Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 25. Apr. 2007 - 1 S 2828/06

bei uns veröffentlicht am25.04.2007

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26. Januar 2006 - 8 K 308/04 - wird geändert.

Es wird festgestellt, dass die Beschlagnahme der Plakate und der Platzverweis am Volkstrauertag 2003 sowie die Beschlagnahme der Flugblätter und die Ingewahrsamnahme des Klägers am Volkstrauertag 2004 rechtswidrig waren.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit polizeilicher Maßnahmen anlässlich öffentlicher Gedenkfeiern zum Volkstrauertag 2003 und 2004 auf dem Bergfriedhof in Tübingen.
Die Beklagte veranstaltet gemeinsam mit dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge alljährlich am Volkstrauertag - in Anlehnung an die zentrale Gedenkstunde im Deutschen Bundestag - auf dem Bergfriedhof in Tübingen eine öffentliche Gedenkfeier in der dortigen Kapelle mit anschließender Kranzniederlegung am Mahnmal. Die Veranstaltung beginnt jeweils um 11:15 Uhr. Nach dem Willen der Veranstalter darf seit dem Jahre 1987 nur ein Kranz niedergelegt werden. Bereits seit Jahren möchte der Kläger, der sich am äußersten rechten Rand des politischen Spektrums bewegt, bei dieser Gelegenheit auf seine Anliegen und Ansichten aufmerksam machen. Dabei war er anfangs bestrebt, an der Veranstaltung auf dem Friedhof teilzunehmen, und versuchte einmal, diese durch lautes Rufen zu stören, nachdem ihm die Teilnahme untersagt worden war. In einer 2001 abgegebenen Erklärung versicherte er, die Veranstaltung fortan nicht mehr zu stören.
Am Volkstrauertag 2003 fuhr der Kläger gegen 10:40 Uhr zusammen mit einem Begleiter mit einem Fahrzeug auf einen freien Parkplatz gegenüber dem Haupteingang des Bergfriedhofs. Sie führten Plakate mit sich und stellten sich mit diesen unmittelbar gegenüber dem Haupteingang auf. Auf den Plakaten war zu lesen: „ ‚Man darf in der BRD (schon lange) nicht mehr die Wahrheit sagen.‛ BRAVO Hohmann, General Günzel, PFUI Merkel, Stoiber, Struck …“ (Plakat 1). „Russ-Scherer, Weimer … : Hängt die Heimkehrertafel wieder auf!“ (Plakat 2). „Viele Politiker u. Medien sind so dumm, da sie nicht mehr wissen wo Ostdeutschland liegt. Zählen Sie auch dazu?“ (Plakat 3). „Deutsche sind keine ‚Antisemiten‛ wegen Goebbels und Hitler - wohl aber judenkritisch wegen USrael, Scharon, Spiegel, Friedman und vielen Lea Rosh`s!“ (Plakat 4). Nachdem ein Vertreter der Beklagten den Kläger vergeblich aufgefordert hatte, die Plakate zu entfernen, ordnete er einen Platzverweis und die Beschlagnahme der Plakate bis zum Ende der Gedenkveranstaltung an. Der Kläger verließ daraufhin den Parkplatz, hielt sich jedoch weiterhin auf dem Gelände des Bergfriedhofs auf. Der gegen diese Maßnahmen erhobene Widerspruch des Klägers wurde von der Beklagten unter Hinweis auf die Erledigung der Verwaltungsakte nicht beschieden.
Am Volkstrauertag 2004 begab sich der Kläger mit zwei weiteren Personen zum Haupteingang des Bergfriedhofs. Dabei klemmte er Faltblätter zur Ausländerpolitik, hrsg. vom „Schutzbund für das deutsche Volk e.V.“, unter die Scheibenwischer von Fahrzeugen, die auf den Parkplätzen abgestellt waren. Ein Vertreter des Ordnungsamts der Beklagten forderte den Kläger auf, die Verteilung der Flugblätter zu unterlassen, und fügte hinzu, er solle den Totensonntag nicht jedes Mal für seine Aktionen missbrauchen. Hierauf entgegnete der Kläger ausweislich des Polizeiberichts: „Sie missbrauchen den Volkstrauertag für ihre Juden- und Kommunistenpropaganda.“ Daraufhin wurde die Beschlagnahme der Flugblätter angeordnet. Als sich der Kläger der Wegnahme der Flugblätter widersetzte und laut zu schreien anfing, wurde angeordnet, dass der Kläger bis zum Ende der Feierstunde in Gewahrsam genommen werde. Er wurde mit einfacher körperlicher Gewalt in das Dienstfahrzeug des Polizeivollzugsdienstes verbracht und zum Polizeirevier Tübingen gefahren, wo er in der Gewahrsamseinrichtung eingeschlossen und um 12:16 Uhr wieder auf freien Fuß gesetzt wurde. Die beiden Begleiter des Klägers begaben sich währenddessen zum Haupteingang des Bergfriedhofs, wo sie sich wiederum mit politischen Plakaten aufstellten. Diese entsprachen inhaltlich zum einen im Wesentlichen den oben erwähnten Plakaten 1 - 3 ; zum anderen stand auf einem vierten Plakat: „Wer wie die BRD Machthaber ein Verbrechen im Nachhinein als Recht behandelt, hat kein Recht andere zu verurteilen.“ Nach längerer Diskussion mit dem Vertreter des Ordnungsamts der Beklagten wurden die Plakate wieder entfernt und in den PKW verbracht.
Mit Schreiben vom 29.01.2004 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben, die er mit Schreiben vom 11.11.2005 erweitert hat; er hat die Feststellung der Rechtswidrigkeit der gegen ihn gerichteten polizeilichen Maßnahmen in den Jahren 2003 und 2004 sowie im Wege einer vorbeugenden Unterlassungsklage die Unterlassung ähnlicher polizeilicher Maßnahmen in der Zukunft begehrt. Er hat geltend gemacht, dass rechtswidrige Eingriffe in sein Grundrecht auf Meinungsfreiheit auch in Zukunft zu befürchten seien, weil die Beklagte nach ihrem eigenen Bekunden die von ihm verwendeten Plakate nicht dulden werde. Die Beklagte übe eine unzulässige Zensur aus, indem sie missliebige Meinungsäußerungen von rechts unterdrücke. Die Beklagte hat im Wesentlichen vorgetragen, dass die polizeilichen Maßnahmen rechtmäßig gewesen seien. Das Zeigen von Plakaten mit rechtsgerichtetem Inhalt stelle angesichts der Zielrichtung des Volkstrauertags, der gegen rechtsextreme Bestrebungen und rechtsextremes Gedankengut gerichtet sei, eine Störung der öffentlichen Ordnung dar.
Mit Urteil vom 26.01.2006 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig. Ein Feststellungsinteresse sei wegen der Wiederholungsgefahr gegeben; darüber hinaus habe der Kläger ein schutzwürdiges Interesse an einer Rehabilitierung, weil sein Ruf beschädigt worden sei. Schließlich müsse auch bei grundrechtsrelevanten Maßnahmen, die sich schnell erledigten, eine gerichtliche Kontrolle gewährleistet sein. Die Klage sei jedoch unbegründet. Die polizeilichen Maßnahmen an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 seien rechtmäßig gewesen. Die Platzverweise fänden ihre Rechtsgrundlage in §§ 1, 3 PolG. Eine Störung der öffentlichen Sicherheit habe vorgelegen. Die Veranstalter der offiziellen Gedenkfeiern auf dem Bergfriedhof hätten aufgrund der ihnen erteilten Sondernutzungserlaubnis das Recht, den Ablauf der Veranstaltung zu bestimmen und die Gedenkstätte nach ihren Wünschen und Bedürfnissen zu gestalten; es gebe kein Recht Dritter, darauf Einfluss zu nehmen. Dieses Gestaltungsrecht beziehe sich räumlich nicht nur auf das Friedhofsgelände selbst, sondern auch auf den Zugangsbereich. Zeitlich setze die Sondernutzungserlaubnis nicht erst mit Beginn der Veranstaltung, sondern bereits zu einem Zeitpunkt ein, zu dem regelmäßig mit dem Eintreffen von Besuchern und Teilnehmern der Veranstaltung zu rechnen sei. Eine Störung dieses Rechts der Veranstalter habe durch das Verhalten des Klägers unmittelbar bevor gestanden. Denn der Inhalt seiner Plakate und sonstigen Meinungsäußerungen habe zu dem von den Veranstaltern gewünschten mahnenden Charakter der Gedenkfeier in erkennbaren Widerspruch gestanden. Zudem seien im Jahre 2004 wegen des aggressiven Verhaltens des Klägers angesichts der in den Vorjahren zu verzeichnenden massiven Störversuche weitere Störungen zu befürchten gewesen. Es habe auch eine Gefahr für die öffentliche Ordnung bestanden. Diese werde hier durch die provokante Art und Weise der Meinungskundgabe verletzt, denn der Volkstrauertag diene der Erinnerung an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft und damit an diejenigen Menschen, die unmittelbar durch die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft oder mittelbar durch den von dieser verschuldeten Weltkrieg ihr Leben verloren hätten, und der Mahnung vor der Wiederholung solcher oder vergleichbarer Geschehnisse. Demnach sei dieser Feiertag als solcher und speziell die Gedenkfeier nach überwiegender Anschauung gegen rechtsextreme Bestrebungen und rechtsextremes Gedankengut gerichtet. Die politisch rechts angesiedelten Meinungsäußerungen des Klägers und dessen lautstarke Auftritte störten insoweit die öffentliche Ordnung. Die Platzverweise seien als vorübergehende Maßnahmen von nur kurzer Dauer nicht unverhältnismäßig gewesen und auch ermessensfehlerfrei ergangen. Die Beeinträchtigung der Meinungsfreiheit des Klägers sei nach Art. 5 Abs. 2 GG nicht zu beanstanden. Denn die Abgrenzung gegenüber der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands gehöre zu den tragenden Elementen der Wertordnung des Grundgesetzes; eine Veranstaltung wie die Gedenkfeier zum Volkstrauertag gehöre zum eng begrenzten Kernbereich, in welchem die symbolische Bekräftigung dieser Abgrenzung auch im Sinne einer Selbstvergewisserung des demokratischen Gemeinwesens gänzlich frei von Störungen gehalten werden müsse. Die Beschlagnahme der Plakate und der Flugblätter sei durch § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG gedeckt, da sie als Mittel zur Abwehr der unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gedient hätten. Die Anordnung des polizeilichen Gewahrsams beruhe auf § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG; der erforderliche enge Zusammenhang mit der Gedenkveranstaltung sei ebenfalls gewahrt, da der Kläger unmittelbar nach Ende dieser Veranstaltung wieder aus dem Gewahrsam entlassen worden sei. Der Rechtmäßigkeit der Ingewahrsamnahme des Klägers stehe schließlich nicht entgegen, dass keine richterliche Entscheidung über den Gewahrsam herbeigeführt worden sei. Denn eine solche Entscheidung sei hier entbehrlich gewesen, da sie erst zu einem Zeitpunkt hätte ergehen können, als der Grund für den Gewahrsam wieder weggefallen sei. Die vorbeugende Unterlassungsklage dürfte zwar zulässig sein, da der Kläger sich auf ein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse berufen könne. Sie sei allerdings unbegründet, da dem Kläger angesichts der Rechtmäßigkeit der in den Jahren 2003 und 2004 durchgeführten polizeilichen Maßnahmen ein Unterlassungsanspruch nicht zustehe.
Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 30.11.2006 - 1 S 1397/06 - zugelassenen Berufung, mit der er sein ursprüngliches Klagebegehren präzisierend weiterverfolgt, trägt der Kläger vor: Das Verwaltungsgericht dehne das Sondernutzungsrecht der Veranstalter der Gedenkfeier auf dem Friedhof in räumlicher und zeitlicher Hinsicht unzulässig aus. Die aus dem Sondernutzungsrecht folgende Gestaltungsbefugnis erstrecke sich nur auf den Bereich des Mahnmals auf dem Bergfriedhof, nicht jedoch auf den gesamten Friedhof und gar den Zugangsbereich. Jedenfalls fehle es aber für die Annahme einer Störung durch ein unmittelbares Einwirken auf die Veranstaltung von außen an der Wahrnehmbarkeit der politischen Meinungsäußerungen. Denn der Mahnmalsbereich, wo die Kränze niedergelegt würden, sei ca. 150 - 200 m vom Eingangsbereich des Bergfriedhofs entfernt, während die Gedenkfeier in einer Kapelle stattfinde, die in entgegengesetzter Richtung ca. 120 m vom Eingang entfernt liege. Wenn die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung auf dem Weg von der Kapelle zum Mahnmal wieder am Eingang vorbeikämen, schauten sie nach vorn und nicht zur Seite; außerdem sei die Sicht von der gegenüberliegenden Straßenseite in den Eingangsbereich durch die vorhandenen Gitterstäbe beeinträchtigt. Eine Störung der öffentlichen Ordnung habe ebenso wenig vorgelegen. Die Gedenkfeier sei nicht konkret gestört worden. Der Volkstrauertag genieße in Baden-Württemberg keinen besonderen gesetzlichen Schutz; es handele sich um einen normalen Sonntag. Des Weiteren habe der Volkstrauertag keinen politischen Sinngehalt im Hinblick auf die Bekämpfung rechtsextremistischen Gedankenguts. Zwar solle auch daran erinnert werden, dass ein dem nationalsozialistischen Regime und dem Zweiten Weltkrieg vergleichbares Sterben durch Unrechtsregime und Angriffskriege sich nicht wiederholen möge; doch sei es unzutreffend, dass eine solche Wiederholungsgefahr nur aus der politischen Welt des Rechtsextremen gegeben sei. Im Übrigen gehe das Verwaltungsgericht selbst nur von politisch rechts angesiedelten, nicht aber von rechtsextremen Meinungsäußerungen aus. Es sei auch nicht ersichtlich, dass seine Plakate und Flugblätter der Verherrlichung und Billigung von Angriffskriegen oder von totalitären Unrechtsregimen gedient hätten. Das Vorgehen der Beklagten stelle eine unzulässige Zensur der politischen Meinungsäußerung dar; ohnehin habe jedermann, der sich durch diese politische Meinungskundgabe gestört fühle, die Möglichkeit, wegzusehen oder die Handzettel ungelesen wegzuwerfen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26. Januar 2006 - 8 K 308/04 - abzuändern und
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a)  festzustellen, dass die von der Beklagten veranlasste Plakatbeschlagnahme und der ausgesprochene polizeiliche Platzverweis am Volkstrauertag 2003 gegenüber dem Kläger auf dem Gehweg gegenüber dem Eingangsbereich des Bergfriedhofs Tübingen rechtswidrig waren
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b)  festzustellen, dass die von der Beklagten veranlasste Flugblattbeschlagnahme und der ausgesprochene Platzverweis (mittels Ingewahrsamnahme) gegenüber dem Kläger am Volkstrauertag 2004 im öffentlichen Zugangsbereich des Bergfriedhofs Tübingen rechtswidrig waren,
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hilfsweise,
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die Beklagte zu verurteilen, es fortan an Volkstrauertagen zu unterlassen, vom Kläger gezeigte Plakate im öffentlichen Verkehrsraum (Bürgersteig, Parkplätze) gegenüber dem Eingangsbereich des Bergfriedhofs Tübingen zu verbieten, zu beschlagnahmen oder mittels Platzverweises zu verunmöglichen, es sei denn, dass ein Einschreiten auf der Grundlage von StGB und StPO oder wegen Verherrlichung/Billigung von Unrechtsregimen und Angriffskriegen geboten ist, oder der Kläger in akustischer Weise störend in Erscheinung tritt, und die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, eine vom Kläger beabsichtigte Verteilung von Handzetteln im öffentlichen Verkehrsraum (Bürgersteig, Parkplatz) gegenüber dem Eingangsbereich des Bergfriedhofs zu verbieten, die Handzettel zu beschlagnahmen oder ihre Verteilung mittels Platzverweises zu verunmöglichen, es sei denn, dass ein Einschreiten auf der Grundlage von StGB und StPO oder wegen der Verherrlichung/Billigung von Unrechtsregimen und Angriffskriegen geboten ist, oder der Kläger in akustischer Weise störend in Erscheinung tritt.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Zulassungs- und Berufungsverfahren Bezug genommen. Dem Senat liegen die Behörden- und Gerichtsakten aus dem Klageverfahren vor; sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
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Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch ansonsten zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die - im Berufungsverfahren sachdienlich im Hauptantrag verfolgte - Fortsetzungsfeststellungsklage nicht abweisen dürfen.
I.
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Diese Klage ist nach vorprozessualer Erledigung der streitigen Verwaltungsakte in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere steht dem Kläger ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zur Seite. Er kann sich jedenfalls auf eine Wiederholungsgefahr berufen. Daneben kann er auch geltend machen, dass sich die zur gerichtlichen Überprüfung gestellten Maßnahmen typischerweise schnell erledigen, so dass angesichts der Grundrechtsbetroffenheit die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG die Eröffnung der Klagemöglichkeit gebietet (vgl. Senatsurteil vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, VBlBW 2005, 431 m.w.N.). Der Klageantrag ist mit der Klarstellung, dass auch die Rechtswidrigkeit der Ingewahrsamnahme im Jahre 2004 festgestellt werden soll, zulässig. Darin liegt nicht etwa eine unzulässige Klageerweiterung in der Berufungsinstanz. Denn bei sachdienlicher Auslegung des ursprünglichen Klagebegehrens ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Kläger bereits vor dem Verwaltungsgericht auch die Ingewahrsamnahme zum Klagegegenstand gemacht hat.
II.
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Die Klage ist auch begründet. Die polizeilichen Maßnahmen gegenüber dem Kläger waren rechtswidrig. Sie sind von einer Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Der Anwendungsbereich des Polizeigesetzes, auf das die Beklagte die Maßnahmen gestützt hat, war unmittelbar nicht eröffnet. Die Voraussetzungen für ein Einschreiten auf der Grundlage des vorrangigen Versammlungsgesetzes, in dessen Folge dann auch Maßnahmen aufgrund des Polizeigesetz ergehen dürfen (siehe etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 26.10.2004 - 1 BvR 1726/01 -, NVwZ 2005, 80 <81> m.w.N.; vgl. auch § 1 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung des Innenministeriums über Zuständigkeiten nach dem Versammlungsgesetz - VersGZuVO - vom 25.05.1977, GBl. S. 196, zuletzt geändert durch Verordnung vom 17.06.1997, GBl. 278), lagen nicht vor.
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1. Die als eine Art „Mahnwache“ einzuordnenden Aktionen des Klägers und seiner jeweiligen Begleiter erfüllten in beiden Jahren den verfassungsrechtlichen Begriff der Versammlung i.S.v. Art. 8 Abs. 1 GG, der sich mit dem versammlungsrechtlichen Begriff deckt.
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a) Eine Versammlung ist danach eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <104>). Durch Meinungskundgabe mittels Plakaten und Flugblättern zielte das Auftreten auf die öffentliche Meinungsbildung. Eine geringe Teilnehmerzahl steht der Annahme einer Versammlung nicht entgegen. Ein Sich-Versammeln als Zusammenkunft „mehrerer Personen“ ist bereits bei nur zwei Teilnehmern gegeben (vgl. zur mittlerweile überwiegenden Auffassung in der verfassungs- und versammlungsrechtlichen Literatur zuletzt Sachs in: Stern, Staatsrecht, Bd. IV 1, 2006, § 107, S. 1196 ff., mit umfangreichen Nachweisen , auch zur Gegenansicht ; zur strafrechtl. und OWi- Rspr. Wache in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtl. Nebengesetze, Bd. 4, V 55 < Dez. 2005 >, § 1, Rn. 23 m.N.). Der mögliche Wortsinn als Grenze der Interpretation ist damit - im Gegensatz zur Annahme einer „Ein-Mann-Versammlung“, die ggfs. als Demonstration nur von Art. 5 Abs. 1 GG geschützt ist - nicht
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überschritten. Eine unterschiedliche rechtliche Einordnung einer Veranstaltung mit zwei und einer mit drei Personen unter Verweis auf ein - vages - Sprachgefühl und „natürliches Verständnis“ überzeugt angesichts des auch individualbezogenen Schutzzwecks des Art. 8 GG und des daraus zu folgernden Verbots einer staatlichen Isolierung des Einzelnen nicht; dies gilt auch dann, wenn ein - bezogen auf den verfolgten Zweck - enger Versammlungsbegriff zugrunde gelegt wird. Gegen diese weite Auslegung des Grundrechtstatbestands spricht schließlich nicht die damit nach Maßgabe des Gesetzesvorbehalts in Art. 8 Abs. 2 GG einhergehende Möglichkeit der Auferlegung versammlungsrechtlicher Pflichten (siehe hierzu Gusy in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 1, 5. Aufl. 2005, Art. 8 Rn. 15; Hoffmann-Riem in: Denninger , AK-GG, 3. Aufl. , Art. 8 Rn. 18). Denn auch der vorliegende Fall zeigt, dass sich der Regelungsbedarf bei öffentlichen und öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen mit zwei oder mit drei Personen nicht grundlegend unterscheidet. Fehlt insbesondere Veranstaltungen mit nur wenigen Personen die Öffentlichkeitswirkung, etwa weil sie als Zwiegespräch schon ihrer Natur nach nicht öffentlich sind, ist das Versammlungsgesetz mit seinen besonderen Pflichten, etwa der Anmeldepflicht, nicht einschlägig. Einer unterschiedlichen verfassungsrechtlichen und einfachrechtlichen Begriffsbildung bedarf es folglich nicht.
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b) Der zeitliche Geltungsbereich des Versammlungsgesetzes war ebenfalls eröffnet. Er setzt - vorbehaltlich einer abweichenden ausdrücklichen Regelung (siehe insbes. § 17a VersG) - nach der Rechtsprechung des Senats im Interesse einer klaren Zäsur den Beginn der Versammlung voraus (Urteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, NVwZ 1998, 761 <763>). Dies war im Zeitpunkt des behördlichen Einschreitens nicht nur am Volkstrauertag 2003, sondern auch am Volkstrauertag 2004 schon bei der Verteilung der Flugblätter der Fall. Denn dies war bereits Teil der damaligen Mahnwache und diente nicht lediglich deren Vorbereitung.
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2. Gegen die dem Anwendungsbereich des Versammlungsgesetzes unterfallenden Veranstaltungen des Klägers konnte vor dem Erlass einer versammlungsrechtlichen Auflösungs- bzw. Auflagenverfügung nicht auf der Grundlage des Polizeigesetzes eingeschritten werden.
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Die Beklagte hat die versammlungsrechtlichen Ermächtigungsgrundlagen mit ihren mündlich ergangenen Verfügungen ausweislich der Polizeiberichte und der Einlassungen im gerichtlichen Verfahren nicht ausdrücklich in Anspruch genommen. Es kann dahinstehen, ob es gleichwohl möglich wäre, im Erlass eines Platzverweises bzw. der Anordnung der Ingewahrsamnahme zugleich eine Auflösungsverfügung oder jedenfalls in der Beschlagnahmeanordnung auch eine Auflagenverfügung jeweils nach § 15 Abs. 2 VersG in der bis zum 31.03.2005 gültigen Fassung (vgl. nunmehr § 15 Abs. 3 VersG i.d.F. des Gesetzes vom 24.03.2005, BGBl. I S. 969) zu sehen. Denn auch als versammlungsrechtliche Entscheidungen - die fehlende Wesensänderung durch den Austausch der Rechtsgrundlagen unterstellt - könnten diese Maßnahmen keinen rechtlichen Bestand haben. Zwar stünde deren Rechtmäßigkeit nicht bereits die Zuständigkeitsordnung entgegen, denn die Beklagte ist als Große Kreisstadt nicht nur Ortspolizeibehörde, sondern auch Versammlungsbehörde (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 VersGZuVO, § 62 Abs. 3 PolG, § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 16 Abs. 1 LVG). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 VersG a.F. waren jedoch nicht gegeben; diese decken sich bezüglich der durch den Verweis auf § 15 Abs. 1 VersG in Bezug genommenen Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Übrigen mit der polizeirechtlichen Beurteilung.
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a) Allein die Tatsache, dass die Versammlung entgegen § 14 Abs. 1 VersG nicht angemeldet war, könnte eine Auflösung nicht rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <351>).
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b) Eine Störung der öffentlichen Sicherheit war nicht gegeben und stand auch nicht unmittelbar bevor.
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aa) Das den Veranstaltern der Gedenkfeier auf dem Friedhofsgelände gemäß § 5 Abs. 4 der Friedhofssatzung der Beklagten eingeräumte Sondernutzungsrecht gibt diesen das Recht, die Feier nach eigenen Vorstellungen zu gestalten und unbehelligt von Einwirkungen Dritter abzuhalten (vgl. OVG Rh.-Pf., Urteil vom 10.09.1986 - 11 A 53/84 -, NVwZ 1987, 1099 <1100>). Dies war hier gewährleistet, da der Kläger und seine Begleiter sich nicht auf dem Friedhof selbst aufhielten und dort der Gedenkfeier ihren Stempel aufzudrücken versuchten, sondern gegenüber dem Haupteingang auf der anderen Straßenseite standen. Eine Einwirkung von außen auf das Geschehen auf dem Friedhof war - jedenfalls in erheblicher Weise - nicht gegeben. Für geplante akustische Störungen durch Sprechchöre, Lautsprechereinsatz oder Ähnliches gab es keine Hinweise. Allein die Tatsache, dass die Teilnehmer der Gedenkfeier auf dem Weg von der Kapelle zum Mahnmal beim Passieren des Eingangsbereichs die Plakate des Klägers in beträchtlicher Entfernung hätten sehen können, ist nicht von Relevanz. Es kann in keiner Weise davon ausgegangen werden, dass ihnen während der Feier die Meinungskundgabe des Klägers in irgendeiner unzulässigen Weise aufgedrängt worden wäre. Für die vom Verwaltungsgericht angenommene weitere räumliche und zeitliche Ausstrahlungswirkung des aus dem Sondernutzungsrecht fließenden Gestaltungsrechts fehlt es an jeglicher rechtlichen Grundlage; denn die allein auf der Grundlage der Friedhofssatzung gewährte Sondernutzung ermöglichte nicht die Einrichtung einer über den eigentlichen Veranstaltungsort hinausreichenden, von konkreten störenden Einwirkungen unabhängigen „Bannmeile“. Eine „negative Meinungsfreiheit“, verstanden als das Recht, von der Konfrontation mit abweichenden fremden Meinungen in jeglicher Weise verschont zu bleiben, gibt es nicht.
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Auch im Jahr 2004 gab es schließlich keine hinreichend verlässlichen Anhaltspunkte, die die Prognose hätte rechtfertigen können, dass der Kläger entgegen seinen Bekundungen in den eidesstattlichen Versicherungen wie in früheren Jahren auf das Gelände des Friedhofs vordringen würde. Nach den Mitteilungen der Beklagten im Klageverfahren war schon in den Jahren 2001 und 2002 kein Anlass für ein polizeiliches Einschreiten gegeben. Allein die lautstarke Auseinandersetzung um eine polizeiliche Anordnung gab für weitergehende Befürchtungen keine hinreichende Tatsachengrundlage; insbesondere spricht alles dafür, dass die in der damaligen Beschlagnahmeverfügung liegende Wegnahmeanordnung kurzfristig und damit rechtzeitig vor Beginn der Gedenkfeier vollstreckt werden konnte, so dass weitere akustische Störungen nicht mehr zu besorgen waren.
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bb) Die Versammlungen mit dem vom Kläger verfolgten Anliegen verstießen nicht gegen die Vorschriften des Gesetzes über die Sonntage und die Feiertage (Feiertagsgesetz - FTG) vom 08.05.1995 (GBl. S. 450). Der Volkstrauertag genießt zwar über den allgemeinen Schutz des Sonntags hinaus einen besonderen gesetzlichen Schutz; dieser hinderte das Auftreten des Klägers jedenfalls in der vom ihm gewählten konkreten Art und Weise aber nicht.
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Nach § 8 Abs. 3 FTG können u.a. am Volkstrauertag öffentliche Veranstaltungen und Vergnügungen, auch soweit sie nach § 7 Abs. 2 FTG - diese Bestimmung bezweckt den Schutz der Hauptgottesdienstzeiten - nicht verboten sind, von der Kreispolizeibehörde auf Antrag der Ortspolizeibehörde verboten werden, wenn sie nach den besonderen örtlichen Verhältnissen Anstoß zu erregen geeignet sind. Wie der Vergleich mit § 7 Abs. 2 FTG deutlich macht, nimmt § 8 Abs. 3 FTG die in § 7 Abs. 2 Nr. 1 FTG ausdrücklich - in Abgrenzung zu öffentlichen Veranstaltungen und Vergnügungen - erwähnten öffentlichen Versammlungen von dieser Verbotsmöglichkeit aus. Darüber hinaus geht auch die Beklagte nicht davon aus, dass die Aktionen des Klägers von vornherein mit dem Charakter und der Würde des Volkstrauertags als eines Tags des stillen Gedenkens (siehe hierzu auch § 10 Abs. 1, § 11 FTG) unvereinbar seien; denn gegen das Zeigen der Plakate in der Innenstadt hat sie nach ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nichts einzuwenden. Ob und inwieweit die Eigenart des Volkstrauertags die Versammlungsfreiheit einzuschränken geeignet ist, bedarf hier keiner weiteren Vertiefung (siehe hierzu etwa OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 24.11.2006 - 7 B 11487/06 - ).
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cc) Ein Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit lag schließlich auch nicht darin, dass ausweislich eines Fotos im Jahre 2003 ein Plakat gegen das Kraftfahrzeug gelehnt auf dem Boden stand. Zwar überschreitet die Verwendung von Plakatständern den straßenrechtlichen Gemeingebrauch auch auf Gehwegen und in Fußgängerbereichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.08.1994 - 11 C 57.92 -, NVwZ-RR 1995, 129 m.N.). Demgegenüber liegt im Verhalten des Klägers ebenso wenig eine genehmigungspflichtige Sondernutzung wie im Verteilen von nicht gewerblichen Flugblättern (siehe BVerwG, Urteil vom 07.06.1978 - 7 C 5.78 -, BVerwGE 56, 63 <66 f.>). Dahinstehen kann, ob das Befestigen der Faltblätter unter den Scheibenwischern geparkter Kraftfahrzeuge als unzumutbare Belästigung einzustufen ist und deswegen einen zivilrechtlichen Abwehranspruch des Kfz-Halters zur Folge hat (siehe hierzu Dahlen, MDR 1991, 1130; Köhler in: Hefermehl u.a. , Wettbewerbsrecht, 25. Aufl. 2007, § 7 Rn. 31). Denn insoweit stünde einem polizeilichen Einschreiten die Subsidiaritätsklausel des § 2 Abs. 2 PolG entgegen. Im Übrigen hätte allein ein solcher Rechtsverstoß weder die Auflösung der Versammlung noch die Anordnung der Beseitigung der Plakate gerechtfertigt.
34 
c) Auf einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung konnten die polizeilichen Maßnahmen ebenso wenig gestützt werden.
35 
Die Maßnahmen knüpfen an den Inhalt der mit den Plakaten und Flugblättern kundgetanen Meinungsäußerungen an, die nach Ansicht des Verwaltungsgerichts mit dem Anliegen des Volkstrauertags nicht in Einklang stehen. Danach sind die Anordnungen, auch wenn sie zugleich auf eine Beschränkung der Versammlungsfreiheit abzielen, am Maßstab des Art. 5 GG zu messen.
36 
Eine inhaltliche Begrenzung von Meinungsäußerungen hat sich, auch wenn sie sich nur auf bestimmte Zeiten und Orte beschränkt, im Rahmen der Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG zu bewegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (siehe insbesondere Beschluss vom 23.06.2004 - 1 BvQ 19/04 -, BVerfGE 111, 147 <155 f.>) haben die hier einschlägigen „allgemeinen Gesetze“ ihre Ausformung insbesondere in der Strafrechtsordnung gefunden, während auf den Begriff der öffentlichen Ordnung mangels tatbestandlicher Eingrenzung nicht zurückgegriffen werden darf. Die Grenzen des Strafrechts überschreiten aber die Äußerungen auf den Plakaten offensichtlich nicht. Beim Inhalt des Faltblatts ist hierfür gleichfalls nichts ersichtlich. Auch die Strafverfolgungsbehörden haben keinen Anlass zu Ermittlungen gegen den Kläger gesehen. Schließlich bildet die öffentliche Ordnung keine verfassungsunmittelbare Grundrechtsschranke (vgl. Beschluss vom 23.06.2004 - 1 BvQ 19/04 -, BVerfGE 111, 147 <157 f.>). Die Sperrwirkung der Vorschriften, die der Abwehr von Beeinträchtigungen der Grundlagen einer freiheitlichen demokratischen Ordnung mit den Mitteln des Rechtsstaats dienen sollen, steht der Annahme entgegen, sonstige Maßnahmen könnten ohne Beachtung des Vorbehalts des Gesetzes mit dem Schutz der Wertordnung des Grundgesetzes gerechtfertigt werden.
37 
Das Verwaltungsgericht verweist des Weiteren auf eine „provokante Art und Weise der Meinungsäußerung“ und nimmt Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 23.06.2004 - 1 BvQ 19/04 -, BVerfGE 111, 147 <156 f.> m.N. aus der Rspr. der 1. Kammer des 1. Senats). Danach können Beschränkungen der Art und Weise der Durchführung von Versammlungen - des äußeren Versammlungsgeschehens - auch zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Ordnung angeordnet werden. Hiernach ist es rechtlich unbedenklich, wenn aggressives und provokatives, die Bürger einschüchterndes Verhalten der Versammlungsteilnehmer verhindert werden soll, durch das ein Klima der Gewaltdemonstration und potenzieller Gewaltbereitschaft erzeugt wird. Die öffentliche Ordnung kann des Weiteren verletzt sein, wenn Rechtsextremisten einen Aufzug an einen speziell der Erinnerung an das Unrecht des Nationalsozialismus und den Holocaust dienenden Feiertag so durchführen, dass von seiner Art und Weise Provokationen ausgehen, die das sittliche Empfinden der Bürgerinnen und Bürger erheblich beeinträchtigen. Gleiches gilt, wenn ein Aufzug sich durch sein Gesamtgepräge mit den Riten und Symbolen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft identifiziert und durch Wachrufen der Schrecken des vergangenen totalitären und unmenschlichen Regimes andere Bürger einschüchtert. Von einem auch nur annähernd vergleichbaren Verhalten kann im vorliegenden Fall keine Rede sein; denn der Kläger beschränkte sich jeweils auf eine stille „Mahnwache“, die als solche in keiner Weise aggressiv und Angst einflößend wirkte. Nicht die Art und Weise der Meinungsäußerung des Klägers war je nach Empfängerhorizont geeignet zu provozieren, sondern deren Inhalt.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO
39 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
40 
Beschluss
vom 25. April 2007
41 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 39 Abs. 1 sowie § 63 Abs. 2 GKG).

