Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 14. Apr. 2005 - 1 S 2362/04

bei uns veröffentlicht am14.04.2005

Tenor

Die Berufungen der Klägerinnen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. November 2003 - 4 K 1967/01 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerinnen begehren die Feststellung, dass die Beschlagnahme ihrer Fahrzeuge samt Ladung rechtswidrig war.
Im Vorfeld des für den 18.10.2000 geplanten Brennelemente-Transportes (sog. „Castor-Transport“) vom Kernkraftwerk Philippsburg in die Wiederaufarbeitungsanlage im französischen La Hague riefen Kernkraftgegner der Kampagne „x 1000 mal quer“ zu verschiedenen Demonstrationen und Aktionen mit dem Ziel auf, den vorgesehenen Transport - auch durch Blockaden - zu verhindern. Am 15.10.2000 fand in Phillipsburg eine Auftaktdemonstration mit ca. 1000 Teilnehmern statt, von denen einige dem Aufruf folgten, bis zum 18.10.2000 in der Nähe des Kernkraftwerks zu verbleiben. Zu diesem Zweck hatte die Initiative „x 1000 mal quer“ auf einem Wiesengrundstück im Ortsteil Oberhausen der benachbarten Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen in ca. 7 km Entfernung vom Kernkraftwerk ein Camp errichtet. Bis zum Mittag des 16.10.2000 wurden dort zwei größere Rundzelte, mehrere Versorgungs- und Küchenzelte und ca. 40 Iglu-Zelte aufgebaut sowie vier Toilettenhäuschen aufgestellt; ca. 150 Personen hielten sich dort auf. Die Klägerin zu 1), eine in einem niederländischen Register eingetragene Vereinigung, die sich als „Kochkollektiv“ bezeichnet, war für den Betrieb der Küche und die Versorgung des Zeltlagers mit Lebensmitteln zuständig; dabei wurde sie von der Klägerin zu 2) unterstützt, die die Küche „Maulwurf“ betreibt.
Am 16.10.2000 gegen 15:10 h forderte das Landratsamt Karlsruhe die Bewohner des Zeltlagers auf, die Zelte sofort abzubrechen und sich zu entfernen. Der Sofortvollzug von Platzverweis und Räumungsverfügung wurde angeordnet und für den Fall der Nichtbeachtung die Anwendung von Zwangsmitteln angedroht. Außerdem wurde das Verbot ausgesprochen, an anderer Stelle ein Zeltlager zu errichten.
Nach dem Abbau der Rundzelte und des Küchenzelts wurden diese zusammen mit den Koch- und Kücheneinrichtungen und den Lebensmitteln auf das Fahrzeug der Klägerin zu 1) (niederländisches Kennzeichen: BZ-41-ZB) und auf das Fahrzeug und den Anhänger der Klägerin zu 2) (amtliche Kennzeichen: FR-CK 581, FR-JP 985) sowie ein weiteres Fahrzeug verladen. Die Küchenfahrzeuge verließen das Grundstück nach 19:00 h und legten, von der Polizei überwacht, auf der B 36 in Richtung Karlsruhe eine Strecke von ca. 5 km zurück. Dort wurden die Fahrzeuge gestoppt, beschlagnahmt und zur Salm-Kaserne in Philippsburg gebracht. Den Eigentümern wurde angeboten, dass sie jedenfalls über ein Fahrzeug verfügen könnten, wenn dieses entladen werde; das dritte Fahrzeug wurde daraufhin entladen und sodann freigegeben, während die Fahrzeuge der Klägerinnen auf dem Kasernengelände verblieben. Am folgenden Tag wurden die Fahrzeuge samt Anhänger sowie die Lebensmittel an die Klägerinnen herausgegeben, während die Beschlagnahme der Küchengerätschaften aufrechterhalten blieb.
Mit einer an die Eigentümer bzw. die Besitzer der Fahrzeuge adressierten Verfügung vom 18.10.2000 wurde die Beschlagnahme der Fahrzeuge samt der logistischen Beladung schriftlich bestätigt (Ziff. 1) und der Sofortvollzug angeordnet (Ziff. 3).; in Ziff. 2 wurde bestimmt, dass über die Fahrzeuge frei verfügt werden kann, sofern die Beladung abgeladen wird. Zur Begründung wurde auf § 33 PolG verwiesen und ausgeführt, dass die Beschlagnahme zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung erforderlich sei. Mit dem Zeltlager sei eine wesentliche infrastrukturelle Basis und Voraussetzung für eine längere Unterbringung vieler Personen geschaffen worden, mit der die Bewegung über eine Plattform verfüge, um angekündigte kollektive Rechtsbrüche zu organisieren; so hätten einige Camp-Bewohner bereits an rechtswidrigen Aktionen teilgenommen. Das Camp habe offensichtlich zu einer logistischen Zentrale des Widerstands mit einer Kapazität von mehreren tausend Menschen ausgebaut werden sollen; es sei geräumt worden, um massenhafte Rechtsbrüche zu verhindern. Schließlich sei auch einer allgemeinen hygienischen bzw. Seuchengefahr begegnet worden. Nach der Auflösung des Camps und Verladung der Kücheneinrichtungsgegenstände auf die später beschlagnahmten Fahrzeuge habe der Betreiber der Küche auf die Frage nach dem nächsten Anfahrtsziel angegeben, „dass er dies noch nicht wisse, er werde von seinen Auftraggebern … noch in die nächste Örtlichkeit eingewiesen“. Deshalb sei davon auszugehen, dass an anderer Stelle im Landkreis Karlsruhe ein neues Camp errichtet werden solle. Die Beschlagnahme sei geeignet und erforderlich, um den Zweck zu erreichen, weitere Störungen der öffentlichen Sicherheit aus einem Camp heraus wirksam und dauerhaft zu unterbinden. Darüber hinaus sei sie auch angemessen gewesen, da das Interesse der Besitzer der Gerätschaften zurückzutreten habe.
Gegen die Beschlagnahmeverfügung erhoben die Klägerinnen mit Schriftsatz vom 18.10.2000 Widerspruch. Ihre Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs, soweit er die beschlagnahmten Gerätschaften betraf, wurde vom Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 20.10.2000 - 4 K 2981/00 - abgelehnt.
Mit Verfügung vom 06.11.2000 hob das Landratsamt Karlsruhe die Beschlagnahme der mit Verfügung vom 18.10.2000 beschlagnahmten Gerätschaften und der sonstigen Ladung auf, soweit diese nicht schon herausgegeben worden war.
Am 06.08.2001 haben die Klägerinnen Fortsetzungsfeststellungsklage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und zur Begründung vorgetragen: Das erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich zum einen aus der Wiederholungsgefahr; denn selbst wenn keine Transporte mehr stattfänden, sei jedenfalls mit Aktionen gegen die geplante Einrichtung eines Interims- und Zwischenlagers in Philippsburg zu rechnen. Zum anderen könne sich die Klägerin zu 1) auf ein Rehabilitierungsinteresse stützen, da im „Limburgs Dagblad“, einer niederländischen Tageszeitung, über die Beschlagnahme der Küche berichtet worden sei. Schließlich müsse es den Klägerinnen möglich sein, die Rechtswidrigkeit einer Beschlagnahme, die sich typischerweise kurzfristig erledige, gerichtlich klären zu lassen; die Möglichkeit vorläufigen Rechtsschutzes sei hierfür nicht ausreichend. In der Sache haben die Klägerinnen die Auffassung vertreten, dass die angefochtene Beschlagnahmeverfügung bereits formell rechtswidrig gewesen sei. Das Landratsamt Karlsruhe sei für den Erlass der Beschlagnahme auf polizeirechtlicher Grundlage nicht zuständig gewesen; insbesondere die Voraussetzungen einer Eilzuständigkeit gem. § 67 Abs. 1 PolG hätten nicht vorgelegen. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht sei die Verfügung rechtswidrig gewesen. Das Camp habe mit den geplanten Aktionen eine untrennbare Einheit gebildet; demnach sei Art. 8 Abs. 1 GG einschlägig, da das Grundrecht der Versammlungsfreiheit und die Vorschriften des Versammlungsgesetzes das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Personen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsäußerung und Meinungsbildung schütze. Von einem solchen inneren Zusammenhang sei auch die Beschlagnahmeverfügung ausgegangen. Zum Zeitpunkt der Beschlagnahme habe nicht mehr von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch das aufgelöste Zeltlager ausgegangen werden können; die Aussage des Küchenbetreibers, er kenne das nächste Anfahrtsziel nicht, rechtfertige nicht die Annahme, an anderer Stelle könnte ein neues Camp errichtet werden.
Mit Urteil vom 18.11.2003 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klagen - dem Antrag des Beklagten folgend - als unzulässig abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen angeführt: Die Klägerinnen hätten ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse an der begehrten Feststellung nicht dargelegt. Eine Wiederholungsgefahr sei nicht gegeben, da sich keine konkreten Anhaltspunkte abzeichnen, dass ähnliche Demonstrationen in Philippsburg in absehbarer Zeit durchgeführt würden. Denn die Castor-Transporte aus dem Kernkraftwerk nach La Hague seien mittlerweile abgeschlossen, und künftig würden die Brennelemente in Interims- und Zwischenlagern auf dem Gelände des Kraftwerks in Philippsburg untergebracht. Allein die Möglichkeit, dass auch gegen diese Art der Lagerung Demonstrationen mit entsprechender Infrastruktur durchgeführt würden, sei zu ungewiss und zu wenig konkret und demnach nicht ausreichend, um eine Wiederholungsgefahr zu begründen; es sei nämlich nicht erkennbar, dass auch diese Aktionen ähnlichen Zulauf und Interesse erwecken würden, da die Fortführung des Betriebs des Kernkraftwerks in Philippsburg anders als im Oktober 2000 nicht in Frage stehe. Außerdem sei die Behördenentscheidung aufgrund des Einzelfalls ergangen und es sei nicht wahrscheinlich, dass das Landratsamt in Zukunft in vergleichbarer Weise gegen Versammlungsteilnehmer vorgehen wird. Ein Rehabilitierungsinteresse stehe den Klägerinnen ebenfalls nicht zu. Es könne weder festgestellt werden, dass die Beschlagnahme der Fahrzeuge und der Küchengegenstände selbst für die Klägerinnen eine diskriminierende Wirkung gehabt hätte, noch dass die Berichterstattung darüber in der lokalen und überregionalen Presse und einer niederländischen Zeitung geeignet gewesen sei, der Öffentlichkeit ein falsches oder gar ehrenrühriges Bild von den Klägerinnen zu vermitteln. Ein besonderes rechtliches Interesse sei auch nicht durch die Grundrechtsbetroffenheit der Klägerinnen in Verbindung mit der Rechtsweggarantie des Art.19 Abs. 4 GG anzunehmen. Die Beschlagnahme stelle keinen tiefgreifenden Grundrechtseingriff im Sinne der Rechtsprechung dar; dabei kämen tiefgreifende Grundrechtseingriffe insbesondere bei jenen Anordnungen in Betracht, die das Grundgesetz vorbeugend dem Richter vorbehalte. Eine vergleichbare Belastung der Klägerinnen sei nicht zu erkennen; sie seien durch die Beschlagnahme nicht in einem Grundrecht betroffen, das dem Schutz der persönlichen Sphäre oder der menschlichen Würde diene. Letztlich sei die den Klägerinnen eingeräumte Rechtsschutzmöglichkeit ausreichend gewesen. Der zeitliche Ablauf zeige, dass die Klägerinnen Gelegenheit gehabt hätten, um einstweiligen Rechtsschutz nachzusuchen; eine Beschwerde gegen den im Eilverfahren ergangenen Beschluss wäre bis zur Erledigung der Beschlagnahme noch möglich gewesen.
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Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 04.10.2004 - 1 S 1512/04 - zugelassenen Berufungen vertiefen die Klägerinnen ihr erstinstanzliches Vorbringen und tragen vor: Das Feststellungsinteresse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspreche dem berechtigten Interesse gem. § 43 VwGO und sei nicht an zu strenge Voraussetzungen zu knüpfen. Bei kurzfristiger Erledigung von Verwaltungsmaßnahmen folge es aus der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, der zur Vermeidung rechtsfreier Räume bei der Verletzung eines jeglichen subjektiven Rechts mindestens eine gerichtliche Instanz im Hauptsacheverfahren garantiere. Jedenfalls sei bezüglich der Klägerin zu 1) ein tiefgreifender Grundrechtseingriff deshalb gegeben, weil sie als Betreiberin der Küche durch die Beschlagnahme in ihrer Berufsausübung betroffen sei. Außerdem liege ein Eingriff in die Eigentumsrechte der Klägerinnen vor, der nicht deshalb ausgeschlossen sei, weil mögliche Schadensersatzansprüche nicht geltend gemacht würden. Darüber hinaus sei ein Rehabilitierungsinteresse zu Unrecht abgelehnt worden, denn jeder Pressebericht über polizeiliche Maßnahmen zu Lasten einzelner habe in gewisser Weise einen diskriminierenden Charakter, weil es die Öffentlichkeit - ungeachtet der Wertung im Presseartikel - für möglich halten könne, dass der Betroffene Störer sei. Die Klagen seien auch begründet. Das Landratsamt als Kreispolizeibehörde sei für den Erlass der Beschlagnahmeverfügung nicht zuständig gewesen; auf eine Eilkompetenz gem. § 67 Abs. 1 PolG könne sich das Landratsamt nicht berufen. Die Beschlagnahme habe im Zusammenhang mit der Auflösung des Camps gestanden. Die Ortspolizeibehörde hätte schon zu diesem Zeitpunkt informiert werden können und auch müssen; die unzuständige Behörde könne sich in einem solchen Fall nicht mehr auf eine Eilkompetenz berufen, wenn dies unterblieben sei und zu einem späteren Zeitpunkt das Tätigwerden der zuständigen Behörde nicht mehr erreichbar erscheine. Dies gelte umso mehr als die Beschlagnahme bereits zuvor erwogen, aber nur aus polizeitaktischen Gründen zurückgestellt worden sei. Auch materiell-rechtlich sei die Beschlagnahme rechtswidrig gewesen. Zur Beseitigung bereits eingetretener Störungen sei sie nicht erforderlich gewesen, denn das Camp sei bereits aufgelöst und die Küche verladen gewesen. Eine unmittelbar bevorstehende Störung durch den Aufbau eines neuen Camps an anderer Stelle sei nicht belegt. Auch könnten Einschätzungen, die für die Kampagne „x 1000 mal quer“ zutreffend sein mögen, nicht auf die Klägerinnen übertragen werden, da sie lediglich Eigentümerinnen der Küche, nicht aber Anhänger der Kampagne seien. Im Übrigen hätten die Klägerinnen der Polizei zugesagt, den Landkreis zu verlassen. Auf Weisungen der Kampagne hätten sie nicht gewartet; etwas anderes ergebe sich nicht aus der Aussage eines Fahrers der Betreiber der Küche, er kenne das Fahrtziel nicht.
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Die Klägerinnen beantragen,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. November 2003 - 4 K 1967/01 - zu ändern und festzustellen, dass die mit Bescheid des Landratsamts Karlsruhe vom 16.10.2000/18.10.2000 verfügte Beschlagnahme der Kraftfahrzeuge und des Anhängers mit den amtlichen Kennzeichen BZ-41-ZW (NL), FR-CK 581 und FR-JP 985 und des Inhalts dieser Fahrzeuge rechtswidrig war.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufungen zurückzuweisen.
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Er verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts und führt des Weiteren aus: Die Klagen seien auch unbegründet. Die Zuständigkeit des Landratsamts gründe sich auf die Eilkompetenz gem. § 67 Abs. 1 PolG. Seit Beginn der Auftaktkundgebung sei eine sehr komplexe polizeiliche Aufgabe wahrgenommen worden; dabei dürften auch polizeitaktische Aspekte nicht zurückstehen. Folglich dürfe der zuständigkeitsbegründende Begriff der „Gefahr im Verzug“ nicht eng ausgelegt werden. Nach der im damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsamen Einschätzung habe die Gefahr bestanden, dass sich eine Störung i. S. von § 33 PolG bei allernächster Gelegenheit wieder realisieren werde; die damalige Sicht, dass ein rechtzeitiges Tätigwerden der an sich zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar sei, sei rückblickend nicht zu beanstanden. Auch die materielle Gefahreneinschätzung sei, wie schon das Verwaltungsgericht Karlsruhe im Beschluss des vorläufigen Rechtsschutzes festgestellt habe, zutreffend gewesen. Im übrigen treffe es nicht zu, dass sich die Klägerinnen rechtzeitig vor der Beschlagnahme von den Veranstaltern der Aktionstage distanziert hätten. Vielmehr hätten sie noch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Zusicherung, sich nicht mehr an vergleichbaren Aktionen unterstützend zu beteiligen, ausdrücklich abgelehnt.
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Mit rechtskräftigem Urteil vom 14.02.2001 – 4 K 3227/00 – stellte das Verwaltungsgericht Karlsruhe auf die Klage eines Zeltlagerbewohners fest, dass der am 16.10.2000 ergangene Platzverweis und die Räumungsverfügung aus formellen Gründen rechtswidrig gewesen sei, da das Landratsamt Karlsruhe als sachlich unzuständige Behörde gehandelt habe.
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In der mündlichen Verhandlung hat der Senat den damaligen Einsatzleiter der Polizei, Herrn Polizeidirektor Trunk, informatorisch als amtliche Auskunftsperson angehört. Wegen des wesentlichen Inhalts seiner Aussagen wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Zulassungs- und Berufungsverfahren sowie auf die dem Senat vorliegenden Behörden- und Gerichtsakten - auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (4 K 2981/00) und im Verfahren über die Rechtmäßigkeit der Räumungsverfügung (4 K 3227/00) - verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Der Schriftsatz der Klägerinnen vom 15.04.2005 gibt dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
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Die zulässigen Berufungen der Klägerinnen sind nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch behördliche Aufhebung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 09.02.1967 - I C 49.64 -, BVerwGE 26, 161 <165>) und auch im übrigen zulässig.
21 
Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <206 ff.>); der zwischen Erledigung und Einreichung der Klagen verstrichene Zeitraum von lediglich 9 Monaten schließt die Annahme der Verwirkung des Klagerechts aus (siehe hierzu BVerfG, Kammerbeschluss vom 18.12.2002 - 2 BvR 1660/00 -, NJW 2003, 1514 <1515>). Als Adressaten des streitigen Verwaltungsakts sind die Klägerinnen klagebefugt.
22 
Schließlich können sich die Klägerinnen auf das notwendige Feststellungsinteresse stützen. Dieses ist in Fällen wie dem vorliegenden, in denen es nicht darum geht, den in einem bereits angestrengten Anfechtungsprozess getätigten Aufwand weiterhin zu nutzen, mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.01.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226 <228>; Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <209>) und umfasst anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 06.02.1986 - 5 C 40.84 -, BVerwGE 74, 1 <4>).
23 
Eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr, die ein rechtliches Interesse an der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen zu begründen geeignet wäre, hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint. Ein ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung ist hier indessen zu bejahen.
24 
Die Klägerinnen berufen sich hier zunächst auf ein Rehabilitierungsinteresse wegen diskriminierender Wirkung der behördlichen Maßnahme. Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht hierfür allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne aber nicht automatisch folgt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6). Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.11.1980 - 7 C 18.79 -, BVerwGE 61, 164 <166>; Urteil vom 19.03.1992 - 5 C 44.87 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 244; Urteil des erkennenden Senats vom 08.05.1989 - 1 S 722/88 -, NVwZ 1990, 378). Ob die Klägerinnen in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6, m.w.N.) in diesem Sinne noch merkliche ungünstige Nachwirkungen im beruflichen oder gesellschaftlichen Bereich plausibel dargetan haben, erscheint fraglich, kann hier aber dahinstehen. Denn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art ist nicht auf eine Rehabilitation im engem Sinn beschränkt; unter Beachtung verfassungsrechtlicher Garantien ist das Rechtsschutzinteresse bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen nicht nur dann gegeben, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, eine fortwirkenden Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.
25 
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein schutzwürdiges ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung nicht nur in Fällen in Betracht kommt, in denen abträgliche Nachwirkungen der erledigten Verwaltungsmaßnahme fortbestehen. Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erfordern, das Feststellungsinteresse anzuerkennen. Hierzu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegen-stand haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1999 - 1 C 12.97 -, NVwZ 1999, 991; Urteil vom 29.04.1997 - 1 C 2.95 -, NJW 1997, 2543, jeweils m.w.N.; Urteil des erkennenden Senats vom 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005, 138 <139>). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet Art. 19 Abs. 4 GG, die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung - nicht nur im Eil-, sondern auch und gerade im Hauptsacheverfahren - in Fällen gewichtiger, allerdings in tatsächlicher Hinsicht überholter Grundrechtseingriffe zu eröffnen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann. Diese Rechtsprechung ist zwar anlässlich der Fälle sogenannter prozessualer Überholung bei Eingriffen unter Richtervorbehalt entwickelt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.12.2001 - 2 BvR 527/99 u.a. -, BVerfGE 104, 220 <233>, m.w.N.), aber nicht hierauf beschränkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 <89 ff.>; Kammerbeschluss vom 07.12.1998 - 1 BvR 831/89 -, NVwZ 1999, 290 <292>; vom 22.02.2002 - 1 BvR 300/02 -, NJW 2002, 2225).
