Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 21. Juli 2004 - 11 S 535/04

bei uns veröffentlicht am21.07.2004

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16. Januar 2004 - 1 K 560/02 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der am 10.12.1964 geborene Kläger ist italienischer Staatsangehöriger. Er hält sich seit April 1987 in der Bundesrepublik Deutschland auf, wo er als Textilarbeiter erwerbstätig war. Am 10.6.1997 wurde ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis-EG erteilt.
Am 22.3.1991 schloss der Kläger mit einer französischen Staatsangehörigen die Ehe. Aus dieser Ehe gingen ein (am 20.5.1991 geborener) Sohn und eine (am 3.12.1994 geborene) Tochter hervor. Die Ehefrau und die Kinder des Klägers leben inzwischen in Frankreich.
Der Kläger wurde im Jahr 1998 psychisch auffällig und ab September/Oktober 1998 gegen seine Ehefrau und gegen seine Kinder gewalttätig. Am 13.10.1998 schlug er sich nackt in der Garage mit einem Gürtel. Daraufhin erfolgte seine erste Einweisung in das Zentrum für Psychiatrie Reichenau, wo er in der Zeit vom 14.10.1998 bis zum 13.11.1998 stationär aufgenommen wurde. Aus dem Entlassbericht (vom 7.12.1998) ergibt sich die Abschlussdiagnose: „Akute psychogene Psychose mit paranoid-halluzinatorischer Ausprägung (ICD-9:298.4)“. In der Folgezeit wurde der Kläger medikamentös behandelt. Im November 1999 lehnte er eine weitere Medikation mit einem Neuroleptikum ab und setzte seine Medikamente ab, wodurch sich eine psychische Dekompensation anbahnte. Nachdem er in der Öffentlichkeit auffällig geworden war, indem er seine Ehefrau (auf einem Friedhof) misshandelt hatte, erfolgte sein zweiter stationärer Aufenthalt im Zentrum für Psychiatrie Reichenau in der Zeit vom 15.11.1999 bis zum 19.11.1999 (Abschlussdiagnose - gemäß Entlassbericht vom 25.11.1999 -: „Anpassungsstörung vorwiegend im Sozialverhalten [ICD-9 309.3] mit aggressivem Verhalten gegenüber der Ehefrau nach bekannter psychotischer Episode mit paranoid-halluzinatorischer Ausprägung im Oktober 1998“; als Differentialdiagnose wurde eine „gereizte manische Episode“ erwogen). Nachdem der Kläger am 20.11.1999 in der Schweiz einen Verkehrsunfall verursacht hatte, indem er ungebremst auf einen gut beleuchteten Anhänger aufgefahren war, erfolgte sein dritter stationärer Aufenthalt im Zentrum für Psychiatrie Reichenau in der Zeit vom 22.11.1999 bis zum 1.2.2000 (Abschlussdiagnose - gemäß Entlassbericht vom 14.2.2000 -: „Schizoaffektive Psychose, depressive Phase [ICD-10 F 25.1]“). Als Abschlussbefund wurde in dem Entlassbericht mitgeteilt: „Bewusstseinsklar und allseits orientiert, im Kontakt offen. Kein Anhalt für inhaltliche oder formale Denkstörungen. Einfach strukturiert, Auffassung ausreichend. Geringe Umstellfähigkeit, im sozialen Verhalten fordernd, oft ungeschickt wirkend. Affekt unausgeglichen, Stimmung depressiv, gereizt, z.T. gespannt, auch nachdenklich und ratlos. Er erscheint mit den Anforderungen des Alltagslebens rasch überfordert. Traditionell männliche Einstellung. Keine Suizidalität.“ Im Dezember 1999 wurde für den Kläger ein Betreuer bestellt (Aufgabenkreis: Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung).
Als der Kläger am 24.7.2000 mit seiner Ehefrau in der Küche beim Kaffeetrinken saß, zog er plötzlich und unvermittelt aus einem Messerblock ein großes, spitz zulaufendes Küchenmesser (Klingenlänge 19,7 cm, Breite 4 cm) und stach seiner Ehefrau zweimal wenigstens je ca. 15 cm und maximal je ca. 30 cm tief in den linken Ober- und den rechten Unterbauch, um sie in einem Wahn aus Eifersucht und Wut zu töten. Er lebte in der Wahnvorstellung, seine Frau betrüge ihn mit anderen Männern und sei für seinen psychischen Zustand verantwortlich, da sie ihn verhext habe. Nachdem die Ehefrau des Klägers bis zur Wohnungstür geflüchtet war, versetzte ihr der Kläger von hinten vier, mit großer Kraft geführte, ca. 15 cm tiefe Stiche in den Hals, wodurch die harte, knöcherne Halswirbelsäule erheblich verletzt wurde; es erfolgte eine weitgehende Durchtrennung des Halsmarkes sowie eine Speiseröhrenverletzung. Nach dem letzten Stich ließ der Kläger das Messer im Hals seiner Frau stecken und verließ die Wohnung. Gegenüber herbeigeeilten Nachbarinnen erklärte der Kläger: „Holet die Polizei, ich hab meine Frau tot gemacht“ und „Frau kaputt gemacht, Hure“. Durch die Tat erlitt die Ehefrau des Klägers schwerste Stichverletzungen im Hals- und Abdominalbereich. Die weitgehende Durchtrennung des Halsmarkes verursachte eine hohe Querschnittslähmung, welche nicht nur zu einer Lähmung aller vier Extremitäten (Tetraplegie) führte, sondern auch die Atemmuskulatur in Mitleidenschaft zog. Wäre das Helikopterrettungsteam, das die Ehefrau des Klägers in eine Klinik nach Zürich brachte, einige Minuten später eingetroffen, hätte sie wahrscheinlich nicht überlebt. Ihre Ernährung findet über eine Sonde direkt durch die Bauchwand in den Magen und die Beatmung größtenteils mit Hilfe eine Beatmungsgeräts über eine Trachealkanüle statt.
Diese Feststellungen des Geschehens ergeben sich aus dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 20.9.2001, mit dem die Maßregel der Unterbringung des Klägers in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet wurde. Die Schwurgerichtskammer stellte fest, dass der Kläger im Zustand der Schuldunfähigkeit einen versuchten Totschlag in Tateinheit mit einer schweren Körperverletzung begangen hat. Der Kläger habe sich bei der Tatbegehung in einem Zustand befunden, in dem seine Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung, nämlich einer endogenen Psychose, aufgehoben gewesen sei. Dabei sei die endogene Psychose entweder als schizophrene Erkrankung oder als schizoaffektive Psychose einzuordnen. Die Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis zeichne sich bei dem genetisch vorbelasteten Kläger durch einen Eifersuchts- und Beeinträchtigungswahn aus. Ohne medikamentöse Behandlung leide der Kläger unter akustischen Halluzinationen in Form von kommentierenden und imperativen Stimmen. Ohne die gebotene stationäre psychiatrische Behandlung sei bei einem Wiederaufleben der Psychose mit einer weiteren aggressiven Entgleisung des Klägers und daher mit erheblichen rechtswidrigen Taten zu rechnen. Er sei damit als für die Allgemeinheit gefährlich im Sinne des § 63 StGB anzusehen. Günstig für den Kläger sei zwar zu werten, dass er sich unter der jeweils verordneten neuroleptischen Medikation schnell von seinen Wahnideen und Halluzinationen habe distanzieren können und die bei ihm diagnostizierte endogene Psychose zumindest eine gewisse Nähe zu den sogenannten schizoaffektiven Psychosen aufweise, bei denen eine signifikant günstigere Langzeitprognose als bei den übrigen Schizophrenien festzustellen sei. Im Ergebnis müsse die Langzeitprognose für den Kläger jedoch ungünstig ausfallen. Er zeige zwar eine gewisse Krankheitseinsicht, indem er eingestehe, unter einer Psychose zu leiden. Andererseits beteilige er sich in keiner Weise an seiner Behandlung im Zentrum für Psychiatrie Reichenau; es sei bisher lediglich seine medikamentöse Ruhigstellung gelungen. Die Allgemeingefährlichkeit des Klägers lasse sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt verneinen, dass sich die Anlasstat nur gegen eine bestimmte Person - seine Ehefrau - gerichtet habe. Es handle sich nämlich gerade nicht um eine reine Affekttat, die Tat sei vielmehr wahnhaft motiviert gewesen. Der Kläger habe in der Vergangenheit Veränderungen an sich wahrgenommen und sie auf die Annahme zurückgeführt, seine Frau habe ihn verhext. Der - vom Strafgericht beauftragte - Sachverständige habe nachvollziehbar ausgeführt, dass der Kläger im Rahmen eines - bei einer jetzigen Entlassung aus der stationären Behandlung sehr wahrscheinlichen - neuen Krankheitsschubes eine andere Bezugsperson für die Veränderungen an seiner Person verantwortlich machen werde und sich seine Aggressionen im folgenden dann gegen diese Person richten würden. In 85 bis 90 Prozent handle es sich bei diesen Personen um engste Familienangehörige, so dass vor allem die Familie des Klägers in Italien und seine Kinder in Frankreich in Betracht kämen. Für die zu treffende Prognose stelle es sich weiter als ungünstig dar, dass der Kläger seinen Wahn nicht als für ihn lebensbedrohlich empfunden habe. Unter diesem Gesichtspunkt komme den in ihrer Wucht mit Vernichtungswillen geführten Stichen in den Halsbereich der Verletzten für die Bewertung der künftigen Allgemeingefährlichkeit des Klägers eine signifikante Bedeutung zu. Der Kläger habe sich durch die Tötung seiner Ehefrau nicht einer in seinem Wahn als lebensbedrohlich eingestuften Situation erwehren, sondern vor allem seiner Ehefrau die Kränkung heimzahlen wollen, die sie ihm durch wahnhaft angenommene Intimverhältnisse zu anderen Männern zugefügt habe. Eine kritische Auseinandersetzung des Klägers mit seiner Tat sei nur eingeschränkt festzustellen.
Nach Anhörung wies das Regierungspräsidium Freiburg den Kläger mit Verfügung vom 7.3.2002 - unter Anordnung der sofortigen Vollziehung - aus dem Bundesgebiet aus und drohte seine Abschiebung nach Italien an, die nicht vor einem Monat nach Bekanntgabe der Verfügung erfolgen dürfe; zugleich wurde die Abschiebung aus dem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Diese Verfügung wurde im Wesentlichen damit begründet, es lägen die Voraussetzungen für eine Ausweisung nach §§ 45, 46 Nr. 2 AuslG vor. Da der Kläger eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis-EG besitze, sei er den in § 48 Abs. 1 AuslG genannten Personen gleichgestellt. Sein Fehlverhalten stelle jedoch einen schwerwiegenden Ausweisungsgrund in dem dafür erforderlichen Sinne dar. Die Ausübung des Ermessens führe in seinem Fall zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung und Entfernung aus dem Bundesgebiet sein persönliches Interesse an einem weiteren Verbleib oder einer erneuten Einreise als Tourist überwiege. Der in § 2 Abs. 2 AuslG geregelte Vorrang des Europäischen Gemeinschaftsrechts und das Aufenthaltsgesetz/EWG stünden der Ausweisung des Klägers nicht entgegen.
Der vom Kläger gegen diese Verfügung erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht Freiburg mit Urteil vom 16.1.2004 stattgegeben und die Verfügung vom 7.3.2002 aufgehoben. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Verfügung sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Zwar seien die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 AuslG erfüllt, da vom Kläger mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr ausgehe, dass er krankheitsbedingt erneut in einem erheblichen Maße gegenüber Dritten gewalttätig werde. Die vom Kläger ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass er auf Grund des Urteils des Landgerichts Waldshut-Tiengen in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht wurde, da diese freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung die Möglichkeiten der Ordnungsbehörden nicht verdränge, den Betroffenen auszuweisen und somit die der Unterbringung zugrunde liegende Gefahr für die Allgemeinheit sowie die Verantwortlichkeit für deren Bekämpfung in den Heimatstaat des Ausländers zu verlagern. Allerdings stehe der Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde über die Ausweisung des Klägers die Regelung des Art. 4 der Richtlinie 64/221/EWG entgegen. Die beim Kläger gegebene endogene Psychose sei eine Krankheit, die im Anhang  B der Richtlinie  aufgeführt sei. Diese Krankheit könne seine Ausweisung nicht mehr rechtfertigen, da sie lange nach der ersten Erteilung der Aufenthaltserlaubnis-EG an den Kläger aufgetreten sei. Dies schließe auch aus, ihn wegen der krankheitsbedingten Gefahr wahngesteuerter aggressiver Verhaltensweisen gegenüber Dritten auszuweisen. Denn den in Anhang B der Richtlinie 64/221/EWG genannten Krankheiten sei es immanent, dass sie die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht durch ihr bloßes Auftreten gefährden, sondern immer nur durch ein krankheitsbedingtes weiteres Verhalten des Betroffenen. Eine Ausweisung nach Art. 4 Abs. 2 RL 64/221/EWG sei zumindest in all den Fällen ausgeschlossen, in denen die vom Unionsbürger ausgehenden Gefahren ausschließlich auf seine Krankheit zurückgeführt werden können, weil die Handlungen - wie im Fall des Klägers - in einem solchen Maße durch die psychische Krankheit bedingt seien, dass es sogar an einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit für diese mangle. Die Regelung des Art. 4 Abs. 2 RL 64/221/EWG sei auch unmittelbar zugunsten des Klägers anwendbar, da es an der notwendigen fristgerechten und vollständigen Umsetzung der Regelung in das nationale Ausländerrecht fehle. Es werde offen gelassen, ob die Ausweisung des Klägers auch in formeller Hinsicht wegen des Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 1 der RL 64/221/EWG rechtswidrig sei. Gerade der Fall des Klägers zeige, dass der Ausländerbehörde noch ein erheblicher Ermessensspielraum eingeräumt gewesen sei, der im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht vollständig überprüft werden könne. Da sich die Ausweisungsentscheidung als rechtswidrig darstelle, seien auch die Abschiebungsandrohung und die Abschiebungsanordnung aufzuheben.
Das Verwaltungsgericht - durch den Berichterstatter - hat in diesem Urteil die Berufung gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen. Die Frage nach der Ausschlusswirkung des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 64/221/EWG bei krankheitsbedingten Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit habe grundsätzliche Bedeutung.
Gegen dieses Urteil, das ihm am 22.1.2004 zugestellt worden ist, hat der Beklagte am 17.2.2004 Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 12.3.2004, eingegangen am 16.3.2004, eine Begründung dazu vorgelegt.
10 
Der Beklagte trägt vor, die dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugrunde liegende Rechtsauffassung sei unzutreffend. Aus den Bestimmungen von Art. 4 Abs. 2 der RL 64/221/EWG, die mit § 12 Abs. 6 Satz 2 AufenthG/EWG in deutsches Recht umgesetzt worden seien, ergebe sich, dass die dort aufgeführten Krankheiten nicht mehr zur Grundlage einer auf Entfernung aus dem Bundesgebiet gerichteten ausländerrechtlichen Maßnahme gemacht werden könnten, wenn sie erst aufträten, nachdem der Ausländer die Erlaubnis für seinen Aufenthalt erhalten habe. Die Bestimmungen von Art. 4 Abs. 2 der RL 64/221/EWG und von § 12 Abs. 6 Satz 2 AufenthG/EWG schlössen jedoch nicht aus, dass Personen, die an den dort genannten Krankheiten leiden, aus anderen Gründen ausgewiesen werden könnten. Der Kläger sei nicht deshalb ausgewiesen worden, weil er an einer Psychose leide, sondern weil er einen versuchten Totschlag in Tateinheit mit einer schweren Körperverletzung begangen habe und die konkrete Gefahr bestehe, dass er auch in Zukunft Gewalttaten begehen werde.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16.1.2004 - 1 K 560/02 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Der Kläger verweist auf die Gründe des angefochtenen Urteils und trägt ergänzend vor: Das bloße Leiden an einer Krankheit allein könne niemals die öffentliche Sicherheit und Ordnung in einer Weise gefährden, die eine Ausweisung rechtfertige. Art. 4 der Richtlinie betreffe nur die Fälle, in denen die vom Ausländer ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung unmittelbar auf seine Krankheit zurückgeführt werden könnten. Dies sei hier eindeutig der Fall.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie der dem Senat vorliegenden Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die vom Beklagten eingelegte Berufung, die vom Verwaltungsgericht - durch den Berichterstatter (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO) - zugelassen wurde, ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 2 und 3 VwGO sind erfüllt.
18 
Die Berufung des Beklagten ist auch begründet. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist die angefochtene Ausweisungsverfügung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19 
Die Ausweisung des Klägers erweist sich bei der - gleichsam auf einer ersten Stufe vorzunehmenden - rechtlichen Beurteilung nach nationalem deutschem Ausländerrecht  als rechtmäßig (dazu unter I.) und ist auch nach der - gleichsam auf einer zweiten Stufe vorzunehmenden - Prüfung der Vereinbarkeit dieser aufenthaltsbeendenden Maßnahme mit hier zu beachtendem Europäischem Gemeinschaftsrecht rechtlich nicht zu beanstanden (dazu unter II.)
20 
I. Für die rechtliche Beurteilung des Begehrens des Klägers auf Aufhebung einer Ausweisungsverfügung, die nach nationalem deutschem Ausländerrecht als rechtliche Folge sowohl die Beendigung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts - durch Erlöschen einer Aufenthaltsgenehmigung und das Entstehen der Ausreisepflicht (vgl. §§ 44 Abs. 1 Nr. 1, 42 Abs. 1, 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) - herbeiführt als auch ein Wiedereinreiseverbot enthält (§ 8 Abs. 2 Satz 1 AuslG), das auch gegenüber freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern gilt (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.12.1999 - 1 C 13.99 -, BVerwGE 110, 140 = NVwZ 2000, 688 = InfAuslR 2000, 176 = VBlBW 2000, 273), ist eine rechtliche Beurteilung gleichsam auf zwei Stufen vorzunehmen (sog. „Zwei-Stufen-Modell“, vgl. Alber/Schneider, DÖV 2004, 313, 315; dazu auch VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.4.2002 - 11 S 1823/01 -, InfAuslR 2002, 375 = EZAR 034 Nr. 13, und vom 28.11.2002 - 11 S 1270/02 - EZAR 034 Nr. 14). Dabei ist es zunächst ausschließlich – und unabhängig vom Europäischen Gemeinschaftsrecht – die Aufgabe der deutschen Gerichte, nach der hier geltenden (nationalen) Rechtsordnung die behördliche Eingriffsmaßnahme der Ausweisung auf ihre Rechtmäßigkeit nach deutschem Recht zu überprüfen und damit über den Rechtsschutz nach innerstaatlichem deutschem Recht zu entscheiden. Denn es unterliegt nicht der Prüfung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), über die Auslegung und Anwendung nationaler Vorschriften zu entscheiden (vgl. dazu u.a. EuGH, Urteil vom 29.4.2004 in den verbundenen Rechtssachen C-482/01 und C-493/01 , RdNr. 42). Nur für den Fall, dass im Rahmen einer Überprüfung nach deutschem Recht dem Begehren des Unionsbürgers nicht bereits entsprochen werden kann, muss eine Prüfung unter Beachtung der Regelungen des Gemeinschaftsrechts erfolgen, wobei zu prüfen ist, ob insoweit der Vorrang des Gemeinschaftsrechts eine andere rechtliche Beurteilung gebietet. Die europarechtliche Prüfung hat selbständig und unabhängig von der Systematik und den Vorgaben der nationalen Prüfungsebene (etwa: Ist-, Regel- oder Ermessensausweisung) zu erfolgen. Diese differenzierte Beurteilung auf zwei Stufen ist im Fall eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers - wie hier des Klägers - angezeigt. Die Ausweisung regelt zwar nach dem differenzierten Regelungssystem des deutschen Ausländerrechts für sich genommen (noch) nicht unmittelbar eine zwangsweise Beendigung des Aufenthalts des davon betroffenen Ausländers. Vielmehr führt erst die Abschiebung (§ 49 AuslG), die unabhängig von der Ausweisung geregelt ist und der Vollstreckung der - durch die Ausweisung entstandenen - Ausreisepflicht dient, zur Entfernung des Ausländers aus dem deutschen Hoheitsgebiet. Unter Beachtung des Regelungszusammenhangs der insoweit maßgebenden Bestimmungen des deutschen Ausländerrechts ist jedoch davon auszugehen, dass bereits die Ausweisung unmittelbare Auswirkungen auf die Ausübung des aus der Freizügigkeit folgenden Rechts auf freie und ungehinderte Einreise und dementsprechenden Aufenthalt eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers hat.
21 
Im Fall des Klägers ist - nach deutschem Recht - das Regierungspräsidium Freiburg als zuständige Ausländerbehörde (§ 7 Abs. 1 AAZuVO) zu Recht davon ausgegangen, dass die §§ 45, 46 Nr. 2 AuslG als erforderliche gesetzliche Grundlagen für die Ausweisung den Erlass dieser Maßnahme nach Ermessen ermöglicht haben. Zu dem für die gerichtliche Beurteilung insoweit maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des ausländerbehördlichen Verfahrens (s. dazu im Folgenden unter 1.) waren die tatbestandlichen Voraussetzungen für diese Eingriffsmaßnahme (s. dazu im Folgenden unter 2.) gegeben, und die Behörde hat sowohl beachtet, dass dem Kläger ein besonderer Schutz vor einer Ausweisung zukommt (s. dazu im Folgenden unter 3.), als auch das ihr eröffnete Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt (s. dazu im Folgenden unter 4.).
22 
1. Für die rechtliche Beurteilung einer Ausweisungsverfügung ist nach innerstaatlichem deutschem Recht grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgebend (vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 17.11.1994 - 1 B 224.94 -, InfAuslR 1995, 150; vom 17.1.1996 - 1 B 3.96 -, InfAuslR 1996, 137; vom 27.6.1997 - 1 B 132.97 - ; vom 23.5.2001 - 1 B 125.00 -, NVwZ 2001, 1288, vom 18.9.2001 - 1 C 17.00 -, NVwZ 2002, 339, und vom 8.1.2003 - 1 B 253.02 -; Urteile vom 19.11.1996 - 1 C 6.95 -, BVerwGE 102, 249, und - 1 C 25.94 -, InfAuslR 1997, 152; vom 28.1.1997 - 1 C 17.94 -, InfAuslR 1997, 296 und vom 7.12.1999 - 1 C 13.99 -, BVerwGE 110, 140; sowie VGH Bad.-Württ., Urteile vom 4.12.1996  -  11 S 2511/96 -,  vom  28.7.1999 - 11 S 2387/98 -, vom 19.4.2000 - 11 S
23 
1387/99 -, VBlBW 2001, 25, vom 28.11.2002 - 11 S 1270/02 - und vom 27.1.2004 -10 S 1610/03 -). Dies gilt unabhängig davon, dass die Gerichte Erkenntnismittel auswerten dürfen, die nach Erlass des letzten Behördenbescheides entstanden sind, wenn ihnen Anhaltspunkte für die Richtigkeit oder auch für die Unrichtigkeit der im Zeitpunkt dieser Entscheidung getroffenen Einschätzung entnommen werden können (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 19.11.1996 - 1 C 25.94 -, InfAuslR 1997, 152; Be-schlüsse vom 5.5.1997 - 1 B 129.96 -, AuAS 1997, 218; vom 27.6.1997 - 1 B 132.97 - und vom 23.5.2001 - 1 B 125.00 -, NVwZ 2001, 1288).
24 
2. Als Maßnahme, die in den Rechtskreis des betroffenen Ausländers belastend eingreift, bedarf die Ausweisung nach geltendem deutschem Recht - unter Beachtung des Grundsatzes des Vorbehalts des Gesetzes, der im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) seine Grundlage hat - einer gesetzlichen Grundlage. Die insoweit erforderlichen gesetzlichen Grundlagen für eine Ausweisung sind in den §§ 45 ff AuslG in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise geregelt und im Geltungsbereich des Grundgesetzes von den Behörden und Gerichten auch in Bezug auf freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger zu beachten, da es im Recht der Europäischen Gemeinschaften keine Rechtsgrundlage für den Erlass einer Ausweisung gibt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ.,  Urteil vom 17.4.2002 - 11 S 1823/01 -, InfAuslR 2002, 375 = EZAR 034 Nr. 13). Die Ausweisung - als eine ausschließlich im nationalen Recht angelegte Maßnahme - muss vielmehr nur in Bezug auf die damit eintretende Beschränkung des aus der Freizügigkeit folgenden Aufenthaltsrechts den Anforderungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts entsprechen (s. dazu unter II.). Dementsprechend regelt auch das - derzeit noch geltende - (deutsche) Gesetz über Einreise und Aufenthalt von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Aufenthaltsgesetz/EWG - AufenthG/EWG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.1.1980, BGBl. I S. 116 - mit Änderungen -), durch das die Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind (ABl. 1964 S. 850 - im Folgenden: RL 64/221/EWG), in geltendes deutsches Recht umgesetzt worden ist, keine tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Ausweisungsverfügung gegen Personen, die unter dieses Gesetz fallen, sondern setzt die Möglichkeit des rechtmäßigen Erlasses einer solchen Verfügung nach deutschem Recht voraus und regelt (nur) die - aus dem Europäischen Gemeinschaftsrecht folgenden - Voraussetzungen für die Einschränkung der Freizügigkeit.
25 
Im Fall des Klägers wurde die Ausweisung nach nationalem Recht zutreffend auf der rechtlichen Grundlage der §§ 45, 46 Nr. 2 AuslG verfügt.
26 
§ 45 Abs. 1 AuslG - als die Grundnorm für alle Formen der Ausweisung - regelt, dass ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt. Gemäß § 46 Nr. 2 AuslG kann ein Ausländer nach § 45 Abs. 1 AuslG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er - soweit hier maßgeblich - einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat. Diese tatbestandliche Voraussetzung hat der Kläger erfüllt, da er durch seine Tat (versuchter Totschlag in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung) einen schweren Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen und dadurch die öffentliche Sicherheit und Ordnung in hohem Maße beeinträchtigt hat. Es kommt für die Erfüllung dieser Tatbestandsvoraussetzungen nicht darauf an, dass der Kläger wegen dieser Tat strafrechtlich mangels Schuldfähigkeit nicht bestraft wurde. Denn die Ausweisung ist keine (weitere) Strafe, sondern ausschließlich eine ordnungsrechtliche Maßnahme, die der Abwehr und Bekämpfung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dient.
27 
