Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 10. Jan. 2017 - L 15 VK 14/16

bei uns veröffentlicht am10.01.2017

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 8. September 2016 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Klägerin hat Verschuldenskosten in Höhe von 500,- € an die Staatskasse zu zahlen.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist eine Hinterbliebenenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Der Ehemann der Klägerin, der Versorgung nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 erhalten hatte, verstarb am ...2014.

Mit Bescheid vom 08.10.2014 gewährte der Beklagte der Klägerin Witwenbeihilfe gemäß § 48 BVG, nicht aber Witwenrente gemäß § 38 BVG. Dagegen legte der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 03.11.2014 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 21.04.2015 zurückgewiesen wurde.

Mit Schriftsatz vom 27.04.2015 hat der Bevollmächtigte der Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) München erhoben und darin den Antrag gestellt,

„unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 08.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.04.2015 wird der Beklagte verurteilt, die Klägerin unter Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.“

In der mündlichen Verhandlung vom 08.09.2016 hat der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,

„den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 08.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.04.2015 zu verurteilen die Anträge neu zu verbescheiden.“

Anschließend ist die Klage mit Urteil vom 08.09.2016 als unzulässig abgewiesen worden. Das SG hat in den Urteilsgründen Folgendes ausgeführt:

„An der mündlichen Verhandlung nahm die Klägerin selbst nicht teil. ... Auf den Hinweis, dass eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nur zulässig ist, wenn es um die Korrektur einer Ermessensentscheidung oder um ein Begehren nach statusbegründenden Verwaltungsakten geht, reagierte er nicht.

...

Die Klage wurde nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsverfahrens form- und fristgerecht beim zuständigen Gericht erhoben. Sie ist jedoch unzulässig. Für eine isolierte Anfechtungsklage gegen die Ablehnung der Witwenrente nach § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative Sozialgerichtsgesetz (SGG) fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Die Verpflichtung zum Erlass eines neuen Verwaltungsaktes nach der 2. Alternative der Vorschrift ggf. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts kann nur begehrt werden, wenn gegen einen bereits erlassenen und angefochtenen Verwaltungsakt mit dem Vorwurf von Ermessensmängeln vorgegangen wird oder wenn ein Verwaltungsakt begehrt wird, mit dem ein Status wie beispielsweise die Aufnahme in die Versicherungspflicht oder die Befreiung hiervon begehrt wird. Eine von der Auffassung des Beklagten abweichende Rechtsauffassung des Gerichts konnte vorliegend angesichts des klaren Sachverhaltes weder entstehen noch vorgetragen werden.

Konkrete Leistungen, die ohne Ermessensgebrauch im Rahmen der gebundenen Verwaltung zu erbringen sind, sind mit einer Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG einzuklagen. Der Klägervertreter hätte auf gerichtliche Anregung in der mündlichen Verhandlung ohne weiteres seinen Klageantrag nach § 99 Abs. 3 SGG ändern können, lehnte dies jedoch genauso wie eine materielle Erörterung zum Anspruch auf Hinterbliebenenrente ab.“

Gegen das am 20.09.2016 zugestellte Urteil hat der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 20.10.2016, eingegangen beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) am selben Tag, Berufung eingelegt.

Mit Schreiben des Gerichts vom 24.11.2016, zugestellt am 28.11.2016, ist der Bevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen worden, dass der erhobenen Bescheidungsklage das Rechtsschutzbedürfnis fehle und daher für die Berufung keinerlei Erfolgsaussicht bestehe. Weiter ist die Verhängung von Verschuldenskosten gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG angedroht und zu der Absicht des Senats, durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zu entscheiden, angehört worden. Frist zur Äußerung ist bis zum 23.12.2016 gesetzt worden.

Mit Schreiben vom 07.12.2016 hat der Bevollmächtigte der Klägerin Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung bis zum 07.01.2017 beantragt. Seitdem ist keine Reaktion des Bevollmächtigten mehr erfolgt.

Die Klägerin hat im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten des Beklagten und des SG München beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und der Berufungsakte verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Der Senat kann durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, da er die Berufung einstimmig für unbegründet hält. Eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich, da die relevanten Gesichtspunkte der Klägerin im erstinstanzlichen Urteil und in dem dem Bevollmächtigten der Klägerin am 28.11.2016 zugestellten Schreiben des Gerichts vom 24.11.2016 aufgezeigt und erläutert worden sind. Die Klägerin hat ausreichend Gelegenheit zur Äußerung gehabt; in der von ihr mit Schreiben vom 07.12.2016 angekündigten Frist hat sie sich nicht geäußert. Zur Entscheidung durch Beschluss sind die Beteiligten mit vorgenanntem Schreiben des Senats gehört worden. Ein weiteres Abwarten war nicht geboten.

Das SG hat die Klage zu Recht wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen.

1. Auslegung des klägerischen Begehrens im erstinstanzlichen Verfahren

Der im Verfahren vor dem SG gestellte Antrag beinhaltet ausschließlich eine Anfechtungs- und Bescheidungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Maßstab der Auslegung von Prozesserklärungen ist der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 12.12.2013, Az.: B 4 AS 17/13), wobei der Grundsatz einer rechtsschutzgewährenden Auslegung zu berücksichtigen ist (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss vom 29.11.1995, Az.: X B 328/94). Verbleiben Zweifel, ist von einem umfassenden Rechtsschutzbegehren auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 01.03.2011, Az.: B 1 KR 10/10 R), um dem Grundrecht des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz auf wirksamen und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt sowie dem damit verbundenen Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes gerecht zu werden (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschlüsse vom 30.04.2003, Az.: 1 PBvU 1/02, und vom 03.03.2004, Az.: 1 BvR 461/03). Wie bei der Auslegung gesetzlicher Regelungen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 18.02.2003, Az.: 2 BvR 369/01, 2 BvR 372/01, und vom 02.05.2016, Az.: 2 BvR 1137/14) auch ist die Auslegung einer Prozesserklärung durch die Wortlautgrenze begrenzt, wobei im Sinn der gebotenen klägerfreundlichen Auslegung vom Gericht im Rahmen der Auslegung alles zu unternehmen ist, der von einem Beteiligten gewählten Formulierung einen Erklärungsinhalt beizumessen, der ihm maximalen Rechtsschutz ermöglicht. Bei einem Rechtsanwalt als rechtskundigem Bevollmächtigten ist zudem in der Regel anzunehmen, dass er das Gewollte auch richtig wiedergibt (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 123, Rdnr. 3).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies Folgendes:

Der Bevollmächtigte der Klägerin hat für diese nicht nur schriftsätzlich (Schreiben vom 27.04.2015), sondern auch zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (letztere oft auch als Bescheidungsklage bezeichnet) gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG erhoben. Einer Abänderung des schriftsätzlich und zu Protokoll gestellten Antrags in einen Anfechtungs- und Leistungsantrag im Sinn von § 54 Abs. 4 SGG hat er sich verweigert, obwohl er vom Richter des SG, wie sich aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils ergibt, im Rahmen der sich aus § 106 Abs. 1 SGG ergebenden gerichtlichen Hinweispflicht, die auf die Stellung sachdienlicher Anträge durch die Beteiligten gerichtet ist, auf die Unzulässigkeit des gestellten Antrags hingewiesen worden war. Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag

„den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 08.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.04.2015 zu verurteilen die Anträge neu zu verbescheiden.“

kann daher nur im Sinn einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, nicht aber einer Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinn von § 54 Abs. 4 SGG ausgelegt werden. Eine Umdeutung in eine zulässige Leistungsklage ist angesichts der durch den rechtskundigen Bevollmächtigten trotz entsprechender richterlicher Hinweise vorgenommenen Antragstellung in der mündlichen Verhandlung nicht möglich.

2. Unzulässigkeit der Klage

Die erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG war mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.

Die von der Klägerin angestrebte Leistung einer Witwenrente gemäß § 38 BVG stellt keine Ermessensleistung dar, sondern eine gebundene Entscheidung, bei der eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht zulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.1999, Az.: B 9 V 23/98 R); denn es könnte unmittelbar die Leistung begehrt werden (vgl. Keller, a. a. O., § 54, Rdnr. 38 c). Mit einem Bescheidungsurteil wäre die zwischen den Beteiligten streitige Rechtsfrage der Witwenrente nach wie vor offen, obwohl eine rechtverbindliche und sachlich abschließende Entscheidung im gerichtlichen Verfahren bei entsprechender Antragstellung möglich gewesen wäre. Mit einer Leistungsklage hätte die Klägerin ihr Ziel einer Witwenrente auf dem dafür vorgesehenen kürzesten Weg erreichen können, was dazu führt, dass eine Verpflichtungsklage nicht in Betracht kommt und daher unzulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 14.07.1976, Az.: 9 RV 176/75). Aus dem gleichen Grund ist die erhobene Anfechtungsklage unzulässig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat der Klägerin gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG im Weg der Ausübung seines Ermessens Verschuldenskosten in Höhe von 500,- € auferlegt.

Nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht im Urteil einem Beteiligten die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Gericht die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist.

Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung ist dann anzunehmen, wenn die Weiterführung des Rechtsstreits von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. z. B. BVerfG, Beschluss vom 23.02.2016, 2 BvR 63/16, 2 BvR 60/16) und der Beteiligte entgegen seiner besseren Einsicht von der weiteren Rechtsverfolgung nicht Abstand nimmt (vgl. BSG, Urteil vom 19.06.1961, Az.: 3 RK 67/60). Es ist also ein ungewöhnlich hohes Maß an Uneinsichtigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 12.03.1981, Az.: 11 RA 30/80) zu verlangen, wobei sich ein Beteiligter die Uneinsichtigkeit seines Anwalts zurechnen lassen muss (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.1967, Az.: 10 RV 102/67).

Die Darlegung der Missbräuchlichkeit und der Hinweis auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung können in einem Gerichtstermin (mündliche Verhandlung oder Erörterungstermin) - oder „auch in einer gerichtlichen Verfügung“ (vgl. Bundestags-Drucksache 16/7761, S. 23), also - wie hier am 24.11.2016 - in einem gerichtlichen Schreiben an den Beteiligten erfolgen (ständige Rspr., vgl. z. B. Urteile des Senats vom 27.03.2014, Az.: L 15 VK 17/13, und vom 05.07.2016, Az.: L 15 VG 33/14). Der Hinweis kann vom Vorsitzenden oder - wie hier - auch vom zuständigen Berichterstatter des Verfahrens gegeben werden (vgl. Knittel, in: Hennig, SGG, Stand 09/2016, § 192, Rdnr. 17; Krauß, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 192, Rdnr. 31; Thüringer LSG, Urteil vom 30.01.2006, Az.: L 6 RA 383/04; rechtskräftiges - vgl. BSG, Beschluss vom 17.11.2016, Az.: B 9 SB 23/16 B - Urteil des Senats vom 14.03.2016, Az.: L 15 SB 156/15).

Die aufgezeigten Voraussetzungen für die Verhängung von Verschuldenskosten sind vorliegend erfüllt. Dem in der mündlichen Verhandlung vor dem SG gestellten Antrag fehlt offensichtlich das Rechtsschutzbedürfnis. Darauf ist der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG, in den Gründen des erstinstanzlichen Urteils und im Schreiben des Senats vom 24.11.2016 hingewiesen worden. Wenn der anwaltliche Bevollmächtigte der Klägerin trotz dieser wiederholt gegebenen Hinweise Berufung einlegt und diese aufrechterhält, belegt dies überdeutlich die Missbräuchlichkeit der Aufrechterhaltung der Berufung. Das in der Person des Bevollmächtigten der Klägerin vorliegende hohe Maß an Uneinsichtigkeit muss sich die Klägerin zurechnen lassen.

Die Höhe der zu verhängenden Kosten hat der Senat durch Schätzung des ansonsten vom Steuerzahler zu tragenden Kostenaufwands für die Fortführung des Berufungsverfahrens ermittelt. Dabei ist berücksichtigt, dass § 192 SGG eine Schadensersatzregelung darstellt (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 11. Aufl. 2014, § 192, Rdnrn. 1 a, 12 - m. w. N.), die unter den in § 192 SGG genannten Voraussetzungen das Privileg der Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens teilweise entfallen lässt. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG für die jeweilige Instanz, also für das Verfahren vor dem LSG 225,- €. Im Übrigen können die anfallenden Gerichtskosten gemäß § 202 Satz 1 SGG i. V. m. § 287 ZPO geschätzt werden. Dabei sind neben den bei der Abfassung des Urteils entstehenden Kosten sämtlicher Richter und Gerichtsbediensteten auch die allgemeinen Gerichtshaltungskosten zu berücksichtigen (vgl. Leitherer, a. a. O., § 192, Rdnr. 14).

Gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG können die Kosten auferlegt werden, die durch die Fortführung des Rechtsstreits verursacht sind. Davon umfasst sind jedenfalls die Kosten, die ab dem Zeitpunkt entstanden sind, in dem dem Beteiligten die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Unter Berücksichtigung zum einen der Tatsache, dass bereits im Jahr 1973 die Kosten einer Richterstunde auf etwa 194,- DM geschätzt worden sind (vgl. Franzen, Was kostet eine Richterstunde?, NJW 1974, S. 784) bzw. im Jahr 1986 von Kosten von 350,- bis 450,- DM ausgegangen worden ist (vgl. Goedelt, Mutwillen und Mutwillenskosten, SGb 1986, S. 493, 500), und zum anderen der seitdem bis heute stattgefundenen allgemeinen Kostensteigerung liegen im vorliegenden Verfahren Verschuldenskosten in Höhe von 500,- € unter dem, was tatsächlich an weiteren Kosten entstanden ist. So sind in den letzten Jahren andere Landessozialgerichte regelmäßig von Verschuldenskosten in Höhe von 1.000,- € ausgegangen und haben dabei darauf hingewiesen, dass die auferlegten Kosten deutlich unter den Kosten, die durch die Weiterführung des Rechtsstreits tatsächlich entstanden sind, liegen (vgl. z. B. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 07.11.2011, Az.: L 3 R 254/11, und vom 21.01.2014, Az. L 2 AS 975/13; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.10.2011, Az.: L 13 R 2150/10).

Mit den hier verhängten Kosten in Höhe von 500,- € hat der Senat Rücksicht auf den Umstand genommen, dass die Klägerin, die die Kostenschuldnerin darstellt, altersbedingt vermutlich wenig Einfluss auf das Verfahren nehmen hat können. Berücksichtigt worden zugunsten der Klägerin ist auch, dass diese, soweit sich dies den Akten entnehmen lässt, über keine hohen Einkünfte und großes Vermögen verfügen dürfte. Gleichwohl sieht der Senat keine Möglichkeit, im Rahmen seines Ermessens auf den gesetzlichen Mindestbetrag für die Verschuldenskosten zurückzugreifen. Denn es ist auch zu berücksichtigen, dass durch solche Verfahren wie hier, denen offenkundig jegliche Erfolgsaussichten fehlen, Verfahren verzögert werden, in denen die Beteiligten ein berechtigtes Interesse an einer möglichst bald zu ergehenden Entscheidung des Gerichts haben.

Lediglich abschließend erlaubt sich der Senat den Hinweis darauf, dass es sich im vorliegenden Verfahren aufgedrängt hätte, dem bevollmächtigten Rechtsanwalt der Klägerin die zu verhängenden Verschuldenskosten aufzuerlegen, da er durch seine nicht nachvollziehbare Antragstellung vor dem SG die Ursache für die Verhängung der Verschuldenskosten gesetzt hat. Der Senat sieht dafür aber keine Möglichkeit, da nach dem Wortlaut des § 192 SGG die Kosten grundsätzlich nur einem Beteiligten, nicht aber seinem Bevollmächtigten auferlegt werden können (h.M., vgl. Leitherer, a. a. O., § 192, Rdnr. 2).

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 10. Jan. 2017 - L 15 VK 14/16

Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 10. Jan. 2017 - L 15 VK 14/16

Referenzen - Gesetze

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig
Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 10. Jan. 2017 - L 15 VK 14/16 zitiert 16 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 153


(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 202


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 99


(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änd

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 106


(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlich

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 192


(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass 1. durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mün

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 184


(1) Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 genannten Personen gehören, haben für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten. Die Gebühr entsteht, sobald die Streitsache rechtshängig geworden ist; sie ist für jeden Rechtszug zu zahlen. Soweit

Bundesversorgungsgesetz - BVG | § 38


(1) Ist ein Beschädigter an den Folgen einer Schädigung gestorben, so haben die Witwe, der hinterbliebene Lebenspartner, die Waisen und die Verwandten der aufsteigenden Linie Anspruch auf Hinterbliebenenrente. Der Tod gilt stets dann als Folge einer

Bundesversorgungsgesetz - BVG | § 48


(1) Ist ein rentenberechtigter Beschädigter nicht an den Folgen der Schädigung gestorben, so ist der Witwe, dem hinterbliebenen Lebenspartner und den Waisen (§ 45) eine Witwen- und Waisenbeihilfe zu zahlen, wenn der Beschädigte durch die Folgen der S

Referenzen - Urteile

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 10. Jan. 2017 - L 15 VK 14/16 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 10. Jan. 2017 - L 15 VK 14/16 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Beschluss, 17. Nov. 2016 - B 9 SB 23/16 B

bei uns veröffentlicht am 17.11.2016

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. März 2016 wird als unzulässig verworfen.

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 02. Mai 2016 - 2 BvR 1137/14

bei uns veröffentlicht am 02.05.2016

Tenor Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Gründe A.

Landessozialgericht NRW Urteil, 21. Jan. 2014 - L 2 AS 975/13

bei uns veröffentlicht am 21.01.2014

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14.05.2013 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Dem Kläger werden Verschuldenskosten in Höhe von 1000,- Euro auferlegt. Die Revision wird nicht zugelasse

Bundessozialgericht Urteil, 01. März 2011 - B 1 KR 10/10 R

bei uns veröffentlicht am 01.03.2011

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Ist ein rentenberechtigter Beschädigter nicht an den Folgen der Schädigung gestorben, so ist der Witwe, dem hinterbliebenen Lebenspartner und den Waisen (§ 45) eine Witwen- und Waisenbeihilfe zu zahlen, wenn der Beschädigte durch die Folgen der Schädigung gehindert war, eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben, und dadurch die aus der Ehe mit dem Beschädigten hergeleitete Witwenversorgung insgesamt mindestens um den folgenden Vomhundertsatz gemindert ist:

Höhe der abgeleiteten Witwenversorgung insgesamt in v.H. eines Zwölftels des in § 33 Abs. 1 Buchstabe a genannten BemessungsbetragsMinderung um mindestens
36 und mehr15 v.H.
34 bis unter 3614 v.H.
32 bis unter 3413 v.H.
30 bis unter 3212 v.H.
28 bis unter 3011 v.H.
unter 2810 v.H.

Die Höhe der Witwenversorgung und der Betrag der Minderung sind unter Berücksichtigung der rentenversicherungsrechtlichen Vorschriften über die Anrechnung eigenen Einkommens der Witwe oder des hinterbliebenen Lebenspartners festzustellen. Der nach der Tabelle maßgebende Vomhundertsatz der Minderung ist auf die Witwenversorgung zu beziehen, die sich ohne die Minderung im Sinne des Satzes 1 und ohne die Anrechnung eigenen Einkommens der Witwe ergäbe. Wird keine Witwenrente gezahlt, ist eine fiktive Witwenrente zu berechnen und danach das Ausmaß der Minderung festzustellen. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn der Beschädigte im Zeitpunkt seines Todes Anspruch auf die Grundrente eines Beschädigten mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 oder wegen nicht nur vorübergehender Hilflosigkeit Anspruch auf eine Pflegezulage hatte; § 40a Abs. 3 Satz 3 gilt. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten auch als erfüllt, wenn der Beschädigte mindestens fünf Jahre Anspruch auf Berufsschadensausgleich wegen eines Einkommensverlustes im Sinne des § 30 Abs. 4 oder auf Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 6 hatte.

(2) Die Witwen- und Waisenbeihilfe werden in Höhe von zwei Dritteln, bei Witwen, hinterbliebenen Lebenspartner und Waisen von Beschädigten mit Anspruch auf die Grundrente eines Beschädigten mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 oder auf eine Pflegezulage in voller Höhe der entsprechenden Witwen- oder Waisenrente (§§ 40, 40a, 41, 46 und 47) gezahlt. Übersteigt das monatliche Bruttoeinkommen der Hinterbliebenen von Beschädigten, die im Zeitpunkt des Todes einen Anspruch auf Rente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 30 bis 90 hatten,

bei der Witwe oder dem hinterbliebenen Lebenspartnerein Zwölftel,
bei der Halbwaiseein Vierundzwanzigstel,
bei der Vollwaiseein Achtzehntel

des in § 33 Abs. 1 Buchstabe a genannten Bemessungsbetrages, ist die zu gewährende Beihilfe um den übersteigenden Betrag zu kürzen; errechnet sich kein Zahlbetrag, entfällt der Anspruch auf Versorgung.

(3) Im Falle der Wiederverheiratung oder Begründung einer Lebenspartnerschaft der Witwe oder im Falle der Verheiratung oder Begründung einer neuen Lebenspartnerschaft des hinterbliebenen Lebenspartners gilt § 44 entsprechend. Als Abfindung wird der fünfzigfache Monatsbetrag der Grundrente einer Witwe gewährt, wenn Witwenbeihilfe in Höhe der vollen Rente bezogen worden ist, sonst werden zwei Drittel dieses Betrags gewährt.

(4) Die Absätze 1 bis 3 finden auf Witwer Anwendung.

(5) Für den Wegfall der Waisenbeihilfe gelten die Vorschriften für die Waisenrente.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten entsprechend, wenn der Beschädigte die Ansprüche nur deshalb nicht geltend machen konnte, weil er vor dem 1. Januar 1991 seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet hatte.

(1) Ist ein Beschädigter an den Folgen einer Schädigung gestorben, so haben die Witwe, der hinterbliebene Lebenspartner, die Waisen und die Verwandten der aufsteigenden Linie Anspruch auf Hinterbliebenenrente. Der Tod gilt stets dann als Folge einer Schädigung, wenn ein Beschädigter an einem Leiden stirbt, das als Folge einer Schädigung rechtsverbindlich anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war.

(2) Die Witwe oder der hinterbliebene Lebenspartner haben keinen Anspruch, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft erst nach der Schädigung geschlossen worden ist und nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat oder der Begründung der Lebenspartnerschaft war, der Witwe oder dem hinterbliebenen Lebenspartner eine Versorgung zu verschaffen.

(3) Ein hinterbliebener Lebenspartner hat keinen Anspruch auf Versorgung, wenn eine Witwe, die im Zeitpunkt des Todes mit dem Beschädigten verheiratet war, Anspruch auf eine Witwenversorgung hat.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung eines Festbetrages für Arzneimittel mit dem Wirkstoff Atorvastatin.

2

Der im Jahre 1954 geborene Kläger ist freiwillig bei einer Ersatzkasse versichert. Er leidet an erhöhten Blutfettwerten (Hyperlipoproteinämie) und beginnender geringer Arteriosklerose in den Halsschlagadern. Hinweise für eine koronare Herzerkrankung bestehen nicht. Seine vertragsärztlich verordnete Therapie zielt mittels Statinen erfolgreich auf die Absenkung seines LDL-Cholesterin-Werts (an Lipoprotein geringer Dichte gebundenes Cholesterin, das im Blutkreislauf zur Leber transportiert wird) im Serum auf weniger als 70 mg/dl. Statine dienen insbesondere dazu, als zu hoch angesehene Spiegel von LDL-Cholesterin im Menschen zu senken. Hierzu vermindern sie die körpereigene Erzeugung dieses Stoffes, indem sie die Wirkung des Schlüsselenzyms für die Cholesterinproduktion in Körperzellen (ß-Hydroxy-ß-Methylglutaryl-Coenzym A-Reduktase ) hemmen. Die Zellen reagieren auf den hierdurch hervorgerufenen Cholesterinmangel, indem sie vermehrt Rezeptoren bilden, die das LDL aus dem Blut aufnehmen. Zur Gruppe der Statine gehören ua Atorvastatin und Simvastatin. Der Kläger erhält seit 2003 vertragsärztliche Verordnungen über in Deutschland zugelassene Fertigarzneimittel mit Statinen, und zwar zunächst Sortis 20 mg/d mit dem Wirkstoff Atorvastatin, ab 2005 das Kombipräparat Inegy 10/20 mit den Wirkstoffen Ezetimib und Simvastatin, das der Kläger - ärztlich attestiert - bestens verträgt, und am 23.11.2009 Atorvastatin 40 mg N3 "aut idem". Der Wirkstoff Atorvastatin wird synthetisch hergestellt und genießt bis 2011 Patentschutz. Sortis wurde am 17.12.1996 mit den Wirkstärken 10, 20, 40 mg, später auch mit der Wirkstärke 80 mg arzneimittelrechtlich zugelassen. Seine Zulassung erstreckt sich nach der Fachinformation ua auf das Anwendungsgebiet der primären und kombinierten Hypercholesterinämie. Für diese Anwendungsgebiete sind auch die übrigen Arzneimittel zugelassen, die als Wirkstoffe die Statine Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin und Simvastatin enthalten. Der Beigeladene zu 1. fasste auf der Grundlage einer Anhörung und einer gutachterlichen Stellungnahme Arzneimittel mit Statinen als Wirkstoff in der Festbetragsgruppe "HMG-CoA-Reduktasehemmer" in der Anlage 2 der Arzneimittel-Richtlinien zusammen (Wirkstoffe und Vergleichsgrößen Atorvastatin: 16,7; Fluvastatin: 42,2; Lovastatin: 23,2; Pravastatin: 21,3 sowie Simvastatin: 20,7; Beschluss vom 20.7.2004, BAnz Nr 182 vom 25.9.2004, S 21086). Die Beigeladenen zu 2. bis 7. setzten mit Wirkung vom 1.1.2005 einen Festbetrag von 62,55 Euro für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer fest (Standardpackung 100, Wirkstärkenvergleichsgröße 0,97; Beschluss vom 29.10.2004, BAnz Nr 210 vom 5.11.2004, S 22602). Die Wirkstoffe Fluvastatin, Lovastatin und Simvastatin waren bei Beschlussfassung zu diesem Festbetrag erhältlich. Der Apothekenabgabepreis von Sortis liegt seit Inkrafttreten der Festbetragsfestsetzungen deutlich über dem Festbetrag.

