Arbeitsrecht: Mindestgröße für Einstellung in den Polizeivollzugsdienst ist zulässig

bei uns veröffentlicht am02.08.2017
Zusammenfassung des Autors

Mindestkörpergröße von Bewerbern zulässig - gehobener Polizeivollzugsdienst im Land Berlin - Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz - BSP Rechtsanwälte - Anwältin Arbeitsrecht Berlin Mitte

Die Vorgaben an die mindestens zu fordernde Körpergröße von Bewerbern für den gehobenen Polizeivollzugsdienst im Land Berlin sind nicht zu beanstanden. Die Erfüllung vollzugspolizeilicher Aufgaben erfodert eine gewisse Körpergröße der Beamten, um in körperlichen Auseinandersetzungen bestehen und nach außen körperliche Kraft und Durchsetzungsfähigkeit vermitteln zu können.

Das ergibt sich aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin. Die 1997 geborene und 154 cm große Klägerin bewarb sich um die Einstellung in den gehobenen Dienst der Kriminalpolizei zum April 2017. Die Bewerbung wurde vom Polizeipräsidenten abgelehnt, da die Klägerin die für die Laufbahn vorgeschriebene Mindestgröße von 160 cm für Bewerberinnen nicht vorweisen konnte. In der Begründung ihrer Klage trug die Klägerin vor, ihre gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst stehe außer Frage. Die Anforderungen an die Größe von Bewerberinnen stellten zudem eine mittelbare Diskriminierung von Frauen dar.

Das VG wies die Klage ab. Die Klägerin sei zu Recht nicht in den Polizeivollzugsdienst eingestellt worden. Es sei Sache des Dienstherrn, die aus seiner Sicht maßgeblichen Eignungs-, Befähigungs- und Leistungskriterien im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG zu bestimmen. Dabei stehe ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu. Bei dessen Wahrnehmung habe er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren. Bewerber müssten sich mit ihren individuellen körperlichen Fähigkeiten daher an den vom Dienstherrn getroffenen Vorgaben messen lassen. Anders als bei Einstellungshöchstaltersgrenzen bedürfe die Festlegung einer Mindestgröße keiner gesetzlichen Grundlage. Es sei sachgerecht und beurteilungsfehlerfrei, die Mindestgröße für Frauen auf 160 cm festzulegen. Denn für die Durchsetzungsfähigkeit bei körperlichen Auseinandersetzungen und für die Anwendung unmittelbaren Zwangs müssten gewisse körperliche Mindestvoraussetzungen erfüllt sein. Polizistinnen unter 160 cm könnten zudem wegen ihrer Körpergröße als unterlegen wahrgenommen werden. Damit könnten sie auch eher bevorzugtes Ziel von Widerstandshandlungen sein. Eine sachwidrige und geschlechtsbezogene Benachteiligung liege mit Blick auf das mit der Regelung verfolgte Ziel nicht vor.

Gegen das Urteil kann die Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg beantragt werden. Die Klägerin hat hiervon bereits Gebrauch gemacht.

Das VG Berlin hat in seinem Urteil vom 01.06.2017 (5 K 219.16) folgendes entschieden:

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die im N... geborene Klägerin, die eine Körpergröße von 154 cm aufweist, bewarb sich im Juli 2016 um die Einstellung in den gehobenen Dienst der Kriminalpolizei zum Einstellungstermin 3. April 2017. Mit Bescheid vom 20. Juli 2016 lehnte der Polizeipräsident in Berlin die Bewerbung mit der Begründung ab, die Klägerin unterschreite die für die Laufbahn vorgeschriebene Mindestgröße.
Nach den Vorgaben des Beklagten für eine Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst müssen Bewerberinnen mindestens 160 cm und Bewerber mindestens 165 cm groß sein.

Gegen den Bescheid hat die Klägerin Klage erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt, den das Gericht mit Beschluss vom 9. Dezember 2016 mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs abgelehnt hat; zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die vom Beklagten vorgesehene Mindestkörpergröße von 160 cm für Polizeivollzugsbeamtinnen sei zur Bewältigung polizeilicher Aufgaben und angesichts der Notwendigkeit, sich in körperlichen Auseinandersetzungen und bei der Anwendung körperlichen Zwangs durch die erfolgreiche Anwendung von Halte- und Hebeltechniken durchsetzen zu können, gerechtfertigt. Die Beschwerde der Klägerin gegen diesen Beschluss hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 27. Januar 2017 zurückgewiesen.

Die Klägerin macht geltend, sie wegen ihrer Körpergröße auszuschließen stelle einen Eingriff in ihr Recht aus Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes dar, für den es an einer gesetzlichen Grundlage fehle. Es gehe um ihre gesundheitliche Eignung, für deren Feststellung dem Beklagten kein Beurteilungsspielraum zustehe. Die „ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit – PDV 300“ rechtfertige allein einen Ausschluss wegen krankhaften Kleinwuchses, der erst bei einer Körpergröße unter 150 cm vorliege, bei Frauen teilweise sogar erst ab einer Körpergröße unter 140 cm angenommen werde. Der Beklagte habe nicht dokumentiert und dargelegt, dass Polizeibeamtinnen mit einer Größe von 154 cm Halte- und Hebeltechniken nicht in gleicher Weise effektiv anwenden könnten wie solche, die 160 cm groß seien. Dem Gericht sei es verwehrt, auf physikalische Gesetzmäßigkeiten abzustellen, da ihm insoweit der erforderliche Sachverstand fehle. Die Argumentation mit Halte- und Hebeltechniken sei auch nicht schlüssig, da der Beklagte von Männern eine Mindestgröße von 165 cm fordere. Seine Anforderungen stellten im Übrigen eine mittelbare Diskriminierung von Frauen dar. Weiter nimmt die Klägerin Bezug auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen und des Verwaltungsgerichts Schleswig.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass der Bescheid des Polizeipräsidenten in Berlin vom 20. Juli 2016 rechtswidrig gewesen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Festlegung einer Mindestgröße für Frauen auf 160 cm für sachgerecht, da von Polizeibeamtinnen und -beamten ein Erscheinungsbild gefordert werden könne, das ihre körperliche Kraft und Durchsetzungsfähigkeit widerspiegele. Erforderlich sei zudem, dass die Beamten in körperlichen Auseinandersetzungen bestehen und erfolgreich unmittelbaren Zwang anwenden könnten. Im Übrigen verweist der Beklagte auf den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. August 2016 – 1 B 976/16 –.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten, der vorgelegen hat und – soweit erheblich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Sie ist zwar als Fortsetzungsfeststellungklage zulässig. Die ursprünglich erhobene Verpflichtungsklage ist, nachdem der Einstellungstermin 3. April 2017, für den die Klägerin sich beworben hatte, verstrichen war, unzulässig geworden. Werden Stellen für Beamte – wie hier – zu regelmäßig wiederkehrenden Zeitpunkten ausgeschrieben und besetzt, so erlischt der materielle Einstellungsanspruch mit dem Verstreichen des Einstellungszeitpunktes und der Besetzung der Stellen durch andere Bewerber. Mit der Erledigung des ursprünglichen Einstellungsbegehrens durch Verstreichen des Einstellungstermins ist nur noch eine Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 der VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – statthaft.

Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich aus einer Wiederholungsgefahr. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung dargetan, dass sie weiterhin an einer Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst interessiert ist. Sie würde aber bei einer erneuten Bewerbung mit der gleichen Begründung wie im Bescheid vom 20. Juli 2016 abgelehnt werden. Darauf, zu jedem Einstellungstermin erneut einen Einstellungsantrag zu stellen und nach dessen Ablehnung das Gericht mit einer Verpflichtungsklage anzurufen, muss sie sich nicht verweisen lassen.

Die Klage ist aber unbegründet.

Die Ablehnung der Einstellung der Klägerin in den gehobenen Dienst der Kriminalpolizei durch den Bescheid des Polizeipräsidenten in Berlin vom 20. Juli 2016 war rechtmäßig und verletzte sie nicht in ihren Rechten. Zum Zeitpunkt der Erledigung – dem Verstreichen des Einstellungstermins am 3. April 2017 – stand ihr ein Anspruch auf Einstellung oder zumindest Neubescheidung ihrer Bewerbung nicht zu.

Weder Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes – GG –, nach dem jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt hat, noch die zu seiner Konkretisierung ergangenen beamtenrechtlichen Vorschriften gewähren einen Anspruch auf Begründung eines Beamtenverhältnisses. Die Ernennung eines Bewerbers zum Beamten auf Widerruf steht vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn, der innerhalb des ihm durch die verfassungsrechtlichen beamtenrechtlichen Vorschriften gesetzten Rahmens sowohl den Bedarf an Beamten als auch die aus seiner Sicht maßgeblichen Eignungs-, Befähigungs- und Leistungskriterien im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG bestimmen kann.

Das Zugangskriterium der Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG umfasst die gesamte Persönlichkeit des Bewerbers; bei der geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in körperlicher Hinsicht entspricht, was nicht allein die gesundheitliche Eignung meint. Entscheidend für die Beurteilung der körperlichen Eignung sind die Anforderungen der jeweiligen Laufbahn, die der Dienstherr bestimmt. Hierbei steht ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren hat; die vom Dienstherrn getroffenen Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuellen körperlichen Fähigkeiten der Bewerber zu messen sind.

Die vom Beklagten geforderte Mindestkörpergröße zielt auf die körperliche Eignung des Bewerbers für den Polizeivollzugsdienst ab. Sie betrifft die physischen Fähigkeiten des Beamten und sein körperliches Erscheinungsbild. Der Beklagte geht davon aus, dass die Erfüllung vollzugspolizeilicher Aufgaben eine gewisse Körpergröße der Beamtinnen und Beamten erfordert, um in körperlichen Auseinandersetzungen bestehen und nach außen körperliche Kraft und Durchsetzungsfähigkeit vermitteln zu können.

Als körperliches Eignungskriterium im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG ist es damit Sache des Beklagten als mit einem weiten Beurteilungsspielraum ausgestatteten Dienstherrn, die Anforderungen an eine Mindestgrößen auszugestalten und Vorgaben zu machen. Anders als bei Einstellungshöchstaltersgrenzen, die in der Regel ältere Bewerber ohne Rücksicht auf Eignung, fachliche Leistung und Befähigung von der Verbeamtung ausschließen und deshalb – soweit das Alter nicht ausnahmsweise als Indikator für die Tauglichkeit des Beamten zu amtsangemessenen, funktionsgerechten Leistungen dient – einen Eingriff in Art. 33 Abs. 2 GG darstellen, bedarf die Festlegung einer Mindestgröße keiner gesetzlichen Grundlage.

Die Vorgaben an die Mindestgröße sind vom Beklagten getroffen worden durch den Erlass vom 26. März 2013 über die Einführung der PDV 300 – Ausgabe 2012 – „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“, nach deren Anlage 1, Nr. 1.3., sich die Beurteilung der Körperlänge der Bewerber nach den vom Dienstherrn erlassenen Bestimmungen richtet, und das Anforderungsprofil „Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst “, wonach Bewerberinnen für den gehobenen Polizeivollzugsdienst mindestens 160 cm groß sein müssen. Hiermit hat der Beklagte im Rahmen des ihm zustehenden Einschätzungsspielraums die körperlichen Anforderungen für die Laufbahnbewerberinnen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise inhaltlich konkretisiert. Anders als die Klägerin meint, hat er sich durch die Einführung der PDV 300, die in der Anlage 1 unter der Nummer 1.3.1 als ein die Polizeidiensttauglichkeit ausschließendes Merkmal „Kleinwuchs“ benennt, nicht darauf festgelegt, dass nur das krankhaft verminderte Längenwachstum, also bei Frauen einen Körpergröße unter 140 cm bzw. 150 cm, einen Ausschlussgrund begründet. Das Merkmal „Kleinwuchs“ steht selbständig neben der Vorgabe in Nr. 1.3., wonach der Dienstherr die Bestimmungen für die erforderliche Körperlänge der Bewerber erlässt; der krankhafte Kleinwuchs stellt ohne Weiteres einen absoluten Ausschlussgrund dar, während sich außerhalb dieses Krankheitsbildes der Dienstherr zu den erforderlichen Mindestgrößen verhält.

Die Festlegung der Mindestgröße auf 160 cm erweist sich auch als sachgerecht und beurteilungsfehlerfrei.

Der Beklagte verweist insoweit zum einen auf die Durchsetzungsfähigkeit von Polizeibeamten in körperlichen Auseinandersetzungen. Nach der von ihm für maßgeblich erklärten PDV 300, Ziffer 1.2., müssen – ohne weiteres einleuchtend – die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit der Bewerber für den Polizeivollzugsdienst insbesondere den körperlichen Einsatz gegen Personen und die Anwendung unmittelbaren Zwangs zulassen. Dass für die Durchsetzungsfähigkeit bei körperlichen Auseinandersetzungen und für die Anwendung unmittelbaren Zwangs neben erlernbaren Kenntnissen der Anwendung von Halte- und Hebeltechniken gewisse körperliche Mindestvoraussetzungen erfüllt sein müssen, um diese erfolgreich gegenüber Personen anwenden zu können, ist offenkundig. Es ist auch offenkundig, dass die erfolgreiche Anwendung von Halte- und Hebeltechniken, durch die eine Person zu Fall gebracht oder fixiert werden soll, bei ansonsten gleich guter technischer Beherrschung schwieriger ist, wenn die derartige Techniken anwendende Person erheblich kleiner ist als ihr Gegenüber. Das ergibt sich aufgrund von nach allgemeiner Lebenserfahrung in ihrer Wirkungsweise bekannten physikalischen Gesetzmäßigkeiten und ist für jedermann ohne weiteres erkennbar. Eines besonderen Nachweises der nachteiligen Auswirkung einer nicht unerheblich geringeren Körpergröße für die effektive Anwendung von Halte- und Hebeltechniken bei der Überwältigung einer körperlich größeren Person bedarf es deshalb nicht.

Auch die Festlegung der Mindestgröße auf 160 cm erweist sich angesichts der statistischen Körpergröße von Männern und Frauen, die deutlich über dieser Mindestgröße liegt, als sachgerecht. Nach dem Ergebnis des Mikrozensus 2013 beträgt die durchschnittliche Körpergröße von 18- bis 50-jährigen Männern zwischen 180 cm und 181 cm und die von 18- bis 50-jährigen Frauen zwischen 167 cm und 168 cm. Aus der Statistik des Sozio-Ökonomischen Panels zur Größe der Zwanzigjährigen in Deutschland ergibt sich, dass 99,5 % bzw. 88,2 % der männlichen und 83,7 % bzw. 64,6 % der weiblichen Zwanzigjährigen 160 cm und größer bzw. 170 cm und größer sind.