Gründe

 
18 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch ansonsten zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die - im Berufungsverfahren sachdienlich im Hauptantrag verfolgte - Fortsetzungsfeststellungsklage nicht abweisen dürfen.
I.
19 
Diese Klage ist nach vorprozessualer Erledigung der streitigen Verwaltungsakte in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere steht dem Kläger ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zur Seite. Er kann sich jedenfalls auf eine Wiederholungsgefahr berufen. Daneben kann er auch geltend machen, dass sich die zur gerichtlichen Überprüfung gestellten Maßnahmen typischerweise schnell erledigen, so dass angesichts der Grundrechtsbetroffenheit die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG die Eröffnung der Klagemöglichkeit gebietet (vgl. Senatsurteil vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, VBlBW 2005, 431 m.w.N.). Der Klageantrag ist mit der Klarstellung, dass auch die Rechtswidrigkeit der Ingewahrsamnahme im Jahre 2004 festgestellt werden soll, zulässig. Darin liegt nicht etwa eine unzulässige Klageerweiterung in der Berufungsinstanz. Denn bei sachdienlicher Auslegung des ursprünglichen Klagebegehrens ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Kläger bereits vor dem Verwaltungsgericht auch die Ingewahrsamnahme zum Klagegegenstand gemacht hat.
II.
20 
Die Klage ist auch begründet. Die polizeilichen Maßnahmen gegenüber dem Kläger waren rechtswidrig. Sie sind von einer Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Der Anwendungsbereich des Polizeigesetzes, auf das die Beklagte die Maßnahmen gestützt hat, war unmittelbar nicht eröffnet. Die Voraussetzungen für ein Einschreiten auf der Grundlage des vorrangigen Versammlungsgesetzes, in dessen Folge dann auch Maßnahmen aufgrund des Polizeigesetz ergehen dürfen (siehe etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 26.10.2004 - 1 BvR 1726/01 -, NVwZ 2005, 80 <81> m.w.N.; vgl. auch § 1 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung des Innenministeriums über Zuständigkeiten nach dem Versammlungsgesetz - VersGZuVO - vom 25.05.1977, GBl. S. 196, zuletzt geändert durch Verordnung vom 17.06.1997, GBl. 278), lagen nicht vor.
21 
1. Die als eine Art „Mahnwache“ einzuordnenden Aktionen des Klägers und seiner jeweiligen Begleiter erfüllten in beiden Jahren den verfassungsrechtlichen Begriff der Versammlung i.S.v. Art. 8 Abs. 1 GG, der sich mit dem versammlungsrechtlichen Begriff deckt.
22 
a) Eine Versammlung ist danach eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <104>). Durch Meinungskundgabe mittels Plakaten und Flugblättern zielte das Auftreten auf die öffentliche Meinungsbildung. Eine geringe Teilnehmerzahl steht der Annahme einer Versammlung nicht entgegen. Ein Sich-Versammeln als Zusammenkunft „mehrerer Personen“ ist bereits bei nur zwei Teilnehmern gegeben (vgl. zur mittlerweile überwiegenden Auffassung in der verfassungs- und versammlungsrechtlichen Literatur zuletzt Sachs in: Stern, Staatsrecht, Bd. IV 1, 2006, § 107, S. 1196 ff., mit umfangreichen Nachweisen , auch zur Gegenansicht ; zur strafrechtl. und OWi- Rspr. Wache in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtl. Nebengesetze, Bd. 4, V 55 < Dez. 2005 >, § 1, Rn. 23 m.N.). Der mögliche Wortsinn als Grenze der Interpretation ist damit - im Gegensatz zur Annahme einer „Ein-Mann-Versammlung“, die ggfs. als Demonstration nur von Art. 5 Abs. 1 GG geschützt ist - nicht
23 
überschritten. Eine unterschiedliche rechtliche Einordnung einer Veranstaltung mit zwei und einer mit drei Personen unter Verweis auf ein - vages - Sprachgefühl und „natürliches Verständnis“ überzeugt angesichts des auch individualbezogenen Schutzzwecks des Art. 8 GG und des daraus zu folgernden Verbots einer staatlichen Isolierung des Einzelnen nicht; dies gilt auch dann, wenn ein - bezogen auf den verfolgten Zweck - enger Versammlungsbegriff zugrunde gelegt wird. Gegen diese weite Auslegung des Grundrechtstatbestands spricht schließlich nicht die damit nach Maßgabe des Gesetzesvorbehalts in Art. 8 Abs. 2 GG einhergehende Möglichkeit der Auferlegung versammlungsrechtlicher Pflichten (siehe hierzu Gusy in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 1, 5. Aufl. 2005, Art. 8 Rn. 15; Hoffmann-Riem in: Denninger , AK-GG, 3. Aufl. , Art. 8 Rn. 18). Denn auch der vorliegende Fall zeigt, dass sich der Regelungsbedarf bei öffentlichen und öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen mit zwei oder mit drei Personen nicht grundlegend unterscheidet. Fehlt insbesondere Veranstaltungen mit nur wenigen Personen die Öffentlichkeitswirkung, etwa weil sie als Zwiegespräch schon ihrer Natur nach nicht öffentlich sind, ist das Versammlungsgesetz mit seinen besonderen Pflichten, etwa der Anmeldepflicht, nicht einschlägig. Einer unterschiedlichen verfassungsrechtlichen und einfachrechtlichen Begriffsbildung bedarf es folglich nicht.
24 
b) Der zeitliche Geltungsbereich des Versammlungsgesetzes war ebenfalls eröffnet. Er setzt - vorbehaltlich einer abweichenden ausdrücklichen Regelung (siehe insbes. § 17a VersG) - nach der Rechtsprechung des Senats im Interesse einer klaren Zäsur den Beginn der Versammlung voraus (Urteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, NVwZ 1998, 761 <763>). Dies war im Zeitpunkt des behördlichen Einschreitens nicht nur am Volkstrauertag 2003, sondern auch am Volkstrauertag 2004 schon bei der Verteilung der Flugblätter der Fall. Denn dies war bereits Teil der damaligen Mahnwache und diente nicht lediglich deren Vorbereitung.
25 
2. Gegen die dem Anwendungsbereich des Versammlungsgesetzes unterfallenden Veranstaltungen des Klägers konnte vor dem Erlass einer versammlungsrechtlichen Auflösungs- bzw. Auflagenverfügung nicht auf der Grundlage des Polizeigesetzes eingeschritten werden.
26 
Die Beklagte hat die versammlungsrechtlichen Ermächtigungsgrundlagen mit ihren mündlich ergangenen Verfügungen ausweislich der Polizeiberichte und der Einlassungen im gerichtlichen Verfahren nicht ausdrücklich in Anspruch genommen. Es kann dahinstehen, ob es gleichwohl möglich wäre, im Erlass eines Platzverweises bzw. der Anordnung der Ingewahrsamnahme zugleich eine Auflösungsverfügung oder jedenfalls in der Beschlagnahmeanordnung auch eine Auflagenverfügung jeweils nach § 15 Abs. 2 VersG in der bis zum 31.03.2005 gültigen Fassung (vgl. nunmehr § 15 Abs. 3 VersG i.d.F. des Gesetzes vom 24.03.2005, BGBl. I S. 969) zu sehen. Denn auch als versammlungsrechtliche Entscheidungen - die fehlende Wesensänderung durch den Austausch der Rechtsgrundlagen unterstellt - könnten diese Maßnahmen keinen rechtlichen Bestand haben. Zwar stünde deren Rechtmäßigkeit nicht bereits die Zuständigkeitsordnung entgegen, denn die Beklagte ist als Große Kreisstadt nicht nur Ortspolizeibehörde, sondern auch Versammlungsbehörde (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 VersGZuVO, § 62 Abs. 3 PolG, § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 16 Abs. 1 LVG). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 VersG a.F. waren jedoch nicht gegeben; diese decken sich bezüglich der durch den Verweis auf § 15 Abs. 1 VersG in Bezug genommenen Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Übrigen mit der polizeirechtlichen Beurteilung.
27 
a) Allein die Tatsache, dass die Versammlung entgegen § 14 Abs. 1 VersG nicht angemeldet war, könnte eine Auflösung nicht rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <351>).
28 
b) Eine Störung der öffentlichen Sicherheit war nicht gegeben und stand auch nicht unmittelbar bevor.
29 
aa) Das den Veranstaltern der Gedenkfeier auf dem Friedhofsgelände gemäß § 5 Abs. 4 der Friedhofssatzung der Beklagten eingeräumte Sondernutzungsrecht gibt diesen das Recht, die Feier nach eigenen Vorstellungen zu gestalten und unbehelligt von Einwirkungen Dritter abzuhalten (vgl. OVG Rh.-Pf., Urteil vom 10.09.1986 - 11 A 53/84 -, NVwZ 1987, 1099 <1100>). Dies war hier gewährleistet, da der Kläger und seine Begleiter sich nicht auf dem Friedhof selbst aufhielten und dort der Gedenkfeier ihren Stempel aufzudrücken versuchten, sondern gegenüber dem Haupteingang auf der anderen Straßenseite standen. Eine Einwirkung von außen auf das Geschehen auf dem Friedhof war - jedenfalls in erheblicher Weise - nicht gegeben. Für geplante akustische Störungen durch Sprechchöre, Lautsprechereinsatz oder Ähnliches gab es keine Hinweise. Allein die Tatsache, dass die Teilnehmer der Gedenkfeier auf dem Weg von der Kapelle zum Mahnmal beim Passieren des Eingangsbereichs die Plakate des Klägers in beträchtlicher Entfernung hätten sehen können, ist nicht von Relevanz. Es kann in keiner Weise davon ausgegangen werden, dass ihnen während der Feier die Meinungskundgabe des Klägers in irgendeiner unzulässigen Weise aufgedrängt worden wäre. Für die vom Verwaltungsgericht angenommene weitere räumliche und zeitliche Ausstrahlungswirkung des aus dem Sondernutzungsrecht fließenden Gestaltungsrechts fehlt es an jeglicher rechtlichen Grundlage; denn die allein auf der Grundlage der Friedhofssatzung gewährte Sondernutzung ermöglichte nicht die Einrichtung einer über den eigentlichen Veranstaltungsort hinausreichenden, von konkreten störenden Einwirkungen unabhängigen „Bannmeile“. Eine „negative Meinungsfreiheit“, verstanden als das Recht, von der Konfrontation mit abweichenden fremden Meinungen in jeglicher Weise verschont zu bleiben, gibt es nicht.
30 
Auch im Jahr 2004 gab es schließlich keine hinreichend verlässlichen Anhaltspunkte, die die Prognose hätte rechtfertigen können, dass der Kläger entgegen seinen Bekundungen in den eidesstattlichen Versicherungen wie in früheren Jahren auf das Gelände des Friedhofs vordringen würde. Nach den Mitteilungen der Beklagten im Klageverfahren war schon in den Jahren 2001 und 2002 kein Anlass für ein polizeiliches Einschreiten gegeben. Allein die lautstarke Auseinandersetzung um eine polizeiliche Anordnung gab für weitergehende Befürchtungen keine hinreichende Tatsachengrundlage; insbesondere spricht alles dafür, dass die in der damaligen Beschlagnahmeverfügung liegende Wegnahmeanordnung kurzfristig und damit rechtzeitig vor Beginn der Gedenkfeier vollstreckt werden konnte, so dass weitere akustische Störungen nicht mehr zu besorgen waren.
31 
bb) Die Versammlungen mit dem vom Kläger verfolgten Anliegen verstießen nicht gegen die Vorschriften des Gesetzes über die Sonntage und die Feiertage (Feiertagsgesetz - FTG) vom 08.05.1995 (GBl. S. 450). Der Volkstrauertag genießt zwar über den allgemeinen Schutz des Sonntags hinaus einen besonderen gesetzlichen Schutz; dieser hinderte das Auftreten des Klägers jedenfalls in der vom ihm gewählten konkreten Art und Weise aber nicht.
32 
Nach § 8 Abs. 3 FTG können u.a. am Volkstrauertag öffentliche Veranstaltungen und Vergnügungen, auch soweit sie nach § 7 Abs. 2 FTG - diese Bestimmung bezweckt den Schutz der Hauptgottesdienstzeiten - nicht verboten sind, von der Kreispolizeibehörde auf Antrag der Ortspolizeibehörde verboten werden, wenn sie nach den besonderen örtlichen Verhältnissen Anstoß zu erregen geeignet sind. Wie der Vergleich mit § 7 Abs. 2 FTG deutlich macht, nimmt § 8 Abs. 3 FTG die in § 7 Abs. 2 Nr. 1 FTG ausdrücklich - in Abgrenzung zu öffentlichen Veranstaltungen und Vergnügungen - erwähnten öffentlichen Versammlungen von dieser Verbotsmöglichkeit aus. Darüber hinaus geht auch die Beklagte nicht davon aus, dass die Aktionen des Klägers von vornherein mit dem Charakter und der Würde des Volkstrauertags als eines Tags des stillen Gedenkens (siehe hierzu auch § 10 Abs. 1, § 11 FTG) unvereinbar seien; denn gegen das Zeigen der Plakate in der Innenstadt hat sie nach ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nichts einzuwenden. Ob und inwieweit die Eigenart des Volkstrauertags die Versammlungsfreiheit einzuschränken geeignet ist, bedarf hier keiner weiteren Vertiefung (siehe hierzu etwa OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 24.11.2006 - 7 B 11487/06 - ).
33 
cc) Ein Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit lag schließlich auch nicht darin, dass ausweislich eines Fotos im Jahre 2003 ein Plakat gegen das Kraftfahrzeug gelehnt auf dem Boden stand. Zwar überschreitet die Verwendung von Plakatständern den straßenrechtlichen Gemeingebrauch auch auf Gehwegen und in Fußgängerbereichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.08.1994 - 11 C 57.92 -, NVwZ-RR 1995, 129 m.N.). Demgegenüber liegt im Verhalten des Klägers ebenso wenig eine genehmigungspflichtige Sondernutzung wie im Verteilen von nicht gewerblichen Flugblättern (siehe BVerwG, Urteil vom 07.06.1978 - 7 C 5.78 -, BVerwGE 56, 63 <66 f.>). Dahinstehen kann, ob das Befestigen der Faltblätter unter den Scheibenwischern geparkter Kraftfahrzeuge als unzumutbare Belästigung einzustufen ist und deswegen einen zivilrechtlichen Abwehranspruch des Kfz-Halters zur Folge hat (siehe hierzu Dahlen, MDR 1991, 1130; Köhler in: Hefermehl u.a. , Wettbewerbsrecht, 25. Aufl. 2007, § 7 Rn. 31). Denn insoweit stünde einem polizeilichen Einschreiten die Subsidiaritätsklausel des § 2 Abs. 2 PolG entgegen. Im Übrigen hätte allein ein solcher Rechtsverstoß weder die Auflösung der Versammlung noch die Anordnung der Beseitigung der Plakate gerechtfertigt.
34 
c) Auf einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung konnten die polizeilichen Maßnahmen ebenso wenig gestützt werden.
35 
Die Maßnahmen knüpfen an den Inhalt der mit den Plakaten und Flugblättern kundgetanen Meinungsäußerungen an, die nach Ansicht des Verwaltungsgerichts mit dem Anliegen des Volkstrauertags nicht in Einklang stehen. Danach sind die Anordnungen, auch wenn sie zugleich auf eine Beschränkung der Versammlungsfreiheit abzielen, am Maßstab des Art. 5 GG zu messen.
36 
Eine inhaltliche Begrenzung von Meinungsäußerungen hat sich, auch wenn sie sich nur auf bestimmte Zeiten und Orte beschränkt, im Rahmen der Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG zu bewegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (siehe insbesondere Beschluss vom 23.06.2004 - 1 BvQ 19/04 -, BVerfGE 111, 147 <155 f.>) haben die hier einschlägigen „allgemeinen Gesetze“ ihre Ausformung insbesondere in der Strafrechtsordnung gefunden, während auf den Begriff der öffentlichen Ordnung mangels tatbestandlicher Eingrenzung nicht zurückgegriffen werden darf. Die Grenzen des Strafrechts überschreiten aber die Äußerungen auf den Plakaten offensichtlich nicht. Beim Inhalt des Faltblatts ist hierfür gleichfalls nichts ersichtlich. Auch die Strafverfolgungsbehörden haben keinen Anlass zu Ermittlungen gegen den Kläger gesehen. Schließlich bildet die öffentliche Ordnung keine verfassungsunmittelbare Grundrechtsschranke (vgl. Beschluss vom 23.06.2004 - 1 BvQ 19/04 -, BVerfGE 111, 147 <157 f.>). Die Sperrwirkung der Vorschriften, die der Abwehr von Beeinträchtigungen der Grundlagen einer freiheitlichen demokratischen Ordnung mit den Mitteln des Rechtsstaats dienen sollen, steht der Annahme entgegen, sonstige Maßnahmen könnten ohne Beachtung des Vorbehalts des Gesetzes mit dem Schutz der Wertordnung des Grundgesetzes gerechtfertigt werden.
37 
Das Verwaltungsgericht verweist des Weiteren auf eine „provokante Art und Weise der Meinungsäußerung“ und nimmt Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 23.06.2004 - 1 BvQ 19/04 -, BVerfGE 111, 147 <156 f.> m.N. aus der Rspr. der 1. Kammer des 1. Senats). Danach können Beschränkungen der Art und Weise der Durchführung von Versammlungen - des äußeren Versammlungsgeschehens - auch zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Ordnung angeordnet werden. Hiernach ist es rechtlich unbedenklich, wenn aggressives und provokatives, die Bürger einschüchterndes Verhalten der Versammlungsteilnehmer verhindert werden soll, durch das ein Klima der Gewaltdemonstration und potenzieller Gewaltbereitschaft erzeugt wird. Die öffentliche Ordnung kann des Weiteren verletzt sein, wenn Rechtsextremisten einen Aufzug an einen speziell der Erinnerung an das Unrecht des Nationalsozialismus und den Holocaust dienenden Feiertag so durchführen, dass von seiner Art und Weise Provokationen ausgehen, die das sittliche Empfinden der Bürgerinnen und Bürger erheblich beeinträchtigen. Gleiches gilt, wenn ein Aufzug sich durch sein Gesamtgepräge mit den Riten und Symbolen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft identifiziert und durch Wachrufen der Schrecken des vergangenen totalitären und unmenschlichen Regimes andere Bürger einschüchtert. Von einem auch nur annähernd vergleichbaren Verhalten kann im vorliegenden Fall keine Rede sein; denn der Kläger beschränkte sich jeweils auf eine stille „Mahnwache“, die als solche in keiner Weise aggressiv und Angst einflößend wirkte. Nicht die Art und Weise der Meinungsäußerung des Klägers war je nach Empfängerhorizont geeignet zu provozieren, sondern deren Inhalt.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO
39 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
40 
Beschluss
vom 25. April 2007
41 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 39 Abs. 1 sowie § 63 Abs. 2 GKG).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 25. Apr. 2007 - 1 S 2828/06

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 25. Apr. 2007 - 1 S 2828/06

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 25. Apr. 2007 - 1 S 2828/06 zitiert 16 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 39 Grundsatz


(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert be

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 25. Apr. 2007 - 1 S 2828/06 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

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Tenor Die Berufungen der Klägerinnen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. November 2003 - 4 K 1967/01 - werden zurückgewiesen. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelasse
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Tenor Es wird festgestellt, dass die am 14. Mai 2015 (Himmelsfahrtstag - anlässlich der Karlspreisverleihung) gegen circa 11.00 Uhr durch Einsatzkräfte des beklagten Landes (PP Aachen) erfolgte Untersagung des Zutritts auf den Markt unter Mitnahme v

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 13. Okt. 2011 - 4 K 2413/11

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Tenor Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt war, die acht Aktenordner "Tagesablauf", „EC-Cash“, „11867 Löhne S.", „Buchhaltung 2011", "Buchhaltung 2010", "Buchhaltung 2010", "Personalanmeldungen" und "2 (Steueranmeldungen 2010/201

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Tenor Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt war, den Aktenordner mit der Aufschrift "11867 Löhne" am 21.06.2011 aus den Geschäftsräumen des Klägers mitzunehmen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1 De