3

Das SG hat die hiergegen mit der Begründung erhobene Klage, der Kläger müsse nun selbst neben der Zuzahlung zu Unrecht noch 57,08 Euro je "N3-Packung" für die Versorgung mit Sortis tragen, abgewiesen (Urteil vom 22.1.2008). Während des Klage- und Berufungsverfahrens haben die Beigeladenen zu 2. bis 7. beschlossen, den Festbetrag für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer abzusenken, und zwar mit Wirkung vom 1.4.2006 auf 59,42 Euro (Standardpackung 100, Wirkstärkenvergleichsgröße 0,97; Beschluss vom 10.2.2006, BAnz Nr 48 vom 9.3.2006, S 1524, 1534) und mit Wirkung vom 1.7.2006 auf 36,61 Euro (Standardpackung 100, Wirkstärkenvergleichsgröße 0,97; Beschluss vom 11.5.2006, BAnz Nr 105 vom 7.6.2006, S 4218, 4219). Der Beigeladene zu 1. hat die Vergleichsgrößen in der Festbetragsgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer aktualisiert (Atorvastatin: 25,9; Fluvastatin: 58,2; Lovastatin: 25,2; Pravastatin: 25,3; Simvastatin: 26,9; Beschluss vom 13.3.2008, BAnz Nr 52 vom 4.4.2008, S 1224). Die Beigeladenen zu 2. bis 7. haben daraufhin den Festbetrag für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer mit Wirkung vom 1.6.2008 wie folgt angepasst: Festbetrag 13,48 Euro (Standardpackung zu 100 Stück, Wirkstärkenvergleichsgröße 0,4; Beschluss vom 7.4.2008, BAnz Nr 57 vom 15.4.2008, S 1345, 1346). Der Kläger hat erklärt, nur noch gegen den Beschluss vom 7.4.2008 vorzugehen. Das LSG hat die Klage abgewiesen: Gemessen an § 35 SGB V in der seit 1.5.2006 geltenden Fassung verletzten die Beschlüsse zur Gruppenbildung der Statine und zur Aktualisierung der Vergleichsgrößen keine Rechte des Klägers. Die festgesetzte Höhe der Festbeträge sei rechtmäßig (Urteil vom 24.2.2010).

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 35 Abs 1 SGB V, § 35 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB V sowie von Verfahrensrecht. Sowohl die Bildung der Festbetragsgruppe der Statine unter Einbeziehung des Wirkstoffs Atorvastatin als auch die Vergleichsgrößen in der Festbetragsgruppe sowie die Festbetragshöhe seien rechtswidrig. Das LSG habe gegen §§ 103 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG verstoßen, da es entgegen seiner Aufklärungspflicht abgelehnt habe, antragsgemäß Prof. Dr. W. zu hören und Beweis durch Sachverständige zu erheben.

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. Februar 2010 und des Sozialgerichts Berlin vom 22. Januar 2008 aufzuheben und ab 1. Juni 2008 die Festbetragsfestsetzungen vom 29. Oktober 2004, 10. Februar 2006, 11. Mai 2006 und 7. April 2008 insoweit abzuändern, als darin ein Festbetrag für den Wirkstoff Atorvastatin festgesetzt wird.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

8

Der Beigeladene zu 1. beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er schließt sich dem Vorbringen des Beklagten an.

10

Die Beigeladenen zu 2. und 3. schließen sich dem Vorbringen des Beklagten an.

11

Die Beigeladenen zu 4. bis 7. haben sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

12

Der Beklagte hat den Festbetrag der Festbetragsgruppe der Statine mit Wirkung vom 1.9.2010 erneut angepasst (Beschluss vom 29.6.2010, BAnz Nr 99 vom 7.7.2010, S 2338, 2339).

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht die bei ihm anhängig gewordene Klage abgewiesen, weil der Kläger teilweise mangels Klagebefugnis (dazu 1.) und zum Teil in der Sache (dazu 2.) keinen Anspruch auf Aufhebung der angegriffenen Festbetragsfestsetzungen hat.

14

1. Die Revision ist zum Teil bereits deshalb unbegründet, weil dem Kläger die Klagebefugnis als eine auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtende Sachurteilsvoraussetzung für die Anfechtung der Festsetzung vom 1.6.2008 bis 22.11.2009 fehlt.

15

a) Die auf die Aufhebung der Festbetragsfestsetzung gerichtete Klage ist eine ohne Vorverfahren zulässige Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 SGG iVm § 35 Abs 7 Satz 3 SGB V). Festbetragsfestsetzungen sind grundsätzlich Verwaltungsakte in Form der Allgemeinverfügung (§ 31 Satz 2 SGB X; vgl BVerfGE 106, 275 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2; BSGE 94, 1 = SozR 4-2500 § 35 Nr 3, RdNr 8). Sie richten sich nach der Gesetzeskonzeption an Versicherte und Vertragsärzte (zur Anfechtbarkeit durch Arzneimittelhersteller vgl Senat Urteile vom selben Tage - B 1 KR 7/10 R, zur Veröffentlichung vorgesehen und B 1 KR 13/10 R): Versicherte erhalten die krankheitsbedingt notwendigen Arzneimittel (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V)aus dem GKV-Leistungskatalog aufgrund vertragsärztlicher Verordnung (BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 3 RdNr 14 mwN). Ist für ein Arzneimittel ein Festbetrag festgesetzt, trägt die Krankenkasse grundsätzlich die Kosten bis zur Höhe dieses Betrags (§ 31 Abs 2 Satz 1 bis 5 SGB V idF durch Art 1 Nr 1 Buchst a Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung vom 26.4.2006, BGBl I 984). Für andere Arznei- oder Verbandmittel trägt die Krankenkasse dagegen regelmäßig die vollen Kosten abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung (§ 31 Abs 2 Satz 1 Halbs 2 SGB V). Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht gegenüber dem Versicherten mit dem Festbetrag (§ 12 Abs 2 SGB V). Die behandelnden Ärzte müssen ihr Therapieverhalten an der Verpflichtung zur wirtschaftlichen Verordnung ausrichten und auf die sich aus der Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinweisen, wenn sie ein Arzneimittel verordnen, dessen Preis den Festbetrag überschreitet (§ 73 Abs 5 Satz 3 SGB V).

16

b) Zulässiger Streitgegenstand der Klage ist der Anspruch auf Aufhebung der Festbetragsfestsetzungen vom 29.10.2004, 10.2.2006, 11.5.2006 und 7.4.2008 für die Zeit ab 1.6.2008, obwohl der Kläger beim LSG erklärt hat, nur noch gegen den Beschluss vom 7.4.2008 vorzugehen und das Berufungsverfahren im Übrigen für erledigt anzusehen. Diese Erklärung ist als teilweise Klagerücknahme (vgl Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 125 RdNr 10 mwN; zur klägerischen Erledigungserklärung Hauck, SGb 2004, 407) und Beschränkung des Begehrens auf die Aufhebung der Festbetragsfestsetzungen ab 1.6.2008 auszulegen. Dieser Ausgangszeitpunkt beruht darauf, dass die Festsetzung vom 7.4.2008 mit Wirkung vom 1.6.2008 erfolgt ist.

17

Die teilweise Rücknahme seiner Klage bezogen auf die zeitlich vor dem 1.6.2008 liegenden Zeiträume konnte der Kläger wirksam erklären, weil es sich um jeweils abtrennbare, tatsächlich und rechtlich selbstständige Teile des Gesamtstreitstoffs handelt. Denn die Allgemeinverfügungen in Form der Festbetragsfestsetzungen vom 29.10.2004, 10.2.2006 und 11.5.2006 sind in zeitlicher Hinsicht teilbare Verwaltungsakte. Das SGG gibt selbst nicht vor, wann und unter welchen Voraussetzungen die Regelungen eines Verwaltungsaktes teilbar und damit der teilweisen Bestandskraft zugänglich sind. Vielmehr knüpft es an die nach materiell-rechtlichen Vorschriften zu beurteilende Teilbarkeit an (vgl § 54 Abs 1 Satz 1 iVm § 131 Abs 1 Satz 1 SGG und BSGE 59, 137, 143 = SozR 2200 § 368a Nr 13 S 43; BVerwG Beschluss vom 2.1.1997 - 8 B 240/96; BVerwG Beschluss vom 30.7.2010 - 8 B 125/09; BFH Beschluss vom 24.3.2009 - III B 120/07; Hauck in: Zeihe, SGG, Stand 1.11.2010, § 131 Anm 3 mwN). Insbesondere aus § 35 Abs 5 Satz 3 SGB V folgt, dass die einzelne Festbetragsfestsetzung als Dauerverwaltungsakt in zeitliche Abschnitte teilbar ist.

18

Die Einbeziehung der vor 2008 erlassenen Festbetragsfestsetzungen ab 1.6.2008 ist auch interessengerecht. Bei einer alleinigen Aufhebung der Festbetragsfestsetzung des Jahres 2008 würden die zuvor geltenden Festbetragsregelungen - zunächst des Jahres 2006, nach Aufhebung sodann des Jahres 2004, die seinerzeit nicht befristet waren, jeweils wieder in Kraft treten (vgl entsprechend BSGE 87, 95, 98 f = SozR 3-2500 § 35 Nr 1 S 4 f). Im Zweifel ist von einem umfassenden Rechtsschutzbegehren des Klägers auszugehen (vgl etwa BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 2 RdNr 6 mwN; BVerfGE 107, 395, 401 ff = SozR 4-1100 Art 103 Nr 1 RdNr 5 ff; BVerfGE 110, 77, 85; BVerfG SozR 4-2500 § 87 Nr 6 RdNr 10). Hinzu kommt, dass ungeachtet des Zeitpunktes, von dem an der Kläger klagebefugt war (vgl unten II 1. d), die Festbetragsfestsetzungen in das Klage- und Berufungsverfahren nach § 96 Abs 1, § 153 Abs 1 SGG zulässig einbezogen waren. Die neuere ersetzte jeweils mit Wirkung für die Zukunft die vorangegangene Allgemeinverfügung (vgl zur wirksamen Einbeziehung eines Verwaltungsaktes im Berufungsverfahren trotz unzulässiger Klage BSGE 4, 24, 26; BSGE 18, 84, 85; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 96 RdNr 2 und RdNr 7). Es findet sich bis zur Verfügung vom 7.4.2008 eine ununterbrochene Kette wirksamer Einbeziehungen nach § 96 Abs 1, § 153 Abs 1 SGG.

19

Nicht in das Verfahren einbezogen ist die während des laufenden Revisionsverfahrens ergangene Festbetragsfestsetzung vom 29.6.2010 für die Gruppe der Statine (Beschluss vom 29.6.2010 mit Wirkung vom 1.9.2010, BAnz Nr 99 vom 7.7.2010, S 2338, 2339). Sie gilt nach Maßgabe des sinngemäß auszulegenden § 171 Abs 2 SGG als beim erstinstanzlich hierfür gemäß § 29 Abs 4 Nr 3 SGG zuständigen LSG angefochten.

20

c) Der Kläger hat seine Klage im Berufungsverfahren zulässig gegen den Beklagten umgestellt, um nach Änderung der Zuständigkeit für Festbetragsfestsetzungen in § 35 Abs 3 Satz 1 SGB V iVm § 217f Abs 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl l 378) dem mit dieser Funktionsnachfolge verbundenen gesetzlichen Beteiligtenwechsel von den Beigeladenen zu 2. bis 7. zum Beklagten Rechnung zu tragen (vgl hierzu BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 13; BSGE 102, 248 = SozR 4-5050 § 15 Nr 6).

