Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Nov. 2006 - 1 S 2321/05

bei uns veröffentlicht am24.11.2006

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Juli 2004 - 18 K 1474/04 - geändert.

Dem Beklagten wird untersagt, zu behaupten oder zu verbreiten:

1. Ein ehemaliger Minister habe auf einer Veranstaltung der IGMG anlässlich des Opferfestes Anfang März 2001 in Ulm gesagt, man solle vorerst kein Geld mehr in die Türkei schicken. „Bei einem Verbot würde nämlich das Vermögen der FP vom türkischen Staat beschlagnahmt. Die Gelder, die bisher aus Sicherheitsgründen durch mehrere Personen überbracht worden seien, würden derzeit bei Privatpersonen sicher verwahrt.“

2. Ein IGMG-Funktionär habe bei einer Veranstaltung in Neu-Ulm am 04.06.2001 gesagt, wenn man 3 Millionen Erwachsene für die IGMG gewinnen könne, sei es kein Problem, eine Partei zu gründen und ins Parlament in Berlin einzuziehen. Man werde bereits „von vielen Linksparteien“ und deutschen Politikern unterstützt. Es werde noch fünf bis 10 Jahre dauern, aber dann würde man auch das erreichen, was man „wirklich wolle“. In Europa führe man die Auseinandersetzung mit anderen Mitteln. Hier sei Wissen und Bildung Macht, aber man könne auch anders kämpfen, sollte man nichts erreichen. Daran denke man aber im Moment nicht. Die Bedenken, dass man mit Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft die türkische verliere, zerstreute der Redner mit dem Hinweis, man könne sich jederzeit nach Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft auch die türkische wieder ausstellen lassen, es müsse aber schnell gehandelt werden.

3. Bei einer IGMG-Veranstaltung habe die Menge Sprechchöre wie „Hoca, wenn du sagst, wir sollen kämpfen, dann kämpfen wir. Wenn du sagst, wir sollen töten, dann töten wir!“, gerufen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens sowie 3/5 der Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht. Der Kläger trägt 2/5 der Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger (abgekürzt IGMG), eine Vereinigung von Muslimen hauptsächlich aus der Türkei, wendet sich gegen verschiedene Aussagen im Verfassungsschutzbericht 2001.
Der Kläger wird bereits seit den 90er Jahren vom Landesamt für Verfassungsschutz mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet. In dem im Juli 2002 veröffentlichten Verfassungsschutzbericht 2001, der im Internet-Auftritt des Landesamts weiterhin abrufbar ist, wird der Kläger in Kapitel E („Sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Ausländern“; S. 132 ff.) genannt und als türkische islamistische Vereinigung bezeichnet.
Unter anderen finden sich in dem Abschnitt über den Kläger (S. 146 ff.) folgende Ausführungen:
- Neben dem Randhinweis „Verflechtungen in die Türkei“ (S. 147) wird über Verbindungen des Klägers zur türkischen „Tugendpartei“ (Fazilet-Partisi - FP -) berichtet. Auf das dort drohende Verbot seiner „Mutterorganisation“ habe der Kläger reagiert; ein ehemaliger türkischer Minister habe auf einer Veranstaltung des Klägers im März 2001 in Ulm dazu aufgefordert, vorerst kein Geld mehr in die Türkei zu schicken, da sonst die Gefahr einer Beschlagnahme bestehe.
- Neben dem Randhinweis „statt Integration Änderungen des Systems in Deutschland angestrebt“ (S. 155) wird über Äußerungen von IGMG-Funktionären auf einer Veranstaltung in Neu-Ulm am 04.06.2001 berichtet. Diese hätten zum Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft aufgerufen, um dann durch eine eigene Partei Einfluss auf die deutsche Politik zu gewinnen; man wolle die Freiräume ausnutzen, die die deutschen Gesetze böten.
- Neben dem Randhinweis „Staatsbürgerschaftskampagne“ (S. 155 f.) wird abschließend ausgeführt, dass die Zuhörer während der Veranstaltung von „Einpeitschern“ animiert worden seien. Einblendungen des Vorsitzenden der Tugendpartei, ... ..., seien frenetisch gefeiert worden; man habe ihn mit kämpferischen Sprechchören bejubelt.
Nachdem der Kläger dem Beklagten gegenüber geltend gemacht hatte, dass diese sowie zwei weitere Äußerungen nicht der Wahrheit entsprächen, und ihn erfolglos aufgefordert hatte, diese Äußerungen zu unterlassen, hat er Klage erhoben.
Der Beklagte hat sich im Klageverfahren darauf berufen, dass die vom Kläger gerügten Passagen im Verfassungsschutzbericht 2001 im Wesentlichen auf Erkenntnissen des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz beruhten, und ein entsprechendes Behördenzeugnis des Präsidenten des Landesamts vom 30.10.2002 vorgelegt. Die Vorlage der einschlägigen Akten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz hat das Bayerische Staatsministerium des Innern unter Hinweis auf § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO abgelehnt. Aufgrund des Antrags des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 24.03.2004 - 14 S 93/04 - die Verweigerung der Aktenvorlage für rechtmäßig erklärt.
Mit Urteil vom 09.07.2004 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die zulässige Unterlassungsklage sei nicht begründet. Der Kläger könne sich zwar auf den Schutz der Ehre berufen und deswegen unwahre Tatsachenbehauptungen, insbesondere das Unterschieben von Äußerungen ohne Rücksicht auf eine Rufschädigung, abwehren. Das Gericht habe jedoch die Überzeugung gewonnen, dass die vom Kläger gerügten Tatsachenbehauptungen wahr seien. Davon könne allerdings nicht schon aufgrund der vom zuständigen Senat des Verwaltungsgerichtshofs bestätigten Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Aktenvorlage ausgegangen werden. Im Rahmen der Beweiswürdigung sei aber zu berücksichtigen, dass sich der - beweispflichtige - Beklagte deswegen in einer Art Beweisnot befindet. Der als Zeuge gehörte Bedienstete des Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz, OAR ..., habe in allgemeiner Weise überzeugend dargelegt, wie Erkenntnisse gewonnen und überprüft würden; er habe sich auch durch eigene Überprüfung aller Quellen und sonstiger Unterlagen von der Richtigkeit der Behauptungen überzeugt. Die vom Kläger unter Beweis gestellte Tatsache, dass Teilnehmer der Veranstaltungen die streitigen Äußerungen bzw. Sprechchöre nicht gehört hätten, sei unerheblich; sie sei nicht geeignet darzutun, dass die Äußerungen nicht gefallen und die Sprechchöre nicht doch skandiert worden seien. Es sei nämlich eine Vielzahl von Gründen denkbar, warum Teilnehmer einer Veranstaltung einzelne Äußerungen von Rednern bzw. Reaktionen des Publikums nicht wahrnähmen. Auf die Vernehmung des als Zeugen benannten ehemaligen türkischen Ministers könne nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO verzichtet werden angesichts der insoweit geringen Beeinträchtigung des sozialen Geltungsanspruch des Klägers und der - wegen des Zeitablaufs und der engen Beziehungen zwischen Kläger und Zeugen - erheblichen Minderung des Beweiswerts einer solchen Aussage.
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Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 17.11.2005 - 1 S 2278/04 - die Berufung zugelassen, soweit die Klage bezüglich der oben erwähnten Tatsachenbehauptungen abgewiesen worden ist. Im Übrigen hat er den Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt.
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Zur Begründung der Berufung macht der Kläger geltend, dass sein sozialer Geltungsanspruch durch die angegriffenen Tatsachenbehauptungen schon deswegen intensiv betroffen sei, weil sie im Verfassungsschutzbericht enthalten seien; dessen Funktionen würden vom Aufgabenkreis des Verfassungsschutzes bestimmt. Er werde auch durch die Erwähnung der Rede des Ministers, die er geduldet habe, und der Sprechchöre charakterisiert, so dass auch insoweit sein Geltungsanspruch tangiert sei. Der Beweiskraft des vom Beklagten vorgelegten Behördenzeugnisses stehe schon der offenkundige Mangel des Landesamts für Verfassungsschutz an türkischsprachigen Mitarbeitern entgegen. Des weiteren stehe fest, dass vom Präsidenten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz bereits Behördenzeugnisse ausgestellt worden sein, die offensichtlich Unrichtiges bekundeten. Die Aussagen des Zeugen ... seien durch dessen beschränkte Aussagegenehmigung von geringem Beweiswert. Demgegenüber könnten viele Teilnehmer der Veranstaltungen bekunden, dass die beanstandeten Äußerungen nicht gefallen seien.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Juli 2004 - 18 K 1474/04 - zu ändern und dem Beklagten zu untersagen, zu behaupten oder zu verbreiten:
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1. Ein ehemaliger Minister habe auf einer Veranstaltung der IGMG anlässlich des Opferfestes Anfang März 2001 in Ulm gesagt, man solle vorerst kein Geld mehr in die Türkei schicken. „Bei einem Verbot würde nämlich das Vermögen der FP vom türkischen Staat beschlagnahmt. Die Gelder, die bisher aus Sicherheitsgründen durch mehrere Personen überbracht worden seien, würden derzeit bei Privatpersonen sicher verwahrt.“
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2. Ein IGMG-Funktionär habe bei einer Veranstaltung in Neu-Ulm am 04.06.2001 gesagt, wenn man 3 Millionen Erwachsene für die IGMG gewinnen könne, sei es kein Problem, eine Partei zu gründen und ins Parlament in Berlin einzuziehen. Man werde bereits „von vielen Linksparteien“ und deutschen Politikern unterstützt. Es werde noch 5 bis 10 Jahre dauern, aber dann würde man auch das erreichen, was man „wirklich wolle“. In Europa führe man die Auseinandersetzung mit anderen Mitteln. Hier sei Wissen und Bildung Macht, aber man könne auch anders kämpfen, sollte man nichts erreichen. Daran denke man aber im Moment nicht. Die Bedenken, dass man mit Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft die türkische verliere, zerstreute der Redner mit dem Hinweis, man könne sich jederzeit nach Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft auch die türkische wieder ausstellen lassen, es müsse aber schnell gehandelt werden.
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3. Bei einer IGMG-Veranstaltung habe die Menge Sprechchöre wie „Hoca, wenn du sagst, wir sollen kämpfen, dann kämpfen wir. Wenn du sagst, wir sollen töten, dann töten wir!“, gerufen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er bezweifelt zum einen die Zulässigkeit der Berufung und verteidigt zum anderen das angefochtene Urteil; hierzu führt er aus: Die Wahrheit der streitigen Passagen des Verfassungsschutzberichts würden durch die verwerteten Beweismittel belegt. Anders als beim Vereinsverbot könne hier schon ein Behördenzeugnis für die richterliche Überzeugung ausschlaggebend sein, wenn es plausibel, detailliert und bestätigt sei. Das Behördenzeugnis gehe über die Angaben im Verfassungsschutzbericht hinaus und werde darüber hinaus durch die Aussage des Zeugen ... bestätigt; dieser habe die vom Kläger behaupteten Übersetzungsprobleme verneint. Die Verwertung dieses mittelbaren Beweismittels sei zulässig. An der Eignung der vom Kläger benannten Zeugen und der Erheblichkeit ihrer Einlassungen bestünden Zweifel. Schließlich bestehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch selbst dann nicht, wenn die Nichterweislichkeit der behaupteten Tatsachen unterstellt werde. Bei der Frage der geschützten Persönlichkeitsdarstellung komme es allein auf die Organe und Funktionsträger des Klägers an. Deswegen seien die Rede des Ministers als eines bloßen Gastredners und das Verhalten der Teilnehmer unbeachtlich. Des weiteren seien die behaupteten Tatsachen im Verfassungsschutzbericht für den Kläger gemessen an seinem tatsächlichen Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit nicht ansehensschädigend.
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Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung von 10 Zeugen; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift verwiesen. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Zulassungs- und Berufungsverfahren Bezug genommen. Dem Senat liegen Behörden- und Gerichtsakten aus dem Klageverfahren und dem Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes vor; sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
I.
21 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere entspricht die Berufungsbegründung den gesetzlichen Anforderungen. Der Kläger formuliert einen Berufungsantrag und trägt vor dem Hintergrund des Zulassungsbeschlusses vor, dass sein Unterlassungsbegehren aufgrund des von ihm angebotenen Zeugenbeweises Erfolg haben müsse. Damit macht der Kläger deutlich, aus welchen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Mehr ist nach § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO nicht zu verlangen.
II.
22 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die - zulässige - Klage, soweit Gegenstand des Berufungsverfahrens, zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht der im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Er wird durch die streitigen Tatsachenbehauptungen in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt; diese Rechtsverletzung, die durch die weitere Verfügbarkeit des betroffenen Verfassungsschutzberichts - jedenfalls in seiner Internet-Version - fortdauert, kann er durch das Unterlassungsbegehren abwehren.
23 
1. Der Unterlassungsanspruch findet seine Rechtsgrundlage in den Grundrechten des Klägers.
24 
a) Als juristischer Person stehen dem Kläger nach Art. 19 Abs. 3 GG die im allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) wurzelnden Schutzansprüche zu, derer auch ein Personenverband im Rahmen seines Aufgabenbereichs bedarf (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.05.1989 - 7 C 2.87 -, BVerwGE 82, 76 <79>; Dreier in: ders. , GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 2 Abs. 1 Rn. 82 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 09.10.2002 - 1 BvR 1611/96 u.a. -, BVerfGE 106, 28 <42 f.>). Hierzu zählen das Verfügungsrecht und Selbstbestimmungsrecht über die eigene Außendarstellung des Verbands sowie, damit verbunden, der Schutz des sozialen Geltungsanspruchs, der sogenannten „äußeren Ehre“ als dem Ansehen in den Augen anderer (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98 -, BVerfGE 114, 339 <346>; Dreier, a.a.O., Rn. 71, 74, 76).
25 
Nach den allgemeinen in der Rechtsprechung zum Ehrenschutz entwickelten Maßstäben ist das Persönlichkeitsrecht immer verletzt und ein Abwehranspruch gegeben, wenn dem Betroffenen Äußerungen unterschoben werden, die er so nicht getan hat; denn die Verfälschung der in seiner alleinigen Definitionsmacht stehenden Persönlichkeitsdarstellung ist nicht statthaft (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 03.06.1980 - 1 BvR 185/77 -, BVerfGE 54, 148 <155 f.> sowie Beschluss vom 10.11.1998 - 1 BvR 1531/96 -, BVerfGE 99, 185 <193 f.>). Demgegenüber steht der soziale Geltungsanspruch nicht in der ausschließlichen Konkretisierungs- und Verfügungsmacht des Betroffenen; selbst unwahre Tatsachenbehauptungen führen demnach nicht immer zu dessen Verletzung (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15.08.1989 - 1 BvR 881/89 -, NJW 1989, 3269; BVerwG, Beschluss vom 19.01.2000 - 3 B 100.99 -, NVwZ-RR 2000, 598; siehe zuletzt etwa BGH, Urteil vom 15.11.2005 - VI ZR 274/04 -, NJW 2006, 609). Die im Anschluss hieran vom Beklagten aufgeworfenen Fragen, ob die wiedergegebenen Äußerungen des Ministers und die Sprechchöre dem Kläger i.S. des Selbstdarstellungsrechts zuzurechnen sind, und wie es um das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit bestellt ist, bedürfen indessen keiner Klärung. Denn die genannten allgemeinen Grundsätze werden hier überlagert durch die Besonderheiten, die sich aus der Erwähnung der umstrittenen Äußerungen im Verfassungsschutzbericht ergeben.
26 
Der Verfassungsschutzbericht unterscheidet sich wesentlich von sonstigen staatlichen Verlautbarungen. Er zielt auf die Abwehr besonderer Gefahren; er soll die Öffentlichkeit u.a. über Bestrebungen unterrichten, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (§ 12 Satz 1, § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LVSG). Um dieser Aufgabe effektiv gerecht zu werden, stammt er von einer darauf spezialisierten und mit besonderen Befugnissen, darunter der Rechtsmacht zum Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel (§ 6 LVSG), arbeitenden Stelle. Insoweit geht eine Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht über die bloße Teilhabe staatlicher Funktionsträger an öffentlichen Auseinandersetzungen in einem freien Kommunikations- und Interaktionszusammenhang oder an der Schaffung einer hinreichenden Informationsgrundlage für eine eigenständige Entscheidungsbildung der Bürger, etwa als Marktteilnehmer, hinaus. Sie ist eine an die verbreiteten Kommunikationsinhalte anknüpfende, mittelbar belastende negative Sanktion gegen den Betroffenen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.05.2005 - 1 BvR 1072/01 -, BVerfGE 113, 63 <77 f.>). Denn angesichts der Warnfunktion des Verfassungsschutzberichts liegt bereits in der dortigen Erwähnung einer - hiernach als verfassungsfeindlich und extremistisch eingestuften - Organisation eine Ausgrenzung und Stigmatisierung des betroffenen Personenverbandes; ihr sozialer Geltungsanspruch wird durch den Vorwurf in Frage gestellt, dass sie den Grundkonsens verlassen habe, auf dem das Gemeinwesen beruht (vgl. Murswiek, NVwZ 2004, 769 <771 f.>; ders. DVBl 1997, 1021 <1028 f.>).
27 
Ein solcher Eingriff in die Rechtsstellung der Organisation ist indessen nur dann gerechtfertigt, wenn sich die Einschätzung als verfassungsfeindlich auf tatsächliche Anhaltspunkte stützen kann (§ 3 Abs. 2 Satz 2 LVSG). Die Tatsachenbehauptungen, die zur Begründung des abschließenden Werturteils über die - bzw. den Verdacht der - Verfassungsfeindlichkeit herangezogen werden, müssen demnach der Wahrheit entsprechen. Dabei ist davon auszugehen, dass grundsätzlich alle Tatsachenbehauptungen im Verfassungsschutzbericht, die sich auf die Tätigkeit und die programmatische Ausrichtung der Organisation beziehen, dazu dienen, dieses Urteil im Wege einer Gesamtschau zu tragen; nur bei ersichtlich nebensächlichen Aussagen mag eine andere Bewertung angezeigt erscheinen. Hiernach kann der Kläger hinsichtlich aller streitigen Tatsachenbehauptungen einen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht geltend machen mit der Folge, dass ihm ein Unterlassungsanspruch zusteht, soweit diese Behauptungen unwahr sind.
28 
b) Die selben Rechtsfolgen ergeben sich auch dann, wenn hier aufgrund der mittelbaren Wirkungen der Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht auch ein Eingriff in die durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützte religiöse Vereinigungsfreiheit bejaht wird. Denn das Grundrecht der Religionsfreiheit schützt gegen diffamierende, diskriminierende oder verfälschende Darstellungen einer religiösen Gemeinschaft (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.06.2002 - 1 BvR 670/91 -, BVerfGE 105, 279 <294>).
29 
2. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme kann der Senat nicht mit der für die auch hier gebotene volle richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen Gewissheit von der Wahrheit der streitigen Behauptungen ausgehen; weder die vom Kläger benannten Zeugen noch die vom Beklagten aufgebotenen - mittelbaren - Beweismittel haben den Sachverhalt letztlich aufzuklären vermocht (b). Diese Unerweislichkeit geht zu Lasten des Beklagten (a).
30 
a) Die materielle Beweislast für die Richtigkeit der streitigen Tatsachenbehauptungen liegt beim Beklagten. Dies folgt mangels ausdrücklicher abweichender Regelungen aus dem an den einschlägigen Normen des materiellen Rechts orientierten sogenannten Günstigkeitsprinzip. Danach trägt jeder Beteiligte den Rechtsnachteil für die Nichterweislichkeit der ihm günstigen Tatbestandsmerkmale (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 01.11.1993 - 7 B 190/93 -, NJW 1994, 468 m.N.); auf die letztlich von Zufälligkeiten abhängige prozessuale Rolle kommt es nicht an. Folglich hat in gleicher Weise wie im Anfechtungsrechtsstreit auch bei der Unterlassungsklage die Behörde, die rechtlich erhebliche Belastungen herbeiführen will, nach dem materiellen Angreiferprinzip die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Eingriff in die Rechtsposition des Adressaten bzw. Betroffenen darzulegen; fallbezogene Besonderheiten sind für die nach abstrakten Kriterien zu bestimmende Beweislastverteilung unbeachtlich (vgl. Dawin in: Schoch u.a. , VwGO, § 108 Rn. 99 ff.; Höfling/Rixen in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 108 Rn. 114 ff., jeweils m.w.N.). Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage nicht von privatrechtlichen Ehrenschutzprozessen; beweisbelastet für die Richtigkeit einer das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzenden Tatsachenbehauptung ist - auch nach dem hier anwendbaren Rechtsgedanken des § 186 StGB - derjenige, der sie aufstellt (siehe nur BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98 -, BVerfGE 114, 339 <352>).
31 
b) Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Dieses Regelbeweismaß der vollen richterlichen Überzeugung gilt auch im vorliegenden Verfahren; den Besonderheiten der Fallkonstellation ist im Rahmen der Beweiswürdigung Rechnung zu tragen.
32 
aa) Der beweisbelastete Beklagte befindet sich hier zwar in einem sogenannten sachtypischen Beweisnotstand. Er darf von Gesetzes wegen seine Erkenntnisse durch nachrichtendienstliche Mittel gewinnen, und muss dies um der Effektivität seiner Aufgabenerfüllung auch tun. Gerade diese Vorgehensweise erschwert es ihm aber, die gewonnenen Erkenntnisse nachprüfbar zu belegen, wenn er nicht seine zukünftige Arbeit beeinträchtigen will. Um des Schutzes seiner Erkenntnisquellen, Arbeitsweisen und Methoden der Erkenntnisgewinnung sowie der Einhaltung von Vertraulichkeitszusagen an Informanten willen ist er nach Maßgabe des § 99 VwGO befugt, die Vorlage der Akten zu verweigern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 1 BvR 385/90 -, BVerfGE 101, 106 <128>). Die Reduzierung des Beweismaßes auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ kann damit aber nicht gerechtfertigt werden. Ob der Anwendungsbereich des Regelbeweismaßes ausnahmsweise dann teleologisch reduziert werden kann, wenn anders wegen genereller Beweisschwierigkeiten das materielle Recht im Regelfall leerlaufen würde, kann dahinstehen. Denn dies ist - wenn überhaupt - nur zu erwägen, wenn ansonsten Grundrechtsgewährleistungen nicht realisiert werden könnten (vgl. Höfling/Rixen, a.a.O., § 108 Rn. 98 f. m.N.). Vielmehr sind die Schwierigkeiten der Sachverhaltsermittlung und Beweisführung auf der Ebene der konkreten Beweiswürdigung zu berücksichtigen (vgl. hierzu aus der Rspr. des BVerwG zuletzt Urteil vom 27.07.2006 - 5 C 3.05 -, Rn. 38 m.N.; Dawin, a.a.O., § 108 Rn. 56; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 108 Rn. 5, jeweils m.w.N.).
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bb) (1) Der Kläger hat die streitigen Passagen des Verfassungsschutzberichts unter Verweis auf Veranstaltungsteilnehmer, die das Gegenteil bekunden, substantiiert bestritten. Aufgrund der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme ist allerdings nicht erwiesen, dass die streitigen Äußerungen während der Veranstaltungen des Klägers nicht gefallen sind.
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Die Aussagen der vom Kläger benannten Zeugen haben den Senat nicht davon überzeugen können, dass der ehemalige türkische Minister ... während der Veranstaltung im März 2001 die im Verfassungsschutzbericht behaupteten Äußerungen nicht getan hat, die zum Beleg und als Illustration einer engen Verbindung des Klägers zu islamistischen Parteien in der Türkei dienen sollten. Auf ausdrückliche Nachfrage des Senats haben zwar alle drei Zeugen übereinstimmend angegeben, dass der Redner über den Transfer von Geldern an die damals in der Türkei vom Verbot bedrohte Tugendpartei nicht gesprochen habe. Diesen Aussagen kann aber nur ein geringes Gewicht beigemessen werden.
35 
Zum einen war das Erinnerungsvermögen der Zeugen eher begrenzt, was angesichts der mittlerweile verstrichenen Zeit letztlich nicht überrascht; der Zeuge ... hat ausdrücklich betont, dass er sich nur noch schwach erinnern könne. Zum anderen haben die Zeugen auch die ihnen positiv erinnerlichen Inhalte der Rede nicht übereinstimmend geschildert. Die Zeugen ... - dieser war als Bezirksvorsitzender des Klägers ebenfalls mit der Organisation der Veranstaltung befasst - und ... haben jeweils den Bericht des Redners über das von ihm verfasste Buch über die Wohlfahrtspartei sowie seine Ausführungen über die Lage der türkischen Jugendlichen in Deutschland und deren Integration als wesentlichen Inhalt der Rede benannt; soweit dem Zeugen ... insbesondere Letzteres noch deutlich vor Augen stand, so leuchtet dies aufgrund seiner persönlichen Betroffenheit als Vater unmittelbar ein. Demgegenüber schien die Aussage des Zeugen ... als eines der Organisatoren der Veranstaltung deutlich vom Anliegen geprägt, das politische Engagement des Redners herunterzuspielen; denn bereits dessen Einladung wurde mit der ganz neutral umschriebenen Tätigkeit des Redners als Rechtsanwalt und Autor begründet. Des weiteren hat der Zeuge ... angegeben, dass das damals gefeierte Opferfest das Hauptthema der Ausführungen des Redners gewesen sei; allerdings habe er auch über seine Bücher gesprochen. Hinsichtlich der Ausführungen des Redners zur Wohlfahrtspartei waren die Aussagen der Zeugen ebenfalls nicht deckungsgleich. Während der Zeuge ... von Ausführungen des Redners zum Parteiverbot zu berichten wusste - das scheint im Übrigen bei einem Buch durchaus nachvollziehbar, das die Wahrheit über die verbotene Partei zum Thema hat -, konnten die beiden anderen Zeugen sich hieran nicht erinnern. Schließlich waren dem Zeugen ... keinerlei Äußerungen über Gelder erinnerlich, während der Zeuge ... ausdrücklich erwähnt hat, dass der Redner über Geldspenden für notleitende Menschen gesprochen und sich hierfür bedankt habe. Auch vor diesem Hintergrund verbietet sich die Annahme, die Erinnerung der Zeugen lasse verlässlich den Schluss auf die Annahme zu, in der Rede des ehemaligen Ministers seien die genannten - als solche nicht unplausiblen - Äußerungen nicht gefallen.
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Von der Unwahrheit der streitigen Äußerungen, die auf der Veranstaltung im Juni 2001 in Neu-Ulm gefallen sein sollen, konnte sich der Senat ungeachtet der Bekundungen der hierzu vom Kläger benannten Zeugen ebenso wenig überzeugen.
37 
Die Verlässlichkeit des Erinnerungsvermögens der Zeugen hinsichtlich der ebenfalls schon geraume Zeit zurückliegenden und mit vier Stunden Dauer sehr langen und deswegen die Aufmerksamkeit der Teilnehmer in besonderer Weise fordernden Veranstaltung ist bereits deswegen nachhaltig in Frage gestellt, weil sowohl hinsichtlich der bei dieser Veranstaltung auftretenden Redner als auch anderer Modalitäten des Ablaufs der Veranstaltung nicht durchgängig übereinstimmende Aussagen gemacht wurden.
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So haben die Zeugen ..., ... und ... bei ihrer Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht München am 22.05.2006 den Redner ... gar nicht erwähnt; es bleibt dann aber unklar, wie ihnen nach weiteren sechs Monaten der Inhalt seiner Ausführungen noch so deutlich präsent sein könnte, dass sie Äußerungen über eine Parteigründung - etwa als „Weiterentwicklung“ der Organisation nach einem Vorbild in der Türkei - mit Sicherheit ausschließen könnten. Dies gilt in besonderem Maß für den Zeugen ..., der sich auch vor dem Senat nach eigenen Angaben nur sehr vage an die Rede ... zu erinnern vermochte. Der Zeuge ... konnte sich des weiteren auch nicht festlegen, ob er die Rede über ihre gesamte Länge im Versammlungsraum verfolgt hat. Die Zeugen ..., ... und ... haben - anders als der Zeuge ... - auch von einem Tätigkeitsbericht des Zeugen ... nichts zu berichten gewusst. Bei diesem Vortrag soll die Videoleinwand zum Einsatz gekommen sein. Auf dieser Leinwand sollen nach Aussage des Zeugen ... auch Einblendungen zu anderen Sachthemen gezeigt worden sein. In dieser Hinsicht hatten die Zeugen ..., ... - obwohl einer der Moderatoren - und ... keine, der Zeuge ... abweichende Erinnerungen.
39 
Die behaupteten Sprechchöre sind zwar, falls sie tatsächlich - wie von den Zeugen ... und ... bekundet - nicht nur von einzelnen Zuhörern, sondern von einem beträchtlichen Teil der Anwesenden skandiert worden sind, als ein besonderes Vorkommnis eher geeignet, sich dem Gedächtnis dauerhaft einzuprägen als ein in nüchternem Ton vorgetragener Redebeitrag; die fehlende Erinnerung eines aufmerksamen Zuhörers kann folglich Schlüsse darauf zulassen, dass die Menge sich zu solchen Äußerungen nicht hat hinreißen lassen. Der Senat hegt aber auch in dieser Hinsicht Zweifel an der Aussagekraft der verneinenden Bekundungen der Zeugen.
40 
Der Zeuge ... hat sich sehr vorsichtig ausgedrückt und sich letztlich dahingehend eingelassen, dass er den Versammlungssaal immer wieder verlassen habe; ein verlässlicher Bericht über den gesamten Versammlungsablauf kann von ihm folglich nicht erwartet werden. Des weiteren erscheint auch zweifelhaft, ob er die Reaktionen des Publikums zutreffend registriert hat. Er trägt nämlich vor, dass er sich nicht daran erinnern könne, ob den Rednern applaudiert worden sei; demgegenüber hat der Zeuge ... davon gesprochen, dass die anwesenden Frauen der Rednerin ... zugejubelt hätten. Beim Zeugen ... bleibt ebenfalls unklar, ob er überhaupt in der Lage war, alle Vorkommnisse im Versammlungssaal verlässlich wahrzunehmen; denn auch er hat sich nach eigenem Bekunden nur etwa die Hälfte der Zeit im Saal selbst, sonst in einem Vorraum aufgehalten. Abgesehen davon kann bei der Bewertung der Aussagen der Zeugen ..., ..., ... und ... nicht unberücksichtigt bleiben, dass sie aufgrund ihres herausgehobenen Engagements für den Kläger ein gesteigertes Interesse an einer positiven Darstellung des Klägers in der Öffentlichkeit haben.
41 
(2) Eine abschließende Klärung des bei Würdigung der Aussagen der vernommenen Teilnehmer offenen Sachverhalts war dem Senat auch anhand der vom Beklagten angebotenen Beweismittel nicht möglich. Da eine Vernehmung von V-Leuten, auf deren unmittelbarer Wahrnehmung die im Verfassungsschutzbericht wiedergegebenen Erkenntnisse des Landesamts für Verfassungsschutz beruhen sollen, nicht möglich war, standen insoweit in Gestalt des Behördenzeugnisses des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz vom 30.10.2002 und der ergänzenden Ausführungen der Zeugen vom Hörensagen ... und ... lediglich mittelbare Beweismittel zur Verfügung.
42 
Nach Auffassung des Senats ist es dem Gericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung nicht von vornherein verwehrt, seine richterliche Überzeugung auch maßgeblich auf solche mittelbare Beweismittel zu stützen.
43 
Allerdings hat das Bundesverwaltungsgerichts in einer ein Vereinsverbot betreffenden Entscheidung (Urteil vom 03.12.2004 - 6 A 10.02 -, Buchholz 402.25 VereinsG Nr. 41 S. 78 f.) Beweiserleichterungen im Hinblick auf Geheimhaltungsbedürfnisse abgelehnt. Insbesondere könnten substantiiert bestrittene Tatsachenbehauptungen der Verbotsbehörde, die auf nachrichtendienstlichen Erkenntnissen und Einschätzungen beruhten und gerichtlicher Beweiserhebung wegen der Verweigerung der Vorlage der entsprechenden Vorgänge nicht zugänglich seien, lediglich die durch andere Erkenntnisse gestützte Überzeugung des Gerichts im Sinne einer Abrundung des Gesamtbildes bestätigen. Für die gerichtliche Überzeugungsbildung über das Vorliegen eines Verbotsgrundes könnten sie selbst dann nicht ausschlaggebend sein, wenn sie plausibel seien; dies gelte auch, wenn die Verbotsbehörde statt ihrer Akten sogenannte Behördenzeugnisse überreiche, in denen nicht näher belegte Tatsachen behauptet würden.
44 
Diese Rechtsgrundsätze, nach denen die Vernehmung von Bediensteten der Verfassungsschutzbehörden zum Beweis der Wahrheit der streitigen Tatsachenbehauptungen von vornherein untauglich wäre, sind indes im vorliegenden Rechtsstreit nicht anwendbar. Beim Vereinsverbot bilden nachrichtendienstliche Erkenntnisse zwar oft, aber nicht notwendig die Tatsachengrundlage der zur gerichtlichen Überprüfung gestellten Verfügung; einer Sachverhaltsaufklärung stehen folglich nicht typischerweise Geheimhaltungsinteressen entgegen. Demgegenüber verhält es sich bei Tatsachenbehauptungen im Verfassungsschutzbericht jedenfalls dann zwingend anders, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass die beobachtete Gruppierung konspirativ arbeitet oder in ihrer offiziellen Außendarstellung ihre wahren Absichten verschleiert. Dann sind die Behörden zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags auf den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel, insbesondere sogenannter V-Leute, angewiesen (siehe auch BVerfG, Beschluss vom 18.03.2003 - 2 BvB 1/01 u.a. -, BVerfGE 107, 339 <391>). Die Aufgabenzuweisung an die Verfassungsschutzbehörde, die gem. § 12 LVSG gerade auch die Information der Öffentlichkeit umfasst, kann dann aber nicht dadurch im Ergebnis unterlaufen werden, dass die Behörde bei Beachtung des Geheimhaltungsinteresses in einer gerichtlichen Auseinandersetzung immer unterliegen muss, weil ihr eine Beweisführung und deswegen dem Gericht die Sachaufklärung unmöglich ist. Der Geheimnisschutz würde nur um den Preis des Prozessverlusts gewährt (vgl. hierzu Mayen, NVwZ 2003, 537 <541>). Eine solche Rechtsfolge würde dem Anliegen des § 99 VwGO nicht gerecht.
45 
Die generelle Verpflichtung zur Vorlage der Akten, mit der eine umfassende Aufklärung des Sachverhalts ermöglicht werden soll, dient sowohl dem öffentlichen Interesse an der Wahrheitsfindung als auch dem privaten Interesse an einem effektiven Rechtsschutz (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 1 BvR 385/90 -, BVerfGE 101, 106 <124>). Diese Belange sind bei einer Entscheidung, ob nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO der Geheimnisschutz eine Ausnahme von der Regel rechtfertigt, in die Ermessenserwägungen mit einzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.07.2002 - 2 AV 1.02 -, BVerwGE 117, 8 <9>; BVerfG, Beschluss vom 14.03.2006 - 1 BvR 2087/03 u.a. -, NVwZ 2006, 1041 <1045> Rz. 116). Auch wenn hiernach die Geheimnisschutzinteressen überwiegen, dürfen die anderen Belange nur soweit zurückgedrängt werden, wie dies angesichts der jeweiligen Prozesssituation unabweisbar geboten ist. Geht es um die Erteilung von Auskünften aus Akten, und ist die Aktenvorlage demnach der eigentliche materielle Streitgegenstand, können die gegenläufigen Interessen nicht mehr berücksichtigt werden. Die Abweisung der Klage folgt aus der positiven Feststellung im Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO. Mit dieser Zwangsläufigkeit wirkt sich die Feststellung der Geheimhaltungsbedürftigkeit auf ein Verfahren, in dem - wie hier - die geheimhaltungsbedürftigen Verwaltungsvorgänge in Bezug auf einen anderen Streitgegenstand entscheidungserheblich sind, demgegenüber nicht aus. Wenn wie im vorliegenden Fall gerade nicht die die angegriffene Maßnahme stützenden Tatsachen als solche, sondern (lediglich) die Erkenntnisquellen geheimhaltungsbedürftig sind, gebietet die Amtsaufklärungspflicht im Interesse der Wahrheitsfindung, alle ungeachtet der Verweigerung der Aktenvorlage verbleibenden Möglichkeiten der Sachaufklärung vollständig auszuschöpfen und sämtliche dem Gericht von den Beteiligten unterbreiteten oder ihm sonst zugänglichen Tatsachen bei der Würdigung des Sachverhalts zu verwerten. Wenn sich dabei ergibt, dass infolge der Weigerungserklärung bestimmte Umstände nicht aufklärbar bleiben oder die Aussagekraft festgestellter Tatsachen vermindert ist, so ist auch dies angemessen - ggfs. auch unter Berücksichtigung der materiellen Beweislast - zu würdigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.02.1996 - 1 B 37.95 -, NVwZ-RR 1997, 133 <135>; vom 21.06.1993 - 1 B 62.92 -, NVwZ 1994, 72 <74>; Rudisile in: Schoch u.a. , VwGO, § 99 Rn. 49).
46 
Gemessen an diesen rechtlichen Vorgaben reichen das vorgelegte Behördenzeugnis und die ergänzenden Erläuterungen der Zeugen ... und ... nicht aus, um dem Senat die volle Überzeugung von der Wahrheit der streitigen Äußerungen zu verschaffen.
47 
Der Senat hat - wie bereits das Verwaltungsgericht - aufgrund des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks keinen Zweifel daran, dass die Zeugen bei der Vorbereitung und Ausstellung des Behördenzeugnisses, das die streitigen Passagen im Verfassungsschutzbericht durch weitere Einzelheiten präzisiert, sorgfältig und gewissenhaft vorgegangen sind.
48 
Soweit der Kläger die Verlässlichkeit der ihn betreffenden und jeweils vom Zeugen ... verantworteten Behördenzeugnisse in Zweifel zu ziehen versucht, gelingt ihm dies in der von ihm durch verschiedene Beispiele behaupteten Allgemeinheit nicht. Denn zum einen lautet der Titel der vom Kläger herausgegebenen Zeitschrift, wie vom Zeugen ... - im Übrigen in Übereinstimmung mit dem eigenen schriftsätzlichen Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers - angegeben, „Milli Görüs Perspektive“. Zum anderen ist auch nichts dagegen zu erinnern, wenn ein der Vorgängerorganisation des Klägers zuzurechnender Redner bei wertender Betrachtungsweise auch dem Kläger zugeordnet wird.
49 
Der vom Zeugen ... letztlich zugestandene Einwand gegen die Richtigkeit eines Behördenzeugnisses vom 26.05.2002 über eine Veranstaltung des Klägers am 15.04.2001 in Hagen verweist indessen auf die unabweisbare Erkenntnis, dass ein Behördenzeugnis ungeachtet der behördeninternen Sorgfalt nur so gut sein kann wie die unmittelbare Quelle, auf die es sich letztlich stützt. Von deren Qualität und Verlässlichkeit muss sich folglich auch das Gericht überzeugen können. An den für die richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen Anhaltspunkten fehlt es hier.
50 
Die Zeugen ... und ... haben erläutert, welche internen Mechanismen und Methoden angewandt werden, um die Wertigkeit sowohl der Quelle als auch ihrer Angaben zu prüfen. Wie insbesondere vom Zeugen ... ausgeführt, kann es bei dieser Prüfung der Natur der Sache entsprechend nicht so sehr um die Richtigkeit der von der menschlichen Quelle, dem V-Mann, gelieferten Informationen gehen, sondern um die allgemeine Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Informanten. Unmittelbare Rückschlüsse auf die inhaltliche Richtigkeit lässt dann aber am ehesten der Vergleich der Erkenntnisse zweier unabhängig voneinander agierender Quellen zu, deren Einsatz jedenfalls gerade bei Veranstaltungen mit einem großen Teilnehmerkreis nicht unmöglich erscheint. Zu diesem für die Einschätzung der Wahrheit der behaupteten Äußerungen zentralen Anhaltspunkt hat der Beklagte nichts vorgetragen, was bezogen auf die hier behaupteten Erkenntnisse konkrete Schlüsse zuließe.
51 
Im Verfahren des Klägers gegen den Freistaat Bayern hat das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz in Bezug auf die Veranstaltung in Neu-Ulm vorgetragen, dass „der als zuverlässig bekannte V-Mann deutsch und türkisch“ spreche, innerhalb von drei Tagen nach der Veranstaltung mit dem V-Mann-Führer zusammengetroffen sei, und dass der Bericht vom 07.06.2001 stamme (siehe den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schriftsatz des Landesanwalts vom 03.05.2006). Mit diesen Angaben sind zwar die - im Übrigen wohl auch fernliegenden - Bedenken des Klägers gegen die (fremd-)sprachliche Kompetenz der Verfassungsschutzbehörden bei der verdeckten Beobachtung des Klägers zerstreut. Gleichzeitig spricht die Formulierung aber bei wörtlichem Verständnis - für ein abweichendes ist nichts vorgetragen - für den Einsatz nur eines einzigen V-Manns; dies widerspräche aber den vom Zeugen ... geschilderten eigenen Vorgaben der Verfassungsschutzbehörde, jedenfalls mindestens zwei Quellen abzugleichen; denn von einer technischen Quelle, gegen deren Vorlage - soweit noch vorhanden - im Übrigen wohl nichts spräche, war nicht die Rede. Der Zeuge ... hat hierzu vor dem Verwaltungsgericht München zwar von der Hilfe einer anderen Behörde gesprochen. Aber auch insoweit hat der Beklagte keine weiteren nachvollziehbaren Tatsachen vorgetragen, die eine weitere Plausibilisierung der Verlässlichkeit der behaupteten Erkenntnisse ermöglicht hätten. Auch auf Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte nicht etwa die Vorlage von - eventuell teilweise geschwärzten - Auszügen aus detaillierten Berichten über die Veranstaltungen oder gar die Vernehmung von Bediensteten wie des V-Mann-Führers oder jedenfalls des Auswerters - gegebenenfalls unter optischer und akustischer Abschirmung - angeboten, um - unter Wahrung der zwingenden Geheimhaltungserfordernisse - den Senat in die Lage zu versetzen, die Einschätzung des Beklagten nachzuvollziehen, dass die Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden zutreffen (vgl. hierzu BVerwG, vom 21.06.1993 - 1 B 62.92 -, NVwZ 1994, 72 <73>). Aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des 14. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 24.03.2004 über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Aktenvorlage waren dem Senat weitere eigene Ermittlungen in dieser Richtung verwehrt.
III.
52 
Die Kostentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
53 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen.
54 
Beschluss
55 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 GKG).

