Außerordentliche Kündigung: Kündigung wegen Arbeit während der Krankheit

published on 26/11/2013 11:08
Außerordentliche Kündigung: Kündigung wegen Arbeit während der Krankheit
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außerordentliche Kündigung wegen Vortäuschens der Arbeitsunfähigkeit.
Der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) wegen Bluthochdrucks und Atemnot ist durch Schleifarbeiten im privaten Bereich erschüttert. Hierin liegt auch ein genesungswidriges Verhalten.

Diese Entscheidung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz im Fall eines 59-jährigen Masseurs, der für eine Woche wegen Bluthochdrucks und Atemnot krankgeschrieben war. Zuvor hatte er eine Krebserkrankung überstanden und war daher gesundheitlich beeinträchtigt. Während der Arbeitsunfähigkeit half er an drei Tagen seiner Tochter bei der Hausrenovierung. Dabei wurde er von einem Detektiv beobachtet, den sein Arbeitgeber eingeschaltet hatte. Der Arbeitgeber sprach daraufhin eine außerordentliche Kündigung aus. Die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers wurde in zweiter Instanz vom LAG abgewiesen.

Nach Auffassung der Richter war der Beweiswert der ärztlichen AUB hier im Streitfall erschüttert. Körperlich anstrengende Arbeiten seien nicht mit der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit wegen Bluthochdrucks und Atemnot zu vereinbaren. Wer Schleifarbeiten mit Atemmaske verrichten könne, müsse auch die Arbeit als Masseur ausführen. Überdies habe der Arbeitnehmer die Pflicht zur Förderung seiner Genesung verletzt. Ein zur Kündigung berechtigender Pflichtverstoß könne auch darin liegen, dass er bei bescheinigter Arbeitsunfähigkeit den Heilungserfolg durch gesundheitswidriges Verhalten gefährde (LAG Rheinland-Pfalz, 10 Sa 100/13).


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 11.07.2013 (Az: 10 Sa 100/13)

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 5. Dezember 2012, Az. 3 Ca 1271/12, abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.


Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 10.07.2012.

Der 1953 geborene Kläger ist seit 26.04.1995 im Kurbetrieb der Beklagten als Masseur beschäftigt. Die Parteien führen ihr Arbeitsverhältnis seit 01.01.2011 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell weiter. Die Arbeitsphase endet am 30.09.2013, die sich daran anschließende Freistellungsphase am 30.06.2016. Die Altersteilzeitvergütung des Klägers beträgt € 1.936,89 brutto monatlich. Die Beklagte beschäftigt ca. 30 Arbeitnehmer; es besteht ein Betriebsrat.

Der Kläger leidet seit 1996 unter chronischem Bluthochdruck. Wegen eines Karzinoms wurde ihm die linke Niere entfernt. Er befindet sich wegen dieser Krankheiten in Dauerbehandlung i. S. d. § 62 SGB V und muss dauerhaft folgende Medikamente einnehmen: Nebilet 5 mg, Clonidin 0,15 mg, Diltiazem 90 mg, Allupurinol 300 mg, Molsidomin 8 mg, Euthyrox 100 mg, Jodid 100, Furosemid 40 mg. Im November 2009 wurde der Kläger wegen seiner arteriellen Hypertonie stationär behandelt, eine befriedigende Einstellung des Blutdrucks gelang nicht.

Am 20.06.2012 suchte der Kläger die Praxis seines Hausarztes auf. Er wurde für die Zeit vom 20.06. bis einschließlich 29.06.2012 von der Allgemeinärztin Dr. med. E. B. arbeitsunfähig krankgeschrieben. Ihre Diagnose lautete: „Belastungsdyspnoe sowie Verdacht auf koronare Herzerkrankung.“ Der Kläger litt nach seinen Angaben unter zunehmendem Herzrasen, Atemnot und einer starken Zunahme von Wasser in den Beinen. Allein das Gehen habe ihm erhebliche Probleme bereitet, er sei erschöpft gewesen und habe sich ständig ausruhen und erholen müssen. Sein Pulsschlag habe nach normalem Treppensteigen ca. 120/min. betragen. Erfreulicherweise habe sich sein Gesundheitszustand durch die Einnahme des Medikaments Molsidomin in einer erhöhten Dosierung (2 x 4, statt 2 x 2 mg tgl.) wesentlich gebessert. Er habe sich daher zum Ende der Krankschreibung in der Lage gefühlt, leichte körperliche Arbeiten zu verrichten.

Bei der Beklagten ging aus den Reihen der Belegschaft der Hinweis ein, dass der Kläger während der Krankschreibung im Wohnhaus seiner Tochter Renovierungsarbeiten durchführe. Deshalb beauftragte die Beklagte am 25.06.2012 eine Detektei mit der Observierung des Klägers. Der Kläger wurde drei Tage vom 26. bis 28.06.2012 von Detektiven beschattet.

Am Samstag, dem 30.06.2012, nahm der Kläger seine Tätigkeit als Masseur im Betrieb der Beklagten wieder auf. Die Detektei legte der Beklagten am 03.07.2012 ihren Bericht (vgl. wegen des Inhalts im Einzelnen: Bl. 44-60 d. A.) vor. Am 03.07.2012 konfrontierte der kaufmännische Leiter der Beklagten den Kläger mit den Beobachtungen der Detektei und hörte ihn zu den Verdachtsmomenten an, die er in einem Aktenvermerk stichwortartig wie folgt zusammenfasste:

„...

Besuch Bauhaus am 26.06.12  Herr C. stimmt zu

Schleifarbeiten mit Schleifmaschine und Atemschutzmaske am 26.06.12  keine Rückmeldung

Fenster geputzt und „abgerubbelt“  Zustimmung

Arbeiten mit Akkuschrauber oder -bohrer  keine Rückmeldung

Diverse Fahrten zwischen seinem Haus und der Baustelle im Zeitraum 26.06. - 28.06.12  Zustimmung

Diverse Putzarbeiten, Säuberung von Arbeitsmaterial, Tragen von Kartonagen und einer Holzpalette  Zustimmung

Schrank ausgeladen aus Pkw am 28.06.12  Zustimmung“

Mit Schreiben vom 05.07.2012 hörte die Beklagte unter Beifügung des Berichts der Detektei den Betriebsrat zu einer beabsichtigten fristlosen Kündigung an. Die Betriebsratsvorsitzende teilte der Beklagten mit Schreiben vom 06.07.2012 mit, der Betriebsrat habe in seiner Sitzung den Beschluss gefasst, sich zur Kündigungsabsicht nicht zu äußern.

Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 10.07.2012, das dem Kläger am selben Tag zugegangen ist, fristlos, rein vorsorglich zum nächstzulässigen Termin. Gegen diese Kündigung hat der Kläger am 30.07.2012 Kündigungsschutzklage erhoben und die Ansicht vertreten, ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung liege nicht vor. Er habe nur Hilfstätigkeiten bei der Renovierung im Haus seiner Tochter verrichtet, nachdem er sich erheblich besser gefühlt habe. Er habe sorgfältig jedes Maß an Anstrengung vermieden. Er bestritt, dass er eine Holzplatte in der Größe von 2,5 x 0,5 m getragen habe. Er habe nicht mit „Hammer und Meißel“ gearbeitet, sondern Fliesenkanten mit Hammer und Schraubenzieher geglättet. Er habe auch keinen Schrank getragen, sondern mit einer zweiten Person den Korpus eines Schuhschranks ohne Türen. Er habe mit Pausen und nach selbstbestimmtem Rhythmus gearbeitet.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 10.07.2012, zugegangen am 10.07.2012, nicht aufgelöst worden ist,

fürsorglich für den Fall, dass gemäß Antrag Ziffer 1 entschieden wird: festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung nicht aufgelöst worden ist,