21

d) Die Anfechtungsklage des Klägers ist erst mit der vertragsärztlichen Verordnung vom 23.11.2009 zulässig geworden. Für den Anfechtungszeitraum vom 1.6.2008 bis 22.11.2009 fehlt es dem Kläger an der erforderlichen Klagebefugnis. Eine Klage, mit der die Aufhebung eines belastenden Verwaltungsaktes begehrt wird, ist regelmäßig nur zulässig, wenn der Kläger behaupten kann, durch den angefochtenen, von ihm als rechtswidrig angesehenen Verwaltungsakt beschwert zu sein (vgl § 54 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 Satz 1 SGG; BSGE 98, 129 = SozR 4-2400 § 35a Nr 1, RdNr 12). Daran mangelt es Versicherten als Adressaten einer Festbetragsfestsetzung für Arzneimittel, bei denen der Eintritt eines einschlägigen Leistungsfalles gänzlich ungewiss ist. Die völlig unabsehbare Tatsache, dass ihm in Zukunft evtl bei entsprechender Erkrankung ein Fertigarzneimittel verordnet werden könnte, dessen Kosten über dem festgesetzten Festbetrag für das Arzneimittel liegen, stellt noch keine hinreichende Betroffenheit eines Versicherten dar, sondern eine bloße ganz ferne Möglichkeit, eines Tages betroffen zu sein. So verhielt es sich beim Kläger bis zum Ablauf des 22.11.2009. Klagebefugt sind dagegen Versicherte, die ein zum Festbetrag nicht erhältliches Fertigarzneimittel vertragsärztlich verordnet bekommen haben. Sie haben aufgrund dessen gegen ihre Krankenkasse einen Sachleistungsanspruch auf das verordnete Arzneimittel (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V) und können geltend machen, dieser Anspruch werde durch die Festbetragsfestsetzung rechtswidrig beschränkt (vgl auch BVerfGE 106, 275, 304 f = SozR 3-2500 § 35 Nr 2, S 22).

22

e) Der erkennende Senat weicht mit seiner Rechtsprechung, die die Rechtmäßigkeitskontrolle der Festbetragsfestsetzung auf das zuvor beschriebene Verfahren beschränkt, nicht von der Rechtsprechung des 3. Senats des BSG in einer Weise ab, die es erfordert, den Großen Senat anzurufen, denn die Arzneimittelversorgung sieht insoweit von der Hilfsmittelversorgung abweichende Regelungen vor.

23

aa) Der 3. BSG-Senat eröffnet Versicherten bei Streit über eine konkrete Hilfsmittelversorgung die Möglichkeit, im Rahmen einer Klage auf Naturalleistung oder sachleistungsersetzende Kostenerstattung gegen die Krankenkasse auch Festbetragsfestsetzungen nicht nur auf ihre Wirksamkeit (§ 39 Abs 1 bis 3 SGB X),sondern - unabhängig von ihrer Bestandskraft - umfassend inzidenter auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen (vgl BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 30 f - Hörgeräteversorgung). Die Festbetragsfestsetzung hat bei Hilfsmitteln indes partiell eine andere Funktion als bei Arzneimitteln: Versicherte sind berechtigt, Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, zu wählen, haben dann aber die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 Satz 5 SGB V).

24

bb) In der - auch durch die arzneimittelrechtliche Zulassung beeinflussten - Arzneimittelversorgung gilt dies nicht, vielmehr kann dort ein solcher Anspruch Versicherter erst durch die Festbetragsfestsetzung im Zusammenspiel mit der vertragsärztlichen Verordnung begründet und zugleich begrenzt werden: Arzneimittel, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen oder unwirtschaftlich sind, weil sie gegenüber gleich geeigneten, ausreichenden und erforderlichen Mitteln teurer sind, sind aus dem Leistungskatalog der GKV grundsätzlich ausgeschlossen (vgl zur Regelungskonzeption für Arzneimittel BSGE 95, 132 RdNr 17 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 24 mwN). Infolgedessen müssen betroffene Versicherte unmittelbar die Festbetragsfestsetzung für Arzneimittel selbst gerichtlich überprüfen lassen, wenn sie hiermit nicht einverstanden sind. Der Gesetzgeber hat ihnen dafür das Verfahren der Anfechtungsklage ohne Vorverfahren zur Verfügung gestellt (vgl oben, unter II 1. a). Ein auf eine konkrete Leistung eines Arzneimittels gerichtetes Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gegen die Krankenkasse ist für Versicherte weder zulässig noch erforderlich, um die Rechtmäßigkeit einer Festbetragsfestsetzung für Arzneimittel zu überprüfen. In solchen Streitigkeiten über die konkrete Gewährung eines Arzneimittels kann inzidenter lediglich noch eine Überprüfung der Wirksamkeit der Festbetragsfestsetzung geboten sein (§ 39 Abs 1 bis 3 SGB X),nicht aber ihrer Rechtmäßigkeit.

25

cc) Die umschriebene gestufte gesetzliche Rechtsschutzkonzeption für Versicherte bei der Festbetragsfestsetzung für Arzneimittel sichert effizienten Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG), ohne ihn zu verkürzen. Die nicht nichtige Allgemeinverfügung der Festbetragsfestsetzung für Arzneimittel entfaltet zwar mit ihrer Bekanntmachung (§ 35 Abs 7 Satz 1 SGB V; § 37 Abs 3 SGB X)gegenüber allen Versicherten Rechtswirksamkeit (vgl § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X). Sind Versicherte indes zunächst nicht klagebefugt, sondern erst später durch den Erhalt einer vertragsärztlichen Verordnung, verbleibt ihnen die Möglichkeit eines Antrags auf Überprüfung der Festbetragsfestsetzung nach § 44 SGB X.

26

Die daraus folgende, für Ansprüche Versicherter auf Arzneimittelversorgung gesetzlich vorgegebene Zweiteilung der Rechtsschutzverfahren betrifft klar abgrenzbare unterschiedliche Streitgegenstände und Beteiligte. Die nur sacheinheitlich (§ 35 Abs 7 Satz 4 SGB V), wenn auch für unterschiedliche Geltungszeiträume teilbar anfechtbare Festbetragsfestsetzung gilt jeweils für eine Gruppe von Arzneimitteln (§ 35 Abs 1 Satz 2 SGB V) und setzt hierfür die Geldbeträge fest, mit denen einerseits eine ausreichende medizinische Versorgung gewährleistet, andererseits aber ein Preiswettbewerb unter den Herstellern ermöglicht werden soll (§ 35 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB V). Die gesetzlich vorgegebenen Kriterien der Festbetragsfestsetzung sind nicht an den individuellen Verhältnissen des einzelnen Patienten ausgerichtet, sondern orientieren sich generell an den Versicherten. So sind bei der Gruppenbildung unterschiedliche Bioverfügbarkeiten wirkstoffgleicher Arzneimittel zu berücksichtigen, sofern sie für die Therapie bedeutsam sind (§ 35 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 SGB V). Die nach § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2 und 3 SGB V gebildeten Gruppen müssen gewährleisten, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen(§ 35 Abs 1 Satz 3 SGB V). Für die Frage, ob ein Wirkstoff gegenüber den anderen Wirkstoffen einer Festbetragsgruppe eine therapeutische Verbesserung bedeutet mit der Folge, dass er in eine Festbetragsgruppe nicht einbezogen werden kann, ist maßgeblich, ob der Wirkstoff "regelmäßig oder auch für relevante Patientengruppen" vorzuziehen ist (§ 35 Abs 1b SGB V). Die Festbeträge sind so festzusetzen, dass sie im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten (§ 35 Abs 5 Satz 1 SGB V). Soweit wie möglich ist eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherzustellen (§ 35 Abs 5 Satz 2 Halbs 2 SGB V). Der generell an den Versicherten ausgerichtete Prüfmaßstab korrespondiert mit dem generell auf die Wirkungen für Patienten abstellenden, auch für die GKV bedeutsamen Maßstab des Arzneimittelzulassungsrechts (vgl näher zur erforderlichen Qualität der Studien zB BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 6 RdNr 13 ff mwN).

27

Entsprechend dem erlassenen Verfügungssatz kann ein als Versicherter betroffener Kläger gegen eine Festbetragsfestsetzung für Arzneimittel auf tatsächlicher Ebene rechtsrelevant nur geltend machen, die generellen Kriterien der Festbetragsfestsetzung seien missachtet. Zieht ein Versicherter dagegen nicht in Zweifel, dass der Festbetrag "im Allgemeinen" eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleistet (§ 35 Abs 5 Satz 1 SGB V), beruft er sich jedoch für sich selbst auf einen atypischen Einzelfall, in welchem er trotz genereller Achtung der allgemeinen gesetzlichen Vorgaben für Festbeträge keine hinreichende Arzneimittelversorgung zum Festbetrag erhält, kann er - gerichtlich überprüfbar - Vollversorgung individuell und systemgerecht gegenüber seiner Krankenkasse einfordern, sei es als Sachleistung für die Zukunft oder als sachleistungsersetzende Kostenerstattung (§ 13 Abs 3 Satz 1 SGB V). Soweit im vorliegenden Rechtsstreit der Kläger etwa im Berufungsverfahren geltend gemacht hat, er halte die bei ihm zur Cholesterinsenkung durchgeführte Therapie mit Inegy für bedenklich, weil er sich hierdurch der möglichen Nebenwirkungen gleich zweier Wirkstoffe ausgesetzt sehe, ist ein solches rein individualbezogenes Vorbringen im Anfechtungsstreit gegen die Festbetragsfestsetzung für Arzneimittel aus der Gruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer unerheblich.

28

Die Zweiteilung des Rechtsschutzes entspricht den Rechten und Pflichten der Beteiligten. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) und - heute - der Spitzenverband Bund der Krankenkassen sind im Rahmen des gestuften Verfahrens der Festbetragsbildung allein für die Festsetzung von Festbeträgen anhand der aufgezeigten Kriterien zuständig, die einen generellen Personenkreis betreffen. Abweichende, aus der Individualsituation des Versicherten erwachsende Ausnahmen, wie sie der erkennende Senat rechtsähnlich etwa im Bereich des arzneimittelrechtlichen Zulassungserfordernisses für Einzelimporte nach § 73 Abs 3 Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln - Arzneimittelgesetz (AMG) anerkannt hat(vgl BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 14 ff - Tomudex; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 28 mwN - Ilomedin),hat der Versicherte gegenüber seiner Krankenkasse geltend zu machen.

29

2. Im Übrigen bleibt die Revision ohne Erfolg, auch soweit die Anfechtungsklage zulässig ist, weil der Kläger in der Sache keinen Anspruch auf die begehrte Aufhebung der Festbetragsfestsetzung für die Zeit ab dem 23.11.2009 hat. Der Senat sieht von Feststellungen zu der Frage ab, inwieweit die ärztliche Verordnung vom 23.11.2009 ungültig geworden ist, weil sie ungenutzt geblieben ist, sowie ob und in welchem Umfang der Kläger Anschlussverordnungen erhalten hat. Sollte es an Folgeverordnungen fehlen, wäre die Revision ab dem 23.2.2010 schon - entsprechend dem unter 1. Ausgeführten - mangels Klagebefugnis unbegründet, andernfalls wegen der Rechtmäßigkeit der Festsetzung.

30

Anhand des dargelegten Maßstabs der Überprüfung (vgl oben II 1. e) kann der Kläger nicht beanspruchen, dass der Beschluss über die Festbetragsfestsetzung vom 7.4.2008 aufgehoben wird, weil er rechtmäßig ist. Nach der anzuwendenden gesetzlichen Regelung (dazu a) handelte der hierzu berufene Beigeladene zu 1. formell rechtmäßig (dazu b). Er bildete die Festbetragsgruppe (dazu c, d) und die Vergleichsgrößen (dazu e) materiell rechtmäßig. Die Beigeladenen zu 2. bis 7. setzten die Festbeträge rechtmäßig fest (dazu f). Die früheren Festbetragsfestsetzungen vom 11.5.2006, 10.2.2006 und 29.10.2004 sind nicht zu überprüfen.

31

a) Zu messen ist die Rechtmäßigkeit des Beschlusses vom 7.4.2008 an der Festbetragsregelung des § 35 SGB V(idF durch Art 1 Nr 2 AVWG vom 26.4.2006, BGBl I 984; Abs 3 geändert mit Wirkung vom 1.7.2008 durch Art 1 Nr 18 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378 sowie Abs 5 Satz 7 geändert mit Wirkung vom 1.1.2009 durch Art 1 Nr 1c Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der GKV vom 15.12.2008, BGBl I 2426). Diese Norm gibt für die Festsetzung von Festbeträgen ein zweistufiges Verfahren vor: Zunächst bestimmt der Beigeladene zu 1. in den Arzneimittel-Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können und welche Vergleichsgrößen dabei zugrunde zu legen sind(§ 35 Abs 1 und 2 SGB V). Auf der Grundlage dieses Beschlusses erfolgt sodann die Festsetzung der jeweiligen Festbeträge im Wege einer Allgemeinverfügung (vgl § 35 Abs 3 bis 6 und Abs 7 Satz 1 SGB V). Die Entscheidung des Beigeladenen zu 1. ist nicht isoliert anfechtbar (§ 35 Abs 7 Satz 4 SGB V),ihre Überprüfung daher Bestandteil der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der auf ihrer Grundlage ergangenen Allgemeinverfügung (BSGE 94, 1 = SozR 4-2500 § 35 Nr 3, RdNr 11, unter Hinweis auf BT-Drucks 11/3480 S 54).

