zulässige - Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige (I.) Klage zu Recht abgewiesen. Denn der am 18.10.2000 angeordnete Gewahrsam des Klägers war rechtmäßig und verletzte diesen nicht in seinen Rechten (II.).
I.
19 
Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 Abs. 1 VwGO hat der Senat nicht mehr zu prüfen. Hat das erstinstanzliche Gericht - wie im vorliegenden Fall - den zu ihm beschrittenen Rechtsweg bejaht und in der Hauptsache entschieden, ist das Berufungsgericht gemäß § 17 a Abs. 5 GVG grundsätzlich gehindert, die Rechtswegfrage inhaltlich zu überprüfen. Zwar ist die Bestimmung des § 17 a Abs. 5 GVG nicht anwendbar, wenn das Verwaltungsgericht unter Verstoß gegen § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG nicht vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs befunden hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.1.1994 - 7 B 198.93 -, Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 268; Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, 9. Ergänzungslieferung 2003, § 17 a GVG RdNrn. 46, 28 f.). Hier war eine Vorabentscheidung des Verwaltungsgerichts indes nicht geboten, weil der Beklagte die Zulässigkeit des Rechtswegs im erstinstanzlichen Verfahren nicht gerügt hatte (vgl. § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG). Bei dieser prozessrechtlichen Lage ist der Senat gehindert, über die vom Beklagten erstmals im Berufungsverfahren erhobenen Rechtswegrügen zu befinden.
20 
Mit seinem im Berufungsverfahren weiterverfolgten Klagantrag begehrt der Kläger die Feststellung, dass der am 18.10.2000 angeordnete, durch die noch am selben Tage um 16.45 Uhr erfolgte Freilassung erledigte Gewahrsam rechtswidrig war. Dass dieses Begehren in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig ist, hat das Verwaltungsgericht in zutreffender Weise festgestellt (vgl. S. 7 des Entscheidungsabdrucks).
II.
21 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch angenommen, dass die Klage unbegründet ist. Denn der am 28.10.2000 erfolgte Gewahrsam des Klägers war rechtmäßig und verletzte diesen daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Dies hat das Verwaltungsgericht mit im Wesentlichen zutreffender Begründung festgestellt. Der Senat nimmt deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (S. 7 bis 15 des Entscheidungsabdrucks; vgl. § 130 b Satz 2 VwGO). Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
22 
Der Kläger wendet sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, Rechtsgrundlage für die Ingewahrsamnahme in der Zeit von 11.00 bis 13.30 Uhr sei § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO gewesen. Er macht geltend, die Demonstranten seien nicht zur Feststellung ihrer Personalien, sondern aus Gründen der Gefahrenabwehr in Gewahrsam genommen worden. Dieser Einwand, dessen Prüfung dem Senat im Hinblick auf § 17 Abs. 2 GVG nicht verwehrt ist, verfängt nicht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Vertreter des beklagten Landes unwidersprochen angegeben, dass die Ingewahrsamnahme zunächst dem Zweck gedient habe, gegen die Aktivisten Anzeigen wegen des Verstoßes gegen § 29 VersG zu fertigen (S. 2 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.6.2002, S. 175 der VG-Akte). Bestätigt wird diese Angabe durch die von dem Beklagten vorgelegten Akten aus dem ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungsverfahren sowie die im Berufungsverfahren vorgelegte Stellungnahme des EKHK xxx vom 23.10.2003 (Anlage 4 zum Schriftsatz vom 8.12.2003, S. 109 f. der VGH-Akte). Dort heißt es u.a.:
23 
„1. Am 18.10.2000 war ich innerhalb des Abschnittes „Strafverfolgung“ als Leiter des Unterabschnittes (UA) „Ermittlungen“ eingesetzt. In der Zeit zwischen 10.45 und 11.45 Uhr wurden dem Abschnitt „Strafverfolgung“ sukzessive mehr als 100 Demonstranten überstellt. Sämtliche Personen gelangten zunächst zum UA „Gefangenensammelstelle“, wo ihre Identität festgestellt und in Einzelfällen überprüft wurde. Gleichzeitig wurden den Personen mitgeführte Gegenstände abgenommen und in gesonderten Räumen verwahrt. Hierzu war es notwendig, sämtliche Gegenstände im Detail in einem Verzeichnis zu erfassen. Nach Erledigung dieses äußerst zeitaufwendigen Prozedere wurde den Personen von Beamten des UA „Ermittlungen“ die Straftat bzw. Ordnungswidrigkeit, derer sie verdächtig waren, eröffnet.
24 
Nach Abschluss der strafprozessualen Maßnahmen wurde den Personen ihre polizeirechtliche Gewahrsamnahme eröffnet und sie wurden in die dafür vorgesehenen Räumlichkeiten verbracht.
25 
2. Den teilweise noch vorhandenen Listen des UA „Gefangenensammelstelle“ ist zu entnehmen, dass xxx xxx mit einer Gruppe von mindestens 17 Personen beim UA „Gefangenensammelstelle“ gegen 11.00 Uhr eintraf und um 13.40 Uhr belehrt wurde. Demnach erfolgte seine polizeirechtliche Gewahrsamnahme kurz nach 13.40 Uhr.“
26 
Diese konkrete und detaillierte Darstellung ist vom Kläger im Berufungsverfahren nicht in Frage gestellt worden. Für ihre Richtigkeit sprechen die Ausführungen des Klägers in seinem Gedächtnisprotokoll vom 21.10.2002 (S. 121 ff. der VG-Akte). Dort heißt es u.a.:
27 
„Um ca. 13.30 Uhr erfolgt die Ankündigung, dass die Behandlung der einzelnen Personen ab sofort verkürzt stattfindet. Kurz danach bin ich an der Reihe. Ich darf mein Gepäck wieder an mich nehmen, werde im Flur des Gebäudes mit einer Polaroid-Kamera fotografiert und anschließend in ein Büro geführt. Dort erfolgt eine Belehrung über die Ordnungswidrigkeit „Teilnahme an einer nicht angemeldeten Demonstration“. Ich mache keine Aussage, sondern gebe nur meine Personalien an. ...“
28 
Vor diesem Hintergrund hat der Senat keine Zweifel daran, dass der Gewahrsam des Klägers bis etwa 13.40 Uhr der Durchführung des ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungsverfahrens diente und deshalb durch § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO gedeckt war. Selbst wenn mit dem Gewahrsam bereits am Vormittag zugleich auch präventive Zwecke verfolgt worden sein sollten, könnte der Kläger hieraus für sein Begehren nichts herleiten. Denn für die Qualifizierung einer sogenannten doppelfunktionalen Maßnahme der Polizei kommt es zum einen auf das Schwergewicht des polizeilichen Handelns und zum anderen auf den damit verbundenen Zweck an (Senatsurteil vom  16.5.1988, VBlBW 1989, 16, 17; Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 5. Aufl., RdNr. 189 ff.). Soweit der Grund des polizeilichen Handelns dabei dem Betroffenen nicht bereits unmittelbar selbst von der Polizei genannt wurde, ist für die Abgrenzung der Aufgabengebiete maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (Senatsurteil vom 16.5.1988, a.a.O.). Auch hieran gemessen greift der Einwand des Klägers nicht durch. Auf der Grundlage der oben erwähnten Unterlagen geht der Senat davon aus, dass sich der Gewahrsam bis 13.40 Uhr jedenfalls seinem Schwerpunkt nach für einen verständigen Bürger in der Lage des Klägers als Maßnahme zur Aufklärung und Ahndung der zuvor begangenen Ordnungswidrigkeiten darstellte.
29 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auch festgestellt, dass im Hinblick auf den nach Abschluss der Personenfeststellung aufrechterhaltenen Gewahrsam des Klägers die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG vorlagen (S. 8 ff. des Entscheidungsabdrucks). Nach dieser Vorschrift kann die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn auf andere Weise eine unmittelbar bevorstehende erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht verhindert oder eine bereits eingetretene erhebliche Störung nicht beseitigt werden kann.
30 
Das Verwaltungsgericht hat angenommen, eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung sei nicht allein anzunehmen, wenn die Gefahr der Begehung von Straftaten drohe. Vielmehr könne auch das Bevorstehen von Ordnungswidrigkeiten eine Ingewahrsamnahme nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG rechtfertigen, wenn diese zu umfangreichen und intensiven Störungen führen könnten. Diese Auffassung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Ihr steht insbesondere Bundesrecht nicht entgegen. Die Regelungen des Ordnungswidrigkeitengesetzes, die insbesondere eine Verhaftung und vorläufige Festnahme zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ausschließen (vgl. § 46 Abs. 3 S. 1 OWiG), hindern diese Interpretation nicht. Denn durch das bundesrechtliche Absehen von repressiven Maßnahmen im Rahmen der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten wird die Möglichkeit der Anordnung präventiv-polizeilichen Gewahrsams zur Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten nicht ausgeschlossen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 2.8.1990, NVwZ 1991, 664, 665).
31 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist in dieser Auslegung auch kein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der kraft gesetzlicher Übernahme im Range eines Bundesgesetzes geltenden (vgl. BVerfGE 74, 358, 370) Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - vom 4.11.1950 (BGBl. 1952 II S. 685) in der ab 1.1.1998 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 17.5.2002 (BGBl. II S. 1055) zu sehen. Nach dieser Bestimmung ist eine Freiheitsentziehung u.a. dann zulässig, wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, den Betreffenden an der Begehung einer „strafbaren Handlung“ zu hindern. Aus dem Umstand, dass Ordnungswidrigkeiten nicht erwähnt sind, kann nicht der Schluss gezogen werden, die Vorschrift lasse die Ingewahrsamnahme nur zur Verhinderung von mit Kriminalstrafe bedrohten Handlungen zu (so aber Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 3. Aufl., Abschnitt F RdNr. 501 m.w.N.). Dafür, den Begriff der „strafbaren Handlung“ in einem umfassenden, auch Ordnungswidrigkeiten einschließenden Sinne zu verstehen, spricht zunächst der Wortlaut der Bestimmung in der authentischen englischen und französischen Vertragssprache (vgl. die Schlussklausel nach Art. 59 EMRK). Denn die dort verwendeten Begriffe „offence“ und „infraction“ sind den in diesem Zusammenhang naheliegenden Begriffen „crime“ und „délite“ vorgezogen worden, was darauf hindeutet, dass sie als Oberbegriffe Tatbestände sowohl des Kriminalstraf- wie des Ordnungswidrigkeitenrechts umfassen sollten (vgl. Herzog, AöR 1961, 86. Band , S. 194, 221 f.; SächsVerfGH, Urteil vom 14.5.1996, LKV 1996, 273, 276). Auch vor diesem Hintergrund ist nicht anzunehmen, die Vertragsstaaten hätten sich so weit binden wollen, dass in einem Staat präventiv-polizeilicher Gewahrsam ausgeschlossen sein sollte, wenn dieser das zu verhindernde Unrecht nur unter die Sanktion einer Geldbuße und nicht einer Kriminalstrafe gestellt hat. Denn zum einen kann diese Einordnung in den einzelnen Staaten für dasselbe Unrecht unterschiedlich sein (vgl. BayVerfGH, a.a.O., S. 665; VG Schleswig, Urteil vom 15.6.1999, NJW 2000, 970, 971). Vor allem aber ist in Rechnung zu stellen, dass der Staat das Mittel des Gewahrsams hier zum Zwecke wirksamer Gefahrenabwehr einsetzt. Für die Erfüllung dieses Zwecks ist es nicht von entscheidender Bedeutung, welche Sanktion das Gesetz für denjenigen vorsieht, der einen Gesetzesverstoß begangen hat, zumal sich dies aus rechtspolitischen Gründen ändern kann (vgl. VG Schleswig, a.a.O.). Maßgeblich ist vielmehr, welche Gefahr für ein geschütztes Rechtsgut aufgrund dieser Handlung droht. Im Einklang mit der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum geht der Senat deshalb davon aus, dass Art. 5 Abs. 1 Buchst. c EMRK auch die Freiheitsentziehung zur Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten zulässt, wenn diese mit erheblichen Gefahren für ein geschütztes Rechtsgut verbunden sind (vgl. SächsVerfGH, a.a.O., S. 276; BayVerfGH, a.a.O., S. 665; VG Schleswig, a.a.O., S. 971; Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 5. Aufl., § 28 RdNr. 10; Würtenberger/Heckmann/Riggert, a.a.O., RdNr. 358; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 13. Aufl., RdNr. 295; vgl. auch Frowein-Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Aufl., Art. 5 RdNr. 72 m.w.N.). Dass dieser Auslegung die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entgegenstünde, ist weder vorgetragen worden noch sonst für den Senat ersichtlich.
32 
Ob die Auffassung, dass präventiv-polizeilicher Gewahrsam bundesrechtlich zur Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten der genannten Art nicht verboten sei, auch auf Art. 5 Abs. 1 Buchst. b EMRK gestützt werden könnte (vgl.   BayVerfGH, a.a.O.), kann deshalb dahinstehen.
33 
Vor diesem Hintergrund kann der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht auch offen lassen, ob die vom Kläger durchgeführten Blockadeaktionen den Tatbestand der Nötigung gemäß § 240 StGB erfüllt haben (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001, BVerfGE 104, 92) und die Ingewahrsamnahme somit auch zur Verhinderung einer Straftat im Sinne des Strafgesetzbuchs erfolgte.
34 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ferner festgestellt, dass die Prognose der polizeilichen Einsatzleitung, dass die Begehung von Ordnungswidrigkeiten, die zu umfangreichen und intensiven Störungen hätten führen können, unmittelbar bevorgestanden habe, aufgrund des vorherigen Verhaltens des Klägers gerechtfertigt war.
35 
Der Kläger hatte durch die Teilnahme an den Sitzblockaden auf der L 555 in Richtung Industriegleis in der Zeit von 7.30 bis 8.40 Uhr und später (9.35 Uhr) auf der Brücke zur Rheinschanzinsel innerhalb eines kurzen Zeitraums wiederholt Ordnungswidrigkeiten nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 VersG begangen, da er sich nach der Auflösung der Demonstrationen durch die Versammlungsbehörde nicht unverzüglich entfernt hat. In seinem Verhalten ist ferner ein wiederholter Verstoß gegen straßenverkehrsrechtliche Verhaltenspflichten (vgl. §§ 1 Abs. 2, 25 Abs. 1 StVO) sowie eine wiederholte unerlaubte Sondernutzung einer öffentlichen Straße gemäß § 16 Abs. 1 StrG zu sehen, was beides ebenfalls den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit begründet (§ 49 Abs. 1 Nr. 24 Buchst. a StVO sowie § 54 Abs. 1 Nr. 1 StrG). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch die Erheblichkeit dieser Störungen im Sinne des § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG bejaht. Denn da mit der Blockade der Hauptzufahrtswege zum Kernkraftwerk xxx in einem Stör- bzw. Notfall etwa auch Rettungsfahrzeuge bzw. Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr, der Polizei oder des Technischen Hilfswerks nicht mehr zum Kernkraftwerk hätten gelangen können, wurden insoweit Gefahren für hochrangige Rechtsgüter (vgl. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) heraufbeschworen.
36 
Angesichts des konkreten Verhaltens des Klägers einschließlich der gesamten Umstände der am 28.10.2000 durchgeführten Aktionen der Kernkraftgegner - die Blockade der L 555 auf der Brücke zur Rheinschanzinsel war bereits die dritte Aktion dieser Art an diesem Vormittag - durfte der Polizeivollzugsdienst auch davon ausgehen, der Kläger würde im Anschluss an die Räumung der Straße bei der Brücke zur Rheinschanzinsel erneut an anderer Stelle die Fahrbahn blockieren und damit würde eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit im Sinne des § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG unmittelbar bevorstehen.
37 
Nicht einmal ansatzweise in Frage gestellt wird diese Beurteilung durch die im Berufungsverfahren erhobenen Einwände des Klägers. Auf der Grundlage der dem Senat vorliegenden Unterlagen bestehen keinerlei Zweifel daran, dass der Kläger sowohl an der Sitzblockade der L 555 an der Straßenbrücke über den Pfinzkanal als auch an der Sitzblockade im Bereich der Brücke zur Rheinschanzinsel teilgenommen hat und beide Male seiner Entfernungspflicht aus § 13 Abs. 2 VersG nicht nachgekommen ist. In beiden Fällen wurden die auf der Fahrbahn sitzenden Personen mehrfach zum Verlassen der Fahrbahn aufgefordert und auf die Rechtsfolgen hingewiesen, die eine Nichtbeachtung nach sich ziehen würde (vgl. den Auszug aus dem Einsatzkalender des Polizeipräsidiums xxx, S. 65 ff. der VG-Akte). Während ein (kleiner) Teil der Demonstranten den Aufforderungen offenbar nachkam (Auszug aus dem Einsatzkalender, S. 67, 69 der VG-Akte), weigerte sich der größere Teil, zu dem auch der Kläger gehörte, die Fahrbahn zu verlassen. Im ersten Fall ist der Kläger von Polizeikräften auf das angrenzende Wiesengelände abgedrängt worden, im zweiten Fall musste er unter Anwendung unmittelbaren Zwangs von der Fahrbahn getragen werden. Letzteres wird durch die von der Polizei hergestellten und in den Akten dokumentierten Videoaufnahmen eindeutig belegt. Bereits durch dieses konkrete Verhalten hat der Kläger gezeigt, dass er die Fahrbahn der L 555 blockieren wollte und sich dabei bewusst war, damit auch das Kernkraftwerk xxx zu blockieren. Hierfür spricht insbesondere auch, dass sich das Verhalten des Klägers ohne weiteres in die allgemeine Strategie der Kernkraftgegner eingefügt hat. Nach den vom Beklagten gesammelten, vom Kläger nicht in Frage gestellten Erkenntnismitteln war es Teil der Strategie der Kernkraftgegner, die Zufahrtsstraßen zum Kernkraftwerk zu blockieren (vgl. hierzu die Darstellungen im Schriftsatz des Beklagten vom 8.12.2003, S. 6 bis 10, VGH-Akte S. 83 - 91, sowie in dem im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Schriftsatz vom 20.2.2002, S. 2 und 3, S. 135 f. der VG-Akte). Besonders deutlich zum Ausdruck kommt diese Strategie in einer Nachbetrachtung, die die „SprecherInnenrats-Moderatorin“ xxx xxx in dem Rundbrief Nr. 10 der Anti-Atomkraftgruppierung „X-tausendmal quer - überall“ angestellt hat. Dort heißt es:
38 
„Der legendär kürzeste Rat war dann am Mittwochmorgen (Anmerkung: 18.10.2000) um 7.00 Uhr, als es hieß, dass eine Gruppe, die auf der Straße, die wir für unsere Blockade ausgewählt hatten, eingekesselt sei und damit auch blockiere. Es war klar, alle wollten jetzt was machen und nicht mehr ewig Bedenken austauschen und so wurde einfach der naheliegendste Vorschlag angenommen: Die andere Straße zu blockieren. Gesagt, getan und so lief es auch den Tag über weiter ...“
39 
Auch das Amtsgericht Bruchsal hat in dem in erster Instanz vorgelegten Urteil vom 7.9.2001 in einer Bußgeldsache gegen einen Teilnehmer der Blockadeaktion keinerlei Zweifel daran gelassen, dass die Demonstranten zur Erreichung ihres Ziels die Zufahrtswege zum Kernkraftwerk xxx blockieren wollten (S. 7 des Entscheidungsabdrucks, S. 163 der VG-Akte). Vor diesem Hintergrund erweist sich die Einlassung des Klägers, eine Blockade des Kernkraftwerks sei von ihm nicht beabsichtigt gewesen, als nicht nachvollziehbar und unglaubhaft.
