Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Apr. 2008 - 11 S 759/06

bei uns veröffentlicht am30.04.2008

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. Februar 2006 - 6 K 524/05 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein italienischer Staatsangehöriger, wurde 1975 im Bundesgebiet geboren. 1980 zog er mit seiner Mutter nach Italien. 1990 kehrte er in die Bundesrepublik Deutschland zurück. Hier arbeitete er bis 1994 als Gipser, musste diese Tätigkeit aber nach einem Sportunfall aufgeben. 1995 begann er, Kokain zu konsumieren. Der Kläger ist Vater des im Juni 1996 geborenen … und der im November 2001 geborenen …, für die er - anders als für seinen Sohn - gemeinsam mit der Kindesmutter die elterliche Sorge inne hat und ausübt.
1993 wurde der Kläger unter anderem wegen Diebstahls mit Waffen zu einer Jugendstrafe von sieben Monaten verurteilt, deren Vollstreckung für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im Februar 1996 wurde der Kläger in Untersuchungshaft genommen und mit Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 09.04.1997 wegen gemeinschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 Fällen zu einer Jugendstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Am 30.04.1998 wurde die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt.
Mit Bescheid vom 22.07.1997 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Kläger nach § 47 Abs. 1 Nr. 3 AuslG aus dem Bundesgebiet aus. Der insbesondere mit einer Nachreifung während der Haft begründete Widerspruch wurde mit Bescheid vom 20.11.1997 zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene Klage wurde vom Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 17.02.1998 - 11 K 4683/97 - abgewiesen. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wurde durch Beschluss des Senats vom 26.10.1998 - 11 S 996/98 - abgelehnt. Daraufhin reiste der Kläger im Dezember 1998 freiwillig nach Italien aus. Auf Antrag des Klägers befristete das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 15.09.1999 die Sperrwirkungen der Ausweisung auf den 06.12.2008. Die hiergegen mit dem Ziel einer Verkürzung der Sperrfrist erhobene Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 09.05.2000 - 11 K 2951/99 - abgewiesen.
Nach seiner Ausreise hielt sich der Kläger mehrmals unerlaubt im Bundesgebiet auf. Aus diesem Grund wurde er mit Urteil des Amtsgerichts Rastatt vom 08.08.2002 zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10,-- EUR und mit Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 10.07.2003 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Ein weiteres Verfahren wegen unerlaubter Einreise wurde vom Landgericht Baden-Baden am 27.07.2005 nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt. Für die zuvor vom 25.11.2004 bis zum 24.01.2005 vollzogene Untersuchungshaft wurde dem Kläger mit Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 06.12.2006 eine Entschädigung nach Billigkeit zugesprochen.
Am 05.11.2004 beantragte der Kläger die Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 22.07.1997. Das Bundesverwaltungsgericht habe mit Urteil vom 03.08.2004 - 1 C 30/02 -, BVerwGE 121, 297 unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger nur auf der Grundlage einer ausländerbehördlichen Ermessensentscheidung ausgewiesen werden dürften und dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts abzustellen sei. Vor diesem Hintergrund stehe die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit seiner auf den zwingenden Ausweisungstatbestand des § 47 AuslG gestützten Ausweisung fest. Auch habe man bei der Ausweisung seiner Verwurzelung in die inländischen Lebensverhältnisse nicht hinreichend Rechnung getragen.
Hierauf befristete das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Verfügung vom 22.02.2005 die Sperrwirkung der Ausweisung vom 22.07.1997 auf den Tag der Zustellung des Befristungsbescheides (23.02.2005).
Mit Bescheid vom 17.03.2005 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den "Antrag auf Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahrens" ab. Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 LVwVfG auch im Hinblick auf die geänderte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Beurteilungsmaßstab von Ausweisungen nicht zu, da in der Änderung der Rechtsprechung grundsätzlich keine Änderung der Rechtslage i. S. d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG zu sehen sei. Soweit daneben die Möglichkeit bestehe, das Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen wieder aufzugreifen, bestehe kein hinreichender Anlass dafür, erneut über die unanfechtbare Ausweisung sachlich zu entscheiden. Die Verfügung von 1997 sei rechtmäßig. Sie wäre auch erlassen worden, wenn damals die Maßstäbe des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom August 2004 angewendet worden wären. Denn vom Kläger sei eindeutig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgegangen.
Der Kläger hatte bereits am 04.03.2005 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage auf Rücknahme der Ausweisung erhoben, die er nachträglich auf den Bescheid vom 17.03.2005 erstreckt hat. Trotz zwischenzeitlicher Befristung der Wirkungen der Ausweisung bestehe ein rechtlich schützenswertes Interesse an der Rücknahme. Sie werde benötigt, um die Wiederaufnahme des Strafverfahrens wegen unerlaubter Einreise und unerlaubten Aufenthalts zu erreichen, das zur rechtskräftigen Verurteilung durch das Landgericht Baden-Baden am 10.07.2003 geführt habe. Auch hätte er bei Rücknahme der Ausweisung den erhöhten Ausweisungsschutz nach Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG bzw. § 6 Abs. 5 FreizügG/EU. Schließlich sei die Rücknahme zur Rehabilitation und Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen erforderlich. Nach dem Urteil des EuGH vom 12.12.1997 (C-188/95 ) bestehe eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Rücknahme gemeinschaftswidriger Verwaltungsentscheidungen. Der Hinweis des Beklagten, dass die Ausweisung auch bei Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erlassen worden wäre, trage der besonderen Rechtstellung von Unionsbürgern nicht hinreichend Rechnung. Nach wie vor fehle eine Ermessensentscheidung über die Ausweisung und die Berücksichtigung seiner günstigen Entwicklung nach Erlass der Verfügung bis zur gerichtlichen Entscheidung. Daneben seien die familiären Bindungen und das Ausmaß der Schwierigkeiten außer Betracht geblieben, denen er, seine damalige Verlobte und sein damals neugeborenes Kind in der Folge der Ausweisung ausgesetzt gewesen seien und die dazu führten, dass die Ausweisung mit Art. 8 EMRK unvereinbar sei. Schließlich habe man nicht die in Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG enthaltenen Maßstäbe beachtet. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat erwidert, ein Anspruch auf Rücknahme der Ausweisung bestehe nicht. Zum einen sei die Rechtmäßigkeit dieser Verfügung festgestellt worden. Zum anderen lägen die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 LVwVfG nicht vor. Im Rahmen eines Anspruchs auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich des Wiederaufgreifens sei zu berücksichtigen, dass sich die Ausweisung aus heutiger Sicht zwar deshalb als rechtswidrig darstelle, weil sie auf § 47 AuslG gestützt worden sei, dass der Kläger aber auch damals unter Beachtung der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hätte nach Ermessen ausgewiesen werden können.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 02.02.2006 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass die Ausweisung rückwirkend zurückgenommen werde. Ein Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahrens scheide aus, weil die Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an die Rechtmäßigkeit einer Ausweisung von freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern ebenso wenig einer Änderung der Rechtslage nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG gleichzustellen sei wie die Klärung der maßgeblichen Voraussetzungen für eine solche Ausweisung durch den EuGH in dessen Urteil vom 29.04.2004. Den Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG habe der Beklagte erfüllt, indem er die Rücknahme ohne Rechtsfehler abgelehnt habe. Das Rücknahmeermessen sei auch nicht auf Null reduziert. Die Aufrechterhaltung der Ausweisung sei nicht schlechthin unerträglich und habe für den Kläger auch keine unzumutbare Folgen. Insbesondere werde es dem Kläger nicht praktisch unmöglich gemacht, die ihm durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte wahrzunehmen. Dem Kläger stehe auch kein gemeinschaftsrechtlicher Rechtsanspruch auf Rücknahme der Ausweisung zu. Es sei im Rahmen der gerichtlichen Prüfungskompetenz nicht zu beanstanden, dass der Beklagte bei Ausübung seines Rücknahmeermessens dem öffentlichen Interesse an der Bestandskraft der verfügten Ausweisung gegenüber den privaten Interessen des Klägers den Vorrang eingeräumt habe.
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Am 24.03.2006 hat der Kläger die durch das Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist er auf seinen Vortrag erster Instanz und trägt ergänzend vor: Die Ausweisung verstoße gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK. Denn sie führe selbst im Falle einer Befristung zu einer faktischen Unmöglichkeit einer späteren Rückkehr nach Deutschland. Hieran ändere auch das den Unionsbürgern eingeräumte Freizügigkeitsrecht nichts, da die Rückkehr auch in diesen Fällen an Wohlstand oder an eine Beschäftigung geknüpft und beides schwer zu erreichen sei. Im Übrigen sei es gemeinschaftsrechtswidrig, weil diskriminierend, wenn Unionsbürger aufgrund des im Falle einer Befristung wieder auflebenden Freizügigkeitsrechts leichter ausgewiesen werden könnten, als Drittstaatsangehörige, denen ein Rückkehrrecht unter diesen Bedingungen nicht zukomme. Dies ergebe sich aus der Entscheidung des EuGH vom 17.04.1986 - C-59/85 - (Slg. 1986, I-1283 ).
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 02.02.2006 - 6 K 524/05 - zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.03.2005 zu verpflichten, die Ausweisung in der Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 22.07.1997 rückwirkend aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Zur Begründung verweist er auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe und führt ergänzend an, dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Bestandskraft von Verwaltungsentscheidungen im Grundsatz anerkenne und an die Rücknahme solcher Entscheidungen eher restriktive Bedingungen knüpfe.
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Der Senat hat den Kläger in der Berufungsverhandlung angehört. Dabei hat er angegeben: Er lebe seit längerer Zeit in Straßburg, wo er als Profiboxer trainiere und - nach langer Krankheit - als solcher tätig werden wolle. Er sei nach seiner Ausreise nach Italien relativ bald nach Frankreich gezogen und habe sich von dort aus immer wieder vorübergehend zu seinen in Deutschland in Grenznähe lebenden Eltern oder zu seiner damaligen Verlobten begeben. Der Kontakt zu seinem Sohn … sei nach seiner Ausreise nach Italien schwächer geworden und seit 2005 gänzlich abgebrochen. Sein Sohn lebe bei dessen Mutter in der Nähe von Frankfurt. Seine Tochter … lebe bei ihrer Mutter, die mit ihm nicht mehr verlobt sei. Er übe jedoch nach wie vor gemeinsam mit der Mutter das Sorgerecht aus. Abgesehen von den Verurteilungen wegen unerlaubter Einreise und unerlaubten Aufenthalts im Bundesgebiet sei er im Jahr 2006 noch einmal wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt worden.
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Dem Senat liegen die Akten des Regierungspräsidiums Karlsruhe (2 Hefte) und die Akte der Ausländerbehörde der Stadt Rastatt (1 Heft) über den Kläger sowie ferner die den Kläger betreffenden Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe (11 K 4683/97; 11 K 3675/97; 11 K 2951/99; 6 K 96/05) und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (11 S 996/98; 11 S 652/05) vor. Auf den Inhalt dieser Akten wird ergänzend ebenso verwiesen wie auf die wechselseitigen Schriftsätze in der Klageakte des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in dem Verfahren 6 K 524/05 sowie in der Verfahrensakte des Senats.