Zum Zeitpunkt des Eintritts der Wirksamkeit der angefochtenen Verfügung - durch ihre Bekanntgabe an den Kläger am 11.3.2002 - bestanden keine rechtserheblichen Bedenken gegen die Annahme, dass vom Kläger Gefahren für die Allgemeinheit ausgingen, die ein ausländerrechtliches Einschreiten geboten haben. Wie sich aus den Feststellungen des Landgerichts Waldshut-Tiengen im Urteil vom 20.9.2001 ergibt, mit dem die Maßregel der Unterbringung des Klägers in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet wurde, war der Kläger als für die Allgemeinheit gefährlich (im Sinne des § 63 StGB) anzusehen. Es bestanden insoweit in seinem Fall keine rechtserheblichen Unterschiede in der Beurteilung der Sachlage in Bezug auf die durch das Strafgericht als freiheitsentziehende Maßregel angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) und in Bezug auf die durch die Ausländerbehörde verfügte - nach Voraussetzungen und Rechtsfolgen grundsätzlich unterschiedlich zu beurteilende - ordnungsrechtliche Maßnahme der Ausweisung. Die vom Kläger ausgehenden Gefahren waren - und sind - auch nicht etwa wegen seiner Unterbringung entfallen, zumal da mit dieser Maßregel kein auf Dauer angelegter stationärer Aufenthalt unter medizinischer Überwachung verbunden ist (vgl. dazu auch § 67e StGB) und die unter ordnungsrechtlichen Gesichtspunkten zu treffende Prognose auch den Fall der Beendigung der Unterbringung berücksichtigen muss. Insoweit ist die Situation mit der tatsächlichen Lage im Fall der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe vergleichbar. Wie sich im Übrigen aus der - vom Kläger in der mündlichen Verhandlung des Senats vorgelegten - Stellungnahme vom 13.7.2004 des Zentrums für Psychiatrie, in dem der Kläger untergebracht ist, ergibt, halten es die ihn behandelnden Ärzte ersichtlich wegen der von ihm noch immer ausgehenden Gefahren für erforderlich, dass er im Maßregelvollzug verbleibt, bis ein - bisher aus ärztlicher Sicht (noch) nicht gewährleisteter - sozialer  Empfangsraum für ihn vorhanden ist.
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3. Die Ausländerbehörde hat auch zu Recht berücksichtigt, dass dem Kläger nach nationalem deutschem Recht ein besonderer Ausweisungsschutz nach § 12 Abs. 1 Satz 2 AufenthG/EWG zugute kommt, da ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis-EG erteilt wurde. Dieser Ausweisungsschutz entspricht inhaltlich der Schutznorm des § 48 Abs. 1 AuslG. Nach der Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 AufenthG/EWG, die über die Vorgaben durch die RL 64/221/EWG hinaus eine weitere innerstaatlich beachtliche Ausweisungsschranke enthält, darf der Kläger nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ausgewiesen werden. Solche Gründe liegen vor, wenn das öffentliche Interesse an der Erhaltung von öffentlicher Sicherheit und Ordnung im Vergleich zu dem vom Gesetz bezweckten Schutz des Ausländers vor Ausweisung ein deutliches Übergewicht hat. Bei einer Ausweisung zu spezialpräventiven Zwecken - wie im Fall des Klägers - ist ein Ausweisungsanlass von besonderem Gewicht erforderlich, was sich bei Straftaten insbesondere aus ihrer Art, Schwere und Häufigkeit ergibt. Zum anderen müssen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass in Zukunft eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung durch neue Straftaten des Ausländers ernsthaft droht und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht (vgl. BVerwG, Urteile vom 11.6.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247, und vom 26.2.2002 - 1 C 21.00 -, BVerwGE 116, 55 = NVwZ 2002, 1512). Die Behörde und das Verwaltungsgericht sind zu Recht davon ausgegangen, dass der Ausweisungsschutz des § 12 Abs. 1 Satz 2 AufenthG/EWG der Ausweisung des Klägers nicht entgegensteht, da in seinem Fall angesichts der erheblichen Gefahren, die von ihm - auch weiterhin - ausgehen, schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in dem hier maßgeblichen Sinne vorliegen. Dies ergibt sich besonders daraus, dass er durch sein - wenngleich strafrechtlich schuldloses - Verhalten einen Anlass von außerordentlichem Gewicht für ein Einschreiten zur Gefahrenabwehr geschaffen hat, indem er seine Ehefrau töten wollte und durch sein entsprechendes Vorgehen ihr Leben in höchstem Maße gefährdet und ihr schwerste Verletzungen zugefügt hat, die auf Dauer in außerordentlich schwerwiegender Weise ihre Gesundheit beeinträchtigen werden. Die Gefahr der Wiederholung eines solchen Verhaltens ist auch nicht deshalb entfallen oder von geringerem Gewicht, weil die Ehefrau und die Kinder des Klägers sich derzeit in Frankreich aufhalten. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen in dem beim Landgericht Waldshut-Tiengen anhängig gewesenen Verfahren besteht die Gefahr, dass der Kläger beim Auftreten eines neuen Krankheitsschubes eine andere Bezugsperson für die Veränderungen an seiner Person verantwortlich macht und sich seine Aggressionen dann gegen diese Person richten können.
29 
4. Die Ermessensausübung des Regierungspräsidiums ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Die Behörde hat dem öffentlichen Interesse an einer Entfernung des Klägers aus dem Bundesgebiet und der Verhinderung seiner Wiedereinreise wegen der von ihm ausgehenden Gefahren ohne Rechtsfehler Vorrang vor seinem entgegenstehenden privaten Interesse eingeräumt. Auch unter Beachtung der nach § 45 Abs. 2 AuslG zu berücksichtigenden Gesichtspunkte erweist sich die behördliche Entscheidung als rechtsfehlerfrei. Die Ausweisung des Klägers ist auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Dabei ist zu beachten, dass sich allein aus der Dauer des Aufenthalts des Klägers im Bundesgebiet (vgl. § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG) seit dem Jahr 1987, während der er keine besonderen Beziehungen oder Bindungen zu Deutschland geschaffen hat, keine schutzwürdige aufenthaltsrechtliche Position ergibt, deren Beendigung unter Beachtung seiner hohen Gefährlichkeit außer Verhältnis zu dem mit der Ausweisung verfolgten Zweck der Abwehr weiterer vom Kläger drohender Gefahren steht. Den in § 45 Abs. 2 Nr. 2 AuslG genannten Gesichtspunkten - der Berücksichtigung der Folgen der Ausweisung für die Familienangehörigen des Ausländers, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft leben - kommt im Fall des Klägers keine ausschlaggebende Rolle zu, da seine unmittelbaren Familienangehörigen (seine Ehefrau und seine beiden Kinder) sich nicht mehr in Deutschland aufhalten und seine weiteren Verwandten ebenfalls im Ausland leben. Die Ausweisung erscheint auch nicht deshalb rechtlich fehlerhaft, weil etwa ein in § 55 Abs. 2 AuslG genannter Duldungsgrund zu beachten gewesen wäre (vgl. § 45 Abs. 2 Nr. 3 AuslG).
30 
II. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erweist sich die Ausweisung  des Klägers auch als vereinbar mit Europäischem Gemeinschaftsrecht.
31 
1. Der Kläger besitzt als italienischer Staatsangehöriger die Unionsbürgerschaft und hat daher die im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (in der konsolidierten Fassung durch den Vertrag von Amsterdam - im Folgenden: EG) vorgesehenen Rechte und Pflichten (Art. 17 EG). Dementsprechend hat er das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in diesem Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen aufzuhalten (Art. 18 Abs. 1 EG). Als (Wander-)Arbeitnehmer steht ihm zudem Freizügigkeit nach Art. 39 Abs. 1 EG zu, die ihm ein Aufenthaltsrecht vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen gibt (vgl. Art. 39 Abs. 3 EG). Seine Rechtsstellung zur Inanspruchnahme der Arbeitnehmerfreizügigkeit hat der Kläger bereits durch den Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis-EG nachgewiesen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.5.2001 - 1 B 125.00 -, NVwZ 2001, 1288 = InfAuslR 2001, 312).  Anhaltspunkte dafür, dass diese Arbeitnehmer-Freizügigkeit durch endgültiges Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt erloschen wäre, sind nicht ersichtlich.
32 
2. Die im vorliegenden Fall zu beachtenden Beschränkungen der Freizügigkeit und des daraus folgenden Aufenthaltsrechts ergeben sich unter Berücksichtigung der in der hier maßgeblichen Durchführungsvorschrift (RL 64/221/EWG) vorgegebenen Schranken. Dabei ist davon auszugehen, dass eine Richtlinie grundsätzlich (nur) für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist, jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel überlässt (vgl. Art. 249 Abs. 3 EG). Daher wird den Mitgliedstaaten ein Ermessensspielraum zur Umsetzung eröffnet; der Einzelne kann sich grundsätzlich nicht unmittelbar auf die Regelungen einer Richtlinie berufen. Lediglich ausnahmsweise ist eine unmittelbare Wirkung von Richtlinien dann anerkannt, wenn die Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, nicht fristgemäß oder inhaltlich nicht ordnungsgemäß umgesetzt wurden (vgl. dazu Nettesheim in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Komm. zu Art. 249 EG, RdNr. 155 ff mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).
33 
3. Die Ausweisung des Klägers ist als eine Beschränkung seiner Freizügigkeit aus Gründen der öffentlichen Ordnung (im Sinne von Art. 39 Abs. 3 EG) gerechtfertigt.
34 
a) Im Fall des Klägers ist die Einschränkung seiner Freizügigkeit und seines daraus folgenden Aufenthaltsrechts durch die Ausweisung nicht unmittelbar an den - die Vorbehalte des Art. 39 Abs. 3 EG konkretisierenden - Bestimmungen der RL 64/221/EWG zu messen, sondern vorrangig nach den Regelungen in § 12 AufenthG/EWG zu beurteilen, die inhaltlich mit den Vorgaben der RL 64/221/EWG in Einklang stehen. Mit der gesetzlichen Vorschrift des § 12 AufenthG/EWG wurde die RL 64/221/EWG, soweit sie im vorliegenden Fall maßgeblich ist, ordnungsgemäß in deutsches Recht umgesetzt.
35 
b) Die Ausweisung des Klägers, dem in Deutschland als Arbeitnehmer Freizügigkeit gewährt wird (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG/EWG), ist unter Beachtung der rechtlichen Anforderungen des § 12 Abs. 1 Satz 1 AufenthG/EWG aus Gründen der öffentlichen Ordnung rechtmäßig verfügt worden. Insoweit ist zu beachten, dass die durch die Ausweisung eintretende Beschränkung der Freizügigkeit und des Aufenthaltsrechts als Ausnahme von dieser gemeinschaftsrechtlichen Freiheit eng auszulegen und - unter Beachtung der Vorgaben aus dem Europäischen Gemeinschaftsrecht - nur dann gerechtfertigt ist, wenn sie ausschließlich auf das persönliche Verhalten des Betroffenen gestützt ist und eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl. u.a. EuGH, Urteile vom 27.10.1977 - Rs. 30/77 - , Slg. 1977, 1999, und vom 29.4.2004 - verb. Rs. C-482/01 und C-493/01 ).  Diese Voraussetzungen sind im Fall des Klägers erfüllt. Die Beschränkung seiner Freizügigkeit erfolgt ausschließlich auf Grund seines eigenen Verhaltens, mit dem er in äußerst schwer wiegender Weise ein Grundinteresse der Gesellschaft verletzt hat, indem er einen anderen Menschen durch mehrere Messerstiche töten wollte und ihm dabei schwerste Verletzungen zugefügt hat, die das Opfer seiner Tat  lebenslang in schwerster Weise behindern werden. Auch im Bereich des Europäischen Gemeinschaftsrechts kommt es im Zusammenhang mit einer Beendigung des Aufenthalts eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers aus Gründen der öffentlichen Ordnung nicht darauf an, ob er strafrechtlich wegen seines Verhaltens zur Rechenschaft gezogen werden kann oder ob wegen Schuldunfähigkeit eine Bestrafung nicht erfolgen kann. Denn insoweit ist - wie im innerstaatlichen deutschen Recht - der Eingriff zur Abwehr von Gefahren gerechtfertigt, die von dem Betroffenen ausgehen. Diesen Anforderungen entspricht die Ausweisung des Klägers. In seinem Fall besteht auch eine hohe Gefahr der erneuten Begehung entsprechender Taten, da - wie in dem gerichtlichen Verfahren festgestellt wurde, in dem seine Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus erfolgte - keine günstige Langzeitprognose möglich ist, der Kläger sich in keiner Weise an seiner Behandlung beteiligt und von ihm auch künftig eine Allgemeingefährlichkeit - insbesondere für jeweilige Bezugspersonen - ausgeht.
36 
c) Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass etwa zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung des Senats eine Änderung in der Beurteilung der Gefährlichkeit des Klägers eingetreten wäre. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass in Anbetracht der Zeit zwischen dem Eintritt der Wirksamkeit der Ausweisung (11.3.2002) und dem Zeitpunkt der heutigen Entscheidung des Senats (21.7.2004) ein „längerer Zeitraum“ (im Sinne des Entscheidungssatzes Nr. 3 des Urteils des EuGH vom 29.4.2004, a.a.O.) vergangen ist und daher eine nachträgliche Veränderung der Sachlage zu berücksichtigen wäre, die nach der letzten Behördenentscheidung - zu Gunsten wie zu Lasten des Klägers - eingetreten wäre. Dies kann zu einer Änderung des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts aus Gründen des Europäischen Gemeinschaftsrechts führen (vgl. EuGH, Urteil vom 29.4.2004, a.a.O.). Ob einer nachträglichen, für den ausgewiesenen Ausländer günstigen Veränderung der Sachlage dadurch Rechnung getragen wird, dass die Ausweisung ab dem Zeitpunkt des Wegfalls oder der nicht unerheblichen Verminderung der europarechtlich erforderlichen Gefährdungslage aufgehoben oder aber - gemäß dem System des nationalen deutschen Ausländerrechts - auf diesen Zeitpunkt (gegebenenfalls auch rückwirkend) nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG befristet wird, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn im Fall des Klägers ist nichts dafür ersichtlich, dass etwa zwischenzeitlich ein Wegfall oder eine nicht unerhebliche Verminderung der gegenwärtigen Gefahr eingetreten ist. Insoweit ergibt sich vielmehr aus der - genannten - Stellungnahme vom 13.7.2004 des psychiatrischen Krankenhauses, in dem der Kläger noch immer untergebracht ist, dass er nach wie vor gefährlich ist.
37 
4. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erweist sich die Ausweisung des Klägers auch nicht etwa deshalb als rechtswidrig, weil sie mit Art. 4 der RL 64/221/EWG nicht vereinbar wäre.
38 
a) Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Regelung des Art. 4 Abs. 2 RL 64/221/EWG sei unmittelbar zugunsten des Klägers anwendbar, da es - jedenfalls im konkreten Fall des Klägers - an der notwendigen fristgerechten und vollständigen Umsetzung der Regelung in das nationale Ausländerrecht fehle. Die deutsche Regelung entspreche nicht der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung des Art. 4 RL 64/221/EWG. Im deutschen Recht sei die Möglichkeit einer aufenthaltsbeschränkenden Regelung bei Vorliegen der in § 12 Abs. 6 Satz 1 AufenthG/EWG genannten Krankheiten „zum Schutz der öffentlichen Gesundheit“ eröffnet und die in Satz 2 festgelegte Einschränkung - durch die Bezugnahme auf Satz 1 - sei auch nur auf Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit bezogen, obwohl die ihr zugrunde liegende Norm des Art. 4 RL 64/221/EWG bei der Aufzählung der Krankheiten und Gebrechen im Anhang zu der Richtlinie ausdrücklich zwischen Krankheiten differenziere, die die öffentliche Gesundheit gefährden und solchen, die die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden können. Damit entnimmt das Verwaltungsgericht der Regelung in Art. 4 Abs. 2 RL 64/221/EWG ein allgemeines Ausweisungsverbot für alle Fälle, in denen Krankheiten nach der Erteilung der ersten Aufenthaltserlaubnis-EG auftreten und in denen der Kranke über das „Auftreten“ der Krankheit hinaus die öffentliche Ordnung konkret und schwerwiegend gefährdet. Dies ist nicht gerechtfertigt. Die rechtlichen und praktischen Konsequenzen, die sich aus dieser Auslegung ergeben würden (z.B. das Verbot der Ausweisung eines Alkohol- oder Drogenabhängigen - und damit Suchtkranken - ungeachtet von ihm im Rahmen der Beschaffungskriminalität begangener Straftaten oder eines geisteskranken Terroristen, falls dem Freizügigkeitsberechtigten bereits eine Aufenthaltserlaubnis-EG erteilt wurde), sind durch das Europäische Gemeinschaftsrecht nicht geboten.
39 
b) Die Regelungen der Richtlinie 64/221/EWG sind auch in Bezug auf Art. 4 dieser Richtlinie ordnungsgemäß in deutsches Recht umgesetzt worden und stehen einer Ausweisung des Klägers nicht entgegen.
40 
aa) Die Richtlinie, die aus dem Jahr 1964 stammt und an die Mitgliedstaaten gerichtet war, sieht in Art. 4 die Möglichkeit der Beschränkung der Freizügigkeit und des daraus folgenden Aufenthaltsrechts aus Gründen der öffentlichen Gesundheit wie folgt vor:
41 
 „(1) Als Krankheiten oder Gebrechen, die eine Verweigerung der Einreise oder der ersten Aufenthaltserlaubnis rechtfertigen, gelten nur diejenigen, die im Anhang aufgeführt sind.
42 
(2) Das Auftreten von Krankheiten oder Gebrechen nach der Erteilung der ersten Aufenthaltserlaubnis kann die Verweigerung einer Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis oder die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet nicht rechtfertigen.“
43 
Dazu enthält der Anhang folgende Liste der Krankheiten bzw. Krankheitsgruppen, die als Grund für eine Maßnahme nach Art. 4 Abs. 1 RL 64/221/EWG in Frage kommen:
44 
„A. Krankheiten, welche die öffentliche Gesundheit gefährden können:
45 
1.    quarantänepflichtige Krankheiten,...
46 
2.    Tuberkulose ....
47 
3.    Syphilis;
48 
4.    andere ansteckende oder übertragbare parasitäre Krankheiten und Leiden, ...
49 
B. Krankheiten und Gebrechen, welche die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden können:
50 
1.    Suchtkrankheiten;
51 
2. schwere geistige und seelische Störungen; offensichtliche Psychosen mit Erregungszuständen, Wahnvorstellungen oder Sinnestäuschungen und mit Verwirrungszuständen.“
52 
Die (seit 1.1.2001 geänderte) gesetzliche Regelung des § 12 Abs. 6 AufenthG/EWG entspricht den Vorgaben des Art. 4 der RL 64/221/EWG. Die Bestimmung des § 12 Abs. 6 AufenthG/EWG hat folgenden Wortlaut:
53 
„Zum Schutz der öffentlichen Gesundheit dürfen die in Absatz 1 genannten Entscheidungen oder Maßnahmen nur getroffen werden, wenn der Ausländer
54 
1.    an einer Krankheit im Sinne von § 6 des Infektionsschutzgesetzes vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) leidet oder mit einem Krankheitserreger im Sinne von § 7 des Infektionsschutzgesetzes infiziert ist, oder
55 
2.    an Suchtkrankheiten, schweren geistigen oder seelischen Störungen, manifesten Psychosen mit Erregungszuständen, Wahnvorstellungen oder Sinnestäuschungen mit Verwirrungszuständen leidet.
56 
Tritt die Krankheit oder das Gebrechen erst nach der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis-EG auf, so kann dies die Versagung der Verlängerung oder die nachträgliche zeitliche Beschränkung der Aufenthaltserlaubnis-EG, die Ausweisung oder Abschiebung nicht begründen.“
57 
bb) Die Regelungen der RL 64/221/EWG konkretisieren die Vorgaben, die - soweit hier maßgeblich - in Art. 39 Abs. 3 EG als Vorbehalte für die Ausübung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer ausdrücklich aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit als gerechtfertigt anerkannt werden. Dabei ist danach zu unterscheiden, aus welchem dieser Gründe die Beschränkung erfolgt. Dementsprechend sind die Gründe der öffentlichen Ordnung und der öffentlichen Sicherheit von den Gründen der öffentlichen Gesundheit (d.h. der Volksgesundheit, vgl. dazu auch die Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed vom 25.5.2004 in der Rs. C-275/02, RdNr. 30) zu unterscheiden. Dem trägt auch die RL 64/221/EWG Rechnung. Die Regelungen in Art. 4 RL 64/221/EWG lassen erkennen, dass eine Beschränkung der Freizügigkeit eines Unionsbürgers, die ausschließlich wegen gesundheitlicher Gründe - d.h. wenn eine der Krankheiten vorliegt, die im Anhang zu der Richtlinie aufgeführt sind (vgl. Art. 4 Abs. 1 RL 64/221/EWG) - erfolgt, nur vor einem Aufenthalt (durch Verweigerung der Einreise) oder zu Beginn des Aufenthalts in dem Aufnahmemitgliedstaat (durch Verweigerung der ersten Aufenthaltserlaubnis, über die spätestens innerhalb von 6 Monaten nach Antragstellung entschieden werden muss, vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 der RL 64/221/EWG) als gerechtfertigt angesehen wird. Damit kommt deutlich zum Ausdruck, dass nicht eine konkrete Gefahrenlage in gesundheitlicher Hinsicht, sondern - zum einen - eine Belastung des Gesundheitswesens des Aufnahmemitgliedstaats und - zum anderen - zugleich eine abstrakte Gefährdung durch eine dieser Krankheiten vermieden werden soll. Dafür spricht auch der Wortlaut des Anhangs zu der RL 64/221/EWG, da dort die Krankheiten aufgeführt sind, welche die öffentliche Gesundheit (unter A.) oder die öffentliche Ordnung oder Sicherheit (unter B.) gefährden können. Insoweit ist auch die (letzte) Begründungserwägung zur RL 64/221/EWG aufschlussreich; dort heißt es: „Eine Aufzählung der Krankheiten und Gebrechen, die die öffentliche Gesundheit, Ordnung und Sicherheit gefährden können, hätte wenig praktischen Wert und wäre kaum erschöpfend, und es genügt, diese Leiden nach Gruppen zu ordnen“. Auch darin kommt zum Ausdruck, dass mit der gruppenweisen Aufzählung der Krankheiten für die Mitgliedstaaten lediglich die - sehr eingeschränkte - Möglichkeit der Beschränkung der Freizügigkeit wegen der abstrakten Gefährdungen, die durch die aufgeführten Krankheiten eintreten können, eröffnet werden sollte.
58 
Aus der Unterscheidung - A. und B. - im Anhang zur RL 64/221/EWG ergibt sich nicht etwa eine inhaltliche Differenzierung dahingehend, dass bei Vorliegen einer der Krankheiten oder Gebrechen, „welche die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden können“, generell - und ungeachtet des Vorliegens eines sonstigen Grundes, der eine Beschränkung der Freizügigkeit rechtfertigt - im Blick auf die Regelung in Art. 4 Abs. 2 RL 64/221/EWG nach der Erteilung der ersten Aufenthaltserlaubnis eine Entfernung aus dem Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats nicht mehr möglich sein soll. Aus dem Sinn und Zweck sowie dem systematischen Zusammenhang der Regelung mit Art. 3 der RL 64/221/EWG ergibt sich vielmehr, dass eine Beendigung des Aufenthalts nach der Erteilung der ersten Aufenthaltserlaubnis allein aus Gründen der Gesundheit nicht mehr möglich ist, dass jedoch eine entsprechende Beschränkung der Freizügigkeit (z.B. durch eine Ausweisung) aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder der öffentlichen Sicherheit des Mitgliedstaats durchaus noch gerechtfertigt sein kann. Insoweit ist insbesondere zu beachten, dass für eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung eine abstrakte Gefährdung nicht ausreicht, sondern eine erhebliche konkrete (gegenwärtige) Gefahr durch das persönliche Verhalten des Betroffenen vorliegen muss, d.h. eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung, die das Grundinteresse der Gesellschaft an der Abwehr weiterer von dem Ausländer drohender Gefährdungen berührt. Dies kommt auch in der (nicht datierten) Mitteilung der Europäischen Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament zu den Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Unionsbürgern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind (dort unter Nr. 3.1.3) zum Ausdruck. Danach schränkt Art. 4 der RL 64/221/EWG (nur) „die Möglichkeit ein, eine Maßnahme aus Gründen der öffentlichen Gesundheit zu treffen“.
59 
Für eine solche Auslegung spricht weiter die - bereits am 1.5.2004 in Kraft getretene, jedoch erst innerhalb von zwei Jahren umzusetzende - Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 (ABl. L 158 S. 77), mit der die Ausübung des Freizügigkeits- und Aufenthaltsrechts erleichtert (vgl. dazu die Begründungserwägung [4]) und eine genauere Definition der Umstände und Verfahrensgarantien sichergestellt  werden soll, unter denen Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen die Erlaubnis zur Einreise verweigert werden kann und unter denen sie ausgewiesen werden können (vgl. dazu die Begründungserwägung [22]). In Art. 29 Abs. 1 dieser Richtlinie wird darauf abgestellt, dass „als Krankheiten, die eine die Freizügigkeit beschränkende Maßnahme rechtfertigen“, „ausschließlich“ Krankheiten „mit epidemischem Potenzial“ und „sonstige übertragbare, durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten“ gelten. In Abs. 2 dieser Richtlinie ist geregelt, dass Krankheiten, die nach Ablauf einer Frist von drei Monaten ab dem Zeitpunkt der Einreise eintreten, keinen Ausweisungsgrund darstellen. Auch darin kommt zum Ausdruck, dass eine Beschränkung der Freizügigkeit ausschließlich aus Gründen der öffentlichen Gesundheit nur in sehr eingeschränktem Maße zulässig sein soll; damit ist aber nichts darüber gesagt, dass etwa deshalb eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nach Ablauf dieser Frist ausgeschlossen sein soll, wenn durch ein - krankheitsbedingtes - persönliches Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr eingetreten oder zu erwarten ist, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl. dazu Art. 27 Abs. 2 der genannten Richtlinie).
60 
cc) Das Regierungspräsidium hat die Ausweisung des Klägers ausdrücklich nicht auf Gründe der Gesundheit, sondern auf Gründe der öffentlichen Ordnung gestützt und dies in der Begründung der angefochtenen Verfügung zum Ausdruck gebracht (vgl. zur Bedeutung der Begründung einer Entscheidung über die Beschränkung der Freizügigkeit auch Art. 6 der RL 64/221/EWG). Diese Gründe rechtfertigen - wie ausgeführt - die Ausweisung. Insbesondere ist zu beachten, dass das Regierungspräsidium nicht etwa nach dem ersten Auftreten der Krankheit des Klägers und seiner Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus bereits die Beendigung seines Aufenthalts - aus Gründen der Gesundheit - verfügt hat, sondern erst zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kläger ein erhebliches gefährliches Verhalten gezeigt hat, die Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung angeordnet hat.
61 
5. Die Ausweisung des Klägers verstößt auch nicht gegen Verfahrensgarantien des Europäischen Gemeinschaftsrechts.
62 
 