32

b) Der hierzu berufene Beigeladene zu 1. hat die Festbetragsgruppe (§ 35 Abs 1 Satz 1 bis 3 SGB V) und die Vergleichsgrößen (§ 35 Abs 1 Satz 5 SGB V) als Grundlage der Festbetragsfestsetzung formell rechtsfehlerfrei bestimmt. Er hat zunächst erstmals eine Festbetragsgruppe der Statine bestehend aus Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin, Simvastatin gebildet und Vergleichsgrößen festgesetzt (Beschluss vom 20.7.2004), später lediglich die Vergleichsgrößen neu ermittelt (Beschluss vom 13.3.2008) und sodann die Gruppe um Rosuvastatin erweitert (Beschluss vom 15.10.2009, BAnz Nr 184 vom 4.12.2009, S 4112). Der Beigeladene zu 1. hat all dies in Arzneimittel-Richtlinien geregelt (§ 35 Abs 1 Satz 1 und 5 SGB V idF des AVWG; § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000). Die Richtlinien sind in der Rechtsprechung des BSG seit Langem als untergesetzliche Rechtsnormen anerkannt (stRspr; vgl nur BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 26). Ihre Bindungswirkung gegenüber allen Systembeteiligten steht außer Frage (vgl § 91 Abs 9 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes - GMG - vom 14.11.2003, BGBl I 2190; § 91 Abs 6 SGB V idF des GKV-WSG; BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 33; BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 22; vgl auch BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 57 ff).

33

Das BSG zieht die Verfassungsmäßigkeit dieser Art der Rechtsetzung nicht mehr grundlegend in Zweifel (BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 mwN - LITT; BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 18 mwN). Kritischen Stimmen ist in jüngerer Zeit Literatur entgegengetreten (vgl Neumann, NZS 2010, 593; Hauck NZS 2010, 600 mwN). Für die Bildung von Festbetragsgruppen gilt die Bejahung der Verfassungsmäßigkeit im Besonderen, weil der Gesetzgeber einen konkreten Katalog von gesetzlichen Voraussetzungen formuliert, bei deren Vorliegen er den Beigeladenen zu 1. im Bereich der Arzneimittelversorgung mit der Gruppenbildung betraut (vgl Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 1.7.2010, Band 2, § 35 SGB V RdNr 30). Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 17.12.2002 (BVerfGE 106, 275 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2)zwar ausdrücklich nur das System der Festsetzung von Festbeträgen (§§ 35 ff SGB V) im Ganzen als verfassungskonform bewertet, folgerichtig die Verfassungsmäßigkeit der Kompetenzen des Beigeladenen zu 1. damit aber unausgesprochen vorausgesetzt (vgl auch BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 61 - Therapiehinweise).

34

Die im Interesse der verfassungsrechtlichen Anforderungen der Betroffenenpartizipation umfassend durch Gesetz und - inzwischen - Verfahrensordnung des Beigeladenen zu 1. ausgestalteten und abgesicherten Beteiligungsrechte wurden gewahrt. Sie stellen sicher, dass alle sachnahen Betroffenen selbst oder durch Repräsentanten auch über eine unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten hinaus Gelegenheit zur Stellungnahme haben, wenn ihnen nicht nur marginale Bedeutung zukommt (vgl dazu Hauck, NZS 2010, 600, 604).

35

Auf die vom Kläger unter Beweis gestellte Behauptung, dass der Beigeladene zu 1. anlässlich der Gruppenbildung für Statine im Jahre 2004 Prof. Dr. W. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt hat, kommt es demgegenüber nicht an. Auswahl und Entpflichtung von Sachverständigen liegen im Ermessen des Beigeladenen zu 1. (vgl auch Kraftberger/Adelt in: Kruse/Hänlein, LPK-SGB V, 3. Aufl 2009, § 35 RdNr 38; Hess in: Kasseler Komm, Stand 1.10.2010, § 35 SGB V RdNr 19). Seine Entscheidung war ohne Zweifel sachgerecht, eine auf Neutralität angelegte Institution wie die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) mit einem Gutachten zu betrauen und einem Einzelsachverständigen vorzuziehen. Die AkdÄ hat als wissenschaftlicher Fachausschuss der Bundesärztekammer ua die Aufgabe, entsprechend den Regelungen in den ärztlichen Berufsordnungen - wie in § 62 AMG vorausgesetzt - unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die ihr aus der deutschen Ärzteschaft mitgeteilt werden müssen, zu erfassen, zu dokumentieren und zu bewerten. Der Gesetzgeber bindet vor diesem Hintergrund die AkdÄ inzwischen selbst in Verfahren des GBA zur Anforderung ergänzender versorgungsrelevanter Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit von Arzneimitteln ein (vgl § 92 Abs 2a Satz 1 SGB V idF durch Art 1 Nr 13 Buchst c Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz - AMNOG - vom 22.12.2010, BGBl I 2262, mit Wirkung vom 1.1.2011).

36

c) Die gebildete Gruppeneinteilung entspricht nach der gebotenen gerichtlichen Prüfung (dazu aa) materiellem Recht. Der Beigeladene zu 1. hat mit seinem Beschluss vom 20.7.2004 ausgehend von rechtmäßigen Kriterien (dazu bb) - hier: dem Inhalt der Arzneimittelzulassungen (dazu cc) - in der Gruppe "HMG-CoA-Reduktasehemmer" Arzneimittel mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, zusammengefasst (dazu dd), ohne unterschiedliche Bioverfügbarkeiten der Arzneimittel berücksichtigen zu müssen (§ 35 Abs 1 Satz 2 SGB V; dazu ee). Die gebildete Gruppe gewährleistet, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen (§ 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 1 SGB V; dazu ff). Der Einbeziehung von Sortis steht nicht die Ausnahme von der Gruppenbildung für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen entgegen, deren Wirkungsweise neuartig ist oder die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten (§ 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 2 SGB V; dazu d).

37

aa) Die im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts stehenden Richtlinien des Beigeladenen zu 1. sind gerichtlich in der Weise zu prüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte (BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 - LITT; Schlegel, MedR 2008, 30, 32; Hauck NZS 2010, 600, 611 f). § 35 SGB V gibt dem Beigeladenen zu 1. ein engmaschiges, rechtlich voll überprüfbares Programm vor: Die Verwendung ihrer Art nach rechtmäßiger Prüfkriterien, die Ermittlung des Inhalts der Arzneimittelzulassungen, die Qualifizierung von Arzneimitteln als solche mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, die Gewährleistung sowohl fehlender Einschränkungen von Therapiemöglichkeiten als auch der Verfügbarkeit medizinisch notwendiger Verordnungsalternativen sowie die zutreffende rechtliche Erfassung der Ausnahme von der Gruppenbildung für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen ist vom Gericht uneingeschränkt zu überprüfen. Der Gesetzgeber belässt dem Beigeladenen zu 1. bei der Umsetzung dieser Regelungselemente des § 35 SGB V keinen Gestaltungsspielraum. Das gilt auch für die Vollständigkeit der vom Beigeladenen zu 1. zu berücksichtigenden Studienlage.

38

Anders liegt es dagegen bei der Entscheidung über Zeitpunkt, Zuschnitt und Auswahl der Gruppe sowie bei der Bewertung des zutreffend ermittelten Standes der Studienlage im Hinblick auf ihre Eignung, für die Gruppenbildung relevante Therapiehinweise, Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse zu erlassen. Hier entscheidet der Beigeladene zu 1. als Normgeber. Insoweit darf die sozialgerichtliche Kontrolle ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom Beigeladenen zu 1. getroffenen Wertungen setzen (vgl ähnlich BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 67 - Therapiehinweise). Vielmehr beschränkt sich die gerichtliche Prüfung in diesen Segmenten darauf, ob die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen.

39

bb) Grundlage und Ausgangspunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Festbetragsgruppenbildung ist grundsätzlich der Inhalt der arzneimittelrechtlichen Zulassung nach dem AMG. Der Inhalt ergibt sich zusammengefasst insbesondere aus der Fachinformation gemäß § 11a AMG. Eine Berücksichtigung darüber hinausgehender Unterlagen ist für die Prüfung des Vorliegens vergleichbarer Wirkstoffe nach Maßgabe des § 35 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 und Satz 3 Halbs 1 SGB V grundsätzlich nicht vorgesehen. Hiervon abweichend ist dagegen nicht allein die arzneimittelrechtliche Zulassung, sondern eine neuere Studienlage maßgeblich, wenn eine solche für die Gruppenbildung bedeutsame Therapiehinweise, Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse durch den GBA rechtfertigt, weil sie Indikationsbereiche eines Arzneimittels oder von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen als unwirtschaftlich erscheinen lässt und nicht lediglich insgesamt das Therapiegebiet der Gesamtgruppe einschränkt. Dies folgt aus Regelungssystem (dazu <1.>), Normsystematik und Wortlaut (dazu <2.>), Entstehungsgeschichte (dazu <3.>) sowie Sinn und Zweck des § 35 SGB V(dazu <4.>).

40

(1.) § 35 SGB V knüpft an das allgemeine Regelungssystem der Arzneimittelversorgung in der GKV an und ändert es nur in spezifischen, genau umrissenen Teilbereichen. Nach diesem System ist Grundvoraussetzung des Anspruchs Versicherter auf ein zur Krankenbehandlung notwendiges Arzneimittel in der Regel seine Anwendung im Rahmen der durch die arzneimittelrechtliche Zulassung vorgegebenen Indikation. Notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV ist ihre Qualität als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts. Dieses bezweckt, im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von Mensch und Tier für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, insbesondere für die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimittel zu sorgen (§ 1 AMG). Insoweit stellen das SGB V und das AMG auf den selben Zweck ab (stRspr, vgl BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 15 mwN - D-Ribose; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 15 - Lorenzos Öl; vgl auch BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 55 f - Therapiehinweise, und SozR 4-2500 § 106 Nr 21<6. BSG-Senat>). Daher verzichtet das Krankenversicherungsrecht bei der Arzneimittelversorgung weitgehend auf eigene Vorschriften zur Qualitätssicherung. Es knüpft insoweit vielmehr im Ausgangspunkt an das Arzneimittelrecht nach dem AMG an, das für Fertigarzneimittel eine staatliche Zulassung vorschreibt und deren Erteilung vom Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Medikaments (vgl § 25 Abs 2 AMG)abhängig macht (vgl BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 29 - Lorenzos Öl; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21). Wurde diese Prüfung erfolgreich durchlaufen und ist für das Arzneimittel die Zulassung einschließlich der darin enthaltenen Ausweisung der Anwendungsgebiete erteilt worden, so ist es in diesem Umfang grundsätzlich auch verordnungsfähig im Sinne des SGB V (vgl BSGE 95, 132 RdNr 18 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 25 mit Bezugnahme auf BSGE 93, 1 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1, RdNr 7). Eine eigene Sachprüfungsbefugnis der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit kommt hinsichtlich der erteilten arzneimittelrechtlichen Zulassung nicht in Betracht (BSGE 95, 132 RdNr 15 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 22). Eine erforderliche, aber nicht vorhandene Zulassung schließt grundsätzlich die Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels aus. Insoweit ist die arzneimittelrechtliche Zulassung für die Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels in der GKV "negativ vorgreiflich" (vgl BSGE 95, 132 RdNr 16 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 23 mwN).

41

Auch soweit Versicherte ausnahmsweise außerhalb der arzneimittelrechtlichen Zulassung Versorgung mit arzneimittelrechtlich zugelassenen Arzneimitteln nach den Grundsätzen des sogenannten Off-Label-Use beanspruchen können, setzt dies ua eine Studienlage voraus, die eine Zulassung des Arzneimittels nach den Anforderungen des AMG zur betroffenen Indikation rechtfertigen würde. Nach der Rechtsprechung des Senats (BSGE 89, 184, 191 f = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 36 - Sandoglobulin; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 31 mwN - Ritalin) kommt die Verordnung eines Medikaments in einem von der Zulassung nicht umfassten Anwendungsgebiet nämlich grundsätzlich nur in Betracht, wenn es 1.) um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn 2.) keine andere Therapie verfügbar ist und wenn 3.) aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann. Die Qualität der wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Behandlungserfolg, die für eine zulassungsüberschreitende Pharmakotherapie auf Kosten der GKV nachgewiesen sein muss, entspricht derjenigen für die Zulassungsreife des Arzneimittels im betroffenen Indikationsbereich. Sie ist während und außerhalb eines arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens regelmäßig gleich. Der Schutzbedarf der Patienten, der dem gesamten Arzneimittelrecht zugrunde liegt und - wie dargelegt - in das Leistungsrecht der GKV einstrahlt, unterscheidet sich in beiden Situationen nicht (vgl BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 24 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 34 mwN - Ritalin).