Entscheidungsgründe

 
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Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war. Denn er wurde in der rechtzeitigen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 102 Abs. 2 VwGO).
I.
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Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründung wurde form- und fristgemäß vorgelegt (§ 124a Abs. 1 bis 3 VwGO). Für die mit der Berufung begehrte Verpflichtung des Beklagten zur rückwirkenden Aufhebung der Ausweisung vom 22.07.1997 besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis.
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Zwar entfaltet die Ausweisung aufgrund der Befristung ihrer gesetzlichen Wirkungen in Bezug auf das Recht des Klägers, ins Bundesgebiet einzureisen und sich dort aufzuhalten, gegenwärtig keine belastende Regelungswirkung. Gleiches gilt für die aktuelle aufenthaltsrechtliche Stellung des Klägers - etwa im Hinblick auf einen gesteigerten Ausweisungsschutz nach § 6 Abs. 5 Freizüg/EU (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.06.2007 - 13 S 1045/07 -, VBlBW 2008, 68). Denn der Kläger hat sich nach seiner Ausreise im Dezember 1998 bis heute überwiegend in Italien und Frankreich aufgehalten, sodass die rückwirkende Aufhebung der Ausweisung nicht zur Folge hätte, dass sich der Kläger auf einen hierfür notwendigen verlängerten rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet berufen könnte.
21 
Allerdings führt die Ausweisung dazu, dass die verschiedenen Aufenthalte des Klägers im Bundesgebiet in der Zeit vor der Befristung der Wirkungen der Ausweisung als unerlaubt anzusehen sind. Hierdurch ist der Kläger nach wie vor belastet, weil er mit Urteil des Amtsgerichts Raststatt vom 08.08.2002 und des Landgerichts Baden-Baden vom 10.07.2003 wegen unerlaubten Aufenthalts zu einer Geld- und einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Insoweit ergibt sich das Rechtschutzbedürfnis daraus, dass der Kläger einen Antrag auf Wiederaufnahme dieser Strafverfahren stellen und unter Hinweis auf das - bei rückwirkender Aufhebung der Ausweisung - auch in der Vergangenheit gegebene Freizügigkeitsrecht als Unionsbürger jeweils einen Freispruch erreichen möchte. Zwar wird nach der wohl herrschenden Auffassung (vgl. Meyer-Goßner, StPO, Kommentar, 50. Aufl. 2007, § 359 Rn. 17 und 21 m.w.N.) in der Rücknahme einer - die Strafbarkeit begründenden - Verwaltungsentscheidung kein Wiederaufnahmegrund nach § 359 StPO gesehen. Es reicht aber aus, dass der Erfolg des Wiederaufnahmeantrags im Strafverfahren und damit der Nutzen der vorliegenden Klage für den Kläger weder tatsächlich noch rechtlich außer Zweifel steht (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.04.2004 - 3 C 25/03 -, BVerwGE 121, 1 = DVBl 2004, 1184 = NVwZ-RR 2004, 855; Urt. v. 21.11.1996 - 4 C 13/95 -, NJW 1997, 1173 = BRS 58 Nr. 233). Dies ist der Fall. Zum einen wird die Auffassung des Klägers, dass die Aufhebung der Ausweisung einer Aufhebung eines Urteils und damit dem Wiederaufnahmegrund nach § 359 Nr. 4 StPO gleichzustellen oder zumindest als neue Tatsache im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO anzusehen ist, nicht nur in der Literatur, sondern auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geteilt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.08.1999 - 2 BvR 1322/97 -; Beschl. v. 23.05.1967 - 2 BvR 534/62 -, BVerfGE 22, 21 = NJW 1967, 1221; Schmidt in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Aufl. 2003, § 359 Rn. 15; Schenke, JR 1970, 449; zur vergleichbaren Regelung des § 580 Nr. 6 ZPO vgl. BGH Urt. v. 21.01.1988 - III ZR 252/86 -, BGHZ 103, 121 = NJW 1988, 1914; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Kommentar, 66. Aufl. 2008, § 580 Anm. 3 m.w.N.). Zum anderen ist die der herrschenden Auffassung zugrunde liegende Annahme, dass auch eine rückwirkende Aufhebung eines Verwaltungsakts die zuvor gegebene Strafbarkeit der Zuwiderhandlung gegen diesen nicht entfallen lässt (so ausdrücklich BGH, Beschl. v. 23.07.1969 - 4 StR 371/68 -, BGHSt 23, 86 = NJW 1969, 2023; OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.04.1977 - 3 Ss 107/77 -, JZ 1977, 478 = NJW 1978, 116) jedenfalls für die Ausweisung von - anderenfalls freizügigkeitsberechtigten - Unionsbürgern durchaus umstritten (zum Meinungsstand vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 06.12.2006 - 3 Ws 346/05 -, InfAuslR 2007, 118 m.w.N.).
II.
22 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.03.2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
23 
Das Klagebegehren, das sich maßgebend nicht nur aus der Formulierung des Antrags, sondern auch aus dem Vortrag des Klägers, insbesondere der Klagebegründung ergibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.07.1976 - IV C 15.76 - Buchholz 310 § 88 VwGO Nr. 5; Rennert in: Eyermann, VwGO, Kommentar, 12. Aufl. 2006, § 88 Rn. 8 m.w.N.), zielt auf die rückwirkende Aufhebung der Ausweisung. Das ist sowohl durch Rücknahme nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG als auch durch eine neue Sachentscheidung nach Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahrens, etwa gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG, möglich (zum Verhältnis von Rücknahme und Wiederaufgreifen des Verfahrens vgl. Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2005, § 25 Rn. 3; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 10. Aufl. 2008, § 51 Rn. 9; Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 7. Aufl. 2008, § 51 Rn. 30; Baumeister, VerwArch 92 (2001), 374 m.w.N.; anders allerdings wohl BVerwG, Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 21/07 -, BVerwGE 129, 243 = NVwZ 2008, 82 = DÖV 2008, 74 = InfAuslR 2008, 1, wonach das Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 LVwVfG der Rücknahme oder dem Widerruf vorgeschaltet sei; so auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. Aufl. 2006, § 11 Rn. 11).
24 
1. Der Kläger hat keinen Anspruch nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG darauf, dass seine Ausweisung vom 22.07.1997 rückwirkend zurückgenommen wird. Zwar ist die Rücknahme einer Ausweisung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG neben der – hier bereits erfolgten - Befristung ihrer gesetzlichen Wirkungen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 bis 6 AufenthG bzw. § 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 FreizügG/EU grundsätzlich möglich, solange die Ausweisung - wie hier - noch Regelungswirkungen äußert (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, InfAuslR 2008, 116 = NVwZ 2008, 326 = DÖV 2008, 329 = DVBl 2008, 189 = ZAR 2008, 140). Der Kläger und der Beklagte - und damit auch der Senat - sind jedoch nach § 121 Nr. 1 VwGO gehindert, von der Rechtswidrigkeit der Ausweisung i. S. des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG auszugehen.
25 
a) Zwar wurde die Ausweisung des freizügigkeitsberechtigten Klägers nach § 47 Abs. 1 AuslG i. V. m. § 12 Abs. 1 Satz 1 AufenthG/EWG verfügt, ohne dass der Beklagte das bei diesen Personen notwendige Ausweisungsermessen (hierzu BVerwG, Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297 = NVwZ 2005, 220 = DVBl. 2005, 122 = InfAuslR 2005, 18) betätigt hatte. Auch wurde die Rechtmäßigkeit der Ausweisung nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 20.11.1997 beurteilt und damit insbesondere die Entwicklung des Klägers bis zum Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1998 außer Betracht gelassen. Allerdings begründen diese Umstände für die Beteiligten keine Rechtswidrigkeit der Ausweisung i. S. d. § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG, weil sie aufgrund des abweisenden Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1998 - 11 K 4683/97 - davon ausgehen müssen, dass die Ausweisung rechtmäßig ist. Dies folgt aus § 121 Nr. 1 VwGO, wonach rechtskräftige Urteile die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist.
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Der Umfang der Bindungswirkung eines Urteils bestimmt sich nach der sich im Entscheidungssatz verkörpernden Schlussfolgerung des Gerichts aus der angewandten Rechtsnorm und dem festgestellten Lebenssachverhalt (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.05.1994 - 9 C 501/03 -, BVerwGE 96, 24 = DVBl 1994, 940 = DÖV 1994, 914 = NVwZ 1994, 1115 = VBlBW 1995, 8 m.w.N.). Dabei tritt die Bindungswirkung des Urteils nicht nur in den Fällen ein, in denen der identische Streitgegenstand erneut zur Entscheidung gestellt wird, sondern auch dann, wenn die rechtskräftige Zuerkennung oder Aberkennung eines prozessualen Anspruchs für einen anderen prozessualen Anspruch, der zwischen denselben Beteiligten streitig ist, vorgreiflich ist. Denn mit der Regelung des § 121 VwGO soll auch insoweit verhindert werden, dass die aus einem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge, über die in einem Urteil entschieden worden ist, bei unveränderter Sach- und Rechtslage erneut - mit der Gefahr unterschiedlicher Ergebnisse - zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben Beteiligten gemacht wird (BVerwG, Urt. v. 24.11.1998 - 9 C 53/97 -, BVerwGE 108, 30 = NVwZ 1999, 302 = DVBl. 1999, 544 = InfAuslR 1999, 143; Urt. v. 10.05.1994, a.a.O.). Eine Vorgreiflichkeit der rechtskräftigen Vorentscheidung ist immer dann gegeben, wenn sie nach dem Umfang ihrer Rechtskraft ein Element liefert, das nach den einschlägigen materiell-rechtlichen Normen des zweiten Rechtsstreits notwendig ist, um die in diesem Prozess beanspruchte Rechtsfolge zu begründen (BVerwG, Urt. v. 31.01.2002 - 2 C 7.01 -, BVerwGE 116, 1 = NVwZ 2002, 853 = DVBl. 2002, 1219 = DÖV 2002, 864).
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Da der Streitgegenstand des dem Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1998 - 11 K 4683/97 - zugrunde liegenden Verfahrens in der Rechtsbehauptung des Klägers besteht, dass die Ausweisung vom 22.07.1997 rechtswidrig ist und ihn in seinen Rechten verletzt (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2002, a.a.O.; Urt. v. 08.12.1992 - 1 C 12.92 -, BVerwGE 91, 256 = NVwZ 1993, 672 = DVBl. 1993, 258 = DÖV 1993, 718 = BayVBl 1993, 250; Rennert, a.a.O., § 121 Rn. 25 m.w.N.) und § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG gerade die Rechtswidrigkeit der Ausweisung voraussetzt, ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1998 für den Anspruch auf Rücknahme der Ausweisung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG vorgreiflich. Dementsprechend nimmt auch die in der Abweisung der Anfechtungsklage des Klägers liegende Feststellung in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1998 über die Rechtmäßigkeit der Ausweisung vom 22.07.1997 an der präjudiziellen Wirkung dieses Urteils für den Anspruch auf Rücknahme der Ausweisung teil. Zwar ergibt sich - anders als dies im Falle der Stattgabe in Bezug auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts der Fall ist - aus der Abweisung einer Anfechtungsklage nicht zwingend, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig ist. Vielmehr kann die Abweisung der Klage auch allein darin begründet sein, dass es an der Verletzung eines subjektiven Rechts oder gar an der Zulässigkeit der Klage fehlt. Dennoch ist es - trotz der damit gegebenen Notwendigkeit, den Umfang der Rechtskraft unter Heranziehung der die Abweisung der Klage tragenden Gründe zu bestimmen - anerkannt, dass sich die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts im Falle eines deshalb abweisenden Urteils nicht als bloße Vorfrage des Urteils darstellt, sondern an der Bindungswirkung eines abweisenden Urteils in einem Anfechtungsprozess teilhat (BVerwG, Beschl. v. 15.03.1968 - VII C 183.65 -, BVerwGE 29, 210 = GewArch 1969, 22; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 23.06.1988 - 2 BvR 260/88 -, NVwZ 1989, 141; BVerwG, Urt. v. 10.05.1994, a.a.O.; Urt. v. 28.07.1989 - 7 C 78/88 -, BVerwGE 82, 272 = DVBl. 1989, 1192 = NJW 1990, 199; Urt. v. 30.08.1988 - 9 C 47/87 -, NVwZ 1989, 161; ebenso Rennert, a.a.O., § 121 Rn. 27; Clausing, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, § 121 Rn. 80; a.A. Schenke, VwGO, Kommentar, 15. Aufl. 2007, § 121 Rn. 21 sowie Hößlein, VerwArch 98 (2007), 127, 150).
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b) Einer Erstreckung der in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1998 enthaltenen Feststellung über die Rechtmäßigkeit der Ausweisung auf das Verfahren auf Rücknahme der Ausweisung steht nicht entgegen, dass sich dieses klageabweisende Urteil unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH zur Rechtmäßigkeit der Ausweisung freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger (Urt. v. 29.04.2004 - C-482/01 und C-493/01 -, Slg. I-5257 = DVBl 2004, 876 = InfAuslR 2004, 268 = NVwZ 2004, 1099, ) sowie der hierauf basierenden Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. Urt. v. 03.08.2004, a.a.O.) nachträglich als unrichtig erweist. Denn die materielle Bindungswirkung des § 121 VwGO tritt grundsätzlich unabhängig davon ein, ob das rechtskräftige Urteil die Sach- und Rechtslage zutreffend gewürdigt hat oder nicht (BVerwG, Urt. v. 24.11.1998, a.a.O.; Urt. v. 08.12.1992, a.a.O.; Urt. v. 05.11.1985 - 6 C 22.84 -, NVwZ 1986, 293). Auch begründet eine spätere gerichtliche - auch höchstrichterliche - Klärung einer Sach- oder Rechtsfrage abweichend von dem früheren rechtskräftigen Urteil keine Änderung der Sach- oder Rechtslage, die eine Lösung von der Rechtskraftbindung rechtfertigen könnte (BVerwG, Urt. v. 31.07.2002 - 1 C 7/02 -, NVwZ 2003, Beilage Nr. I 1, 1; Urt. v. 18.09.2001, - 1 C 7/01 -, BVerwGE 115, 118 = DVBl. 2002, 343 = NVwZ 2002, 345 = DÖV 2002, 301 = InfAuslR 2002, 207). Dies ist auch im Gemeinschaftsrecht grundsätzlich anerkannt (EuGH, Urt. v. 16.03.2006 - C-234/04 -, , Slg. I-2585 = DVBl 2006, 569 = NJW 2006, 1577; Urt. v. 30.09.2003 - C-224/01 -, , Slg. I-10239 = NJW 2003, 3539 = DVBl 2003, 1516 = NVwZ 2004, 79; Urt. v. 01.06.1999 - C-126/97 -, , Slg. I-3055).
29 
Sofern der in Art. 10 EG verankerte Grundsatz der Zusammenarbeit die nationalen Behörden und Gerichte bei Vorliegen bestimmter Umstände verpflichtet, eine infolge einer innerstaatlichen Erschöpfung des Rechtswegs bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zu überprüfen, um einer später vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung einer einschlägigen Bestimmung des Gemeinschaftsrechts Rechnung zu tragen (EuGH, Urt. v. 12.02.2008, a.a.O. sowie Urt. v. 13.01.2004 - C-453/00 -, , Slg. I-837 = DVBl 2004, 373 = NVwZ 2004, 459 = InfAuslR 2004, 139 = DÖV 2004, 530), gilt diese Verpflichtung immer nur im Rahmen der insbesondere durch das nationale Prozessrecht bestimmten Grenzen der Auslegung einer Rechtsnorm (vgl. EuGH, Urt. v. 12.02.2008, a.a.O.; vgl. auch Urt. v. 07.06.2007 - C-222/05 u.a. -, , Slg. I-4233 sowie Urt. v. 14.12.1995 - C-430/93 -, , Slg. I-4705), sodass - ohne eine entsprechende Regelung im nationalen Recht - auch über eine solche Verpflichtung eine Einschränkung der Bindungswirkung des § 121 VwGO nicht erreicht werden kann.
30 
Eine solche Regelung des nationalen Rechts, über die die präjudizielle Bindungswirkung eines abweisenden Urteils - auf das Tatbestandsmerkmal der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts in § 48 Abs. 1 LVwVfG - entfallen würde, findet sich nicht in der anerkannten Befugnis einer Behörde, trotz der gerichtlichen Bestätigung eines Verwaltungsakts auf dessen Vollzug zu verzichten oder diesen Verwaltungsakt dennoch aufzuheben (zu dieser Befugnis vgl. BVerwG, Urt. v. 27.01.1994 - 2 C 12.92 -, BVerwGE 95, 86 = BayVBl. 1994, 632 = NVwZ 1995, 388; Urt. v. 08.12.1992, a.a.O., m.w.N.; Urt. v. 13.09.1984 - 2 C 22/83 -, BVerwGE 70, 110 = NJW 1985, 280 = DVBl. 1985, 527; Urt. v. 04.06.1970 - II C 39.68 -, BVerwGE 35, 234 = DÖV 1970, 821 = DVBl. 1971, 272; Rennert, a.a.O., Rn. 27; Clausing, a.a.O., § 121 Rn. 31; Nicolai in: Redecker/v.Oertzen, VwGO, Kommentar, 14. Aufl. 2004, § 121 Rn. 10a und b; Kilian in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 121 Rn. 70). Diese Befugnis wurde ursprünglich mit dem im Zivilprozess anerkannten Grundsatz begründet, dass ein Urteil immer nur zugunsten, nicht jedoch zu Ungunsten der obsiegenden Partei wirke, und einer im Anfechtungsprozess obsiegenden Behörde deshalb - ebenso wie der in einem Zivilrechtsstreit obsiegenden Partei - die Möglichkeit erhalten bleibe, sich außerprozessual abweichend von der rechtskräftigen Entscheidung zu verhalten. Danach bleibt die gesetzliche Bindungswirkung nach § 121 VwGO aber gerade unangetastet (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.06.1970, a.a.O.; Bachof, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht, Verfahrensrecht Bd. II, 1967 Nr. 206; Menger, VerwArch 49 (1958), 368, 373; Haueisen, NJW 1963, 1329, 1333; Bullinger, DÖV 1964, 381; vgl. auch Seibert, Die Bindungswirkung von Verwaltungsakten, 1988, S. 586 ff. sowie Clausing, a.a.O., § 121 Rn. 31). Nichts anderes gilt dann, wenn diese Befugnis der Behörde, zugunsten des unterlegenen Beteiligten von der gerichtlich bestätigten Entscheidung abzuweichen, aus den Regelungen zum Verwaltungsverfahren abgeleitet und damit - dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung entsprechend - auf eine notwendige (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.1988 - 2 BvR 260/88 -, NVwZ 1989, 141) gesetzliche Grundlage gestellt wird (so BVerwG, Urt. v. 13.09.1984, a.a.O. sowie insb. Urt. v. 28.07.1989 - 7 C 78/88 -, BVerwGE 82, 272 = DVBl. 1989, 1192 = NJW 1990, 199 = NVwZ 1990, 156; vgl. auch Maurer, JZ 1993, 574; Kopp/Kopp, NVwZ 1994, 1; Erfmeyer, DVBl. 1997, 27). Denn hiernach findet sie ihre normative Grundlage ausschließlich in den - von der Entscheidung nach § 48 Abs. 1 LVwVfG zu trennenden - Regelungen zum Wiederaufgreifen des Verfahrens, welches von vornherein nur zugunsten und auf Antrag des Betroffenen erfolgen kann (vgl. § 51 Abs. 1 LVwVfG) und - aufgrund der Bezogenheit auf eine neue Sachentscheidung - von der Bindungswirkung eines Urteils über den Erstbescheid nicht erfasst wird (hierzu BVerwG, Urt. v. 13.09.1984, v. 28.07.1989, v. 27.01.1994, jeweils a.a.O.; ebenso wohl Rennert, a.a.O., § 121 Rn. 33 f.).
31 
Der Auffassung, die Behörde sei im Rahmen des § 48 Abs. 1 LVwVfG hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts von der - und sei es präjudiziellen - Bindungswirkung des rechtskräftigen Urteils suspendiert, sofern sie eine belastende Verfügung aufheben wolle (vgl. etwa Sachs, a.a.O., § 48 Rn. 51; Meyer in: Knack, VwVfG, 8. Aufl. 2003, § 48 Rn. 57; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 10. Aufl. 2008, § 48 Rn. 16; ebenso wohl Ziekow, VwVfG, 2006, § 48 Rn. 12), kann indes nicht gefolgt werden. Denn § 48 Abs. 1 LVwVfG differenziert hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts nicht danach, ob dessen Rücknahme zugunsten oder zulasten des Betroffenen erfolgt. Die Anerkennung einer normativ geregelten Abweichung von der Bindungswirkung des § 121 VwGO müsste anderenfalls auch zu der – abzulehnenden - Ermächtigung führen, einen gerichtlich bestätigten, aber nachträglich als rechtswidrig erkannten Verwaltungsakt auch zulasten des betroffenen Adressaten aufzuheben (so etwa Erfmeyer, a.a.O.; Maurer, a.a.O.; ähnlich auch Kopp/Kopp, a.a.O.).
32 
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die Ausweisung durch eine neue Sachentscheidung nach Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahrens unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben für die Ausweisung freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger sowie der tatsächlichen Entwicklung des Klägers aufhebt.
33 
a) Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 LVwVfG.
34 
Nach dieser Regelung hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn bestimmte Wiederaufgreifensgründe zu einer dem Betroffenen begünstigenden Sachentscheidung geführt hätten. Solche Wiederaufgreifensgründe sind indessen nicht gegeben. Insbesondere liegt in der Änderung der Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Ausweisung freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger, wie sie sich in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.08.2004 (- 1 C 30 .02 -, BVerwGE 121, 297) manifestiert, keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG. Gleiches gilt für die - vom Kläger geltend gemachte - Verschärfung der Anforderungen des Art. 8 Abs. 2 EMRK an die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung von faktischen Inländern in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - (InfAuslR 2007, 275 = ZAR 2007, 243 = NVwZ 2007, 946 = AuAS 2007, 242) und gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, etwa in dem Urteil vom 27.10.2005 (Individualbeschwerde Nr. 32231/02 - Keles ./. Deutschland, InfAuslR 2006, 3 = FamRZ 2006, 1351).
35 
Wenngleich § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG insoweit weiter gefasst ist als § 49 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG, wo von einer Änderung der Rechtsvorschrift die Rede ist, so gilt auch hier, dass es sich um Änderungen des materiellen Rechts, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt, handeln muss. Dem entspricht die Änderung der Rechtsprechung - mit Ausnahme der über die Rechtsprechung dokumentierten Änderung von Gewohnheitsrecht oder allgemeiner Rechtsauffassungen (hierzu Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 51 Rn. 30) - deshalb nicht, weil sich die gerichtliche Entscheidungsfindung stets in der rechtlichen Würdigung eines Sachverhalts am Maßstab der vorgegebenen Rechtsordnung erschöpft (BVerwG, Beschl. v. 03.05.1996 - 6 B 82/95 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 366; Beschl. v. 24.05.1995 - 1 B 60.95 -, InfAuslR 1995, 355 = NVwZ 1995, 1097 = Buchholz 316 § 51 Nr. 32; Beschl. v. 16.02.1993 - 9 B 241.92 - Buchholz 316 § 51 Nr. 29; Beschl. v. 25.05.1981 - 8 B 89/80 und 93/80 - NJW 1981, 2595 = Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 9, jeweils zur Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung; vgl. auch Urt. v. 27.01.1994, a.a.O.; Urt. v. 08.12.1992, a.a.O. m.w.N.). Dies ist für die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte anerkannt (BVerwG, Beschl. v. 24.05.1995, a.a.O.; Beschl. v. 04.10.1993 - 6 B 35.93 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 319), gilt aber auch für die hier letztlich maßgebliche Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, der mit seinem Urteil vom 29.04.2004 (C-482/01 und C-493/01 -, , Slg. I-5257 = DVBl 2004, 876 = InfAuslR 2004, 268 = NVwZ 2004, 1099) die Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Maßstäben für die Ausweisung freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger erst veranlasst hat. Denn die Rechtsprechung dieses Gerichtshofs ist auch nach dessen Selbstverständnis ebenfalls nur rein deklaratorischer Natur (vgl. hierzu etwa EuGH, Urt. v. 12.02.2008 - C-2/06 -, , NJW 2008, 1212 = DÖV 2008, 505 m.w.N.).
36 
Angesichts des eindeutigen Wortlauts und des grundsätzlich abschließenden Charakters dieser Regelung kann die Einbeziehung der Rechtsprechungsänderung in den Wiederaufgreifensgrund des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG auch nicht - ausnahmsweise - über die in Art. 10 EG verankerte Verpflichtung der nationalen Behörden und Gerichte begründet werden, bei Vorliegen bestimmter Umstände, eine infolge einer innerstaatlichen Erschöpfung des Rechtswegs bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zu überprüfen, um einer später vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung einer einschlägigen Bestimmung des Gemeinschaftsrechts Rechnung zu tragen (vgl. EuGH, Urt. v. 12.02.2008, a.a.O. sowie Urt. v. 13.01.2004, a.a.O.). Abgesehen davon besteht für eine solche Einbeziehung auch unter dem Gesichtspunkt des gemeinschaftsrechtlichen Effektivitätsgrundsatzes kein Bedürfnis.
37 
Eine Behörde ist nämlich auch dann, wenn kein Wiederaufgreifensgrund i. S. des § 51 Abs. 1 LVwVfG vorliegt, befugt, ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen zugunsten des Betroffenen wiederaufzugreifen, um unter Aufhebung oder Abänderung des Erstbescheids eine neue Sachentscheidung zu treffen (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.09.2000 - 2 C 5/99 -, BayVBl 2001, 216 = DVBl. 2001, 726; Beschl. v. 23.02.2004 - 5 B 104/03 -, juris; Beschl. v. 25.05.1981 - 8 B 89.80 -, NJW 1981, 2595 = Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 9 m.w.N; ebenso Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 51 VI 2 b), S. 602; so wohl auch Rennert, a.a.O., § 121 Rn. 34). Ein solche Befugnis war bereits vor Inkrafttreten der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder als ungeschriebener Rechtsgrundsatz des Verwaltungsverfahrensrechts anerkannt (vgl. BVerfG, Entsch. v. 17.12.1969 - 2 BvR 23/65 -, BVerfGE 27, 297 = DVBl. 1970, 270 = DÖV 1970, 231; BVerwG, Urt. v. 16.12.1971 - I C 31.68 -, BVerwGE 39, 197 = DÖV 1972, 419 = DVBl. 1972, 388; Urt. v. 30.01.1974 - VIII C 20.72 -, BVerwGE 44, 333; Urt. v. 28.07.1976 - 8 C 90.75 - Buchholz 412.3 § 16 Nr. 2; Urt. v. 14.12.1977 - 8 C 79.76 - Buchholz 316 § 36 Nr. 1) und wurde weder über die Regelung des § 51 LVwVfG noch über die neben dem Wiederaufgreifen des Verfahrens bestehenden Regelungen über die Rücknahme und den Widerruf eines Verwaltungsakts nach §§ 48, 49 LVwVfG verdrängt. Insofern ist die Kodifizierung der ungeschriebenen Rechtsgrundsätze des Verwaltungsverfahrens nur unvollständig und nicht abschließend erfolgt (hierzu auch Selmer, JuS 1987, 363, 366). Anders als unter Zugrundelegung der vom Senat nicht geteilten gegenteiligen Auffassung, die ein Wiederaufgreifen des Verfahrens außerhalb des § 51 LVwVfG allein nach den §§ 48, 49 LVwVfG für zulässig hält (etwa BVerwG, Beschl. v. 29.03.1999 - 1 DB 7/97 -, BVerwGE 113, 322 = DVBl. 1999, 931 = NVwZ 2000, 202; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 31.01.1989 - 9 S 1141/88 -, DVBl. 1989, 884 = NVwZ 1989, 882; Ruffert, a.a.O., § 25 IV Rn. 12; Ziekow, a.a.O., § 51 Rn. 27; Sachs, a.a.O., § 51 Rn. 16; speziell zur Überprüfung gemeinschaftsrechtswidriger Verwaltungsakte auch Britz/Richter, JuS 2005, 198), steht dieser Anspruch auch nicht im Konflikt mit der bundesrechtlichen Regelung zur Rechtskraft eines verwaltungsgerichtlichen Urteils über die Rechtmäßigkeit dieses Erstbescheids (hierzu BVerwG, Urt. v. 27.01.1994, - 2 C 12.92 - und Urt. v. 08.12.1992 - 1 C 12.92 -, jeweils a.a.O. m.w.N). Als unrichtig erkannte belastende Verwaltungsakte können bei Vorliegen eines - gemeinschaftsrechtlichen - Wiederaufgreifensgrundes daher trotz der Abweisung einer hiergegen gerichteten Anfechtungsklage auch rückwirkend aufgehoben oder durch eine gemeinschaftsrechtskonforme Regelung ersetzt werden. Hiermit wird auch der Verpflichtung Rechnung getragen, eine gemeinschaftsrechtlich notwendige Korrektur einer Regelung im Rahmen der Auslegung des nationalen Verfahrensrechts zu ermöglichen (zu dieser Verpflichtung vgl. EuGH, Urt. v. 13.03.2007 - C-432 -, , Slg. I-2271 = BayVBl 2007, 589 = NJW 2007, 3555 sowie Potacs, in: Bröhmer u.a., Internationale Gemeinschaft und Menschenrechte, Festschrift für Georg Ress, 2005, S. 729 und Gärditz, NWVBl 2006, 441).
38 
b) Allerdings kann der Kläger das Wiederaufgreifen des Verfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde - außerhalb des Anwendungsbereichs von § 51 Abs. 1 LVwVfG - mit dem Ziel einer erneuten Sachentscheidung über seine Ausweisung und damit auch eine Rücknahme der Ausweisung auf diesem Weg nicht (mehr) beanspruchen.
39 
Der Beklagte hat eine solche erneute Sachentscheidung über die Ausweisung des Klägers mit Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.03.2005 abgelehnt, ohne dass er hierbei die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte (vgl. § 114 Satz 1 VwGO).
40 
aa) Der Bescheid vom 17.03.2005 ist sowohl in seinem Tenor als auch in der Begründung ausdrücklich auf die Ablehnung eines Antrags auf „Wiederaufgreifen des Verfahrens“ bezogen. Dabei begründet es keinen nach § 114 Satz 1 VwGO relevanten Ermessensfehler, dass die Behörde ihre Ablehnung zunächst unter anderem mit der - sachlich unrichtigen Einlassung - begründet hat, die Ausweisung sei rechtmäßig. Denn der Beklagte hat die materielle Rechtswidrigkeit der Ausweisung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zugestanden und daraufhin die Ermessenserwägungen der Ablehnungsentscheidung gemäß § 114 Satz 2 VwGO mit dem Hinweis auf die Erfolglosigkeit der Klage gegen diese Ausweisung in zulässiger Weise ergänzt (zum Ergänzen von Ermessenserwägungen vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 114 Rn. 50; Rennert, a.a.O., § 114 Rn. 89 und Wolff in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 114 Rn. 208).
41 
bb) In der Form dieser Ergänzung begegnet die Ablehnung des Wiederaufgreifens des Verfahrens und der neuen Sachentscheidung über die Ausweisung des Klägers zunächst keinen gemeinschaftsrechtlichen Bedenken. Denn die Voraussetzungen für eine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung des Beklagten, die infolge der innerstaatlichen Erschöpfung des Rechtswegs bestandskräftige, aber materiell gemeinschaftsrechtswidrige Ausweisungsentscheidung zu überprüfen (zu dieser Pflicht vgl. EuGH, Urt. v. 13.01.2004 - C-453/00 -, a.a.O.; Urt. v. 12.02.2008 - C-2/06, , a.a.O. sowie Weiß, DÖV 2008, 477; Pache/Bielitz, DVBl 2006, 325; Britz/Richter, a.a.O.), liegen nicht vor.
42 
Zwar hat der Kläger mit der Stellung seines - erfolglosen - Antrags auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1998 den ihm nach nationalem Recht gegen die Ausweisung eröffneten Rechtsweg ausgeschöpft. Auch beruht das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1998 auf einer unrichtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts. Denn das Verwaltungsgericht hätte die Ausweisung sowie den sie bestätigenden Widerspruchsbescheid schon deshalb aufheben müssen, weil die Ausweisung unter Verstoß gegen Art. 39 EG und Art. 3 RL 64/221/EWG ohne Ermessen als zwingende Rechtsfolge verfügt worden war; außerdem hätte es die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde legen müssen. Insofern ist unerheblich, ob die Ausweisung hätte rechtsfehlerfrei nach Ermessen ausgesprochen werden können oder ob die Ausweisung - wie der Kläger vorgetragen hat - in jedem Fall gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstoßen hätte. Schließlich hat der Kläger mit seinem Rücknahmeantrag den letztlich maßgeblichen Wiederaufgreifensgrund der Änderung der Rechtsprechung zur Rechtmäßigkeit der Ausweisung von freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern auch zeitnah geltend gemacht. Jedoch hat der Senat bei der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung nicht gegen die Verpflichtung aus Art. 234 Abs. 3 EG zur Einholung einer Vorabentscheidung verstoßen. Denn der Senat war in diesem konkreten Verfahren weder berechtigt noch verpflichtet, die Vereinbarkeit des § 47 AuslG i. V. m. § 12 AufenthG/EWG mit Art. 39 EG und Art. 3 RL 64/221/EWG sowie die Frage der maßgeblichen Sach- und Rechtslage für die gerichtliche Überprüfung der Ausweisung eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers zu prüfen. Vielmehr war er nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO an die vom Kläger dargelegten Zulassungsgründe gebunden, die sich gerade nicht auf diese Rechtsfragen bezogen (zur Maßgeblichkeit der nach nationalem Recht zu bestimmenden Prüfungspflicht vgl. EuGH, Urt. v. 12.02.2008 - C-2/06, , a.a.O).
43 
Von dem Erfordernis des pflichtwidrig unterlassenen Vorabentscheidungsersuchens ist auch nicht deshalb abzusehen, weil die Anwendbarkeit des § 47 AuslG i.v.m. § 12 AufenthG/EWG auf die Ausweisung eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers ebenso wie die Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage bei Erlass der letzten Behördenentscheidung zum Zeitpunkt des Antrags auf Zulassung der Berufung durch die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt schien und deshalb eine entsprechende Rüge im Zulassungsantrag voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte (zur damaligen Rechtsprechung vergleiche etwa BVerwG, Beschl. v. 29.09.1993 - 1 B 62.93 - Buchholz 402.240 § 48 AuslG 1990 Nr. 3; Urt. v. 27.10.1978 - 1 C 91.76 - BVerwGE 57, 61 und Urt. v. 11.06.1996 - 1 C 24.94 - BVerwGE 101, 247). Zwar dürften die Voraussetzungen für die Verpflichtung einer Behörde zur Berücksichtigung einer späteren Klärung einer gemeinschaftsrechtlichen Rechtsfrage durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in den Fällen, in denen die Verwaltungsentscheidung durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bestätigt worden ist, mit den in den Rechtssachen "Kühne und Heitz" sowie "Kempter" formulierten Kriterien noch nicht in jeder Hinsicht abschießend bestimmt sein (vgl. Britz/Richter, a.a.O.; Frenz, DVBl. 2004, 374, 376). Allerdings erkennt das Gemeinschaftsrecht die Rechtskraft von gemeinschaftsrechtswidrigen Gerichtsentscheidungen grundsätzlich an (EuGH, Urt. v. 16.03.2006 - C-234/04 -, , Slg. I-2585 = DVBl 2006, 569 = NJW 2006, 1577; Urt. v. 30.09.2003 - C-224/01 -, , Slg. I-10239 = NJW 2003, 3539 = DVBl 2003, 1516 = NVwZ 2004, 79; Urt. v. 01.06.1999 - C-126/97 -, , Slg. I-3055) und fordert - außerhalb der nach nationalem Recht gegebenen Möglichkeiten einer Abweichung - eine Durchbrechung der Rechtskraft bislang allein bei einer Verletzung der Vorlagepflicht nach Art. 234 Abs. 3 EG (hierzu insb. Urt. v. 30.09.2003, a.a.O.; Ruffert, JZ 2004, 620, 621). Darüber hinaus ist es anerkannt, dass der Effektivitätsgrundsatz insoweit stets durch die nationalen prozessualen Regelungen zum Prüfungsumfang der zur Entscheidung befugten Gerichte beschränkt ist (EuGH, Urt. v. 07.06.2007 - C-222/05 u.a. -, , Slg. I-4233 sowie Urt. v. 14.12.1995 - C-430/93 -, , Slg. I-4705).
44 
cc) Die Ablehnung des Wiederaufgreifens des Verfahrens und damit auch einer Rücknahme der Ausweisung aufgrund neuer Sachentscheidung hält sich zudem in den Grenzen des nationalen Rechts.
45 
Eine Behörde handelt grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie eine erneute Sachentscheidung unter Hinweis auf die rechtskräftige gerichtliche Bestätigung ihrer Verwaltungsentscheidung ablehnt. Insoweit bedarf es regelmäßig keiner weiteren ins Einzelne gehenden Ermessenserwägungen. Ausnahmen bestehen nur dann, wenn im Einzelfall Umstände von einer den in § 51 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 VwVfG geregelten Fällen vergleichbaren Bedeutung und Gewicht vorliegen und die Aufrechterhaltung des Erstbescheides auch unter Berücksichtigung der Rechtskraft des diesen bestätigenden Urteils schlechthin unerträglich wäre (BVerwG, Urt. v. 27.01.1994, a.a.O., m.w.N.). Solche Umstände liegen hier jedoch nicht vor.
46 
Es besteht keine allgemeine Verwaltungspraxis, gegenüber der sich die Ablehnung des Wiederaufgreifens des Verfahrens als gleichheitswidrig erweisen würde. Vielmehr ist für den Beklagten maßgeblich, eine solche Verwaltungspraxis mit Blick auf den dann verbundenen Verwaltungsaufwand gerade zu vermeiden. Auch erscheint die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit der Ausweisung und die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1998 nicht vor dem Hintergrund der hiermit für den Kläger verbundenen Belastungen als treu- oder sittenwidrig. Denn die gesetzlichen Wirkungen der Ausweisung sind auf den 23.02.2005 befristet worden, so dass der Kläger seitdem wieder ohne weitere Einschränkung nach Maßgabe des § 2 FreizügG/EU ins Bundesgebiet einreisen und sich dort aufhalten darf. Da sich der Kläger nach seiner Ausreise im Dezember 1998 bis heute überwiegend in Italien und Frankreich aufgehalten hat, führt die Verweigerung der in der Sache begehrten rückwirkenden Aufhebung der Ausweisung auch nicht dazu, dass dem Kläger eine über die Begründung eines verlängerten rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet verbesserte aufenthaltsrechtliche Stellung vorenthalten würde. Soweit dem Kläger über die Ablehnung des Wiederaufgreifens des Ausweisungsverfahrens die Möglichkeit genommen wird, mit einem - auf die Aufhebung der Ausweisung gestützten - Wiederaufnahmeantrag nach § 359 Nr. 4 oder 5 StPO in den mit rechtskräftigen Urteilen des Amtsgerichts Raststatt vom 08.08.2002 und des Landgerichts Baden-Baden vom 10.07.2003 abgeschlossenen Strafverfahren wegen unerlaubten Aufenthalts einen Freispruch zu erreichen, ist dies für ihn schon deshalb nicht schlechthin unerträglich, weil der Erfolg eines solchen Antrags durchaus nicht sicher ist und die strafgerichtliche Verurteilungen des Klägers nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihres Ergehens zu Recht erfolgt sind. Schließlich ist die Aufrechterhaltung der Ausweisung auch nicht deshalb schlechthin unerträglich, weil die Ausweisung und das sie bestätigende Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe offensichtlich rechtswidrig wären. Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit in diesem Sinne ist dann gegeben, wenn an dem Verstoß der streitigen Maßnahme gegen formelles oder materielles Recht vernünftigerweise kein Zweifel besteht und sich deshalb die Rechtswidrigkeit aufdrängt. Hierbei ist maßgeblich auf den Zeitpunkt des Erlasses des die Ausweisung bestätigenden Urteils abzustellen. Eine spätere Klärung der Rechtsfrage und die damit eintretende Evidenz desselben bleiben außer Betracht (zur vergleichbaren Konstellation der Verpflichtung zur Rücknahme eines Verwaltungsakts nach § 48 Abs. 1 LVwVfG vgl. BVerwG Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, AuAS 2008, 28 = InfAuslR 2008, 116 = NVwZ 2008, 326 = DÖV 2008, 329 = DVBl 2008, 189; Urt. v. 17.01.2007 - 6 C 32.06 -, NVwZ 2007, 709; Beschl. v. 07.07.2004 - 6 C 24/03 -, BVerwGE 121, 226, 229 ff. m.w.N.). Zu dem damit erheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe am 17.02.1998 war die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit einer auf § 47 AuslG gestützten und damit ohne umfassende Ermessensentscheidung ausgesprochenen Ausweisung eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers ebenso wenig evident wie die Notwendigkeit, die Rechtmäßigkeit der Ausweisung nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts zu beurteilen. Vielmehr bestand eine ausdrücklich gegenteilige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Beschl. v. 29.09.1993, a.a.O.; Urt. v. 11.06.1996, a.a.O.), die erst mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.08.2004 (- 1 C 30/02 -, a.a.O.) aufgegeben wurde.
III.
47 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Senat sieht nach Ermessen davon ab, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, denn sie wirft die bisher höchstrichterlich noch nicht geklärte und für die Weiterentwicklung des Rechts bedeutsame Frage auf, ob die Bindung der Beteiligten nach § 121 VwGO an ein rechtskräftiges Urteil eines Verwaltungsgerichts, mit dem die Anfechtungsklage gegen einen belastenden Verwaltungsakt abgewiesen wurde, der Anwendbarkeit des § 48 Abs.1 Satz 1 (L)VwVfG entgegensteht.
48 
Beschluss vom 09.05.2008
        