63 
a) Das Verwaltungsgericht hat offen gelassen, ob ein Verstoß gegen Art. 9 Abs. 1 der RL 64/221/EWG deshalb vorliege, weil das Regierungspräsidium die angefochtene Verfügung erlassen hat und nach innerstaatlichem deutschem Recht - hier: in Baden-Württemberg - gegen diese Verfügung kein Widerspruchsverfahren stattfindet (vgl. § 6a [bad.-württ.] AGVwGO), dem Betroffenen vielmehr unmittelbar die Möglichkeit der Anrufung des Verwaltungsgerichts im Wege der Anfechtungsklage eröffnet ist. Auch unter Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 29.4.2004 (verb. Rs. C-482/01 und C-493/01 , a.a.O.) bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass der in Deutschland durch die Verwaltungsgerichte gewährte Rechtsschutz den Anforderungen dieser Richtlinie genügt.
64 
b) Zwar hat der EuGH in dem Urteil vom 29.4.2004 (a.a.O.) zur Erfüllung der Voraussetzungen in Art. 9 Abs. 1 der RL 64/221/EWG - nämlich dass die Rechtsmittel nicht nur die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung betreffen - eine „umfassende materiell-rechtliche Prüfung“ nicht als ausreichend angesehen (RdNr. 109 des Urteils). Vielmehr verlangt der EuGH hierfür zusätzlich eine erschöpfende Prüfung (bzw. Entscheidung) in Bezug auf die „Zweckmäßigkeit“ der Ausweisung im Hinblick auf die Erfordernisse eines hinreichend effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes (vgl. RdNr. 110 des Urteils). Um den Inhalt dieses Begriffs der „Zweckmäßigkeit“ zu bestimmen, ist jedoch nicht vom deutschen Rechtsverständnis dieses Begriffs (etwa im Zusammenhang mit der Zweckmäßigkeits-Kontrolle im Widerspruchsverfahren, vgl. § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO) auszugehen, sondern davon, welcher Bereich außer der „umfassenden materiell-rechtlichen Prüfung“ zur Gewährleistung des (vom EuGH geforderten) „effektiven gerichtlichen Schutzes“ Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung sein muss. Daher ist zunächst zu untersuchen, was der EuGH unter einer „umfassenden materiell-rechtlichen Prüfung“ versteht. Auch dabei ist nicht vom deutschen Rechtsverständnis auszugehen, sondern – ausgehend von dem auf einem europäischen Mindestkonsens beruhenden Begriffsniveau - von der Vorstellung einer zwar vertieften, aber doch auf die Übereinstimmung mit dem materiellen Gesetz (d.h. der Eingriffsnorm; unter Beachtung des Grundsatzes des Vorbehalts des Gesetzes) beschränkten Kontrolle, wie sich dies auch aus der französischen Übersetzung der „umfassenden materiell-rechtlichen Prüfung“ („ vérification approfondie du droit matériel “, RdNr. 109 des Urteils) ersehen lässt. Die Bedeutung des Begriffs der „Zweckmäßigkeit“ in dem hier maßgeblichen Sinne ist demnach unter Abgrenzung gegenüber diesem Begriffsinhalt der „umfassenden materiell-rechtlichen Prüfung“ aus dem Normgefüge und -verständnis des Europäischen Gemeinschaftsrechts nach Sinn und Zweck der Regelung in Art. 9 Abs. 1 RL 64/221/EWG zu bestimmen. Um den effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewährleisten, der vom EuGH - insbesondere zur Garantie des „effet utile“ (der praktischen Wirksamkeit) des EG-Rechts - zu Recht gefordert wird, ist als eine „erschöpfende“ (= uneingeschränkte) Prüfung einer Ausweisung unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der „Zweckmäßigkeit“ im gemeinschaftsrechtlichen Sinn eine umfassende inhaltliche (Rechts-) Kontrolle der Maßnahme in Bezug auf ihre (rechtliche) Übereinstimmung mit dem Zweck der Norm zu verstehen. Zwar hat der EuGH in dem Urteil vom 29.4.2004 (a.a.O.) insoweit das dafür maßgebliche Prüfprogramm nicht aufgeführt. Jedoch lässt sich aus den Anforderungen, die der EuGH im Entscheidungssatz 5 dieses Urteils für die gemeinschaftsrechtliche Unbedenklichkeit einer Ausweisung aufgeführt hat, ersehen, welche Kriterien für die Prüfung der „Zweckmäßigkeit“ maßgeblich sein sollen. Der EuGH hat an dieser Stelle entschieden, dass Art. 39 EG und die RL 64/221/EWG der Ausweisung eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der wegen bestimmter Delikte zu einer bestimmten Strafe verurteilt worden ist und der einerseits eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt und sich andererseits seit vielen Jahren im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat und sich gegenüber dieser Ausweisung auf Umstände familiärer Art berufen kann, nicht entgegen stehen, sofern die von den innerstaatlichen Behörden im Einzelfall vorgenommene Beurteilung der Frage, wo der angemessene Ausgleich zwischen den betroffenen berechtigten Interessen liegt, „unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts und insbesondere unter Wahrung der Grundrechte wie desjenigen auf Schutz des Familienlebens erfolgt“. Daraus ergibt sich, dass im Fall der Ausweisung und anderer aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber einem freizügigkeitsberechtigten Unionsbürger eine strenge rechtliche Prüfung anhand des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (in seinen Ausprägungen der Geeignetheit, der Erforderlichkeit und der Angemessenheit des Ausgleichs zwischen den betroffenen öffentlichen und privaten Interessen [sog. Mittel-Zweck-Relation]) sowie anhand der gemeinschaftsrechtlichen Grundrechte stattfinden muss, wobei auf die Umstände des konkreten Einzelfalls abzustellen ist (zu den einzelnen Kriterien vgl. insbesondere die Begründung in RdNrn. 95 – 99 des Urteils). Hingegen verlangt der EuGH nicht, dass eine Ausweisung ausschließlich nach Ermessen erfolgen darf. Dies folgt auch deutlich aus der französischen Fassung des Urteils. Darin wird der deutsche Rechtsbegriff der „Zweckmäßigkeit“ mit „opportunité“ übersetzt (vgl. RdNr. 110), während in der französischen Rechtssprache Ermessen „pouvoir discrétionnaire“ und freies Ermessen „pouvoir discrétionnaire libre“ bedeutet (vgl. Doucet/Fleck, Wörterbuch der Rechts- und Wirtschaftssprache, 1977, Band 2, S. 130 z. Stichwort Ermessen/Verwaltungsermessen).
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Die demnach vom EuGH geforderte rechtliche Prüfungsdichte ist in Deutschland durch die Verwaltungsgerichte in vollem Umfang garantiert. Wie der Senat bereits in dem (rechtskräftigen) Urteil vom 28.11.2002 – 11 S 1270/02 – (EZAR 034 Nr. 14 = VBlBW 2003, 289 [Ls]) ausgeführt hat, unterliegt die erstinstanzliche verwaltungsgerichtliche Kontrolle einer Ausweisung im jeweiligen Einzelfall keiner prozessualen Beschränkung; die formelle und materielle Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung wird in vollem Umfang geprüft und der maßgebliche Sachverhalt von Amts wegen aufgeklärt (s. UA S. 31 ff). Alle Umstände, die von rechtlicher Bedeutung für die Ausweisung sind, werden berücksichtigt und an den rechtlichen Vorgaben - in einer „ersten Stufe“ - des nationalen und - in einer „zweiten Stufe“ - des supranationalen Rechts sowie des zwischenstaatlichen und des Völkerrechts geprüft. Dabei werden die Anforderungen an eine strenge, an den Grundrechten orientierte Verhältnismäßigkeitskontrolle erfüllt. Diese Kontrolle bezieht sich - unter Beachtung des im deutschen Recht gewährleisteten subjektiven Rechtsschutzes - ausschließlich auf den jeweiligen Einzelfall. Ob im nationalen deutschen Recht eine Ist-, Regel- oder Ermessensausweisung vorliegt, ist für die europarechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung unerheblich. Eine solche stringente Rechts- und Verhältnismäßigkeitskontrolle wird den Anforderungen des EuGH an einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gerecht; eine weitergehende „Zweckmäßigkeits“-Entscheidung, bei der etwa außer-rechtliche Gesichtspunkte berücksichtigt würden, wäre zudem mit den Anforderungen der Art. 8 und 9 Abs. 1 RL 64/221/EWG schwerlich vereinbar. Der Befassung einer - weiteren - „zuständigen Stelle“ bedarf es demnach nicht.
66 
Diese Auslegung wird schließlich bestätigt durch die Regelungen in Art. 31 Abs. 1 und Abs. 3 (in Verbindung mit Art. 28) der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 (ABl. L 158 S. 77), die „Verfahrensgarantien“ regeln und ersichtlich nicht hinter dem Schutzstandard der RL 64/221/EWG zurückbleiben sollen. In dieser Richtlinie ist die Stellungnahme einer anderen „zuständigen Stelle“ nicht mehr vorgesehen. Nach Art. 31 Abs. 1 dieser Richtlinie müssen die Betroffenen gegen eine Entscheidung aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit einen Rechtsbehelf bei einem Gericht und gegebenenfalls bei einer Behörde des Aufnahmemitgliedstaats einlegen können. Gemäß Art. 31 Abs. 3 dieser Richtlinie sind im Rechtsbehelfsverfahren die Rechtmäßigkeit der Entscheidung sowie die Tatsachen und die Umstände, auf denen die Entscheidung beruht, zu überprüfen. Es gewährleistet, dass die Entscheidung insbesondere im Hinblick auf die Erfordernisse gemäß Artikel 28 („Schutz vor Ausweisung“) nicht unverhältnismäßig ist. Insoweit ist insbesondere Art. 28 Abs. 1 dieser Richtlinie von Bedeutung, der einen Beispielskatalog der wichtigsten in diesem Zusammenhang beachtlichen Beurteilungskriterien enthält. In  Art. 28 Abs. 1 ist geregelt, dass der Aufnahmemitgliedstaat - bevor er eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt - insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen im Hoheitsgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Aufnahmemitgliedstaat und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat berücksichtigt.
67 
Mit der vorliegenden Entscheidung führt der Senat seine Rechtsprechung fort, die er in dem (rechtskräftigen) Urteil vom 28.11.2002 (a.a.O.) zu den hier maßgeblichen Fragen eingeleitet hat.
68 
III. Die Abschiebungsandrohung sowie die Anordnung der Abschiebung in der angefochtenen Verfügung begegnen im Übrigen weder nach nationalem deutschem Ausländerrecht noch nach Europäischem Gemeinschaftsrecht rechtlichen Bedenken.
69 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
70 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen.