Mit Blick darauf, dass sich die statistische Körpergrößenverteilung ohne weiteres aus allgemein zugänglichen Quellen erschließt und die negativen Auswirkungen einer deutlich geringeren Körpergröße bei der Anwendung von Halte- und Hebeltechniken gegen körperlich größere Personen aufgrund physikalischer Gesetzmäßigkeiten offenkundig ist, kann dem Beklagten nicht vorgehalten werden, es fehle, wie das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen in seinem von der Klägerin in Bezug genommenen Urteil vom 14. März 2016 rügt, an einem hinreichend fundierten und nachvollziehbaren Verfahren zur Ermittlung der Mindestgröße. Angesichts der Offenkundigkeit bedarf es auch nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Gericht.

Im Übrigen unterscheidet sich der vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschiedene Fall vom vorliegenden, weil es dort um die Rechtmäßigkeit einer für Männer geltenden Mindestgröße von 168 cm ging. Gleiches gilt für den von der Klägerin ebenfalls in Bezug genommenen, vom Verwaltungsgericht Schleswig mit Urteil vom 26. März 2015 – 12 A 120/14 – entschiedenen Fall, in welchem von weiblichen Bewerbern eine Mindestgröße von 163 cm gefordert wurde.

Vorliegend unterschreitet die Klägerin hingegen die vom Beklagten rechtmäßig geforderten 160 cm sogar um 6 cm. Angesichts der obigen Ausführung liegen die negativen Auswirkungen ihrer Körpergröße bei körperlichen Auseinandersetzungen und der Anwendung unmittelbaren Zwangs auf der Hand. Ob dies bei der für Männer in Berlin geltenden Mindestgröße von 165 cm ebenso der Fall ist, ist für die Frage der Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der Klägerin ohne Belang.

Der Beklagte verweist hinsichtlich der Festlegung der Mindestgröße zum anderen auf das „Vorfeld“ körperlicher Auseinandersetzungen und den äußeren Eindruck der Polizeibeamten; unterhalb einer Körpergröße von 160 cm böten Polizeibeamtinnen nicht mehr ein Erscheinungsbild, das ihre körperliche Kraft und Durchsetzungsfähigkeit widerspiegele. Auch hiergegen ist mit Blick auf die mit dem Polizeivollzugsdienst einhergehende Bewältigung von Konfliktsituationen und Konfrontation mit Aggressoren nichts zu erinnern. Angesichts der dargestellten statistischen Körpergrößenverteilung erschließt sich ohne Weiteres, dass Polizistinnen unter 160 cm „auffallen“ und wegen der beschriebenen offensichtlichen Nachteile, die mit einer geringen Körpergröße in einer körperlichen Auseinandersetzung verbunden sind, als „schwache Stelle“ und unterlegen wahrgenommen werden. Es drängt sich daher auf, dass sie damit auch eher und bevorzugt Ziel von Widerstandshandlungen und aggressivem Verhalten wären. Für die Klägerin mit einer Körpergröße von nur 154 cm gilt dies in besonderem Maße.

Mit der starren Mindestgrößenvorgabe für Frauen von 160 cm und dem Ausschluss kleinerer Frauen vom öffentlichen Amt einer Polizeivollzugsbeamtin, insbesondere dem Ausschluss der Klägerin, die die geforderte Körpergröße um 6 cm unterschreitet, verletzt der Beklagte auch nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Ausschluss ist geeignet, die effektive Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben sicherzustellen; ein milderes, in gleicher Weise effektives Mittel ist nicht erkennbar. Die Maßnahme erweist sich auch als verhältnismäßig im engeren Sinne: Im Rahmen der widerstreitenden Interessen kommt einer möglichst störungsfreien Bewältigung polizeilicher Aufgaben, bei der es um die Abwehr von Gefahren für unter Umständen hochrangige Rechtsgüter wie Leib und Leben geht, eine höhere Bedeutung zu, als dem Interesse der Klägerin am Zugang zum Polizeivollzugsdienst.

Ohne Belang ist, dass im Land Bremen und für die Bundespolizei keine Vorgaben für eine Mindestkörpergröße der Bewerberinnen und Bewerber existieren. Maßgeblich ist allein, ob der Beklagte den ihm eröffneten Beurteilungsspielraum verletzt hat, was, wie dargestellt, zu verneinen ist. Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass die in Berlin festgelegte Mindestgröße im Vergleich zu den Bundesländern, die eine solche ebenfalls geregelt haben, und den Vorgaben für eine Einstellung beim Bundeskriminalamt an der untersten Grenze liegt.

Soweit die Klägerin auf eine mittelbare Ungleichbehandlung und faktische Benachteiligung von Frauen verweist, ist dies wegen des vom Beklagten verfolgten Ziels der ordnungsgemäßen Erfüllung polizeilicher Aufgaben und des Vorliegens sachlicher Gründe – die effektive Ausführbarkeit körperlicher Fixierungs- und Festnahmetechniken und die Vermittlung polizeilicher Durchsetzungsfähigkeit –, die nichts mit geschlechtsbezogener Benachteiligung zu tun haben, mit Art. 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 GG, § 2 Abs. 2 des Landesgleichstellungsgesetz – LGG –, §§ 24, 1 und 2 des Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – AGG – vereinbar. Dass mit einer starren Mindestgrößenvorgabe gewisse Härten einhergehen, ist ebenso wie bei der Regelung bestimmter Lebenssachverhalte durch Stichtage hinzunehmen. Zudem bewegt sich die Klägerin mit einer Körpergröße von 154 cm nicht im Grenzbereich der starren Größenvorgabe, sondern unterschreitet diese beträchtlich.

Durfte nach all dem der Beklagte zu Recht die Klägerin als für den gehobenen Polizeivollzugsdienst ungeeignet halten, durfte er auch ihre Bewerbung ablehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 33


(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

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(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 3.780,31 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 23.04.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 62 % und die Beklagte zu 38 %.

Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagte ist das Urteil wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der vollstreckungsfähigen Kosten, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (Art. 1 des Gesetzes vom 14.08.2006, BGBl. I S. 1897, zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 03.04.2013, BGBl. I S. 610, im folgenden AGG) wegen ihrer Nichtberücksichtigung in einem Bewerbungsverfahren der Beklagten aufgrund ihrer unter den aufgestellten Mindestanforderungen liegenden Körperlänge.

2

Die Klägerin bewarb sich als Volljuristin mit beiden juristischen Staatsexamina mit Bewerbung vom 21.11.2013 bei der Bundespolizeiakademie auf eine Stellenausschreibung vom 11.11.2013 um Einstellung in den Vorbereitungsdienst des höheren Polizeivollzugsdienstes der Bundespolizei. Mit Schreiben vom 02.12.2013 wurde die Bewerbung der Klägerin abgelehnt. Sie könne nicht berücksichtigt werden, da sie die Mindestanforderungen der Einstellungsvoraussetzung Körperlänge nicht erfülle. Mit 1,58 m Körperlänge werde die Einstellungsvoraussetzung von mindestens 1,63 m nicht erfüllt. Diese Mindestanforderung ist in den Richtlinien für die Auswahl und Einstellung von Bewerberinnen und Bewerbern für den mittleren und gehobenen Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei festgehalten:

3

„... Die Mindestkörperlänge beträgt für Bewerberinnen 1,63 m und für Bewerber 1,65 m. Bei besonders geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern kann diese Grenze um bis zu 2 cm unterschritten werden. Die Körperlänge soll nicht mehr als 1,95 m befragen. Bei besonders geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern kann diese Grenze um bis zu 2 cm überschritten werden...“.