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf
        
5.000,-- EUR
        
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
18 
Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war. Denn er wurde in der rechtzeitigen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 102 Abs. 2 VwGO).
I.
19 
Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründung wurde form- und fristgemäß vorgelegt (§ 124a Abs. 1 bis 3 VwGO). Für die mit der Berufung begehrte Verpflichtung des Beklagten zur rückwirkenden Aufhebung der Ausweisung vom 22.07.1997 besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis.
20 
Zwar entfaltet die Ausweisung aufgrund der Befristung ihrer gesetzlichen Wirkungen in Bezug auf das Recht des Klägers, ins Bundesgebiet einzureisen und sich dort aufzuhalten, gegenwärtig keine belastende Regelungswirkung. Gleiches gilt für die aktuelle aufenthaltsrechtliche Stellung des Klägers - etwa im Hinblick auf einen gesteigerten Ausweisungsschutz nach § 6 Abs. 5 Freizüg/EU (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.06.2007 - 13 S 1045/07 -, VBlBW 2008, 68). Denn der Kläger hat sich nach seiner Ausreise im Dezember 1998 bis heute überwiegend in Italien und Frankreich aufgehalten, sodass die rückwirkende Aufhebung der Ausweisung nicht zur Folge hätte, dass sich der Kläger auf einen hierfür notwendigen verlängerten rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet berufen könnte.
21 
Allerdings führt die Ausweisung dazu, dass die verschiedenen Aufenthalte des Klägers im Bundesgebiet in der Zeit vor der Befristung der Wirkungen der Ausweisung als unerlaubt anzusehen sind. Hierdurch ist der Kläger nach wie vor belastet, weil er mit Urteil des Amtsgerichts Raststatt vom 08.08.2002 und des Landgerichts Baden-Baden vom 10.07.2003 wegen unerlaubten Aufenthalts zu einer Geld- und einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Insoweit ergibt sich das Rechtschutzbedürfnis daraus, dass der Kläger einen Antrag auf Wiederaufnahme dieser Strafverfahren stellen und unter Hinweis auf das - bei rückwirkender Aufhebung der Ausweisung - auch in der Vergangenheit gegebene Freizügigkeitsrecht als Unionsbürger jeweils einen Freispruch erreichen möchte. Zwar wird nach der wohl herrschenden Auffassung (vgl. Meyer-Goßner, StPO, Kommentar, 50. Aufl. 2007, § 359 Rn. 17 und 21 m.w.N.) in der Rücknahme einer - die Strafbarkeit begründenden - Verwaltungsentscheidung kein Wiederaufnahmegrund nach § 359 StPO gesehen. Es reicht aber aus, dass der Erfolg des Wiederaufnahmeantrags im Strafverfahren und damit der Nutzen der vorliegenden Klage für den Kläger weder tatsächlich noch rechtlich außer Zweifel steht (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.04.2004 - 3 C 25/03 -, BVerwGE 121, 1 = DVBl 2004, 1184 = NVwZ-RR 2004, 855; Urt. v. 21.11.1996 - 4 C 13/95 -, NJW 1997, 1173 = BRS 58 Nr. 233). Dies ist der Fall. Zum einen wird die Auffassung des Klägers, dass die Aufhebung der Ausweisung einer Aufhebung eines Urteils und damit dem Wiederaufnahmegrund nach § 359 Nr. 4 StPO gleichzustellen oder zumindest als neue Tatsache im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO anzusehen ist, nicht nur in der Literatur, sondern auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geteilt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.08.1999 - 2 BvR 1322/97 -; Beschl. v. 23.05.1967 - 2 BvR 534/62 -, BVerfGE 22, 21 = NJW 1967, 1221; Schmidt in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Aufl. 2003, § 359 Rn. 15; Schenke, JR 1970, 449; zur vergleichbaren Regelung des § 580 Nr. 6 ZPO vgl. BGH Urt. v. 21.01.1988 - III ZR 252/86 -, BGHZ 103, 121 = NJW 1988, 1914; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Kommentar, 66. Aufl. 2008, § 580 Anm. 3 m.w.N.). Zum anderen ist die der herrschenden Auffassung zugrunde liegende Annahme, dass auch eine rückwirkende Aufhebung eines Verwaltungsakts die zuvor gegebene Strafbarkeit der Zuwiderhandlung gegen diesen nicht entfallen lässt (so ausdrücklich BGH, Beschl. v. 23.07.1969 - 4 StR 371/68 -, BGHSt 23, 86 = NJW 1969, 2023; OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.04.1977 - 3 Ss 107/77 -, JZ 1977, 478 = NJW 1978, 116) jedenfalls für die Ausweisung von - anderenfalls freizügigkeitsberechtigten - Unionsbürgern durchaus umstritten (zum Meinungsstand vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 06.12.2006 - 3 Ws 346/05 -, InfAuslR 2007, 118 m.w.N.).
II.
22 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.03.2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
23 
Das Klagebegehren, das sich maßgebend nicht nur aus der Formulierung des Antrags, sondern auch aus dem Vortrag des Klägers, insbesondere der Klagebegründung ergibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.07.1976 - IV C 15.76 - Buchholz 310 § 88 VwGO Nr. 5; Rennert in: Eyermann, VwGO, Kommentar, 12. Aufl. 2006, § 88 Rn. 8 m.w.N.), zielt auf die rückwirkende Aufhebung der Ausweisung. Das ist sowohl durch Rücknahme nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG als auch durch eine neue Sachentscheidung nach Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahrens, etwa gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG, möglich (zum Verhältnis von Rücknahme und Wiederaufgreifen des Verfahrens vgl. Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2005, § 25 Rn. 3; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 10. Aufl. 2008, § 51 Rn. 9; Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 7. Aufl. 2008, § 51 Rn. 30; Baumeister, VerwArch 92 (2001), 374 m.w.N.; anders allerdings wohl BVerwG, Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 21/07 -, BVerwGE 129, 243 = NVwZ 2008, 82 = DÖV 2008, 74 = InfAuslR 2008, 1, wonach das Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 LVwVfG der Rücknahme oder dem Widerruf vorgeschaltet sei; so auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. Aufl. 2006, § 11 Rn. 11).
24 
1. Der Kläger hat keinen Anspruch nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG darauf, dass seine Ausweisung vom 22.07.1997 rückwirkend zurückgenommen wird. Zwar ist die Rücknahme einer Ausweisung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG neben der – hier bereits erfolgten - Befristung ihrer gesetzlichen Wirkungen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 bis 6 AufenthG bzw. § 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 FreizügG/EU grundsätzlich möglich, solange die Ausweisung - wie hier - noch Regelungswirkungen äußert (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, InfAuslR 2008, 116 = NVwZ 2008, 326 = DÖV 2008, 329 = DVBl 2008, 189 = ZAR 2008, 140). Der Kläger und der Beklagte - und damit auch der Senat - sind jedoch nach § 121 Nr. 1 VwGO gehindert, von der Rechtswidrigkeit der Ausweisung i. S. des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG auszugehen.
25 
a) Zwar wurde die Ausweisung des freizügigkeitsberechtigten Klägers nach § 47 Abs. 1 AuslG i. V. m. § 12 Abs. 1 Satz 1 AufenthG/EWG verfügt, ohne dass der Beklagte das bei diesen Personen notwendige Ausweisungsermessen (hierzu BVerwG, Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297 = NVwZ 2005, 220 = DVBl. 2005, 122 = InfAuslR 2005, 18) betätigt hatte. Auch wurde die Rechtmäßigkeit der Ausweisung nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 20.11.1997 beurteilt und damit insbesondere die Entwicklung des Klägers bis zum Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1998 außer Betracht gelassen. Allerdings begründen diese Umstände für die Beteiligten keine Rechtswidrigkeit der Ausweisung i. S. d. § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG, weil sie aufgrund des abweisenden Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1998 - 11 K 4683/97 - davon ausgehen müssen, dass die Ausweisung rechtmäßig ist. Dies folgt aus § 121 Nr. 1 VwGO, wonach rechtskräftige Urteile die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist.
26 
Der Umfang der Bindungswirkung eines Urteils bestimmt sich nach der sich im Entscheidungssatz verkörpernden Schlussfolgerung des Gerichts aus der angewandten Rechtsnorm und dem festgestellten Lebenssachverhalt (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.05.1994 - 9 C 501/03 -, BVerwGE 96, 24 = DVBl 1994, 940 = DÖV 1994, 914 = NVwZ 1994, 1115 = VBlBW 1995, 8 m.w.N.). Dabei tritt die Bindungswirkung des Urteils nicht nur in den Fällen ein, in denen der identische Streitgegenstand erneut zur Entscheidung gestellt wird, sondern auch dann, wenn die rechtskräftige Zuerkennung oder Aberkennung eines prozessualen Anspruchs für einen anderen prozessualen Anspruch, der zwischen denselben Beteiligten streitig ist, vorgreiflich ist. Denn mit der Regelung des § 121 VwGO soll auch insoweit verhindert werden, dass die aus einem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge, über die in einem Urteil entschieden worden ist, bei unveränderter Sach- und Rechtslage erneut - mit der Gefahr unterschiedlicher Ergebnisse - zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben Beteiligten gemacht wird (BVerwG, Urt. v. 24.11.1998 - 9 C 53/97 -, BVerwGE 108, 30 = NVwZ 1999, 302 = DVBl. 1999, 544 = InfAuslR 1999, 143; Urt. v. 10.05.1994, a.a.O.). Eine Vorgreiflichkeit der rechtskräftigen Vorentscheidung ist immer dann gegeben, wenn sie nach dem Umfang ihrer Rechtskraft ein Element liefert, das nach den einschlägigen materiell-rechtlichen Normen des zweiten Rechtsstreits notwendig ist, um die in diesem Prozess beanspruchte Rechtsfolge zu begründen (BVerwG, Urt. v. 31.01.2002 - 2 C 7.01 -, BVerwGE 116, 1 = NVwZ 2002, 853 = DVBl. 2002, 1219 = DÖV 2002, 864).
27 
Da der Streitgegenstand des dem Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1998 - 11 K 4683/97 - zugrunde liegenden Verfahrens in der Rechtsbehauptung des Klägers besteht, dass die Ausweisung vom 22.07.1997 rechtswidrig ist und ihn in seinen Rechten verletzt (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2002, a.a.O.; Urt. v. 08.12.1992 - 1 C 12.92 -, BVerwGE 91, 256 = NVwZ 1993, 672 = DVBl. 1993, 258 = DÖV 1993, 718 = BayVBl 1993, 250; Rennert, a.a.O., § 121 Rn. 25 m.w.N.) und § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG gerade die Rechtswidrigkeit der Ausweisung voraussetzt, ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1998 für den Anspruch auf Rücknahme der Ausweisung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG vorgreiflich. Dementsprechend nimmt auch die in der Abweisung der Anfechtungsklage des Klägers liegende Feststellung in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1998 über die Rechtmäßigkeit der Ausweisung vom 22.07.1997 an der präjudiziellen Wirkung dieses Urteils für den Anspruch auf Rücknahme der Ausweisung teil. Zwar ergibt sich - anders als dies im Falle der Stattgabe in Bezug auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts der Fall ist - aus der Abweisung einer Anfechtungsklage nicht zwingend, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig ist. Vielmehr kann die Abweisung der Klage auch allein darin begründet sein, dass es an der Verletzung eines subjektiven Rechts oder gar an der Zulässigkeit der Klage fehlt. Dennoch ist es - trotz der damit gegebenen Notwendigkeit, den Umfang der Rechtskraft unter Heranziehung der die Abweisung der Klage tragenden Gründe zu bestimmen - anerkannt, dass sich die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts im Falle eines deshalb abweisenden Urteils nicht als bloße Vorfrage des Urteils darstellt, sondern an der Bindungswirkung eines abweisenden Urteils in einem Anfechtungsprozess teilhat (BVerwG, Beschl. v. 15.03.1968 - VII C 183.65 -, BVerwGE 29, 210 = GewArch 1969, 22; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 23.06.1988 - 2 BvR 260/88 -, NVwZ 1989, 141; BVerwG, Urt. v. 10.05.1994, a.a.O.; Urt. v. 28.07.1989 - 7 C 78/88 -, BVerwGE 82, 272 = DVBl. 1989, 1192 = NJW 1990, 199; Urt. v. 30.08.1988 - 9 C 47/87 -, NVwZ 1989, 161; ebenso Rennert, a.a.O., § 121 Rn. 27; Clausing, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, § 121 Rn. 80; a.A. Schenke, VwGO, Kommentar, 15. Aufl. 2007, § 121 Rn. 21 sowie Hößlein, VerwArch 98 (2007), 127, 150).
28 
b) Einer Erstreckung der in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1998 enthaltenen Feststellung über die Rechtmäßigkeit der Ausweisung auf das Verfahren auf Rücknahme der Ausweisung steht nicht entgegen, dass sich dieses klageabweisende Urteil unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH zur Rechtmäßigkeit der Ausweisung freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger (Urt. v. 29.04.2004 - C-482/01 und C-493/01 -, Slg. I-5257 = DVBl 2004, 876 = InfAuslR 2004, 268 = NVwZ 2004, 1099, ) sowie der hierauf basierenden Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. Urt. v. 03.08.2004, a.a.O.) nachträglich als unrichtig erweist. Denn die materielle Bindungswirkung des § 121 VwGO tritt grundsätzlich unabhängig davon ein, ob das rechtskräftige Urteil die Sach- und Rechtslage zutreffend gewürdigt hat oder nicht (BVerwG, Urt. v. 24.11.1998, a.a.O.; Urt. v. 08.12.1992, a.a.O.; Urt. v. 05.11.1985 - 6 C 22.84 -, NVwZ 1986, 293). Auch begründet eine spätere gerichtliche - auch höchstrichterliche - Klärung einer Sach- oder Rechtsfrage abweichend von dem früheren rechtskräftigen Urteil keine Änderung der Sach- oder Rechtslage, die eine Lösung von der Rechtskraftbindung rechtfertigen könnte (BVerwG, Urt. v. 31.07.2002 - 1 C 7/02 -, NVwZ 2003, Beilage Nr. I 1, 1; Urt. v. 18.09.2001, - 1 C 7/01 -, BVerwGE 115, 118 = DVBl. 2002, 343 = NVwZ 2002, 345 = DÖV 2002, 301 = InfAuslR 2002, 207). Dies ist auch im Gemeinschaftsrecht grundsätzlich anerkannt (EuGH, Urt. v. 16.03.2006 - C-234/04 -, , Slg. I-2585 = DVBl 2006, 569 = NJW 2006, 1577; Urt. v. 30.09.2003 - C-224/01 -, , Slg. I-10239 = NJW 2003, 3539 = DVBl 2003, 1516 = NVwZ 2004, 79; Urt. v. 01.06.1999 - C-126/97 -, , Slg. I-3055).
29 
Sofern der in Art. 10 EG verankerte Grundsatz der Zusammenarbeit die nationalen Behörden und Gerichte bei Vorliegen bestimmter Umstände verpflichtet, eine infolge einer innerstaatlichen Erschöpfung des Rechtswegs bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zu überprüfen, um einer später vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung einer einschlägigen Bestimmung des Gemeinschaftsrechts Rechnung zu tragen (EuGH, Urt. v. 12.02.2008, a.a.O. sowie Urt. v. 13.01.2004 - C-453/00 -, , Slg. I-837 = DVBl 2004, 373 = NVwZ 2004, 459 = InfAuslR 2004, 139 = DÖV 2004, 530), gilt diese Verpflichtung immer nur im Rahmen der insbesondere durch das nationale Prozessrecht bestimmten Grenzen der Auslegung einer Rechtsnorm (vgl. EuGH, Urt. v. 12.02.2008, a.a.O.; vgl. auch Urt. v. 07.06.2007 - C-222/05 u.a. -, , Slg. I-4233 sowie Urt. v. 14.12.1995 - C-430/93 -, , Slg. I-4705), sodass - ohne eine entsprechende Regelung im nationalen Recht - auch über eine solche Verpflichtung eine Einschränkung der Bindungswirkung des § 121 VwGO nicht erreicht werden kann.
30 
Eine solche Regelung des nationalen Rechts, über die die präjudizielle Bindungswirkung eines abweisenden Urteils - auf das Tatbestandsmerkmal der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts in § 48 Abs. 1 LVwVfG - entfallen würde, findet sich nicht in der anerkannten Befugnis einer Behörde, trotz der gerichtlichen Bestätigung eines Verwaltungsakts auf dessen Vollzug zu verzichten oder diesen Verwaltungsakt dennoch aufzuheben (zu dieser Befugnis vgl. BVerwG, Urt. v. 27.01.1994 - 2 C 12.92 -, BVerwGE 95, 86 = BayVBl. 1994, 632 = NVwZ 1995, 388; Urt. v. 08.12.1992, a.a.O., m.w.N.; Urt. v. 13.09.1984 - 2 C 22/83 -, BVerwGE 70, 110 = NJW 1985, 280 = DVBl. 1985, 527; Urt. v. 04.06.1970 - II C 39.68 -, BVerwGE 35, 234 = DÖV 1970, 821 = DVBl. 1971, 272; Rennert, a.a.O., Rn. 27; Clausing, a.a.O., § 121 Rn. 31; Nicolai in: Redecker/v.Oertzen, VwGO, Kommentar, 14. Aufl. 2004, § 121 Rn. 10a und b; Kilian in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 121 Rn. 70). Diese Befugnis wurde ursprünglich mit dem im Zivilprozess anerkannten Grundsatz begründet, dass ein Urteil immer nur zugunsten, nicht jedoch zu Ungunsten der obsiegenden Partei wirke, und einer im Anfechtungsprozess obsiegenden Behörde deshalb - ebenso wie der in einem Zivilrechtsstreit obsiegenden Partei - die Möglichkeit erhalten bleibe, sich außerprozessual abweichend von der rechtskräftigen Entscheidung zu verhalten. Danach bleibt die gesetzliche Bindungswirkung nach § 121 VwGO aber gerade unangetastet (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.06.1970, a.a.O.; Bachof, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht, Verfahrensrecht Bd. II, 1967 Nr. 206; Menger, VerwArch 49 (1958), 368, 373; Haueisen, NJW 1963, 1329, 1333; Bullinger, DÖV 1964, 381; vgl. auch Seibert, Die Bindungswirkung von Verwaltungsakten, 1988, S. 586 ff. sowie Clausing, a.a.O., § 121 Rn. 31). Nichts anderes gilt dann, wenn diese Befugnis der Behörde, zugunsten des unterlegenen Beteiligten von der gerichtlich bestätigten Entscheidung abzuweichen, aus den Regelungen zum Verwaltungsverfahren abgeleitet und damit - dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung entsprechend - auf eine notwendige (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.1988 - 2 BvR 260/88 -, NVwZ 1989, 141) gesetzliche Grundlage gestellt wird (so BVerwG, Urt. v. 13.09.1984, a.a.O. sowie insb. Urt. v. 28.07.1989 - 7 C 78/88 -, BVerwGE 82, 272 = DVBl. 1989, 1192 = NJW 1990, 199 = NVwZ 1990, 156; vgl. auch Maurer, JZ 1993, 574; Kopp/Kopp, NVwZ 1994, 1; Erfmeyer, DVBl. 1997, 27). Denn hiernach findet sie ihre normative Grundlage ausschließlich in den - von der Entscheidung nach § 48 Abs. 1 LVwVfG zu trennenden - Regelungen zum Wiederaufgreifen des Verfahrens, welches von vornherein nur zugunsten und auf Antrag des Betroffenen erfolgen kann (vgl. § 51 Abs. 1 LVwVfG) und - aufgrund der Bezogenheit auf eine neue Sachentscheidung - von der Bindungswirkung eines Urteils über den Erstbescheid nicht erfasst wird (hierzu BVerwG, Urt. v. 13.09.1984, v. 28.07.1989, v. 27.01.1994, jeweils a.a.O.; ebenso wohl Rennert, a.a.O., § 121 Rn. 33 f.).
31 
Der Auffassung, die Behörde sei im Rahmen des § 48 Abs. 1 LVwVfG hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts von der - und sei es präjudiziellen - Bindungswirkung des rechtskräftigen Urteils suspendiert, sofern sie eine belastende Verfügung aufheben wolle (vgl. etwa Sachs, a.a.O., § 48 Rn. 51; Meyer in: Knack, VwVfG, 8. Aufl. 2003, § 48 Rn. 57; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 10. Aufl. 2008, § 48 Rn. 16; ebenso wohl Ziekow, VwVfG, 2006, § 48 Rn. 12), kann indes nicht gefolgt werden. Denn § 48 Abs. 1 LVwVfG differenziert hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts nicht danach, ob dessen Rücknahme zugunsten oder zulasten des Betroffenen erfolgt. Die Anerkennung einer normativ geregelten Abweichung von der Bindungswirkung des § 121 VwGO müsste anderenfalls auch zu der – abzulehnenden - Ermächtigung führen, einen gerichtlich bestätigten, aber nachträglich als rechtswidrig erkannten Verwaltungsakt auch zulasten des betroffenen Adressaten aufzuheben (so etwa Erfmeyer, a.a.O.; Maurer, a.a.O.; ähnlich auch Kopp/Kopp, a.a.O.).
32 
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die Ausweisung durch eine neue Sachentscheidung nach Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahrens unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben für die Ausweisung freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger sowie der tatsächlichen Entwicklung des Klägers aufhebt.
33 
a) Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 LVwVfG.
34 
Nach dieser Regelung hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn bestimmte Wiederaufgreifensgründe zu einer dem Betroffenen begünstigenden Sachentscheidung geführt hätten. Solche Wiederaufgreifensgründe sind indessen nicht gegeben. Insbesondere liegt in der Änderung der Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Ausweisung freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger, wie sie sich in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.08.2004 (- 1 C 30 .02 -, BVerwGE 121, 297) manifestiert, keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG. Gleiches gilt für die - vom Kläger geltend gemachte - Verschärfung der Anforderungen des Art. 8 Abs. 2 EMRK an die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung von faktischen Inländern in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - (InfAuslR 2007, 275 = ZAR 2007, 243 = NVwZ 2007, 946 = AuAS 2007, 242) und gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, etwa in dem Urteil vom 27.10.2005 (Individualbeschwerde Nr. 32231/02 - Keles ./. Deutschland, InfAuslR 2006, 3 = FamRZ 2006, 1351).
35 
Wenngleich § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG insoweit weiter gefasst ist als § 49 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG, wo von einer Änderung der Rechtsvorschrift die Rede ist, so gilt auch hier, dass es sich um Änderungen des materiellen Rechts, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt, handeln muss. Dem entspricht die Änderung der Rechtsprechung - mit Ausnahme der über die Rechtsprechung dokumentierten Änderung von Gewohnheitsrecht oder allgemeiner Rechtsauffassungen (hierzu Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 51 Rn. 30) - deshalb nicht, weil sich die gerichtliche Entscheidungsfindung stets in der rechtlichen Würdigung eines Sachverhalts am Maßstab der vorgegebenen Rechtsordnung erschöpft (BVerwG, Beschl. v. 03.05.1996 - 6 B 82/95 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 366; Beschl. v. 24.05.1995 - 1 B 60.95 -, InfAuslR 1995, 355 = NVwZ 1995, 1097 = Buchholz 316 § 51 Nr. 32; Beschl. v. 16.02.1993 - 9 B 241.92 - Buchholz 316 § 51 Nr. 29; Beschl. v. 25.05.1981 - 8 B 89/80 und 93/80 - NJW 1981, 2595 = Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 9, jeweils zur Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung; vgl. auch Urt. v. 27.01.1994, a.a.O.; Urt. v. 08.12.1992, a.a.O. m.w.N.). Dies ist für die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte anerkannt (BVerwG, Beschl. v. 24.05.1995, a.a.O.; Beschl. v. 04.10.1993 - 6 B 35.93 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 319), gilt aber auch für die hier letztlich maßgebliche Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, der mit seinem Urteil vom 29.04.2004 (C-482/01 und C-493/01 -, , Slg. I-5257 = DVBl 2004, 876 = InfAuslR 2004, 268 = NVwZ 2004, 1099) die Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Maßstäben für die Ausweisung freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger erst veranlasst hat. Denn die Rechtsprechung dieses Gerichtshofs ist auch nach dessen Selbstverständnis ebenfalls nur rein deklaratorischer Natur (vgl. hierzu etwa EuGH, Urt. v. 12.02.2008 - C-2/06 -, , NJW 2008, 1212 = DÖV 2008, 505 m.w.N.).
36 
Angesichts des eindeutigen Wortlauts und des grundsätzlich abschließenden Charakters dieser Regelung kann die Einbeziehung der Rechtsprechungsänderung in den Wiederaufgreifensgrund des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG auch nicht - ausnahmsweise - über die in Art. 10 EG verankerte Verpflichtung der nationalen Behörden und Gerichte begründet werden, bei Vorliegen bestimmter Umstände, eine infolge einer innerstaatlichen Erschöpfung des Rechtswegs bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zu überprüfen, um einer später vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung einer einschlägigen Bestimmung des Gemeinschaftsrechts Rechnung zu tragen (vgl. EuGH, Urt. v. 12.02.2008, a.a.O. sowie Urt. v. 13.01.2004, a.a.O.). Abgesehen davon besteht für eine solche Einbeziehung auch unter dem Gesichtspunkt des gemeinschaftsrechtlichen Effektivitätsgrundsatzes kein Bedürfnis.
37 
Eine Behörde ist nämlich auch dann, wenn kein Wiederaufgreifensgrund i. S. des § 51 Abs. 1 LVwVfG vorliegt, befugt, ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen zugunsten des Betroffenen wiederaufzugreifen, um unter Aufhebung oder Abänderung des Erstbescheids eine neue Sachentscheidung zu treffen (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.09.2000 - 2 C 5/99 -, BayVBl 2001, 216 = DVBl. 2001, 726; Beschl. v. 23.02.2004 - 5 B 104/03 -, juris; Beschl. v. 25.05.1981 - 8 B 89.80 -, NJW 1981, 2595 = Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 9 m.w.N; ebenso Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 51 VI 2 b), S. 602; so wohl auch Rennert, a.a.O., § 121 Rn. 34). Ein solche Befugnis war bereits vor Inkrafttreten der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder als ungeschriebener Rechtsgrundsatz des Verwaltungsverfahrensrechts anerkannt (vgl. BVerfG, Entsch. v. 17.12.1969 - 2 BvR 23/65 -, BVerfGE 27, 297 = DVBl. 1970, 270 = DÖV 1970, 231; BVerwG, Urt. v. 16.12.1971 - I C 31.68 -, BVerwGE 39, 197 = DÖV 1972, 419 = DVBl. 1972, 388; Urt. v. 30.01.1974 - VIII C 20.72 -, BVerwGE 44, 333; Urt. v. 28.07.1976 - 8 C 90.75 - Buchholz 412.3 § 16 Nr. 2; Urt. v. 14.12.1977 - 8 C 79.76 - Buchholz 316 § 36 Nr. 1) und wurde weder über die Regelung des § 51 LVwVfG noch über die neben dem Wiederaufgreifen des Verfahrens bestehenden Regelungen über die Rücknahme und den Widerruf eines Verwaltungsakts nach §§ 48, 49 LVwVfG verdrängt. Insofern ist die Kodifizierung der ungeschriebenen Rechtsgrundsätze des Verwaltungsverfahrens nur unvollständig und nicht abschließend erfolgt (hierzu auch Selmer, JuS 1987, 363, 366). Anders als unter Zugrundelegung der vom Senat nicht geteilten gegenteiligen Auffassung, die ein Wiederaufgreifen des Verfahrens außerhalb des § 51 LVwVfG allein nach den §§ 48, 49 LVwVfG für zulässig hält (etwa BVerwG, Beschl. v. 29.03.1999 - 1 DB 7/97 -, BVerwGE 113, 322 = DVBl. 1999, 931 = NVwZ 2000, 202; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 31.01.1989 - 9 S 1141/88 -, DVBl. 1989, 884 = NVwZ 1989, 882; Ruffert, a.a.O., § 25 IV Rn. 12; Ziekow, a.a.O., § 51 Rn. 27; Sachs, a.a.O., § 51 Rn. 16; speziell zur Überprüfung gemeinschaftsrechtswidriger Verwaltungsakte auch Britz/Richter, JuS 2005, 198), steht dieser Anspruch auch nicht im Konflikt mit der bundesrechtlichen Regelung zur Rechtskraft eines verwaltungsgerichtlichen Urteils über die Rechtmäßigkeit dieses Erstbescheids (hierzu BVerwG, Urt. v. 27.01.1994, - 2 C 12.92 - und Urt. v. 08.12.1992 - 1 C 12.92 -, jeweils a.a.O. m.w.N). Als unrichtig erkannte belastende Verwaltungsakte können bei Vorliegen eines - gemeinschaftsrechtlichen - Wiederaufgreifensgrundes daher trotz der Abweisung einer hiergegen gerichteten Anfechtungsklage auch rückwirkend aufgehoben oder durch eine gemeinschaftsrechtskonforme Regelung ersetzt werden. Hiermit wird auch der Verpflichtung Rechnung getragen, eine gemeinschaftsrechtlich notwendige Korrektur einer Regelung im Rahmen der Auslegung des nationalen Verfahrensrechts zu ermöglichen (zu dieser Verpflichtung vgl. EuGH, Urt. v. 13.03.2007 - C-432 -, , Slg. I-2271 = BayVBl 2007, 589 = NJW 2007, 3555 sowie Potacs, in: Bröhmer u.a., Internationale Gemeinschaft und Menschenrechte, Festschrift für Georg Ress, 2005, S. 729 und Gärditz, NWVBl 2006, 441).
38 
b) Allerdings kann der Kläger das Wiederaufgreifen des Verfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde - außerhalb des Anwendungsbereichs von § 51 Abs. 1 LVwVfG - mit dem Ziel einer erneuten Sachentscheidung über seine Ausweisung und damit auch eine Rücknahme der Ausweisung auf diesem Weg nicht (mehr) beanspruchen.
39 
Der Beklagte hat eine solche erneute Sachentscheidung über die Ausweisung des Klägers mit Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.03.2005 abgelehnt, ohne dass er hierbei die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte (vgl. § 114 Satz 1 VwGO).
40 
aa) Der Bescheid vom 17.03.2005 ist sowohl in seinem Tenor als auch in der Begründung ausdrücklich auf die Ablehnung eines Antrags auf „Wiederaufgreifen des Verfahrens“ bezogen. Dabei begründet es keinen nach § 114 Satz 1 VwGO relevanten Ermessensfehler, dass die Behörde ihre Ablehnung zunächst unter anderem mit der - sachlich unrichtigen Einlassung - begründet hat, die Ausweisung sei rechtmäßig. Denn der Beklagte hat die materielle Rechtswidrigkeit der Ausweisung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zugestanden und daraufhin die Ermessenserwägungen der Ablehnungsentscheidung gemäß § 114 Satz 2 VwGO mit dem Hinweis auf die Erfolglosigkeit der Klage gegen diese Ausweisung in zulässiger Weise ergänzt (zum Ergänzen von Ermessenserwägungen vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 114 Rn. 50; Rennert, a.a.O., § 114 Rn. 89 und Wolff in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 114 Rn. 208).
41 
bb) In der Form dieser Ergänzung begegnet die Ablehnung des Wiederaufgreifens des Verfahrens und der neuen Sachentscheidung über die Ausweisung des Klägers zunächst keinen gemeinschaftsrechtlichen Bedenken. Denn die Voraussetzungen für eine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung des Beklagten, die infolge der innerstaatlichen Erschöpfung des Rechtswegs bestandskräftige, aber materiell gemeinschaftsrechtswidrige Ausweisungsentscheidung zu überprüfen (zu dieser Pflicht vgl. EuGH, Urt. v. 13.01.2004 - C-453/00 -, a.a.O.; Urt. v. 12.02.2008 - C-2/06, , a.a.O. sowie Weiß, DÖV 2008, 477; Pache/Bielitz, DVBl 2006, 325; Britz/Richter, a.a.O.), liegen nicht vor.
42 
Zwar hat der Kläger mit der Stellung seines - erfolglosen - Antrags auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1998 den ihm nach nationalem Recht gegen die Ausweisung eröffneten Rechtsweg ausgeschöpft. Auch beruht das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1998 auf einer unrichtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts. Denn das Verwaltungsgericht hätte die Ausweisung sowie den sie bestätigenden Widerspruchsbescheid schon deshalb aufheben müssen, weil die Ausweisung unter Verstoß gegen Art. 39 EG und Art. 3 RL 64/221/EWG ohne Ermessen als zwingende Rechtsfolge verfügt worden war; außerdem hätte es die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde legen müssen. Insofern ist unerheblich, ob die Ausweisung hätte rechtsfehlerfrei nach Ermessen ausgesprochen werden können oder ob die Ausweisung - wie der Kläger vorgetragen hat - in jedem Fall gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstoßen hätte. Schließlich hat der Kläger mit seinem Rücknahmeantrag den letztlich maßgeblichen Wiederaufgreifensgrund der Änderung der Rechtsprechung zur Rechtmäßigkeit der Ausweisung von freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern auch zeitnah geltend gemacht. Jedoch hat der Senat bei der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung nicht gegen die Verpflichtung aus Art. 234 Abs. 3 EG zur Einholung einer Vorabentscheidung verstoßen. Denn der Senat war in diesem konkreten Verfahren weder berechtigt noch verpflichtet, die Vereinbarkeit des § 47 AuslG i. V. m. § 12 AufenthG/EWG mit Art. 39 EG und Art. 3 RL 64/221/EWG sowie die Frage der maßgeblichen Sach- und Rechtslage für die gerichtliche Überprüfung der Ausweisung eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers zu prüfen. Vielmehr war er nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO an die vom Kläger dargelegten Zulassungsgründe gebunden, die sich gerade nicht auf diese Rechtsfragen bezogen (zur Maßgeblichkeit der nach nationalem Recht zu bestimmenden Prüfungspflicht vgl. EuGH, Urt. v. 12.02.2008 - C-2/06, , a.a.O).
43 
Von dem Erfordernis des pflichtwidrig unterlassenen Vorabentscheidungsersuchens ist auch nicht deshalb abzusehen, weil die Anwendbarkeit des § 47 AuslG i.v.m. § 12 AufenthG/EWG auf die Ausweisung eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers ebenso wie die Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage bei Erlass der letzten Behördenentscheidung zum Zeitpunkt des Antrags auf Zulassung der Berufung durch die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt schien und deshalb eine entsprechende Rüge im Zulassungsantrag voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte (zur damaligen Rechtsprechung vergleiche etwa BVerwG, Beschl. v. 29.09.1993 - 1 B 62.93 - Buchholz 402.240 § 48 AuslG 1990 Nr. 3; Urt. v. 27.10.1978 - 1 C 91.76 - BVerwGE 57, 61 und Urt. v. 11.06.1996 - 1 C 24.94 - BVerwGE 101, 247). Zwar dürften die Voraussetzungen für die Verpflichtung einer Behörde zur Berücksichtigung einer späteren Klärung einer gemeinschaftsrechtlichen Rechtsfrage durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in den Fällen, in denen die Verwaltungsentscheidung durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bestätigt worden ist, mit den in den Rechtssachen "Kühne und Heitz" sowie "Kempter" formulierten Kriterien noch nicht in jeder Hinsicht abschießend bestimmt sein (vgl. Britz/Richter, a.a.O.; Frenz, DVBl. 2004, 374, 376). Allerdings erkennt das Gemeinschaftsrecht die Rechtskraft von gemeinschaftsrechtswidrigen Gerichtsentscheidungen grundsätzlich an (EuGH, Urt. v. 16.03.2006 - C-234/04 -, , Slg. I-2585 = DVBl 2006, 569 = NJW 2006, 1577; Urt. v. 30.09.2003 - C-224/01 -, , Slg. I-10239 = NJW 2003, 3539 = DVBl 2003, 1516 = NVwZ 2004, 79; Urt. v. 01.06.1999 - C-126/97 -, , Slg. I-3055) und fordert - außerhalb der nach nationalem Recht gegebenen Möglichkeiten einer Abweichung - eine Durchbrechung der Rechtskraft bislang allein bei einer Verletzung der Vorlagepflicht nach Art. 234 Abs. 3 EG (hierzu insb. Urt. v. 30.09.2003, a.a.O.; Ruffert, JZ 2004, 620, 621). Darüber hinaus ist es anerkannt, dass der Effektivitätsgrundsatz insoweit stets durch die nationalen prozessualen Regelungen zum Prüfungsumfang der zur Entscheidung befugten Gerichte beschränkt ist (EuGH, Urt. v. 07.06.2007 - C-222/05 u.a. -, , Slg. I-4233 sowie Urt. v. 14.12.1995 - C-430/93 -, , Slg. I-4705).
44 
cc) Die Ablehnung des Wiederaufgreifens des Verfahrens und damit auch einer Rücknahme der Ausweisung aufgrund neuer Sachentscheidung hält sich zudem in den Grenzen des nationalen Rechts.
45 
Eine Behörde handelt grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie eine erneute Sachentscheidung unter Hinweis auf die rechtskräftige gerichtliche Bestätigung ihrer Verwaltungsentscheidung ablehnt. Insoweit bedarf es regelmäßig keiner weiteren ins Einzelne gehenden Ermessenserwägungen. Ausnahmen bestehen nur dann, wenn im Einzelfall Umstände von einer den in § 51 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 VwVfG geregelten Fällen vergleichbaren Bedeutung und Gewicht vorliegen und die Aufrechterhaltung des Erstbescheides auch unter Berücksichtigung der Rechtskraft des diesen bestätigenden Urteils schlechthin unerträglich wäre (BVerwG, Urt. v. 27.01.1994, a.a.O., m.w.N.). Solche Umstände liegen hier jedoch nicht vor.
46 
Es besteht keine allgemeine Verwaltungspraxis, gegenüber der sich die Ablehnung des Wiederaufgreifens des Verfahrens als gleichheitswidrig erweisen würde. Vielmehr ist für den Beklagten maßgeblich, eine solche Verwaltungspraxis mit Blick auf den dann verbundenen Verwaltungsaufwand gerade zu vermeiden. Auch erscheint die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit der Ausweisung und die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1998 nicht vor dem Hintergrund der hiermit für den Kläger verbundenen Belastungen als treu- oder sittenwidrig. Denn die gesetzlichen Wirkungen der Ausweisung sind auf den 23.02.2005 befristet worden, so dass der Kläger seitdem wieder ohne weitere Einschränkung nach Maßgabe des § 2 FreizügG/EU ins Bundesgebiet einreisen und sich dort aufhalten darf. Da sich der Kläger nach seiner Ausreise im Dezember 1998 bis heute überwiegend in Italien und Frankreich aufgehalten hat, führt die Verweigerung der in der Sache begehrten rückwirkenden Aufhebung der Ausweisung auch nicht dazu, dass dem Kläger eine über die Begründung eines verlängerten rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet verbesserte aufenthaltsrechtliche Stellung vorenthalten würde. Soweit dem Kläger über die Ablehnung des Wiederaufgreifens des Ausweisungsverfahrens die Möglichkeit genommen wird, mit einem - auf die Aufhebung der Ausweisung gestützten - Wiederaufnahmeantrag nach § 359 Nr. 4 oder 5 StPO in den mit rechtskräftigen Urteilen des Amtsgerichts Raststatt vom 08.08.2002 und des Landgerichts Baden-Baden vom 10.07.2003 abgeschlossenen Strafverfahren wegen unerlaubten Aufenthalts einen Freispruch zu erreichen, ist dies für ihn schon deshalb nicht schlechthin unerträglich, weil der Erfolg eines solchen Antrags durchaus nicht sicher ist und die strafgerichtliche Verurteilungen des Klägers nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihres Ergehens zu Recht erfolgt sind. Schließlich ist die Aufrechterhaltung der Ausweisung auch nicht deshalb schlechthin unerträglich, weil die Ausweisung und das sie bestätigende Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe offensichtlich rechtswidrig wären. Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit in diesem Sinne ist dann gegeben, wenn an dem Verstoß der streitigen Maßnahme gegen formelles oder materielles Recht vernünftigerweise kein Zweifel besteht und sich deshalb die Rechtswidrigkeit aufdrängt. Hierbei ist maßgeblich auf den Zeitpunkt des Erlasses des die Ausweisung bestätigenden Urteils abzustellen. Eine spätere Klärung der Rechtsfrage und die damit eintretende Evidenz desselben bleiben außer Betracht (zur vergleichbaren Konstellation der Verpflichtung zur Rücknahme eines Verwaltungsakts nach § 48 Abs. 1 LVwVfG vgl. BVerwG Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, AuAS 2008, 28 = InfAuslR 2008, 116 = NVwZ 2008, 326 = DÖV 2008, 329 = DVBl 2008, 189; Urt. v. 17.01.2007 - 6 C 32.06 -, NVwZ 2007, 709; Beschl. v. 07.07.2004 - 6 C 24/03 -, BVerwGE 121, 226, 229 ff. m.w.N.). Zu dem damit erheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe am 17.02.1998 war die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit einer auf § 47 AuslG gestützten und damit ohne umfassende Ermessensentscheidung ausgesprochenen Ausweisung eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers ebenso wenig evident wie die Notwendigkeit, die Rechtmäßigkeit der Ausweisung nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts zu beurteilen. Vielmehr bestand eine ausdrücklich gegenteilige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Beschl. v. 29.09.1993, a.a.O.; Urt. v. 11.06.1996, a.a.O.), die erst mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.08.2004 (- 1 C 30/02 -, a.a.O.) aufgegeben wurde.
III.
47 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Senat sieht nach Ermessen davon ab, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, denn sie wirft die bisher höchstrichterlich noch nicht geklärte und für die Weiterentwicklung des Rechts bedeutsame Frage auf, ob die Bindung der Beteiligten nach § 121 VwGO an ein rechtskräftiges Urteil eines Verwaltungsgerichts, mit dem die Anfechtungsklage gegen einen belastenden Verwaltungsakt abgewiesen wurde, der Anwendbarkeit des § 48 Abs.1 Satz 1 (L)VwVfG entgegensteht.
48 
Beschluss vom 09.05.2008
        