26 
Anknüpfend an diese Grundsätze ist hier ein Feststellungsinteresse zu bejahen. Eine Verletzung von Art. 8 Abs. 1 GG können die Klägerinnen zwar nicht geltend machen; dies folgt - auch unabhängig von der rechtlichen Einordnung des aufgelösten Zeltlagers und den Vorwirkungen der Versammlungsfreiheit - schon aus dem persönlichen Schutzbereich des Grundrechts, das auch auf inländische juristische Personen i.S. von Art. 19 Abs. 3 GG nur in deren Eigenschaft als Veranstalter Anwendung finden kann (vgl. Schulze-Fielitz in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 8 Rn. 56). Auch kann sich die Klägerin zu 1 als ausländische juristische Person nicht ohne weiteres auf die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berufen; hier bedürfte es ggfs. eines Rückgriffs auf gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, um zu einer grundrechts- und rechtsschutzbezogenen Gleichbehandlung zu gelangen (siehe hierzu Wieland in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 12 Rn. 72 m.N.). Ob der zeitweilige Entzug der Nutzung ihrer Gerätschaften und Fahrzeuge nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung einen tiefgreifenden bzw. gewichtigen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht darstellt, mag - insbesondere angesichts der nur kurzen Dauer der Beschlagnahme - zweifelhaft erscheinen.
27 
Diese grundrechtsdogmatischen Überlegungen sind indessen im Ergebnis nicht ausschlaggebend, denn eine solchermaßen isolierte Betrachtungsweise wird nach Ansicht des Senats der vorliegenden Fallkonstellation nicht gerecht. Eine spezifische Grundrechtsverletzung wird, soweit von einer fortwirkenden Rechtsbeeinträchtigung abgesehen werden soll, in der Regel zu Recht gefordert, da anderenfalls wegen der durch Art. 2 Abs. 1 GG umfassend grundrechtlich geschützten Freiheitssphäre des Bürgers für die besonderen Anforderungen an das Rechtsschutzbedürfnis bei erledigtem Verwaltungshandeln letztlich kein Raum mehr bliebe (vgl. Schmidt-Aßmann in: Maunz-Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 245). Einem Rechtsstreit kann aber - bei Wahrung dieser Grundentscheidung - auch dann eine solche Bedeutung zukommen, dass unter rechtsstaatlichen Aspekten ein großzügiger Zugang zur gerichtlichen Kontrolle angezeigt erscheint, wenn das beanstandete polizeiliche Vorgehen Teil eines komplexen Maßnahmenkatalogs ist. Dies ist hier der Fall. Denn die geltend gemachten Rechtsverletzungen, die als solche nicht bloß geringfügig sind, werden maßgeblich davon geprägt, dass sie im Zusammenhang mit der behördlichen Reaktion auf eine damals viel beachtete (Groß-)Demonstration stehen, die für die Klägerinnen angesichts ihres Selbstverständnisses eine große Symbolkraft besaß. Ein öffentliches Interesse an einer rechtlichen Überprüfung des polizeilichen Handelns kann als solches ein Rechtsschutzinteresse zwar nicht begründen; reflexhaft kommt es den Klägerinnen jedoch zugute, indem vor diesem Hintergrund die Anforderungen an dessen Vorliegen herabgesetzt werden.
28 
2. Die Klagen sind nicht begründet. Die Beschlagnahmeverfügung hat die Klägerinnen nicht in ihren Rechten verletzt; sie war formell und materiell rechtmäßig.
29 
a. Das Landratsamt als Kreispolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 2, § 62 Abs. 3 PolG, § 13 Abs. 1 Nr. 1 LVG) war für den Erlass der Beschlagnahmeverfügung, die ihre Ermächtigungsgrundlage als sogenannte polizeirechtliche Standardmaßnahme in § 33 PolG findet, zuständig.
30 
Als Versammlungsbehörde nach der Verordnung des Innenministeriums über Zuständigkeiten nach dem Versammlungsgesetz - VersGZuVO - (vom 25.05.1977, GBl. S. 196, zuletzt geändert durch Verordnung vom 17.06.1997, GBl. 278) war das Landratsamt hier allerdings nicht zur Entscheidung berufen.
31 
Aus der genannten Verordnung folgt nicht, dass die Zuständigkeit für alle im Umfeld einer Versammlung erforderlichen polizeilichen Maßnahmen in der Hand der Kreispolizeibehörde als Versammlungsbehörde konzentriert werden. Sie beschränkt deren Zuständigkeit zum einen auf die Durchführung des Versammlungsgesetzes, d.h. auf Maßnahmen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Versammlungsgesetz findet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1), zum anderen auf Maßnahmen auf Grund des Polizeigesetzes, die der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Vorschriften und Anordnungen dienen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2); hierzu zählen insbesondere Auflagen als sogenannte Minus-Maßnahmen i. S. von § 15 VersG. Eine Maßnahme, die an versammlungsrechtliche Anordnungen anknüpft, liegt hier nicht vor.
32 
Die Auflösung des Zeltlagers wurde zu Recht nicht auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes verfügt. Denn das Camp erfüllte die Voraussetzungen des Rechtsbegriffs der Versammlung, die durch den Zweck gemeinsamer Meinungsbildung und -kundgabe geprägt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <343 ff.>, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <104>), nicht; vielmehr diente es als Obdach seiner Bewohner und als Ausgangsbasis für die in den folgenden Tagen beabsichtigten Demonstrationen, die ihrerseits auf die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit abzielten (siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 23.09.1991 - 5 B 254/91 -, NVwZ-RR 1992, 360). Wollte man allein in der Anwesenheit der Lagerbewohner eine Art „konkludente Solidaritätsadresse“ zugunsten der Demonstrationsteilnehmer erblicken, verlöre das Erfordernis der gemeinschaftlichen Meinungsäußerung jegliche Konturen (siehe hierzu auch das den Beteiligten bekannte Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 -). Die Beschlagnahme als Folgemaßnahme diente demnach auch nicht der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Anordnungen.
33 
Dieser rechtlichen Einordnung steht nicht entgegen, dass das Zeltlager als „logistische Basis“ einen engen Bezug zu den gegen den Castor-Transport gerichteten Versammlungen hatte, die ungeachtet der beabsichtigten Blockade-Aktionen weiterhin als i. S. v. Art. 8 Abs. 1 GG friedliche Demonstrationen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit standen (BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <105 f.>).
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Zwar hat das Grundrecht der Versammlungsfreiheit im Interesse seiner Effektuierung auch Vorwirkungen. Die genaue Reichweite des grundrechtlichen Vorfeldschutzes ist aber für die einfachgesetzliche Frage der behördlichen Zuständigkeit ohne Bedeutung. Denn der zeitliche Geltungsbereich des Versammlungsgesetzes setzt - vorbehaltlich einer abweichenden ausdrücklichen Regelung (siehe insbes. § 17a VersG) - nach der Rechtsprechung des Senats im Interesse einer klaren Zäsur den Beginn der Versammlung voraus (Urteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, NVwZ 1998, 761 <763>).
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Das Landratsamt als die der originär - als allgemeine Polizeibehörde -zuständigen Ortspolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 4, § 62 Abs. 4 Satz 1, § 66 Abs. 2 PolG) übergeordnete Fachaufsichtsbehörde (§ 64 Nr. 3 b PolG) konnte sich aber auf eine Eilzuständigkeit nach § 67 Abs. 1 PolG stützen.
36 
Der Anwendungsbereich des Polizeigesetzes war hier eröffnet. Inwieweit das Polizeigesetz bei Vorfeldmaßnahmen, die den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG berühren, insbesondere wegen der Anforderungen des Zitiergebotes (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG) nur eingeschränkt anwendbar ist (siehe hierzu Deger, NVwZ 1999, 265 <267>; Kniesel, NJW 2000, 2857 <2862 f.>), kann hier offenbleiben. Denn ungeachtet der inhaltlichen Nähe zu den geplanten Demonstrationen ist das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht berührt. Art. 8 Abs. 1 GG schützt den gesamten Vorgang des Sichversammelns, wozu auch der Zugang und die Anreise zu einer bevorstehenden bzw. sich bildenden Versammlung gehört (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <349>; Beschluss vom 11.06.1991 - 1 BvR 772/90 -, BVerfGE 84, 203 <209>). Demnach sind z.B. Behinderungen der Anfahrt und schleppende vorbeugende Kontrollen mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar. Eine weitere Ausdehnung des Schutzbereichs des Art. 8 Abs. 1 GG ist aber nicht gerechtfertigt. Insbesondere eine - wie hier - feste „Infrastruktur“ fällt nicht mehr unter den Schutz des Grundrechts; denn sie ist für die eigentliche Versammlung nicht mehr funktional notwendig (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 16.12.1993 - 1 S 1957/93 -, NVwZRR 1994, 370; OVG Berlin, Beschluss vom 08.07.1999 -1 SN 63/99 -, LKV 1999, 372 <373>, zur straßenrechtlichen Erlaubnispflicht von Imbissständen; Schulze-Fielitz, a.a.O. , Art. 8 Rn 34). Folglich ist es nicht gerechtfertigt, insoweit Erlaubnisvorbehalte - sowie nachfolgend Eingriffsmöglichkeiten - außerhalb des Versammlungsgesetzes zu suspendieren und die Beachtung der dort geregelten rechtlichen Vorgaben der bloß abwägenden Berücksichtigung der Versammlungsbehörde zu überlassen (vgl. Kanther, NVwZ 2001, 1239 <1242>; Dietlein, NVwZ 1992, 1066).
37 
Nach § 67 Abs. 1 PolG kann die Fachaufsichtsbehörde die polizeilichen Aufgaben wahrnehmen, wenn bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden der zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar erscheint. Gefahr im Verzug liegt hierbei vor, wenn zur Verhinderung eines drohenden Schadens sofort eingeschritten werden muss, weil ein Abwarten bis zum Eingreifen der an sich zuständigen Behörde den Erfolg der notwendigen Maßnahme erschweren oder vereiteln würde. Entscheidend sind hierbei die Verhältnisse und der Erkenntnisstand im Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahme; der Begriff „Gefahr in Verzug“ darf dabei nicht zu eng ausgelegt werden, da eine effiziente Gefahrenabwehr nicht durch Zuständigkeitsprobleme erschwert oder verhindert werden darf. Dabei kommt es gerade nicht auf eine objektive Unerreichbarkeit der sachlich zuständigen Polizeibehörde an; es genügt vielmehr, dass es für die Fachaufsichtsbehörde den Anschein hat, die an sich zuständige Polizeibehörde sei nicht erreichbar. Diese Einschätzung der handelnden Behörde kann gerichtlich nur beanstandet werden, wenn sie offensichtlich von unzutreffenden Voraussetzungen ausgeht, die sich bereits im Zeitpunkt der Entscheidung erkennen ließen (vgl. Urteil des Senats vom 14.12.1989 - 1 S 799/89 -, NJW 1990, 1618 zu § 46 Abs. 2 Nr. 2 PolG a.F. <§ 60 Abs. 2 PolG>). Nach diesen Vorgaben ist es von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt die Zuständigkeit für die Beschlagnahme in Anspruch genommen hat.
38 
Nach den Schilderungen des vom Senat in der mündlichen Verhandlung angehörten Einsatzleiters der Polizei war die Kreispolizeibehörde bereits kurze Zeit nach Erlass der Räumungsverfügung, etwa gegen 16:00 Uhr, zur Überzeugung gelangt, dass eine Beschlagnahme der Küchen zur Gefahrenabwehr erforderlich sei. Diese Einschätzung beruhte in erster Linie auf den Einlassungen eines Vertreters der Klägerinnen, wonach diese die Kampagne, falls gewünscht, weiterhin unterstützen wollten. Es spricht zwar vieles dafür, im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 - zur Zuständigkeit für den Erlass der Räumungsverfügung auch für die folgende Zeit davon auszugehen, dass der Bürgermeister der Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen weiterhin i. S. v. § 67 Abs. 1 PolG erreichbar war; er war damals mit der Sachlage vertraut und ist auch in die Erörterungen zur beabsichtigten Beschlagnahme mit einbezogen worden. Allein auf diesen Zeitpunkt bezogen kann die hier streitige Zuständigkeitsfrage aber nicht beantwortet werden. Denn die interne Willensbildung der Polizeibehörde ist für die Frage der örtlichen Zuständigkeit nicht entscheidend. Vielmehr bestimmt sich diese nach den Gegebenheiten im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Verfügung; wirksam geworden ist die Beschlagnahme erst mit der um ca. 19:30 Uhr erfolgten Bekanntgabe, als die Fahrzeuge auf der Bundesstraße 36 auf dem Gebiet der Gemeinde Waghäusel in Richtung Süden fuhren. Der Bürgermeister von Waghäusel als das für die grundsätzlich zuständige Ortspolizeibehörde handelnde Organ war indessen Sinne von § 67 Abs. 1 PolG nicht rechtzeitig erreichbar.
39 
Der Zeitpunkt und der Ort des polizeilichen Einschreitens war hier durch die polizeitaktische Erwägung bestimmt, die Küchenfahrzeuge, soweit ein Verbleiben im Landkreis Karlsruhe nicht auszuschließen war, erst in räumlicher Entfernung vom Lagerplatz zu beschlagnahmen; damit sollte im Interesse der Deeskalation eine unter Umständen gewalttätige Solidarisierung durch die Bewohner des Lagers vermieden werden. Diese Erwägungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Da den Klägerinnen bei ihrem Abzug vom Lagerplatz eines Fahrtroute nicht vorgegeben wurde und der konkrete Ort des polizeilichen Zugriffs letztlich auch von verkehrstechnischen Erfordernissen bestimmt war, hätte die Wahrung der gesetzlich für den Regelfall vorgesehenen Zuständigkeitsordnung außer der Unterrichtung des Bürgermeisters von Oberhausen-Rheinhausen noch die Einbindung von - mindestens - drei weiteren Bürgermeistern - nämlich denen von Philippsburg, Waghäusel und Altlussheim - erforderlich gemacht, die dann - schon „auf Vorrat“ - eine Beschlagnahmeverfügung hätten vorbereiten müssen für den Fall, dass sich auf ihrer Gemarkung der Handlungsbedarf einstellt. Ein solches Vorgehen war jedoch angesichts der Dringlichkeit der Lage nicht angezeigt; es war bereits nicht abzuschätzen, wie lange der Abbau der Küchenzelte und die Verladung der Gerätschaften dauern werde, so dass eine rechtzeitige Reaktion der örtlich zuständigen Ortspolizeibehörde, die sich mit der Situation und deren polizeirechtliche Bewertung erst hätte vertraut machen müssen, nicht gewährleistet gewesen wäre.
40 
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen waren die polizeitaktischen Überlegungen nicht darauf beschränkt, im Interesse größtmöglicher Wahrung der Zuständigkeitsordnung die Beschlagnahme zwar in gewisser räumlicher Entfernung vom Lagerplatz, aber noch auf dem Gebiet der Gemeinde Rheinhausen-Oberhausen anzuordnen. Zum einen wäre den Klägerinnen damit von vornherein die Möglichkeit genommen worden, den Landkreis Karlsruhe in Richtung Norden zu verlassen und so einer Beschlagnahme zu entgehen; mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wäre das nicht vereinbar. Wird - wie tatsächlich geschehen - auf der Bundesstraße 36 die Fahrtrichtung Süden gewählt, so könnte mit dieser Vorgabe den verkehrstechnischen Erfordernissen nicht in angemessener Weise Rechnung getragen werden, da hier das Gemeindegebiet schon wenige 100 Meter nach der Einmündung der von Oberhausen kommenden Kreisstraße 3537 endet. Zum anderen wird mit der Ansicht der Klägerinnen die Gefahr eines Missbrauchs überbewertet. Die Behörde, die sich auf einen Zuständigkeitswechsel wegen Gefahr im Verzug beruft, darf diese Gefahr zwar nicht bewusst herbeiführen, um eine ansonsten nicht gegebene Zuständigkeit zu begründen. Dies unterliegt dann einer strengen gerichtlichen Kontrolle, wenn die Zuständigkeitsverlagerung mit dem Verlust besonderer Schutzvorkehrungen für den Betroffenen einhergeht, was insbesondere bei Eingriffen gilt, die im Regelfall unter Richtervorbehalt stehen (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142 <155 ff.>). Geht es demgegenüber lediglich um eine Abweichung von der instanziellen Behördenzuständigkeit, kommt der Effektivität der Gefahrenabwehr bei der Ausfüllung der Rechtsbegriffe ein deutlich größeres Gewicht zu.
41 
b. Die Beschlagnahme war auch materiell rechtmäßig.
42 
Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG kann die Polizei eine Sache u. a. dann beschlagnahmen, wenn dies zum Schutz eines einzelnen oder des Gemeinwesens gegen einen unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist. Diese Voraussetzungen lagen auf der Grundlage der Erkenntnisse im Zeitpunkt des Erlasses der Beschlagnahmeverfügung vor; dies hat bereits das Verwaltungsgericht Karlsruhe in seinem Beschluss vom 20.10.2000 - 4 K 2891/00 - im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dargelegt.
43 
Aufgrund der Einlassungen der Koordinatoren der Kampagne „x 1000 mal quer“, die in generalstabsmäßiger Art und Weise eine Verhinderung der von ihr befürchteten Castor-Transporte anstrebte, stand zu erwarten, dass nach Räumung des Zeltlagers in Oberhausen-Rheinhausen an anderer Stelle wiederum - insbesondere unter Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften - ein Zeltlager zum Zwecke der logistischen Unterstützung auch gewaltbereiter Demonstrationsteilnehmer errichtet würde.
44 
Vor diesem Hintergrund war schließlich auch die Einschätzung des Landratsamts, dass sich die Klägerinnen ebenfalls an der Errichtung eines neuen Lager beteiligen würden, was es durch die Beschlagnahme zu verhindern galt, nicht fehlsam. Denn nach der Aussage des Einsatzleiters der Polizei hat sich der Ansprechpartner auf Seiten der Klägerinnen dahingehend eingelassen, dass sie nebst ihren Einrichtungen den Camp-Bewohnern weiterhin unterstützend zur Verfügung stehen wollten. Die auf dieser Aussage eines Vertreters der Klägerinnen gestützte Gefahrenprognose beruhte entgegen ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht nicht auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage. Die Klägerinnen haben insoweit geltend gemacht, die Aussage, weiterhin den Camp-Bewohnern zur Verfügung stehen zu wollen, habe sich nicht auf ein Lager wie das soeben aufgelöste bezogen, sondern auf ein „Zusammensein in anderer Form“, das gegebenenfalls von der Polizei geduldet würde. Ein solches Verständnis der Aussage lag aus der damaligen Perspektive indessen fern; denn die Gespräche mit den Klägerinnen fanden immer vor dem Hintergrund der Räumungsverfügung statt, in der auch die Errichtung eines Zeltlagers an anderer Stelle untersagt worden war. Folglich war vor dem Verständnishorizont der Behörde die von den Klägerinnen erklärte Bereitschaft, die Camp-Bewohner weiterhin zu unterstützen, auf die Errichtung eines neuen Lagers gemünzt. Auf die Möglichkeit eines anderen Verständnisses hätten die Klägerinnen ausdrücklich hinweisen müssen. Auf die von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung unter Beweis gestellten Tatsachen kommt es demnach nicht an, so dass der Senat dem Beweisantrag nicht nachkommen musste.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
46 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
18 
Der Schriftsatz der Klägerinnen vom 15.04.2005 gibt dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
19 
Die zulässigen Berufungen der Klägerinnen sind nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch behördliche Aufhebung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 09.02.1967 - I C 49.64 -, BVerwGE 26, 161 <165>) und auch im übrigen zulässig.
21 
Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <206 ff.>); der zwischen Erledigung und Einreichung der Klagen verstrichene Zeitraum von lediglich 9 Monaten schließt die Annahme der Verwirkung des Klagerechts aus (siehe hierzu BVerfG, Kammerbeschluss vom 18.12.2002 - 2 BvR 1660/00 -, NJW 2003, 1514 <1515>). Als Adressaten des streitigen Verwaltungsakts sind die Klägerinnen klagebefugt.
22 
Schließlich können sich die Klägerinnen auf das notwendige Feststellungsinteresse stützen. Dieses ist in Fällen wie dem vorliegenden, in denen es nicht darum geht, den in einem bereits angestrengten Anfechtungsprozess getätigten Aufwand weiterhin zu nutzen, mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.01.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226 <228>; Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <209>) und umfasst anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 06.02.1986 - 5 C 40.84 -, BVerwGE 74, 1 <4>).
23 
Eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr, die ein rechtliches Interesse an der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen zu begründen geeignet wäre, hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint. Ein ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung ist hier indessen zu bejahen.
24 