4

In der Stellenausschreibung für den höheren Dienst war die Mindestkörperlänge seitens der Beklagten zum Gegenstand des Anforderungsprofils gemacht worden.

5

Gegen ihre Ablehnung erhob die Klägerin mit Schreiben vom 23.12.2013 Widerspruch. Dieser wurde mit Schreiben vom 20.02.2014 zurückgewiesen. Klage wurde hiergegen nicht erhoben.

6

Mit Schreiben vom 24.01.2014 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten Entschädigungsansprüche aufgrund von Diskriminierung nach dem AGG geltend. Die Klägerin erhielt eine Eingangsbestätigung, jedoch keine Sachentscheidung.

7

Sie erhob deshalb unter dem 15.04.2014 Klage zum Arbeitsgericht Lübeck, welches die Klage mit Verweisungsbeschluss vom 02.07.2014 — an das erkennende Gericht verwies (Eingang 03.09.2014).

8

Die Mindestlänge als Zugangskriterium zum Polizeidienst sei als Benachteiligung im Sinne einer Behinderung gem. § 1 Var. 6 AGG zu sehen. Die Definition der Behinderung im Sinne des AGG gehe weit über die aus dem Sozialrecht bekannte Definition nach § 2 SGB IX hinaus. Eines festgestellten Behinderungsgrades bedürfe es dabei nicht, weil der Begriff der Behinderung nicht medizinisch, sondern medizinisch-sozial auszulegen sei. Ihre Körperlänge sei ein Dauerzustand und könne von ihr nicht verändert werden. Bei einem Lebensalter von 28 Jahren sei auch nicht mehr mit einem Wachstumsschub zu rechnen.

9

Durch die starre Körperlängenvorgabe von 1,63 m sei ihr der komplette Bereich der Polizei, sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene, als potentieller Arbeitsplatz entzogen. Die von der Beklagten festgelegte Längenvorgabe sei willkürlich, wie sich schon am Beispiel der unterschiedlichen Körperlängenvoraussetzungen der einzelnen Landespolizeien zeige. Zudem stelle die Beklagte kontinuierlich Frauen in Polizeivollzugsdienst ein, die die geforderte Mindestköperlänge nicht erfüllten, wie eine Reihe von Beispielen aus dem Bereich des Spitzensports zeige.

10

Darüber hinaus bestehe ebenfalls eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gem. § 1 Var. 3 AGG. Frauen seien generell kleiner als Männer. Männer seien de facto über 12 cm länger als Frauen. Danach erfüllten mehr als 40 % der Frauen die vorgegebene Längenvorgabe nicht, im Vergleich aber nur rund 4 % der Männer die Längenvorgabe für Männer von 1,65 m nicht. Es liege insoweit eine unzulässige mittelbare Diskriminierung gem. § 3 Abs. 2 AGG vor.

11

Das Ziel der störungsfreien Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben könne nicht durch eine starre Längenvorgabe ohne Anschauung des Bewerbers gewährleistet werden. Ein pauschales Aussortieren von Bewerberinnen könne nicht sachlich gerechtfertigt sein, weil das eingesetzte Mittel nicht dem Ziel entsprechend angemessen eingesetzt werde. Allein die Möglichkeit, dass es aufgrund einer geringeren Körperlänge zu „Problemen" kommen könne, sei kein tragfähiger Anknüpfungspunkt. Auch in anderen Auswahlregelwerken (z.B. Bundeswehr, Hessische Feuerwehrlaufbahnverordnung) werde eine aufgabenbezogene Einzelfallbetrachtung vorgenommen, selbst die Bundeswehr orientiere sich lediglich an einer „Richtmindestgröße" von 1,55 m.

12

Zudem sei zu beachten, dass es sich bei der ausgeschriebenen Stelle um eine Einstellung in den höheren Polizeivollzugsdienst, nach eigener Stellenbeschreibung der Beklagten also um Führungsaufgaben in leitender Funktion im Aufgabenbereich der Bundespolizei handele. Der angenommene Bewerber durchlaufe dabei als Vorbereitungsdienst ein 2-jähriges Masterstudium. Originäre Polizeiaufgaben der Beamtinnen im einfachen, mittleren und gehobenen Dienst seien von dem Aufgabenbereich der ausgeschriebenen Stelle wenn überhaupt nur zu einem minimalen Bruchteil erfasst.

13

Die Längenvorgabe für Frauen von 1,63 m sei auch verfassungswidrig, da sie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG und das Willkürverbot verstoße. Es handele sich um eine starre Längenvorgabe, die eine Einzelfallentscheidung generell ausschließe und somit willkürlich sei. Die Köperlänge eines Menschen sei ein völlig ungeeignetes Differenzierungskriterium, da es keine Aussagekraft über die Leistungsfähigkeit habe, auf die jedoch im deutschen Berufsbeamtentum maßgeblich abgestellt werde. Ein Dienstherr, der sein pflichtgemäßes Ermessen allein nach der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ausüben dürfe, handele ermessensfehlerhaft, wenn er eine Längenvorgabe für Frauen von 1,63 m als Anforderung nach § 2 Abs. 3 BLV bestimme. Durch die dahingehende Ungleichbehandlung werde zugleich in das Grundrecht der Art. 33 Abs. 2; Art. 33 Abs. 5 Art. GG eingegriffen. Auch gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach Art. 20 Abs. 3 GG werde verstoßen. Die Aufgaben einer Polizeivollzugsbeamtin im höheren Dienst würden im Stellenbeschreibungsprofil als „polizeiliche Führungsaufgaben mit leitender Funktion im Aufgabenbereich der Bundespolizei" beschrieben. Im Hinblick auf die künftige Tätigkeit eines Polizeivollzugsbeamten im höheren Dienst sei eine Mindestvorgabe der Körperlänge - gerade in Bezug auf die zu erwartende überwiegende Ausübung des Berufs von einem Schreibtisch aus - nicht nachvollziehbar.

14

Die Vorgabe einer bestimmten Körperlänge als Zulassungskriterium verstoße auch gegen Art. 8, 19 Abs. 1 AEUV zur Gleichstellung von Männern und Frauen, sowie zur Vermeidung von Diskriminierung u.a. aufgrund von Behinderung und des Geschlechts, sowie gegen die Richtlinie 2006/54/EG vom 05.07.2006. In anderen EU-Ländern (Irland und Österreich) sei aufgrund der Europarechtswidrigkeit von einem Körperlängenausschlusskriterium Abstand genommen worden.

15

Die als Mindestbetrag vorgeschlagene Entschädigungsleistung orientiere sich an dem dreifachen Monatsbruttobetrag der für die ausgeschriebene Stelle angegebenen Besoldungsgruppe A 13 der Bundesbesoldungsordnung.

16

Die Klägerin beantragt,

17

die Beklagte zu verurteilen, ihr eine angemessene Entschädigung gem. § 15 Abs. 2 AGG nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Höhe der Entschädigung wird in das Ermessen des Gerichts gestellt, soll jedoch einen Betrag von 10.000,- Euro nicht unterschreiten.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Ein Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 AGG scheide aus. Zwar habe die Beklagte mit ihrer Auswahlentscheidung die Klägerin wegen ihres Geschlechts ungleich behandelt, jedoch liege diesbezüglich eine sachliche Rechtfertigung vor.