40 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Polizeivollzugsdienst auch für den Zeitraum von 13.40 Uhr bis zur Freilassung um 16.45 Uhr zu Recht von der Erforderlichkeit der Aufrechterhaltung des polizeilichen Gewahrsams ausgegangen. Denn auch noch in diesem Zeitraum konnte der Polizeivollzugsdienst bei der gebotenen ex-ante-Betrachtung davon ausgehen, dass es sehr wahrscheinlich war, dass es bei einer Freilassung der in der xxx-Kaserne festgehaltenen Personen - und damit auch des Klägers - alsbald zu erneuten Blockadeaktionen kommen würde. Hierfür spricht zunächst die Darstellung des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hinsichtlich der sich am Nachmittag des 18.10.2000 bietenden Gefahrenlage. Danach hätte eine Freilassung der festgehaltenen Personen die Gefahr in sich geborgen, dass sich die freigelassenen mit den vor der Kaserne befindlichen Personen verbünden und es erneut zu Blockadeaktionen kommen würde (wird weiter ausgeführt, S. 2 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, S. 175 der VG-Akte). Dieser Darstellung ist der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Im Kern bestätigt wird sie durch einen im Internet veröffentlichten Bericht der Aktivistin xxx xxx über die Situation an diesem Nachmittag. Diese hatte sich als Vermittlerin zwischen der Polizeiführung und den in Gewahrsam genommenen Aktivisten zur Verfügung gestellt. Ihr Bericht enthält deutliche Hinweise darauf, dass die Inhaftierten den Vorschlag der Polizei, sie gruppenweise freizulassen gegen die Zusicherung, ohne weitere Aktionen abzureisen, jedenfalls zunächst nicht akzeptieren wollten. So heißt es dort hinsichtlich der festgehaltenen Aktivisten:
41 
„Die meisten wollten wirklich bald nach Hause, aber die Forderung “keine weiteren Aktionen“ will die Gruppe dann doch so pauschal nicht annehmen“ (vgl. S. 115 der VG-Akte; vgl. auch S. 3 des Gedächtnisprotokolls des Klägers vom 21.10.2000, S. 125 der VG-Akte: „Die Gruppe, die bereits vor uns da war, berichtet uns über einen „Kuhhandel“, den uns die Polizei anbietet: ... “).
42 
Bei dieser Sachlage und unter Einbeziehung der wiederholten Blockadeaktionen am Vormittag konnte der Polizeivollzugsdienst auch noch am Nachmittag des 18.10.2000 bis gegen 16.45 Uhr von einer hohen Wahrscheinlichkeit weiterer Blockadeaktionen jedenfalls der in Gewahrsam Genommenen und damit auch des Klägers im Falle der Freilassung ausgehen.
43 
Nach alledem kann die Gefahrenprognose des Beklagten nicht beanstandet werden. Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Beklagte diese nicht allein darauf gestützt, dass die in Gewahrsam genommenen Demonstranten keine Zusicherung abgegeben hätten, unmittelbar die Abreise anzutreten. Dies zeigt im Übrigen auch die weitere Vorgehensweise des polizeilichen Einsatzleiters. Dieser hatte der Aktivistin xxx den notwendigen Freiraum für Vermittlungsgespräche mit den in Gewahrsam Genommenen eingeräumt und - nachdem sich diese jedenfalls der Sache nach mit dem Verzicht auf weitere Blockadeaktionen einverstanden erklärt hatten - dem Kompromiss zugestimmt, dass der Gewahrsam aufgehoben wird und die Freigelassenen erst nach Durchführung einer Abschlusskundgebung auf dem Marktplatz in xxx die Heimreise antreten.
44 
Der Gewahrsam des Klägers war auch nicht wegen Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung rechtswidrig.
45 
Gemäß Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG hat über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung nur der Richter zu entscheiden. Die Freiheitsentziehung setzt danach grundsätzlich eine vorherige richterliche Anordnung voraus. Eine nachträgliche richterliche Entscheidung, deren Zulässigkeit in Ausnahmefällen Art. 104 Abs. 2 GG voraussetzt, genügt nur, wenn der mit der Freiheitsentziehung verfolgte verfassungsrechtlich zulässige Zweck nicht erreichbar wäre, sofern der Festnahme die richterliche Entscheidung vorausgehen müsste. Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG fordert dann, die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen (vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 15.5.2002, BVerfGE 105, 239, 248 f. m.w.N.). Diese Verpflichtung wird in § 163 c Abs. 1 Satz 2 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG für die Festhaltung zu Zwecken der Identitätsfeststellung im Rahmen des ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungsverfahrens und in § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG für die polizeirechtliche Ingewahrsamnahme zum Zwecke der Gefahrenabwehr einfachrechtlich nachvollzogen.
46 
Das Merkmal der „Unverzüglichkeit“ im Sinne des Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG ist dahin auszulegen, dass die richterliche Entscheidung ohne jede Verzögerung, die sich nicht aus sachlichen Gründen rechtfertigen lässt, nachgeholt werden muss (vgl. BVerfGE 105, 239, 249 m.w.N.). Nicht vermeidbar sind z.B. die Verzögerungen, die durch die Länge des Weges, Schwierigkeiten beim Transport, die notwendige Registrierung und Protokollierung, ein renitentes Verhalten des Festgenommenen oder vergleichbare Umstände bedingt sind. Die fehlende Möglichkeit, einen Richter zu erreichen, kann angesichts der verfassungsrechtlichen Verpflichtung des Staates, der Bedeutung des Richtervorbehalts durch geeignete organisatorische Maßnahmen Rechnung zu tragen, nicht ohne weiteres als unvermeidbares Hindernis für die unverzügliche Nachholung der richterlichen Entscheidung gelten (vgl. BVerfGE 105, 239, 249; 103, 142, 151 ff., 156).
47 
Eine Ausnahme von der in Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG verankerten Pflicht zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung wird allgemein angenommen, wenn eine Prognose ergibt, dass eine richterliche Entscheidung erst ergehen kann, wenn der Grund für den Gewahrsam wieder weggefallen ist; andernfalls würde die Regelung zu einer mit ihrem Rechtsschutzzweck nicht zu vereinbarenden Verlängerung der Freiheitsentziehung führen (vgl. Gusy, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz, Kommentar, Band 3, 4. Aufl., Art. 104 RdNr. 55; Rüping, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 3, 4. Aufl., Art. 104 RdNr. 63; Degenhart, in: Sachs, Grundgesetz, 3. Aufl., Art. 104 RdNr. 36). Demgemäß sieht § 163 c Abs. 1 Satz 2 StPO, § 46 Abs. Abs. 1 OWiG eine Ausnahme von der Pflicht zur Vorführung vor, wenn die Herbeiführung der richterlichen Entscheidung voraussichtlich längere Zeit in Anspruch nehmen würde, als zur Feststellung der Identität notwendig wäre. Entsprechendes gilt für den polizeirechtlichen Gewahrsam: Mit Blick auf § 28 Abs. 3 Satz 1 PolG, wonach der Gewahrsam aufzuheben ist, sobald sein Zweck erreicht ist, ist eine richterliche Entscheidung nicht einzuholen oder abzuwarten, wenn dadurch die Dauer des Gewahrsams verlängert würde (vgl. Wolf/Stephan, a.a.O., § 28 RdNr. 36; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 28 RdNr. 21; Würtenberger/Heckmann/Riggert, a.a.O., RdNr. 363). Diese Einschränkung der Verpflichtung zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken; das Bundesverfassungsgericht hebt allerdings die an die in diesem Zusammenhang gebotene Prognose zu stellenden Anforderungen hervor (vgl. BVerfGE 105, 239, 251; Rabe v. Kühlewein, DVBl. 2002, 1545, 1546).
48 
An diesem Maßstab gemessen lässt sich hier ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung nicht feststellen.
49 
Ohne Erfolg bleibt die Rüge des Klägers, es hätte ohne weiteres bereits vor der Ingewahrsamnahme eine richterliche Entscheidung des Amtsgerichts herbeigeführt werden können und müssen. Die Festnahme und Verbringung der Demonstranten und damit des Klägers zur xxx-Kaserne um 11.00 Uhr erfolgte unmittelbar im Anschluss an die wiederholte Begehung von Ordnungswidrigkeiten, die mit erheblichen Gefahren für hochrangige Rechtsgüter verbunden waren (siehe oben S. 16 f.). Wie dargelegt, diente die Ingewahrsamnahme jedenfalls ihrem Schwerpunkt nach zunächst der Durchführung von Maßnahmen zur Identitätsfeststellung im Rahmen des ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Insoweit musste die vorherige Einschaltung eines Richters bereits aus tatsächlichen Gründen ausscheiden. Hätte die Polizei die unmittelbar im Zusammenhang mit der Sitzblockade der L 555 im Bereich der Brücke zur Rheinschanzinsel festgenommenen über 110 Personen nicht in Gewahrsam genommen, sondern diese bis zur Entscheidung eines Richters zunächst auf freiem Fuß gelassen, hätte eine hohe Wahrscheinlichkeit bestanden, dass sich diese Personen einer Identitätsfeststellung entzogen hätten und somit der Zweck der Maßnahme vereitelt worden wäre. Dies rechtfertigte den Verzicht auf eine vorherige richterliche Anordnung.
50 
Aber auch soweit von der Herbeiführung einer nachträglichen richterlichen Entscheidung abgesehen wurde, begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts war von Seiten der polizeilichen Einsatzleitung zunächst beabsichtigt gewesen, die in Gewahrsam genommenen Personen nach Abschluss der Personenfeststellung (d.h. nach 14.00 Uhr) im Laufe der nächsten Stunde freizulassen, da man davon ausgegangen war, dass die Demonstranten alsdann die Heimreise antreten würden (S. 13 des Entscheidungsabdrucks). Diese Feststellung ist vom Kläger im Berufungsverfahren nicht in Zweifel gezogen worden. Bei dieser Sachlage erweist sich der Verzicht auf eine richterliche Entscheidung zum damaligen Zeitpunkt durch die Prognose gerechtfertigt, dass die Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung die Dauer des Gewahrsams aller Voraussicht nach verlängert hätte (§ 163 c Abs. 1 Satz 2, § 46 OWiG). Insbesondere mit Blick darauf, dass die herbeizuführende richterliche Entscheidung zur Gewährung rechtlichen Gehörs grundsätzlich die Anhörung sämtlicher (über 110) im Gewahrsam befindlicher Personen vorausgesetzt hätte (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 47. Auf., § 163 c RdNr. 11), konnte die Polizei davon ausgehen, dass eine richterliche Entscheidung erst nach der im Anschluss an die Maßnahmen zur Identitätsfeststellung vorgesehene Freilassung ergehen könnte. Dies würde entgegen der Auffassung des Klägers selbst dann gelten, wenn die polizeiliche Einsatzleitung die Freilassung tatsächlich erst eine Stunde nach Abschluss der Personalienfeststellung beabsichtigt gehabt hätte. Denn auch in diesem Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine richterliche Entscheidung hinsichtlich aller festgehaltenen Personen vor dem für die Freilassung vorgesehenen Zeitpunkt hätte ergehen können.
51 
Die Verpflichtung zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung (§ 28 Abs. 3 Satz 3 PolG, Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG) wurde auch nicht verletzt, als es im weiteren Verlauf des Nachmittags nicht zu einer richterlichen Entscheidung über die Aufrechterhaltung des nunmehr ausschließlich nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG zu beurteilenden Gewahrsams kam. Insoweit hatte sich nach den überzeugenden, im Berufungsverfahren nicht substantiiert angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts die Situation entscheidend verändert, als sich die polizeiliche Einsatzleitung auf der Grundlage von Gesprächen mit den in Gewahrsam Genommenen entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nunmehr an einer Freilassung gehindert sah, weil trotz vereinzelt festgestellter Abreiseaktivitäten außerhalb der xxx-Kaserne bei den in Gewahrsam genommenen Personen Anhaltspunkte für die Bereitschaft zu erneuten Sitzblockaden bestand (vgl. bereits oben S. 18 f.). Damit war die Frage, ob das Gebot nach § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG und Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt wurde, nach der sich zu diesem Zeitpunkt ergebenden Erkenntnislage zu beurteilen.
52 
Ausgehend hiervon haben die Beamten des Polizeivollzugsdienstes des Beklagten durch die nunmehr unternommenen Anstrengungen, eine richterliche Entscheidung des Amtsgerichts xxx herbeizuführen, insbesondere durch die um 15.38 Uhr erfolgte telefonische Information des Direktors des Amtsgerichts xxx, noch unverzüglich im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG, Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG gehandelt.
53 
Nach Auffassung des Senats genügt die Polizei dem Gebot zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung grundsätzlich dadurch, dass sie die Sache beim zuständigen Amtsgericht anhängig macht, d.h. dem Gericht den Sachverhalt vorträgt mit der Bitte um Entscheidung über die Fortdauer der Freiheitsentziehung (vgl. OVG Münster, Urteil vom 3.11.1989, NJW 1990, S. 3224 f.). Mit Blick auf die in diesen Fällen regelmäßig gegebene besondere Eilbedürftigkeit erscheint dem Senat ein formeller schriftlicher Antrag entbehrlich, soweit das Anhängigmachen des Begehrens in den Akten in verlässlicher Weise dokumentiert ist und die Identität der in Gewahrsam Genommenen jedenfalls anhand der Akten festgestellt werden kann. Dies gilt auch mit Blick darauf, dass es dem Gericht obliegt, von Amts wegen die für seine Entscheidung erheblichen Tatsachen zu ermitteln (§ 28 Abs. 4 Satz 2 PolG i.V.m. § 12 FGG; vgl. Wolf/Stephan, a.a.O., § 28 RdNr. 41).
54 
Nach diesen Grundsätzen kann die Vorgehensweise der polizeilichen Einsatzleitung nicht beanstandet werden. Insbesondere haben die Beamten des Polizeivollzugsdienstes ausweislich der dem Senat vorliegenden Akten den zuständigen Richter im Rahmen des um 15.38 Uhr erfolgten Telefonats in hinreichender Weise über die Umstände der Gewahrsamnahme informiert und um richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer des Gewahrsams ersucht (vgl. den Auszug aus dem Einsatzkalender des Polizeipräsidiums xxx, S. 72 der VG-Akte, sowie die Stellungnahme des KOR xxx vom 31.10.2003, Anlage 2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 8.12.2003, S. 103 f. der VGH-Akte).
55 
Dass Amtsgerichtsdirektor xxx nicht bereits bei dem Telefonat um 15.11 Uhr erreicht werden konnte, stellt die Unverzüglichkeit der Bemühungen des Polizeivollzugsdienstes nicht in Frage. Denn Grund dafür war, dass der allein noch am Amtsgericht xxx im Dienst befindliche Richter sich in einer Sitzung befand. Mithin handelte es sich um eine sachlich gerechtfertigte Verzögerung, die durch die Wahrnehmung anderweitiger, nicht ohne weiteres zu unterbrechender dienstlicher Verpflichtungen verursacht worden ist und deshalb nach den oben dargestellten Grundsätzen als „unvermeidbares Hindernis“ anzusehen ist. Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass es sich lediglich um eine kurzfristige Verzögerung (ca. 1/2 Stunde) gehandelt hat, der fragliche Richter sich noch im Dienst befand und auch grundsätzlich erreichbar war. Es war somit kein Fall gegeben, in dem die Erreichbarkeit eines zuständigen Richters bereits wegen Fehlens der gerichtsorganisatorischen Voraussetzungen nicht gewährleistet war (vgl. hierzu BVerfGE 105, 239, 249; 103, 142, 151 ff., 156).
56 
Die Tatsache, dass der Polizeivollzugsdienst die Sache noch unverzüglich beim Amtsgericht anhängig gemacht hat, bedeutet indes noch nicht, dass der Gewahrsam ab diesem Zeitpunkt keinen rechtlichen Bedenken mehr begegnete. Denn auch die weitere Sachbehandlung durch das Amtsgericht muss den Anforderungen des § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG, Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG genügen, insbesondere muss dessen Entscheidung grundsätzlich unverzüglich ergehen (vgl. Gusy, a.a.O., Art. 104 RdNr. 54; Rüping, a.a.O., RdNr. 69). Dass die Polizei nach dem Anhängigmachen der Sache beim Amtsgericht keine Einflussmöglichkeiten mehr auf das weitere Verfahren hat, ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts in diesem Zusammenhang für die Frage der Rechtmäßigkeit des Gewahrsams ohne Belang.
57 
Der Senat teilt nicht die Ansicht des Verwaltungsgerichts, diesem habe insoweit bereits die Überprüfungskompetenz gefehlt. Nach der gesetzlichen Regelung des § 28 Abs. 4 Satz 4 PolG ist eine Anwendbarkeit der Rechtsbehelfe der VwGO und damit eine Prüfungskompetenz der Verwaltungsgerichte erst ausgeschlossen, wenn eine Entscheidung des Amtsgerichts im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 4 PolG „ergangen“ ist (vgl. Senatsurteil vom 13.5.2004 - 1 S 2052/03 - m.w.N.). Dabei geht der Senat davon aus, dass es sich hierbei um eine Sachentscheidung über die Rechtmäßigkeit des Gewahrsams handeln muss und deshalb in der bloßen Ablehnung einer richterlichen Entscheidung durch den Richter des Amtsgerichts noch kein „Ergehen“ einer richterlichen Entscheidung im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 4 PolG gesehen werden kann (a.A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 3.11.1989, NJW 1990, 3224, 3225, mit Blick auf § 14 NRWPG a.F.). Vor dem Zeitpunkt des „Ergehens“ ist aber insbesondere auch mit Blick auf die Gewährleistung aus Art. 19 Abs. 4 GG eine umfassende Überprüfungskompetenz der Verwaltungsgerichte anzunehmen.
58 
Im vorliegenden Fall hat der zuständige Richter des Amtsgerichts xx-xxx zwar telefonisch mit einem Beamten der Einsatzleitung gesprochen, eine richterliche Entscheidung ist dabei aber nicht im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 4 PolG ergangen. Er hat vielmehr ausdrücklich derzeit von einer richterlichen Entscheidung abgesehen. Auch damit ist jedoch nicht gegen die Verpflichtung aus § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG, Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG verstoßen worden.
59 
Soweit der Direktor des Amtsgerichts xxx das Absehen von einer richterlichen Entscheidung allerdings damit begründet haben sollte, dass die Polizei die rechtliche Möglichkeit habe, die betreffenden Personen bis zum Ende des 19.10.2000, 24.00 Uhr, in Gewahrsam zu halten, und er deshalb (erst) mit einer Einzelanhörung beginnen werde, wenn die Polizei im Laufe des nächsten Tages die Absicht äußere, den Gewahrsam aufrechtzuerhalten (vgl. den Auszug aus dem Einsatzkalender, S. 72 der VG-Akte, sowie die Stellungnahme des KOR xxxxx, S. 103 der VGH-Akte), wäre diese Auffassung verfassungsrechtlich nicht haltbar. Denn die Nachholung der richterlichen Entscheidung ist auch dann nicht entbehrlich, wenn der Freiheitsentzug vor Ablauf der Frist des Art. 104 Abs. 2 Satz 3 GG endet. Diese Vorschrift setzt dem Festhalten einer Person ohne richterliche Entscheidung mit dem Ende des auf das Ergreifen folgenden Tages lediglich eine äußerste Grenze, befreit aber nicht von der Verpflichtung, eine solche Entscheidung unverzüglich herbeizuführen (BVerfG, Beschluss vom 15.5.2002, BVerfGE 105, 239, 249 m.w.N.).