Die Klägerinnen berufen sich hier zunächst auf ein Rehabilitierungsinteresse wegen diskriminierender Wirkung der behördlichen Maßnahme. Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht hierfür allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne aber nicht automatisch folgt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6). Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.11.1980 - 7 C 18.79 -, BVerwGE 61, 164 <166>; Urteil vom 19.03.1992 - 5 C 44.87 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 244; Urteil des erkennenden Senats vom 08.05.1989 - 1 S 722/88 -, NVwZ 1990, 378). Ob die Klägerinnen in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6, m.w.N.) in diesem Sinne noch merkliche ungünstige Nachwirkungen im beruflichen oder gesellschaftlichen Bereich plausibel dargetan haben, erscheint fraglich, kann hier aber dahinstehen. Denn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art ist nicht auf eine Rehabilitation im engem Sinn beschränkt; unter Beachtung verfassungsrechtlicher Garantien ist das Rechtsschutzinteresse bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen nicht nur dann gegeben, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, eine fortwirkenden Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.
25 
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein schutzwürdiges ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung nicht nur in Fällen in Betracht kommt, in denen abträgliche Nachwirkungen der erledigten Verwaltungsmaßnahme fortbestehen. Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erfordern, das Feststellungsinteresse anzuerkennen. Hierzu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegen-stand haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1999 - 1 C 12.97 -, NVwZ 1999, 991; Urteil vom 29.04.1997 - 1 C 2.95 -, NJW 1997, 2543, jeweils m.w.N.; Urteil des erkennenden Senats vom 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005, 138 <139>). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet Art. 19 Abs. 4 GG, die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung - nicht nur im Eil-, sondern auch und gerade im Hauptsacheverfahren - in Fällen gewichtiger, allerdings in tatsächlicher Hinsicht überholter Grundrechtseingriffe zu eröffnen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann. Diese Rechtsprechung ist zwar anlässlich der Fälle sogenannter prozessualer Überholung bei Eingriffen unter Richtervorbehalt entwickelt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.12.2001 - 2 BvR 527/99 u.a. -, BVerfGE 104, 220 <233>, m.w.N.), aber nicht hierauf beschränkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 <89 ff.>; Kammerbeschluss vom 07.12.1998 - 1 BvR 831/89 -, NVwZ 1999, 290 <292>; vom 22.02.2002 - 1 BvR 300/02 -, NJW 2002, 2225).
26 
Anknüpfend an diese Grundsätze ist hier ein Feststellungsinteresse zu bejahen. Eine Verletzung von Art. 8 Abs. 1 GG können die Klägerinnen zwar nicht geltend machen; dies folgt - auch unabhängig von der rechtlichen Einordnung des aufgelösten Zeltlagers und den Vorwirkungen der Versammlungsfreiheit - schon aus dem persönlichen Schutzbereich des Grundrechts, das auch auf inländische juristische Personen i.S. von Art. 19 Abs. 3 GG nur in deren Eigenschaft als Veranstalter Anwendung finden kann (vgl. Schulze-Fielitz in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 8 Rn. 56). Auch kann sich die Klägerin zu 1 als ausländische juristische Person nicht ohne weiteres auf die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berufen; hier bedürfte es ggfs. eines Rückgriffs auf gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, um zu einer grundrechts- und rechtsschutzbezogenen Gleichbehandlung zu gelangen (siehe hierzu Wieland in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 12 Rn. 72 m.N.). Ob der zeitweilige Entzug der Nutzung ihrer Gerätschaften und Fahrzeuge nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung einen tiefgreifenden bzw. gewichtigen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht darstellt, mag - insbesondere angesichts der nur kurzen Dauer der Beschlagnahme - zweifelhaft erscheinen.
27 
Diese grundrechtsdogmatischen Überlegungen sind indessen im Ergebnis nicht ausschlaggebend, denn eine solchermaßen isolierte Betrachtungsweise wird nach Ansicht des Senats der vorliegenden Fallkonstellation nicht gerecht. Eine spezifische Grundrechtsverletzung wird, soweit von einer fortwirkenden Rechtsbeeinträchtigung abgesehen werden soll, in der Regel zu Recht gefordert, da anderenfalls wegen der durch Art. 2 Abs. 1 GG umfassend grundrechtlich geschützten Freiheitssphäre des Bürgers für die besonderen Anforderungen an das Rechtsschutzbedürfnis bei erledigtem Verwaltungshandeln letztlich kein Raum mehr bliebe (vgl. Schmidt-Aßmann in: Maunz-Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 245). Einem Rechtsstreit kann aber - bei Wahrung dieser Grundentscheidung - auch dann eine solche Bedeutung zukommen, dass unter rechtsstaatlichen Aspekten ein großzügiger Zugang zur gerichtlichen Kontrolle angezeigt erscheint, wenn das beanstandete polizeiliche Vorgehen Teil eines komplexen Maßnahmenkatalogs ist. Dies ist hier der Fall. Denn die geltend gemachten Rechtsverletzungen, die als solche nicht bloß geringfügig sind, werden maßgeblich davon geprägt, dass sie im Zusammenhang mit der behördlichen Reaktion auf eine damals viel beachtete (Groß-)Demonstration stehen, die für die Klägerinnen angesichts ihres Selbstverständnisses eine große Symbolkraft besaß. Ein öffentliches Interesse an einer rechtlichen Überprüfung des polizeilichen Handelns kann als solches ein Rechtsschutzinteresse zwar nicht begründen; reflexhaft kommt es den Klägerinnen jedoch zugute, indem vor diesem Hintergrund die Anforderungen an dessen Vorliegen herabgesetzt werden.
28 
2. Die Klagen sind nicht begründet. Die Beschlagnahmeverfügung hat die Klägerinnen nicht in ihren Rechten verletzt; sie war formell und materiell rechtmäßig.
29 
a. Das Landratsamt als Kreispolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 2, § 62 Abs. 3 PolG, § 13 Abs. 1 Nr. 1 LVG) war für den Erlass der Beschlagnahmeverfügung, die ihre Ermächtigungsgrundlage als sogenannte polizeirechtliche Standardmaßnahme in § 33 PolG findet, zuständig.
30 
Als Versammlungsbehörde nach der Verordnung des Innenministeriums über Zuständigkeiten nach dem Versammlungsgesetz - VersGZuVO - (vom 25.05.1977, GBl. S. 196, zuletzt geändert durch Verordnung vom 17.06.1997, GBl. 278) war das Landratsamt hier allerdings nicht zur Entscheidung berufen.
31 
Aus der genannten Verordnung folgt nicht, dass die Zuständigkeit für alle im Umfeld einer Versammlung erforderlichen polizeilichen Maßnahmen in der Hand der Kreispolizeibehörde als Versammlungsbehörde konzentriert werden. Sie beschränkt deren Zuständigkeit zum einen auf die Durchführung des Versammlungsgesetzes, d.h. auf Maßnahmen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Versammlungsgesetz findet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1), zum anderen auf Maßnahmen auf Grund des Polizeigesetzes, die der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Vorschriften und Anordnungen dienen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2); hierzu zählen insbesondere Auflagen als sogenannte Minus-Maßnahmen i. S. von § 15 VersG. Eine Maßnahme, die an versammlungsrechtliche Anordnungen anknüpft, liegt hier nicht vor.
32 
Die Auflösung des Zeltlagers wurde zu Recht nicht auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes verfügt. Denn das Camp erfüllte die Voraussetzungen des Rechtsbegriffs der Versammlung, die durch den Zweck gemeinsamer Meinungsbildung und -kundgabe geprägt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <343 ff.>, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <104>), nicht; vielmehr diente es als Obdach seiner Bewohner und als Ausgangsbasis für die in den folgenden Tagen beabsichtigten Demonstrationen, die ihrerseits auf die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit abzielten (siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 23.09.1991 - 5 B 254/91 -, NVwZ-RR 1992, 360). Wollte man allein in der Anwesenheit der Lagerbewohner eine Art „konkludente Solidaritätsadresse“ zugunsten der Demonstrationsteilnehmer erblicken, verlöre das Erfordernis der gemeinschaftlichen Meinungsäußerung jegliche Konturen (siehe hierzu auch das den Beteiligten bekannte Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 -). Die Beschlagnahme als Folgemaßnahme diente demnach auch nicht der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Anordnungen.
33 
Dieser rechtlichen Einordnung steht nicht entgegen, dass das Zeltlager als „logistische Basis“ einen engen Bezug zu den gegen den Castor-Transport gerichteten Versammlungen hatte, die ungeachtet der beabsichtigten Blockade-Aktionen weiterhin als i. S. v. Art. 8 Abs. 1 GG friedliche Demonstrationen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit standen (BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <105 f.>).
34 
Zwar hat das Grundrecht der Versammlungsfreiheit im Interesse seiner Effektuierung auch Vorwirkungen. Die genaue Reichweite des grundrechtlichen Vorfeldschutzes ist aber für die einfachgesetzliche Frage der behördlichen Zuständigkeit ohne Bedeutung. Denn der zeitliche Geltungsbereich des Versammlungsgesetzes setzt - vorbehaltlich einer abweichenden ausdrücklichen Regelung (siehe insbes. § 17a VersG) - nach der Rechtsprechung des Senats im Interesse einer klaren Zäsur den Beginn der Versammlung voraus (Urteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, NVwZ 1998, 761 <763>).
35 
Das Landratsamt als die der originär - als allgemeine Polizeibehörde -zuständigen Ortspolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 4, § 62 Abs. 4 Satz 1, § 66 Abs. 2 PolG) übergeordnete Fachaufsichtsbehörde (§ 64 Nr. 3 b PolG) konnte sich aber auf eine Eilzuständigkeit nach § 67 Abs. 1 PolG stützen.
36 
Der Anwendungsbereich des Polizeigesetzes war hier eröffnet. Inwieweit das Polizeigesetz bei Vorfeldmaßnahmen, die den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG berühren, insbesondere wegen der Anforderungen des Zitiergebotes (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG) nur eingeschränkt anwendbar ist (siehe hierzu Deger, NVwZ 1999, 265 <267>; Kniesel, NJW 2000, 2857 <2862 f.>), kann hier offenbleiben. Denn ungeachtet der inhaltlichen Nähe zu den geplanten Demonstrationen ist das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht berührt. Art. 8 Abs. 1 GG schützt den gesamten Vorgang des Sichversammelns, wozu auch der Zugang und die Anreise zu einer bevorstehenden bzw. sich bildenden Versammlung gehört (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <349>; Beschluss vom 11.06.1991 - 1 BvR 772/90 -, BVerfGE 84, 203 <209>). Demnach sind z.B. Behinderungen der Anfahrt und schleppende vorbeugende Kontrollen mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar. Eine weitere Ausdehnung des Schutzbereichs des Art. 8 Abs. 1 GG ist aber nicht gerechtfertigt. Insbesondere eine - wie hier - feste „Infrastruktur“ fällt nicht mehr unter den Schutz des Grundrechts; denn sie ist für die eigentliche Versammlung nicht mehr funktional notwendig (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 16.12.1993 - 1 S 1957/93 -, NVwZRR 1994, 370; OVG Berlin, Beschluss vom 08.07.1999 -1 SN 63/99 -, LKV 1999, 372 <373>, zur straßenrechtlichen Erlaubnispflicht von Imbissständen; Schulze-Fielitz, a.a.O. , Art. 8 Rn 34). Folglich ist es nicht gerechtfertigt, insoweit Erlaubnisvorbehalte - sowie nachfolgend Eingriffsmöglichkeiten - außerhalb des Versammlungsgesetzes zu suspendieren und die Beachtung der dort geregelten rechtlichen Vorgaben der bloß abwägenden Berücksichtigung der Versammlungsbehörde zu überlassen (vgl. Kanther, NVwZ 2001, 1239 <1242>; Dietlein, NVwZ 1992, 1066).
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Nach § 67 Abs. 1 PolG kann die Fachaufsichtsbehörde die polizeilichen Aufgaben wahrnehmen, wenn bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden der zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar erscheint. Gefahr im Verzug liegt hierbei vor, wenn zur Verhinderung eines drohenden Schadens sofort eingeschritten werden muss, weil ein Abwarten bis zum Eingreifen der an sich zuständigen Behörde den Erfolg der notwendigen Maßnahme erschweren oder vereiteln würde. Entscheidend sind hierbei die Verhältnisse und der Erkenntnisstand im Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahme; der Begriff „Gefahr in Verzug“ darf dabei nicht zu eng ausgelegt werden, da eine effiziente Gefahrenabwehr nicht durch Zuständigkeitsprobleme erschwert oder verhindert werden darf. Dabei kommt es gerade nicht auf eine objektive Unerreichbarkeit der sachlich zuständigen Polizeibehörde an; es genügt vielmehr, dass es für die Fachaufsichtsbehörde den Anschein hat, die an sich zuständige Polizeibehörde sei nicht erreichbar. Diese Einschätzung der handelnden Behörde kann gerichtlich nur beanstandet werden, wenn sie offensichtlich von unzutreffenden Voraussetzungen ausgeht, die sich bereits im Zeitpunkt der Entscheidung erkennen ließen (vgl. Urteil des Senats vom 14.12.1989 - 1 S 799/89 -, NJW 1990, 1618 zu § 46 Abs. 2 Nr. 2 PolG a.F. <§ 60 Abs. 2 PolG>). Nach diesen Vorgaben ist es von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt die Zuständigkeit für die Beschlagnahme in Anspruch genommen hat.
38 
Nach den Schilderungen des vom Senat in der mündlichen Verhandlung angehörten Einsatzleiters der Polizei war die Kreispolizeibehörde bereits kurze Zeit nach Erlass der Räumungsverfügung, etwa gegen 16:00 Uhr, zur Überzeugung gelangt, dass eine Beschlagnahme der Küchen zur Gefahrenabwehr erforderlich sei. Diese Einschätzung beruhte in erster Linie auf den Einlassungen eines Vertreters der Klägerinnen, wonach diese die Kampagne, falls gewünscht, weiterhin unterstützen wollten. Es spricht zwar vieles dafür, im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 - zur Zuständigkeit für den Erlass der Räumungsverfügung auch für die folgende Zeit davon auszugehen, dass der Bürgermeister der Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen weiterhin i. S. v. § 67 Abs. 1 PolG erreichbar war; er war damals mit der Sachlage vertraut und ist auch in die Erörterungen zur beabsichtigten Beschlagnahme mit einbezogen worden. Allein auf diesen Zeitpunkt bezogen kann die hier streitige Zuständigkeitsfrage aber nicht beantwortet werden. Denn die interne Willensbildung der Polizeibehörde ist für die Frage der örtlichen Zuständigkeit nicht entscheidend. Vielmehr bestimmt sich diese nach den Gegebenheiten im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Verfügung; wirksam geworden ist die Beschlagnahme erst mit der um ca. 19:30 Uhr erfolgten Bekanntgabe, als die Fahrzeuge auf der Bundesstraße 36 auf dem Gebiet der Gemeinde Waghäusel in Richtung Süden fuhren. Der Bürgermeister von Waghäusel als das für die grundsätzlich zuständige Ortspolizeibehörde handelnde Organ war indessen Sinne von § 67 Abs. 1 PolG nicht rechtzeitig erreichbar.
39 
Der Zeitpunkt und der Ort des polizeilichen Einschreitens war hier durch die polizeitaktische Erwägung bestimmt, die Küchenfahrzeuge, soweit ein Verbleiben im Landkreis Karlsruhe nicht auszuschließen war, erst in räumlicher Entfernung vom Lagerplatz zu beschlagnahmen; damit sollte im Interesse der Deeskalation eine unter Umständen gewalttätige Solidarisierung durch die Bewohner des Lagers vermieden werden. Diese Erwägungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Da den Klägerinnen bei ihrem Abzug vom Lagerplatz eines Fahrtroute nicht vorgegeben wurde und der konkrete Ort des polizeilichen Zugriffs letztlich auch von verkehrstechnischen Erfordernissen bestimmt war, hätte die Wahrung der gesetzlich für den Regelfall vorgesehenen Zuständigkeitsordnung außer der Unterrichtung des Bürgermeisters von Oberhausen-Rheinhausen noch die Einbindung von - mindestens - drei weiteren Bürgermeistern - nämlich denen von Philippsburg, Waghäusel und Altlussheim - erforderlich gemacht, die dann - schon „auf Vorrat“ - eine Beschlagnahmeverfügung hätten vorbereiten müssen für den Fall, dass sich auf ihrer Gemarkung der Handlungsbedarf einstellt. Ein solches Vorgehen war jedoch angesichts der Dringlichkeit der Lage nicht angezeigt; es war bereits nicht abzuschätzen, wie lange der Abbau der Küchenzelte und die Verladung der Gerätschaften dauern werde, so dass eine rechtzeitige Reaktion der örtlich zuständigen Ortspolizeibehörde, die sich mit der Situation und deren polizeirechtliche Bewertung erst hätte vertraut machen müssen, nicht gewährleistet gewesen wäre.
40 
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen waren die polizeitaktischen Überlegungen nicht darauf beschränkt, im Interesse größtmöglicher Wahrung der Zuständigkeitsordnung die Beschlagnahme zwar in gewisser räumlicher Entfernung vom Lagerplatz, aber noch auf dem Gebiet der Gemeinde Rheinhausen-Oberhausen anzuordnen. Zum einen wäre den Klägerinnen damit von vornherein die Möglichkeit genommen worden, den Landkreis Karlsruhe in Richtung Norden zu verlassen und so einer Beschlagnahme zu entgehen; mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wäre das nicht vereinbar. Wird - wie tatsächlich geschehen - auf der Bundesstraße 36 die Fahrtrichtung Süden gewählt, so könnte mit dieser Vorgabe den verkehrstechnischen Erfordernissen nicht in angemessener Weise Rechnung getragen werden, da hier das Gemeindegebiet schon wenige 100 Meter nach der Einmündung der von Oberhausen kommenden Kreisstraße 3537 endet. Zum anderen wird mit der Ansicht der Klägerinnen die Gefahr eines Missbrauchs überbewertet. Die Behörde, die sich auf einen Zuständigkeitswechsel wegen Gefahr im Verzug beruft, darf diese Gefahr zwar nicht bewusst herbeiführen, um eine ansonsten nicht gegebene Zuständigkeit zu begründen. Dies unterliegt dann einer strengen gerichtlichen Kontrolle, wenn die Zuständigkeitsverlagerung mit dem Verlust besonderer Schutzvorkehrungen für den Betroffenen einhergeht, was insbesondere bei Eingriffen gilt, die im Regelfall unter Richtervorbehalt stehen (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142 <155 ff.>). Geht es demgegenüber lediglich um eine Abweichung von der instanziellen Behördenzuständigkeit, kommt der Effektivität der Gefahrenabwehr bei der Ausfüllung der Rechtsbegriffe ein deutlich größeres Gewicht zu.
41 
b. Die Beschlagnahme war auch materiell rechtmäßig.
42 
Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG kann die Polizei eine Sache u. a. dann beschlagnahmen, wenn dies zum Schutz eines einzelnen oder des Gemeinwesens gegen einen unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist. Diese Voraussetzungen lagen auf der Grundlage der Erkenntnisse im Zeitpunkt des Erlasses der Beschlagnahmeverfügung vor; dies hat bereits das Verwaltungsgericht Karlsruhe in seinem Beschluss vom 20.10.2000 - 4 K 2891/00 - im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dargelegt.
43 
Aufgrund der Einlassungen der Koordinatoren der Kampagne „x 1000 mal quer“, die in generalstabsmäßiger Art und Weise eine Verhinderung der von ihr befürchteten Castor-Transporte anstrebte, stand zu erwarten, dass nach Räumung des Zeltlagers in Oberhausen-Rheinhausen an anderer Stelle wiederum - insbesondere unter Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften - ein Zeltlager zum Zwecke der logistischen Unterstützung auch gewaltbereiter Demonstrationsteilnehmer errichtet würde.
44 
Vor diesem Hintergrund war schließlich auch die Einschätzung des Landratsamts, dass sich die Klägerinnen ebenfalls an der Errichtung eines neuen Lager beteiligen würden, was es durch die Beschlagnahme zu verhindern galt, nicht fehlsam. Denn nach der Aussage des Einsatzleiters der Polizei hat sich der Ansprechpartner auf Seiten der Klägerinnen dahingehend eingelassen, dass sie nebst ihren Einrichtungen den Camp-Bewohnern weiterhin unterstützend zur Verfügung stehen wollten. Die auf dieser Aussage eines Vertreters der Klägerinnen gestützte Gefahrenprognose beruhte entgegen ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht nicht auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage. Die Klägerinnen haben insoweit geltend gemacht, die Aussage, weiterhin den Camp-Bewohnern zur Verfügung stehen zu wollen, habe sich nicht auf ein Lager wie das soeben aufgelöste bezogen, sondern auf ein „Zusammensein in anderer Form“, das gegebenenfalls von der Polizei geduldet würde. Ein solches Verständnis der Aussage lag aus der damaligen Perspektive indessen fern; denn die Gespräche mit den Klägerinnen fanden immer vor dem Hintergrund der Räumungsverfügung statt, in der auch die Errichtung eines Zeltlagers an anderer Stelle untersagt worden war. Folglich war vor dem Verständnishorizont der Behörde die von den Klägerinnen erklärte Bereitschaft, die Camp-Bewohner weiterhin zu unterstützen, auf die Errichtung eines neuen Lagers gemünzt. Auf die Möglichkeit eines anderen Verständnisses hätten die Klägerinnen ausdrücklich hinweisen müssen. Auf die von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung unter Beweis gestellten Tatsachen kommt es demnach nicht an, so dass der Senat dem Beweisantrag nicht nachkommen musste.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
46 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Sonstige Literatur