21

Es stehe im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn, die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers entsprechend Art. 33 Abs. 2 GG vorzunehmen. Der Dienstherr bestimme nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung den Zugang zu dem öffentlichen Amt. Sein Ermessen könne der Dienstherr dabei durch Verwaltungsvorschriften binden oder aber durch ein Anforderungsprofil innerhalb der Ausschreibung. Die allgemeinen Einstellungsvoraussetzungen seien der Bundespolizeilaufbahnverordnung (BPolLV) und der Bundeslaufbahnverordnung (BLV) zu entnehmen. Da der BPolLV im Wesentlichen nur Regelungen zu der Gestaltung und den Ämtern der Laufbahnen, den Einrichtungen des Vorbereitungsdienstes für die jeweiligen Laufbahnen, den Einstellungen in den Vorbereitungsdienst und den Zugang zu den jeweiligen Laufbahnen des Polizeivollzugsdienstes der Bundespolizei und nicht zu Einstellungsvoraussetzungen zu entnehmen seien, fänden gem. § 1 BPolLV die Vorschriften der BLV Anwendung. Nach § 3 BLV seien alle laufbahnrechtlichen Entscheidungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen, wobei nach § 2 Abs. 3 BLV Befähigung die Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten und sonstige Eigenschaften umfasse, die für die dienstliche Verwendung wesentlich seien.

22

In einer angemessenen Körperlänge sehe der Dienstherr eine Eigenschaft, die für die dienstliche Verwendung wesentlich sei. Die Festsetzung von Mindestkörperlängen bei Polizeibeamten sei sachlich gerechtfertigt, um eine störungsfreie Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben zu gewährleisten. Es könne in den verschiedensten Bereichen bei der Polizeiausbildung, beispielsweise im Einsatztraining, und im operativen Einsatz zu Problemen bei unterdurchschnittlich kleinen Polizeibeamtinnen und -beamten beiderlei Geschlechts kommen. Dies habe sich insbesondere im Bekleidungsbereich (z.B. Einsatzhelme, ABC-Schutzmasken) und bei Eingriffstechniken („Festnahmetechnik 360 Grad“, Körperschutztechniken) gezeigt. Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte, die erheblich kleiner seien als ein gewaltbereites Gegenüber, seien überdies in dieser Hinsicht physisch und psychologisch im Nachteil, im Angriffsfall würden sie als Schwachstelle angesehen bzw. zum bevorzugten Angriffsziel.

23

Solche längenbedingten Probleme könnten durch die Forderung von Mindestlängen umgangen werden. Bei den Verfahren betreffend die Auswahl und die Einstellung für den mittleren und gehobenen Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei handele es sich um Massenverfahren, da in jedem Jahr insgesamt ca. 1000 Bewerberinnen und Bewerber in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahnen des mittleren und gehobenen Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei eingestellt würden. Diese Massenverfahren hätten eine Bindung des dem Dienstherrn zustehenden Ermessens betreffend die Auswahl nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in Richtlinien erforderlich gemacht, um sicher zu stellen, dass die Bewerberinnen und Bewerber sachgemäß ausgewählt und dabei einheitlich und gleichmäßig behandelt würden. Es gebe durchaus auch Unterschiede zwischen den Aufgabenbereichen von Landes- und Bundespolizei. Die Bundespolizei biete überregionale Einsatzmöglichkeiten, auch im Ausland und dort in Krisengebieten.

24

Das Verfahren für die Auswahl und die Einstellung von Nachwuchskräften für den höheren Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei - beispielsweise mit der Befähigung zum Richteramt - stelle hingegen ein bedarfsorientiertes Verfahren (Einstellung von max. 2 Nachwuchskräften pro Jahr) dar, welches eine Bindung des Ermessens des Dienstherrn in Form einer Verwaltungsvorschrift entbehrlich mache und eine Ermessensbindung durch den Inhalt des entsprechenden Anforderungsprofils ausreichen lasse. Das Anforderungsprofil der Ausschreibung für die Auswahl und die Einstellung von Nachwuchskräften für den höheren Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei im Jahr 2014 sehe daher, wie bereits auch schon in den letzten Jahren, analog zu den Richtlinien für den mittleren und gehobenen Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei und aus den gleichen Erwägungen wie beim mittleren und gehobenen Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei, vor, dass eine Frau mindestens 1,63 m groß sein müsse. Die Forderung einer Mindestlänge auch für die Polizeibeamtin bzw. den Polizeibeamten des höheren Polizeivollzugsdiensts der Bundespolizei sei zum Einen im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gerechtfertigt, da auch Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte aus dem gehobenen Dienst in den höheren Dienst aufsteigen könnten. Genauso verhalte es sich mit der Polizeidiensttauglichkeit, die unabhängig von der jeweiligen Laufbahn der Bundespolizei bei jeder Bewerberin bzw. jedem Bewerber vorliegen müsse. Zum Anderen würden von den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten des höheren Polizeivollzugsdienstes der Bundespolizei zwar polizeiliche Führungsaufgaben in leitender Funktion wahrgenommen. Dies bedeute aber nicht, dass die Beamtinnen und Beamten ausschließlich mit der Planung und Organisation betraut seien, sondern oftmals selbst Teil der Einsätze seien und in einem solchen Fall die störungsfreie Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben ebenso gewährleistet sein müsse, wie bei dem Einsatz von Beamtinnen und Beamten des mittleren bzw. gehobenen Polizeivollzugsdienstes der Bundespolizei. Seit dem Jahr 2003 seien ausnahmslos alle eingestellten Juristen und Volljuristen in typischen Erstverwendungen der Bewertungsebene A 13h/14 eingesetzt worden. Der höhere Polizeivollzugsdienst umfasse praktische und strategische Führungsaufgaben in den Dienststellen und Behörden der Bundespolizei. Gemäß ihres Personalentwicklungskonzepts erfolge die Erstverwendung im höheren Polizeivollzugsdienst grundsätzlich in operativen Funktionen (Nr. 9.1.3.1 des PEK). Dadurch solle eine entsprechende Verwendungsbreite im Polizeivollzugsdienst erlangt werden, um sich für Spitzenfunktionen zu qualifizieren. Die im operativen Bereich gesammelten Erfahrungen könnten so in die strategischen Überlegungen der Behörde einfließen. Die einheitlichen Einstellungsvoraussetzungen und damit die vollumfängliche Einsatzfähigkeit der Mitarbeiter/innen seien das Fundament und Planungsgrundlage für eine Vielzahl verschiedener Personalentwicklungsmaßnahmen und Garant für die Funktionsfähigkeit der Behörde.