Gründe

 
I.
21 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere entspricht die Berufungsbegründung den gesetzlichen Anforderungen. Der Kläger formuliert einen Berufungsantrag und trägt vor dem Hintergrund des Zulassungsbeschlusses vor, dass sein Unterlassungsbegehren aufgrund des von ihm angebotenen Zeugenbeweises Erfolg haben müsse. Damit macht der Kläger deutlich, aus welchen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Mehr ist nach § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO nicht zu verlangen.
II.
22 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die - zulässige - Klage, soweit Gegenstand des Berufungsverfahrens, zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht der im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Er wird durch die streitigen Tatsachenbehauptungen in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt; diese Rechtsverletzung, die durch die weitere Verfügbarkeit des betroffenen Verfassungsschutzberichts - jedenfalls in seiner Internet-Version - fortdauert, kann er durch das Unterlassungsbegehren abwehren.
23 
1. Der Unterlassungsanspruch findet seine Rechtsgrundlage in den Grundrechten des Klägers.
24 
a) Als juristischer Person stehen dem Kläger nach Art. 19 Abs. 3 GG die im allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) wurzelnden Schutzansprüche zu, derer auch ein Personenverband im Rahmen seines Aufgabenbereichs bedarf (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.05.1989 - 7 C 2.87 -, BVerwGE 82, 76 <79>; Dreier in: ders. , GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 2 Abs. 1 Rn. 82 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 09.10.2002 - 1 BvR 1611/96 u.a. -, BVerfGE 106, 28 <42 f.>). Hierzu zählen das Verfügungsrecht und Selbstbestimmungsrecht über die eigene Außendarstellung des Verbands sowie, damit verbunden, der Schutz des sozialen Geltungsanspruchs, der sogenannten „äußeren Ehre“ als dem Ansehen in den Augen anderer (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98 -, BVerfGE 114, 339 <346>; Dreier, a.a.O., Rn. 71, 74, 76).
25 
Nach den allgemeinen in der Rechtsprechung zum Ehrenschutz entwickelten Maßstäben ist das Persönlichkeitsrecht immer verletzt und ein Abwehranspruch gegeben, wenn dem Betroffenen Äußerungen unterschoben werden, die er so nicht getan hat; denn die Verfälschung der in seiner alleinigen Definitionsmacht stehenden Persönlichkeitsdarstellung ist nicht statthaft (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 03.06.1980 - 1 BvR 185/77 -, BVerfGE 54, 148 <155 f.> sowie Beschluss vom 10.11.1998 - 1 BvR 1531/96 -, BVerfGE 99, 185 <193 f.>). Demgegenüber steht der soziale Geltungsanspruch nicht in der ausschließlichen Konkretisierungs- und Verfügungsmacht des Betroffenen; selbst unwahre Tatsachenbehauptungen führen demnach nicht immer zu dessen Verletzung (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15.08.1989 - 1 BvR 881/89 -, NJW 1989, 3269; BVerwG, Beschluss vom 19.01.2000 - 3 B 100.99 -, NVwZ-RR 2000, 598; siehe zuletzt etwa BGH, Urteil vom 15.11.2005 - VI ZR 274/04 -, NJW 2006, 609). Die im Anschluss hieran vom Beklagten aufgeworfenen Fragen, ob die wiedergegebenen Äußerungen des Ministers und die Sprechchöre dem Kläger i.S. des Selbstdarstellungsrechts zuzurechnen sind, und wie es um das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit bestellt ist, bedürfen indessen keiner Klärung. Denn die genannten allgemeinen Grundsätze werden hier überlagert durch die Besonderheiten, die sich aus der Erwähnung der umstrittenen Äußerungen im Verfassungsschutzbericht ergeben.
26 
Der Verfassungsschutzbericht unterscheidet sich wesentlich von sonstigen staatlichen Verlautbarungen. Er zielt auf die Abwehr besonderer Gefahren; er soll die Öffentlichkeit u.a. über Bestrebungen unterrichten, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (§ 12 Satz 1, § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LVSG). Um dieser Aufgabe effektiv gerecht zu werden, stammt er von einer darauf spezialisierten und mit besonderen Befugnissen, darunter der Rechtsmacht zum Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel (§ 6 LVSG), arbeitenden Stelle. Insoweit geht eine Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht über die bloße Teilhabe staatlicher Funktionsträger an öffentlichen Auseinandersetzungen in einem freien Kommunikations- und Interaktionszusammenhang oder an der Schaffung einer hinreichenden Informationsgrundlage für eine eigenständige Entscheidungsbildung der Bürger, etwa als Marktteilnehmer, hinaus. Sie ist eine an die verbreiteten Kommunikationsinhalte anknüpfende, mittelbar belastende negative Sanktion gegen den Betroffenen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.05.2005 - 1 BvR 1072/01 -, BVerfGE 113, 63 <77 f.>). Denn angesichts der Warnfunktion des Verfassungsschutzberichts liegt bereits in der dortigen Erwähnung einer - hiernach als verfassungsfeindlich und extremistisch eingestuften - Organisation eine Ausgrenzung und Stigmatisierung des betroffenen Personenverbandes; ihr sozialer Geltungsanspruch wird durch den Vorwurf in Frage gestellt, dass sie den Grundkonsens verlassen habe, auf dem das Gemeinwesen beruht (vgl. Murswiek, NVwZ 2004, 769 <771 f.>; ders. DVBl 1997, 1021 <1028 f.>).
27 
Ein solcher Eingriff in die Rechtsstellung der Organisation ist indessen nur dann gerechtfertigt, wenn sich die Einschätzung als verfassungsfeindlich auf tatsächliche Anhaltspunkte stützen kann (§ 3 Abs. 2 Satz 2 LVSG). Die Tatsachenbehauptungen, die zur Begründung des abschließenden Werturteils über die - bzw. den Verdacht der - Verfassungsfeindlichkeit herangezogen werden, müssen demnach der Wahrheit entsprechen. Dabei ist davon auszugehen, dass grundsätzlich alle Tatsachenbehauptungen im Verfassungsschutzbericht, die sich auf die Tätigkeit und die programmatische Ausrichtung der Organisation beziehen, dazu dienen, dieses Urteil im Wege einer Gesamtschau zu tragen; nur bei ersichtlich nebensächlichen Aussagen mag eine andere Bewertung angezeigt erscheinen. Hiernach kann der Kläger hinsichtlich aller streitigen Tatsachenbehauptungen einen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht geltend machen mit der Folge, dass ihm ein Unterlassungsanspruch zusteht, soweit diese Behauptungen unwahr sind.
28 
b) Die selben Rechtsfolgen ergeben sich auch dann, wenn hier aufgrund der mittelbaren Wirkungen der Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht auch ein Eingriff in die durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützte religiöse Vereinigungsfreiheit bejaht wird. Denn das Grundrecht der Religionsfreiheit schützt gegen diffamierende, diskriminierende oder verfälschende Darstellungen einer religiösen Gemeinschaft (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.06.2002 - 1 BvR 670/91 -, BVerfGE 105, 279 <294>).
29 
2. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme kann der Senat nicht mit der für die auch hier gebotene volle richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen Gewissheit von der Wahrheit der streitigen Behauptungen ausgehen; weder die vom Kläger benannten Zeugen noch die vom Beklagten aufgebotenen - mittelbaren - Beweismittel haben den Sachverhalt letztlich aufzuklären vermocht (b). Diese Unerweislichkeit geht zu Lasten des Beklagten (a).
30 
a) Die materielle Beweislast für die Richtigkeit der streitigen Tatsachenbehauptungen liegt beim Beklagten. Dies folgt mangels ausdrücklicher abweichender Regelungen aus dem an den einschlägigen Normen des materiellen Rechts orientierten sogenannten Günstigkeitsprinzip. Danach trägt jeder Beteiligte den Rechtsnachteil für die Nichterweislichkeit der ihm günstigen Tatbestandsmerkmale (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 01.11.1993 - 7 B 190/93 -, NJW 1994, 468 m.N.); auf die letztlich von Zufälligkeiten abhängige prozessuale Rolle kommt es nicht an. Folglich hat in gleicher Weise wie im Anfechtungsrechtsstreit auch bei der Unterlassungsklage die Behörde, die rechtlich erhebliche Belastungen herbeiführen will, nach dem materiellen Angreiferprinzip die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Eingriff in die Rechtsposition des Adressaten bzw. Betroffenen darzulegen; fallbezogene Besonderheiten sind für die nach abstrakten Kriterien zu bestimmende Beweislastverteilung unbeachtlich (vgl. Dawin in: Schoch u.a. , VwGO, § 108 Rn. 99 ff.; Höfling/Rixen in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 108 Rn. 114 ff., jeweils m.w.N.). Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage nicht von privatrechtlichen Ehrenschutzprozessen; beweisbelastet für die Richtigkeit einer das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzenden Tatsachenbehauptung ist - auch nach dem hier anwendbaren Rechtsgedanken des § 186 StGB - derjenige, der sie aufstellt (siehe nur BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98 -, BVerfGE 114, 339 <352>).
31 
b) Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Dieses Regelbeweismaß der vollen richterlichen Überzeugung gilt auch im vorliegenden Verfahren; den Besonderheiten der Fallkonstellation ist im Rahmen der Beweiswürdigung Rechnung zu tragen.
32 
aa) Der beweisbelastete Beklagte befindet sich hier zwar in einem sogenannten sachtypischen Beweisnotstand. Er darf von Gesetzes wegen seine Erkenntnisse durch nachrichtendienstliche Mittel gewinnen, und muss dies um der Effektivität seiner Aufgabenerfüllung auch tun. Gerade diese Vorgehensweise erschwert es ihm aber, die gewonnenen Erkenntnisse nachprüfbar zu belegen, wenn er nicht seine zukünftige Arbeit beeinträchtigen will. Um des Schutzes seiner Erkenntnisquellen, Arbeitsweisen und Methoden der Erkenntnisgewinnung sowie der Einhaltung von Vertraulichkeitszusagen an Informanten willen ist er nach Maßgabe des § 99 VwGO befugt, die Vorlage der Akten zu verweigern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 1 BvR 385/90 -, BVerfGE 101, 106 <128>). Die Reduzierung des Beweismaßes auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ kann damit aber nicht gerechtfertigt werden. Ob der Anwendungsbereich des Regelbeweismaßes ausnahmsweise dann teleologisch reduziert werden kann, wenn anders wegen genereller Beweisschwierigkeiten das materielle Recht im Regelfall leerlaufen würde, kann dahinstehen. Denn dies ist - wenn überhaupt - nur zu erwägen, wenn ansonsten Grundrechtsgewährleistungen nicht realisiert werden könnten (vgl. Höfling/Rixen, a.a.O., § 108 Rn. 98 f. m.N.). Vielmehr sind die Schwierigkeiten der Sachverhaltsermittlung und Beweisführung auf der Ebene der konkreten Beweiswürdigung zu berücksichtigen (vgl. hierzu aus der Rspr. des BVerwG zuletzt Urteil vom 27.07.2006 - 5 C 3.05 -, Rn. 38 m.N.; Dawin, a.a.O., § 108 Rn. 56; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 108 Rn. 5, jeweils m.w.N.).
33 
bb) (1) Der Kläger hat die streitigen Passagen des Verfassungsschutzberichts unter Verweis auf Veranstaltungsteilnehmer, die das Gegenteil bekunden, substantiiert bestritten. Aufgrund der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme ist allerdings nicht erwiesen, dass die streitigen Äußerungen während der Veranstaltungen des Klägers nicht gefallen sind.
34 
Die Aussagen der vom Kläger benannten Zeugen haben den Senat nicht davon überzeugen können, dass der ehemalige türkische Minister ... während der Veranstaltung im März 2001 die im Verfassungsschutzbericht behaupteten Äußerungen nicht getan hat, die zum Beleg und als Illustration einer engen Verbindung des Klägers zu islamistischen Parteien in der Türkei dienen sollten. Auf ausdrückliche Nachfrage des Senats haben zwar alle drei Zeugen übereinstimmend angegeben, dass der Redner über den Transfer von Geldern an die damals in der Türkei vom Verbot bedrohte Tugendpartei nicht gesprochen habe. Diesen Aussagen kann aber nur ein geringes Gewicht beigemessen werden.
35 
Zum einen war das Erinnerungsvermögen der Zeugen eher begrenzt, was angesichts der mittlerweile verstrichenen Zeit letztlich nicht überrascht; der Zeuge ... hat ausdrücklich betont, dass er sich nur noch schwach erinnern könne. Zum anderen haben die Zeugen auch die ihnen positiv erinnerlichen Inhalte der Rede nicht übereinstimmend geschildert. Die Zeugen ... - dieser war als Bezirksvorsitzender des Klägers ebenfalls mit der Organisation der Veranstaltung befasst - und ... haben jeweils den Bericht des Redners über das von ihm verfasste Buch über die Wohlfahrtspartei sowie seine Ausführungen über die Lage der türkischen Jugendlichen in Deutschland und deren Integration als wesentlichen Inhalt der Rede benannt; soweit dem Zeugen ... insbesondere Letzteres noch deutlich vor Augen stand, so leuchtet dies aufgrund seiner persönlichen Betroffenheit als Vater unmittelbar ein. Demgegenüber schien die Aussage des Zeugen ... als eines der Organisatoren der Veranstaltung deutlich vom Anliegen geprägt, das politische Engagement des Redners herunterzuspielen; denn bereits dessen Einladung wurde mit der ganz neutral umschriebenen Tätigkeit des Redners als Rechtsanwalt und Autor begründet. Des weiteren hat der Zeuge ... angegeben, dass das damals gefeierte Opferfest das Hauptthema der Ausführungen des Redners gewesen sei; allerdings habe er auch über seine Bücher gesprochen. Hinsichtlich der Ausführungen des Redners zur Wohlfahrtspartei waren die Aussagen der Zeugen ebenfalls nicht deckungsgleich. Während der Zeuge ... von Ausführungen des Redners zum Parteiverbot zu berichten wusste - das scheint im Übrigen bei einem Buch durchaus nachvollziehbar, das die Wahrheit über die verbotene Partei zum Thema hat -, konnten die beiden anderen Zeugen sich hieran nicht erinnern. Schließlich waren dem Zeugen ... keinerlei Äußerungen über Gelder erinnerlich, während der Zeuge ... ausdrücklich erwähnt hat, dass der Redner über Geldspenden für notleitende Menschen gesprochen und sich hierfür bedankt habe. Auch vor diesem Hintergrund verbietet sich die Annahme, die Erinnerung der Zeugen lasse verlässlich den Schluss auf die Annahme zu, in der Rede des ehemaligen Ministers seien die genannten - als solche nicht unplausiblen - Äußerungen nicht gefallen.
36 
Von der Unwahrheit der streitigen Äußerungen, die auf der Veranstaltung im Juni 2001 in Neu-Ulm gefallen sein sollen, konnte sich der Senat ungeachtet der Bekundungen der hierzu vom Kläger benannten Zeugen ebenso wenig überzeugen.
37 
Die Verlässlichkeit des Erinnerungsvermögens der Zeugen hinsichtlich der ebenfalls schon geraume Zeit zurückliegenden und mit vier Stunden Dauer sehr langen und deswegen die Aufmerksamkeit der Teilnehmer in besonderer Weise fordernden Veranstaltung ist bereits deswegen nachhaltig in Frage gestellt, weil sowohl hinsichtlich der bei dieser Veranstaltung auftretenden Redner als auch anderer Modalitäten des Ablaufs der Veranstaltung nicht durchgängig übereinstimmende Aussagen gemacht wurden.
38 
So haben die Zeugen ..., ... und ... bei ihrer Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht München am 22.05.2006 den Redner ... gar nicht erwähnt; es bleibt dann aber unklar, wie ihnen nach weiteren sechs Monaten der Inhalt seiner Ausführungen noch so deutlich präsent sein könnte, dass sie Äußerungen über eine Parteigründung - etwa als „Weiterentwicklung“ der Organisation nach einem Vorbild in der Türkei - mit Sicherheit ausschließen könnten. Dies gilt in besonderem Maß für den Zeugen ..., der sich auch vor dem Senat nach eigenen Angaben nur sehr vage an die Rede ... zu erinnern vermochte. Der Zeuge ... konnte sich des weiteren auch nicht festlegen, ob er die Rede über ihre gesamte Länge im Versammlungsraum verfolgt hat. Die Zeugen ..., ... und ... haben - anders als der Zeuge ... - auch von einem Tätigkeitsbericht des Zeugen ... nichts zu berichten gewusst. Bei diesem Vortrag soll die Videoleinwand zum Einsatz gekommen sein. Auf dieser Leinwand sollen nach Aussage des Zeugen ... auch Einblendungen zu anderen Sachthemen gezeigt worden sein. In dieser Hinsicht hatten die Zeugen ..., ... - obwohl einer der Moderatoren - und ... keine, der Zeuge ... abweichende Erinnerungen.
39 
Die behaupteten Sprechchöre sind zwar, falls sie tatsächlich - wie von den Zeugen ... und ... bekundet - nicht nur von einzelnen Zuhörern, sondern von einem beträchtlichen Teil der Anwesenden skandiert worden sind, als ein besonderes Vorkommnis eher geeignet, sich dem Gedächtnis dauerhaft einzuprägen als ein in nüchternem Ton vorgetragener Redebeitrag; die fehlende Erinnerung eines aufmerksamen Zuhörers kann folglich Schlüsse darauf zulassen, dass die Menge sich zu solchen Äußerungen nicht hat hinreißen lassen. Der Senat hegt aber auch in dieser Hinsicht Zweifel an der Aussagekraft der verneinenden Bekundungen der Zeugen.
40 
Der Zeuge ... hat sich sehr vorsichtig ausgedrückt und sich letztlich dahingehend eingelassen, dass er den Versammlungssaal immer wieder verlassen habe; ein verlässlicher Bericht über den gesamten Versammlungsablauf kann von ihm folglich nicht erwartet werden. Des weiteren erscheint auch zweifelhaft, ob er die Reaktionen des Publikums zutreffend registriert hat. Er trägt nämlich vor, dass er sich nicht daran erinnern könne, ob den Rednern applaudiert worden sei; demgegenüber hat der Zeuge ... davon gesprochen, dass die anwesenden Frauen der Rednerin ... zugejubelt hätten. Beim Zeugen ... bleibt ebenfalls unklar, ob er überhaupt in der Lage war, alle Vorkommnisse im Versammlungssaal verlässlich wahrzunehmen; denn auch er hat sich nach eigenem Bekunden nur etwa die Hälfte der Zeit im Saal selbst, sonst in einem Vorraum aufgehalten. Abgesehen davon kann bei der Bewertung der Aussagen der Zeugen ..., ..., ... und ... nicht unberücksichtigt bleiben, dass sie aufgrund ihres herausgehobenen Engagements für den Kläger ein gesteigertes Interesse an einer positiven Darstellung des Klägers in der Öffentlichkeit haben.
41 
(2) Eine abschließende Klärung des bei Würdigung der Aussagen der vernommenen Teilnehmer offenen Sachverhalts war dem Senat auch anhand der vom Beklagten angebotenen Beweismittel nicht möglich. Da eine Vernehmung von V-Leuten, auf deren unmittelbarer Wahrnehmung die im Verfassungsschutzbericht wiedergegebenen Erkenntnisse des Landesamts für Verfassungsschutz beruhen sollen, nicht möglich war, standen insoweit in Gestalt des Behördenzeugnisses des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz vom 30.10.2002 und der ergänzenden Ausführungen der Zeugen vom Hörensagen ... und ... lediglich mittelbare Beweismittel zur Verfügung.
42 
Nach Auffassung des Senats ist es dem Gericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung nicht von vornherein verwehrt, seine richterliche Überzeugung auch maßgeblich auf solche mittelbare Beweismittel zu stützen.
43 
Allerdings hat das Bundesverwaltungsgerichts in einer ein Vereinsverbot betreffenden Entscheidung (Urteil vom 03.12.2004 - 6 A 10.02 -, Buchholz 402.25 VereinsG Nr. 41 S. 78 f.) Beweiserleichterungen im Hinblick auf Geheimhaltungsbedürfnisse abgelehnt. Insbesondere könnten substantiiert bestrittene Tatsachenbehauptungen der Verbotsbehörde, die auf nachrichtendienstlichen Erkenntnissen und Einschätzungen beruhten und gerichtlicher Beweiserhebung wegen der Verweigerung der Vorlage der entsprechenden Vorgänge nicht zugänglich seien, lediglich die durch andere Erkenntnisse gestützte Überzeugung des Gerichts im Sinne einer Abrundung des Gesamtbildes bestätigen. Für die gerichtliche Überzeugungsbildung über das Vorliegen eines Verbotsgrundes könnten sie selbst dann nicht ausschlaggebend sein, wenn sie plausibel seien; dies gelte auch, wenn die Verbotsbehörde statt ihrer Akten sogenannte Behördenzeugnisse überreiche, in denen nicht näher belegte Tatsachen behauptet würden.
44 
Diese Rechtsgrundsätze, nach denen die Vernehmung von Bediensteten der Verfassungsschutzbehörden zum Beweis der Wahrheit der streitigen Tatsachenbehauptungen von vornherein untauglich wäre, sind indes im vorliegenden Rechtsstreit nicht anwendbar. Beim Vereinsverbot bilden nachrichtendienstliche Erkenntnisse zwar oft, aber nicht notwendig die Tatsachengrundlage der zur gerichtlichen Überprüfung gestellten Verfügung; einer Sachverhaltsaufklärung stehen folglich nicht typischerweise Geheimhaltungsinteressen entgegen. Demgegenüber verhält es sich bei Tatsachenbehauptungen im Verfassungsschutzbericht jedenfalls dann zwingend anders, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass die beobachtete Gruppierung konspirativ arbeitet oder in ihrer offiziellen Außendarstellung ihre wahren Absichten verschleiert. Dann sind die Behörden zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags auf den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel, insbesondere sogenannter V-Leute, angewiesen (siehe auch BVerfG, Beschluss vom 18.03.2003 - 2 BvB 1/01 u.a. -, BVerfGE 107, 339 <391>). Die Aufgabenzuweisung an die Verfassungsschutzbehörde, die gem. § 12 LVSG gerade auch die Information der Öffentlichkeit umfasst, kann dann aber nicht dadurch im Ergebnis unterlaufen werden, dass die Behörde bei Beachtung des Geheimhaltungsinteresses in einer gerichtlichen Auseinandersetzung immer unterliegen muss, weil ihr eine Beweisführung und deswegen dem Gericht die Sachaufklärung unmöglich ist. Der Geheimnisschutz würde nur um den Preis des Prozessverlusts gewährt (vgl. hierzu Mayen, NVwZ 2003, 537 <541>). Eine solche Rechtsfolge würde dem Anliegen des § 99 VwGO nicht gerecht.
45 
Die generelle Verpflichtung zur Vorlage der Akten, mit der eine umfassende Aufklärung des Sachverhalts ermöglicht werden soll, dient sowohl dem öffentlichen Interesse an der Wahrheitsfindung als auch dem privaten Interesse an einem effektiven Rechtsschutz (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 1 BvR 385/90 -, BVerfGE 101, 106 <124>). Diese Belange sind bei einer Entscheidung, ob nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO der Geheimnisschutz eine Ausnahme von der Regel rechtfertigt, in die Ermessenserwägungen mit einzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.07.2002 - 2 AV 1.02 -, BVerwGE 117, 8 <9>; BVerfG, Beschluss vom 14.03.2006 - 1 BvR 2087/03 u.a. -, NVwZ 2006, 1041 <1045> Rz. 116). Auch wenn hiernach die Geheimnisschutzinteressen überwiegen, dürfen die anderen Belange nur soweit zurückgedrängt werden, wie dies angesichts der jeweiligen Prozesssituation unabweisbar geboten ist. Geht es um die Erteilung von Auskünften aus Akten, und ist die Aktenvorlage demnach der eigentliche materielle Streitgegenstand, können die gegenläufigen Interessen nicht mehr berücksichtigt werden. Die Abweisung der Klage folgt aus der positiven Feststellung im Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO. Mit dieser Zwangsläufigkeit wirkt sich die Feststellung der Geheimhaltungsbedürftigkeit auf ein Verfahren, in dem - wie hier - die geheimhaltungsbedürftigen Verwaltungsvorgänge in Bezug auf einen anderen Streitgegenstand entscheidungserheblich sind, demgegenüber nicht aus. Wenn wie im vorliegenden Fall gerade nicht die die angegriffene Maßnahme stützenden Tatsachen als solche, sondern (lediglich) die Erkenntnisquellen geheimhaltungsbedürftig sind, gebietet die Amtsaufklärungspflicht im Interesse der Wahrheitsfindung, alle ungeachtet der Verweigerung der Aktenvorlage verbleibenden Möglichkeiten der Sachaufklärung vollständig auszuschöpfen und sämtliche dem Gericht von den Beteiligten unterbreiteten oder ihm sonst zugänglichen Tatsachen bei der Würdigung des Sachverhalts zu verwerten. Wenn sich dabei ergibt, dass infolge der Weigerungserklärung bestimmte Umstände nicht aufklärbar bleiben oder die Aussagekraft festgestellter Tatsachen vermindert ist, so ist auch dies angemessen - ggfs. auch unter Berücksichtigung der materiellen Beweislast - zu würdigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.02.1996 - 1 B 37.95 -, NVwZ-RR 1997, 133 <135>; vom 21.06.1993 - 1 B 62.92 -, NVwZ 1994, 72 <74>; Rudisile in: Schoch u.a. , VwGO, § 99 Rn. 49).
46 
Gemessen an diesen rechtlichen Vorgaben reichen das vorgelegte Behördenzeugnis und die ergänzenden Erläuterungen der Zeugen ... und ... nicht aus, um dem Senat die volle Überzeugung von der Wahrheit der streitigen Äußerungen zu verschaffen.
47 
Der Senat hat - wie bereits das Verwaltungsgericht - aufgrund des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks keinen Zweifel daran, dass die Zeugen bei der Vorbereitung und Ausstellung des Behördenzeugnisses, das die streitigen Passagen im Verfassungsschutzbericht durch weitere Einzelheiten präzisiert, sorgfältig und gewissenhaft vorgegangen sind.
48 
Soweit der Kläger die Verlässlichkeit der ihn betreffenden und jeweils vom Zeugen ... verantworteten Behördenzeugnisse in Zweifel zu ziehen versucht, gelingt ihm dies in der von ihm durch verschiedene Beispiele behaupteten Allgemeinheit nicht. Denn zum einen lautet der Titel der vom Kläger herausgegebenen Zeitschrift, wie vom Zeugen ... - im Übrigen in Übereinstimmung mit dem eigenen schriftsätzlichen Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers - angegeben, „Milli Görüs Perspektive“. Zum anderen ist auch nichts dagegen zu erinnern, wenn ein der Vorgängerorganisation des Klägers zuzurechnender Redner bei wertender Betrachtungsweise auch dem Kläger zugeordnet wird.
49 
Der vom Zeugen ... letztlich zugestandene Einwand gegen die Richtigkeit eines Behördenzeugnisses vom 26.05.2002 über eine Veranstaltung des Klägers am 15.04.2001 in Hagen verweist indessen auf die unabweisbare Erkenntnis, dass ein Behördenzeugnis ungeachtet der behördeninternen Sorgfalt nur so gut sein kann wie die unmittelbare Quelle, auf die es sich letztlich stützt. Von deren Qualität und Verlässlichkeit muss sich folglich auch das Gericht überzeugen können. An den für die richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen Anhaltspunkten fehlt es hier.
50 
Die Zeugen ... und ... haben erläutert, welche internen Mechanismen und Methoden angewandt werden, um die Wertigkeit sowohl der Quelle als auch ihrer Angaben zu prüfen. Wie insbesondere vom Zeugen ... ausgeführt, kann es bei dieser Prüfung der Natur der Sache entsprechend nicht so sehr um die Richtigkeit der von der menschlichen Quelle, dem V-Mann, gelieferten Informationen gehen, sondern um die allgemeine Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Informanten. Unmittelbare Rückschlüsse auf die inhaltliche Richtigkeit lässt dann aber am ehesten der Vergleich der Erkenntnisse zweier unabhängig voneinander agierender Quellen zu, deren Einsatz jedenfalls gerade bei Veranstaltungen mit einem großen Teilnehmerkreis nicht unmöglich erscheint. Zu diesem für die Einschätzung der Wahrheit der behaupteten Äußerungen zentralen Anhaltspunkt hat der Beklagte nichts vorgetragen, was bezogen auf die hier behaupteten Erkenntnisse konkrete Schlüsse zuließe.
51 
Im Verfahren des Klägers gegen den Freistaat Bayern hat das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz in Bezug auf die Veranstaltung in Neu-Ulm vorgetragen, dass „der als zuverlässig bekannte V-Mann deutsch und türkisch“ spreche, innerhalb von drei Tagen nach der Veranstaltung mit dem V-Mann-Führer zusammengetroffen sei, und dass der Bericht vom 07.06.2001 stamme (siehe den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schriftsatz des Landesanwalts vom 03.05.2006). Mit diesen Angaben sind zwar die - im Übrigen wohl auch fernliegenden - Bedenken des Klägers gegen die (fremd-)sprachliche Kompetenz der Verfassungsschutzbehörden bei der verdeckten Beobachtung des Klägers zerstreut. Gleichzeitig spricht die Formulierung aber bei wörtlichem Verständnis - für ein abweichendes ist nichts vorgetragen - für den Einsatz nur eines einzigen V-Manns; dies widerspräche aber den vom Zeugen ... geschilderten eigenen Vorgaben der Verfassungsschutzbehörde, jedenfalls mindestens zwei Quellen abzugleichen; denn von einer technischen Quelle, gegen deren Vorlage - soweit noch vorhanden - im Übrigen wohl nichts spräche, war nicht die Rede. Der Zeuge ... hat hierzu vor dem Verwaltungsgericht München zwar von der Hilfe einer anderen Behörde gesprochen. Aber auch insoweit hat der Beklagte keine weiteren nachvollziehbaren Tatsachen vorgetragen, die eine weitere Plausibilisierung der Verlässlichkeit der behaupteten Erkenntnisse ermöglicht hätten. Auch auf Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte nicht etwa die Vorlage von - eventuell teilweise geschwärzten - Auszügen aus detaillierten Berichten über die Veranstaltungen oder gar die Vernehmung von Bediensteten wie des V-Mann-Führers oder jedenfalls des Auswerters - gegebenenfalls unter optischer und akustischer Abschirmung - angeboten, um - unter Wahrung der zwingenden Geheimhaltungserfordernisse - den Senat in die Lage zu versetzen, die Einschätzung des Beklagten nachzuvollziehen, dass die Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden zutreffen (vgl. hierzu BVerwG, vom 21.06.1993 - 1 B 62.92 -, NVwZ 1994, 72 <73>). Aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des 14. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 24.03.2004 über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Aktenvorlage waren dem Senat weitere eigene Ermittlungen in dieser Richtung verwehrt.
III.
52 
Die Kostentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
53 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen.
54 
Beschluss
55 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 GKG).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Nov. 2006 - 1 S 2321/05