60 
Auf der Grundlage der dem Senat vorliegenden Unterlagen ist jedoch davon auszugehen, dass Amtsgerichtsdirektor xxx seinen Entschluss, von einer richterlichen Entscheidung über den Gewahrsam noch am Nachmittag des 18.10.2000 abzusehen, jedenfalls auch auf die Einschätzung gestützt hat, dass dann, wenn die Inhaftierten noch am selben Tage in absehbarer Zeit freigelassen würden, die richterliche Entscheidung erst nach der Freilassung würde ergehen können. Diese Prognose ist geeignet, das Absehen von einer richterlichen Entscheidung und damit die Rechtmäßigkeit des Gewahrsams zu tragen.
61 
Wie dargelegt, kann die Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung unterbleiben, wenn anzunehmen ist, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes für den Polizeigewahrsam ergehen kann (oben S. 21 f.). Die insoweit gebotene Prognose erfordert einen Zeitvergleich hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer des polizeilichen Gewahrsams und des Zeitraums, der voraussichtlich für die Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung benötigt wird (vgl. Rachor, a.a.O., RdNr. 536). Grundlage der Prognose war die dem Richter von der Polizei um 15.38 Uhr im Rahmen des Telefonats vermittelte Lagebeurteilung (vgl. hierzu bereits oben S. 19 f.). Dabei wurde der Richter auch dahingehend unterrichtet, dass die Ingewahrsamnahme nach Einschätzung der Polizei vermutlich um 17.00 Uhr beendet sein würde, ein Ende also absehbar sei (vgl. die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.6.2002, S. 175 der VG-Akte). Für eine Freilassung in absehbarer Zukunft sprachen dabei insbesondere ab 15.00 Uhr festgestellte Abreiseaktivitäten der Kernkraftgegner außerhalb der Kaserne und die Tatsache, dass nach Einschätzung der Polizei die Wahrscheinlichkeit von Folgeaktionen „von Stunde zu Stunde geringer“ geworden sei (vgl. die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.6.2002, S. 175 der VG-Akte). Bei der Einschätzung des für die richterliche Entscheidung zu veranschlagenden Zeitaufwands war von entscheidender Bedeutung, dass der zuständige Richter die rechtlich nicht zu beanstandende Auffassung vertrat, eine Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Gewahrsams könne nur nach vorheriger persönlicher Anhörung der in Gewahrsam Genommenen ergehen (vgl. nur Gusy, a.a.O., Art. 104 RdNr. 50 m.w.N.; Degenhardt, a.a.O., Art. 104 RdNr. 38; vgl. auch Wolf/Stephan, a.a. O., § 28 RdNr. 41). Legt man zugrunde, dass hier über 110 Personen in Gewahrsam genommen waren und diese entweder dem im Gebäude des Amtsgerichts in xxx anwesenden Richter hätten vorgeführt werden müssen oder dieser sich noch in die - außerhalb von xxx-xxx gelegene - xxx-Kaserne hätte begeben müssen, erweist sich die Einschätzung des Richters, die Freilassung werde vor einer richterlichen Entscheidung erfolgen, jedenfalls als vertretbar. Diese Beurteilung wird durch den tatsächlichen Ablauf bestätigt. Denn die Freilassung des Klägers erfolgte bereits etwa eine Stunde nach dem Telefonat mit dem Direktor des Amtsgerichts.
62 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
63 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.

(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 271/04
Verkündet am:
3. Februar 2005
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 697; StPO § 98; Verwaltungsrecht/Allgemeines - Öffentlich-rechtliche
Verwahrung
Die Rückgabe einer in einem Strafverfahren beschlagnahmten Sache hat an
dem Ort zu erfolgen, an welchem diese aufzubewahren war; die zuständigen
Justizbehörden sind nicht verpflichtet, die Sache dem Berechtigten an dessen
Wohnsitz zu bringen.
BGH, Urteil vom 3. Februar 2005 - III ZR 271/04 - LG Hamburg
AG Hamburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke im schriftlichen
Verfahren aufgrund der bis zum 31. Dezember 2004 eingereichten Schriftsätze

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 3, vom 20. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


In der Kanzlei des Klägers, eines seinerzeit in Hamburg praktizierenden Rechtsanwalts, wurden im Zuge eines gegen ihn geführten steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens in den Jahren 1984 und 1989 durch die dortige Staatsanwaltschaft Unterlagen aus Mandantenakten beschlagnahmt. Das Strafverfahren selbst wurde später vom Landgericht Hamburg gemäß § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldbuße von 12.000 DM eingestellt; eine Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) wurde dem Kläger versagt. Die in mehreren Kartons auf-
bewahrten beschlagnahmten Unterlagen wurden daraufhin von der Staatsanwaltschaft zur Abholung bereitgestellt.
Der Kläger, der zwischenzeitlich seinen Wohn- und Kanzlei sitz nach Ibiza verlegt hat, begehrt mit der vorliegenden Klage die Verurteilung der beklagten Freien und Hansestadt Hamburg (Justizbehörde - Justizamt), die beschlagnahmten Unterlagen an seinen neuen Wohnsitz zu übersenden. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben; das Landgericht (NJW 2004, 2455) hat sie abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist nicht begründet.
1. Beide Vorinstanzen haben die Zulässigkeit der vorliegenden zivilgerichtlichen Klage mit Recht bejaht. Es geht hier um einen vermögensrechtlichen Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung, der gemäß § 40 Abs. 2 VwGO den ordentlichen Gerichten zugewiesen ist. Die Parteien streiten nicht über die Aufhebung der Beschlagnahmeanordnung - die Beschlagnahme ist durch den rechtskräftigen Abschluß des Strafverfahrens ohne weiteres erloschen (allgemeine Meinung; vgl. KK/Nack, StPO 5. Aufl. 2003 § 98 Rn. 33; Meyer-Goßner, StPO 47. Aufl. 2004 § 98 Rn. 29 m.w.N.) -, die den zuständigen Strafverfolgungsbehörden (Staatsanwaltschaft, Gericht) vorbehalten ist (Hoffmann/Knierim , NStZ 2000, 461, 463; KK/Nack aaO Rn. 34; Meyer-Goßner aaO Rn. 30), sondern ausschließlich über die Modalitäten der Rückgabe. Diese Frage kann
von den Zivilgerichten nach allgemeinen materiell- und verfahrensrechtlichen Grundsätzen entschieden werden, ohne daß ein Kompetenzkonflikt mit der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht entsteht. Entgegen Hoffmann/Knierim (aaO), die insoweit "im Wege der Annexkompetenz" § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO für anwendbar und deshalb eine Zivilklage für unzulässig halten, hat auch das Oberlandesgericht Stuttgart in seinem Urteil vom 25. April 1984 (wistra 1984, 240) die dortige Herausgabeklage nicht etwa als unzulässig, sondern als unbegründet abgewiesen, weil den dort geltend gemachten Herausgabeansprüchen nach § 985 BGB und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung mit der wirksamen Beschlagnahme ein materiell-rechtliches Hindernis entgegengestanden hatte.
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Das Landgericht hat vielmehr mit Recht auf das hier in Rede stehende öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnis die Vorschrift des § 697 BGB entsprechend angewandt. Danach hat die Rückgabe der hinterlegten (hier: der durch Beschlagnahme in öffentlich-rechtliche Verwahrung genommenen) Sache an dem Ort zu erfolgen, an welchem die Sache aufzubewahren war; der Verwahrer (die beklagte Justizbehörde) ist nicht verpflichtet, die Sache dem Hinterleger (hier dem Kläger an dessen Wohnort) zu bringen.

a) In diesem Sinne hat sich das Oberlandesgericht Hambur g bereits in einer frühen Entscheidung (Urteil vom 13. Juli 1916 = SeuffArch 72 [1917] Nr. 4 S. 7, 8 geäußert. Diese Entscheidung ist unverändert aktuell; ihr hat sich ein Großteil der Kommentarliteratur zum Bürgerlichen Gesetzbuch angeschlossen (Staudinger/Reuter, BGB 13. Bearb. 1995 § 697 Rn. 5; Erman/Herrmann, BGB 11. Aufl. 2004 § 697 Rn. 1; MünchKomm/Hüffer, BGB 4. Aufl. 2005 § 697 Rn. 3
i.V.m. Fn. 4). Auch in Teilen der strafprozessualen Literatur wird § 697 BGB für anwendbar gehalten (H. Schäfer, wistra 1984, 136, 137).

b) Demgegenüber wird in der strafprozessualen Literatu r wohl überwiegend die Auffassung vertreten, § 697 BGB sei bei beschlagnahmten oder formlos für Zwecke der Strafverfolgung sichergestellten Sachen nach Beendigung des hoheitlichen Zugriffs nicht analog anwendbar. Dies habe die Konsequenz, daß die beschlagnahmten Sachen dem Betroffenen dort zurückzugeben seien, wo sie von der Behörde beschlagnahmt oder wo sie dieser zur Abwendung der Beschlagnahme freiwillig übergeben worden waren (Damrau, NStZ 2003, 408, 410). Noch weitergehend nehmen G. Schäfer (in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. Stand: 1. Oktober 2003 § 98 Rn. 64) und Hoffmann/Knierim (aaO) an, die Gegenstände seien dem Berechtigten auf Verlangen zurückzubringen. Dies könnte die weitere Folge haben, daß die Behörde die beschlagnahmten Sachen auf eigene Kosten und Gefahr auch an einen etwaigen neuen, möglicherweise - wie hier - sogar im Ausland befindlichen Wohnsitz des Berechtigten zu verbringen hätte.

c) Das zentrale Argument für die Begründung einer der artigen weitergehenden Verpflichtung, die beschlagnahmten Sachen zurückzubringen, besteht darin, daß sie - anders als beim normalen privatrechtlichen Verwahrungsvertrag - nicht aufgrund eines vertraglichen Einverständnisses des Hinterlegers, sondern - oftmals gegen dessen Willen - durch den hoheitlichen Zugriff der Strafverfolgungsbehörden in die öffentlich-rechtliche Verwahrung überführt worden seien. Mit der Verpflichtung des Betroffenen, diese zwangsweise Entziehung zu dulden, korrespondiere eine Rechtspflicht der Strafverfolgungsbehörden , die Sachen nach dem Wegfall der öffentlich-rechtlichen Verstrickung
- gleichsam im Wege der "Wiedergutmachung" - zum Berechtigten zurückzuschaffen.

d) Diese Betrachtungsweise vermag der erkennende Senat i ndessen nicht zu teilen. Vielmehr erhält - wie schon das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat - der hier zu beurteilende Sachverhalt sein Gepräge dadurch, daß die Beschlagnahme rechtmäßig gewesen war und ihre gesetzliche Grundlage in § 94 StPO gefunden hatte. Diese Rechtmäßigkeit des hoheitlichen Zugriffs begründet eine sachliche Rechtfertigung für das öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnis, die in ihrem Gewicht dem vertraglichen Konsens bei einem privatrechtlichen Verwahrungsvertrag mindestens gleichkommt. Dies rechtfertigt es, die gesetzlichen Regelungen für die Abwicklung eines beendeten Verwahrungsverhältnisses auch auf die Beendigung einer Beschlagnahme anzuwenden, und zu diesen gehört auch die gesetzliche Wertung, die der Rückgaberegelung des § 697 BGB zugrunde liegt.

e) Nichts anderes ergibt sich aus dem Gesichtspunkt der Folg enbeseitigung , den Staudinger/Reuter (aaO) zur ausnahmsweisen Begründung einer Rückschaffungspflicht der Behörde anführt. Der Folgenbeseitigungsanspruch betrifft Fälle, in denen durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist, der noch andauert. Der ursprünglichen Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts steht es gleich, wenn ein von einer Behörde geschaffener Zustand nachträglich rechtswidrig wird (Wolff/ Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2 6. Aufl. [2000] § 52 II Rn. 13 und 17 m.w.N.). An dieser entscheidenden Voraussetzung fehlt es hier. Weder war durch die rechtmäßige Beschlagnahme ein rechtswidriger Zustand geschaffen worden, noch war der ursprünglich rechtmäßige Zustand nachträglich rechts-
widrig geworden, nachdem die Beschlagnahme geendet und die Staatsanwaltschaft die Gegenstände zur Abholung bereit gestellt hatte.

f) Wegen dieser Rechtmäßigkeit scheidet auch ein auf Ersa tz der für den Rücktransport erforderlichen Aufwendungen gerichteter Amtshaftungsanspruch des Klägers (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) von vornherein aus. Ob diese Aufwendungen gegebenenfalls zu den nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 StrEG ersatzfähigen Schadensposition gehören könnten, ist hier nicht zu entscheiden.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 10. Juni 2002 - 12 K 179/01 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Ingewahrsamnahme durch Beamte des Polizeivollzugsdienstes des beklagten Landes.
Mit Telefax vom 17.10.2000 meldete xxx für Mittwoch, den 18.10.2000, bei der zuständigen Versammlungsbehörde, dem Landratsamt xxx, eine Demonstration gegen den für diesen Tag erwarteten Transport von Brennelementen (Castor-Transport) vom Gelände des Kernkraftwerks xxx zur Wiederaufbereitungsanlage xxx an. Die Demonstration sollte von 7.00 bis 15.00 Uhr „vom Marktplatz zur AKW-Haupteinfahrt mit anschließender Mahnwache und Abschlusskundgebung“ stattfinden. Der Versammlungsleiter und die Versammlungsteilnehmer gingen dabei davon aus, dass der Demonstrationszug zunächst in östlicher Richtung zum sogenannten „Kreisel“ und von dort über die sogenannte Rheinschanzinsel zum Haupteingang des Kernkraftwerks xxx verlaufen sollte. Nachdem allerdings am frühen Morgen des 18.10.2000 gegen 6.15 Uhr eine andere Demonstrationsgruppe mit etwa 150 Teilnehmern die am Zufahrtsweg des Kernkraftwerks postierte Polizei überrannt und eine sogenannte „Schichtwechsel-Blockade“ durchgeführt hatte und dadurch der ursprünglich geplante Weg zum Kernkraftwerk durch Polizeikräfte und Demonstranten versperrt war, entschlossen sich der Versammlungsleiter und die Versammlungsteilnehmer - darunter auch der Kläger - kurzfristig, über die L 555 zur Straße am Zufahrtsgleis zum Kernkraftwerk zu gehen, um dann auf dieser Straße entlang dem Gleis zum Kernkraftwerkstor zu gelangen. Der Demonstrationszug begab sich mit 150 Teilnehmern - darunter auch der Kläger - gegen 7.20 Uhr in westlicher Richtung auf die L 555 in Richtung Industriegleis. An der Straßenbrücke über den Pfinzkanal wurde der Demonstrationszug von Polizeikräften aufgehalten, woraufhin sich die Teilnehmer - darunter auch der Kläger - auf die Fahrbahn der L 555 setzten und diese blockierten. Ein Vertreter der Versammlungsbehörde teilte dem Versammlungsleiter sodann mit, dass ein Aufzugsweg zum Kernkraftwerk über das Anschlussgleis nicht zugelassen werde, die Fahrbahn freigehalten werden müsse und beabsichtigt sei, die Demonstration zu untersagen. Um 8.20 Uhr erklärte der Versammlungsleiter daraufhin die Demonstration für beendet. Nachdem die Versammlungsteilnehmer sich trotz mehrfacher Aufforderung durch die Polizei nicht von der Fahrbahn entfernten, wurde die Versammlung durch mündliche Verfügung des Vertreters der Versammlungsbehörde aufgelöst und die auf der Fahrbahn verbliebenen Versammlungsteilnehmer - darunter auch der Kläger - von polizeilichen Einsatzkräften auf das angrenzende Wiesengelände abgedrängt. Die Räumung der L 555 war um ca. 8.37 Uhr beendet.
Etwa um 9.15 Uhr beschlossen die abgedrängten Versammlungsteilnehmer ohne Mitwirkung des bisherigen Versammlungsleiters nun doch, über die Altrheinbrücke zur Rheinschanzinsel zum Werkstor des Kernkraftwerks zu marschieren, um dort - wie ursprünglich vorgesehen - zu demonstrieren. Die etwa 150 Personen gingen daraufhin nach xxx zurück, um auf direktem Wege zur Hauptzufahrtstraße zum Kernkraftwerk zu gelangen. An der Altrheinbrücke zur Rheinschanzinsel wurden die Demonstranten etwa um 9.35 Uhr durch eine Polizeisperre am Weitergehen gehindert. Daraufhin setzten sich die Teilnehmer - darunter auch der Kläger - wiederum auf die Straße, um gegen die Vorgehensweise der Polizei zu protestieren. Um 9.54 Uhr löste der Vertreter der Versammlungsbehörde auch diese Versammlung auf. Während sich etwa 40 Teilnehmer freiwillig von der Fahrbahn entfernten, verblieben über 110 Personen - darunter auch der Kläger - auf der Straße zum Kernkraftwerk sitzen. Nachdem diese seitens der Polizei mehrfach zur Räumung der Straße aufgefordert worden waren, wurden sie etwa ab 10.10 Uhr von den Polizeikräften unter Anwendung unmittelbaren Zwangs weggetragen und in Gewahrsam genommen. Alle in Gewahrsam genommenen Demonstranten wurden sodann mit Polizeifahrzeugen in die xxxx-Kaserne nach xxx verbracht, wo sie gegen 11.00 Uhr eintrafen. Dort erfolgte die erkennungsdienstliche Behandlung und die Anfertigung von Ordnungswidrigkeitenanzeigen. Der Kläger, dessen Personalien etwa um 13.30 Uhr festgestellt wurden, verweigerte die Aussage zu der ihm zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit, legte schriftlich Widerspruch gegen die Ingewahrsamnahme ein und beantragte eine sofortige richterliche Entscheidung.
Bereits um die Mittagszeit war seitens der Polizei erfolglos versucht worden, bezüglich der Ingewahrsamnahmen mit einem Richter des Amtsgerichts xxx-xxx Kontakt aufzunehmen. Um Rückruf wurde gebeten. Nachdem ein Rückruf nicht erfolgte, telefonierte um 15.15 Uhr Kriminaloberrat xxx mit dem Amtsgericht xxx und erhielt die Auskunft, dass ein Richter bereits nach Hause gegangen sei und der Direktor des Amtsgerichts gerade einen Sitzungstermin wahrnehme. Um 15.38 Uhr gelang es, Amtsgerichtsdirektor xxx telefonisch über die Gewahrsamnahmen in Kenntnis zu setzen. Dieser erklärte, dass er „nach § 28 Abs. 3 PolG durch den Anruf unverzüglich über die freiheitsentziehenden Maßnahmen der Personen unterrichtet“ sei. Weiter führte er aus, dass eine richterliche Bestätigung eine Einzelanhörung der inhaftierten Personen voraussetze. Nach seiner Auffassung habe die Polizei die rechtliche Möglichkeit, die Personen bis zum Ende des darauffolgenden Tages in Gewahrsam zu nehmen. Sollte der Gewahrsam im Laufe des nächsten Tages aufrechterhalten werden, so sei er hierüber zu verständigen, worauf er mit einer Einzelanhörung beginnen werde.
Um 16.45 Uhr wurde der Gewahrsam aufgehoben und der Kläger auf freien Fuß gesetzt.