25

Die Anforderung einer Mindestlänge verstoße auch nicht gegen das AGG. Die unterdurchschnittliche Körperlänge der Klägerin von 1,58 m sei nicht als eine Behinderung anzusehen. Die Klägerin werde auch nicht aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert. Da die Körperlänge nicht unmittelbares AGG-Kriterium sei, komme ohnehin allenfalls eine mittelbare Benachteiligung gemäß § 3 Abs. 2 AGG in Betracht. Gemäß den Ausführungen der Klägerin anhand der Zahlen des Sozio-Ökonomischen Panels, dass zwar 40 % der Frauen durch die starren Längenvorgaben ausgeschlossen würden, allerdings nur ca. 4 % der Männer, könne dieses Verhältnis von 10:1 eine „besondere Weise" der Benachteiligung im Sinne des § 3 Abs. 2 AGG darstellen. Eine solche mittelbare Ungleichbehandlung sei jedoch zulässig. Eine Anpassung der von der Klägerin angeführten, ungerecht verteilten Prozentsätze auf 3 % für Männer und Frauen gleichermaßen, wäre nicht praktikabel. Es würde dadurch zu einer weiteren Reduzierung der Körperlänge für Frauen auf 156 cm kommen, während es zu einer Erhöhung der Mindestlänge für Männer auf 174 cm kommen würde. Sodann würden männliche Bewerber ausgeschlossen, die länger als 168 cm seien und unstreitig für den Polizeidienst geeignet wären. Um wegen ihrer Länge ungeeignete weibliche Bewerber auszuschließen und andererseits die wegen ihrer ausreichenden Länge geeigneten männlichen Bewerber einzubeziehen, sei es sachlich gerechtfertigt, prozentual mehr Frauen auszuschließen als Männer.

26

Der Einwand der Klägerin, dass sie sich bei einer Anstellung als Juristin im Polizeivollzugsdienst primär mit Führungsaufgaben in leitender Funktion beschäftigen würde und es somit nicht auf ihre Körperlänge ankäme, sei unzutreffend. Wie die Klägerin im Übrigen selbst ausführt, komme es sogar innerhalb des Vorbereitungsstudiums auf den höheren Polizeivollzugsdienst zu der Erfüllung originärer Polizeiaufgaben, für welche eine Mindestkörperlänge aus den genannten Gründen weiterhin unerlässlich sei. Die Führung von Polizeivollzugsbeamten setze zwangsläufig voraus, dass auch die Führungskraft denselben Auswahlprozess durchlaufen habe und der originären Polizeiarbeit ebenso gewachsen sei wie die ihr unterstellten Beamten.

27

Überdies gebe es die Möglichkeit, bei besonderen Fähigkeiten oder Schlüsselqualifikationen eines Bewerbers/einer Bewerberin in sorgfältig begründeten Einzelfällen ausnahmsweise von den Vorgaben für die Mindestkörperlänge abzuweichen. Ausnahmetatbestände könnten darin begründet sein, dass eine Bewerberin eine besondere körperliche Eignung aufweise, beispielsweise im Spitzensport oder bei besonderer Lebens- und/oder Berufserfahrung bzw. eine einschlägige Vorbildung aufweise oder besondere Fähigkeiten und Fertigkeiten aufweise, die z.B. für eine Spezialverwendung erforderlich seien (z.B. Führen eines Hubschraubers oder spezielle Nahkampfausbildungen), und/oder über überdurchschnittliche Kenntnisse beispielsweise in für die Ermittlungs- und Präventionsarbeit relevante Fremdsprachen verfüge, welche derzeit noch nicht hinreichend innerhalb der Bundespolizei repräsentiert würden (z.B. osteuropäische oder asiatische Sprachen).

28

Das Bundesministerium des Inneren fördere speziell den deutschen Spitzensport und bringe damit zum Ausdruck, dass Sport für die Bundesregierung ein besonders wichtiges Anliegen sei. Leistung und Auftreten deutscher Spitzensportler/innen trügen zum Ansehen Deutschlands in aller Welt bei und motivierten die Menschen, mitzumachen und nachzueifern. Das sei eine wichtige Voraussetzung dafür, dass der Sport seine soziale und integrative Kraft entfalten könne. Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die den sogenannten Spitzensport lebten, stabilisierten und bereicherten das gesellschaftliche Zusammenleben. Mit der Spitzensportförderung unterstütze die Bundespolizei junge, hochtalentierte Ausnahmeathleten, indem sie ihnen die Möglichkeit gebe, die sportliche Karriere mit einer Ausbildung für den mittleren Polizeivollzugsdienst zu kombinieren und trage damit ihrer gesamtgesellschaftlichen Verpflichtung Rechnung. Voraussetzung eines ausnahmsweisen Abweichens von der Mindestkörperlänge bleibe stets die körperliche Eignung, die Einsatzmittel der Bundespolizei sicher anzuwenden und die persönliche Schutzausrüstung tragen zu können. Besondere, ein Abweichen rechtfertigende Merkmale lägen bei der Klägerin jedoch nicht vor.

29

Die Mindestlängenanforderung sei auch verfassungsgemäß. Aus den genannten Gründen liege kein ungerechtfertigter Eingriff in Art. 33 Abs. 2 GG oder Art. 3 Abs. 1 GG vor.

30

Auch ein Verstoß gegen die Richtlinie 2006/54/EG vom 05.07.2006 sowie Art. 8 und 19 AEUV liege nicht vor, denn die genannten Regelungen seien in Deutschland in Form des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) in innerstaatliches Recht umgesetzt worden.

31

Der Anspruch aus § 15 Abs. 2 AGG setze einen dem Arbeitgeber zurechenbaren Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG voraus. Gemäß § 7 Abs. 1 AGG dürften Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Dies liege jedoch aus den dargestellten Gründen nicht vor.

Entscheidungsgründe

32

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Entschädigungsanspruch zwar dem Grunde, jedoch nicht der Höhe nach zu.

33

Die Nichtberücksichtigung in einem Auswahlverfahren für ein öffentliches Amt ist zunächst abstrakt geeignet, einen Anspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG auszulösen. Die Beteiligten unterfallen dem persönlichen Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Als Bewerberin für ein öffentlich-rechtliches Beschäftigungsverhältnis im höheren Polizeivollzugsdienst der Beklagten gilt die Klägerin gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 24 Nr. 2 AGG als Beschäftigte im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes; die Beklagte als möglicher (künftiger) Dienstherr ist Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes (§ 6 Abs. 2 AGG), vgl. BVerwG, Urteil vom 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135 ff, juris-Rn. 12.

34

Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG. Zwar wird der Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nur in § 15 Abs. 1 AGG als Tatbestandsvoraussetzung für den Ersatz materieller Schäden ausdrücklich genannt. Dem Charakter des § 15 AGG als umfassender Regelung der finanziellen Einstandspflicht des Arbeitgebers bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot entspricht es aber, auch die Entschädigung immaterieller Schäden nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG an einen derartigen Verstoß zu binden (BVerwG a.a.O., juris-Rn. 14).

35

Diese Voraussetzungen liegen vor.

36

Zwar ist die Körperlänge der Klägerin nicht als eine Behinderung im Sinne von § 1 Var. 6 AGG anzusehen. Nach den Ergebnissen des Mikrozensus 2013 (https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Gesundheit/GesundheitszustandRelevantesVerhalten/Tabellen/Koerpermasse.html) liegt die Klägerin 9 cm unter der für ihre Altersgruppe ermittelten Durchschnittslänge. Es erscheint der Kammer fernliegend, diese Abweichung vorliegend als eine Behinderung in Erwägung zu ziehen, vgl. auch Nr. 18.7 Stichwort „Kleinwuchs" der GdS-Tabelle zur Versorgungsmedizin-Verordnung, wonach ein Grad der Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erst unterhalb von 141 cm nach Abschluss des Wachstums in Betracht kommt. Es liegt insoweit keine unmittelbare Diskriminierung wegen Behinderung gem. § 3 Abs. 1 AGG vor.