 
47 
Rechtsmittelbelehrung
48 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
49 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
50 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
51 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
52 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
53 
Beschluss
54 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.000,-- EUR festgesetzt (§ 25 Abs. 2, § 14 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F., vgl. § 72 Nr. 1 GKG i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts - Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG, BGBl. I, 2004, 718).
55 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 14. Apr. 2005 - 1 S 2362/04

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 14. Apr. 2005 - 1 S 2362/04

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 14. Apr. 2005 - 1 S 2362/04 zitiert 20 §§.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Zivilprozessordnung - ZPO | § 100 Kosten bei Streitgenossen


(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 159


Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 13 Verteilungsverfahren nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung


Über den Antrag auf Eröffnung des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr und der Auslagen für die öffentliche Bekanntmachung entschieden werden.

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Das Gerichtskostengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3047), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 5 des Gesetzes vom 12. März 2004 (BGBl. I S. 390), und Verweisungen hierauf sind weiter anzuwenden 1. in Recht

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 14 Ausnahmen von der Abhängigmachung


Die §§ 12 und 13 gelten nicht,1.soweit dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt ist,2.wenn dem Antragsteller Gebührenfreiheit zusteht oder3.wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung weder aussichtslos noch mutwillig erscheint und wenn glaubhaft g

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 14. Apr. 2005 - 1 S 2362/04 zitiert oder wird zitiert von 20 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 14. Apr. 2005 - 1 S 2362/04 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 22. Juli 2004 - 1 S 2801/03

bei uns veröffentlicht am 22.07.2004

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 6. Mai 2003 - 5 K 4439/01 - geändert. Es wird festgestellt, dass der Platzverweis des Beklagten vom 30. Oktober 2000 rechtswidrig war. Der Beklagte träg
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Verwaltungsgericht Köln Urteil, 27. Okt. 2016 - 20 K 5964/13

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 27. Jan. 2015 - 1 S 257/13

bei uns veröffentlicht am 27.01.2015

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.05.2012 - 3 K 1395/11 - geändert.Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.Die Revision wird nicht zugelas

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(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 6. Mai 2003 - 5 K 4439/01 - geändert.

Es wird festgestellt, dass der Platzverweis des Beklagten vom 30. Oktober 2000 rechtswidrig war.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines polizeilichen Platzverweises.
Vom 27.6.1999 bis zum 30.10.2000 bewohnte der Kläger gemeinsam mit seinem damaligen Lebenspartner R. M. eine Wohnung in der xxx xxx, xxx xxx. Am 26.10.2000 eröffnete der Kläger seinem Partner, R. M., dass er gedenke, zum 31.1.2001 auszuziehen. Aufgrund dieser Mitteilung kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Lebenspartnern. R. M. drohte dem Kläger, ihn nicht mehr in die Wohnung zu lassen. Der Kläger beanspruchte demgegenüber durch Schreiben eines beauftragten Rechtsanwalts vom 27.10.2000, noch bis zum 31.1.2001 in der Wohnung verbleiben zu können.
Am 30.10.2000 kam es aus Anlass der bevorstehenden Trennung erneut zu einer Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden Partnern. Nach der Darstellung des Klägers erhielt er an seinem Arbeitsplatz am frühen Nachmittag eine SMS von R. M., aus der hervorging, dass dieser sich das Leben nehmen wolle. Hierüber informierte der Kläger (um 17.30 Uhr) seine Hausärztin, Frau Dr. K. N., die durch den Kläger von mehreren zurückliegenden Suizidversuchen seines Partners wusste, und ließ sich von ihr vorsorglich eine „Verordnung von Krankenhausbehandlung“ für R. M. erteilen, die als Begründung „Suizidgefahr“ sowie „Selbst- und Fremdgefährdung“ auswies. Nach der Rückkehr des Klägers in die Wohnung um 19.30 Uhr kündigte sein Partner erneut einen Suizid an und verließ mit Rucksack und Schlaftabletten die Wohnung. Hierüber verständigte der Kläger die Polizei auf dem Polizeirevier xxx-xxx-xxx, wo er kurz vor 20.00 Uhr eintraf und dort auch die ärztliche Einweisung vorlegte. Die dortigen Beamten informierten das für das Wohngebiet zuständige Polizeirevier xxx und das Führungs- und Lagezentrum der LPD Stuttgart II, die eine Funkstreife (PHM xxx und Polizeimeisterin xxx) beauftragten, R. M. aufzusuchen, um der Angelegenheit nachzugehen. Die Besatzung des Funkstreifenwagens traf R. M. in seiner Wohnung an, nahm ihn in Gewahrsam und brachte ihn zunächst auf das Polizeirevier xxx. Von den dortigen Beamten, denen weitere zurückliegende Suizidversuche von R. M bekannt waren, wurde Kontakt zu der vom Kläger informierten Hausärztin aufgenommen, die sich bereit erklärte, R. M. zu untersuchen. Diese erklärte nach einem Gespräch mit R.M. gegenüber den Polizeibeamten, dass bei R. M. keine akute Suizidgefahr bestehe, so dass dieser in seine Wohnung zurückkehren könne. Es solle jedoch vermieden werden, dass die beiden Kontrahenten in der Nacht nochmals zusammentreffen. Als die beiden Beamten gegen 22.30 Uhr mit R. M. in die xxx xxx zurückkehrten, befand sich dort der Kläger. Da sich R. M. als Hauptmieter zu erkennen gab, forderten die Beamten den Kläger zum Verlassen der Wohnung sowie unter Androhung von Zwangsmaßnahmen zur Herausgabe des Wohnungsschlüssels auf und übergaben den Schlüssel dem Partner. Der Kläger kam dem Wohnungsverweis nach, nachdem ihm zuvor Gelegenheit gegeben worden war, einige persönlichen Sachen zusammen zu packen; er wurde von der Polizei noch bis zu seinem Fahrzeug begleitet.
Am 29.10.2001 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und die Feststellung beantragt, dass der Platzverweis vom 30.10.2000 rechtswidrig war. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, dass das polizeiliche Vorgehen rechtswidrig und insbesondere von keiner Rechtsgrundlage gedeckt sei. Nicht er, sondern sein ehemaliger Partner sei mit seinen häufigen Suizidversuchen Störer gewesen. Der Platzverweis habe ihn in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Infolge des Platzverweises sei R. M. die Möglichkeit eröffnet worden, auf sein noch in der Wohnung befindliches Eigentum zuzugreifen, was auch geschehen sei. Schließlich sei er aufgrund des Vorfalls über einen längeren Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt und habe hohe Verdienstausfälle erlitten. Das Land sei ihm deshalb zum Schadensersatz verpflichtet.
Mit Urteil vom 6.5.2003 - 5 K 4439/01 - hat das Verwaltungsgericht - dem Antrag des beklagten Landes entsprechend - die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage sei bereits unzulässig, weil der Kläger kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung habe. Insbesondere ergebe sich ein solches nicht aus dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung oder mit Blick auf die geltend gemachten Schadensersatzansprüche. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet, da das Handeln der Polizeibeamten nach §§ 1, 3 PolG rechtmäßig gewesen sei. Nach der maßgeblichen ex-ante-Betrachtung habe eine Gefahrenlage bestanden. Die Störerauswahl sei angesichts der Aussage der Ärztin und der vertraglichen Mietverhältnisse ebenfalls nicht zu beanstanden. Schließlich stelle der Platzverweis auch die adäquate Eingriffsmöglichkeit dar, da er ein milderes Mittel zum (möglichen) Mittel des Beseitigungsgewahrsams gemäß § 28 PolG sei.
Mit Beschluss vom 15.12.2003 hat der Senat auf Antrag des Klägers die Berufung zugelassen.
Zur Begründung seiner Berufung vertieft der Kläger seine Ausführungen zum Feststellungsinteresse und trägt des weiteren folgendes vor: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von einer konkreten polizeilichen Gefahr ausgegangen, denn ein weiterer Streit zwischen ihm und seinem ehemaligen Partner hätte in der fraglichen Nacht nicht mehr gedroht. Jedenfalls habe es keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben, dass es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen ihnen kommen würde. Es habe allenfalls erwogen werden können, dass es zu einem weiteren Suizidversuch durch R. M. kommen könne. Für diesen Fall wäre aber die Gefahr durch seine Anwesenheit eher verringert worden. Davon abgesehen sei auch die Auswahlentscheidung ermessensfehlerhaft getroffen worden. Denn ein Platzverweis hätte nicht ihm, sondern, wenn überhaupt, R. M. gegenüber erteilt werden müssen. Unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr sei unerheblich, wer Haupt- oder Untermieter gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 6. Mai 2003 - 5 K 4439/01 - abzuändern und festzustellen, dass der Platzverweis  des Beklagten vom 30.10.2000 rechtswidrig war.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er verteidigt die angegriffene Entscheidung und führt ergänzend aus, dass die Polizeibeamten zu Recht von einer polizeilichen Gefahr ausgegangen seien. Auch wenn eine akute Selbstmordgefahr nicht bestanden habe, so sei doch zu befürchten gewesen, dass die Situation, falls der Kläger in der Wohnung verbleibe, eskalieren könne und R.M. schließlich doch seine Selbstmorddrohung in die Tat umsetze. Dieser Gefahr habe durch eine Trennung der Partner vorgebeugt werden müssen. Gegenüber einer - auch nur zwangsweise - möglichen Einweisung von R. M. in ein Krankenhaus habe der gegenüber dem Kläger ausgesprochene Wohnungsverweis der „geringere“ Eingriff dargestellt.
13 
Dem Senat liegen die einschlägigen Behörden- und Gerichtsakten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die im Berufungszulassungs- und Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die vom Senat zugelassene und auch sonst zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg.
15 
Das Verwaltungsgericht hätte die Klage nicht abweisen dürfen. Sie ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zulässig und auch begründet; der mit der Klage angegriffene Platzverweis vom 30.10.2000 war rechtswidrig und verletzte den Kläger in seinen Rechten.
16 
Gegenstand des vom Kläger im Berufungsverfahren weiterverfolgten Klageantrags ist die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Platzverweises vom 30.10.2000. Davon umfasst ist nach dem erkennbaren Zweck seines Rechtsschutzbegehrens nicht nur der Wohnungsverweis, sondern auch das Rückkehrverbot sowie die Anordnung der Herausgabe des Schlüssels an seinen ehemaligen Lebenspartner.
17 
1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und zulässig.
18 
Bei der gegenüber dem Kläger erfolgten polizeilichen Anordnung vom 30.10.2000, die mit seinem ehemaligen Lebenspartner gemeinsam geführte Wohnung zu verlassen und den Wohnungsschlüssel an diesen herauszugeben, handelt es sich um einen Verwaltungsakt, gegen den nach erfolgloser Durchführung eines Widerspruchsverfahrens die Anfechtungsklage statthaft gewesen wäre. Dieser Verwaltungsakt hat sich jedoch vor Klageerhebung erledigt, so dass § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung findet (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 113 RdNr. 99). Dabei sind - entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts - die Wirkungen des Verwaltungsakts nicht bereits durch das Verlassen der Wohnung weggefallen. Denn die Aufforderung, die Wohnung zu verlassen, hatte zugleich ein - zeitlich nicht befristetes - Rückkehrverbot zum Inhalt. Nach den insoweit übereinstimmenden Bekundungen des Klägers und des PHM xxx in der mündlichen Verhandlung wurde das Rückkehrverbot in zeitlicher Hinsicht nicht ausdrücklich befristet, so dass darauf abzustellen ist, wie der Adressat den Verwaltungsakt nach Treu und Glauben verstehen musste bzw. durfte (analog §§ 157, 133 BGB; vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. 2003, § 35 RdNr. 19). Dem Kläger wurde hier nicht nur aufgegeben, die Wohnung zu verlassen, sondern er wurde auch aufgefordert, den Wohnungsschlüssel an seinen Partner heraus zu geben. Zudem sollte er seine persönlichen Sachen packen und er wurde, um eine Rückkehr in die Wohnung zu verhindern, zu seinem Auto gebracht. Dem Kläger und seinem früheren Partner wurde von Seiten der Polizeibeamten der Rat erteilt, am nächsten Tag die mietrechtliche Situation und den Verbleib des Klägers anwaltlich klären zu lassen, so dass der Kläger nicht davon ausgehen konnte, dass das Rückkehrverbot auf die Nacht beschränkt war. Eine derartige zeitliche Begrenzung war für den Kläger auch nicht aus den sonstigen Umständen erkennbar. Davon hätte man ausgehen können, wenn ihm die ärztliche Empfehlung, es solle vermieden werden, dass die beiden Kontrahenten in der Nacht nochmals aufeinandertreffen, sinngemäß wiedergegeben worden wäre. Dies war aber nicht der Fall. Der Kläger konnte sich nicht erinnern, dass ihm von diesem ärztlichen Rat berichtet worden wäre. Auch nach Aussage von PHM xxx in der mündlichen Verhandlung wurde dem Kläger die Erklärung der Ärztin Dr. K. N. nicht übermittelt. Der Kläger durfte daher den Platzverweis in zeitlicher Hinsicht so verstehen, dass er bis auf weiteres die Wohnung nicht wieder betreten dürfe.
19 
Der zugrundeliegende Verwaltungsakt hat sich jedoch durch Zeitablauf - spätestens zum 31.1.2001, dem Zeitpunkt, als der Kläger ohnehin die gemeinsame Wohnung verlassen wollte - erledigt.
20 
Die Fortsetzungsfeststellungsklage unterlag auch keiner Klagefrist. Hat sich ein Verwaltungsakt - wie hier - vor Eintritt der Bestandskraft erledigt, so ist eine Klage, die auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit gerichtet ist, nicht an die Fristen der §§ 74 Abs. 1 bzw. 58 Abs. 2 VwGO gebunden (BVerwG, Urteil vom 14.7.1999 - 6 C 7.98 -, VBlBW 2000, 22).
21 
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts besteht auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts.
22 
Nicht zu beanstanden ist allerdings die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass sich das berechtigte Interesse nicht unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ergebe. Nachdem der Kläger nicht mehr mit seinem ehemaligen Partner zusammen lebt und außerdem nach München umgezogen ist, lässt sich eine hinreichend bestimmte Gefahr, ein gleichartiger Verwaltungsakt werde unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut ergehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.10.1989 - 7 B 108.89 -, NVwZ 1990, 360 m.w.N.), nicht erkennen.
23 
Auch mit Blick auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen besteht entgegen der Auffassung des Klägers kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Denn ein solches wird in diesen Fällen nach ständiger Rechtsprechung nur dann anerkannt, wenn die Erledigung des Verwaltungsakts erst nach Klageerhebung eingetreten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.1.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226 f.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 8.2.1993 - 8 S 515/92 -, VBlBW 1993, 300). Denn nur dann rechtfertigt es der vom Kläger bereits entfaltete prozessuale Aufwand, die Anfechtungsklage als Fortsetzungsfeststellungsklage weiterzuführen und dem Kläger so die „Früchte“ des Prozesses zu erhalten (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 113 RdNr. 136).
24 
Dem Kläger kommt jedoch ein schutzwürdiges ideelles Interesse zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt ein ideelles Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Verwaltungsmaßnahme nicht nur in Betracht, wenn von dieser eine nachwirkende Diskriminierung ausgeht. Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, es erfordern, das Feststellungsinteresse anzuerkennen (vgl. Beschluss vom 30.4.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6 m.w.N.). Dazu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist ein Rechtsschutzinteresse über die Fälle hinaus, in denen ein gerichtliches Verfahren dazu dienen kann, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen, auch in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe gegeben, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann. Dies ist hier der Fall. Der Wohnungsverweis mit Rückkehrverbot greift erheblich in die Grundrechte u.a. der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), der Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG), der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) und in das Eigentumsrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG, dessen Schutzbereich auch das Besitzrecht des Mieters einer Wohnung umfasst (BVerfGE 89, 1 ff), ein. Da die polizeiliche Maßnahme in aller Regel auf einen kurzen Zeitraum beschränkt ist, innerhalb dessen allenfalls gerichtlicher Eilrechtsschutz in Anspruch genommen werden kann, wäre dem Betroffenen andernfalls eine gerichtliche Überprüfung der polizeilichen Maßnahme verwehrt, was mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbaren wäre (vgl. zur Möglichkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage bei Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot auch BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 22.2.2002 - 1 BvR 300/02 -,NJW 2002, 2225).
25 
2. Die Klage ist auch begründet. Die polizeiliche Anordnung vom 30.10.2000 gegenüber dem Kläger, die mit dem Lebenspartner gemeinsam geführte Wohnung zu verlassen und vorerst nicht mehr zu betreten, ist in materieller Hinsicht rechtswidrig gewesen und hat den Kläger in subjektiven Rechten verletzt.
26 
Als Ermächtigungsgrundlage kommt nur die polizeiliche Generalklausel (§ 3 i.V.m. § 1 PolG) in Betracht, da im Gegensatz zu anderen Bundesländern (vgl. den Überblick über die Rechtslage in den Ländern bei Naucke-Lömker, NJW 2002, 3525 f.; siehe ferner OVG Münster, NJW 2002, 2195 f.) der polizeiliche Verweis aus der eigenen Wohnung und das Rückkehrverbot in Baden-Württemberg weder spezialgesetzlich noch als eigenständige Standardmaßnahme geregelt worden sind.
27 
Es bestehen keine grundsätzlichen verfassungs- oder einfachrechtlichen Bedenken, die polizeiliche Generalklausel als Rechtsgrundlage für derartige Maßnahmen heranzuziehen.
28 
Es verstößt insbesondere nicht gegen die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers, einen Wohnungsverweis auf die polizeiliche Generalklausel zu stützen. Gemäß Art. 73 Nr. 3 1. Fall GG hat der Bund zwar die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für die „Freizügigkeit“. Dadurch ist jedoch eine Begrenzung des Grundrechts auf Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG, dessen Schutzbereich auch nach Auffassung des Senats bei Wohnungsverweisen mit Rückkehrverbot tangiert ist, durch Landesrecht nicht ausgeschlossen. Soweit der Senat in der Vergangenheit für Aufenthaltsverbote den Schutzbereich des Art. 11 Abs. 1 GG nicht als eröffnet betrachtet hat, wird daran nicht mehr festgehalten. Denn Art. 11 Abs. 1 GG schützt das Recht, am selbstgewählten Ort Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen; damit zielen die Maßnahmen des Wohnungsverweises mit Rückkehrverbot wie auch des Aufenthaltsverbots bei objektiver Betrachtung auf eine dahingehende Einschränkung ab (so auch die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, vgl. die Nachweise bei Schnapp, NWVBl. 2003, 484 f., Fußnote 20 sowie Wuttke, Polizeirecht und Zitiergebot, Diss. 2003, S. 60 f. mit zahlreichen weiteren Nachweisen auch zur Gegenauffassung auf S. 54 f.; a.A. auch Ruder, Platz- bzw. Hausverweis, Betretungs- und Rückkehrverbot für gewalttätige Ehepartner?, VBlBW 2002, 11 ff., <14>). Aus der Wortlautidentität des Begriffes „Freizügigkeit“ in Art. 73 Nr. 3 GG und Art. 11 Abs. 1 GG folgt jedoch nicht die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Vielmehr ist der Begriff der „Freizügigkeit“ in Art. 73 Nr. 3 GG enger auszulegen als jener des Art. 11 Abs. 1 GG (eingehende Diskussion und weitere Nachweise bei Seiler, Der polizeiliche Verweis aus der eigenen Wohnung, VBlBW 2004, 93 f. sowie bei Schnapp, a.a.O.). Für diese Auffassung spricht vor allem, dass der Kriminalvorbehalt in Art. 11 Abs. 2 GG („um strafbaren Handlungen vorzubeugen“) sich auf Landesrecht bezieht, da die Verhütung und Unterbindung strafbarer Handlungen nach allgemeinem Polizeirecht in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt. Der Gesetzesvorbehalt des Art. 11 Abs. 2 GG würde ansonsten weitgehend leer laufen. Daher ist das in die Landeskompetenz fallen Recht der Gefahrenabwehr von der Bundeskompetenz nach Art. 73 Nr. 3 GG auszunehmen.
29 
Der Vorbehalt des Parlamentsgesetzes hindert ebenfalls nicht, die polizeiliche Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage für Verweisungen aus der eigenen Wohnung anzuerkennen.
30 
Zwar werden teilweise in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 17.5.2001 - 5 K 1912/01 -, VBlBW 2002, 43) im Hinblick auf die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Wesentlichkeitstheorie (vgl. BVerfG, NJW 1998, 669, 670) Zweifel daran angemeldet, ob die polizeiliche Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage für eine Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot ausreicht und damit dem Parlamentsvorbehalt genügt. Diese rechtlichen Bedenken teilt der Senat jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. Die Regelungsmaterie „Gefahrenabwehr“ erfordert einen weiten Gestaltungsspielraum der Verwaltung und eine flexible Handhabung des ordnungsbehördlichen Instrumentariums. Gerade das Recht der Gefahrenabwehr mit seinen von Rechtsprechung und Schrifttum konkretisierten Leitlinien des Opportunitäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzips kann deshalb mit sprachlich offen gefassten Ermächtigungen auskommen, die gegebenenfalls verfassungskonform auszulegen und anzuwenden sind (vgl. auch Seiler, Der polizeiliche Verweis aus der eigenen Wohnung, VBlBW 2004, 93 f. <94>; ebenso Ruder, VBlBW 2002, 11 <14>). Bei der Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot handelt es sich zudem um eine relativ neuartige als Modellversuch angelegte polizeiliche Vorgehensweise zur Bekämpfung häuslicher Gewalt, so dass jedenfalls wegen des Experimentiercharakters für eine Übergangszeit der Rückgriff auf die Generalklausel hinzunehmen ist (vgl. auch Pieroth/Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl. 2004, § 7 RdNr. 20; Wuttke, a.a.O. S. 108 m.w.N.). Allerdings handelt es sich angesichts der Intensität des Zugriffs auf die Individualsphäre des Betroffenen auch nach Auffassung des Senats um einen Grenzfall zulässiger Ausgestaltung, weshalb eine verbleibende Zweifelsfragen klärende Normierung als Standardmaßnahme nach einer Phase der Erprobung angezeigt wäre.
31 
 
