Insolvenzrecht: Zum Anspruch eines Gläubigers gegen einen ausgeschiedenen persönlich haftenden Gesellschafter

bei uns veröffentlicht am12.06.2014

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
Diese sind, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsnachfolgers der Gesellschaft eröffnet worden ist, analog § 93 InsO vom Insolvenzverwalter geltend zu machen.
Das KG hat in seinem Urteil vom 27.02.2014 (Az.: 8 U 52/13) folgendes entschieden:

Der Rechtsstreit zwischen einem Gläubiger der Gesellschaft und einem ausgeschiedenen persönlich haftenden Gesellschafter wird entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 1 AnfG durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Rechtsnachfolgers der Gesellschaft unterbrochen. Ein gleichwohl ergangenes Urteil ist analog § 538 Abs. 2 ZPO aufzuheben und der Rechtsstreit an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen.


Gründe:

Die Klägerin war Vermieterin und KG... war Gewerbemieterin u. a. einer Teilfläche des Grundstücks...-Straße. Persönlich haftende Gesellschafterin der... GmbH war bis zum 5.1.2010 die Beklagte zu 3 und sodann die Beklagte zu 2. Zum 3.7.2012 trat die Beklagte zu 1 als Kommanditistin in die... KG ein, die Beklagte zu 2 schied aus, die... KG wurde aufgelöst und im Handelsregister gelöscht und das Unternehmen von der Beklagten zu 1 unter deren Firma übernommen. Nach Klagezustellung am 13.9.2012 sind Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu 1 und 2 eröffnet worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der Anträge in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, mit dem das Landgericht die Beklagte zu 3 zur Zahlung von 41.406,89 EUR nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt hat.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten zu 3. Sie macht geltend, die Kammer für Handelssachen 105 habe anders als die Gerichte in Parallelverfahren fälschlich das Verfahren als nicht als unterbrochen und die Klägerin als aktivlegitimiert behandelt. § 93 InsO sei nach Sinn und Zweck auch auf den ausgeschiedenen Gesellschafter anwendbar und nichts anderes könne nach Anteilsanwachsung in der Insolvenz des verbleibenden Rechtsträgers gelten. Die Ansicht des Landgerichts sei auch sanierungsfeindlich, weil sie eine Regelung mit dem Insolvenzverwalter unmöglich mache bzw. wesentlich erschwere. Der eingeklagte Anspruch gehöre zur Insolvenzmasse. Die Klage sei somit abzuweisen. Zumindest sei der Rechtsstreit nach § 538 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13.3.2013 abzuändern und die Klage abzuweisen,
hilfsweise das Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Klägerin schließt sich den Ausführungen der Vorinstanz an. Da § 93 InsO erkennbar eine Ausnahmevorschrift darstelle, verbiete sich eine extensive Auslegung auf alle ausgeschiedenen persönlich haftenden Gesellschafter einer juristischen Person.

Die Berufung ist zulässig und insoweit begründet, als das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen ist.

Der eingeklagte Anspruch aus persönlicher Haftung der Beklagten zu 3 für Mietschulden der HEGO KG kann analog § 93 InsO nur von dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden, der im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu 1 bestellt worden ist.

Gemäß § 93 InsO kann, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien eröffnet ist, die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Zwar geht es hier um die Haftung der Beklagten zu 3 als vormaliger persönlich haftender Gesellschafterin der... KG, während sich das Insolvenzverfahren auf das Vermögen der Beklagten zu 1 bezieht. Die Beklagte zu 1 ist aber, nachdem die Beklagte zu 2 aus der... KG ausgeschieden ist, als einzige verbliebene Gesellschafterin gemäß § 738 BGB im Wege der Anwachsung Rechtsnachfolgerin der... KG geworden. § 93 InsO ist daher entgegen der Auffassung im angefochtenen Urteil analog anzuwenden:

Es entspricht anerkannter - und soweit dem Senat ersichtlich bislang unwidersprochener - Auffassung, dass in der Insolvenz des Gesamtrechtsnachfolgers der Gesellschaft § 93 InsO für die persönliche Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters zumindest entsprechend gilt. Im gleichen Sinne hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 2.7.1990 - II ZR 139/89 - die Sachbefugnis des Konkursverwalters einer in eine GmbH umgewandelten KG gegenüber früheren Kommanditisten bejaht und dabei zum Zweck von § 171 Abs. 2 HGB ausgeführt :