Am 27.12.2000 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und beantragt festzustellen, dass die Gewahrsamnahme vom 18.10.2000 rechtswidrig gewesen sei. Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
Mit Urteil vom 10.6.2002 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Gewahrsamnahme sei sowohl für den Zeitraum zwischen 11.00 Uhr bis 13.30 Uhr als auch für den Zeitraum zwischen 13.30 Uhr bis 16.45 Uhr rechtmäßig gewesen. Hinsichtlich des ersten Zeitraums sei die Maßnahme durch §§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO gerechtfertigt. Rechtsgrundlage für das weitere Festhalten des Klägers nach Abschluss der Personenfeststellung um ca. 13.30 Uhr sei § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG gewesen. Es könne dahingestellt bleiben, ob der weitere Gewahrsam des Klägers zum Zwecke der Verhinderung einer bevorstehenden Straftat unter dem Gesichtspunkt der Nötigung, § 240 StGB, gerechtfertigt gewesen sei. Denn eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit könne auch bei bevorstehenden Ordnungswidrigkeiten angenommen werden, sofern diese zu umfangreichen und intensiven Störungen führen könnten. Dies sei hier der Fall gewesen. Die wiederholte Nichtbeachtung des sich aus § 13 Abs. 2 VersG ergebenden Gebots, sich nach der Auflösung der Versammlung zu entfernen, stelle eine Ordnungswidrigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 VersG dar. Zudem habe zugleich auch ein Verstoß gegen §§ 1 Abs. 2, 25 Abs. 1 StVO und eine nicht erlaubte Sondernutzung einer öffentlichen Straße gemäß § 16 Abs. 1 LStrG vorgelegen. Diese Störungen seien nach Umfang und Intensität erheblich gewesen. Die Störung habe auch unmittelbar bevorgestanden, da der Beklagte aufgrund des der Gewahrsamnahme vorangegangenen Verhaltens des Klägers sowie der polizeibekannten Strategie der Versammlungsteilnehmer davon habe ausgehen dürfen, dass der Kläger nach der Räumung der Straße erneut die Fahrbahn an einer anderen Stelle blockieren würde. Die Gefahr weiterer erheblicher Störungen der öffentlichen Sicherheit habe auch bei der Aufrechterhaltung des Gewahrsams nach Abschluss der Personenfeststellung um 13.30 Uhr unmittelbar bevorgestanden. Eine Freilassung des Klägers um 13.30 Uhr hätte die Gefahr einer erneuten Blockadeaktion in sich geborgen. Der Beklagte habe auch nicht gegen die Pflicht verstoßen, unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Bei Beginn des Gewahrsams sei eine solche entbehrlich gewesen, da der Beklagte geplant habe, die in Gewahrsam genommenen Personen unmittelbar nach Abschluss der Personenfeststellung im Laufe der nächsten Stunde freizulassen, da man von Seiten der Polizei davon ausgegangen sei, dass die Demonstranten alsdann die Heimreise antreten würden. Bei dieser Sachlage sei die Einholung einer richterlichen Entscheidung schon deshalb entbehrlich gewesen, weil diese nur zu einer Verzögerung der Freilassung geführt hätte. Ihre Absicht, die in Gewahrsam genommenen Demonstranten bis spätestens 15.00 Uhr freizulassen, habe die Polizei in der Folgezeit jedoch nicht umsetzen können, nachdem sich die Gesamtsituation bis zu der tatsächlich erfolgten Kontaktaufnahme mit dem Amtsgericht xxx (um 15.15 Uhr) zum Unklaren hin entwickelt habe. Zwar seien schon vereinzelt Abreiseaktivitäten außerhalb der xxx-Kaserne feststellbar gewesen, andererseits habe aber insbesondere bei den in Gewahrsam genommenen Personen keine Bereitschaft bestanden, die umgehende Abreise zuzusichern. Wenn sich die Polizei in dieser Phase der Unsicherheit nunmehr dazu entschlossen habe, jetzt doch eine richterliche Entscheidung gemäß § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG herbeizuführen, so sei dieses Verhalten noch unverzüglich. Die Tatsache, dass das Amtsgericht erst um 15.38 Uhr über den Sachstand in Kenntnis gesetzt werden konnte, könne der Polizei nicht angelastet werden. Der Begriff des „Herbeiführens“ umfasse lediglich das Anhängigmachen der Sache beim zuständigen Amtsgericht. Nicht in die Verantwortungssphäre der Polizei falle die weitere Sachbehandlung durch das Amtsgericht xxx, nachdem dieses von dem Gewahrsam polizeilicherseits in Kenntnis gesetzt worden sei. Die Entscheidung des Amtsgerichts, von einer richterlichen Entscheidung über die Fortdauer des Gewahrsams vorerst abzusehen, sei im vorliegenden Rechtsstreit unerheblich, zumal dem erkennenden Gericht insoweit eine Überprüfungskompetenz nicht zustehe. Die Freiheitsentziehung habe auch nicht gegen Art. 5 Abs. 1 Buchst. c EMRK verstoßen. Der Begriff der „strafbaren Handlung“ im Sinne dieser Bestimmung sei weit auszulegen, so dass die Vorschrift die Ingewahrsamnahme zum Zwecke der Verhinderung einer Ordnungswidrigkeit nicht verbiete.
Auf den Antrag des Klägers hat der Senat die Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil zugelassen.
Zur Begründung seiner Berufung vertieft der Kläger seine bisherigen Ausführungen: Es sei zweifelhaft, ob die Rechtsgrundlage für die Ingewahrsamnahme in der Zeit von 11.00 Uhr bis 13.30 Uhr tatsächlich § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO gewesen sei. Nach ihrem eigenen Vortrag habe die Polizei die Demonstranten aus Gründen der Gefahrenabwehr in Gewahrsam genommen und nicht, um ihre Personalien festzustellen. Aus Gründen der Gefahrenabwehr sei die Ingewahrsamnahme seinerzeit aber nicht erforderlich gewesen. Er, der Kläger, habe sich an Blockadeaktionen zu keinem Zeitpunkt beteiligt, eine Blockade des AKW sei von ihm nicht beabsichtigt gewesen. Auf die Straße habe er sich allein deshalb gesetzt, weil die Polizei ein Weitergehen der Demonstrationsteilnehmer verhindert habe. Im Übrigen verstoße die Ingewahrsamnahme gegen Art. 5 Abs. 1 Buchst. c EMRK. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts rechtfertige die Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten eine Freiheitsentziehung nicht. Die Voraussetzungen für eine Ingewahrsamnahme hätten auch im weiteren Verlauf nicht vorgelegen. Ausreichende Tatsachen für eine akute Bedrohung der öffentlichen Sicherheit hätten nicht vorgelegen. Insoweit könne insbesondere nicht ausreichend sein, dass die in Gewahrsam genommenen Demonstranten keine Zusicherung abgegeben hätten, unmittelbar die Abreise anzutreten. Die Ingewahrsamnahme sei auch deshalb rechtswidrig, weil die Polizei es unterlassen habe, unverzüglich die erforderliche richterliche Entscheidung herbeizuführen. Nach dem eigenen Vortrag des Beklagten sei eine Entlassung des Klägers erst eine Stunde nach Beendigung der Personalienfeststellung vorgesehen gewesen. Insoweit hätte ohne weiteres bereits vor der Ingewahrsamnahme eine richterliche Entscheidung beim Amtsgericht herbeigeführt werden können und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen. Die Polizei habe aber auch nach der Ingewahrsamnahme nicht unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeigeführt. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, dass dem Gericht der wesentliche Sachverhalt mit der Bitte um Entscheidung vorgelegt worden wäre, wozu es eines auf die Person des Klägers bezogenen Antrags bedurft hätte. Wie der Direktor des Amtsgerichts xxx in seiner Stellungnahme mitgeteilt habe, sei ein formeller Antrag auf richterliche Entscheidung seitens der Polizei nicht gestellt worden. Ein bloßes Telefonat könne insoweit nicht ausreichen.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 10. Juni 2002 - 12 K 179/01 - zu ändern und festzustellen, dass die Ingewahrsamnahme am 18.10.2000 rechtswidrig war.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er trägt noch vor: Die Festnahme des Klägers habe zunächst der Personenfeststellung und der Anfertigung von Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen Verstoßes gegen § 29 Abs. 1 Nr. 2 VersG gedient. Erst gegen 13.40 Uhr sei dem Kläger mitgeteilt worden, dass er nunmehr polizeirechtlich in Gewahrsam genommen werde. Bei den bis zur Eröffnung der polizeirechtlichen Ingewahrsamnahme getroffenen Maßnahmen handle es sich somit nicht um Akte, für die gemäß § 40 VwGO der Verwaltungsrechtsweg gegeben sei. Soweit sich die Klage auch auf das Verbringen in die xxx-Kaserne und das Festhalten bis zur Eröffnung der polizeilichen Ingewahrsamnahme erstrecke, sei sie deshalb unzulässig. Zum Zeitpunkt der polizeirechtlichen Ingewahrsamnahme hätten die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG vorgelegen. Ursprünglich sei beabsichtigt gewesen, den Kläger nach Beendigung der Maßnahmen im Rahmen des ordnungswidrigkeitsrechtlichen Ermittlungsverfahrens aus dem Gewahrsam zu entlassen, da man davon ausgegangen sei, dass die in xxx verbliebenen Demonstranten in absehbarer Zeit die Heimreise antreten würden. In der Folgezeit hätten sich jedoch veränderte Gesamtumstände ergeben. In Gesprächen zwischen den Kundgebungsteilnehmern und dem polizeilichen Einsatzleiter sei deutlich geworden, dass im Grunde nur auf die Freilassung der festgehaltenen Personen gewartet worden sei und dass für die Nachmittags- bzw. Abendstunden noch eine weitere Kundgebung geplant sei. Unter diesen Umständen sei es äußerst wahrscheinlich gewesen, dass es bei einer sofortigen Freilassung zeitnah zu neuen Blockadeaktionen gekommen wäre. Dies habe auch aus den Erfahrungen mit den Blockadeaktionen am Vormittag und aus der von der Kampagne „X-tausendmal quer - überall“ generell im Zusammenhang mit dem Castortransport verfolgten Strategie geschlossen werden können.
15 
Es sei auch nicht gegen die Verpflichtung zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung verstoßen worden. Schon im Hinblick auf die §§ 46 OWiG, 163 c Abs. 1 StPO sei noch vor 12.00 Uhr erfolglos versucht worden, einen zuständigen Richter beim Amtsgericht xxx zu erreichen. Wegen der zwischenzeitlich erfolgten Ingewahrsamnahme nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG sei um 15.15 Uhr erneut Kontakt mit dem Amtsgericht xxx-xxx aufgenommen worden. Der im Amtsgericht noch anwesende Amtsgerichtsdirektor xxx habe aber letztlich erst um 15.38 Uhr umfassend über die Ingewahrsamnahme informiert werden können, weil er zuvor noch einen Sitzungstermin wahrgenommen habe. Währenddessen habe sich die Situation entspannt. Ab etwa 15.00 Uhr seien erste Abwanderungsbewegungen festgestellt worden. In weiteren Gesprächen sei unverkennbar eine vorherrschende Aufbruchstimmung wahrnehmbar gewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt habe bei den in Gewahrsam genommenen Personen keine Bereitschaft bestanden, die umgehende Abreise zuzusichern. Dies habe sich erst nach Einschaltung einer Aktivistin (xxx xxx) als Vermittlerin geändert. Nachdem ihr eine Kontaktaufnahme mit den in Gewahrsam Genommenen gestattet worden sei, habe sie gegenüber dem Polizeiführer erklärt, dass man nach der Entlassung aus dem Gewahrsam lediglich noch eine Abschlusskundgebung auf dem Marktplatz von xxx durchzuführen beabsichtige. Der Gewahrsam sei dann um 16.45 Uhr aufgehoben worden. Dass ein Richter beim Amtsgericht xxx wegen anderer Dienstgeschäfte nicht sofort greifbar gewesen sei, liege in der Natur der Aufgabenstellung des Richters und sei unvermeidbar. Auch der Umstand, dass Amtsgerichtsdirektor xxx letztendlich bewusst keine Entscheidung über die Ingewahrsamnahme des Klägers getroffen habe, sei nicht zu beanstanden. Die von dem zuständigen Richter nach Unterrichtung durch die Polizei getroffene Prognose, dass insbesondere aufgrund des Erfordernisses der Anhörung eine richterliche Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes der Ingewahrsamnahme ergehen würde, sei nachvollziehbar und vertretbar gewesen. Soweit sich die Klage auf die vom Richter getroffene formlose „Verfahrensentscheidung“ erstrecke, mit Rücksicht auf das absehbare Ende der Gewahrsamnahme keine förmliche Sachentscheidung zu treffen, sei auch insoweit der Verwaltungsrechtsweg ausgeschlossen, weil eine Entscheidung des Gerichts im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 4 PolG ergangen sei.
16 
Dem Senat liegen die einschlägigen Behörden- und Gerichtsakten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die im Berufungszulassungs- und Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
18 
Die - nach Zulassung statthafte und auch sonst zulässige - Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige (I.) Klage zu Recht abgewiesen. Denn der am 18.10.2000 angeordnete Gewahrsam des Klägers war rechtmäßig und verletzte diesen nicht in seinen Rechten (II.).
I.
19 
Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 Abs. 1 VwGO hat der Senat nicht mehr zu prüfen. Hat das erstinstanzliche Gericht - wie im vorliegenden Fall - den zu ihm beschrittenen Rechtsweg bejaht und in der Hauptsache entschieden, ist das Berufungsgericht gemäß § 17 a Abs. 5 GVG grundsätzlich gehindert, die Rechtswegfrage inhaltlich zu überprüfen. Zwar ist die Bestimmung des § 17 a Abs. 5 GVG nicht anwendbar, wenn das Verwaltungsgericht unter Verstoß gegen § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG nicht vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs befunden hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.1.1994 - 7 B 198.93 -, Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 268; Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, 9. Ergänzungslieferung 2003, § 17 a GVG RdNrn. 46, 28 f.). Hier war eine Vorabentscheidung des Verwaltungsgerichts indes nicht geboten, weil der Beklagte die Zulässigkeit des Rechtswegs im erstinstanzlichen Verfahren nicht gerügt hatte (vgl. § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG). Bei dieser prozessrechtlichen Lage ist der Senat gehindert, über die vom Beklagten erstmals im Berufungsverfahren erhobenen Rechtswegrügen zu befinden.
20 
Mit seinem im Berufungsverfahren weiterverfolgten Klagantrag begehrt der Kläger die Feststellung, dass der am 18.10.2000 angeordnete, durch die noch am selben Tage um 16.45 Uhr erfolgte Freilassung erledigte Gewahrsam rechtswidrig war. Dass dieses Begehren in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig ist, hat das Verwaltungsgericht in zutreffender Weise festgestellt (vgl. S. 7 des Entscheidungsabdrucks).
II.
21 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch angenommen, dass die Klage unbegründet ist. Denn der am 28.10.2000 erfolgte Gewahrsam des Klägers war rechtmäßig und verletzte diesen daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Dies hat das Verwaltungsgericht mit im Wesentlichen zutreffender Begründung festgestellt. Der Senat nimmt deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (S. 7 bis 15 des Entscheidungsabdrucks; vgl. § 130 b Satz 2 VwGO). Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
22 
Der Kläger wendet sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, Rechtsgrundlage für die Ingewahrsamnahme in der Zeit von 11.00 bis 13.30 Uhr sei § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO gewesen. Er macht geltend, die Demonstranten seien nicht zur Feststellung ihrer Personalien, sondern aus Gründen der Gefahrenabwehr in Gewahrsam genommen worden. Dieser Einwand, dessen Prüfung dem Senat im Hinblick auf § 17 Abs. 2 GVG nicht verwehrt ist, verfängt nicht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Vertreter des beklagten Landes unwidersprochen angegeben, dass die Ingewahrsamnahme zunächst dem Zweck gedient habe, gegen die Aktivisten Anzeigen wegen des Verstoßes gegen § 29 VersG zu fertigen (S. 2 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.6.2002, S. 175 der VG-Akte). Bestätigt wird diese Angabe durch die von dem Beklagten vorgelegten Akten aus dem ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungsverfahren sowie die im Berufungsverfahren vorgelegte Stellungnahme des EKHK xxx vom 23.10.2003 (Anlage 4 zum Schriftsatz vom 8.12.2003, S. 109 f. der VGH-Akte). Dort heißt es u.a.:
23 
„1. Am 18.10.2000 war ich innerhalb des Abschnittes „Strafverfolgung“ als Leiter des Unterabschnittes (UA) „Ermittlungen“ eingesetzt. In der Zeit zwischen 10.45 und 11.45 Uhr wurden dem Abschnitt „Strafverfolgung“ sukzessive mehr als 100 Demonstranten überstellt. Sämtliche Personen gelangten zunächst zum UA „Gefangenensammelstelle“, wo ihre Identität festgestellt und in Einzelfällen überprüft wurde. Gleichzeitig wurden den Personen mitgeführte Gegenstände abgenommen und in gesonderten Räumen verwahrt. Hierzu war es notwendig, sämtliche Gegenstände im Detail in einem Verzeichnis zu erfassen. Nach Erledigung dieses äußerst zeitaufwendigen Prozedere wurde den Personen von Beamten des UA „Ermittlungen“ die Straftat bzw. Ordnungswidrigkeit, derer sie verdächtig waren, eröffnet.
24 
Nach Abschluss der strafprozessualen Maßnahmen wurde den Personen ihre polizeirechtliche Gewahrsamnahme eröffnet und sie wurden in die dafür vorgesehenen Räumlichkeiten verbracht.
25 
2. Den teilweise noch vorhandenen Listen des UA „Gefangenensammelstelle“ ist zu entnehmen, dass xxx xxx mit einer Gruppe von mindestens 17 Personen beim UA „Gefangenensammelstelle“ gegen 11.00 Uhr eintraf und um 13.40 Uhr belehrt wurde. Demnach erfolgte seine polizeirechtliche Gewahrsamnahme kurz nach 13.40 Uhr.“
26 
Diese konkrete und detaillierte Darstellung ist vom Kläger im Berufungsverfahren nicht in Frage gestellt worden. Für ihre Richtigkeit sprechen die Ausführungen des Klägers in seinem Gedächtnisprotokoll vom 21.10.2002 (S. 121 ff. der VG-Akte). Dort heißt es u.a.:
27 
„Um ca. 13.30 Uhr erfolgt die Ankündigung, dass die Behandlung der einzelnen Personen ab sofort verkürzt stattfindet. Kurz danach bin ich an der Reihe. Ich darf mein Gepäck wieder an mich nehmen, werde im Flur des Gebäudes mit einer Polaroid-Kamera fotografiert und anschließend in ein Büro geführt. Dort erfolgt eine Belehrung über die Ordnungswidrigkeit „Teilnahme an einer nicht angemeldeten Demonstration“. Ich mache keine Aussage, sondern gebe nur meine Personalien an. ...“
28 
Vor diesem Hintergrund hat der Senat keine Zweifel daran, dass der Gewahrsam des Klägers bis etwa 13.40 Uhr der Durchführung des ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungsverfahrens diente und deshalb durch § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO gedeckt war. Selbst wenn mit dem Gewahrsam bereits am Vormittag zugleich auch präventive Zwecke verfolgt worden sein sollten, könnte der Kläger hieraus für sein Begehren nichts herleiten. Denn für die Qualifizierung einer sogenannten doppelfunktionalen Maßnahme der Polizei kommt es zum einen auf das Schwergewicht des polizeilichen Handelns und zum anderen auf den damit verbundenen Zweck an (Senatsurteil vom  16.5.1988, VBlBW 1989, 16, 17; Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 5. Aufl., RdNr. 189 ff.). Soweit der Grund des polizeilichen Handelns dabei dem Betroffenen nicht bereits unmittelbar selbst von der Polizei genannt wurde, ist für die Abgrenzung der Aufgabengebiete maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (Senatsurteil vom 16.5.1988, a.a.O.). Auch hieran gemessen greift der Einwand des Klägers nicht durch. Auf der Grundlage der oben erwähnten Unterlagen geht der Senat davon aus, dass sich der Gewahrsam bis 13.40 Uhr jedenfalls seinem Schwerpunkt nach für einen verständigen Bürger in der Lage des Klägers als Maßnahme zur Aufklärung und Ahndung der zuvor begangenen Ordnungswidrigkeiten darstellte.