42

Änderungen des Maßstabs der danach an der arzneimittelrechtlichen Zulassung ausgerichteten Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV können sich indes mit Blick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V) ergeben. Dies erwächst daraus, dass eine Diskrepanz bestehen kann zwischen der Aussagekraft der für die Zulassung durchgeführten klinischen Studien und den in der Praxis auftretenden Anforderungen an ein Arzneimittel, insbesondere beim Fehlen klinischer Studien zu patientenrelevanten Endpunkten. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt ua den sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V) ergebenden Einschränkungen (vgl BSGE 95, 132 RdNr 20 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 27). Das Wirtschaftlichkeitsgebot kann weitergehende Einschränkungen der generellen Verordnungsfähigkeit zugelassener Arzneimittel im Rahmen der GKV fordern, etwa weil eine neuere Studienlage Therapiehinweise rechtfertigt, da Indikationsbereiche eines Arzneimittels oder von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen als unwirtschaftlich erscheinen (vgl zum bisher geltenden Recht zB BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 39 ff - Therapiehinweise). Der Beigeladene zu 1. kann nach heutiger Rechtslage die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist (§ 92 Abs 1 Satz 1 Halbs 4 SGB V idF durch Art 1 Nr 13 Buchst a AMNOG, vom 22.12.2010, BGBl I 2262, mit Wirkung vom 1.1.2011). Er kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der AkdÄ und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Werden die Studien nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der GBA das Arzneimittel schon allein deshalb von der Verordnungsfähigkeit ausschließen (§ 92 Abs 2a Satz 1 und 4 SGB V idF durch Art 1 Nr 13 Buchst c AMNOG). Die in besonderen Fällen mögliche Ausrichtung an auf patientenrelevante Endpunkte bezogene Studien wird schließlich auch daran deutlich, dass der GBA neuerdings die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen darf, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 SGB V oder durch die Vereinbarung eines Erstattungsbetrags nach §130b SGB V hergestellt werden kann(s § 92 Abs 2 Satz 11 SGB V idF durch Art 1 Nr 13 Buchst b AMNOG; vgl zum Ganzen Hauck, GesR 2011, 69, 70 ff).

43

(2.) Auch Wortlaut und Normsystematik des § 35 Abs 1 SGB V verdeutlichen, dass grundsätzlich für die Festbetragsgruppen auf die arzneimittelrechtliche Zulassung abzustellen ist. Das Prüfprogramm für die Bildung von Festbetragsgruppen weist breite sachliche Überschneidungen mit dem Arzneimittelrecht auf. So enthält § 35 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 SGB V die grundlegende Aufzählung denkbarer Festbetragsgruppen anhand von Kriterien, die sich entsprechend auch in der arzneimittelrechtlichen Überprüfung der Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels wiederfinden und keinen Hinweis auf Abweichungen vom dargelegten allgemeinen Regelungssystem enthalten. Der Begriff des Wirkstoffs in Nr 1 greift den Wirkstoffbegriff nach § 4 Abs 19 AMG auf, der infolgedessen sinngemäß anwendbar ist(vgl Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 1.7.2010, Band 2, § 35 SGB V RdNr 37; zur arzneimittelrechtlichen Anbindung des Begriffs "Bioverfügbarkeit" in diesem Zusammenhang vgl Orlowski in: Orlowski/Wasem/Rau/Zipperer, GKV-Kommentar SGB V, Stand Januar 2011, § 35 RdNr 9 f). Mit Blick darauf ist auch die Eingrenzung auf pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare Wirkstoffe in Nr 2 folgerichtig in Anlehnung an das AMG vorzunehmen. Denn pharmakologisch-therapeutische Wirkungsweisen eines Wirkstoffs sind Bestandteil der arzneimittelrechtlichen Zulassungsprüfung (§ 25 Abs 2 Nr 1 bis 5a AMG) und dementsprechend Inhalt der Fachinformation (§ 11a AMG).

44

Dagegen hat der Gesetzgeber in § 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 2 SGB V eine Ausnahmeregelung für patentgeschützte Arzneimittel statuiert, für die er einen über die arzneimittelrechtliche Zulassung hinausgehenden Überprüfungsmaßstab angewendet wissen will: Von der Bildung eigentlich zulässiger Festbetragsgruppen sind patentgeschützte Arzneimittel ausgenommen, deren Wirkungsweise neuartig ist oder(zunächst idF vor dem AVWG: "und"; s hierzu näher Urteil des erkennenden Senats vom selben Tage - B 1 KR 7/10 R) die eine therapeutische Verbesserung bedeuten. Diese Regelung bezweckt, den Arzneimittelherstellern Anreize zur Entwicklung von innovativen Arzneimitteln zu bieten (vgl hierzu Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 11/3480, S 53; zur Klarstellung späterer Gesetzesfassungen BT-Drucks 15/1525 S 87; s zur nachträglichen Einfügung der Regelung auch Schulin, Patentschutz und Festbeträge für Arzneimittel, 1993, 92 ff). Nach Auffassung des Gesetzgebers sind echte Innovationen mit therapeutischem Zusatznutzen erwünscht und unterliegen nicht der Festbetragsregelung (Gesetzentwurf eines AVWG der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BT-Drucks 16/194 S 7 zu Art 1 Nr 2 Buchst c). Um bloße Scheininnovationen nicht zu begünstigen, erfolgt der Nachweis einer therapeutischen Verbesserung nicht allein aufgrund der Fachinformationen, sondern auch durch Bewertung von klinischen Studien nach methodischen Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin, soweit diese Studien allgemein verfügbar sind oder gemacht werden und ihre Methodik internationalen Standards entspricht. Vorrangig sind klinische Studien, insbesondere direkte Vergleichsstudien mit anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen (§ 35 Abs 1b Satz 4 und 5 SGB V; vgl näher unten, II 2. d).

45

(3.) Auch die Entstehungsgeschichte des § 35 SGB V belegt die Bedeutung der arzneimittelrechtlichen Zulassung als Ausgangspunkt der Gruppenbildung. Die erste Fassung einer Festbetragsregelung nach dem Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (GRG) vom 20.12.1988 (BGBl I S 2477) sah in Abs 4 die Festsetzung eines Festbetrags für Arzneimittel mit denselben Wirkstoffen (§ 35 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V) erst drei Jahre nach der ersten Zulassung eines wirkstoffgleichen Arzneimittels vor. Damit stellte die Regelung den Zusammenhang zwischen SGB V und AMG für den Wirkstoffbegriff ausdrücklich her. Dass diese Regelung durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21.12.1992 (BGBl I 2266) beseitigt worden ist, beruht auf der Verlängerung des Patentschutzes für Arzneimittel um bis zu fünf Jahre durch die Verordnung des Rates der Europäischen Gemeinschaften über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikates für Arzneimittel (vgl BT-Drucks 12/3608 S 81). Eine Loslösung des Wirkstoffbegriffs im SGB V von demjenigen des AMG war nicht beabsichtigt.

46

(4.) Schließlich entspricht die grundsätzliche Anknüpfung der Festbetragsgruppenbildung an die arzneimittelrechtliche Zulassung dem Regelungszweck des § 35 SGB V. Die Festbetragsregelung des § 35 SGB V zielt - wie dargelegt - unter Ausgestaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots darauf ab, den Bereich zu Lasten der GKV verordnungsfähiger Arzneimittel de iure zu erweitern, die Leistungspflicht der Krankenkassen hierbei auf den einschlägigen festgesetzten Festbetrag zu begrenzen und hierdurch zugleich den Wettbewerb unter den Arzneimittelanbietern zu verstärken und das Interesse der Anbieter zu wecken, Preise unterhalb des Festbetrags festzusetzen. All dies kann nur im Rahmen des allgemeinen Systems der in den GKV-Leistungskatalog einbezogenen Arzneimittel gelingen.

47

cc) Hinsichtlich der Arzneimittelgruppe der Statine ist für den hier betroffenen Zeitraum an die Inhalte der arzneimittelrechtlichen Zulassung anzuknüpfen. Dass für einzelne Statine der Festbetragsgruppe eine Studienlage besteht, die weitergehende Einschränkungen der generellen Verordnungsfähigkeit zugelassener Arzneimittel mit diesem Wirkstoff im Rahmen der GKV rechtfertigt, hat das LSG nicht festgestellt. Der Beigeladene zu 1. hat dies ebenfalls nicht angenommen und deshalb keine der ihm rechtlich für einen solchen Fall eröffneten Maßnahmen ergriffen. Weder er noch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) gehen nach eingehender Recherche hiervon aus. Keiner der Beteiligten in den beim erkennenden Senat anhängigen Verfahren behauptet Entsprechendes. Bei einem solchen Sachstand verbleibt es beim durch das Arzneimittelzulassungsrecht vorgegebenen Prüfmaßstab für die Festbetragsgruppenbildung, ohne dass weitere Ermittlungen des erkennenden Senats zu diesen generellen Tatsachen geboten wären.

48

dd) Auf der Grundlage des Inhalts der arzneimittelrechtlichen Zulassung stellen die fünf fraglichen Statine pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare Wirkstoffe, insbesondere chemisch verwandte Stoffe iS von § 35 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 Nr 2 SGB V dar. Zutreffend ist der Beigeladene zu 1. davon ausgegangen, dass die Überprüfung der pharmakologisch-therapeutischen Vergleichbarkeit zwei verschiedene Aspekte, namentlich einen pharmakologischen wie einen therapeutischen umfasst (vgl Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 1.7.2010, Band 2, § 35 SGB V RdNr 38). Für das Verständnis des Begriffs der Vergleichbarkeit ist mit den Vorinstanzen davon auszugehen, dass Vergleichbarkeit nicht Austauschbarkeit oder Identität bedeutet. Anders als nach Nr 1 geht es bei der Gruppenbildung nach Nr 2 vielmehr darum, einen übergreifenden gemeinsamen Bezugspunkt mehrerer Wirkstoffe herzustellen (ebenso Sodan, PharmR 2007, 485, 487). Dementsprechend steht mit der Überprüfung der pharmakologisch-therapeutischen, insbesondere chemischen Vergleichbarkeit eine Beurteilung von Art und Aufbau der einzelnen Wirkstoffe, ihrer Wirkmechanismen und ihrer Anwendungsgebiete an.

49

Der Beigeladene zu 1. hat die dargelegten Vergleichsmaßstäbe entsprechend seinen Ausführungen zu chemischer Zusammensetzung, Wirkprofil und therapeutischem Einsatzgebiet der fünf Statine rechtsfehlerfrei angewendet. Nicht zu beanstanden ist, dass er hierbei als Einstieg die in der Fachinformation enthaltene Anatomisch-Therapeutisch-Chemische (ATC) Klassifikation der WHO nach Maßgabe des § 73 Abs 8 Satz 5 SGB V gewählt hat, wie es inzwischen seiner Verfahrensordnung (VerfO) entspricht(vgl § 16 Abs 2 VerfO). Die ATC-Klassifikation teilt die Wirkstoffe nach dem Organ oder Organsystem, auf das sie einwirken, und nach ihren chemischen, pharmakologischen und therapeutischen Eigenschaften in verschiedene Gruppen ein (abrufbar unter www.dimdi.de) und kann als Orientierungshilfe dienen. Sie geht von einem identischen Code für die Wirkstoffgruppe der fünf Statine Simvastatin, Lovastatin, Pravastatin, Fluvastatin und Atorvastatin aus.

50

Zu Recht bejaht der Beigeladene zu 1. die chemische Verwandtschaft der betroffenen Wirkstoffe. Er beurteilt sie im Einklang mit dem Wortlaut des § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB V maßgeblich vom Endprodukt und nicht von der Herstellungsform her: Die fünf Statine haben nicht nur eine gemeinsame b-, d-Dihydroxy-n-Carbonsäure-Struktur, sondern darüber hinaus auch eine gemeinsame molekulare räumliche Struktur, die erst die spezifische Interaktion Wirkstoff-Enzym ermöglicht.