37

Zwischen den Beteiligten ist allerdings unstreitig, dass die Körperlängenanforderungen eine mittelbare Benachteiligung von Frauen gem. § 3 Abs. 2 AGG wegen des Geschlechts (§ 1 Var. 3 AGG) bewirken. Die Kammer teilt diese Bewertung der Beteiligten und folgt überdies den Ausführungen des ArbG Köln, Urteil vom 28.11.2013 - 15 Ca 3879/13 - juris-Rn. 37 ff. (insoweit bestätigt durch LAG Köln, Urteil vom 25.06.2014 - 5 Sa 75/14 - juris-Rn. 61 ff.; Revision anhängig beim Bundesarbeitsgericht - 8 AZR 638/14). Eine solche mittelbare Benachteiligung ist nach § 3 Abs. 2 Hs. 2 AGG nur gerechtfertigt, wenn die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich begründet und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind oder die spezielle Ausnahme nach § 8 Abs. 1 AGG vorliegt. Danach ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstelle, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

38

Die damit im AGG formulierten Anforderungen sind jedenfalls was die Anknüpfung an von einem Bewerber nicht beeinflussbare Merkmale angeht dieselben, die auch an eine Begrenzung des Bewerberkreises durch ein beamtenrechtliches Anforderungsprofil zu stellen sind. So ist der öffentlichen Verwaltung im Rahmen der ihr zustehenden Personal- und Organisationshoheit zwar die Möglichkeit eingeräumt, den Kreis der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerber um ein öffentliches Amt aufgrund sachlicher Erwägungen einzuengen, vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.02.2007 - 2 BvR 2494/06 - BVerfGK 10, 355, juris-Rn. 11; BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 - 2 VR 1/13 - BVerwGE 147, 20 ff., juris-Rn. 23, Beschluss vom 08.07.2014 - 2 B 7/14 - NVwZ-RR 2014, 885 ff.

39

Bewerber, die die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe von vornherein nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen werden und müssen nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden. Dies gilt grundsätzlich auch für Bewerber, die zwingende Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen (BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 - 2 VR 1/13 - BVerwGE 147, 20 ff., juris-Rn. 23 m.w.N.).

40

Bei der Festlegung eines Anforderungsprofils ist der Dienstherr allerdings nicht frei, sondern an die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden. Die Formulierung von Ausschlusskriterien bedarf mithin schon deshalb eines sachlichen Grundes. Wird um des Sachgrundes willen ein Ausschlusskriterium formuliert, das - wie vorliegend - den besonderen Regelungsbereich des AGG berührt, muss sich dieses überdies im Lichte von § 8 Abs. 1 AGG als unter Berücksichtigung des sachlichen Grundes verhältnismäßig in Bezug auf die begründete mittelbare Beeinträchtigung darstellen. Daran fehlt es vorliegend.

41

Die Beklagte beruft sich hinsichtlich der Festsetzung von Mindestkörperlängen bei Polizeivollzugsbeamten auf die störungsfreie Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben, die durch die geschilderten Probleme gefährdet werde. Sie bezieht sich auf VG Düsseldorf, Urteil vom 02.10.2007-2 K 2070/07 -, juris-Rn. 43:

42

„Grundsätzlich ist die Festsetzung von Mindestkörpergrößen bei Polizeibeamten sachlich gerechtfertigt, um eine störungsfreie Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben zu gewährleisten. Vor dem Erlass vom 9. März 2006 ist es in den verschiedensten Bereichen bei der Polizeiausbildung und im operativen Einsatz zu Problemen bei unterdurchschnittlich kleinen Polizeibeamten beiderlei Geschlechts gekommen. Hierzu hat der Beklagte in der Klageerwiderung vom 20. August 2007 umfangreiche, detaillierte und überzeugende Ausführungen gemacht, auf die Bezug genommen wird. Derartige, größenbedingte Probleme lassen sich durch die Einführung von Mindestgrößen jedenfalls für den Polizeinachwuchs beheben. Dass es sich bei der störungsfreien Aufgabenwahrnehmung durch die Polizei um ein rechtmäßiges Ziel handelt, bedarf keiner weiteren Ausführungen.“

43

Dass die störungsfreie Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben ein angemessenes Ziel sein kann, um dessen Realisierung willen eine mittelbare Ungleichbehandlung gerechtfertigt sein kann, steht auch für die erkennende Kammer außer Frage. Allerdings ersetzt auch der hohe Rang des Ziels nicht den Nachweis der Rechtfertigung der konkreten Maßnahme. Die Angemessenheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme ist nachgewiesen, wenn sie im Hinblick auf das verfolgte Ziel nicht unvernünftig erscheint und auf Beweismittel mit einer gewissen Beweiskraft gestützt ist, BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12/11 - BVerwGE 147, 244 ff., juris-Rn. 45 f. unter Verweis auf EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 - Rs. C-159/10 und 160/10, Fuchs und Köhler-NVwZ 2011, 1249 Rn. 61, 73 f. und 80 f.).

44

Hinsichtlich des streitgegenständlichen höheren Dienstes hat die Beklagte die Körperlängenanforderungen, die sie für den mittleren und den gehobenen Dienst in Richtlinien gefasst hat, in analoger Anwendung zum Gegenstand des Anforderungsprofils gemacht.

45

Die Kammer kann diese Argumentation bereits aufgrund ihrer Pauschalität nicht als hinreichend im Sinne einer zulässigen Beschränkung von Art. 33 Abs. 2 GG und der Rechtfertigung einer mittelbaren Benachteiligung gem. § 8 AGG ansehen. Es ist im Sinne der Verhältnismäßigkeit nicht erkennbar, dass das Körperlängenerfordernis von derartiger belegbarer Aussagekraft wäre, dass das den Männer und Frauen erheblich ungleich treffenden Eingriff bezüglich des Zugangs zu öffentlichen Ämtern rechtfertigt. Die Darstellung der von der Beklagten angeführten „Probleme“ bleibt im Allgemeinen, ohne dass zumindest interne Untersuchungen oder ähnliches vorgelegt worden wären. Die Beklagte trifft allerdings die volle Beweislast für die die mittelbare Benachteiligung rechtfertigenden Umstände.

46

Vielerorts, wenn nicht bei globaler Betrachtung sogar überwiegend, wird zumeist auch aufgrund indirekter Benachteiligung von Frauen oder einzelner Ethnien auf ein Mindestlängenkriterium verzichtet und stattdessen auf individuelle Merkmale wie körperliche Fitness und Abwehrfähigkeiten abgestellt. Kirchengast gelangt in ihrer Studie aus dem Jahr 2011 "Minimum body height requirements for police officers - an international comparison”, SIAK-Journal - Journal for Police Science and Practice (Vol. 1), 52-61, verfügbar unter http://dx.doi.org/10.7396/IE_2011_E zu dem Ergebnis, dass Mindestkörpergrößenvorgaben weniger auf einem wissenschaftlich belegten grundsätzlichen Eignungsvorteil beruhen, sondern auf der eher evolutionär/traditionellen Annahme, dass Körperlänge mit körperlicher Leistungsfähigkeit gleichzusetzen ist und dass im Aufeinandertreffen von Polizeikräften mit Gewaltbereiten die Körpergröße einen psychologischen Vorteil darstellen kann. Die Befragungen von Kirchengast haben allerdings auch das Ergebnis gezeitigt, dass auch die Aufgabe von Körpergrößenvorgaben zumeist nicht auf wissenschaftlicher Erkenntnis, sondern Gründen der political correctness beruhte.