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Nov. 2006 - 1 S 2321/05

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Nov. 2006 - 1 S 2321/05 zitiert 15 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 4


(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. (3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 99


(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bu

Strafgesetzbuch - StGB | § 186 Üble Nachrede


Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Nov. 2006 - 1 S 2321/05 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Nov. 2006 - 1 S 2321/05 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Nov. 2005 - VI ZR 274/04

bei uns veröffentlicht am 15.11.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 274/04 Verkündet am: 15. November 2005 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 17. Nov. 2005 - 1 S 2278/04

bei uns veröffentlicht am 17.11.2005

Tenor Auf Antrag des Klägers wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Juli 2004 - 18 K 1474/04 - zugelassen, soweit die Klage auf Unterlassung der im Klageantrag unter a), c) und e) genannten Tatsachenbehauptungen

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 09. Juli 2004 - 18 K 1474/04

bei uns veröffentlicht am 09.07.2004

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1  Der Kläger (Kurzform: ...) ist eine islamische Gemeinschaft in der Rechtsform des eingetragenen Vereins. Eigenen Angaben zufolge ist
5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Nov. 2006 - 1 S 2321/05.

Verwaltungsgericht München Urteil, 16. Okt. 2014 - 22 K 14.1743

bei uns veröffentlicht am 16.10.2014

Tenor I. Der Beklagte wird verpflichtet, die weitere Verbreitung des Verfassungsschutzberichtes 2013 des Freistaates Bayern zu unterlassen, wenn nicht zuvor die Passagen über die Klägerin entfernt oder unkenntlich gemacht werden.

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 17. Juli 2018 - 10 K 7000/17

bei uns veröffentlicht am 17.07.2018

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand  1 Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg, soweit darin der praktische Teil seiner staatlichen Gesundheits- und Krankenpfleg

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 21. Juli 2016 - 4 K 3671/15

bei uns veröffentlicht am 21.07.2016

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen.2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1 Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Unterlassung der Verbreitung des in der Publikation des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 27. Juni 2013 - 7 A 15/10

bei uns veröffentlicht am 27.06.2013

Tatbestand 1 Der Kläger ist Journalist. Er beantragte Anfang Juli 2010 beim Bundesnachrichtendienst Zugang zu allen dort vorliegenden Unterlagen über Adolf Eichmann.

Referenzen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger (Kurzform: ...) ist eine islamische Gemeinschaft in der Rechtsform des eingetragenen Vereins. Eigenen Angaben zufolge ist er die größte islamische Gemeinschaft Europas, unterhält in Deutschland über 500 Moscheen und betreut über 200.000 Mitglieder. Weiter wird in der Klagschrift ausgeführt, er befürworte die Integration der Muslime in die europäischen Gesellschaften. Da er glaube, dass es keine Rückkehr in die Heimatländer geben werde, veranstalte er seit einem Jahr eine breit angelegte Kampagne zur Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft durch seine Mitglieder. Er befürworte demokratisches Handeln und fordere die Gleichstellung von Mann und Frau; Gewalt werde als Mittel der Auseinandersetzung strikt abgelehnt.
Das Innenministerium Baden-Württemberg hat im Juli 2002 den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2001 veröffentlicht. Der Kläger wird darin im Kapitel E („Sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Ausländern“) unter 3.1.1 genannt und als türkische islamistische Vereinigung bezeichnet; den Kläger betreffende Ausführungen finden sich in der Druckversion des Verfassungsschutzberichts 2001 auf den Seiten 146 bis 157. Dieser ist auch ins Internet eingestellt und über die Adresse „www.verfassungsschutz-bw.de“ abrufbar. Die Internet-Version des Verfassungsschutzberichts 2001 unterscheidet sich von der Druckversion dadurch, dass zahlreiche dort in den Text eingearbeitete Abbildungen fehlen, weshalb trotz Identität des Textes die Seitenzahlen unterschiedlich sind.
Unter anderem sind im Verfassungsschutzbericht 2001 hinsichtlich des Klägers folgende Ausführungen enthalten:
- Auf Seite 147 der Druckversion (Seite 115 der Internetversion) wird neben dem Randhinweis „Verflechtungen in die Türkei“ unter anderem ausgeführt, der Kläger sei in enger Verbindung mit verschiedenen islamistischen Parteien des ehemaligen Ministerpräsidenten ... zu sehen, die in der Türkei seit Jahren politisch eine bedeutende Rolle spielten. Das Ziel der Parteien sei die Abschaffung der auf die säkularen Reformen Kemal Atatürks zurückgehenden Staatsform in der Türkei. Allerdings hätten diese Bestrebungen mit dem vom türkischen Verfassungsgericht am 22. Juni 2001 beschlossenen Verbot der „Fazilet-Partisi“ (FP, „Tugendpartei“) einen neuerlichen Rückschlag erlitten. Wie flexibel jedoch der Kläger hier in Deutschland sei, um im Vorfeld eines drohenden Verbots seiner Mutterorganisation in der Türkei auf einschneidende Veränderungen zu reagieren, sei bereits während einer Veranstaltung des Klägers anlässlich des Opferfestes“ Anfang März 2001 in Ulm deutlich geworden. Dort sei ein ehemaliger Minister der Türkei auch auf die schwierige Situation der FP eingegangen. Da die Partei in der Türkei von einem Verbot bedroht sei, solle man - so seine Argumentation - vorerst kein Geld mehr in die Türkei schicken. Bei einem Verbot würde nämlich das Vermögen der FP vom türkischen Staat beschlagnahmt. Die Gelder, die bisher aus Sicherheitsgründen durch mehrere Personen überbracht worden seien, würden derzeit bei Privatpersonen sicher verwahrt.
- Auf Seite 148 der Druckversion (Seite 117 der Internetversion) wird neben dem Randhinweis „ambivalente Haltung zu den Terroranschlägen in den USA“ unter anderem ausgeführt, dass der Kläger auf die Terroranschläge in den USA vom 11. September 2001 offiziell mit Bedauern und Distanzierung vom Terrorismus reagiert habe. Weiter wird ausgeführt: „Gleichzeitig war festzustellen, dass die Internetangebote der Organisation von belastenden Seiten und Links „bereinigt“ wurden, um unverfänglichen Themen Platz zu machen. Im Gegensatz zu den offiziellen Erklärungen der Organisationsspitze zeichneten die Reaktionen zu den Terroranschlägen in dem Sprachrohr der Organisation „Milli Gazete“ und in der ebenfalls in ...-Kreisen verbreiteten „Akit“ freilich ein anderes Bild.“
- Auf Seite 155 der Druckversion (Seiten 121/122 der Internetversion) wird neben dem Randhinweis „statt Integration Änderung des Systems in Deutschland angestrebt“ unter anderem ausgeführt, wie konkret die Vorstellungen im Zusammenhang mit einer Einflussnahme seien, hätten ...-Funktionäre bei einer Veranstaltung am 04. Juni 2001 in Neu-Ulm mit über tausend Teilnehmern, darunter viele aus Baden-Württemberg, bewiesen. Weiter wird ausgeführt: „Im Mittelpunkt der Erörterung stand die Frage der deutschen Staatsbürgerschaft. In fünf Jahren, so ein ...-Funktionär, gebe es 11 Millionen Muslime in Deutschland und in weiteren fünf Jahren habe man bereits die Einwohnerzahl der ehemaligen DDR erreicht. Wenn man drei Millionen Erwachsene für die ... gewinnen könne, sei es kein Problem, eine Partei zu gründen und ins Parlament in Berlin einzuziehen. Voraussetzung hierfür sei aber die deutsche Staatsbürgerschaft. Die hier geltenden Gesetze böten mehr Freiraum als die türkischen. Das müsse man ausnutzen. Man werde bereits „von vielen Linksparteien“ und deutschen Politikern unterstützt. Es werde noch fünf bis zehn Jahre dauern, aber dann würde man auch das erreichen, was man „wirklich wolle“. In Europa führe man die Auseinandersetzung mit anderen Mitteln. Hier sei Wissen und Bildung Macht, aber man könne auch anders kämpfen, sollte man nichts erreichen. Daran denke man aber im Moment nicht. Die Bedenken, dass man mit Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft die türkische verliere, zerstreute der Redner mit dem Hinweis, man könne sich derzeit nach Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft auch die türkische wieder ausstellen lassen, es müsse aber schnell gehandelt werden.“
- Auf Seiten 155/156 der Druckversion (Seite 122 der Internetversion) wird neben dem Randhinweis „Staatsbürgerschaftskampagne“ unter anderem ausgeführt: „Auch der Vorsitzende der ..., ..., stellte auf der Veranstaltung die Vorteile der deutschen Staatsbürgerschaft zum Erreichen des „gemeinsamen Ziels“ vor. Er rügte seine Zuhörer, die Zeit untätig verschlafen zu haben. Als deutsche Staatsbürger sollten sie Türken aus der Türkei heiraten. Dies sei mit geringem Aufwand möglich. Dadurch würden die Ehepartner und Kinder ebenfalls Deutsche; man stärke damit die Gemeinschaft und bringe diese ihrem Ziel in fünf Jahren näher. Die Zuhörer wurden während der Veranstaltung von „Einpeitschern“ animiert. Einblendungen von ... wurden frenetisch gefeiert. Man bejubelte ihn mit Sprechchören wie „Hoca, wenn du sagst, wir sollen kämpfen, dann kämpfen wir. Wenn du sagst, wir sollen töten, dann töten wir!“
- Schließlich wird auf Seite 156 der Druckversion (Seite 122 der Internetversion) unter anderem noch ausgeführt, auf der Veranstaltung sei deutlich worden, dass die von der ... gestartete Staatsangehörigkeitskampagne nicht wie behauptet auf Integration abziele, sondern auf die möglichst effiziente Verfolgung ihrer Ziele, wobei es darum gehe, zunächst den türkischstämmigen Bevölkerungsteil in Deutschland auszuweiten. Weiter heißt es: „Diese Ziele sind keineswegs nur unter religiösen Aspekten zu betrachten, stehen aber in engem Zusammenhang mit der Bekämpfung der säkularen Gesellschaftsform, welche die ... für die Türkei und die eigene Gemeinschaft türkisch-islamistischer Migranten in Europa ablehnt“.
Mit Schreiben vom 25.07.2002 wandte sich der Kläger in dieser Angelegenheit an das Innenministerium Baden-Württemberg und wies darauf hin, dass der Verfassungsschutzbericht 2001, soweit er darin Erwähnung finde, neben einer Vielzahl unangreifbarer Meinungsäußerungen auch Unwahrheiten enthalte, die so nicht hingenommen werden könnten. So habe es eine Rede mit dem auf Seite 115 [(Internetversion) bzw. 147 (Druckversion)] des Verfassungsschutzberichts 2001 wiedergegebenen Inhalt weder auf einer von ihm abgehaltenen Veranstaltung in Ulm Anfang März 2001 noch sonst wo gegeben. Ebenso habe es keine belastenden Seiten oder Links seines Internetangebotes gegeben; daher habe auch nichts bereinigt werden müssen. Weder bei der Veranstaltung in Neu-Ulm am 04.06.2001 noch sonst wo habe einer seiner Funktionäre eine Rede mit dem auf Seite 121 [(Internetversion) bzw. 155 (Druckversion)] des Verfassungsschutzberichts 2001 wiedergegebenen Inhalt gehalten. Schließlich habe es die auf Seite 122 [(Internetversion) bzw. Seiten 155/156 (Druckversion)] des Verfassungsschutzberichts 2001 wiedergegebenen Äußerungen des Herrn ... weder auf der Veranstaltung in Neu-Ulm noch sonst wo gegeben. Zuletzt seien weder in Neu-Ulm noch auf einer anderen von ihm abgehaltenen Veranstaltung Sprechchöre mit dem auf Seite 122 [(Internetversion) bzw. Seite 156 (Druckversion)] des Verfassungsschutzberichts 2001 wiedergegebenen Inhalt gerufen worden. Abschließend wies der Kläger darauf hin, soweit im Verfassungsschutzbericht 2001 unter der Rubrik „...“ über verschiedene Inhalte der „Milli Gazete“ berichtet werde, seien jene nicht Äußerungen seiner Funktionäre; sie würden auch nicht von ihm geteilt. Die „Milli Gazete“ sei eine in der Türkei redigierte Tageszeitung, mit der weder personelle Verflechtungen bestünden noch habe er redaktionellen Einfluss auf diese Zeitung. Die dort getätigten Aussagen stammten auch nicht von einem seiner Mitglieder. Deshalb habe er Anspruch darauf, dass über ihn die vorzitierten Unwahrheiten nicht verbreitet würden bzw. im Verfassungsschutzbericht 2001 unter der ihn betreffenden Rubrik nicht Äußerungen Dritter, die ihm nicht zuzurechnen seien, angeführt würden. Gleichzeitig wurde gebeten, eine beigefügte strafbewehrte Unterlassungserklärung bis zum 05.08.2002 rechtsgültig unterzeichnet zurückzuleiten, andernfalls gerichtliche Schritte eingeleitet würden.
10 
Hierauf teilte das Innenministerium Baden-Württemberg dem Kläger unter dem 16.09.2002 mit, dass die von ihm vorgebrachten Vorwürfe überprüft worden seien, eine sachliche Unrichtigkeit der Aussagen allerdings nicht habe festgestellt werden können. Daher werde keine Veranlassung gesehen, die kritisierten Passagen im Verfassungsschutzbericht des Landes nicht zu veröffentlichen.
11 
Mit seit dem 26.06.2003 rechtskräftigem Beschluss vom 16.05.2003 - 18 K 4179/02 - hat die Kammer den Antrag des Klägers, dem Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die im Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2001 auf den Seiten 146 bis 157 (Druckversion) bzw. Seiten 115 bis 122 (Internetversion) enthaltenen, im Einzelnen bezeichneten Tatsachenfeststellungen weiterhin zu behaupten oder zu verbreiten, zurückgewiesen.
12 
Bereits zuvor hatte der Kläger am 05.12.2002 in dieser Sache Klage erhoben und zur Begründung zunächst sein bisheriges Vorbringen wiederholt.
13 
Nachdem sich der Beklagte bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes darauf berufen hatte, dass die vom Kläger gerügten Passagen im Verfassungsschutzbericht 2001 im Wesentlichen auf entsprechenden Erkenntnissen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz beruhten, und in jenem Verfahren ein entsprechendes Behördenzeugnis vorgelegt worden war, teilte das Bayerische Staatsministerium des Innern unter dem 24.04.2003 mit, dass nach Durchsicht der vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz vorgelegten Originalakten die inhaltliche Authentizität der in dessen Behördenzeugnis enthaltenen Informationen bestätigt und die am Ende jenes Behördenzeugnisses erfolgte Bewertung der Zuverlässigkeit und Zulässigkeit der Datenerhebung geteilt werde. Darüber hinaus sehe sich das Bayerische Staatsministerium des Innern nicht in der Lage, dem Wunsch nach Vorlage der Akten des Bayrischen Landesamtes für Verfassungsschutz, die Daten des Klägers enthielten, zu entsprechen, denn das Bekanntwerden des Inhalts jener Akten würde dem Wohl des Bundes und der Länder Nachteile bereiten; ferner seien sie gemäß § 99 Abs. 1 S. 2 VwGO auch ihrem Wesen nach geheim zu halten.
14 
Hierauf beantragte der Kläger gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zur Frage der Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Vorlage der Akten durch das Bayerische Staatsministerium des Innern. Das vorliegende Verfahren wurde deshalb durch Beschluss der Kammer vom 25.08.2003 gemäß § 94 VwGO ausgesetzt. Zur Begründung seines Antrags trug der Kläger unter dem 27.08.2003 u.a. vor, der Beklagte habe die streitgegenständlichen Vorwürfe in seinem Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2002 nicht wiederholt, weil er offensichtlich eingesehen habe, dass er einer Fehlinformation des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz gefolgt sei. Gleichwohl verbreite der Beklagte die streitgegenständlichen unwahren Behauptungen nach wie vor im Internet, so dass auf Jahre hinaus dessen Nutzer sich auf die Richtigkeit der Äußerungen des Beklagten verlassen würden. Im Übrigen bestehe Grund zu der Annahme, dass die Erkenntnisse in der Behördenakte nicht auf Auskünften und Urkunden beruhten, deren Bekanntgabe dem Wohle des Bundes Nachteile bereiten könnte, sondern auf das „Zusammenschnipseln“ von Zeitungsartikeln und anderen Gerüchtequellen gestützt würden. Hinzu komme, dass das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz personell überhaupt nicht in der Lage sei, fremdsprachliche islamische Organisationen zu überwachen, da entsprechende sprachkundige Mitarbeiter nicht zur Verfügung stünden. Soweit die Erkenntnisse des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz auf „offenen Quellen“ wie beispielsweise Zeitschriften oder Flugblätter beruhten, handele es sich insoweit nicht um Urkunden oder Akten, deren Bekanntwerden dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde. Im Übrigen könne keine Person, die zu den von ihm durchgeführten Vorträgen oder Veranstaltungen „eingeschleust“ worden sei, das bestätigen, was in dem Behördenzeugnis zu finden sei. Dagegen könne das Gegenteil dessen von Hunderten von Versammlungsteilnehmern bestätigt werden. Durch die Vorlage des unüberprüfbaren Behördenzeugnisses und der Verweigerung weiterer Akteneinsicht werde ihm, dem Kläger, jede Möglichkeit eines Gegenbeweises abgeschnitten.
15 
Mit Beschluss vom 24.03.2004 - 14 S 93/04 -, rechtskräftig seit 14.05.2004, erklärte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Verweigerung der Vorlage der den Kläger betreffenden Akten des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz durch das Bayrische Staatsministerium des Innern für rechtmäßig.
16 
Unter dem 24.06.2004 hat der Kläger ergänzend ausgeführt, die prozessuale Handhabung, eine Entscheidung gemäß § 99 VwGO beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einzuholen, sei nicht sachgemäß gewesen sei, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei Voraussetzung für die Durchführung des Zwischenverfahrens nach § 99 VwGO grundsätzlich ein Beweisbeschluss des Gerichts der Hauptsache. Außerdem enthält dieser Schriftsatz zahlreiche Beweisangebote sowie den Hinweis, dass bereits längere Zeit vor dem Terroranschlag am 11. September 2001 an einer neuen Homepage gearbeitet worden sei.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
dem Beklagten zu untersagen, zu behaupten oder zu verbreiten:
19 
a) Ein ehemaliger Minister habe auf einer Veranstaltung der ... anlässlich des Opferfestes Anfang März 2001 in Ulm gesagt, man solle vorerst kein Geld mehr in die Türkei schicken. “Bei einem Verbot würde nämlich das Vermögen der FP vom türkischen Staat beschlagnahmt. Die Gelder, die bisher aus Sicherheitsgründen durch mehrere Personen überbracht worden seien, würden derzeit bei Privatpersonen sicher verwahrt.“
20 
b) Nach den Terroranschlägen in den USA vom 11. September 2001 seien die Internetangebote der Organisation von belastenden Seiten und Links „bereinigt“ worden.
21 
c) Ein ...-Funktionär habe bei einer Veranstaltung in Neu-Ulm am 04.06.2001 gesagt, wenn man drei Millionen Erwachsene für die ... gewinnen könne, sei es kein Problem, eine Partei zu gründen und ins Parlament in Berlin einzuziehen. ... Man werde bereits „von vielen Linksparteien“ und deutschen Politikern unterstützt. Es werde noch fünf bis zehn Jahre dauern, aber dann würde man auch das erreichen, was man „wirklich wolle“. In Europa führe man die Auseinandersetzung mit anderen Mitteln. Hier sei Wissen und Bildung Macht, aber man könne auch anders kämpfen, sollte man nichts erreichen. Daran denke man aber im Moment nicht. Die Bedenken, dass man mit Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft die türkische verliere, zerstreute der Redner mit dem Hinweis, man könne sich jederzeit nach Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft auch die türkische wieder ausstellen lassen, es müsse aber schnell gehandelt werden.
22 
d) Der ...-Vorsitzende ... habe gesagt, „als deutsche Staatsbürger sollte man Türken aus der Türkei heiraten. Dies sei mit geringem Aufwand möglich. Dadurch würden die Ehepartner und Kinder ebenfalls Deutsche; man stärke damit die Gemeinschaft und bringe diese ihrem Ziel in fünf Jahren näher.“
23 
e) Bei einer ...-Veranstaltung habe die Menge Sprechchöre wie „Hoca, wenn du sagst, wir sollen kämpfen, dann kämpfen wir. Wenn du sagst, wir sollen töten, dann töten wir!“, gerufen.
24 
Der Beklagte beantragt,
25 
die Klage abzuweisen.
26 
Zur Begründung weist er darauf hin, dass die Kammer bereits in ihrem im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss vom 16.05.2003 zutreffend davon ausgegangen sei, dass alle streitbefangenen Textpassagen im Verfassungsschutzbericht 2001 ausschließlich Tatsachenbehauptungen enthielten. Die Aussage im Verfassungsschutzbericht 2001 über die „Bereinigung“ von Internetangeboten beziehe sich beispielsweise auf die Links der Homepage der Zentrale des Klägers in ... auf die Homepage der Presseorgane „Akit“ und „Milli Gazete“. Die Links zu diesen Presseorganen seien nach dem 11.09.2001 gelöscht worden. Die Bewertung der Verlinkung zu den genannten Presseorganen als in Bezug auf die Haltung zu den Terroranschlägen in den USA vom 01.09.2001 „belastend“ unterliege indessen nur einem eingeschränkten Prüfungsmaßstab. Angesichts der antiamerikanischen Haltung der „Milli Gazete“ sei die Nennung des gelöschten Links auf dieses Presseorgan im Verfassungsschutzbericht 2001 sachgerecht. Denn die „Milli Gazete“ bzw. für sie tätige Journalisten würden ein islamistisches Weltbild vertreten, in dem die Amerikaner als gegen die islamische Welt gerichtete Kräfte aufträten. Auf die Frage, ob die genannten Presseorgane im Sinne eines Sprachrohrs dem Kläger zurechenbar seien, komme es dabei nicht an.
27 
Entsprechendes gelte für den auf der Homepage der ... Mannheim gesetzten Link zur Adresse „www....“. Diese Seite habe am 25.08.2000 unter anderem einen Beitrag „Wie kann ich für den Jihad trainieren“ beinhaltet. Der Beitrag habe sich mit der terroristischen Ausbildung bis hin zum Umgang mit Handfeuerwaffen und scharfer Munition befasst. Die Web-Site sei nach den Anschlägen vom 11.09.2001 geändert und der Link zu „www....“ gelöscht worden. Über das Beseitigen dieser Links sei auch in der „taz“ in deren Ausgabe vom 25.09.2001 auf Seite 10 berichtet worden. Auf die Frage, ob die Homepage bzw. die Äußerungen des ...-Ortsverbands Mannheim dem Kläger zuzurechnen seien, komme es nicht an; es reiche aus, dass der Link auf die Homepage des Ortsverbandes auf Grund des dort vorhandenen Verweises auf die Adresse „www....“ als belastend im Hinblick auf die Haltung des Klägers zu den Terroranschlägen in den USA zu werten sei. Im Übrigen müsse sich der Kläger das Verhalten eines seiner Ortsverbände auch zurechnen lassen, zumal er die Verwendung des offiziellen ...-Symbols auf der besagten Homepage seit Jahren offenbar nicht beanstande. Hinzu komme, dass sowohl die Vorsitzenden des Mannheimer Vereins als auch dessen Sekretär vom damaligen Generalsekretär des Klägers und dessen stellvertretendem Bundesvorsitzenden ernannt worden seien. Deshalb sei davon auszugehen, dass ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Ortsvorstand und Vereinsvorstand bestehe. Die übrigen vom Kläger gerügten Textpassagen im Verfassungsschutzbericht 2001 würden Äußerungen von Rednern auf Veranstaltungen des Klägers zutreffend wiedergeben. Die darin enthaltenen Darstellungen beruhten auf entsprechenden Erkenntnissen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz. Dass diese im Verfassungsschutzbericht 2001 zitierten Äußerungen auf den genannten Veranstaltungen gefallen seien, werde im Behördenzeugnis vom 30.10.2002 bestätigt. Darüber hinaus seien in jenem Behördenzeugnis im Hinblick auf die jeweiligen Veranstaltungen weitere detaillierte Angaben enthalten. Ebenso würden die im Verfassungsschutzbericht 2001 auf Seite 155 erwähnten Äußerungen auf der Veranstaltung vom 04.06.2001 in Neu-Ulm erheblich präzisiert. Entsprechendes gelte für die weiteren in diesem Zusammenhang im Verfassungsschutzbericht enthaltenen Äußerungen. Schließlich würden auch die auf Seite 156 des Verfassungsschutzberichts 2001 erwähnten Einblendungen von ... konkretisiert. Über eine bloße Bestätigung der streitbefangenen Textpassagen im Verfassungsschutzbericht 2001 hinaus habe das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz zahlreiche Details zu dem Rahmen genannt, in dem diese Äußerungen gefallen seien. Dies belege, dass das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz über detaillierte nachrichtendienstliche Quellen über die genannten Veranstaltungen verfüge. Im Übrigen habe das Bayerische Staatsministerium des Innern mit Schreiben vom 24.04.2003 die inhaltliche Authentizität der in jenem Behördenzeugnis enthaltenen Informationen nach Durchsicht der zugrundeliegenden Akten ebenso bestätigt wie die Bewertung der Zuverlässigkeit und Zulässigkeit der Datenerhebung. Aus dem Umstand, dass das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz über umfassende Detailkenntnisse aus den im Verfassungsschutzbericht 2001 in Bezug genommenen Veranstaltungen des Klägers verfüge und der gemäß § 99 Abs. 2 VwGO zuständige Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg den zugehörigen Akten die entsprechenden Quellen bzw. Informanten habe entnehmen können, folge, dass an der Richtigkeit der Darstellung im Behördenzeugnis vom 30.10.2002 und in der diese bestätigenden Sperrerklärung vom 24.04.2003 keine Zweifel bestünden. Zwar habe das Gericht bei der Entscheidung in der Sache selbst im Rahmen der Sachverhaltswürdigung zu beurteilen, welches Gewicht dem Behördenzeugnis sowie der zugehörigen Sperrerklärung zukomme. Dabei sei allerdings zu berücksichtigen, dass das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz nach dem rechtskräftigen Beschluss des VGH Baden-Württemberg berechtigt gewesen sei, die Vorlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen zu verweigern. Unter diesen Umständen sei die Behördenbestätigung vom 30.10.2002 als mittelbares Beweismittel verwertbar. Die vom Kläger vorgelegten eidesstattliche Versicherungen seines Vorsitzenden ... sowie des früheren Vorsitzenden ... könnten, wie die Kammer bereits in ihrem Beschluss vom 16.05.2003 zutreffend festgestellt habe, den erbrachten Beweis nicht erschüttern. Wegen weiterer Einzelheiten der Klageerwiderung wird auf die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 23.06., 01.07. und 05.07.2004 verwiesen.
28 
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger-Vertreter ergänzend darauf hingewiesen, dass sich der soziale Geltungsanspruch aus der Satzung des Klägers ergebe, der danach eine religiöse Gemeinschaft sei. Im Übrigen hat er bekräftigt, dass Gegenstand des Verfahrens ausschließlich Tatsachenbehauptungen, nicht aber auch Wertungen seien.
29 
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Vernehmung eines Beamten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz und des ehemaligen Vorsitzenden des Klägers als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die hierüber angefertigte Niederschrift, die dem Sitzungsprotokoll beigefügt ist, verwiesen. Weitere vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisanträge hat die Kammer abgelehnt.
30 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens sowie des Verfahrens 18 K 4179/02 und die in diesen Verfahren von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen verwiesen; Druck- und Internetversion des Verfassungsschutzberichts 2001 liegen dem Gericht ebenfalls vor.