Gründe

 
17 
Die vom Beklagten eingelegte Berufung, die vom Verwaltungsgericht - durch den Berichterstatter (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO) - zugelassen wurde, ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 2 und 3 VwGO sind erfüllt.
18 
Die Berufung des Beklagten ist auch begründet. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist die angefochtene Ausweisungsverfügung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19 
Die Ausweisung des Klägers erweist sich bei der - gleichsam auf einer ersten Stufe vorzunehmenden - rechtlichen Beurteilung nach nationalem deutschem Ausländerrecht  als rechtmäßig (dazu unter I.) und ist auch nach der - gleichsam auf einer zweiten Stufe vorzunehmenden - Prüfung der Vereinbarkeit dieser aufenthaltsbeendenden Maßnahme mit hier zu beachtendem Europäischem Gemeinschaftsrecht rechtlich nicht zu beanstanden (dazu unter II.)
20 
I. Für die rechtliche Beurteilung des Begehrens des Klägers auf Aufhebung einer Ausweisungsverfügung, die nach nationalem deutschem Ausländerrecht als rechtliche Folge sowohl die Beendigung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts - durch Erlöschen einer Aufenthaltsgenehmigung und das Entstehen der Ausreisepflicht (vgl. §§ 44 Abs. 1 Nr. 1, 42 Abs. 1, 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) - herbeiführt als auch ein Wiedereinreiseverbot enthält (§ 8 Abs. 2 Satz 1 AuslG), das auch gegenüber freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern gilt (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.12.1999 - 1 C 13.99 -, BVerwGE 110, 140 = NVwZ 2000, 688 = InfAuslR 2000, 176 = VBlBW 2000, 273), ist eine rechtliche Beurteilung gleichsam auf zwei Stufen vorzunehmen (sog. „Zwei-Stufen-Modell“, vgl. Alber/Schneider, DÖV 2004, 313, 315; dazu auch VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.4.2002 - 11 S 1823/01 -, InfAuslR 2002, 375 = EZAR 034 Nr. 13, und vom 28.11.2002 - 11 S 1270/02 - EZAR 034 Nr. 14). Dabei ist es zunächst ausschließlich – und unabhängig vom Europäischen Gemeinschaftsrecht – die Aufgabe der deutschen Gerichte, nach der hier geltenden (nationalen) Rechtsordnung die behördliche Eingriffsmaßnahme der Ausweisung auf ihre Rechtmäßigkeit nach deutschem Recht zu überprüfen und damit über den Rechtsschutz nach innerstaatlichem deutschem Recht zu entscheiden. Denn es unterliegt nicht der Prüfung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), über die Auslegung und Anwendung nationaler Vorschriften zu entscheiden (vgl. dazu u.a. EuGH, Urteil vom 29.4.2004 in den verbundenen Rechtssachen C-482/01 und C-493/01 , RdNr. 42). Nur für den Fall, dass im Rahmen einer Überprüfung nach deutschem Recht dem Begehren des Unionsbürgers nicht bereits entsprochen werden kann, muss eine Prüfung unter Beachtung der Regelungen des Gemeinschaftsrechts erfolgen, wobei zu prüfen ist, ob insoweit der Vorrang des Gemeinschaftsrechts eine andere rechtliche Beurteilung gebietet. Die europarechtliche Prüfung hat selbständig und unabhängig von der Systematik und den Vorgaben der nationalen Prüfungsebene (etwa: Ist-, Regel- oder Ermessensausweisung) zu erfolgen. Diese differenzierte Beurteilung auf zwei Stufen ist im Fall eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers - wie hier des Klägers - angezeigt. Die Ausweisung regelt zwar nach dem differenzierten Regelungssystem des deutschen Ausländerrechts für sich genommen (noch) nicht unmittelbar eine zwangsweise Beendigung des Aufenthalts des davon betroffenen Ausländers. Vielmehr führt erst die Abschiebung (§ 49 AuslG), die unabhängig von der Ausweisung geregelt ist und der Vollstreckung der - durch die Ausweisung entstandenen - Ausreisepflicht dient, zur Entfernung des Ausländers aus dem deutschen Hoheitsgebiet. Unter Beachtung des Regelungszusammenhangs der insoweit maßgebenden Bestimmungen des deutschen Ausländerrechts ist jedoch davon auszugehen, dass bereits die Ausweisung unmittelbare Auswirkungen auf die Ausübung des aus der Freizügigkeit folgenden Rechts auf freie und ungehinderte Einreise und dementsprechenden Aufenthalt eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers hat.
21 
Im Fall des Klägers ist - nach deutschem Recht - das Regierungspräsidium Freiburg als zuständige Ausländerbehörde (§ 7 Abs. 1 AAZuVO) zu Recht davon ausgegangen, dass die §§ 45, 46 Nr. 2 AuslG als erforderliche gesetzliche Grundlagen für die Ausweisung den Erlass dieser Maßnahme nach Ermessen ermöglicht haben. Zu dem für die gerichtliche Beurteilung insoweit maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des ausländerbehördlichen Verfahrens (s. dazu im Folgenden unter 1.) waren die tatbestandlichen Voraussetzungen für diese Eingriffsmaßnahme (s. dazu im Folgenden unter 2.) gegeben, und die Behörde hat sowohl beachtet, dass dem Kläger ein besonderer Schutz vor einer Ausweisung zukommt (s. dazu im Folgenden unter 3.), als auch das ihr eröffnete Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt (s. dazu im Folgenden unter 4.).
22 
1. Für die rechtliche Beurteilung einer Ausweisungsverfügung ist nach innerstaatlichem deutschem Recht grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgebend (vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 17.11.1994 - 1 B 224.94 -, InfAuslR 1995, 150; vom 17.1.1996 - 1 B 3.96 -, InfAuslR 1996, 137; vom 27.6.1997 - 1 B 132.97 - ; vom 23.5.2001 - 1 B 125.00 -, NVwZ 2001, 1288, vom 18.9.2001 - 1 C 17.00 -, NVwZ 2002, 339, und vom 8.1.2003 - 1 B 253.02 -; Urteile vom 19.11.1996 - 1 C 6.95 -, BVerwGE 102, 249, und - 1 C 25.94 -, InfAuslR 1997, 152; vom 28.1.1997 - 1 C 17.94 -, InfAuslR 1997, 296 und vom 7.12.1999 - 1 C 13.99 -, BVerwGE 110, 140; sowie VGH Bad.-Württ., Urteile vom 4.12.1996  -  11 S 2511/96 -,  vom  28.7.1999 - 11 S 2387/98 -, vom 19.4.2000 - 11 S
23 
1387/99 -, VBlBW 2001, 25, vom 28.11.2002 - 11 S 1270/02 - und vom 27.1.2004 -10 S 1610/03 -). Dies gilt unabhängig davon, dass die Gerichte Erkenntnismittel auswerten dürfen, die nach Erlass des letzten Behördenbescheides entstanden sind, wenn ihnen Anhaltspunkte für die Richtigkeit oder auch für die Unrichtigkeit der im Zeitpunkt dieser Entscheidung getroffenen Einschätzung entnommen werden können (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 19.11.1996 - 1 C 25.94 -, InfAuslR 1997, 152; Be-schlüsse vom 5.5.1997 - 1 B 129.96 -, AuAS 1997, 218; vom 27.6.1997 - 1 B 132.97 - und vom 23.5.2001 - 1 B 125.00 -, NVwZ 2001, 1288).
24 
2. Als Maßnahme, die in den Rechtskreis des betroffenen Ausländers belastend eingreift, bedarf die Ausweisung nach geltendem deutschem Recht - unter Beachtung des Grundsatzes des Vorbehalts des Gesetzes, der im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) seine Grundlage hat - einer gesetzlichen Grundlage. Die insoweit erforderlichen gesetzlichen Grundlagen für eine Ausweisung sind in den §§ 45 ff AuslG in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise geregelt und im Geltungsbereich des Grundgesetzes von den Behörden und Gerichten auch in Bezug auf freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger zu beachten, da es im Recht der Europäischen Gemeinschaften keine Rechtsgrundlage für den Erlass einer Ausweisung gibt (vgl. dazu VGH Bad.-Württ.,  Urteil vom 17.4.2002 - 11 S 1823/01 -, InfAuslR 2002, 375 = EZAR 034 Nr. 13). Die Ausweisung - als eine ausschließlich im nationalen Recht angelegte Maßnahme - muss vielmehr nur in Bezug auf die damit eintretende Beschränkung des aus der Freizügigkeit folgenden Aufenthaltsrechts den Anforderungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts entsprechen (s. dazu unter II.). Dementsprechend regelt auch das - derzeit noch geltende - (deutsche) Gesetz über Einreise und Aufenthalt von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Aufenthaltsgesetz/EWG - AufenthG/EWG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.1.1980, BGBl. I S. 116 - mit Änderungen -), durch das die Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind (ABl. 1964 S. 850 - im Folgenden: RL 64/221/EWG), in geltendes deutsches Recht umgesetzt worden ist, keine tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Ausweisungsverfügung gegen Personen, die unter dieses Gesetz fallen, sondern setzt die Möglichkeit des rechtmäßigen Erlasses einer solchen Verfügung nach deutschem Recht voraus und regelt (nur) die - aus dem Europäischen Gemeinschaftsrecht folgenden - Voraussetzungen für die Einschränkung der Freizügigkeit.
25 
Im Fall des Klägers wurde die Ausweisung nach nationalem Recht zutreffend auf der rechtlichen Grundlage der §§ 45, 46 Nr. 2 AuslG verfügt.
26 
§ 45 Abs. 1 AuslG - als die Grundnorm für alle Formen der Ausweisung - regelt, dass ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt. Gemäß § 46 Nr. 2 AuslG kann ein Ausländer nach § 45 Abs. 1 AuslG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er - soweit hier maßgeblich - einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat. Diese tatbestandliche Voraussetzung hat der Kläger erfüllt, da er durch seine Tat (versuchter Totschlag in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung) einen schweren Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen und dadurch die öffentliche Sicherheit und Ordnung in hohem Maße beeinträchtigt hat. Es kommt für die Erfüllung dieser Tatbestandsvoraussetzungen nicht darauf an, dass der Kläger wegen dieser Tat strafrechtlich mangels Schuldfähigkeit nicht bestraft wurde. Denn die Ausweisung ist keine (weitere) Strafe, sondern ausschließlich eine ordnungsrechtliche Maßnahme, die der Abwehr und Bekämpfung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dient.
27 
Zum Zeitpunkt des Eintritts der Wirksamkeit der angefochtenen Verfügung - durch ihre Bekanntgabe an den Kläger am 11.3.2002 - bestanden keine rechtserheblichen Bedenken gegen die Annahme, dass vom Kläger Gefahren für die Allgemeinheit ausgingen, die ein ausländerrechtliches Einschreiten geboten haben. Wie sich aus den Feststellungen des Landgerichts Waldshut-Tiengen im Urteil vom 20.9.2001 ergibt, mit dem die Maßregel der Unterbringung des Klägers in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet wurde, war der Kläger als für die Allgemeinheit gefährlich (im Sinne des § 63 StGB) anzusehen. Es bestanden insoweit in seinem Fall keine rechtserheblichen Unterschiede in der Beurteilung der Sachlage in Bezug auf die durch das Strafgericht als freiheitsentziehende Maßregel angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) und in Bezug auf die durch die Ausländerbehörde verfügte - nach Voraussetzungen und Rechtsfolgen grundsätzlich unterschiedlich zu beurteilende - ordnungsrechtliche Maßnahme der Ausweisung. Die vom Kläger ausgehenden Gefahren waren - und sind - auch nicht etwa wegen seiner Unterbringung entfallen, zumal da mit dieser Maßregel kein auf Dauer angelegter stationärer Aufenthalt unter medizinischer Überwachung verbunden ist (vgl. dazu auch § 67e StGB) und die unter ordnungsrechtlichen Gesichtspunkten zu treffende Prognose auch den Fall der Beendigung der Unterbringung berücksichtigen muss. Insoweit ist die Situation mit der tatsächlichen Lage im Fall der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe vergleichbar. Wie sich im Übrigen aus der - vom Kläger in der mündlichen Verhandlung des Senats vorgelegten - Stellungnahme vom 13.7.2004 des Zentrums für Psychiatrie, in dem der Kläger untergebracht ist, ergibt, halten es die ihn behandelnden Ärzte ersichtlich wegen der von ihm noch immer ausgehenden Gefahren für erforderlich, dass er im Maßregelvollzug verbleibt, bis ein - bisher aus ärztlicher Sicht (noch) nicht gewährleisteter - sozialer  Empfangsraum für ihn vorhanden ist.
28 
3. Die Ausländerbehörde hat auch zu Recht berücksichtigt, dass dem Kläger nach nationalem deutschem Recht ein besonderer Ausweisungsschutz nach § 12 Abs. 1 Satz 2 AufenthG/EWG zugute kommt, da ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis-EG erteilt wurde. Dieser Ausweisungsschutz entspricht inhaltlich der Schutznorm des § 48 Abs. 1 AuslG. Nach der Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 AufenthG/EWG, die über die Vorgaben durch die RL 64/221/EWG hinaus eine weitere innerstaatlich beachtliche Ausweisungsschranke enthält, darf der Kläger nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ausgewiesen werden. Solche Gründe liegen vor, wenn das öffentliche Interesse an der Erhaltung von öffentlicher Sicherheit und Ordnung im Vergleich zu dem vom Gesetz bezweckten Schutz des Ausländers vor Ausweisung ein deutliches Übergewicht hat. Bei einer Ausweisung zu spezialpräventiven Zwecken - wie im Fall des Klägers - ist ein Ausweisungsanlass von besonderem Gewicht erforderlich, was sich bei Straftaten insbesondere aus ihrer Art, Schwere und Häufigkeit ergibt. Zum anderen müssen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass in Zukunft eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung durch neue Straftaten des Ausländers ernsthaft droht und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht (vgl. BVerwG, Urteile vom 11.6.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247, und vom 26.2.2002 - 1 C 21.00 -, BVerwGE 116, 55 = NVwZ 2002, 1512). Die Behörde und das Verwaltungsgericht sind zu Recht davon ausgegangen, dass der Ausweisungsschutz des § 12 Abs. 1 Satz 2 AufenthG/EWG der Ausweisung des Klägers nicht entgegensteht, da in seinem Fall angesichts der erheblichen Gefahren, die von ihm - auch weiterhin - ausgehen, schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in dem hier maßgeblichen Sinne vorliegen. Dies ergibt sich besonders daraus, dass er durch sein - wenngleich strafrechtlich schuldloses - Verhalten einen Anlass von außerordentlichem Gewicht für ein Einschreiten zur Gefahrenabwehr geschaffen hat, indem er seine Ehefrau töten wollte und durch sein entsprechendes Vorgehen ihr Leben in höchstem Maße gefährdet und ihr schwerste Verletzungen zugefügt hat, die auf Dauer in außerordentlich schwerwiegender Weise ihre Gesundheit beeinträchtigen werden. Die Gefahr der Wiederholung eines solchen Verhaltens ist auch nicht deshalb entfallen oder von geringerem Gewicht, weil die Ehefrau und die Kinder des Klägers sich derzeit in Frankreich aufhalten. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen in dem beim Landgericht Waldshut-Tiengen anhängig gewesenen Verfahren besteht die Gefahr, dass der Kläger beim Auftreten eines neuen Krankheitsschubes eine andere Bezugsperson für die Veränderungen an seiner Person verantwortlich macht und sich seine Aggressionen dann gegen diese Person richten können.
29 
4. Die Ermessensausübung des Regierungspräsidiums ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Die Behörde hat dem öffentlichen Interesse an einer Entfernung des Klägers aus dem Bundesgebiet und der Verhinderung seiner Wiedereinreise wegen der von ihm ausgehenden Gefahren ohne Rechtsfehler Vorrang vor seinem entgegenstehenden privaten Interesse eingeräumt. Auch unter Beachtung der nach § 45 Abs. 2 AuslG zu berücksichtigenden Gesichtspunkte erweist sich die behördliche Entscheidung als rechtsfehlerfrei. Die Ausweisung des Klägers ist auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Dabei ist zu beachten, dass sich allein aus der Dauer des Aufenthalts des Klägers im Bundesgebiet (vgl. § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG) seit dem Jahr 1987, während der er keine besonderen Beziehungen oder Bindungen zu Deutschland geschaffen hat, keine schutzwürdige aufenthaltsrechtliche Position ergibt, deren Beendigung unter Beachtung seiner hohen Gefährlichkeit außer Verhältnis zu dem mit der Ausweisung verfolgten Zweck der Abwehr weiterer vom Kläger drohender Gefahren steht. Den in § 45 Abs. 2 Nr. 2 AuslG genannten Gesichtspunkten - der Berücksichtigung der Folgen der Ausweisung für die Familienangehörigen des Ausländers, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft leben - kommt im Fall des Klägers keine ausschlaggebende Rolle zu, da seine unmittelbaren Familienangehörigen (seine Ehefrau und seine beiden Kinder) sich nicht mehr in Deutschland aufhalten und seine weiteren Verwandten ebenfalls im Ausland leben. Die Ausweisung erscheint auch nicht deshalb rechtlich fehlerhaft, weil etwa ein in § 55 Abs. 2 AuslG genannter Duldungsgrund zu beachten gewesen wäre (vgl. § 45 Abs. 2 Nr. 3 AuslG).
30 
II. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erweist sich die Ausweisung  des Klägers auch als vereinbar mit Europäischem Gemeinschaftsrecht.
31 
1. Der Kläger besitzt als italienischer Staatsangehöriger die Unionsbürgerschaft und hat daher die im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (in der konsolidierten Fassung durch den Vertrag von Amsterdam - im Folgenden: EG) vorgesehenen Rechte und Pflichten (Art. 17 EG). Dementsprechend hat er das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in diesem Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen aufzuhalten (Art. 18 Abs. 1 EG). Als (Wander-)Arbeitnehmer steht ihm zudem Freizügigkeit nach Art. 39 Abs. 1 EG zu, die ihm ein Aufenthaltsrecht vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen gibt (vgl. Art. 39 Abs. 3 EG). Seine Rechtsstellung zur Inanspruchnahme der Arbeitnehmerfreizügigkeit hat der Kläger bereits durch den Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis-EG nachgewiesen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.5.2001 - 1 B 125.00 -, NVwZ 2001, 1288 = InfAuslR 2001, 312).  Anhaltspunkte dafür, dass diese Arbeitnehmer-Freizügigkeit durch endgültiges Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt erloschen wäre, sind nicht ersichtlich.
32 
2. Die im vorliegenden Fall zu beachtenden Beschränkungen der Freizügigkeit und des daraus folgenden Aufenthaltsrechts ergeben sich unter Berücksichtigung der in der hier maßgeblichen Durchführungsvorschrift (RL 64/221/EWG) vorgegebenen Schranken. Dabei ist davon auszugehen, dass eine Richtlinie grundsätzlich (nur) für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist, jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel überlässt (vgl. Art. 249 Abs. 3 EG). Daher wird den Mitgliedstaaten ein Ermessensspielraum zur Umsetzung eröffnet; der Einzelne kann sich grundsätzlich nicht unmittelbar auf die Regelungen einer Richtlinie berufen. Lediglich ausnahmsweise ist eine unmittelbare Wirkung von Richtlinien dann anerkannt, wenn die Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, nicht fristgemäß oder inhaltlich nicht ordnungsgemäß umgesetzt wurden (vgl. dazu Nettesheim in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Komm. zu Art. 249 EG, RdNr. 155 ff mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).
33 
3. Die Ausweisung des Klägers ist als eine Beschränkung seiner Freizügigkeit aus Gründen der öffentlichen Ordnung (im Sinne von Art. 39 Abs. 3 EG) gerechtfertigt.
34 
a) Im Fall des Klägers ist die Einschränkung seiner Freizügigkeit und seines daraus folgenden Aufenthaltsrechts durch die Ausweisung nicht unmittelbar an den - die Vorbehalte des Art. 39 Abs. 3 EG konkretisierenden - Bestimmungen der RL 64/221/EWG zu messen, sondern vorrangig nach den Regelungen in § 12 AufenthG/EWG zu beurteilen, die inhaltlich mit den Vorgaben der RL 64/221/EWG in Einklang stehen. Mit der gesetzlichen Vorschrift des § 12 AufenthG/EWG wurde die RL 64/221/EWG, soweit sie im vorliegenden Fall maßgeblich ist, ordnungsgemäß in deutsches Recht umgesetzt.
35 
b) Die Ausweisung des Klägers, dem in Deutschland als Arbeitnehmer Freizügigkeit gewährt wird (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG/EWG), ist unter Beachtung der rechtlichen Anforderungen des § 12 Abs. 1 Satz 1 AufenthG/EWG aus Gründen der öffentlichen Ordnung rechtmäßig verfügt worden. Insoweit ist zu beachten, dass die durch die Ausweisung eintretende Beschränkung der Freizügigkeit und des Aufenthaltsrechts als Ausnahme von dieser gemeinschaftsrechtlichen Freiheit eng auszulegen und - unter Beachtung der Vorgaben aus dem Europäischen Gemeinschaftsrecht - nur dann gerechtfertigt ist, wenn sie ausschließlich auf das persönliche Verhalten des Betroffenen gestützt ist und eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl. u.a. EuGH, Urteile vom 27.10.1977 - Rs. 30/77 - , Slg. 1977, 1999, und vom 29.4.2004 - verb. Rs. C-482/01 und C-493/01 ).  Diese Voraussetzungen sind im Fall des Klägers erfüllt. Die Beschränkung seiner Freizügigkeit erfolgt ausschließlich auf Grund seines eigenen Verhaltens, mit dem er in äußerst schwer wiegender Weise ein Grundinteresse der Gesellschaft verletzt hat, indem er einen anderen Menschen durch mehrere Messerstiche töten wollte und ihm dabei schwerste Verletzungen zugefügt hat, die das Opfer seiner Tat  lebenslang in schwerster Weise behindern werden. Auch im Bereich des Europäischen Gemeinschaftsrechts kommt es im Zusammenhang mit einer Beendigung des Aufenthalts eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers aus Gründen der öffentlichen Ordnung nicht darauf an, ob er strafrechtlich wegen seines Verhaltens zur Rechenschaft gezogen werden kann oder ob wegen Schuldunfähigkeit eine Bestrafung nicht erfolgen kann. Denn insoweit ist - wie im innerstaatlichen deutschen Recht - der Eingriff zur Abwehr von Gefahren gerechtfertigt, die von dem Betroffenen ausgehen. Diesen Anforderungen entspricht die Ausweisung des Klägers. In seinem Fall besteht auch eine hohe Gefahr der erneuten Begehung entsprechender Taten, da - wie in dem gerichtlichen Verfahren festgestellt wurde, in dem seine Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus erfolgte - keine günstige Langzeitprognose möglich ist, der Kläger sich in keiner Weise an seiner Behandlung beteiligt und von ihm auch künftig eine Allgemeingefährlichkeit - insbesondere für jeweilige Bezugspersonen - ausgeht.
36 
c) Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass etwa zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung des Senats eine Änderung in der Beurteilung der Gefährlichkeit des Klägers eingetreten wäre. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass in Anbetracht der Zeit zwischen dem Eintritt der Wirksamkeit der Ausweisung (11.3.2002) und dem Zeitpunkt der heutigen Entscheidung des Senats (21.7.2004) ein „längerer Zeitraum“ (im Sinne des Entscheidungssatzes Nr. 3 des Urteils des EuGH vom 29.4.2004, a.a.O.) vergangen ist und daher eine nachträgliche Veränderung der Sachlage zu berücksichtigen wäre, die nach der letzten Behördenentscheidung - zu Gunsten wie zu Lasten des Klägers - eingetreten wäre. Dies kann zu einer Änderung des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts aus Gründen des Europäischen Gemeinschaftsrechts führen (vgl. EuGH, Urteil vom 29.4.2004, a.a.O.). Ob einer nachträglichen, für den ausgewiesenen Ausländer günstigen Veränderung der Sachlage dadurch Rechnung getragen wird, dass die Ausweisung ab dem Zeitpunkt des Wegfalls oder der nicht unerheblichen Verminderung der europarechtlich erforderlichen Gefährdungslage aufgehoben oder aber - gemäß dem System des nationalen deutschen Ausländerrechts - auf diesen Zeitpunkt (gegebenenfalls auch rückwirkend) nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG befristet wird, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn im Fall des Klägers ist nichts dafür ersichtlich, dass etwa zwischenzeitlich ein Wegfall oder eine nicht unerhebliche Verminderung der gegenwärtigen Gefahr eingetreten ist. Insoweit ergibt sich vielmehr aus der - genannten - Stellungnahme vom 13.7.2004 des psychiatrischen Krankenhauses, in dem der Kläger noch immer untergebracht ist, dass er nach wie vor gefährlich ist.
37 
4. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erweist sich die Ausweisung des Klägers auch nicht etwa deshalb als rechtswidrig, weil sie mit Art. 4 der RL 64/221/EWG nicht vereinbar wäre.
38 
a) Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Regelung des Art. 4 Abs. 2 RL 64/221/EWG sei unmittelbar zugunsten des Klägers anwendbar, da es - jedenfalls im konkreten Fall des Klägers - an der notwendigen fristgerechten und vollständigen Umsetzung der Regelung in das nationale Ausländerrecht fehle. Die deutsche Regelung entspreche nicht der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung des Art. 4 RL 64/221/EWG. Im deutschen Recht sei die Möglichkeit einer aufenthaltsbeschränkenden Regelung bei Vorliegen der in § 12 Abs. 6 Satz 1 AufenthG/EWG genannten Krankheiten „zum Schutz der öffentlichen Gesundheit“ eröffnet und die in Satz 2 festgelegte Einschränkung - durch die Bezugnahme auf Satz 1 - sei auch nur auf Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit bezogen, obwohl die ihr zugrunde liegende Norm des Art. 4 RL 64/221/EWG bei der Aufzählung der Krankheiten und Gebrechen im Anhang zu der Richtlinie ausdrücklich zwischen Krankheiten differenziere, die die öffentliche Gesundheit gefährden und solchen, die die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden können. Damit entnimmt das Verwaltungsgericht der Regelung in Art. 4 Abs. 2 RL 64/221/EWG ein allgemeines Ausweisungsverbot für alle Fälle, in denen Krankheiten nach der Erteilung der ersten Aufenthaltserlaubnis-EG auftreten und in denen der Kranke über das „Auftreten“ der Krankheit hinaus die öffentliche Ordnung konkret und schwerwiegend gefährdet. Dies ist nicht gerechtfertigt. Die rechtlichen und praktischen Konsequenzen, die sich aus dieser Auslegung ergeben würden (z.B. das Verbot der Ausweisung eines Alkohol- oder Drogenabhängigen - und damit Suchtkranken - ungeachtet von ihm im Rahmen der Beschaffungskriminalität begangener Straftaten oder eines geisteskranken Terroristen, falls dem Freizügigkeitsberechtigten bereits eine Aufenthaltserlaubnis-EG erteilt wurde), sind durch das Europäische Gemeinschaftsrecht nicht geboten.
39 
b) Die Regelungen der Richtlinie 64/221/EWG sind auch in Bezug auf Art. 4 dieser Richtlinie ordnungsgemäß in deutsches Recht umgesetzt worden und stehen einer Ausweisung des Klägers nicht entgegen.
40 
aa) Die Richtlinie, die aus dem Jahr 1964 stammt und an die Mitgliedstaaten gerichtet war, sieht in Art. 4 die Möglichkeit der Beschränkung der Freizügigkeit und des daraus folgenden Aufenthaltsrechts aus Gründen der öffentlichen Gesundheit wie folgt vor:
41 
 „(1) Als Krankheiten oder Gebrechen, die eine Verweigerung der Einreise oder der ersten Aufenthaltserlaubnis rechtfertigen, gelten nur diejenigen, die im Anhang aufgeführt sind.
42 
(2) Das Auftreten von Krankheiten oder Gebrechen nach der Erteilung der ersten Aufenthaltserlaubnis kann die Verweigerung einer Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis oder die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet nicht rechtfertigen.“
43 
Dazu enthält der Anhang folgende Liste der Krankheiten bzw. Krankheitsgruppen, die als Grund für eine Maßnahme nach Art. 4 Abs. 1 RL 64/221/EWG in Frage kommen:
44 
„A. Krankheiten, welche die öffentliche Gesundheit gefährden können:
45 
1.    quarantänepflichtige Krankheiten,...
46 
2.    Tuberkulose ....
47 
3.    Syphilis;
48 
4.    andere ansteckende oder übertragbare parasitäre Krankheiten und Leiden, ...
49 
B. Krankheiten und Gebrechen, welche die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden können:
50 
1.    Suchtkrankheiten;
51 
2. schwere geistige und seelische Störungen; offensichtliche Psychosen mit Erregungszuständen, Wahnvorstellungen oder Sinnestäuschungen und mit Verwirrungszuständen.“
52 
Die (seit 1.1.2001 geänderte) gesetzliche Regelung des § 12 Abs. 6 AufenthG/EWG entspricht den Vorgaben des Art. 4 der RL 64/221/EWG. Die Bestimmung des § 12 Abs. 6 AufenthG/EWG hat folgenden Wortlaut:
53 
„Zum Schutz der öffentlichen Gesundheit dürfen die in Absatz 1 genannten Entscheidungen oder Maßnahmen nur getroffen werden, wenn der Ausländer
54 
1.    an einer Krankheit im Sinne von § 6 des Infektionsschutzgesetzes vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) leidet oder mit einem Krankheitserreger im Sinne von § 7 des Infektionsschutzgesetzes infiziert ist, oder
55 
2.    an Suchtkrankheiten, schweren geistigen oder seelischen Störungen, manifesten Psychosen mit Erregungszuständen, Wahnvorstellungen oder Sinnestäuschungen mit Verwirrungszuständen leidet.
56 
Tritt die Krankheit oder das Gebrechen erst nach der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis-EG auf, so kann dies die Versagung der Verlängerung oder die nachträgliche zeitliche Beschränkung der Aufenthaltserlaubnis-EG, die Ausweisung oder Abschiebung nicht begründen.“
57 
bb) Die Regelungen der RL 64/221/EWG konkretisieren die Vorgaben, die - soweit hier maßgeblich - in Art. 39 Abs. 3 EG als Vorbehalte für die Ausübung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer ausdrücklich aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit als gerechtfertigt anerkannt werden. Dabei ist danach zu unterscheiden, aus welchem dieser Gründe die Beschränkung erfolgt. Dementsprechend sind die Gründe der öffentlichen Ordnung und der öffentlichen Sicherheit von den Gründen der öffentlichen Gesundheit (d.h. der Volksgesundheit, vgl. dazu auch die Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed vom 25.5.2004 in der Rs. C-275/02, RdNr. 30) zu unterscheiden. Dem trägt auch die RL 64/221/EWG Rechnung. Die Regelungen in Art. 4 RL 64/221/EWG lassen erkennen, dass eine Beschränkung der Freizügigkeit eines Unionsbürgers, die ausschließlich wegen gesundheitlicher Gründe - d.h. wenn eine der Krankheiten vorliegt, die im Anhang zu der Richtlinie aufgeführt sind (vgl. Art. 4 Abs. 1 RL 64/221/EWG) - erfolgt, nur vor einem Aufenthalt (durch Verweigerung der Einreise) oder zu Beginn des Aufenthalts in dem Aufnahmemitgliedstaat (durch Verweigerung der ersten Aufenthaltserlaubnis, über die spätestens innerhalb von 6 Monaten nach Antragstellung entschieden werden muss, vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 der RL 64/221/EWG) als gerechtfertigt angesehen wird. Damit kommt deutlich zum Ausdruck, dass nicht eine konkrete Gefahrenlage in gesundheitlicher Hinsicht, sondern - zum einen - eine Belastung des Gesundheitswesens des Aufnahmemitgliedstaats und - zum anderen - zugleich eine abstrakte Gefährdung durch eine dieser Krankheiten vermieden werden soll. Dafür spricht auch der Wortlaut des Anhangs zu der RL 64/221/EWG, da dort die Krankheiten aufgeführt sind, welche die öffentliche Gesundheit (unter A.) oder die öffentliche Ordnung oder Sicherheit (unter B.) gefährden können. Insoweit ist auch die (letzte) Begründungserwägung zur RL 64/221/EWG aufschlussreich; dort heißt es: „Eine Aufzählung der Krankheiten und Gebrechen, die die öffentliche Gesundheit, Ordnung und Sicherheit gefährden können, hätte wenig praktischen Wert und wäre kaum erschöpfend, und es genügt, diese Leiden nach Gruppen zu ordnen“. Auch darin kommt zum Ausdruck, dass mit der gruppenweisen Aufzählung der Krankheiten für die Mitgliedstaaten lediglich die - sehr eingeschränkte - Möglichkeit der Beschränkung der Freizügigkeit wegen der abstrakten Gefährdungen, die durch die aufgeführten Krankheiten eintreten können, eröffnet werden sollte.
58 
Aus der Unterscheidung - A. und B. - im Anhang zur RL 64/221/EWG ergibt sich nicht etwa eine inhaltliche Differenzierung dahingehend, dass bei Vorliegen einer der Krankheiten oder Gebrechen, „welche die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden können“, generell - und ungeachtet des Vorliegens eines sonstigen Grundes, der eine Beschränkung der Freizügigkeit rechtfertigt - im Blick auf die Regelung in Art. 4 Abs. 2 RL 64/221/EWG nach der Erteilung der ersten Aufenthaltserlaubnis eine Entfernung aus dem Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats nicht mehr möglich sein soll. Aus dem Sinn und Zweck sowie dem systematischen Zusammenhang der Regelung mit Art. 3 der RL 64/221/EWG ergibt sich vielmehr, dass eine Beendigung des Aufenthalts nach der Erteilung der ersten Aufenthaltserlaubnis allein aus Gründen der Gesundheit nicht mehr möglich ist, dass jedoch eine entsprechende Beschränkung der Freizügigkeit (z.B. durch eine Ausweisung) aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder der öffentlichen Sicherheit des Mitgliedstaats durchaus noch gerechtfertigt sein kann. Insoweit ist insbesondere zu beachten, dass für eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung eine abstrakte Gefährdung nicht ausreicht, sondern eine erhebliche konkrete (gegenwärtige) Gefahr durch das persönliche Verhalten des Betroffenen vorliegen muss, d.h. eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung, die das Grundinteresse der Gesellschaft an der Abwehr weiterer von dem Ausländer drohender Gefährdungen berührt. Dies kommt auch in der (nicht datierten) Mitteilung der Europäischen Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament zu den Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Unionsbürgern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind (dort unter Nr. 3.1.3) zum Ausdruck. Danach schränkt Art. 4 der RL 64/221/EWG (nur) „die Möglichkeit ein, eine Maßnahme aus Gründen der öffentlichen Gesundheit zu treffen“.
59 
Für eine solche Auslegung spricht weiter die - bereits am 1.5.2004 in Kraft getretene, jedoch erst innerhalb von zwei Jahren umzusetzende - Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 (ABl. L 158 S. 77), mit der die Ausübung des Freizügigkeits- und Aufenthaltsrechts erleichtert (vgl. dazu die Begründungserwägung [4]) und eine genauere Definition der Umstände und Verfahrensgarantien sichergestellt  werden soll, unter denen Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen die Erlaubnis zur Einreise verweigert werden kann und unter denen sie ausgewiesen werden können (vgl. dazu die Begründungserwägung [22]). In Art. 29 Abs. 1 dieser Richtlinie wird darauf abgestellt, dass „als Krankheiten, die eine die Freizügigkeit beschränkende Maßnahme rechtfertigen“, „ausschließlich“ Krankheiten „mit epidemischem Potenzial“ und „sonstige übertragbare, durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten“ gelten. In Abs. 2 dieser Richtlinie ist geregelt, dass Krankheiten, die nach Ablauf einer Frist von drei Monaten ab dem Zeitpunkt der Einreise eintreten, keinen Ausweisungsgrund darstellen. Auch darin kommt zum Ausdruck, dass eine Beschränkung der Freizügigkeit ausschließlich aus Gründen der öffentlichen Gesundheit nur in sehr eingeschränktem Maße zulässig sein soll; damit ist aber nichts darüber gesagt, dass etwa deshalb eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nach Ablauf dieser Frist ausgeschlossen sein soll, wenn durch ein - krankheitsbedingtes - persönliches Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr eingetreten oder zu erwarten ist, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl. dazu Art. 27 Abs. 2 der genannten Richtlinie).
60 
cc) Das Regierungspräsidium hat die Ausweisung des Klägers ausdrücklich nicht auf Gründe der Gesundheit, sondern auf Gründe der öffentlichen Ordnung gestützt und dies in der Begründung der angefochtenen Verfügung zum Ausdruck gebracht (vgl. zur Bedeutung der Begründung einer Entscheidung über die Beschränkung der Freizügigkeit auch Art. 6 der RL 64/221/EWG). Diese Gründe rechtfertigen - wie ausgeführt - die Ausweisung. Insbesondere ist zu beachten, dass das Regierungspräsidium nicht etwa nach dem ersten Auftreten der Krankheit des Klägers und seiner Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus bereits die Beendigung seines Aufenthalts - aus Gründen der Gesundheit - verfügt hat, sondern erst zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kläger ein erhebliches gefährliches Verhalten gezeigt hat, die Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung angeordnet hat.
61 
5. Die Ausweisung des Klägers verstößt auch nicht gegen Verfahrensgarantien des Europäischen Gemeinschaftsrechts.
62 
 