die Beklagte zu verurteilen, ihn vorläufig zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 05.12.2012 Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und - zusammengefasst - ausgeführt, die fristlose Kündigung der Beklagten sei unwirksam. Ihr Verdacht, der Kläger sei nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen bzw. er habe sich genesungwidrig verhalten, sei nicht begründet. Es sei durchaus möglich, dass sich der Kläger aufgrund der geänderten Medikamentation im Verlauf der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeitszeit wieder besser gefühlt habe, so dass er in der Lage gewesen sei, Tätigkeiten im Haus seiner Tochter zu verrichten. Hierdurch habe sich die Dauer der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit nicht verlängert. Die Änderung der Medikamentation (2 x 4, statt 2 x 2 mg Molsidomin) spreche eindeutig dafür, dass der Kläger am 20.06.2012 begründet arbeitsunfähig krankgeschrieben worden sei. Es fehlten Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seiner behandelnden Ärztin eine Erkrankung vorgeschwindelt bzw. sich während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit trotz eingetretener Besserung genesungswidrig verhalten habe. Im Übrigen habe die Beklagte den Kläger „ins offene Messer“ laufen lassen, weil ihr bereits in der Vergangenheit Hinweise zugetragen worden seien, dass der Kläger während ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeitszeiten anderen Tätigkeiten nachgegangen sei. Darüber hinaus hätte die Beklagte als milderes Mittel die Entgeltfortzahlung verweigern können. Die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung sei unwirksam, weil die Beklagte den Betriebsrat ausschließlich zu einer fristlosen Kündigung angehört habe. Die Beklagte sei verpflichtet, den Kläger weiterzubeschäftigen. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 7 bis 12 des erstinstanzlichen Urteils vom 05.12.2012 Bezug genommen.

Gegen das Urteil, das ihr am 08.02.2013 zugestellt worden ist, hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift ist am 01.03.2013, die Begründungsschrift innerhalb der bis zum 08.05.2013 verlängerten Frist am 08.05.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Die Beklagte trägt vor, es habe bereits in der Vergangenheit unspezifizierte Gerüchte gegeben, dass der Kläger während der Krankschreibung andere Tätigkeiten verrichtet habe. Für die Krankschreibung ab 20.06.2012 habe sie konkrete Hinweise erhalten, dass der Kläger Bauarbeiten im Haus seiner Tochter durchführe. Dem sei sie durch die Beauftragung des Detektivs nachgegangen. Sie habe den Kläger entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht „ins Messer laufen“ lassen. Der Kläger habe mit nur kleinen Unterbrechungen am 26. und 27.06.2012 jeweils über 8,5 Stunden und am 28.06.2012 über 9 Stunden im Haus seiner Tochter Bauarbeiten verrichtet. Es bestehe - auch wenn der Kläger nicht ständig unmittelbar habe beobachtet werden können - der dringende Verdacht, dass er durchgängig Renovierungsarbeiten im Haus durchgeführt habe. Der Kläger verteidige sich mit der Behauptung, er habe sich in der Lage gefühlt, „leichte“ körperliche Arbeiten zu verrichten. Er bestreite lediglich, eine Holzplatte in der Größe von 2,5 x 0,5 m getragen zu haben. Er räume die beobachteten Arbeiten mit „Hammer und Meißel“ mit der Einschränkung ein, er habe Fliesenkanten mit „Hammer und Schraubenzieher“ geglättet. Das Tragen eines Schrankes räume er ebenfalls insoweit ein, als dass es sich um den „Korpus eines Schuhschrankes ohne Türen“ gehandelt habe. Bei den festgestellten Tätigkeiten handele es sich offensichtlich nicht um „leichte“, sondern um „schwere“ oder „mittelschwere“ Bautätigkeiten. Sie seien keinesfalls leichter als die Tätigkeiten, die der Kläger an seinem Arbeitsplatz zu verrichten habe. Der Kläger habe seine Arbeitsfähigkeit - offenbar aufgrund der geänderten Medikamentation - wiedererlangt. Er hätte ihr seine Arbeitskraft anbieten müssen, weil er in der Lage gewesen sei, seine Tätigkeit als Masseur auszuüben. Dazu gehörten nicht nur Massagen im Rahmen von Anwendungsterminen, sondern auch Lymphdrainagen (sitzende Tätigkeit, weniger anstrengend) und Wassergymnastik (Einzel- und Gruppengymnastik). Ihre Auslastungsquote bei Masseuren sei im Vergleich zu anderen Einrichtungen eher unterdurchschnittlich und liege bei ca. 60%. Außerdem würden Masseure, die aus dem Krankenstand zurückkommen bei der Vergabe der Anwendungstermine nur „vorsichtig“ eingeplant.

Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 05.12.2012, Az. 3 Ca 1271/12, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seines Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 02.07.2012, auf den Bezug genommen wird, als zutreffend. Aufgrund der geänderten Medikamentation (2 x 4, statt 2 x 2 mg Molsidomin tgl.) sei eine merkliche Verbesserung seines Gesundheitszustandes eingetreten, so dass er körperlich in der Lage gewesen sei, Tätigkeiten im Haus seiner Tochter nachzukommen. Dadurch sei die Dauer der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit nicht verlängert worden. Ein Arbeitnehmer sei weder tatsächlich noch rechtlich verpflichtet, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft vor Ablauf des Enddatums der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anzubieten, wenn er sich gesund und arbeitsfähig fühle. Die subjektive Wertung des betroffenen Arbeitnehmers sei nicht ausschlaggebend. Er habe vom 26. bis 28.06.2012 nicht über 8 Stunden täglich gearbeitet, vielmehr habe er immer wieder und sehr häufig kürzere und längere Pausen eingelegt, um sich nur in dem Maße körperlich zu belasten, wie er es im Hinblick auf seine gesundheitliche Situation für vertretbar gehalten habe. Dies sei möglich gewesen, weil die Renovierungsarbeiten von Familienmitgliedern ohne zeitliche Vorgaben durchgeführt worden seien, so dass er öfter längere Pausen habe einlegen können. Der 80-jährige Großvater seines Schwiegersohnes habe die schweren Arbeiten, insb. das Heben und Tragen schwerer Lasten, übernommen; auch die Großmutter habe sich nützlich gemacht. Dieses „Trio“ habe offenkundig nicht im Akkord gearbeitet.

Entgegen der Darstellung der Beklagten sei die Tätigkeit als Masseur als Schwerarbeit einzustufen. Beim Massieren herrsche eine Raumtemperatur von in der Regel 26°C, die Gymnastik werde häufig bei ca. 35°C durchgeführt, die Einzelgymnastik im Wasser bei 32°C. Wegen der Arsenbelastung, der Temperatur und der Sole dürfe im Wasser nur eine Stunde pro Tag gearbeitet werden. Seit Jahren sei die Vollmassage zur Norm geworden, zur Rückenmassage kämen in der Regel 12 Patienten nacheinander. Lymphdrainagen könnten zwar im Sitzen durchgeführt werden, fielen ihm wegen Prostataproblemen jedoch schwer. Es sei keineswegs so, dass die Beklagte ihre Mitarbeiter nach Arbeitsunfähigkeitszeiten nur reduziert einsetze. Um eine volle Einsatzplanung zu erreichen, werde vielmehr schon drei Tage vor Ablauf der Arbeitsunfähigkeit nachgefragt, ob mit einem Wiedereinsatz zu rechnen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und in ausreichender Weise begründet worden. Sie ist somit zulässig.

Die Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.07.2012 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden. Das Urteil des Arbeitsgerichts war deshalb abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die außerordentliche Kündigung der Beklagten ist gemäß § 626 BGB rechtswirksam. Gegen den Kläger besteht der dringende Verdacht, dass er zumindest ab 26.06.2012 nicht mehr arbeitsunfähig erkrankt war und sich von der Beklagten Entgeltfortzahlung erschlichen hat.

Die körperlich anstrengenden Tätigkeiten des Klägers auf der Baustelle im Haus seiner Tochter während der ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit rechtfertigen die außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB an sich.

Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund bilden. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Der Verdacht muss auf konkrete - vom Kündigenden darzulegende und ggf. zu beweisende - Tatsachen gestützt sein. Der Verdacht muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen dementsprechend zur Rechtfertigung eines dringenden Tatverdachts nicht aus.

Die Berufungskammer geht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BAG und des LAG Rheinland-Pfalz davon aus, dass es einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung darstellen kann, wenn der Arbeitnehmer unter Vorlage eines ärztlichen Attestes der Arbeit fern bleibt und sich Entgeltfortzahlung gewähren lässt, obwohl es sich in Wahrheit nur um eine vorgetäuschte Krankheit handelt. Auch der dringende Verdacht, der Arbeitnehmer habe sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit unlauteren Mitteln erschlichen, kann einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen.

Hinzu kommt, dass sich ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer so verhalten muss, dass er bald wieder gesund wird und an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann. Er hat alles zu unterlassen, was seine Genesung verzögern könnte. Der erkrankte Arbeitnehmer hat insoweit auf die schützenswerten Interessen des Arbeitgebers, die sich ua. aus der Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung ergeben, Rücksicht zu nehmen. Eine schwerwiegende Verletzung dieser Rücksichtnahmepflicht kann nach der Rechtsprechung des BAG eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund an sich rechtfertigen. Deshalb kann ein pflichtwidriges Verhalten vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer bei bescheinigter Arbeitsunfähigkeit den Heilungserfolg durch gesundheitswidriges Verhalten gefährdet. Damit verstößt er nicht nur gegen eine Leistungspflicht, sondern zerstört insbesondere auch das Vertrauen des Arbeitgebers in seine Redlichkeit. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer während der Krankheit nebenher bei einem anderen Arbeitgeber arbeitet, sondern kann auch gegeben sein, wenn er Freizeitaktivitäten nachgeht, die mit der Arbeitsunfähigkeit nur schwer in Einklang zu bringen sind.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Berufungskammer der Auffassung, dass die Beklagte den Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die dem Kläger für die Zeit vom 20.06. bis zum 29.06.2012 mit der Diagnose „Belastungsdyspnoe sowie Verdacht auf koronare Herzerkrankung“ ausgestellt worden ist, erschüttert hat. Das basiert auf der Tatsache, dass der Kläger zumindest an drei Tagen vom 26.06. bis 28.06.2012 auf der Baustelle im Wohnhaus seiner Tochter körperlich anstrengend gearbeitet hat. Seine Aktivitäten beim Innenausbau lassen sich mit der festgestellten Arbeitsunfähigkeit nicht in Einklang bringen. Es besteht der dringende Verdacht, dass der Kläger nicht infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert war und demzufolge auch in der Lage gewesen wäre, seiner vertraglichen Tätigkeit als Masseur nachzukommen.

Es besteht auch der dringende Verdacht, dass der Kläger bereits vor Beginn der Beobachtung durch die Detektei (ab 26.06.2012) auf der Baustelle seiner Tochter gearbeitet hat, weil die Beklagte - unstreitig - aus den Reihen der Belegschaft den Hinweis erhalten hatte, dass der Kläger dort im Krankschreibungszeitraum arbeite. Deshalb hat sie am 25.06.2012 die Detektei mit der Observierung beauftragt.

Die beauftragten Detektive haben den Kläger am 26.06.2012 in der Zeit von 10:07 Uhr (Ankunft am Haus der Tochter) bis 18:34 Uhr (Abfahrt vom Haus der Tochter) durchgängig, d. h. über 8,5 Stunden auf der Baustelle beobachtet. Am 27.06.2012 traf der Kläger kurz nach 09:11 Uhr am Haus der Tochter ein. Er verließ das Haus um 11:27 Uhr, kehrte von 11:58 Uhr bis 12:25 Uhr kurz zurück, um sich nachmittags von 12:40 Uhr bis 18:52 Uhr erneut auf der Baustelle aufzuhalten. Am 28.06.2012 war er von 09:50 Uhr bis 12:06 Uhr und von 12:33 Uhr bis 19:20 Uhr auf der Baustelle seiner Tochter anwesend. Seine Anwesenheitszeiten auf der Baustelle betrugen abermals 8,5 bzw. 9 Stunden.

Auch wenn die Detektive den Kläger von ihrem Standort außerhalb des Hauses unmittelbar nur beobachten konnten, wenn er durch die Fenster oder die geöffnete Haustür zu sehen war oder wenn er sich vor dem Haus aufhielt, besteht für die Berufungskammer der hinreichende und dringende Verdacht, dass er auch in der Zeit, in der er nicht unmittelbar zu sehen war, durchgängig Renovierungsarbeiten durchgeführt hat. Der Kläger trug Arbeitshandschuhe und verschmutzte Kleidung. Für seine Behauptung, er habe immer wieder und sehr häufig kürzere und längere Pausen eingelegt, besteht nicht der geringste Anhaltspunkt. Der Kläger hat die Baustelle an den drei Tagen jeweils nur für eine kurze Mittagspause verlassen.

Bei den handwerklichen Tätigkeiten, die der Kläger nach dem Bericht der Detektei auf der Baustelle seiner Tochter verrichtet hat, handelt es sich keinesfalls um „leichte“ körperliche Arbeiten, wie er glauben machen will. Der Kläger räumt ein, dass er mit „Hammer und Schraubenzieher“ Fliesenkanten geglättet hat. Er hat einen Schrank gehoben und getragen, wobei er die Gewichtsbelastung dadurch abschwächt, dass es sich nur um den Korpus eines Schuhschranks ohne Türen gehandelt habe. Der Kläger verrichtete mit einer Schleifmaschine Schleifarbeiten. Bei dieser Arbeit setzte er eine Atemschutzmaske auf. Er arbeitete mit einem Akkuschrauber oder -bohrer auf einer Leiter. Er arbeitete sowohl Überkopf als auch in gebückter Haltung. Er verrichtete außerdem diverse Reinigungsarbeiten, putzte die Fenster, säuberte das Arbeitsmaterial und entsorgte Baustellenabfälle.

Die Fähigkeit, diese mittelschweren bis schweren Baustellentätigkeiten auszuüben, lässt sich nicht mit dem vom Kläger geschilderten Krankheitsbild in Einklang bringen, wonach er unter Herzrasen und Atemnot gelitten haben will. Bereits das Gehen habe ihm erhebliche Probleme bereitet, er sei erschöpft gewesen und habe sich ständig ausruhen und erholen müssen. Sein Pulsschlag habe nach normalem Treppensteigen ca. 120/min. betragen.

Wenn sich sein - nach dem Vorbringen des Klägers - anfangs recht dramatischer Gesundheitszustand wesentlich gebessert haben sollte, wie der Kläger behauptet, war er jedenfalls verpflichtet, seine Arbeit bei der Beklagten wieder aufzunehmen, anstatt auf der Baustelle seiner Tochter Renovierungsarbeiten durchzuführen. Jedenfalls war der Kläger verpflichtet, den Heilungserfolg nicht dadurch zu gefährden, dass er sich mit Bauarbeiten körperlich belastet. Der arbeitsunfähig krankgeschriebene Arbeitnehmer ist zu einem seine Heilung fördernden Verhalten verpflichtet, d. h. er hat sich so zu verhalten, dass er möglichst bald wieder gesund wird. Die körperlichen Arbeiten beim Innenausbau sind ihrer Natur nach geeignet, die Wiedergenesung zu verzögern.

Die Berufungskammer verkennt nicht, dass Masseure mittelschwere körperliche Arbeiten zu verrichten haben, dass sie in überheizten Behandlungsräumen oder Schwimmbädern mit hoher Luftfeuchtigkeit und Wassertemperatur arbeiten müssen und auch Atemwegsbelastungen durch Badezusätze (Sole oder andere Stoffe) ausgesetzt sind. Wenn der Kläger aber körperlich in der Lage war, insb. Schleifarbeiten mit einer Atemschutzmaske zu verrichten oder einen Schrank zu heben und zu tragen, dann hätte er der Beklagten seine Arbeitskraft anbieten müssen, anstatt im Krankschreibungszeitraum auf der Baustelle seiner Tochter schwere körperliche Arbeiten im Innenausbau zu verrichten.