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf
        
5.000,-- EUR
        
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Apr. 2008 - 11 S 759/06

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Apr. 2008 - 11 S 759/06

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Apr. 2008 - 11 S 759/06 zitiert 23 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 51 Wiederaufgreifen des Verfahrens


(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn 1. sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen g

Zivilprozessordnung - ZPO | § 580 Restitutionsklage


Die Restitutionsklage findet statt:1.wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;2.wenn eine Urkunde, auf die das Urteil

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 121


Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,1.die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und2.im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Strafprozeßordnung - StPO | § 153 Absehen von der Verfolgung bei Geringfügigkeit


(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 12 Geltungsbereich; Nebenbestimmungen


(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt. (2) Das Visum und die Aufenthalt

Strafprozeßordnung - StPO | § 359 Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten


Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig, 1. wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;2. wenn der Ze

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Apr. 2008 - 11 S 759/06 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 28. Juni 2007 - 13 S 1045/07

bei uns veröffentlicht am 28.06.2007

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. September 2006 - 9 K 2997/05 - wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Apr. 2008 - 11 S 759/06.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 04. Nov. 2009 - 11 S 2472/08

bei uns veröffentlicht am 04.11.2009

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 13. Juni 2008 - 5 K 1766/06 - geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidiums Freiburg vom 27. September 2006 verp

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 25. März 2009 - 2 K 1638/08

bei uns veröffentlicht am 25.03.2009

Tenor Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 7.8.2008 verpflichtet, dem Kläger in Ergänzung der Genehmigung des Oberschulamts Freiburg vom 15.9.1995 eine Genehmigung zum Betrieb der

Referenzen

(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. September 2006 - 9 K 2997/05 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist italienischer Staatsangehöriger und im Jahre 1942 in Italien geboren; er ist Vater von acht erwachsenen Kindern, von denen vier in der Bundesrepublik Deutschland leben. Er zog im Jahre 1967 zur Arbeitsaufnahme ohne seine Familie in die Bundesrepublik Deutschland, wo er sich bis zu seiner Ausweisung aufhielt. Während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik ging der Kläger verschiedenen abhängigen Berufstätigkeiten nach, teilweise war er auch selbständig, u.a. als Eisverkäufer, tätig. Seit dem 1.6.2007 bezieht der Kläger eine Regelaltersrente in Höhe von monatlich 187,57 EUR. Für seinen Aufenthalt in der Bundesrepublik verfügte der Kläger ursprünglich über eine mehrmalig verlängerte befristete Aufenthaltserlaubnis, anschließend über eine befristete Aufenthaltserlaubnis-EG, welche zuletzt bis zum 8.9.1999 gültig war. Nach seiner Haftentlassung beantragte der Kläger am 12.4.2000 die Verlängerung der ihm zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis-EG.
Seit dem Jahre 1974 wurde der Kläger im Bundesgebiet mehrfach straffällig und verurteilt. Es handelt sich u.a um mehrere Diebstahlsdelikte, Beleidigung, fahrlässige Körperverletzung, Verkehrsunfallflucht sowie um einen Verstoß gegen das Lebensmittelgesetz. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 21.10.1982 wurde der Kläger wegen versuchter beabsichtigter schwerer Körperverletzung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Diese Strafe verbüßte der Kläger ab dem 1.6.1982 bis zum 2/3-Zeitpunkt, danach wurde die Reststrafe zunächst zur Bewährung ausgesetzt und nach erfolgter Bewährung erlassen. Mit Urteil vom 21.12.1998 (rechtskräftig seit dem 29.12.1998) verurteilte das Amtsgericht Heilbronn den Kläger wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten, die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt. Der Kläger wurde zum 2/3-Zeitpunkt aus dem Strafvollzug entlassen, nachdem die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Tübingen mit Beschluss vom 21.12.1999 den Strafrest zur Bewährung aussetzte. Bereits nach der Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren wegen versuchter beabsichtigter schwerer Körperverletzung durch das Landgericht Stuttgart wies die Landeshauptstadt Stuttgart den Kläger mit Bescheid vom 6.8.1986 aus dem Bundesgebiet aus. Im Widerspruchsverfahren wurde ein Vergleich abgeschlossen, wonach er nicht abgeschoben und die Wirkung der Ausweisung befristet werde, soweit er Nachweise über ein straffreies Leben beibringen könne.
Mit Bescheid vom 29.5.2000 wies das Regierungspräsidium Stuttgart - Bezirksstelle für Asyl - den Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs aus dem Bundesgebiet aus, lehnte seinen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis-EG bzw. auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung ebenfalls unter Anordnung des Sofortvollzugs ab und drohte ihm die Abschiebung aus der Haft heraus nach Italien an. Dabei ging das Regierungspräsidium davon aus, dass die von dem Kläger begangenen und rechtskräftig abgeurteilten Straftaten einen Grund der öffentlichen Ordnung im Sinne des damals geltenden § 12 Abs. 1 AufenthG/EWG darstellten, welcher die Ausweisung des Klägers rechtfertige. Die Ausweisung erfolge nicht allein wegen einer strafrechtlichen Verurteilung, sondern wegen der hohen Gefährlichkeit des Klägers, die sich an seinen bisherigen Straftaten, insbesondere seinen Gewaltstraftaten gezeigt habe. Der Ausweisung stehe die Schutzbestimmung des § 12 Abs. 4 AufenthG/EWG nicht entgegen, da sie wegen der Häufigkeit und zuletzt der Schwere der Straftaten sowie einer konkret festgestellten Wiederholungsgefahr verfügt werde. Deswegen seien die nationalen Ausweisungsvorschriften gemäß § 45 ff. AuslG anwendbar. Aufgrund der Verurteilung durch das Amtsgericht Heilbronn vom 21.12.1998 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten habe der Kläger den Regelausweisungstatbestand des § 47 Abs. 2 Nr. 1 AuslG verwirklicht. Der Kläger genieße weder nach § 48 Abs. 1 noch gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 AufenthG/EWG besonderen Ausweisungsschutz, da er insbesondere nicht über die erforderliche unbefristete Aufenthaltserlaubnis-EWG verfüge. Da kein besonderer Ausweisungsschutz gemäß § 48 Abs. 1 AuslG bestehe, werde die Regel-Ausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 1 AuslG nicht gemäß § 47 Abs. 3 Satz 2 AuslG zu einer Ermessens-Ausweisung herabgestuft; es verbleibe bei der Regelwirkung des § 47 Abs. 2 AuslG. Eine atypische Sonderkonstellation, die ein Absehen von dieser Regelwirkung ermögliche, sei im Falle des Klägers nicht gegeben; insbesondere stelle die lange Dauer des Aufenthalts keine derartige atypische Situation dar. Selbst falls die Voraussetzungen für eine Regelausweisung nicht vorlägen, werde die Ausweisung nach Ermessen verfügt.
Nach Entlassung aus der Strafhaft und Erlass der Ausweisung, welche vom Kläger nicht angefochten wurde, reiste er nach seinen eigenen Angaben am 8.10.2000 nach Italien aus, kehrte jedoch im Frühjahr 2004 in die Bundesrepublik Deutschland zurück. Er wurde daraufhin festgenommen und am 22.9.2004 nach Italien abgeschoben, worauf er nach seinen eigenen Angaben am 1.4.2005 erneut in die Bundesrepublik Deutschland einreiste.
Der Kläger beantragte am 15.4.2005 die Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 sowie die Bestätigung, dass diese Verfügung unwirksam sei. Er machte geltend, dass diese Ausweisungsverfügung entgegen der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als Regelausweisung im Sinne von § 47 AuslG verfügt worden sei, so dass eine Rücknahmeverpflichtung bestehe.
Mit Bescheid vom 8.9.2005 lehnte das Regierungspräsidium Stuttgart den Antrag auf Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 LVwVfG für den Erlass einer die Ausweisungsverfügung betreffenden Rücknahmeverfügung lägen nicht vor. Die Ausweisungsverfügung sei rechtmäßig ; sie sei in zulässiger Weise als rein spezialpräventiv begründete Maßnahme verfügt worden und habe den Anforderungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts, insbesondere auch dem in § 12 AufenthG/EWG statuierten besonderen Ausweisungsschutz, genügt. Zwar sei die Ausweisungsverfügung auf der Grundlage des § 47 Abs. 2 AuslG als Regelausweisung verfügt worden, das Regierungspräsidium habe bei ihrem Erlass jedoch zumindest hilfsweise Ermessen ausgeübt, auch sei eine erhebliche konkrete Wiederholungsgefahr festgestellt worden. Mit Bescheid vom 26.9.2005 befristete das Regierungspräsidium Stuttgart die Sperrwirkungen der Ausweisung auf diesen Tag.
Auf die am 13.9.2005 beim Verwaltungsgericht erhobene Klage, mit der der Kläger beantragt hat,
den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 8.9.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 zurückzunehmen,
hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 29.9.2006 - 9 K 2997/05 -den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 8.9.2005 verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. In den Entscheidungsgründen hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Beklagte sei in seinem versagenden Bescheid vom 8.9.2005 zu Unrecht von der Rechtmäßigkeit der Ausweisung des Klägers ausgegangen und habe deshalb unzutreffender Weise das Vorliegen einer Rücknahmemöglichkeit verneint. Das Gericht gehe mit dem Beklagten zwar davon aus, dass die Ausweisung nicht aus materiell-rechtlichen Gründen zu beanstanden sei. Insbesondere habe der Beklagte den Kläger nicht allein auf der Grundlage der Regelwirkung des § 47 Abs. 2 AuslG in Anknüpfung an die abgeurteilten Straftaten ausgewiesen. Vielmehr habe er hilfsweise eine reine Ermessensentscheidung getroffen, die nach Auffassung des Verwaltungsgerichts auch bei Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht zu beanstanden sei. Gegen das Ergebnis der Ermessensentscheidung wende der Kläger zu Unrecht ein, die Ausweisung verstoße gegen Art. 28 Abs. 3a der RL 2004/38/EG. Diese Richtlinie habe zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt, nämlich dem des Eintritts der Unanfechtbarkeit der Ausweisungsverfügung, noch gar nicht existiert, so dass sie keine Anwendung beanspruchen könne. Die Ausweisung sei auch nicht deshalb materiell-rechtlich zu beanstanden, weil der dort geprüfte § 12 AufenthG/EWG nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 27.4.2006 (Rs C-441/02, InfAuslR 2006, 295) gegen Gemeinschaftsrecht verstoße. Zwar habe der Gerichtshof in dieser Entscheidung tatsächlich einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht darin festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland in § 12 AufenthG/EWG die vom Gemeinschaftsrecht für die Beschränkung der Freizügigkeit aufgestellten Voraussetzungen nicht hinreichend umgesetzt habe. Diese Feststellung habe entgegen der Meinung des Klägers aber nicht zur Folge, dass sämtliche unter Geltung der Vorschrift ergangenen Ausweisungen gegen Unionsbürger allein deshalb rechtswidrig wären, weil bei ihnen zwingend die Voraussetzungen des § 12 AufenthG/EWG zu prüfen gewesen seien. Die Ausweisung vom 29.5.2000 sei jedoch in formeller Hinsicht rechtswidrig, da sie gegen die gemeinschaftsrechtliche Verfahrennorm des Art. 9 Abs. 1 der RL 64/221/EWG verstoßen habe. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und der ihr folgenden Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 13.9.2005 - 1 C 7.04 - und vom 16.10.2005 - 1 C 5.04 -) werde in Ausweisungsverfahren gegen Unionsbürger und assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige außer in dringenden Fällen gegen die Verfahrensgarantie des Art. 9 Abs. 1 RL 64/221/EWG verstoßen, wenn weder ein Widerspruchsverfahren stattfinde noch sonst eine unabhängige zweite zuständige Stelle im Sinne der Richtlinie im Verwaltungsverfahren eingeschaltet worden sei. Hieraus folge, dass nach der in Baden-Württemberg erfolgten Abschaffung des behördlichen Vorverfahrens bei von den Regierungspräsidien verfügten Ausweisungen die gemeinschaftsrechtlich geforderte Einschaltung einer unabhängigen zweiten Stelle neben der Ausländerbehörde nicht gewährleistet gewesen sei. Da ein dringender Fall im Sinne des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie im Falle des Klägers zweifellos nicht vorgelegen habe, sei die Ausweisung wegen Verstoßes gegen diese Verfahrensvorschrift unheilbar nichtig.
10 
Dem Kläger stehe trotz der Rechtswidrigkeit der gegen ihn ergangenen Ausweisung vom 29.5.2000 lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über deren Rücknahme, nicht jedoch ein unbedingter Rücknahmeanspruch zu. Gemäß § 48 Abs. 1 LVwVfG stehe die Entscheidung über die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, so dass ein gebundener Anspruch auf Rücknahme lediglich im Falle einer Ermessensreduzierung auf Null gegeben sei. Eine solche komme lediglich unter einschränkenden Voraussetzungen, etwa im Hinblick auf Art. 3 GG im Falle einer Selbstbindung der Behörde oder, wenn Europäisches Gemeinschaftsrecht betroffen sei, aus Gründen des gemeinschaftsrechtlichen Effizienzgebots in Betracht. Beide Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Dadurch, dass der Beklagte die Wirkungen der Ausweisung mit Bescheid vom 26.9.2005 auf dieses Datum befristet habe, genieße der Kläger zum gegenwärtigen Zeitpunkt wieder volle Freizügigkeit, sodass weder von einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Klägers auszugehen sei noch das gemeinschaftsrechtliche Effizienzgebot die Rücknahme der Ausweisung zwingend gebiete. Auch der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lasse sich nichts für eine gebotene Ermessensreduzierung auf Null entnehmen.
11 
Mit Beschluss vom 3.5.2007 (Zustellung an den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 9.5.2007) hat der Senat dem Kläger gegen die Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt und die Berufung zugelassen. Mit dem am 16.5.2007 eingegangenen Berufungsbegründungsschriftsatz, der auch auf das Vorbringen im Zulassungsverfahren Bezug genommen hat, beantragt der Kläger,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29.9.2006 abzuändern und den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 8.9.2005 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 zurückzunehmen.
13 
Zur Begründung des Berufungsantrags trägt der Kläger vor, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 lediglich gegen formelles Recht verstoße und habe deshalb den geltend gemachten unbedingten Rücknahmeanspruch abgelehnt. Die Ausweisung sei auf die Bestimmung des § 12 AufenthG/EWG gestützt worden, welche der Europäische Gerichtshof als gemeinschaftsrechtswidrig eingestuft habe. Diese Bestimmung überhöhe die Bedeutung formaler Kriterien für den Ausweisungsschutz und schenke der Aufenthaltsdauer zu geringe Bedeutung, was dazu geführt habe, dass in seinem Falle kein besonderer Ausweisungsschutz angenommen worden sei. Auch habe der Beklagte bei Erlass der Ausweisung dem Umstand, dass seine Verurteilung zur Bewährung ausgesetzt worden sei, nicht die nötige Beachtung geschenkt und in rechtswidriger Weise die Strafakten nicht beigezogen bzw. den Vollstreckungsverlauf nicht in seine Prognoseentscheidung einbezogen. Ferner habe die Ausweisung gegen die Schutzbestimmung des Art. 28 Abs. 3a der RL 2004/38/EWG verstoßen, wonach nach einem über zehnjährigen Inlandsaufenthalt die Ausweisung eines Unionsbürgers nur noch aus Gründen der Sicherheit des Staates zuzulassen sei. Die unbefristet verfügte Ausweisung verstoße gegen Art. 8 EMRK, da nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs eine Rechtspflicht bestehe, schon bei Erlass einer in Art. 8 EMRK eingreifenden Verfügung deren Befristung mit zu prüfen. Gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßende Verfügungen dürften nicht vollstreckt werden, insoweit gleiche der Sachverhalt demjenigen der Vollsteckung verfassungswidriger zivilrechtlicher Gerichtsentscheidungen. Die von dem Beklagten vorgenommene Befristung der Ausweisung stelle bereits deshalb keine Alternative zur zwingend gebotenen Rücknahme seiner Ausweisung dar, weil er aufgrund des zu niedrigen Rentenbezugs keinen gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf Zuzug in das Bundesgebiet habe.
14 
Der Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Zur Begründung trägt er vor, die von dem Kläger als grundsätzlich aufgeworfene Rechtsfrage, ob der formalrechtliche Verstoß gegen die Verfahrensgarantie des Art. 9 RL 64/221/EWG eine Rücknahme der Ausweisung gebiete, sei in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits entschieden worden. Auf gemeinschaftsrechtlicher Grundlage bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lediglich dann ein unbedingter Anspruch auf Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts, wenn bei dessen Erlass die Rechtswidrigkeit offen zu Tage getreten sei, wovon im gegenständlichen Fall nicht ausgegangen werden könne. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung im Mai 2000 habe ein offensichtlicher Rechtsverstoß gegen Art. 9 RL 64/221/EWG nicht vorgelegen, da nach einhelliger Auffassung zu diesem Zeitpunkt von einem dringenden Fall im Sinne der Richtlinie auszugehen gewesen sei, wenn die Ausländerbehörde den Sofortvollzug der Maßnahme angeordnet habe.
17 
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
18 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart sowie der unteren Ausländerbehörde (2 Band) vor. Auf diese Akten wird ebenso wie auf die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts verwiesen; diese Akten waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