63 
a) Das Verwaltungsgericht hat offen gelassen, ob ein Verstoß gegen Art. 9 Abs. 1 der RL 64/221/EWG deshalb vorliege, weil das Regierungspräsidium die angefochtene Verfügung erlassen hat und nach innerstaatlichem deutschem Recht - hier: in Baden-Württemberg - gegen diese Verfügung kein Widerspruchsverfahren stattfindet (vgl. § 6a [bad.-württ.] AGVwGO), dem Betroffenen vielmehr unmittelbar die Möglichkeit der Anrufung des Verwaltungsgerichts im Wege der Anfechtungsklage eröffnet ist. Auch unter Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 29.4.2004 (verb. Rs. C-482/01 und C-493/01 , a.a.O.) bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass der in Deutschland durch die Verwaltungsgerichte gewährte Rechtsschutz den Anforderungen dieser Richtlinie genügt.
64 
b) Zwar hat der EuGH in dem Urteil vom 29.4.2004 (a.a.O.) zur Erfüllung der Voraussetzungen in Art. 9 Abs. 1 der RL 64/221/EWG - nämlich dass die Rechtsmittel nicht nur die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung betreffen - eine „umfassende materiell-rechtliche Prüfung“ nicht als ausreichend angesehen (RdNr. 109 des Urteils). Vielmehr verlangt der EuGH hierfür zusätzlich eine erschöpfende Prüfung (bzw. Entscheidung) in Bezug auf die „Zweckmäßigkeit“ der Ausweisung im Hinblick auf die Erfordernisse eines hinreichend effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes (vgl. RdNr. 110 des Urteils). Um den Inhalt dieses Begriffs der „Zweckmäßigkeit“ zu bestimmen, ist jedoch nicht vom deutschen Rechtsverständnis dieses Begriffs (etwa im Zusammenhang mit der Zweckmäßigkeits-Kontrolle im Widerspruchsverfahren, vgl. § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO) auszugehen, sondern davon, welcher Bereich außer der „umfassenden materiell-rechtlichen Prüfung“ zur Gewährleistung des (vom EuGH geforderten) „effektiven gerichtlichen Schutzes“ Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung sein muss. Daher ist zunächst zu untersuchen, was der EuGH unter einer „umfassenden materiell-rechtlichen Prüfung“ versteht. Auch dabei ist nicht vom deutschen Rechtsverständnis auszugehen, sondern – ausgehend von dem auf einem europäischen Mindestkonsens beruhenden Begriffsniveau - von der Vorstellung einer zwar vertieften, aber doch auf die Übereinstimmung mit dem materiellen Gesetz (d.h. der Eingriffsnorm; unter Beachtung des Grundsatzes des Vorbehalts des Gesetzes) beschränkten Kontrolle, wie sich dies auch aus der französischen Übersetzung der „umfassenden materiell-rechtlichen Prüfung“ („ vérification approfondie du droit matériel “, RdNr. 109 des Urteils) ersehen lässt. Die Bedeutung des Begriffs der „Zweckmäßigkeit“ in dem hier maßgeblichen Sinne ist demnach unter Abgrenzung gegenüber diesem Begriffsinhalt der „umfassenden materiell-rechtlichen Prüfung“ aus dem Normgefüge und -verständnis des Europäischen Gemeinschaftsrechts nach Sinn und Zweck der Regelung in Art. 9 Abs. 1 RL 64/221/EWG zu bestimmen. Um den effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewährleisten, der vom EuGH - insbesondere zur Garantie des „effet utile“ (der praktischen Wirksamkeit) des EG-Rechts - zu Recht gefordert wird, ist als eine „erschöpfende“ (= uneingeschränkte) Prüfung einer Ausweisung unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der „Zweckmäßigkeit“ im gemeinschaftsrechtlichen Sinn eine umfassende inhaltliche (Rechts-) Kontrolle der Maßnahme in Bezug auf ihre (rechtliche) Übereinstimmung mit dem Zweck der Norm zu verstehen. Zwar hat der EuGH in dem Urteil vom 29.4.2004 (a.a.O.) insoweit das dafür maßgebliche Prüfprogramm nicht aufgeführt. Jedoch lässt sich aus den Anforderungen, die der EuGH im Entscheidungssatz 5 dieses Urteils für die gemeinschaftsrechtliche Unbedenklichkeit einer Ausweisung aufgeführt hat, ersehen, welche Kriterien für die Prüfung der „Zweckmäßigkeit“ maßgeblich sein sollen. Der EuGH hat an dieser Stelle entschieden, dass Art. 39 EG und die RL 64/221/EWG der Ausweisung eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der wegen bestimmter Delikte zu einer bestimmten Strafe verurteilt worden ist und der einerseits eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt und sich andererseits seit vielen Jahren im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat und sich gegenüber dieser Ausweisung auf Umstände familiärer Art berufen kann, nicht entgegen stehen, sofern die von den innerstaatlichen Behörden im Einzelfall vorgenommene Beurteilung der Frage, wo der angemessene Ausgleich zwischen den betroffenen berechtigten Interessen liegt, „unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts und insbesondere unter Wahrung der Grundrechte wie desjenigen auf Schutz des Familienlebens erfolgt“. Daraus ergibt sich, dass im Fall der Ausweisung und anderer aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber einem freizügigkeitsberechtigten Unionsbürger eine strenge rechtliche Prüfung anhand des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (in seinen Ausprägungen der Geeignetheit, der Erforderlichkeit und der Angemessenheit des Ausgleichs zwischen den betroffenen öffentlichen und privaten Interessen [sog. Mittel-Zweck-Relation]) sowie anhand der gemeinschaftsrechtlichen Grundrechte stattfinden muss, wobei auf die Umstände des konkreten Einzelfalls abzustellen ist (zu den einzelnen Kriterien vgl. insbesondere die Begründung in RdNrn. 95 – 99 des Urteils). Hingegen verlangt der EuGH nicht, dass eine Ausweisung ausschließlich nach Ermessen erfolgen darf. Dies folgt auch deutlich aus der französischen Fassung des Urteils. Darin wird der deutsche Rechtsbegriff der „Zweckmäßigkeit“ mit „opportunité“ übersetzt (vgl. RdNr. 110), während in der französischen Rechtssprache Ermessen „pouvoir discrétionnaire“ und freies Ermessen „pouvoir discrétionnaire libre“ bedeutet (vgl. Doucet/Fleck, Wörterbuch der Rechts- und Wirtschaftssprache, 1977, Band 2, S. 130 z. Stichwort Ermessen/Verwaltungsermessen).
65 
Die demnach vom EuGH geforderte rechtliche Prüfungsdichte ist in Deutschland durch die Verwaltungsgerichte in vollem Umfang garantiert. Wie der Senat bereits in dem (rechtskräftigen) Urteil vom 28.11.2002 – 11 S 1270/02 – (EZAR 034 Nr. 14 = VBlBW 2003, 289 [Ls]) ausgeführt hat, unterliegt die erstinstanzliche verwaltungsgerichtliche Kontrolle einer Ausweisung im jeweiligen Einzelfall keiner prozessualen Beschränkung; die formelle und materielle Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung wird in vollem Umfang geprüft und der maßgebliche Sachverhalt von Amts wegen aufgeklärt (s. UA S. 31 ff). Alle Umstände, die von rechtlicher Bedeutung für die Ausweisung sind, werden berücksichtigt und an den rechtlichen Vorgaben - in einer „ersten Stufe“ - des nationalen und - in einer „zweiten Stufe“ - des supranationalen Rechts sowie des zwischenstaatlichen und des Völkerrechts geprüft. Dabei werden die Anforderungen an eine strenge, an den Grundrechten orientierte Verhältnismäßigkeitskontrolle erfüllt. Diese Kontrolle bezieht sich - unter Beachtung des im deutschen Recht gewährleisteten subjektiven Rechtsschutzes - ausschließlich auf den jeweiligen Einzelfall. Ob im nationalen deutschen Recht eine Ist-, Regel- oder Ermessensausweisung vorliegt, ist für die europarechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung unerheblich. Eine solche stringente Rechts- und Verhältnismäßigkeitskontrolle wird den Anforderungen des EuGH an einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gerecht; eine weitergehende „Zweckmäßigkeits“-Entscheidung, bei der etwa außer-rechtliche Gesichtspunkte berücksichtigt würden, wäre zudem mit den Anforderungen der Art. 8 und 9 Abs. 1 RL 64/221/EWG schwerlich vereinbar. Der Befassung einer - weiteren - „zuständigen Stelle“ bedarf es demnach nicht.
66 
Diese Auslegung wird schließlich bestätigt durch die Regelungen in Art. 31 Abs. 1 und Abs. 3 (in Verbindung mit Art. 28) der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 (ABl. L 158 S. 77), die „Verfahrensgarantien“ regeln und ersichtlich nicht hinter dem Schutzstandard der RL 64/221/EWG zurückbleiben sollen. In dieser Richtlinie ist die Stellungnahme einer anderen „zuständigen Stelle“ nicht mehr vorgesehen. Nach Art. 31 Abs. 1 dieser Richtlinie müssen die Betroffenen gegen eine Entscheidung aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit einen Rechtsbehelf bei einem Gericht und gegebenenfalls bei einer Behörde des Aufnahmemitgliedstaats einlegen können. Gemäß Art. 31 Abs. 3 dieser Richtlinie sind im Rechtsbehelfsverfahren die Rechtmäßigkeit der Entscheidung sowie die Tatsachen und die Umstände, auf denen die Entscheidung beruht, zu überprüfen. Es gewährleistet, dass die Entscheidung insbesondere im Hinblick auf die Erfordernisse gemäß Artikel 28 („Schutz vor Ausweisung“) nicht unverhältnismäßig ist. Insoweit ist insbesondere Art. 28 Abs. 1 dieser Richtlinie von Bedeutung, der einen Beispielskatalog der wichtigsten in diesem Zusammenhang beachtlichen Beurteilungskriterien enthält. In  Art. 28 Abs. 1 ist geregelt, dass der Aufnahmemitgliedstaat - bevor er eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt - insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen im Hoheitsgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Aufnahmemitgliedstaat und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat berücksichtigt.
67 
Mit der vorliegenden Entscheidung führt der Senat seine Rechtsprechung fort, die er in dem (rechtskräftigen) Urteil vom 28.11.2002 (a.a.O.) zu den hier maßgeblichen Fragen eingeleitet hat.
68 
III. Die Abschiebungsandrohung sowie die Anordnung der Abschiebung in der angefochtenen Verfügung begegnen im Übrigen weder nach nationalem deutschem Ausländerrecht noch nach Europäischem Gemeinschaftsrecht rechtlichen Bedenken.
69 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
70 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 21. Juli 2004 - 11 S 535/04