Die fristlose Kündigung vom 10.07.2012 ist bei Beachtung aller Umstände des vorliegenden Falls und nach Abwägung der widerstreitenden Interessen gerechtfertigt. Der Beklagten war es unzumutbar, den Kläger bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist von sechs Monaten weiterzubeschäftigen.

Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Zu berücksichtigen sind regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung - etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Als mildere Reaktionen sind insbesondere Abmahnung und ordentliche Kündigung anzusehen. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen - zu erreichen.

Nach diesen Grundsätzen, denen die Berufungskammer folgt, ist die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.07.2012 gerechtfertigt. Die Interessenabwägung fällt gegen den Kläger aus.

Zugunsten des Klägers spricht zwar seine 17-Jährige Betriebszugehörigkeit seit April 1995, die als störungsfrei unterstellt wird. Zugunsten des Klägers spricht auch sein Lebensalter von 59 Jahren im Zeitpunkt der Kündigung. Dem Kläger wird es aufgrund seines Alters voraussichtlich schwer fallen, eine andere adäquate Beschäftigung in seinem Beruf als Masseur zu finden. Die betrieblichen Interessen der Beklagten an der sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses überwiegen auch angesichts des Umstandes, dass die Freistellungsphase der Altersteilzeit am 01.10.2013 beginnen sollte, denn das Verhalten des Klägers stellt einen massiven Eingriff in das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien dar. Der Kläger hat nicht nur einmal kurz am Bau seiner Tochter geholfen, sondern an drei Tagen hintereinander jeweils über 8,5 Stunden Renovierungsarbeiten verrichtet. Auch im Interesse der anderen Arbeitnehmer des Betriebs, die die Arbeit des krankgeschriebenen Klägers miterledigen müssen, kann ein solches Verhalten nicht hingenommen werden.

Vor Ausspruch der Kündigung bedurfte es keiner Abmahnung. Zwar ist eine Abmahnung bei einem steuerbaren Verhalten grundsätzlich erforderlich. Bei schweren Pflichtverletzungen gilt dies aber nur, wenn der Arbeitnehmer mit vertretbaren Gründen annehmen konnte, sein Verhalten sei nicht vertragswidrig oder werde vom Arbeitgeber zumindest nicht als erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Verhalten angesehen.

Im vorliegenden Fall war für den Kläger erkennbar, dass es die Beklagte nicht hinnimmt, wenn er unter Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Arbeit fernbleibt, während er im Haus seiner Tochter Renovierungsarbeiten durchführt. Kein Arbeitgeber, der erfährt, dass ein bei ihm beschäftigter, arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit mindestens drei volle Arbeitstage auf einer Baustelle arbeitet, wird dies dulden, solange er zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist.

Die Kündigung vom 10.07.2012 ist nicht nach § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Die Beklagte hat die gesetzliche Zwei-Wochen-Frist zur Erklärung der Kündigung gewahrt.

Die Beklagte hat im Verlauf der ab 20.06.2012 attestierten Arbeitsunfähigkeit des Klägers aus den Reihen der Belegschaft den Hinweis erhalten, dass der Kläger im Haus seiner Tochter Renovierungsarbeiten durchführt. Sie hat am 25.06.2012 eine Detektei mit der Überwachung des Klägers beauftragt, um den Sachverhalt aufzuklären. Der Detektivbericht lag der Beklagten am 03.07.2012 vor. Noch am selben Tag hörte sie den Kläger zu den Verdachtsmomenten an. Die Kündigungserklärung erfolgte binnen zweier Wochen nach dem 03.07.2012. Die Kündigung vom 10.07.2012 ist dem Kläger noch am selben Tag zugegangen.

Die außerordentliche Kündigung der Beklagten ist nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat den Betriebsrat am 05.07.2012 angehört und ihm die Gründe für die Kündigung mitgeteilt.

Im Rahmen von § 102 Abs. 1 BetrVG gilt eine abgestufte Darlegungslast. Zunächst hat der Arbeitgeber auf einen entsprechenden Einwand des Arbeitnehmers hin im Einzelnen und nachvollziehbar darzulegen, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden ist. Sodann obliegt es dem Arbeitnehmer vorzutragen, in welchen Punkten er die Betriebsratsanhörung für fehlerhaft hält.

Danach ist die Betriebsratsanhörung im Streitfall wirksam erfolgt. Die Beklagte hat unter Vorlage des Anhörungsschreibens vom 05.07.2012 schlüssig vorgetragen, den zuständigen Betriebsrat zur beabsichtigten fristlosen Kündigung angehört zu haben. Es wäre Aufgabe des Klägers gewesen, nach § 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO im Einzelnen darzulegen, inwieweit die Betriebsratsanhörung gleichwohl unvollständig und damit fehlerhaft gewesen sein soll. Hieran fehlt es, so dass der Vortrag der Beklagten gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt. Ein materieller Rechtsfehler ist angesichts der Schlüssigkeit des Vorbringens der Beklagten nicht zu erkennen.

Die hilfsweise erhobene Klage gegen die vorsorgliche ordentliche Kündigung der Beklagten fällt nicht zur Entscheidung an.

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiterzubeschäftigen, nachdem durch die vorliegende Entscheidung festgestellt worden ist, dass die fristlose Kündigung der Beklagten vom 10.07.2012 rechtswirksam ist.

Als unterlegene Partei hat der Kläger gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen.

Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Die Frage, ob der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft vor dem Enddatum der ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anzubieten, wenn sich sein Gesundheitszustand wesentlich verbessert, hat grundsätzliche Bedeutung.

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Beleidigt ein Arbeitnehmer einen Kollegen in einer erheblich ehrverletzenden Art und Weise, verstößt er damit gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Dies kann eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen – BSP Rechtsanwälte – Anwältin für Arbeitsrecht Berlin
18/01/2018 16:54

Einem Arbeitnehmer, der zu einem Personalgespräch mit Vorgesetzen und Betriebsrat eingeladen wird und dieses heimlich aufnimmt, kann wirksam fristlos gekündigt werden – BSP Rechtsanwälte – Anwältin für Arbeitsrecht Berlin
Artikel zu Außerordentliche - meist - fristlose Kündigung

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Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 5. Dezember 2012, Az. 3 Ca 1271/12, abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 10.07.2012.

2

Der 1953 geborene Kläger ist seit 26.04.1995 im Kurbetrieb der Beklagten als Masseur beschäftigt. Die Parteien führen ihr Arbeitsverhältnis seit 01.01.2011 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell weiter. Die Arbeitsphase endet am 30.09.2013, die sich daran anschließende Freistellungsphase am 30.06.2016. Die Altersteilzeitvergütung des Klägers beträgt € 1.936,89 brutto monatlich. Die Beklagte beschäftigt ca. 30 Arbeitnehmer; es besteht ein Betriebsrat.

3

Der Kläger leidet seit 1996 unter chronischem Bluthochdruck. Wegen eines Karzinoms wurde ihm die linke Niere entfernt. Er befindet sich wegen dieser Krankheiten in Dauerbehandlung iSd. § 62 SGB V und muss dauerhaft folgende Medikamente einnehmen: Nebilet 5 mg, Clonidin 0,15 mg, Diltiazem 90 mg, Allupurinol 300 mg, Molsidomin 8 mg, Euthyrox 100 mg, Jodid 100, Furosemid 40 mg. Im November 2009 wurde der Kläger wegen seiner arteriellen Hypertonie stationär behandelt, eine befriedigende Einstellung des Blutdrucks gelang nicht.