Entscheidungsgründe

 
31 
Die auf Untersagung einer schlicht-hoheitlichen Tätigkeit, nämlich der Verbreitung bestimmter, im Landesverfassungsschutzbericht 2001 enthaltener Tatsachenbehauptungen gerichtete Klage ist als allgemeine Leistungsklage in der Form der Unterlassungsklage zulässig.
32 
Es ist allgemein anerkannt, dass gegenüber öffentlichen, in amtlicher Eigenschaft von Hoheitsträgern getätigten Äußerungen den Betroffenen ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch zustehen kann, wobei offen bleiben kann, ob dieser sich dogmatisch unmittelbar aus einzelnen Freiheitsgrundrechten (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1, 4 Abs. 1 GG; vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 23.05.1989 - 7 C 2/87 -, NJW 1989, 2272, und Beschluss vom 13.03.1991 - 7 B 99/90 -, NJW 1991, 1770) oder aus einfachem Recht in Form einer analogen Anwendung der §§ 1004, 906 BGB (vgl. Laubinger, VerwArch. 1989, 261, 291 ff.) ergibt. Der jedenfalls gewohnheitsrechtlich anerkannte Anspruch (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.04.1999 - 21 A 490/97 -, NVwZ-RR 2000, 599 ff.) setzt einen rechtswidrigen Eingriff oder eine sonstige rechtswidrige Beeinträchtigung einer grundrechtlich oder einfach gesetzlich geschützten Rechtsposition voraus, ohne dass der Betroffene verpflichtet wäre, den Eingriff oder die Beeinträchtigung zu dulden. Insoweit steht vorliegend das allgemeine Persönlichkeitsrecht mit dem auch juristischen Personen zustehenden gesetzlichen Recht auf Schutz der Ehre in analoger Anwendung des § 823 Abs. 1 BGB in Rede. Dieses Recht steht auch Personenvereinigungen mit ideeller Zielsetzung zu, wenn und soweit ihr sozialer Geltungsanspruch in ihrem Aufgabenbereich betroffen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.05.1989, a.a.O.). Der Kläger kann deshalb Abwehransprüche gegen unwahre Tatsachenbehauptungen geltend machen. Tatsächliche Verfälschungen, insbesondere das Unterschieben nicht getaner Äußerungen, sind dabei auch dann unzulässig, wenn sie nicht rufschädigend wirken (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.01.2000 - 3 B 100/99 -, NVwZ-RR 2000, 598; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.04.1999, a.a.O.; Bamberger/Roth, BGB, 1. Aufl. 2003, Anhang zu § 823 RdNr. 44 f), so dass die vom Beklagten aufgeworfene Frage einer durch die beanstandeten Tatsachenbehauptungen entstandenen Rufschädigung keiner Entscheidung bedarf.
33 
Der Zulässigkeit der Klage kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der Landesverfassungsschutzbericht 2001 bereits im Juli 2002 veröffentlicht worden und dieser Vorgang daher abgeschlossen ist. Denn der Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2001 ist nach wie vor ins Internet eingestellt und unter der Adresse „www.verfassungsschutz-bw.de“ jederzeit abrufbar.
34 
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht hinsichtlich der von ihm beanstandeten Tatsachenbehauptungen im Landesverfassungsschutzbericht 2001 und deren Verbreitung kein Unterlassungsanspruch zu.
35 
Einer Regierung steht grundsätzlich das Recht zur politischen Meinungsäußerung als ureigenes verfassungsmäßiges Recht gegenüber jedem zu, der sich an der politischen Auseinandersetzung beteiligt, ohne dass hierfür eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung erforderlich wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.04.1984 - 7 B 20/83 -, NJW 1984, 2591; VGH Baden-Württ., Urteil vom 29.08.1988 - 1 S 1233/86 -). Dies schließt auch die Ermittlung und Zusammenstellung gesellschaftlich relevanter Tatsachen sowie die Veröffentlichung von Informationen, Empfehlungen und gegebenenfalls Warnungen hierüber mit ein (vgl. VGH Baden-Württ., a.a.O., m.w.N.). Nach den §§ 12, 3 LVSG obliegt dem Landesamt für Verfassungsschutz in Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben die Sammlung und Auswertung von Informationen, Auskünften, Nachrichten und Unterlagen von Organisationen und Personen unter anderem über Bestrebungen, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind bzw. durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Hierüber kann die Öffentlichkeit periodisch oder aus gegebenen Anlass informiert werden. § 12 LVSG stellt indessen eine - abschließende - Ermächtigungsgrundlage nur insofern dar, als in Satz 2 die Bekanntgabe personenbezogener Daten im Hinblick auf den Datenschutz geregelt ist; im Übrigen umschreibt diese Vorschrift lediglich einen - neben der Aufgabenzuweisung in § 3 LVSG - weiteren Teilaspekt der Tätigkeit, nämlich die Unterrichtung der Öffentlichkeit. Der vom Innenministerium Baden-Württemberg und dem Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg jährlich herausgegebene Verfassungsschutzbericht ist eine Publikation im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit und stellt als solcher einen Tätigkeitsbericht über die im Laufe des Berichtszeitraums durchgeführten Maßnahmen sowie die dabei gewonnenen Erkenntnisse dar (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 30.06.1993 - 18 K 1685/93 -). Darüber hinaus nimmt er eine wertende Beurteilung der gewonnenen Erkenntnisse vor, die aber vorliegend nicht Gegenstand des Verfahrens ist.
36 
Die vorliegend streitbefangenen Äußerungen des Beklagten enthalten ausschließlich Tatsachenbehauptungen, denn sie sind in ihrem Gehalt als etwas Geschehenes einer objektiven Klärung und damit dem Beweis zugänglich (vgl. BGH, Urteil vom 30.05.1974 - VI ZR 174/72 -, LM § 824 BGB Nr. 18 Bl. 1 m.w.N., Urteil vom 13.10.1964 - VI ZR 167/63 -, NJW 1965, 35 f, Urteil vom 20.05.1986 - VI ZR 242/85 -, NJW 1987, 1398 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.04.1999, a.a.O.).
37 
Vorliegend hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass sowohl die zitierten Aussagen - Äußerungen einzelner Personen bzw. auf Veranstaltungen skandierte Parolen - so gemacht worden sind als auch die behauptete Internet-Bereinigung stattgefunden hat und die vom Kläger gerügten Tatsachenbehauptungen damit der Wahrheit entsprechen.
38 
Die im Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2001 auf Seite 148, 3. Absatz (Druckversion) aufgestellte Behauptung, nach dem 11. September 2001 seien Internet-Angebote der Organisation (des Klägers) von belastenden Seiten und Links bereinigt worden, hat der Beklagte durch Vorlage entsprechender Ausdrucke aus dem Internet belegt. Danach enthielt die Homepage der Zentrale des Klägers in ... beispielsweise noch am 20.08.2001 unter anderem Verweise auf die Homepages der Presseorgane „Akit“ und „Milli Gazete“, die nach dem 11.09.2001 fehlten. Ebenfalls gelöscht wurde nach den Terroranschlägen in den USA des Weiteren eine auf der Homepage des „... Mannheim/...“ noch am 25.08.2000 enthaltener Link zu „www....“, wo sich unter anderem der militärische Ausbildung jeglicher Art als islamische Verpflichtung mit Trainings-Anleitungen, unter anderem zum Umgang mit Handfeuerwaffen, propagierende Beitrag fand, „Wie kann ich für den Jihad trainieren?“. Nach dem 11.09.2001 war die Homepage der „... Mannheim/...“ geändert und enthielt einen Beitrag mit der Überschrift „Wer steckt hinter den Anschlägen“. Die Äußerungen der ... Mannheim sind dem Kläger nach Überzeugung des Gerichts auch zuzurechnen. Dies ergibt sich schon aus seiner Organisationsstruktur, bei der seine Mitglieder ausweislich des Verfassungsschutzberichts Baden-Württemberg 2001 - unwidersprochen - in 60 Vereinen organisiert sind, die ihrerseits in vier regionale Verbände eingegliedert sind.
39 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger bereits längere Zeit vor dem Terroranschlag am 11.09.2001 an einer neuen Homepage gearbeitet hat, denn der zeitliche Zusammenhang zwischen diesem Terroranschlag und der Änderung der Homepages des Klägers wird hierdurch nicht berührt, weshalb es auf die Gründe dieser Änderung nicht ankommt. Soweit im Übrigen die genannten Links auf den Homepages des Klägers im Verfassungsschutzbericht 2001 als „belastend“ bezeichnet werden, handelt es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine Wertung, die nach der ausdrücklichen Erklärung des Kläger-Vertreters in der mündlichen Verhandlung nicht Gegenstand des Verfahrens ist.
40 
Auch hinsichtlich der übrigen streitgegenständlichen Tatsachenbehauptungen hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass diese wahr sind.
41 
Zwar hat der Beklagte insoweit weder die Behördenakten vorgelegt noch unmittelbare Zeugen hierfür benannt. Doch hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg durch Beschluss vom 24.03.2004 - 14 S 93/04 - rechtskräftig entschieden, dass die Verweigerung der Vorlage der den Kläger betreffenden Akten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz durch das Bayerische Staatsministerium des Innern rechtmäßig ist. Schon aus diesem Grund kann der Kläger nicht mehr damit gehört werden, das Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO ( sog. „in-camera“-Verfahren) sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, weil nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2003 - 20 F 13.03 - (DVBl. 2000, 254) vor Durchführung dieses Zwischenverfahrens regelmäßig durch Beweisbeschluss klargestellt werden müsse, welche Behördenakten entscheidungserheblich seien, was vorliegend indessen nicht geschehen sei. Hinzu kommt, dass nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Erlass eines solchen Beweisbeschlusses dann entbehrlich ist, wenn - wie hier - die zurückgehaltenen Unterlagen zweifelsfrei entscheidungserheblich sind. Dass diese nach Auffassung der Kammer entscheidungserheblich sind, folgt schon aus der Verfügung des Vorsitzenden vom 24.02.2003, mit der das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz aufgefordert worden war, unter Bezugnahme auf sein im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorgelegtes Schreiben vom 30.10.2002 an das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg die dort genannten „nachrichtendienstlichen Quellen“ und die entsprechenden Unterlagen offen zu legen.
42 
Allerdings führt die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Aktenvorlage nicht dazu, dass das Gericht schon deshalb von der Richtigkeit der streitbefangenen Tatsachenbehauptungen, für die der Beklagte beweispflichtig ist, auszugehen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.07.2002 - 2 AV 1/02 -, NVwZ 2002,1249). Vielmehr unterliegt dies der Beweiswürdigung des Gerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.02.1996 - 1 B 37.95 -, NVwZ-RR 1997, 133).
43 
Zunächst ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass sich der Beklagte dadurch, dass es ihm aus Gründen der Staatssicherheit nicht möglich ist, seine Erkenntnisquellen außerhalb des „in-camera“-Verfahrens offen zu legen, in einer Art Beweisnot befindet. Darüber hinaus hat der als Zeuge gehörte Bedienstete des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz in allgemeiner Weise überzeugend dargelegt, auf welche Art und Weise verfassungsschutzrelevante Erkenntnisse gewonnen und überprüft werden und dass vor einer Veröffentlichung interne Kontrollmechanismen vorgeschaltet sind. Insbesondere werden danach nur von verschiedenen Quellen bestätigte Informationen verwertet. Im Hinblick darauf, dass nach dessen Angaben die eingesetzten unmittelbaren V-Leute auch die erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse besitzen und ihre Erkenntnisse zeitnah berichten, ist nach Überzeugung des Gerichts gewährleistet, dass zusammen mit dem Einsatz qualifizierter Dolmetscher Verständnis- und Übertragungsfehler weitestgehend ausgeschlossen sind. Hinzu kommt, dass dieser mittelbare Zeuge erklärt hat, er sei nach eigener Überprüfung aller Quellen und sonstigen Unterlagen zur Überzeugung gelangt, dass die streitbefangenen Tatsachenbehauptungen über den Inhalt bestimmter Redebeiträge und der Skandierung der vorgenannten Parolen allesamt der Wahrheit entsprechen. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben des mittelbaren Zeugen nicht der Wahrheit entsprechen, sind nach Überzeugung der Kammer nicht erkennbar.
44 
Demgegenüber hat der als Zeuge vernommene - im Jahresbericht 2001 zitierte - ehemalige Vorsitzende des Klägers zwar bekundet, die ihm zugeschriebenen Äußerungen bei einer Veranstaltung des Klägers am 04.06.2001 in Neu-Ulm so nicht gemacht zu haben. Das Gericht hält es indessen für wenig wahrscheinlich, dass sich ein Zeuge nach über drei Jahren noch an den genauen Wortlaut bestimmter Äußerungen erinnert, zumal der Zeuge zu diesem Thema bei zahlreichen Veranstaltungen im Jahre 2001 gesprochen hat. Hinzu kommt, dass der Zeuge als ehemaliger Vorsitzender der Klägerin nach Überzeugung der Kammer nach wie vor daran interessiert ist, die für den Kläger negativen Feststellungen des Beklagten zu widerlegen, so dass seine Aussage auch unter diesem Gesichtspunkt nicht geeignet ist, die streitigen Tatsachenbehauptungen in Zweifel zu ziehen.
45 
Soweit der Kläger-Vertreter beantragt hat, zum Beweis dafür, dass die in seinem Schriftsatz vom 04.12.2002 unter I c) und e) genannten Tatsachenbehauptungen nicht zutreffen, ebenfalls den ehemaligen Vorsitzenden als Zeugen zu hören, hat die Kammer den Beweisantrag als nicht entscheidungserheblich (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO analog) abgelehnt. Maßgebend hierfür ist, dass als wahr unterstellt werden kann, dass der Zeuge die unter Beweis gestellten Äußerungen und Sprechchöre selbst nicht gehört hat. Diese bloße Hilfstatsache (vgl. hierzu Herdegen in Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Aufl. 2003, § 244 RdNr. 74) ist jedoch an sich nicht geeignet darzutun, dass die streitbefangenen Äußerungen nicht doch gefallen sind und die genannten Sprechchöre nicht doch skandiert worden sind.
46 
Soweit der Kläger-Vertreter darüber hinaus die weiteren in seinem Schriftsatz vom 24.06.2004 angekündigten Beweisanträge gestellt hat, hat die Kammer auch diese abgelehnt. Soweit die dort genannten Zeugen hätten bekunden sollen, bestimmte Äußerungen nicht gehört zu haben, gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Auch insoweit kann zwar unterstellt werden, dass die als Zeugen benannten Personen diese Äußerungen tatsächlich nicht gehört haben. Damit ist aber weder der Beweis geführt, dass diese Äußerungen gar nicht gefallen sind, noch wären entsprechende Aussagen geeignet, die sich auf die glaubhaften Angaben des als Zeugen vom Hörensagen (sekundäres Beweismittel; vgl. BGH, Urteil vom 31.03.1989 - 2 StR 706/88 -, NJW 1989, 3291) vernommenen Beamten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz gestützte Überzeugung der Kammer in relevanter Weise zu beeinflussen. Es sind eine Vielzahl von Gründen denkbar, aus denen Besucher einer Veranstaltung einzelne Äußerungen von Rednern bzw. Reaktionen des Publikums nicht wahrnehmen.
47 
Soweit der Kläger beantragt hat, den im Jahresbericht 2001 zitierten, in der Türkei lebenden ehemaligen türkischen Justizminister zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass er die ihm zugeschriebenen Äußerungen auf einer Veranstaltung in Ulm nicht getan habe, hat das Gericht von seiner Befugnis nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO Gebrauch gemacht. Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auch im Verwaltungsprozess entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Beschluss vom 27.03.2000 - 9 B 518.99 -, InfAuslR 2000, 412). Sie befreit das Gericht vom Verbot der Beweisantizipation (vgl. BGH, Urteil vom 18.01.1994 - 1 StR 745/93 - BGHSt 40, 60 = NJW 1994, 1484). Die Kammer ist vorliegend der Überzeugung, dass diese beantragte Beweiserhebung keinen Einfluss auf den Gang des Verfahrens gehabt hätte, denn ein Einfluss auf die auf Grund der mündlichen Verhandlung getroffene Beweiswürdigung kann auch für den Fall ausgeschlossen werden, dass der benannte Auslandszeuge die in sein Wissen gestellte Behauptung bestätigen würde. Der Wert der den Kläger entlastenden Aussage wäre von vornherein erheblich durch die engen Beziehungen des vom Kläger als Redner eingeladenen Zeugen - bei dem ein starkes Interesse daran, weder dem Kläger noch seinen eigenen politischen Zielen zu schaden, unterstellt werden kann - zum Kläger gemindert. Zudem bestünden auch insoweit erhebliche Zweifel, ob die Erinnerung eines Zeugen nach über drei Jahren noch eine verlässliche Erkenntnis bietet. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass der insoweit streitigen Tatsachenbehauptung (Hinweis des ehemaligen Ministers auf die „schwierige Situation der FP“ verbunden mit der Bitte an die Zuhörer, der FP vorerst kein Geld mehr in die Türkei zu schicken) nur eine geringe Bedeutung für den sozialen Geltungsanspruch des Klägers zukommt und auf der anderen Seite die Ladung des Zeugen nur unter Einschaltung türkischer Behörden möglich wäre (vgl. die auch im Verwaltungsprozess anwendbare Rechtshilfeordnung für Zivilsachen, Stichwort „Türkei“, sowie das Deutsch-türkische Abkommen über den Rechtsverkehr in Zivilsachen vom 28.05.1929, RGBl. 1930 II S. 6, dort insbesondere Art. 9), so dass für Ladung und Vernehmung des Zeugen ein erheblicher zeitlicher und organisatorischer Aufwand und eine deutliche Verzögerung des Verfahrens entstünden. Dieser Aufwand und der Nachteil einer zeitlich nicht absehbaren Verfahrensverzögerung erscheint im Hinblick auf die insoweit geringe Beeinträchtigung des sozialen Geltungsanspruchs des Klägers und die erhebliche Minderung des Beweiswerts der zu erwartenden Aussage unverhältnismäßig (vgl. zu den Abwägungskriterien im Rahmen von § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO BGH, Urteil vom 18.01.1994, a.a.O., und Urteil vom 25.04.2002 - 3 StR 506/01 -, NJW 2002, 2403; das BVerfG hat die BGH-Rspr. bestätigt).
48 
Da das Gericht somit auf Grund der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme zur Überzeugung gelangt ist, dass die streitbefangenen Tatsachenbehauptungen der Wahrheit entsprechen, war die Klage abzuweisen.
49 
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO) liegen nicht vor.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
31 
Die auf Untersagung einer schlicht-hoheitlichen Tätigkeit, nämlich der Verbreitung bestimmter, im Landesverfassungsschutzbericht 2001 enthaltener Tatsachenbehauptungen gerichtete Klage ist als allgemeine Leistungsklage in der Form der Unterlassungsklage zulässig.
32 
Es ist allgemein anerkannt, dass gegenüber öffentlichen, in amtlicher Eigenschaft von Hoheitsträgern getätigten Äußerungen den Betroffenen ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch zustehen kann, wobei offen bleiben kann, ob dieser sich dogmatisch unmittelbar aus einzelnen Freiheitsgrundrechten (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1, 4 Abs. 1 GG; vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 23.05.1989 - 7 C 2/87 -, NJW 1989, 2272, und Beschluss vom 13.03.1991 - 7 B 99/90 -, NJW 1991, 1770) oder aus einfachem Recht in Form einer analogen Anwendung der §§ 1004, 906 BGB (vgl. Laubinger, VerwArch. 1989, 261, 291 ff.) ergibt. Der jedenfalls gewohnheitsrechtlich anerkannte Anspruch (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.04.1999 - 21 A 490/97 -, NVwZ-RR 2000, 599 ff.) setzt einen rechtswidrigen Eingriff oder eine sonstige rechtswidrige Beeinträchtigung einer grundrechtlich oder einfach gesetzlich geschützten Rechtsposition voraus, ohne dass der Betroffene verpflichtet wäre, den Eingriff oder die Beeinträchtigung zu dulden. Insoweit steht vorliegend das allgemeine Persönlichkeitsrecht mit dem auch juristischen Personen zustehenden gesetzlichen Recht auf Schutz der Ehre in analoger Anwendung des § 823 Abs. 1 BGB in Rede. Dieses Recht steht auch Personenvereinigungen mit ideeller Zielsetzung zu, wenn und soweit ihr sozialer Geltungsanspruch in ihrem Aufgabenbereich betroffen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.05.1989, a.a.O.). Der Kläger kann deshalb Abwehransprüche gegen unwahre Tatsachenbehauptungen geltend machen. Tatsächliche Verfälschungen, insbesondere das Unterschieben nicht getaner Äußerungen, sind dabei auch dann unzulässig, wenn sie nicht rufschädigend wirken (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.01.2000 - 3 B 100/99 -, NVwZ-RR 2000, 598; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.04.1999, a.a.O.; Bamberger/Roth, BGB, 1. Aufl. 2003, Anhang zu § 823 RdNr. 44 f), so dass die vom Beklagten aufgeworfene Frage einer durch die beanstandeten Tatsachenbehauptungen entstandenen Rufschädigung keiner Entscheidung bedarf.
33 
Der Zulässigkeit der Klage kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der Landesverfassungsschutzbericht 2001 bereits im Juli 2002 veröffentlicht worden und dieser Vorgang daher abgeschlossen ist. Denn der Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2001 ist nach wie vor ins Internet eingestellt und unter der Adresse „www.verfassungsschutz-bw.de“ jederzeit abrufbar.
34 
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht hinsichtlich der von ihm beanstandeten Tatsachenbehauptungen im Landesverfassungsschutzbericht 2001 und deren Verbreitung kein Unterlassungsanspruch zu.
35 
Einer Regierung steht grundsätzlich das Recht zur politischen Meinungsäußerung als ureigenes verfassungsmäßiges Recht gegenüber jedem zu, der sich an der politischen Auseinandersetzung beteiligt, ohne dass hierfür eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung erforderlich wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.04.1984 - 7 B 20/83 -, NJW 1984, 2591; VGH Baden-Württ., Urteil vom 29.08.1988 - 1 S 1233/86 -). Dies schließt auch die Ermittlung und Zusammenstellung gesellschaftlich relevanter Tatsachen sowie die Veröffentlichung von Informationen, Empfehlungen und gegebenenfalls Warnungen hierüber mit ein (vgl. VGH Baden-Württ., a.a.O., m.w.N.). Nach den §§ 12, 3 LVSG obliegt dem Landesamt für Verfassungsschutz in Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben die Sammlung und Auswertung von Informationen, Auskünften, Nachrichten und Unterlagen von Organisationen und Personen unter anderem über Bestrebungen, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind bzw. durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Hierüber kann die Öffentlichkeit periodisch oder aus gegebenen Anlass informiert werden. § 12 LVSG stellt indessen eine - abschließende - Ermächtigungsgrundlage nur insofern dar, als in Satz 2 die Bekanntgabe personenbezogener Daten im Hinblick auf den Datenschutz geregelt ist; im Übrigen umschreibt diese Vorschrift lediglich einen - neben der Aufgabenzuweisung in § 3 LVSG - weiteren Teilaspekt der Tätigkeit, nämlich die Unterrichtung der Öffentlichkeit. Der vom Innenministerium Baden-Württemberg und dem Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg jährlich herausgegebene Verfassungsschutzbericht ist eine Publikation im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit und stellt als solcher einen Tätigkeitsbericht über die im Laufe des Berichtszeitraums durchgeführten Maßnahmen sowie die dabei gewonnenen Erkenntnisse dar (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 30.06.1993 - 18 K 1685/93 -). Darüber hinaus nimmt er eine wertende Beurteilung der gewonnenen Erkenntnisse vor, die aber vorliegend nicht Gegenstand des Verfahrens ist.
36 
Die vorliegend streitbefangenen Äußerungen des Beklagten enthalten ausschließlich Tatsachenbehauptungen, denn sie sind in ihrem Gehalt als etwas Geschehenes einer objektiven Klärung und damit dem Beweis zugänglich (vgl. BGH, Urteil vom 30.05.1974 - VI ZR 174/72 -, LM § 824 BGB Nr. 18 Bl. 1 m.w.N., Urteil vom 13.10.1964 - VI ZR 167/63 -, NJW 1965, 35 f, Urteil vom 20.05.1986 - VI ZR 242/85 -, NJW 1987, 1398 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.04.1999, a.a.O.).
37 
Vorliegend hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass sowohl die zitierten Aussagen - Äußerungen einzelner Personen bzw. auf Veranstaltungen skandierte Parolen - so gemacht worden sind als auch die behauptete Internet-Bereinigung stattgefunden hat und die vom Kläger gerügten Tatsachenbehauptungen damit der Wahrheit entsprechen.
38 
Die im Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2001 auf Seite 148, 3. Absatz (Druckversion) aufgestellte Behauptung, nach dem 11. September 2001 seien Internet-Angebote der Organisation (des Klägers) von belastenden Seiten und Links bereinigt worden, hat der Beklagte durch Vorlage entsprechender Ausdrucke aus dem Internet belegt. Danach enthielt die Homepage der Zentrale des Klägers in ... beispielsweise noch am 20.08.2001 unter anderem Verweise auf die Homepages der Presseorgane „Akit“ und „Milli Gazete“, die nach dem 11.09.2001 fehlten. Ebenfalls gelöscht wurde nach den Terroranschlägen in den USA des Weiteren eine auf der Homepage des „... Mannheim/...“ noch am 25.08.2000 enthaltener Link zu „www....“, wo sich unter anderem der militärische Ausbildung jeglicher Art als islamische Verpflichtung mit Trainings-Anleitungen, unter anderem zum Umgang mit Handfeuerwaffen, propagierende Beitrag fand, „Wie kann ich für den Jihad trainieren?“. Nach dem 11.09.2001 war die Homepage der „... Mannheim/...“ geändert und enthielt einen Beitrag mit der Überschrift „Wer steckt hinter den Anschlägen“. Die Äußerungen der ... Mannheim sind dem Kläger nach Überzeugung des Gerichts auch zuzurechnen. Dies ergibt sich schon aus seiner Organisationsstruktur, bei der seine Mitglieder ausweislich des Verfassungsschutzberichts Baden-Württemberg 2001 - unwidersprochen - in 60 Vereinen organisiert sind, die ihrerseits in vier regionale Verbände eingegliedert sind.
39 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger bereits längere Zeit vor dem Terroranschlag am 11.09.2001 an einer neuen Homepage gearbeitet hat, denn der zeitliche Zusammenhang zwischen diesem Terroranschlag und der Änderung der Homepages des Klägers wird hierdurch nicht berührt, weshalb es auf die Gründe dieser Änderung nicht ankommt. Soweit im Übrigen die genannten Links auf den Homepages des Klägers im Verfassungsschutzbericht 2001 als „belastend“ bezeichnet werden, handelt es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine Wertung, die nach der ausdrücklichen Erklärung des Kläger-Vertreters in der mündlichen Verhandlung nicht Gegenstand des Verfahrens ist.
40 
Auch hinsichtlich der übrigen streitgegenständlichen Tatsachenbehauptungen hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass diese wahr sind.
41 
Zwar hat der Beklagte insoweit weder die Behördenakten vorgelegt noch unmittelbare Zeugen hierfür benannt. Doch hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg durch Beschluss vom 24.03.2004 - 14 S 93/04 - rechtskräftig entschieden, dass die Verweigerung der Vorlage der den Kläger betreffenden Akten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz durch das Bayerische Staatsministerium des Innern rechtmäßig ist. Schon aus diesem Grund kann der Kläger nicht mehr damit gehört werden, das Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO ( sog. „in-camera“-Verfahren) sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, weil nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2003 - 20 F 13.03 - (DVBl. 2000, 254) vor Durchführung dieses Zwischenverfahrens regelmäßig durch Beweisbeschluss klargestellt werden müsse, welche Behördenakten entscheidungserheblich seien, was vorliegend indessen nicht geschehen sei. Hinzu kommt, dass nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Erlass eines solchen Beweisbeschlusses dann entbehrlich ist, wenn - wie hier - die zurückgehaltenen Unterlagen zweifelsfrei entscheidungserheblich sind. Dass diese nach Auffassung der Kammer entscheidungserheblich sind, folgt schon aus der Verfügung des Vorsitzenden vom 24.02.2003, mit der das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz aufgefordert worden war, unter Bezugnahme auf sein im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorgelegtes Schreiben vom 30.10.2002 an das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg die dort genannten „nachrichtendienstlichen Quellen“ und die entsprechenden Unterlagen offen zu legen.
42 
Allerdings führt die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Aktenvorlage nicht dazu, dass das Gericht schon deshalb von der Richtigkeit der streitbefangenen Tatsachenbehauptungen, für die der Beklagte beweispflichtig ist, auszugehen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.07.2002 - 2 AV 1/02 -, NVwZ 2002,1249). Vielmehr unterliegt dies der Beweiswürdigung des Gerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.02.1996 - 1 B 37.95 -, NVwZ-RR 1997, 133).
43 
Zunächst ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass sich der Beklagte dadurch, dass es ihm aus Gründen der Staatssicherheit nicht möglich ist, seine Erkenntnisquellen außerhalb des „in-camera“-Verfahrens offen zu legen, in einer Art Beweisnot befindet. Darüber hinaus hat der als Zeuge gehörte Bedienstete des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz in allgemeiner Weise überzeugend dargelegt, auf welche Art und Weise verfassungsschutzrelevante Erkenntnisse gewonnen und überprüft werden und dass vor einer Veröffentlichung interne Kontrollmechanismen vorgeschaltet sind. Insbesondere werden danach nur von verschiedenen Quellen bestätigte Informationen verwertet. Im Hinblick darauf, dass nach dessen Angaben die eingesetzten unmittelbaren V-Leute auch die erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse besitzen und ihre Erkenntnisse zeitnah berichten, ist nach Überzeugung des Gerichts gewährleistet, dass zusammen mit dem Einsatz qualifizierter Dolmetscher Verständnis- und Übertragungsfehler weitestgehend ausgeschlossen sind. Hinzu kommt, dass dieser mittelbare Zeuge erklärt hat, er sei nach eigener Überprüfung aller Quellen und sonstigen Unterlagen zur Überzeugung gelangt, dass die streitbefangenen Tatsachenbehauptungen über den Inhalt bestimmter Redebeiträge und der Skandierung der vorgenannten Parolen allesamt der Wahrheit entsprechen. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben des mittelbaren Zeugen nicht der Wahrheit entsprechen, sind nach Überzeugung der Kammer nicht erkennbar.
44 
Demgegenüber hat der als Zeuge vernommene - im Jahresbericht 2001 zitierte - ehemalige Vorsitzende des Klägers zwar bekundet, die ihm zugeschriebenen Äußerungen bei einer Veranstaltung des Klägers am 04.06.2001 in Neu-Ulm so nicht gemacht zu haben. Das Gericht hält es indessen für wenig wahrscheinlich, dass sich ein Zeuge nach über drei Jahren noch an den genauen Wortlaut bestimmter Äußerungen erinnert, zumal der Zeuge zu diesem Thema bei zahlreichen Veranstaltungen im Jahre 2001 gesprochen hat. Hinzu kommt, dass der Zeuge als ehemaliger Vorsitzender der Klägerin nach Überzeugung der Kammer nach wie vor daran interessiert ist, die für den Kläger negativen Feststellungen des Beklagten zu widerlegen, so dass seine Aussage auch unter diesem Gesichtspunkt nicht geeignet ist, die streitigen Tatsachenbehauptungen in Zweifel zu ziehen.
45 
Soweit der Kläger-Vertreter beantragt hat, zum Beweis dafür, dass die in seinem Schriftsatz vom 04.12.2002 unter I c) und e) genannten Tatsachenbehauptungen nicht zutreffen, ebenfalls den ehemaligen Vorsitzenden als Zeugen zu hören, hat die Kammer den Beweisantrag als nicht entscheidungserheblich (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO analog) abgelehnt. Maßgebend hierfür ist, dass als wahr unterstellt werden kann, dass der Zeuge die unter Beweis gestellten Äußerungen und Sprechchöre selbst nicht gehört hat. Diese bloße Hilfstatsache (vgl. hierzu Herdegen in Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Aufl. 2003, § 244 RdNr. 74) ist jedoch an sich nicht geeignet darzutun, dass die streitbefangenen Äußerungen nicht doch gefallen sind und die genannten Sprechchöre nicht doch skandiert worden sind.
46 
Soweit der Kläger-Vertreter darüber hinaus die weiteren in seinem Schriftsatz vom 24.06.2004 angekündigten Beweisanträge gestellt hat, hat die Kammer auch diese abgelehnt. Soweit die dort genannten Zeugen hätten bekunden sollen, bestimmte Äußerungen nicht gehört zu haben, gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Auch insoweit kann zwar unterstellt werden, dass die als Zeugen benannten Personen diese Äußerungen tatsächlich nicht gehört haben. Damit ist aber weder der Beweis geführt, dass diese Äußerungen gar nicht gefallen sind, noch wären entsprechende Aussagen geeignet, die sich auf die glaubhaften Angaben des als Zeugen vom Hörensagen (sekundäres Beweismittel; vgl. BGH, Urteil vom 31.03.1989 - 2 StR 706/88 -, NJW 1989, 3291) vernommenen Beamten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz gestützte Überzeugung der Kammer in relevanter Weise zu beeinflussen. Es sind eine Vielzahl von Gründen denkbar, aus denen Besucher einer Veranstaltung einzelne Äußerungen von Rednern bzw. Reaktionen des Publikums nicht wahrnehmen.
47 
Soweit der Kläger beantragt hat, den im Jahresbericht 2001 zitierten, in der Türkei lebenden ehemaligen türkischen Justizminister zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass er die ihm zugeschriebenen Äußerungen auf einer Veranstaltung in Ulm nicht getan habe, hat das Gericht von seiner Befugnis nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO Gebrauch gemacht. Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auch im Verwaltungsprozess entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Beschluss vom 27.03.2000 - 9 B 518.99 -, InfAuslR 2000, 412). Sie befreit das Gericht vom Verbot der Beweisantizipation (vgl. BGH, Urteil vom 18.01.1994 - 1 StR 745/93 - BGHSt 40, 60 = NJW 1994, 1484). Die Kammer ist vorliegend der Überzeugung, dass diese beantragte Beweiserhebung keinen Einfluss auf den Gang des Verfahrens gehabt hätte, denn ein Einfluss auf die auf Grund der mündlichen Verhandlung getroffene Beweiswürdigung kann auch für den Fall ausgeschlossen werden, dass der benannte Auslandszeuge die in sein Wissen gestellte Behauptung bestätigen würde. Der Wert der den Kläger entlastenden Aussage wäre von vornherein erheblich durch die engen Beziehungen des vom Kläger als Redner eingeladenen Zeugen - bei dem ein starkes Interesse daran, weder dem Kläger noch seinen eigenen politischen Zielen zu schaden, unterstellt werden kann - zum Kläger gemindert. Zudem bestünden auch insoweit erhebliche Zweifel, ob die Erinnerung eines Zeugen nach über drei Jahren noch eine verlässliche Erkenntnis bietet. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass der insoweit streitigen Tatsachenbehauptung (Hinweis des ehemaligen Ministers auf die „schwierige Situation der FP“ verbunden mit der Bitte an die Zuhörer, der FP vorerst kein Geld mehr in die Türkei zu schicken) nur eine geringe Bedeutung für den sozialen Geltungsanspruch des Klägers zukommt und auf der anderen Seite die Ladung des Zeugen nur unter Einschaltung türkischer Behörden möglich wäre (vgl. die auch im Verwaltungsprozess anwendbare Rechtshilfeordnung für Zivilsachen, Stichwort „Türkei“, sowie das Deutsch-türkische Abkommen über den Rechtsverkehr in Zivilsachen vom 28.05.1929, RGBl. 1930 II S. 6, dort insbesondere Art. 9), so dass für Ladung und Vernehmung des Zeugen ein erheblicher zeitlicher und organisatorischer Aufwand und eine deutliche Verzögerung des Verfahrens entstünden. Dieser Aufwand und der Nachteil einer zeitlich nicht absehbaren Verfahrensverzögerung erscheint im Hinblick auf die insoweit geringe Beeinträchtigung des sozialen Geltungsanspruchs des Klägers und die erhebliche Minderung des Beweiswerts der zu erwartenden Aussage unverhältnismäßig (vgl. zu den Abwägungskriterien im Rahmen von § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO BGH, Urteil vom 18.01.1994, a.a.O., und Urteil vom 25.04.2002 - 3 StR 506/01 -, NJW 2002, 2403; das BVerfG hat die BGH-Rspr. bestätigt).
48 
Da das Gericht somit auf Grund der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme zur Überzeugung gelangt ist, dass die streitbefangenen Tatsachenbehauptungen der Wahrheit entsprechen, war die Klage abzuweisen.
49 
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO) liegen nicht vor.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten stellt das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung der elektronischen Dokumente oder der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Verweigert eine oberste Bundesbehörde die Vorlage, Übermittlung oder Auskunft mit der Begründung, das Bekanntwerden des Inhalts der Urkunden, der Akten, der elektronischen Dokumente oder der Auskünfte würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht; Gleiches gilt, wenn das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 für die Hauptsache zuständig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Dieses gibt den Antrag und die Hauptsacheakten an den nach § 189 zuständigen Spruchkörper ab. Die oberste Aufsichtsbehörde hat die nach Absatz 1 Satz 2 verweigerten Urkunden oder Akten auf Aufforderung dieses Spruchkörpers vorzulegen, die elektronischen Dokumente zu übermitteln oder die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes der Übergabe der Urkunden oder Akten oder der Übermittlung der elektronischen Dokumente an das Gericht entgegenstehen, wird die Vorlage oder Übermittlung nach Satz 5 dadurch bewirkt, dass die Urkunden, Akten oder elektronischen Dokumente dem Gericht in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 5 vorgelegten Akten, elektronischen Dokumente und für die gemäß Satz 8 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 100 nicht. Die Mitglieder des Gerichts sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes. Soweit nicht das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann der Beschluss selbständig mit der Beschwerde angefochten werden. Über die Beschwerde gegen den Beschluss eines Oberverwaltungsgerichts entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Sätze 4 bis 11 sinngemäß.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