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 21. Juli 2004 - 11 S 535/04

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 21. Juli 2004 - 11 S 535/04 zitiert 17 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Strafgesetzbuch - StGB | § 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus


Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 68


(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 87a


(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,1.über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2.bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auc

Strafgesetzbuch - StGB | § 67e Überprüfung


(1) Das Gericht kann jederzeit prüfen, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Es muß dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen. (2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung in

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 12 Geltungsbereich; Nebenbestimmungen


(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt. (2) Das Visum und die Aufenthalt

Infektionsschutzgesetz - IfSG | § 6 Meldepflichtige Krankheiten


(1) Namentlich ist zu melden:1.der Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie der Tod in Bezug auf die folgenden Krankheiten:a)Botulismus,b)Cholera,c)Diphtherie,d)humane spongiforme Enzephalopathie, außer familiär-hereditärer Formen,e)akute Viru

Infektionsschutzgesetz - IfSG | § 7 Meldepflichtige Nachweise von Krankheitserregern


(1) Namentlich ist bei folgenden Krankheitserregern, soweit nicht anders bestimmt, der direkte oder indirekte Nachweis zu melden, soweit die Nachweise auf eine akute Infektion hinweisen:1.Adenoviren; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis im Konj

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 1 Zweck des Gesetzes; Anwendungsbereich


(1) Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbei

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 21. Juli 2004 - 11 S 535/04 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 21. Juli 2004 - 11 S 535/04 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 16. Jan. 2004 - 1 K 560/02

bei uns veröffentlicht am 16.01.2004

Tenor Der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg - Bezirksstelle für Asyl - vom 7. März 2002 wird aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand   1  Der Kläger wend
9 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 21. Juli 2004 - 11 S 535/04.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 01. Feb. 2019 - 10 ZB 18.2455

bei uns veröffentlicht am 01.02.2019

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. IV. Der Antrag

Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 01. Sept. 2014 - 24 K 5848/12

bei uns veröffentlicht am 01.09.2014

Tenor Der Beklagte wird unter Aufhebung seiner Ordnungsverfügung vom 12. Februar 2013 verpflichtet, die Wirkungen der Ausweisung vom 17. Juli 2012 auf fünf Jahre zu befristen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Verfahrens trage

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 18. Okt. 2006 - 13 S 192/06

bei uns veröffentlicht am 18.10.2006

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. März 2005 - 5 K 132/04 - geändert; die Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29. Dezember 2003 wird aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten

Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 09. Aug. 2006 - 5 K 293/05

bei uns veröffentlicht am 09.08.2006

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1  Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung und begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. 2  Der am

Referenzen

Tenor

Der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg - Bezirksstelle für Asyl - vom 7. März 2002 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung und die Androhung seiner Abschiebung nach Italien.
Der 1964 in Grottaglie /Italien geborene Kläger ist italienischer Staatsangehöriger. Er reiste im Frühjahr 1987 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er bis zu seiner Inhaftierung in einer Textilfabrik arbeitete. Am 22.03.1991 heiratete der Kläger eine französische Staatsangehörige. Aus dieser mittlerweile geschiedenen Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, die 1991 und 1994 geboren wurden. Der Kläger ist seit dem 10.06.1997 im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis-EG.
Am 24.07.2000 wurde der Kläger festgenommen, nachdem er unmittelbar zuvor seiner Frau mit einem großen Küchenmesser zwei Stichverletzungen in den Ober- bzw. Unterbauch und dann vier Stichverletzungen im Halsbereich zugefügt und sie hiermit lebensgefährlich verletzt hatte. Nach einer anfänglichen Unterbringung in Untersuchungshaft wurde der Kläger mit Beschluss des Landgerichts Waldshut-Tiengen (1 AR 6/00) vom 10.08.2000 zunächst zur Beobachtung im Zentrum für Psychiatrie Emmendingen und dann mit Beschluss des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 05.10.2000 einstweilig im Zentrum für Psychiatrie Reichenau untergebracht. Mit Urteil des Landgerichts Waldshut-Tiengen (3 Ks 22 Js 6053/00) vom 20.09.2002 wurde die Unterbringung des Klägers in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Das Gericht stellte fest, dass der Kläger rechtswidrig den Tatbestand eines versuchten Totschlags in Tateinheit mit einer schweren Körperverletzung verwirklicht habe, er dabei jedoch schuldunfähig gewesen sei. Der Kläger leide an einer endogenen Psychose, die bei ihm den Wahn hervorgerufen habe, seine Frau habe ihn verhext und mit anderen Männern betrogen. Ohne eine weitere stationäre psychiatrische und medikamentöse Behandlung sei mit einem Wiederaufleben der Psychose und damit zusammenhängend mit weiteren aggressiven Entgleisungen des Klägers zu rechnen, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen dann aktuelle Bezugspersonen wenden würden. Das Urteil wurde am 28.09.2001 rechtskräftig.
Nach einer bereits am 14.08.2000 erfolgten Anhörung wies das Regierungspräsidium Freiburg den Kläger mit Verfügung vom 07.03.2002 aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Ziff. 1), drohte ihm die Abschiebung nach Italien an (Ziff. 2) und ordnete die Abschiebung aus dem psychiatrischen Krankenhaus an (Ziff. 3). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nach den Feststellungen des Urteils des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 20.09.2001 vom Kläger die Gefahr erneuter Körperverletzungs- oder Tötungshandlungen ausgehe, so dass durch seinen weiteren Aufenthalt die Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt werde. Bei der deshalb notwendigen Ermessensentscheidung über die Ausweisung des Klägers sei dem öffentlichen Interesse am Schutz der Rechtsgüter wie der Gesundheit und dem Leben anderer Menschen gegenüber den persönlichen Interessen des Klägers an einem weiteren Aufenthalt der Vorrang einzuräumen. Dabei werde nicht verkannt, dass der Kläger sich bereits seit langer Zeit in Deutschland aufhalte. Schutzwürdige familiäre Bindungen seien hier jedoch nicht ersichtlich, nachdem sich seine - mittlerweile von ihm geschiedene - Ehefrau und die gemeinsamen Kinder nunmehr dauerhaft in Frankreich aufhielten. Die Familie des Klägers lebe überwiegend in Italien. Die qualifizierten Voraussetzungen des Aufenthaltsgesetzes-EWG sowie des Europäischen Nieder-lassungsabkommens und des deutsch-italienischen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrages für eine Aufenthaltsbeendigung seien erfüllt. Die Verfügung wurde dem Kläger am 11.03.2002 zugestellt.
Am 05.04.2002 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben. Zur Begründung lässt er vortragen, eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland liege nicht vor. Bei der dem Urteil des Landgerichts Waldshut-Tiengen zugrundeliegenden Tat handele es sich um eine Einzeltat gegenüber der Ehefrau des Klägers, die er zudem im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen habe. Jedenfalls aber begründeten die besonderen Umstände der Tat einen atypischen Ausnahmefall, der einer Ausweisung entgegenstehe. Da der Kläger sich aufgrund der gerichtlich angeordneten Unterbringung in psychiatrischer Behandlung befinde, sei auch keine Wiederholungsgefahr gegeben. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger erst dann aus der psychiatrischen Anstalt entlassen werde, wenn ein Wiederaufleben der Psychose und damit eine weitere aggressive Entgleisung beim Kläger nicht mehr prognostiziert werden könne.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 07.03.2002 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Zur Begründung beruft er sich auf die Ausführungen in dem Bescheid.
11 
Dem Gericht liegen neben der Ausländerakte und der Ausweisungsakte des Regierungspräsidiums Freiburg die Strafakten des Landgerichts Waldshut-Tiengen (3 Ks 22 Js 6053/00; 4 Bände) vor. Auf den Inhalt dieser Akten wird hinsichtlich der weiteren Einzelheiten ebenso verwiesen wie auf die wechselseitigen Schriftsätze in der Gerichtsakte.

Entscheidungsgründe

 
12 
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter und ohne mündliche Verhandlung (§§ 87a Abs. 2, 3; 101 Abs. 2 VwGO).
13 
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 07.03.2002 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14 
1. Die Ausweisungsentscheidung ist auf § 45 Abs. 1 AuslG gestützt. Danach kann ein Ausländer ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
15 
Das Gericht ist mit dem Beklagten der Überzeugung, dass vom Kläger mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr ausgeht, dass er krankheitsbedingt erneut in einem erheblichen Maße gegenüber Dritten gewalttätig wird. Diese Überzeugung gewinnt das Gericht aus dem in den Strafakten befindlichen Gutachten des in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Kläger bestellten psychiatrischen Sachverständigen Dr. B. vom 27.9.2000 (Strafakte Bd. II, S. 227 ff). Dort ist dargelegt, dass der Kläger an einer endogenen Psychose leide, die in ihm nicht nur Wahnvorstellungen hervorrufe, sondern es ihm auch unmöglich mache, die durch diese Vorstellungen hervorgerufenen Gefühle und Ängste rational zu bewältigen oder jedenfalls einzuordnen, so dass diese - für den Kläger nicht steuerbar - in ein hohes Maß an Aggression umschlagen könnten. Ebenso wie die Wahnvorstellung des Klägers, seine Ehefrau betrüge ihn mit anderen Männern und habe ihn verhext, damit er dies nicht merke, in eine von großer Wut und Aggression geprägte Tötungshandlung umschlagen konnte, sei aufgrund dieses Krankheitsbild auch für die Zukunft wahrscheinlicher als unwahrscheinlich, dass beim Kläger erneut Wahnideen aufflackerten und es deshalb wieder zu aggressiven Entgleisungen komme. Dies gelte umso mehr als der Kläger aufgrund seiner Sprachprobleme nur wenig in Deutschland integriert sei, er sich in Bezug auf die zur Beherrschung seiner Erkrankung auch notwendige Medikamenteneinnahme als unzuverlässig erwiesen habe und mit der Auflösung seiner Familie ein wichtiges Regulativ für sein Verhalten weggefallen sei. Das Gutachten ist in sich widerspruchsfrei und vor allem auch in Hinblick auf die krankheitsbedingten Auffälligkeiten des Klägers vor seiner Tathandlungen in jeder Hinsicht nachvollziehbar. Das Gericht macht sich die dort getroffene Beurteilung deshalb zu eigen.
16 
Die hiermit vom Kläger ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit wird - entgegen der Einlassung des Kläger-Bevollmächtigten - auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass dieser aufgrund des Urteils des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 20.9.2001 in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht wurde. Denn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine Maßnahme der Gefahrenabwehr, die zwar als freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung den Strafgerichten vorbehalten bleibt (§ 61 StGB), die aber nicht die Möglichkeit der Ordnungsbehörden verdrängt, den Betroffenen auszuweisen und somit die der Unterbringung zugrunde liegende Gefahr für die Allgemeinheit sowie die Verantwortlichkeit für deren Bekämpfung in den Heimatstaat des Ausländers zu verlagern.
17 
Allerdings steht der hiernach möglichen Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde über die Ausweisung des Klägers die Regelung des Art. 4 der „Richtlinie Nr. 64/221 des Rats der EWG zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind“ (v. 25.2.1964, ABl. S. 850) entgegen. Hiernach können die im Anhang zur Richtlinie aufgeführten Krankheiten oder Gebrechen zwar die Verweigerung der Einreise oder der ersten Aufenthaltserlaubnis rechtfertigen (Abs. 1). Treten die Krankheiten oder Gebrechen jedoch erst nach der Erteilung der ersten Aufenthaltserlaubnis auf, ist die Verweigerung der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis oder die Entfernung des Betroffenen aus dem Hoheitsgebiet nicht mehr möglich (Abs. 2).
18 
Die Richtlinie Nr. 64/221/EWG ist auf den Fall des Klägers anwendbar. Denn der Kläger ist als italienischer Staatsangehöriger ein Unionsbürger, und er hält sich im Bundesgebiet auch im Sinne des Art. 1 Abs. 1 RL 64/221/EWG auf, um dort eine unselbständige Erwerbstätigkeit auszuüben. Zwar befindet er sich zur Zeit zwangsweise in einem psychiatrischen Krankenhaus, wo er - soweit ersichtlich - keiner unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgeht, doch lässt dies die dem Kläger verbürgte Rechtsstellung nach der RL Nr. 64/221/EWG nicht entfallen. Denn die mit der Unterbringung des Klägers in einem psychiatrischen Krankenhaus verbundene Abwesenheit vom Arbeitsmarkt stellt sich für den Kläger als eine Zeit der nur vorübergehenden Erwerbsunfähigkeit dar, die nicht zu dem Verlust der Freizügigkeit des Klägers führt, die er zuvor durch seine bis zu seiner Verhaftung am 24.7.2000 andauernde Arbeitnehmertätigkeit im Bundesgebiet erworben hat. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger zum einen seine Arbeitsstelle ebenso wie die Möglichkeit einer weiteren Erwerbstätigkeit ausschließlich krankheitsbedingt durch die zwangsweise Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus verloren hat, und zum anderen zur Überzeugung des Gerichts damit zu rechnen ist, dass die Unterbringung des Klägers im Zuge einer Heilung oder Linderung seiner Krankheit auch wieder aufgehoben oder zumindest ihre Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird (vgl. §§ 62, 67b, 67e StGB) und der Kläger dann auch wieder ohne weiteres in das Erwerbsleben zurückkehren kann. Insofern ist für das Gericht von ausschlaggebender Bedeutung, dass der Sachverständige Dr. B. in seinem zitierten Gutachten vom 27.9.2000 nicht nur von einer grundsätzlichen Behandel- und Heilbarkeit der Erkrankung des Klägers ausgeht, sondern beim Kläger auch - bezogen auf den damals gegebenen Behandlungszeitraum - bereits erste positive Entwicklungen statuiert hat. Auch war der Kläger in der Vergangenheit durchgängig in einem Arbeitsverhältnis, so dass mit einem auch diesbezüglich gegebenen Wiedereingliederungswillen zu rechnen ist.
19 
Die beim Kläger gegebene endogene Psychose ist eine Krankheit, die im Anhang B zur Richtlinie aufgeführt ist. Denn bei ihm ist das Vorliegen der Psychose - wie in dem Gutachten des Sachverständigen Dr. B. vom 27.9.2000 ausgeführt - offensichtlich und sie geht auch mit Erregungszuständen, Wahnvorstellungen und Verwirrungszuständen einher.
20 
Da diese Erkrankung beim Kläger erst in der Zeit nach dem Italienurlaub im Sommer 1998 und damit lange nach der ersten Erteilung der Aufenthaltserlaubnis/EG an diesen am 18.8.1987 aufgetreten ist, kann die beim Kläger vorliegende Psychose seine Ausweisung nach Art. 4 Abs. 2 RL Nr. 64/221/EWG nicht mehr rechtfertigen. Dies schließt es zur Überzeugung des Gerichts auch aus, ihn wegen der krankheitsbedingten Gefahr wahngesteuerter aggressiver Verhaltensweisen gegenüber Dritten auszuweisen. Denn den in Anhang B der Richtlinie Nr. 64/221/EWG genannten Krankheiten ist es immanent, dass sie die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht durch ihr bloßes Auftreten gefährden, sondern immer nur durch ein krankheitsbedingtes weiteres Verhalten des Betroffenen. Die Regelung des Art. 4 Abs. 2 RL Nr. 64/621/EWG muss insoweit als die Zuweisung des Risikos an die Mitgliedstaaten angesehen werden, dass ein freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger an einer der jeweils abschließend aufgezählten Krankheiten erkrankt und hierdurch - über die Ansteckungsgefahr - entweder die öffentliche Gesundheit oder aber - über ein krankheitsbedingtes Verhalten - die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet wird.
21 
Es kann hier dahin gestellt bleiben, wo - etwa bei kriminellen Handlungen suchtkranker Personen - im Rahmen der Aufenthaltsbeendigung im Einzelfall die Trennlinie zwischen den über Art. 4 Abs. 2 RL 64/221/EWG nicht mehr berücksichtigungsfähigen krankheitsbedingten Verhaltensweisen und den Handlungen zu ziehen ist, die eine hiervon zu trennende individuelle Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit begründen können. Jedenfalls ist eine Ausweisung nach Art. 4 Abs. 2 RL 64/221/EWG zumindest in all den Fällen ausgeschlossen, in denen die vom Unionsbürger ausgehenden Gefahren ausschließlich auf seine Krankheit zurückgeführt werden können, weil die Handlungen - wie im Fall des Klägers - in einem solchen Maße durch die psychische Krankheit bedingt sind, dass es sogar an einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit für diese mangelt.
22 
Die Regelung des Art. 4 Abs. 2 RL Nr. 64/221/EWG ist auch unmittelbar zugunsten des Klägers anwendbar. So begründet die Richtlinie Nr. 64/221/EWG über ihre Begrenzung des ausländerrechtlichen Spielraums der Aufnahmestaaten in Bezug auf den Aufenthalt von Unionsbürgern individuelle Rechte der betroffenen Ausländer, auf die diese sich berufen können und die die innerstaatlichen Gerichte zu wahren haben (vgl. EuGH, Urt. v. 4.12.1974 - Rs. 41/74 -, Slg. 1974 II-1337 - von Duyn, Rn. 7). Auch fehlt es - jedenfalls im konkreten Fall des Klägers - an der für die unmittelbare Anwendung des Art. 4 Abs. 2 RL 64/6221/EWG notwendigen fristgerechten und vollständigen Umsetzung der Regelung in das nationale Ausländerrecht. Zwar hat der Gesetzgeber die Vorgabe des Art. 4 Abs. 2 der RL Nr. 64/221/EWG in § 12 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 4 AufenthaltsG/EWG in der Weise in das nationale Recht umgesetzt, dass hiernach das Auftreten einer in Satz 1 der Regelung genannten Krankheit erst nach der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis-EG die Versagung der Verlängerung oder die nachträglich zeitliche Beschränkung der Aufenthaltserlaubnis-EG oder die Ausweisung oder Abschiebung nicht begründen kann. Doch ist diese die Regelung auf den Satz 1 des § 12 Abs. 6 AufenthaltsG/EWG bezogen, der bei Vorliegen der dort genannten Krankheiten und Gebrechen die Möglichkeit einer aufenthaltsbeschränkenden Regelung „zum Schutz der öffentlichen Gesundheit“ eröffnet. Bei der in Art. 12 Abs. 6 Satz 2 AufenthaltsG/EWG festgelegten Einschränkung der Möglichkeiten der Aufenthaltsbeendung bei Ausbruch einer solchen Krankheit nach der ersten Erteilung der Aufenthaltserlaubnis-EG handelt es sich somit offensichtlich um die Kehrseite der vorhergehend genannten Ermächtigung, so dass sie - aus systematischen Gründen - auch nur auf die Maßnahmen bezogen ist, die „zum Schutz der öffentlichen Gesundheit“ getroffen werden. Insofern unterscheidet sich die Regelung des § 12 Abs. 6 AufenthaltsG/EWG von der ihr zugrunde liegenden Norm des Art. 4 RL Nr. 64/221/EWG. Denn sie ist sowohl in Bezug auf die Ermächtigung als auch in Hinblick auf die Begrenzung des Mitgliedstaates zur Regelung des Aufenthalts freizügigkeitsberechtigter Personen ausschließlich auf die Maßnahmen bezogen, die „zum Schutze der öffentlichen Gesundheit“ getroffen werden, während der Richtliniengeber bei der Aufzählung der Krankheiten und Gebrechen im Anhang zur Richtlinie ausdrücklich zwischen Krankheiten differenziert, die die öffentliche Gesundheit gefährden und solchen, die die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden können.
23 
Stellt sich die Ausweisung des Klägers demnach bereits aufgrund der Unvereinbarkeit mit der - mit Anwendungsvorrang gegenüber dem nationalen Recht wirkenden - Regelung des Art. 4 Abs. 2 RL Nr. 64/622/EWG als rechtswidrig dar, kann hier offen gelassen werden, ob sie auch in formeller Hinsicht wegen des Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 1 der RL Nr. 64/221/EWG rechtswidrig ist. Hierdurch darf die Verwaltungsbehörde die Entscheidung über die Entfernung eines Inhabers einer Aufenthaltserlaubnis-EG aus dem Hoheitsgebiet grundsätzlich erst nach Erhalt der Stellungnahme einer anderen, zuständigen Stelle des Aufnahmelandes treffen, sofern ein Rechtsmittel nur die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung betrifft. Insofern bestehen aus der Sicht des Gerichts deshalb erhebliche Zweifel, weil die Ausweisung des Klägers nach der hier allein einschlägigen Regelung des § 45 AuslG in das Ermessen des nach § 7 Abs. 1 der Ausländer- und Asylzuständigkeitsverordnung - AAZuVO - zuständigen Regierungspräsidiums gestellt war und gegen Entscheidungen dieser Behörde nach § 6a Satz 1 des Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung - AGVwGO - i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO ein verwaltungsgerichtliches Vorverfahren nicht durchgeführt wird. Denn gerade das vorliegende Verfahren des strafgerichtlich untergebrachten Klägers, in welchem es der Behörde angesichts der hiermit verbundenen Sicherung des Klägers durchaus auch möglich gewesen wäre, von der „Gefahrenverlagerung“ in das Heimatland des Klägers abzusehen, zeigt, dass der Ausländerbehörde noch ein erheblicher Ermessensspielraum eingeräumt war, der im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht vollständig überprüft werden kann (kritisch insoweit auch die Stellungnahme der Generalanwältin Stix-Hackl vom 11.9.2003 in der Rechtssache C-482/01 - Orfanopoulos, Rn. 75 ff).
24 
2. Stellt sich die Ausweisungsentscheidung der Regierungspräsidiums Freiburg als rechtswidrig dar, so sind auch die Abschiebungsandrohung und die Abschiebungsanordnung aufzuheben, weil der Kläger aufgrund der dann fortgeltenden unbefristeten Aufenthaltserlaubnis-EG nicht ausreisepflichtig ist.
25 
3. Die Zulassung der Berufung gründet sich §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Frage nach der Ausschlusswirkung des Art. 4 Abs. 2 der RL Nr. 64/221/EWG bei krankheitsbedingten Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit hat grundsätzliche Bedeutung.
26 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sieht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, das Urteil hinsichtlich der kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Gründe

