Insolvenzrecht: Keine Gläubigerbenachteiligung bei Befriedigung oder Besicherung nicht nachrangiger Insolvenzforderungen
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Die Befriedigung oder Besicherung nicht nachrangiger Insolvenzforderungen bildet keine Gläubigerbenachteiligung, wenn die Insolvenzmasse zur Befriedigung dieser Forderungen ausreicht und lediglich nachrangige Forderungen unberücksichtigt bleiben.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 25. April 2012 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde wird abgelehnt.
Gründe:
Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf. Die gegen die Würdigung des Berufungsgerichts aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht entscheidungserheblich, weil es im Streitfall nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts, wonach die Beklagte die einzige Gläubigerin im Rang des § 38 InsO ist, an einer Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) als Voraussetzung einer Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) fehlt.
Nach der bereits unter der Geltung der Konkursordnung begründeten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entfällt eine Gläubigerbenachteiligung, wenn mit dem anfechtbar erworbenen Betrag gerade die Gläubiger befriedigt wurden, die auch der Insolvenzverwalter mit diesem Betrag, wäre er im Vermögen des Schuldners verblieben, hätte befriedigen müssen. Für die übrigen Gläubiger bedeutet es keinen Unterschied, ob bevorrechtigte Gläubiger vor der Insolvenz oder nach der Eröffnung die ihnen zustehenden Beträge erhalten (BGH, Urteil vom 7. Mai 1991 - IX ZR 30/90, BGHZ 114, 315, 322).
Diese Rechtsprechung kann nach Wegfall der Konkursvorrechte auf das Verhältnis der nicht nachrangigen (§ 38 InsO) zu den nachrangigen Insolvenzgläubigern (§ 39 InsO) übertragen werden. Danach liegt in der Befriedigung oder Besicherung der Forderung eines nicht nachrangigen Insolvenzgläubigers ausnahmsweise keine objektive Gläubigerbenachteiligung, wenn die Insolvenzmasse zur Befriedigung aller nicht nachrangigen Forderungen, aber nicht auch der nachrangigen Forderungen ausreicht (HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 129 Rn. 63; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 129 Rn. 108; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 129 Rn. 92).
So verhält es sich im Streitfall. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Beklagte die einzige Gläubigerin, die im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eine Forderung im Rang des § 38 InsO angemeldet hat. Folglich kann die Sicherung ihrer Forderung nur zum Nachteil der nachrangigen Gläubiger gehen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Bei dieser Sachlage scheidet eine Gläubigerbenachteiligung aus.
Aus den vorstehenden Erwägungen ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht (§ 114 Satz 1 ZPO) abzulehnen.
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BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde wird abgelehnt.
Der Streitwert wird auf 32.500 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf. Die gegen die Würdigung des Berufungsgerichts aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht entscheidungserheblich , weil es im Streitfall nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts, wonach die Beklagte die einzige Gläubigerin im Rang des § 38 InsO ist, an einer Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) als Voraussetzung einer Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) fehlt.
- 2
- 1. Nach der bereits unter der Geltung der Konkursordnung begründeten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entfällt eine Gläubigerbenachteiligung , wenn mit dem anfechtbar erworbenen Betrag gerade die Gläubiger befriedigt wurden, die auch der Insolvenzverwalter mit diesem Betrag, wäre er im Vermögen des Schuldners verblieben, hätte befriedigen müssen. Für die übrigen Gläubiger bedeutet es keinen Unterschied, ob bevorrechtigte Gläubiger vor der Insolvenz oder nach der Eröffnung die ihnen zustehenden Beträge erhalten (BGH, Urteil vom 7. Mai 1991 - IX ZR 30/90, BGHZ 114, 315, 322).
- 3
- Diese Rechtsprechung kann nach Wegfall der Konkursvorrechte auf das Verhältnis der nicht nachrangigen (§ 38 InsO) zu den nachrangigen Insolvenzgläubigern (§ 39 InsO) übertragen werden. Danach liegt in der Befriedigung oder Besicherung der Forderung eines nicht nachrangigen Insolvenzgläubigers ausnahmsweise keine objektive Gläubigerbenachteiligung, wenn die Insolvenzmasse zur Befriedigung aller nicht nachrangigen Forderungen, aber nicht auch der nachrangigen Forderungen ausreicht (HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 129 Rn. 63; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 129 Rn. 108; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 129 Rn. 92).
- 4
- 2. So verhält es sich im Streitfall. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Beklagte die einzige Gläubigerin, die im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eine Forderung im Rang des § 38 InsO angemeldet hat. Folglich kann die Sicherung ihrer Forderung nur zum Nachteil der nachrangigen Gläubiger gehen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Bei dieser Sachlage scheidet eine Gläubigerbenachteiligung aus.
- 5
- 3. Aus den vorstehenden Erwägungen ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht (§ 114 Satz 1 ZPO) abzulehnen.
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Stendal, Entscheidung vom 19.12.2011 - 21 O 180/10 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 25.04.2012 - 5 U 19/12 -
Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).
(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.
(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).
(1) Im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger werden in folgender Rangfolge, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge, berichtigt:
- 1.
die seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Zinsen und Säumniszuschläge auf Forderungen der Insolvenzgläubiger; - 2.
die Kosten, die den einzelnen Insolvenzgläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren erwachsen; - 3.
Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten; - 4.
Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners; - 5.
nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(2) Forderungen, für die zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart worden ist, werden im Zweifel nach den in Absatz 1 bezeichneten Forderungen berichtigt.
(3) Die Zinsen der Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger und die Kosten, die diesen Gläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren entstehen, haben den gleichen Rang wie die Forderungen dieser Gläubiger.
(4) Absatz 1 Nr. 5 gilt für Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Erwirbt ein Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zweck ihrer Sanierung, führt dies bis zur nachhaltigen Sanierung nicht zur Anwendung von Absatz 1 Nr. 5 auf seine Forderungen aus bestehenden oder neu gewährten Darlehen oder auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(5) Absatz 1 Nr. 5 gilt nicht für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 4 Satz 1, der mit 10 Prozent oder weniger am Haftkapital beteiligt ist.
Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).
(1) Im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger werden in folgender Rangfolge, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge, berichtigt:
- 1.
die seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Zinsen und Säumniszuschläge auf Forderungen der Insolvenzgläubiger; - 2.
die Kosten, die den einzelnen Insolvenzgläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren erwachsen; - 3.
Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten; - 4.
Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners; - 5.
nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(2) Forderungen, für die zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart worden ist, werden im Zweifel nach den in Absatz 1 bezeichneten Forderungen berichtigt.
(3) Die Zinsen der Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger und die Kosten, die diesen Gläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren entstehen, haben den gleichen Rang wie die Forderungen dieser Gläubiger.
(4) Absatz 1 Nr. 5 gilt für Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Erwirbt ein Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zweck ihrer Sanierung, führt dies bis zur nachhaltigen Sanierung nicht zur Anwendung von Absatz 1 Nr. 5 auf seine Forderungen aus bestehenden oder neu gewährten Darlehen oder auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(5) Absatz 1 Nr. 5 gilt nicht für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 4 Satz 1, der mit 10 Prozent oder weniger am Haftkapital beteiligt ist.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.