32 
Schließlich scheitert die Anwendbarkeit der polizeilichen Generalklausel nicht an der Sperrwirkung speziellerer Bundes- oder Landesgesetze. Das am 1.1.2002 in Kraft getretene Gewaltschutzgesetz vom 11.12.2001 - GewSchG - (BGBl. I, S. 3513) steht im vorliegenden Fall schon deshalb nicht entgegen, weil es zum Zeitpunkt der mündlichen Anordnung der angegriffenen Maßnahme (30.10.2000) noch nicht galt. Davon abgesehen sperrt es nicht den Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel für einen kurzfristigen Wohnungsverweis. Der polizeiliche Wohnungsverweis stellt vielmehr eine flankierende Maßnahme dar, um der Behörde in Fällen häuslicher Gewalt eine erste kurzfristige Krisenintervention zu ermöglichen und Opfern bereits vor bzw. bis zur Erreichbarkeit zivilrechtlichen Schutzes beizustehen (vgl. insoweit BVerfG, Beschluss vom 22.2.2002, a.a.O.). Es würde Sinn und Zweck des Gewaltschutzgesetzes, den Opfern häuslicher Gewalt beizustehen und deren Schutz zu verbessern, zuwider laufen, wenn hierdurch der Rückgriff auf den in aller Regel schnelleren polizeilichen Schutz, den die polizeiliche Generalklausel gewährleistet, ausgeschlossen wäre.
33 
 
34 
Stehen dem Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel nach alledem keine grundsätzlichen verfassungs- oder einfachrechtlichen Bedenken entgegen, so kommt die polizeiliche Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage für einen Wohnungsverweis mit Rückkehrverbot gleichwohl nur dann in Betracht, wenn diese wegen des Eingriffs in Art. 11 Abs. 1 GG und des Gesetzesvorbehalts in § 11 Abs. 2 GG verfassungskonform ausgelegt und angewandt wird. Nach dem qualifizierten Gesetzesvorbehalt in Art. 11 Abs. 2 GG darf das Recht auf Freizügigkeit nur durch Gesetz und u.a. nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine derartige Einschränkung erforderlich ist, „um strafbaren Handlungen vorzubeugen“. Es reicht danach nicht aus, dass die Voraussetzungen einer allgemeinen polizeilichen Gefahr im Sinne von §§ 1, 3 PolG vorliegen. Vielmehr müssen bei verfassungskonformer Auslegung der polizeilichen Generalklausel die qualifizierten Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 2 GG gegeben sein. Freizügigkeitsbeschränkende Maßnahmen wie ein Wohnungsverweis sind demnach grundsätzlich nur zur Vorbeugung strafbarer Handlungen, mithin regelmäßig nur in Fällen häuslicher Gewalt zur Verhinderung von Gewalt- und Nötigungsdelikten zulässig.
35 
Diese besonderen Voraussetzungen lagen hier nicht vor.
36 
Nach dem maßgeblichen Kenntnisstand der Polizei im Zeitpunkt ihres Einschreitens („Ex-ante-Sicht“) bestanden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass durch den Kläger Gewalttätigkeiten oder sonstige strafbare Handlungen drohten. Auch der Beklagte hat dies zu keinem Zeitpunkt behauptet. Insbesondere bestand auch kein Anlass zu der Annahme, der Kläger werde durch strafbares Tun oder Unterlassen dazu beitragen, dass sein Partner die Selbstmordandrohung realisieren würde. Vielmehr lässt die Tatsache, dass er die Selbstmorddrohung seines Partners am Nachmittag zum Anlass nahm, ärztlichen Rat einzuholen und dies bei der Polizei zu melden, darauf schließen, dass er sich der sozialen Verantwortung für seinen Partner bewusst war und gerade vermeiden wollte, dass dieser seine Selbstmorddrohung in die Tat umsetzen würde. Bestand danach keine Gefahr, dass vom Kläger selbst zum Zeitpunkt des Einschreitens die Gefahr strafbaren Verhaltens gegenüber seinem Partner ausgehen könnte, so lassen sich die angegriffenen Maßnahmen schon aus diesem Grunde nicht auf die polizeiliche Generalklausel stützen.
37 
Aber selbst wenn man den Kriminalvorbehalt des Art. 11 Abs. 2 GG so versteht, dass er nicht ausdrücklich die Verhinderung von strafbaren Handlungen gerade des durch den Wohnungsverweis Betroffenen fordert (vgl. hierzu Schnapp, a.a.O. S. 491 m.w.N.), ergibt sich nichts anderes. Angesichts der grundsätzlichen Straflosigkeit des Selbstmordversuches war auch vom Partner des Klägers keine strafbare Handlung im Sinne des Art. 11 Abs. 2 GG zu befürchten.
38 
Eine darüber hinausgehende Heranziehung der polizeilichen Generalklausel für einen Wohnungsverweis auf Fälle einer unmittelbaren Selbsttötungsgefahr eines Mitbewohners, ohne dass der vom Wohnungsverweis Betroffene sich strafbar verhält oder auch nur als Störer in Betracht kommt, ließe nach Auffassung des Senats die Eingriffsschwelle des Art. 11 Abs. 2 GG unberücksichtigt und erscheint angesichts der im Polizeigesetz geregelten Standardmaßnahme des Schutzgewahrsams gegenüber dem Selbstmordgefährdeten (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 lit. c PolG) - abgesehen von den weiteren rechtlichen Möglichkeiten nach dem Gesetz über die Unterbringung psychisch Kranker - UBG - (GBl. S.794) - auch mit Blick auf die Schutzpflicht des Staates gegenüber Lebens- und Gesundheitsgefahren nicht gerechtfertigt.
39 
Diese Frage bedarf indes für den vorliegenden Fall keiner abschließenden Erörterung. Denn es bestand zum allein maßgeblichen Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens schon keine unmittelbare Suizidgefahr bei R. M. Dies ergibt sich aus der Beurteilung der von den Polizeibeamten aufgesuchten Ärztin, die als Hausärztin mit der menschlichen und medizinischen Situation der beiden Partner vertraut war, um die zurückliegenden Suizidversuche von R. M. wusste und diesen auch am fraglichen Abend gesprochen hatte. Auch war der Partner des Klägers nach den Bekundungen der Polizeibeamten in ruhiger Verfassung und damit nicht in seiner Fähigkeit eingeschränkt, seinen Willen frei zu bestimmen.
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.  

Gründe

 
14 
Die vom Senat zugelassene und auch sonst zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg.
15 
Das Verwaltungsgericht hätte die Klage nicht abweisen dürfen. Sie ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zulässig und auch begründet; der mit der Klage angegriffene Platzverweis vom 30.10.2000 war rechtswidrig und verletzte den Kläger in seinen Rechten.
16 
Gegenstand des vom Kläger im Berufungsverfahren weiterverfolgten Klageantrags ist die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Platzverweises vom 30.10.2000. Davon umfasst ist nach dem erkennbaren Zweck seines Rechtsschutzbegehrens nicht nur der Wohnungsverweis, sondern auch das Rückkehrverbot sowie die Anordnung der Herausgabe des Schlüssels an seinen ehemaligen Lebenspartner.
17 
1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und zulässig.
18 
Bei der gegenüber dem Kläger erfolgten polizeilichen Anordnung vom 30.10.2000, die mit seinem ehemaligen Lebenspartner gemeinsam geführte Wohnung zu verlassen und den Wohnungsschlüssel an diesen herauszugeben, handelt es sich um einen Verwaltungsakt, gegen den nach erfolgloser Durchführung eines Widerspruchsverfahrens die Anfechtungsklage statthaft gewesen wäre. Dieser Verwaltungsakt hat sich jedoch vor Klageerhebung erledigt, so dass § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung findet (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 113 RdNr. 99). Dabei sind - entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts - die Wirkungen des Verwaltungsakts nicht bereits durch das Verlassen der Wohnung weggefallen. Denn die Aufforderung, die Wohnung zu verlassen, hatte zugleich ein - zeitlich nicht befristetes - Rückkehrverbot zum Inhalt. Nach den insoweit übereinstimmenden Bekundungen des Klägers und des PHM xxx in der mündlichen Verhandlung wurde das Rückkehrverbot in zeitlicher Hinsicht nicht ausdrücklich befristet, so dass darauf abzustellen ist, wie der Adressat den Verwaltungsakt nach Treu und Glauben verstehen musste bzw. durfte (analog §§ 157, 133 BGB; vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. 2003, § 35 RdNr. 19). Dem Kläger wurde hier nicht nur aufgegeben, die Wohnung zu verlassen, sondern er wurde auch aufgefordert, den Wohnungsschlüssel an seinen Partner heraus zu geben. Zudem sollte er seine persönlichen Sachen packen und er wurde, um eine Rückkehr in die Wohnung zu verhindern, zu seinem Auto gebracht. Dem Kläger und seinem früheren Partner wurde von Seiten der Polizeibeamten der Rat erteilt, am nächsten Tag die mietrechtliche Situation und den Verbleib des Klägers anwaltlich klären zu lassen, so dass der Kläger nicht davon ausgehen konnte, dass das Rückkehrverbot auf die Nacht beschränkt war. Eine derartige zeitliche Begrenzung war für den Kläger auch nicht aus den sonstigen Umständen erkennbar. Davon hätte man ausgehen können, wenn ihm die ärztliche Empfehlung, es solle vermieden werden, dass die beiden Kontrahenten in der Nacht nochmals aufeinandertreffen, sinngemäß wiedergegeben worden wäre. Dies war aber nicht der Fall. Der Kläger konnte sich nicht erinnern, dass ihm von diesem ärztlichen Rat berichtet worden wäre. Auch nach Aussage von PHM xxx in der mündlichen Verhandlung wurde dem Kläger die Erklärung der Ärztin Dr. K. N. nicht übermittelt. Der Kläger durfte daher den Platzverweis in zeitlicher Hinsicht so verstehen, dass er bis auf weiteres die Wohnung nicht wieder betreten dürfe.
19 
Der zugrundeliegende Verwaltungsakt hat sich jedoch durch Zeitablauf - spätestens zum 31.1.2001, dem Zeitpunkt, als der Kläger ohnehin die gemeinsame Wohnung verlassen wollte - erledigt.
20 
Die Fortsetzungsfeststellungsklage unterlag auch keiner Klagefrist. Hat sich ein Verwaltungsakt - wie hier - vor Eintritt der Bestandskraft erledigt, so ist eine Klage, die auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit gerichtet ist, nicht an die Fristen der §§ 74 Abs. 1 bzw. 58 Abs. 2 VwGO gebunden (BVerwG, Urteil vom 14.7.1999 - 6 C 7.98 -, VBlBW 2000, 22).
21 
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts besteht auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts.
22 
Nicht zu beanstanden ist allerdings die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass sich das berechtigte Interesse nicht unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ergebe. Nachdem der Kläger nicht mehr mit seinem ehemaligen Partner zusammen lebt und außerdem nach München umgezogen ist, lässt sich eine hinreichend bestimmte Gefahr, ein gleichartiger Verwaltungsakt werde unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut ergehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.10.1989 - 7 B 108.89 -, NVwZ 1990, 360 m.w.N.), nicht erkennen.
23 
Auch mit Blick auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen besteht entgegen der Auffassung des Klägers kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Denn ein solches wird in diesen Fällen nach ständiger Rechtsprechung nur dann anerkannt, wenn die Erledigung des Verwaltungsakts erst nach Klageerhebung eingetreten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.1.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226 f.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 8.2.1993 - 8 S 515/92 -, VBlBW 1993, 300). Denn nur dann rechtfertigt es der vom Kläger bereits entfaltete prozessuale Aufwand, die Anfechtungsklage als Fortsetzungsfeststellungsklage weiterzuführen und dem Kläger so die „Früchte“ des Prozesses zu erhalten (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 113 RdNr. 136).
24 
Dem Kläger kommt jedoch ein schutzwürdiges ideelles Interesse zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt ein ideelles Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Verwaltungsmaßnahme nicht nur in Betracht, wenn von dieser eine nachwirkende Diskriminierung ausgeht. Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, es erfordern, das Feststellungsinteresse anzuerkennen (vgl. Beschluss vom 30.4.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6 m.w.N.). Dazu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist ein Rechtsschutzinteresse über die Fälle hinaus, in denen ein gerichtliches Verfahren dazu dienen kann, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen, auch in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe gegeben, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann. Dies ist hier der Fall. Der Wohnungsverweis mit Rückkehrverbot greift erheblich in die Grundrechte u.a. der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), der Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG), der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) und in das Eigentumsrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG, dessen Schutzbereich auch das Besitzrecht des Mieters einer Wohnung umfasst (BVerfGE 89, 1 ff), ein. Da die polizeiliche Maßnahme in aller Regel auf einen kurzen Zeitraum beschränkt ist, innerhalb dessen allenfalls gerichtlicher Eilrechtsschutz in Anspruch genommen werden kann, wäre dem Betroffenen andernfalls eine gerichtliche Überprüfung der polizeilichen Maßnahme verwehrt, was mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbaren wäre (vgl. zur Möglichkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage bei Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot auch BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 22.2.2002 - 1 BvR 300/02 -,NJW 2002, 2225).
25 
2. Die Klage ist auch begründet. Die polizeiliche Anordnung vom 30.10.2000 gegenüber dem Kläger, die mit dem Lebenspartner gemeinsam geführte Wohnung zu verlassen und vorerst nicht mehr zu betreten, ist in materieller Hinsicht rechtswidrig gewesen und hat den Kläger in subjektiven Rechten verletzt.
26 
Als Ermächtigungsgrundlage kommt nur die polizeiliche Generalklausel (§ 3 i.V.m. § 1 PolG) in Betracht, da im Gegensatz zu anderen Bundesländern (vgl. den Überblick über die Rechtslage in den Ländern bei Naucke-Lömker, NJW 2002, 3525 f.; siehe ferner OVG Münster, NJW 2002, 2195 f.) der polizeiliche Verweis aus der eigenen Wohnung und das Rückkehrverbot in Baden-Württemberg weder spezialgesetzlich noch als eigenständige Standardmaßnahme geregelt worden sind.
27 
Es bestehen keine grundsätzlichen verfassungs- oder einfachrechtlichen Bedenken, die polizeiliche Generalklausel als Rechtsgrundlage für derartige Maßnahmen heranzuziehen.
28 
Es verstößt insbesondere nicht gegen die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers, einen Wohnungsverweis auf die polizeiliche Generalklausel zu stützen. Gemäß Art. 73 Nr. 3 1. Fall GG hat der Bund zwar die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für die „Freizügigkeit“. Dadurch ist jedoch eine Begrenzung des Grundrechts auf Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG, dessen Schutzbereich auch nach Auffassung des Senats bei Wohnungsverweisen mit Rückkehrverbot tangiert ist, durch Landesrecht nicht ausgeschlossen. Soweit der Senat in der Vergangenheit für Aufenthaltsverbote den Schutzbereich des Art. 11 Abs. 1 GG nicht als eröffnet betrachtet hat, wird daran nicht mehr festgehalten. Denn Art. 11 Abs. 1 GG schützt das Recht, am selbstgewählten Ort Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen; damit zielen die Maßnahmen des Wohnungsverweises mit Rückkehrverbot wie auch des Aufenthaltsverbots bei objektiver Betrachtung auf eine dahingehende Einschränkung ab (so auch die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, vgl. die Nachweise bei Schnapp, NWVBl. 2003, 484 f., Fußnote 20 sowie Wuttke, Polizeirecht und Zitiergebot, Diss. 2003, S. 60 f. mit zahlreichen weiteren Nachweisen auch zur Gegenauffassung auf S. 54 f.; a.A. auch Ruder, Platz- bzw. Hausverweis, Betretungs- und Rückkehrverbot für gewalttätige Ehepartner?, VBlBW 2002, 11 ff., <14>). Aus der Wortlautidentität des Begriffes „Freizügigkeit“ in Art. 73 Nr. 3 GG und Art. 11 Abs. 1 GG folgt jedoch nicht die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Vielmehr ist der Begriff der „Freizügigkeit“ in Art. 73 Nr. 3 GG enger auszulegen als jener des Art. 11 Abs. 1 GG (eingehende Diskussion und weitere Nachweise bei Seiler, Der polizeiliche Verweis aus der eigenen Wohnung, VBlBW 2004, 93 f. sowie bei Schnapp, a.a.O.). Für diese Auffassung spricht vor allem, dass der Kriminalvorbehalt in Art. 11 Abs. 2 GG („um strafbaren Handlungen vorzubeugen“) sich auf Landesrecht bezieht, da die Verhütung und Unterbindung strafbarer Handlungen nach allgemeinem Polizeirecht in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt. Der Gesetzesvorbehalt des Art. 11 Abs. 2 GG würde ansonsten weitgehend leer laufen. Daher ist das in die Landeskompetenz fallen Recht der Gefahrenabwehr von der Bundeskompetenz nach Art. 73 Nr. 3 GG auszunehmen.
29 
Der Vorbehalt des Parlamentsgesetzes hindert ebenfalls nicht, die polizeiliche Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage für Verweisungen aus der eigenen Wohnung anzuerkennen.
30 
Zwar werden teilweise in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 17.5.2001 - 5 K 1912/01 -, VBlBW 2002, 43) im Hinblick auf die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Wesentlichkeitstheorie (vgl. BVerfG, NJW 1998, 669, 670) Zweifel daran angemeldet, ob die polizeiliche Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage für eine Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot ausreicht und damit dem Parlamentsvorbehalt genügt. Diese rechtlichen Bedenken teilt der Senat jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. Die Regelungsmaterie „Gefahrenabwehr“ erfordert einen weiten Gestaltungsspielraum der Verwaltung und eine flexible Handhabung des ordnungsbehördlichen Instrumentariums. Gerade das Recht der Gefahrenabwehr mit seinen von Rechtsprechung und Schrifttum konkretisierten Leitlinien des Opportunitäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzips kann deshalb mit sprachlich offen gefassten Ermächtigungen auskommen, die gegebenenfalls verfassungskonform auszulegen und anzuwenden sind (vgl. auch Seiler, Der polizeiliche Verweis aus der eigenen Wohnung, VBlBW 2004, 93 f. <94>; ebenso Ruder, VBlBW 2002, 11 <14>). Bei der Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot handelt es sich zudem um eine relativ neuartige als Modellversuch angelegte polizeiliche Vorgehensweise zur Bekämpfung häuslicher Gewalt, so dass jedenfalls wegen des Experimentiercharakters für eine Übergangszeit der Rückgriff auf die Generalklausel hinzunehmen ist (vgl. auch Pieroth/Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl. 2004, § 7 RdNr. 20; Wuttke, a.a.O. S. 108 m.w.N.). Allerdings handelt es sich angesichts der Intensität des Zugriffs auf die Individualsphäre des Betroffenen auch nach Auffassung des Senats um einen Grenzfall zulässiger Ausgestaltung, weshalb eine verbleibende Zweifelsfragen klärende Normierung als Standardmaßnahme nach einer Phase der Erprobung angezeigt wäre.
31 
 