 
19 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Berufung des Klägers entscheiden, da beide Beteiligte auf mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
20 
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig begründete Berufung (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte, über die vom Verwaltungsgericht Stuttgart bereits mit Urteil vom 29.9.2006 rechtskräftig ausgesprochene Bescheidungsverpflichtung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hinausgehende unbedingte Rücknahmeanspruch nicht zu (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
Dem Kläger steht nach wie vor ein Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm begehrte Rücknahme der Ausweisungsverfügung mit ex-tunc-Wirkung zu, obwohl der Beklagte nunmehr die Sperrwirkungen der Ausweisung mit Bescheid vom 26.9.2005 auf diesen Tag befristet hat. Ein Interesse des Klägers an der rückwirkenden Aufhebung der Ausweisung ergibt sich bereits daraus, dass zahlreiche Vorschriften an den ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt eines Ausländers positive Rechtsfolgen anknüpfen, so etwa der in § 10 StAG statuierte Anspruch auf Einbürgerung oder die besonderen Ausweisungsschutz vermittelnde europarechtliche Bestimmung des Art. 28 Abs. 3a der RL 2004/38/EG.
22 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht für die im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG entscheidungserhebliche Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der mangels Klageerhebung bestandskräftig gewordenen Ausweisung des Klägers auf den Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung am 29.5.2000 abgestellt; da der Kläger jedenfalls zu diesem Zeitpunkt freizügigkeitsberechtigt war, konnte offenbleiben, inwieweit eine erst später eintretende Rechtswidrigkeit ein Rücknahmeverfahren eröffnen kann (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.10.2004 - 1 C 13.03 -, NVwZ-RR 2005, 341; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.9.2001 - 8 S 461/01 -, VBlBW 2002, 208, 209).
23 
 Der Senat kann ferner offenlassen, ob die Ausweisungsverfügung gegen den Kläger nicht nur - wie vom Verwaltungsgericht inzident angenommen - aus formellen Gründen wegen einem Verstoß gegen Art. 9 RL 64/221/EWG als rechtswidrig anzusehen ist, sondern ob auch ein Verstoß gegen materielles Gemeinschaftsrecht vorliegt. Nicht zu folgen vermag der Senat freilich der Annahme des Klägers, es hätten im Wege der sogenannten Vorwirkung bereits bei Erlass der Ausweisungsverfügung im Jahre 2000 die materiellen Voraussetzungen der weitaus später in Kraft getretenen RL 2004/38/EG gegolten. Die Umsetzungsfrist der erst am 29.4.2004 erlassenen Richtlinie lief gemäß deren Art. 28 Abs. 2 und Art. 40 Abs. 1 erst am 30.4.2006 ab, Rückwirkung kann ihr nicht beigemessen werden (vgl. hierzu ausführlich Beschluss des Niedersächsischen OVG vom 30.5.2006 - 11 LA 147/05 - NVwZ 2006, 1302). Unabhängig hiervon steht dem Kläger selbst in dem Fall, dass seine Ausweisung auch gegen materiell-rechtliche Bestimmungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts verstoßen haben sollte, lediglich der vom Verwaltungsgericht zugesprochene Bescheidungsanspruch, nicht jedoch ein unbedingter Anspruch auf Rücknahme seiner Ausweisung zu. Weder nationales Recht (1.) noch Gemeinschaftsrecht (2.) oder sonstiges höherrangiges Recht (3.) gebieten es im vorliegenden Fall dem beklagten Land, die gegen den Kläger ergangene Ausweisungsverfügung zurückzunehmen; auch besteht kein zwingender Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG (4.).
24 
1. Nach nationalem Recht räumt § 48 Abs. 1 LVwVfG dem Antragsteller lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich der Entscheidung über die Ausübung der Rücknahmebefugnis ein (vgl. hierzu ausführlich m.w.N. Urteil des Senats vom 24.1.2007 - 13 S 4516 - InfAuslR 2007,182). Ein Rechtsanspruch auf Rücknahme kommt nur dann in Betracht, wenn das Ermessen der Behörde angesichts der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles auf Null reduziert wäre. Eine derartige Reduktion des Ermessens ist regelmäßig nur dann zu bejahen, wenn ein Aufrechterhalten des ursprünglichen Verwaltungsakts unerträglich wäre bzw. für den Betroffenen unzumutbare Folgen hätte (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.3.2005 - 3 B 86/04 -, DÖV 2005, 651 m.w.N.). Insbesondere erscheint die Aufrechterhaltung der Ausweisungsverfügung auch nicht deswegen im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung als „schlechthin unerträglich“, weil die zur Annahme der Rechtswidrigkeit führende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den bei der Ausweisung von freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern zu beachtenden formellen Anforderungen, insbesondere gemäß Art. 9 der RL 64/221/EWG, erst Jahre nach dem Erlass der Ausweisungsverfügung entwickelt wurde. Auch erscheint es nicht schlechterdings unerträglich, den Kläger zur Beseitigung der Sperrwirkungen der Ausweisung gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf die - nunmehr erfolgte - nachträgliche Befristung zu verweisen. Ferner ergibt sich eine Ermessensreduzierung nicht aus dem Verhalten der Behörde selbst oder daraus, dass das Rücknahmeinteresse des Betroffenen eindeutig und offensichtlich schwerer wiegen würde als das öffentliche Interesse an einer Rücknahme. Im übrigen kann in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger die gegen ihn ergangene Ausweisungsverfügung mangels Klageerhebung bestandskräftig werden ließ.
25 
Der Kläger kann die Rücknahme der gegen ihn ergangenen Ausweisungsverfügung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der (deklaratorischen) Aufhebung einer unwirksamen oder unwirksam gewordenen Verfügung erreichen. Zwar ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei einem unwirksamen - oder: wie hier allenfalls unwirksam gewordenen -Verwaltungsakt eine klarstellende behördliche Rücknahme des Verwaltungsakts möglich und aus Gründen der Beseitigung des Rechtsscheins gegebenenfalls auch erforderlich sein kann (vgl. hierzu Bay. VGH, Urteil vom 12.10.1989 - 26 B 86.02944 -, NVwZ-RR 1991, 117; Hess. VGH, Urteil vom 29.3.2006 - 6 UE 2874/04 - juris; Urteil des Senats vom 24.1.2007, a.a.O.). Dahingestellt kann bleiben, ob der Kläger bei der gebotenen sachdienlichen Auslegung (§§ 86 Abs. 3, 88 VwGO) nicht nur einen denkbaren Rücknahmeanspruch nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wegen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, sondern auch wegen etwaiger Unwirksamkeit der Ausweisung gestellt hat. Denn die Voraussetzungen eines solches „Rücknahme“-Anspruchs sind nämlich nicht gegeben.
26 
Bei Erlass der Ausweisungsverfügung und auch in der Folgezeit bis zum Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes/EU lag kein Grund für die Annahme von Unwirksamkeit (siehe § 43 Abs. 1 und 2 LVwVfG) oder gar von Nichtigkeit (§ 43 Abs. 3 i.V.m. § 44 LVwVfG) der Ausweisungsverfügung vor; dies liegt für den Senat auf der Hand und bedarf keiner näheren Ausführungen. Wie der Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 24.1.2007 (- 13 S 451/06 -; a.a.O.) im einzelnen näher dargelegt hat und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, sind jedenfalls bestandskräftig gewordene Ausweisungsverfügungen auch nicht durch Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes zum 1.1.2005 unwirksam geworden.
27 
2. Auch europäisches Gemeinschaftsrecht verpflichtet den Beklagten nicht zur Rücknahme der Ausweisungsverfügung. Wie der Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 24.1.2007 (13 S 451/06) unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des EuGH darstellt, begründet Gemeinschaftsrecht in Fällen der vorliegenden Art keinen unbedingten Rücknahmeanspruch. Vielmehr sind vom nationalen Recht vorgesehene Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung - mit der Folge der Bestandskraft bei Nichteinhaltung dieser Fristen - grundsätzlich auch mit Gemeinschaftsrecht vereinbar, weil sie ein Anwendungsfall des auch für das Gemeinschaftsrecht grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit sind. Selbst bei einem Verstoß gegen materielles Europarecht ist danach eine Rücknahme nicht schlechterdings geboten, vielmehr besteht lediglich eine gemeinschaftsrechtliche Prüfungs- oder Rücknahmepflicht in dem Rahmen, den auch das nationale Recht vorsieht (vgl. Urteil des Senats vom 24.1.2007, a.a.O.; umfassend Rennert, DVBl. 2004, 400; Ruffert, JZ 2007, 407). Bereits oben ist ausgeführt worden, dass unter dem Gesichtspunkt des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG die Aufrechterhaltung der gegen den Kläger ergangenen Ausweisung nicht „schlechterdings unerträglich“ ist, eine Rücknahmepflicht insoweit also nicht besteht, und diese Überlegungen gelten auch im hier interessierenden Zusammenhang. Der Verzicht des Klägers auf Rechtsbehelfe und die Tatsache, dass der Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht keineswegs offensichtlich war, steht auch hier der der Annahme einer unbedingten Rechtsverpflichtung zur Rücknahme entgegen. Von besonderer Gravität oder gar (zusätzlicher) Offensichtlichkeit eines Gemeinschaftsrechtsverstoßes kann unter diesen Gesichtspunkten ohnehin nicht ausgegangen werden. Da der Kläger nach der Ausweisungsverfügung nicht mehr im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war und das Bundesgebiet sogar vom Oktober 2000 bis zum August 2004 und erneut von September 2004 bis April 2005 für lange Zeit verlassen hatte, ist auch nicht ersichtlich, dass die Anwendung des nationalen Verfahrensrechts bei der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts zu entscheidenden Wirkungsverlusten oder gar zur Umgehung des Gemeinschaftsrechts führen würde. Im übrigen ist jedenfalls dem sekundären Gemeinschaftsrecht die Aufspaltung in Verlust des Freizügigkeitsrechts einerseits und nachfolgende Befristung dieser Wirkung andererseits nicht fremd. So sieht Art. 32 Abs. 1 der RL 2004/38/EG vor, dass ein Unionsbürger, der sein Aufenthaltsrecht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verloren hat, einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots unter Hinweis auf veränderte Umstände stellen kann. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger - wie von ihm vorgetragen - zum derzeitigen Zeitpunkt aufgrund seines niedrigen Rentenbezugs einen gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf Zuzug in das Bundesgebiet hat oder nicht. Eine hieran etwa scheiternde Freizügigkeitsberechtigung des Klägers ist nicht Folge der Ausweisung, deren Sperrwirkungen gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG von der Beklagten wie dargestellt befristet worden sind. Wie der Europäischen Gerichtshof in seinem Urteil vom 7.9.2004 (C 456/02 - Trojani -, Rn 36, InfAuslR 2004, 417) zu den „Beschränkungen und Bedingungen“ der Freizügigkeit im Sinne des Art. 18 Abs. 1 EG ausgeführt hat, erwächst dem Unionsbürger bei Fehlen ausreichender Existenzmittel im Sinne der RL 90/364/EWG kein Recht zum Aufenthalt; diese Formulierung legt den Schluss zumindest nahe, dass bei Nichterfüllung dieser Beschränkungen und Bedingungen die Unionsbürgerschaft allein keine Freizügigkeitsberechtigung vermittelt.
28 
3. Entgegen der Annahme des Klägers begründen auch die Bestimmungen der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl. 1952 II, 696, 953/19542, S. 14) keinen unbedingten Anspruch auf Rücknahme der gegen ihn ergangenen Ausweisungsverfügung. Zum einen verstößt die Ausweisung nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (3.1), zum anderen begründet ein etwaiger Verstoß gegen die materiellen Schutzbestimmungen der EMRK nicht in jedem Falle ein entsprechendes Vollstreckungsverbot und vor allem nicht einen hiermit korrespondierenden unbedingten Rücknahmeanspruch (3.2).
29 
3.1. Nicht zu folgen vermag der Senat der Annahme des Klägers, wonach die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 bereits deshalb gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt, weil nicht zeitgleich bei ihrem Erlass über eine Befristung der Ausweisungswirkungen entschieden wurde. Der Senat hält an seiner - dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannten -Rechtsprechung fest, dass das Aufenthaltsgesetzt, das eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung nur auf Antrag vorsieht, weder zu Art. 8 EMRK noch zu der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Widerspruch steht und die Ausländerbehörde deshalb eine Ausweisungsverfügung erlassen darf, ohne zugleich von Amts wegen über eine Befristung zu entscheiden. Den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) lässt sich weder entnehmen, dass die Befristungsentscheidung stets zusammen mit der Ausweisungsentscheidung getroffen werden muss noch dass die Befristung nicht von einem entsprechenden Antrag abhängig gemacht werden darf. Eine - durch die Ausweisung mit zunächst unbefristeter Sperrwirkung möglicherweise ausgelöste - unverhältnismäßige Einschränkung der persönlichen Lebensführung des Ausländers wird dadurch verhindert, dass der Ausländer für den Regelfall einen Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung, insbesondere des Einreise- und Aufenthaltsverbots, hat. Denn der EGMR betont stets, dass es sich um eine Entscheidung im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Umstände handelt (vgl. m.w.N. Beschluss des Senats vom 20.3.2007 - 13 S 850/06 -). Auch dem vom Kläger lediglich in englischer Sprache vorgelegten Urteil des EGMR vom 22.3.2007 - 1638/03 -(Maslov) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen; vielmehr bestätigt der Gerichtshof in dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung, wonach eine umfassende Einzelfallbetrachtung und Abwägung geboten ist, wobei einer etwa erfolgten Befristung nicht unerhebliches Gewicht zukommt. Der Fall des Klägers unterscheidet sich dabei bereits in Anbetracht der zahlreichen von ihm begangenen Straftaten gegen unterschiedliche Rechtsgüter und vor allem auch der Tatsache, dass sich der Kläger weder durch die Verurteilung des Landgerichts Stuttgart vom 21.10.1998 zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe noch durch deren nachfolgende teilweise Verbüßung von der Abhaltung weiterer, gegen die körperliche Unversehrtheit gerichteter Straftaten abhalten ließ, von den vom EGMR explizit beurteilten Fällen (13/10). Auch das Bundesverfassungsgericht geht im übrigen entgegen der Annahme des Klägers nicht davon aus, dass die Sperrwirkungen einer Ausweisung aufgrund der Bestimmung des Art. 8 Abs. 1 EMRK in jedem Falle zeitgleich mit deren Erlass befristet werden müssten. Vielmehr führt das Bundesverfassungsgericht in seinem den Beteiligten bekannten Beschluss vom 10.5.2007 (2 BvR 304/07) aus, dass die Befristung der Ausweisungswirkungen nur eines von mehreren Kriterien im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist (vgl. insbesondere S. 17 des Beschlussumdrucks). Auch die von dem Kläger angeführte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.7.1979 (1 BvR 650/77) bestätigt seine Rechtsauffassung nicht. Die Entscheidung hebt lediglich auf die Bedeutung einer etwaigen Befristung für die Verhältnismäßigkeit der Ausweisungsverfügung ab, ohne dass sich ihr Anhaltshaltspunkte dafür entnehmen ließen, dass - wie vom Kläger angenommen - über die Befristung stets zeitgleich und unabhängig von einem Antrag mit der Verfügung der Ausweisung zu befinden wäre.
30 
3.2 Im übrigen begründet ein etwaiger Verstoß der Ausweisungsverfügung gegen materielle Bestimmungen der EMRK keinen unbedingten Rücknahmeanspruch, vielmehr stellt ein derartiger Verstoß lediglich einen Gesichtspunkt dar, welcher in die nach nationalen Recht zu treffende Ermessensentscheidung über die Rücknahme gemäß § 48 Abs. 1 LVwVfG einzustellen ist. Dem etwaigen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, die aufgrund der Zustimmung des Bundesgesetzgebers mit förmlichem Gesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 GG innerstaatlich im Range eines Bundesgesetzes gilt (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04 -, NJW 2004, 3407), kommt dabei keine weitergehende Wirkung zu als einem Verstoß gegen sonstiges materielles nationales Recht oder gar einem Grundrechtsverstoß. Vielmehr folgt aus dieser Rangzuweisung, dass die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihrer Zusatzprotokolle - soweit sie für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten sein -nach der Normenhierarchie keine gegenüber sonstigem Bundesrecht übergeordnete Wirkung entfalten. Nach dieser Rangzuweisung haben vielmehr deutsche Gerichte und Verwaltungsbehörden die Konvention wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden. Aufgrund der weitgehenden Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes sind dabei sowohl dieses als auch das übrige staatliche Recht nach Möglichkeit so auszulegen, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands und damit auch mit den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention in der Gestalt, welche diese in der maßgeblichen Rechtsprechung des EGMR gefunden hat, vermieden wird (vgl. hierzu ausführlich BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004, a.a.O. und vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 - NVwZ 2004, 852; Meyer-Ladewig, Europäische Menschenrechtskonvention, Handkommentar, 2. Aufl., Rn 20 ff. zu Art 46 m.w.N.). Die über das Zustimmungsgesetz ausgelöste Berücksichtigung der Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Entscheidungen des Gerichtshofs erfordert dabei zumindest, dass die entsprechenden Texte und Judikate zur Kenntnis genommen werden und in den Willensbildungsprozess des zu einer Entscheidung berufenen Gerichts, der zuständigen Behörde oder des Gesetzgebers einfließen. Liegt der Konventionsverstoß in dem Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts, so hat die zuständige Behörde die Möglichkeit, diesen nach den Regelungen des nationalen Verwaltungsverfahrensrechts aufzuheben (vgl. § 48 LVwVfG), eine entsprechende unbedingte Verpflichtung der Behörde lässt sich weder den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention noch der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EGMR entnehmen. Auch der von dem Kläger zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Vielmehr führt das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 6.12.2005 (1 BvR 1905/02, DVBl. 2006, 267) ausdrücklich aus, dass sich aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen des § 79 Abs. 1, 2 BVerfGG und insbesondere aus Satz 4 von § 79 Abs. 2 BVerfGG der allgemeine Rechtsgedanke ableiten lasse, dass einerseits zwar unanfechtbar gewordene Akte der öffentlichen Gewalt, die auf verfassungswidriger Grundlage zustande gekommen sind, nicht rückwirkend aufgehoben und die nachteiligen Wirkungen, die in der Vergangenheit von ihnen ausgegangen sind, nicht beseitigt werden, andererseits jedoch zukünftige Folgen, die sich aus einer zwangsweisen Durchsetzung verfassungswidrig ergangener Entscheidungen ergeben würden, abgewendet werden sollen. Diesem § 79 Abs. 2 BVerfGG zugrundeliegenden Rechtsgedanken lässt sich allenfalls ein Vollstreckungsverbot von Maßnahmen, welche gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen, entnehmen, nicht jedoch ein unbedingter Normanwendungsbefehl zur Rücknahme bereits vollstreckter Maßnahmen, wie sie hier die vollzogene Ausweisung darstellt.
31 
4. Dem Kläger steht jedenfalls in der Sache kein Anspruch auf - unbedingtes - Wiederaufgreifen des Verfahrens im Sinne von § 51 Abs. 1 LVwVfG zu. Dahingestellt kann deshalb bleiben, ob dem anwaltlich vertretenen Kläger überhaupt das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für dessen Durchsetzung zusteht, nachdem er sowohl bei der Behörde als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausdrücklich einen Rücknahmeantrag gestellt hat. Insbesondere liegen die Voraussetzungen eines Wiederaufgreifens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG nicht vor. Danach ist das Verfahren u.a. wieder aufzugreifen, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat. Eine Änderung der Rechtslage im Sinne des Bestimmung ist nur dann anzunehmen, wenn es sich um eine Änderung im Bereich des materiellen Rechts, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt, handelt. Dementsprechend kann eine gerichtliche Spruchpraxis keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG bewirken (vgl. hierzu BVerwG, Vorlagebeschluss vom 7.7.2004 - 6 C 24/03 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9.11.2004 - 11 S 2771/03 -, juris). Mithin rechtfertigen die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 3.8.2004 (- 1 C 29.02 -, BVerwGE 121, 315 bzw. - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297) eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG nicht. Zwar kann die Behörde im Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen auch dann wieder aufgreifen und über einen durch unanfechtbaren Verwaltungsakt beschiedenen materiell-rechtlichen Anspruch erneut sachlich entscheiden, wenn die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen im engeren Sinne nach § 51 Abs. 1 LVwVfG nicht vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 - 2 C 5/99 -, DVBl. 2001, 726; vgl. § 51 Abs. 5 LVwVfG. Allerdings räumt diese Vorschrift dem Kläger lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensentscheidung der Behörde über ein Wiederaufgreifen des Verfahrens ein; eine Ermessensreduzierung auf Null mit der Folge, dass die Behörde zur Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 verpflichtet wäre, besteht aus den oben dargestellten Gründen nicht.
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
33 
Die Revision war zuzulassen, da insbesondere die Frage der Wirksamkeit sogenannter altrechtlicher Ausweisungsverfügungen gegen Unionsbürger in der obergerichtlichen Rechtsprechung strittig und noch nicht höchstrichterlich geklärt ist (siehe § 132 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
34 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 152 Abs. 2 GKG).