29 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auch festgestellt, dass im Hinblick auf den nach Abschluss der Personenfeststellung aufrechterhaltenen Gewahrsam des Klägers die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG vorlagen (S. 8 ff. des Entscheidungsabdrucks). Nach dieser Vorschrift kann die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn auf andere Weise eine unmittelbar bevorstehende erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht verhindert oder eine bereits eingetretene erhebliche Störung nicht beseitigt werden kann.
30 
Das Verwaltungsgericht hat angenommen, eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung sei nicht allein anzunehmen, wenn die Gefahr der Begehung von Straftaten drohe. Vielmehr könne auch das Bevorstehen von Ordnungswidrigkeiten eine Ingewahrsamnahme nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG rechtfertigen, wenn diese zu umfangreichen und intensiven Störungen führen könnten. Diese Auffassung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Ihr steht insbesondere Bundesrecht nicht entgegen. Die Regelungen des Ordnungswidrigkeitengesetzes, die insbesondere eine Verhaftung und vorläufige Festnahme zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ausschließen (vgl. § 46 Abs. 3 S. 1 OWiG), hindern diese Interpretation nicht. Denn durch das bundesrechtliche Absehen von repressiven Maßnahmen im Rahmen der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten wird die Möglichkeit der Anordnung präventiv-polizeilichen Gewahrsams zur Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten nicht ausgeschlossen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 2.8.1990, NVwZ 1991, 664, 665).
31 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist in dieser Auslegung auch kein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der kraft gesetzlicher Übernahme im Range eines Bundesgesetzes geltenden (vgl. BVerfGE 74, 358, 370) Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - vom 4.11.1950 (BGBl. 1952 II S. 685) in der ab 1.1.1998 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 17.5.2002 (BGBl. II S. 1055) zu sehen. Nach dieser Bestimmung ist eine Freiheitsentziehung u.a. dann zulässig, wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, den Betreffenden an der Begehung einer „strafbaren Handlung“ zu hindern. Aus dem Umstand, dass Ordnungswidrigkeiten nicht erwähnt sind, kann nicht der Schluss gezogen werden, die Vorschrift lasse die Ingewahrsamnahme nur zur Verhinderung von mit Kriminalstrafe bedrohten Handlungen zu (so aber Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 3. Aufl., Abschnitt F RdNr. 501 m.w.N.). Dafür, den Begriff der „strafbaren Handlung“ in einem umfassenden, auch Ordnungswidrigkeiten einschließenden Sinne zu verstehen, spricht zunächst der Wortlaut der Bestimmung in der authentischen englischen und französischen Vertragssprache (vgl. die Schlussklausel nach Art. 59 EMRK). Denn die dort verwendeten Begriffe „offence“ und „infraction“ sind den in diesem Zusammenhang naheliegenden Begriffen „crime“ und „délite“ vorgezogen worden, was darauf hindeutet, dass sie als Oberbegriffe Tatbestände sowohl des Kriminalstraf- wie des Ordnungswidrigkeitenrechts umfassen sollten (vgl. Herzog, AöR 1961, 86. Band , S. 194, 221 f.; SächsVerfGH, Urteil vom 14.5.1996, LKV 1996, 273, 276). Auch vor diesem Hintergrund ist nicht anzunehmen, die Vertragsstaaten hätten sich so weit binden wollen, dass in einem Staat präventiv-polizeilicher Gewahrsam ausgeschlossen sein sollte, wenn dieser das zu verhindernde Unrecht nur unter die Sanktion einer Geldbuße und nicht einer Kriminalstrafe gestellt hat. Denn zum einen kann diese Einordnung in den einzelnen Staaten für dasselbe Unrecht unterschiedlich sein (vgl. BayVerfGH, a.a.O., S. 665; VG Schleswig, Urteil vom 15.6.1999, NJW 2000, 970, 971). Vor allem aber ist in Rechnung zu stellen, dass der Staat das Mittel des Gewahrsams hier zum Zwecke wirksamer Gefahrenabwehr einsetzt. Für die Erfüllung dieses Zwecks ist es nicht von entscheidender Bedeutung, welche Sanktion das Gesetz für denjenigen vorsieht, der einen Gesetzesverstoß begangen hat, zumal sich dies aus rechtspolitischen Gründen ändern kann (vgl. VG Schleswig, a.a.O.). Maßgeblich ist vielmehr, welche Gefahr für ein geschütztes Rechtsgut aufgrund dieser Handlung droht. Im Einklang mit der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum geht der Senat deshalb davon aus, dass Art. 5 Abs. 1 Buchst. c EMRK auch die Freiheitsentziehung zur Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten zulässt, wenn diese mit erheblichen Gefahren für ein geschütztes Rechtsgut verbunden sind (vgl. SächsVerfGH, a.a.O., S. 276; BayVerfGH, a.a.O., S. 665; VG Schleswig, a.a.O., S. 971; Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 5. Aufl., § 28 RdNr. 10; Würtenberger/Heckmann/Riggert, a.a.O., RdNr. 358; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 13. Aufl., RdNr. 295; vgl. auch Frowein-Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Aufl., Art. 5 RdNr. 72 m.w.N.). Dass dieser Auslegung die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entgegenstünde, ist weder vorgetragen worden noch sonst für den Senat ersichtlich.
32 
Ob die Auffassung, dass präventiv-polizeilicher Gewahrsam bundesrechtlich zur Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten der genannten Art nicht verboten sei, auch auf Art. 5 Abs. 1 Buchst. b EMRK gestützt werden könnte (vgl.   BayVerfGH, a.a.O.), kann deshalb dahinstehen.
33 
Vor diesem Hintergrund kann der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht auch offen lassen, ob die vom Kläger durchgeführten Blockadeaktionen den Tatbestand der Nötigung gemäß § 240 StGB erfüllt haben (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001, BVerfGE 104, 92) und die Ingewahrsamnahme somit auch zur Verhinderung einer Straftat im Sinne des Strafgesetzbuchs erfolgte.
34 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ferner festgestellt, dass die Prognose der polizeilichen Einsatzleitung, dass die Begehung von Ordnungswidrigkeiten, die zu umfangreichen und intensiven Störungen hätten führen können, unmittelbar bevorgestanden habe, aufgrund des vorherigen Verhaltens des Klägers gerechtfertigt war.
35 
Der Kläger hatte durch die Teilnahme an den Sitzblockaden auf der L 555 in Richtung Industriegleis in der Zeit von 7.30 bis 8.40 Uhr und später (9.35 Uhr) auf der Brücke zur Rheinschanzinsel innerhalb eines kurzen Zeitraums wiederholt Ordnungswidrigkeiten nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 VersG begangen, da er sich nach der Auflösung der Demonstrationen durch die Versammlungsbehörde nicht unverzüglich entfernt hat. In seinem Verhalten ist ferner ein wiederholter Verstoß gegen straßenverkehrsrechtliche Verhaltenspflichten (vgl. §§ 1 Abs. 2, 25 Abs. 1 StVO) sowie eine wiederholte unerlaubte Sondernutzung einer öffentlichen Straße gemäß § 16 Abs. 1 StrG zu sehen, was beides ebenfalls den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit begründet (§ 49 Abs. 1 Nr. 24 Buchst. a StVO sowie § 54 Abs. 1 Nr. 1 StrG). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch die Erheblichkeit dieser Störungen im Sinne des § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG bejaht. Denn da mit der Blockade der Hauptzufahrtswege zum Kernkraftwerk xxx in einem Stör- bzw. Notfall etwa auch Rettungsfahrzeuge bzw. Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr, der Polizei oder des Technischen Hilfswerks nicht mehr zum Kernkraftwerk hätten gelangen können, wurden insoweit Gefahren für hochrangige Rechtsgüter (vgl. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) heraufbeschworen.
36 
Angesichts des konkreten Verhaltens des Klägers einschließlich der gesamten Umstände der am 28.10.2000 durchgeführten Aktionen der Kernkraftgegner - die Blockade der L 555 auf der Brücke zur Rheinschanzinsel war bereits die dritte Aktion dieser Art an diesem Vormittag - durfte der Polizeivollzugsdienst auch davon ausgehen, der Kläger würde im Anschluss an die Räumung der Straße bei der Brücke zur Rheinschanzinsel erneut an anderer Stelle die Fahrbahn blockieren und damit würde eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit im Sinne des § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG unmittelbar bevorstehen.
37 
Nicht einmal ansatzweise in Frage gestellt wird diese Beurteilung durch die im Berufungsverfahren erhobenen Einwände des Klägers. Auf der Grundlage der dem Senat vorliegenden Unterlagen bestehen keinerlei Zweifel daran, dass der Kläger sowohl an der Sitzblockade der L 555 an der Straßenbrücke über den Pfinzkanal als auch an der Sitzblockade im Bereich der Brücke zur Rheinschanzinsel teilgenommen hat und beide Male seiner Entfernungspflicht aus § 13 Abs. 2 VersG nicht nachgekommen ist. In beiden Fällen wurden die auf der Fahrbahn sitzenden Personen mehrfach zum Verlassen der Fahrbahn aufgefordert und auf die Rechtsfolgen hingewiesen, die eine Nichtbeachtung nach sich ziehen würde (vgl. den Auszug aus dem Einsatzkalender des Polizeipräsidiums xxx, S. 65 ff. der VG-Akte). Während ein (kleiner) Teil der Demonstranten den Aufforderungen offenbar nachkam (Auszug aus dem Einsatzkalender, S. 67, 69 der VG-Akte), weigerte sich der größere Teil, zu dem auch der Kläger gehörte, die Fahrbahn zu verlassen. Im ersten Fall ist der Kläger von Polizeikräften auf das angrenzende Wiesengelände abgedrängt worden, im zweiten Fall musste er unter Anwendung unmittelbaren Zwangs von der Fahrbahn getragen werden. Letzteres wird durch die von der Polizei hergestellten und in den Akten dokumentierten Videoaufnahmen eindeutig belegt. Bereits durch dieses konkrete Verhalten hat der Kläger gezeigt, dass er die Fahrbahn der L 555 blockieren wollte und sich dabei bewusst war, damit auch das Kernkraftwerk xxx zu blockieren. Hierfür spricht insbesondere auch, dass sich das Verhalten des Klägers ohne weiteres in die allgemeine Strategie der Kernkraftgegner eingefügt hat. Nach den vom Beklagten gesammelten, vom Kläger nicht in Frage gestellten Erkenntnismitteln war es Teil der Strategie der Kernkraftgegner, die Zufahrtsstraßen zum Kernkraftwerk zu blockieren (vgl. hierzu die Darstellungen im Schriftsatz des Beklagten vom 8.12.2003, S. 6 bis 10, VGH-Akte S. 83 - 91, sowie in dem im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Schriftsatz vom 20.2.2002, S. 2 und 3, S. 135 f. der VG-Akte). Besonders deutlich zum Ausdruck kommt diese Strategie in einer Nachbetrachtung, die die „SprecherInnenrats-Moderatorin“ xxx xxx in dem Rundbrief Nr. 10 der Anti-Atomkraftgruppierung „X-tausendmal quer - überall“ angestellt hat. Dort heißt es:
38 
„Der legendär kürzeste Rat war dann am Mittwochmorgen (Anmerkung: 18.10.2000) um 7.00 Uhr, als es hieß, dass eine Gruppe, die auf der Straße, die wir für unsere Blockade ausgewählt hatten, eingekesselt sei und damit auch blockiere. Es war klar, alle wollten jetzt was machen und nicht mehr ewig Bedenken austauschen und so wurde einfach der naheliegendste Vorschlag angenommen: Die andere Straße zu blockieren. Gesagt, getan und so lief es auch den Tag über weiter ...“
39 
Auch das Amtsgericht Bruchsal hat in dem in erster Instanz vorgelegten Urteil vom 7.9.2001 in einer Bußgeldsache gegen einen Teilnehmer der Blockadeaktion keinerlei Zweifel daran gelassen, dass die Demonstranten zur Erreichung ihres Ziels die Zufahrtswege zum Kernkraftwerk xxx blockieren wollten (S. 7 des Entscheidungsabdrucks, S. 163 der VG-Akte). Vor diesem Hintergrund erweist sich die Einlassung des Klägers, eine Blockade des Kernkraftwerks sei von ihm nicht beabsichtigt gewesen, als nicht nachvollziehbar und unglaubhaft.
40 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Polizeivollzugsdienst auch für den Zeitraum von 13.40 Uhr bis zur Freilassung um 16.45 Uhr zu Recht von der Erforderlichkeit der Aufrechterhaltung des polizeilichen Gewahrsams ausgegangen. Denn auch noch in diesem Zeitraum konnte der Polizeivollzugsdienst bei der gebotenen ex-ante-Betrachtung davon ausgehen, dass es sehr wahrscheinlich war, dass es bei einer Freilassung der in der xxx-Kaserne festgehaltenen Personen - und damit auch des Klägers - alsbald zu erneuten Blockadeaktionen kommen würde. Hierfür spricht zunächst die Darstellung des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hinsichtlich der sich am Nachmittag des 18.10.2000 bietenden Gefahrenlage. Danach hätte eine Freilassung der festgehaltenen Personen die Gefahr in sich geborgen, dass sich die freigelassenen mit den vor der Kaserne befindlichen Personen verbünden und es erneut zu Blockadeaktionen kommen würde (wird weiter ausgeführt, S. 2 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, S. 175 der VG-Akte). Dieser Darstellung ist der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Im Kern bestätigt wird sie durch einen im Internet veröffentlichten Bericht der Aktivistin xxx xxx über die Situation an diesem Nachmittag. Diese hatte sich als Vermittlerin zwischen der Polizeiführung und den in Gewahrsam genommenen Aktivisten zur Verfügung gestellt. Ihr Bericht enthält deutliche Hinweise darauf, dass die Inhaftierten den Vorschlag der Polizei, sie gruppenweise freizulassen gegen die Zusicherung, ohne weitere Aktionen abzureisen, jedenfalls zunächst nicht akzeptieren wollten. So heißt es dort hinsichtlich der festgehaltenen Aktivisten:
41 
„Die meisten wollten wirklich bald nach Hause, aber die Forderung “keine weiteren Aktionen“ will die Gruppe dann doch so pauschal nicht annehmen“ (vgl. S. 115 der VG-Akte; vgl. auch S. 3 des Gedächtnisprotokolls des Klägers vom 21.10.2000, S. 125 der VG-Akte: „Die Gruppe, die bereits vor uns da war, berichtet uns über einen „Kuhhandel“, den uns die Polizei anbietet: ... “).
42 
Bei dieser Sachlage und unter Einbeziehung der wiederholten Blockadeaktionen am Vormittag konnte der Polizeivollzugsdienst auch noch am Nachmittag des 18.10.2000 bis gegen 16.45 Uhr von einer hohen Wahrscheinlichkeit weiterer Blockadeaktionen jedenfalls der in Gewahrsam Genommenen und damit auch des Klägers im Falle der Freilassung ausgehen.
43 
Nach alledem kann die Gefahrenprognose des Beklagten nicht beanstandet werden. Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Beklagte diese nicht allein darauf gestützt, dass die in Gewahrsam genommenen Demonstranten keine Zusicherung abgegeben hätten, unmittelbar die Abreise anzutreten. Dies zeigt im Übrigen auch die weitere Vorgehensweise des polizeilichen Einsatzleiters. Dieser hatte der Aktivistin xxx den notwendigen Freiraum für Vermittlungsgespräche mit den in Gewahrsam Genommenen eingeräumt und - nachdem sich diese jedenfalls der Sache nach mit dem Verzicht auf weitere Blockadeaktionen einverstanden erklärt hatten - dem Kompromiss zugestimmt, dass der Gewahrsam aufgehoben wird und die Freigelassenen erst nach Durchführung einer Abschlusskundgebung auf dem Marktplatz in xxx die Heimreise antreten.
44 
Der Gewahrsam des Klägers war auch nicht wegen Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung rechtswidrig.
45 
Gemäß Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG hat über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung nur der Richter zu entscheiden. Die Freiheitsentziehung setzt danach grundsätzlich eine vorherige richterliche Anordnung voraus. Eine nachträgliche richterliche Entscheidung, deren Zulässigkeit in Ausnahmefällen Art. 104 Abs. 2 GG voraussetzt, genügt nur, wenn der mit der Freiheitsentziehung verfolgte verfassungsrechtlich zulässige Zweck nicht erreichbar wäre, sofern der Festnahme die richterliche Entscheidung vorausgehen müsste. Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG fordert dann, die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen (vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 15.5.2002, BVerfGE 105, 239, 248 f. m.w.N.). Diese Verpflichtung wird in § 163 c Abs. 1 Satz 2 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG für die Festhaltung zu Zwecken der Identitätsfeststellung im Rahmen des ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungsverfahrens und in § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG für die polizeirechtliche Ingewahrsamnahme zum Zwecke der Gefahrenabwehr einfachrechtlich nachvollzogen.
46 
Das Merkmal der „Unverzüglichkeit“ im Sinne des Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG ist dahin auszulegen, dass die richterliche Entscheidung ohne jede Verzögerung, die sich nicht aus sachlichen Gründen rechtfertigen lässt, nachgeholt werden muss (vgl. BVerfGE 105, 239, 249 m.w.N.). Nicht vermeidbar sind z.B. die Verzögerungen, die durch die Länge des Weges, Schwierigkeiten beim Transport, die notwendige Registrierung und Protokollierung, ein renitentes Verhalten des Festgenommenen oder vergleichbare Umstände bedingt sind. Die fehlende Möglichkeit, einen Richter zu erreichen, kann angesichts der verfassungsrechtlichen Verpflichtung des Staates, der Bedeutung des Richtervorbehalts durch geeignete organisatorische Maßnahmen Rechnung zu tragen, nicht ohne weiteres als unvermeidbares Hindernis für die unverzügliche Nachholung der richterlichen Entscheidung gelten (vgl. BVerfGE 105, 239, 249; 103, 142, 151 ff., 156).
47 
Eine Ausnahme von der in Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG verankerten Pflicht zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung wird allgemein angenommen, wenn eine Prognose ergibt, dass eine richterliche Entscheidung erst ergehen kann, wenn der Grund für den Gewahrsam wieder weggefallen ist; andernfalls würde die Regelung zu einer mit ihrem Rechtsschutzzweck nicht zu vereinbarenden Verlängerung der Freiheitsentziehung führen (vgl. Gusy, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz, Kommentar, Band 3, 4. Aufl., Art. 104 RdNr. 55; Rüping, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 3, 4. Aufl., Art. 104 RdNr. 63; Degenhart, in: Sachs, Grundgesetz, 3. Aufl., Art. 104 RdNr. 36). Demgemäß sieht § 163 c Abs. 1 Satz 2 StPO, § 46 Abs. Abs. 1 OWiG eine Ausnahme von der Pflicht zur Vorführung vor, wenn die Herbeiführung der richterlichen Entscheidung voraussichtlich längere Zeit in Anspruch nehmen würde, als zur Feststellung der Identität notwendig wäre. Entsprechendes gilt für den polizeirechtlichen Gewahrsam: Mit Blick auf § 28 Abs. 3 Satz 1 PolG, wonach der Gewahrsam aufzuheben ist, sobald sein Zweck erreicht ist, ist eine richterliche Entscheidung nicht einzuholen oder abzuwarten, wenn dadurch die Dauer des Gewahrsams verlängert würde (vgl. Wolf/Stephan, a.a.O., § 28 RdNr. 36; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 28 RdNr. 21; Würtenberger/Heckmann/Riggert, a.a.O., RdNr. 363). Diese Einschränkung der Verpflichtung zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken; das Bundesverfassungsgericht hebt allerdings die an die in diesem Zusammenhang gebotene Prognose zu stellenden Anforderungen hervor (vgl. BVerfGE 105, 239, 251; Rabe v. Kühlewein, DVBl. 2002, 1545, 1546).