„… Es handelt sich um den Zweck der gleichmäßigen und anteiligen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger. Diese Befriedigung ist infolge der Konkurseröffnung nur gewährleistet, soweit es um den Zugriff auf die Konkursmasse, also das Gesellschaftsvermögen geht; ebenso wenig wie die Masse reicht aber regelmäßig die summenmäßig beschränkte Haftung des Kommanditisten aus, um alle Gesellschaftsgläubiger zu befriedigen. Um auszuschließen, dass diese summenmäßige Beschränkung von einem Gläubiger zum Nachteil der übrigen ausgeschöpft oder die Haftsumme vom Kommanditisten einem Gläubiger seiner Wahl anstatt allen zugewandt wird, bezieht § 171 Abs. 2 HGB die Haftsumme in die konkursrechtliche Bindung zugunsten aller Gläubiger ein, denen der Kommanditist haftet. Dieser gesetzgeberische Zweck, die Haftsumme im Interesse aller Gläubiger zu kanalisieren, gebietet es, die genannte Bestimmung ausnahmslos anzuwenden, wenn Konkursgläubigern außer der Konkursmasse Kommanditisten summenmäßig beschränkt haften. Die Gläubigergesamtheit ist nicht weniger schutzbedürftig, wenn durch Ausscheiden aller Kommanditisten eine offene Handelsgesellschaft oder der einzige persönlich haftende Gesellschafter als GmbH oder Einzelkaufmann an die Stelle der Kommanditgesellschaft getreten oder - wie in diesem Falle - nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes die Kommanditgesellschaft in eine GmbH umgewandelt worden und dann in Konkurs gefallen ist. Zwar ist im § 171 Abs. 2 HGB mit dem „Konkurs über das Vermögen der Gesellschaft“ das Vermögen der Kommanditgesellschaft gemeint; dies ist aber nicht in dem Sinne zu verstehen, dass diese Regelung nicht auf einen an die Stelle der Kommanditgesellschaft getretenen anderen Rechtsträger übertragbar sein sollte. Der Gesetzgeber hat - worauf Karsten Schmidt mit Recht hinweist - nicht gesehen, dass die Kommanditgesellschaft unter Wahrung ihrer Identität kraft Gesetzes oder Rechtsgeschäfts ihre Rechtsform ändern oder dass ihr Vermögen im Wege der übertragenden Umwandlung durch Gesamtrechtsnachfolge auf einen anderen Rechtsträger übergehen kann. Die begrenzte Haftung der Kommanditisten wird durch diese Vorgänge nicht berührt; ihre Haftung gegenüber den Gläubigern, denen sie schon bisher hafteten, besteht nach wie vor. Der Gläubiger wiederum, der eine Forderung gegen eine Kommanditgesellschaft erworben hat, kann darauf vertrauen, nicht mit anderen zum Wettlauf um die Haftsumme des Kommanditisten antreten zu müssen, wenn sein Hauptschuldner in Konkurs fällt, mag dieser noch als Kommanditgesellschaft oder in anderer Rechtsform fortbestehen.“

Ebenso enthält § 93 InsO eine Gesetzeslücke für die Nachhaftung des ausgeschiedenen Komplementärs in der Insolvenz des Rechtsnachfolgers der Kommanditgesellschaft. Das Problem der Rechtsnachfolge wurde weder im Gesetzentwurf der Bundesregierung für eine Insolvenzordnung vom 15.4.1992 noch in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages vom 19.4.1994 angesprochen. Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten auch bei § 93 InsO, dass ein Wettlauf der Gläubiger vermieden wird und dass Gesellschafter nicht durch Ausscheiden vor Stellung des Insolvenzantrages eine Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter vermeiden und einzelne Gläubiger bevorzugen können. So heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs a. a. O.:

„ Im Interesse der gleichmäßigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger wirkt die Vorschrift darauf hin, dass sich keiner dieser Gläubiger in der Insolvenz der Gesellschaft durch einen schnelleren Zugriff auf persönlich haftende Gesellschafter Sondervorteile verschafft.“

Hiernach sind die Erwägungen des BGH a. a. O., dass Ansprüche gegen einen vormaligen Kommanditisten auch in der Insolvenz des Rechtsnachfolgers der Gesellschaft vom Insolvenzverwalter einzuziehen sind, auf Ansprüche gegen einen ausgeschiedenen Komplementär zu übertragen, auch wenn dieser mit seinem ganzen Vermögen haftet, ein Kommanditist dagegen gemäß § 171 HGB nur bis zur Höhe seiner Einlage.

Entscheidend ist vorliegend, dass die... KG, als deren vormaliger Gesellschafter die Beklagte zu 3 in Anspruch genommen wird, eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit im Sinne von § 93 InsO war. Dass es sich bei dem Rechtsnachfolger, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, hier um eine GmbH handelt, ist unerheblich.

Daher ist mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 1 am 3.12.2012 die Aktivlegitimation der Klägerin für die eingeklagten Ansprüche entfallen und der Rechtsstreit entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 1 AnfG unterbrochen. Die mündliche Verhandlung vom 30.1.2013 vor dem Landgericht hätte nicht durchgeführt und das angefochtene Urteil nicht erlassen werden dürfen. Dem Rechtsstreit fehlte ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine verfahrensfehlerfreie Grundlage. Vor der Neufassung des § 538 ZPO unterlag es keinem Zweifel, dass ein trotz Unterbrechung des Verfahrens erlassenes Urteil der Aufhebung und Zurückverweisung unterlag, weil es an einer tragfähigen Grundlage für eine Überprüfung fehlt. In § 538 ZPO n. F. ist die Möglichkeit einer Zurückverweisung für Fälle dieser Art gleichwohl nicht vorgesehen. Es handelt sich um eine planwidrige Regelungslücke, da nicht davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber diesen speziellen Fall bedacht und bewusst nicht geregelt hat. Vor diesem Hintergrund ist § 538 Abs. 2 ZPO analog anzuwenden, damit vom Landgericht eine Entscheidung getroffen werden kann, die erstmals eine sachliche Prüfung des Berufungsgerichts ermöglicht. Der Rechtsstreit ist daher gemäß dem Hilfsantrag der Beklagten zu 3 an das Landgericht zurückzuverweisen. Ein Hilfsantrag reicht im Rahmen von § 538 ZPO generell aus.