4

Am 20.06.2012 suchte der Kläger die Praxis seines Hausarztes auf. Er wurde für die Zeit vom 20.06. bis einschließlich 29.06.2012 von der Allgemeinärztin Dr. med. E. B. arbeitsunfähig krankgeschrieben. Ihre Diagnose lautete: "Belastungsdyspnoe sowie Verdacht auf koronare Herzerkrankung.“ Der Kläger litt nach seinen Angaben unter zunehmendem Herzrasen, Atemnot und einer starken Zunahme von Wasser in den Beinen. Allein das Gehen habe ihm erhebliche Probleme bereitet, er sei erschöpft gewesen und habe sich ständig ausruhen und erholen müssen. Sein Pulsschlag habe nach normalem Treppensteigen ca. 120/min. betragen. Erfreulicherweise habe sich sein Gesundheitszustand durch die Einnahme des Medikaments Molsidomin in einer erhöhten Dosierung (2 x 4, statt 2 x 2 mg tgl.) wesentlich gebessert. Er habe sich daher zum Ende der Krankschreibung in der Lage gefühlt, leichte körperliche Arbeiten zu verrichten.

5

Bei der Beklagten ging aus den Reihen der Belegschaft der Hinweis ein, dass der Kläger während der Krankschreibung im Wohnhaus seiner Tochter Renovierungsarbeiten durchführe. Deshalb beauftragte die Beklagte am 25.06.2012 eine Detektei mit der Observierung des Klägers. Der Kläger wurde drei Tage vom 26. bis 28.06.2012 von Detektiven beschattet.

6

Am Samstag, dem 30.06.2012, nahm der Kläger seine Tätigkeit als Masseur im Betrieb der Beklagten wieder auf. Die Detektei legte der Beklagten am 03.07.2012 ihren Bericht (vgl. wegen des Inhalts im Einzelnen: Bl. 44-60 d.A.) vor. Am 03.07.2012 konfrontierte der kaufmännische Leiter der Beklagten den Kläger mit den Beobachtungen der Detektei und hörte ihn zu den Verdachtsmomenten an, die er in einem Aktenvermerk stichwortartig wie folgt zusammenfasste:

7

„…    

Besuch Bauhaus am 26.06.12 → Herr C. stimmt zu

Schleifarbeiten mit Schleifmaschine und Atemschutzmaske am 26.06.12 → keine Rückmeldung

Fenster geputzt und „abgerubbelt“ → Zustimmung

Arbeiten mit Akkuschrauber oder -bohrer → keine Rückmeldung

Diverse Fahrten zwischen seinem Haus und der Baustelle im Zeitraum 26.06. - 28.06.12 → Zustimmung

Diverse Putzarbeiten, Säuberung von Arbeitsmaterial, Tragen von Kartonagen und einer Holzpalette → Zustimmung

Schrank ausgeladen aus Pkw am 28.06.12 → Zustimmung“

8

Mit Schreiben vom 05.07.2012 hörte die Beklagte unter Beifügung des Berichts der Detektei den Betriebsrat zu einer beabsichtigten fristlosen Kündigung an. Die Betriebsratsvorsitzende teilte der Beklagten mit Schreiben vom 06.07.2012 mit, der Betriebsrat habe in seiner Sitzung den Beschluss gefasst, sich zur Kündigungsabsicht nicht zu äußern.

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Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 10.07.2012, das dem Kläger am selben Tag zugegangen ist, fristlos, rein vorsorglich zum nächstzulässigen Termin. Gegen diese Kündigung hat der Kläger am 30.07.2012 Kündigungsschutzklage erhoben und die Ansicht vertreten, ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung liege nicht vor. Er habe nur Hilfstätigkeiten bei der Renovierung im Haus seiner Tochter verrichtet, nachdem er sich erheblich besser gefühlt habe. Er habe sorgfältig jedes Maß an Anstrengung vermieden. Er bestritt, dass er eine Holzplatte in der Größe von 2,5 x 0,5 m getragen habe. Er habe nicht mit „Hammer und Meißel“ gearbeitet, sondern Fliesenkanten mit Hammer und Schraubenzieher geglättet. Er habe auch keinen Schrank getragen, sondern mit einer zweiten Person den Korpus eines Schuhschranks ohne Türen. Er habe mit Pausen und nach selbstbestimmtem Rhythmus gearbeitet.

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Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

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festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 10.07.2012, zugegangen am 10.07.2012, nicht aufgelöst worden ist,
fürsorglich für den Fall, dass gemäß Antrag Ziffer 1 entschieden wird:
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung nicht aufgelöst worden ist,
die Beklagte zu verurteilen, ihn vorläufig zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 05.12.2012 Bezug genommen.

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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und - zusammengefasst - ausgeführt, die fristlose Kündigung der Beklagten sei unwirksam. Ihr Verdacht, der Kläger sei nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen bzw. er habe sich genesungwidrig verhalten, sei nicht begründet. Es sei durchaus möglich, dass sich der Kläger aufgrund der geänderten Medikamentation im Verlauf der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeitszeit wieder besser gefühlt habe, so dass er in der Lage gewesen sei, Tätigkeiten im Haus seiner Tochter zu verrichten. Hierdurch habe sich die Dauer der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit nicht verlängert. Die Änderung der Medikamentation (2 x 4, statt 2 x 2 mg Molsidomin) spreche eindeutig dafür, dass der Kläger am 20.06.2012 begründet arbeitsunfähig krankgeschrieben worden sei. Es fehlten Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seiner behandelnden Ärztin eine Erkrankung vorgeschwindelt bzw. sich während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit trotz eingetretener Besserung genesungswidrig verhalten habe. Im Übrigen habe die Beklagte den Kläger "ins offene Messer" laufen lassen, weil ihr bereits in der Vergangenheit Hinweise zugetragen worden seien, dass der Kläger während ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeitszeiten anderen Tätigkeiten nachgegangen sei. Darüber hinaus hätte die Beklagte als milderes Mittel die Entgeltfortzahlung verweigern können. Die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung sei unwirksam, weil die Beklagte den Betriebsrat ausschließlich zu einer fristlosen Kündigung angehört habe. Die Beklagte sei verpflichtet, den Kläger weiterzubeschäftigen. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 7 bis 12 des erstinstanzlichen Urteils vom 05.12.2012 Bezug genommen.

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Gegen das Urteil, das ihr am 08.02.2013 zugestellt worden ist, hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift ist am 01.03.2013, die Begründungsschrift innerhalb der bis zum 08.05.2013 verlängerten Frist am 08.05.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

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Die Beklagte trägt vor, es habe bereits in der Vergangenheit unspezifizierte Gerüchte gegeben, dass der Kläger während der Krankschreibung andere Tätigkeiten verrichtet habe. Für die Krankschreibung ab 20.06.2012 habe sie konkrete Hinweise erhalten, dass der Kläger Bauarbeiten im Haus seiner Tochter durchführe. Dem sei sie durch die Beauftragung des Detektivs nachgegangen. Sie habe den Kläger entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht „ins Messer laufen“ lassen. Der Kläger habe mit nur kleinen Unterbrechungen am 26. und 27.06.2012 jeweils über 8,5 Stunden und am 28.06.2012 über 9 Stunden im Haus seiner Tochter Bauarbeiten verrichtet. Es bestehe - auch wenn der Kläger nicht ständig unmittelbar habe beobachtet werden können - der dringende Verdacht, dass er durchgängig Renovierungsarbeiten im Haus durchgeführt habe. Der Kläger verteidige sich mit der Behauptung, er habe sich in der Lage gefühlt, „leichte“ körperliche Arbeiten zu verrichten. Er bestreite lediglich, eine Holzplatte in der Größe von 2,5 x 0,5 m getragen zu haben. Er räume die beobachteten Arbeiten mit „Hammer und Meißel“ mit der Einschränkung ein, er habe Fliesenkanten mit „Hammer und Schraubenzieher“ geglättet. Das Tragen eines Schrankes räume er ebenfalls insoweit ein, als dass es sich um den „Korpus eines Schuhschrankes ohne Türen“ gehandelt habe. Bei den festgestellten Tätigkeiten handele es sich offensichtlich nicht um „leichte“, sondern um „schwere“ oder „mittelschwere“ Bautätigkeiten. Sie seien keinesfalls leichter als die Tätigkeiten, die der Kläger an seinem Arbeitsplatz zu verrichten habe. Der Kläger habe seine Arbeitsfähigkeit - offenbar aufgrund der geänderten Medikamentation - wiedererlangt. Er hätte ihr seine Arbeitskraft anbieten müssen, weil er in der Lage gewesen sei, seine Tätigkeit als Masseur auszuüben. Dazu gehörten nicht nur Massagen im Rahmen von Anwendungsterminen, sondern auch Lymphdrainagen (sitzende Tätigkeit, weniger anstrengend) und Wassergymnastik (Einzel- und Gruppengymnastik). Ihre Auslastungsquote bei Masseuren sei im Vergleich zu anderen Einrichtungen eher unterdurchschnittlich und liege bei ca. 60 %. Außerdem würden Masseure, die aus dem Krankenstand zurückkommen bei der Vergabe der Anwendungstermine nur „vorsichtig“ eingeplant.