48 
An diesem Maßstab gemessen lässt sich hier ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung nicht feststellen.
49 
Ohne Erfolg bleibt die Rüge des Klägers, es hätte ohne weiteres bereits vor der Ingewahrsamnahme eine richterliche Entscheidung des Amtsgerichts herbeigeführt werden können und müssen. Die Festnahme und Verbringung der Demonstranten und damit des Klägers zur xxx-Kaserne um 11.00 Uhr erfolgte unmittelbar im Anschluss an die wiederholte Begehung von Ordnungswidrigkeiten, die mit erheblichen Gefahren für hochrangige Rechtsgüter verbunden waren (siehe oben S. 16 f.). Wie dargelegt, diente die Ingewahrsamnahme jedenfalls ihrem Schwerpunkt nach zunächst der Durchführung von Maßnahmen zur Identitätsfeststellung im Rahmen des ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Insoweit musste die vorherige Einschaltung eines Richters bereits aus tatsächlichen Gründen ausscheiden. Hätte die Polizei die unmittelbar im Zusammenhang mit der Sitzblockade der L 555 im Bereich der Brücke zur Rheinschanzinsel festgenommenen über 110 Personen nicht in Gewahrsam genommen, sondern diese bis zur Entscheidung eines Richters zunächst auf freiem Fuß gelassen, hätte eine hohe Wahrscheinlichkeit bestanden, dass sich diese Personen einer Identitätsfeststellung entzogen hätten und somit der Zweck der Maßnahme vereitelt worden wäre. Dies rechtfertigte den Verzicht auf eine vorherige richterliche Anordnung.
50 
Aber auch soweit von der Herbeiführung einer nachträglichen richterlichen Entscheidung abgesehen wurde, begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts war von Seiten der polizeilichen Einsatzleitung zunächst beabsichtigt gewesen, die in Gewahrsam genommenen Personen nach Abschluss der Personenfeststellung (d.h. nach 14.00 Uhr) im Laufe der nächsten Stunde freizulassen, da man davon ausgegangen war, dass die Demonstranten alsdann die Heimreise antreten würden (S. 13 des Entscheidungsabdrucks). Diese Feststellung ist vom Kläger im Berufungsverfahren nicht in Zweifel gezogen worden. Bei dieser Sachlage erweist sich der Verzicht auf eine richterliche Entscheidung zum damaligen Zeitpunkt durch die Prognose gerechtfertigt, dass die Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung die Dauer des Gewahrsams aller Voraussicht nach verlängert hätte (§ 163 c Abs. 1 Satz 2, § 46 OWiG). Insbesondere mit Blick darauf, dass die herbeizuführende richterliche Entscheidung zur Gewährung rechtlichen Gehörs grundsätzlich die Anhörung sämtlicher (über 110) im Gewahrsam befindlicher Personen vorausgesetzt hätte (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 47. Auf., § 163 c RdNr. 11), konnte die Polizei davon ausgehen, dass eine richterliche Entscheidung erst nach der im Anschluss an die Maßnahmen zur Identitätsfeststellung vorgesehene Freilassung ergehen könnte. Dies würde entgegen der Auffassung des Klägers selbst dann gelten, wenn die polizeiliche Einsatzleitung die Freilassung tatsächlich erst eine Stunde nach Abschluss der Personalienfeststellung beabsichtigt gehabt hätte. Denn auch in diesem Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine richterliche Entscheidung hinsichtlich aller festgehaltenen Personen vor dem für die Freilassung vorgesehenen Zeitpunkt hätte ergehen können.
51 
Die Verpflichtung zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung (§ 28 Abs. 3 Satz 3 PolG, Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG) wurde auch nicht verletzt, als es im weiteren Verlauf des Nachmittags nicht zu einer richterlichen Entscheidung über die Aufrechterhaltung des nunmehr ausschließlich nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG zu beurteilenden Gewahrsams kam. Insoweit hatte sich nach den überzeugenden, im Berufungsverfahren nicht substantiiert angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts die Situation entscheidend verändert, als sich die polizeiliche Einsatzleitung auf der Grundlage von Gesprächen mit den in Gewahrsam Genommenen entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nunmehr an einer Freilassung gehindert sah, weil trotz vereinzelt festgestellter Abreiseaktivitäten außerhalb der xxx-Kaserne bei den in Gewahrsam genommenen Personen Anhaltspunkte für die Bereitschaft zu erneuten Sitzblockaden bestand (vgl. bereits oben S. 18 f.). Damit war die Frage, ob das Gebot nach § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG und Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt wurde, nach der sich zu diesem Zeitpunkt ergebenden Erkenntnislage zu beurteilen.
52 
Ausgehend hiervon haben die Beamten des Polizeivollzugsdienstes des Beklagten durch die nunmehr unternommenen Anstrengungen, eine richterliche Entscheidung des Amtsgerichts xxx herbeizuführen, insbesondere durch die um 15.38 Uhr erfolgte telefonische Information des Direktors des Amtsgerichts xxx, noch unverzüglich im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG, Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG gehandelt.
53 
Nach Auffassung des Senats genügt die Polizei dem Gebot zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung grundsätzlich dadurch, dass sie die Sache beim zuständigen Amtsgericht anhängig macht, d.h. dem Gericht den Sachverhalt vorträgt mit der Bitte um Entscheidung über die Fortdauer der Freiheitsentziehung (vgl. OVG Münster, Urteil vom 3.11.1989, NJW 1990, S. 3224 f.). Mit Blick auf die in diesen Fällen regelmäßig gegebene besondere Eilbedürftigkeit erscheint dem Senat ein formeller schriftlicher Antrag entbehrlich, soweit das Anhängigmachen des Begehrens in den Akten in verlässlicher Weise dokumentiert ist und die Identität der in Gewahrsam Genommenen jedenfalls anhand der Akten festgestellt werden kann. Dies gilt auch mit Blick darauf, dass es dem Gericht obliegt, von Amts wegen die für seine Entscheidung erheblichen Tatsachen zu ermitteln (§ 28 Abs. 4 Satz 2 PolG i.V.m. § 12 FGG; vgl. Wolf/Stephan, a.a.O., § 28 RdNr. 41).
54 
Nach diesen Grundsätzen kann die Vorgehensweise der polizeilichen Einsatzleitung nicht beanstandet werden. Insbesondere haben die Beamten des Polizeivollzugsdienstes ausweislich der dem Senat vorliegenden Akten den zuständigen Richter im Rahmen des um 15.38 Uhr erfolgten Telefonats in hinreichender Weise über die Umstände der Gewahrsamnahme informiert und um richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer des Gewahrsams ersucht (vgl. den Auszug aus dem Einsatzkalender des Polizeipräsidiums xxx, S. 72 der VG-Akte, sowie die Stellungnahme des KOR xxx vom 31.10.2003, Anlage 2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 8.12.2003, S. 103 f. der VGH-Akte).
55 
Dass Amtsgerichtsdirektor xxx nicht bereits bei dem Telefonat um 15.11 Uhr erreicht werden konnte, stellt die Unverzüglichkeit der Bemühungen des Polizeivollzugsdienstes nicht in Frage. Denn Grund dafür war, dass der allein noch am Amtsgericht xxx im Dienst befindliche Richter sich in einer Sitzung befand. Mithin handelte es sich um eine sachlich gerechtfertigte Verzögerung, die durch die Wahrnehmung anderweitiger, nicht ohne weiteres zu unterbrechender dienstlicher Verpflichtungen verursacht worden ist und deshalb nach den oben dargestellten Grundsätzen als „unvermeidbares Hindernis“ anzusehen ist. Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass es sich lediglich um eine kurzfristige Verzögerung (ca. 1/2 Stunde) gehandelt hat, der fragliche Richter sich noch im Dienst befand und auch grundsätzlich erreichbar war. Es war somit kein Fall gegeben, in dem die Erreichbarkeit eines zuständigen Richters bereits wegen Fehlens der gerichtsorganisatorischen Voraussetzungen nicht gewährleistet war (vgl. hierzu BVerfGE 105, 239, 249; 103, 142, 151 ff., 156).
56 
Die Tatsache, dass der Polizeivollzugsdienst die Sache noch unverzüglich beim Amtsgericht anhängig gemacht hat, bedeutet indes noch nicht, dass der Gewahrsam ab diesem Zeitpunkt keinen rechtlichen Bedenken mehr begegnete. Denn auch die weitere Sachbehandlung durch das Amtsgericht muss den Anforderungen des § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG, Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG genügen, insbesondere muss dessen Entscheidung grundsätzlich unverzüglich ergehen (vgl. Gusy, a.a.O., Art. 104 RdNr. 54; Rüping, a.a.O., RdNr. 69). Dass die Polizei nach dem Anhängigmachen der Sache beim Amtsgericht keine Einflussmöglichkeiten mehr auf das weitere Verfahren hat, ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts in diesem Zusammenhang für die Frage der Rechtmäßigkeit des Gewahrsams ohne Belang.
57 
Der Senat teilt nicht die Ansicht des Verwaltungsgerichts, diesem habe insoweit bereits die Überprüfungskompetenz gefehlt. Nach der gesetzlichen Regelung des § 28 Abs. 4 Satz 4 PolG ist eine Anwendbarkeit der Rechtsbehelfe der VwGO und damit eine Prüfungskompetenz der Verwaltungsgerichte erst ausgeschlossen, wenn eine Entscheidung des Amtsgerichts im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 4 PolG „ergangen“ ist (vgl. Senatsurteil vom 13.5.2004 - 1 S 2052/03 - m.w.N.). Dabei geht der Senat davon aus, dass es sich hierbei um eine Sachentscheidung über die Rechtmäßigkeit des Gewahrsams handeln muss und deshalb in der bloßen Ablehnung einer richterlichen Entscheidung durch den Richter des Amtsgerichts noch kein „Ergehen“ einer richterlichen Entscheidung im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 4 PolG gesehen werden kann (a.A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 3.11.1989, NJW 1990, 3224, 3225, mit Blick auf § 14 NRWPG a.F.). Vor dem Zeitpunkt des „Ergehens“ ist aber insbesondere auch mit Blick auf die Gewährleistung aus Art. 19 Abs. 4 GG eine umfassende Überprüfungskompetenz der Verwaltungsgerichte anzunehmen.
58 
Im vorliegenden Fall hat der zuständige Richter des Amtsgerichts xx-xxx zwar telefonisch mit einem Beamten der Einsatzleitung gesprochen, eine richterliche Entscheidung ist dabei aber nicht im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 4 PolG ergangen. Er hat vielmehr ausdrücklich derzeit von einer richterlichen Entscheidung abgesehen. Auch damit ist jedoch nicht gegen die Verpflichtung aus § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG, Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG verstoßen worden.
59 
Soweit der Direktor des Amtsgerichts xxx das Absehen von einer richterlichen Entscheidung allerdings damit begründet haben sollte, dass die Polizei die rechtliche Möglichkeit habe, die betreffenden Personen bis zum Ende des 19.10.2000, 24.00 Uhr, in Gewahrsam zu halten, und er deshalb (erst) mit einer Einzelanhörung beginnen werde, wenn die Polizei im Laufe des nächsten Tages die Absicht äußere, den Gewahrsam aufrechtzuerhalten (vgl. den Auszug aus dem Einsatzkalender, S. 72 der VG-Akte, sowie die Stellungnahme des KOR xxxxx, S. 103 der VGH-Akte), wäre diese Auffassung verfassungsrechtlich nicht haltbar. Denn die Nachholung der richterlichen Entscheidung ist auch dann nicht entbehrlich, wenn der Freiheitsentzug vor Ablauf der Frist des Art. 104 Abs. 2 Satz 3 GG endet. Diese Vorschrift setzt dem Festhalten einer Person ohne richterliche Entscheidung mit dem Ende des auf das Ergreifen folgenden Tages lediglich eine äußerste Grenze, befreit aber nicht von der Verpflichtung, eine solche Entscheidung unverzüglich herbeizuführen (BVerfG, Beschluss vom 15.5.2002, BVerfGE 105, 239, 249 m.w.N.).
60 
Auf der Grundlage der dem Senat vorliegenden Unterlagen ist jedoch davon auszugehen, dass Amtsgerichtsdirektor xxx seinen Entschluss, von einer richterlichen Entscheidung über den Gewahrsam noch am Nachmittag des 18.10.2000 abzusehen, jedenfalls auch auf die Einschätzung gestützt hat, dass dann, wenn die Inhaftierten noch am selben Tage in absehbarer Zeit freigelassen würden, die richterliche Entscheidung erst nach der Freilassung würde ergehen können. Diese Prognose ist geeignet, das Absehen von einer richterlichen Entscheidung und damit die Rechtmäßigkeit des Gewahrsams zu tragen.
61 
Wie dargelegt, kann die Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung unterbleiben, wenn anzunehmen ist, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes für den Polizeigewahrsam ergehen kann (oben S. 21 f.). Die insoweit gebotene Prognose erfordert einen Zeitvergleich hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer des polizeilichen Gewahrsams und des Zeitraums, der voraussichtlich für die Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung benötigt wird (vgl. Rachor, a.a.O., RdNr. 536). Grundlage der Prognose war die dem Richter von der Polizei um 15.38 Uhr im Rahmen des Telefonats vermittelte Lagebeurteilung (vgl. hierzu bereits oben S. 19 f.). Dabei wurde der Richter auch dahingehend unterrichtet, dass die Ingewahrsamnahme nach Einschätzung der Polizei vermutlich um 17.00 Uhr beendet sein würde, ein Ende also absehbar sei (vgl. die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.6.2002, S. 175 der VG-Akte). Für eine Freilassung in absehbarer Zukunft sprachen dabei insbesondere ab 15.00 Uhr festgestellte Abreiseaktivitäten der Kernkraftgegner außerhalb der Kaserne und die Tatsache, dass nach Einschätzung der Polizei die Wahrscheinlichkeit von Folgeaktionen „von Stunde zu Stunde geringer“ geworden sei (vgl. die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.6.2002, S. 175 der VG-Akte). Bei der Einschätzung des für die richterliche Entscheidung zu veranschlagenden Zeitaufwands war von entscheidender Bedeutung, dass der zuständige Richter die rechtlich nicht zu beanstandende Auffassung vertrat, eine Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Gewahrsams könne nur nach vorheriger persönlicher Anhörung der in Gewahrsam Genommenen ergehen (vgl. nur Gusy, a.a.O., Art. 104 RdNr. 50 m.w.N.; Degenhardt, a.a.O., Art. 104 RdNr. 38; vgl. auch Wolf/Stephan, a.a. O., § 28 RdNr. 41). Legt man zugrunde, dass hier über 110 Personen in Gewahrsam genommen waren und diese entweder dem im Gebäude des Amtsgerichts in xxx anwesenden Richter hätten vorgeführt werden müssen oder dieser sich noch in die - außerhalb von xxx-xxx gelegene - xxx-Kaserne hätte begeben müssen, erweist sich die Einschätzung des Richters, die Freilassung werde vor einer richterlichen Entscheidung erfolgen, jedenfalls als vertretbar. Diese Beurteilung wird durch den tatsächlichen Ablauf bestätigt. Denn die Freilassung des Klägers erfolgte bereits etwa eine Stunde nach dem Telefonat mit dem Direktor des Amtsgerichts.
62 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
63 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
17 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
18 
Die - nach Zulassung statthafte und auch sonst zulässige - Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige (I.) Klage zu Recht abgewiesen. Denn der am 18.10.2000 angeordnete Gewahrsam des Klägers war rechtmäßig und verletzte diesen nicht in seinen Rechten (II.).
I.
19 
Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 Abs. 1 VwGO hat der Senat nicht mehr zu prüfen. Hat das erstinstanzliche Gericht - wie im vorliegenden Fall - den zu ihm beschrittenen Rechtsweg bejaht und in der Hauptsache entschieden, ist das Berufungsgericht gemäß § 17 a Abs. 5 GVG grundsätzlich gehindert, die Rechtswegfrage inhaltlich zu überprüfen. Zwar ist die Bestimmung des § 17 a Abs. 5 GVG nicht anwendbar, wenn das Verwaltungsgericht unter Verstoß gegen § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG nicht vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs befunden hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.1.1994 - 7 B 198.93 -, Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 268; Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, 9. Ergänzungslieferung 2003, § 17 a GVG RdNrn. 46, 28 f.). Hier war eine Vorabentscheidung des Verwaltungsgerichts indes nicht geboten, weil der Beklagte die Zulässigkeit des Rechtswegs im erstinstanzlichen Verfahren nicht gerügt hatte (vgl. § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG). Bei dieser prozessrechtlichen Lage ist der Senat gehindert, über die vom Beklagten erstmals im Berufungsverfahren erhobenen Rechtswegrügen zu befinden.
20 
Mit seinem im Berufungsverfahren weiterverfolgten Klagantrag begehrt der Kläger die Feststellung, dass der am 18.10.2000 angeordnete, durch die noch am selben Tage um 16.45 Uhr erfolgte Freilassung erledigte Gewahrsam rechtswidrig war. Dass dieses Begehren in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig ist, hat das Verwaltungsgericht in zutreffender Weise festgestellt (vgl. S. 7 des Entscheidungsabdrucks).
II.
21 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch angenommen, dass die Klage unbegründet ist. Denn der am 28.10.2000 erfolgte Gewahrsam des Klägers war rechtmäßig und verletzte diesen daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Dies hat das Verwaltungsgericht mit im Wesentlichen zutreffender Begründung festgestellt. Der Senat nimmt deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (S. 7 bis 15 des Entscheidungsabdrucks; vgl. § 130 b Satz 2 VwGO). Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
22 
Der Kläger wendet sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, Rechtsgrundlage für die Ingewahrsamnahme in der Zeit von 11.00 bis 13.30 Uhr sei § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO gewesen. Er macht geltend, die Demonstranten seien nicht zur Feststellung ihrer Personalien, sondern aus Gründen der Gefahrenabwehr in Gewahrsam genommen worden. Dieser Einwand, dessen Prüfung dem Senat im Hinblick auf § 17 Abs. 2 GVG nicht verwehrt ist, verfängt nicht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Vertreter des beklagten Landes unwidersprochen angegeben, dass die Ingewahrsamnahme zunächst dem Zweck gedient habe, gegen die Aktivisten Anzeigen wegen des Verstoßes gegen § 29 VersG zu fertigen (S. 2 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.6.2002, S. 175 der VG-Akte). Bestätigt wird diese Angabe durch die von dem Beklagten vorgelegten Akten aus dem ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungsverfahren sowie die im Berufungsverfahren vorgelegte Stellungnahme des EKHK xxx vom 23.10.2003 (Anlage 4 zum Schriftsatz vom 8.12.2003, S. 109 f. der VGH-Akte). Dort heißt es u.a.:
23 
„1. Am 18.10.2000 war ich innerhalb des Abschnittes „Strafverfolgung“ als Leiter des Unterabschnittes (UA) „Ermittlungen“ eingesetzt. In der Zeit zwischen 10.45 und 11.45 Uhr wurden dem Abschnitt „Strafverfolgung“ sukzessive mehr als 100 Demonstranten überstellt. Sämtliche Personen gelangten zunächst zum UA „Gefangenensammelstelle“, wo ihre Identität festgestellt und in Einzelfällen überprüft wurde. Gleichzeitig wurden den Personen mitgeführte Gegenstände abgenommen und in gesonderten Räumen verwahrt. Hierzu war es notwendig, sämtliche Gegenstände im Detail in einem Verzeichnis zu erfassen. Nach Erledigung dieses äußerst zeitaufwendigen Prozedere wurde den Personen von Beamten des UA „Ermittlungen“ die Straftat bzw. Ordnungswidrigkeit, derer sie verdächtig waren, eröffnet.