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger erstrebt die Feststellung der Rechtswidrigkeit verschiedener polizeilicher Maßnahmen im Zusammenhang mit den öffentlichen Gedenkfeiern anlässlich der Volkstrauertage der Jahre 2003 und 2004 auf dem B. in T.. Zudem sucht er hinsichtlich künftiger Volkstrauertage um vorbeugenden Rechtsschutz nach.
Die Beklagte - die Stadt T. - und der Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge veranstalten gemeinsam alljährlich am Volkstrauertag eine öffentliche Gedenkfeier am Mahnmal auf dem B. in T.. Die Veranstaltung beginnt jeweils um 11.15 Uhr. Nach dem Willen der Veranstalter darf seit dem Jahre 1987 nur ein Kranz niedergelegt werden.
Am Volkstrauertag des Jahres 2003, dem 17.11.2003, fuhr der Kläger gegen 10.40 Uhr zusammen mit einer weiteren Person mit dessen Pkw, Marke Mitsubishi, amtliches Kennzeichen ...-..., unmittelbar auf einen freien Parkplatz gegenüber dem Haupteingang des B.. Der Kläger und sein Begleiter stiegen aus dem Fahrzeug und begannen sofort, Plakate und Plakattafeln vom Dachgepäckträger des Pkw abzuladen. Im Anschluss daran positionierten sie sich mit diesen Plakaten unmittelbar gegenüber dem Haupteingang des B.. Die vier Plakate trugen als Aufschriften, das Plakat 1: „Man darf in der BRD (schon lange) nicht mehr die Wahrheit sagen. BRAVO Hohmann, General Günzel, PFUI Merkel, Stoiber, Struck...“, das Plakat 2: „R. - S., W. ...: HÄNGT die Heimkehrertafel wieder auf!“, das Plakat 3: „Viele Politiker und Medien sind so dumm, dass sie nicht mehr wissen wo Ostdeutschland liegt. Zählen Sie auch dazu?“ und das Plakat 4: „Deutsche sind keine Antisemiten wegen Göbbels und Hitler - wohl aber judenkritisch wegen USrael, Scharon, Spiegel, Friedmann und vielen Lea Rosh’s!“. Aufgrund der Plakate wurden dem Kläger und seinem Begleiter vom anwesenden Vertreter des Ordnungsamtes der Beklagten zunächst ein Platzverweis und die Beschlagnahme der Plakate bis Veranstaltungsende angedroht, wobei sich der Vertreter des Ordnungsamtes der Beklagten auf eine vom Kläger abgegebene eidesstattliche Versicherung, die Veranstaltung nicht zu stören, berief. Nachdem sich der Kläger weigerte, die Plakate wieder auf dem Dachgepäckträger des Autos zu verstauen und es zu einem längeren Wortgefecht zwischen dem Kläger und dem Vertreter des Ordnungsamtes gekommen war, ordnete dieser den Platzverweis und die Beschlagnahme der Plakate bis Veranstaltungsende an. Der Kläger verließ daraufhin mit seinem Begleiter den Parkplatz. Bei einer späteren Überprüfung durch Beamte des Polizeivollzugsdienstes wurde festgestellt, dass sich der Kläger zum Ende der Veranstaltung im Areal des B. befunden hat, sich nach Aussage des Vertreters des Ordnungsamtes der Beklagten jedoch im Hintergrund gehalten habe, weshalb keine weiteren Maßnahmen getroffen wurden. Die beschlagnahmten Plakate wurden bis zum Ende der Veranstaltung beim Polizeirevier T. verwahrt, was dem Kläger unmittelbar nach Ende der Veranstaltung mitgeteilt wurde. Am 28.11.2003 holte der Kläger die inzwischen der Beklagten übergebenen Plakate ab.
Wegen dieser Maßnahmen hat der Kläger am 25.11.2003 Widerspruch bei der Beklagten erhoben, den diese jedoch unter Hinweis darauf, dass sich die ergangenen Verwaltungsakte durch Zeitablauf erledigt hätten und es deshalb eines Vorverfahrens nicht mehr bedürfe, nicht förmlich beschied.
Der Kläger hat daraufhin mit Schreiben vom 29.01.2004 Klage zum Verwaltungsgericht erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass er ein Rechtsschutzbedürfnis, insbesondere ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse habe, da er erheblich in seinen Grundrechten verletzt worden und dies auch für die weiteren Volkstrauertage zu befürchten sei; zudem seien diese Übergriffe der Polizei auch öffentlich und damit für ihn Ruf schädigend beobachtet worden. Er habe aufgrund der bisherigen Entwicklung seit etwa 1985 auch das Recht zur Geltendmachung eines vorbeugenden Unterlassungsanspruchs, zumal die Gegenseite bekundet habe, sie würde solche Plakate des Klägers an einem solchen Tage und einem solchen Ort nicht dulden. Das Vorgehen der Beklagten sei auch deshalb rechtswidrig, weil es sich in Ermangelung eines dritten Plakatprotestanten um keinerlei öffentliche Versammlung unter freiem Himmel gehandelt habe und somit das Versammlungsgesetz nicht greife. Vielmehr habe es sich um die unmittelbare Ausübung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung ähnlich dem Verteilen von Flugblättern gehandelt, was im öffentlichen Raum, an Straßen und auf Plätzen von der beschriebenen Rechtsordnung ohne Einschränkungen erlaubt sei. Auch eine Zensur hinsichtlich Inhalten, beteiligten Personen, aufgesuchten Örtlichkeiten oder Daten, Tagen und Tageszeiten dürfe nicht stattfinden.
Im Vorfeld der Feierlichkeiten zum Volkstrauertag 2004 versuchte der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen im Wege einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Beklagte zu erreichen, dass ihm das Zeigen von Plakaten gewährt wird, ohne dass diese beschlagnahmt werden oder ihm ein Platzverweis erteilt wird. Der Antrag wurde durch Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 11.11.2004 (Az.: 8 K 1965/04) abgelehnt.
Am Volkstrauertag 2004, dem 14.11.2004, fuhr der Kläger mit zwei weiteren Personen mit dem Pkw Mitsubishi, amtliches Kennzeichen ...-..., zum B.. Noch bevor der Kläger mit seinen Begleitern diesen erreicht hatte, verließ er den PKW und begab sich gegen 10.55 Uhr zu Fuß zum Haupteingang des B.. Auf dem Weg dorthin klemmte er gelbe Flugblätter (Faltblatt, herausgegeben vom „S. f. d. d. V. e.V.“) unter die Scheibenwischer abgestellter Fahrzeuge. Vom anwesenden Vertreter des Ordnungsamtes der Beklagten wurde der Kläger daraufhin mehrfach aufgefordert, die Verteilung der Flugblätter zu unterlassen, was er ignorierte. Als ihm darauf gesagt wurde, dass er es doch unterlassen solle, den Totensonntag jedes Mal für seine Aktion zu missbrauchen, äußerte der Kläger ausweislich des gefertigten Polizeiberichts wörtlich: „Sie missbrauchen den Volkstrauertag für Ihre Juden- und Kommunistenpropaganda.“. Dem Kläger wurde sodann vom Vertreter des Ordnungsamtes erklärt, dass die Flugblätter nun beschlagnahmt würden. Als ihm die Flugblätter von einem Beamten des Polizeivollzugsdienstes weggenommen werden sollten, wehrte der Kläger sich und fing lauthals an zu schreien. Daraufhin wurde dem Kläger vom Vertreter des Ordnungsamtes der Gewahrsam bis zum Ende der Feierstunde erklärt. Der Kläger wurde mit einfacher körperlicher Gewalt in das Dienstfahrzeug des Polizeivollzugsdienstes verbracht und zum Polizeirevier T. gefahren. Dort wurde er in der Gewahrsamseinrichtung eingeschlossen und um 12.16 Uhr wieder auf freien Fuß gesetzt. Die beiden Begleiter des Klägers fuhren währenddessen mit dem Pkw am Haupteingang des B. vor und hängten sich jeweils zwei Plakate um. Der Wortlaut der Plakate bei der einen Person lautete: „R. - S., W. und Gen. - Hängt die Heimkehrertafel wieder auf“ und „Man darf in der BRD (schon lange) nicht mehr die Wahrheit sagen. Bravo Hohmann, General Günzel, Pfui Merkel, Stoiber, Struck“. Die Plakate, die die andere Person mit sich führte, trugen folgenden Wortlaut: „Viele Politiker und Medien sind so dumm, dass sie nicht mehr wissen, wo Deutschland ist. Zählen Sie auch dazu?“ und „Wer wie die BRD Machthaber ein Verbrechen im Nachhinein als Recht behandelt, hat kein Recht andere zu verurteilen.“ Im Fahrzeug wurden zudem zwei weitere Plakate mitgeführt, die ausweislich des gefertigten Polizeiberichts offenbar für den Kläger gedacht waren. Nach langwieriger Diskussion und Aufklärung über die Rechtslage durch den Vertreter des Ordnungsamtes wurden die Plakate wieder im Pkw verstaut. Die beiden Personen begaben sich daraufhin auf das Friedhofsgelände.
Mit Schreiben vom 11.11.2005 hat der Kläger auch insoweit beim Verwaltungsgericht Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass durch das Vorgehen der Beklagten bewiesen sei, dass es ihr nicht um die Verhinderung angeblicher Störungen durch den Kläger gehe, sondern um die Unterdrückung missliebiger Meinungsäußerungen von rechts überhaupt, wie das allüberall in diesem Staate zu beobachten sei. Dies zeige insbesondere der Umstand, dass die Beklagte auch das Zeigen von Plakaten durch dritte Personen, die sie dem Kläger zuordne, gewaltsam unterbunden habe. Sie habe insoweit gegen diese Personen nicht einmal angebliche frühere „Störungen“ erfinden können, alldieweil diese noch nie am Volkstrauertag anwesend gewesen seien. Praktisch bedeute die staatlich legalisierte Abschaffung des Grund- und Menschenrechts auf freie Meinungsäußerung DDR-Verhältnisse, wo es auch eine verheißungsvolle Verfassung gegeben habe, die sich aber in der Verfassungswirklichkeit nur als ein Fetzen Papier erwiesen habe.
Der Kläger beantragt zuletzt,
10 
festzustellen, dass die von der Beklagten veranlasste Plakatbeschlagnahme und der ausgesprochene polizeiliche Platzverweis am Volkstrauertag 2003 auf dem Gehweg gegenüber dem Eingangsbereich des B. T. rechtswidrig waren,
11 
festzustellen, dass die von der Beklagten veranlasste Flugblattbeschlagnahme und der ausgesprochene polizeiliche Platzverweis am Volkstrauertag 2004 im öffentlichen Zugangsbereich des B. T. rechtswidrig waren,
12 
die Beklagte zu verurteilen, es fortan an Volkstrauertagen zu unterlassen, vom Kläger gezeigte Plakate im öffentlichen Verkehrsraum (Bürgersteig, Parkplätze) gegenüber dem Eingangsbereich des B. T. zu verbieten, zu beschlagnahmen oder mittels Platzverweises zu verunmöglichen, es sei denn, dass ein Einschreiten auf der Grundlage von StGB und StPO geboten ist oder der Kläger in akustischer Weise störend in Erscheinung tritt und
13 
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, vom Kläger beabsichtigte Verteilung von Handzetteln im öffentlichen Verkehrsraum (Bürgersteig, Parkplätze) gegenüber dem Eingangsbereich des B. zu verbieten, die Handzettel zu beschlagnahmen oder ihre Verteilung mittels Platzverweises zu verunmöglichen, es sei denn, dass ein Einschreiten auf der Grundlage von StGB und StPO geboten ist oder der Kläger in akustischer Weise störend in Erscheinung tritt.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Zur Begründung trägt sie hinsichtlich des Volkstrauertages 2003 vor, dass die Klage unbegründet sei, da die Beschlagnahme der Plakate sowie der Platzverweis rechtmäßig gewesen seien. Der Volkstrauertag als solcher und speziell die Gedenkfeier, mit der er begangen werde, habe nach der Anschauung einer weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung einen Inhalt und eine Zielrichtung, die gegen rechtsextreme Bestrebungen und rechtsextremes Gedankengut gerichtet sei. Dem komme nach dieser Anschauung ein so hoher Wert zu, dass seine Beachtung für ein gemeindliches Zusammenleben notwendig erscheine. Das Zeigen der Plakate mit rechtsgerichtetem Inhalt stelle somit eine Störung der öffentlichen Ordnung dar, die nur mit einer Beschlagnahme der Plakate habe beseitigt werden können. Die Beschlagnahme sei insoweit auch verhältnismäßig gewesen. Ebenso sei der Platzverweis gemäß den §§ 1, 3 PolG rechtmäßig gewesen, um eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Der Kläger habe im Zusammenhang mit der Vollziehung der Beschlagnahme lautstark geschrien und wie in der Vergangenheit über den „Unrechtsstaat“ und die „Gesinnungsjustiz“ geklagt. Hinsichtlich des Volkstrauertages 2004 sei die Gewahrsamnahme gem. § 28 PolG erfolgt, nachdem auf andere Weise eine bereits eingetretene erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung beseitigt werden können. Die vorbeugende Unterlassungsklage schließlich sei, soweit gegebenenfalls nicht bereits unzulässig, jedenfalls unbegründet. Der Kläger habe keinen seinem Antrag entsprechenden Anspruch gegen die Beklagte.
17 
Der Kammer haben die einschlägigen Behördenakten sowie die Gerichtsakten zu den Verfahren 6 K 2335/00, 6 K 3/01, 6 K 1748/01 und 8 K 1965/04 vorgelegen. Hierauf sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Klage bleibt sowohl als Fortsetzungsfeststellungklage (1.) als auch als vorbeugende Unterlassungsklage (2.) ohne Erfolg.
19 
1. Die Klage ist hinsichtlich der polizeilichen Maßnahmen an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 als Fortsetzungsfeststellungklage zulässig, jedoch nicht begründet.
20 
Die Klage ist analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig.
21 
Dem Kläger steht eine Feststellungsinteresse analog § 113 Abs.1 Satz 4 jedenfalls unter dem Aspekt der Wiederholungsgefahr zur Seite. Eine Wiederholungsgefahr in diesem Sinne setzt voraus, dass eine gleichartige Verwaltungsentscheidung bereits tatsächlich bevorsteht, in absehbarer Zeit möglich ist oder sich konkret abzeichnet. Dies ist vorliegend der Fall, nachdem die Beklagte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hinsichtlich des Volkstrauertages 2004 (8 K 1965/04) mit Schreiben vom 08.11.2004 ausdrücklich erklärt hat, dass für den Fall, dass sich der Kläger wie zum Volkstrauertag 2003 verhalte, „damit zu rechnen [sei], dass die Antragsgegnerin bereits um ihrer Selbstbindung gerecht zu werden, ähnlich verfährt, wie sie es im vergangenen Jahr für geboten hielt“. Dass sich der Kläger in Bezug auf künftige Volkstrauertage ähnlich wie bisher verhalten - also im Eingangsbereich des B. Plakate zeigen und Handzettel verteilen - möchte, ergibt sich u. a. bereits aus seinen Klaganträgen zum vorbeugenden Rechtsschutz. Darüber hinaus erklärte der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich, dass er mit seinen Handlungen „das spezielle Volkstrauertagspublikum im Auge“ habe und diese daher zum Zeitpunkt der Gedenkfeier am B. stattfinden müssten. Solche Handlungen „am Volkstrauertag in der Fußgängerzone in T.“ vorzunehmen, was die Beklagte gestatten würde, wie ihre Vertreter in der mündlichen Verhandlung sagten, lehnte der Kläger in der Verhandlung ausdrücklich ab.
22 
Darüber hinaus hat der Kläger ein schutzwürdiges Interesse an einer Rehabilitierung. Hat ein Verwaltungsakt außer seiner erledigten, belastenden Wirkung einen Inhalt, der dem Ansehen des Betroffenen schadet, so rechtfertigt das Interesse an einer Rehabilitation, an der Beseitigung der Rufminderung, eine Fortsetzungsfeststellungsklage. Der Kläger trägt vor, das Geschehen im Eingangsbereich des B. sei von der Öffentlichkeit beobachtet worden, was von der Beklagtenseite nicht bestritten worden ist. Zudem ist, jedenfalls was den Volkstrauertag 2003 angeht, auch in der Presse darüber berichtet worden. Dadurch kann das Ansehen des Klägers beeinträchtigt sein. Hinzu kommt hier noch, dass die Feststellungsbegehren polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand haben, die sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränken, in welcher der Betroffene keine gerichtliche Entscheidung erlangen kann. Dass in einem solchen Fall im Hinblick auf den durch Art.19 Abs.4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Klärung bestehen kann, ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, Juris m. w. N.).
23 
Der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage steht auch nicht entgegen, dass kein Vorverfahren durchgeführt worden ist. Die von der Polizei getroffene Maßnahmen in den genannten beiden Jahren haben sich auf die Dauer der Gedenkveranstaltung beschränkt und mit Ablauf ihrer Vollziehung erledigt. Da die Erledigung somit vor Ablauf der Widerspruchsfrist eingetreten ist, bedarf es eines Vorverfahrens nicht. Zudem ist die Klage auch nicht an die Frist der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7/98 -, BVerwGE 109, 203).
24 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die polizeilichen Maßnahmen an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 waren rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten.
25 
Die Platzverweise an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 finden ihre Rechtsgrundlage in den §§ 1, 3 des Polizeigesetzes (PolG) in der Fassung vom 13.Januar 1992 (GBl. S.1, ber. S. 596, 1993 S.155). Danach hat die Polizei die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, und zu deren Wahrnehmung diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage sind vorliegend erfüllt. Denn das Verhalten des Klägers stellte jeweils eine Störung der öffentlichen Sicherheit bzw. Ordnung dar.
26 
Öffentliche Sicherheit in diesem Sinne meint die Unverletzlichkeit der objektiven Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie die Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates und der sonstigen Träger von Hoheitsgewalt. Hierunter fällt auch die Rechtsposition der Veranstalter der Gedenkfeiern am Volkstrauertag als Sondernutzungserlaubnis, wie das Verwaltungsgericht Sigmaringen bereits in seinen Urteilen vom 31.05.1989 - 3 K 1735/88 - und vom 17.10.2002 - 6 K 1760/01 - zutreffend ausführt. Bei dem Mahnmal auf dem B. der Stadt T. handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung der Beklagten (vgl. § 2 der Friedhofssatzung vom 2. Juli 2001). Das Mahnmal ist Teil der Friedhofs. Nach § 5 Abs.4 Satz 1 Friedhofsordnung bedürfen Totengedenkfeiern auf den Friedhöfen der Zustimmung der Beklagten. Daraus folgt, dass es sich bei den Gedenkfeiern an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 um eine Sondernutzung, nicht um Ausübung des Gemeingebrauchs handelte. Die den Veranstaltern der Gedenkfeiern - der Stadt T. und dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge - erteilte Sondernutzungserlaubnis schließt für die Dauer ihrer Geltung den Gemeingebrauch anderer aus (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10.09.1986 - 11 A 53/84 -, NVwZ 1987, 1099). Die Veranstalter haben als Inhaber der Sondernutzungserlaubnis das Recht den Ablauf der Veranstaltung zu bestimmen und die Gedenkstätte nach ihren Wünschen und Bedürfnissen zu gestalten. Es gibt kein Recht Dritter, darauf Einfluss zu nehmen. Nach dem Willen der Veranstalter sollten die jeweiligen Gedenkfeiern zu den Volkstrauertagen 2003 und 2004 störungsfrei ablaufen; insbesondere ergibt sich aus den Umständen - seit 1987 sollte nur ein Kranz durch die Veranstalter abgelegt werden -, dass in unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Nähe zur Gedenkfeier keine politischen Meinungsäußerungen stattfinden sollten, welche zum mahnenden Charakter der Veranstaltung in Widerspruch stehen. Dabei bezieht sich das Gestaltungsrecht der Veranstalter räumlich nicht nur auf das Friedhofgelände selbst, sondern auch auf den daran unmittelbar angrenzenden Bereich - hier den Zugangsbereich zum Friedhofsgelände -, von dem aus zumindest bei extensiver Nutzung Dritte auf die Veranstaltung störend einzuwirken vermochten; dies auch dann, wenn diese Personen hierbei die Grenzen des sonst zulässigen Gemeingebrauchs im Einzelfall nicht überschritten haben sollten (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10.09.1986, a. a. O.). Zeitlich setzt die Sondernutzungserlaubnis nicht erst mit Beginn der Veranstaltung, sondern bereits zu einem Zeitpunkt ein, zu dem regelmäßig mit dem Eintreffen von Besuchern und Teilnehmern der Veranstaltung zu rechnen ist.
27 
Durch das Verhalten des Klägers an den genannten Volkstrauertagen stand jeweils eine Störung dieses Rechts der Veranstalter unmittelbar bevor. Im Jahr 2003 ergibt sich dies daraus, dass der Kläger sich gegen 10.40 Uhr und damit unmittelbar vor der um 11.15 Uhr beginnenden Veranstaltung mit den im Tatbestand bezeichneten Plakaten gegenüber dem Eingang des B. postierte. Der Inhalt dieser Plakate stand zu dem von den Veranstaltern gewünschten mahnenden Charakter der Gedenkfeier in erkennbarem Widerspruch. Gleiches gilt für die am Volkstrauertag 2004 gegen 10.55 Uhr verteilten Flugblätter des Klägers. Insoweit ist auch die vom Kläger gegenüber dem Vertreter des Ordnungsamtes der Beklagten gemachte Äußerung („Sie missbrauchen den Volkstrauertag für Ihre Juden- und Kommunistenpropaganda.“) zu berücksichtigen, aus der ersichtlich wird, dass es dem Kläger mit seinen Meinungsäußerungen erkennbar um eine Relativierung der Gedenkfeiern in der von Veranstaltern vorgenommenen Art und Weise ging. Zudem ließen das aggressive Verhalten des aus den Vorjahren für massive Störversuche im Hinblick auf die Gedenkfeier bekannten Klägers während der jeweils durchgeführten Polizeikontrollen darauf schließen, dass weitere Störungen unmittelbar bevor standen.
28 
Darüber hinaus bestand eine Gefahr für die öffentliche Ordnung im Sinne von § 1 PolG. Unter öffentlicher Ordnung wird die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln verstanden, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden und mit dem Wertgehalt des Grundgesetzes zu vereinbarenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebietes angesehen wird. Die öffentliche Ordnung kann durch die Art und Weise der Kundgabe einer Meinung oder durch provokantes Auftreten von Rechtsextremen verletzt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 -, NVwZ 2004, 90 m. w. N.). Die Gedenkfeier auf dem B. in T. am Volkstrauertag diente der Erinnerung an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, also an diejenigen Menschen, die unmittelbar durch die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft oder mittelbar durch den von dieser verschuldeten Weltkrieg ihr Leben verloren haben, und der Mahnung vor der Wiederholung solcher oder vergleichbarer Geschehnisse. Dieser Feiertag als solcher und speziell die Gedenkfeier, mit der er begangen wird, haben nach der Anschauung einer weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung einen Inhalt und eine Zielrichtung, die gegen rechtsextreme Bestrebungen und rechtsextremes Gedankengut gerichtet ist. Dem kommt nach dieser Anschauung ein so hoher Wert zu, dass seine Beachtung als für ein gedeihliches Zusammenleben notwendig erscheint (vgl. zum Charakter des Volkstrauertages auch OVG Brandenburg, Beschl. v. 15.11.2002 - 4 B 326/02 -, NVwZ 2003, 623). Die Absicht des Klägers, an diesen Tagen eine erklärtermaßen politisch rechts angesiedelte Meinungsäußerung - sei es durch das Zeigen von Plakaten oder das Verteilen von Flugblättern - zu betreiben, stellt eine Störung der öffentlichen Ordnung dar, die in den konkreten Situationen 2003 und 2004 jedenfalls unmittelbar bevorstand, wenn nicht gar bereits eingetreten war.
29 
Es sind keinerlei Anhaltspunkte - auch nicht ansatzweise - ersichtlich oder vorgetragen, dass die Veranstalter des Gedenktags dessen Charakter zuwider handeln oder gar missbrauchen. Die Behauptung des Klägers, der Tag werde für „Juden- und Kommunistenpropaganda“ missbraucht, ist haltlos. Sie lässt allerdings deutlich werden, worum es dem Kläger bei seinen Aktionen geht. Deren Inhalt aber auch die Art und Weise, etwa die lautstarken Auftritte des Klägers, sind unvereinbar mit dem still mahnenden Charakter des Volkstrauertages.
30 
Die Beklagte wurde jeweils als zuständige Ortspolizeibehörde (§§ 60 Abs. 1, 66 Abs. 2 PolG) tätig, um durch den Erlass der Platzverweise die Rechtspositionen der Veranstalter zu schützen und hierdurch die Gefahr für die öffentliche Ordnung zu beseitigen. Die Anordnungen richteten sich gegen den Kläger als Störer (§§ 6 und 7 PolG). Die Platzverweise waren auch nicht unverhältnismäßig. Es handelte sich um vorübergehende Maßnahmen, die nur von kurzer Dauer waren, nämlich bis zum Ende der Veranstaltung; es fehlt ihnen die Eingriffsqualität, so dass Art. 11 GG nicht entgegensteht (Reiff, PolG für Baden-Württemberg, Kommentar, § 3 RdNr. 26). Diese Platzverweise waren auch erforderlich, da es kein milderes Mittel im Sinne des § 5 PolG gab, um die Entfernung des Klägers vom Ort der Gedenkfeier zu erreichen.
31 
Die Platzverweise sind schließlich, auch soweit sie dazu dienten, eine Gefahr für die öffentliche Ordnung abzuwehren, ermessensfehlerfrei ergangen. Insbesondere ist auch die hierin liegende Beeinträchtigung der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers nicht zu beanstanden. Die Gewährleistung der Freiheit der Meinungsäußerung unterliegt nach Art. 5 Abs. 2 GG den Schranken der allgemeinen Gesetze, die - wie hier die §§ 1, 3 PolG - den Schutz anderer Rechtsgüter zum Gegenstand haben. Dabei darf das Grundrecht aus Art. 5 Abs.1 GG zwar nicht unbegrenzt eingeschränkt werden. Das Recht der freien Meinungsäußerung ist vielmehr als konstituierend für ein freiheitliches demokratisches Gemeinwesen in der Güterabwägung zu gewichten. Andererseits zählt die Abgrenzung gegen die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschland ebenfalls zu den tragenden Elementen der Wertordnung des Grundgesetzes. Wenngleich in einer Demokratie selbst diese Grundwerte keinen absoluten Schutz vor jeder Art von Kritik und auch Provokation genießen können, ist doch ein gewisser, eng begrenzter Kernbereich anzunehmen, in welchem die symbolische Bekräftigung derselben, auch im Sinne einer Selbstvergewisserung des demokratischen Gemeinwesens, gänzlich frei von Störungen gehalten werden darf. Zu diesem Kernbereich sind Veranstaltungen mit solch symbolischem Charakter, wie eben die Gedenkfeier zum Volkstrauertag auf dem T. B., zu zählen. Es ist darum unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden, wenn die Behörde in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Gedenkfeier Meinungsäußerungen unterbindet, die - wie die des Klägers - gezielt zur selben Zeit und in unmittelbarer Nähe vorgenommen werden, um den Inhalt der Feier zu konterkarieren. Zu diesem Zweck stellte ein Platzverweis, auch in der Ausdehnung auf den Eingangsbereich des Friedhofs, das mildeste Mittel dar.
32 
Was die Beschlagnahme der Plakate anlässlich des Volkstrauertages 2003 sowie der Flugblätter anlässlich des Volkstrauertages 2004 anbelangt, so waren diese ebenfalls rechtmäßig. Rechtsgrundlage der Beschlagnahme war jeweils § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG. Danach kann die Polizei eine Sache beschlagnahmen, wenn dies erforderlich ist zum Schutz eines Einzelnen oder des Gemeinwesens gegen eine unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung. Diese Voraussetzungen waren vorliegend gegeben, denn die Plakate und die Flugblätter dienten als Mittel der unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme gilt das oben zu den Platzverweisen Ausgeführte entsprechend. Zudem waren die zeitlichen Grenzen des § 33 Abs. 3 Satz 1 PolG gewahrt. Dies gilt auch hinsichtlich der anlässlich des Volkstrauertages 2003 stattgefundenen Beschlagnahme. Denn dem Kläger wurde die Möglichkeit gegeben, die Plakate unmittelbar nach dem Ende der Gedenkfeier am Ort der Verwahrung, dem Polizeirevier T., abzuholen. Eine Pflicht zur Rückgabe der Plakate am Ort der Beschlagnahme - hier dem Eingangsbereich des B.s - bestand angesichts von deren Rechtmäßigkeit nicht (vgl. ausführlich zur strafprozessualen Beschlagnahme: BGH, Urt. v. 03.02.2005 - III ZR 271/04 -, NJW 2005, 988).
33 
Was schließlich die Anordnung des polizeilichen Gewahrsams am Volkstrauertag 2004 angeht, war diese - soweit sich angesichts der Antragsformulierung die Klage hiergegen überhaupt richten sollte - ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten. Der Gewahrsam ist eine Maßnahme der Gefahrenabwehr und zielt auf eine Freiheitsentziehung aus präventiv polizeilichen Gründen. Rechtsgrundlage hierfür war § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG. Danach kann die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn auf andere Weise eine unmittelbar bevorstehende erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht verhindert oder eine bereits eingetretene Störung nicht beseitigt werden kann. Die weitere unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die vom Kläger im Jahr 2004 aufgrund seines aggressiven Verhaltens ausging, ist als erheblich einzustufen, nachdem er sich gegen die zuvor ausgesprochene Beschlagnahme der Flugblätter zur Wehr setzte und im Zuge dessen lauthals schrie; weitere Störungen des Klägers konnten daher auf andere Weise als seine Gewahrsamnahme nicht verhindert werden, insbesondere erschien ein Platzverweis nicht mehr ausreichend. Der erforderliche enge Zusammenhang mit der Gedenkveranstaltung (§ 28 Abs. 3 Satz 1 PolG) war ebenfalls gewahrt, da der Kläger unmittelbar nach Ende dieser Veranstaltung wieder aus dem Gewahrsam entlassen wurde.
34 
Der Rechtmäßigkeit der Gewahrsamnahme des Klägers steht schließlich nicht entgegen, dass keine richterliche Entscheidung über den Gewahrsam herbeigeführt worden ist (§ 28 Abs. 3 Satz 3 PolG). Denn die Herbeiführung einer solchen Entscheidung war vorliegend entbehrlich, da eine Prognose ergibt, dass eine richterliche Entscheidung erst zu einem Zeitpunkt hätte ergehen können, als der Grund für den Gewahrsam wieder weggefallen ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.09.2004 - 1 S 2206/03 -, VBlBW 2005, 63 m. w. N.). Der Kläger ist lediglich für knapp eine Stunde in Gewahrsam genommen worden, wobei für die Polizeibehörde angesichts der alljährlich stattfindenden Gedenkfeier auf dem B. diese (kurze) zeitliche Dauer und damit der Zeitpunkt der Freilassung des Klägers absehbar war. Bei dieser Sachlage erweist sich der Verzicht auf eine richterliche Entscheidung durch die Prognose gerechtfertigt, dass die Herbeiführung einer solchen die Dauer des Gewahrsams aller Voraussicht nach verlängert hätte. Insbesondere mit Blick darauf, dass die herbeizuführende richterliche Entscheidung zur Gewährung rechtlichen Gehörs grundsätzlich die Anhörung sämtlicher Beteiligter vorausgesetzt hätte, konnte die Polizei - zumal es sich um einen Sonntag handelte, an dem am zuständigen Amtsgericht allenfalls ein Bereitschaftsdienst tätig gewesen ist - davon ausgehen, dass eine richterliche Entscheidung nicht vor Ablauf des Gewahrsams hätte ergehen können.
35 
2. Auch die vorbeugende Unterlassungsklage des Klägers bleibt ohne Erfolg. Sie dürfte zwar zulässig sein. Denn im Hinblick darauf, dass auch diese Klage polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand hat, die sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränken, in welcher der Betroffene keine gerichtliche Entscheidung erlangen kann, wäre (auch vorläufiger) nachträglicher Rechtsschutz nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße wirksam (vgl. zum sog. qualifizierten Rechtsschutzinteresse: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.01.1993 - 2 S 1040/91 -, NVwZ-RR1994, 363 m. w. N.). Allerdings ist die Klage unbegründet. Denn dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu, nachdem sich die anlässlich der Volkstrauertage 2003 und 2004 durchgeführten polizeilichen Maßnahmen - gegen deren Wiederholung sich die Unterlassungsklage richtet - als rechtmäßig erweisen.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
18 
Die Klage bleibt sowohl als Fortsetzungsfeststellungklage (1.) als auch als vorbeugende Unterlassungsklage (2.) ohne Erfolg.
19 
1. Die Klage ist hinsichtlich der polizeilichen Maßnahmen an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 als Fortsetzungsfeststellungklage zulässig, jedoch nicht begründet.
20 
Die Klage ist analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig.
21 
Dem Kläger steht eine Feststellungsinteresse analog § 113 Abs.1 Satz 4 jedenfalls unter dem Aspekt der Wiederholungsgefahr zur Seite. Eine Wiederholungsgefahr in diesem Sinne setzt voraus, dass eine gleichartige Verwaltungsentscheidung bereits tatsächlich bevorsteht, in absehbarer Zeit möglich ist oder sich konkret abzeichnet. Dies ist vorliegend der Fall, nachdem die Beklagte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hinsichtlich des Volkstrauertages 2004 (8 K 1965/04) mit Schreiben vom 08.11.2004 ausdrücklich erklärt hat, dass für den Fall, dass sich der Kläger wie zum Volkstrauertag 2003 verhalte, „damit zu rechnen [sei], dass die Antragsgegnerin bereits um ihrer Selbstbindung gerecht zu werden, ähnlich verfährt, wie sie es im vergangenen Jahr für geboten hielt“. Dass sich der Kläger in Bezug auf künftige Volkstrauertage ähnlich wie bisher verhalten - also im Eingangsbereich des B. Plakate zeigen und Handzettel verteilen - möchte, ergibt sich u. a. bereits aus seinen Klaganträgen zum vorbeugenden Rechtsschutz. Darüber hinaus erklärte der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich, dass er mit seinen Handlungen „das spezielle Volkstrauertagspublikum im Auge“ habe und diese daher zum Zeitpunkt der Gedenkfeier am B. stattfinden müssten. Solche Handlungen „am Volkstrauertag in der Fußgängerzone in T.“ vorzunehmen, was die Beklagte gestatten würde, wie ihre Vertreter in der mündlichen Verhandlung sagten, lehnte der Kläger in der Verhandlung ausdrücklich ab.
22 
Darüber hinaus hat der Kläger ein schutzwürdiges Interesse an einer Rehabilitierung. Hat ein Verwaltungsakt außer seiner erledigten, belastenden Wirkung einen Inhalt, der dem Ansehen des Betroffenen schadet, so rechtfertigt das Interesse an einer Rehabilitation, an der Beseitigung der Rufminderung, eine Fortsetzungsfeststellungsklage. Der Kläger trägt vor, das Geschehen im Eingangsbereich des B. sei von der Öffentlichkeit beobachtet worden, was von der Beklagtenseite nicht bestritten worden ist. Zudem ist, jedenfalls was den Volkstrauertag 2003 angeht, auch in der Presse darüber berichtet worden. Dadurch kann das Ansehen des Klägers beeinträchtigt sein. Hinzu kommt hier noch, dass die Feststellungsbegehren polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand haben, die sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränken, in welcher der Betroffene keine gerichtliche Entscheidung erlangen kann. Dass in einem solchen Fall im Hinblick auf den durch Art.19 Abs.4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Klärung bestehen kann, ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, Juris m. w. N.).
23 
Der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage steht auch nicht entgegen, dass kein Vorverfahren durchgeführt worden ist. Die von der Polizei getroffene Maßnahmen in den genannten beiden Jahren haben sich auf die Dauer der Gedenkveranstaltung beschränkt und mit Ablauf ihrer Vollziehung erledigt. Da die Erledigung somit vor Ablauf der Widerspruchsfrist eingetreten ist, bedarf es eines Vorverfahrens nicht. Zudem ist die Klage auch nicht an die Frist der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7/98 -, BVerwGE 109, 203).
24 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die polizeilichen Maßnahmen an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 waren rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten.
25 
Die Platzverweise an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 finden ihre Rechtsgrundlage in den §§ 1, 3 des Polizeigesetzes (PolG) in der Fassung vom 13.Januar 1992 (GBl. S.1, ber. S. 596, 1993 S.155). Danach hat die Polizei die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, und zu deren Wahrnehmung diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage sind vorliegend erfüllt. Denn das Verhalten des Klägers stellte jeweils eine Störung der öffentlichen Sicherheit bzw. Ordnung dar.
26 
Öffentliche Sicherheit in diesem Sinne meint die Unverletzlichkeit der objektiven Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie die Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates und der sonstigen Träger von Hoheitsgewalt. Hierunter fällt auch die Rechtsposition der Veranstalter der Gedenkfeiern am Volkstrauertag als Sondernutzungserlaubnis, wie das Verwaltungsgericht Sigmaringen bereits in seinen Urteilen vom 31.05.1989 - 3 K 1735/88 - und vom 17.10.2002 - 6 K 1760/01 - zutreffend ausführt. Bei dem Mahnmal auf dem B. der Stadt T. handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung der Beklagten (vgl. § 2 der Friedhofssatzung vom 2. Juli 2001). Das Mahnmal ist Teil der Friedhofs. Nach § 5 Abs.4 Satz 1 Friedhofsordnung bedürfen Totengedenkfeiern auf den Friedhöfen der Zustimmung der Beklagten. Daraus folgt, dass es sich bei den Gedenkfeiern an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 um eine Sondernutzung, nicht um Ausübung des Gemeingebrauchs handelte. Die den Veranstaltern der Gedenkfeiern - der Stadt T. und dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge - erteilte Sondernutzungserlaubnis schließt für die Dauer ihrer Geltung den Gemeingebrauch anderer aus (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10.09.1986 - 11 A 53/84 -, NVwZ 1987, 1099). Die Veranstalter haben als Inhaber der Sondernutzungserlaubnis das Recht den Ablauf der Veranstaltung zu bestimmen und die Gedenkstätte nach ihren Wünschen und Bedürfnissen zu gestalten. Es gibt kein Recht Dritter, darauf Einfluss zu nehmen. Nach dem Willen der Veranstalter sollten die jeweiligen Gedenkfeiern zu den Volkstrauertagen 2003 und 2004 störungsfrei ablaufen; insbesondere ergibt sich aus den Umständen - seit 1987 sollte nur ein Kranz durch die Veranstalter abgelegt werden -, dass in unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Nähe zur Gedenkfeier keine politischen Meinungsäußerungen stattfinden sollten, welche zum mahnenden Charakter der Veranstaltung in Widerspruch stehen. Dabei bezieht sich das Gestaltungsrecht der Veranstalter räumlich nicht nur auf das Friedhofgelände selbst, sondern auch auf den daran unmittelbar angrenzenden Bereich - hier den Zugangsbereich zum Friedhofsgelände -, von dem aus zumindest bei extensiver Nutzung Dritte auf die Veranstaltung störend einzuwirken vermochten; dies auch dann, wenn diese Personen hierbei die Grenzen des sonst zulässigen Gemeingebrauchs im Einzelfall nicht überschritten haben sollten (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10.09.1986, a. a. O.). Zeitlich setzt die Sondernutzungserlaubnis nicht erst mit Beginn der Veranstaltung, sondern bereits zu einem Zeitpunkt ein, zu dem regelmäßig mit dem Eintreffen von Besuchern und Teilnehmern der Veranstaltung zu rechnen ist.
27 
Durch das Verhalten des Klägers an den genannten Volkstrauertagen stand jeweils eine Störung dieses Rechts der Veranstalter unmittelbar bevor. Im Jahr 2003 ergibt sich dies daraus, dass der Kläger sich gegen 10.40 Uhr und damit unmittelbar vor der um 11.15 Uhr beginnenden Veranstaltung mit den im Tatbestand bezeichneten Plakaten gegenüber dem Eingang des B. postierte. Der Inhalt dieser Plakate stand zu dem von den Veranstaltern gewünschten mahnenden Charakter der Gedenkfeier in erkennbarem Widerspruch. Gleiches gilt für die am Volkstrauertag 2004 gegen 10.55 Uhr verteilten Flugblätter des Klägers. Insoweit ist auch die vom Kläger gegenüber dem Vertreter des Ordnungsamtes der Beklagten gemachte Äußerung („Sie missbrauchen den Volkstrauertag für Ihre Juden- und Kommunistenpropaganda.“) zu berücksichtigen, aus der ersichtlich wird, dass es dem Kläger mit seinen Meinungsäußerungen erkennbar um eine Relativierung der Gedenkfeiern in der von Veranstaltern vorgenommenen Art und Weise ging. Zudem ließen das aggressive Verhalten des aus den Vorjahren für massive Störversuche im Hinblick auf die Gedenkfeier bekannten Klägers während der jeweils durchgeführten Polizeikontrollen darauf schließen, dass weitere Störungen unmittelbar bevor standen.
28 
Darüber hinaus bestand eine Gefahr für die öffentliche Ordnung im Sinne von § 1 PolG. Unter öffentlicher Ordnung wird die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln verstanden, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden und mit dem Wertgehalt des Grundgesetzes zu vereinbarenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebietes angesehen wird. Die öffentliche Ordnung kann durch die Art und Weise der Kundgabe einer Meinung oder durch provokantes Auftreten von Rechtsextremen verletzt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 -, NVwZ 2004, 90 m. w. N.). Die Gedenkfeier auf dem B. in T. am Volkstrauertag diente der Erinnerung an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, also an diejenigen Menschen, die unmittelbar durch die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft oder mittelbar durch den von dieser verschuldeten Weltkrieg ihr Leben verloren haben, und der Mahnung vor der Wiederholung solcher oder vergleichbarer Geschehnisse. Dieser Feiertag als solcher und speziell die Gedenkfeier, mit der er begangen wird, haben nach der Anschauung einer weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung einen Inhalt und eine Zielrichtung, die gegen rechtsextreme Bestrebungen und rechtsextremes Gedankengut gerichtet ist. Dem kommt nach dieser Anschauung ein so hoher Wert zu, dass seine Beachtung als für ein gedeihliches Zusammenleben notwendig erscheint (vgl. zum Charakter des Volkstrauertages auch OVG Brandenburg, Beschl. v. 15.11.2002 - 4 B 326/02 -, NVwZ 2003, 623). Die Absicht des Klägers, an diesen Tagen eine erklärtermaßen politisch rechts angesiedelte Meinungsäußerung - sei es durch das Zeigen von Plakaten oder das Verteilen von Flugblättern - zu betreiben, stellt eine Störung der öffentlichen Ordnung dar, die in den konkreten Situationen 2003 und 2004 jedenfalls unmittelbar bevorstand, wenn nicht gar bereits eingetreten war.