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Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

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das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 05.12.2012, Az. 3 Ca 1271/12, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seines Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 02.07.2012, auf den Bezug genommen wird, als zutreffend. Aufgrund der geänderten Medikamentation (2 x 4, statt 2 x 2 mg Molsidomin tgl.) sei eine merkliche Verbesserung seines Gesundheitszustandes eingetreten, so dass er körperlich in der Lage gewesen sei, Tätigkeiten im Haus seiner Tochter nachzukommen. Dadurch sei die Dauer der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit nicht verlängert worden. Ein Arbeitnehmer sei weder tatsächlich noch rechtlich verpflichtet, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft vor Ablauf des Enddatums der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anzubieten, wenn er sich gesund und arbeitsfähig fühle. Die subjektive Wertung des betroffenen Arbeitnehmers sei nicht ausschlaggebend (Erfurter Kommentar § 3 EFZG Rn. 9 unter Hinweis auf BAG 26.07.1989 - AP LohnFG § 1 Nr. 86). Er habe vom 26. bis 28.06.2012 nicht über 8 Stunden täglich gearbeitet, vielmehr habe er immer wieder und sehr häufig kürzere und längere Pausen eingelegt, um sich nur in dem Maße körperlich zu belasten, wie er es im Hinblick auf seine gesundheitliche Situation für vertretbar gehalten habe. Dies sei möglich gewesen, weil die Renovierungsarbeiten von Familienmitgliedern ohne zeitliche Vorgaben durchgeführt worden seien, so dass er öfter längere Pausen habe einlegen können. Der 80-jährige Großvater seines Schwiegersohnes habe die schweren Arbeiten, insb. das Heben und Tragen schwerer Lasten, übernommen; auch die Großmutter habe sich nützlich gemacht. Dieses „Trio“ habe offenkundig nicht im Akkord gearbeitet.

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Entgegen der Darstellung der Beklagten sei die Tätigkeit als Masseur als Schwerarbeit einzustufen. Beim Massieren herrsche eine Raumtemperatur von in der Regel 26°C, die Gymnastik werde häufig bei ca. 35°C durchgeführt, die Einzelgymnastik im Wasser bei 32°C. Wegen der Arsenbelastung, der Temperatur und der Sole dürfe im Wasser nur eine Stunde pro Tag gearbeitet werden. Seit Jahren sei die Vollmassage zur Norm geworden, zur Rückenmassage kämen in der Regel 12 Patienten nacheinander. Lymphdrainagen könnten zwar im Sitzen durchgeführt werden, fielen ihm wegen Prostataproblemen jedoch schwer. Es sei keineswegs so, dass die Beklagte ihre Mitarbeiter nach Arbeitsunfähigkeitszeiten nur reduziert einsetze. Um eine volle Einsatzplanung zu erreichen, werde vielmehr schon drei Tage vor Ablauf der Arbeitsunfähigkeit nachgefragt, ob mit einem Wiedereinsatz zu rechnen sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

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Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und in ausreichender Weise begründet worden. Sie ist somit zulässig.

II.

26

Die Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.07.2012 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden. Das Urteil des Arbeitsgerichts war deshalb abzuändern und die Klage abzuweisen.

27

1. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten ist gemäß § 626 BGB rechtswirksam. Gegen den Kläger besteht der dringende Verdacht, dass er zumindest ab 26.06.2012 nicht mehr arbeitsunfähig erkrankt war und sich von der Beklagten Entgeltfortzahlung erschlichen hat.

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a) Die körperlich anstrengenden Tätigkeiten des Klägers auf der Baustelle im Haus seiner Tochter während der ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit rechtfertigen die außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB an sich.

29

aa) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund bilden. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Der Verdacht muss auf konkrete - vom Kündigenden darzulegende und ggf. zu beweisende - Tatsachen gestützt sein. Der Verdacht muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen dementsprechend zur Rechtfertigung eines dringenden Tatverdachts nicht aus (st. Rspr. vgl. BAG 25.10.2012 - 2 AZR 700/11 - Rn. 13-14 mwN, NZA 2013, 371).

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bb) Die Berufungskammer geht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BAG (26.08.1993 - 2 AZR 154/93 - AP BGB § 626 Nr. 112) und des LAG Rheinland-Pfalz (12.02.2010 - 9 Sa 275/09 - Juris) davon aus, dass es einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung darstellen kann, wenn der Arbeitnehmer unter Vorlage eines ärztlichen Attestes der Arbeit fern bleibt und sich Entgeltfortzahlung gewähren lässt, obwohl es sich in Wahrheit nur um eine vorgetäuschte Krankheit handelt. Auch der dringende Verdacht, der Arbeitnehmer habe sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit unlauteren Mitteln erschlichen, kann einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen (BAG 26.08.1993 - 2 AZR 154/93 - aaO).

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Hinzu kommt, dass sich ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer so verhalten muss, dass er bald wieder gesund wird und an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann. Er hat alles zu unterlassen, was seine Genesung verzögern könnte. Der erkrankte Arbeitnehmer hat insoweit auf die schützenswerten Interessen des Arbeitgebers, die sich ua. aus der Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung ergeben, Rücksicht zu nehmen. Eine schwerwiegende Verletzung dieser Rücksichtnahmepflicht kann nach der Rechtsprechung des BAG eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund an sich rechtfertigen. Deshalb kann ein pflichtwidriges Verhalten vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer bei bescheinigter Arbeitsunfähigkeit den Heilungserfolg durch gesundheitswidriges Verhalten gefährdet. Damit verstößt er nicht nur gegen eine Leistungspflicht, sondern zerstört insbesondere auch das Vertrauen des Arbeitgebers in seine Redlichkeit. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer während der Krankheit nebenher bei einem anderen Arbeitgeber arbeitet, sondern kann auch gegeben sein, wenn er Freizeitaktivitäten nachgeht, die mit der Arbeitsunfähigkeit nur schwer in Einklang zu bringen sind (BAG 02.03.2006 - 2 AZR 53/05 - Rn. 23, 24 mwN, AP BGB § 626 Krankheit Nr. 14).

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cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Berufungskammer der Auffassung, dass die Beklagte den Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die dem Kläger für die Zeit vom 20.06. bis zum 29.06.2012 mit der Diagnose „Belastungsdyspnoe sowie Verdacht auf koronare Herzerkrankung“ ausgestellt worden ist, erschüttert hat. Das basiert auf der Tatsache, dass der Kläger zumindest an drei Tagen vom 26.06. bis 28.06.2012 auf der Baustelle im Wohnhaus seiner Tochter körperlich anstrengend gearbeitet hat. Seine Aktivitäten beim Innenausbau lassen sich mit der festgestellten Arbeitsunfähigkeit nicht in Einklang bringen. Es besteht der dringende Verdacht, dass der Kläger nicht infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert war und demzufolge auch in der Lage gewesen wäre, seiner vertraglichen Tätigkeit als Masseur nachzukommen.