 
12 
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter und ohne mündliche Verhandlung (§§ 87a Abs. 2, 3; 101 Abs. 2 VwGO).
13 
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 07.03.2002 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14 
1. Die Ausweisungsentscheidung ist auf § 45 Abs. 1 AuslG gestützt. Danach kann ein Ausländer ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
15 
Das Gericht ist mit dem Beklagten der Überzeugung, dass vom Kläger mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr ausgeht, dass er krankheitsbedingt erneut in einem erheblichen Maße gegenüber Dritten gewalttätig wird. Diese Überzeugung gewinnt das Gericht aus dem in den Strafakten befindlichen Gutachten des in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Kläger bestellten psychiatrischen Sachverständigen Dr. B. vom 27.9.2000 (Strafakte Bd. II, S. 227 ff). Dort ist dargelegt, dass der Kläger an einer endogenen Psychose leide, die in ihm nicht nur Wahnvorstellungen hervorrufe, sondern es ihm auch unmöglich mache, die durch diese Vorstellungen hervorgerufenen Gefühle und Ängste rational zu bewältigen oder jedenfalls einzuordnen, so dass diese - für den Kläger nicht steuerbar - in ein hohes Maß an Aggression umschlagen könnten. Ebenso wie die Wahnvorstellung des Klägers, seine Ehefrau betrüge ihn mit anderen Männern und habe ihn verhext, damit er dies nicht merke, in eine von großer Wut und Aggression geprägte Tötungshandlung umschlagen konnte, sei aufgrund dieses Krankheitsbild auch für die Zukunft wahrscheinlicher als unwahrscheinlich, dass beim Kläger erneut Wahnideen aufflackerten und es deshalb wieder zu aggressiven Entgleisungen komme. Dies gelte umso mehr als der Kläger aufgrund seiner Sprachprobleme nur wenig in Deutschland integriert sei, er sich in Bezug auf die zur Beherrschung seiner Erkrankung auch notwendige Medikamenteneinnahme als unzuverlässig erwiesen habe und mit der Auflösung seiner Familie ein wichtiges Regulativ für sein Verhalten weggefallen sei. Das Gutachten ist in sich widerspruchsfrei und vor allem auch in Hinblick auf die krankheitsbedingten Auffälligkeiten des Klägers vor seiner Tathandlungen in jeder Hinsicht nachvollziehbar. Das Gericht macht sich die dort getroffene Beurteilung deshalb zu eigen.
16 
Die hiermit vom Kläger ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit wird - entgegen der Einlassung des Kläger-Bevollmächtigten - auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass dieser aufgrund des Urteils des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 20.9.2001 in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht wurde. Denn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine Maßnahme der Gefahrenabwehr, die zwar als freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung den Strafgerichten vorbehalten bleibt (§ 61 StGB), die aber nicht die Möglichkeit der Ordnungsbehörden verdrängt, den Betroffenen auszuweisen und somit die der Unterbringung zugrunde liegende Gefahr für die Allgemeinheit sowie die Verantwortlichkeit für deren Bekämpfung in den Heimatstaat des Ausländers zu verlagern.
17 
Allerdings steht der hiernach möglichen Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde über die Ausweisung des Klägers die Regelung des Art. 4 der „Richtlinie Nr. 64/221 des Rats der EWG zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind“ (v. 25.2.1964, ABl. S. 850) entgegen. Hiernach können die im Anhang zur Richtlinie aufgeführten Krankheiten oder Gebrechen zwar die Verweigerung der Einreise oder der ersten Aufenthaltserlaubnis rechtfertigen (Abs. 1). Treten die Krankheiten oder Gebrechen jedoch erst nach der Erteilung der ersten Aufenthaltserlaubnis auf, ist die Verweigerung der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis oder die Entfernung des Betroffenen aus dem Hoheitsgebiet nicht mehr möglich (Abs. 2).
18 
Die Richtlinie Nr. 64/221/EWG ist auf den Fall des Klägers anwendbar. Denn der Kläger ist als italienischer Staatsangehöriger ein Unionsbürger, und er hält sich im Bundesgebiet auch im Sinne des Art. 1 Abs. 1 RL 64/221/EWG auf, um dort eine unselbständige Erwerbstätigkeit auszuüben. Zwar befindet er sich zur Zeit zwangsweise in einem psychiatrischen Krankenhaus, wo er - soweit ersichtlich - keiner unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgeht, doch lässt dies die dem Kläger verbürgte Rechtsstellung nach der RL Nr. 64/221/EWG nicht entfallen. Denn die mit der Unterbringung des Klägers in einem psychiatrischen Krankenhaus verbundene Abwesenheit vom Arbeitsmarkt stellt sich für den Kläger als eine Zeit der nur vorübergehenden Erwerbsunfähigkeit dar, die nicht zu dem Verlust der Freizügigkeit des Klägers führt, die er zuvor durch seine bis zu seiner Verhaftung am 24.7.2000 andauernde Arbeitnehmertätigkeit im Bundesgebiet erworben hat. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger zum einen seine Arbeitsstelle ebenso wie die Möglichkeit einer weiteren Erwerbstätigkeit ausschließlich krankheitsbedingt durch die zwangsweise Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus verloren hat, und zum anderen zur Überzeugung des Gerichts damit zu rechnen ist, dass die Unterbringung des Klägers im Zuge einer Heilung oder Linderung seiner Krankheit auch wieder aufgehoben oder zumindest ihre Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird (vgl. §§ 62, 67b, 67e StGB) und der Kläger dann auch wieder ohne weiteres in das Erwerbsleben zurückkehren kann. Insofern ist für das Gericht von ausschlaggebender Bedeutung, dass der Sachverständige Dr. B. in seinem zitierten Gutachten vom 27.9.2000 nicht nur von einer grundsätzlichen Behandel- und Heilbarkeit der Erkrankung des Klägers ausgeht, sondern beim Kläger auch - bezogen auf den damals gegebenen Behandlungszeitraum - bereits erste positive Entwicklungen statuiert hat. Auch war der Kläger in der Vergangenheit durchgängig in einem Arbeitsverhältnis, so dass mit einem auch diesbezüglich gegebenen Wiedereingliederungswillen zu rechnen ist.
19 
Die beim Kläger gegebene endogene Psychose ist eine Krankheit, die im Anhang B zur Richtlinie aufgeführt ist. Denn bei ihm ist das Vorliegen der Psychose - wie in dem Gutachten des Sachverständigen Dr. B. vom 27.9.2000 ausgeführt - offensichtlich und sie geht auch mit Erregungszuständen, Wahnvorstellungen und Verwirrungszuständen einher.
20 
Da diese Erkrankung beim Kläger erst in der Zeit nach dem Italienurlaub im Sommer 1998 und damit lange nach der ersten Erteilung der Aufenthaltserlaubnis/EG an diesen am 18.8.1987 aufgetreten ist, kann die beim Kläger vorliegende Psychose seine Ausweisung nach Art. 4 Abs. 2 RL Nr. 64/221/EWG nicht mehr rechtfertigen. Dies schließt es zur Überzeugung des Gerichts auch aus, ihn wegen der krankheitsbedingten Gefahr wahngesteuerter aggressiver Verhaltensweisen gegenüber Dritten auszuweisen. Denn den in Anhang B der Richtlinie Nr. 64/221/EWG genannten Krankheiten ist es immanent, dass sie die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht durch ihr bloßes Auftreten gefährden, sondern immer nur durch ein krankheitsbedingtes weiteres Verhalten des Betroffenen. Die Regelung des Art. 4 Abs. 2 RL Nr. 64/621/EWG muss insoweit als die Zuweisung des Risikos an die Mitgliedstaaten angesehen werden, dass ein freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger an einer der jeweils abschließend aufgezählten Krankheiten erkrankt und hierdurch - über die Ansteckungsgefahr - entweder die öffentliche Gesundheit oder aber - über ein krankheitsbedingtes Verhalten - die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet wird.
21 
Es kann hier dahin gestellt bleiben, wo - etwa bei kriminellen Handlungen suchtkranker Personen - im Rahmen der Aufenthaltsbeendigung im Einzelfall die Trennlinie zwischen den über Art. 4 Abs. 2 RL 64/221/EWG nicht mehr berücksichtigungsfähigen krankheitsbedingten Verhaltensweisen und den Handlungen zu ziehen ist, die eine hiervon zu trennende individuelle Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit begründen können. Jedenfalls ist eine Ausweisung nach Art. 4 Abs. 2 RL 64/221/EWG zumindest in all den Fällen ausgeschlossen, in denen die vom Unionsbürger ausgehenden Gefahren ausschließlich auf seine Krankheit zurückgeführt werden können, weil die Handlungen - wie im Fall des Klägers - in einem solchen Maße durch die psychische Krankheit bedingt sind, dass es sogar an einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit für diese mangelt.
22 
Die Regelung des Art. 4 Abs. 2 RL Nr. 64/221/EWG ist auch unmittelbar zugunsten des Klägers anwendbar. So begründet die Richtlinie Nr. 64/221/EWG über ihre Begrenzung des ausländerrechtlichen Spielraums der Aufnahmestaaten in Bezug auf den Aufenthalt von Unionsbürgern individuelle Rechte der betroffenen Ausländer, auf die diese sich berufen können und die die innerstaatlichen Gerichte zu wahren haben (vgl. EuGH, Urt. v. 4.12.1974 - Rs. 41/74 -, Slg. 1974 II-1337 - von Duyn, Rn. 7). Auch fehlt es - jedenfalls im konkreten Fall des Klägers - an der für die unmittelbare Anwendung des Art. 4 Abs. 2 RL 64/6221/EWG notwendigen fristgerechten und vollständigen Umsetzung der Regelung in das nationale Ausländerrecht. Zwar hat der Gesetzgeber die Vorgabe des Art. 4 Abs. 2 der RL Nr. 64/221/EWG in § 12 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 4 AufenthaltsG/EWG in der Weise in das nationale Recht umgesetzt, dass hiernach das Auftreten einer in Satz 1 der Regelung genannten Krankheit erst nach der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis-EG die Versagung der Verlängerung oder die nachträglich zeitliche Beschränkung der Aufenthaltserlaubnis-EG oder die Ausweisung oder Abschiebung nicht begründen kann. Doch ist diese die Regelung auf den Satz 1 des § 12 Abs. 6 AufenthaltsG/EWG bezogen, der bei Vorliegen der dort genannten Krankheiten und Gebrechen die Möglichkeit einer aufenthaltsbeschränkenden Regelung „zum Schutz der öffentlichen Gesundheit“ eröffnet. Bei der in Art. 12 Abs. 6 Satz 2 AufenthaltsG/EWG festgelegten Einschränkung der Möglichkeiten der Aufenthaltsbeendung bei Ausbruch einer solchen Krankheit nach der ersten Erteilung der Aufenthaltserlaubnis-EG handelt es sich somit offensichtlich um die Kehrseite der vorhergehend genannten Ermächtigung, so dass sie - aus systematischen Gründen - auch nur auf die Maßnahmen bezogen ist, die „zum Schutz der öffentlichen Gesundheit“ getroffen werden. Insofern unterscheidet sich die Regelung des § 12 Abs. 6 AufenthaltsG/EWG von der ihr zugrunde liegenden Norm des Art. 4 RL Nr. 64/221/EWG. Denn sie ist sowohl in Bezug auf die Ermächtigung als auch in Hinblick auf die Begrenzung des Mitgliedstaates zur Regelung des Aufenthalts freizügigkeitsberechtigter Personen ausschließlich auf die Maßnahmen bezogen, die „zum Schutze der öffentlichen Gesundheit“ getroffen werden, während der Richtliniengeber bei der Aufzählung der Krankheiten und Gebrechen im Anhang zur Richtlinie ausdrücklich zwischen Krankheiten differenziert, die die öffentliche Gesundheit gefährden und solchen, die die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden können.
23 
Stellt sich die Ausweisung des Klägers demnach bereits aufgrund der Unvereinbarkeit mit der - mit Anwendungsvorrang gegenüber dem nationalen Recht wirkenden - Regelung des Art. 4 Abs. 2 RL Nr. 64/622/EWG als rechtswidrig dar, kann hier offen gelassen werden, ob sie auch in formeller Hinsicht wegen des Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 1 der RL Nr. 64/221/EWG rechtswidrig ist. Hierdurch darf die Verwaltungsbehörde die Entscheidung über die Entfernung eines Inhabers einer Aufenthaltserlaubnis-EG aus dem Hoheitsgebiet grundsätzlich erst nach Erhalt der Stellungnahme einer anderen, zuständigen Stelle des Aufnahmelandes treffen, sofern ein Rechtsmittel nur die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung betrifft. Insofern bestehen aus der Sicht des Gerichts deshalb erhebliche Zweifel, weil die Ausweisung des Klägers nach der hier allein einschlägigen Regelung des § 45 AuslG in das Ermessen des nach § 7 Abs. 1 der Ausländer- und Asylzuständigkeitsverordnung - AAZuVO - zuständigen Regierungspräsidiums gestellt war und gegen Entscheidungen dieser Behörde nach § 6a Satz 1 des Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung - AGVwGO - i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO ein verwaltungsgerichtliches Vorverfahren nicht durchgeführt wird. Denn gerade das vorliegende Verfahren des strafgerichtlich untergebrachten Klägers, in welchem es der Behörde angesichts der hiermit verbundenen Sicherung des Klägers durchaus auch möglich gewesen wäre, von der „Gefahrenverlagerung“ in das Heimatland des Klägers abzusehen, zeigt, dass der Ausländerbehörde noch ein erheblicher Ermessensspielraum eingeräumt war, der im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht vollständig überprüft werden kann (kritisch insoweit auch die Stellungnahme der Generalanwältin Stix-Hackl vom 11.9.2003 in der Rechtssache C-482/01 - Orfanopoulos, Rn. 75 ff).
24 
2. Stellt sich die Ausweisungsentscheidung der Regierungspräsidiums Freiburg als rechtswidrig dar, so sind auch die Abschiebungsandrohung und die Abschiebungsanordnung aufzuheben, weil der Kläger aufgrund der dann fortgeltenden unbefristeten Aufenthaltserlaubnis-EG nicht ausreisepflichtig ist.
25 
3. Die Zulassung der Berufung gründet sich §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Frage nach der Ausschlusswirkung des Art. 4 Abs. 2 der RL Nr. 64/221/EWG bei krankheitsbedingten Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit hat grundsätzliche Bedeutung.
26 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sieht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, das Urteil hinsichtlich der kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Das Gericht kann jederzeit prüfen, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Es muß dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen.