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Es sind keinerlei Anhaltspunkte - auch nicht ansatzweise - ersichtlich oder vorgetragen, dass die Veranstalter des Gedenktags dessen Charakter zuwider handeln oder gar missbrauchen. Die Behauptung des Klägers, der Tag werde für „Juden- und Kommunistenpropaganda“ missbraucht, ist haltlos. Sie lässt allerdings deutlich werden, worum es dem Kläger bei seinen Aktionen geht. Deren Inhalt aber auch die Art und Weise, etwa die lautstarken Auftritte des Klägers, sind unvereinbar mit dem still mahnenden Charakter des Volkstrauertages.
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Die Beklagte wurde jeweils als zuständige Ortspolizeibehörde (§§ 60 Abs. 1, 66 Abs. 2 PolG) tätig, um durch den Erlass der Platzverweise die Rechtspositionen der Veranstalter zu schützen und hierdurch die Gefahr für die öffentliche Ordnung zu beseitigen. Die Anordnungen richteten sich gegen den Kläger als Störer (§§ 6 und 7 PolG). Die Platzverweise waren auch nicht unverhältnismäßig. Es handelte sich um vorübergehende Maßnahmen, die nur von kurzer Dauer waren, nämlich bis zum Ende der Veranstaltung; es fehlt ihnen die Eingriffsqualität, so dass Art. 11 GG nicht entgegensteht (Reiff, PolG für Baden-Württemberg, Kommentar, § 3 RdNr. 26). Diese Platzverweise waren auch erforderlich, da es kein milderes Mittel im Sinne des § 5 PolG gab, um die Entfernung des Klägers vom Ort der Gedenkfeier zu erreichen.
31 
Die Platzverweise sind schließlich, auch soweit sie dazu dienten, eine Gefahr für die öffentliche Ordnung abzuwehren, ermessensfehlerfrei ergangen. Insbesondere ist auch die hierin liegende Beeinträchtigung der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers nicht zu beanstanden. Die Gewährleistung der Freiheit der Meinungsäußerung unterliegt nach Art. 5 Abs. 2 GG den Schranken der allgemeinen Gesetze, die - wie hier die §§ 1, 3 PolG - den Schutz anderer Rechtsgüter zum Gegenstand haben. Dabei darf das Grundrecht aus Art. 5 Abs.1 GG zwar nicht unbegrenzt eingeschränkt werden. Das Recht der freien Meinungsäußerung ist vielmehr als konstituierend für ein freiheitliches demokratisches Gemeinwesen in der Güterabwägung zu gewichten. Andererseits zählt die Abgrenzung gegen die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschland ebenfalls zu den tragenden Elementen der Wertordnung des Grundgesetzes. Wenngleich in einer Demokratie selbst diese Grundwerte keinen absoluten Schutz vor jeder Art von Kritik und auch Provokation genießen können, ist doch ein gewisser, eng begrenzter Kernbereich anzunehmen, in welchem die symbolische Bekräftigung derselben, auch im Sinne einer Selbstvergewisserung des demokratischen Gemeinwesens, gänzlich frei von Störungen gehalten werden darf. Zu diesem Kernbereich sind Veranstaltungen mit solch symbolischem Charakter, wie eben die Gedenkfeier zum Volkstrauertag auf dem T. B., zu zählen. Es ist darum unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden, wenn die Behörde in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Gedenkfeier Meinungsäußerungen unterbindet, die - wie die des Klägers - gezielt zur selben Zeit und in unmittelbarer Nähe vorgenommen werden, um den Inhalt der Feier zu konterkarieren. Zu diesem Zweck stellte ein Platzverweis, auch in der Ausdehnung auf den Eingangsbereich des Friedhofs, das mildeste Mittel dar.
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Was die Beschlagnahme der Plakate anlässlich des Volkstrauertages 2003 sowie der Flugblätter anlässlich des Volkstrauertages 2004 anbelangt, so waren diese ebenfalls rechtmäßig. Rechtsgrundlage der Beschlagnahme war jeweils § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG. Danach kann die Polizei eine Sache beschlagnahmen, wenn dies erforderlich ist zum Schutz eines Einzelnen oder des Gemeinwesens gegen eine unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung. Diese Voraussetzungen waren vorliegend gegeben, denn die Plakate und die Flugblätter dienten als Mittel der unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme gilt das oben zu den Platzverweisen Ausgeführte entsprechend. Zudem waren die zeitlichen Grenzen des § 33 Abs. 3 Satz 1 PolG gewahrt. Dies gilt auch hinsichtlich der anlässlich des Volkstrauertages 2003 stattgefundenen Beschlagnahme. Denn dem Kläger wurde die Möglichkeit gegeben, die Plakate unmittelbar nach dem Ende der Gedenkfeier am Ort der Verwahrung, dem Polizeirevier T., abzuholen. Eine Pflicht zur Rückgabe der Plakate am Ort der Beschlagnahme - hier dem Eingangsbereich des B.s - bestand angesichts von deren Rechtmäßigkeit nicht (vgl. ausführlich zur strafprozessualen Beschlagnahme: BGH, Urt. v. 03.02.2005 - III ZR 271/04 -, NJW 2005, 988).
33 
Was schließlich die Anordnung des polizeilichen Gewahrsams am Volkstrauertag 2004 angeht, war diese - soweit sich angesichts der Antragsformulierung die Klage hiergegen überhaupt richten sollte - ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten. Der Gewahrsam ist eine Maßnahme der Gefahrenabwehr und zielt auf eine Freiheitsentziehung aus präventiv polizeilichen Gründen. Rechtsgrundlage hierfür war § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG. Danach kann die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn auf andere Weise eine unmittelbar bevorstehende erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht verhindert oder eine bereits eingetretene Störung nicht beseitigt werden kann. Die weitere unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die vom Kläger im Jahr 2004 aufgrund seines aggressiven Verhaltens ausging, ist als erheblich einzustufen, nachdem er sich gegen die zuvor ausgesprochene Beschlagnahme der Flugblätter zur Wehr setzte und im Zuge dessen lauthals schrie; weitere Störungen des Klägers konnten daher auf andere Weise als seine Gewahrsamnahme nicht verhindert werden, insbesondere erschien ein Platzverweis nicht mehr ausreichend. Der erforderliche enge Zusammenhang mit der Gedenkveranstaltung (§ 28 Abs. 3 Satz 1 PolG) war ebenfalls gewahrt, da der Kläger unmittelbar nach Ende dieser Veranstaltung wieder aus dem Gewahrsam entlassen wurde.
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Der Rechtmäßigkeit der Gewahrsamnahme des Klägers steht schließlich nicht entgegen, dass keine richterliche Entscheidung über den Gewahrsam herbeigeführt worden ist (§ 28 Abs. 3 Satz 3 PolG). Denn die Herbeiführung einer solchen Entscheidung war vorliegend entbehrlich, da eine Prognose ergibt, dass eine richterliche Entscheidung erst zu einem Zeitpunkt hätte ergehen können, als der Grund für den Gewahrsam wieder weggefallen ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.09.2004 - 1 S 2206/03 -, VBlBW 2005, 63 m. w. N.). Der Kläger ist lediglich für knapp eine Stunde in Gewahrsam genommen worden, wobei für die Polizeibehörde angesichts der alljährlich stattfindenden Gedenkfeier auf dem B. diese (kurze) zeitliche Dauer und damit der Zeitpunkt der Freilassung des Klägers absehbar war. Bei dieser Sachlage erweist sich der Verzicht auf eine richterliche Entscheidung durch die Prognose gerechtfertigt, dass die Herbeiführung einer solchen die Dauer des Gewahrsams aller Voraussicht nach verlängert hätte. Insbesondere mit Blick darauf, dass die herbeizuführende richterliche Entscheidung zur Gewährung rechtlichen Gehörs grundsätzlich die Anhörung sämtlicher Beteiligter vorausgesetzt hätte, konnte die Polizei - zumal es sich um einen Sonntag handelte, an dem am zuständigen Amtsgericht allenfalls ein Bereitschaftsdienst tätig gewesen ist - davon ausgehen, dass eine richterliche Entscheidung nicht vor Ablauf des Gewahrsams hätte ergehen können.
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2. Auch die vorbeugende Unterlassungsklage des Klägers bleibt ohne Erfolg. Sie dürfte zwar zulässig sein. Denn im Hinblick darauf, dass auch diese Klage polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand hat, die sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränken, in welcher der Betroffene keine gerichtliche Entscheidung erlangen kann, wäre (auch vorläufiger) nachträglicher Rechtsschutz nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße wirksam (vgl. zum sog. qualifizierten Rechtsschutzinteresse: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.01.1993 - 2 S 1040/91 -, NVwZ-RR1994, 363 m. w. N.). Allerdings ist die Klage unbegründet. Denn dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu, nachdem sich die anlässlich der Volkstrauertage 2003 und 2004 durchgeführten polizeilichen Maßnahmen - gegen deren Wiederholung sich die Unterlassungsklage richtet - als rechtmäßig erweisen.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger erstrebt die Feststellung der Rechtswidrigkeit verschiedener polizeilicher Maßnahmen im Zusammenhang mit den öffentlichen Gedenkfeiern anlässlich der Volkstrauertage der Jahre 2003 und 2004 auf dem B. in T.. Zudem sucht er hinsichtlich künftiger Volkstrauertage um vorbeugenden Rechtsschutz nach.
Die Beklagte - die Stadt T. - und der Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge veranstalten gemeinsam alljährlich am Volkstrauertag eine öffentliche Gedenkfeier am Mahnmal auf dem B. in T.. Die Veranstaltung beginnt jeweils um 11.15 Uhr. Nach dem Willen der Veranstalter darf seit dem Jahre 1987 nur ein Kranz niedergelegt werden.
Am Volkstrauertag des Jahres 2003, dem 17.11.2003, fuhr der Kläger gegen 10.40 Uhr zusammen mit einer weiteren Person mit dessen Pkw, Marke Mitsubishi, amtliches Kennzeichen ...-..., unmittelbar auf einen freien Parkplatz gegenüber dem Haupteingang des B.. Der Kläger und sein Begleiter stiegen aus dem Fahrzeug und begannen sofort, Plakate und Plakattafeln vom Dachgepäckträger des Pkw abzuladen. Im Anschluss daran positionierten sie sich mit diesen Plakaten unmittelbar gegenüber dem Haupteingang des B.. Die vier Plakate trugen als Aufschriften, das Plakat 1: „Man darf in der BRD (schon lange) nicht mehr die Wahrheit sagen. BRAVO Hohmann, General Günzel, PFUI Merkel, Stoiber, Struck...“, das Plakat 2: „R. - S., W. ...: HÄNGT die Heimkehrertafel wieder auf!“, das Plakat 3: „Viele Politiker und Medien sind so dumm, dass sie nicht mehr wissen wo Ostdeutschland liegt. Zählen Sie auch dazu?“ und das Plakat 4: „Deutsche sind keine Antisemiten wegen Göbbels und Hitler - wohl aber judenkritisch wegen USrael, Scharon, Spiegel, Friedmann und vielen Lea Rosh’s!“. Aufgrund der Plakate wurden dem Kläger und seinem Begleiter vom anwesenden Vertreter des Ordnungsamtes der Beklagten zunächst ein Platzverweis und die Beschlagnahme der Plakate bis Veranstaltungsende angedroht, wobei sich der Vertreter des Ordnungsamtes der Beklagten auf eine vom Kläger abgegebene eidesstattliche Versicherung, die Veranstaltung nicht zu stören, berief. Nachdem sich der Kläger weigerte, die Plakate wieder auf dem Dachgepäckträger des Autos zu verstauen und es zu einem längeren Wortgefecht zwischen dem Kläger und dem Vertreter des Ordnungsamtes gekommen war, ordnete dieser den Platzverweis und die Beschlagnahme der Plakate bis Veranstaltungsende an. Der Kläger verließ daraufhin mit seinem Begleiter den Parkplatz. Bei einer späteren Überprüfung durch Beamte des Polizeivollzugsdienstes wurde festgestellt, dass sich der Kläger zum Ende der Veranstaltung im Areal des B. befunden hat, sich nach Aussage des Vertreters des Ordnungsamtes der Beklagten jedoch im Hintergrund gehalten habe, weshalb keine weiteren Maßnahmen getroffen wurden. Die beschlagnahmten Plakate wurden bis zum Ende der Veranstaltung beim Polizeirevier T. verwahrt, was dem Kläger unmittelbar nach Ende der Veranstaltung mitgeteilt wurde. Am 28.11.2003 holte der Kläger die inzwischen der Beklagten übergebenen Plakate ab.
Wegen dieser Maßnahmen hat der Kläger am 25.11.2003 Widerspruch bei der Beklagten erhoben, den diese jedoch unter Hinweis darauf, dass sich die ergangenen Verwaltungsakte durch Zeitablauf erledigt hätten und es deshalb eines Vorverfahrens nicht mehr bedürfe, nicht förmlich beschied.
Der Kläger hat daraufhin mit Schreiben vom 29.01.2004 Klage zum Verwaltungsgericht erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass er ein Rechtsschutzbedürfnis, insbesondere ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse habe, da er erheblich in seinen Grundrechten verletzt worden und dies auch für die weiteren Volkstrauertage zu befürchten sei; zudem seien diese Übergriffe der Polizei auch öffentlich und damit für ihn Ruf schädigend beobachtet worden. Er habe aufgrund der bisherigen Entwicklung seit etwa 1985 auch das Recht zur Geltendmachung eines vorbeugenden Unterlassungsanspruchs, zumal die Gegenseite bekundet habe, sie würde solche Plakate des Klägers an einem solchen Tage und einem solchen Ort nicht dulden. Das Vorgehen der Beklagten sei auch deshalb rechtswidrig, weil es sich in Ermangelung eines dritten Plakatprotestanten um keinerlei öffentliche Versammlung unter freiem Himmel gehandelt habe und somit das Versammlungsgesetz nicht greife. Vielmehr habe es sich um die unmittelbare Ausübung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung ähnlich dem Verteilen von Flugblättern gehandelt, was im öffentlichen Raum, an Straßen und auf Plätzen von der beschriebenen Rechtsordnung ohne Einschränkungen erlaubt sei. Auch eine Zensur hinsichtlich Inhalten, beteiligten Personen, aufgesuchten Örtlichkeiten oder Daten, Tagen und Tageszeiten dürfe nicht stattfinden.
Im Vorfeld der Feierlichkeiten zum Volkstrauertag 2004 versuchte der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen im Wege einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Beklagte zu erreichen, dass ihm das Zeigen von Plakaten gewährt wird, ohne dass diese beschlagnahmt werden oder ihm ein Platzverweis erteilt wird. Der Antrag wurde durch Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 11.11.2004 (Az.: 8 K 1965/04) abgelehnt.
Am Volkstrauertag 2004, dem 14.11.2004, fuhr der Kläger mit zwei weiteren Personen mit dem Pkw Mitsubishi, amtliches Kennzeichen ...-..., zum B.. Noch bevor der Kläger mit seinen Begleitern diesen erreicht hatte, verließ er den PKW und begab sich gegen 10.55 Uhr zu Fuß zum Haupteingang des B.. Auf dem Weg dorthin klemmte er gelbe Flugblätter (Faltblatt, herausgegeben vom „S. f. d. d. V. e.V.“) unter die Scheibenwischer abgestellter Fahrzeuge. Vom anwesenden Vertreter des Ordnungsamtes der Beklagten wurde der Kläger daraufhin mehrfach aufgefordert, die Verteilung der Flugblätter zu unterlassen, was er ignorierte. Als ihm darauf gesagt wurde, dass er es doch unterlassen solle, den Totensonntag jedes Mal für seine Aktion zu missbrauchen, äußerte der Kläger ausweislich des gefertigten Polizeiberichts wörtlich: „Sie missbrauchen den Volkstrauertag für Ihre Juden- und Kommunistenpropaganda.“. Dem Kläger wurde sodann vom Vertreter des Ordnungsamtes erklärt, dass die Flugblätter nun beschlagnahmt würden. Als ihm die Flugblätter von einem Beamten des Polizeivollzugsdienstes weggenommen werden sollten, wehrte der Kläger sich und fing lauthals an zu schreien. Daraufhin wurde dem Kläger vom Vertreter des Ordnungsamtes der Gewahrsam bis zum Ende der Feierstunde erklärt. Der Kläger wurde mit einfacher körperlicher Gewalt in das Dienstfahrzeug des Polizeivollzugsdienstes verbracht und zum Polizeirevier T. gefahren. Dort wurde er in der Gewahrsamseinrichtung eingeschlossen und um 12.16 Uhr wieder auf freien Fuß gesetzt. Die beiden Begleiter des Klägers fuhren währenddessen mit dem Pkw am Haupteingang des B. vor und hängten sich jeweils zwei Plakate um. Der Wortlaut der Plakate bei der einen Person lautete: „R. - S., W. und Gen. - Hängt die Heimkehrertafel wieder auf“ und „Man darf in der BRD (schon lange) nicht mehr die Wahrheit sagen. Bravo Hohmann, General Günzel, Pfui Merkel, Stoiber, Struck“. Die Plakate, die die andere Person mit sich führte, trugen folgenden Wortlaut: „Viele Politiker und Medien sind so dumm, dass sie nicht mehr wissen, wo Deutschland ist. Zählen Sie auch dazu?“ und „Wer wie die BRD Machthaber ein Verbrechen im Nachhinein als Recht behandelt, hat kein Recht andere zu verurteilen.“ Im Fahrzeug wurden zudem zwei weitere Plakate mitgeführt, die ausweislich des gefertigten Polizeiberichts offenbar für den Kläger gedacht waren. Nach langwieriger Diskussion und Aufklärung über die Rechtslage durch den Vertreter des Ordnungsamtes wurden die Plakate wieder im Pkw verstaut. Die beiden Personen begaben sich daraufhin auf das Friedhofsgelände.
Mit Schreiben vom 11.11.2005 hat der Kläger auch insoweit beim Verwaltungsgericht Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass durch das Vorgehen der Beklagten bewiesen sei, dass es ihr nicht um die Verhinderung angeblicher Störungen durch den Kläger gehe, sondern um die Unterdrückung missliebiger Meinungsäußerungen von rechts überhaupt, wie das allüberall in diesem Staate zu beobachten sei. Dies zeige insbesondere der Umstand, dass die Beklagte auch das Zeigen von Plakaten durch dritte Personen, die sie dem Kläger zuordne, gewaltsam unterbunden habe. Sie habe insoweit gegen diese Personen nicht einmal angebliche frühere „Störungen“ erfinden können, alldieweil diese noch nie am Volkstrauertag anwesend gewesen seien. Praktisch bedeute die staatlich legalisierte Abschaffung des Grund- und Menschenrechts auf freie Meinungsäußerung DDR-Verhältnisse, wo es auch eine verheißungsvolle Verfassung gegeben habe, die sich aber in der Verfassungswirklichkeit nur als ein Fetzen Papier erwiesen habe.
Der Kläger beantragt zuletzt,
10 
festzustellen, dass die von der Beklagten veranlasste Plakatbeschlagnahme und der ausgesprochene polizeiliche Platzverweis am Volkstrauertag 2003 auf dem Gehweg gegenüber dem Eingangsbereich des B. T. rechtswidrig waren,
11 
festzustellen, dass die von der Beklagten veranlasste Flugblattbeschlagnahme und der ausgesprochene polizeiliche Platzverweis am Volkstrauertag 2004 im öffentlichen Zugangsbereich des B. T. rechtswidrig waren,
12 
die Beklagte zu verurteilen, es fortan an Volkstrauertagen zu unterlassen, vom Kläger gezeigte Plakate im öffentlichen Verkehrsraum (Bürgersteig, Parkplätze) gegenüber dem Eingangsbereich des B. T. zu verbieten, zu beschlagnahmen oder mittels Platzverweises zu verunmöglichen, es sei denn, dass ein Einschreiten auf der Grundlage von StGB und StPO geboten ist oder der Kläger in akustischer Weise störend in Erscheinung tritt und
13 
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, vom Kläger beabsichtigte Verteilung von Handzetteln im öffentlichen Verkehrsraum (Bürgersteig, Parkplätze) gegenüber dem Eingangsbereich des B. zu verbieten, die Handzettel zu beschlagnahmen oder ihre Verteilung mittels Platzverweises zu verunmöglichen, es sei denn, dass ein Einschreiten auf der Grundlage von StGB und StPO geboten ist oder der Kläger in akustischer Weise störend in Erscheinung tritt.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Zur Begründung trägt sie hinsichtlich des Volkstrauertages 2003 vor, dass die Klage unbegründet sei, da die Beschlagnahme der Plakate sowie der Platzverweis rechtmäßig gewesen seien. Der Volkstrauertag als solcher und speziell die Gedenkfeier, mit der er begangen werde, habe nach der Anschauung einer weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung einen Inhalt und eine Zielrichtung, die gegen rechtsextreme Bestrebungen und rechtsextremes Gedankengut gerichtet sei. Dem komme nach dieser Anschauung ein so hoher Wert zu, dass seine Beachtung für ein gemeindliches Zusammenleben notwendig erscheine. Das Zeigen der Plakate mit rechtsgerichtetem Inhalt stelle somit eine Störung der öffentlichen Ordnung dar, die nur mit einer Beschlagnahme der Plakate habe beseitigt werden können. Die Beschlagnahme sei insoweit auch verhältnismäßig gewesen. Ebenso sei der Platzverweis gemäß den §§ 1, 3 PolG rechtmäßig gewesen, um eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Der Kläger habe im Zusammenhang mit der Vollziehung der Beschlagnahme lautstark geschrien und wie in der Vergangenheit über den „Unrechtsstaat“ und die „Gesinnungsjustiz“ geklagt. Hinsichtlich des Volkstrauertages 2004 sei die Gewahrsamnahme gem. § 28 PolG erfolgt, nachdem auf andere Weise eine bereits eingetretene erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung beseitigt werden können. Die vorbeugende Unterlassungsklage schließlich sei, soweit gegebenenfalls nicht bereits unzulässig, jedenfalls unbegründet. Der Kläger habe keinen seinem Antrag entsprechenden Anspruch gegen die Beklagte.
17 
Der Kammer haben die einschlägigen Behördenakten sowie die Gerichtsakten zu den Verfahren 6 K 2335/00, 6 K 3/01, 6 K 1748/01 und 8 K 1965/04 vorgelegen. Hierauf sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Klage bleibt sowohl als Fortsetzungsfeststellungklage (1.) als auch als vorbeugende Unterlassungsklage (2.) ohne Erfolg.
19 
1. Die Klage ist hinsichtlich der polizeilichen Maßnahmen an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 als Fortsetzungsfeststellungklage zulässig, jedoch nicht begründet.
20 
Die Klage ist analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig.
21 
Dem Kläger steht eine Feststellungsinteresse analog § 113 Abs.1 Satz 4 jedenfalls unter dem Aspekt der Wiederholungsgefahr zur Seite. Eine Wiederholungsgefahr in diesem Sinne setzt voraus, dass eine gleichartige Verwaltungsentscheidung bereits tatsächlich bevorsteht, in absehbarer Zeit möglich ist oder sich konkret abzeichnet. Dies ist vorliegend der Fall, nachdem die Beklagte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hinsichtlich des Volkstrauertages 2004 (8 K 1965/04) mit Schreiben vom 08.11.2004 ausdrücklich erklärt hat, dass für den Fall, dass sich der Kläger wie zum Volkstrauertag 2003 verhalte, „damit zu rechnen [sei], dass die Antragsgegnerin bereits um ihrer Selbstbindung gerecht zu werden, ähnlich verfährt, wie sie es im vergangenen Jahr für geboten hielt“. Dass sich der Kläger in Bezug auf künftige Volkstrauertage ähnlich wie bisher verhalten - also im Eingangsbereich des B. Plakate zeigen und Handzettel verteilen - möchte, ergibt sich u. a. bereits aus seinen Klaganträgen zum vorbeugenden Rechtsschutz. Darüber hinaus erklärte der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich, dass er mit seinen Handlungen „das spezielle Volkstrauertagspublikum im Auge“ habe und diese daher zum Zeitpunkt der Gedenkfeier am B. stattfinden müssten. Solche Handlungen „am Volkstrauertag in der Fußgängerzone in T.“ vorzunehmen, was die Beklagte gestatten würde, wie ihre Vertreter in der mündlichen Verhandlung sagten, lehnte der Kläger in der Verhandlung ausdrücklich ab.
22 
Darüber hinaus hat der Kläger ein schutzwürdiges Interesse an einer Rehabilitierung. Hat ein Verwaltungsakt außer seiner erledigten, belastenden Wirkung einen Inhalt, der dem Ansehen des Betroffenen schadet, so rechtfertigt das Interesse an einer Rehabilitation, an der Beseitigung der Rufminderung, eine Fortsetzungsfeststellungsklage. Der Kläger trägt vor, das Geschehen im Eingangsbereich des B. sei von der Öffentlichkeit beobachtet worden, was von der Beklagtenseite nicht bestritten worden ist. Zudem ist, jedenfalls was den Volkstrauertag 2003 angeht, auch in der Presse darüber berichtet worden. Dadurch kann das Ansehen des Klägers beeinträchtigt sein. Hinzu kommt hier noch, dass die Feststellungsbegehren polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand haben, die sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränken, in welcher der Betroffene keine gerichtliche Entscheidung erlangen kann. Dass in einem solchen Fall im Hinblick auf den durch Art.19 Abs.4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Klärung bestehen kann, ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, Juris m. w. N.).
23 
Der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage steht auch nicht entgegen, dass kein Vorverfahren durchgeführt worden ist. Die von der Polizei getroffene Maßnahmen in den genannten beiden Jahren haben sich auf die Dauer der Gedenkveranstaltung beschränkt und mit Ablauf ihrer Vollziehung erledigt. Da die Erledigung somit vor Ablauf der Widerspruchsfrist eingetreten ist, bedarf es eines Vorverfahrens nicht. Zudem ist die Klage auch nicht an die Frist der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7/98 -, BVerwGE 109, 203).
24 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die polizeilichen Maßnahmen an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 waren rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten.
25 
Die Platzverweise an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 finden ihre Rechtsgrundlage in den §§ 1, 3 des Polizeigesetzes (PolG) in der Fassung vom 13.Januar 1992 (GBl. S.1, ber. S. 596, 1993 S.155). Danach hat die Polizei die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, und zu deren Wahrnehmung diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage sind vorliegend erfüllt. Denn das Verhalten des Klägers stellte jeweils eine Störung der öffentlichen Sicherheit bzw. Ordnung dar.
26 
Öffentliche Sicherheit in diesem Sinne meint die Unverletzlichkeit der objektiven Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie die Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates und der sonstigen Träger von Hoheitsgewalt. Hierunter fällt auch die Rechtsposition der Veranstalter der Gedenkfeiern am Volkstrauertag als Sondernutzungserlaubnis, wie das Verwaltungsgericht Sigmaringen bereits in seinen Urteilen vom 31.05.1989 - 3 K 1735/88 - und vom 17.10.2002 - 6 K 1760/01 - zutreffend ausführt. Bei dem Mahnmal auf dem B. der Stadt T. handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung der Beklagten (vgl. § 2 der Friedhofssatzung vom 2. Juli 2001). Das Mahnmal ist Teil der Friedhofs. Nach § 5 Abs.4 Satz 1 Friedhofsordnung bedürfen Totengedenkfeiern auf den Friedhöfen der Zustimmung der Beklagten. Daraus folgt, dass es sich bei den Gedenkfeiern an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 um eine Sondernutzung, nicht um Ausübung des Gemeingebrauchs handelte. Die den Veranstaltern der Gedenkfeiern - der Stadt T. und dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge - erteilte Sondernutzungserlaubnis schließt für die Dauer ihrer Geltung den Gemeingebrauch anderer aus (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10.09.1986 - 11 A 53/84 -, NVwZ 1987, 1099). Die Veranstalter haben als Inhaber der Sondernutzungserlaubnis das Recht den Ablauf der Veranstaltung zu bestimmen und die Gedenkstätte nach ihren Wünschen und Bedürfnissen zu gestalten. Es gibt kein Recht Dritter, darauf Einfluss zu nehmen. Nach dem Willen der Veranstalter sollten die jeweiligen Gedenkfeiern zu den Volkstrauertagen 2003 und 2004 störungsfrei ablaufen; insbesondere ergibt sich aus den Umständen - seit 1987 sollte nur ein Kranz durch die Veranstalter abgelegt werden -, dass in unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Nähe zur Gedenkfeier keine politischen Meinungsäußerungen stattfinden sollten, welche zum mahnenden Charakter der Veranstaltung in Widerspruch stehen. Dabei bezieht sich das Gestaltungsrecht der Veranstalter räumlich nicht nur auf das Friedhofgelände selbst, sondern auch auf den daran unmittelbar angrenzenden Bereich - hier den Zugangsbereich zum Friedhofsgelände -, von dem aus zumindest bei extensiver Nutzung Dritte auf die Veranstaltung störend einzuwirken vermochten; dies auch dann, wenn diese Personen hierbei die Grenzen des sonst zulässigen Gemeingebrauchs im Einzelfall nicht überschritten haben sollten (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10.09.1986, a. a. O.). Zeitlich setzt die Sondernutzungserlaubnis nicht erst mit Beginn der Veranstaltung, sondern bereits zu einem Zeitpunkt ein, zu dem regelmäßig mit dem Eintreffen von Besuchern und Teilnehmern der Veranstaltung zu rechnen ist.
27 
Durch das Verhalten des Klägers an den genannten Volkstrauertagen stand jeweils eine Störung dieses Rechts der Veranstalter unmittelbar bevor. Im Jahr 2003 ergibt sich dies daraus, dass der Kläger sich gegen 10.40 Uhr und damit unmittelbar vor der um 11.15 Uhr beginnenden Veranstaltung mit den im Tatbestand bezeichneten Plakaten gegenüber dem Eingang des B. postierte. Der Inhalt dieser Plakate stand zu dem von den Veranstaltern gewünschten mahnenden Charakter der Gedenkfeier in erkennbarem Widerspruch. Gleiches gilt für die am Volkstrauertag 2004 gegen 10.55 Uhr verteilten Flugblätter des Klägers. Insoweit ist auch die vom Kläger gegenüber dem Vertreter des Ordnungsamtes der Beklagten gemachte Äußerung („Sie missbrauchen den Volkstrauertag für Ihre Juden- und Kommunistenpropaganda.“) zu berücksichtigen, aus der ersichtlich wird, dass es dem Kläger mit seinen Meinungsäußerungen erkennbar um eine Relativierung der Gedenkfeiern in der von Veranstaltern vorgenommenen Art und Weise ging. Zudem ließen das aggressive Verhalten des aus den Vorjahren für massive Störversuche im Hinblick auf die Gedenkfeier bekannten Klägers während der jeweils durchgeführten Polizeikontrollen darauf schließen, dass weitere Störungen unmittelbar bevor standen.
28 
Darüber hinaus bestand eine Gefahr für die öffentliche Ordnung im Sinne von § 1 PolG. Unter öffentlicher Ordnung wird die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln verstanden, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden und mit dem Wertgehalt des Grundgesetzes zu vereinbarenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebietes angesehen wird. Die öffentliche Ordnung kann durch die Art und Weise der Kundgabe einer Meinung oder durch provokantes Auftreten von Rechtsextremen verletzt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 -, NVwZ 2004, 90 m. w. N.). Die Gedenkfeier auf dem B. in T. am Volkstrauertag diente der Erinnerung an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, also an diejenigen Menschen, die unmittelbar durch die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft oder mittelbar durch den von dieser verschuldeten Weltkrieg ihr Leben verloren haben, und der Mahnung vor der Wiederholung solcher oder vergleichbarer Geschehnisse. Dieser Feiertag als solcher und speziell die Gedenkfeier, mit der er begangen wird, haben nach der Anschauung einer weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung einen Inhalt und eine Zielrichtung, die gegen rechtsextreme Bestrebungen und rechtsextremes Gedankengut gerichtet ist. Dem kommt nach dieser Anschauung ein so hoher Wert zu, dass seine Beachtung als für ein gedeihliches Zusammenleben notwendig erscheint (vgl. zum Charakter des Volkstrauertages auch OVG Brandenburg, Beschl. v. 15.11.2002 - 4 B 326/02 -, NVwZ 2003, 623). Die Absicht des Klägers, an diesen Tagen eine erklärtermaßen politisch rechts angesiedelte Meinungsäußerung - sei es durch das Zeigen von Plakaten oder das Verteilen von Flugblättern - zu betreiben, stellt eine Störung der öffentlichen Ordnung dar, die in den konkreten Situationen 2003 und 2004 jedenfalls unmittelbar bevorstand, wenn nicht gar bereits eingetreten war.
29 
Es sind keinerlei Anhaltspunkte - auch nicht ansatzweise - ersichtlich oder vorgetragen, dass die Veranstalter des Gedenktags dessen Charakter zuwider handeln oder gar missbrauchen. Die Behauptung des Klägers, der Tag werde für „Juden- und Kommunistenpropaganda“ missbraucht, ist haltlos. Sie lässt allerdings deutlich werden, worum es dem Kläger bei seinen Aktionen geht. Deren Inhalt aber auch die Art und Weise, etwa die lautstarken Auftritte des Klägers, sind unvereinbar mit dem still mahnenden Charakter des Volkstrauertages.
30 
Die Beklagte wurde jeweils als zuständige Ortspolizeibehörde (§§ 60 Abs. 1, 66 Abs. 2 PolG) tätig, um durch den Erlass der Platzverweise die Rechtspositionen der Veranstalter zu schützen und hierdurch die Gefahr für die öffentliche Ordnung zu beseitigen. Die Anordnungen richteten sich gegen den Kläger als Störer (§§ 6 und 7 PolG). Die Platzverweise waren auch nicht unverhältnismäßig. Es handelte sich um vorübergehende Maßnahmen, die nur von kurzer Dauer waren, nämlich bis zum Ende der Veranstaltung; es fehlt ihnen die Eingriffsqualität, so dass Art. 11 GG nicht entgegensteht (Reiff, PolG für Baden-Württemberg, Kommentar, § 3 RdNr. 26). Diese Platzverweise waren auch erforderlich, da es kein milderes Mittel im Sinne des § 5 PolG gab, um die Entfernung des Klägers vom Ort der Gedenkfeier zu erreichen.
31 
Die Platzverweise sind schließlich, auch soweit sie dazu dienten, eine Gefahr für die öffentliche Ordnung abzuwehren, ermessensfehlerfrei ergangen. Insbesondere ist auch die hierin liegende Beeinträchtigung der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers nicht zu beanstanden. Die Gewährleistung der Freiheit der Meinungsäußerung unterliegt nach Art. 5 Abs. 2 GG den Schranken der allgemeinen Gesetze, die - wie hier die §§ 1, 3 PolG - den Schutz anderer Rechtsgüter zum Gegenstand haben. Dabei darf das Grundrecht aus Art. 5 Abs.1 GG zwar nicht unbegrenzt eingeschränkt werden. Das Recht der freien Meinungsäußerung ist vielmehr als konstituierend für ein freiheitliches demokratisches Gemeinwesen in der Güterabwägung zu gewichten. Andererseits zählt die Abgrenzung gegen die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschland ebenfalls zu den tragenden Elementen der Wertordnung des Grundgesetzes. Wenngleich in einer Demokratie selbst diese Grundwerte keinen absoluten Schutz vor jeder Art von Kritik und auch Provokation genießen können, ist doch ein gewisser, eng begrenzter Kernbereich anzunehmen, in welchem die symbolische Bekräftigung derselben, auch im Sinne einer Selbstvergewisserung des demokratischen Gemeinwesens, gänzlich frei von Störungen gehalten werden darf. Zu diesem Kernbereich sind Veranstaltungen mit solch symbolischem Charakter, wie eben die Gedenkfeier zum Volkstrauertag auf dem T. B., zu zählen. Es ist darum unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden, wenn die Behörde in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Gedenkfeier Meinungsäußerungen unterbindet, die - wie die des Klägers - gezielt zur selben Zeit und in unmittelbarer Nähe vorgenommen werden, um den Inhalt der Feier zu konterkarieren. Zu diesem Zweck stellte ein Platzverweis, auch in der Ausdehnung auf den Eingangsbereich des Friedhofs, das mildeste Mittel dar.
32 
Was die Beschlagnahme der Plakate anlässlich des Volkstrauertages 2003 sowie der Flugblätter anlässlich des Volkstrauertages 2004 anbelangt, so waren diese ebenfalls rechtmäßig. Rechtsgrundlage der Beschlagnahme war jeweils § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG. Danach kann die Polizei eine Sache beschlagnahmen, wenn dies erforderlich ist zum Schutz eines Einzelnen oder des Gemeinwesens gegen eine unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung. Diese Voraussetzungen waren vorliegend gegeben, denn die Plakate und die Flugblätter dienten als Mittel der unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme gilt das oben zu den Platzverweisen Ausgeführte entsprechend. Zudem waren die zeitlichen Grenzen des § 33 Abs. 3 Satz 1 PolG gewahrt. Dies gilt auch hinsichtlich der anlässlich des Volkstrauertages 2003 stattgefundenen Beschlagnahme. Denn dem Kläger wurde die Möglichkeit gegeben, die Plakate unmittelbar nach dem Ende der Gedenkfeier am Ort der Verwahrung, dem Polizeirevier T., abzuholen. Eine Pflicht zur Rückgabe der Plakate am Ort der Beschlagnahme - hier dem Eingangsbereich des B.s - bestand angesichts von deren Rechtmäßigkeit nicht (vgl. ausführlich zur strafprozessualen Beschlagnahme: BGH, Urt. v. 03.02.2005 - III ZR 271/04 -, NJW 2005, 988).
33 
Was schließlich die Anordnung des polizeilichen Gewahrsams am Volkstrauertag 2004 angeht, war diese - soweit sich angesichts der Antragsformulierung die Klage hiergegen überhaupt richten sollte - ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten. Der Gewahrsam ist eine Maßnahme der Gefahrenabwehr und zielt auf eine Freiheitsentziehung aus präventiv polizeilichen Gründen. Rechtsgrundlage hierfür war § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG. Danach kann die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn auf andere Weise eine unmittelbar bevorstehende erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht verhindert oder eine bereits eingetretene Störung nicht beseitigt werden kann. Die weitere unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die vom Kläger im Jahr 2004 aufgrund seines aggressiven Verhaltens ausging, ist als erheblich einzustufen, nachdem er sich gegen die zuvor ausgesprochene Beschlagnahme der Flugblätter zur Wehr setzte und im Zuge dessen lauthals schrie; weitere Störungen des Klägers konnten daher auf andere Weise als seine Gewahrsamnahme nicht verhindert werden, insbesondere erschien ein Platzverweis nicht mehr ausreichend. Der erforderliche enge Zusammenhang mit der Gedenkveranstaltung (§ 28 Abs. 3 Satz 1 PolG) war ebenfalls gewahrt, da der Kläger unmittelbar nach Ende dieser Veranstaltung wieder aus dem Gewahrsam entlassen wurde.
34 
Der Rechtmäßigkeit der Gewahrsamnahme des Klägers steht schließlich nicht entgegen, dass keine richterliche Entscheidung über den Gewahrsam herbeigeführt worden ist (§ 28 Abs. 3 Satz 3 PolG). Denn die Herbeiführung einer solchen Entscheidung war vorliegend entbehrlich, da eine Prognose ergibt, dass eine richterliche Entscheidung erst zu einem Zeitpunkt hätte ergehen können, als der Grund für den Gewahrsam wieder weggefallen ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.09.2004 - 1 S 2206/03 -, VBlBW 2005, 63 m. w. N.). Der Kläger ist lediglich für knapp eine Stunde in Gewahrsam genommen worden, wobei für die Polizeibehörde angesichts der alljährlich stattfindenden Gedenkfeier auf dem B. diese (kurze) zeitliche Dauer und damit der Zeitpunkt der Freilassung des Klägers absehbar war. Bei dieser Sachlage erweist sich der Verzicht auf eine richterliche Entscheidung durch die Prognose gerechtfertigt, dass die Herbeiführung einer solchen die Dauer des Gewahrsams aller Voraussicht nach verlängert hätte. Insbesondere mit Blick darauf, dass die herbeizuführende richterliche Entscheidung zur Gewährung rechtlichen Gehörs grundsätzlich die Anhörung sämtlicher Beteiligter vorausgesetzt hätte, konnte die Polizei - zumal es sich um einen Sonntag handelte, an dem am zuständigen Amtsgericht allenfalls ein Bereitschaftsdienst tätig gewesen ist - davon ausgehen, dass eine richterliche Entscheidung nicht vor Ablauf des Gewahrsams hätte ergehen können.
35 
2. Auch die vorbeugende Unterlassungsklage des Klägers bleibt ohne Erfolg. Sie dürfte zwar zulässig sein. Denn im Hinblick darauf, dass auch diese Klage polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand hat, die sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränken, in welcher der Betroffene keine gerichtliche Entscheidung erlangen kann, wäre (auch vorläufiger) nachträglicher Rechtsschutz nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße wirksam (vgl. zum sog. qualifizierten Rechtsschutzinteresse: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.01.1993 - 2 S 1040/91 -, NVwZ-RR1994, 363 m. w. N.). Allerdings ist die Klage unbegründet. Denn dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu, nachdem sich die anlässlich der Volkstrauertage 2003 und 2004 durchgeführten polizeilichen Maßnahmen - gegen deren Wiederholung sich die Unterlassungsklage richtet - als rechtmäßig erweisen.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
18 
Die Klage bleibt sowohl als Fortsetzungsfeststellungklage (1.) als auch als vorbeugende Unterlassungsklage (2.) ohne Erfolg.
19 
1. Die Klage ist hinsichtlich der polizeilichen Maßnahmen an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 als Fortsetzungsfeststellungklage zulässig, jedoch nicht begründet.