51

Ebenfalls stellt der Beigeladene zu 1. rechtmäßig für die pharmakologische Vergleichbarkeit maßgeblich auf den Wirkmechanismus der erfassten Arzneimittel ab. Er geht nämlich von einem vergleichbaren Wirkprofil aller HMG-CoA-Reduktase (=CSE)-Hemmer aus, weil durch alle Hemmer der HMG-CoA-Reduktase Vorstufen von Cholesterin verringert synthetisiert werden. Die daraus resultierende Verarmung an interzellulärem Cholesterin führt zu einer Zunahme von LDL-Rezeptoren an der Zelloberfläche, die Aufnahme von LDL-Cholesterin in die Zelle wird hierdurch erhöht.

52

Auch die therapeutische Vergleichbarkeit hat der Beigeladene zu 1. anhand der Anwendungsgebiete der Statine, wie sie sich aus der arzneimittelrechtlichen Zulassung ergeben, frei von Rechtsfehlern beurteilt. Für alle fünf Wirkstoffe bestand im hier maßgeblichen Zeitraum eine Zulassung für das Anwendungsgebiet der Hypercholesterinämie; schon daraus lässt sich die therapeutische Vergleichbarkeit ableiten. Atorvastatin besitzt zudem seit Mai 2006 eine Zulassung auch für das Anwendungsgebiet der Vorbeugung kardiovaskulärer Erkrankungen; über eine Zulassung für dieses Anwendungsgebiet verfügen auch die Konkurrenzwirkstoffe Fluvastatin, Pravastatin und Simvastatin.

53

ee) Der Beigeladene zu 1. musste keine für die Therapie bedeutsamen unterschiedlichen Bioverfügbarkeiten wirkstoffgleicher Arzneimittel berücksichtigen (§ 35 Abs 1 Satz 2 SGB V). Denn mit den Statinen ist eine Festbetragsgruppe nach § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB V betroffen, der lediglich pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare Wirkstoffe angehören.

54

ff) Dass alle fünf Statine einschließlich Atorvastatin in eine Festbetragsgruppe einbezogen wurden, schränkt iS von § 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 1 SGB V keine Therapiemöglichkeiten ein und schneidet keine medizinisch notwendigen Verordnungsalternativen ab. Der Wirkstoff Atorvastatin war im hier zu prüfenden Zeitraum für kein Behandlungsgebiet zugelassen, für das nicht wenigstens ein anderes Statin arzneimittelrechtlich zugelassen war. Gleichzeitig erlaubt die arzneimittelrechtliche Zulassung von Atorvastatin keinen Rückschluss darauf, dass ausschließlich mit diesem Wirkstoff besondere Patientenkollektive zu erschließen seien. Ebenso wenig kommt es unter dem Aspekt der Nebenwirkungen zu einer Einengung der Therapiemöglichkeiten. Der Fachinformation für Atorvastatin ist im Vergleich zu denjenigen der anderen vier Statine kein Vorteil im Hinblick auf Art und Häufigkeit der Nebenwirkungen zu entnehmen.

55

d) Der Einbeziehung von Sortis steht nicht die Ausnahme von der Gruppenbildung für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen entgegen, deren Wirkungsweise neuartig ist oder die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten (§ 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 2 SGB V). Die Wirkungsweise von dem noch bis 2011 patentgeschützten Wirkstoff Atorvastatin ist im Rechtssinne nicht neuartig. Als neuartig gilt ein Wirkstoff nämlich nur, solange derjenige Wirkstoff, der als erster dieser Gruppe in Verkehr gebracht worden ist, unter Patentschutz steht (§ 35 Abs 1 Satz 4 SGB V). Nach den unangegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG)Feststellungen des LSG wurde der Wirkstoff Lovastatin als erster der Gruppe der Statine in Verkehr gebracht und war schon vor 2003 patentfrei.

56

Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass der Beigeladene zu 1. eine therapeutische Verbesserung durch Sortis zu Unrecht verneint hat. Die zunächst 2004 rechtmäßige Gruppenbildung wurde durch das AVWG nicht unwirksam (dazu aa). Der Beigeladene zu 1. hat die Anforderungen an eine therapeutische Verbesserung (dazu bb) und deren Nachweis (dazu cc) gerichtlich voll überprüfbar (dazu dd) gesetzeskonform zugrunde gelegt. Ihm sind bei seiner Bewertung der Studienlage hinsichtlich einer therapeutischen Verbesserung keine Beurteilungsfehler unterlaufen (dazu ee). Die Gruppenbildung ist auch nicht wegen Verletzung der Beobachtungspflicht bezüglich einer therapeutischen Verbesserung rechtswidrig geworden (dazu ff). Es bedarf keiner weiteren gerichtlichen Ermittlungen (dazu gg). Die vom Kläger hierzu erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch (dazu hh).

57

aa) Die Gruppenbildung erfolgte 2004 insgesamt rechtmäßig, ohne dass ihre Wirksamkeit durch das AVWG entfiel. Unerheblich ist, dass der Beigeladene zu 1. zunächst (Beschluss vom 20.7.2004) die Erfüllung beider Voraussetzungen eines Festbetragsausschlusses - Neuartigkeit und Bestehen einer therapeutischen Verbesserung - geprüft und verneint hat, obwohl § 35 SGB V aF(idF durch das GMG) eine Ausnahme von der Gruppenbildung schon bei Nichterfüllung einer der beiden Voraussetzungen ausschloss (vgl dazu näher Urteil des erkennenden Senats vom selben Tage - B 1 KR 7/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Die zusätzliche Prüfung wirkte sich im Ergebnis nicht aus, auch wenn erst aufgrund der Änderung des § 35 SGB V durch das AVWG ab 1.5.2006 die Kriterien der Neuartigkeit und therapeutischen Verbesserung kumulativ zu prüfen sind.

58

Die Gesetzesänderung durch das AVWG ließ die bisher beschlossene Richtlinie nicht unwirksam werden. Die Änderung oder der Wegfall der Ermächtigungsgrundlage einer untergesetzlichen Norm berührt nämlich nicht per se deren Rechtswirksamkeit (vgl entsprechend zu Rechtsverordnungen zB BVerwG Buchholz 451.20 § 139i GewO Nr 1 = GewArch 1997, 245; vgl auch BVerfGE 14, 245, 249; BVerfGE 78, 179, 198). Ab Inkrafttreten des AVWG war die Rechtmäßigkeit des fortwirkenden Beschlusses des Beigeladenen zu 1. indes an der neuen Gesetzesfassung zu messen, da § 35 SGB V idF des AVWG wegen seines unmittelbaren Geltungsanspruchs ohne Übergangsregelung ein solcher Normanwendungsbefehl zu entnehmen ist. Der Gruppenbildungsbeschluss genügt aber auch diesen gesetzlichen Anforderungen (vgl das Folgende).

59

bb) Schon im Jahre 2004 waren für die Anforderungen an eine therapeutische Verbesserung die sachlichen Kriterien zugrunde zu legen, die der Gesetzgeber durch Art 1 Nr 2 Buchst c AVWG ausdrücklich erst 2006 in § 35 Abs 1b SGB V normiert hat. Bereits auf der Grundlage des GMG stand ein solches Vorgehen mit der Gesetzeslage in Einklang. Demgemäß geht die Begründung des Gesetzentwurfs eines AVWG davon aus, dass sich eine Änderung des geltenden Verfahrens für die Bildung von Festbetragsgruppen durch Einführung des § 35 Abs 1b SGB V zum 1.5.2006 nicht ergebe, da der GBA bereits jetzt entsprechend verfahre (vgl BT-Drucks 16/194 S 7). Auch in der Folgezeit hat sich das danach maßgebliche gesetzliche Prüfprogramm für das Bestehen einer therapeutischen Verbesserung nicht geändert.

60

Danach besteht eine therapeutische Verbesserung, wenn ein patentgeschützter Wirkstoff für die betroffenen Patienten einen therapierelevanten höheren Nutzen als andere Arzneimittel dieser Wirkstoffgruppe hat und deshalb als zweckmäßige Therapie regelmäßig oder auch für relevante Patientengruppen oder Indikationsbereiche den anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe vorzuziehen ist (§ 35 Abs 1b Satz 1 SGB V). Der geforderte "höhere Nutzen" entspricht dem "Zusatznutzen" gegenüber anderen Wirkstoffen, wie er vom Gesetzgeber auch in § 35b Abs 1 Satz 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 20 Buchst b GKV-WSG mit Wirkung ab 1.4.2007; vgl ab 1.1.2011 § 35b Abs 1 Satz 3 idF durch Art 1 Nr 6 Buchst b DBuchst bb AMNOG)zur zentralen Vorgabe einer Nutzenbewertung durch das IQWiG gemacht worden ist. Gleiches gilt für den "medizinischen Zusatznutzen" bei dem durch das AMNOG eingeführten Verfahren der frühen Nutzenbewertung (§ 35a Abs 1 Satz 4 SGB V, vgl BT-Drucks 17/2413, S 21).

61

Inhaltlich gibt der Gesetzgeber als Maßstab einer therapeutischen Verbesserung eine Verbesserung hinsichtlich der Lebensqualität, zB durch Verringerung von Nebenwirkungen bezüglich Häufigkeit und Schweregrad, sowie Morbidität und Mortalität vor (§ 35 Abs 1 Satz 3 und 5 SGB V, sog patientenrelevante Endpunkte). Nur im Zusammenhang mit einer an der positiven Beeinflussung patientenrelevanter Endpunkte ausgerichteten Therapie kann sich ein höherer Nutzen auch daraus ergeben, dass das Arzneimittel eine überlegene Wirksamkeit gegenüber anderen Arzneimitteln der Wirkstoffgruppe zeigt oder über besondere therapierelevante Leistungsmerkmale verfügt, zB Wechsel des Applikationsortes oder -weges, oder eine andere für die Therapie relevante Galenik aufweist (vgl BT-Drucks 16/194 S 8). Anders als bei der Gruppenbildung anhand von Wirkstoffen (§ 35 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V) kommen im Rahmen dieses Tatbestandsmerkmals daher auch die ganz spezifischen Besonderheiten eines Wirkstoffs in Betracht, soweit diese therapeutisch relevant sind.

62

cc) Methodisch erfolgt der Nachweis einer therapeutischen Verbesserung aufgrund der Fachinformationen und durch Bewertung von klinischen Studien nach methodischen Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin, soweit diese Studien allgemein verfügbar sind oder gemacht werden und ihre Methodik internationalen Standards entspricht. Vorrangig sind klinische Studien, insbesondere direkte Vergleichsstudien mit anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen (§ 35 Abs 1b Satz 4 und 5 SGB V). Maßgeblich ist hierbei der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V, vgl BT-Drucks 16/194 S 8). Erforderlich ist dabei der Nachweis der erfolgreichen therapeutischen Verbesserung in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen auf der Grundlage wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken über die Zahl der behandelten Fälle und die Therapierelevanz (stRspr, BSGE 93, 1 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1, RdNr 7 mwN - Immucothel; BSGE 95, 132 RdNr 18 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 25 mwN - Wobe-Mugos E). Die höchste Beweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Wirkstoffen. Nur soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr 64). Sie müssen in jedem Fall das Kriterium erfüllen, mit dem Primärziel des Erreichens patientenrelevanter Endpunkte durchgeführt worden zu sein. Studien, die als Primärziel bloße Surrogatparameter formuliert haben, kommen dagegen zum Nachweis einer therapeutischen Verbesserung nicht in Betracht (vgl zur neueren Rechtslage Schickert, PharmR 2010, 452, 456).

63

dd) Der Beigeladene zu 1. ist nicht ermächtigt, von diesem gesetzlichen Prüfprogramm abzuweichen. Soweit der Regelungsgehalt reicht, verbleibt ihm kein eigener Gestaltungsspielraum. Wie bereits ausgeführt (vgl II 2. c aa) erfolgt insoweit eine volle gerichtliche Überprüfung. Den dargelegten gesetzlichen Anforderungen ist der Beigeladene zu 1. durch seinen Beschluss vom 20.7.2004 gerecht geworden. Er hat nach diesen Maßstäben geprüft, dass für Atorvastatin eine therapeutische Verbesserung im aufgezeigten Sinne nicht nachgewiesen ist. Die Standards, die der Beigeladene zu 1. ausweislich seiner Beschlussbegründung vom 15.9.2004 zur Prüfung des Vorliegens einer therapeutischen Verbesserung verlangt, korrespondieren inhaltlich (sogar zT fast wortgleich formuliert) mit dem gesetzlich festgeschriebenen Prüfmaßstab. Bei dem Nachweis einer therapeutischen Verbesserung hat der Beigeladene zu 1. rechtsfehlerfrei auf den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse im Sinne der Rechtsprechung des BSG abgestellt und als Unterlagen in erster Linie direkte Vergleichsstudien, für den Fall ihres Fehlens placebokontrollierte Studien in Form von randomisierten, doppelblinden und kontrollierten Studien mit dem Ziel der Beeinflussung klinisch bedeutsamer Endpunkte gefordert.