(2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung
in einer Entziehungsanstalt sechs Monate,
in einem psychiatrischen Krankenhaus ein Jahr,
in der Sicherungsverwahrung ein Jahr, nach dem Vollzug von zehn Jahren der Unterbringung neun Monate.

(3) Das Gericht kann die Fristen kürzen. Es kann im Rahmen der gesetzlichen Prüfungsfristen auch Fristen festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag auf Prüfung unzulässig ist.

(4) Die Fristen laufen vom Beginn der Unterbringung an. Lehnt das Gericht die Aussetzung oder Erledigungserklärung ab, so beginnen die Fristen mit der Entscheidung von neuem.

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

(1) Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz dient zugleich der Erfüllung der humanitären Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Es regelt hierzu die Einreise, den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern. Die Regelungen in anderen Gesetzen bleiben unberührt.

(2) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Ausländer,

1.
deren Rechtsstellung von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern geregelt ist, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist,
2.
die nach Maßgabe der §§ 18 bis 20 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegen,
3.
soweit sie nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge für den diplomatischen und konsularischen Verkehr und für die Tätigkeit internationaler Organisationen und Einrichtungen von Einwanderungsbeschränkungen, von der Verpflichtung, ihren Aufenthalt der Ausländerbehörde anzuzeigen und dem Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit sind und wenn Gegenseitigkeit besteht, sofern die Befreiungen davon abhängig gemacht werden können.

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

(1) Namentlich ist zu melden:

1.
der Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie der Tod in Bezug auf die folgenden Krankheiten:
a)
Botulismus,
b)
Cholera,
c)
Diphtherie,
d)
humane spongiforme Enzephalopathie, außer familiär-hereditärer Formen,
e)
akute Virushepatitis,
f)
enteropathisches hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS),
g)
virusbedingtes hämorrhagisches Fieber,
h)
Keuchhusten,
i)
Masern,
j)
Meningokokken-Meningitis oder -Sepsis,
k)
Milzbrand,
l)
Mumps,
m)
Pest,
n)
Poliomyelitis,
o)
Röteln einschließlich Rötelnembryopathie,
p)
Tollwut,
q)
Typhus abdominalis oder Paratyphus,
r)
Windpocken,
s)
zoonotische Influenza,
t)
Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19),
u)
durch Orthopockenviren verursachte Krankheiten,
1a.
die Erkrankung und der Tod in Bezug auf folgende Krankheiten:
a)
behandlungsbedürftige Tuberkulose, auch wenn ein bakteriologischer Nachweis nicht vorliegt,
b)
Clostridioides-difficile-Infektion mit klinisch schwerem Verlauf; ein klinisch schwerer Verlauf liegt vor, wenn
aa)
der Erkrankte zur Behandlung einer ambulant erworbenen Clostridioides-difficile-Infektion in eine medizinische Einrichtung aufgenommen wird,
bb)
der Erkrankte zur Behandlung der Clostridioides-difficile-Infektion oder ihrer Komplikationen auf eine Intensivstation verlegt wird,
cc)
ein chirurgischer Eingriff, zum Beispiel Kolektomie, auf Grund eines Megakolons, einer Perforation oder einer refraktären Kolitis erfolgt oder
dd)
der Erkrankte innerhalb von 30 Tagen nach der Feststellung der Clostridioides-difficile-Infektion verstirbt und die Infektion als direkte Todesursache oder als zum Tode beitragende Erkrankung gewertet wurde,
2.
der Verdacht auf und die Erkrankung an einer mikrobiell bedingten Lebensmittelvergiftung oder an einer akuten infektiösen Gastroenteritis, wenn
a)
eine Person betroffen ist, die eine Tätigkeit im Sinne des § 42 Abs. 1 ausübt,
b)
zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird,
3.
der Verdacht einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung,
4.
die Verletzung eines Menschen durch ein tollwutkrankes, -verdächtiges oder -ansteckungsverdächtiges Tier sowie die Berührung eines solchen Tieres oder Tierkörpers,
5.
der Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie der Tod, in Bezug auf eine bedrohliche übertragbare Krankheit, die nicht bereits nach den Nummern 1 bis 4 meldepflichtig ist.
Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 1, 3 bis 8, § 9 Absatz 1, 2, 3 Satz 1 oder 3 zu erfolgen.

(2) Dem Gesundheitsamt ist über die Meldung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe i hinaus zu melden, wenn Personen an einer subakuten sklerosierenden Panenzephalitis infolge einer Maserninfektion erkranken oder versterben. Dem Gesundheitsamt ist über die Meldung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a Buchstabe a hinaus zu melden, wenn Personen, die an einer behandlungsbedürftigen Lungentuberkulose erkrankt sind, eine Behandlung verweigern oder abbrechen. Die Meldung nach den Sätzen 1 und 2 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 1, § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 oder 3 zu erfolgen.

(3) Nichtnamentlich ist das Auftreten von zwei oder mehr nosokomialen Infektionen zu melden, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird. Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 1, 3 oder 5, § 10 Absatz 1 zu erfolgen.

(1) Namentlich ist bei folgenden Krankheitserregern, soweit nicht anders bestimmt, der direkte oder indirekte Nachweis zu melden, soweit die Nachweise auf eine akute Infektion hinweisen:

1.
Adenoviren; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis im Konjunktivalabstrich
2.
Bacillus anthracis
3.
Bordetella pertussis, Bordetella parapertussis
3a.
humanpathogene Bornaviren; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis
4.
Borrelia recurrentis
5.
Brucella sp.
6.
Campylobacter sp., darmpathogen
6a.
Candida auris; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Blut oder anderen normalerweise sterilen Substraten
6b.
Chikungunya-Virus
7.
Chlamydia psittaci
8.
Clostridium botulinum oder Toxinnachweis
9.
Corynebacterium spp., Toxin bildend
10.
Coxiella burnetii
10a.
Dengue-Virus
11.
humanpathogene Cryptosporidium sp.
12.
Ebolavirus
13.
a)
Escherichia coli, enterohämorrhagische Stämme (EHEC)
b)
Escherichia coli, sonstige darmpathogene Stämme
14.
Francisella tularensis
15.
FSME-Virus
16.
Gelbfiebervirus
17.
Giardia lamblia
18.
Haemophilus influenzae; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Liquor oder Blut
19.
Hantaviren
20.
Hepatitis-A-Virus
21.
Hepatitis-B-Virus; Meldepflicht für alle Nachweise
22.
Hepatitis-C-Virus; Meldepflicht für alle Nachweise
23.
Hepatitis-D-Virus; Meldepflicht für alle Nachweise
24.
Hepatitis-E-Virus
25.
Influenzaviren; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis
26.
Lassavirus
27.
Legionella sp.
28.
humanpathogene Leptospira sp.
29.
Listeria monocytogenes; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Blut, Liquor oder anderen normalerweise sterilen Substraten sowie aus Abstrichen von Neugeborenen
30.
Marburgvirus
31.
Masernvirus
31a.
Middle-East-Respiratory-Syndrome-Coronavirus (MERS-CoV)
32.
Mumpsvirus
33.
Mycobacterium leprae
34.
Mycobacterium tuberculosis/africanum, Mycobacterium bovis; Meldepflicht für den direkten Erregernachweis sowie nachfolgend für das Ergebnis der Resistenzbestimmung; vorab auch für den Nachweis säurefester Stäbchen im Sputum
35.
Neisseria meningitidis; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Liquor, Blut, hämorrhagischen Hautinfiltraten oder anderen normalerweise sterilen Substraten
36.
Norovirus
36a.
Orthopockenviren
36b.
Plasmodium spp.
37.
Poliovirus
38.
Rabiesvirus
38a.
Respiratorische Synzytial Viren
39.
Rickettsia prowazekii
40.
Rotavirus
41.
Rubellavirus
42.
Salmonella Paratyphi; Meldepflicht für alle direkten Nachweise
43.
Salmonella Typhi; Meldepflicht für alle direkten Nachweise
44.
Salmonella, sonstige
44a.
Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus (SARS-CoV) und Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus-2
(SARS-CoV-2)
45.
Shigella sp.
45a.
Streptococcus pneumoniae; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Liquor, Blut, Gelenkpunktat oder anderen normalerweise sterilen Substraten
46.
Trichinella spiralis
47.
Varizella-Zoster-Virus
48.
Vibrio spp., humanpathogen; soweit ausschließlich eine Ohrinfektion vorliegt, nur bei Vibrio cholerae
48a.
West-Nil-Virus
49.
Yersinia pestis
50.
Yersinia spp., darmpathogen
50a.
Zika-Virus und sonstige Arboviren
51.
andere Erreger hämorrhagischer Fieber
52.
der direkte Nachweis folgender Krankheitserreger:
a)
Staphylococcus aureus, Methicillin-resistente Stämme; Meldepflicht nur für den Nachweis aus Blut oder Liquor
b)
Enterobacterales bei Nachweis einer Carbapenemase-Determinante oder mit verminderter Empfindlichkeit gegenüber Carbapenemen außer bei natürlicher Resistenz; Meldepflicht nur bei Infektion oder Kolonisation
c)
Acinetobacter spp. bei Nachweis einer Carbapenemase-Determinante oder mit verminderter Empfindlichkeit gegenüber Carbapenemen außer bei natürlicher Resistenz; Meldepflicht nur bei Infektion oder Kolonisation.
Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 2, 3, 4 oder Absatz 4, § 9 Absatz 1, 2, 3 Satz 1 oder 3 zu erfolgen.

(2) Namentlich sind in Bezug auf Infektionen und Kolonisationen Nachweise von in dieser Vorschrift nicht genannten Krankheitserregern zu melden, wenn unter Berücksichtigung der Art der Krankheitserreger und der Häufigkeit ihres Nachweises Hinweise auf eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit bestehen. Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 2, 3 oder Absatz 4, § 9 Absatz 2, 3 Satz 1 oder 3 zu erfolgen.

(3) Nichtnamentlich ist bei folgenden Krankheitserregern der direkte oder indirekte Nachweis zu melden:

1.
Treponema pallidum
2.
HIV
3.
Echinococcus sp.
4.
Toxoplasma gondii; Meldepflicht nur bei konnatalen Infektionen
5.
Neisseria gonorrhoeae,
6.
Chlamydia trachomatis, sofern es sich um einen der Serotypen L1 bis L3 handelt.
Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 2, 3 oder Absatz 4, § 10 Absatz 2 zu erfolgen.

(4) Bei Untersuchungen zum direkten Nachweis des Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus-2 (SARS-CoV-2) mittels Nukleinsäureamplifikationstechnik ist das Untersuchungsergebnis nichtnamentlich zu melden. Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 2, 3 oder Absatz 4, § 10 Absatz 3 zu erfolgen.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Das Gericht kann jederzeit prüfen, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Es muß dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen.

(2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung
in einer Entziehungsanstalt sechs Monate,
in einem psychiatrischen Krankenhaus ein Jahr,
in der Sicherungsverwahrung ein Jahr, nach dem Vollzug von zehn Jahren der Unterbringung neun Monate.

(3) Das Gericht kann die Fristen kürzen. Es kann im Rahmen der gesetzlichen Prüfungsfristen auch Fristen festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag auf Prüfung unzulässig ist.

(4) Die Fristen laufen vom Beginn der Unterbringung an. Lehnt das Gericht die Aussetzung oder Erledigungserklärung ab, so beginnen die Fristen mit der Entscheidung von neuem.

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

(1) Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz dient zugleich der Erfüllung der humanitären Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Es regelt hierzu die Einreise, den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern. Die Regelungen in anderen Gesetzen bleiben unberührt.

(2) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Ausländer,

1.
deren Rechtsstellung von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern geregelt ist, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist,
2.
die nach Maßgabe der §§ 18 bis 20 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegen,
3.
soweit sie nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge für den diplomatischen und konsularischen Verkehr und für die Tätigkeit internationaler Organisationen und Einrichtungen von Einwanderungsbeschränkungen, von der Verpflichtung, ihren Aufenthalt der Ausländerbehörde anzuzeigen und dem Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit sind und wenn Gegenseitigkeit besteht, sofern die Befreiungen davon abhängig gemacht werden können.

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

(1) Namentlich ist zu melden:

1.
der Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie der Tod in Bezug auf die folgenden Krankheiten:
a)
Botulismus,
b)
Cholera,
c)
Diphtherie,
d)
humane spongiforme Enzephalopathie, außer familiär-hereditärer Formen,
e)
akute Virushepatitis,
f)
enteropathisches hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS),
g)
virusbedingtes hämorrhagisches Fieber,
h)
Keuchhusten,
i)
Masern,
j)
Meningokokken-Meningitis oder -Sepsis,
k)
Milzbrand,
l)
Mumps,
m)
Pest,
n)
Poliomyelitis,
o)
Röteln einschließlich Rötelnembryopathie,
p)
Tollwut,
q)
Typhus abdominalis oder Paratyphus,
r)
Windpocken,
s)
zoonotische Influenza,
t)
Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19),
u)
durch Orthopockenviren verursachte Krankheiten,
1a.
die Erkrankung und der Tod in Bezug auf folgende Krankheiten:
a)
behandlungsbedürftige Tuberkulose, auch wenn ein bakteriologischer Nachweis nicht vorliegt,
b)
Clostridioides-difficile-Infektion mit klinisch schwerem Verlauf; ein klinisch schwerer Verlauf liegt vor, wenn
aa)
der Erkrankte zur Behandlung einer ambulant erworbenen Clostridioides-difficile-Infektion in eine medizinische Einrichtung aufgenommen wird,
bb)
der Erkrankte zur Behandlung der Clostridioides-difficile-Infektion oder ihrer Komplikationen auf eine Intensivstation verlegt wird,
cc)
ein chirurgischer Eingriff, zum Beispiel Kolektomie, auf Grund eines Megakolons, einer Perforation oder einer refraktären Kolitis erfolgt oder
dd)
der Erkrankte innerhalb von 30 Tagen nach der Feststellung der Clostridioides-difficile-Infektion verstirbt und die Infektion als direkte Todesursache oder als zum Tode beitragende Erkrankung gewertet wurde,
2.
der Verdacht auf und die Erkrankung an einer mikrobiell bedingten Lebensmittelvergiftung oder an einer akuten infektiösen Gastroenteritis, wenn
a)
eine Person betroffen ist, die eine Tätigkeit im Sinne des § 42 Abs. 1 ausübt,
b)
zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird,
3.
der Verdacht einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung,
4.
die Verletzung eines Menschen durch ein tollwutkrankes, -verdächtiges oder -ansteckungsverdächtiges Tier sowie die Berührung eines solchen Tieres oder Tierkörpers,
5.
der Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie der Tod, in Bezug auf eine bedrohliche übertragbare Krankheit, die nicht bereits nach den Nummern 1 bis 4 meldepflichtig ist.
Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 1, 3 bis 8, § 9 Absatz 1, 2, 3 Satz 1 oder 3 zu erfolgen.

(2) Dem Gesundheitsamt ist über die Meldung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe i hinaus zu melden, wenn Personen an einer subakuten sklerosierenden Panenzephalitis infolge einer Maserninfektion erkranken oder versterben. Dem Gesundheitsamt ist über die Meldung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a Buchstabe a hinaus zu melden, wenn Personen, die an einer behandlungsbedürftigen Lungentuberkulose erkrankt sind, eine Behandlung verweigern oder abbrechen. Die Meldung nach den Sätzen 1 und 2 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 1, § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 oder 3 zu erfolgen.

(3) Nichtnamentlich ist das Auftreten von zwei oder mehr nosokomialen Infektionen zu melden, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird. Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 1, 3 oder 5, § 10 Absatz 1 zu erfolgen.

(1) Namentlich ist bei folgenden Krankheitserregern, soweit nicht anders bestimmt, der direkte oder indirekte Nachweis zu melden, soweit die Nachweise auf eine akute Infektion hinweisen:

1.
Adenoviren; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis im Konjunktivalabstrich
2.
Bacillus anthracis
3.
Bordetella pertussis, Bordetella parapertussis
3a.
humanpathogene Bornaviren; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis
4.
Borrelia recurrentis
5.
Brucella sp.
6.
Campylobacter sp., darmpathogen
6a.
Candida auris; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Blut oder anderen normalerweise sterilen Substraten
6b.
Chikungunya-Virus
7.
Chlamydia psittaci
8.
Clostridium botulinum oder Toxinnachweis
9.
Corynebacterium spp., Toxin bildend
10.
Coxiella burnetii
10a.
Dengue-Virus
11.
humanpathogene Cryptosporidium sp.
12.
Ebolavirus
13.
a)
Escherichia coli, enterohämorrhagische Stämme (EHEC)
b)
Escherichia coli, sonstige darmpathogene Stämme
14.
Francisella tularensis
15.
FSME-Virus
16.
Gelbfiebervirus
17.
Giardia lamblia
18.
Haemophilus influenzae; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Liquor oder Blut
19.
Hantaviren
20.
Hepatitis-A-Virus
21.
Hepatitis-B-Virus; Meldepflicht für alle Nachweise
22.
Hepatitis-C-Virus; Meldepflicht für alle Nachweise
23.
Hepatitis-D-Virus; Meldepflicht für alle Nachweise
24.
Hepatitis-E-Virus
25.
Influenzaviren; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis
26.
Lassavirus
27.
Legionella sp.
28.
humanpathogene Leptospira sp.
29.
Listeria monocytogenes; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Blut, Liquor oder anderen normalerweise sterilen Substraten sowie aus Abstrichen von Neugeborenen
30.
Marburgvirus
31.
Masernvirus
31a.
Middle-East-Respiratory-Syndrome-Coronavirus (MERS-CoV)
32.
Mumpsvirus
33.
Mycobacterium leprae
34.
Mycobacterium tuberculosis/africanum, Mycobacterium bovis; Meldepflicht für den direkten Erregernachweis sowie nachfolgend für das Ergebnis der Resistenzbestimmung; vorab auch für den Nachweis säurefester Stäbchen im Sputum
35.
Neisseria meningitidis; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Liquor, Blut, hämorrhagischen Hautinfiltraten oder anderen normalerweise sterilen Substraten
36.
Norovirus
36a.
Orthopockenviren
36b.
Plasmodium spp.
37.
Poliovirus
38.
Rabiesvirus
38a.
Respiratorische Synzytial Viren
39.
Rickettsia prowazekii
40.
Rotavirus
41.
Rubellavirus
42.
Salmonella Paratyphi; Meldepflicht für alle direkten Nachweise
43.
Salmonella Typhi; Meldepflicht für alle direkten Nachweise
44.
Salmonella, sonstige
44a.
Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus (SARS-CoV) und Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus-2
(SARS-CoV-2)
45.
Shigella sp.
45a.
Streptococcus pneumoniae; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Liquor, Blut, Gelenkpunktat oder anderen normalerweise sterilen Substraten
46.
Trichinella spiralis
47.
Varizella-Zoster-Virus
48.
Vibrio spp., humanpathogen; soweit ausschließlich eine Ohrinfektion vorliegt, nur bei Vibrio cholerae
48a.
West-Nil-Virus
49.
Yersinia pestis
50.
Yersinia spp., darmpathogen
50a.
Zika-Virus und sonstige Arboviren
51.
andere Erreger hämorrhagischer Fieber
52.
der direkte Nachweis folgender Krankheitserreger:
a)
Staphylococcus aureus, Methicillin-resistente Stämme; Meldepflicht nur für den Nachweis aus Blut oder Liquor
b)
Enterobacterales bei Nachweis einer Carbapenemase-Determinante oder mit verminderter Empfindlichkeit gegenüber Carbapenemen außer bei natürlicher Resistenz; Meldepflicht nur bei Infektion oder Kolonisation
c)
Acinetobacter spp. bei Nachweis einer Carbapenemase-Determinante oder mit verminderter Empfindlichkeit gegenüber Carbapenemen außer bei natürlicher Resistenz; Meldepflicht nur bei Infektion oder Kolonisation.
Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 2, 3, 4 oder Absatz 4, § 9 Absatz 1, 2, 3 Satz 1 oder 3 zu erfolgen.

(2) Namentlich sind in Bezug auf Infektionen und Kolonisationen Nachweise von in dieser Vorschrift nicht genannten Krankheitserregern zu melden, wenn unter Berücksichtigung der Art der Krankheitserreger und der Häufigkeit ihres Nachweises Hinweise auf eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit bestehen. Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 2, 3 oder Absatz 4, § 9 Absatz 2, 3 Satz 1 oder 3 zu erfolgen.

(3) Nichtnamentlich ist bei folgenden Krankheitserregern der direkte oder indirekte Nachweis zu melden:

1.
Treponema pallidum
2.
HIV
3.
Echinococcus sp.
4.
Toxoplasma gondii; Meldepflicht nur bei konnatalen Infektionen
5.
Neisseria gonorrhoeae,
6.
Chlamydia trachomatis, sofern es sich um einen der Serotypen L1 bis L3 handelt.
Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 2, 3 oder Absatz 4, § 10 Absatz 2 zu erfolgen.

(4) Bei Untersuchungen zum direkten Nachweis des Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus-2 (SARS-CoV-2) mittels Nukleinsäureamplifikationstechnik ist das Untersuchungsergebnis nichtnamentlich zu melden. Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Absatz 1 Nummer 2, 3 oder Absatz 4, § 10 Absatz 3 zu erfolgen.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.