20 
Die Klage ist analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig.
21 
Dem Kläger steht eine Feststellungsinteresse analog § 113 Abs.1 Satz 4 jedenfalls unter dem Aspekt der Wiederholungsgefahr zur Seite. Eine Wiederholungsgefahr in diesem Sinne setzt voraus, dass eine gleichartige Verwaltungsentscheidung bereits tatsächlich bevorsteht, in absehbarer Zeit möglich ist oder sich konkret abzeichnet. Dies ist vorliegend der Fall, nachdem die Beklagte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hinsichtlich des Volkstrauertages 2004 (8 K 1965/04) mit Schreiben vom 08.11.2004 ausdrücklich erklärt hat, dass für den Fall, dass sich der Kläger wie zum Volkstrauertag 2003 verhalte, „damit zu rechnen [sei], dass die Antragsgegnerin bereits um ihrer Selbstbindung gerecht zu werden, ähnlich verfährt, wie sie es im vergangenen Jahr für geboten hielt“. Dass sich der Kläger in Bezug auf künftige Volkstrauertage ähnlich wie bisher verhalten - also im Eingangsbereich des B. Plakate zeigen und Handzettel verteilen - möchte, ergibt sich u. a. bereits aus seinen Klaganträgen zum vorbeugenden Rechtsschutz. Darüber hinaus erklärte der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich, dass er mit seinen Handlungen „das spezielle Volkstrauertagspublikum im Auge“ habe und diese daher zum Zeitpunkt der Gedenkfeier am B. stattfinden müssten. Solche Handlungen „am Volkstrauertag in der Fußgängerzone in T.“ vorzunehmen, was die Beklagte gestatten würde, wie ihre Vertreter in der mündlichen Verhandlung sagten, lehnte der Kläger in der Verhandlung ausdrücklich ab.
22 
Darüber hinaus hat der Kläger ein schutzwürdiges Interesse an einer Rehabilitierung. Hat ein Verwaltungsakt außer seiner erledigten, belastenden Wirkung einen Inhalt, der dem Ansehen des Betroffenen schadet, so rechtfertigt das Interesse an einer Rehabilitation, an der Beseitigung der Rufminderung, eine Fortsetzungsfeststellungsklage. Der Kläger trägt vor, das Geschehen im Eingangsbereich des B. sei von der Öffentlichkeit beobachtet worden, was von der Beklagtenseite nicht bestritten worden ist. Zudem ist, jedenfalls was den Volkstrauertag 2003 angeht, auch in der Presse darüber berichtet worden. Dadurch kann das Ansehen des Klägers beeinträchtigt sein. Hinzu kommt hier noch, dass die Feststellungsbegehren polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand haben, die sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränken, in welcher der Betroffene keine gerichtliche Entscheidung erlangen kann. Dass in einem solchen Fall im Hinblick auf den durch Art.19 Abs.4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Klärung bestehen kann, ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, Juris m. w. N.).
23 
Der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage steht auch nicht entgegen, dass kein Vorverfahren durchgeführt worden ist. Die von der Polizei getroffene Maßnahmen in den genannten beiden Jahren haben sich auf die Dauer der Gedenkveranstaltung beschränkt und mit Ablauf ihrer Vollziehung erledigt. Da die Erledigung somit vor Ablauf der Widerspruchsfrist eingetreten ist, bedarf es eines Vorverfahrens nicht. Zudem ist die Klage auch nicht an die Frist der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7/98 -, BVerwGE 109, 203).
24 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die polizeilichen Maßnahmen an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 waren rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten.
25 
Die Platzverweise an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 finden ihre Rechtsgrundlage in den §§ 1, 3 des Polizeigesetzes (PolG) in der Fassung vom 13.Januar 1992 (GBl. S.1, ber. S. 596, 1993 S.155). Danach hat die Polizei die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, und zu deren Wahrnehmung diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage sind vorliegend erfüllt. Denn das Verhalten des Klägers stellte jeweils eine Störung der öffentlichen Sicherheit bzw. Ordnung dar.
26 
Öffentliche Sicherheit in diesem Sinne meint die Unverletzlichkeit der objektiven Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie die Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates und der sonstigen Träger von Hoheitsgewalt. Hierunter fällt auch die Rechtsposition der Veranstalter der Gedenkfeiern am Volkstrauertag als Sondernutzungserlaubnis, wie das Verwaltungsgericht Sigmaringen bereits in seinen Urteilen vom 31.05.1989 - 3 K 1735/88 - und vom 17.10.2002 - 6 K 1760/01 - zutreffend ausführt. Bei dem Mahnmal auf dem B. der Stadt T. handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung der Beklagten (vgl. § 2 der Friedhofssatzung vom 2. Juli 2001). Das Mahnmal ist Teil der Friedhofs. Nach § 5 Abs.4 Satz 1 Friedhofsordnung bedürfen Totengedenkfeiern auf den Friedhöfen der Zustimmung der Beklagten. Daraus folgt, dass es sich bei den Gedenkfeiern an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 um eine Sondernutzung, nicht um Ausübung des Gemeingebrauchs handelte. Die den Veranstaltern der Gedenkfeiern - der Stadt T. und dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge - erteilte Sondernutzungserlaubnis schließt für die Dauer ihrer Geltung den Gemeingebrauch anderer aus (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10.09.1986 - 11 A 53/84 -, NVwZ 1987, 1099). Die Veranstalter haben als Inhaber der Sondernutzungserlaubnis das Recht den Ablauf der Veranstaltung zu bestimmen und die Gedenkstätte nach ihren Wünschen und Bedürfnissen zu gestalten. Es gibt kein Recht Dritter, darauf Einfluss zu nehmen. Nach dem Willen der Veranstalter sollten die jeweiligen Gedenkfeiern zu den Volkstrauertagen 2003 und 2004 störungsfrei ablaufen; insbesondere ergibt sich aus den Umständen - seit 1987 sollte nur ein Kranz durch die Veranstalter abgelegt werden -, dass in unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Nähe zur Gedenkfeier keine politischen Meinungsäußerungen stattfinden sollten, welche zum mahnenden Charakter der Veranstaltung in Widerspruch stehen. Dabei bezieht sich das Gestaltungsrecht der Veranstalter räumlich nicht nur auf das Friedhofgelände selbst, sondern auch auf den daran unmittelbar angrenzenden Bereich - hier den Zugangsbereich zum Friedhofsgelände -, von dem aus zumindest bei extensiver Nutzung Dritte auf die Veranstaltung störend einzuwirken vermochten; dies auch dann, wenn diese Personen hierbei die Grenzen des sonst zulässigen Gemeingebrauchs im Einzelfall nicht überschritten haben sollten (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10.09.1986, a. a. O.). Zeitlich setzt die Sondernutzungserlaubnis nicht erst mit Beginn der Veranstaltung, sondern bereits zu einem Zeitpunkt ein, zu dem regelmäßig mit dem Eintreffen von Besuchern und Teilnehmern der Veranstaltung zu rechnen ist.
27 
Durch das Verhalten des Klägers an den genannten Volkstrauertagen stand jeweils eine Störung dieses Rechts der Veranstalter unmittelbar bevor. Im Jahr 2003 ergibt sich dies daraus, dass der Kläger sich gegen 10.40 Uhr und damit unmittelbar vor der um 11.15 Uhr beginnenden Veranstaltung mit den im Tatbestand bezeichneten Plakaten gegenüber dem Eingang des B. postierte. Der Inhalt dieser Plakate stand zu dem von den Veranstaltern gewünschten mahnenden Charakter der Gedenkfeier in erkennbarem Widerspruch. Gleiches gilt für die am Volkstrauertag 2004 gegen 10.55 Uhr verteilten Flugblätter des Klägers. Insoweit ist auch die vom Kläger gegenüber dem Vertreter des Ordnungsamtes der Beklagten gemachte Äußerung („Sie missbrauchen den Volkstrauertag für Ihre Juden- und Kommunistenpropaganda.“) zu berücksichtigen, aus der ersichtlich wird, dass es dem Kläger mit seinen Meinungsäußerungen erkennbar um eine Relativierung der Gedenkfeiern in der von Veranstaltern vorgenommenen Art und Weise ging. Zudem ließen das aggressive Verhalten des aus den Vorjahren für massive Störversuche im Hinblick auf die Gedenkfeier bekannten Klägers während der jeweils durchgeführten Polizeikontrollen darauf schließen, dass weitere Störungen unmittelbar bevor standen.
28 
Darüber hinaus bestand eine Gefahr für die öffentliche Ordnung im Sinne von § 1 PolG. Unter öffentlicher Ordnung wird die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln verstanden, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden und mit dem Wertgehalt des Grundgesetzes zu vereinbarenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebietes angesehen wird. Die öffentliche Ordnung kann durch die Art und Weise der Kundgabe einer Meinung oder durch provokantes Auftreten von Rechtsextremen verletzt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 -, NVwZ 2004, 90 m. w. N.). Die Gedenkfeier auf dem B. in T. am Volkstrauertag diente der Erinnerung an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, also an diejenigen Menschen, die unmittelbar durch die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft oder mittelbar durch den von dieser verschuldeten Weltkrieg ihr Leben verloren haben, und der Mahnung vor der Wiederholung solcher oder vergleichbarer Geschehnisse. Dieser Feiertag als solcher und speziell die Gedenkfeier, mit der er begangen wird, haben nach der Anschauung einer weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung einen Inhalt und eine Zielrichtung, die gegen rechtsextreme Bestrebungen und rechtsextremes Gedankengut gerichtet ist. Dem kommt nach dieser Anschauung ein so hoher Wert zu, dass seine Beachtung als für ein gedeihliches Zusammenleben notwendig erscheint (vgl. zum Charakter des Volkstrauertages auch OVG Brandenburg, Beschl. v. 15.11.2002 - 4 B 326/02 -, NVwZ 2003, 623). Die Absicht des Klägers, an diesen Tagen eine erklärtermaßen politisch rechts angesiedelte Meinungsäußerung - sei es durch das Zeigen von Plakaten oder das Verteilen von Flugblättern - zu betreiben, stellt eine Störung der öffentlichen Ordnung dar, die in den konkreten Situationen 2003 und 2004 jedenfalls unmittelbar bevorstand, wenn nicht gar bereits eingetreten war.
29 
Es sind keinerlei Anhaltspunkte - auch nicht ansatzweise - ersichtlich oder vorgetragen, dass die Veranstalter des Gedenktags dessen Charakter zuwider handeln oder gar missbrauchen. Die Behauptung des Klägers, der Tag werde für „Juden- und Kommunistenpropaganda“ missbraucht, ist haltlos. Sie lässt allerdings deutlich werden, worum es dem Kläger bei seinen Aktionen geht. Deren Inhalt aber auch die Art und Weise, etwa die lautstarken Auftritte des Klägers, sind unvereinbar mit dem still mahnenden Charakter des Volkstrauertages.
30 
Die Beklagte wurde jeweils als zuständige Ortspolizeibehörde (§§ 60 Abs. 1, 66 Abs. 2 PolG) tätig, um durch den Erlass der Platzverweise die Rechtspositionen der Veranstalter zu schützen und hierdurch die Gefahr für die öffentliche Ordnung zu beseitigen. Die Anordnungen richteten sich gegen den Kläger als Störer (§§ 6 und 7 PolG). Die Platzverweise waren auch nicht unverhältnismäßig. Es handelte sich um vorübergehende Maßnahmen, die nur von kurzer Dauer waren, nämlich bis zum Ende der Veranstaltung; es fehlt ihnen die Eingriffsqualität, so dass Art. 11 GG nicht entgegensteht (Reiff, PolG für Baden-Württemberg, Kommentar, § 3 RdNr. 26). Diese Platzverweise waren auch erforderlich, da es kein milderes Mittel im Sinne des § 5 PolG gab, um die Entfernung des Klägers vom Ort der Gedenkfeier zu erreichen.
31 
Die Platzverweise sind schließlich, auch soweit sie dazu dienten, eine Gefahr für die öffentliche Ordnung abzuwehren, ermessensfehlerfrei ergangen. Insbesondere ist auch die hierin liegende Beeinträchtigung der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers nicht zu beanstanden. Die Gewährleistung der Freiheit der Meinungsäußerung unterliegt nach Art. 5 Abs. 2 GG den Schranken der allgemeinen Gesetze, die - wie hier die §§ 1, 3 PolG - den Schutz anderer Rechtsgüter zum Gegenstand haben. Dabei darf das Grundrecht aus Art. 5 Abs.1 GG zwar nicht unbegrenzt eingeschränkt werden. Das Recht der freien Meinungsäußerung ist vielmehr als konstituierend für ein freiheitliches demokratisches Gemeinwesen in der Güterabwägung zu gewichten. Andererseits zählt die Abgrenzung gegen die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschland ebenfalls zu den tragenden Elementen der Wertordnung des Grundgesetzes. Wenngleich in einer Demokratie selbst diese Grundwerte keinen absoluten Schutz vor jeder Art von Kritik und auch Provokation genießen können, ist doch ein gewisser, eng begrenzter Kernbereich anzunehmen, in welchem die symbolische Bekräftigung derselben, auch im Sinne einer Selbstvergewisserung des demokratischen Gemeinwesens, gänzlich frei von Störungen gehalten werden darf. Zu diesem Kernbereich sind Veranstaltungen mit solch symbolischem Charakter, wie eben die Gedenkfeier zum Volkstrauertag auf dem T. B., zu zählen. Es ist darum unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden, wenn die Behörde in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Gedenkfeier Meinungsäußerungen unterbindet, die - wie die des Klägers - gezielt zur selben Zeit und in unmittelbarer Nähe vorgenommen werden, um den Inhalt der Feier zu konterkarieren. Zu diesem Zweck stellte ein Platzverweis, auch in der Ausdehnung auf den Eingangsbereich des Friedhofs, das mildeste Mittel dar.
32 
Was die Beschlagnahme der Plakate anlässlich des Volkstrauertages 2003 sowie der Flugblätter anlässlich des Volkstrauertages 2004 anbelangt, so waren diese ebenfalls rechtmäßig. Rechtsgrundlage der Beschlagnahme war jeweils § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG. Danach kann die Polizei eine Sache beschlagnahmen, wenn dies erforderlich ist zum Schutz eines Einzelnen oder des Gemeinwesens gegen eine unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung. Diese Voraussetzungen waren vorliegend gegeben, denn die Plakate und die Flugblätter dienten als Mittel der unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme gilt das oben zu den Platzverweisen Ausgeführte entsprechend. Zudem waren die zeitlichen Grenzen des § 33 Abs. 3 Satz 1 PolG gewahrt. Dies gilt auch hinsichtlich der anlässlich des Volkstrauertages 2003 stattgefundenen Beschlagnahme. Denn dem Kläger wurde die Möglichkeit gegeben, die Plakate unmittelbar nach dem Ende der Gedenkfeier am Ort der Verwahrung, dem Polizeirevier T., abzuholen. Eine Pflicht zur Rückgabe der Plakate am Ort der Beschlagnahme - hier dem Eingangsbereich des B.s - bestand angesichts von deren Rechtmäßigkeit nicht (vgl. ausführlich zur strafprozessualen Beschlagnahme: BGH, Urt. v. 03.02.2005 - III ZR 271/04 -, NJW 2005, 988).
33 
Was schließlich die Anordnung des polizeilichen Gewahrsams am Volkstrauertag 2004 angeht, war diese - soweit sich angesichts der Antragsformulierung die Klage hiergegen überhaupt richten sollte - ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten. Der Gewahrsam ist eine Maßnahme der Gefahrenabwehr und zielt auf eine Freiheitsentziehung aus präventiv polizeilichen Gründen. Rechtsgrundlage hierfür war § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG. Danach kann die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn auf andere Weise eine unmittelbar bevorstehende erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht verhindert oder eine bereits eingetretene Störung nicht beseitigt werden kann. Die weitere unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die vom Kläger im Jahr 2004 aufgrund seines aggressiven Verhaltens ausging, ist als erheblich einzustufen, nachdem er sich gegen die zuvor ausgesprochene Beschlagnahme der Flugblätter zur Wehr setzte und im Zuge dessen lauthals schrie; weitere Störungen des Klägers konnten daher auf andere Weise als seine Gewahrsamnahme nicht verhindert werden, insbesondere erschien ein Platzverweis nicht mehr ausreichend. Der erforderliche enge Zusammenhang mit der Gedenkveranstaltung (§ 28 Abs. 3 Satz 1 PolG) war ebenfalls gewahrt, da der Kläger unmittelbar nach Ende dieser Veranstaltung wieder aus dem Gewahrsam entlassen wurde.
34 
Der Rechtmäßigkeit der Gewahrsamnahme des Klägers steht schließlich nicht entgegen, dass keine richterliche Entscheidung über den Gewahrsam herbeigeführt worden ist (§ 28 Abs. 3 Satz 3 PolG). Denn die Herbeiführung einer solchen Entscheidung war vorliegend entbehrlich, da eine Prognose ergibt, dass eine richterliche Entscheidung erst zu einem Zeitpunkt hätte ergehen können, als der Grund für den Gewahrsam wieder weggefallen ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.09.2004 - 1 S 2206/03 -, VBlBW 2005, 63 m. w. N.). Der Kläger ist lediglich für knapp eine Stunde in Gewahrsam genommen worden, wobei für die Polizeibehörde angesichts der alljährlich stattfindenden Gedenkfeier auf dem B. diese (kurze) zeitliche Dauer und damit der Zeitpunkt der Freilassung des Klägers absehbar war. Bei dieser Sachlage erweist sich der Verzicht auf eine richterliche Entscheidung durch die Prognose gerechtfertigt, dass die Herbeiführung einer solchen die Dauer des Gewahrsams aller Voraussicht nach verlängert hätte. Insbesondere mit Blick darauf, dass die herbeizuführende richterliche Entscheidung zur Gewährung rechtlichen Gehörs grundsätzlich die Anhörung sämtlicher Beteiligter vorausgesetzt hätte, konnte die Polizei - zumal es sich um einen Sonntag handelte, an dem am zuständigen Amtsgericht allenfalls ein Bereitschaftsdienst tätig gewesen ist - davon ausgehen, dass eine richterliche Entscheidung nicht vor Ablauf des Gewahrsams hätte ergehen können.
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2. Auch die vorbeugende Unterlassungsklage des Klägers bleibt ohne Erfolg. Sie dürfte zwar zulässig sein. Denn im Hinblick darauf, dass auch diese Klage polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand hat, die sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränken, in welcher der Betroffene keine gerichtliche Entscheidung erlangen kann, wäre (auch vorläufiger) nachträglicher Rechtsschutz nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße wirksam (vgl. zum sog. qualifizierten Rechtsschutzinteresse: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.01.1993 - 2 S 1040/91 -, NVwZ-RR1994, 363 m. w. N.). Allerdings ist die Klage unbegründet. Denn dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu, nachdem sich die anlässlich der Volkstrauertage 2003 und 2004 durchgeführten polizeilichen Maßnahmen - gegen deren Wiederholung sich die Unterlassungsklage richtet - als rechtmäßig erweisen.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Die Berufungen der Klägerinnen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. November 2003 - 4 K 1967/01 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerinnen begehren die Feststellung, dass die Beschlagnahme ihrer Fahrzeuge samt Ladung rechtswidrig war.
Im Vorfeld des für den 18.10.2000 geplanten Brennelemente-Transportes (sog. „Castor-Transport“) vom Kernkraftwerk Philippsburg in die Wiederaufarbeitungsanlage im französischen La Hague riefen Kernkraftgegner der Kampagne „x 1000 mal quer“ zu verschiedenen Demonstrationen und Aktionen mit dem Ziel auf, den vorgesehenen Transport - auch durch Blockaden - zu verhindern. Am 15.10.2000 fand in Phillipsburg eine Auftaktdemonstration mit ca. 1000 Teilnehmern statt, von denen einige dem Aufruf folgten, bis zum 18.10.2000 in der Nähe des Kernkraftwerks zu verbleiben. Zu diesem Zweck hatte die Initiative „x 1000 mal quer“ auf einem Wiesengrundstück im Ortsteil Oberhausen der benachbarten Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen in ca. 7 km Entfernung vom Kernkraftwerk ein Camp errichtet. Bis zum Mittag des 16.10.2000 wurden dort zwei größere Rundzelte, mehrere Versorgungs- und Küchenzelte und ca. 40 Iglu-Zelte aufgebaut sowie vier Toilettenhäuschen aufgestellt; ca. 150 Personen hielten sich dort auf. Die Klägerin zu 1), eine in einem niederländischen Register eingetragene Vereinigung, die sich als „Kochkollektiv“ bezeichnet, war für den Betrieb der Küche und die Versorgung des Zeltlagers mit Lebensmitteln zuständig; dabei wurde sie von der Klägerin zu 2) unterstützt, die die Küche „Maulwurf“ betreibt.
Am 16.10.2000 gegen 15:10 h forderte das Landratsamt Karlsruhe die Bewohner des Zeltlagers auf, die Zelte sofort abzubrechen und sich zu entfernen. Der Sofortvollzug von Platzverweis und Räumungsverfügung wurde angeordnet und für den Fall der Nichtbeachtung die Anwendung von Zwangsmitteln angedroht. Außerdem wurde das Verbot ausgesprochen, an anderer Stelle ein Zeltlager zu errichten.
Nach dem Abbau der Rundzelte und des Küchenzelts wurden diese zusammen mit den Koch- und Kücheneinrichtungen und den Lebensmitteln auf das Fahrzeug der Klägerin zu 1) (niederländisches Kennzeichen: BZ-41-ZB) und auf das Fahrzeug und den Anhänger der Klägerin zu 2) (amtliche Kennzeichen: FR-CK 581, FR-JP 985) sowie ein weiteres Fahrzeug verladen. Die Küchenfahrzeuge verließen das Grundstück nach 19:00 h und legten, von der Polizei überwacht, auf der B 36 in Richtung Karlsruhe eine Strecke von ca. 5 km zurück. Dort wurden die Fahrzeuge gestoppt, beschlagnahmt und zur Salm-Kaserne in Philippsburg gebracht. Den Eigentümern wurde angeboten, dass sie jedenfalls über ein Fahrzeug verfügen könnten, wenn dieses entladen werde; das dritte Fahrzeug wurde daraufhin entladen und sodann freigegeben, während die Fahrzeuge der Klägerinnen auf dem Kasernengelände verblieben. Am folgenden Tag wurden die Fahrzeuge samt Anhänger sowie die Lebensmittel an die Klägerinnen herausgegeben, während die Beschlagnahme der Küchengerätschaften aufrechterhalten blieb.
Mit einer an die Eigentümer bzw. die Besitzer der Fahrzeuge adressierten Verfügung vom 18.10.2000 wurde die Beschlagnahme der Fahrzeuge samt der logistischen Beladung schriftlich bestätigt (Ziff. 1) und der Sofortvollzug angeordnet (Ziff. 3).; in Ziff. 2 wurde bestimmt, dass über die Fahrzeuge frei verfügt werden kann, sofern die Beladung abgeladen wird. Zur Begründung wurde auf § 33 PolG verwiesen und ausgeführt, dass die Beschlagnahme zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung erforderlich sei. Mit dem Zeltlager sei eine wesentliche infrastrukturelle Basis und Voraussetzung für eine längere Unterbringung vieler Personen geschaffen worden, mit der die Bewegung über eine Plattform verfüge, um angekündigte kollektive Rechtsbrüche zu organisieren; so hätten einige Camp-Bewohner bereits an rechtswidrigen Aktionen teilgenommen. Das Camp habe offensichtlich zu einer logistischen Zentrale des Widerstands mit einer Kapazität von mehreren tausend Menschen ausgebaut werden sollen; es sei geräumt worden, um massenhafte Rechtsbrüche zu verhindern. Schließlich sei auch einer allgemeinen hygienischen bzw. Seuchengefahr begegnet worden. Nach der Auflösung des Camps und Verladung der Kücheneinrichtungsgegenstände auf die später beschlagnahmten Fahrzeuge habe der Betreiber der Küche auf die Frage nach dem nächsten Anfahrtsziel angegeben, „dass er dies noch nicht wisse, er werde von seinen Auftraggebern … noch in die nächste Örtlichkeit eingewiesen“. Deshalb sei davon auszugehen, dass an anderer Stelle im Landkreis Karlsruhe ein neues Camp errichtet werden solle. Die Beschlagnahme sei geeignet und erforderlich, um den Zweck zu erreichen, weitere Störungen der öffentlichen Sicherheit aus einem Camp heraus wirksam und dauerhaft zu unterbinden. Darüber hinaus sei sie auch angemessen gewesen, da das Interesse der Besitzer der Gerätschaften zurückzutreten habe.
Gegen die Beschlagnahmeverfügung erhoben die Klägerinnen mit Schriftsatz vom 18.10.2000 Widerspruch. Ihre Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs, soweit er die beschlagnahmten Gerätschaften betraf, wurde vom Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 20.10.2000 - 4 K 2981/00 - abgelehnt.
Mit Verfügung vom 06.11.2000 hob das Landratsamt Karlsruhe die Beschlagnahme der mit Verfügung vom 18.10.2000 beschlagnahmten Gerätschaften und der sonstigen Ladung auf, soweit diese nicht schon herausgegeben worden war.
Am 06.08.2001 haben die Klägerinnen Fortsetzungsfeststellungsklage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und zur Begründung vorgetragen: Das erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich zum einen aus der Wiederholungsgefahr; denn selbst wenn keine Transporte mehr stattfänden, sei jedenfalls mit Aktionen gegen die geplante Einrichtung eines Interims- und Zwischenlagers in Philippsburg zu rechnen. Zum anderen könne sich die Klägerin zu 1) auf ein Rehabilitierungsinteresse stützen, da im „Limburgs Dagblad“, einer niederländischen Tageszeitung, über die Beschlagnahme der Küche berichtet worden sei. Schließlich müsse es den Klägerinnen möglich sein, die Rechtswidrigkeit einer Beschlagnahme, die sich typischerweise kurzfristig erledige, gerichtlich klären zu lassen; die Möglichkeit vorläufigen Rechtsschutzes sei hierfür nicht ausreichend. In der Sache haben die Klägerinnen die Auffassung vertreten, dass die angefochtene Beschlagnahmeverfügung bereits formell rechtswidrig gewesen sei. Das Landratsamt Karlsruhe sei für den Erlass der Beschlagnahme auf polizeirechtlicher Grundlage nicht zuständig gewesen; insbesondere die Voraussetzungen einer Eilzuständigkeit gem. § 67 Abs. 1 PolG hätten nicht vorgelegen. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht sei die Verfügung rechtswidrig gewesen. Das Camp habe mit den geplanten Aktionen eine untrennbare Einheit gebildet; demnach sei Art. 8 Abs. 1 GG einschlägig, da das Grundrecht der Versammlungsfreiheit und die Vorschriften des Versammlungsgesetzes das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Personen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsäußerung und Meinungsbildung schütze. Von einem solchen inneren Zusammenhang sei auch die Beschlagnahmeverfügung ausgegangen. Zum Zeitpunkt der Beschlagnahme habe nicht mehr von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch das aufgelöste Zeltlager ausgegangen werden können; die Aussage des Küchenbetreibers, er kenne das nächste Anfahrtsziel nicht, rechtfertige nicht die Annahme, an anderer Stelle könnte ein neues Camp errichtet werden.
Mit Urteil vom 18.11.2003 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klagen - dem Antrag des Beklagten folgend - als unzulässig abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen angeführt: Die Klägerinnen hätten ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse an der begehrten Feststellung nicht dargelegt. Eine Wiederholungsgefahr sei nicht gegeben, da sich keine konkreten Anhaltspunkte abzeichnen, dass ähnliche Demonstrationen in Philippsburg in absehbarer Zeit durchgeführt würden. Denn die Castor-Transporte aus dem Kernkraftwerk nach La Hague seien mittlerweile abgeschlossen, und künftig würden die Brennelemente in Interims- und Zwischenlagern auf dem Gelände des Kraftwerks in Philippsburg untergebracht. Allein die Möglichkeit, dass auch gegen diese Art der Lagerung Demonstrationen mit entsprechender Infrastruktur durchgeführt würden, sei zu ungewiss und zu wenig konkret und demnach nicht ausreichend, um eine Wiederholungsgefahr zu begründen; es sei nämlich nicht erkennbar, dass auch diese Aktionen ähnlichen Zulauf und Interesse erwecken würden, da die Fortführung des Betriebs des Kernkraftwerks in Philippsburg anders als im Oktober 2000 nicht in Frage stehe. Außerdem sei die Behördenentscheidung aufgrund des Einzelfalls ergangen und es sei nicht wahrscheinlich, dass das Landratsamt in Zukunft in vergleichbarer Weise gegen Versammlungsteilnehmer vorgehen wird. Ein Rehabilitierungsinteresse stehe den Klägerinnen ebenfalls nicht zu. Es könne weder festgestellt werden, dass die Beschlagnahme der Fahrzeuge und der Küchengegenstände selbst für die Klägerinnen eine diskriminierende Wirkung gehabt hätte, noch dass die Berichterstattung darüber in der lokalen und überregionalen Presse und einer niederländischen Zeitung geeignet gewesen sei, der Öffentlichkeit ein falsches oder gar ehrenrühriges Bild von den Klägerinnen zu vermitteln. Ein besonderes rechtliches Interesse sei auch nicht durch die Grundrechtsbetroffenheit der Klägerinnen in Verbindung mit der Rechtsweggarantie des Art.19 Abs. 4 GG anzunehmen. Die Beschlagnahme stelle keinen tiefgreifenden Grundrechtseingriff im Sinne der Rechtsprechung dar; dabei kämen tiefgreifende Grundrechtseingriffe insbesondere bei jenen Anordnungen in Betracht, die das Grundgesetz vorbeugend dem Richter vorbehalte. Eine vergleichbare Belastung der Klägerinnen sei nicht zu erkennen; sie seien durch die Beschlagnahme nicht in einem Grundrecht betroffen, das dem Schutz der persönlichen Sphäre oder der menschlichen Würde diene. Letztlich sei die den Klägerinnen eingeräumte Rechtsschutzmöglichkeit ausreichend gewesen. Der zeitliche Ablauf zeige, dass die Klägerinnen Gelegenheit gehabt hätten, um einstweiligen Rechtsschutz nachzusuchen; eine Beschwerde gegen den im Eilverfahren ergangenen Beschluss wäre bis zur Erledigung der Beschlagnahme noch möglich gewesen.
10 
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 04.10.2004 - 1 S 1512/04 - zugelassenen Berufungen vertiefen die Klägerinnen ihr erstinstanzliches Vorbringen und tragen vor: Das Feststellungsinteresse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspreche dem berechtigten Interesse gem. § 43 VwGO und sei nicht an zu strenge Voraussetzungen zu knüpfen. Bei kurzfristiger Erledigung von Verwaltungsmaßnahmen folge es aus der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, der zur Vermeidung rechtsfreier Räume bei der Verletzung eines jeglichen subjektiven Rechts mindestens eine gerichtliche Instanz im Hauptsacheverfahren garantiere. Jedenfalls sei bezüglich der Klägerin zu 1) ein tiefgreifender Grundrechtseingriff deshalb gegeben, weil sie als Betreiberin der Küche durch die Beschlagnahme in ihrer Berufsausübung betroffen sei. Außerdem liege ein Eingriff in die Eigentumsrechte der Klägerinnen vor, der nicht deshalb ausgeschlossen sei, weil mögliche Schadensersatzansprüche nicht geltend gemacht würden. Darüber hinaus sei ein Rehabilitierungsinteresse zu Unrecht abgelehnt worden, denn jeder Pressebericht über polizeiliche Maßnahmen zu Lasten einzelner habe in gewisser Weise einen diskriminierenden Charakter, weil es die Öffentlichkeit - ungeachtet der Wertung im Presseartikel - für möglich halten könne, dass der Betroffene Störer sei. Die Klagen seien auch begründet. Das Landratsamt als Kreispolizeibehörde sei für den Erlass der Beschlagnahmeverfügung nicht zuständig gewesen; auf eine Eilkompetenz gem. § 67 Abs. 1 PolG könne sich das Landratsamt nicht berufen. Die Beschlagnahme habe im Zusammenhang mit der Auflösung des Camps gestanden. Die Ortspolizeibehörde hätte schon zu diesem Zeitpunkt informiert werden können und auch müssen; die unzuständige Behörde könne sich in einem solchen Fall nicht mehr auf eine Eilkompetenz berufen, wenn dies unterblieben sei und zu einem späteren Zeitpunkt das Tätigwerden der zuständigen Behörde nicht mehr erreichbar erscheine. Dies gelte umso mehr als die Beschlagnahme bereits zuvor erwogen, aber nur aus polizeitaktischen Gründen zurückgestellt worden sei. Auch materiell-rechtlich sei die Beschlagnahme rechtswidrig gewesen. Zur Beseitigung bereits eingetretener Störungen sei sie nicht erforderlich gewesen, denn das Camp sei bereits aufgelöst und die Küche verladen gewesen. Eine unmittelbar bevorstehende Störung durch den Aufbau eines neuen Camps an anderer Stelle sei nicht belegt. Auch könnten Einschätzungen, die für die Kampagne „x 1000 mal quer“ zutreffend sein mögen, nicht auf die Klägerinnen übertragen werden, da sie lediglich Eigentümerinnen der Küche, nicht aber Anhänger der Kampagne seien. Im Übrigen hätten die Klägerinnen der Polizei zugesagt, den Landkreis zu verlassen. Auf Weisungen der Kampagne hätten sie nicht gewartet; etwas anderes ergebe sich nicht aus der Aussage eines Fahrers der Betreiber der Küche, er kenne das Fahrtziel nicht.
11 
Die Klägerinnen beantragen,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. November 2003 - 4 K 1967/01 - zu ändern und festzustellen, dass die mit Bescheid des Landratsamts Karlsruhe vom 16.10.2000/18.10.2000 verfügte Beschlagnahme der Kraftfahrzeuge und des Anhängers mit den amtlichen Kennzeichen BZ-41-ZW (NL), FR-CK 581 und FR-JP 985 und des Inhalts dieser Fahrzeuge rechtswidrig war.
13 
Der Beklagte beantragt,
14 
die Berufungen zurückzuweisen.
15 
Er verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts und führt des Weiteren aus: Die Klagen seien auch unbegründet. Die Zuständigkeit des Landratsamts gründe sich auf die Eilkompetenz gem. § 67 Abs. 1 PolG. Seit Beginn der Auftaktkundgebung sei eine sehr komplexe polizeiliche Aufgabe wahrgenommen worden; dabei dürften auch polizeitaktische Aspekte nicht zurückstehen. Folglich dürfe der zuständigkeitsbegründende Begriff der „Gefahr im Verzug“ nicht eng ausgelegt werden. Nach der im damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsamen Einschätzung habe die Gefahr bestanden, dass sich eine Störung i. S. von § 33 PolG bei allernächster Gelegenheit wieder realisieren werde; die damalige Sicht, dass ein rechtzeitiges Tätigwerden der an sich zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar sei, sei rückblickend nicht zu beanstanden. Auch die materielle Gefahreneinschätzung sei, wie schon das Verwaltungsgericht Karlsruhe im Beschluss des vorläufigen Rechtsschutzes festgestellt habe, zutreffend gewesen. Im übrigen treffe es nicht zu, dass sich die Klägerinnen rechtzeitig vor der Beschlagnahme von den Veranstaltern der Aktionstage distanziert hätten. Vielmehr hätten sie noch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Zusicherung, sich nicht mehr an vergleichbaren Aktionen unterstützend zu beteiligen, ausdrücklich abgelehnt.
16 
Mit rechtskräftigem Urteil vom 14.02.2001 – 4 K 3227/00 – stellte das Verwaltungsgericht Karlsruhe auf die Klage eines Zeltlagerbewohners fest, dass der am 16.10.2000 ergangene Platzverweis und die Räumungsverfügung aus formellen Gründen rechtswidrig gewesen sei, da das Landratsamt Karlsruhe als sachlich unzuständige Behörde gehandelt habe.
17 
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat den damaligen Einsatzleiter der Polizei, Herrn Polizeidirektor Trunk, informatorisch als amtliche Auskunftsperson angehört. Wegen des wesentlichen Inhalts seiner Aussagen wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Zulassungs- und Berufungsverfahren sowie auf die dem Senat vorliegenden Behörden- und Gerichtsakten - auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (4 K 2981/00) und im Verfahren über die Rechtmäßigkeit der Räumungsverfügung (4 K 3227/00) - verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Der Schriftsatz der Klägerinnen vom 15.04.2005 gibt dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
19 
Die zulässigen Berufungen der Klägerinnen sind nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch behördliche Aufhebung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 09.02.1967 - I C 49.64 -, BVerwGE 26, 161 <165>) und auch im übrigen zulässig.
21 
Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <206 ff.>); der zwischen Erledigung und Einreichung der Klagen verstrichene Zeitraum von lediglich 9 Monaten schließt die Annahme der Verwirkung des Klagerechts aus (siehe hierzu BVerfG, Kammerbeschluss vom 18.12.2002 - 2 BvR 1660/00 -, NJW 2003, 1514 <1515>). Als Adressaten des streitigen Verwaltungsakts sind die Klägerinnen klagebefugt.
22 
Schließlich können sich die Klägerinnen auf das notwendige Feststellungsinteresse stützen. Dieses ist in Fällen wie dem vorliegenden, in denen es nicht darum geht, den in einem bereits angestrengten Anfechtungsprozess getätigten Aufwand weiterhin zu nutzen, mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.01.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226 <228>; Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <209>) und umfasst anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 06.02.1986 - 5 C 40.84 -, BVerwGE 74, 1 <4>).
23 
Eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr, die ein rechtliches Interesse an der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen zu begründen geeignet wäre, hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint. Ein ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung ist hier indessen zu bejahen.
24 
Die Klägerinnen berufen sich hier zunächst auf ein Rehabilitierungsinteresse wegen diskriminierender Wirkung der behördlichen Maßnahme. Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht hierfür allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne aber nicht automatisch folgt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6). Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.11.1980 - 7 C 18.79 -, BVerwGE 61, 164 <166>; Urteil vom 19.03.1992 - 5 C 44.87 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 244; Urteil des erkennenden Senats vom 08.05.1989 - 1 S 722/88 -, NVwZ 1990, 378). Ob die Klägerinnen in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6, m.w.N.) in diesem Sinne noch merkliche ungünstige Nachwirkungen im beruflichen oder gesellschaftlichen Bereich plausibel dargetan haben, erscheint fraglich, kann hier aber dahinstehen. Denn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art ist nicht auf eine Rehabilitation im engem Sinn beschränkt; unter Beachtung verfassungsrechtlicher Garantien ist das Rechtsschutzinteresse bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen nicht nur dann gegeben, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, eine fortwirkenden Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.
25 
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein schutzwürdiges ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung nicht nur in Fällen in Betracht kommt, in denen abträgliche Nachwirkungen der erledigten Verwaltungsmaßnahme fortbestehen. Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erfordern, das Feststellungsinteresse anzuerkennen. Hierzu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegen-stand haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1999 - 1 C 12.97 -, NVwZ 1999, 991; Urteil vom 29.04.1997 - 1 C 2.95 -, NJW 1997, 2543, jeweils m.w.N.; Urteil des erkennenden Senats vom 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005, 138 <139>). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet Art. 19 Abs. 4 GG, die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung - nicht nur im Eil-, sondern auch und gerade im Hauptsacheverfahren - in Fällen gewichtiger, allerdings in tatsächlicher Hinsicht überholter Grundrechtseingriffe zu eröffnen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann. Diese Rechtsprechung ist zwar anlässlich der Fälle sogenannter prozessualer Überholung bei Eingriffen unter Richtervorbehalt entwickelt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.12.2001 - 2 BvR 527/99 u.a. -, BVerfGE 104, 220 <233>, m.w.N.), aber nicht hierauf beschränkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 <89 ff.>; Kammerbeschluss vom 07.12.1998 - 1 BvR 831/89 -, NVwZ 1999, 290 <292>; vom 22.02.2002 - 1 BvR 300/02 -, NJW 2002, 2225).
26 
Anknüpfend an diese Grundsätze ist hier ein Feststellungsinteresse zu bejahen. Eine Verletzung von Art. 8 Abs. 1 GG können die Klägerinnen zwar nicht geltend machen; dies folgt - auch unabhängig von der rechtlichen Einordnung des aufgelösten Zeltlagers und den Vorwirkungen der Versammlungsfreiheit - schon aus dem persönlichen Schutzbereich des Grundrechts, das auch auf inländische juristische Personen i.S. von Art. 19 Abs. 3 GG nur in deren Eigenschaft als Veranstalter Anwendung finden kann (vgl. Schulze-Fielitz in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 8 Rn. 56). Auch kann sich die Klägerin zu 1 als ausländische juristische Person nicht ohne weiteres auf die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berufen; hier bedürfte es ggfs. eines Rückgriffs auf gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, um zu einer grundrechts- und rechtsschutzbezogenen Gleichbehandlung zu gelangen (siehe hierzu Wieland in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 12 Rn. 72 m.N.). Ob der zeitweilige Entzug der Nutzung ihrer Gerätschaften und Fahrzeuge nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung einen tiefgreifenden bzw. gewichtigen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht darstellt, mag - insbesondere angesichts der nur kurzen Dauer der Beschlagnahme - zweifelhaft erscheinen.