Gründe

 
19 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Berufung des Klägers entscheiden, da beide Beteiligte auf mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
20 
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig begründete Berufung (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte, über die vom Verwaltungsgericht Stuttgart bereits mit Urteil vom 29.9.2006 rechtskräftig ausgesprochene Bescheidungsverpflichtung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hinausgehende unbedingte Rücknahmeanspruch nicht zu (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
Dem Kläger steht nach wie vor ein Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm begehrte Rücknahme der Ausweisungsverfügung mit ex-tunc-Wirkung zu, obwohl der Beklagte nunmehr die Sperrwirkungen der Ausweisung mit Bescheid vom 26.9.2005 auf diesen Tag befristet hat. Ein Interesse des Klägers an der rückwirkenden Aufhebung der Ausweisung ergibt sich bereits daraus, dass zahlreiche Vorschriften an den ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt eines Ausländers positive Rechtsfolgen anknüpfen, so etwa der in § 10 StAG statuierte Anspruch auf Einbürgerung oder die besonderen Ausweisungsschutz vermittelnde europarechtliche Bestimmung des Art. 28 Abs. 3a der RL 2004/38/EG.
22 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht für die im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG entscheidungserhebliche Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der mangels Klageerhebung bestandskräftig gewordenen Ausweisung des Klägers auf den Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung am 29.5.2000 abgestellt; da der Kläger jedenfalls zu diesem Zeitpunkt freizügigkeitsberechtigt war, konnte offenbleiben, inwieweit eine erst später eintretende Rechtswidrigkeit ein Rücknahmeverfahren eröffnen kann (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.10.2004 - 1 C 13.03 -, NVwZ-RR 2005, 341; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.9.2001 - 8 S 461/01 -, VBlBW 2002, 208, 209).
23 
 Der Senat kann ferner offenlassen, ob die Ausweisungsverfügung gegen den Kläger nicht nur - wie vom Verwaltungsgericht inzident angenommen - aus formellen Gründen wegen einem Verstoß gegen Art. 9 RL 64/221/EWG als rechtswidrig anzusehen ist, sondern ob auch ein Verstoß gegen materielles Gemeinschaftsrecht vorliegt. Nicht zu folgen vermag der Senat freilich der Annahme des Klägers, es hätten im Wege der sogenannten Vorwirkung bereits bei Erlass der Ausweisungsverfügung im Jahre 2000 die materiellen Voraussetzungen der weitaus später in Kraft getretenen RL 2004/38/EG gegolten. Die Umsetzungsfrist der erst am 29.4.2004 erlassenen Richtlinie lief gemäß deren Art. 28 Abs. 2 und Art. 40 Abs. 1 erst am 30.4.2006 ab, Rückwirkung kann ihr nicht beigemessen werden (vgl. hierzu ausführlich Beschluss des Niedersächsischen OVG vom 30.5.2006 - 11 LA 147/05 - NVwZ 2006, 1302). Unabhängig hiervon steht dem Kläger selbst in dem Fall, dass seine Ausweisung auch gegen materiell-rechtliche Bestimmungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts verstoßen haben sollte, lediglich der vom Verwaltungsgericht zugesprochene Bescheidungsanspruch, nicht jedoch ein unbedingter Anspruch auf Rücknahme seiner Ausweisung zu. Weder nationales Recht (1.) noch Gemeinschaftsrecht (2.) oder sonstiges höherrangiges Recht (3.) gebieten es im vorliegenden Fall dem beklagten Land, die gegen den Kläger ergangene Ausweisungsverfügung zurückzunehmen; auch besteht kein zwingender Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG (4.).
24 
1. Nach nationalem Recht räumt § 48 Abs. 1 LVwVfG dem Antragsteller lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich der Entscheidung über die Ausübung der Rücknahmebefugnis ein (vgl. hierzu ausführlich m.w.N. Urteil des Senats vom 24.1.2007 - 13 S 4516 - InfAuslR 2007,182). Ein Rechtsanspruch auf Rücknahme kommt nur dann in Betracht, wenn das Ermessen der Behörde angesichts der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles auf Null reduziert wäre. Eine derartige Reduktion des Ermessens ist regelmäßig nur dann zu bejahen, wenn ein Aufrechterhalten des ursprünglichen Verwaltungsakts unerträglich wäre bzw. für den Betroffenen unzumutbare Folgen hätte (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.3.2005 - 3 B 86/04 -, DÖV 2005, 651 m.w.N.). Insbesondere erscheint die Aufrechterhaltung der Ausweisungsverfügung auch nicht deswegen im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung als „schlechthin unerträglich“, weil die zur Annahme der Rechtswidrigkeit führende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den bei der Ausweisung von freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern zu beachtenden formellen Anforderungen, insbesondere gemäß Art. 9 der RL 64/221/EWG, erst Jahre nach dem Erlass der Ausweisungsverfügung entwickelt wurde. Auch erscheint es nicht schlechterdings unerträglich, den Kläger zur Beseitigung der Sperrwirkungen der Ausweisung gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf die - nunmehr erfolgte - nachträgliche Befristung zu verweisen. Ferner ergibt sich eine Ermessensreduzierung nicht aus dem Verhalten der Behörde selbst oder daraus, dass das Rücknahmeinteresse des Betroffenen eindeutig und offensichtlich schwerer wiegen würde als das öffentliche Interesse an einer Rücknahme. Im übrigen kann in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger die gegen ihn ergangene Ausweisungsverfügung mangels Klageerhebung bestandskräftig werden ließ.
25 
Der Kläger kann die Rücknahme der gegen ihn ergangenen Ausweisungsverfügung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der (deklaratorischen) Aufhebung einer unwirksamen oder unwirksam gewordenen Verfügung erreichen. Zwar ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei einem unwirksamen - oder: wie hier allenfalls unwirksam gewordenen -Verwaltungsakt eine klarstellende behördliche Rücknahme des Verwaltungsakts möglich und aus Gründen der Beseitigung des Rechtsscheins gegebenenfalls auch erforderlich sein kann (vgl. hierzu Bay. VGH, Urteil vom 12.10.1989 - 26 B 86.02944 -, NVwZ-RR 1991, 117; Hess. VGH, Urteil vom 29.3.2006 - 6 UE 2874/04 - juris; Urteil des Senats vom 24.1.2007, a.a.O.). Dahingestellt kann bleiben, ob der Kläger bei der gebotenen sachdienlichen Auslegung (§§ 86 Abs. 3, 88 VwGO) nicht nur einen denkbaren Rücknahmeanspruch nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wegen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, sondern auch wegen etwaiger Unwirksamkeit der Ausweisung gestellt hat. Denn die Voraussetzungen eines solches „Rücknahme“-Anspruchs sind nämlich nicht gegeben.
26 
Bei Erlass der Ausweisungsverfügung und auch in der Folgezeit bis zum Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes/EU lag kein Grund für die Annahme von Unwirksamkeit (siehe § 43 Abs. 1 und 2 LVwVfG) oder gar von Nichtigkeit (§ 43 Abs. 3 i.V.m. § 44 LVwVfG) der Ausweisungsverfügung vor; dies liegt für den Senat auf der Hand und bedarf keiner näheren Ausführungen. Wie der Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 24.1.2007 (- 13 S 451/06 -; a.a.O.) im einzelnen näher dargelegt hat und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, sind jedenfalls bestandskräftig gewordene Ausweisungsverfügungen auch nicht durch Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes zum 1.1.2005 unwirksam geworden.
27 
2. Auch europäisches Gemeinschaftsrecht verpflichtet den Beklagten nicht zur Rücknahme der Ausweisungsverfügung. Wie der Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 24.1.2007 (13 S 451/06) unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des EuGH darstellt, begründet Gemeinschaftsrecht in Fällen der vorliegenden Art keinen unbedingten Rücknahmeanspruch. Vielmehr sind vom nationalen Recht vorgesehene Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung - mit der Folge der Bestandskraft bei Nichteinhaltung dieser Fristen - grundsätzlich auch mit Gemeinschaftsrecht vereinbar, weil sie ein Anwendungsfall des auch für das Gemeinschaftsrecht grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit sind. Selbst bei einem Verstoß gegen materielles Europarecht ist danach eine Rücknahme nicht schlechterdings geboten, vielmehr besteht lediglich eine gemeinschaftsrechtliche Prüfungs- oder Rücknahmepflicht in dem Rahmen, den auch das nationale Recht vorsieht (vgl. Urteil des Senats vom 24.1.2007, a.a.O.; umfassend Rennert, DVBl. 2004, 400; Ruffert, JZ 2007, 407). Bereits oben ist ausgeführt worden, dass unter dem Gesichtspunkt des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG die Aufrechterhaltung der gegen den Kläger ergangenen Ausweisung nicht „schlechterdings unerträglich“ ist, eine Rücknahmepflicht insoweit also nicht besteht, und diese Überlegungen gelten auch im hier interessierenden Zusammenhang. Der Verzicht des Klägers auf Rechtsbehelfe und die Tatsache, dass der Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht keineswegs offensichtlich war, steht auch hier der der Annahme einer unbedingten Rechtsverpflichtung zur Rücknahme entgegen. Von besonderer Gravität oder gar (zusätzlicher) Offensichtlichkeit eines Gemeinschaftsrechtsverstoßes kann unter diesen Gesichtspunkten ohnehin nicht ausgegangen werden. Da der Kläger nach der Ausweisungsverfügung nicht mehr im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war und das Bundesgebiet sogar vom Oktober 2000 bis zum August 2004 und erneut von September 2004 bis April 2005 für lange Zeit verlassen hatte, ist auch nicht ersichtlich, dass die Anwendung des nationalen Verfahrensrechts bei der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts zu entscheidenden Wirkungsverlusten oder gar zur Umgehung des Gemeinschaftsrechts führen würde. Im übrigen ist jedenfalls dem sekundären Gemeinschaftsrecht die Aufspaltung in Verlust des Freizügigkeitsrechts einerseits und nachfolgende Befristung dieser Wirkung andererseits nicht fremd. So sieht Art. 32 Abs. 1 der RL 2004/38/EG vor, dass ein Unionsbürger, der sein Aufenthaltsrecht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verloren hat, einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots unter Hinweis auf veränderte Umstände stellen kann. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger - wie von ihm vorgetragen - zum derzeitigen Zeitpunkt aufgrund seines niedrigen Rentenbezugs einen gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf Zuzug in das Bundesgebiet hat oder nicht. Eine hieran etwa scheiternde Freizügigkeitsberechtigung des Klägers ist nicht Folge der Ausweisung, deren Sperrwirkungen gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG von der Beklagten wie dargestellt befristet worden sind. Wie der Europäischen Gerichtshof in seinem Urteil vom 7.9.2004 (C 456/02 - Trojani -, Rn 36, InfAuslR 2004, 417) zu den „Beschränkungen und Bedingungen“ der Freizügigkeit im Sinne des Art. 18 Abs. 1 EG ausgeführt hat, erwächst dem Unionsbürger bei Fehlen ausreichender Existenzmittel im Sinne der RL 90/364/EWG kein Recht zum Aufenthalt; diese Formulierung legt den Schluss zumindest nahe, dass bei Nichterfüllung dieser Beschränkungen und Bedingungen die Unionsbürgerschaft allein keine Freizügigkeitsberechtigung vermittelt.
28 
3. Entgegen der Annahme des Klägers begründen auch die Bestimmungen der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl. 1952 II, 696, 953/19542, S. 14) keinen unbedingten Anspruch auf Rücknahme der gegen ihn ergangenen Ausweisungsverfügung. Zum einen verstößt die Ausweisung nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (3.1), zum anderen begründet ein etwaiger Verstoß gegen die materiellen Schutzbestimmungen der EMRK nicht in jedem Falle ein entsprechendes Vollstreckungsverbot und vor allem nicht einen hiermit korrespondierenden unbedingten Rücknahmeanspruch (3.2).
29 
3.1. Nicht zu folgen vermag der Senat der Annahme des Klägers, wonach die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 bereits deshalb gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt, weil nicht zeitgleich bei ihrem Erlass über eine Befristung der Ausweisungswirkungen entschieden wurde. Der Senat hält an seiner - dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannten -Rechtsprechung fest, dass das Aufenthaltsgesetzt, das eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung nur auf Antrag vorsieht, weder zu Art. 8 EMRK noch zu der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Widerspruch steht und die Ausländerbehörde deshalb eine Ausweisungsverfügung erlassen darf, ohne zugleich von Amts wegen über eine Befristung zu entscheiden. Den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) lässt sich weder entnehmen, dass die Befristungsentscheidung stets zusammen mit der Ausweisungsentscheidung getroffen werden muss noch dass die Befristung nicht von einem entsprechenden Antrag abhängig gemacht werden darf. Eine - durch die Ausweisung mit zunächst unbefristeter Sperrwirkung möglicherweise ausgelöste - unverhältnismäßige Einschränkung der persönlichen Lebensführung des Ausländers wird dadurch verhindert, dass der Ausländer für den Regelfall einen Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung, insbesondere des Einreise- und Aufenthaltsverbots, hat. Denn der EGMR betont stets, dass es sich um eine Entscheidung im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Umstände handelt (vgl. m.w.N. Beschluss des Senats vom 20.3.2007 - 13 S 850/06 -). Auch dem vom Kläger lediglich in englischer Sprache vorgelegten Urteil des EGMR vom 22.3.2007 - 1638/03 -(Maslov) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen; vielmehr bestätigt der Gerichtshof in dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung, wonach eine umfassende Einzelfallbetrachtung und Abwägung geboten ist, wobei einer etwa erfolgten Befristung nicht unerhebliches Gewicht zukommt. Der Fall des Klägers unterscheidet sich dabei bereits in Anbetracht der zahlreichen von ihm begangenen Straftaten gegen unterschiedliche Rechtsgüter und vor allem auch der Tatsache, dass sich der Kläger weder durch die Verurteilung des Landgerichts Stuttgart vom 21.10.1998 zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe noch durch deren nachfolgende teilweise Verbüßung von der Abhaltung weiterer, gegen die körperliche Unversehrtheit gerichteter Straftaten abhalten ließ, von den vom EGMR explizit beurteilten Fällen (13/10). Auch das Bundesverfassungsgericht geht im übrigen entgegen der Annahme des Klägers nicht davon aus, dass die Sperrwirkungen einer Ausweisung aufgrund der Bestimmung des Art. 8 Abs. 1 EMRK in jedem Falle zeitgleich mit deren Erlass befristet werden müssten. Vielmehr führt das Bundesverfassungsgericht in seinem den Beteiligten bekannten Beschluss vom 10.5.2007 (2 BvR 304/07) aus, dass die Befristung der Ausweisungswirkungen nur eines von mehreren Kriterien im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist (vgl. insbesondere S. 17 des Beschlussumdrucks). Auch die von dem Kläger angeführte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.7.1979 (1 BvR 650/77) bestätigt seine Rechtsauffassung nicht. Die Entscheidung hebt lediglich auf die Bedeutung einer etwaigen Befristung für die Verhältnismäßigkeit der Ausweisungsverfügung ab, ohne dass sich ihr Anhaltshaltspunkte dafür entnehmen ließen, dass - wie vom Kläger angenommen - über die Befristung stets zeitgleich und unabhängig von einem Antrag mit der Verfügung der Ausweisung zu befinden wäre.
30 
3.2 Im übrigen begründet ein etwaiger Verstoß der Ausweisungsverfügung gegen materielle Bestimmungen der EMRK keinen unbedingten Rücknahmeanspruch, vielmehr stellt ein derartiger Verstoß lediglich einen Gesichtspunkt dar, welcher in die nach nationalen Recht zu treffende Ermessensentscheidung über die Rücknahme gemäß § 48 Abs. 1 LVwVfG einzustellen ist. Dem etwaigen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, die aufgrund der Zustimmung des Bundesgesetzgebers mit förmlichem Gesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 GG innerstaatlich im Range eines Bundesgesetzes gilt (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04 -, NJW 2004, 3407), kommt dabei keine weitergehende Wirkung zu als einem Verstoß gegen sonstiges materielles nationales Recht oder gar einem Grundrechtsverstoß. Vielmehr folgt aus dieser Rangzuweisung, dass die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihrer Zusatzprotokolle - soweit sie für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten sein -nach der Normenhierarchie keine gegenüber sonstigem Bundesrecht übergeordnete Wirkung entfalten. Nach dieser Rangzuweisung haben vielmehr deutsche Gerichte und Verwaltungsbehörden die Konvention wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden. Aufgrund der weitgehenden Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes sind dabei sowohl dieses als auch das übrige staatliche Recht nach Möglichkeit so auszulegen, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands und damit auch mit den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention in der Gestalt, welche diese in der maßgeblichen Rechtsprechung des EGMR gefunden hat, vermieden wird (vgl. hierzu ausführlich BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004, a.a.O. und vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 - NVwZ 2004, 852; Meyer-Ladewig, Europäische Menschenrechtskonvention, Handkommentar, 2. Aufl., Rn 20 ff. zu Art 46 m.w.N.). Die über das Zustimmungsgesetz ausgelöste Berücksichtigung der Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Entscheidungen des Gerichtshofs erfordert dabei zumindest, dass die entsprechenden Texte und Judikate zur Kenntnis genommen werden und in den Willensbildungsprozess des zu einer Entscheidung berufenen Gerichts, der zuständigen Behörde oder des Gesetzgebers einfließen. Liegt der Konventionsverstoß in dem Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts, so hat die zuständige Behörde die Möglichkeit, diesen nach den Regelungen des nationalen Verwaltungsverfahrensrechts aufzuheben (vgl. § 48 LVwVfG), eine entsprechende unbedingte Verpflichtung der Behörde lässt sich weder den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention noch der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EGMR entnehmen. Auch der von dem Kläger zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Vielmehr führt das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 6.12.2005 (1 BvR 1905/02, DVBl. 2006, 267) ausdrücklich aus, dass sich aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen des § 79 Abs. 1, 2 BVerfGG und insbesondere aus Satz 4 von § 79 Abs. 2 BVerfGG der allgemeine Rechtsgedanke ableiten lasse, dass einerseits zwar unanfechtbar gewordene Akte der öffentlichen Gewalt, die auf verfassungswidriger Grundlage zustande gekommen sind, nicht rückwirkend aufgehoben und die nachteiligen Wirkungen, die in der Vergangenheit von ihnen ausgegangen sind, nicht beseitigt werden, andererseits jedoch zukünftige Folgen, die sich aus einer zwangsweisen Durchsetzung verfassungswidrig ergangener Entscheidungen ergeben würden, abgewendet werden sollen. Diesem § 79 Abs. 2 BVerfGG zugrundeliegenden Rechtsgedanken lässt sich allenfalls ein Vollstreckungsverbot von Maßnahmen, welche gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen, entnehmen, nicht jedoch ein unbedingter Normanwendungsbefehl zur Rücknahme bereits vollstreckter Maßnahmen, wie sie hier die vollzogene Ausweisung darstellt.
31 
4. Dem Kläger steht jedenfalls in der Sache kein Anspruch auf - unbedingtes - Wiederaufgreifen des Verfahrens im Sinne von § 51 Abs. 1 LVwVfG zu. Dahingestellt kann deshalb bleiben, ob dem anwaltlich vertretenen Kläger überhaupt das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für dessen Durchsetzung zusteht, nachdem er sowohl bei der Behörde als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausdrücklich einen Rücknahmeantrag gestellt hat. Insbesondere liegen die Voraussetzungen eines Wiederaufgreifens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG nicht vor. Danach ist das Verfahren u.a. wieder aufzugreifen, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat. Eine Änderung der Rechtslage im Sinne des Bestimmung ist nur dann anzunehmen, wenn es sich um eine Änderung im Bereich des materiellen Rechts, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt, handelt. Dementsprechend kann eine gerichtliche Spruchpraxis keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG bewirken (vgl. hierzu BVerwG, Vorlagebeschluss vom 7.7.2004 - 6 C 24/03 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9.11.2004 - 11 S 2771/03 -, juris). Mithin rechtfertigen die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 3.8.2004 (- 1 C 29.02 -, BVerwGE 121, 315 bzw. - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297) eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG nicht. Zwar kann die Behörde im Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen auch dann wieder aufgreifen und über einen durch unanfechtbaren Verwaltungsakt beschiedenen materiell-rechtlichen Anspruch erneut sachlich entscheiden, wenn die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen im engeren Sinne nach § 51 Abs. 1 LVwVfG nicht vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 - 2 C 5/99 -, DVBl. 2001, 726; vgl. § 51 Abs. 5 LVwVfG. Allerdings räumt diese Vorschrift dem Kläger lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensentscheidung der Behörde über ein Wiederaufgreifen des Verfahrens ein; eine Ermessensreduzierung auf Null mit der Folge, dass die Behörde zur Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 verpflichtet wäre, besteht aus den oben dargestellten Gründen nicht.
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
33 
Die Revision war zuzulassen, da insbesondere die Frage der Wirksamkeit sogenannter altrechtlicher Ausweisungsverfügungen gegen Unionsbürger in der obergerichtlichen Rechtsprechung strittig und noch nicht höchstrichterlich geklärt ist (siehe § 132 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
34 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 152 Abs. 2 GKG).

Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig,

1.
wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;
2.
wenn der Zeuge oder Sachverständige sich bei einem zuungunsten des Verurteilten abgelegten Zeugnis oder abgegebenen Gutachten einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf die Sache einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern die Verletzung nicht vom Verurteilten selbst veranlaßt ist;
4.
wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf welches das Strafurteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist;
5.
wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind,
6.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig,