Tenor

Auf Antrag des Klägers wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Juli 2004 - 18 K 1474/04 - zugelassen, soweit die Klage auf Unterlassung der im Klageantrag unter a), c) und e) genannten Tatsachenbehauptungen abgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, soweit der Antrag abgelehnt wird; im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Entscheidung über die Berufung vorbehalten.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird, soweit der Antrag abgelehnt wird, auf EUR 5.000,-- festgesetzt.

Gründe

 
Der auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 5 VwGO gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung hat nur teilweise Erfolg.
Soweit sich der Kläger gegen die im Klageantrag unter a), c) und e) aufgeführten Tatsachenbehauptungen wendet, ist der Antrag zulässig und begründet. Der vom Kläger geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) einer Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) liegt vor. Der Kläger rügt zu Recht, dass das Verwaltungsgericht insoweit Beweisanträge verfahrensfehlerhaft abgelehnt hat; die Ablehnungsgründe finden im Gesetz keine Stütze.
Zum Beweis der Tatsache, dass auf Versammlungen des Klägers von Rednern bestimmte Äußerungen nicht getätigt und von der Menge bestimmte Parolen nicht skandiert worden sind, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung - auch unter Bezugnahme auf einen vorherigen Schriftsatz - beantragt, mehrere Zeugen zu vernehmen, die an diesen Versammlungen teilgenommen hatten. Das Verwaltungsgericht hat diese Anträge abgelehnt mit der Begründung, dass sie nicht entscheidungserheblich seien (§ 244 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. StPO in entsprechender Anwendung). Auch wenn als wahr unterstellt werde, dass die Zeugen die Äußerungen bzw. die Sprechchöre nicht selbst gehört hätten, seien diese Hilfstatsachen nicht geeignet darzutun, dass die Äußerungen nicht doch gefallen und die Sprechchöre nicht doch skandiert worden seien. Es sei eine Vielzahl von Gründen denkbar, aus denen Besucher einer Veranstaltung einzelne Äußerungen von Rednern bzw. Reaktionen des Publikums nicht wahrnehmen. Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Ihnen liegt die Annahme zu Grunde, dass der Kläger sich - ungeachtet der abweichenden Formulierung der Beweisanträge - auf die Behauptung beschränke, die Zeugen hätten ein bestimmtes Ereignis nicht wahrgenommen. Mit einer solchen bloßen „Wahrnehmungsbehauptung“ verfehlt das Verwaltungsgericht indessen das Beweisanliegen des Klägers (vgl. hierzu Niemöller, StV 2003, 687 <695> m.N.). Das Verständnis des Verwaltungsgerichts steht zwar im Ausgangspunkt in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach die Beweisbehauptung beim Zeugenbeweis ausschließlich Wahrnehmungen des Zeugen zum Gegenstand haben kann. Bei dem hier vorliegenden Beweis einer so genannten Negativtatsache kann demnach i.d.R. nur die Behauptung, der Zeuge habe einen bestimmten Vorgang nicht wahrgenommen, unter Beweis gestellt werden; die Behauptung, der Vorgang habe nicht stattgefunden, ist demgegenüber als darüber hinausgehende Schlussfolgerung (Beweisziel) zu betrachten, die das Gericht - in gleicher Weise wie bei Vorliegen einer Indiztatsache (siehe hierzu BVerwG, Beschluss vom 20.05.1998 - 7 B 440/97 - , Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 153 m.N.) - nicht zu ziehen brauche; die Wahrnehmungsbehauptung wird damit zur bloßen Beweisanregung (vgl. BGH, Urteil vom 06.07.1993 - 5 StR 279/93 -, BGHSt 39, 251). Auch in der Rechtsprechung ist indessen anerkannt, dass in Ausnahmefällen der Zeuge das Fehlen eines Umstandes oder das Ausbleiben eines Ereignisses unmittelbar wahrnehmen kann. Dies gilt insbesondere bei „einfachen“ Sachverhalten, d.h. überschaubaren Abläufen, wenn der Zeuge Wahrnehmungen über ein unmittelbar tatbestandserhebliches Geschehen machen soll (vgl. BGH, Urteil vom 06.07.1993 - 5 StR 279/93 -, BGHSt 39, 251 <253>; Beschluss vom 09.03.1999 - 1 StR 693/98 - NStZ 1999, 362; Beschluss vom 14.09.2004 - 4 StR 309/04 -, NStZ-RR 2005, 78; Niemöller, StV 2003, 687 <688> m.w.N.). Von einem solchen - und der gebotenen Konnexität zwischen Beweismittel und Beweisbehauptung - ist hier auszugehen, wenn der Kläger behauptet, die Zeugen hätten jeweils den gesamten Vorgang, also die Rede als Ganzes sowie auffällige bzw. prägende Geschehnisse während der Versammlung wahrgenommen.
Geht man hiervon aus, war es dem Verwaltungsgericht verwehrt, diese Beweisanträge im Wege der Wahrunterstellung unter Hinweis darauf abzulehnen, dass sie letztlich nicht entscheidungserhebliche Behauptungen beträfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.03.1987 - 9 C 47.85 -, BVerwGE 77, 150 <156 f.>).
Unberührt bleibt demgegenüber der Ablehnungsgrund der völligen Ungeeignetheit des Beweismittels (§ 244 Abs. 3 Satz 2 4. Alt. StPO in entsprechender Anwendung). Allein mit der Feststellung, dass eine Vielzahl von Gründen denkbar sei, aus denen Besucher einer Veranstaltung einzelne Äußerungen von Rednern bzw. Reaktionen des Publikums nicht wahrnehmen, hat das Verwaltungsgericht die Ablehnung aber nicht jedenfalls hilfsweise mit nachvollziehbaren Erwägungen auf diesen Grund gestützt. Denn völlig ungeeignet in diesem Sinne ist ein Zeuge als Beweismittel nur dann, wenn das Gericht ohne Rücksicht auf das bisher gewonnene Beweisergebnis feststellen kann, dass sich mit ihm das in dem Beweisantrag in Aussicht gestellte Ergebnis nach sicherer Lebenserfahrung nicht erzielen lässt. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die absolute Untauglichkeit muss sich aus dem Beweismittel im Zusammenhang mit der Beweisbehauptung selbst ergeben. Dabei darf ein geminderter, geringer oder zweifelhafter Beweiswert nicht mit völliger Ungeeignetheit gleichgesetzt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 09.04.2002 - 4 StR 547/01 -, NStZ-RR 2002, 242; Niemöller, StV 2003, 687 <694 f.>). Darlegungen, die unter Würdigung der jeweiligen Wahrnehmungssituation der Zeugen den Schluss zuließen, sie seien völlig ungeeignet, finden sich in den Urteilsgründen nicht.
Soweit die Klage hinsichtlich der im Klageantrag unter b) und d) aufgeführten Tatsachenbehauptungen abgewiesen worden ist, hat der Zulassungsantrag hingegen keinen Erfolg.
Was die behauptete „Bereinigung“ des Internet-Auftritts des Klägers (Klagantrag b)) angeht, entspricht das Antragsvorbringen des Klägers schon deswegen nicht den Darlegungserfordernissen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO; weil es jegliche Auseinandersetzung mit den insoweit maßgeblichen Entscheidungsgründen vermissen lässt.
Bezüglich der behaupteten Äußerungen des früheren Vorsitzenden des Klägers (Klagantrag d)) wird ein Verfahrensmangel nicht aufgezeigt. Insoweit kann der Senat dem fristgerecht vorgelegten Begründungsschriftsatz - auch vor dem Hintergrund der nachfolgenden präzisierenden Schriftsätze - nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, ob der Kläger sich etwa auch dagegen wendet, dass einem - gegebenenfalls unter Verweis auf den Schriftsatz vom 24.06.2004 gestellten - Beweisantrag auf Vernehmung des Präsidenten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz nicht entsprochen worden ist. Die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, die sich hierzu nicht verhalten, sprechen allerdings dafür, dass das Verwaltungsgericht die Bezugnahme auf den genannten Schriftsatz jedenfalls nicht in diesem - umfassenden - Sinne verstanden und somit einen diesbezüglichen Beweisantrag auch nicht verbeschieden hat. Im Übrigen hätte der Kläger - wenn denn ein Verstoß gegen § 86 Abs. 2 VwGO vorläge - sein Rügerecht wohl mangels diesbezüglicher Rüge in der mündlichen Verhandlung verloren (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.07.1998 - 9 C 45.97 -, BVerwGE 107, 128 <132>). Eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht könnte schließlich in dieser Hinsicht auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn der Kläger einen solchen Beweisantrag nicht gestellt haben sollte; denn die Verfahrensrüge dient nicht dazu, eigene Versäumnisse im erstinstanzlichen Verfahren auszugleichen (vgl. hierzu etwa BVerwG, Beschluss vom 10.10.2001 - 9 BN 2/01 -, NVwZ-RR 2002, 140; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.04.1997 - 8 S 1040/97 -, VBlBW 1997, 299). Dem Verwaltungsgericht musste sich eine Beweisaufnahme auch nicht aufdrängen.
Das Vorbringen des Klägers begründet schließlich in Bezug auf diesen Klagantrag auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; denn darin wird weder ein die angefochtene Entscheidung insoweit tragender Rechtssatz noch eine für die Entscheidung erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (vgl. hierzu BVerfG, Kammerbeschluss vom 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, VBlBW 2000, 392; nunmehr bestätigt durch Beschluss vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <83>).
10 
Mit der Würdigung der Aussage des als Zeugen gehörten ehemaligen Vorsitzenden des Klägers setzt sich die Antragsschrift nicht näher auseinander und legt insbesondere einen Verstoß gegen § 108 Abs. 1 VwGO nicht dar. Wie die weiteren Ausführungen in den späteren Schriftsätzen zu bewerten wären, bedarf keiner Klärung, da sie über eine zu beachtende bloße Verdeutlichung des in seinen wesentlichen Zügen bereits fristgerecht vorgetragenen Vorbringens weit hinausgehen. Schließlich zeigt der Kläger nicht auf, inwieweit die Vernehmung des Bediensteten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz als solche angesichts der zu Recht nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO verweigerten Aktenvorlage einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 96 Abs. 1 VwGO) darstellen könnte.
11 
Die Kostenentscheidung folgt, soweit der Zulassungsantrag erfolglos geblieben ist, aus § 154 Abs. 2 VwGO.
12 
Soweit die Berufung zugelassen ist, wird das Zulassungsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt. Die Kostenentscheidung bleibt insoweit der Entscheidung über die Berufung vorbehalten.
13 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3, § 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 2 GKG.
14 
Der Beschluss ist unanfechtbar.
15 
Bezüglich der Zulassung der Berufung gilt folgendes:

Sonstige Literatur

 
16 
Belehrung über das zugelassene Rechtsmittel
17 
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, einzureichen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag sowie die im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
18 
Für den Berufungskläger besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Berufung. Der Berufungskläger muss sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. In derselben Weise muss sich jeder Beteiligte vertreten lassen, soweit er einen Antrag stellt.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger (Kurzform: ...) ist eine islamische Gemeinschaft in der Rechtsform des eingetragenen Vereins. Eigenen Angaben zufolge ist er die größte islamische Gemeinschaft Europas, unterhält in Deutschland über 500 Moscheen und betreut über 200.000 Mitglieder. Weiter wird in der Klagschrift ausgeführt, er befürworte die Integration der Muslime in die europäischen Gesellschaften. Da er glaube, dass es keine Rückkehr in die Heimatländer geben werde, veranstalte er seit einem Jahr eine breit angelegte Kampagne zur Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft durch seine Mitglieder. Er befürworte demokratisches Handeln und fordere die Gleichstellung von Mann und Frau; Gewalt werde als Mittel der Auseinandersetzung strikt abgelehnt.
Das Innenministerium Baden-Württemberg hat im Juli 2002 den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2001 veröffentlicht. Der Kläger wird darin im Kapitel E („Sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Ausländern“) unter 3.1.1 genannt und als türkische islamistische Vereinigung bezeichnet; den Kläger betreffende Ausführungen finden sich in der Druckversion des Verfassungsschutzberichts 2001 auf den Seiten 146 bis 157. Dieser ist auch ins Internet eingestellt und über die Adresse „www.verfassungsschutz-bw.de“ abrufbar. Die Internet-Version des Verfassungsschutzberichts 2001 unterscheidet sich von der Druckversion dadurch, dass zahlreiche dort in den Text eingearbeitete Abbildungen fehlen, weshalb trotz Identität des Textes die Seitenzahlen unterschiedlich sind.
Unter anderem sind im Verfassungsschutzbericht 2001 hinsichtlich des Klägers folgende Ausführungen enthalten:
- Auf Seite 147 der Druckversion (Seite 115 der Internetversion) wird neben dem Randhinweis „Verflechtungen in die Türkei“ unter anderem ausgeführt, der Kläger sei in enger Verbindung mit verschiedenen islamistischen Parteien des ehemaligen Ministerpräsidenten ... zu sehen, die in der Türkei seit Jahren politisch eine bedeutende Rolle spielten. Das Ziel der Parteien sei die Abschaffung der auf die säkularen Reformen Kemal Atatürks zurückgehenden Staatsform in der Türkei. Allerdings hätten diese Bestrebungen mit dem vom türkischen Verfassungsgericht am 22. Juni 2001 beschlossenen Verbot der „Fazilet-Partisi“ (FP, „Tugendpartei“) einen neuerlichen Rückschlag erlitten. Wie flexibel jedoch der Kläger hier in Deutschland sei, um im Vorfeld eines drohenden Verbots seiner Mutterorganisation in der Türkei auf einschneidende Veränderungen zu reagieren, sei bereits während einer Veranstaltung des Klägers anlässlich des Opferfestes“ Anfang März 2001 in Ulm deutlich geworden. Dort sei ein ehemaliger Minister der Türkei auch auf die schwierige Situation der FP eingegangen. Da die Partei in der Türkei von einem Verbot bedroht sei, solle man - so seine Argumentation - vorerst kein Geld mehr in die Türkei schicken. Bei einem Verbot würde nämlich das Vermögen der FP vom türkischen Staat beschlagnahmt. Die Gelder, die bisher aus Sicherheitsgründen durch mehrere Personen überbracht worden seien, würden derzeit bei Privatpersonen sicher verwahrt.
- Auf Seite 148 der Druckversion (Seite 117 der Internetversion) wird neben dem Randhinweis „ambivalente Haltung zu den Terroranschlägen in den USA“ unter anderem ausgeführt, dass der Kläger auf die Terroranschläge in den USA vom 11. September 2001 offiziell mit Bedauern und Distanzierung vom Terrorismus reagiert habe. Weiter wird ausgeführt: „Gleichzeitig war festzustellen, dass die Internetangebote der Organisation von belastenden Seiten und Links „bereinigt“ wurden, um unverfänglichen Themen Platz zu machen. Im Gegensatz zu den offiziellen Erklärungen der Organisationsspitze zeichneten die Reaktionen zu den Terroranschlägen in dem Sprachrohr der Organisation „Milli Gazete“ und in der ebenfalls in ...-Kreisen verbreiteten „Akit“ freilich ein anderes Bild.“
- Auf Seite 155 der Druckversion (Seiten 121/122 der Internetversion) wird neben dem Randhinweis „statt Integration Änderung des Systems in Deutschland angestrebt“ unter anderem ausgeführt, wie konkret die Vorstellungen im Zusammenhang mit einer Einflussnahme seien, hätten ...-Funktionäre bei einer Veranstaltung am 04. Juni 2001 in Neu-Ulm mit über tausend Teilnehmern, darunter viele aus Baden-Württemberg, bewiesen. Weiter wird ausgeführt: „Im Mittelpunkt der Erörterung stand die Frage der deutschen Staatsbürgerschaft. In fünf Jahren, so ein ...-Funktionär, gebe es 11 Millionen Muslime in Deutschland und in weiteren fünf Jahren habe man bereits die Einwohnerzahl der ehemaligen DDR erreicht. Wenn man drei Millionen Erwachsene für die ... gewinnen könne, sei es kein Problem, eine Partei zu gründen und ins Parlament in Berlin einzuziehen. Voraussetzung hierfür sei aber die deutsche Staatsbürgerschaft. Die hier geltenden Gesetze böten mehr Freiraum als die türkischen. Das müsse man ausnutzen. Man werde bereits „von vielen Linksparteien“ und deutschen Politikern unterstützt. Es werde noch fünf bis zehn Jahre dauern, aber dann würde man auch das erreichen, was man „wirklich wolle“. In Europa führe man die Auseinandersetzung mit anderen Mitteln. Hier sei Wissen und Bildung Macht, aber man könne auch anders kämpfen, sollte man nichts erreichen. Daran denke man aber im Moment nicht. Die Bedenken, dass man mit Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft die türkische verliere, zerstreute der Redner mit dem Hinweis, man könne sich derzeit nach Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft auch die türkische wieder ausstellen lassen, es müsse aber schnell gehandelt werden.“
- Auf Seiten 155/156 der Druckversion (Seite 122 der Internetversion) wird neben dem Randhinweis „Staatsbürgerschaftskampagne“ unter anderem ausgeführt: „Auch der Vorsitzende der ..., ..., stellte auf der Veranstaltung die Vorteile der deutschen Staatsbürgerschaft zum Erreichen des „gemeinsamen Ziels“ vor. Er rügte seine Zuhörer, die Zeit untätig verschlafen zu haben. Als deutsche Staatsbürger sollten sie Türken aus der Türkei heiraten. Dies sei mit geringem Aufwand möglich. Dadurch würden die Ehepartner und Kinder ebenfalls Deutsche; man stärke damit die Gemeinschaft und bringe diese ihrem Ziel in fünf Jahren näher. Die Zuhörer wurden während der Veranstaltung von „Einpeitschern“ animiert. Einblendungen von ... wurden frenetisch gefeiert. Man bejubelte ihn mit Sprechchören wie „Hoca, wenn du sagst, wir sollen kämpfen, dann kämpfen wir. Wenn du sagst, wir sollen töten, dann töten wir!“
- Schließlich wird auf Seite 156 der Druckversion (Seite 122 der Internetversion) unter anderem noch ausgeführt, auf der Veranstaltung sei deutlich worden, dass die von der ... gestartete Staatsangehörigkeitskampagne nicht wie behauptet auf Integration abziele, sondern auf die möglichst effiziente Verfolgung ihrer Ziele, wobei es darum gehe, zunächst den türkischstämmigen Bevölkerungsteil in Deutschland auszuweiten. Weiter heißt es: „Diese Ziele sind keineswegs nur unter religiösen Aspekten zu betrachten, stehen aber in engem Zusammenhang mit der Bekämpfung der säkularen Gesellschaftsform, welche die ... für die Türkei und die eigene Gemeinschaft türkisch-islamistischer Migranten in Europa ablehnt“.
Mit Schreiben vom 25.07.2002 wandte sich der Kläger in dieser Angelegenheit an das Innenministerium Baden-Württemberg und wies darauf hin, dass der Verfassungsschutzbericht 2001, soweit er darin Erwähnung finde, neben einer Vielzahl unangreifbarer Meinungsäußerungen auch Unwahrheiten enthalte, die so nicht hingenommen werden könnten. So habe es eine Rede mit dem auf Seite 115 [(Internetversion) bzw. 147 (Druckversion)] des Verfassungsschutzberichts 2001 wiedergegebenen Inhalt weder auf einer von ihm abgehaltenen Veranstaltung in Ulm Anfang März 2001 noch sonst wo gegeben. Ebenso habe es keine belastenden Seiten oder Links seines Internetangebotes gegeben; daher habe auch nichts bereinigt werden müssen. Weder bei der Veranstaltung in Neu-Ulm am 04.06.2001 noch sonst wo habe einer seiner Funktionäre eine Rede mit dem auf Seite 121 [(Internetversion) bzw. 155 (Druckversion)] des Verfassungsschutzberichts 2001 wiedergegebenen Inhalt gehalten. Schließlich habe es die auf Seite 122 [(Internetversion) bzw. Seiten 155/156 (Druckversion)] des Verfassungsschutzberichts 2001 wiedergegebenen Äußerungen des Herrn ... weder auf der Veranstaltung in Neu-Ulm noch sonst wo gegeben. Zuletzt seien weder in Neu-Ulm noch auf einer anderen von ihm abgehaltenen Veranstaltung Sprechchöre mit dem auf Seite 122 [(Internetversion) bzw. Seite 156 (Druckversion)] des Verfassungsschutzberichts 2001 wiedergegebenen Inhalt gerufen worden. Abschließend wies der Kläger darauf hin, soweit im Verfassungsschutzbericht 2001 unter der Rubrik „...“ über verschiedene Inhalte der „Milli Gazete“ berichtet werde, seien jene nicht Äußerungen seiner Funktionäre; sie würden auch nicht von ihm geteilt. Die „Milli Gazete“ sei eine in der Türkei redigierte Tageszeitung, mit der weder personelle Verflechtungen bestünden noch habe er redaktionellen Einfluss auf diese Zeitung. Die dort getätigten Aussagen stammten auch nicht von einem seiner Mitglieder. Deshalb habe er Anspruch darauf, dass über ihn die vorzitierten Unwahrheiten nicht verbreitet würden bzw. im Verfassungsschutzbericht 2001 unter der ihn betreffenden Rubrik nicht Äußerungen Dritter, die ihm nicht zuzurechnen seien, angeführt würden. Gleichzeitig wurde gebeten, eine beigefügte strafbewehrte Unterlassungserklärung bis zum 05.08.2002 rechtsgültig unterzeichnet zurückzuleiten, andernfalls gerichtliche Schritte eingeleitet würden.
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Hierauf teilte das Innenministerium Baden-Württemberg dem Kläger unter dem 16.09.2002 mit, dass die von ihm vorgebrachten Vorwürfe überprüft worden seien, eine sachliche Unrichtigkeit der Aussagen allerdings nicht habe festgestellt werden können. Daher werde keine Veranlassung gesehen, die kritisierten Passagen im Verfassungsschutzbericht des Landes nicht zu veröffentlichen.
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Mit seit dem 26.06.2003 rechtskräftigem Beschluss vom 16.05.2003 - 18 K 4179/02 - hat die Kammer den Antrag des Klägers, dem Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die im Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2001 auf den Seiten 146 bis 157 (Druckversion) bzw. Seiten 115 bis 122 (Internetversion) enthaltenen, im Einzelnen bezeichneten Tatsachenfeststellungen weiterhin zu behaupten oder zu verbreiten, zurückgewiesen.
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Bereits zuvor hatte der Kläger am 05.12.2002 in dieser Sache Klage erhoben und zur Begründung zunächst sein bisheriges Vorbringen wiederholt.
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Nachdem sich der Beklagte bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes darauf berufen hatte, dass die vom Kläger gerügten Passagen im Verfassungsschutzbericht 2001 im Wesentlichen auf entsprechenden Erkenntnissen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz beruhten, und in jenem Verfahren ein entsprechendes Behördenzeugnis vorgelegt worden war, teilte das Bayerische Staatsministerium des Innern unter dem 24.04.2003 mit, dass nach Durchsicht der vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz vorgelegten Originalakten die inhaltliche Authentizität der in dessen Behördenzeugnis enthaltenen Informationen bestätigt und die am Ende jenes Behördenzeugnisses erfolgte Bewertung der Zuverlässigkeit und Zulässigkeit der Datenerhebung geteilt werde. Darüber hinaus sehe sich das Bayerische Staatsministerium des Innern nicht in der Lage, dem Wunsch nach Vorlage der Akten des Bayrischen Landesamtes für Verfassungsschutz, die Daten des Klägers enthielten, zu entsprechen, denn das Bekanntwerden des Inhalts jener Akten würde dem Wohl des Bundes und der Länder Nachteile bereiten; ferner seien sie gemäß § 99 Abs. 1 S. 2 VwGO auch ihrem Wesen nach geheim zu halten.
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Hierauf beantragte der Kläger gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zur Frage der Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Vorlage der Akten durch das Bayerische Staatsministerium des Innern. Das vorliegende Verfahren wurde deshalb durch Beschluss der Kammer vom 25.08.2003 gemäß § 94 VwGO ausgesetzt. Zur Begründung seines Antrags trug der Kläger unter dem 27.08.2003 u.a. vor, der Beklagte habe die streitgegenständlichen Vorwürfe in seinem Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2002 nicht wiederholt, weil er offensichtlich eingesehen habe, dass er einer Fehlinformation des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz gefolgt sei. Gleichwohl verbreite der Beklagte die streitgegenständlichen unwahren Behauptungen nach wie vor im Internet, so dass auf Jahre hinaus dessen Nutzer sich auf die Richtigkeit der Äußerungen des Beklagten verlassen würden. Im Übrigen bestehe Grund zu der Annahme, dass die Erkenntnisse in der Behördenakte nicht auf Auskünften und Urkunden beruhten, deren Bekanntgabe dem Wohle des Bundes Nachteile bereiten könnte, sondern auf das „Zusammenschnipseln“ von Zeitungsartikeln und anderen Gerüchtequellen gestützt würden. Hinzu komme, dass das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz personell überhaupt nicht in der Lage sei, fremdsprachliche islamische Organisationen zu überwachen, da entsprechende sprachkundige Mitarbeiter nicht zur Verfügung stünden. Soweit die Erkenntnisse des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz auf „offenen Quellen“ wie beispielsweise Zeitschriften oder Flugblätter beruhten, handele es sich insoweit nicht um Urkunden oder Akten, deren Bekanntwerden dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde. Im Übrigen könne keine Person, die zu den von ihm durchgeführten Vorträgen oder Veranstaltungen „eingeschleust“ worden sei, das bestätigen, was in dem Behördenzeugnis zu finden sei. Dagegen könne das Gegenteil dessen von Hunderten von Versammlungsteilnehmern bestätigt werden. Durch die Vorlage des unüberprüfbaren Behördenzeugnisses und der Verweigerung weiterer Akteneinsicht werde ihm, dem Kläger, jede Möglichkeit eines Gegenbeweises abgeschnitten.
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Mit Beschluss vom 24.03.2004 - 14 S 93/04 -, rechtskräftig seit 14.05.2004, erklärte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Verweigerung der Vorlage der den Kläger betreffenden Akten des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz durch das Bayrische Staatsministerium des Innern für rechtmäßig.
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Unter dem 24.06.2004 hat der Kläger ergänzend ausgeführt, die prozessuale Handhabung, eine Entscheidung gemäß § 99 VwGO beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einzuholen, sei nicht sachgemäß gewesen sei, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei Voraussetzung für die Durchführung des Zwischenverfahrens nach § 99 VwGO grundsätzlich ein Beweisbeschluss des Gerichts der Hauptsache. Außerdem enthält dieser Schriftsatz zahlreiche Beweisangebote sowie den Hinweis, dass bereits längere Zeit vor dem Terroranschlag am 11. September 2001 an einer neuen Homepage gearbeitet worden sei.
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Der Kläger beantragt,
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dem Beklagten zu untersagen, zu behaupten oder zu verbreiten:
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a) Ein ehemaliger Minister habe auf einer Veranstaltung der ... anlässlich des Opferfestes Anfang März 2001 in Ulm gesagt, man solle vorerst kein Geld mehr in die Türkei schicken. “Bei einem Verbot würde nämlich das Vermögen der FP vom türkischen Staat beschlagnahmt. Die Gelder, die bisher aus Sicherheitsgründen durch mehrere Personen überbracht worden seien, würden derzeit bei Privatpersonen sicher verwahrt.“
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b) Nach den Terroranschlägen in den USA vom 11. September 2001 seien die Internetangebote der Organisation von belastenden Seiten und Links „bereinigt“ worden.
21 
c) Ein ...-Funktionär habe bei einer Veranstaltung in Neu-Ulm am 04.06.2001 gesagt, wenn man drei Millionen Erwachsene für die ... gewinnen könne, sei es kein Problem, eine Partei zu gründen und ins Parlament in Berlin einzuziehen. ... Man werde bereits „von vielen Linksparteien“ und deutschen Politikern unterstützt. Es werde noch fünf bis zehn Jahre dauern, aber dann würde man auch das erreichen, was man „wirklich wolle“. In Europa führe man die Auseinandersetzung mit anderen Mitteln. Hier sei Wissen und Bildung Macht, aber man könne auch anders kämpfen, sollte man nichts erreichen. Daran denke man aber im Moment nicht. Die Bedenken, dass man mit Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft die türkische verliere, zerstreute der Redner mit dem Hinweis, man könne sich jederzeit nach Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft auch die türkische wieder ausstellen lassen, es müsse aber schnell gehandelt werden.
22 
d) Der ...-Vorsitzende ... habe gesagt, „als deutsche Staatsbürger sollte man Türken aus der Türkei heiraten. Dies sei mit geringem Aufwand möglich. Dadurch würden die Ehepartner und Kinder ebenfalls Deutsche; man stärke damit die Gemeinschaft und bringe diese ihrem Ziel in fünf Jahren näher.“
23 
e) Bei einer ...-Veranstaltung habe die Menge Sprechchöre wie „Hoca, wenn du sagst, wir sollen kämpfen, dann kämpfen wir. Wenn du sagst, wir sollen töten, dann töten wir!“, gerufen.
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Der Beklagte beantragt,
25 
die Klage abzuweisen.
26 
Zur Begründung weist er darauf hin, dass die Kammer bereits in ihrem im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss vom 16.05.2003 zutreffend davon ausgegangen sei, dass alle streitbefangenen Textpassagen im Verfassungsschutzbericht 2001 ausschließlich Tatsachenbehauptungen enthielten. Die Aussage im Verfassungsschutzbericht 2001 über die „Bereinigung“ von Internetangeboten beziehe sich beispielsweise auf die Links der Homepage der Zentrale des Klägers in ... auf die Homepage der Presseorgane „Akit“ und „Milli Gazete“. Die Links zu diesen Presseorganen seien nach dem 11.09.2001 gelöscht worden. Die Bewertung der Verlinkung zu den genannten Presseorganen als in Bezug auf die Haltung zu den Terroranschlägen in den USA vom 01.09.2001 „belastend“ unterliege indessen nur einem eingeschränkten Prüfungsmaßstab. Angesichts der antiamerikanischen Haltung der „Milli Gazete“ sei die Nennung des gelöschten Links auf dieses Presseorgan im Verfassungsschutzbericht 2001 sachgerecht. Denn die „Milli Gazete“ bzw. für sie tätige Journalisten würden ein islamistisches Weltbild vertreten, in dem die Amerikaner als gegen die islamische Welt gerichtete Kräfte aufträten. Auf die Frage, ob die genannten Presseorgane im Sinne eines Sprachrohrs dem Kläger zurechenbar seien, komme es dabei nicht an.
27 
Entsprechendes gelte für den auf der Homepage der ... Mannheim gesetzten Link zur Adresse „www....“. Diese Seite habe am 25.08.2000 unter anderem einen Beitrag „Wie kann ich für den Jihad trainieren“ beinhaltet. Der Beitrag habe sich mit der terroristischen Ausbildung bis hin zum Umgang mit Handfeuerwaffen und scharfer Munition befasst. Die Web-Site sei nach den Anschlägen vom 11.09.2001 geändert und der Link zu „www....“ gelöscht worden. Über das Beseitigen dieser Links sei auch in der „taz“ in deren Ausgabe vom 25.09.2001 auf Seite 10 berichtet worden. Auf die Frage, ob die Homepage bzw. die Äußerungen des ...-Ortsverbands Mannheim dem Kläger zuzurechnen seien, komme es nicht an; es reiche aus, dass der Link auf die Homepage des Ortsverbandes auf Grund des dort vorhandenen Verweises auf die Adresse „www....“ als belastend im Hinblick auf die Haltung des Klägers zu den Terroranschlägen in den USA zu werten sei. Im Übrigen müsse sich der Kläger das Verhalten eines seiner Ortsverbände auch zurechnen lassen, zumal er die Verwendung des offiziellen ...-Symbols auf der besagten Homepage seit Jahren offenbar nicht beanstande. Hinzu komme, dass sowohl die Vorsitzenden des Mannheimer Vereins als auch dessen Sekretär vom damaligen Generalsekretär des Klägers und dessen stellvertretendem Bundesvorsitzenden ernannt worden seien. Deshalb sei davon auszugehen, dass ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Ortsvorstand und Vereinsvorstand bestehe. Die übrigen vom Kläger gerügten Textpassagen im Verfassungsschutzbericht 2001 würden Äußerungen von Rednern auf Veranstaltungen des Klägers zutreffend wiedergeben. Die darin enthaltenen Darstellungen beruhten auf entsprechenden Erkenntnissen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz. Dass diese im Verfassungsschutzbericht 2001 zitierten Äußerungen auf den genannten Veranstaltungen gefallen seien, werde im Behördenzeugnis vom 30.10.2002 bestätigt. Darüber hinaus seien in jenem Behördenzeugnis im Hinblick auf die jeweiligen Veranstaltungen weitere detaillierte Angaben enthalten. Ebenso würden die im Verfassungsschutzbericht 2001 auf Seite 155 erwähnten Äußerungen auf der Veranstaltung vom 04.06.2001 in Neu-Ulm erheblich präzisiert. Entsprechendes gelte für die weiteren in diesem Zusammenhang im Verfassungsschutzbericht enthaltenen Äußerungen. Schließlich würden auch die auf Seite 156 des Verfassungsschutzberichts 2001 erwähnten Einblendungen von ... konkretisiert. Über eine bloße Bestätigung der streitbefangenen Textpassagen im Verfassungsschutzbericht 2001 hinaus habe das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz zahlreiche Details zu dem Rahmen genannt, in dem diese Äußerungen gefallen seien. Dies belege, dass das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz über detaillierte nachrichtendienstliche Quellen über die genannten Veranstaltungen verfüge. Im Übrigen habe das Bayerische Staatsministerium des Innern mit Schreiben vom 24.04.2003 die inhaltliche Authentizität der in jenem Behördenzeugnis enthaltenen Informationen nach Durchsicht der zugrundeliegenden Akten ebenso bestätigt wie die Bewertung der Zuverlässigkeit und Zulässigkeit der Datenerhebung. Aus dem Umstand, dass das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz über umfassende Detailkenntnisse aus den im Verfassungsschutzbericht 2001 in Bezug genommenen Veranstaltungen des Klägers verfüge und der gemäß § 99 Abs. 2 VwGO zuständige Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg den zugehörigen Akten die entsprechenden Quellen bzw. Informanten habe entnehmen können, folge, dass an der Richtigkeit der Darstellung im Behördenzeugnis vom 30.10.2002 und in der diese bestätigenden Sperrerklärung vom 24.04.2003 keine Zweifel bestünden. Zwar habe das Gericht bei der Entscheidung in der Sache selbst im Rahmen der Sachverhaltswürdigung zu beurteilen, welches Gewicht dem Behördenzeugnis sowie der zugehörigen Sperrerklärung zukomme. Dabei sei allerdings zu berücksichtigen, dass das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz nach dem rechtskräftigen Beschluss des VGH Baden-Württemberg berechtigt gewesen sei, die Vorlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen zu verweigern. Unter diesen Umständen sei die Behördenbestätigung vom 30.10.2002 als mittelbares Beweismittel verwertbar. Die vom Kläger vorgelegten eidesstattliche Versicherungen seines Vorsitzenden ... sowie des früheren Vorsitzenden ... könnten, wie die Kammer bereits in ihrem Beschluss vom 16.05.2003 zutreffend festgestellt habe, den erbrachten Beweis nicht erschüttern. Wegen weiterer Einzelheiten der Klageerwiderung wird auf die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 23.06., 01.07. und 05.07.2004 verwiesen.
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In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger-Vertreter ergänzend darauf hingewiesen, dass sich der soziale Geltungsanspruch aus der Satzung des Klägers ergebe, der danach eine religiöse Gemeinschaft sei. Im Übrigen hat er bekräftigt, dass Gegenstand des Verfahrens ausschließlich Tatsachenbehauptungen, nicht aber auch Wertungen seien.
29 
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Vernehmung eines Beamten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz und des ehemaligen Vorsitzenden des Klägers als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die hierüber angefertigte Niederschrift, die dem Sitzungsprotokoll beigefügt ist, verwiesen. Weitere vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisanträge hat die Kammer abgelehnt.
30 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens sowie des Verfahrens 18 K 4179/02 und die in diesen Verfahren von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen verwiesen; Druck- und Internetversion des Verfassungsschutzberichts 2001 liegen dem Gericht ebenfalls vor.