27 
Diese grundrechtsdogmatischen Überlegungen sind indessen im Ergebnis nicht ausschlaggebend, denn eine solchermaßen isolierte Betrachtungsweise wird nach Ansicht des Senats der vorliegenden Fallkonstellation nicht gerecht. Eine spezifische Grundrechtsverletzung wird, soweit von einer fortwirkenden Rechtsbeeinträchtigung abgesehen werden soll, in der Regel zu Recht gefordert, da anderenfalls wegen der durch Art. 2 Abs. 1 GG umfassend grundrechtlich geschützten Freiheitssphäre des Bürgers für die besonderen Anforderungen an das Rechtsschutzbedürfnis bei erledigtem Verwaltungshandeln letztlich kein Raum mehr bliebe (vgl. Schmidt-Aßmann in: Maunz-Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 245). Einem Rechtsstreit kann aber - bei Wahrung dieser Grundentscheidung - auch dann eine solche Bedeutung zukommen, dass unter rechtsstaatlichen Aspekten ein großzügiger Zugang zur gerichtlichen Kontrolle angezeigt erscheint, wenn das beanstandete polizeiliche Vorgehen Teil eines komplexen Maßnahmenkatalogs ist. Dies ist hier der Fall. Denn die geltend gemachten Rechtsverletzungen, die als solche nicht bloß geringfügig sind, werden maßgeblich davon geprägt, dass sie im Zusammenhang mit der behördlichen Reaktion auf eine damals viel beachtete (Groß-)Demonstration stehen, die für die Klägerinnen angesichts ihres Selbstverständnisses eine große Symbolkraft besaß. Ein öffentliches Interesse an einer rechtlichen Überprüfung des polizeilichen Handelns kann als solches ein Rechtsschutzinteresse zwar nicht begründen; reflexhaft kommt es den Klägerinnen jedoch zugute, indem vor diesem Hintergrund die Anforderungen an dessen Vorliegen herabgesetzt werden.
28 
2. Die Klagen sind nicht begründet. Die Beschlagnahmeverfügung hat die Klägerinnen nicht in ihren Rechten verletzt; sie war formell und materiell rechtmäßig.
29 
a. Das Landratsamt als Kreispolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 2, § 62 Abs. 3 PolG, § 13 Abs. 1 Nr. 1 LVG) war für den Erlass der Beschlagnahmeverfügung, die ihre Ermächtigungsgrundlage als sogenannte polizeirechtliche Standardmaßnahme in § 33 PolG findet, zuständig.
30 
Als Versammlungsbehörde nach der Verordnung des Innenministeriums über Zuständigkeiten nach dem Versammlungsgesetz - VersGZuVO - (vom 25.05.1977, GBl. S. 196, zuletzt geändert durch Verordnung vom 17.06.1997, GBl. 278) war das Landratsamt hier allerdings nicht zur Entscheidung berufen.
31 
Aus der genannten Verordnung folgt nicht, dass die Zuständigkeit für alle im Umfeld einer Versammlung erforderlichen polizeilichen Maßnahmen in der Hand der Kreispolizeibehörde als Versammlungsbehörde konzentriert werden. Sie beschränkt deren Zuständigkeit zum einen auf die Durchführung des Versammlungsgesetzes, d.h. auf Maßnahmen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Versammlungsgesetz findet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1), zum anderen auf Maßnahmen auf Grund des Polizeigesetzes, die der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Vorschriften und Anordnungen dienen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2); hierzu zählen insbesondere Auflagen als sogenannte Minus-Maßnahmen i. S. von § 15 VersG. Eine Maßnahme, die an versammlungsrechtliche Anordnungen anknüpft, liegt hier nicht vor.
32 
Die Auflösung des Zeltlagers wurde zu Recht nicht auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes verfügt. Denn das Camp erfüllte die Voraussetzungen des Rechtsbegriffs der Versammlung, die durch den Zweck gemeinsamer Meinungsbildung und -kundgabe geprägt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <343 ff.>, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <104>), nicht; vielmehr diente es als Obdach seiner Bewohner und als Ausgangsbasis für die in den folgenden Tagen beabsichtigten Demonstrationen, die ihrerseits auf die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit abzielten (siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 23.09.1991 - 5 B 254/91 -, NVwZ-RR 1992, 360). Wollte man allein in der Anwesenheit der Lagerbewohner eine Art „konkludente Solidaritätsadresse“ zugunsten der Demonstrationsteilnehmer erblicken, verlöre das Erfordernis der gemeinschaftlichen Meinungsäußerung jegliche Konturen (siehe hierzu auch das den Beteiligten bekannte Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 -). Die Beschlagnahme als Folgemaßnahme diente demnach auch nicht der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Anordnungen.
33 
Dieser rechtlichen Einordnung steht nicht entgegen, dass das Zeltlager als „logistische Basis“ einen engen Bezug zu den gegen den Castor-Transport gerichteten Versammlungen hatte, die ungeachtet der beabsichtigten Blockade-Aktionen weiterhin als i. S. v. Art. 8 Abs. 1 GG friedliche Demonstrationen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit standen (BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <105 f.>).
34 
Zwar hat das Grundrecht der Versammlungsfreiheit im Interesse seiner Effektuierung auch Vorwirkungen. Die genaue Reichweite des grundrechtlichen Vorfeldschutzes ist aber für die einfachgesetzliche Frage der behördlichen Zuständigkeit ohne Bedeutung. Denn der zeitliche Geltungsbereich des Versammlungsgesetzes setzt - vorbehaltlich einer abweichenden ausdrücklichen Regelung (siehe insbes. § 17a VersG) - nach der Rechtsprechung des Senats im Interesse einer klaren Zäsur den Beginn der Versammlung voraus (Urteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, NVwZ 1998, 761 <763>).
35 
Das Landratsamt als die der originär - als allgemeine Polizeibehörde -zuständigen Ortspolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 4, § 62 Abs. 4 Satz 1, § 66 Abs. 2 PolG) übergeordnete Fachaufsichtsbehörde (§ 64 Nr. 3 b PolG) konnte sich aber auf eine Eilzuständigkeit nach § 67 Abs. 1 PolG stützen.
36 
Der Anwendungsbereich des Polizeigesetzes war hier eröffnet. Inwieweit das Polizeigesetz bei Vorfeldmaßnahmen, die den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG berühren, insbesondere wegen der Anforderungen des Zitiergebotes (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG) nur eingeschränkt anwendbar ist (siehe hierzu Deger, NVwZ 1999, 265 <267>; Kniesel, NJW 2000, 2857 <2862 f.>), kann hier offenbleiben. Denn ungeachtet der inhaltlichen Nähe zu den geplanten Demonstrationen ist das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht berührt. Art. 8 Abs. 1 GG schützt den gesamten Vorgang des Sichversammelns, wozu auch der Zugang und die Anreise zu einer bevorstehenden bzw. sich bildenden Versammlung gehört (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <349>; Beschluss vom 11.06.1991 - 1 BvR 772/90 -, BVerfGE 84, 203 <209>). Demnach sind z.B. Behinderungen der Anfahrt und schleppende vorbeugende Kontrollen mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar. Eine weitere Ausdehnung des Schutzbereichs des Art. 8 Abs. 1 GG ist aber nicht gerechtfertigt. Insbesondere eine - wie hier - feste „Infrastruktur“ fällt nicht mehr unter den Schutz des Grundrechts; denn sie ist für die eigentliche Versammlung nicht mehr funktional notwendig (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 16.12.1993 - 1 S 1957/93 -, NVwZRR 1994, 370; OVG Berlin, Beschluss vom 08.07.1999 -1 SN 63/99 -, LKV 1999, 372 <373>, zur straßenrechtlichen Erlaubnispflicht von Imbissständen; Schulze-Fielitz, a.a.O. , Art. 8 Rn 34). Folglich ist es nicht gerechtfertigt, insoweit Erlaubnisvorbehalte - sowie nachfolgend Eingriffsmöglichkeiten - außerhalb des Versammlungsgesetzes zu suspendieren und die Beachtung der dort geregelten rechtlichen Vorgaben der bloß abwägenden Berücksichtigung der Versammlungsbehörde zu überlassen (vgl. Kanther, NVwZ 2001, 1239 <1242>; Dietlein, NVwZ 1992, 1066).
37 
Nach § 67 Abs. 1 PolG kann die Fachaufsichtsbehörde die polizeilichen Aufgaben wahrnehmen, wenn bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden der zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar erscheint. Gefahr im Verzug liegt hierbei vor, wenn zur Verhinderung eines drohenden Schadens sofort eingeschritten werden muss, weil ein Abwarten bis zum Eingreifen der an sich zuständigen Behörde den Erfolg der notwendigen Maßnahme erschweren oder vereiteln würde. Entscheidend sind hierbei die Verhältnisse und der Erkenntnisstand im Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahme; der Begriff „Gefahr in Verzug“ darf dabei nicht zu eng ausgelegt werden, da eine effiziente Gefahrenabwehr nicht durch Zuständigkeitsprobleme erschwert oder verhindert werden darf. Dabei kommt es gerade nicht auf eine objektive Unerreichbarkeit der sachlich zuständigen Polizeibehörde an; es genügt vielmehr, dass es für die Fachaufsichtsbehörde den Anschein hat, die an sich zuständige Polizeibehörde sei nicht erreichbar. Diese Einschätzung der handelnden Behörde kann gerichtlich nur beanstandet werden, wenn sie offensichtlich von unzutreffenden Voraussetzungen ausgeht, die sich bereits im Zeitpunkt der Entscheidung erkennen ließen (vgl. Urteil des Senats vom 14.12.1989 - 1 S 799/89 -, NJW 1990, 1618 zu § 46 Abs. 2 Nr. 2 PolG a.F. <§ 60 Abs. 2 PolG>). Nach diesen Vorgaben ist es von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt die Zuständigkeit für die Beschlagnahme in Anspruch genommen hat.
38 
Nach den Schilderungen des vom Senat in der mündlichen Verhandlung angehörten Einsatzleiters der Polizei war die Kreispolizeibehörde bereits kurze Zeit nach Erlass der Räumungsverfügung, etwa gegen 16:00 Uhr, zur Überzeugung gelangt, dass eine Beschlagnahme der Küchen zur Gefahrenabwehr erforderlich sei. Diese Einschätzung beruhte in erster Linie auf den Einlassungen eines Vertreters der Klägerinnen, wonach diese die Kampagne, falls gewünscht, weiterhin unterstützen wollten. Es spricht zwar vieles dafür, im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 - zur Zuständigkeit für den Erlass der Räumungsverfügung auch für die folgende Zeit davon auszugehen, dass der Bürgermeister der Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen weiterhin i. S. v. § 67 Abs. 1 PolG erreichbar war; er war damals mit der Sachlage vertraut und ist auch in die Erörterungen zur beabsichtigten Beschlagnahme mit einbezogen worden. Allein auf diesen Zeitpunkt bezogen kann die hier streitige Zuständigkeitsfrage aber nicht beantwortet werden. Denn die interne Willensbildung der Polizeibehörde ist für die Frage der örtlichen Zuständigkeit nicht entscheidend. Vielmehr bestimmt sich diese nach den Gegebenheiten im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Verfügung; wirksam geworden ist die Beschlagnahme erst mit der um ca. 19:30 Uhr erfolgten Bekanntgabe, als die Fahrzeuge auf der Bundesstraße 36 auf dem Gebiet der Gemeinde Waghäusel in Richtung Süden fuhren. Der Bürgermeister von Waghäusel als das für die grundsätzlich zuständige Ortspolizeibehörde handelnde Organ war indessen Sinne von § 67 Abs. 1 PolG nicht rechtzeitig erreichbar.
39 
Der Zeitpunkt und der Ort des polizeilichen Einschreitens war hier durch die polizeitaktische Erwägung bestimmt, die Küchenfahrzeuge, soweit ein Verbleiben im Landkreis Karlsruhe nicht auszuschließen war, erst in räumlicher Entfernung vom Lagerplatz zu beschlagnahmen; damit sollte im Interesse der Deeskalation eine unter Umständen gewalttätige Solidarisierung durch die Bewohner des Lagers vermieden werden. Diese Erwägungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Da den Klägerinnen bei ihrem Abzug vom Lagerplatz eines Fahrtroute nicht vorgegeben wurde und der konkrete Ort des polizeilichen Zugriffs letztlich auch von verkehrstechnischen Erfordernissen bestimmt war, hätte die Wahrung der gesetzlich für den Regelfall vorgesehenen Zuständigkeitsordnung außer der Unterrichtung des Bürgermeisters von Oberhausen-Rheinhausen noch die Einbindung von - mindestens - drei weiteren Bürgermeistern - nämlich denen von Philippsburg, Waghäusel und Altlussheim - erforderlich gemacht, die dann - schon „auf Vorrat“ - eine Beschlagnahmeverfügung hätten vorbereiten müssen für den Fall, dass sich auf ihrer Gemarkung der Handlungsbedarf einstellt. Ein solches Vorgehen war jedoch angesichts der Dringlichkeit der Lage nicht angezeigt; es war bereits nicht abzuschätzen, wie lange der Abbau der Küchenzelte und die Verladung der Gerätschaften dauern werde, so dass eine rechtzeitige Reaktion der örtlich zuständigen Ortspolizeibehörde, die sich mit der Situation und deren polizeirechtliche Bewertung erst hätte vertraut machen müssen, nicht gewährleistet gewesen wäre.
40 
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen waren die polizeitaktischen Überlegungen nicht darauf beschränkt, im Interesse größtmöglicher Wahrung der Zuständigkeitsordnung die Beschlagnahme zwar in gewisser räumlicher Entfernung vom Lagerplatz, aber noch auf dem Gebiet der Gemeinde Rheinhausen-Oberhausen anzuordnen. Zum einen wäre den Klägerinnen damit von vornherein die Möglichkeit genommen worden, den Landkreis Karlsruhe in Richtung Norden zu verlassen und so einer Beschlagnahme zu entgehen; mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wäre das nicht vereinbar. Wird - wie tatsächlich geschehen - auf der Bundesstraße 36 die Fahrtrichtung Süden gewählt, so könnte mit dieser Vorgabe den verkehrstechnischen Erfordernissen nicht in angemessener Weise Rechnung getragen werden, da hier das Gemeindegebiet schon wenige 100 Meter nach der Einmündung der von Oberhausen kommenden Kreisstraße 3537 endet. Zum anderen wird mit der Ansicht der Klägerinnen die Gefahr eines Missbrauchs überbewertet. Die Behörde, die sich auf einen Zuständigkeitswechsel wegen Gefahr im Verzug beruft, darf diese Gefahr zwar nicht bewusst herbeiführen, um eine ansonsten nicht gegebene Zuständigkeit zu begründen. Dies unterliegt dann einer strengen gerichtlichen Kontrolle, wenn die Zuständigkeitsverlagerung mit dem Verlust besonderer Schutzvorkehrungen für den Betroffenen einhergeht, was insbesondere bei Eingriffen gilt, die im Regelfall unter Richtervorbehalt stehen (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142 <155 ff.>). Geht es demgegenüber lediglich um eine Abweichung von der instanziellen Behördenzuständigkeit, kommt der Effektivität der Gefahrenabwehr bei der Ausfüllung der Rechtsbegriffe ein deutlich größeres Gewicht zu.
41 
b. Die Beschlagnahme war auch materiell rechtmäßig.
42 
Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG kann die Polizei eine Sache u. a. dann beschlagnahmen, wenn dies zum Schutz eines einzelnen oder des Gemeinwesens gegen einen unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist. Diese Voraussetzungen lagen auf der Grundlage der Erkenntnisse im Zeitpunkt des Erlasses der Beschlagnahmeverfügung vor; dies hat bereits das Verwaltungsgericht Karlsruhe in seinem Beschluss vom 20.10.2000 - 4 K 2891/00 - im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dargelegt.
43 
Aufgrund der Einlassungen der Koordinatoren der Kampagne „x 1000 mal quer“, die in generalstabsmäßiger Art und Weise eine Verhinderung der von ihr befürchteten Castor-Transporte anstrebte, stand zu erwarten, dass nach Räumung des Zeltlagers in Oberhausen-Rheinhausen an anderer Stelle wiederum - insbesondere unter Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften - ein Zeltlager zum Zwecke der logistischen Unterstützung auch gewaltbereiter Demonstrationsteilnehmer errichtet würde.
44 
Vor diesem Hintergrund war schließlich auch die Einschätzung des Landratsamts, dass sich die Klägerinnen ebenfalls an der Errichtung eines neuen Lager beteiligen würden, was es durch die Beschlagnahme zu verhindern galt, nicht fehlsam. Denn nach der Aussage des Einsatzleiters der Polizei hat sich der Ansprechpartner auf Seiten der Klägerinnen dahingehend eingelassen, dass sie nebst ihren Einrichtungen den Camp-Bewohnern weiterhin unterstützend zur Verfügung stehen wollten. Die auf dieser Aussage eines Vertreters der Klägerinnen gestützte Gefahrenprognose beruhte entgegen ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht nicht auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage. Die Klägerinnen haben insoweit geltend gemacht, die Aussage, weiterhin den Camp-Bewohnern zur Verfügung stehen zu wollen, habe sich nicht auf ein Lager wie das soeben aufgelöste bezogen, sondern auf ein „Zusammensein in anderer Form“, das gegebenenfalls von der Polizei geduldet würde. Ein solches Verständnis der Aussage lag aus der damaligen Perspektive indessen fern; denn die Gespräche mit den Klägerinnen fanden immer vor dem Hintergrund der Räumungsverfügung statt, in der auch die Errichtung eines Zeltlagers an anderer Stelle untersagt worden war. Folglich war vor dem Verständnishorizont der Behörde die von den Klägerinnen erklärte Bereitschaft, die Camp-Bewohner weiterhin zu unterstützen, auf die Errichtung eines neuen Lagers gemünzt. Auf die Möglichkeit eines anderen Verständnisses hätten die Klägerinnen ausdrücklich hinweisen müssen. Auf die von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung unter Beweis gestellten Tatsachen kommt es demnach nicht an, so dass der Senat dem Beweisantrag nicht nachkommen musste.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
46 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
18 
Der Schriftsatz der Klägerinnen vom 15.04.2005 gibt dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
19 
Die zulässigen Berufungen der Klägerinnen sind nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch behördliche Aufhebung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 09.02.1967 - I C 49.64 -, BVerwGE 26, 161 <165>) und auch im übrigen zulässig.
21 
Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <206 ff.>); der zwischen Erledigung und Einreichung der Klagen verstrichene Zeitraum von lediglich 9 Monaten schließt die Annahme der Verwirkung des Klagerechts aus (siehe hierzu BVerfG, Kammerbeschluss vom 18.12.2002 - 2 BvR 1660/00 -, NJW 2003, 1514 <1515>). Als Adressaten des streitigen Verwaltungsakts sind die Klägerinnen klagebefugt.
22 
Schließlich können sich die Klägerinnen auf das notwendige Feststellungsinteresse stützen. Dieses ist in Fällen wie dem vorliegenden, in denen es nicht darum geht, den in einem bereits angestrengten Anfechtungsprozess getätigten Aufwand weiterhin zu nutzen, mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.01.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226 <228>; Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <209>) und umfasst anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 06.02.1986 - 5 C 40.84 -, BVerwGE 74, 1 <4>).
23 
Eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr, die ein rechtliches Interesse an der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen zu begründen geeignet wäre, hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint. Ein ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung ist hier indessen zu bejahen.
24 
Die Klägerinnen berufen sich hier zunächst auf ein Rehabilitierungsinteresse wegen diskriminierender Wirkung der behördlichen Maßnahme. Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht hierfür allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne aber nicht automatisch folgt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6). Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.11.1980 - 7 C 18.79 -, BVerwGE 61, 164 <166>; Urteil vom 19.03.1992 - 5 C 44.87 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 244; Urteil des erkennenden Senats vom 08.05.1989 - 1 S 722/88 -, NVwZ 1990, 378). Ob die Klägerinnen in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6, m.w.N.) in diesem Sinne noch merkliche ungünstige Nachwirkungen im beruflichen oder gesellschaftlichen Bereich plausibel dargetan haben, erscheint fraglich, kann hier aber dahinstehen. Denn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art ist nicht auf eine Rehabilitation im engem Sinn beschränkt; unter Beachtung verfassungsrechtlicher Garantien ist das Rechtsschutzinteresse bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen nicht nur dann gegeben, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, eine fortwirkenden Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.
25 
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein schutzwürdiges ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung nicht nur in Fällen in Betracht kommt, in denen abträgliche Nachwirkungen der erledigten Verwaltungsmaßnahme fortbestehen. Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erfordern, das Feststellungsinteresse anzuerkennen. Hierzu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegen-stand haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1999 - 1 C 12.97 -, NVwZ 1999, 991; Urteil vom 29.04.1997 - 1 C 2.95 -, NJW 1997, 2543, jeweils m.w.N.; Urteil des erkennenden Senats vom 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005, 138 <139>). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet Art. 19 Abs. 4 GG, die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung - nicht nur im Eil-, sondern auch und gerade im Hauptsacheverfahren - in Fällen gewichtiger, allerdings in tatsächlicher Hinsicht überholter Grundrechtseingriffe zu eröffnen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann. Diese Rechtsprechung ist zwar anlässlich der Fälle sogenannter prozessualer Überholung bei Eingriffen unter Richtervorbehalt entwickelt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.12.2001 - 2 BvR 527/99 u.a. -, BVerfGE 104, 220 <233>, m.w.N.), aber nicht hierauf beschränkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 <89 ff.>; Kammerbeschluss vom 07.12.1998 - 1 BvR 831/89 -, NVwZ 1999, 290 <292>; vom 22.02.2002 - 1 BvR 300/02 -, NJW 2002, 2225).
26 
Anknüpfend an diese Grundsätze ist hier ein Feststellungsinteresse zu bejahen. Eine Verletzung von Art. 8 Abs. 1 GG können die Klägerinnen zwar nicht geltend machen; dies folgt - auch unabhängig von der rechtlichen Einordnung des aufgelösten Zeltlagers und den Vorwirkungen der Versammlungsfreiheit - schon aus dem persönlichen Schutzbereich des Grundrechts, das auch auf inländische juristische Personen i.S. von Art. 19 Abs. 3 GG nur in deren Eigenschaft als Veranstalter Anwendung finden kann (vgl. Schulze-Fielitz in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 8 Rn. 56). Auch kann sich die Klägerin zu 1 als ausländische juristische Person nicht ohne weiteres auf die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berufen; hier bedürfte es ggfs. eines Rückgriffs auf gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, um zu einer grundrechts- und rechtsschutzbezogenen Gleichbehandlung zu gelangen (siehe hierzu Wieland in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 12 Rn. 72 m.N.). Ob der zeitweilige Entzug der Nutzung ihrer Gerätschaften und Fahrzeuge nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung einen tiefgreifenden bzw. gewichtigen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht darstellt, mag - insbesondere angesichts der nur kurzen Dauer der Beschlagnahme - zweifelhaft erscheinen.
27 
Diese grundrechtsdogmatischen Überlegungen sind indessen im Ergebnis nicht ausschlaggebend, denn eine solchermaßen isolierte Betrachtungsweise wird nach Ansicht des Senats der vorliegenden Fallkonstellation nicht gerecht. Eine spezifische Grundrechtsverletzung wird, soweit von einer fortwirkenden Rechtsbeeinträchtigung abgesehen werden soll, in der Regel zu Recht gefordert, da anderenfalls wegen der durch Art. 2 Abs. 1 GG umfassend grundrechtlich geschützten Freiheitssphäre des Bürgers für die besonderen Anforderungen an das Rechtsschutzbedürfnis bei erledigtem Verwaltungshandeln letztlich kein Raum mehr bliebe (vgl. Schmidt-Aßmann in: Maunz-Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 245). Einem Rechtsstreit kann aber - bei Wahrung dieser Grundentscheidung - auch dann eine solche Bedeutung zukommen, dass unter rechtsstaatlichen Aspekten ein großzügiger Zugang zur gerichtlichen Kontrolle angezeigt erscheint, wenn das beanstandete polizeiliche Vorgehen Teil eines komplexen Maßnahmenkatalogs ist. Dies ist hier der Fall. Denn die geltend gemachten Rechtsverletzungen, die als solche nicht bloß geringfügig sind, werden maßgeblich davon geprägt, dass sie im Zusammenhang mit der behördlichen Reaktion auf eine damals viel beachtete (Groß-)Demonstration stehen, die für die Klägerinnen angesichts ihres Selbstverständnisses eine große Symbolkraft besaß. Ein öffentliches Interesse an einer rechtlichen Überprüfung des polizeilichen Handelns kann als solches ein Rechtsschutzinteresse zwar nicht begründen; reflexhaft kommt es den Klägerinnen jedoch zugute, indem vor diesem Hintergrund die Anforderungen an dessen Vorliegen herabgesetzt werden.
28 
2. Die Klagen sind nicht begründet. Die Beschlagnahmeverfügung hat die Klägerinnen nicht in ihren Rechten verletzt; sie war formell und materiell rechtmäßig.
29 
a. Das Landratsamt als Kreispolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 2, § 62 Abs. 3 PolG, § 13 Abs. 1 Nr. 1 LVG) war für den Erlass der Beschlagnahmeverfügung, die ihre Ermächtigungsgrundlage als sogenannte polizeirechtliche Standardmaßnahme in § 33 PolG findet, zuständig.
30 
Als Versammlungsbehörde nach der Verordnung des Innenministeriums über Zuständigkeiten nach dem Versammlungsgesetz - VersGZuVO - (vom 25.05.1977, GBl. S. 196, zuletzt geändert durch Verordnung vom 17.06.1997, GBl. 278) war das Landratsamt hier allerdings nicht zur Entscheidung berufen.
31 
Aus der genannten Verordnung folgt nicht, dass die Zuständigkeit für alle im Umfeld einer Versammlung erforderlichen polizeilichen Maßnahmen in der Hand der Kreispolizeibehörde als Versammlungsbehörde konzentriert werden. Sie beschränkt deren Zuständigkeit zum einen auf die Durchführung des Versammlungsgesetzes, d.h. auf Maßnahmen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Versammlungsgesetz findet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1), zum anderen auf Maßnahmen auf Grund des Polizeigesetzes, die der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Vorschriften und Anordnungen dienen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2); hierzu zählen insbesondere Auflagen als sogenannte Minus-Maßnahmen i. S. von § 15 VersG. Eine Maßnahme, die an versammlungsrechtliche Anordnungen anknüpft, liegt hier nicht vor.
32 
Die Auflösung des Zeltlagers wurde zu Recht nicht auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes verfügt. Denn das Camp erfüllte die Voraussetzungen des Rechtsbegriffs der Versammlung, die durch den Zweck gemeinsamer Meinungsbildung und -kundgabe geprägt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <343 ff.>, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <104>), nicht; vielmehr diente es als Obdach seiner Bewohner und als Ausgangsbasis für die in den folgenden Tagen beabsichtigten Demonstrationen, die ihrerseits auf die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit abzielten (siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 23.09.1991 - 5 B 254/91 -, NVwZ-RR 1992, 360). Wollte man allein in der Anwesenheit der Lagerbewohner eine Art „konkludente Solidaritätsadresse“ zugunsten der Demonstrationsteilnehmer erblicken, verlöre das Erfordernis der gemeinschaftlichen Meinungsäußerung jegliche Konturen (siehe hierzu auch das den Beteiligten bekannte Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 -). Die Beschlagnahme als Folgemaßnahme diente demnach auch nicht der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Anordnungen.
33 
Dieser rechtlichen Einordnung steht nicht entgegen, dass das Zeltlager als „logistische Basis“ einen engen Bezug zu den gegen den Castor-Transport gerichteten Versammlungen hatte, die ungeachtet der beabsichtigten Blockade-Aktionen weiterhin als i. S. v. Art. 8 Abs. 1 GG friedliche Demonstrationen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit standen (BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <105 f.>).
34 
Zwar hat das Grundrecht der Versammlungsfreiheit im Interesse seiner Effektuierung auch Vorwirkungen. Die genaue Reichweite des grundrechtlichen Vorfeldschutzes ist aber für die einfachgesetzliche Frage der behördlichen Zuständigkeit ohne Bedeutung. Denn der zeitliche Geltungsbereich des Versammlungsgesetzes setzt - vorbehaltlich einer abweichenden ausdrücklichen Regelung (siehe insbes. § 17a VersG) - nach der Rechtsprechung des Senats im Interesse einer klaren Zäsur den Beginn der Versammlung voraus (Urteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, NVwZ 1998, 761 <763>).
35 
Das Landratsamt als die der originär - als allgemeine Polizeibehörde -zuständigen Ortspolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 4, § 62 Abs. 4 Satz 1, § 66 Abs. 2 PolG) übergeordnete Fachaufsichtsbehörde (§ 64 Nr. 3 b PolG) konnte sich aber auf eine Eilzuständigkeit nach § 67 Abs. 1 PolG stützen.
36 
Der Anwendungsbereich des Polizeigesetzes war hier eröffnet. Inwieweit das Polizeigesetz bei Vorfeldmaßnahmen, die den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG berühren, insbesondere wegen der Anforderungen des Zitiergebotes (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG) nur eingeschränkt anwendbar ist (siehe hierzu Deger, NVwZ 1999, 265 <267>; Kniesel, NJW 2000, 2857 <2862 f.>), kann hier offenbleiben. Denn ungeachtet der inhaltlichen Nähe zu den geplanten Demonstrationen ist das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht berührt. Art. 8 Abs. 1 GG schützt den gesamten Vorgang des Sichversammelns, wozu auch der Zugang und die Anreise zu einer bevorstehenden bzw. sich bildenden Versammlung gehört (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <349>; Beschluss vom 11.06.1991 - 1 BvR 772/90 -, BVerfGE 84, 203 <209>). Demnach sind z.B. Behinderungen der Anfahrt und schleppende vorbeugende Kontrollen mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar. Eine weitere Ausdehnung des Schutzbereichs des Art. 8 Abs. 1 GG ist aber nicht gerechtfertigt. Insbesondere eine - wie hier - feste „Infrastruktur“ fällt nicht mehr unter den Schutz des Grundrechts; denn sie ist für die eigentliche Versammlung nicht mehr funktional notwendig (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 16.12.1993 - 1 S 1957/93 -, NVwZRR 1994, 370; OVG Berlin, Beschluss vom 08.07.1999 -1 SN 63/99 -, LKV 1999, 372 <373>, zur straßenrechtlichen Erlaubnispflicht von Imbissständen; Schulze-Fielitz, a.a.O. , Art. 8 Rn 34). Folglich ist es nicht gerechtfertigt, insoweit Erlaubnisvorbehalte - sowie nachfolgend Eingriffsmöglichkeiten - außerhalb des Versammlungsgesetzes zu suspendieren und die Beachtung der dort geregelten rechtlichen Vorgaben der bloß abwägenden Berücksichtigung der Versammlungsbehörde zu überlassen (vgl. Kanther, NVwZ 2001, 1239 <1242>; Dietlein, NVwZ 1992, 1066).
37 
Nach § 67 Abs. 1 PolG kann die Fachaufsichtsbehörde die polizeilichen Aufgaben wahrnehmen, wenn bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden der zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar erscheint. Gefahr im Verzug liegt hierbei vor, wenn zur Verhinderung eines drohenden Schadens sofort eingeschritten werden muss, weil ein Abwarten bis zum Eingreifen der an sich zuständigen Behörde den Erfolg der notwendigen Maßnahme erschweren oder vereiteln würde. Entscheidend sind hierbei die Verhältnisse und der Erkenntnisstand im Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahme; der Begriff „Gefahr in Verzug“ darf dabei nicht zu eng ausgelegt werden, da eine effiziente Gefahrenabwehr nicht durch Zuständigkeitsprobleme erschwert oder verhindert werden darf. Dabei kommt es gerade nicht auf eine objektive Unerreichbarkeit der sachlich zuständigen Polizeibehörde an; es genügt vielmehr, dass es für die Fachaufsichtsbehörde den Anschein hat, die an sich zuständige Polizeibehörde sei nicht erreichbar. Diese Einschätzung der handelnden Behörde kann gerichtlich nur beanstandet werden, wenn sie offensichtlich von unzutreffenden Voraussetzungen ausgeht, die sich bereits im Zeitpunkt der Entscheidung erkennen ließen (vgl. Urteil des Senats vom 14.12.1989 - 1 S 799/89 -, NJW 1990, 1618 zu § 46 Abs. 2 Nr. 2 PolG a.F. <§ 60 Abs. 2 PolG>). Nach diesen Vorgaben ist es von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt die Zuständigkeit für die Beschlagnahme in Anspruch genommen hat.
38 
Nach den Schilderungen des vom Senat in der mündlichen Verhandlung angehörten Einsatzleiters der Polizei war die Kreispolizeibehörde bereits kurze Zeit nach Erlass der Räumungsverfügung, etwa gegen 16:00 Uhr, zur Überzeugung gelangt, dass eine Beschlagnahme der Küchen zur Gefahrenabwehr erforderlich sei. Diese Einschätzung beruhte in erster Linie auf den Einlassungen eines Vertreters der Klägerinnen, wonach diese die Kampagne, falls gewünscht, weiterhin unterstützen wollten. Es spricht zwar vieles dafür, im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 - zur Zuständigkeit für den Erlass der Räumungsverfügung auch für die folgende Zeit davon auszugehen, dass der Bürgermeister der Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen weiterhin i. S. v. § 67 Abs. 1 PolG erreichbar war; er war damals mit der Sachlage vertraut und ist auch in die Erörterungen zur beabsichtigten Beschlagnahme mit einbezogen worden. Allein auf diesen Zeitpunkt bezogen kann die hier streitige Zuständigkeitsfrage aber nicht beantwortet werden. Denn die interne Willensbildung der Polizeibehörde ist für die Frage der örtlichen Zuständigkeit nicht entscheidend. Vielmehr bestimmt sich diese nach den Gegebenheiten im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Verfügung; wirksam geworden ist die Beschlagnahme erst mit der um ca. 19:30 Uhr erfolgten Bekanntgabe, als die Fahrzeuge auf der Bundesstraße 36 auf dem Gebiet der Gemeinde Waghäusel in Richtung Süden fuhren. Der Bürgermeister von Waghäusel als das für die grundsätzlich zuständige Ortspolizeibehörde handelnde Organ war indessen Sinne von § 67 Abs. 1 PolG nicht rechtzeitig erreichbar.
39 
Der Zeitpunkt und der Ort des polizeilichen Einschreitens war hier durch die polizeitaktische Erwägung bestimmt, die Küchenfahrzeuge, soweit ein Verbleiben im Landkreis Karlsruhe nicht auszuschließen war, erst in räumlicher Entfernung vom Lagerplatz zu beschlagnahmen; damit sollte im Interesse der Deeskalation eine unter Umständen gewalttätige Solidarisierung durch die Bewohner des Lagers vermieden werden. Diese Erwägungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Da den Klägerinnen bei ihrem Abzug vom Lagerplatz eines Fahrtroute nicht vorgegeben wurde und der konkrete Ort des polizeilichen Zugriffs letztlich auch von verkehrstechnischen Erfordernissen bestimmt war, hätte die Wahrung der gesetzlich für den Regelfall vorgesehenen Zuständigkeitsordnung außer der Unterrichtung des Bürgermeisters von Oberhausen-Rheinhausen noch die Einbindung von - mindestens - drei weiteren Bürgermeistern - nämlich denen von Philippsburg, Waghäusel und Altlussheim - erforderlich gemacht, die dann - schon „auf Vorrat“ - eine Beschlagnahmeverfügung hätten vorbereiten müssen für den Fall, dass sich auf ihrer Gemarkung der Handlungsbedarf einstellt. Ein solches Vorgehen war jedoch angesichts der Dringlichkeit der Lage nicht angezeigt; es war bereits nicht abzuschätzen, wie lange der Abbau der Küchenzelte und die Verladung der Gerätschaften dauern werde, so dass eine rechtzeitige Reaktion der örtlich zuständigen Ortspolizeibehörde, die sich mit der Situation und deren polizeirechtliche Bewertung erst hätte vertraut machen müssen, nicht gewährleistet gewesen wäre.
40 
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen waren die polizeitaktischen Überlegungen nicht darauf beschränkt, im Interesse größtmöglicher Wahrung der Zuständigkeitsordnung die Beschlagnahme zwar in gewisser räumlicher Entfernung vom Lagerplatz, aber noch auf dem Gebiet der Gemeinde Rheinhausen-Oberhausen anzuordnen. Zum einen wäre den Klägerinnen damit von vornherein die Möglichkeit genommen worden, den Landkreis Karlsruhe in Richtung Norden zu verlassen und so einer Beschlagnahme zu entgehen; mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wäre das nicht vereinbar. Wird - wie tatsächlich geschehen - auf der Bundesstraße 36 die Fahrtrichtung Süden gewählt, so könnte mit dieser Vorgabe den verkehrstechnischen Erfordernissen nicht in angemessener Weise Rechnung getragen werden, da hier das Gemeindegebiet schon wenige 100 Meter nach der Einmündung der von Oberhausen kommenden Kreisstraße 3537 endet. Zum anderen wird mit der Ansicht der Klägerinnen die Gefahr eines Missbrauchs überbewertet. Die Behörde, die sich auf einen Zuständigkeitswechsel wegen Gefahr im Verzug beruft, darf diese Gefahr zwar nicht bewusst herbeiführen, um eine ansonsten nicht gegebene Zuständigkeit zu begründen. Dies unterliegt dann einer strengen gerichtlichen Kontrolle, wenn die Zuständigkeitsverlagerung mit dem Verlust besonderer Schutzvorkehrungen für den Betroffenen einhergeht, was insbesondere bei Eingriffen gilt, die im Regelfall unter Richtervorbehalt stehen (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142 <155 ff.>). Geht es demgegenüber lediglich um eine Abweichung von der instanziellen Behördenzuständigkeit, kommt der Effektivität der Gefahrenabwehr bei der Ausfüllung der Rechtsbegriffe ein deutlich größeres Gewicht zu.
41 
b. Die Beschlagnahme war auch materiell rechtmäßig.
42 
Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG kann die Polizei eine Sache u. a. dann beschlagnahmen, wenn dies zum Schutz eines einzelnen oder des Gemeinwesens gegen einen unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist. Diese Voraussetzungen lagen auf der Grundlage der Erkenntnisse im Zeitpunkt des Erlasses der Beschlagnahmeverfügung vor; dies hat bereits das Verwaltungsgericht Karlsruhe in seinem Beschluss vom 20.10.2000 - 4 K 2891/00 - im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dargelegt.
43 
Aufgrund der Einlassungen der Koordinatoren der Kampagne „x 1000 mal quer“, die in generalstabsmäßiger Art und Weise eine Verhinderung der von ihr befürchteten Castor-Transporte anstrebte, stand zu erwarten, dass nach Räumung des Zeltlagers in Oberhausen-Rheinhausen an anderer Stelle wiederum - insbesondere unter Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften - ein Zeltlager zum Zwecke der logistischen Unterstützung auch gewaltbereiter Demonstrationsteilnehmer errichtet würde.
44 
Vor diesem Hintergrund war schließlich auch die Einschätzung des Landratsamts, dass sich die Klägerinnen ebenfalls an der Errichtung eines neuen Lager beteiligen würden, was es durch die Beschlagnahme zu verhindern galt, nicht fehlsam. Denn nach der Aussage des Einsatzleiters der Polizei hat sich der Ansprechpartner auf Seiten der Klägerinnen dahingehend eingelassen, dass sie nebst ihren Einrichtungen den Camp-Bewohnern weiterhin unterstützend zur Verfügung stehen wollten. Die auf dieser Aussage eines Vertreters der Klägerinnen gestützte Gefahrenprognose beruhte entgegen ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht nicht auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage. Die Klägerinnen haben insoweit geltend gemacht, die Aussage, weiterhin den Camp-Bewohnern zur Verfügung stehen zu wollen, habe sich nicht auf ein Lager wie das soeben aufgelöste bezogen, sondern auf ein „Zusammensein in anderer Form“, das gegebenenfalls von der Polizei geduldet würde. Ein solches Verständnis der Aussage lag aus der damaligen Perspektive indessen fern; denn die Gespräche mit den Klägerinnen fanden immer vor dem Hintergrund der Räumungsverfügung statt, in der auch die Errichtung eines Zeltlagers an anderer Stelle untersagt worden war. Folglich war vor dem Verständnishorizont der Behörde die von den Klägerinnen erklärte Bereitschaft, die Camp-Bewohner weiterhin zu unterstützen, auf die Errichtung eines neuen Lagers gemünzt. Auf die Möglichkeit eines anderen Verständnisses hätten die Klägerinnen ausdrücklich hinweisen müssen. Auf die von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung unter Beweis gestellten Tatsachen kommt es demnach nicht an, so dass der Senat dem Beweisantrag nicht nachkommen musste.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
46 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Sonstige Literatur