32 
Schließlich scheitert die Anwendbarkeit der polizeilichen Generalklausel nicht an der Sperrwirkung speziellerer Bundes- oder Landesgesetze. Das am 1.1.2002 in Kraft getretene Gewaltschutzgesetz vom 11.12.2001 - GewSchG - (BGBl. I, S. 3513) steht im vorliegenden Fall schon deshalb nicht entgegen, weil es zum Zeitpunkt der mündlichen Anordnung der angegriffenen Maßnahme (30.10.2000) noch nicht galt. Davon abgesehen sperrt es nicht den Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel für einen kurzfristigen Wohnungsverweis. Der polizeiliche Wohnungsverweis stellt vielmehr eine flankierende Maßnahme dar, um der Behörde in Fällen häuslicher Gewalt eine erste kurzfristige Krisenintervention zu ermöglichen und Opfern bereits vor bzw. bis zur Erreichbarkeit zivilrechtlichen Schutzes beizustehen (vgl. insoweit BVerfG, Beschluss vom 22.2.2002, a.a.O.). Es würde Sinn und Zweck des Gewaltschutzgesetzes, den Opfern häuslicher Gewalt beizustehen und deren Schutz zu verbessern, zuwider laufen, wenn hierdurch der Rückgriff auf den in aller Regel schnelleren polizeilichen Schutz, den die polizeiliche Generalklausel gewährleistet, ausgeschlossen wäre.
33 
 
34 
Stehen dem Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel nach alledem keine grundsätzlichen verfassungs- oder einfachrechtlichen Bedenken entgegen, so kommt die polizeiliche Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage für einen Wohnungsverweis mit Rückkehrverbot gleichwohl nur dann in Betracht, wenn diese wegen des Eingriffs in Art. 11 Abs. 1 GG und des Gesetzesvorbehalts in § 11 Abs. 2 GG verfassungskonform ausgelegt und angewandt wird. Nach dem qualifizierten Gesetzesvorbehalt in Art. 11 Abs. 2 GG darf das Recht auf Freizügigkeit nur durch Gesetz und u.a. nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine derartige Einschränkung erforderlich ist, „um strafbaren Handlungen vorzubeugen“. Es reicht danach nicht aus, dass die Voraussetzungen einer allgemeinen polizeilichen Gefahr im Sinne von §§ 1, 3 PolG vorliegen. Vielmehr müssen bei verfassungskonformer Auslegung der polizeilichen Generalklausel die qualifizierten Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 2 GG gegeben sein. Freizügigkeitsbeschränkende Maßnahmen wie ein Wohnungsverweis sind demnach grundsätzlich nur zur Vorbeugung strafbarer Handlungen, mithin regelmäßig nur in Fällen häuslicher Gewalt zur Verhinderung von Gewalt- und Nötigungsdelikten zulässig.
35 
Diese besonderen Voraussetzungen lagen hier nicht vor.
36 
Nach dem maßgeblichen Kenntnisstand der Polizei im Zeitpunkt ihres Einschreitens („Ex-ante-Sicht“) bestanden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass durch den Kläger Gewalttätigkeiten oder sonstige strafbare Handlungen drohten. Auch der Beklagte hat dies zu keinem Zeitpunkt behauptet. Insbesondere bestand auch kein Anlass zu der Annahme, der Kläger werde durch strafbares Tun oder Unterlassen dazu beitragen, dass sein Partner die Selbstmordandrohung realisieren würde. Vielmehr lässt die Tatsache, dass er die Selbstmorddrohung seines Partners am Nachmittag zum Anlass nahm, ärztlichen Rat einzuholen und dies bei der Polizei zu melden, darauf schließen, dass er sich der sozialen Verantwortung für seinen Partner bewusst war und gerade vermeiden wollte, dass dieser seine Selbstmorddrohung in die Tat umsetzen würde. Bestand danach keine Gefahr, dass vom Kläger selbst zum Zeitpunkt des Einschreitens die Gefahr strafbaren Verhaltens gegenüber seinem Partner ausgehen könnte, so lassen sich die angegriffenen Maßnahmen schon aus diesem Grunde nicht auf die polizeiliche Generalklausel stützen.
37 
Aber selbst wenn man den Kriminalvorbehalt des Art. 11 Abs. 2 GG so versteht, dass er nicht ausdrücklich die Verhinderung von strafbaren Handlungen gerade des durch den Wohnungsverweis Betroffenen fordert (vgl. hierzu Schnapp, a.a.O. S. 491 m.w.N.), ergibt sich nichts anderes. Angesichts der grundsätzlichen Straflosigkeit des Selbstmordversuches war auch vom Partner des Klägers keine strafbare Handlung im Sinne des Art. 11 Abs. 2 GG zu befürchten.
38 
Eine darüber hinausgehende Heranziehung der polizeilichen Generalklausel für einen Wohnungsverweis auf Fälle einer unmittelbaren Selbsttötungsgefahr eines Mitbewohners, ohne dass der vom Wohnungsverweis Betroffene sich strafbar verhält oder auch nur als Störer in Betracht kommt, ließe nach Auffassung des Senats die Eingriffsschwelle des Art. 11 Abs. 2 GG unberücksichtigt und erscheint angesichts der im Polizeigesetz geregelten Standardmaßnahme des Schutzgewahrsams gegenüber dem Selbstmordgefährdeten (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 lit. c PolG) - abgesehen von den weiteren rechtlichen Möglichkeiten nach dem Gesetz über die Unterbringung psychisch Kranker - UBG - (GBl. S.794) - auch mit Blick auf die Schutzpflicht des Staates gegenüber Lebens- und Gesundheitsgefahren nicht gerechtfertigt.
39 
Diese Frage bedarf indes für den vorliegenden Fall keiner abschließenden Erörterung. Denn es bestand zum allein maßgeblichen Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens schon keine unmittelbare Suizidgefahr bei R. M. Dies ergibt sich aus der Beurteilung der von den Polizeibeamten aufgesuchten Ärztin, die als Hausärztin mit der menschlichen und medizinischen Situation der beiden Partner vertraut war, um die zurückliegenden Suizidversuche von R. M. wusste und diesen auch am fraglichen Abend gesprochen hatte. Auch war der Partner des Klägers nach den Bekundungen der Polizeibeamten in ruhiger Verfassung und damit nicht in seiner Fähigkeit eingeschränkt, seinen Willen frei zu bestimmen.
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.  

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 6. Mai 2003 - 5 K 4439/01 - geändert.