Entscheidungsgründe

 
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Die auf Untersagung einer schlicht-hoheitlichen Tätigkeit, nämlich der Verbreitung bestimmter, im Landesverfassungsschutzbericht 2001 enthaltener Tatsachenbehauptungen gerichtete Klage ist als allgemeine Leistungsklage in der Form der Unterlassungsklage zulässig.
32 
Es ist allgemein anerkannt, dass gegenüber öffentlichen, in amtlicher Eigenschaft von Hoheitsträgern getätigten Äußerungen den Betroffenen ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch zustehen kann, wobei offen bleiben kann, ob dieser sich dogmatisch unmittelbar aus einzelnen Freiheitsgrundrechten (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1, 4 Abs. 1 GG; vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 23.05.1989 - 7 C 2/87 -, NJW 1989, 2272, und Beschluss vom 13.03.1991 - 7 B 99/90 -, NJW 1991, 1770) oder aus einfachem Recht in Form einer analogen Anwendung der §§ 1004, 906 BGB (vgl. Laubinger, VerwArch. 1989, 261, 291 ff.) ergibt. Der jedenfalls gewohnheitsrechtlich anerkannte Anspruch (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.04.1999 - 21 A 490/97 -, NVwZ-RR 2000, 599 ff.) setzt einen rechtswidrigen Eingriff oder eine sonstige rechtswidrige Beeinträchtigung einer grundrechtlich oder einfach gesetzlich geschützten Rechtsposition voraus, ohne dass der Betroffene verpflichtet wäre, den Eingriff oder die Beeinträchtigung zu dulden. Insoweit steht vorliegend das allgemeine Persönlichkeitsrecht mit dem auch juristischen Personen zustehenden gesetzlichen Recht auf Schutz der Ehre in analoger Anwendung des § 823 Abs. 1 BGB in Rede. Dieses Recht steht auch Personenvereinigungen mit ideeller Zielsetzung zu, wenn und soweit ihr sozialer Geltungsanspruch in ihrem Aufgabenbereich betroffen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.05.1989, a.a.O.). Der Kläger kann deshalb Abwehransprüche gegen unwahre Tatsachenbehauptungen geltend machen. Tatsächliche Verfälschungen, insbesondere das Unterschieben nicht getaner Äußerungen, sind dabei auch dann unzulässig, wenn sie nicht rufschädigend wirken (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.01.2000 - 3 B 100/99 -, NVwZ-RR 2000, 598; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.04.1999, a.a.O.; Bamberger/Roth, BGB, 1. Aufl. 2003, Anhang zu § 823 RdNr. 44 f), so dass die vom Beklagten aufgeworfene Frage einer durch die beanstandeten Tatsachenbehauptungen entstandenen Rufschädigung keiner Entscheidung bedarf.
33 
Der Zulässigkeit der Klage kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der Landesverfassungsschutzbericht 2001 bereits im Juli 2002 veröffentlicht worden und dieser Vorgang daher abgeschlossen ist. Denn der Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2001 ist nach wie vor ins Internet eingestellt und unter der Adresse „www.verfassungsschutz-bw.de“ jederzeit abrufbar.
34 
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht hinsichtlich der von ihm beanstandeten Tatsachenbehauptungen im Landesverfassungsschutzbericht 2001 und deren Verbreitung kein Unterlassungsanspruch zu.
35 
Einer Regierung steht grundsätzlich das Recht zur politischen Meinungsäußerung als ureigenes verfassungsmäßiges Recht gegenüber jedem zu, der sich an der politischen Auseinandersetzung beteiligt, ohne dass hierfür eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung erforderlich wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.04.1984 - 7 B 20/83 -, NJW 1984, 2591; VGH Baden-Württ., Urteil vom 29.08.1988 - 1 S 1233/86 -). Dies schließt auch die Ermittlung und Zusammenstellung gesellschaftlich relevanter Tatsachen sowie die Veröffentlichung von Informationen, Empfehlungen und gegebenenfalls Warnungen hierüber mit ein (vgl. VGH Baden-Württ., a.a.O., m.w.N.). Nach den §§ 12, 3 LVSG obliegt dem Landesamt für Verfassungsschutz in Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben die Sammlung und Auswertung von Informationen, Auskünften, Nachrichten und Unterlagen von Organisationen und Personen unter anderem über Bestrebungen, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind bzw. durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Hierüber kann die Öffentlichkeit periodisch oder aus gegebenen Anlass informiert werden. § 12 LVSG stellt indessen eine - abschließende - Ermächtigungsgrundlage nur insofern dar, als in Satz 2 die Bekanntgabe personenbezogener Daten im Hinblick auf den Datenschutz geregelt ist; im Übrigen umschreibt diese Vorschrift lediglich einen - neben der Aufgabenzuweisung in § 3 LVSG - weiteren Teilaspekt der Tätigkeit, nämlich die Unterrichtung der Öffentlichkeit. Der vom Innenministerium Baden-Württemberg und dem Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg jährlich herausgegebene Verfassungsschutzbericht ist eine Publikation im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit und stellt als solcher einen Tätigkeitsbericht über die im Laufe des Berichtszeitraums durchgeführten Maßnahmen sowie die dabei gewonnenen Erkenntnisse dar (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 30.06.1993 - 18 K 1685/93 -). Darüber hinaus nimmt er eine wertende Beurteilung der gewonnenen Erkenntnisse vor, die aber vorliegend nicht Gegenstand des Verfahrens ist.
36 
Die vorliegend streitbefangenen Äußerungen des Beklagten enthalten ausschließlich Tatsachenbehauptungen, denn sie sind in ihrem Gehalt als etwas Geschehenes einer objektiven Klärung und damit dem Beweis zugänglich (vgl. BGH, Urteil vom 30.05.1974 - VI ZR 174/72 -, LM § 824 BGB Nr. 18 Bl. 1 m.w.N., Urteil vom 13.10.1964 - VI ZR 167/63 -, NJW 1965, 35 f, Urteil vom 20.05.1986 - VI ZR 242/85 -, NJW 1987, 1398 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.04.1999, a.a.O.).
37 
Vorliegend hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass sowohl die zitierten Aussagen - Äußerungen einzelner Personen bzw. auf Veranstaltungen skandierte Parolen - so gemacht worden sind als auch die behauptete Internet-Bereinigung stattgefunden hat und die vom Kläger gerügten Tatsachenbehauptungen damit der Wahrheit entsprechen.
38 
Die im Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2001 auf Seite 148, 3. Absatz (Druckversion) aufgestellte Behauptung, nach dem 11. September 2001 seien Internet-Angebote der Organisation (des Klägers) von belastenden Seiten und Links bereinigt worden, hat der Beklagte durch Vorlage entsprechender Ausdrucke aus dem Internet belegt. Danach enthielt die Homepage der Zentrale des Klägers in ... beispielsweise noch am 20.08.2001 unter anderem Verweise auf die Homepages der Presseorgane „Akit“ und „Milli Gazete“, die nach dem 11.09.2001 fehlten. Ebenfalls gelöscht wurde nach den Terroranschlägen in den USA des Weiteren eine auf der Homepage des „... Mannheim/...“ noch am 25.08.2000 enthaltener Link zu „www....“, wo sich unter anderem der militärische Ausbildung jeglicher Art als islamische Verpflichtung mit Trainings-Anleitungen, unter anderem zum Umgang mit Handfeuerwaffen, propagierende Beitrag fand, „Wie kann ich für den Jihad trainieren?“. Nach dem 11.09.2001 war die Homepage der „... Mannheim/...“ geändert und enthielt einen Beitrag mit der Überschrift „Wer steckt hinter den Anschlägen“. Die Äußerungen der ... Mannheim sind dem Kläger nach Überzeugung des Gerichts auch zuzurechnen. Dies ergibt sich schon aus seiner Organisationsstruktur, bei der seine Mitglieder ausweislich des Verfassungsschutzberichts Baden-Württemberg 2001 - unwidersprochen - in 60 Vereinen organisiert sind, die ihrerseits in vier regionale Verbände eingegliedert sind.
39 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger bereits längere Zeit vor dem Terroranschlag am 11.09.2001 an einer neuen Homepage gearbeitet hat, denn der zeitliche Zusammenhang zwischen diesem Terroranschlag und der Änderung der Homepages des Klägers wird hierdurch nicht berührt, weshalb es auf die Gründe dieser Änderung nicht ankommt. Soweit im Übrigen die genannten Links auf den Homepages des Klägers im Verfassungsschutzbericht 2001 als „belastend“ bezeichnet werden, handelt es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine Wertung, die nach der ausdrücklichen Erklärung des Kläger-Vertreters in der mündlichen Verhandlung nicht Gegenstand des Verfahrens ist.
40 
Auch hinsichtlich der übrigen streitgegenständlichen Tatsachenbehauptungen hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass diese wahr sind.
41 
Zwar hat der Beklagte insoweit weder die Behördenakten vorgelegt noch unmittelbare Zeugen hierfür benannt. Doch hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg durch Beschluss vom 24.03.2004 - 14 S 93/04 - rechtskräftig entschieden, dass die Verweigerung der Vorlage der den Kläger betreffenden Akten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz durch das Bayerische Staatsministerium des Innern rechtmäßig ist. Schon aus diesem Grund kann der Kläger nicht mehr damit gehört werden, das Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO ( sog. „in-camera“-Verfahren) sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, weil nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2003 - 20 F 13.03 - (DVBl. 2000, 254) vor Durchführung dieses Zwischenverfahrens regelmäßig durch Beweisbeschluss klargestellt werden müsse, welche Behördenakten entscheidungserheblich seien, was vorliegend indessen nicht geschehen sei. Hinzu kommt, dass nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Erlass eines solchen Beweisbeschlusses dann entbehrlich ist, wenn - wie hier - die zurückgehaltenen Unterlagen zweifelsfrei entscheidungserheblich sind. Dass diese nach Auffassung der Kammer entscheidungserheblich sind, folgt schon aus der Verfügung des Vorsitzenden vom 24.02.2003, mit der das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz aufgefordert worden war, unter Bezugnahme auf sein im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorgelegtes Schreiben vom 30.10.2002 an das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg die dort genannten „nachrichtendienstlichen Quellen“ und die entsprechenden Unterlagen offen zu legen.
42 
Allerdings führt die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Aktenvorlage nicht dazu, dass das Gericht schon deshalb von der Richtigkeit der streitbefangenen Tatsachenbehauptungen, für die der Beklagte beweispflichtig ist, auszugehen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.07.2002 - 2 AV 1/02 -, NVwZ 2002,1249). Vielmehr unterliegt dies der Beweiswürdigung des Gerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.02.1996 - 1 B 37.95 -, NVwZ-RR 1997, 133).
43 
Zunächst ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass sich der Beklagte dadurch, dass es ihm aus Gründen der Staatssicherheit nicht möglich ist, seine Erkenntnisquellen außerhalb des „in-camera“-Verfahrens offen zu legen, in einer Art Beweisnot befindet. Darüber hinaus hat der als Zeuge gehörte Bedienstete des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz in allgemeiner Weise überzeugend dargelegt, auf welche Art und Weise verfassungsschutzrelevante Erkenntnisse gewonnen und überprüft werden und dass vor einer Veröffentlichung interne Kontrollmechanismen vorgeschaltet sind. Insbesondere werden danach nur von verschiedenen Quellen bestätigte Informationen verwertet. Im Hinblick darauf, dass nach dessen Angaben die eingesetzten unmittelbaren V-Leute auch die erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse besitzen und ihre Erkenntnisse zeitnah berichten, ist nach Überzeugung des Gerichts gewährleistet, dass zusammen mit dem Einsatz qualifizierter Dolmetscher Verständnis- und Übertragungsfehler weitestgehend ausgeschlossen sind. Hinzu kommt, dass dieser mittelbare Zeuge erklärt hat, er sei nach eigener Überprüfung aller Quellen und sonstigen Unterlagen zur Überzeugung gelangt, dass die streitbefangenen Tatsachenbehauptungen über den Inhalt bestimmter Redebeiträge und der Skandierung der vorgenannten Parolen allesamt der Wahrheit entsprechen. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben des mittelbaren Zeugen nicht der Wahrheit entsprechen, sind nach Überzeugung der Kammer nicht erkennbar.
44 
Demgegenüber hat der als Zeuge vernommene - im Jahresbericht 2001 zitierte - ehemalige Vorsitzende des Klägers zwar bekundet, die ihm zugeschriebenen Äußerungen bei einer Veranstaltung des Klägers am 04.06.2001 in Neu-Ulm so nicht gemacht zu haben. Das Gericht hält es indessen für wenig wahrscheinlich, dass sich ein Zeuge nach über drei Jahren noch an den genauen Wortlaut bestimmter Äußerungen erinnert, zumal der Zeuge zu diesem Thema bei zahlreichen Veranstaltungen im Jahre 2001 gesprochen hat. Hinzu kommt, dass der Zeuge als ehemaliger Vorsitzender der Klägerin nach Überzeugung der Kammer nach wie vor daran interessiert ist, die für den Kläger negativen Feststellungen des Beklagten zu widerlegen, so dass seine Aussage auch unter diesem Gesichtspunkt nicht geeignet ist, die streitigen Tatsachenbehauptungen in Zweifel zu ziehen.
45 
Soweit der Kläger-Vertreter beantragt hat, zum Beweis dafür, dass die in seinem Schriftsatz vom 04.12.2002 unter I c) und e) genannten Tatsachenbehauptungen nicht zutreffen, ebenfalls den ehemaligen Vorsitzenden als Zeugen zu hören, hat die Kammer den Beweisantrag als nicht entscheidungserheblich (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO analog) abgelehnt. Maßgebend hierfür ist, dass als wahr unterstellt werden kann, dass der Zeuge die unter Beweis gestellten Äußerungen und Sprechchöre selbst nicht gehört hat. Diese bloße Hilfstatsache (vgl. hierzu Herdegen in Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Aufl. 2003, § 244 RdNr. 74) ist jedoch an sich nicht geeignet darzutun, dass die streitbefangenen Äußerungen nicht doch gefallen sind und die genannten Sprechchöre nicht doch skandiert worden sind.
46 
Soweit der Kläger-Vertreter darüber hinaus die weiteren in seinem Schriftsatz vom 24.06.2004 angekündigten Beweisanträge gestellt hat, hat die Kammer auch diese abgelehnt. Soweit die dort genannten Zeugen hätten bekunden sollen, bestimmte Äußerungen nicht gehört zu haben, gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Auch insoweit kann zwar unterstellt werden, dass die als Zeugen benannten Personen diese Äußerungen tatsächlich nicht gehört haben. Damit ist aber weder der Beweis geführt, dass diese Äußerungen gar nicht gefallen sind, noch wären entsprechende Aussagen geeignet, die sich auf die glaubhaften Angaben des als Zeugen vom Hörensagen (sekundäres Beweismittel; vgl. BGH, Urteil vom 31.03.1989 - 2 StR 706/88 -, NJW 1989, 3291) vernommenen Beamten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz gestützte Überzeugung der Kammer in relevanter Weise zu beeinflussen. Es sind eine Vielzahl von Gründen denkbar, aus denen Besucher einer Veranstaltung einzelne Äußerungen von Rednern bzw. Reaktionen des Publikums nicht wahrnehmen.
47 
Soweit der Kläger beantragt hat, den im Jahresbericht 2001 zitierten, in der Türkei lebenden ehemaligen türkischen Justizminister zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass er die ihm zugeschriebenen Äußerungen auf einer Veranstaltung in Ulm nicht getan habe, hat das Gericht von seiner Befugnis nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO Gebrauch gemacht. Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auch im Verwaltungsprozess entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Beschluss vom 27.03.2000 - 9 B 518.99 -, InfAuslR 2000, 412). Sie befreit das Gericht vom Verbot der Beweisantizipation (vgl. BGH, Urteil vom 18.01.1994 - 1 StR 745/93 - BGHSt 40, 60 = NJW 1994, 1484). Die Kammer ist vorliegend der Überzeugung, dass diese beantragte Beweiserhebung keinen Einfluss auf den Gang des Verfahrens gehabt hätte, denn ein Einfluss auf die auf Grund der mündlichen Verhandlung getroffene Beweiswürdigung kann auch für den Fall ausgeschlossen werden, dass der benannte Auslandszeuge die in sein Wissen gestellte Behauptung bestätigen würde. Der Wert der den Kläger entlastenden Aussage wäre von vornherein erheblich durch die engen Beziehungen des vom Kläger als Redner eingeladenen Zeugen - bei dem ein starkes Interesse daran, weder dem Kläger noch seinen eigenen politischen Zielen zu schaden, unterstellt werden kann - zum Kläger gemindert. Zudem bestünden auch insoweit erhebliche Zweifel, ob die Erinnerung eines Zeugen nach über drei Jahren noch eine verlässliche Erkenntnis bietet. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass der insoweit streitigen Tatsachenbehauptung (Hinweis des ehemaligen Ministers auf die „schwierige Situation der FP“ verbunden mit der Bitte an die Zuhörer, der FP vorerst kein Geld mehr in die Türkei zu schicken) nur eine geringe Bedeutung für den sozialen Geltungsanspruch des Klägers zukommt und auf der anderen Seite die Ladung des Zeugen nur unter Einschaltung türkischer Behörden möglich wäre (vgl. die auch im Verwaltungsprozess anwendbare Rechtshilfeordnung für Zivilsachen, Stichwort „Türkei“, sowie das Deutsch-türkische Abkommen über den Rechtsverkehr in Zivilsachen vom 28.05.1929, RGBl. 1930 II S. 6, dort insbesondere Art. 9), so dass für Ladung und Vernehmung des Zeugen ein erheblicher zeitlicher und organisatorischer Aufwand und eine deutliche Verzögerung des Verfahrens entstünden. Dieser Aufwand und der Nachteil einer zeitlich nicht absehbaren Verfahrensverzögerung erscheint im Hinblick auf die insoweit geringe Beeinträchtigung des sozialen Geltungsanspruchs des Klägers und die erhebliche Minderung des Beweiswerts der zu erwartenden Aussage unverhältnismäßig (vgl. zu den Abwägungskriterien im Rahmen von § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO BGH, Urteil vom 18.01.1994, a.a.O., und Urteil vom 25.04.2002 - 3 StR 506/01 -, NJW 2002, 2403; das BVerfG hat die BGH-Rspr. bestätigt).
48 
Da das Gericht somit auf Grund der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme zur Überzeugung gelangt ist, dass die streitbefangenen Tatsachenbehauptungen der Wahrheit entsprechen, war die Klage abzuweisen.
49 
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO) liegen nicht vor.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
31 
Die auf Untersagung einer schlicht-hoheitlichen Tätigkeit, nämlich der Verbreitung bestimmter, im Landesverfassungsschutzbericht 2001 enthaltener Tatsachenbehauptungen gerichtete Klage ist als allgemeine Leistungsklage in der Form der Unterlassungsklage zulässig.
32 
Es ist allgemein anerkannt, dass gegenüber öffentlichen, in amtlicher Eigenschaft von Hoheitsträgern getätigten Äußerungen den Betroffenen ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch zustehen kann, wobei offen bleiben kann, ob dieser sich dogmatisch unmittelbar aus einzelnen Freiheitsgrundrechten (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1, 4 Abs. 1 GG; vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 23.05.1989 - 7 C 2/87 -, NJW 1989, 2272, und Beschluss vom 13.03.1991 - 7 B 99/90 -, NJW 1991, 1770) oder aus einfachem Recht in Form einer analogen Anwendung der §§ 1004, 906 BGB (vgl. Laubinger, VerwArch. 1989, 261, 291 ff.) ergibt. Der jedenfalls gewohnheitsrechtlich anerkannte Anspruch (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.04.1999 - 21 A 490/97 -, NVwZ-RR 2000, 599 ff.) setzt einen rechtswidrigen Eingriff oder eine sonstige rechtswidrige Beeinträchtigung einer grundrechtlich oder einfach gesetzlich geschützten Rechtsposition voraus, ohne dass der Betroffene verpflichtet wäre, den Eingriff oder die Beeinträchtigung zu dulden. Insoweit steht vorliegend das allgemeine Persönlichkeitsrecht mit dem auch juristischen Personen zustehenden gesetzlichen Recht auf Schutz der Ehre in analoger Anwendung des § 823 Abs. 1 BGB in Rede. Dieses Recht steht auch Personenvereinigungen mit ideeller Zielsetzung zu, wenn und soweit ihr sozialer Geltungsanspruch in ihrem Aufgabenbereich betroffen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.05.1989, a.a.O.). Der Kläger kann deshalb Abwehransprüche gegen unwahre Tatsachenbehauptungen geltend machen. Tatsächliche Verfälschungen, insbesondere das Unterschieben nicht getaner Äußerungen, sind dabei auch dann unzulässig, wenn sie nicht rufschädigend wirken (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.01.2000 - 3 B 100/99 -, NVwZ-RR 2000, 598; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.04.1999, a.a.O.; Bamberger/Roth, BGB, 1. Aufl. 2003, Anhang zu § 823 RdNr. 44 f), so dass die vom Beklagten aufgeworfene Frage einer durch die beanstandeten Tatsachenbehauptungen entstandenen Rufschädigung keiner Entscheidung bedarf.
33 
Der Zulässigkeit der Klage kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der Landesverfassungsschutzbericht 2001 bereits im Juli 2002 veröffentlicht worden und dieser Vorgang daher abgeschlossen ist. Denn der Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2001 ist nach wie vor ins Internet eingestellt und unter der Adresse „www.verfassungsschutz-bw.de“ jederzeit abrufbar.
34 
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht hinsichtlich der von ihm beanstandeten Tatsachenbehauptungen im Landesverfassungsschutzbericht 2001 und deren Verbreitung kein Unterlassungsanspruch zu.
35 
Einer Regierung steht grundsätzlich das Recht zur politischen Meinungsäußerung als ureigenes verfassungsmäßiges Recht gegenüber jedem zu, der sich an der politischen Auseinandersetzung beteiligt, ohne dass hierfür eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung erforderlich wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.04.1984 - 7 B 20/83 -, NJW 1984, 2591; VGH Baden-Württ., Urteil vom 29.08.1988 - 1 S 1233/86 -). Dies schließt auch die Ermittlung und Zusammenstellung gesellschaftlich relevanter Tatsachen sowie die Veröffentlichung von Informationen, Empfehlungen und gegebenenfalls Warnungen hierüber mit ein (vgl. VGH Baden-Württ., a.a.O., m.w.N.). Nach den §§ 12, 3 LVSG obliegt dem Landesamt für Verfassungsschutz in Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben die Sammlung und Auswertung von Informationen, Auskünften, Nachrichten und Unterlagen von Organisationen und Personen unter anderem über Bestrebungen, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind bzw. durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Hierüber kann die Öffentlichkeit periodisch oder aus gegebenen Anlass informiert werden. § 12 LVSG stellt indessen eine - abschließende - Ermächtigungsgrundlage nur insofern dar, als in Satz 2 die Bekanntgabe personenbezogener Daten im Hinblick auf den Datenschutz geregelt ist; im Übrigen umschreibt diese Vorschrift lediglich einen - neben der Aufgabenzuweisung in § 3 LVSG - weiteren Teilaspekt der Tätigkeit, nämlich die Unterrichtung der Öffentlichkeit. Der vom Innenministerium Baden-Württemberg und dem Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg jährlich herausgegebene Verfassungsschutzbericht ist eine Publikation im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit und stellt als solcher einen Tätigkeitsbericht über die im Laufe des Berichtszeitraums durchgeführten Maßnahmen sowie die dabei gewonnenen Erkenntnisse dar (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 30.06.1993 - 18 K 1685/93 -). Darüber hinaus nimmt er eine wertende Beurteilung der gewonnenen Erkenntnisse vor, die aber vorliegend nicht Gegenstand des Verfahrens ist.
36 
Die vorliegend streitbefangenen Äußerungen des Beklagten enthalten ausschließlich Tatsachenbehauptungen, denn sie sind in ihrem Gehalt als etwas Geschehenes einer objektiven Klärung und damit dem Beweis zugänglich (vgl. BGH, Urteil vom 30.05.1974 - VI ZR 174/72 -, LM § 824 BGB Nr. 18 Bl. 1 m.w.N., Urteil vom 13.10.1964 - VI ZR 167/63 -, NJW 1965, 35 f, Urteil vom 20.05.1986 - VI ZR 242/85 -, NJW 1987, 1398 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.04.1999, a.a.O.).
37 
Vorliegend hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass sowohl die zitierten Aussagen - Äußerungen einzelner Personen bzw. auf Veranstaltungen skandierte Parolen - so gemacht worden sind als auch die behauptete Internet-Bereinigung stattgefunden hat und die vom Kläger gerügten Tatsachenbehauptungen damit der Wahrheit entsprechen.
38 
Die im Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2001 auf Seite 148, 3. Absatz (Druckversion) aufgestellte Behauptung, nach dem 11. September 2001 seien Internet-Angebote der Organisation (des Klägers) von belastenden Seiten und Links bereinigt worden, hat der Beklagte durch Vorlage entsprechender Ausdrucke aus dem Internet belegt. Danach enthielt die Homepage der Zentrale des Klägers in ... beispielsweise noch am 20.08.2001 unter anderem Verweise auf die Homepages der Presseorgane „Akit“ und „Milli Gazete“, die nach dem 11.09.2001 fehlten. Ebenfalls gelöscht wurde nach den Terroranschlägen in den USA des Weiteren eine auf der Homepage des „... Mannheim/...“ noch am 25.08.2000 enthaltener Link zu „www....“, wo sich unter anderem der militärische Ausbildung jeglicher Art als islamische Verpflichtung mit Trainings-Anleitungen, unter anderem zum Umgang mit Handfeuerwaffen, propagierende Beitrag fand, „Wie kann ich für den Jihad trainieren?“. Nach dem 11.09.2001 war die Homepage der „... Mannheim/...“ geändert und enthielt einen Beitrag mit der Überschrift „Wer steckt hinter den Anschlägen“. Die Äußerungen der ... Mannheim sind dem Kläger nach Überzeugung des Gerichts auch zuzurechnen. Dies ergibt sich schon aus seiner Organisationsstruktur, bei der seine Mitglieder ausweislich des Verfassungsschutzberichts Baden-Württemberg 2001 - unwidersprochen - in 60 Vereinen organisiert sind, die ihrerseits in vier regionale Verbände eingegliedert sind.
39 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger bereits längere Zeit vor dem Terroranschlag am 11.09.2001 an einer neuen Homepage gearbeitet hat, denn der zeitliche Zusammenhang zwischen diesem Terroranschlag und der Änderung der Homepages des Klägers wird hierdurch nicht berührt, weshalb es auf die Gründe dieser Änderung nicht ankommt. Soweit im Übrigen die genannten Links auf den Homepages des Klägers im Verfassungsschutzbericht 2001 als „belastend“ bezeichnet werden, handelt es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine Wertung, die nach der ausdrücklichen Erklärung des Kläger-Vertreters in der mündlichen Verhandlung nicht Gegenstand des Verfahrens ist.
40 
Auch hinsichtlich der übrigen streitgegenständlichen Tatsachenbehauptungen hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass diese wahr sind.
41 
Zwar hat der Beklagte insoweit weder die Behördenakten vorgelegt noch unmittelbare Zeugen hierfür benannt. Doch hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg durch Beschluss vom 24.03.2004 - 14 S 93/04 - rechtskräftig entschieden, dass die Verweigerung der Vorlage der den Kläger betreffenden Akten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz durch das Bayerische Staatsministerium des Innern rechtmäßig ist. Schon aus diesem Grund kann der Kläger nicht mehr damit gehört werden, das Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO ( sog. „in-camera“-Verfahren) sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, weil nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2003 - 20 F 13.03 - (DVBl. 2000, 254) vor Durchführung dieses Zwischenverfahrens regelmäßig durch Beweisbeschluss klargestellt werden müsse, welche Behördenakten entscheidungserheblich seien, was vorliegend indessen nicht geschehen sei. Hinzu kommt, dass nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Erlass eines solchen Beweisbeschlusses dann entbehrlich ist, wenn - wie hier - die zurückgehaltenen Unterlagen zweifelsfrei entscheidungserheblich sind. Dass diese nach Auffassung der Kammer entscheidungserheblich sind, folgt schon aus der Verfügung des Vorsitzenden vom 24.02.2003, mit der das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz aufgefordert worden war, unter Bezugnahme auf sein im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorgelegtes Schreiben vom 30.10.2002 an das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg die dort genannten „nachrichtendienstlichen Quellen“ und die entsprechenden Unterlagen offen zu legen.
42 
Allerdings führt die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Aktenvorlage nicht dazu, dass das Gericht schon deshalb von der Richtigkeit der streitbefangenen Tatsachenbehauptungen, für die der Beklagte beweispflichtig ist, auszugehen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.07.2002 - 2 AV 1/02 -, NVwZ 2002,1249). Vielmehr unterliegt dies der Beweiswürdigung des Gerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.02.1996 - 1 B 37.95 -, NVwZ-RR 1997, 133).
43 
Zunächst ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass sich der Beklagte dadurch, dass es ihm aus Gründen der Staatssicherheit nicht möglich ist, seine Erkenntnisquellen außerhalb des „in-camera“-Verfahrens offen zu legen, in einer Art Beweisnot befindet. Darüber hinaus hat der als Zeuge gehörte Bedienstete des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz in allgemeiner Weise überzeugend dargelegt, auf welche Art und Weise verfassungsschutzrelevante Erkenntnisse gewonnen und überprüft werden und dass vor einer Veröffentlichung interne Kontrollmechanismen vorgeschaltet sind. Insbesondere werden danach nur von verschiedenen Quellen bestätigte Informationen verwertet. Im Hinblick darauf, dass nach dessen Angaben die eingesetzten unmittelbaren V-Leute auch die erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse besitzen und ihre Erkenntnisse zeitnah berichten, ist nach Überzeugung des Gerichts gewährleistet, dass zusammen mit dem Einsatz qualifizierter Dolmetscher Verständnis- und Übertragungsfehler weitestgehend ausgeschlossen sind. Hinzu kommt, dass dieser mittelbare Zeuge erklärt hat, er sei nach eigener Überprüfung aller Quellen und sonstigen Unterlagen zur Überzeugung gelangt, dass die streitbefangenen Tatsachenbehauptungen über den Inhalt bestimmter Redebeiträge und der Skandierung der vorgenannten Parolen allesamt der Wahrheit entsprechen. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben des mittelbaren Zeugen nicht der Wahrheit entsprechen, sind nach Überzeugung der Kammer nicht erkennbar.
44 
Demgegenüber hat der als Zeuge vernommene - im Jahresbericht 2001 zitierte - ehemalige Vorsitzende des Klägers zwar bekundet, die ihm zugeschriebenen Äußerungen bei einer Veranstaltung des Klägers am 04.06.2001 in Neu-Ulm so nicht gemacht zu haben. Das Gericht hält es indessen für wenig wahrscheinlich, dass sich ein Zeuge nach über drei Jahren noch an den genauen Wortlaut bestimmter Äußerungen erinnert, zumal der Zeuge zu diesem Thema bei zahlreichen Veranstaltungen im Jahre 2001 gesprochen hat. Hinzu kommt, dass der Zeuge als ehemaliger Vorsitzender der Klägerin nach Überzeugung der Kammer nach wie vor daran interessiert ist, die für den Kläger negativen Feststellungen des Beklagten zu widerlegen, so dass seine Aussage auch unter diesem Gesichtspunkt nicht geeignet ist, die streitigen Tatsachenbehauptungen in Zweifel zu ziehen.
45 
Soweit der Kläger-Vertreter beantragt hat, zum Beweis dafür, dass die in seinem Schriftsatz vom 04.12.2002 unter I c) und e) genannten Tatsachenbehauptungen nicht zutreffen, ebenfalls den ehemaligen Vorsitzenden als Zeugen zu hören, hat die Kammer den Beweisantrag als nicht entscheidungserheblich (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO analog) abgelehnt. Maßgebend hierfür ist, dass als wahr unterstellt werden kann, dass der Zeuge die unter Beweis gestellten Äußerungen und Sprechchöre selbst nicht gehört hat. Diese bloße Hilfstatsache (vgl. hierzu Herdegen in Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Aufl. 2003, § 244 RdNr. 74) ist jedoch an sich nicht geeignet darzutun, dass die streitbefangenen Äußerungen nicht doch gefallen sind und die genannten Sprechchöre nicht doch skandiert worden sind.
46 
Soweit der Kläger-Vertreter darüber hinaus die weiteren in seinem Schriftsatz vom 24.06.2004 angekündigten Beweisanträge gestellt hat, hat die Kammer auch diese abgelehnt. Soweit die dort genannten Zeugen hätten bekunden sollen, bestimmte Äußerungen nicht gehört zu haben, gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Auch insoweit kann zwar unterstellt werden, dass die als Zeugen benannten Personen diese Äußerungen tatsächlich nicht gehört haben. Damit ist aber weder der Beweis geführt, dass diese Äußerungen gar nicht gefallen sind, noch wären entsprechende Aussagen geeignet, die sich auf die glaubhaften Angaben des als Zeugen vom Hörensagen (sekundäres Beweismittel; vgl. BGH, Urteil vom 31.03.1989 - 2 StR 706/88 -, NJW 1989, 3291) vernommenen Beamten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz gestützte Überzeugung der Kammer in relevanter Weise zu beeinflussen. Es sind eine Vielzahl von Gründen denkbar, aus denen Besucher einer Veranstaltung einzelne Äußerungen von Rednern bzw. Reaktionen des Publikums nicht wahrnehmen.
47 
Soweit der Kläger beantragt hat, den im Jahresbericht 2001 zitierten, in der Türkei lebenden ehemaligen türkischen Justizminister zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass er die ihm zugeschriebenen Äußerungen auf einer Veranstaltung in Ulm nicht getan habe, hat das Gericht von seiner Befugnis nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO Gebrauch gemacht. Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auch im Verwaltungsprozess entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Beschluss vom 27.03.2000 - 9 B 518.99 -, InfAuslR 2000, 412). Sie befreit das Gericht vom Verbot der Beweisantizipation (vgl. BGH, Urteil vom 18.01.1994 - 1 StR 745/93 - BGHSt 40, 60 = NJW 1994, 1484). Die Kammer ist vorliegend der Überzeugung, dass diese beantragte Beweiserhebung keinen Einfluss auf den Gang des Verfahrens gehabt hätte, denn ein Einfluss auf die auf Grund der mündlichen Verhandlung getroffene Beweiswürdigung kann auch für den Fall ausgeschlossen werden, dass der benannte Auslandszeuge die in sein Wissen gestellte Behauptung bestätigen würde. Der Wert der den Kläger entlastenden Aussage wäre von vornherein erheblich durch die engen Beziehungen des vom Kläger als Redner eingeladenen Zeugen - bei dem ein starkes Interesse daran, weder dem Kläger noch seinen eigenen politischen Zielen zu schaden, unterstellt werden kann - zum Kläger gemindert. Zudem bestünden auch insoweit erhebliche Zweifel, ob die Erinnerung eines Zeugen nach über drei Jahren noch eine verlässliche Erkenntnis bietet. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass der insoweit streitigen Tatsachenbehauptung (Hinweis des ehemaligen Ministers auf die „schwierige Situation der FP“ verbunden mit der Bitte an die Zuhörer, der FP vorerst kein Geld mehr in die Türkei zu schicken) nur eine geringe Bedeutung für den sozialen Geltungsanspruch des Klägers zukommt und auf der anderen Seite die Ladung des Zeugen nur unter Einschaltung türkischer Behörden möglich wäre (vgl. die auch im Verwaltungsprozess anwendbare Rechtshilfeordnung für Zivilsachen, Stichwort „Türkei“, sowie das Deutsch-türkische Abkommen über den Rechtsverkehr in Zivilsachen vom 28.05.1929, RGBl. 1930 II S. 6, dort insbesondere Art. 9), so dass für Ladung und Vernehmung des Zeugen ein erheblicher zeitlicher und organisatorischer Aufwand und eine deutliche Verzögerung des Verfahrens entstünden. Dieser Aufwand und der Nachteil einer zeitlich nicht absehbaren Verfahrensverzögerung erscheint im Hinblick auf die insoweit geringe Beeinträchtigung des sozialen Geltungsanspruchs des Klägers und die erhebliche Minderung des Beweiswerts der zu erwartenden Aussage unverhältnismäßig (vgl. zu den Abwägungskriterien im Rahmen von § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO BGH, Urteil vom 18.01.1994, a.a.O., und Urteil vom 25.04.2002 - 3 StR 506/01 -, NJW 2002, 2403; das BVerfG hat die BGH-Rspr. bestätigt).
48 
Da das Gericht somit auf Grund der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme zur Überzeugung gelangt ist, dass die streitbefangenen Tatsachenbehauptungen der Wahrheit entsprechen, war die Klage abzuweisen.
49 
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO) liegen nicht vor.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 274/04 Verkündet am:
15. November 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage, wann eine objektiv unwahre Wortberichterstattung einen Unterlassungsanspruch
begründet.
BGH, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 274/04 - OLG München
LG München I
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2005 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 13. Juli 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Rechtsanwalt und vertritt hauptsächlich Anleger, insbesondere Aktionäre, die sich durch Fehlinformationen vor wie nach dem Börsengang der jeweiligen Aktiengesellschaft geschädigt fühlen. Zur Zeit von Bemühungen des Gesetzgebers um einen verstärkten Anlegerschutz gab er "dpa" ein Interview, das in einen Artikel der Illustrierten "stern" eingeflossen ist.
2
Nach der Veröffentlichung des genannten Artikels im "stern" erschien im "Effecten-Spiegel" (künftig: ES) Nr. 20/03 vom 8. Mai 2003 ein Artikel mit der Überschrift "R.: Bislang hat in Deutschland kein Anleger Schadenersatz bekommen". Der Artikel lautete weiter: "ES warnte bereits x-fach vor sinnlosen Klagen. Bekanntlich hatte der ES schon x-fach Anleger davor gewarnt, sich von geldgierigen Anwälten in sinnlose Schadenersatzklagen hineinhetzen zu lassen. Man sollte nicht zusätzlich zu den erlittenen Kursverlusten gutes Geld schlechtem hinterherwerfen , wurde betont. Diese Einschätzung hat sich als treffend erwiesen. Nach einer Reihe von Skandalen am neuen Markt waren etliche Aktionäre vor Gericht gezogen. Doch sei es im Falle von EM.TV, sei es im Falle von ComROAD oder sei es Infomatec: Erfolg hatte kein einziger Kläger. Einer der Haupt-Initiatoren derartiger Schadenersatzklagen, Rechtsanwalt R., der rd. 500 EM.TV-Aktionäre vertritt, bestätigte jüngst sogar selbst gegenüber dem 'stern': Bislang hat in Deutschland kein Anleger Schadenersatz bekommen. Warum dann die ständigen Aufrufe an die geprellten Aktionäre , sich irgendwelchen Schadenersatzklagen anzuschließen? Anwaltliche Abzockerei? Oder was sonst?"
3
Die Beklagte ist Verlegerin des "ES".
4
Der Kläger hat von der Beklagten Unterlassung der beanstandeten Berichterstattung begehrt. Die Klage hatte vor dem Landgericht Erfolg, weil der Kläger sich dem "stern" gegenüber unstreitig nicht geäußert habe. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision will der Kläger eine Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch nicht schon aufgrund der unrichtigen Quellenangabe zu. Die Abweichung der mitgeteilten Tatsache, dass der Kläger sich gegenüber dem "stern" geäußert habe, von der Wahrheit, wonach die Äußerung gegenüber "dpa" erfolgt sei, sei unwesentlich. Auch unter Berücksichtigung des vom Kläger selbst zu definierenden sozialen Geltungsanspruchs liege eine wertneutrale Falschdarstellung durch die Beklagte vor. Der Kläger habe durch das Interview gegenüber der Presseagentur "dpa" bewusst in Kauf genommen, dass dieses nicht nur in von ihm geschätzten Presseerzeugnissen zitiert werde. Mit einer Übernahme durch den "stern" habe er rechnen müssen. Der Kläger habe durch die Wahl eines anderen Interview-Partners das Erscheinen in bestimmten Presseerzeugnissen sicherstellen können. Dass seitens der Beklagten vor Veröffentlichung keine Nachfrage beim "stern" hinsichtlich des Interview-Partners erfolgt sei, sei nicht als Nachlässigkeit zu werten. Der "stern" sei nicht für unzuverlässige Quellenrecherchen bekannt. Der Bericht im "stern" habe weitestgehend der "dpa"Vorlage entsprochen. Der Kläger habe das abgedruckte Zitat auch tatsächlich gegenüber "dpa" geäußert. Unter Berücksichtigung aller Umstände sei die Angabe der unrichtigen Zitatquelle im Bericht des "ES" nur eine völlig unbedeutende und wertneutrale Unrichtigkeit, die der Beklagten nicht zuzurechnen sei.
6
Der von der Beklagten veröffentlichte Text sei inhaltlich zwar nicht identisch , enthalte aber keine den Sinn verändernde Abweichung gegenüber dem von "dpa" bzw. "stern" übernommenen Text. Im Übrigen enthalte der Text Meinungsäußerungen , die als solche durch die Meinungsfreiheit bzw. die Pressefreiheit inhaltlich gedeckt seien.