 
47 
Rechtsmittelbelehrung
48 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
49 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
50 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
51 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
52 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
53 
Beschluss
54 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.000,-- EUR festgesetzt (§ 25 Abs. 2, § 14 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F., vgl. § 72 Nr. 1 GKG i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts - Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG, BGBl. I, 2004, 718).
55 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Die Berufungen der Klägerinnen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. November 2003 - 4 K 1967/01 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerinnen begehren die Feststellung, dass die Beschlagnahme ihrer Fahrzeuge samt Ladung rechtswidrig war.
Im Vorfeld des für den 18.10.2000 geplanten Brennelemente-Transportes (sog. „Castor-Transport“) vom Kernkraftwerk Philippsburg in die Wiederaufarbeitungsanlage im französischen La Hague riefen Kernkraftgegner der Kampagne „x 1000 mal quer“ zu verschiedenen Demonstrationen und Aktionen mit dem Ziel auf, den vorgesehenen Transport - auch durch Blockaden - zu verhindern. Am 15.10.2000 fand in Phillipsburg eine Auftaktdemonstration mit ca. 1000 Teilnehmern statt, von denen einige dem Aufruf folgten, bis zum 18.10.2000 in der Nähe des Kernkraftwerks zu verbleiben. Zu diesem Zweck hatte die Initiative „x 1000 mal quer“ auf einem Wiesengrundstück im Ortsteil Oberhausen der benachbarten Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen in ca. 7 km Entfernung vom Kernkraftwerk ein Camp errichtet. Bis zum Mittag des 16.10.2000 wurden dort zwei größere Rundzelte, mehrere Versorgungs- und Küchenzelte und ca. 40 Iglu-Zelte aufgebaut sowie vier Toilettenhäuschen aufgestellt; ca. 150 Personen hielten sich dort auf. Die Klägerin zu 1), eine in einem niederländischen Register eingetragene Vereinigung, die sich als „Kochkollektiv“ bezeichnet, war für den Betrieb der Küche und die Versorgung des Zeltlagers mit Lebensmitteln zuständig; dabei wurde sie von der Klägerin zu 2) unterstützt, die die Küche „Maulwurf“ betreibt.
Am 16.10.2000 gegen 15:10 h forderte das Landratsamt Karlsruhe die Bewohner des Zeltlagers auf, die Zelte sofort abzubrechen und sich zu entfernen. Der Sofortvollzug von Platzverweis und Räumungsverfügung wurde angeordnet und für den Fall der Nichtbeachtung die Anwendung von Zwangsmitteln angedroht. Außerdem wurde das Verbot ausgesprochen, an anderer Stelle ein Zeltlager zu errichten.
Nach dem Abbau der Rundzelte und des Küchenzelts wurden diese zusammen mit den Koch- und Kücheneinrichtungen und den Lebensmitteln auf das Fahrzeug der Klägerin zu 1) (niederländisches Kennzeichen: BZ-41-ZB) und auf das Fahrzeug und den Anhänger der Klägerin zu 2) (amtliche Kennzeichen: FR-CK 581, FR-JP 985) sowie ein weiteres Fahrzeug verladen. Die Küchenfahrzeuge verließen das Grundstück nach 19:00 h und legten, von der Polizei überwacht, auf der B 36 in Richtung Karlsruhe eine Strecke von ca. 5 km zurück. Dort wurden die Fahrzeuge gestoppt, beschlagnahmt und zur Salm-Kaserne in Philippsburg gebracht. Den Eigentümern wurde angeboten, dass sie jedenfalls über ein Fahrzeug verfügen könnten, wenn dieses entladen werde; das dritte Fahrzeug wurde daraufhin entladen und sodann freigegeben, während die Fahrzeuge der Klägerinnen auf dem Kasernengelände verblieben. Am folgenden Tag wurden die Fahrzeuge samt Anhänger sowie die Lebensmittel an die Klägerinnen herausgegeben, während die Beschlagnahme der Küchengerätschaften aufrechterhalten blieb.
Mit einer an die Eigentümer bzw. die Besitzer der Fahrzeuge adressierten Verfügung vom 18.10.2000 wurde die Beschlagnahme der Fahrzeuge samt der logistischen Beladung schriftlich bestätigt (Ziff. 1) und der Sofortvollzug angeordnet (Ziff. 3).; in Ziff. 2 wurde bestimmt, dass über die Fahrzeuge frei verfügt werden kann, sofern die Beladung abgeladen wird. Zur Begründung wurde auf § 33 PolG verwiesen und ausgeführt, dass die Beschlagnahme zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung erforderlich sei. Mit dem Zeltlager sei eine wesentliche infrastrukturelle Basis und Voraussetzung für eine längere Unterbringung vieler Personen geschaffen worden, mit der die Bewegung über eine Plattform verfüge, um angekündigte kollektive Rechtsbrüche zu organisieren; so hätten einige Camp-Bewohner bereits an rechtswidrigen Aktionen teilgenommen. Das Camp habe offensichtlich zu einer logistischen Zentrale des Widerstands mit einer Kapazität von mehreren tausend Menschen ausgebaut werden sollen; es sei geräumt worden, um massenhafte Rechtsbrüche zu verhindern. Schließlich sei auch einer allgemeinen hygienischen bzw. Seuchengefahr begegnet worden. Nach der Auflösung des Camps und Verladung der Kücheneinrichtungsgegenstände auf die später beschlagnahmten Fahrzeuge habe der Betreiber der Küche auf die Frage nach dem nächsten Anfahrtsziel angegeben, „dass er dies noch nicht wisse, er werde von seinen Auftraggebern … noch in die nächste Örtlichkeit eingewiesen“. Deshalb sei davon auszugehen, dass an anderer Stelle im Landkreis Karlsruhe ein neues Camp errichtet werden solle. Die Beschlagnahme sei geeignet und erforderlich, um den Zweck zu erreichen, weitere Störungen der öffentlichen Sicherheit aus einem Camp heraus wirksam und dauerhaft zu unterbinden. Darüber hinaus sei sie auch angemessen gewesen, da das Interesse der Besitzer der Gerätschaften zurückzutreten habe.
Gegen die Beschlagnahmeverfügung erhoben die Klägerinnen mit Schriftsatz vom 18.10.2000 Widerspruch. Ihre Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs, soweit er die beschlagnahmten Gerätschaften betraf, wurde vom Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 20.10.2000 - 4 K 2981/00 - abgelehnt.
Mit Verfügung vom 06.11.2000 hob das Landratsamt Karlsruhe die Beschlagnahme der mit Verfügung vom 18.10.2000 beschlagnahmten Gerätschaften und der sonstigen Ladung auf, soweit diese nicht schon herausgegeben worden war.
Am 06.08.2001 haben die Klägerinnen Fortsetzungsfeststellungsklage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und zur Begründung vorgetragen: Das erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich zum einen aus der Wiederholungsgefahr; denn selbst wenn keine Transporte mehr stattfänden, sei jedenfalls mit Aktionen gegen die geplante Einrichtung eines Interims- und Zwischenlagers in Philippsburg zu rechnen. Zum anderen könne sich die Klägerin zu 1) auf ein Rehabilitierungsinteresse stützen, da im „Limburgs Dagblad“, einer niederländischen Tageszeitung, über die Beschlagnahme der Küche berichtet worden sei. Schließlich müsse es den Klägerinnen möglich sein, die Rechtswidrigkeit einer Beschlagnahme, die sich typischerweise kurzfristig erledige, gerichtlich klären zu lassen; die Möglichkeit vorläufigen Rechtsschutzes sei hierfür nicht ausreichend. In der Sache haben die Klägerinnen die Auffassung vertreten, dass die angefochtene Beschlagnahmeverfügung bereits formell rechtswidrig gewesen sei. Das Landratsamt Karlsruhe sei für den Erlass der Beschlagnahme auf polizeirechtlicher Grundlage nicht zuständig gewesen; insbesondere die Voraussetzungen einer Eilzuständigkeit gem. § 67 Abs. 1 PolG hätten nicht vorgelegen. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht sei die Verfügung rechtswidrig gewesen. Das Camp habe mit den geplanten Aktionen eine untrennbare Einheit gebildet; demnach sei Art. 8 Abs. 1 GG einschlägig, da das Grundrecht der Versammlungsfreiheit und die Vorschriften des Versammlungsgesetzes das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Personen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsäußerung und Meinungsbildung schütze. Von einem solchen inneren Zusammenhang sei auch die Beschlagnahmeverfügung ausgegangen. Zum Zeitpunkt der Beschlagnahme habe nicht mehr von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch das aufgelöste Zeltlager ausgegangen werden können; die Aussage des Küchenbetreibers, er kenne das nächste Anfahrtsziel nicht, rechtfertige nicht die Annahme, an anderer Stelle könnte ein neues Camp errichtet werden.
Mit Urteil vom 18.11.2003 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klagen - dem Antrag des Beklagten folgend - als unzulässig abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen angeführt: Die Klägerinnen hätten ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse an der begehrten Feststellung nicht dargelegt. Eine Wiederholungsgefahr sei nicht gegeben, da sich keine konkreten Anhaltspunkte abzeichnen, dass ähnliche Demonstrationen in Philippsburg in absehbarer Zeit durchgeführt würden. Denn die Castor-Transporte aus dem Kernkraftwerk nach La Hague seien mittlerweile abgeschlossen, und künftig würden die Brennelemente in Interims- und Zwischenlagern auf dem Gelände des Kraftwerks in Philippsburg untergebracht. Allein die Möglichkeit, dass auch gegen diese Art der Lagerung Demonstrationen mit entsprechender Infrastruktur durchgeführt würden, sei zu ungewiss und zu wenig konkret und demnach nicht ausreichend, um eine Wiederholungsgefahr zu begründen; es sei nämlich nicht erkennbar, dass auch diese Aktionen ähnlichen Zulauf und Interesse erwecken würden, da die Fortführung des Betriebs des Kernkraftwerks in Philippsburg anders als im Oktober 2000 nicht in Frage stehe. Außerdem sei die Behördenentscheidung aufgrund des Einzelfalls ergangen und es sei nicht wahrscheinlich, dass das Landratsamt in Zukunft in vergleichbarer Weise gegen Versammlungsteilnehmer vorgehen wird. Ein Rehabilitierungsinteresse stehe den Klägerinnen ebenfalls nicht zu. Es könne weder festgestellt werden, dass die Beschlagnahme der Fahrzeuge und der Küchengegenstände selbst für die Klägerinnen eine diskriminierende Wirkung gehabt hätte, noch dass die Berichterstattung darüber in der lokalen und überregionalen Presse und einer niederländischen Zeitung geeignet gewesen sei, der Öffentlichkeit ein falsches oder gar ehrenrühriges Bild von den Klägerinnen zu vermitteln. Ein besonderes rechtliches Interesse sei auch nicht durch die Grundrechtsbetroffenheit der Klägerinnen in Verbindung mit der Rechtsweggarantie des Art.19 Abs. 4 GG anzunehmen. Die Beschlagnahme stelle keinen tiefgreifenden Grundrechtseingriff im Sinne der Rechtsprechung dar; dabei kämen tiefgreifende Grundrechtseingriffe insbesondere bei jenen Anordnungen in Betracht, die das Grundgesetz vorbeugend dem Richter vorbehalte. Eine vergleichbare Belastung der Klägerinnen sei nicht zu erkennen; sie seien durch die Beschlagnahme nicht in einem Grundrecht betroffen, das dem Schutz der persönlichen Sphäre oder der menschlichen Würde diene. Letztlich sei die den Klägerinnen eingeräumte Rechtsschutzmöglichkeit ausreichend gewesen. Der zeitliche Ablauf zeige, dass die Klägerinnen Gelegenheit gehabt hätten, um einstweiligen Rechtsschutz nachzusuchen; eine Beschwerde gegen den im Eilverfahren ergangenen Beschluss wäre bis zur Erledigung der Beschlagnahme noch möglich gewesen.
10 
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 04.10.2004 - 1 S 1512/04 - zugelassenen Berufungen vertiefen die Klägerinnen ihr erstinstanzliches Vorbringen und tragen vor: Das Feststellungsinteresse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspreche dem berechtigten Interesse gem. § 43 VwGO und sei nicht an zu strenge Voraussetzungen zu knüpfen. Bei kurzfristiger Erledigung von Verwaltungsmaßnahmen folge es aus der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, der zur Vermeidung rechtsfreier Räume bei der Verletzung eines jeglichen subjektiven Rechts mindestens eine gerichtliche Instanz im Hauptsacheverfahren garantiere. Jedenfalls sei bezüglich der Klägerin zu 1) ein tiefgreifender Grundrechtseingriff deshalb gegeben, weil sie als Betreiberin der Küche durch die Beschlagnahme in ihrer Berufsausübung betroffen sei. Außerdem liege ein Eingriff in die Eigentumsrechte der Klägerinnen vor, der nicht deshalb ausgeschlossen sei, weil mögliche Schadensersatzansprüche nicht geltend gemacht würden. Darüber hinaus sei ein Rehabilitierungsinteresse zu Unrecht abgelehnt worden, denn jeder Pressebericht über polizeiliche Maßnahmen zu Lasten einzelner habe in gewisser Weise einen diskriminierenden Charakter, weil es die Öffentlichkeit - ungeachtet der Wertung im Presseartikel - für möglich halten könne, dass der Betroffene Störer sei. Die Klagen seien auch begründet. Das Landratsamt als Kreispolizeibehörde sei für den Erlass der Beschlagnahmeverfügung nicht zuständig gewesen; auf eine Eilkompetenz gem. § 67 Abs. 1 PolG könne sich das Landratsamt nicht berufen. Die Beschlagnahme habe im Zusammenhang mit der Auflösung des Camps gestanden. Die Ortspolizeibehörde hätte schon zu diesem Zeitpunkt informiert werden können und auch müssen; die unzuständige Behörde könne sich in einem solchen Fall nicht mehr auf eine Eilkompetenz berufen, wenn dies unterblieben sei und zu einem späteren Zeitpunkt das Tätigwerden der zuständigen Behörde nicht mehr erreichbar erscheine. Dies gelte umso mehr als die Beschlagnahme bereits zuvor erwogen, aber nur aus polizeitaktischen Gründen zurückgestellt worden sei. Auch materiell-rechtlich sei die Beschlagnahme rechtswidrig gewesen. Zur Beseitigung bereits eingetretener Störungen sei sie nicht erforderlich gewesen, denn das Camp sei bereits aufgelöst und die Küche verladen gewesen. Eine unmittelbar bevorstehende Störung durch den Aufbau eines neuen Camps an anderer Stelle sei nicht belegt. Auch könnten Einschätzungen, die für die Kampagne „x 1000 mal quer“ zutreffend sein mögen, nicht auf die Klägerinnen übertragen werden, da sie lediglich Eigentümerinnen der Küche, nicht aber Anhänger der Kampagne seien. Im Übrigen hätten die Klägerinnen der Polizei zugesagt, den Landkreis zu verlassen. Auf Weisungen der Kampagne hätten sie nicht gewartet; etwas anderes ergebe sich nicht aus der Aussage eines Fahrers der Betreiber der Küche, er kenne das Fahrtziel nicht.
11 
Die Klägerinnen beantragen,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. November 2003 - 4 K 1967/01 - zu ändern und festzustellen, dass die mit Bescheid des Landratsamts Karlsruhe vom 16.10.2000/18.10.2000 verfügte Beschlagnahme der Kraftfahrzeuge und des Anhängers mit den amtlichen Kennzeichen BZ-41-ZW (NL), FR-CK 581 und FR-JP 985 und des Inhalts dieser Fahrzeuge rechtswidrig war.
13 
Der Beklagte beantragt,
14 
die Berufungen zurückzuweisen.
15 
Er verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts und führt des Weiteren aus: Die Klagen seien auch unbegründet. Die Zuständigkeit des Landratsamts gründe sich auf die Eilkompetenz gem. § 67 Abs. 1 PolG. Seit Beginn der Auftaktkundgebung sei eine sehr komplexe polizeiliche Aufgabe wahrgenommen worden; dabei dürften auch polizeitaktische Aspekte nicht zurückstehen. Folglich dürfe der zuständigkeitsbegründende Begriff der „Gefahr im Verzug“ nicht eng ausgelegt werden. Nach der im damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsamen Einschätzung habe die Gefahr bestanden, dass sich eine Störung i. S. von § 33 PolG bei allernächster Gelegenheit wieder realisieren werde; die damalige Sicht, dass ein rechtzeitiges Tätigwerden der an sich zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar sei, sei rückblickend nicht zu beanstanden. Auch die materielle Gefahreneinschätzung sei, wie schon das Verwaltungsgericht Karlsruhe im Beschluss des vorläufigen Rechtsschutzes festgestellt habe, zutreffend gewesen. Im übrigen treffe es nicht zu, dass sich die Klägerinnen rechtzeitig vor der Beschlagnahme von den Veranstaltern der Aktionstage distanziert hätten. Vielmehr hätten sie noch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Zusicherung, sich nicht mehr an vergleichbaren Aktionen unterstützend zu beteiligen, ausdrücklich abgelehnt.
16 
Mit rechtskräftigem Urteil vom 14.02.2001 – 4 K 3227/00 – stellte das Verwaltungsgericht Karlsruhe auf die Klage eines Zeltlagerbewohners fest, dass der am 16.10.2000 ergangene Platzverweis und die Räumungsverfügung aus formellen Gründen rechtswidrig gewesen sei, da das Landratsamt Karlsruhe als sachlich unzuständige Behörde gehandelt habe.
17 
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat den damaligen Einsatzleiter der Polizei, Herrn Polizeidirektor Trunk, informatorisch als amtliche Auskunftsperson angehört. Wegen des wesentlichen Inhalts seiner Aussagen wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Zulassungs- und Berufungsverfahren sowie auf die dem Senat vorliegenden Behörden- und Gerichtsakten - auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (4 K 2981/00) und im Verfahren über die Rechtmäßigkeit der Räumungsverfügung (4 K 3227/00) - verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Der Schriftsatz der Klägerinnen vom 15.04.2005 gibt dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
19 
Die zulässigen Berufungen der Klägerinnen sind nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch behördliche Aufhebung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 09.02.1967 - I C 49.64 -, BVerwGE 26, 161 <165>) und auch im übrigen zulässig.
21 
Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <206 ff.>); der zwischen Erledigung und Einreichung der Klagen verstrichene Zeitraum von lediglich 9 Monaten schließt die Annahme der Verwirkung des Klagerechts aus (siehe hierzu BVerfG, Kammerbeschluss vom 18.12.2002 - 2 BvR 1660/00 -, NJW 2003, 1514 <1515>). Als Adressaten des streitigen Verwaltungsakts sind die Klägerinnen klagebefugt.
22 
Schließlich können sich die Klägerinnen auf das notwendige Feststellungsinteresse stützen. Dieses ist in Fällen wie dem vorliegenden, in denen es nicht darum geht, den in einem bereits angestrengten Anfechtungsprozess getätigten Aufwand weiterhin zu nutzen, mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.01.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226 <228>; Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <209>) und umfasst anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 06.02.1986 - 5 C 40.84 -, BVerwGE 74, 1 <4>).
23 
Eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr, die ein rechtliches Interesse an der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen zu begründen geeignet wäre, hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint. Ein ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung ist hier indessen zu bejahen.
24 
Die Klägerinnen berufen sich hier zunächst auf ein Rehabilitierungsinteresse wegen diskriminierender Wirkung der behördlichen Maßnahme. Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht hierfür allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne aber nicht automatisch folgt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6). Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.11.1980 - 7 C 18.79 -, BVerwGE 61, 164 <166>; Urteil vom 19.03.1992 - 5 C 44.87 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 244; Urteil des erkennenden Senats vom 08.05.1989 - 1 S 722/88 -, NVwZ 1990, 378). Ob die Klägerinnen in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6, m.w.N.) in diesem Sinne noch merkliche ungünstige Nachwirkungen im beruflichen oder gesellschaftlichen Bereich plausibel dargetan haben, erscheint fraglich, kann hier aber dahinstehen. Denn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art ist nicht auf eine Rehabilitation im engem Sinn beschränkt; unter Beachtung verfassungsrechtlicher Garantien ist das Rechtsschutzinteresse bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen nicht nur dann gegeben, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, eine fortwirkenden Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.
25 
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein schutzwürdiges ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung nicht nur in Fällen in Betracht kommt, in denen abträgliche Nachwirkungen der erledigten Verwaltungsmaßnahme fortbestehen. Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erfordern, das Feststellungsinteresse anzuerkennen. Hierzu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegen-stand haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1999 - 1 C 12.97 -, NVwZ 1999, 991; Urteil vom 29.04.1997 - 1 C 2.95 -, NJW 1997, 2543, jeweils m.w.N.; Urteil des erkennenden Senats vom 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005, 138 <139>). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet Art. 19 Abs. 4 GG, die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung - nicht nur im Eil-, sondern auch und gerade im Hauptsacheverfahren - in Fällen gewichtiger, allerdings in tatsächlicher Hinsicht überholter Grundrechtseingriffe zu eröffnen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann. Diese Rechtsprechung ist zwar anlässlich der Fälle sogenannter prozessualer Überholung bei Eingriffen unter Richtervorbehalt entwickelt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.12.2001 - 2 BvR 527/99 u.a. -, BVerfGE 104, 220 <233>, m.w.N.), aber nicht hierauf beschränkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 <89 ff.>; Kammerbeschluss vom 07.12.1998 - 1 BvR 831/89 -, NVwZ 1999, 290 <292>; vom 22.02.2002 - 1 BvR 300/02 -, NJW 2002, 2225).
26 
Anknüpfend an diese Grundsätze ist hier ein Feststellungsinteresse zu bejahen. Eine Verletzung von Art. 8 Abs. 1 GG können die Klägerinnen zwar nicht geltend machen; dies folgt - auch unabhängig von der rechtlichen Einordnung des aufgelösten Zeltlagers und den Vorwirkungen der Versammlungsfreiheit - schon aus dem persönlichen Schutzbereich des Grundrechts, das auch auf inländische juristische Personen i.S. von Art. 19 Abs. 3 GG nur in deren Eigenschaft als Veranstalter Anwendung finden kann (vgl. Schulze-Fielitz in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 8 Rn. 56). Auch kann sich die Klägerin zu 1 als ausländische juristische Person nicht ohne weiteres auf die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berufen; hier bedürfte es ggfs. eines Rückgriffs auf gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, um zu einer grundrechts- und rechtsschutzbezogenen Gleichbehandlung zu gelangen (siehe hierzu Wieland in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 12 Rn. 72 m.N.). Ob der zeitweilige Entzug der Nutzung ihrer Gerätschaften und Fahrzeuge nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung einen tiefgreifenden bzw. gewichtigen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht darstellt, mag - insbesondere angesichts der nur kurzen Dauer der Beschlagnahme - zweifelhaft erscheinen.
27 
Diese grundrechtsdogmatischen Überlegungen sind indessen im Ergebnis nicht ausschlaggebend, denn eine solchermaßen isolierte Betrachtungsweise wird nach Ansicht des Senats der vorliegenden Fallkonstellation nicht gerecht. Eine spezifische Grundrechtsverletzung wird, soweit von einer fortwirkenden Rechtsbeeinträchtigung abgesehen werden soll, in der Regel zu Recht gefordert, da anderenfalls wegen der durch Art. 2 Abs. 1 GG umfassend grundrechtlich geschützten Freiheitssphäre des Bürgers für die besonderen Anforderungen an das Rechtsschutzbedürfnis bei erledigtem Verwaltungshandeln letztlich kein Raum mehr bliebe (vgl. Schmidt-Aßmann in: Maunz-Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 245). Einem Rechtsstreit kann aber - bei Wahrung dieser Grundentscheidung - auch dann eine solche Bedeutung zukommen, dass unter rechtsstaatlichen Aspekten ein großzügiger Zugang zur gerichtlichen Kontrolle angezeigt erscheint, wenn das beanstandete polizeiliche Vorgehen Teil eines komplexen Maßnahmenkatalogs ist. Dies ist hier der Fall. Denn die geltend gemachten Rechtsverletzungen, die als solche nicht bloß geringfügig sind, werden maßgeblich davon geprägt, dass sie im Zusammenhang mit der behördlichen Reaktion auf eine damals viel beachtete (Groß-)Demonstration stehen, die für die Klägerinnen angesichts ihres Selbstverständnisses eine große Symbolkraft besaß. Ein öffentliches Interesse an einer rechtlichen Überprüfung des polizeilichen Handelns kann als solches ein Rechtsschutzinteresse zwar nicht begründen; reflexhaft kommt es den Klägerinnen jedoch zugute, indem vor diesem Hintergrund die Anforderungen an dessen Vorliegen herabgesetzt werden.
28 
2. Die Klagen sind nicht begründet. Die Beschlagnahmeverfügung hat die Klägerinnen nicht in ihren Rechten verletzt; sie war formell und materiell rechtmäßig.
29 
a. Das Landratsamt als Kreispolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 2, § 62 Abs. 3 PolG, § 13 Abs. 1 Nr. 1 LVG) war für den Erlass der Beschlagnahmeverfügung, die ihre Ermächtigungsgrundlage als sogenannte polizeirechtliche Standardmaßnahme in § 33 PolG findet, zuständig.
30 
Als Versammlungsbehörde nach der Verordnung des Innenministeriums über Zuständigkeiten nach dem Versammlungsgesetz - VersGZuVO - (vom 25.05.1977, GBl. S. 196, zuletzt geändert durch Verordnung vom 17.06.1997, GBl. 278) war das Landratsamt hier allerdings nicht zur Entscheidung berufen.
31 
Aus der genannten Verordnung folgt nicht, dass die Zuständigkeit für alle im Umfeld einer Versammlung erforderlichen polizeilichen Maßnahmen in der Hand der Kreispolizeibehörde als Versammlungsbehörde konzentriert werden. Sie beschränkt deren Zuständigkeit zum einen auf die Durchführung des Versammlungsgesetzes, d.h. auf Maßnahmen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Versammlungsgesetz findet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1), zum anderen auf Maßnahmen auf Grund des Polizeigesetzes, die der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Vorschriften und Anordnungen dienen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2); hierzu zählen insbesondere Auflagen als sogenannte Minus-Maßnahmen i. S. von § 15 VersG. Eine Maßnahme, die an versammlungsrechtliche Anordnungen anknüpft, liegt hier nicht vor.
32 
Die Auflösung des Zeltlagers wurde zu Recht nicht auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes verfügt. Denn das Camp erfüllte die Voraussetzungen des Rechtsbegriffs der Versammlung, die durch den Zweck gemeinsamer Meinungsbildung und -kundgabe geprägt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <343 ff.>, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <104>), nicht; vielmehr diente es als Obdach seiner Bewohner und als Ausgangsbasis für die in den folgenden Tagen beabsichtigten Demonstrationen, die ihrerseits auf die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit abzielten (siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 23.09.1991 - 5 B 254/91 -, NVwZ-RR 1992, 360). Wollte man allein in der Anwesenheit der Lagerbewohner eine Art „konkludente Solidaritätsadresse“ zugunsten der Demonstrationsteilnehmer erblicken, verlöre das Erfordernis der gemeinschaftlichen Meinungsäußerung jegliche Konturen (siehe hierzu auch das den Beteiligten bekannte Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 -). Die Beschlagnahme als Folgemaßnahme diente demnach auch nicht der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Anordnungen.
33 
Dieser rechtlichen Einordnung steht nicht entgegen, dass das Zeltlager als „logistische Basis“ einen engen Bezug zu den gegen den Castor-Transport gerichteten Versammlungen hatte, die ungeachtet der beabsichtigten Blockade-Aktionen weiterhin als i. S. v. Art. 8 Abs. 1 GG friedliche Demonstrationen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit standen (BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <105 f.>).
34 
Zwar hat das Grundrecht der Versammlungsfreiheit im Interesse seiner Effektuierung auch Vorwirkungen. Die genaue Reichweite des grundrechtlichen Vorfeldschutzes ist aber für die einfachgesetzliche Frage der behördlichen Zuständigkeit ohne Bedeutung. Denn der zeitliche Geltungsbereich des Versammlungsgesetzes setzt - vorbehaltlich einer abweichenden ausdrücklichen Regelung (siehe insbes. § 17a VersG) - nach der Rechtsprechung des Senats im Interesse einer klaren Zäsur den Beginn der Versammlung voraus (Urteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, NVwZ 1998, 761 <763>).
35 
Das Landratsamt als die der originär - als allgemeine Polizeibehörde -zuständigen Ortspolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 4, § 62 Abs. 4 Satz 1, § 66 Abs. 2 PolG) übergeordnete Fachaufsichtsbehörde (§ 64 Nr. 3 b PolG) konnte sich aber auf eine Eilzuständigkeit nach § 67 Abs. 1 PolG stützen.
36 
Der Anwendungsbereich des Polizeigesetzes war hier eröffnet. Inwieweit das Polizeigesetz bei Vorfeldmaßnahmen, die den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG berühren, insbesondere wegen der Anforderungen des Zitiergebotes (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG) nur eingeschränkt anwendbar ist (siehe hierzu Deger, NVwZ 1999, 265 <267>; Kniesel, NJW 2000, 2857 <2862 f.>), kann hier offenbleiben. Denn ungeachtet der inhaltlichen Nähe zu den geplanten Demonstrationen ist das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht berührt. Art. 8 Abs. 1 GG schützt den gesamten Vorgang des Sichversammelns, wozu auch der Zugang und die Anreise zu einer bevorstehenden bzw. sich bildenden Versammlung gehört (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <349>; Beschluss vom 11.06.1991 - 1 BvR 772/90 -, BVerfGE 84, 203 <209>). Demnach sind z.B. Behinderungen der Anfahrt und schleppende vorbeugende Kontrollen mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar. Eine weitere Ausdehnung des Schutzbereichs des Art. 8 Abs. 1 GG ist aber nicht gerechtfertigt. Insbesondere eine - wie hier - feste „Infrastruktur“ fällt nicht mehr unter den Schutz des Grundrechts; denn sie ist für die eigentliche Versammlung nicht mehr funktional notwendig (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 16.12.1993 - 1 S 1957/93 -, NVwZRR 1994, 370; OVG Berlin, Beschluss vom 08.07.1999 -1 SN 63/99 -, LKV 1999, 372 <373>, zur straßenrechtlichen Erlaubnispflicht von Imbissständen; Schulze-Fielitz, a.a.O. , Art. 8 Rn 34). Folglich ist es nicht gerechtfertigt, insoweit Erlaubnisvorbehalte - sowie nachfolgend Eingriffsmöglichkeiten - außerhalb des Versammlungsgesetzes zu suspendieren und die Beachtung der dort geregelten rechtlichen Vorgaben der bloß abwägenden Berücksichtigung der Versammlungsbehörde zu überlassen (vgl. Kanther, NVwZ 2001, 1239 <1242>; Dietlein, NVwZ 1992, 1066).
37 
Nach § 67 Abs. 1 PolG kann die Fachaufsichtsbehörde die polizeilichen Aufgaben wahrnehmen, wenn bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden der zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar erscheint. Gefahr im Verzug liegt hierbei vor, wenn zur Verhinderung eines drohenden Schadens sofort eingeschritten werden muss, weil ein Abwarten bis zum Eingreifen der an sich zuständigen Behörde den Erfolg der notwendigen Maßnahme erschweren oder vereiteln würde. Entscheidend sind hierbei die Verhältnisse und der Erkenntnisstand im Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahme; der Begriff „Gefahr in Verzug“ darf dabei nicht zu eng ausgelegt werden, da eine effiziente Gefahrenabwehr nicht durch Zuständigkeitsprobleme erschwert oder verhindert werden darf. Dabei kommt es gerade nicht auf eine objektive Unerreichbarkeit der sachlich zuständigen Polizeibehörde an; es genügt vielmehr, dass es für die Fachaufsichtsbehörde den Anschein hat, die an sich zuständige Polizeibehörde sei nicht erreichbar. Diese Einschätzung der handelnden Behörde kann gerichtlich nur beanstandet werden, wenn sie offensichtlich von unzutreffenden Voraussetzungen ausgeht, die sich bereits im Zeitpunkt der Entscheidung erkennen ließen (vgl. Urteil des Senats vom 14.12.1989 - 1 S 799/89 -, NJW 1990, 1618 zu § 46 Abs. 2 Nr. 2 PolG a.F. <§ 60 Abs. 2 PolG>). Nach diesen Vorgaben ist es von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt die Zuständigkeit für die Beschlagnahme in Anspruch genommen hat.