24 
Nach Abschluss der strafprozessualen Maßnahmen wurde den Personen ihre polizeirechtliche Gewahrsamnahme eröffnet und sie wurden in die dafür vorgesehenen Räumlichkeiten verbracht.
25 
2. Den teilweise noch vorhandenen Listen des UA „Gefangenensammelstelle“ ist zu entnehmen, dass xxx xxx mit einer Gruppe von mindestens 17 Personen beim UA „Gefangenensammelstelle“ gegen 11.00 Uhr eintraf und um 13.40 Uhr belehrt wurde. Demnach erfolgte seine polizeirechtliche Gewahrsamnahme kurz nach 13.40 Uhr.“
26 
Diese konkrete und detaillierte Darstellung ist vom Kläger im Berufungsverfahren nicht in Frage gestellt worden. Für ihre Richtigkeit sprechen die Ausführungen des Klägers in seinem Gedächtnisprotokoll vom 21.10.2002 (S. 121 ff. der VG-Akte). Dort heißt es u.a.:
27 
„Um ca. 13.30 Uhr erfolgt die Ankündigung, dass die Behandlung der einzelnen Personen ab sofort verkürzt stattfindet. Kurz danach bin ich an der Reihe. Ich darf mein Gepäck wieder an mich nehmen, werde im Flur des Gebäudes mit einer Polaroid-Kamera fotografiert und anschließend in ein Büro geführt. Dort erfolgt eine Belehrung über die Ordnungswidrigkeit „Teilnahme an einer nicht angemeldeten Demonstration“. Ich mache keine Aussage, sondern gebe nur meine Personalien an. ...“
28 
Vor diesem Hintergrund hat der Senat keine Zweifel daran, dass der Gewahrsam des Klägers bis etwa 13.40 Uhr der Durchführung des ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungsverfahrens diente und deshalb durch § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO gedeckt war. Selbst wenn mit dem Gewahrsam bereits am Vormittag zugleich auch präventive Zwecke verfolgt worden sein sollten, könnte der Kläger hieraus für sein Begehren nichts herleiten. Denn für die Qualifizierung einer sogenannten doppelfunktionalen Maßnahme der Polizei kommt es zum einen auf das Schwergewicht des polizeilichen Handelns und zum anderen auf den damit verbundenen Zweck an (Senatsurteil vom  16.5.1988, VBlBW 1989, 16, 17; Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 5. Aufl., RdNr. 189 ff.). Soweit der Grund des polizeilichen Handelns dabei dem Betroffenen nicht bereits unmittelbar selbst von der Polizei genannt wurde, ist für die Abgrenzung der Aufgabengebiete maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (Senatsurteil vom 16.5.1988, a.a.O.). Auch hieran gemessen greift der Einwand des Klägers nicht durch. Auf der Grundlage der oben erwähnten Unterlagen geht der Senat davon aus, dass sich der Gewahrsam bis 13.40 Uhr jedenfalls seinem Schwerpunkt nach für einen verständigen Bürger in der Lage des Klägers als Maßnahme zur Aufklärung und Ahndung der zuvor begangenen Ordnungswidrigkeiten darstellte.
29 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auch festgestellt, dass im Hinblick auf den nach Abschluss der Personenfeststellung aufrechterhaltenen Gewahrsam des Klägers die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG vorlagen (S. 8 ff. des Entscheidungsabdrucks). Nach dieser Vorschrift kann die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn auf andere Weise eine unmittelbar bevorstehende erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht verhindert oder eine bereits eingetretene erhebliche Störung nicht beseitigt werden kann.
30 
Das Verwaltungsgericht hat angenommen, eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung sei nicht allein anzunehmen, wenn die Gefahr der Begehung von Straftaten drohe. Vielmehr könne auch das Bevorstehen von Ordnungswidrigkeiten eine Ingewahrsamnahme nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG rechtfertigen, wenn diese zu umfangreichen und intensiven Störungen führen könnten. Diese Auffassung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Ihr steht insbesondere Bundesrecht nicht entgegen. Die Regelungen des Ordnungswidrigkeitengesetzes, die insbesondere eine Verhaftung und vorläufige Festnahme zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ausschließen (vgl. § 46 Abs. 3 S. 1 OWiG), hindern diese Interpretation nicht. Denn durch das bundesrechtliche Absehen von repressiven Maßnahmen im Rahmen der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten wird die Möglichkeit der Anordnung präventiv-polizeilichen Gewahrsams zur Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten nicht ausgeschlossen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 2.8.1990, NVwZ 1991, 664, 665).
31 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist in dieser Auslegung auch kein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der kraft gesetzlicher Übernahme im Range eines Bundesgesetzes geltenden (vgl. BVerfGE 74, 358, 370) Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - vom 4.11.1950 (BGBl. 1952 II S. 685) in der ab 1.1.1998 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 17.5.2002 (BGBl. II S. 1055) zu sehen. Nach dieser Bestimmung ist eine Freiheitsentziehung u.a. dann zulässig, wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, den Betreffenden an der Begehung einer „strafbaren Handlung“ zu hindern. Aus dem Umstand, dass Ordnungswidrigkeiten nicht erwähnt sind, kann nicht der Schluss gezogen werden, die Vorschrift lasse die Ingewahrsamnahme nur zur Verhinderung von mit Kriminalstrafe bedrohten Handlungen zu (so aber Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 3. Aufl., Abschnitt F RdNr. 501 m.w.N.). Dafür, den Begriff der „strafbaren Handlung“ in einem umfassenden, auch Ordnungswidrigkeiten einschließenden Sinne zu verstehen, spricht zunächst der Wortlaut der Bestimmung in der authentischen englischen und französischen Vertragssprache (vgl. die Schlussklausel nach Art. 59 EMRK). Denn die dort verwendeten Begriffe „offence“ und „infraction“ sind den in diesem Zusammenhang naheliegenden Begriffen „crime“ und „délite“ vorgezogen worden, was darauf hindeutet, dass sie als Oberbegriffe Tatbestände sowohl des Kriminalstraf- wie des Ordnungswidrigkeitenrechts umfassen sollten (vgl. Herzog, AöR 1961, 86. Band , S. 194, 221 f.; SächsVerfGH, Urteil vom 14.5.1996, LKV 1996, 273, 276). Auch vor diesem Hintergrund ist nicht anzunehmen, die Vertragsstaaten hätten sich so weit binden wollen, dass in einem Staat präventiv-polizeilicher Gewahrsam ausgeschlossen sein sollte, wenn dieser das zu verhindernde Unrecht nur unter die Sanktion einer Geldbuße und nicht einer Kriminalstrafe gestellt hat. Denn zum einen kann diese Einordnung in den einzelnen Staaten für dasselbe Unrecht unterschiedlich sein (vgl. BayVerfGH, a.a.O., S. 665; VG Schleswig, Urteil vom 15.6.1999, NJW 2000, 970, 971). Vor allem aber ist in Rechnung zu stellen, dass der Staat das Mittel des Gewahrsams hier zum Zwecke wirksamer Gefahrenabwehr einsetzt. Für die Erfüllung dieses Zwecks ist es nicht von entscheidender Bedeutung, welche Sanktion das Gesetz für denjenigen vorsieht, der einen Gesetzesverstoß begangen hat, zumal sich dies aus rechtspolitischen Gründen ändern kann (vgl. VG Schleswig, a.a.O.). Maßgeblich ist vielmehr, welche Gefahr für ein geschütztes Rechtsgut aufgrund dieser Handlung droht. Im Einklang mit der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum geht der Senat deshalb davon aus, dass Art. 5 Abs. 1 Buchst. c EMRK auch die Freiheitsentziehung zur Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten zulässt, wenn diese mit erheblichen Gefahren für ein geschütztes Rechtsgut verbunden sind (vgl. SächsVerfGH, a.a.O., S. 276; BayVerfGH, a.a.O., S. 665; VG Schleswig, a.a.O., S. 971; Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 5. Aufl., § 28 RdNr. 10; Würtenberger/Heckmann/Riggert, a.a.O., RdNr. 358; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 13. Aufl., RdNr. 295; vgl. auch Frowein-Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Aufl., Art. 5 RdNr. 72 m.w.N.). Dass dieser Auslegung die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entgegenstünde, ist weder vorgetragen worden noch sonst für den Senat ersichtlich.
32 
Ob die Auffassung, dass präventiv-polizeilicher Gewahrsam bundesrechtlich zur Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten der genannten Art nicht verboten sei, auch auf Art. 5 Abs. 1 Buchst. b EMRK gestützt werden könnte (vgl.   BayVerfGH, a.a.O.), kann deshalb dahinstehen.
33 
Vor diesem Hintergrund kann der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht auch offen lassen, ob die vom Kläger durchgeführten Blockadeaktionen den Tatbestand der Nötigung gemäß § 240 StGB erfüllt haben (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001, BVerfGE 104, 92) und die Ingewahrsamnahme somit auch zur Verhinderung einer Straftat im Sinne des Strafgesetzbuchs erfolgte.
34 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ferner festgestellt, dass die Prognose der polizeilichen Einsatzleitung, dass die Begehung von Ordnungswidrigkeiten, die zu umfangreichen und intensiven Störungen hätten führen können, unmittelbar bevorgestanden habe, aufgrund des vorherigen Verhaltens des Klägers gerechtfertigt war.
35 
Der Kläger hatte durch die Teilnahme an den Sitzblockaden auf der L 555 in Richtung Industriegleis in der Zeit von 7.30 bis 8.40 Uhr und später (9.35 Uhr) auf der Brücke zur Rheinschanzinsel innerhalb eines kurzen Zeitraums wiederholt Ordnungswidrigkeiten nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 VersG begangen, da er sich nach der Auflösung der Demonstrationen durch die Versammlungsbehörde nicht unverzüglich entfernt hat. In seinem Verhalten ist ferner ein wiederholter Verstoß gegen straßenverkehrsrechtliche Verhaltenspflichten (vgl. §§ 1 Abs. 2, 25 Abs. 1 StVO) sowie eine wiederholte unerlaubte Sondernutzung einer öffentlichen Straße gemäß § 16 Abs. 1 StrG zu sehen, was beides ebenfalls den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit begründet (§ 49 Abs. 1 Nr. 24 Buchst. a StVO sowie § 54 Abs. 1 Nr. 1 StrG). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch die Erheblichkeit dieser Störungen im Sinne des § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG bejaht. Denn da mit der Blockade der Hauptzufahrtswege zum Kernkraftwerk xxx in einem Stör- bzw. Notfall etwa auch Rettungsfahrzeuge bzw. Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr, der Polizei oder des Technischen Hilfswerks nicht mehr zum Kernkraftwerk hätten gelangen können, wurden insoweit Gefahren für hochrangige Rechtsgüter (vgl. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) heraufbeschworen.
36 
Angesichts des konkreten Verhaltens des Klägers einschließlich der gesamten Umstände der am 28.10.2000 durchgeführten Aktionen der Kernkraftgegner - die Blockade der L 555 auf der Brücke zur Rheinschanzinsel war bereits die dritte Aktion dieser Art an diesem Vormittag - durfte der Polizeivollzugsdienst auch davon ausgehen, der Kläger würde im Anschluss an die Räumung der Straße bei der Brücke zur Rheinschanzinsel erneut an anderer Stelle die Fahrbahn blockieren und damit würde eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit im Sinne des § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG unmittelbar bevorstehen.
37 
Nicht einmal ansatzweise in Frage gestellt wird diese Beurteilung durch die im Berufungsverfahren erhobenen Einwände des Klägers. Auf der Grundlage der dem Senat vorliegenden Unterlagen bestehen keinerlei Zweifel daran, dass der Kläger sowohl an der Sitzblockade der L 555 an der Straßenbrücke über den Pfinzkanal als auch an der Sitzblockade im Bereich der Brücke zur Rheinschanzinsel teilgenommen hat und beide Male seiner Entfernungspflicht aus § 13 Abs. 2 VersG nicht nachgekommen ist. In beiden Fällen wurden die auf der Fahrbahn sitzenden Personen mehrfach zum Verlassen der Fahrbahn aufgefordert und auf die Rechtsfolgen hingewiesen, die eine Nichtbeachtung nach sich ziehen würde (vgl. den Auszug aus dem Einsatzkalender des Polizeipräsidiums xxx, S. 65 ff. der VG-Akte). Während ein (kleiner) Teil der Demonstranten den Aufforderungen offenbar nachkam (Auszug aus dem Einsatzkalender, S. 67, 69 der VG-Akte), weigerte sich der größere Teil, zu dem auch der Kläger gehörte, die Fahrbahn zu verlassen. Im ersten Fall ist der Kläger von Polizeikräften auf das angrenzende Wiesengelände abgedrängt worden, im zweiten Fall musste er unter Anwendung unmittelbaren Zwangs von der Fahrbahn getragen werden. Letzteres wird durch die von der Polizei hergestellten und in den Akten dokumentierten Videoaufnahmen eindeutig belegt. Bereits durch dieses konkrete Verhalten hat der Kläger gezeigt, dass er die Fahrbahn der L 555 blockieren wollte und sich dabei bewusst war, damit auch das Kernkraftwerk xxx zu blockieren. Hierfür spricht insbesondere auch, dass sich das Verhalten des Klägers ohne weiteres in die allgemeine Strategie der Kernkraftgegner eingefügt hat. Nach den vom Beklagten gesammelten, vom Kläger nicht in Frage gestellten Erkenntnismitteln war es Teil der Strategie der Kernkraftgegner, die Zufahrtsstraßen zum Kernkraftwerk zu blockieren (vgl. hierzu die Darstellungen im Schriftsatz des Beklagten vom 8.12.2003, S. 6 bis 10, VGH-Akte S. 83 - 91, sowie in dem im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Schriftsatz vom 20.2.2002, S. 2 und 3, S. 135 f. der VG-Akte). Besonders deutlich zum Ausdruck kommt diese Strategie in einer Nachbetrachtung, die die „SprecherInnenrats-Moderatorin“ xxx xxx in dem Rundbrief Nr. 10 der Anti-Atomkraftgruppierung „X-tausendmal quer - überall“ angestellt hat. Dort heißt es:
38 
„Der legendär kürzeste Rat war dann am Mittwochmorgen (Anmerkung: 18.10.2000) um 7.00 Uhr, als es hieß, dass eine Gruppe, die auf der Straße, die wir für unsere Blockade ausgewählt hatten, eingekesselt sei und damit auch blockiere. Es war klar, alle wollten jetzt was machen und nicht mehr ewig Bedenken austauschen und so wurde einfach der naheliegendste Vorschlag angenommen: Die andere Straße zu blockieren. Gesagt, getan und so lief es auch den Tag über weiter ...“
39 
Auch das Amtsgericht Bruchsal hat in dem in erster Instanz vorgelegten Urteil vom 7.9.2001 in einer Bußgeldsache gegen einen Teilnehmer der Blockadeaktion keinerlei Zweifel daran gelassen, dass die Demonstranten zur Erreichung ihres Ziels die Zufahrtswege zum Kernkraftwerk xxx blockieren wollten (S. 7 des Entscheidungsabdrucks, S. 163 der VG-Akte). Vor diesem Hintergrund erweist sich die Einlassung des Klägers, eine Blockade des Kernkraftwerks sei von ihm nicht beabsichtigt gewesen, als nicht nachvollziehbar und unglaubhaft.
40 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Polizeivollzugsdienst auch für den Zeitraum von 13.40 Uhr bis zur Freilassung um 16.45 Uhr zu Recht von der Erforderlichkeit der Aufrechterhaltung des polizeilichen Gewahrsams ausgegangen. Denn auch noch in diesem Zeitraum konnte der Polizeivollzugsdienst bei der gebotenen ex-ante-Betrachtung davon ausgehen, dass es sehr wahrscheinlich war, dass es bei einer Freilassung der in der xxx-Kaserne festgehaltenen Personen - und damit auch des Klägers - alsbald zu erneuten Blockadeaktionen kommen würde. Hierfür spricht zunächst die Darstellung des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hinsichtlich der sich am Nachmittag des 18.10.2000 bietenden Gefahrenlage. Danach hätte eine Freilassung der festgehaltenen Personen die Gefahr in sich geborgen, dass sich die freigelassenen mit den vor der Kaserne befindlichen Personen verbünden und es erneut zu Blockadeaktionen kommen würde (wird weiter ausgeführt, S. 2 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, S. 175 der VG-Akte). Dieser Darstellung ist der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Im Kern bestätigt wird sie durch einen im Internet veröffentlichten Bericht der Aktivistin xxx xxx über die Situation an diesem Nachmittag. Diese hatte sich als Vermittlerin zwischen der Polizeiführung und den in Gewahrsam genommenen Aktivisten zur Verfügung gestellt. Ihr Bericht enthält deutliche Hinweise darauf, dass die Inhaftierten den Vorschlag der Polizei, sie gruppenweise freizulassen gegen die Zusicherung, ohne weitere Aktionen abzureisen, jedenfalls zunächst nicht akzeptieren wollten. So heißt es dort hinsichtlich der festgehaltenen Aktivisten:
41 
„Die meisten wollten wirklich bald nach Hause, aber die Forderung “keine weiteren Aktionen“ will die Gruppe dann doch so pauschal nicht annehmen“ (vgl. S. 115 der VG-Akte; vgl. auch S. 3 des Gedächtnisprotokolls des Klägers vom 21.10.2000, S. 125 der VG-Akte: „Die Gruppe, die bereits vor uns da war, berichtet uns über einen „Kuhhandel“, den uns die Polizei anbietet: ... “).
42 
Bei dieser Sachlage und unter Einbeziehung der wiederholten Blockadeaktionen am Vormittag konnte der Polizeivollzugsdienst auch noch am Nachmittag des 18.10.2000 bis gegen 16.45 Uhr von einer hohen Wahrscheinlichkeit weiterer Blockadeaktionen jedenfalls der in Gewahrsam Genommenen und damit auch des Klägers im Falle der Freilassung ausgehen.
43 
Nach alledem kann die Gefahrenprognose des Beklagten nicht beanstandet werden. Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Beklagte diese nicht allein darauf gestützt, dass die in Gewahrsam genommenen Demonstranten keine Zusicherung abgegeben hätten, unmittelbar die Abreise anzutreten. Dies zeigt im Übrigen auch die weitere Vorgehensweise des polizeilichen Einsatzleiters. Dieser hatte der Aktivistin xxx den notwendigen Freiraum für Vermittlungsgespräche mit den in Gewahrsam Genommenen eingeräumt und - nachdem sich diese jedenfalls der Sache nach mit dem Verzicht auf weitere Blockadeaktionen einverstanden erklärt hatten - dem Kompromiss zugestimmt, dass der Gewahrsam aufgehoben wird und die Freigelassenen erst nach Durchführung einer Abschlusskundgebung auf dem Marktplatz in xxx die Heimreise antreten.