II.

7
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
8
1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt der Revision, dass die beanstandete Äußerung insoweit unrichtig ist, als der Kläger sich nicht gegenüber dem "stern" geäußert hat. Das hat das Berufungsgericht jedoch nicht verkannt. Es bejaht diese Abweichung ausdrücklich.
9
a) Das Berufungsgericht hält die Abweichung zwischen der mitgeteilten Tatsache, dass der Kläger sich gegenüber dem "stern" geäußert habe, und der Wahrheit, wonach die Äußerung gegenüber "dpa" erfolgt ist, für unwesentlich. Demgegenüber meint die Revision, hierauf komme es nicht an, weil eine unwahre Tatsache jedenfalls nicht behauptet werden dürfe, wenn der Betroffene sich an der Falschmeldung störe, weil sie dem von ihm selbst zu definierenden sozialen Geltungsanspruch widerspreche. Dabei räumt die Revision ein, dass die Beklagte seinerzeit nicht etwa wider besseres Wissen verbreitet hat, der Kläger habe die Äußerung gegenüber dem "stern" abgegeben, sondern dass sie insoweit gutgläubig war. Deshalb ist zweifelhaft, ob dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht bereits der Gesichtspunkt fehlender Wiederholungsgefahr entgegensteht.
10
Abschließender Beurteilung bedarf dies jedoch nicht, weil es an anderen Voraussetzungen für einen solchen Anspruch fehlt. Insoweit berührt sich die Frage, ob die Abweichung ("stern") von der Wahrheit ("dpa") wesentlich ist, eng mit der Frage, ob der Kläger hierdurch in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt ist. Das hat das Berufungsgericht unter den Umständen des Streitfalls mit Recht verneint. Maßgeblich ist nämlich in einem solchen Fall, ob gerade die Abweichung von der Wahrheit den Betroffenen in seinem sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigt. Vorliegend hätte es in dem beanstandeten Artikel korrekt heißen müssen, dass der Kläger das Zitat laut einer Mitteilung des "stern" selbst gegenüber "dpa" bestätigt habe. Wenn es demgegenüber heißt, dass er das Zitat selbst gegenüber dem "stern" bestätigt habe, berührt dies nicht den Inhalt der Äußerung des Klägers, sondern lediglich die Frage, wem gegenüber er sie abgegeben hat.
11
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die nicht korrekte Berichterstattung in diesem Punkt sei nicht geeignet, den Kläger verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen (vgl. BVerfGE 54, 148, 157 - Eppler), ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Der Kläger hat nicht nachvollziehbar dargetan, weshalb die wahrheitswidrige Behauptung, er habe gegenüber "stern" eine Äußerung abgegeben, eine rechtswidrige Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstelle. Das aber wäre Voraussetzung für die Annahme eines Eingriffs in sein Persönlichkeitsrecht, ohne die ein Anspruch auf Unterlassung der Äußerung nicht besteht. Auch wenn grundsätzlich keine unwahren Tatsachen verbreitet werden dürfen, kommt es für die Frage eines Unterlassungsanspruchs darauf an, ob in einer solchen Berichterstattung inhaltlich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen liegt.
12
Zwar ist hierbei zu beachten, dass der von einer Äußerung Betroffene seinen sozialen Geltungsanspruch und damit auch dessen Verletzung selbst definiert (vgl. BVerfGE aaO - Eppler; 99, 185, 194 - Helnwein; Wenzel/Burkhardt , Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 5 Rdn. 77). Die Behauptung, der Kläger habe eine Äußerung gegenüber dem "stern" abgegeben , betrifft jedoch weder die Privat-, Geheim- oder Intimsphäre des Klägers noch enthält sie ohne nähere Darlegung des Betroffenen erkennbar eine Ehrkränkung oder sonst eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Auch das Verfügungsrecht des Klägers über die Darstellung der eigenen Person (vgl. BVerfGE 35, 202, 220 - Lebach) ist nicht betroffen. Die Revision kann auch keinen nachvollziehbaren Vortrag des Klägers vor dem Tatrichter dazu dartun, dass sein Bild in der Öffentlichkeit durch die Behauptung, er habe sich dem "stern" gegenüber geäußert, negativ beeinflusst worden wäre. Ohnehin reicht der Schutz des Betroffenen nicht soweit, dass er Anspruch darauf hätte, in der Öffentlichkeit nur so dargestellt zu werden, wie er sich selbst sieht oder von anderen gesehen werden möchte (vgl. BVerfGE 99, 194 - Helnwein), hier also als Anwalt, der gegenüber dem "stern" keine Äußerungen macht.
13
Dem beanstandeten Artikel ist - entgegen der Ansicht der Revision - nicht zu entnehmen, dass der Kläger dem "stern" ein Interview gegeben habe. Die behauptete Bestätigung gegenüber dem "stern" kann auch in anderer Weise - etwa auf telefonische Anfrage - erfolgt sein. Die Befürchtung der Revision, der eine oder andere Leser des "ES" werde aus der unwahren Tatsache einer Äußerung des Klägers gegenüber dem "stern" Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Klägers ziehen und hierdurch werde dessen sozialer Geltungsanspruch beeinträchtigt, ist unter diesen Umständen eher fern liegend. Auch fehlt es an Vortrag des Klägers dazu, inwiefern sein Bild in der Öffentlichkeit durch die objektiv unwahre Behauptung überhaupt beeinträchtigt werde. Allein der Hinweis der Revision darauf, dass der Kläger den "stern" für ein "Boulevardblatt" halte, reicht hierfür nicht aus. Weiteren Vortrag des Klägers, wonach etwa seine Klientel gegen den "stern" eingestellt sei oder der Kläger in der Öffentlichkeit entschieden gegen den "stern" aufgetreten und damit eine Äußerung gegenüber diesem Blatt nicht in Einklang zu bringen wäre, zeigt die Revision nicht auf.
14
2. Die Revision hat auch keinen Erfolg, soweit sie einen Unterlassungsanspruch damit begründet, dass der streitgegenständliche Artikel das angebli- che Zitat in einen anderen Zusammenhang stelle als den, in dem es gefallen sei, und hierdurch dessen Sinn verzerre.
15
a) Der Zitierte hat allerdings einen Anspruch darauf, dass seine Aussage an seinem Selbstverständnis, also daran gemessen wird, wie und in welchem Kontext er die Äußerung gemacht hat, und nicht daran, wie ein Teil der Leser die Äußerung (miss-)verstehen könnte, solange das Zitat als eindeutige, einer Interpretation nicht bedürftige Erklärung des Zitierten ausgegeben wird (BVerfGE 54, 155 - Eppler; 54, 208, 217 - Böll; BVerfG, NJW 1993, 2925, 2926 - BKA-Präsident; Löffler/Steffen, Presserecht, 4. Aufl., § 6 LPG Rdn. 200). Dagegen verstößt das Falschzitat jedoch nicht.
16
b) Die Revision macht hierzu geltend, dass der Kläger den zitierten Satz "bislang hat in Deutschland kein Anleger Schadenersatz bekommen" anlässlich geplanter Gesetzesänderungen geäußert und einen vorläufigen Zwischenstand hinsichtlich bereits laufender Verfahren wiedergegeben habe. Er habe zum Ausdruck gebracht, dass einerseits klagende Anleger noch keinen endgültigen Erfolg gehabt hätten, andererseits die Verfahren noch nicht beendet seien. Demgegenüber werde die Äußerung in dem Artikel als Beleg dafür angeführt, dass "geldgierige Anwälte" Anleger "in sinnlose Schadenersatzklagen hineinhetzen" und "anwaltliche Abzockerei" betrieben. Damit erwecke sie den Eindruck , der Kläger habe gewissermaßen zugegeben, dass die Warnungen der Beklagten vor geldgierigen Anwälten und sinnlosen Schadensersatzprozessen berechtigt seien. Auch damit hat die Revision keinen Erfolg.
17
Das Verständnis des Berufungsgerichts von dem beanstandeten Artikel unterliegt zwar der Überprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - VersR 1994, 1120, 1121; vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163 f. und vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 278), lässt aber keinen durchgreifenden Fehler erkennen. Die Feststellung des Berufungsgerichts, das Zitat sei zutreffend und unverändert wiedergegeben, entspricht dem Ergebnis der Beweisaufnahme und wird von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Das Berufungsgericht hat auch den Zusammenhang, in dem die Äußerung des Klägers zitiert wird, nicht sinnwidrig entstellt. Es hat die Textpassagen, die sich mit dem Kläger befassen, als zulässige, wenn auch zugespitzte Meinungsäußerung in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage bewertet. Dem kann gefolgt werden, weil diese Meinungsäußerungen ("Abzockerei", "sinnlose Klagen", "geldgierige Anwälte" ) auch im Hinblick auf den Kläger keine bloße Diffamierung darstellen. Sie entbehren nicht des erforderlichen Sachbezugs im Rahmen der Berichterstattung der Beklagten über die bislang erfolglosen Massenklagen. Sie beinhalten - anders als in dem entsprechenden Artikel im "ES" Nr. 22/03 (vgl. dazu im Rechtsstreit zwischen den selben Parteien den Beschluss des erkennenden Senats vom 15. November 2005 - VI ZR 197/04 - zu OLG München, Urteil vom 18. Mai 2004 - 18 U 5717/03 -) - eine noch hinzunehmende Kritik und sind nicht als bloße Schmähkritik (vgl. Senatsurteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279; BVerfG, NJW 2004, 590, 591) zu unterlassen.
18
3. Nach allem ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Müller Greiner Diederichsen
Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 17.12.2003 - 9 O 14936/03 -
OLG München, Entscheidung vom 13.07.2004 - 18 U 2505/04 -

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten stellt das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung der elektronischen Dokumente oder der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Verweigert eine oberste Bundesbehörde die Vorlage, Übermittlung oder Auskunft mit der Begründung, das Bekanntwerden des Inhalts der Urkunden, der Akten, der elektronischen Dokumente oder der Auskünfte würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht; Gleiches gilt, wenn das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 für die Hauptsache zuständig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Dieses gibt den Antrag und die Hauptsacheakten an den nach § 189 zuständigen Spruchkörper ab. Die oberste Aufsichtsbehörde hat die nach Absatz 1 Satz 2 verweigerten Urkunden oder Akten auf Aufforderung dieses Spruchkörpers vorzulegen, die elektronischen Dokumente zu übermitteln oder die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes der Übergabe der Urkunden oder Akten oder der Übermittlung der elektronischen Dokumente an das Gericht entgegenstehen, wird die Vorlage oder Übermittlung nach Satz 5 dadurch bewirkt, dass die Urkunden, Akten oder elektronischen Dokumente dem Gericht in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 5 vorgelegten Akten, elektronischen Dokumente und für die gemäß Satz 8 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 100 nicht. Die Mitglieder des Gerichts sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes. Soweit nicht das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann der Beschluss selbständig mit der Beschwerde angefochten werden. Über die Beschwerde gegen den Beschluss eines Oberverwaltungsgerichts entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Sätze 4 bis 11 sinngemäß.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 274/04 Verkündet am:
15. November 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage, wann eine objektiv unwahre Wortberichterstattung einen Unterlassungsanspruch
begründet.
BGH, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 274/04 - OLG München
LG München I
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2005 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 13. Juli 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Rechtsanwalt und vertritt hauptsächlich Anleger, insbesondere Aktionäre, die sich durch Fehlinformationen vor wie nach dem Börsengang der jeweiligen Aktiengesellschaft geschädigt fühlen. Zur Zeit von Bemühungen des Gesetzgebers um einen verstärkten Anlegerschutz gab er "dpa" ein Interview, das in einen Artikel der Illustrierten "stern" eingeflossen ist.
2
Nach der Veröffentlichung des genannten Artikels im "stern" erschien im "Effecten-Spiegel" (künftig: ES) Nr. 20/03 vom 8. Mai 2003 ein Artikel mit der Überschrift "R.: Bislang hat in Deutschland kein Anleger Schadenersatz bekommen". Der Artikel lautete weiter: "ES warnte bereits x-fach vor sinnlosen Klagen. Bekanntlich hatte der ES schon x-fach Anleger davor gewarnt, sich von geldgierigen Anwälten in sinnlose Schadenersatzklagen hineinhetzen zu lassen. Man sollte nicht zusätzlich zu den erlittenen Kursverlusten gutes Geld schlechtem hinterherwerfen , wurde betont. Diese Einschätzung hat sich als treffend erwiesen. Nach einer Reihe von Skandalen am neuen Markt waren etliche Aktionäre vor Gericht gezogen. Doch sei es im Falle von EM.TV, sei es im Falle von ComROAD oder sei es Infomatec: Erfolg hatte kein einziger Kläger. Einer der Haupt-Initiatoren derartiger Schadenersatzklagen, Rechtsanwalt R., der rd. 500 EM.TV-Aktionäre vertritt, bestätigte jüngst sogar selbst gegenüber dem 'stern': Bislang hat in Deutschland kein Anleger Schadenersatz bekommen. Warum dann die ständigen Aufrufe an die geprellten Aktionäre , sich irgendwelchen Schadenersatzklagen anzuschließen? Anwaltliche Abzockerei? Oder was sonst?"
3
Die Beklagte ist Verlegerin des "ES".
4
Der Kläger hat von der Beklagten Unterlassung der beanstandeten Berichterstattung begehrt. Die Klage hatte vor dem Landgericht Erfolg, weil der Kläger sich dem "stern" gegenüber unstreitig nicht geäußert habe. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision will der Kläger eine Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch nicht schon aufgrund der unrichtigen Quellenangabe zu. Die Abweichung der mitgeteilten Tatsache, dass der Kläger sich gegenüber dem "stern" geäußert habe, von der Wahrheit, wonach die Äußerung gegenüber "dpa" erfolgt sei, sei unwesentlich. Auch unter Berücksichtigung des vom Kläger selbst zu definierenden sozialen Geltungsanspruchs liege eine wertneutrale Falschdarstellung durch die Beklagte vor. Der Kläger habe durch das Interview gegenüber der Presseagentur "dpa" bewusst in Kauf genommen, dass dieses nicht nur in von ihm geschätzten Presseerzeugnissen zitiert werde. Mit einer Übernahme durch den "stern" habe er rechnen müssen. Der Kläger habe durch die Wahl eines anderen Interview-Partners das Erscheinen in bestimmten Presseerzeugnissen sicherstellen können. Dass seitens der Beklagten vor Veröffentlichung keine Nachfrage beim "stern" hinsichtlich des Interview-Partners erfolgt sei, sei nicht als Nachlässigkeit zu werten. Der "stern" sei nicht für unzuverlässige Quellenrecherchen bekannt. Der Bericht im "stern" habe weitestgehend der "dpa"Vorlage entsprochen. Der Kläger habe das abgedruckte Zitat auch tatsächlich gegenüber "dpa" geäußert. Unter Berücksichtigung aller Umstände sei die Angabe der unrichtigen Zitatquelle im Bericht des "ES" nur eine völlig unbedeutende und wertneutrale Unrichtigkeit, die der Beklagten nicht zuzurechnen sei.
6
Der von der Beklagten veröffentlichte Text sei inhaltlich zwar nicht identisch , enthalte aber keine den Sinn verändernde Abweichung gegenüber dem von "dpa" bzw. "stern" übernommenen Text. Im Übrigen enthalte der Text Meinungsäußerungen , die als solche durch die Meinungsfreiheit bzw. die Pressefreiheit inhaltlich gedeckt seien.

II.

7
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
8
1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt der Revision, dass die beanstandete Äußerung insoweit unrichtig ist, als der Kläger sich nicht gegenüber dem "stern" geäußert hat. Das hat das Berufungsgericht jedoch nicht verkannt. Es bejaht diese Abweichung ausdrücklich.
9
a) Das Berufungsgericht hält die Abweichung zwischen der mitgeteilten Tatsache, dass der Kläger sich gegenüber dem "stern" geäußert habe, und der Wahrheit, wonach die Äußerung gegenüber "dpa" erfolgt ist, für unwesentlich. Demgegenüber meint die Revision, hierauf komme es nicht an, weil eine unwahre Tatsache jedenfalls nicht behauptet werden dürfe, wenn der Betroffene sich an der Falschmeldung störe, weil sie dem von ihm selbst zu definierenden sozialen Geltungsanspruch widerspreche. Dabei räumt die Revision ein, dass die Beklagte seinerzeit nicht etwa wider besseres Wissen verbreitet hat, der Kläger habe die Äußerung gegenüber dem "stern" abgegeben, sondern dass sie insoweit gutgläubig war. Deshalb ist zweifelhaft, ob dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht bereits der Gesichtspunkt fehlender Wiederholungsgefahr entgegensteht.
10
Abschließender Beurteilung bedarf dies jedoch nicht, weil es an anderen Voraussetzungen für einen solchen Anspruch fehlt. Insoweit berührt sich die Frage, ob die Abweichung ("stern") von der Wahrheit ("dpa") wesentlich ist, eng mit der Frage, ob der Kläger hierdurch in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt ist. Das hat das Berufungsgericht unter den Umständen des Streitfalls mit Recht verneint. Maßgeblich ist nämlich in einem solchen Fall, ob gerade die Abweichung von der Wahrheit den Betroffenen in seinem sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigt. Vorliegend hätte es in dem beanstandeten Artikel korrekt heißen müssen, dass der Kläger das Zitat laut einer Mitteilung des "stern" selbst gegenüber "dpa" bestätigt habe. Wenn es demgegenüber heißt, dass er das Zitat selbst gegenüber dem "stern" bestätigt habe, berührt dies nicht den Inhalt der Äußerung des Klägers, sondern lediglich die Frage, wem gegenüber er sie abgegeben hat.
11
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die nicht korrekte Berichterstattung in diesem Punkt sei nicht geeignet, den Kläger verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen (vgl. BVerfGE 54, 148, 157 - Eppler), ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Der Kläger hat nicht nachvollziehbar dargetan, weshalb die wahrheitswidrige Behauptung, er habe gegenüber "stern" eine Äußerung abgegeben, eine rechtswidrige Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstelle. Das aber wäre Voraussetzung für die Annahme eines Eingriffs in sein Persönlichkeitsrecht, ohne die ein Anspruch auf Unterlassung der Äußerung nicht besteht. Auch wenn grundsätzlich keine unwahren Tatsachen verbreitet werden dürfen, kommt es für die Frage eines Unterlassungsanspruchs darauf an, ob in einer solchen Berichterstattung inhaltlich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen liegt.
12
Zwar ist hierbei zu beachten, dass der von einer Äußerung Betroffene seinen sozialen Geltungsanspruch und damit auch dessen Verletzung selbst definiert (vgl. BVerfGE aaO - Eppler; 99, 185, 194 - Helnwein; Wenzel/Burkhardt , Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 5 Rdn. 77). Die Behauptung, der Kläger habe eine Äußerung gegenüber dem "stern" abgegeben , betrifft jedoch weder die Privat-, Geheim- oder Intimsphäre des Klägers noch enthält sie ohne nähere Darlegung des Betroffenen erkennbar eine Ehrkränkung oder sonst eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Auch das Verfügungsrecht des Klägers über die Darstellung der eigenen Person (vgl. BVerfGE 35, 202, 220 - Lebach) ist nicht betroffen. Die Revision kann auch keinen nachvollziehbaren Vortrag des Klägers vor dem Tatrichter dazu dartun, dass sein Bild in der Öffentlichkeit durch die Behauptung, er habe sich dem "stern" gegenüber geäußert, negativ beeinflusst worden wäre. Ohnehin reicht der Schutz des Betroffenen nicht soweit, dass er Anspruch darauf hätte, in der Öffentlichkeit nur so dargestellt zu werden, wie er sich selbst sieht oder von anderen gesehen werden möchte (vgl. BVerfGE 99, 194 - Helnwein), hier also als Anwalt, der gegenüber dem "stern" keine Äußerungen macht.
13
Dem beanstandeten Artikel ist - entgegen der Ansicht der Revision - nicht zu entnehmen, dass der Kläger dem "stern" ein Interview gegeben habe. Die behauptete Bestätigung gegenüber dem "stern" kann auch in anderer Weise - etwa auf telefonische Anfrage - erfolgt sein. Die Befürchtung der Revision, der eine oder andere Leser des "ES" werde aus der unwahren Tatsache einer Äußerung des Klägers gegenüber dem "stern" Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Klägers ziehen und hierdurch werde dessen sozialer Geltungsanspruch beeinträchtigt, ist unter diesen Umständen eher fern liegend. Auch fehlt es an Vortrag des Klägers dazu, inwiefern sein Bild in der Öffentlichkeit durch die objektiv unwahre Behauptung überhaupt beeinträchtigt werde. Allein der Hinweis der Revision darauf, dass der Kläger den "stern" für ein "Boulevardblatt" halte, reicht hierfür nicht aus. Weiteren Vortrag des Klägers, wonach etwa seine Klientel gegen den "stern" eingestellt sei oder der Kläger in der Öffentlichkeit entschieden gegen den "stern" aufgetreten und damit eine Äußerung gegenüber diesem Blatt nicht in Einklang zu bringen wäre, zeigt die Revision nicht auf.
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2. Die Revision hat auch keinen Erfolg, soweit sie einen Unterlassungsanspruch damit begründet, dass der streitgegenständliche Artikel das angebli- che Zitat in einen anderen Zusammenhang stelle als den, in dem es gefallen sei, und hierdurch dessen Sinn verzerre.
15
a) Der Zitierte hat allerdings einen Anspruch darauf, dass seine Aussage an seinem Selbstverständnis, also daran gemessen wird, wie und in welchem Kontext er die Äußerung gemacht hat, und nicht daran, wie ein Teil der Leser die Äußerung (miss-)verstehen könnte, solange das Zitat als eindeutige, einer Interpretation nicht bedürftige Erklärung des Zitierten ausgegeben wird (BVerfGE 54, 155 - Eppler; 54, 208, 217 - Böll; BVerfG, NJW 1993, 2925, 2926 - BKA-Präsident; Löffler/Steffen, Presserecht, 4. Aufl., § 6 LPG Rdn. 200). Dagegen verstößt das Falschzitat jedoch nicht.
16
b) Die Revision macht hierzu geltend, dass der Kläger den zitierten Satz "bislang hat in Deutschland kein Anleger Schadenersatz bekommen" anlässlich geplanter Gesetzesänderungen geäußert und einen vorläufigen Zwischenstand hinsichtlich bereits laufender Verfahren wiedergegeben habe. Er habe zum Ausdruck gebracht, dass einerseits klagende Anleger noch keinen endgültigen Erfolg gehabt hätten, andererseits die Verfahren noch nicht beendet seien. Demgegenüber werde die Äußerung in dem Artikel als Beleg dafür angeführt, dass "geldgierige Anwälte" Anleger "in sinnlose Schadenersatzklagen hineinhetzen" und "anwaltliche Abzockerei" betrieben. Damit erwecke sie den Eindruck , der Kläger habe gewissermaßen zugegeben, dass die Warnungen der Beklagten vor geldgierigen Anwälten und sinnlosen Schadensersatzprozessen berechtigt seien. Auch damit hat die Revision keinen Erfolg.
17
Das Verständnis des Berufungsgerichts von dem beanstandeten Artikel unterliegt zwar der Überprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - VersR 1994, 1120, 1121; vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163 f. und vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 278), lässt aber keinen durchgreifenden Fehler erkennen. Die Feststellung des Berufungsgerichts, das Zitat sei zutreffend und unverändert wiedergegeben, entspricht dem Ergebnis der Beweisaufnahme und wird von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Das Berufungsgericht hat auch den Zusammenhang, in dem die Äußerung des Klägers zitiert wird, nicht sinnwidrig entstellt. Es hat die Textpassagen, die sich mit dem Kläger befassen, als zulässige, wenn auch zugespitzte Meinungsäußerung in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage bewertet. Dem kann gefolgt werden, weil diese Meinungsäußerungen ("Abzockerei", "sinnlose Klagen", "geldgierige Anwälte" ) auch im Hinblick auf den Kläger keine bloße Diffamierung darstellen. Sie entbehren nicht des erforderlichen Sachbezugs im Rahmen der Berichterstattung der Beklagten über die bislang erfolglosen Massenklagen. Sie beinhalten - anders als in dem entsprechenden Artikel im "ES" Nr. 22/03 (vgl. dazu im Rechtsstreit zwischen den selben Parteien den Beschluss des erkennenden Senats vom 15. November 2005 - VI ZR 197/04 - zu OLG München, Urteil vom 18. Mai 2004 - 18 U 5717/03 -) - eine noch hinzunehmende Kritik und sind nicht als bloße Schmähkritik (vgl. Senatsurteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279; BVerfG, NJW 2004, 590, 591) zu unterlassen.
18
3. Nach allem ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Müller Greiner Diederichsen
Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 17.12.2003 - 9 O 14936/03 -
OLG München, Entscheidung vom 13.07.2004 - 18 U 2505/04 -

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten stellt das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung der elektronischen Dokumente oder der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Verweigert eine oberste Bundesbehörde die Vorlage, Übermittlung oder Auskunft mit der Begründung, das Bekanntwerden des Inhalts der Urkunden, der Akten, der elektronischen Dokumente oder der Auskünfte würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht; Gleiches gilt, wenn das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 für die Hauptsache zuständig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Dieses gibt den Antrag und die Hauptsacheakten an den nach § 189 zuständigen Spruchkörper ab. Die oberste Aufsichtsbehörde hat die nach Absatz 1 Satz 2 verweigerten Urkunden oder Akten auf Aufforderung dieses Spruchkörpers vorzulegen, die elektronischen Dokumente zu übermitteln oder die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes der Übergabe der Urkunden oder Akten oder der Übermittlung der elektronischen Dokumente an das Gericht entgegenstehen, wird die Vorlage oder Übermittlung nach Satz 5 dadurch bewirkt, dass die Urkunden, Akten oder elektronischen Dokumente dem Gericht in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 5 vorgelegten Akten, elektronischen Dokumente und für die gemäß Satz 8 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 100 nicht. Die Mitglieder des Gerichts sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes. Soweit nicht das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann der Beschluss selbständig mit der Beschwerde angefochten werden. Über die Beschwerde gegen den Beschluss eines Oberverwaltungsgerichts entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Sätze 4 bis 11 sinngemäß.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.