38 
Nach den Schilderungen des vom Senat in der mündlichen Verhandlung angehörten Einsatzleiters der Polizei war die Kreispolizeibehörde bereits kurze Zeit nach Erlass der Räumungsverfügung, etwa gegen 16:00 Uhr, zur Überzeugung gelangt, dass eine Beschlagnahme der Küchen zur Gefahrenabwehr erforderlich sei. Diese Einschätzung beruhte in erster Linie auf den Einlassungen eines Vertreters der Klägerinnen, wonach diese die Kampagne, falls gewünscht, weiterhin unterstützen wollten. Es spricht zwar vieles dafür, im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 - zur Zuständigkeit für den Erlass der Räumungsverfügung auch für die folgende Zeit davon auszugehen, dass der Bürgermeister der Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen weiterhin i. S. v. § 67 Abs. 1 PolG erreichbar war; er war damals mit der Sachlage vertraut und ist auch in die Erörterungen zur beabsichtigten Beschlagnahme mit einbezogen worden. Allein auf diesen Zeitpunkt bezogen kann die hier streitige Zuständigkeitsfrage aber nicht beantwortet werden. Denn die interne Willensbildung der Polizeibehörde ist für die Frage der örtlichen Zuständigkeit nicht entscheidend. Vielmehr bestimmt sich diese nach den Gegebenheiten im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Verfügung; wirksam geworden ist die Beschlagnahme erst mit der um ca. 19:30 Uhr erfolgten Bekanntgabe, als die Fahrzeuge auf der Bundesstraße 36 auf dem Gebiet der Gemeinde Waghäusel in Richtung Süden fuhren. Der Bürgermeister von Waghäusel als das für die grundsätzlich zuständige Ortspolizeibehörde handelnde Organ war indessen Sinne von § 67 Abs. 1 PolG nicht rechtzeitig erreichbar.
39 
Der Zeitpunkt und der Ort des polizeilichen Einschreitens war hier durch die polizeitaktische Erwägung bestimmt, die Küchenfahrzeuge, soweit ein Verbleiben im Landkreis Karlsruhe nicht auszuschließen war, erst in räumlicher Entfernung vom Lagerplatz zu beschlagnahmen; damit sollte im Interesse der Deeskalation eine unter Umständen gewalttätige Solidarisierung durch die Bewohner des Lagers vermieden werden. Diese Erwägungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Da den Klägerinnen bei ihrem Abzug vom Lagerplatz eines Fahrtroute nicht vorgegeben wurde und der konkrete Ort des polizeilichen Zugriffs letztlich auch von verkehrstechnischen Erfordernissen bestimmt war, hätte die Wahrung der gesetzlich für den Regelfall vorgesehenen Zuständigkeitsordnung außer der Unterrichtung des Bürgermeisters von Oberhausen-Rheinhausen noch die Einbindung von - mindestens - drei weiteren Bürgermeistern - nämlich denen von Philippsburg, Waghäusel und Altlussheim - erforderlich gemacht, die dann - schon „auf Vorrat“ - eine Beschlagnahmeverfügung hätten vorbereiten müssen für den Fall, dass sich auf ihrer Gemarkung der Handlungsbedarf einstellt. Ein solches Vorgehen war jedoch angesichts der Dringlichkeit der Lage nicht angezeigt; es war bereits nicht abzuschätzen, wie lange der Abbau der Küchenzelte und die Verladung der Gerätschaften dauern werde, so dass eine rechtzeitige Reaktion der örtlich zuständigen Ortspolizeibehörde, die sich mit der Situation und deren polizeirechtliche Bewertung erst hätte vertraut machen müssen, nicht gewährleistet gewesen wäre.
40 
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen waren die polizeitaktischen Überlegungen nicht darauf beschränkt, im Interesse größtmöglicher Wahrung der Zuständigkeitsordnung die Beschlagnahme zwar in gewisser räumlicher Entfernung vom Lagerplatz, aber noch auf dem Gebiet der Gemeinde Rheinhausen-Oberhausen anzuordnen. Zum einen wäre den Klägerinnen damit von vornherein die Möglichkeit genommen worden, den Landkreis Karlsruhe in Richtung Norden zu verlassen und so einer Beschlagnahme zu entgehen; mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wäre das nicht vereinbar. Wird - wie tatsächlich geschehen - auf der Bundesstraße 36 die Fahrtrichtung Süden gewählt, so könnte mit dieser Vorgabe den verkehrstechnischen Erfordernissen nicht in angemessener Weise Rechnung getragen werden, da hier das Gemeindegebiet schon wenige 100 Meter nach der Einmündung der von Oberhausen kommenden Kreisstraße 3537 endet. Zum anderen wird mit der Ansicht der Klägerinnen die Gefahr eines Missbrauchs überbewertet. Die Behörde, die sich auf einen Zuständigkeitswechsel wegen Gefahr im Verzug beruft, darf diese Gefahr zwar nicht bewusst herbeiführen, um eine ansonsten nicht gegebene Zuständigkeit zu begründen. Dies unterliegt dann einer strengen gerichtlichen Kontrolle, wenn die Zuständigkeitsverlagerung mit dem Verlust besonderer Schutzvorkehrungen für den Betroffenen einhergeht, was insbesondere bei Eingriffen gilt, die im Regelfall unter Richtervorbehalt stehen (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142 <155 ff.>). Geht es demgegenüber lediglich um eine Abweichung von der instanziellen Behördenzuständigkeit, kommt der Effektivität der Gefahrenabwehr bei der Ausfüllung der Rechtsbegriffe ein deutlich größeres Gewicht zu.
41 
b. Die Beschlagnahme war auch materiell rechtmäßig.
42 
Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG kann die Polizei eine Sache u. a. dann beschlagnahmen, wenn dies zum Schutz eines einzelnen oder des Gemeinwesens gegen einen unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist. Diese Voraussetzungen lagen auf der Grundlage der Erkenntnisse im Zeitpunkt des Erlasses der Beschlagnahmeverfügung vor; dies hat bereits das Verwaltungsgericht Karlsruhe in seinem Beschluss vom 20.10.2000 - 4 K 2891/00 - im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dargelegt.
43 
Aufgrund der Einlassungen der Koordinatoren der Kampagne „x 1000 mal quer“, die in generalstabsmäßiger Art und Weise eine Verhinderung der von ihr befürchteten Castor-Transporte anstrebte, stand zu erwarten, dass nach Räumung des Zeltlagers in Oberhausen-Rheinhausen an anderer Stelle wiederum - insbesondere unter Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften - ein Zeltlager zum Zwecke der logistischen Unterstützung auch gewaltbereiter Demonstrationsteilnehmer errichtet würde.
44 
Vor diesem Hintergrund war schließlich auch die Einschätzung des Landratsamts, dass sich die Klägerinnen ebenfalls an der Errichtung eines neuen Lager beteiligen würden, was es durch die Beschlagnahme zu verhindern galt, nicht fehlsam. Denn nach der Aussage des Einsatzleiters der Polizei hat sich der Ansprechpartner auf Seiten der Klägerinnen dahingehend eingelassen, dass sie nebst ihren Einrichtungen den Camp-Bewohnern weiterhin unterstützend zur Verfügung stehen wollten. Die auf dieser Aussage eines Vertreters der Klägerinnen gestützte Gefahrenprognose beruhte entgegen ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht nicht auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage. Die Klägerinnen haben insoweit geltend gemacht, die Aussage, weiterhin den Camp-Bewohnern zur Verfügung stehen zu wollen, habe sich nicht auf ein Lager wie das soeben aufgelöste bezogen, sondern auf ein „Zusammensein in anderer Form“, das gegebenenfalls von der Polizei geduldet würde. Ein solches Verständnis der Aussage lag aus der damaligen Perspektive indessen fern; denn die Gespräche mit den Klägerinnen fanden immer vor dem Hintergrund der Räumungsverfügung statt, in der auch die Errichtung eines Zeltlagers an anderer Stelle untersagt worden war. Folglich war vor dem Verständnishorizont der Behörde die von den Klägerinnen erklärte Bereitschaft, die Camp-Bewohner weiterhin zu unterstützen, auf die Errichtung eines neuen Lagers gemünzt. Auf die Möglichkeit eines anderen Verständnisses hätten die Klägerinnen ausdrücklich hinweisen müssen. Auf die von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung unter Beweis gestellten Tatsachen kommt es demnach nicht an, so dass der Senat dem Beweisantrag nicht nachkommen musste.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
46 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
18 
Der Schriftsatz der Klägerinnen vom 15.04.2005 gibt dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
19 
Die zulässigen Berufungen der Klägerinnen sind nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch behördliche Aufhebung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 09.02.1967 - I C 49.64 -, BVerwGE 26, 161 <165>) und auch im übrigen zulässig.
21 
Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <206 ff.>); der zwischen Erledigung und Einreichung der Klagen verstrichene Zeitraum von lediglich 9 Monaten schließt die Annahme der Verwirkung des Klagerechts aus (siehe hierzu BVerfG, Kammerbeschluss vom 18.12.2002 - 2 BvR 1660/00 -, NJW 2003, 1514 <1515>). Als Adressaten des streitigen Verwaltungsakts sind die Klägerinnen klagebefugt.
22 
Schließlich können sich die Klägerinnen auf das notwendige Feststellungsinteresse stützen. Dieses ist in Fällen wie dem vorliegenden, in denen es nicht darum geht, den in einem bereits angestrengten Anfechtungsprozess getätigten Aufwand weiterhin zu nutzen, mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.01.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226 <228>; Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <209>) und umfasst anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 06.02.1986 - 5 C 40.84 -, BVerwGE 74, 1 <4>).
23 
Eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr, die ein rechtliches Interesse an der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen zu begründen geeignet wäre, hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint. Ein ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung ist hier indessen zu bejahen.
24 
Die Klägerinnen berufen sich hier zunächst auf ein Rehabilitierungsinteresse wegen diskriminierender Wirkung der behördlichen Maßnahme. Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht hierfür allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne aber nicht automatisch folgt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6). Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.11.1980 - 7 C 18.79 -, BVerwGE 61, 164 <166>; Urteil vom 19.03.1992 - 5 C 44.87 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 244; Urteil des erkennenden Senats vom 08.05.1989 - 1 S 722/88 -, NVwZ 1990, 378). Ob die Klägerinnen in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6, m.w.N.) in diesem Sinne noch merkliche ungünstige Nachwirkungen im beruflichen oder gesellschaftlichen Bereich plausibel dargetan haben, erscheint fraglich, kann hier aber dahinstehen. Denn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art ist nicht auf eine Rehabilitation im engem Sinn beschränkt; unter Beachtung verfassungsrechtlicher Garantien ist das Rechtsschutzinteresse bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen nicht nur dann gegeben, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, eine fortwirkenden Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.
25 
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein schutzwürdiges ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung nicht nur in Fällen in Betracht kommt, in denen abträgliche Nachwirkungen der erledigten Verwaltungsmaßnahme fortbestehen. Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erfordern, das Feststellungsinteresse anzuerkennen. Hierzu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegen-stand haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1999 - 1 C 12.97 -, NVwZ 1999, 991; Urteil vom 29.04.1997 - 1 C 2.95 -, NJW 1997, 2543, jeweils m.w.N.; Urteil des erkennenden Senats vom 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005, 138 <139>). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet Art. 19 Abs. 4 GG, die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung - nicht nur im Eil-, sondern auch und gerade im Hauptsacheverfahren - in Fällen gewichtiger, allerdings in tatsächlicher Hinsicht überholter Grundrechtseingriffe zu eröffnen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann. Diese Rechtsprechung ist zwar anlässlich der Fälle sogenannter prozessualer Überholung bei Eingriffen unter Richtervorbehalt entwickelt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.12.2001 - 2 BvR 527/99 u.a. -, BVerfGE 104, 220 <233>, m.w.N.), aber nicht hierauf beschränkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 <89 ff.>; Kammerbeschluss vom 07.12.1998 - 1 BvR 831/89 -, NVwZ 1999, 290 <292>; vom 22.02.2002 - 1 BvR 300/02 -, NJW 2002, 2225).
26 
Anknüpfend an diese Grundsätze ist hier ein Feststellungsinteresse zu bejahen. Eine Verletzung von Art. 8 Abs. 1 GG können die Klägerinnen zwar nicht geltend machen; dies folgt - auch unabhängig von der rechtlichen Einordnung des aufgelösten Zeltlagers und den Vorwirkungen der Versammlungsfreiheit - schon aus dem persönlichen Schutzbereich des Grundrechts, das auch auf inländische juristische Personen i.S. von Art. 19 Abs. 3 GG nur in deren Eigenschaft als Veranstalter Anwendung finden kann (vgl. Schulze-Fielitz in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 8 Rn. 56). Auch kann sich die Klägerin zu 1 als ausländische juristische Person nicht ohne weiteres auf die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berufen; hier bedürfte es ggfs. eines Rückgriffs auf gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, um zu einer grundrechts- und rechtsschutzbezogenen Gleichbehandlung zu gelangen (siehe hierzu Wieland in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 12 Rn. 72 m.N.). Ob der zeitweilige Entzug der Nutzung ihrer Gerätschaften und Fahrzeuge nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung einen tiefgreifenden bzw. gewichtigen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht darstellt, mag - insbesondere angesichts der nur kurzen Dauer der Beschlagnahme - zweifelhaft erscheinen.
27 
Diese grundrechtsdogmatischen Überlegungen sind indessen im Ergebnis nicht ausschlaggebend, denn eine solchermaßen isolierte Betrachtungsweise wird nach Ansicht des Senats der vorliegenden Fallkonstellation nicht gerecht. Eine spezifische Grundrechtsverletzung wird, soweit von einer fortwirkenden Rechtsbeeinträchtigung abgesehen werden soll, in der Regel zu Recht gefordert, da anderenfalls wegen der durch Art. 2 Abs. 1 GG umfassend grundrechtlich geschützten Freiheitssphäre des Bürgers für die besonderen Anforderungen an das Rechtsschutzbedürfnis bei erledigtem Verwaltungshandeln letztlich kein Raum mehr bliebe (vgl. Schmidt-Aßmann in: Maunz-Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 245). Einem Rechtsstreit kann aber - bei Wahrung dieser Grundentscheidung - auch dann eine solche Bedeutung zukommen, dass unter rechtsstaatlichen Aspekten ein großzügiger Zugang zur gerichtlichen Kontrolle angezeigt erscheint, wenn das beanstandete polizeiliche Vorgehen Teil eines komplexen Maßnahmenkatalogs ist. Dies ist hier der Fall. Denn die geltend gemachten Rechtsverletzungen, die als solche nicht bloß geringfügig sind, werden maßgeblich davon geprägt, dass sie im Zusammenhang mit der behördlichen Reaktion auf eine damals viel beachtete (Groß-)Demonstration stehen, die für die Klägerinnen angesichts ihres Selbstverständnisses eine große Symbolkraft besaß. Ein öffentliches Interesse an einer rechtlichen Überprüfung des polizeilichen Handelns kann als solches ein Rechtsschutzinteresse zwar nicht begründen; reflexhaft kommt es den Klägerinnen jedoch zugute, indem vor diesem Hintergrund die Anforderungen an dessen Vorliegen herabgesetzt werden.
28 
2. Die Klagen sind nicht begründet. Die Beschlagnahmeverfügung hat die Klägerinnen nicht in ihren Rechten verletzt; sie war formell und materiell rechtmäßig.
29 
a. Das Landratsamt als Kreispolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 2, § 62 Abs. 3 PolG, § 13 Abs. 1 Nr. 1 LVG) war für den Erlass der Beschlagnahmeverfügung, die ihre Ermächtigungsgrundlage als sogenannte polizeirechtliche Standardmaßnahme in § 33 PolG findet, zuständig.
30 
Als Versammlungsbehörde nach der Verordnung des Innenministeriums über Zuständigkeiten nach dem Versammlungsgesetz - VersGZuVO - (vom 25.05.1977, GBl. S. 196, zuletzt geändert durch Verordnung vom 17.06.1997, GBl. 278) war das Landratsamt hier allerdings nicht zur Entscheidung berufen.
31 
Aus der genannten Verordnung folgt nicht, dass die Zuständigkeit für alle im Umfeld einer Versammlung erforderlichen polizeilichen Maßnahmen in der Hand der Kreispolizeibehörde als Versammlungsbehörde konzentriert werden. Sie beschränkt deren Zuständigkeit zum einen auf die Durchführung des Versammlungsgesetzes, d.h. auf Maßnahmen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Versammlungsgesetz findet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1), zum anderen auf Maßnahmen auf Grund des Polizeigesetzes, die der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Vorschriften und Anordnungen dienen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2); hierzu zählen insbesondere Auflagen als sogenannte Minus-Maßnahmen i. S. von § 15 VersG. Eine Maßnahme, die an versammlungsrechtliche Anordnungen anknüpft, liegt hier nicht vor.
32 
Die Auflösung des Zeltlagers wurde zu Recht nicht auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes verfügt. Denn das Camp erfüllte die Voraussetzungen des Rechtsbegriffs der Versammlung, die durch den Zweck gemeinsamer Meinungsbildung und -kundgabe geprägt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <343 ff.>, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <104>), nicht; vielmehr diente es als Obdach seiner Bewohner und als Ausgangsbasis für die in den folgenden Tagen beabsichtigten Demonstrationen, die ihrerseits auf die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit abzielten (siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 23.09.1991 - 5 B 254/91 -, NVwZ-RR 1992, 360). Wollte man allein in der Anwesenheit der Lagerbewohner eine Art „konkludente Solidaritätsadresse“ zugunsten der Demonstrationsteilnehmer erblicken, verlöre das Erfordernis der gemeinschaftlichen Meinungsäußerung jegliche Konturen (siehe hierzu auch das den Beteiligten bekannte Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 -). Die Beschlagnahme als Folgemaßnahme diente demnach auch nicht der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Anordnungen.
33 
Dieser rechtlichen Einordnung steht nicht entgegen, dass das Zeltlager als „logistische Basis“ einen engen Bezug zu den gegen den Castor-Transport gerichteten Versammlungen hatte, die ungeachtet der beabsichtigten Blockade-Aktionen weiterhin als i. S. v. Art. 8 Abs. 1 GG friedliche Demonstrationen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit standen (BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <105 f.>).
34 
Zwar hat das Grundrecht der Versammlungsfreiheit im Interesse seiner Effektuierung auch Vorwirkungen. Die genaue Reichweite des grundrechtlichen Vorfeldschutzes ist aber für die einfachgesetzliche Frage der behördlichen Zuständigkeit ohne Bedeutung. Denn der zeitliche Geltungsbereich des Versammlungsgesetzes setzt - vorbehaltlich einer abweichenden ausdrücklichen Regelung (siehe insbes. § 17a VersG) - nach der Rechtsprechung des Senats im Interesse einer klaren Zäsur den Beginn der Versammlung voraus (Urteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, NVwZ 1998, 761 <763>).
35 
Das Landratsamt als die der originär - als allgemeine Polizeibehörde -zuständigen Ortspolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 4, § 62 Abs. 4 Satz 1, § 66 Abs. 2 PolG) übergeordnete Fachaufsichtsbehörde (§ 64 Nr. 3 b PolG) konnte sich aber auf eine Eilzuständigkeit nach § 67 Abs. 1 PolG stützen.
36 
Der Anwendungsbereich des Polizeigesetzes war hier eröffnet. Inwieweit das Polizeigesetz bei Vorfeldmaßnahmen, die den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG berühren, insbesondere wegen der Anforderungen des Zitiergebotes (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG) nur eingeschränkt anwendbar ist (siehe hierzu Deger, NVwZ 1999, 265 <267>; Kniesel, NJW 2000, 2857 <2862 f.>), kann hier offenbleiben. Denn ungeachtet der inhaltlichen Nähe zu den geplanten Demonstrationen ist das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht berührt. Art. 8 Abs. 1 GG schützt den gesamten Vorgang des Sichversammelns, wozu auch der Zugang und die Anreise zu einer bevorstehenden bzw. sich bildenden Versammlung gehört (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <349>; Beschluss vom 11.06.1991 - 1 BvR 772/90 -, BVerfGE 84, 203 <209>). Demnach sind z.B. Behinderungen der Anfahrt und schleppende vorbeugende Kontrollen mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar. Eine weitere Ausdehnung des Schutzbereichs des Art. 8 Abs. 1 GG ist aber nicht gerechtfertigt. Insbesondere eine - wie hier - feste „Infrastruktur“ fällt nicht mehr unter den Schutz des Grundrechts; denn sie ist für die eigentliche Versammlung nicht mehr funktional notwendig (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 16.12.1993 - 1 S 1957/93 -, NVwZRR 1994, 370; OVG Berlin, Beschluss vom 08.07.1999 -1 SN 63/99 -, LKV 1999, 372 <373>, zur straßenrechtlichen Erlaubnispflicht von Imbissständen; Schulze-Fielitz, a.a.O. , Art. 8 Rn 34). Folglich ist es nicht gerechtfertigt, insoweit Erlaubnisvorbehalte - sowie nachfolgend Eingriffsmöglichkeiten - außerhalb des Versammlungsgesetzes zu suspendieren und die Beachtung der dort geregelten rechtlichen Vorgaben der bloß abwägenden Berücksichtigung der Versammlungsbehörde zu überlassen (vgl. Kanther, NVwZ 2001, 1239 <1242>; Dietlein, NVwZ 1992, 1066).
37 
Nach § 67 Abs. 1 PolG kann die Fachaufsichtsbehörde die polizeilichen Aufgaben wahrnehmen, wenn bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden der zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar erscheint. Gefahr im Verzug liegt hierbei vor, wenn zur Verhinderung eines drohenden Schadens sofort eingeschritten werden muss, weil ein Abwarten bis zum Eingreifen der an sich zuständigen Behörde den Erfolg der notwendigen Maßnahme erschweren oder vereiteln würde. Entscheidend sind hierbei die Verhältnisse und der Erkenntnisstand im Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahme; der Begriff „Gefahr in Verzug“ darf dabei nicht zu eng ausgelegt werden, da eine effiziente Gefahrenabwehr nicht durch Zuständigkeitsprobleme erschwert oder verhindert werden darf. Dabei kommt es gerade nicht auf eine objektive Unerreichbarkeit der sachlich zuständigen Polizeibehörde an; es genügt vielmehr, dass es für die Fachaufsichtsbehörde den Anschein hat, die an sich zuständige Polizeibehörde sei nicht erreichbar. Diese Einschätzung der handelnden Behörde kann gerichtlich nur beanstandet werden, wenn sie offensichtlich von unzutreffenden Voraussetzungen ausgeht, die sich bereits im Zeitpunkt der Entscheidung erkennen ließen (vgl. Urteil des Senats vom 14.12.1989 - 1 S 799/89 -, NJW 1990, 1618 zu § 46 Abs. 2 Nr. 2 PolG a.F. <§ 60 Abs. 2 PolG>). Nach diesen Vorgaben ist es von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt die Zuständigkeit für die Beschlagnahme in Anspruch genommen hat.
38 
Nach den Schilderungen des vom Senat in der mündlichen Verhandlung angehörten Einsatzleiters der Polizei war die Kreispolizeibehörde bereits kurze Zeit nach Erlass der Räumungsverfügung, etwa gegen 16:00 Uhr, zur Überzeugung gelangt, dass eine Beschlagnahme der Küchen zur Gefahrenabwehr erforderlich sei. Diese Einschätzung beruhte in erster Linie auf den Einlassungen eines Vertreters der Klägerinnen, wonach diese die Kampagne, falls gewünscht, weiterhin unterstützen wollten. Es spricht zwar vieles dafür, im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 - zur Zuständigkeit für den Erlass der Räumungsverfügung auch für die folgende Zeit davon auszugehen, dass der Bürgermeister der Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen weiterhin i. S. v. § 67 Abs. 1 PolG erreichbar war; er war damals mit der Sachlage vertraut und ist auch in die Erörterungen zur beabsichtigten Beschlagnahme mit einbezogen worden. Allein auf diesen Zeitpunkt bezogen kann die hier streitige Zuständigkeitsfrage aber nicht beantwortet werden. Denn die interne Willensbildung der Polizeibehörde ist für die Frage der örtlichen Zuständigkeit nicht entscheidend. Vielmehr bestimmt sich diese nach den Gegebenheiten im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Verfügung; wirksam geworden ist die Beschlagnahme erst mit der um ca. 19:30 Uhr erfolgten Bekanntgabe, als die Fahrzeuge auf der Bundesstraße 36 auf dem Gebiet der Gemeinde Waghäusel in Richtung Süden fuhren. Der Bürgermeister von Waghäusel als das für die grundsätzlich zuständige Ortspolizeibehörde handelnde Organ war indessen Sinne von § 67 Abs. 1 PolG nicht rechtzeitig erreichbar.
39 
Der Zeitpunkt und der Ort des polizeilichen Einschreitens war hier durch die polizeitaktische Erwägung bestimmt, die Küchenfahrzeuge, soweit ein Verbleiben im Landkreis Karlsruhe nicht auszuschließen war, erst in räumlicher Entfernung vom Lagerplatz zu beschlagnahmen; damit sollte im Interesse der Deeskalation eine unter Umständen gewalttätige Solidarisierung durch die Bewohner des Lagers vermieden werden. Diese Erwägungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Da den Klägerinnen bei ihrem Abzug vom Lagerplatz eines Fahrtroute nicht vorgegeben wurde und der konkrete Ort des polizeilichen Zugriffs letztlich auch von verkehrstechnischen Erfordernissen bestimmt war, hätte die Wahrung der gesetzlich für den Regelfall vorgesehenen Zuständigkeitsordnung außer der Unterrichtung des Bürgermeisters von Oberhausen-Rheinhausen noch die Einbindung von - mindestens - drei weiteren Bürgermeistern - nämlich denen von Philippsburg, Waghäusel und Altlussheim - erforderlich gemacht, die dann - schon „auf Vorrat“ - eine Beschlagnahmeverfügung hätten vorbereiten müssen für den Fall, dass sich auf ihrer Gemarkung der Handlungsbedarf einstellt. Ein solches Vorgehen war jedoch angesichts der Dringlichkeit der Lage nicht angezeigt; es war bereits nicht abzuschätzen, wie lange der Abbau der Küchenzelte und die Verladung der Gerätschaften dauern werde, so dass eine rechtzeitige Reaktion der örtlich zuständigen Ortspolizeibehörde, die sich mit der Situation und deren polizeirechtliche Bewertung erst hätte vertraut machen müssen, nicht gewährleistet gewesen wäre.
40 
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen waren die polizeitaktischen Überlegungen nicht darauf beschränkt, im Interesse größtmöglicher Wahrung der Zuständigkeitsordnung die Beschlagnahme zwar in gewisser räumlicher Entfernung vom Lagerplatz, aber noch auf dem Gebiet der Gemeinde Rheinhausen-Oberhausen anzuordnen. Zum einen wäre den Klägerinnen damit von vornherein die Möglichkeit genommen worden, den Landkreis Karlsruhe in Richtung Norden zu verlassen und so einer Beschlagnahme zu entgehen; mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wäre das nicht vereinbar. Wird - wie tatsächlich geschehen - auf der Bundesstraße 36 die Fahrtrichtung Süden gewählt, so könnte mit dieser Vorgabe den verkehrstechnischen Erfordernissen nicht in angemessener Weise Rechnung getragen werden, da hier das Gemeindegebiet schon wenige 100 Meter nach der Einmündung der von Oberhausen kommenden Kreisstraße 3537 endet. Zum anderen wird mit der Ansicht der Klägerinnen die Gefahr eines Missbrauchs überbewertet. Die Behörde, die sich auf einen Zuständigkeitswechsel wegen Gefahr im Verzug beruft, darf diese Gefahr zwar nicht bewusst herbeiführen, um eine ansonsten nicht gegebene Zuständigkeit zu begründen. Dies unterliegt dann einer strengen gerichtlichen Kontrolle, wenn die Zuständigkeitsverlagerung mit dem Verlust besonderer Schutzvorkehrungen für den Betroffenen einhergeht, was insbesondere bei Eingriffen gilt, die im Regelfall unter Richtervorbehalt stehen (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142 <155 ff.>). Geht es demgegenüber lediglich um eine Abweichung von der instanziellen Behördenzuständigkeit, kommt der Effektivität der Gefahrenabwehr bei der Ausfüllung der Rechtsbegriffe ein deutlich größeres Gewicht zu.
41 
b. Die Beschlagnahme war auch materiell rechtmäßig.
42 
Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG kann die Polizei eine Sache u. a. dann beschlagnahmen, wenn dies zum Schutz eines einzelnen oder des Gemeinwesens gegen einen unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist. Diese Voraussetzungen lagen auf der Grundlage der Erkenntnisse im Zeitpunkt des Erlasses der Beschlagnahmeverfügung vor; dies hat bereits das Verwaltungsgericht Karlsruhe in seinem Beschluss vom 20.10.2000 - 4 K 2891/00 - im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dargelegt.
43 
Aufgrund der Einlassungen der Koordinatoren der Kampagne „x 1000 mal quer“, die in generalstabsmäßiger Art und Weise eine Verhinderung der von ihr befürchteten Castor-Transporte anstrebte, stand zu erwarten, dass nach Räumung des Zeltlagers in Oberhausen-Rheinhausen an anderer Stelle wiederum - insbesondere unter Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften - ein Zeltlager zum Zwecke der logistischen Unterstützung auch gewaltbereiter Demonstrationsteilnehmer errichtet würde.
44 
Vor diesem Hintergrund war schließlich auch die Einschätzung des Landratsamts, dass sich die Klägerinnen ebenfalls an der Errichtung eines neuen Lager beteiligen würden, was es durch die Beschlagnahme zu verhindern galt, nicht fehlsam. Denn nach der Aussage des Einsatzleiters der Polizei hat sich der Ansprechpartner auf Seiten der Klägerinnen dahingehend eingelassen, dass sie nebst ihren Einrichtungen den Camp-Bewohnern weiterhin unterstützend zur Verfügung stehen wollten. Die auf dieser Aussage eines Vertreters der Klägerinnen gestützte Gefahrenprognose beruhte entgegen ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht nicht auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage. Die Klägerinnen haben insoweit geltend gemacht, die Aussage, weiterhin den Camp-Bewohnern zur Verfügung stehen zu wollen, habe sich nicht auf ein Lager wie das soeben aufgelöste bezogen, sondern auf ein „Zusammensein in anderer Form“, das gegebenenfalls von der Polizei geduldet würde. Ein solches Verständnis der Aussage lag aus der damaligen Perspektive indessen fern; denn die Gespräche mit den Klägerinnen fanden immer vor dem Hintergrund der Räumungsverfügung statt, in der auch die Errichtung eines Zeltlagers an anderer Stelle untersagt worden war. Folglich war vor dem Verständnishorizont der Behörde die von den Klägerinnen erklärte Bereitschaft, die Camp-Bewohner weiterhin zu unterstützen, auf die Errichtung eines neuen Lagers gemünzt. Auf die Möglichkeit eines anderen Verständnisses hätten die Klägerinnen ausdrücklich hinweisen müssen. Auf die von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung unter Beweis gestellten Tatsachen kommt es demnach nicht an, so dass der Senat dem Beweisantrag nicht nachkommen musste.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
46 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Sonstige Literatur

 
47 
Rechtsmittelbelehrung
48 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
49 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
50 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
51 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
52 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
53 
Beschluss
54 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.000,-- EUR festgesetzt (§ 25 Abs. 2, § 14 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F., vgl. § 72 Nr. 1 GKG i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts - Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG, BGBl. I, 2004, 718).
55 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.