47

In diesem Zusammenhang wäre wegen fehlender Faktenlage deshalb vermutlich sogar eine auf Erfahrungswerte der Beklagten gestützte sachkundige Einschätzung von hohem Erkenntniswert. Hierfür genügt der pauschale Vortrag in diesem Verfahren jedoch nicht. Dies gilt umso mehr, als die für die analoge Übertragung der für den mittleren und gehobenen Dienst geltenden Anforderungen auf den von der Klägerin angestrebten höheren Dienst angeführten Gründe ebenfalls alles andere als zwingend erscheinen. So mögen sich durchaus ggf. im höheren Dienst „große" Aufstiegsbeamte und „kleine" Direkteinstiegsbeamte begegnen. Das von der Beklagten angeführte Gleichheitsproblem kann die Kammer darin allerdings nicht erkennen. Entgegen der Darlegungen der Beklagten sind auch die Aufgaben der unterschiedlichen Laufbahnen jedenfalls nach Abschluss der entsprechenden vorbereitenden Verwendungen ganz überwiegend andere. Selbst wenn man innerdienstliche Akzeptanzgesichtspunkte für eine mögliche Rechtfertigung berücksichtigt, würde das bemühte Szenario der „kleinen Führungskraft" doch überbetont. Denn zum Einen hieße der Verzicht auf eine Mindestkörperlänge nicht, dass nicht auf andere Weise eine hinreichende körperliche Eignung definiert und überprüft werden könnte. Zum Anderen erlaubten auch die geltenden internen Vorschriften theoretisch bereits um bis zu 197 cm - 161 cm = 36 cm kürzere Führungskräfte. Daneben steht allgemein zu hoffen, dass Führungskräften neben der reinen Physis auch andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, sich bei dem ihnen unterstellten Personal Respekt und Anerkennung zu verschaffen.

48

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Ausführungen der Beklagten zu ihrer Ausnahmepraxis im Bereich des Spitzensports wegen des „Ansehens Deutschlands in aller Welt" und zur Motivation der Menschen, „mitzumachen und nachzueifern" in Bezug auf eine Person, die jedenfalls ausweislich ihrer Bewerbung „mitmachen" wollte und aufgrund einer unveränderlichen körperlichen Eigenschaft hiervon abgehalten wurde, wenig überzeugend ist. Die betroffenen Spitzensportler stehen verkürzt dargestellt nämlich nur deshalb in Diensten der Beklagten, weil diese sich mit ihnen positiv darstellen kann. Könnte die Beklagte dies nicht, wäre diesem Personenkreis der Weg in die Dienste der Beklagten verwehrt. Das Grundgesetz und das AGG verpflichten die Beklagte aber dazu, losgelöst von der Verwertbarkeit für die öffentliche Darstellung Benachteiligungen aufgrund unveränderlicher Eigenschaften nur dann vorzunehmen, wenn sie hierfür einen sachlichen Grund nachweisen kann.

49

Hinsichtlich der Höhe der zugesprochenen Entschädigung waren die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Das BAG, Urteil vom 22.05.2014 - 8 AZR 662/13 - NJW 2014, 2893 ff., juris-Rn. 44 hat diesbezüglich ausgeführt:

50

„Bei der Höhe einer festzusetzenden Entschädigung ist zu berücksichtigen, dass sie nach § 15 Abs. 2 AGG angemessen sein muss. Sie muss einen tatsächlichen und wirksamen rechtlichen Schutz der aus dem Unionsrecht hergeleiteten Rechte gewährleisten (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 [Asociatia ACCEPT] - Rn. 63; 22. April 1997 - C-180/95 [Draehmpaehl] - Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195). Die Härte der Sanktionen muss der Schwere des Verstoßes entsprechen - indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gewährleistet -, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren (EuGH 25. April 2013 - C-81/12 [Asociatia ACCEPT] - Rn. 63 mwN). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls - wie etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns - und der Sanktionszweck der Entschädigungsnorm zu berücksichtigen (vgl. ua. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 38; 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - Rn. 38; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 82 mwN, BAGE 129, 181)."

51

Diese Erwägungen des BAG gelten auch für den vorliegend streitigen Entschädigungsanspruch nach AGG in Bezug auf ein Beamtenverhältnis, vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2014 - 2 C 3/13 - juris-Rn. 61. Die Kammer berücksichtigt maßgeblich, dass vorliegend nur eine mittelbare Benachteiligung in Rede steht, die zudem nicht ohne Weiteres offensichtlich ist. Die Forderung von Mindestkörperlängen seitens der Beklagten ist zudem durch ein wichtiges Gemeinschaftsgut motiviert, vergleichbare Regelungen im Polizeibereich zudem weit verbreitet. Der Klägerin dürfte dies auch vor ihrer Bewerbung bekannt gewesen sein. Sie hat zudem den auf ihren Bewerbungsverfahrensanspruch gestützten primären Rechtsschutz nur bis ins Widerspruchsverfahren verfolgt und nicht z.B. durch Klage oder auch einen Antrag auf gerichtlichen Eilrechtsschutz zum Ausdruck gebracht, dass ihr der Zugang zum Auswahlverfahren für den Vorbereitungsdienst der Beklagten nachhaltig wichtig ist. Sie trifft deshalb ein anspruchsminderndes Mitverschulden (vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 14.08.2013-2 K 2669/11 - juris-Rn. 129). Die Kammer hält deshalb ein Monatsbruttogehalt der Besoldungsgruppe A 13, niedrigste Erfahrungsstufe, nach der im Zeitpunkt der Ablehnungsentscheidung gültigen Tabelle (3.780,31 EUR) für einen angemessenen Entschädigungsbetrag.

52

Der Anspruch auf Prozesszinsen ab dem auf den Eintritt der Rechtshängigkeit folgenden Tag (vgl. BGH, Urteil vom 24.01.1990 - VIII ZR 296/88 - NJW-RR 1990, 518 f, juris- Rn. 25) ergibt sich aus § 291 BGB in entsprechender Anwendung (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2001 - 5 C 34/00 - BVerwGE 114, 61 ff., juris-Rn. 6 m.w.N.). Infolge der Klageerhebung zunächst beim Arbeitsgericht, richtet sich der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit nach der Zustellung der Klage am 22.04.2014, § 17b Abs. 1 Satz 2 GVG, §46 Abs. 2 ArbGG, §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO.

53

Die Kostentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat zwar die Höhe des geforderten Entschädigungsbetrages grundsätzlich in das Ermessen des Gerichts gestellt, jedoch mit der Angabe eines nicht zu unterschreitenden Betrages zum Ausdruck gebracht, wann sie sich bei Zurückbleiben hinter diesem Betrag beschwert fühlen würde. Der von der Kammer als angemessen erachtete Betrag liegt erheblich unter der genannten Untergrenze, so dass dieses Teilunterliegen auch kostenmäßig zu berücksichtigen ist, vgl. BGH, Urteil vom 30.04.1996 - VI ZR 55/95 - BGHZ 132, 341 ff., juris- Rn. 32 ff., Urteil vom 02.02.1999 - VI ZR 25/98-BGHZ 140, 335 ff., juris-Rn. 18.

54

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, § 709 ZPO bzw. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Die Berufung war nach §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.