44 
Der Gewahrsam des Klägers war auch nicht wegen Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung rechtswidrig.
45 
Gemäß Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG hat über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung nur der Richter zu entscheiden. Die Freiheitsentziehung setzt danach grundsätzlich eine vorherige richterliche Anordnung voraus. Eine nachträgliche richterliche Entscheidung, deren Zulässigkeit in Ausnahmefällen Art. 104 Abs. 2 GG voraussetzt, genügt nur, wenn der mit der Freiheitsentziehung verfolgte verfassungsrechtlich zulässige Zweck nicht erreichbar wäre, sofern der Festnahme die richterliche Entscheidung vorausgehen müsste. Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG fordert dann, die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen (vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 15.5.2002, BVerfGE 105, 239, 248 f. m.w.N.). Diese Verpflichtung wird in § 163 c Abs. 1 Satz 2 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG für die Festhaltung zu Zwecken der Identitätsfeststellung im Rahmen des ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungsverfahrens und in § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG für die polizeirechtliche Ingewahrsamnahme zum Zwecke der Gefahrenabwehr einfachrechtlich nachvollzogen.
46 
Das Merkmal der „Unverzüglichkeit“ im Sinne des Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG ist dahin auszulegen, dass die richterliche Entscheidung ohne jede Verzögerung, die sich nicht aus sachlichen Gründen rechtfertigen lässt, nachgeholt werden muss (vgl. BVerfGE 105, 239, 249 m.w.N.). Nicht vermeidbar sind z.B. die Verzögerungen, die durch die Länge des Weges, Schwierigkeiten beim Transport, die notwendige Registrierung und Protokollierung, ein renitentes Verhalten des Festgenommenen oder vergleichbare Umstände bedingt sind. Die fehlende Möglichkeit, einen Richter zu erreichen, kann angesichts der verfassungsrechtlichen Verpflichtung des Staates, der Bedeutung des Richtervorbehalts durch geeignete organisatorische Maßnahmen Rechnung zu tragen, nicht ohne weiteres als unvermeidbares Hindernis für die unverzügliche Nachholung der richterlichen Entscheidung gelten (vgl. BVerfGE 105, 239, 249; 103, 142, 151 ff., 156).
47 
Eine Ausnahme von der in Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG verankerten Pflicht zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung wird allgemein angenommen, wenn eine Prognose ergibt, dass eine richterliche Entscheidung erst ergehen kann, wenn der Grund für den Gewahrsam wieder weggefallen ist; andernfalls würde die Regelung zu einer mit ihrem Rechtsschutzzweck nicht zu vereinbarenden Verlängerung der Freiheitsentziehung führen (vgl. Gusy, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz, Kommentar, Band 3, 4. Aufl., Art. 104 RdNr. 55; Rüping, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 3, 4. Aufl., Art. 104 RdNr. 63; Degenhart, in: Sachs, Grundgesetz, 3. Aufl., Art. 104 RdNr. 36). Demgemäß sieht § 163 c Abs. 1 Satz 2 StPO, § 46 Abs. Abs. 1 OWiG eine Ausnahme von der Pflicht zur Vorführung vor, wenn die Herbeiführung der richterlichen Entscheidung voraussichtlich längere Zeit in Anspruch nehmen würde, als zur Feststellung der Identität notwendig wäre. Entsprechendes gilt für den polizeirechtlichen Gewahrsam: Mit Blick auf § 28 Abs. 3 Satz 1 PolG, wonach der Gewahrsam aufzuheben ist, sobald sein Zweck erreicht ist, ist eine richterliche Entscheidung nicht einzuholen oder abzuwarten, wenn dadurch die Dauer des Gewahrsams verlängert würde (vgl. Wolf/Stephan, a.a.O., § 28 RdNr. 36; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 28 RdNr. 21; Würtenberger/Heckmann/Riggert, a.a.O., RdNr. 363). Diese Einschränkung der Verpflichtung zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken; das Bundesverfassungsgericht hebt allerdings die an die in diesem Zusammenhang gebotene Prognose zu stellenden Anforderungen hervor (vgl. BVerfGE 105, 239, 251; Rabe v. Kühlewein, DVBl. 2002, 1545, 1546).
48 
An diesem Maßstab gemessen lässt sich hier ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung nicht feststellen.
49 
Ohne Erfolg bleibt die Rüge des Klägers, es hätte ohne weiteres bereits vor der Ingewahrsamnahme eine richterliche Entscheidung des Amtsgerichts herbeigeführt werden können und müssen. Die Festnahme und Verbringung der Demonstranten und damit des Klägers zur xxx-Kaserne um 11.00 Uhr erfolgte unmittelbar im Anschluss an die wiederholte Begehung von Ordnungswidrigkeiten, die mit erheblichen Gefahren für hochrangige Rechtsgüter verbunden waren (siehe oben S. 16 f.). Wie dargelegt, diente die Ingewahrsamnahme jedenfalls ihrem Schwerpunkt nach zunächst der Durchführung von Maßnahmen zur Identitätsfeststellung im Rahmen des ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Insoweit musste die vorherige Einschaltung eines Richters bereits aus tatsächlichen Gründen ausscheiden. Hätte die Polizei die unmittelbar im Zusammenhang mit der Sitzblockade der L 555 im Bereich der Brücke zur Rheinschanzinsel festgenommenen über 110 Personen nicht in Gewahrsam genommen, sondern diese bis zur Entscheidung eines Richters zunächst auf freiem Fuß gelassen, hätte eine hohe Wahrscheinlichkeit bestanden, dass sich diese Personen einer Identitätsfeststellung entzogen hätten und somit der Zweck der Maßnahme vereitelt worden wäre. Dies rechtfertigte den Verzicht auf eine vorherige richterliche Anordnung.
50 
Aber auch soweit von der Herbeiführung einer nachträglichen richterlichen Entscheidung abgesehen wurde, begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts war von Seiten der polizeilichen Einsatzleitung zunächst beabsichtigt gewesen, die in Gewahrsam genommenen Personen nach Abschluss der Personenfeststellung (d.h. nach 14.00 Uhr) im Laufe der nächsten Stunde freizulassen, da man davon ausgegangen war, dass die Demonstranten alsdann die Heimreise antreten würden (S. 13 des Entscheidungsabdrucks). Diese Feststellung ist vom Kläger im Berufungsverfahren nicht in Zweifel gezogen worden. Bei dieser Sachlage erweist sich der Verzicht auf eine richterliche Entscheidung zum damaligen Zeitpunkt durch die Prognose gerechtfertigt, dass die Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung die Dauer des Gewahrsams aller Voraussicht nach verlängert hätte (§ 163 c Abs. 1 Satz 2, § 46 OWiG). Insbesondere mit Blick darauf, dass die herbeizuführende richterliche Entscheidung zur Gewährung rechtlichen Gehörs grundsätzlich die Anhörung sämtlicher (über 110) im Gewahrsam befindlicher Personen vorausgesetzt hätte (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 47. Auf., § 163 c RdNr. 11), konnte die Polizei davon ausgehen, dass eine richterliche Entscheidung erst nach der im Anschluss an die Maßnahmen zur Identitätsfeststellung vorgesehene Freilassung ergehen könnte. Dies würde entgegen der Auffassung des Klägers selbst dann gelten, wenn die polizeiliche Einsatzleitung die Freilassung tatsächlich erst eine Stunde nach Abschluss der Personalienfeststellung beabsichtigt gehabt hätte. Denn auch in diesem Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine richterliche Entscheidung hinsichtlich aller festgehaltenen Personen vor dem für die Freilassung vorgesehenen Zeitpunkt hätte ergehen können.
51 
Die Verpflichtung zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung (§ 28 Abs. 3 Satz 3 PolG, Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG) wurde auch nicht verletzt, als es im weiteren Verlauf des Nachmittags nicht zu einer richterlichen Entscheidung über die Aufrechterhaltung des nunmehr ausschließlich nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG zu beurteilenden Gewahrsams kam. Insoweit hatte sich nach den überzeugenden, im Berufungsverfahren nicht substantiiert angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts die Situation entscheidend verändert, als sich die polizeiliche Einsatzleitung auf der Grundlage von Gesprächen mit den in Gewahrsam Genommenen entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nunmehr an einer Freilassung gehindert sah, weil trotz vereinzelt festgestellter Abreiseaktivitäten außerhalb der xxx-Kaserne bei den in Gewahrsam genommenen Personen Anhaltspunkte für die Bereitschaft zu erneuten Sitzblockaden bestand (vgl. bereits oben S. 18 f.). Damit war die Frage, ob das Gebot nach § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG und Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt wurde, nach der sich zu diesem Zeitpunkt ergebenden Erkenntnislage zu beurteilen.
52 
Ausgehend hiervon haben die Beamten des Polizeivollzugsdienstes des Beklagten durch die nunmehr unternommenen Anstrengungen, eine richterliche Entscheidung des Amtsgerichts xxx herbeizuführen, insbesondere durch die um 15.38 Uhr erfolgte telefonische Information des Direktors des Amtsgerichts xxx, noch unverzüglich im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG, Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG gehandelt.
53 
Nach Auffassung des Senats genügt die Polizei dem Gebot zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung grundsätzlich dadurch, dass sie die Sache beim zuständigen Amtsgericht anhängig macht, d.h. dem Gericht den Sachverhalt vorträgt mit der Bitte um Entscheidung über die Fortdauer der Freiheitsentziehung (vgl. OVG Münster, Urteil vom 3.11.1989, NJW 1990, S. 3224 f.). Mit Blick auf die in diesen Fällen regelmäßig gegebene besondere Eilbedürftigkeit erscheint dem Senat ein formeller schriftlicher Antrag entbehrlich, soweit das Anhängigmachen des Begehrens in den Akten in verlässlicher Weise dokumentiert ist und die Identität der in Gewahrsam Genommenen jedenfalls anhand der Akten festgestellt werden kann. Dies gilt auch mit Blick darauf, dass es dem Gericht obliegt, von Amts wegen die für seine Entscheidung erheblichen Tatsachen zu ermitteln (§ 28 Abs. 4 Satz 2 PolG i.V.m. § 12 FGG; vgl. Wolf/Stephan, a.a.O., § 28 RdNr. 41).
54 
Nach diesen Grundsätzen kann die Vorgehensweise der polizeilichen Einsatzleitung nicht beanstandet werden. Insbesondere haben die Beamten des Polizeivollzugsdienstes ausweislich der dem Senat vorliegenden Akten den zuständigen Richter im Rahmen des um 15.38 Uhr erfolgten Telefonats in hinreichender Weise über die Umstände der Gewahrsamnahme informiert und um richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer des Gewahrsams ersucht (vgl. den Auszug aus dem Einsatzkalender des Polizeipräsidiums xxx, S. 72 der VG-Akte, sowie die Stellungnahme des KOR xxx vom 31.10.2003, Anlage 2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 8.12.2003, S. 103 f. der VGH-Akte).
55 
Dass Amtsgerichtsdirektor xxx nicht bereits bei dem Telefonat um 15.11 Uhr erreicht werden konnte, stellt die Unverzüglichkeit der Bemühungen des Polizeivollzugsdienstes nicht in Frage. Denn Grund dafür war, dass der allein noch am Amtsgericht xxx im Dienst befindliche Richter sich in einer Sitzung befand. Mithin handelte es sich um eine sachlich gerechtfertigte Verzögerung, die durch die Wahrnehmung anderweitiger, nicht ohne weiteres zu unterbrechender dienstlicher Verpflichtungen verursacht worden ist und deshalb nach den oben dargestellten Grundsätzen als „unvermeidbares Hindernis“ anzusehen ist. Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass es sich lediglich um eine kurzfristige Verzögerung (ca. 1/2 Stunde) gehandelt hat, der fragliche Richter sich noch im Dienst befand und auch grundsätzlich erreichbar war. Es war somit kein Fall gegeben, in dem die Erreichbarkeit eines zuständigen Richters bereits wegen Fehlens der gerichtsorganisatorischen Voraussetzungen nicht gewährleistet war (vgl. hierzu BVerfGE 105, 239, 249; 103, 142, 151 ff., 156).
56 
Die Tatsache, dass der Polizeivollzugsdienst die Sache noch unverzüglich beim Amtsgericht anhängig gemacht hat, bedeutet indes noch nicht, dass der Gewahrsam ab diesem Zeitpunkt keinen rechtlichen Bedenken mehr begegnete. Denn auch die weitere Sachbehandlung durch das Amtsgericht muss den Anforderungen des § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG, Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG genügen, insbesondere muss dessen Entscheidung grundsätzlich unverzüglich ergehen (vgl. Gusy, a.a.O., Art. 104 RdNr. 54; Rüping, a.a.O., RdNr. 69). Dass die Polizei nach dem Anhängigmachen der Sache beim Amtsgericht keine Einflussmöglichkeiten mehr auf das weitere Verfahren hat, ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts in diesem Zusammenhang für die Frage der Rechtmäßigkeit des Gewahrsams ohne Belang.
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Der Senat teilt nicht die Ansicht des Verwaltungsgerichts, diesem habe insoweit bereits die Überprüfungskompetenz gefehlt. Nach der gesetzlichen Regelung des § 28 Abs. 4 Satz 4 PolG ist eine Anwendbarkeit der Rechtsbehelfe der VwGO und damit eine Prüfungskompetenz der Verwaltungsgerichte erst ausgeschlossen, wenn eine Entscheidung des Amtsgerichts im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 4 PolG „ergangen“ ist (vgl. Senatsurteil vom 13.5.2004 - 1 S 2052/03 - m.w.N.). Dabei geht der Senat davon aus, dass es sich hierbei um eine Sachentscheidung über die Rechtmäßigkeit des Gewahrsams handeln muss und deshalb in der bloßen Ablehnung einer richterlichen Entscheidung durch den Richter des Amtsgerichts noch kein „Ergehen“ einer richterlichen Entscheidung im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 4 PolG gesehen werden kann (a.A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 3.11.1989, NJW 1990, 3224, 3225, mit Blick auf § 14 NRWPG a.F.). Vor dem Zeitpunkt des „Ergehens“ ist aber insbesondere auch mit Blick auf die Gewährleistung aus Art. 19 Abs. 4 GG eine umfassende Überprüfungskompetenz der Verwaltungsgerichte anzunehmen.
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Im vorliegenden Fall hat der zuständige Richter des Amtsgerichts xx-xxx zwar telefonisch mit einem Beamten der Einsatzleitung gesprochen, eine richterliche Entscheidung ist dabei aber nicht im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 4 PolG ergangen. Er hat vielmehr ausdrücklich derzeit von einer richterlichen Entscheidung abgesehen. Auch damit ist jedoch nicht gegen die Verpflichtung aus § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG, Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG verstoßen worden.
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Soweit der Direktor des Amtsgerichts xxx das Absehen von einer richterlichen Entscheidung allerdings damit begründet haben sollte, dass die Polizei die rechtliche Möglichkeit habe, die betreffenden Personen bis zum Ende des 19.10.2000, 24.00 Uhr, in Gewahrsam zu halten, und er deshalb (erst) mit einer Einzelanhörung beginnen werde, wenn die Polizei im Laufe des nächsten Tages die Absicht äußere, den Gewahrsam aufrechtzuerhalten (vgl. den Auszug aus dem Einsatzkalender, S. 72 der VG-Akte, sowie die Stellungnahme des KOR xxxxx, S. 103 der VGH-Akte), wäre diese Auffassung verfassungsrechtlich nicht haltbar. Denn die Nachholung der richterlichen Entscheidung ist auch dann nicht entbehrlich, wenn der Freiheitsentzug vor Ablauf der Frist des Art. 104 Abs. 2 Satz 3 GG endet. Diese Vorschrift setzt dem Festhalten einer Person ohne richterliche Entscheidung mit dem Ende des auf das Ergreifen folgenden Tages lediglich eine äußerste Grenze, befreit aber nicht von der Verpflichtung, eine solche Entscheidung unverzüglich herbeizuführen (BVerfG, Beschluss vom 15.5.2002, BVerfGE 105, 239, 249 m.w.N.).
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Auf der Grundlage der dem Senat vorliegenden Unterlagen ist jedoch davon auszugehen, dass Amtsgerichtsdirektor xxx seinen Entschluss, von einer richterlichen Entscheidung über den Gewahrsam noch am Nachmittag des 18.10.2000 abzusehen, jedenfalls auch auf die Einschätzung gestützt hat, dass dann, wenn die Inhaftierten noch am selben Tage in absehbarer Zeit freigelassen würden, die richterliche Entscheidung erst nach der Freilassung würde ergehen können. Diese Prognose ist geeignet, das Absehen von einer richterlichen Entscheidung und damit die Rechtmäßigkeit des Gewahrsams zu tragen.
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Wie dargelegt, kann die Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung unterbleiben, wenn anzunehmen ist, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes für den Polizeigewahrsam ergehen kann (oben S. 21 f.). Die insoweit gebotene Prognose erfordert einen Zeitvergleich hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer des polizeilichen Gewahrsams und des Zeitraums, der voraussichtlich für die Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung benötigt wird (vgl. Rachor, a.a.O., RdNr. 536). Grundlage der Prognose war die dem Richter von der Polizei um 15.38 Uhr im Rahmen des Telefonats vermittelte Lagebeurteilung (vgl. hierzu bereits oben S. 19 f.). Dabei wurde der Richter auch dahingehend unterrichtet, dass die Ingewahrsamnahme nach Einschätzung der Polizei vermutlich um 17.00 Uhr beendet sein würde, ein Ende also absehbar sei (vgl. die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.6.2002, S. 175 der VG-Akte). Für eine Freilassung in absehbarer Zukunft sprachen dabei insbesondere ab 15.00 Uhr festgestellte Abreiseaktivitäten der Kernkraftgegner außerhalb der Kaserne und die Tatsache, dass nach Einschätzung der Polizei die Wahrscheinlichkeit von Folgeaktionen „von Stunde zu Stunde geringer“ geworden sei (vgl. die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.6.2002, S. 175 der VG-Akte). Bei der Einschätzung des für die richterliche Entscheidung zu veranschlagenden Zeitaufwands war von entscheidender Bedeutung, dass der zuständige Richter die rechtlich nicht zu beanstandende Auffassung vertrat, eine Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Gewahrsams könne nur nach vorheriger persönlicher Anhörung der in Gewahrsam Genommenen ergehen (vgl. nur Gusy, a.a.O., Art. 104 RdNr. 50 m.w.N.; Degenhardt, a.a.O., Art. 104 RdNr. 38; vgl. auch Wolf/Stephan, a.a. O., § 28 RdNr. 41). Legt man zugrunde, dass hier über 110 Personen in Gewahrsam genommen waren und diese entweder dem im Gebäude des Amtsgerichts in xxx anwesenden Richter hätten vorgeführt werden müssen oder dieser sich noch in die - außerhalb von xxx-xxx gelegene - xxx-Kaserne hätte begeben müssen, erweist sich die Einschätzung des Richters, die Freilassung werde vor einer richterlichen Entscheidung erfolgen, jedenfalls als vertretbar. Diese Beurteilung wird durch den tatsächlichen Ablauf bestätigt. Denn die Freilassung des Klägers erfolgte bereits etwa eine Stunde nach dem Telefonat mit dem Direktor des Amtsgerichts.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.