Eine Kostenentscheidung ist dem erstinstanzlichen Schlussurteil vorzubehalten. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG niederzuschlagen. Voraussetzung hierfür wäre ein offener, eindeutiger und schwerer Verstoß gegen das Verfahrensrecht.. Die Unzulässigkeit der erstinstanzlichen Verhandlung und Entscheidung ist dagegen nicht evident, weil sie sich erst aus der analogen Anwendung von § 93 InsO ergibt.

Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist im Hinblick auf § 775 Abs. 1 Nr. 1, § 776 Satz 1 ZPO geboten und beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor, da die vorliegende Entscheidung gefestigter Auffassung in der Rechtswissenschaft und den Erwägungen des Bundesgerichtshofs zu § 171 Abs. 2 HGB entspricht.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Ist das Verfahren über den Anfechtungsanspruch im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch rechtshängig, so wird es unterbrochen. Es kann vom Insolvenzverwalter aufgenommen werden. Wird die Aufnahme verzögert, so gilt § 239 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Der Insolvenzverwalter kann den Klageantrag nach Maßgabe der §§ 143, 144 und 146 der Insolvenzordnung erweitern.

(3) Lehnt der Insolvenzverwalter die Aufnahme des Rechtsstreits ab, so kann dieser hinsichtlich der Kosten von jeder Partei aufgenommen werden. Durch die Ablehnung der Aufnahme wird das Recht des Insolvenzverwalters, nach den Vorschriften der Insolvenzordnung den Anfechtungsanspruch geltend zu machen, nicht ausgeschlossen.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

Ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien eröffnet, so kann die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

(1) Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so wächst sein Anteil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zu. Diese sind verpflichtet, dem Ausscheidenden die Gegenstände, die er der Gesellschaft zur Benutzung überlassen hat, nach Maßgabe des § 732 zurückzugeben, ihn von den gemeinschaftlichen Schulden zu befreien und ihm dasjenige zu zahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre. Sind gemeinschaftliche Schulden noch nicht fällig, so können die übrigen Gesellschafter dem Ausscheidenden, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.

(2) Der Wert des Gesellschaftsvermögens ist, soweit erforderlich, im Wege der Schätzung zu ermitteln.

Ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien eröffnet, so kann die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.

Ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien eröffnet, so kann die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.

Ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien eröffnet, so kann die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

(1) Ist das Verfahren über den Anfechtungsanspruch im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch rechtshängig, so wird es unterbrochen. Es kann vom Insolvenzverwalter aufgenommen werden. Wird die Aufnahme verzögert, so gilt § 239 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Der Insolvenzverwalter kann den Klageantrag nach Maßgabe der §§ 143, 144 und 146 der Insolvenzordnung erweitern.

(3) Lehnt der Insolvenzverwalter die Aufnahme des Rechtsstreits ab, so kann dieser hinsichtlich der Kosten von jeder Partei aufgenommen werden. Durch die Ablehnung der Aufnahme wird das Recht des Insolvenzverwalters, nach den Vorschriften der Insolvenzordnung den Anfechtungsanspruch geltend zu machen, nicht ausgeschlossen.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.

Ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien eröffnet, so kann die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen oder zu beschränken:

1.
wenn die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass das zu vollstreckende Urteil oder seine vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben oder dass die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt oder ihre Einstellung angeordnet ist;
2.
wenn die Ausfertigung einer gerichtlichen Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die einstweilige Einstellung der Vollstreckung oder einer Vollstreckungsmaßregel angeordnet ist oder dass die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden darf;
3.
wenn eine öffentliche Urkunde vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die zur Abwendung der Vollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung oder Hinterlegung erfolgt ist;
4.
wenn eine öffentliche Urkunde oder eine von dem Gläubiger ausgestellte Privaturkunde vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass der Gläubiger nach Erlass des zu vollstreckenden Urteils befriedigt ist oder Stundung bewilligt hat;
5.
wenn der Einzahlungs- oder Überweisungsnachweis einer Bank oder Sparkasse vorgelegt wird, aus dem sich ergibt, dass der zur Befriedigung des Gläubigers erforderliche Betrag zur Auszahlung an den Gläubiger oder auf dessen Konto eingezahlt oder überwiesen worden ist.

In den Fällen des § 775 Nr. 1, 3 sind zugleich die bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln aufzuheben. In den Fällen der Nummern 4, 5 bleiben diese Maßregeln einstweilen bestehen; dasselbe gilt in den Fällen der Nummer 2, sofern nicht durch die Entscheidung auch die Aufhebung der bisherigen Vollstreckungshandlungen angeordnet ist.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.