1.
wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;
2.
wenn der Zeuge oder Sachverständige sich bei einem zuungunsten des Verurteilten abgelegten Zeugnis oder abgegebenen Gutachten einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf die Sache einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern die Verletzung nicht vom Verurteilten selbst veranlaßt ist;
4.
wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf welches das Strafurteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist;
5.
wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind,
6.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. September 2006 - 9 K 2997/05 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist italienischer Staatsangehöriger und im Jahre 1942 in Italien geboren; er ist Vater von acht erwachsenen Kindern, von denen vier in der Bundesrepublik Deutschland leben. Er zog im Jahre 1967 zur Arbeitsaufnahme ohne seine Familie in die Bundesrepublik Deutschland, wo er sich bis zu seiner Ausweisung aufhielt. Während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik ging der Kläger verschiedenen abhängigen Berufstätigkeiten nach, teilweise war er auch selbständig, u.a. als Eisverkäufer, tätig. Seit dem 1.6.2007 bezieht der Kläger eine Regelaltersrente in Höhe von monatlich 187,57 EUR. Für seinen Aufenthalt in der Bundesrepublik verfügte der Kläger ursprünglich über eine mehrmalig verlängerte befristete Aufenthaltserlaubnis, anschließend über eine befristete Aufenthaltserlaubnis-EG, welche zuletzt bis zum 8.9.1999 gültig war. Nach seiner Haftentlassung beantragte der Kläger am 12.4.2000 die Verlängerung der ihm zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis-EG.
Seit dem Jahre 1974 wurde der Kläger im Bundesgebiet mehrfach straffällig und verurteilt. Es handelt sich u.a um mehrere Diebstahlsdelikte, Beleidigung, fahrlässige Körperverletzung, Verkehrsunfallflucht sowie um einen Verstoß gegen das Lebensmittelgesetz. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 21.10.1982 wurde der Kläger wegen versuchter beabsichtigter schwerer Körperverletzung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Diese Strafe verbüßte der Kläger ab dem 1.6.1982 bis zum 2/3-Zeitpunkt, danach wurde die Reststrafe zunächst zur Bewährung ausgesetzt und nach erfolgter Bewährung erlassen. Mit Urteil vom 21.12.1998 (rechtskräftig seit dem 29.12.1998) verurteilte das Amtsgericht Heilbronn den Kläger wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten, die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt. Der Kläger wurde zum 2/3-Zeitpunkt aus dem Strafvollzug entlassen, nachdem die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Tübingen mit Beschluss vom 21.12.1999 den Strafrest zur Bewährung aussetzte. Bereits nach der Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren wegen versuchter beabsichtigter schwerer Körperverletzung durch das Landgericht Stuttgart wies die Landeshauptstadt Stuttgart den Kläger mit Bescheid vom 6.8.1986 aus dem Bundesgebiet aus. Im Widerspruchsverfahren wurde ein Vergleich abgeschlossen, wonach er nicht abgeschoben und die Wirkung der Ausweisung befristet werde, soweit er Nachweise über ein straffreies Leben beibringen könne.
Mit Bescheid vom 29.5.2000 wies das Regierungspräsidium Stuttgart - Bezirksstelle für Asyl - den Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs aus dem Bundesgebiet aus, lehnte seinen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis-EG bzw. auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung ebenfalls unter Anordnung des Sofortvollzugs ab und drohte ihm die Abschiebung aus der Haft heraus nach Italien an. Dabei ging das Regierungspräsidium davon aus, dass die von dem Kläger begangenen und rechtskräftig abgeurteilten Straftaten einen Grund der öffentlichen Ordnung im Sinne des damals geltenden § 12 Abs. 1 AufenthG/EWG darstellten, welcher die Ausweisung des Klägers rechtfertige. Die Ausweisung erfolge nicht allein wegen einer strafrechtlichen Verurteilung, sondern wegen der hohen Gefährlichkeit des Klägers, die sich an seinen bisherigen Straftaten, insbesondere seinen Gewaltstraftaten gezeigt habe. Der Ausweisung stehe die Schutzbestimmung des § 12 Abs. 4 AufenthG/EWG nicht entgegen, da sie wegen der Häufigkeit und zuletzt der Schwere der Straftaten sowie einer konkret festgestellten Wiederholungsgefahr verfügt werde. Deswegen seien die nationalen Ausweisungsvorschriften gemäß § 45 ff. AuslG anwendbar. Aufgrund der Verurteilung durch das Amtsgericht Heilbronn vom 21.12.1998 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten habe der Kläger den Regelausweisungstatbestand des § 47 Abs. 2 Nr. 1 AuslG verwirklicht. Der Kläger genieße weder nach § 48 Abs. 1 noch gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 AufenthG/EWG besonderen Ausweisungsschutz, da er insbesondere nicht über die erforderliche unbefristete Aufenthaltserlaubnis-EWG verfüge. Da kein besonderer Ausweisungsschutz gemäß § 48 Abs. 1 AuslG bestehe, werde die Regel-Ausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 1 AuslG nicht gemäß § 47 Abs. 3 Satz 2 AuslG zu einer Ermessens-Ausweisung herabgestuft; es verbleibe bei der Regelwirkung des § 47 Abs. 2 AuslG. Eine atypische Sonderkonstellation, die ein Absehen von dieser Regelwirkung ermögliche, sei im Falle des Klägers nicht gegeben; insbesondere stelle die lange Dauer des Aufenthalts keine derartige atypische Situation dar. Selbst falls die Voraussetzungen für eine Regelausweisung nicht vorlägen, werde die Ausweisung nach Ermessen verfügt.
Nach Entlassung aus der Strafhaft und Erlass der Ausweisung, welche vom Kläger nicht angefochten wurde, reiste er nach seinen eigenen Angaben am 8.10.2000 nach Italien aus, kehrte jedoch im Frühjahr 2004 in die Bundesrepublik Deutschland zurück. Er wurde daraufhin festgenommen und am 22.9.2004 nach Italien abgeschoben, worauf er nach seinen eigenen Angaben am 1.4.2005 erneut in die Bundesrepublik Deutschland einreiste.
Der Kläger beantragte am 15.4.2005 die Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 sowie die Bestätigung, dass diese Verfügung unwirksam sei. Er machte geltend, dass diese Ausweisungsverfügung entgegen der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als Regelausweisung im Sinne von § 47 AuslG verfügt worden sei, so dass eine Rücknahmeverpflichtung bestehe.
Mit Bescheid vom 8.9.2005 lehnte das Regierungspräsidium Stuttgart den Antrag auf Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 LVwVfG für den Erlass einer die Ausweisungsverfügung betreffenden Rücknahmeverfügung lägen nicht vor. Die Ausweisungsverfügung sei rechtmäßig ; sie sei in zulässiger Weise als rein spezialpräventiv begründete Maßnahme verfügt worden und habe den Anforderungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts, insbesondere auch dem in § 12 AufenthG/EWG statuierten besonderen Ausweisungsschutz, genügt. Zwar sei die Ausweisungsverfügung auf der Grundlage des § 47 Abs. 2 AuslG als Regelausweisung verfügt worden, das Regierungspräsidium habe bei ihrem Erlass jedoch zumindest hilfsweise Ermessen ausgeübt, auch sei eine erhebliche konkrete Wiederholungsgefahr festgestellt worden. Mit Bescheid vom 26.9.2005 befristete das Regierungspräsidium Stuttgart die Sperrwirkungen der Ausweisung auf diesen Tag.
Auf die am 13.9.2005 beim Verwaltungsgericht erhobene Klage, mit der der Kläger beantragt hat,
den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 8.9.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 zurückzunehmen,
hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 29.9.2006 - 9 K 2997/05 -den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 8.9.2005 verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. In den Entscheidungsgründen hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Beklagte sei in seinem versagenden Bescheid vom 8.9.2005 zu Unrecht von der Rechtmäßigkeit der Ausweisung des Klägers ausgegangen und habe deshalb unzutreffender Weise das Vorliegen einer Rücknahmemöglichkeit verneint. Das Gericht gehe mit dem Beklagten zwar davon aus, dass die Ausweisung nicht aus materiell-rechtlichen Gründen zu beanstanden sei. Insbesondere habe der Beklagte den Kläger nicht allein auf der Grundlage der Regelwirkung des § 47 Abs. 2 AuslG in Anknüpfung an die abgeurteilten Straftaten ausgewiesen. Vielmehr habe er hilfsweise eine reine Ermessensentscheidung getroffen, die nach Auffassung des Verwaltungsgerichts auch bei Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht zu beanstanden sei. Gegen das Ergebnis der Ermessensentscheidung wende der Kläger zu Unrecht ein, die Ausweisung verstoße gegen Art. 28 Abs. 3a der RL 2004/38/EG. Diese Richtlinie habe zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt, nämlich dem des Eintritts der Unanfechtbarkeit der Ausweisungsverfügung, noch gar nicht existiert, so dass sie keine Anwendung beanspruchen könne. Die Ausweisung sei auch nicht deshalb materiell-rechtlich zu beanstanden, weil der dort geprüfte § 12 AufenthG/EWG nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 27.4.2006 (Rs C-441/02, InfAuslR 2006, 295) gegen Gemeinschaftsrecht verstoße. Zwar habe der Gerichtshof in dieser Entscheidung tatsächlich einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht darin festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland in § 12 AufenthG/EWG die vom Gemeinschaftsrecht für die Beschränkung der Freizügigkeit aufgestellten Voraussetzungen nicht hinreichend umgesetzt habe. Diese Feststellung habe entgegen der Meinung des Klägers aber nicht zur Folge, dass sämtliche unter Geltung der Vorschrift ergangenen Ausweisungen gegen Unionsbürger allein deshalb rechtswidrig wären, weil bei ihnen zwingend die Voraussetzungen des § 12 AufenthG/EWG zu prüfen gewesen seien. Die Ausweisung vom 29.5.2000 sei jedoch in formeller Hinsicht rechtswidrig, da sie gegen die gemeinschaftsrechtliche Verfahrennorm des Art. 9 Abs. 1 der RL 64/221/EWG verstoßen habe. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und der ihr folgenden Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 13.9.2005 - 1 C 7.04 - und vom 16.10.2005 - 1 C 5.04 -) werde in Ausweisungsverfahren gegen Unionsbürger und assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige außer in dringenden Fällen gegen die Verfahrensgarantie des Art. 9 Abs. 1 RL 64/221/EWG verstoßen, wenn weder ein Widerspruchsverfahren stattfinde noch sonst eine unabhängige zweite zuständige Stelle im Sinne der Richtlinie im Verwaltungsverfahren eingeschaltet worden sei. Hieraus folge, dass nach der in Baden-Württemberg erfolgten Abschaffung des behördlichen Vorverfahrens bei von den Regierungspräsidien verfügten Ausweisungen die gemeinschaftsrechtlich geforderte Einschaltung einer unabhängigen zweiten Stelle neben der Ausländerbehörde nicht gewährleistet gewesen sei. Da ein dringender Fall im Sinne des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie im Falle des Klägers zweifellos nicht vorgelegen habe, sei die Ausweisung wegen Verstoßes gegen diese Verfahrensvorschrift unheilbar nichtig.
10 
Dem Kläger stehe trotz der Rechtswidrigkeit der gegen ihn ergangenen Ausweisung vom 29.5.2000 lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über deren Rücknahme, nicht jedoch ein unbedingter Rücknahmeanspruch zu. Gemäß § 48 Abs. 1 LVwVfG stehe die Entscheidung über die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, so dass ein gebundener Anspruch auf Rücknahme lediglich im Falle einer Ermessensreduzierung auf Null gegeben sei. Eine solche komme lediglich unter einschränkenden Voraussetzungen, etwa im Hinblick auf Art. 3 GG im Falle einer Selbstbindung der Behörde oder, wenn Europäisches Gemeinschaftsrecht betroffen sei, aus Gründen des gemeinschaftsrechtlichen Effizienzgebots in Betracht. Beide Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Dadurch, dass der Beklagte die Wirkungen der Ausweisung mit Bescheid vom 26.9.2005 auf dieses Datum befristet habe, genieße der Kläger zum gegenwärtigen Zeitpunkt wieder volle Freizügigkeit, sodass weder von einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Klägers auszugehen sei noch das gemeinschaftsrechtliche Effizienzgebot die Rücknahme der Ausweisung zwingend gebiete. Auch der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lasse sich nichts für eine gebotene Ermessensreduzierung auf Null entnehmen.
11 
Mit Beschluss vom 3.5.2007 (Zustellung an den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 9.5.2007) hat der Senat dem Kläger gegen die Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt und die Berufung zugelassen. Mit dem am 16.5.2007 eingegangenen Berufungsbegründungsschriftsatz, der auch auf das Vorbringen im Zulassungsverfahren Bezug genommen hat, beantragt der Kläger,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29.9.2006 abzuändern und den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 8.9.2005 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 zurückzunehmen.
13 
Zur Begründung des Berufungsantrags trägt der Kläger vor, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 lediglich gegen formelles Recht verstoße und habe deshalb den geltend gemachten unbedingten Rücknahmeanspruch abgelehnt. Die Ausweisung sei auf die Bestimmung des § 12 AufenthG/EWG gestützt worden, welche der Europäische Gerichtshof als gemeinschaftsrechtswidrig eingestuft habe. Diese Bestimmung überhöhe die Bedeutung formaler Kriterien für den Ausweisungsschutz und schenke der Aufenthaltsdauer zu geringe Bedeutung, was dazu geführt habe, dass in seinem Falle kein besonderer Ausweisungsschutz angenommen worden sei. Auch habe der Beklagte bei Erlass der Ausweisung dem Umstand, dass seine Verurteilung zur Bewährung ausgesetzt worden sei, nicht die nötige Beachtung geschenkt und in rechtswidriger Weise die Strafakten nicht beigezogen bzw. den Vollstreckungsverlauf nicht in seine Prognoseentscheidung einbezogen. Ferner habe die Ausweisung gegen die Schutzbestimmung des Art. 28 Abs. 3a der RL 2004/38/EWG verstoßen, wonach nach einem über zehnjährigen Inlandsaufenthalt die Ausweisung eines Unionsbürgers nur noch aus Gründen der Sicherheit des Staates zuzulassen sei. Die unbefristet verfügte Ausweisung verstoße gegen Art. 8 EMRK, da nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs eine Rechtspflicht bestehe, schon bei Erlass einer in Art. 8 EMRK eingreifenden Verfügung deren Befristung mit zu prüfen. Gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßende Verfügungen dürften nicht vollstreckt werden, insoweit gleiche der Sachverhalt demjenigen der Vollsteckung verfassungswidriger zivilrechtlicher Gerichtsentscheidungen. Die von dem Beklagten vorgenommene Befristung der Ausweisung stelle bereits deshalb keine Alternative zur zwingend gebotenen Rücknahme seiner Ausweisung dar, weil er aufgrund des zu niedrigen Rentenbezugs keinen gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf Zuzug in das Bundesgebiet habe.
14 
Der Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Zur Begründung trägt er vor, die von dem Kläger als grundsätzlich aufgeworfene Rechtsfrage, ob der formalrechtliche Verstoß gegen die Verfahrensgarantie des Art. 9 RL 64/221/EWG eine Rücknahme der Ausweisung gebiete, sei in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits entschieden worden. Auf gemeinschaftsrechtlicher Grundlage bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lediglich dann ein unbedingter Anspruch auf Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts, wenn bei dessen Erlass die Rechtswidrigkeit offen zu Tage getreten sei, wovon im gegenständlichen Fall nicht ausgegangen werden könne. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung im Mai 2000 habe ein offensichtlicher Rechtsverstoß gegen Art. 9 RL 64/221/EWG nicht vorgelegen, da nach einhelliger Auffassung zu diesem Zeitpunkt von einem dringenden Fall im Sinne der Richtlinie auszugehen gewesen sei, wenn die Ausländerbehörde den Sofortvollzug der Maßnahme angeordnet habe.
17 
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
18 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart sowie der unteren Ausländerbehörde (2 Band) vor. Auf diese Akten wird ebenso wie auf die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts verwiesen; diese Akten waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

 
19 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Berufung des Klägers entscheiden, da beide Beteiligte auf mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
20 
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig begründete Berufung (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte, über die vom Verwaltungsgericht Stuttgart bereits mit Urteil vom 29.9.2006 rechtskräftig ausgesprochene Bescheidungsverpflichtung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hinausgehende unbedingte Rücknahmeanspruch nicht zu (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
Dem Kläger steht nach wie vor ein Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm begehrte Rücknahme der Ausweisungsverfügung mit ex-tunc-Wirkung zu, obwohl der Beklagte nunmehr die Sperrwirkungen der Ausweisung mit Bescheid vom 26.9.2005 auf diesen Tag befristet hat. Ein Interesse des Klägers an der rückwirkenden Aufhebung der Ausweisung ergibt sich bereits daraus, dass zahlreiche Vorschriften an den ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt eines Ausländers positive Rechtsfolgen anknüpfen, so etwa der in § 10 StAG statuierte Anspruch auf Einbürgerung oder die besonderen Ausweisungsschutz vermittelnde europarechtliche Bestimmung des Art. 28 Abs. 3a der RL 2004/38/EG.
22 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht für die im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG entscheidungserhebliche Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der mangels Klageerhebung bestandskräftig gewordenen Ausweisung des Klägers auf den Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung am 29.5.2000 abgestellt; da der Kläger jedenfalls zu diesem Zeitpunkt freizügigkeitsberechtigt war, konnte offenbleiben, inwieweit eine erst später eintretende Rechtswidrigkeit ein Rücknahmeverfahren eröffnen kann (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.10.2004 - 1 C 13.03 -, NVwZ-RR 2005, 341; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.9.2001 - 8 S 461/01 -, VBlBW 2002, 208, 209).
23 
 Der Senat kann ferner offenlassen, ob die Ausweisungsverfügung gegen den Kläger nicht nur - wie vom Verwaltungsgericht inzident angenommen - aus formellen Gründen wegen einem Verstoß gegen Art. 9 RL 64/221/EWG als rechtswidrig anzusehen ist, sondern ob auch ein Verstoß gegen materielles Gemeinschaftsrecht vorliegt. Nicht zu folgen vermag der Senat freilich der Annahme des Klägers, es hätten im Wege der sogenannten Vorwirkung bereits bei Erlass der Ausweisungsverfügung im Jahre 2000 die materiellen Voraussetzungen der weitaus später in Kraft getretenen RL 2004/38/EG gegolten. Die Umsetzungsfrist der erst am 29.4.2004 erlassenen Richtlinie lief gemäß deren Art. 28 Abs. 2 und Art. 40 Abs. 1 erst am 30.4.2006 ab, Rückwirkung kann ihr nicht beigemessen werden (vgl. hierzu ausführlich Beschluss des Niedersächsischen OVG vom 30.5.2006 - 11 LA 147/05 - NVwZ 2006, 1302). Unabhängig hiervon steht dem Kläger selbst in dem Fall, dass seine Ausweisung auch gegen materiell-rechtliche Bestimmungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts verstoßen haben sollte, lediglich der vom Verwaltungsgericht zugesprochene Bescheidungsanspruch, nicht jedoch ein unbedingter Anspruch auf Rücknahme seiner Ausweisung zu. Weder nationales Recht (1.) noch Gemeinschaftsrecht (2.) oder sonstiges höherrangiges Recht (3.) gebieten es im vorliegenden Fall dem beklagten Land, die gegen den Kläger ergangene Ausweisungsverfügung zurückzunehmen; auch besteht kein zwingender Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG (4.).
24 
1. Nach nationalem Recht räumt § 48 Abs. 1 LVwVfG dem Antragsteller lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich der Entscheidung über die Ausübung der Rücknahmebefugnis ein (vgl. hierzu ausführlich m.w.N. Urteil des Senats vom 24.1.2007 - 13 S 4516 - InfAuslR 2007,182). Ein Rechtsanspruch auf Rücknahme kommt nur dann in Betracht, wenn das Ermessen der Behörde angesichts der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles auf Null reduziert wäre. Eine derartige Reduktion des Ermessens ist regelmäßig nur dann zu bejahen, wenn ein Aufrechterhalten des ursprünglichen Verwaltungsakts unerträglich wäre bzw. für den Betroffenen unzumutbare Folgen hätte (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.3.2005 - 3 B 86/04 -, DÖV 2005, 651 m.w.N.). Insbesondere erscheint die Aufrechterhaltung der Ausweisungsverfügung auch nicht deswegen im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung als „schlechthin unerträglich“, weil die zur Annahme der Rechtswidrigkeit führende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den bei der Ausweisung von freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern zu beachtenden formellen Anforderungen, insbesondere gemäß Art. 9 der RL 64/221/EWG, erst Jahre nach dem Erlass der Ausweisungsverfügung entwickelt wurde. Auch erscheint es nicht schlechterdings unerträglich, den Kläger zur Beseitigung der Sperrwirkungen der Ausweisung gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf die - nunmehr erfolgte - nachträgliche Befristung zu verweisen. Ferner ergibt sich eine Ermessensreduzierung nicht aus dem Verhalten der Behörde selbst oder daraus, dass das Rücknahmeinteresse des Betroffenen eindeutig und offensichtlich schwerer wiegen würde als das öffentliche Interesse an einer Rücknahme. Im übrigen kann in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger die gegen ihn ergangene Ausweisungsverfügung mangels Klageerhebung bestandskräftig werden ließ.
25 
Der Kläger kann die Rücknahme der gegen ihn ergangenen Ausweisungsverfügung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der (deklaratorischen) Aufhebung einer unwirksamen oder unwirksam gewordenen Verfügung erreichen. Zwar ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei einem unwirksamen - oder: wie hier allenfalls unwirksam gewordenen -Verwaltungsakt eine klarstellende behördliche Rücknahme des Verwaltungsakts möglich und aus Gründen der Beseitigung des Rechtsscheins gegebenenfalls auch erforderlich sein kann (vgl. hierzu Bay. VGH, Urteil vom 12.10.1989 - 26 B 86.02944 -, NVwZ-RR 1991, 117; Hess. VGH, Urteil vom 29.3.2006 - 6 UE 2874/04 - juris; Urteil des Senats vom 24.1.2007, a.a.O.). Dahingestellt kann bleiben, ob der Kläger bei der gebotenen sachdienlichen Auslegung (§§ 86 Abs. 3, 88 VwGO) nicht nur einen denkbaren Rücknahmeanspruch nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wegen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, sondern auch wegen etwaiger Unwirksamkeit der Ausweisung gestellt hat. Denn die Voraussetzungen eines solches „Rücknahme“-Anspruchs sind nämlich nicht gegeben.
26 
Bei Erlass der Ausweisungsverfügung und auch in der Folgezeit bis zum Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes/EU lag kein Grund für die Annahme von Unwirksamkeit (siehe § 43 Abs. 1 und 2 LVwVfG) oder gar von Nichtigkeit (§ 43 Abs. 3 i.V.m. § 44 LVwVfG) der Ausweisungsverfügung vor; dies liegt für den Senat auf der Hand und bedarf keiner näheren Ausführungen. Wie der Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 24.1.2007 (- 13 S 451/06 -; a.a.O.) im einzelnen näher dargelegt hat und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, sind jedenfalls bestandskräftig gewordene Ausweisungsverfügungen auch nicht durch Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes zum 1.1.2005 unwirksam geworden.
27 
2. Auch europäisches Gemeinschaftsrecht verpflichtet den Beklagten nicht zur Rücknahme der Ausweisungsverfügung. Wie der Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 24.1.2007 (13 S 451/06) unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des EuGH darstellt, begründet Gemeinschaftsrecht in Fällen der vorliegenden Art keinen unbedingten Rücknahmeanspruch. Vielmehr sind vom nationalen Recht vorgesehene Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung - mit der Folge der Bestandskraft bei Nichteinhaltung dieser Fristen - grundsätzlich auch mit Gemeinschaftsrecht vereinbar, weil sie ein Anwendungsfall des auch für das Gemeinschaftsrecht grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit sind. Selbst bei einem Verstoß gegen materielles Europarecht ist danach eine Rücknahme nicht schlechterdings geboten, vielmehr besteht lediglich eine gemeinschaftsrechtliche Prüfungs- oder Rücknahmepflicht in dem Rahmen, den auch das nationale Recht vorsieht (vgl. Urteil des Senats vom 24.1.2007, a.a.O.; umfassend Rennert, DVBl. 2004, 400; Ruffert, JZ 2007, 407). Bereits oben ist ausgeführt worden, dass unter dem Gesichtspunkt des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG die Aufrechterhaltung der gegen den Kläger ergangenen Ausweisung nicht „schlechterdings unerträglich“ ist, eine Rücknahmepflicht insoweit also nicht besteht, und diese Überlegungen gelten auch im hier interessierenden Zusammenhang. Der Verzicht des Klägers auf Rechtsbehelfe und die Tatsache, dass der Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht keineswegs offensichtlich war, steht auch hier der der Annahme einer unbedingten Rechtsverpflichtung zur Rücknahme entgegen. Von besonderer Gravität oder gar (zusätzlicher) Offensichtlichkeit eines Gemeinschaftsrechtsverstoßes kann unter diesen Gesichtspunkten ohnehin nicht ausgegangen werden. Da der Kläger nach der Ausweisungsverfügung nicht mehr im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war und das Bundesgebiet sogar vom Oktober 2000 bis zum August 2004 und erneut von September 2004 bis April 2005 für lange Zeit verlassen hatte, ist auch nicht ersichtlich, dass die Anwendung des nationalen Verfahrensrechts bei der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts zu entscheidenden Wirkungsverlusten oder gar zur Umgehung des Gemeinschaftsrechts führen würde. Im übrigen ist jedenfalls dem sekundären Gemeinschaftsrecht die Aufspaltung in Verlust des Freizügigkeitsrechts einerseits und nachfolgende Befristung dieser Wirkung andererseits nicht fremd. So sieht Art. 32 Abs. 1 der RL 2004/38/EG vor, dass ein Unionsbürger, der sein Aufenthaltsrecht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verloren hat, einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots unter Hinweis auf veränderte Umstände stellen kann. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger - wie von ihm vorgetragen - zum derzeitigen Zeitpunkt aufgrund seines niedrigen Rentenbezugs einen gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf Zuzug in das Bundesgebiet hat oder nicht. Eine hieran etwa scheiternde Freizügigkeitsberechtigung des Klägers ist nicht Folge der Ausweisung, deren Sperrwirkungen gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG von der Beklagten wie dargestellt befristet worden sind. Wie der Europäischen Gerichtshof in seinem Urteil vom 7.9.2004 (C 456/02 - Trojani -, Rn 36, InfAuslR 2004, 417) zu den „Beschränkungen und Bedingungen“ der Freizügigkeit im Sinne des Art. 18 Abs. 1 EG ausgeführt hat, erwächst dem Unionsbürger bei Fehlen ausreichender Existenzmittel im Sinne der RL 90/364/EWG kein Recht zum Aufenthalt; diese Formulierung legt den Schluss zumindest nahe, dass bei Nichterfüllung dieser Beschränkungen und Bedingungen die Unionsbürgerschaft allein keine Freizügigkeitsberechtigung vermittelt.
28 
3. Entgegen der Annahme des Klägers begründen auch die Bestimmungen der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl. 1952 II, 696, 953/19542, S. 14) keinen unbedingten Anspruch auf Rücknahme der gegen ihn ergangenen Ausweisungsverfügung. Zum einen verstößt die Ausweisung nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (3.1), zum anderen begründet ein etwaiger Verstoß gegen die materiellen Schutzbestimmungen der EMRK nicht in jedem Falle ein entsprechendes Vollstreckungsverbot und vor allem nicht einen hiermit korrespondierenden unbedingten Rücknahmeanspruch (3.2).
29 
3.1. Nicht zu folgen vermag der Senat der Annahme des Klägers, wonach die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 bereits deshalb gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt, weil nicht zeitgleich bei ihrem Erlass über eine Befristung der Ausweisungswirkungen entschieden wurde. Der Senat hält an seiner - dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannten -Rechtsprechung fest, dass das Aufenthaltsgesetzt, das eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung nur auf Antrag vorsieht, weder zu Art. 8 EMRK noch zu der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Widerspruch steht und die Ausländerbehörde deshalb eine Ausweisungsverfügung erlassen darf, ohne zugleich von Amts wegen über eine Befristung zu entscheiden. Den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) lässt sich weder entnehmen, dass die Befristungsentscheidung stets zusammen mit der Ausweisungsentscheidung getroffen werden muss noch dass die Befristung nicht von einem entsprechenden Antrag abhängig gemacht werden darf. Eine - durch die Ausweisung mit zunächst unbefristeter Sperrwirkung möglicherweise ausgelöste - unverhältnismäßige Einschränkung der persönlichen Lebensführung des Ausländers wird dadurch verhindert, dass der Ausländer für den Regelfall einen Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung, insbesondere des Einreise- und Aufenthaltsverbots, hat. Denn der EGMR betont stets, dass es sich um eine Entscheidung im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Umstände handelt (vgl. m.w.N. Beschluss des Senats vom 20.3.2007 - 13 S 850/06 -). Auch dem vom Kläger lediglich in englischer Sprache vorgelegten Urteil des EGMR vom 22.3.2007 - 1638/03 -(Maslov) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen; vielmehr bestätigt der Gerichtshof in dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung, wonach eine umfassende Einzelfallbetrachtung und Abwägung geboten ist, wobei einer etwa erfolgten Befristung nicht unerhebliches Gewicht zukommt. Der Fall des Klägers unterscheidet sich dabei bereits in Anbetracht der zahlreichen von ihm begangenen Straftaten gegen unterschiedliche Rechtsgüter und vor allem auch der Tatsache, dass sich der Kläger weder durch die Verurteilung des Landgerichts Stuttgart vom 21.10.1998 zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe noch durch deren nachfolgende teilweise Verbüßung von der Abhaltung weiterer, gegen die körperliche Unversehrtheit gerichteter Straftaten abhalten ließ, von den vom EGMR explizit beurteilten Fällen (13/10). Auch das Bundesverfassungsgericht geht im übrigen entgegen der Annahme des Klägers nicht davon aus, dass die Sperrwirkungen einer Ausweisung aufgrund der Bestimmung des Art. 8 Abs. 1 EMRK in jedem Falle zeitgleich mit deren Erlass befristet werden müssten. Vielmehr führt das Bundesverfassungsgericht in seinem den Beteiligten bekannten Beschluss vom 10.5.2007 (2 BvR 304/07) aus, dass die Befristung der Ausweisungswirkungen nur eines von mehreren Kriterien im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist (vgl. insbesondere S. 17 des Beschlussumdrucks). Auch die von dem Kläger angeführte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.7.1979 (1 BvR 650/77) bestätigt seine Rechtsauffassung nicht. Die Entscheidung hebt lediglich auf die Bedeutung einer etwaigen Befristung für die Verhältnismäßigkeit der Ausweisungsverfügung ab, ohne dass sich ihr Anhaltshaltspunkte dafür entnehmen ließen, dass - wie vom Kläger angenommen - über die Befristung stets zeitgleich und unabhängig von einem Antrag mit der Verfügung der Ausweisung zu befinden wäre.
30 
3.2 Im übrigen begründet ein etwaiger Verstoß der Ausweisungsverfügung gegen materielle Bestimmungen der EMRK keinen unbedingten Rücknahmeanspruch, vielmehr stellt ein derartiger Verstoß lediglich einen Gesichtspunkt dar, welcher in die nach nationalen Recht zu treffende Ermessensentscheidung über die Rücknahme gemäß § 48 Abs. 1 LVwVfG einzustellen ist. Dem etwaigen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, die aufgrund der Zustimmung des Bundesgesetzgebers mit förmlichem Gesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 GG innerstaatlich im Range eines Bundesgesetzes gilt (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04 -, NJW 2004, 3407), kommt dabei keine weitergehende Wirkung zu als einem Verstoß gegen sonstiges materielles nationales Recht oder gar einem Grundrechtsverstoß. Vielmehr folgt aus dieser Rangzuweisung, dass die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihrer Zusatzprotokolle - soweit sie für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten sein -nach der Normenhierarchie keine gegenüber sonstigem Bundesrecht übergeordnete Wirkung entfalten. Nach dieser Rangzuweisung haben vielmehr deutsche Gerichte und Verwaltungsbehörden die Konvention wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden. Aufgrund der weitgehenden Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes sind dabei sowohl dieses als auch das übrige staatliche Recht nach Möglichkeit so auszulegen, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands und damit auch mit den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention in der Gestalt, welche diese in der maßgeblichen Rechtsprechung des EGMR gefunden hat, vermieden wird (vgl. hierzu ausführlich BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004, a.a.O. und vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 - NVwZ 2004, 852; Meyer-Ladewig, Europäische Menschenrechtskonvention, Handkommentar, 2. Aufl., Rn 20 ff. zu Art 46 m.w.N.). Die über das Zustimmungsgesetz ausgelöste Berücksichtigung der Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Entscheidungen des Gerichtshofs erfordert dabei zumindest, dass die entsprechenden Texte und Judikate zur Kenntnis genommen werden und in den Willensbildungsprozess des zu einer Entscheidung berufenen Gerichts, der zuständigen Behörde oder des Gesetzgebers einfließen. Liegt der Konventionsverstoß in dem Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts, so hat die zuständige Behörde die Möglichkeit, diesen nach den Regelungen des nationalen Verwaltungsverfahrensrechts aufzuheben (vgl. § 48 LVwVfG), eine entsprechende unbedingte Verpflichtung der Behörde lässt sich weder den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention noch der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EGMR entnehmen. Auch der von dem Kläger zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Vielmehr führt das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 6.12.2005 (1 BvR 1905/02, DVBl. 2006, 267) ausdrücklich aus, dass sich aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen des § 79 Abs. 1, 2 BVerfGG und insbesondere aus Satz 4 von § 79 Abs. 2 BVerfGG der allgemeine Rechtsgedanke ableiten lasse, dass einerseits zwar unanfechtbar gewordene Akte der öffentlichen Gewalt, die auf verfassungswidriger Grundlage zustande gekommen sind, nicht rückwirkend aufgehoben und die nachteiligen Wirkungen, die in der Vergangenheit von ihnen ausgegangen sind, nicht beseitigt werden, andererseits jedoch zukünftige Folgen, die sich aus einer zwangsweisen Durchsetzung verfassungswidrig ergangener Entscheidungen ergeben würden, abgewendet werden sollen. Diesem § 79 Abs. 2 BVerfGG zugrundeliegenden Rechtsgedanken lässt sich allenfalls ein Vollstreckungsverbot von Maßnahmen, welche gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen, entnehmen, nicht jedoch ein unbedingter Normanwendungsbefehl zur Rücknahme bereits vollstreckter Maßnahmen, wie sie hier die vollzogene Ausweisung darstellt.
31 
4. Dem Kläger steht jedenfalls in der Sache kein Anspruch auf - unbedingtes - Wiederaufgreifen des Verfahrens im Sinne von § 51 Abs. 1 LVwVfG zu. Dahingestellt kann deshalb bleiben, ob dem anwaltlich vertretenen Kläger überhaupt das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für dessen Durchsetzung zusteht, nachdem er sowohl bei der Behörde als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausdrücklich einen Rücknahmeantrag gestellt hat. Insbesondere liegen die Voraussetzungen eines Wiederaufgreifens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG nicht vor. Danach ist das Verfahren u.a. wieder aufzugreifen, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat. Eine Änderung der Rechtslage im Sinne des Bestimmung ist nur dann anzunehmen, wenn es sich um eine Änderung im Bereich des materiellen Rechts, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt, handelt. Dementsprechend kann eine gerichtliche Spruchpraxis keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG bewirken (vgl. hierzu BVerwG, Vorlagebeschluss vom 7.7.2004 - 6 C 24/03 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9.11.2004 - 11 S 2771/03 -, juris). Mithin rechtfertigen die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 3.8.2004 (- 1 C 29.02 -, BVerwGE 121, 315 bzw. - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297) eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG nicht. Zwar kann die Behörde im Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen auch dann wieder aufgreifen und über einen durch unanfechtbaren Verwaltungsakt beschiedenen materiell-rechtlichen Anspruch erneut sachlich entscheiden, wenn die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen im engeren Sinne nach § 51 Abs. 1 LVwVfG nicht vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 - 2 C 5/99 -, DVBl. 2001, 726; vgl. § 51 Abs. 5 LVwVfG. Allerdings räumt diese Vorschrift dem Kläger lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensentscheidung der Behörde über ein Wiederaufgreifen des Verfahrens ein; eine Ermessensreduzierung auf Null mit der Folge, dass die Behörde zur Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 verpflichtet wäre, besteht aus den oben dargestellten Gründen nicht.
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
33 
Die Revision war zuzulassen, da insbesondere die Frage der Wirksamkeit sogenannter altrechtlicher Ausweisungsverfügungen gegen Unionsbürger in der obergerichtlichen Rechtsprechung strittig und noch nicht höchstrichterlich geklärt ist (siehe § 132 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
34 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 152 Abs. 2 GKG).