Es wird festgestellt, dass der Platzverweis des Beklagten vom 30. Oktober 2000 rechtswidrig war.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines polizeilichen Platzverweises.
Vom 27.6.1999 bis zum 30.10.2000 bewohnte der Kläger gemeinsam mit seinem damaligen Lebenspartner R. M. eine Wohnung in der xxx xxx, xxx xxx. Am 26.10.2000 eröffnete der Kläger seinem Partner, R. M., dass er gedenke, zum 31.1.2001 auszuziehen. Aufgrund dieser Mitteilung kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Lebenspartnern. R. M. drohte dem Kläger, ihn nicht mehr in die Wohnung zu lassen. Der Kläger beanspruchte demgegenüber durch Schreiben eines beauftragten Rechtsanwalts vom 27.10.2000, noch bis zum 31.1.2001 in der Wohnung verbleiben zu können.
Am 30.10.2000 kam es aus Anlass der bevorstehenden Trennung erneut zu einer Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden Partnern. Nach der Darstellung des Klägers erhielt er an seinem Arbeitsplatz am frühen Nachmittag eine SMS von R. M., aus der hervorging, dass dieser sich das Leben nehmen wolle. Hierüber informierte der Kläger (um 17.30 Uhr) seine Hausärztin, Frau Dr. K. N., die durch den Kläger von mehreren zurückliegenden Suizidversuchen seines Partners wusste, und ließ sich von ihr vorsorglich eine „Verordnung von Krankenhausbehandlung“ für R. M. erteilen, die als Begründung „Suizidgefahr“ sowie „Selbst- und Fremdgefährdung“ auswies. Nach der Rückkehr des Klägers in die Wohnung um 19.30 Uhr kündigte sein Partner erneut einen Suizid an und verließ mit Rucksack und Schlaftabletten die Wohnung. Hierüber verständigte der Kläger die Polizei auf dem Polizeirevier xxx-xxx-xxx, wo er kurz vor 20.00 Uhr eintraf und dort auch die ärztliche Einweisung vorlegte. Die dortigen Beamten informierten das für das Wohngebiet zuständige Polizeirevier xxx und das Führungs- und Lagezentrum der LPD Stuttgart II, die eine Funkstreife (PHM xxx und Polizeimeisterin xxx) beauftragten, R. M. aufzusuchen, um der Angelegenheit nachzugehen. Die Besatzung des Funkstreifenwagens traf R. M. in seiner Wohnung an, nahm ihn in Gewahrsam und brachte ihn zunächst auf das Polizeirevier xxx. Von den dortigen Beamten, denen weitere zurückliegende Suizidversuche von R. M bekannt waren, wurde Kontakt zu der vom Kläger informierten Hausärztin aufgenommen, die sich bereit erklärte, R. M. zu untersuchen. Diese erklärte nach einem Gespräch mit R.M. gegenüber den Polizeibeamten, dass bei R. M. keine akute Suizidgefahr bestehe, so dass dieser in seine Wohnung zurückkehren könne. Es solle jedoch vermieden werden, dass die beiden Kontrahenten in der Nacht nochmals zusammentreffen. Als die beiden Beamten gegen 22.30 Uhr mit R. M. in die xxx xxx zurückkehrten, befand sich dort der Kläger. Da sich R. M. als Hauptmieter zu erkennen gab, forderten die Beamten den Kläger zum Verlassen der Wohnung sowie unter Androhung von Zwangsmaßnahmen zur Herausgabe des Wohnungsschlüssels auf und übergaben den Schlüssel dem Partner. Der Kläger kam dem Wohnungsverweis nach, nachdem ihm zuvor Gelegenheit gegeben worden war, einige persönlichen Sachen zusammen zu packen; er wurde von der Polizei noch bis zu seinem Fahrzeug begleitet.
Am 29.10.2001 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und die Feststellung beantragt, dass der Platzverweis vom 30.10.2000 rechtswidrig war. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, dass das polizeiliche Vorgehen rechtswidrig und insbesondere von keiner Rechtsgrundlage gedeckt sei. Nicht er, sondern sein ehemaliger Partner sei mit seinen häufigen Suizidversuchen Störer gewesen. Der Platzverweis habe ihn in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Infolge des Platzverweises sei R. M. die Möglichkeit eröffnet worden, auf sein noch in der Wohnung befindliches Eigentum zuzugreifen, was auch geschehen sei. Schließlich sei er aufgrund des Vorfalls über einen längeren Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt und habe hohe Verdienstausfälle erlitten. Das Land sei ihm deshalb zum Schadensersatz verpflichtet.
Mit Urteil vom 6.5.2003 - 5 K 4439/01 - hat das Verwaltungsgericht - dem Antrag des beklagten Landes entsprechend - die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage sei bereits unzulässig, weil der Kläger kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung habe. Insbesondere ergebe sich ein solches nicht aus dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung oder mit Blick auf die geltend gemachten Schadensersatzansprüche. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet, da das Handeln der Polizeibeamten nach §§ 1, 3 PolG rechtmäßig gewesen sei. Nach der maßgeblichen ex-ante-Betrachtung habe eine Gefahrenlage bestanden. Die Störerauswahl sei angesichts der Aussage der Ärztin und der vertraglichen Mietverhältnisse ebenfalls nicht zu beanstanden. Schließlich stelle der Platzverweis auch die adäquate Eingriffsmöglichkeit dar, da er ein milderes Mittel zum (möglichen) Mittel des Beseitigungsgewahrsams gemäß § 28 PolG sei.
Mit Beschluss vom 15.12.2003 hat der Senat auf Antrag des Klägers die Berufung zugelassen.
Zur Begründung seiner Berufung vertieft der Kläger seine Ausführungen zum Feststellungsinteresse und trägt des weiteren folgendes vor: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von einer konkreten polizeilichen Gefahr ausgegangen, denn ein weiterer Streit zwischen ihm und seinem ehemaligen Partner hätte in der fraglichen Nacht nicht mehr gedroht. Jedenfalls habe es keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben, dass es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen ihnen kommen würde. Es habe allenfalls erwogen werden können, dass es zu einem weiteren Suizidversuch durch R. M. kommen könne. Für diesen Fall wäre aber die Gefahr durch seine Anwesenheit eher verringert worden. Davon abgesehen sei auch die Auswahlentscheidung ermessensfehlerhaft getroffen worden. Denn ein Platzverweis hätte nicht ihm, sondern, wenn überhaupt, R. M. gegenüber erteilt werden müssen. Unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr sei unerheblich, wer Haupt- oder Untermieter gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 6. Mai 2003 - 5 K 4439/01 - abzuändern und festzustellen, dass der Platzverweis  des Beklagten vom 30.10.2000 rechtswidrig war.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er verteidigt die angegriffene Entscheidung und führt ergänzend aus, dass die Polizeibeamten zu Recht von einer polizeilichen Gefahr ausgegangen seien. Auch wenn eine akute Selbstmordgefahr nicht bestanden habe, so sei doch zu befürchten gewesen, dass die Situation, falls der Kläger in der Wohnung verbleibe, eskalieren könne und R.M. schließlich doch seine Selbstmorddrohung in die Tat umsetze. Dieser Gefahr habe durch eine Trennung der Partner vorgebeugt werden müssen. Gegenüber einer - auch nur zwangsweise - möglichen Einweisung von R. M. in ein Krankenhaus habe der gegenüber dem Kläger ausgesprochene Wohnungsverweis der „geringere“ Eingriff dargestellt.
13 
Dem Senat liegen die einschlägigen Behörden- und Gerichtsakten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die im Berufungszulassungs- und Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die vom Senat zugelassene und auch sonst zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg.
15 
Das Verwaltungsgericht hätte die Klage nicht abweisen dürfen. Sie ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zulässig und auch begründet; der mit der Klage angegriffene Platzverweis vom 30.10.2000 war rechtswidrig und verletzte den Kläger in seinen Rechten.
16 
Gegenstand des vom Kläger im Berufungsverfahren weiterverfolgten Klageantrags ist die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Platzverweises vom 30.10.2000. Davon umfasst ist nach dem erkennbaren Zweck seines Rechtsschutzbegehrens nicht nur der Wohnungsverweis, sondern auch das Rückkehrverbot sowie die Anordnung der Herausgabe des Schlüssels an seinen ehemaligen Lebenspartner.
17 
1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und zulässig.
18 
Bei der gegenüber dem Kläger erfolgten polizeilichen Anordnung vom 30.10.2000, die mit seinem ehemaligen Lebenspartner gemeinsam geführte Wohnung zu verlassen und den Wohnungsschlüssel an diesen herauszugeben, handelt es sich um einen Verwaltungsakt, gegen den nach erfolgloser Durchführung eines Widerspruchsverfahrens die Anfechtungsklage statthaft gewesen wäre. Dieser Verwaltungsakt hat sich jedoch vor Klageerhebung erledigt, so dass § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung findet (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 113 RdNr. 99). Dabei sind - entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts - die Wirkungen des Verwaltungsakts nicht bereits durch das Verlassen der Wohnung weggefallen. Denn die Aufforderung, die Wohnung zu verlassen, hatte zugleich ein - zeitlich nicht befristetes - Rückkehrverbot zum Inhalt. Nach den insoweit übereinstimmenden Bekundungen des Klägers und des PHM xxx in der mündlichen Verhandlung wurde das Rückkehrverbot in zeitlicher Hinsicht nicht ausdrücklich befristet, so dass darauf abzustellen ist, wie der Adressat den Verwaltungsakt nach Treu und Glauben verstehen musste bzw. durfte (analog §§ 157, 133 BGB; vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. 2003, § 35 RdNr. 19). Dem Kläger wurde hier nicht nur aufgegeben, die Wohnung zu verlassen, sondern er wurde auch aufgefordert, den Wohnungsschlüssel an seinen Partner heraus zu geben. Zudem sollte er seine persönlichen Sachen packen und er wurde, um eine Rückkehr in die Wohnung zu verhindern, zu seinem Auto gebracht. Dem Kläger und seinem früheren Partner wurde von Seiten der Polizeibeamten der Rat erteilt, am nächsten Tag die mietrechtliche Situation und den Verbleib des Klägers anwaltlich klären zu lassen, so dass der Kläger nicht davon ausgehen konnte, dass das Rückkehrverbot auf die Nacht beschränkt war. Eine derartige zeitliche Begrenzung war für den Kläger auch nicht aus den sonstigen Umständen erkennbar. Davon hätte man ausgehen können, wenn ihm die ärztliche Empfehlung, es solle vermieden werden, dass die beiden Kontrahenten in der Nacht nochmals aufeinandertreffen, sinngemäß wiedergegeben worden wäre. Dies war aber nicht der Fall. Der Kläger konnte sich nicht erinnern, dass ihm von diesem ärztlichen Rat berichtet worden wäre. Auch nach Aussage von PHM xxx in der mündlichen Verhandlung wurde dem Kläger die Erklärung der Ärztin Dr. K. N. nicht übermittelt. Der Kläger durfte daher den Platzverweis in zeitlicher Hinsicht so verstehen, dass er bis auf weiteres die Wohnung nicht wieder betreten dürfe.
19 
Der zugrundeliegende Verwaltungsakt hat sich jedoch durch Zeitablauf - spätestens zum 31.1.2001, dem Zeitpunkt, als der Kläger ohnehin die gemeinsame Wohnung verlassen wollte - erledigt.
20 
Die Fortsetzungsfeststellungsklage unterlag auch keiner Klagefrist. Hat sich ein Verwaltungsakt - wie hier - vor Eintritt der Bestandskraft erledigt, so ist eine Klage, die auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit gerichtet ist, nicht an die Fristen der §§ 74 Abs. 1 bzw. 58 Abs. 2 VwGO gebunden (BVerwG, Urteil vom 14.7.1999 - 6 C 7.98 -, VBlBW 2000, 22).
21 
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts besteht auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts.
22 
Nicht zu beanstanden ist allerdings die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass sich das berechtigte Interesse nicht unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ergebe. Nachdem der Kläger nicht mehr mit seinem ehemaligen Partner zusammen lebt und außerdem nach München umgezogen ist, lässt sich eine hinreichend bestimmte Gefahr, ein gleichartiger Verwaltungsakt werde unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut ergehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.10.1989 - 7 B 108.89 -, NVwZ 1990, 360 m.w.N.), nicht erkennen.
23 
Auch mit Blick auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen besteht entgegen der Auffassung des Klägers kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Denn ein solches wird in diesen Fällen nach ständiger Rechtsprechung nur dann anerkannt, wenn die Erledigung des Verwaltungsakts erst nach Klageerhebung eingetreten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.1.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226 f.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 8.2.1993 - 8 S 515/92 -, VBlBW 1993, 300). Denn nur dann rechtfertigt es der vom Kläger bereits entfaltete prozessuale Aufwand, die Anfechtungsklage als Fortsetzungsfeststellungsklage weiterzuführen und dem Kläger so die „Früchte“ des Prozesses zu erhalten (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 113 RdNr. 136).
24 
Dem Kläger kommt jedoch ein schutzwürdiges ideelles Interesse zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt ein ideelles Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Verwaltungsmaßnahme nicht nur in Betracht, wenn von dieser eine nachwirkende Diskriminierung ausgeht. Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, es erfordern, das Feststellungsinteresse anzuerkennen (vgl. Beschluss vom 30.4.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6 m.w.N.). Dazu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist ein Rechtsschutzinteresse über die Fälle hinaus, in denen ein gerichtliches Verfahren dazu dienen kann, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen, auch in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe gegeben, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann. Dies ist hier der Fall. Der Wohnungsverweis mit Rückkehrverbot greift erheblich in die Grundrechte u.a. der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), der Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG), der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) und in das Eigentumsrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG, dessen Schutzbereich auch das Besitzrecht des Mieters einer Wohnung umfasst (BVerfGE 89, 1 ff), ein. Da die polizeiliche Maßnahme in aller Regel auf einen kurzen Zeitraum beschränkt ist, innerhalb dessen allenfalls gerichtlicher Eilrechtsschutz in Anspruch genommen werden kann, wäre dem Betroffenen andernfalls eine gerichtliche Überprüfung der polizeilichen Maßnahme verwehrt, was mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbaren wäre (vgl. zur Möglichkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage bei Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot auch BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 22.2.2002 - 1 BvR 300/02 -,NJW 2002, 2225).
25 
2. Die Klage ist auch begründet. Die polizeiliche Anordnung vom 30.10.2000 gegenüber dem Kläger, die mit dem Lebenspartner gemeinsam geführte Wohnung zu verlassen und vorerst nicht mehr zu betreten, ist in materieller Hinsicht rechtswidrig gewesen und hat den Kläger in subjektiven Rechten verletzt.
26 
Als Ermächtigungsgrundlage kommt nur die polizeiliche Generalklausel (§ 3 i.V.m. § 1 PolG) in Betracht, da im Gegensatz zu anderen Bundesländern (vgl. den Überblick über die Rechtslage in den Ländern bei Naucke-Lömker, NJW 2002, 3525 f.; siehe ferner OVG Münster, NJW 2002, 2195 f.) der polizeiliche Verweis aus der eigenen Wohnung und das Rückkehrverbot in Baden-Württemberg weder spezialgesetzlich noch als eigenständige Standardmaßnahme geregelt worden sind.
27 
Es bestehen keine grundsätzlichen verfassungs- oder einfachrechtlichen Bedenken, die polizeiliche Generalklausel als Rechtsgrundlage für derartige Maßnahmen heranzuziehen.
28 
Es verstößt insbesondere nicht gegen die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers, einen Wohnungsverweis auf die polizeiliche Generalklausel zu stützen. Gemäß Art. 73 Nr. 3 1. Fall GG hat der Bund zwar die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für die „Freizügigkeit“. Dadurch ist jedoch eine Begrenzung des Grundrechts auf Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG, dessen Schutzbereich auch nach Auffassung des Senats bei Wohnungsverweisen mit Rückkehrverbot tangiert ist, durch Landesrecht nicht ausgeschlossen. Soweit der Senat in der Vergangenheit für Aufenthaltsverbote den Schutzbereich des Art. 11 Abs. 1 GG nicht als eröffnet betrachtet hat, wird daran nicht mehr festgehalten. Denn Art. 11 Abs. 1 GG schützt das Recht, am selbstgewählten Ort Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen; damit zielen die Maßnahmen des Wohnungsverweises mit Rückkehrverbot wie auch des Aufenthaltsverbots bei objektiver Betrachtung auf eine dahingehende Einschränkung ab (so auch die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, vgl. die Nachweise bei Schnapp, NWVBl. 2003, 484 f., Fußnote 20 sowie Wuttke, Polizeirecht und Zitiergebot, Diss. 2003, S. 60 f. mit zahlreichen weiteren Nachweisen auch zur Gegenauffassung auf S. 54 f.; a.A. auch Ruder, Platz- bzw. Hausverweis, Betretungs- und Rückkehrverbot für gewalttätige Ehepartner?, VBlBW 2002, 11 ff., <14>). Aus der Wortlautidentität des Begriffes „Freizügigkeit“ in Art. 73 Nr. 3 GG und Art. 11 Abs. 1 GG folgt jedoch nicht die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Vielmehr ist der Begriff der „Freizügigkeit“ in Art. 73 Nr. 3 GG enger auszulegen als jener des Art. 11 Abs. 1 GG (eingehende Diskussion und weitere Nachweise bei Seiler, Der polizeiliche Verweis aus der eigenen Wohnung, VBlBW 2004, 93 f. sowie bei Schnapp, a.a.O.). Für diese Auffassung spricht vor allem, dass der Kriminalvorbehalt in Art. 11 Abs. 2 GG („um strafbaren Handlungen vorzubeugen“) sich auf Landesrecht bezieht, da die Verhütung und Unterbindung strafbarer Handlungen nach allgemeinem Polizeirecht in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt. Der Gesetzesvorbehalt des Art. 11 Abs. 2 GG würde ansonsten weitgehend leer laufen. Daher ist das in die Landeskompetenz fallen Recht der Gefahrenabwehr von der Bundeskompetenz nach Art. 73 Nr. 3 GG auszunehmen.
29 
Der Vorbehalt des Parlamentsgesetzes hindert ebenfalls nicht, die polizeiliche Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage für Verweisungen aus der eigenen Wohnung anzuerkennen.
30 
Zwar werden teilweise in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 17.5.2001 - 5 K 1912/01 -, VBlBW 2002, 43) im Hinblick auf die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Wesentlichkeitstheorie (vgl. BVerfG, NJW 1998, 669, 670) Zweifel daran angemeldet, ob die polizeiliche Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage für eine Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot ausreicht und damit dem Parlamentsvorbehalt genügt. Diese rechtlichen Bedenken teilt der Senat jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. Die Regelungsmaterie „Gefahrenabwehr“ erfordert einen weiten Gestaltungsspielraum der Verwaltung und eine flexible Handhabung des ordnungsbehördlichen Instrumentariums. Gerade das Recht der Gefahrenabwehr mit seinen von Rechtsprechung und Schrifttum konkretisierten Leitlinien des Opportunitäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzips kann deshalb mit sprachlich offen gefassten Ermächtigungen auskommen, die gegebenenfalls verfassungskonform auszulegen und anzuwenden sind (vgl. auch Seiler, Der polizeiliche Verweis aus der eigenen Wohnung, VBlBW 2004, 93 f. <94>; ebenso Ruder, VBlBW 2002, 11 <14>). Bei der Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot handelt es sich zudem um eine relativ neuartige als Modellversuch angelegte polizeiliche Vorgehensweise zur Bekämpfung häuslicher Gewalt, so dass jedenfalls wegen des Experimentiercharakters für eine Übergangszeit der Rückgriff auf die Generalklausel hinzunehmen ist (vgl. auch Pieroth/Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl. 2004, § 7 RdNr. 20; Wuttke, a.a.O. S. 108 m.w.N.). Allerdings handelt es sich angesichts der Intensität des Zugriffs auf die Individualsphäre des Betroffenen auch nach Auffassung des Senats um einen Grenzfall zulässiger Ausgestaltung, weshalb eine verbleibende Zweifelsfragen klärende Normierung als Standardmaßnahme nach einer Phase der Erprobung angezeigt wäre.
31 
 
32 
Schließlich scheitert die Anwendbarkeit der polizeilichen Generalklausel nicht an der Sperrwirkung speziellerer Bundes- oder Landesgesetze. Das am 1.1.2002 in Kraft getretene Gewaltschutzgesetz vom 11.12.2001 - GewSchG - (BGBl. I, S. 3513) steht im vorliegenden Fall schon deshalb nicht entgegen, weil es zum Zeitpunkt der mündlichen Anordnung der angegriffenen Maßnahme (30.10.2000) noch nicht galt. Davon abgesehen sperrt es nicht den Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel für einen kurzfristigen Wohnungsverweis. Der polizeiliche Wohnungsverweis stellt vielmehr eine flankierende Maßnahme dar, um der Behörde in Fällen häuslicher Gewalt eine erste kurzfristige Krisenintervention zu ermöglichen und Opfern bereits vor bzw. bis zur Erreichbarkeit zivilrechtlichen Schutzes beizustehen (vgl. insoweit BVerfG, Beschluss vom 22.2.2002, a.a.O.). Es würde Sinn und Zweck des Gewaltschutzgesetzes, den Opfern häuslicher Gewalt beizustehen und deren Schutz zu verbessern, zuwider laufen, wenn hierdurch der Rückgriff auf den in aller Regel schnelleren polizeilichen Schutz, den die polizeiliche Generalklausel gewährleistet, ausgeschlossen wäre.
33 
 
34 
Stehen dem Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel nach alledem keine grundsätzlichen verfassungs- oder einfachrechtlichen Bedenken entgegen, so kommt die polizeiliche Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage für einen Wohnungsverweis mit Rückkehrverbot gleichwohl nur dann in Betracht, wenn diese wegen des Eingriffs in Art. 11 Abs. 1 GG und des Gesetzesvorbehalts in § 11 Abs. 2 GG verfassungskonform ausgelegt und angewandt wird. Nach dem qualifizierten Gesetzesvorbehalt in Art. 11 Abs. 2 GG darf das Recht auf Freizügigkeit nur durch Gesetz und u.a. nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine derartige Einschränkung erforderlich ist, „um strafbaren Handlungen vorzubeugen“. Es reicht danach nicht aus, dass die Voraussetzungen einer allgemeinen polizeilichen Gefahr im Sinne von §§ 1, 3 PolG vorliegen. Vielmehr müssen bei verfassungskonformer Auslegung der polizeilichen Generalklausel die qualifizierten Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 2 GG gegeben sein. Freizügigkeitsbeschränkende Maßnahmen wie ein Wohnungsverweis sind demnach grundsätzlich nur zur Vorbeugung strafbarer Handlungen, mithin regelmäßig nur in Fällen häuslicher Gewalt zur Verhinderung von Gewalt- und Nötigungsdelikten zulässig.
35 
Diese besonderen Voraussetzungen lagen hier nicht vor.
36 
Nach dem maßgeblichen Kenntnisstand der Polizei im Zeitpunkt ihres Einschreitens („Ex-ante-Sicht“) bestanden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass durch den Kläger Gewalttätigkeiten oder sonstige strafbare Handlungen drohten. Auch der Beklagte hat dies zu keinem Zeitpunkt behauptet. Insbesondere bestand auch kein Anlass zu der Annahme, der Kläger werde durch strafbares Tun oder Unterlassen dazu beitragen, dass sein Partner die Selbstmordandrohung realisieren würde. Vielmehr lässt die Tatsache, dass er die Selbstmorddrohung seines Partners am Nachmittag zum Anlass nahm, ärztlichen Rat einzuholen und dies bei der Polizei zu melden, darauf schließen, dass er sich der sozialen Verantwortung für seinen Partner bewusst war und gerade vermeiden wollte, dass dieser seine Selbstmorddrohung in die Tat umsetzen würde. Bestand danach keine Gefahr, dass vom Kläger selbst zum Zeitpunkt des Einschreitens die Gefahr strafbaren Verhaltens gegenüber seinem Partner ausgehen könnte, so lassen sich die angegriffenen Maßnahmen schon aus diesem Grunde nicht auf die polizeiliche Generalklausel stützen.
37 
Aber selbst wenn man den Kriminalvorbehalt des Art. 11 Abs. 2 GG so versteht, dass er nicht ausdrücklich die Verhinderung von strafbaren Handlungen gerade des durch den Wohnungsverweis Betroffenen fordert (vgl. hierzu Schnapp, a.a.O. S. 491 m.w.N.), ergibt sich nichts anderes. Angesichts der grundsätzlichen Straflosigkeit des Selbstmordversuches war auch vom Partner des Klägers keine strafbare Handlung im Sinne des Art. 11 Abs. 2 GG zu befürchten.
38 
Eine darüber hinausgehende Heranziehung der polizeilichen Generalklausel für einen Wohnungsverweis auf Fälle einer unmittelbaren Selbsttötungsgefahr eines Mitbewohners, ohne dass der vom Wohnungsverweis Betroffene sich strafbar verhält oder auch nur als Störer in Betracht kommt, ließe nach Auffassung des Senats die Eingriffsschwelle des Art. 11 Abs. 2 GG unberücksichtigt und erscheint angesichts der im Polizeigesetz geregelten Standardmaßnahme des Schutzgewahrsams gegenüber dem Selbstmordgefährdeten (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 lit. c PolG) - abgesehen von den weiteren rechtlichen Möglichkeiten nach dem Gesetz über die Unterbringung psychisch Kranker - UBG - (GBl. S.794) - auch mit Blick auf die Schutzpflicht des Staates gegenüber Lebens- und Gesundheitsgefahren nicht gerechtfertigt.
39 
Diese Frage bedarf indes für den vorliegenden Fall keiner abschließenden Erörterung. Denn es bestand zum allein maßgeblichen Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens schon keine unmittelbare Suizidgefahr bei R. M. Dies ergibt sich aus der Beurteilung der von den Polizeibeamten aufgesuchten Ärztin, die als Hausärztin mit der menschlichen und medizinischen Situation der beiden Partner vertraut war, um die zurückliegenden Suizidversuche von R. M. wusste und diesen auch am fraglichen Abend gesprochen hatte. Auch war der Partner des Klägers nach den Bekundungen der Polizeibeamten in ruhiger Verfassung und damit nicht in seiner Fähigkeit eingeschränkt, seinen Willen frei zu bestimmen.
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.  