33

Es besteht auch der dringende Verdacht, dass der Kläger bereits vor Beginn der Beobachtung durch die Detektei (ab 26.06.2012) auf der Baustelle seiner Tochter gearbeitet hat, weil die Beklagte - unstreitig - aus den Reihen der Belegschaft den Hinweis erhalten hatte, dass der Kläger dort im Krankschreibungszeitraum arbeite. Deshalb hat sie am 25.06.2012 die Detektei mit der Observierung beauftragt.

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Die beauftragten Detektive haben den Kläger am 26.06.2012 in der Zeit von 10:07 Uhr (Ankunft am Haus der Tochter) bis 18:34 Uhr (Abfahrt vom Haus der Tochter) durchgängig, d.h. über 8,5 Stunden auf der Baustelle beobachtet. Am 27.06.2012 traf der Kläger kurz nach 09:11 Uhr am Haus der Tochter ein. Er verließ das Haus um 11:27 Uhr, kehrte von 11:58 Uhr bis 12:25 Uhr kurz zurück, um sich nachmittags von 12:40 Uhr bis 18:52 Uhr erneut auf der Baustelle aufzuhalten. Am 28.06.2012 war er von 09:50 Uhr bis 12:06 Uhr und von 12:33 Uhr bis 19:20 Uhr auf der Baustelle seiner Tochter anwesend. Seine Anwesenheitszeiten auf der Baustelle betrugen abermals 8,5 bzw. 9 Stunden.

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Auch wenn die Detektive den Kläger von ihrem Standort außerhalb des Hauses unmittelbar nur beobachten konnten, wenn er durch die Fenster oder die geöffnete Haustür zu sehen war oder wenn er sich vor dem Haus aufhielt, besteht für die Berufungskammer der hinreichende und dringende Verdacht, dass er auch in der Zeit, in der er nicht unmittelbar zu sehen war, durchgängig Renovierungsarbeiten durchgeführt hat. Der Kläger trug Arbeitshandschuhe und verschmutzte Kleidung. Für seine Behauptung, er habe immer wieder und sehr häufig kürzere und längere Pausen eingelegt, besteht nicht der geringste Anhaltspunkt. Der Kläger hat die Baustelle an den drei Tagen jeweils nur für eine kurze Mittagspause verlassen.

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Bei den handwerklichen Tätigkeiten, die der Kläger nach dem Bericht der Detektei auf der Baustelle seiner Tochter verrichtet hat, handelt es sich keinesfalls um „leichte“ körperliche Arbeiten, wie er glauben machen will. Der Kläger räumt ein, dass er mit „Hammer und Schraubenzieher“ Fliesenkanten geglättet hat. Er hat einen Schrank gehoben und getragen, wobei er die Gewichtsbelastung dadurch abschwächt, dass es sich nur um den Korpus eines Schuhschranks ohne Türen gehandelt habe. Der Kläger verrichtete mit einer Schleifmaschine Schleifarbeiten. Bei dieser Arbeit setzte er eine Atemschutzmaske auf. Er arbeitete mit einem Akkuschrauber oder -bohrer auf einer Leiter. Er arbeitete sowohl Überkopf als auch in gebückter Haltung. Er verrichtete außerdem diverse Reinigungsarbeiten, putzte die Fenster, säuberte das Arbeitsmaterial und entsorgte Baustellenabfälle.

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Die Fähigkeit, diese mittelschweren bis schweren Baustellentätigkeiten auszuüben, lässt sich nicht mit dem vom Kläger geschilderten Krankheitsbild in Einklang bringen, wonach er unter Herzrasen und Atemnot gelitten haben will. Bereits das Gehen habe ihm erhebliche Probleme bereitet, er sei erschöpft gewesen und habe sich ständig ausruhen und erholen müssen. Sein Pulsschlag habe nach normalem Treppensteigen ca. 120/min. betragen.

38

Wenn sich sein - nach dem Vorbringen des Klägers - anfangs recht dramatischer Gesundheitszustand wesentlich gebessert haben sollte, wie der Kläger behauptet, war er jedenfalls verpflichtet, seine Arbeit bei der Beklagten wieder aufzunehmen, anstatt auf der Baustelle seiner Tochter Renovierungsarbeiten durchzuführen. Jedenfalls war der Kläger verpflichtet, den Heilungserfolg nicht dadurch zu gefährden, dass er sich mit Bauarbeiten körperlich belastet. Der arbeitsunfähig krankgeschriebene Arbeitnehmer ist zu einem seine Heilung fördernden Verhalten verpflichtet, dh. er hat sich so zu verhalten, dass er möglichst bald wieder gesund wird. Die körperlichen Arbeiten beim Innenausbau sind ihrer Natur nach geeignet, die Wiedergenesung zu verzögern.

39

Die Berufungskammer verkennt nicht, dass Masseure mittelschwere körperliche Arbeiten zu verrichten haben, dass sie in überheizten Behandlungsräumen oder Schwimmbädern mit hoher Luftfeuchtigkeit und Wassertemperatur arbeiten müssen und auch Atemwegsbelastungen durch Badezusätze (Sole oder andere Stoffe) ausgesetzt sind. Wenn der Kläger aber körperlich in der Lage war, insb. Schleifarbeiten mit einer Atemschutzmaske zu verrichten oder einen Schrank zu heben und zu tragen, dann hätte er der Beklagten seine Arbeitskraft anbieten müssen, anstatt im Krankschreibungszeitraum auf der Baustelle seiner Tochter schwere körperliche Arbeiten im Innenausbau zu verrichten.

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b) Die fristlose Kündigung vom 10.07.2012 ist bei Beachtung aller Umstände des vorliegenden Falls und nach Abwägung der widerstreitenden Interessen gerechtfertigt. Der Beklagten war es unzumutbar, den Kläger bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist von sechs Monaten weiterzubeschäftigen.

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aa) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Zu berücksichtigen sind regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung - etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Als mildere Reaktionen sind insbesondere Abmahnung und ordentliche Kündigung anzusehen. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen - zu erreichen (BAG 25.10.2012 - 2 AZR 495/11 – Rn. 15 mwN, NZA 2013, 319).

42

bb) Nach diesen Grundsätzen, denen die Berufungskammer folgt, ist die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.07.2012 gerechtfertigt. Die Interessenabwägung fällt gegen den Kläger aus.

43

Zugunsten des Klägers spricht zwar seine 17-Jährige Betriebszugehörigkeit seit April 1995, die als störungsfrei unterstellt wird. Zugunsten des Klägers spricht auch sein Lebensalter von 59 Jahren im Zeitpunkt der Kündigung. Dem Kläger wird es aufgrund seines Alters voraussichtlich schwer fallen, eine andere adäquate Beschäftigung in seinem Beruf als Masseur zu finden. Die betrieblichen Interessen der Beklagten an der sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses überwiegen auch angesichts des Umstandes, dass die Freistellungsphase der Altersteilzeit am 01.10.2013 beginnen sollte, denn das Verhalten des Klägers stellt einen massiven Eingriff in das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien dar. Der Kläger hat nicht nur einmal kurz am Bau seiner Tochter geholfen, sondern an drei Tagen hintereinander jeweils über 8,5 Stunden Renovierungsarbeiten verrichtet. Auch im Interesse der anderen Arbeitnehmer des Betriebs, die die Arbeit des krankgeschriebenen Klägers miterledigen müssen, kann ein solches Verhalten nicht hingenommen werden.

44

cc) Vor Ausspruch der Kündigung bedurfte es keiner Abmahnung. Zwar ist eine Abmahnung bei einem steuerbaren Verhalten grundsätzlich erforderlich. Bei schweren Pflichtverletzungen gilt dies aber nur, wenn der Arbeitnehmer mit vertretbaren Gründen annehmen konnte, sein Verhalten sei nicht vertragswidrig oder werde vom Arbeitgeber zumindest nicht als erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Verhalten angesehen (BAG 25.10.2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 16, aaO).

