Insolvenzrecht: Zur Steuerberaterhaftung beim Auftrag zur Prüfung der Insolvenzreife

published on 04/04/2014 14:49
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Der Steuerberater unterliegt bei einem ausdrücklichen Auftrag zur Prüfung der Insolvenzreife eines Unternehmens einer vertraglichen Haftung für etwaige Fehlleistungen.
Der BGH hat in seinem Beschluss vom 06.02.2014 (Az.: IX ZR 53/13) folgendes entschieden:

Tritt der Steuerberater bei einem rein steuerrechtlichen Mandat in konkrete Erörterungen über eine etwaige Insolvenzreife der von ihm beratenen Gesellschaft ein, ohne die Frage nach dem Insolvenzgrund zu beantworten, hat er das Vertretungsorgan darauf hinzuweisen, dass eine verbindliche Klärung nur erreicht werden kann, indem ihm oder einem fachlich geeigneten Dritten ein entsprechender Prüfauftrag erteilt wird.

Die Beschwerden der Klägerin und des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 17. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 18. Januar 2013 werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin 65 v.H. und der Beklagte 35 v.H..


Gründe:

Beide Beschwerden decken keinen Zulassungsgrund auf.

Soweit das Berufungsgericht eine Haftung des Beklagten wegen der Verletzung einer Nebenpflicht dem Grunde nach bejaht hat, ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden.

Der Steuerberater unterliegt bei einem ausdrücklichen Auftrag zur Prüfung der Insolvenzreife eines Unternehmens einer vertraglichen Haftung für etwaige Fehlleistungen. Dies gilt auch dann, wenn der vertraglich lediglich mit der Erstellung der Steuerbilanz betraute Steuerberater weitergehend erklärt, dass eine insolvenzrechtliche Überschuldung nicht vorliege. Der lediglich mit der allgemeinen steuerlichen Beratung einer GmbH beauftragte Berater ist hingegen nicht verpflichtet, die Gesellschaft bei einer Unterdeckung in der Handelsbilanz auf die Pflicht ihres Geschäftsführers ungefragt hinzuweisen, eine Überprüfung, ob Insolvenzreife bestehe, in Auftrag zu geben oder selbst vorzunehmen. Dieser Grundsatz gilt uneingeschränkt, wenn der Berater ausschließlich mit den steuerlichen Angelegenheiten der Gesellschaft befasst ist.

Den Steuerberater treffen jedoch weitergehende vertragliche Hinweispflichten, wenn er - wie hier - bei einem rein steuerrechtlichen Mandat mit dem Vertretungsorgan in konkrete Erörterungen über eine etwaige Insolvenzreife der von ihm beratenen Gesellschaft eintritt. Insoweit gilt nichts anderes als in sonstigen Fällen, in denen der Berater außerhalb des bestehenden Mandatsverhältnisses für die Entschließung des Mandanten erkennbar erhebliche Erklärungen abgibt, die sich als unzutreffend erweisen.

In einer solchen Gestaltung wird dem Berater nicht angesonnen, schon bei einem "äußeren Anlass" oder "äußeren Verdacht" einer Insolvenz den Mandanten auf die Notwendigkeit einer Prüfung hinzuweisen. Vielmehr wird der steuerliche Berater in einem Beratungsgespräch von dem Mandanten unmittelbar mit der konkreten Frage einer Insolvenzreife des Unternehmens konfrontiert. In einem solchen Fall muss der Berater schon mit Rücksicht auf die vielfältigen damit verbundenen rechtlichen Folgen dem Mandanten einen Weg aufzeigen, der ihm die Feststellung ermöglicht, ob eine Insolvenz vorliegt oder nicht. Dies kann geschehen, indem der steuerliche Berater auf der Grundlage eines ihm dann erteilten besonderen Auftrags selbst eine verbindliche gutachtliche Stellungnahme abgibt. Sieht sich der steuerliche Berater hierzu - sei es wegen fehlender Fachkunde oder mit Rücksicht auf eine komplexe Tatsachengrundlage - nicht in der Lage, muss er den Mandanten darauf hinweisen, zum Zwecke der erbetenen Klärung einem geeigneten Dritten einen Prüfauftrag zu erteilen.

Diesen Pflichten hat der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht genügt. Danach war die Frage einer Insolvenz der Gesellschaft Gegenstand der zwischen der Klägerin und dem Beklagten geführten Unterredung. Im Rahmen des rein steuerlichen Mandats war der Beklagte nicht verpflichtet, ungefragt eine verbindliche Stellungnahme zur Frage der Insolvenzreife der Gesellschaft abzugeben. Jedoch war er gehalten, der Klägerin eine Klärung dieser Frage - sei es durch den Rat einer gesonderten eigenen Beauftragung oder der eines Dritten - zu ermöglichen. Dieser Verpflichtung hat der Beklagte nicht entsprochen, indem er es trotz festgestellter Nachfrage nach der Überschuldung der Gesellschaft bei unverbindlichen Diskussionen über ihre wirtschaftliche Lage beließ.

Die übrigen von dem Beklagten und der Klägerin erhobenen Zulassungsgründe greifen nicht durch. Die behauptete Verletzung von Verfahrensgrundrechten hat der Senat geprüft, aber für nicht durchgreifend erachtet. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

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