Gründe

 
19 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Berufung des Klägers entscheiden, da beide Beteiligte auf mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
20 
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig begründete Berufung (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte, über die vom Verwaltungsgericht Stuttgart bereits mit Urteil vom 29.9.2006 rechtskräftig ausgesprochene Bescheidungsverpflichtung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hinausgehende unbedingte Rücknahmeanspruch nicht zu (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
Dem Kläger steht nach wie vor ein Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm begehrte Rücknahme der Ausweisungsverfügung mit ex-tunc-Wirkung zu, obwohl der Beklagte nunmehr die Sperrwirkungen der Ausweisung mit Bescheid vom 26.9.2005 auf diesen Tag befristet hat. Ein Interesse des Klägers an der rückwirkenden Aufhebung der Ausweisung ergibt sich bereits daraus, dass zahlreiche Vorschriften an den ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt eines Ausländers positive Rechtsfolgen anknüpfen, so etwa der in § 10 StAG statuierte Anspruch auf Einbürgerung oder die besonderen Ausweisungsschutz vermittelnde europarechtliche Bestimmung des Art. 28 Abs. 3a der RL 2004/38/EG.
22 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht für die im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG entscheidungserhebliche Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der mangels Klageerhebung bestandskräftig gewordenen Ausweisung des Klägers auf den Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung am 29.5.2000 abgestellt; da der Kläger jedenfalls zu diesem Zeitpunkt freizügigkeitsberechtigt war, konnte offenbleiben, inwieweit eine erst später eintretende Rechtswidrigkeit ein Rücknahmeverfahren eröffnen kann (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.10.2004 - 1 C 13.03 -, NVwZ-RR 2005, 341; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.9.2001 - 8 S 461/01 -, VBlBW 2002, 208, 209).
23 
 Der Senat kann ferner offenlassen, ob die Ausweisungsverfügung gegen den Kläger nicht nur - wie vom Verwaltungsgericht inzident angenommen - aus formellen Gründen wegen einem Verstoß gegen Art. 9 RL 64/221/EWG als rechtswidrig anzusehen ist, sondern ob auch ein Verstoß gegen materielles Gemeinschaftsrecht vorliegt. Nicht zu folgen vermag der Senat freilich der Annahme des Klägers, es hätten im Wege der sogenannten Vorwirkung bereits bei Erlass der Ausweisungsverfügung im Jahre 2000 die materiellen Voraussetzungen der weitaus später in Kraft getretenen RL 2004/38/EG gegolten. Die Umsetzungsfrist der erst am 29.4.2004 erlassenen Richtlinie lief gemäß deren Art. 28 Abs. 2 und Art. 40 Abs. 1 erst am 30.4.2006 ab, Rückwirkung kann ihr nicht beigemessen werden (vgl. hierzu ausführlich Beschluss des Niedersächsischen OVG vom 30.5.2006 - 11 LA 147/05 - NVwZ 2006, 1302). Unabhängig hiervon steht dem Kläger selbst in dem Fall, dass seine Ausweisung auch gegen materiell-rechtliche Bestimmungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts verstoßen haben sollte, lediglich der vom Verwaltungsgericht zugesprochene Bescheidungsanspruch, nicht jedoch ein unbedingter Anspruch auf Rücknahme seiner Ausweisung zu. Weder nationales Recht (1.) noch Gemeinschaftsrecht (2.) oder sonstiges höherrangiges Recht (3.) gebieten es im vorliegenden Fall dem beklagten Land, die gegen den Kläger ergangene Ausweisungsverfügung zurückzunehmen; auch besteht kein zwingender Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG (4.).
24 
1. Nach nationalem Recht räumt § 48 Abs. 1 LVwVfG dem Antragsteller lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich der Entscheidung über die Ausübung der Rücknahmebefugnis ein (vgl. hierzu ausführlich m.w.N. Urteil des Senats vom 24.1.2007 - 13 S 4516 - InfAuslR 2007,182). Ein Rechtsanspruch auf Rücknahme kommt nur dann in Betracht, wenn das Ermessen der Behörde angesichts der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles auf Null reduziert wäre. Eine derartige Reduktion des Ermessens ist regelmäßig nur dann zu bejahen, wenn ein Aufrechterhalten des ursprünglichen Verwaltungsakts unerträglich wäre bzw. für den Betroffenen unzumutbare Folgen hätte (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.3.2005 - 3 B 86/04 -, DÖV 2005, 651 m.w.N.). Insbesondere erscheint die Aufrechterhaltung der Ausweisungsverfügung auch nicht deswegen im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung als „schlechthin unerträglich“, weil die zur Annahme der Rechtswidrigkeit führende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den bei der Ausweisung von freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern zu beachtenden formellen Anforderungen, insbesondere gemäß Art. 9 der RL 64/221/EWG, erst Jahre nach dem Erlass der Ausweisungsverfügung entwickelt wurde. Auch erscheint es nicht schlechterdings unerträglich, den Kläger zur Beseitigung der Sperrwirkungen der Ausweisung gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf die - nunmehr erfolgte - nachträgliche Befristung zu verweisen. Ferner ergibt sich eine Ermessensreduzierung nicht aus dem Verhalten der Behörde selbst oder daraus, dass das Rücknahmeinteresse des Betroffenen eindeutig und offensichtlich schwerer wiegen würde als das öffentliche Interesse an einer Rücknahme. Im übrigen kann in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger die gegen ihn ergangene Ausweisungsverfügung mangels Klageerhebung bestandskräftig werden ließ.
25 
Der Kläger kann die Rücknahme der gegen ihn ergangenen Ausweisungsverfügung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der (deklaratorischen) Aufhebung einer unwirksamen oder unwirksam gewordenen Verfügung erreichen. Zwar ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei einem unwirksamen - oder: wie hier allenfalls unwirksam gewordenen -Verwaltungsakt eine klarstellende behördliche Rücknahme des Verwaltungsakts möglich und aus Gründen der Beseitigung des Rechtsscheins gegebenenfalls auch erforderlich sein kann (vgl. hierzu Bay. VGH, Urteil vom 12.10.1989 - 26 B 86.02944 -, NVwZ-RR 1991, 117; Hess. VGH, Urteil vom 29.3.2006 - 6 UE 2874/04 - juris; Urteil des Senats vom 24.1.2007, a.a.O.). Dahingestellt kann bleiben, ob der Kläger bei der gebotenen sachdienlichen Auslegung (§§ 86 Abs. 3, 88 VwGO) nicht nur einen denkbaren Rücknahmeanspruch nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wegen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, sondern auch wegen etwaiger Unwirksamkeit der Ausweisung gestellt hat. Denn die Voraussetzungen eines solches „Rücknahme“-Anspruchs sind nämlich nicht gegeben.
26 
Bei Erlass der Ausweisungsverfügung und auch in der Folgezeit bis zum Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes/EU lag kein Grund für die Annahme von Unwirksamkeit (siehe § 43 Abs. 1 und 2 LVwVfG) oder gar von Nichtigkeit (§ 43 Abs. 3 i.V.m. § 44 LVwVfG) der Ausweisungsverfügung vor; dies liegt für den Senat auf der Hand und bedarf keiner näheren Ausführungen. Wie der Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 24.1.2007 (- 13 S 451/06 -; a.a.O.) im einzelnen näher dargelegt hat und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, sind jedenfalls bestandskräftig gewordene Ausweisungsverfügungen auch nicht durch Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes zum 1.1.2005 unwirksam geworden.
27 
2. Auch europäisches Gemeinschaftsrecht verpflichtet den Beklagten nicht zur Rücknahme der Ausweisungsverfügung. Wie der Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 24.1.2007 (13 S 451/06) unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des EuGH darstellt, begründet Gemeinschaftsrecht in Fällen der vorliegenden Art keinen unbedingten Rücknahmeanspruch. Vielmehr sind vom nationalen Recht vorgesehene Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung - mit der Folge der Bestandskraft bei Nichteinhaltung dieser Fristen - grundsätzlich auch mit Gemeinschaftsrecht vereinbar, weil sie ein Anwendungsfall des auch für das Gemeinschaftsrecht grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit sind. Selbst bei einem Verstoß gegen materielles Europarecht ist danach eine Rücknahme nicht schlechterdings geboten, vielmehr besteht lediglich eine gemeinschaftsrechtliche Prüfungs- oder Rücknahmepflicht in dem Rahmen, den auch das nationale Recht vorsieht (vgl. Urteil des Senats vom 24.1.2007, a.a.O.; umfassend Rennert, DVBl. 2004, 400; Ruffert, JZ 2007, 407). Bereits oben ist ausgeführt worden, dass unter dem Gesichtspunkt des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG die Aufrechterhaltung der gegen den Kläger ergangenen Ausweisung nicht „schlechterdings unerträglich“ ist, eine Rücknahmepflicht insoweit also nicht besteht, und diese Überlegungen gelten auch im hier interessierenden Zusammenhang. Der Verzicht des Klägers auf Rechtsbehelfe und die Tatsache, dass der Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht keineswegs offensichtlich war, steht auch hier der der Annahme einer unbedingten Rechtsverpflichtung zur Rücknahme entgegen. Von besonderer Gravität oder gar (zusätzlicher) Offensichtlichkeit eines Gemeinschaftsrechtsverstoßes kann unter diesen Gesichtspunkten ohnehin nicht ausgegangen werden. Da der Kläger nach der Ausweisungsverfügung nicht mehr im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war und das Bundesgebiet sogar vom Oktober 2000 bis zum August 2004 und erneut von September 2004 bis April 2005 für lange Zeit verlassen hatte, ist auch nicht ersichtlich, dass die Anwendung des nationalen Verfahrensrechts bei der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts zu entscheidenden Wirkungsverlusten oder gar zur Umgehung des Gemeinschaftsrechts führen würde. Im übrigen ist jedenfalls dem sekundären Gemeinschaftsrecht die Aufspaltung in Verlust des Freizügigkeitsrechts einerseits und nachfolgende Befristung dieser Wirkung andererseits nicht fremd. So sieht Art. 32 Abs. 1 der RL 2004/38/EG vor, dass ein Unionsbürger, der sein Aufenthaltsrecht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verloren hat, einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots unter Hinweis auf veränderte Umstände stellen kann. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger - wie von ihm vorgetragen - zum derzeitigen Zeitpunkt aufgrund seines niedrigen Rentenbezugs einen gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf Zuzug in das Bundesgebiet hat oder nicht. Eine hieran etwa scheiternde Freizügigkeitsberechtigung des Klägers ist nicht Folge der Ausweisung, deren Sperrwirkungen gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG von der Beklagten wie dargestellt befristet worden sind. Wie der Europäischen Gerichtshof in seinem Urteil vom 7.9.2004 (C 456/02 - Trojani -, Rn 36, InfAuslR 2004, 417) zu den „Beschränkungen und Bedingungen“ der Freizügigkeit im Sinne des Art. 18 Abs. 1 EG ausgeführt hat, erwächst dem Unionsbürger bei Fehlen ausreichender Existenzmittel im Sinne der RL 90/364/EWG kein Recht zum Aufenthalt; diese Formulierung legt den Schluss zumindest nahe, dass bei Nichterfüllung dieser Beschränkungen und Bedingungen die Unionsbürgerschaft allein keine Freizügigkeitsberechtigung vermittelt.
28 
3. Entgegen der Annahme des Klägers begründen auch die Bestimmungen der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl. 1952 II, 696, 953/19542, S. 14) keinen unbedingten Anspruch auf Rücknahme der gegen ihn ergangenen Ausweisungsverfügung. Zum einen verstößt die Ausweisung nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (3.1), zum anderen begründet ein etwaiger Verstoß gegen die materiellen Schutzbestimmungen der EMRK nicht in jedem Falle ein entsprechendes Vollstreckungsverbot und vor allem nicht einen hiermit korrespondierenden unbedingten Rücknahmeanspruch (3.2).
29 
3.1. Nicht zu folgen vermag der Senat der Annahme des Klägers, wonach die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 bereits deshalb gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt, weil nicht zeitgleich bei ihrem Erlass über eine Befristung der Ausweisungswirkungen entschieden wurde. Der Senat hält an seiner - dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannten -Rechtsprechung fest, dass das Aufenthaltsgesetzt, das eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung nur auf Antrag vorsieht, weder zu Art. 8 EMRK noch zu der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Widerspruch steht und die Ausländerbehörde deshalb eine Ausweisungsverfügung erlassen darf, ohne zugleich von Amts wegen über eine Befristung zu entscheiden. Den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) lässt sich weder entnehmen, dass die Befristungsentscheidung stets zusammen mit der Ausweisungsentscheidung getroffen werden muss noch dass die Befristung nicht von einem entsprechenden Antrag abhängig gemacht werden darf. Eine - durch die Ausweisung mit zunächst unbefristeter Sperrwirkung möglicherweise ausgelöste - unverhältnismäßige Einschränkung der persönlichen Lebensführung des Ausländers wird dadurch verhindert, dass der Ausländer für den Regelfall einen Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung, insbesondere des Einreise- und Aufenthaltsverbots, hat. Denn der EGMR betont stets, dass es sich um eine Entscheidung im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Umstände handelt (vgl. m.w.N. Beschluss des Senats vom 20.3.2007 - 13 S 850/06 -). Auch dem vom Kläger lediglich in englischer Sprache vorgelegten Urteil des EGMR vom 22.3.2007 - 1638/03 -(Maslov) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen; vielmehr bestätigt der Gerichtshof in dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung, wonach eine umfassende Einzelfallbetrachtung und Abwägung geboten ist, wobei einer etwa erfolgten Befristung nicht unerhebliches Gewicht zukommt. Der Fall des Klägers unterscheidet sich dabei bereits in Anbetracht der zahlreichen von ihm begangenen Straftaten gegen unterschiedliche Rechtsgüter und vor allem auch der Tatsache, dass sich der Kläger weder durch die Verurteilung des Landgerichts Stuttgart vom 21.10.1998 zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe noch durch deren nachfolgende teilweise Verbüßung von der Abhaltung weiterer, gegen die körperliche Unversehrtheit gerichteter Straftaten abhalten ließ, von den vom EGMR explizit beurteilten Fällen (13/10). Auch das Bundesverfassungsgericht geht im übrigen entgegen der Annahme des Klägers nicht davon aus, dass die Sperrwirkungen einer Ausweisung aufgrund der Bestimmung des Art. 8 Abs. 1 EMRK in jedem Falle zeitgleich mit deren Erlass befristet werden müssten. Vielmehr führt das Bundesverfassungsgericht in seinem den Beteiligten bekannten Beschluss vom 10.5.2007 (2 BvR 304/07) aus, dass die Befristung der Ausweisungswirkungen nur eines von mehreren Kriterien im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist (vgl. insbesondere S. 17 des Beschlussumdrucks). Auch die von dem Kläger angeführte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.7.1979 (1 BvR 650/77) bestätigt seine Rechtsauffassung nicht. Die Entscheidung hebt lediglich auf die Bedeutung einer etwaigen Befristung für die Verhältnismäßigkeit der Ausweisungsverfügung ab, ohne dass sich ihr Anhaltshaltspunkte dafür entnehmen ließen, dass - wie vom Kläger angenommen - über die Befristung stets zeitgleich und unabhängig von einem Antrag mit der Verfügung der Ausweisung zu befinden wäre.
30 
3.2 Im übrigen begründet ein etwaiger Verstoß der Ausweisungsverfügung gegen materielle Bestimmungen der EMRK keinen unbedingten Rücknahmeanspruch, vielmehr stellt ein derartiger Verstoß lediglich einen Gesichtspunkt dar, welcher in die nach nationalen Recht zu treffende Ermessensentscheidung über die Rücknahme gemäß § 48 Abs. 1 LVwVfG einzustellen ist. Dem etwaigen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, die aufgrund der Zustimmung des Bundesgesetzgebers mit förmlichem Gesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 GG innerstaatlich im Range eines Bundesgesetzes gilt (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04 -, NJW 2004, 3407), kommt dabei keine weitergehende Wirkung zu als einem Verstoß gegen sonstiges materielles nationales Recht oder gar einem Grundrechtsverstoß. Vielmehr folgt aus dieser Rangzuweisung, dass die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihrer Zusatzprotokolle - soweit sie für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten sein -nach der Normenhierarchie keine gegenüber sonstigem Bundesrecht übergeordnete Wirkung entfalten. Nach dieser Rangzuweisung haben vielmehr deutsche Gerichte und Verwaltungsbehörden die Konvention wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden. Aufgrund der weitgehenden Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes sind dabei sowohl dieses als auch das übrige staatliche Recht nach Möglichkeit so auszulegen, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands und damit auch mit den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention in der Gestalt, welche diese in der maßgeblichen Rechtsprechung des EGMR gefunden hat, vermieden wird (vgl. hierzu ausführlich BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004, a.a.O. und vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 - NVwZ 2004, 852; Meyer-Ladewig, Europäische Menschenrechtskonvention, Handkommentar, 2. Aufl., Rn 20 ff. zu Art 46 m.w.N.). Die über das Zustimmungsgesetz ausgelöste Berücksichtigung der Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Entscheidungen des Gerichtshofs erfordert dabei zumindest, dass die entsprechenden Texte und Judikate zur Kenntnis genommen werden und in den Willensbildungsprozess des zu einer Entscheidung berufenen Gerichts, der zuständigen Behörde oder des Gesetzgebers einfließen. Liegt der Konventionsverstoß in dem Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts, so hat die zuständige Behörde die Möglichkeit, diesen nach den Regelungen des nationalen Verwaltungsverfahrensrechts aufzuheben (vgl. § 48 LVwVfG), eine entsprechende unbedingte Verpflichtung der Behörde lässt sich weder den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention noch der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EGMR entnehmen. Auch der von dem Kläger zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Vielmehr führt das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 6.12.2005 (1 BvR 1905/02, DVBl. 2006, 267) ausdrücklich aus, dass sich aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen des § 79 Abs. 1, 2 BVerfGG und insbesondere aus Satz 4 von § 79 Abs. 2 BVerfGG der allgemeine Rechtsgedanke ableiten lasse, dass einerseits zwar unanfechtbar gewordene Akte der öffentlichen Gewalt, die auf verfassungswidriger Grundlage zustande gekommen sind, nicht rückwirkend aufgehoben und die nachteiligen Wirkungen, die in der Vergangenheit von ihnen ausgegangen sind, nicht beseitigt werden, andererseits jedoch zukünftige Folgen, die sich aus einer zwangsweisen Durchsetzung verfassungswidrig ergangener Entscheidungen ergeben würden, abgewendet werden sollen. Diesem § 79 Abs. 2 BVerfGG zugrundeliegenden Rechtsgedanken lässt sich allenfalls ein Vollstreckungsverbot von Maßnahmen, welche gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen, entnehmen, nicht jedoch ein unbedingter Normanwendungsbefehl zur Rücknahme bereits vollstreckter Maßnahmen, wie sie hier die vollzogene Ausweisung darstellt.
31 
4. Dem Kläger steht jedenfalls in der Sache kein Anspruch auf - unbedingtes - Wiederaufgreifen des Verfahrens im Sinne von § 51 Abs. 1 LVwVfG zu. Dahingestellt kann deshalb bleiben, ob dem anwaltlich vertretenen Kläger überhaupt das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für dessen Durchsetzung zusteht, nachdem er sowohl bei der Behörde als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausdrücklich einen Rücknahmeantrag gestellt hat. Insbesondere liegen die Voraussetzungen eines Wiederaufgreifens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG nicht vor. Danach ist das Verfahren u.a. wieder aufzugreifen, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat. Eine Änderung der Rechtslage im Sinne des Bestimmung ist nur dann anzunehmen, wenn es sich um eine Änderung im Bereich des materiellen Rechts, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt, handelt. Dementsprechend kann eine gerichtliche Spruchpraxis keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG bewirken (vgl. hierzu BVerwG, Vorlagebeschluss vom 7.7.2004 - 6 C 24/03 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9.11.2004 - 11 S 2771/03 -, juris). Mithin rechtfertigen die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 3.8.2004 (- 1 C 29.02 -, BVerwGE 121, 315 bzw. - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297) eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG nicht. Zwar kann die Behörde im Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen auch dann wieder aufgreifen und über einen durch unanfechtbaren Verwaltungsakt beschiedenen materiell-rechtlichen Anspruch erneut sachlich entscheiden, wenn die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen im engeren Sinne nach § 51 Abs. 1 LVwVfG nicht vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 - 2 C 5/99 -, DVBl. 2001, 726; vgl. § 51 Abs. 5 LVwVfG. Allerdings räumt diese Vorschrift dem Kläger lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensentscheidung der Behörde über ein Wiederaufgreifen des Verfahrens ein; eine Ermessensreduzierung auf Null mit der Folge, dass die Behörde zur Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 verpflichtet wäre, besteht aus den oben dargestellten Gründen nicht.
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
33 
Die Revision war zuzulassen, da insbesondere die Frage der Wirksamkeit sogenannter altrechtlicher Ausweisungsverfügungen gegen Unionsbürger in der obergerichtlichen Rechtsprechung strittig und noch nicht höchstrichterlich geklärt ist (siehe § 132 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
34 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 152 Abs. 2 GKG).

Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig,

1.
wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;
2.
wenn der Zeuge oder Sachverständige sich bei einem zuungunsten des Verurteilten abgelegten Zeugnis oder abgegebenen Gutachten einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf die Sache einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern die Verletzung nicht vom Verurteilten selbst veranlaßt ist;
4.
wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf welches das Strafurteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist;
5.
wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind,
6.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig,

1.
wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;
2.
wenn der Zeuge oder Sachverständige sich bei einem zuungunsten des Verurteilten abgelegten Zeugnis oder abgegebenen Gutachten einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf die Sache einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern die Verletzung nicht vom Verurteilten selbst veranlaßt ist;
4.
wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf welches das Strafurteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist;
5.
wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind,
6.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.