45

Im vorliegenden Fall war für den Kläger erkennbar, dass es die Beklagte nicht hinnimmt, wenn er unter Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Arbeit fernbleibt, während er im Haus seiner Tochter Renovierungsarbeiten durchführt. Kein Arbeitgeber, der erfährt, dass ein bei ihm beschäftigter, arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit mindestens drei volle Arbeitstage auf einer Baustelle arbeitet, wird dies dulden, solange er zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist.

46

c) Die Kündigung vom 10.07.2012 ist nicht nach § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Die Beklagte hat die gesetzliche Zwei-Wochen-Frist zur Erklärung der Kündigung gewahrt.

47

Die Beklagte hat im Verlauf der ab 20.06.2012 attestierten Arbeitsunfähigkeit des Klägers aus den Reihen der Belegschaft den Hinweis erhalten, dass der Kläger im Haus seiner Tochter Renovierungsarbeiten durchführt. Sie hat am 25.06.2012 eine Detektei mit der Überwachung des Klägers beauftragt, um den Sachverhalt aufzuklären. Der Detektivbericht lag der Beklagten am 03.07.2012 vor. Noch am selben Tag hörte sie den Kläger zu den Verdachtsmomenten an. Die Kündigungserklärung erfolgte binnen zweier Wochen nach dem 03.07.2012. Die Kündigung vom 10.07.2012 ist dem Kläger noch am selben Tag zugegangen.

48

2. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten ist nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat den Betriebsrat am 05.07.2012 angehört und ihm die Gründe für die Kündigung mitgeteilt.

49

Im Rahmen von § 102 Abs. 1 BetrVG gilt eine abgestufte Darlegungslast. Zunächst hat der Arbeitgeber auf einen entsprechenden Einwand des Arbeitnehmers hin im Einzelnen und nachvollziehbar darzulegen, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden ist. Sodann obliegt es dem Arbeitnehmer vorzutragen, in welchen Punkten er die Betriebsratsanhörung für fehlerhaft hält (BAG 22.11.2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 31 mwN, NZA 2013, 730).

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Danach ist die Betriebsratsanhörung im Streitfall wirksam erfolgt. Die Beklagte hat unter Vorlage des Anhörungsschreibens vom 05.07.2012 schlüssig vorgetragen, den zuständigen Betriebsrat zur beabsichtigten fristlosen Kündigung angehört zu haben. Es wäre Aufgabe des Klägers gewesen, nach § 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO im Einzelnen darzulegen, inwieweit die Betriebsratsanhörung gleichwohl unvollständig und damit fehlerhaft gewesen sein soll. Hieran fehlt es, so dass der Vortrag der Beklagten gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt. Ein materieller Rechtsfehler ist angesichts der Schlüssigkeit des Vorbringens der Beklagten nicht zu erkennen (zum Erfordernis einer solchen Schlüssigkeitsprüfung vgl. BAG 24.05.2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 48 ff., NZA 2013, 137).

51

3. Die hilfsweise erhobene Klage gegen die vorsorgliche ordentliche Kündigung der Beklagten fällt nicht zur Entscheidung an.

52

4. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiterzubeschäftigen, nachdem durch die vorliegende Entscheidung festgestellt worden ist, dass die fristlose Kündigung der Beklagten vom 10.07.2012 rechtswirksam ist.

III.

53

Als unterlegene Partei hat der Kläger gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen.

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Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Die Frage, ob der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft vor dem Enddatum der ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anzubieten, wenn sich sein Gesundheitszustand wesentlich verbessert, hat grundsätzliche Bedeutung.

(1) Versicherte haben während jedes Kalenderjahres nur Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze zu leisten; wird die Belastungsgrenze bereits innerhalb eines Kalenderjahres erreicht, hat die Krankenkasse eine Bescheinigung darüber zu erteilen, dass für den Rest des Kalenderjahres keine Zuzahlungen mehr zu leisten sind. Die Belastungsgrenze beträgt 2 vom Hundert der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt; für chronisch Kranke, die wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind, beträgt sie 1 vom Hundert der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Abweichend von Satz 2 beträgt die Belastungsgrenze 2 vom Hundert der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für nach dem 1. April 1972 geborene chronisch kranke Versicherte, die ab dem 1. Januar 2008 die in § 25 Absatz 1 genannten Gesundheitsuntersuchungen vor der Erkrankung nicht regelmäßig in Anspruch genommen haben. Für Versicherte nach Satz 3, die an einem für ihre Erkrankung bestehenden strukturierten Behandlungsprogramm teilnehmen, beträgt die Belastungsgrenze 1 vom Hundert der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in seinen Richtlinien fest, in welchen Fällen Gesundheitsuntersuchungen ausnahmsweise nicht zwingend durchgeführt werden müssen. Die weitere Dauer der in Satz 2 genannten Behandlung ist der Krankenkasse jeweils spätestens nach Ablauf eines Kalenderjahres nachzuweisen und vom Medizinischen Dienst, soweit erforderlich, zu prüfen; die Krankenkasse kann auf den jährlichen Nachweis verzichten, wenn bereits die notwendigen Feststellungen getroffen worden sind und im Einzelfall keine Anhaltspunkte für einen Wegfall der chronischen Erkrankung vorliegen. Die Krankenkassen sind verpflichtet, ihre Versicherten zu Beginn eines Kalenderjahres auf die für sie in diesem Kalenderjahr maßgeblichen Untersuchungen nach § 25 Abs. 1 hinzuweisen. Das Nähere zur Definition einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92.

(2) Bei der Ermittlung der Belastungsgrenzen nach Absatz 1 werden die Zuzahlungen und die Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Versicherten, seines Ehegatten oder Lebenspartners, der minderjährigen oder nach § 10 versicherten Kinder des Versicherten, seines Ehegatten oder Lebenspartners sowie der Angehörigen im Sinne des § 8 Absatz 4 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte jeweils zusammengerechnet, soweit sie im gemeinsamen Haushalt leben. Hierbei sind die jährlichen Bruttoeinnahmen für den ersten in dem gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten um 15 vom Hundert und für jeden weiteren in dem gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten und des Lebenspartners um 10 vom Hundert der jährlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zu vermindern. Für jedes Kind des Versicherten und des Lebenspartners sind die jährlichen Bruttoeinnahmen um den sich aus den Freibeträgen nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes ergebenden Betrag zu vermindern; die nach Satz 2 bei der Ermittlung der Belastungsgrenze vorgesehene Berücksichtigung entfällt. Zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt gehören nicht Grundrenten, die Beschädigte nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach anderen Gesetzen in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes erhalten, sowie Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Körper und Gesundheit gezahlt werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist bei Versicherten,

1.
die Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch oder die ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach einem Gesetz, das dieses für anwendbar erklärt, erhalten,
2.
bei denen die Kosten der Unterbringung in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung von einem Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge getragen werden
sowie für den in § 264 genannten Personenkreis als Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft nur der Regelsatz für die Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches maßgeblich. Bei Versicherten, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch erhalten, ist abweichend von den Sätzen 1 bis 3 als Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft nur der Regelbedarf nach § 20 Absatz 2 Satz 1 des Zweiten Buches maßgeblich. Bei Ehegatten und Lebenspartnern ist ein gemeinsamer Haushalt im Sinne des Satzes 1 auch dann anzunehmen, wenn ein Ehegatte oder Lebenspartner dauerhaft in eine vollstationäre Einrichtung aufgenommen wurde, in der Leistungen gemäß § 43 oder § 43a des Elften Buches erbracht werden.

(3) Die Krankenkasse stellt dem Versicherten eine Bescheinigung über die Befreiung nach Absatz 1 aus. Diese darf keine Angaben über das Einkommen des Versicherten oder anderer zu berücksichtigender Personen enthalten.

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.