Gründe

 
14 
Die vom Senat zugelassene und auch sonst zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg.
15 
Das Verwaltungsgericht hätte die Klage nicht abweisen dürfen. Sie ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zulässig und auch begründet; der mit der Klage angegriffene Platzverweis vom 30.10.2000 war rechtswidrig und verletzte den Kläger in seinen Rechten.
16 
Gegenstand des vom Kläger im Berufungsverfahren weiterverfolgten Klageantrags ist die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Platzverweises vom 30.10.2000. Davon umfasst ist nach dem erkennbaren Zweck seines Rechtsschutzbegehrens nicht nur der Wohnungsverweis, sondern auch das Rückkehrverbot sowie die Anordnung der Herausgabe des Schlüssels an seinen ehemaligen Lebenspartner.
17 
1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und zulässig.
18 
Bei der gegenüber dem Kläger erfolgten polizeilichen Anordnung vom 30.10.2000, die mit seinem ehemaligen Lebenspartner gemeinsam geführte Wohnung zu verlassen und den Wohnungsschlüssel an diesen herauszugeben, handelt es sich um einen Verwaltungsakt, gegen den nach erfolgloser Durchführung eines Widerspruchsverfahrens die Anfechtungsklage statthaft gewesen wäre. Dieser Verwaltungsakt hat sich jedoch vor Klageerhebung erledigt, so dass § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung findet (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 113 RdNr. 99). Dabei sind - entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts - die Wirkungen des Verwaltungsakts nicht bereits durch das Verlassen der Wohnung weggefallen. Denn die Aufforderung, die Wohnung zu verlassen, hatte zugleich ein - zeitlich nicht befristetes - Rückkehrverbot zum Inhalt. Nach den insoweit übereinstimmenden Bekundungen des Klägers und des PHM xxx in der mündlichen Verhandlung wurde das Rückkehrverbot in zeitlicher Hinsicht nicht ausdrücklich befristet, so dass darauf abzustellen ist, wie der Adressat den Verwaltungsakt nach Treu und Glauben verstehen musste bzw. durfte (analog §§ 157, 133 BGB; vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. 2003, § 35 RdNr. 19). Dem Kläger wurde hier nicht nur aufgegeben, die Wohnung zu verlassen, sondern er wurde auch aufgefordert, den Wohnungsschlüssel an seinen Partner heraus zu geben. Zudem sollte er seine persönlichen Sachen packen und er wurde, um eine Rückkehr in die Wohnung zu verhindern, zu seinem Auto gebracht. Dem Kläger und seinem früheren Partner wurde von Seiten der Polizeibeamten der Rat erteilt, am nächsten Tag die mietrechtliche Situation und den Verbleib des Klägers anwaltlich klären zu lassen, so dass der Kläger nicht davon ausgehen konnte, dass das Rückkehrverbot auf die Nacht beschränkt war. Eine derartige zeitliche Begrenzung war für den Kläger auch nicht aus den sonstigen Umständen erkennbar. Davon hätte man ausgehen können, wenn ihm die ärztliche Empfehlung, es solle vermieden werden, dass die beiden Kontrahenten in der Nacht nochmals aufeinandertreffen, sinngemäß wiedergegeben worden wäre. Dies war aber nicht der Fall. Der Kläger konnte sich nicht erinnern, dass ihm von diesem ärztlichen Rat berichtet worden wäre. Auch nach Aussage von PHM xxx in der mündlichen Verhandlung wurde dem Kläger die Erklärung der Ärztin Dr. K. N. nicht übermittelt. Der Kläger durfte daher den Platzverweis in zeitlicher Hinsicht so verstehen, dass er bis auf weiteres die Wohnung nicht wieder betreten dürfe.
19 
Der zugrundeliegende Verwaltungsakt hat sich jedoch durch Zeitablauf - spätestens zum 31.1.2001, dem Zeitpunkt, als der Kläger ohnehin die gemeinsame Wohnung verlassen wollte - erledigt.
20 
Die Fortsetzungsfeststellungsklage unterlag auch keiner Klagefrist. Hat sich ein Verwaltungsakt - wie hier - vor Eintritt der Bestandskraft erledigt, so ist eine Klage, die auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit gerichtet ist, nicht an die Fristen der §§ 74 Abs. 1 bzw. 58 Abs. 2 VwGO gebunden (BVerwG, Urteil vom 14.7.1999 - 6 C 7.98 -, VBlBW 2000, 22).
21 
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts besteht auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts.
22 
Nicht zu beanstanden ist allerdings die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass sich das berechtigte Interesse nicht unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ergebe. Nachdem der Kläger nicht mehr mit seinem ehemaligen Partner zusammen lebt und außerdem nach München umgezogen ist, lässt sich eine hinreichend bestimmte Gefahr, ein gleichartiger Verwaltungsakt werde unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut ergehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.10.1989 - 7 B 108.89 -, NVwZ 1990, 360 m.w.N.), nicht erkennen.
23 
Auch mit Blick auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen besteht entgegen der Auffassung des Klägers kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Denn ein solches wird in diesen Fällen nach ständiger Rechtsprechung nur dann anerkannt, wenn die Erledigung des Verwaltungsakts erst nach Klageerhebung eingetreten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.1.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226 f.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 8.2.1993 - 8 S 515/92 -, VBlBW 1993, 300). Denn nur dann rechtfertigt es der vom Kläger bereits entfaltete prozessuale Aufwand, die Anfechtungsklage als Fortsetzungsfeststellungsklage weiterzuführen und dem Kläger so die „Früchte“ des Prozesses zu erhalten (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 113 RdNr. 136).
24 
Dem Kläger kommt jedoch ein schutzwürdiges ideelles Interesse zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt ein ideelles Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Verwaltungsmaßnahme nicht nur in Betracht, wenn von dieser eine nachwirkende Diskriminierung ausgeht. Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, es erfordern, das Feststellungsinteresse anzuerkennen (vgl. Beschluss vom 30.4.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6 m.w.N.). Dazu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist ein Rechtsschutzinteresse über die Fälle hinaus, in denen ein gerichtliches Verfahren dazu dienen kann, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen, auch in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe gegeben, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann. Dies ist hier der Fall. Der Wohnungsverweis mit Rückkehrverbot greift erheblich in die Grundrechte u.a. der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), der Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG), der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) und in das Eigentumsrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG, dessen Schutzbereich auch das Besitzrecht des Mieters einer Wohnung umfasst (BVerfGE 89, 1 ff), ein. Da die polizeiliche Maßnahme in aller Regel auf einen kurzen Zeitraum beschränkt ist, innerhalb dessen allenfalls gerichtlicher Eilrechtsschutz in Anspruch genommen werden kann, wäre dem Betroffenen andernfalls eine gerichtliche Überprüfung der polizeilichen Maßnahme verwehrt, was mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbaren wäre (vgl. zur Möglichkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage bei Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot auch BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 22.2.2002 - 1 BvR 300/02 -,NJW 2002, 2225).
25 
2. Die Klage ist auch begründet. Die polizeiliche Anordnung vom 30.10.2000 gegenüber dem Kläger, die mit dem Lebenspartner gemeinsam geführte Wohnung zu verlassen und vorerst nicht mehr zu betreten, ist in materieller Hinsicht rechtswidrig gewesen und hat den Kläger in subjektiven Rechten verletzt.
26 
Als Ermächtigungsgrundlage kommt nur die polizeiliche Generalklausel (§ 3 i.V.m. § 1 PolG) in Betracht, da im Gegensatz zu anderen Bundesländern (vgl. den Überblick über die Rechtslage in den Ländern bei Naucke-Lömker, NJW 2002, 3525 f.; siehe ferner OVG Münster, NJW 2002, 2195 f.) der polizeiliche Verweis aus der eigenen Wohnung und das Rückkehrverbot in Baden-Württemberg weder spezialgesetzlich noch als eigenständige Standardmaßnahme geregelt worden sind.
27 
Es bestehen keine grundsätzlichen verfassungs- oder einfachrechtlichen Bedenken, die polizeiliche Generalklausel als Rechtsgrundlage für derartige Maßnahmen heranzuziehen.
28 
Es verstößt insbesondere nicht gegen die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers, einen Wohnungsverweis auf die polizeiliche Generalklausel zu stützen. Gemäß Art. 73 Nr. 3 1. Fall GG hat der Bund zwar die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für die „Freizügigkeit“. Dadurch ist jedoch eine Begrenzung des Grundrechts auf Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG, dessen Schutzbereich auch nach Auffassung des Senats bei Wohnungsverweisen mit Rückkehrverbot tangiert ist, durch Landesrecht nicht ausgeschlossen. Soweit der Senat in der Vergangenheit für Aufenthaltsverbote den Schutzbereich des Art. 11 Abs. 1 GG nicht als eröffnet betrachtet hat, wird daran nicht mehr festgehalten. Denn Art. 11 Abs. 1 GG schützt das Recht, am selbstgewählten Ort Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen; damit zielen die Maßnahmen des Wohnungsverweises mit Rückkehrverbot wie auch des Aufenthaltsverbots bei objektiver Betrachtung auf eine dahingehende Einschränkung ab (so auch die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, vgl. die Nachweise bei Schnapp, NWVBl. 2003, 484 f., Fußnote 20 sowie Wuttke, Polizeirecht und Zitiergebot, Diss. 2003, S. 60 f. mit zahlreichen weiteren Nachweisen auch zur Gegenauffassung auf S. 54 f.; a.A. auch Ruder, Platz- bzw. Hausverweis, Betretungs- und Rückkehrverbot für gewalttätige Ehepartner?, VBlBW 2002, 11 ff., <14>). Aus der Wortlautidentität des Begriffes „Freizügigkeit“ in Art. 73 Nr. 3 GG und Art. 11 Abs. 1 GG folgt jedoch nicht die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Vielmehr ist der Begriff der „Freizügigkeit“ in Art. 73 Nr. 3 GG enger auszulegen als jener des Art. 11 Abs. 1 GG (eingehende Diskussion und weitere Nachweise bei Seiler, Der polizeiliche Verweis aus der eigenen Wohnung, VBlBW 2004, 93 f. sowie bei Schnapp, a.a.O.). Für diese Auffassung spricht vor allem, dass der Kriminalvorbehalt in Art. 11 Abs. 2 GG („um strafbaren Handlungen vorzubeugen“) sich auf Landesrecht bezieht, da die Verhütung und Unterbindung strafbarer Handlungen nach allgemeinem Polizeirecht in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt. Der Gesetzesvorbehalt des Art. 11 Abs. 2 GG würde ansonsten weitgehend leer laufen. Daher ist das in die Landeskompetenz fallen Recht der Gefahrenabwehr von der Bundeskompetenz nach Art. 73 Nr. 3 GG auszunehmen.
29 
Der Vorbehalt des Parlamentsgesetzes hindert ebenfalls nicht, die polizeiliche Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage für Verweisungen aus der eigenen Wohnung anzuerkennen.
30 
Zwar werden teilweise in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 17.5.2001 - 5 K 1912/01 -, VBlBW 2002, 43) im Hinblick auf die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Wesentlichkeitstheorie (vgl. BVerfG, NJW 1998, 669, 670) Zweifel daran angemeldet, ob die polizeiliche Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage für eine Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot ausreicht und damit dem Parlamentsvorbehalt genügt. Diese rechtlichen Bedenken teilt der Senat jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. Die Regelungsmaterie „Gefahrenabwehr“ erfordert einen weiten Gestaltungsspielraum der Verwaltung und eine flexible Handhabung des ordnungsbehördlichen Instrumentariums. Gerade das Recht der Gefahrenabwehr mit seinen von Rechtsprechung und Schrifttum konkretisierten Leitlinien des Opportunitäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzips kann deshalb mit sprachlich offen gefassten Ermächtigungen auskommen, die gegebenenfalls verfassungskonform auszulegen und anzuwenden sind (vgl. auch Seiler, Der polizeiliche Verweis aus der eigenen Wohnung, VBlBW 2004, 93 f. <94>; ebenso Ruder, VBlBW 2002, 11 <14>). Bei der Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot handelt es sich zudem um eine relativ neuartige als Modellversuch angelegte polizeiliche Vorgehensweise zur Bekämpfung häuslicher Gewalt, so dass jedenfalls wegen des Experimentiercharakters für eine Übergangszeit der Rückgriff auf die Generalklausel hinzunehmen ist (vgl. auch Pieroth/Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl. 2004, § 7 RdNr. 20; Wuttke, a.a.O. S. 108 m.w.N.). Allerdings handelt es sich angesichts der Intensität des Zugriffs auf die Individualsphäre des Betroffenen auch nach Auffassung des Senats um einen Grenzfall zulässiger Ausgestaltung, weshalb eine verbleibende Zweifelsfragen klärende Normierung als Standardmaßnahme nach einer Phase der Erprobung angezeigt wäre.
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Schließlich scheitert die Anwendbarkeit der polizeilichen Generalklausel nicht an der Sperrwirkung speziellerer Bundes- oder Landesgesetze. Das am 1.1.2002 in Kraft getretene Gewaltschutzgesetz vom 11.12.2001 - GewSchG - (BGBl. I, S. 3513) steht im vorliegenden Fall schon deshalb nicht entgegen, weil es zum Zeitpunkt der mündlichen Anordnung der angegriffenen Maßnahme (30.10.2000) noch nicht galt. Davon abgesehen sperrt es nicht den Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel für einen kurzfristigen Wohnungsverweis. Der polizeiliche Wohnungsverweis stellt vielmehr eine flankierende Maßnahme dar, um der Behörde in Fällen häuslicher Gewalt eine erste kurzfristige Krisenintervention zu ermöglichen und Opfern bereits vor bzw. bis zur Erreichbarkeit zivilrechtlichen Schutzes beizustehen (vgl. insoweit BVerfG, Beschluss vom 22.2.2002, a.a.O.). Es würde Sinn und Zweck des Gewaltschutzgesetzes, den Opfern häuslicher Gewalt beizustehen und deren Schutz zu verbessern, zuwider laufen, wenn hierdurch der Rückgriff auf den in aller Regel schnelleren polizeilichen Schutz, den die polizeiliche Generalklausel gewährleistet, ausgeschlossen wäre.
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Stehen dem Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel nach alledem keine grundsätzlichen verfassungs- oder einfachrechtlichen Bedenken entgegen, so kommt die polizeiliche Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage für einen Wohnungsverweis mit Rückkehrverbot gleichwohl nur dann in Betracht, wenn diese wegen des Eingriffs in Art. 11 Abs. 1 GG und des Gesetzesvorbehalts in § 11 Abs. 2 GG verfassungskonform ausgelegt und angewandt wird. Nach dem qualifizierten Gesetzesvorbehalt in Art. 11 Abs. 2 GG darf das Recht auf Freizügigkeit nur durch Gesetz und u.a. nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine derartige Einschränkung erforderlich ist, „um strafbaren Handlungen vorzubeugen“. Es reicht danach nicht aus, dass die Voraussetzungen einer allgemeinen polizeilichen Gefahr im Sinne von §§ 1, 3 PolG vorliegen. Vielmehr müssen bei verfassungskonformer Auslegung der polizeilichen Generalklausel die qualifizierten Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 2 GG gegeben sein. Freizügigkeitsbeschränkende Maßnahmen wie ein Wohnungsverweis sind demnach grundsätzlich nur zur Vorbeugung strafbarer Handlungen, mithin regelmäßig nur in Fällen häuslicher Gewalt zur Verhinderung von Gewalt- und Nötigungsdelikten zulässig.
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Diese besonderen Voraussetzungen lagen hier nicht vor.
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Nach dem maßgeblichen Kenntnisstand der Polizei im Zeitpunkt ihres Einschreitens („Ex-ante-Sicht“) bestanden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass durch den Kläger Gewalttätigkeiten oder sonstige strafbare Handlungen drohten. Auch der Beklagte hat dies zu keinem Zeitpunkt behauptet. Insbesondere bestand auch kein Anlass zu der Annahme, der Kläger werde durch strafbares Tun oder Unterlassen dazu beitragen, dass sein Partner die Selbstmordandrohung realisieren würde. Vielmehr lässt die Tatsache, dass er die Selbstmorddrohung seines Partners am Nachmittag zum Anlass nahm, ärztlichen Rat einzuholen und dies bei der Polizei zu melden, darauf schließen, dass er sich der sozialen Verantwortung für seinen Partner bewusst war und gerade vermeiden wollte, dass dieser seine Selbstmorddrohung in die Tat umsetzen würde. Bestand danach keine Gefahr, dass vom Kläger selbst zum Zeitpunkt des Einschreitens die Gefahr strafbaren Verhaltens gegenüber seinem Partner ausgehen könnte, so lassen sich die angegriffenen Maßnahmen schon aus diesem Grunde nicht auf die polizeiliche Generalklausel stützen.
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Aber selbst wenn man den Kriminalvorbehalt des Art. 11 Abs. 2 GG so versteht, dass er nicht ausdrücklich die Verhinderung von strafbaren Handlungen gerade des durch den Wohnungsverweis Betroffenen fordert (vgl. hierzu Schnapp, a.a.O. S. 491 m.w.N.), ergibt sich nichts anderes. Angesichts der grundsätzlichen Straflosigkeit des Selbstmordversuches war auch vom Partner des Klägers keine strafbare Handlung im Sinne des Art. 11 Abs. 2 GG zu befürchten.
38 
Eine darüber hinausgehende Heranziehung der polizeilichen Generalklausel für einen Wohnungsverweis auf Fälle einer unmittelbaren Selbsttötungsgefahr eines Mitbewohners, ohne dass der vom Wohnungsverweis Betroffene sich strafbar verhält oder auch nur als Störer in Betracht kommt, ließe nach Auffassung des Senats die Eingriffsschwelle des Art. 11 Abs. 2 GG unberücksichtigt und erscheint angesichts der im Polizeigesetz geregelten Standardmaßnahme des Schutzgewahrsams gegenüber dem Selbstmordgefährdeten (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 lit. c PolG) - abgesehen von den weiteren rechtlichen Möglichkeiten nach dem Gesetz über die Unterbringung psychisch Kranker - UBG - (GBl. S.794) - auch mit Blick auf die Schutzpflicht des Staates gegenüber Lebens- und Gesundheitsgefahren nicht gerechtfertigt.
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Diese Frage bedarf indes für den vorliegenden Fall keiner abschließenden Erörterung. Denn es bestand zum allein maßgeblichen Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens schon keine unmittelbare Suizidgefahr bei R. M. Dies ergibt sich aus der Beurteilung der von den Polizeibeamten aufgesuchten Ärztin, die als Hausärztin mit der menschlichen und medizinischen Situation der beiden Partner vertraut war, um die zurückliegenden Suizidversuche von R. M. wusste und diesen auch am fraglichen Abend gesprochen hatte. Auch war der Partner des Klägers nach den Bekundungen der Polizeibeamten in ruhiger Verfassung und damit nicht in seiner Fähigkeit eingeschränkt, seinen Willen frei zu bestimmen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.  

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Die Kosten des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung schuldet, wer das Verfahren beantragt hat.

Die §§ 12 und 13 gelten nicht,

1.
soweit dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt ist,
2.
wenn dem Antragsteller Gebührenfreiheit zusteht oder
3.
wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung weder aussichtslos noch mutwillig erscheint und wenn glaubhaft gemacht wird, dass
a)
dem Antragsteller die alsbaldige Zahlung der Kosten mit Rücksicht auf seine Vermögenslage oder aus sonstigen Gründen Schwierigkeiten bereiten würde oder
b)
eine Verzögerung dem Antragsteller einen nicht oder nur schwer zu ersetzenden Schaden bringen würde; zur Glaubhaftmachung genügt in diesem Fall die Erklärung des zum Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalts.

Über den Antrag auf Eröffnung des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr und der Auslagen für die öffentliche Bekanntmachung entschieden werden.

Das Gerichtskostengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3047), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 5 des Gesetzes vom 12. März 2004 (BGBl. I S. 390), und Verweisungen hierauf sind weiter anzuwenden

1.
in Rechtsstreitigkeiten, die vor dem 1. Juli 2004 anhängig geworden sind; dies gilt nicht im Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach dem 1. Juli 2004 eingelegt worden ist;
2.
in Strafsachen, in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten und nach dem Strafvollzugsgesetz, wenn die über die Kosten ergehende Entscheidung vor dem 1. Juli 2004 rechtskräftig geworden ist;
3.
in Insolvenzverfahren, Verteilungsverfahren nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung und Verfahren der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung für Kosten, die vor dem 1. Juli 2004 fällig geworden sind.