64

ee) Der Beigeladene zu 1. hat das ermächtigungskonforme Prüfprogramm über den Nachweis einer therapeutischen Verbesserung mit seinem Beschluss vom 20.7.2004 ausweislich der Beschlussbegründung auch rechtmäßig angewendet. Der Beschluss beruht auf einer umfassenden Sichtung der aktuellen relevanten Studienlage zur Wirkstoffgruppe der Statine. Auf die Einbeziehung irgendwelcher Meinungsäußerungen von Einzelnen oder Gruppen von Fachleuten kommt es jenseits der bereits geprüften Anhörungsrechte (vgl § 35 Abs 2 SGB V)insoweit entgegen der Ansicht des Klägers nicht an.

65

Der Beigeladene zu 1. ist insgesamt nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass für Atorvastatin gegenüber den anderen Statinen keine Alleinstellungsmerkmale bewiesen sind, die eine therapeutische Verbesserung bedeuten. Er hat anhand des gesetzlich gebotenen Maßstabs die Aussage- und Beweiskraft der einzelnen Studien nachvollziehbar bewertet, nachdem er ihr Design, ihre Ziele und ihre Vergleichbarkeit überprüft und qualifiziert hat. Seine Folgerungen sind schlüssig und lassen keine Widersprüche erkennen. Zu allen von dem Kläger als Alleinstellungsmerkmal hervorgehobenen Aspekten, namentlich den besonderen pleiotropen (außerhalb der Hauptwirkung heilend wirkenden) Eigenschaften (dazu <1.>), der größten Wirkstärke (dazu <2.>), dem schnelleren Wirkeintritt (dazu <3.>) und einem überlegenen Sicherheitsprofil von Atorvastatin gegenüber den anderen Statinen (dazu <4.>) begründet der Beschluss nachvollziehbar, dass eine therapeutische Verbesserung nach den gesetzlichen Kriterien nicht festzustellen ist.

66

(1.) So fehlen hinsichtlich der behaupteten pleiotropen Eigenschaften von Atorvastatin genauere Kenntnisse darüber, in welchem Ausmaß pleiotrope Effekte zur Risikoverbesserung beitragen und ob Unterschiede zwischen den einzelnen Wirkstoffen bestehen. Studien zum Nachweis von Art und Umfang angeblich pleiotroper Effekte liegen nicht vor.

67

(2.) Gegen die vom Kläger ins Feld geführte höhere Wirkstärke Atorvastatins wendet der Beigeladene zu 1. schlüssig ein, dass sich daraus nicht per se eine klinische Überlegenheit ableiten lässt. Es mangelt nämlich hierzu an den erforderlichen qualitativ hochwertigen Vergleichsstudien mit klinisch relevanten Endpunkten, die hinreichende Schlüsse auf nennenswerte Patientenkollektive erlauben: Die vorliegenden indirekten Vergleichsstudien eignen sich nach der nachvollziehbaren Beurteilung des Beigeladenen zu 1. nicht zum Nachweis relevanter Unterschiede zwischen den einzelnen Wirkstoffen. Die Ausgangsrisiken der untersuchten Populationen weichen so erheblich voneinander ab, dass sie kaum miteinander vergleichbar sind. Ebenso variiert - wohl vor dem Hintergrund des unterschiedlichen Zuschnitts der Vergleichsgruppen - das Ausmaß der LDL-Senkung in den einzelnen Studien in einem Ausmaß, das Vergleichsschlüsse problematisch macht.

68

(3.) Auch hinsichtlich der Frage, ob ein schnellerer Wirkeintritt von Atorvastatin gegenüber anderen Statinen mit Blick auf patientenrelevante Endpunkte nachweisbare Vorteile bietet, gibt es bisher keine direkten Vergleichsstudien. Die vorliegenden indirekten Vergleichsstudien können therapierelevante Vorteile nach der nachvollziehbaren Beurteilung des Beigeladenen zu 1. nicht hinreichend belegen, da sie sich wesentlich in der jeweiligen Größe des Ausgangsrisikos der untersuchten Populationen und Stärke der Interventionen unterscheiden. Diese Parameter sind indes die stärksten Determinanten für die Geschwindigkeit des Eintretens einer statistisch signifikanten Wirkung einer Statintherapie.

69

(4.) Das geltend gemachte besondere Sicherheitsprofil von Atorvastatin ist entsprechend der Beschlussbegründung schließlich ebenfalls nicht evidenzbasiert nachgewiesen. Direkte Vergleichsstudien zwischen den Statinen zu unerwünschten Nebenwirkungen liegen nicht vor. Eine signifikante Unterscheidung nach der Häufigkeit schwerer unerwünschter Ereignisse wird bei den placebokontrollierten Studien als "overall health impact" in den seltensten Fällen angegeben. Diese Argumentation deckt sich wiederum nachvollziehbar mit der bestehenden Studienlage.

70

ff) Der Beigeladene zu 1. hat im Ergebnis die ihm als Normgeber obliegende Beobachtungspflicht nicht verletzt. Von einer Verletzung der Beobachtungspflicht wäre nur auszugehen, wenn der Beigeladene zu 1. eine neue Studienlage übergangen hätte, die nach den aufgezeigten gesetzlichen Maßstäben Anlass zur erneuten Überprüfung eines einmal gefassten Gruppenbildungsbeschlusses gegeben hätte. Daran fehlt es.

71

Der Beigeladene zu 1. muss nach Erlass einer Richtlinie über die Bildung einer Festbetragsgruppe im Blick behalten, ob neuere wissenschaftliche Erkenntnisse eine Änderung seiner Entscheidung gebieten. Dies folgt auch ohne besondere, ausdrückliche Regelung in § 35 SGB V aus der generellen, dem GBA als Normgeber obliegenden Beobachtungspflicht. Wesentlicher innerer Grund des gesetzlichen Regelungskonzepts, den GBA als Normgeber vorzusehen, ist es gerade, ihn die sich ständig ändernde Entwicklung des allgemein anerkannten Standes der Medizin und der Pharmakologie beobachten zu lassen, damit er wesentliche Änderungen umgehend in den Richtlinien berücksichtigt (vgl dazu Hauck, NZS 2010, 600, 611 mwN). Im Falle der hier in Frage stehenden Richtlinien ist der GBA zur Beobachtung dessen verpflichtet, ob die bisher festgelegte Zusammenfassung mehrerer Arzneimittel in einer Festbetragsgruppe dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht mehr entspricht (vgl ähnlich BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2).

72

Eine solche Beobachtungspflicht setzt der Beigeladene zu 1. auch selbst in § 7 Abs 4 seiner VerfO voraus. Danach muss er Hinweisen dazu nachgehen, dass getroffene Entscheidungen nicht mehr mit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse übereinstimmen. Hinweise darauf, dass für den Wirkstoff Atorvastatin zwischenzeitlich Studien erstellt worden sind, die unter Berücksichtigung der aufgezeigten gesetzlichen Wertungen für eine abweichende Bewertung der therapeutischen Verbesserung sprechen, liegen indes nicht vor. Das belegen die Untersuchungen des IQWiG vom 15.8.2005 und des Beigeladenen zu 1. von Februar 2010 unter Einbeziehung aller neueren Studien für die Folgejahre. Keiner der Beteiligten hat denn auch dargelegt, dass abweichend von der Beurteilung des IQWiG und der Recherche des Beigeladenen zu 1. neue endpunktrelevante Studien mit bisher nicht berücksichtigten Ergebnissen zu den Statinen veröffentlicht worden sind.

73

gg) Der erkennende Senat kann sich auf die vorliegenden Ermittlungsergebnisse stützen, ohne dass es weiterer Beweiserhebung bedarf. Zwar geht es beim Nachweis einer therapeutischen Verbesserung durch Arzneimittel um die Feststellung genereller Tatsachen, die auch der Ermittlung des Senats im Revisionsverfahren unterliegen. Weitere Beweiserhebung drängt sich aber nicht auf. Auch hier (vgl bereits oben, II 2. b und c cc) ist von Bedeutung, dass sich der Beigeladene zu 1. nicht beliebiger Einzelgutachter bedient, sondern die vom Gesetzgeber hervorgehobene AkdÄ mit der Überprüfung der Voraussetzungen betraut hat. Hinzu kommt, dass er in der Folgezeit im Rahmen eines Generalauftrags das IQWiG mit einer Überprüfung beauftragt und schließlich unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung bei dem LSG nochmals selbst recherchiert hat. Nur die Darlegung, eine therapeutische Verbesserung sei anhand aussagekräftiger Studien in der gesetzlich gebotenen Qualität nachgewiesen, würde vorliegend zu weiteren Ermittlungen zwingen. Daran fehlt es indes.

74

Das IQWiG hat nämlich die Einschätzung des Beigeladenen zu 1. bestätigt, ohne Anhaltspunkte für neuere abweichende Studienergebnisse in hinreichend qualifizierten Studien zu finden. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Absicherung von Neutralität und Qualität der in Auftrag gegebenen Untersuchung des IQWiG streitet bei Beachtung aller gesetzlicher Vorgaben eine Rechtsvermutung für die Richtigkeit seiner Beurteilung, die in derartigen Fällen wie dem vorliegenden eine weitere Beweiserhebung erübrigt. Das folgt aus Ausstattung (dazu <1.>), Aufgabe (dazu <2.>) und Gesetzeszweck der Einrichtung des IQWiG (dazu <3.>). Mit Blick darauf kommt gesetzeskonformen Bewertungen des IQWiG eine Richtigkeitsgewähr zu.

75

(1.) Das IQWiG stellt ein Expertengremium dar, das in seiner persönlichen und fachlichen Integrität und Qualität durch Transparenz und Unabhängigkeit gesetzlich und institutionell besonders abgesichert ist (vgl Hauck, NZS 2010, 600, 609; Rixen, MedR 2008, 24, 26). Der Beigeladene zu 1. hat gesetzeskonform das IQWiG als fachlich unabhängiges, rechtsfähiges, wissenschaftliches Institut errichtet (§ 139a Abs 1 Satz 1 SGB V idF durch Art 1 Nr 112 GMG). Der Gesetzgeber hat bereits die zulässige Rechtsform des IQWiG eingegrenzt, um dessen Kompetenz und Unabhängigkeit sicherzustellen. Zur Sicherung der fachlichen Unabhängigkeit des IQWiG haben die Beschäftigten vor ihrer Einstellung alle Beziehungen zu Interessenverbänden, Auftragsinstituten, insbesondere der pharmazeutischen Industrie und der Medizinprodukteindustrie, einschließlich Art und Höhe von Zuwendungen offen zu legen (vgl § 139a Abs 6 SGB V). Entsprechendes gilt, soweit das IQWiG wissenschaftliche Forschungsaufträge an externe Sachverständige vergibt (s § 139b Abs 3 SGB V). Die Vergabe von Forschungsaufträgen gewährleistet, dass die Arbeiten des IQWiG höchsten wissenschaftlichen Anforderungen gerecht werden. Hierzu hat es ausgewiesene Experten mit wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungen in ihren jeweiligen Arbeitsbereichen einzubeziehen (vgl BT-Drucks 15/1525 S 128 Zu § 139a Abs 4).

76

Das IQWiG arbeitet in einer transparenten Form unter Unterrichtung Betroffener und Interessierter über alle Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse (vgl § 139a Abs 4 SGB V und hierzu BT-Drucks 15/1525 S 128 Zu § 139a Abs 4), insbesondere auch über die Grundlagen für die Entscheidungsfindung. Indem das IQWiG zu gewährleisten hat, dass die Bewertung des medizinischen Nutzens nach den international anerkannten Standards der evidenzbasierten Medizin erfolgt (§ 139a Abs 4 Satz 1 Halbs 1 SGB V idF durch Art 1 Nr 117 Buchst b GKV-WSG),hat der Gesetzgeber klargestellt, dass es seine Arbeitsmethode nach den international üblichen und akzeptierten Standards der evidenzbasierten Medizin auszurichten hat. Das IQWiG geht nach der Gesetzeskonzeption bei seinen Bewertungen in vergleichbarer hoch qualitativer Weise vor wie andere mit entsprechenden Aufgaben betraute Stellen im internationalen Bereich, zB das National Institute for Health and Clinical Excellence (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 151 Zu Nummer 117 <§ 139a > Zu Buchst b; Engelmann in: jurisPK-SGB V § 139a RdNr 30). Zusätzlich bestehen Rechte Sachverständiger, Interessierter und Betroffener, Stellung zu nehmen (vgl § 139a Abs 5 SGB V).

77

(2.) Das IQWiG wird zu Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für die Qualität und Wirtschaftlichkeit der im Rahmen der GKV erbrachten Leistungen in gesetzlich vorgegebenem Umfang tätig (vgl § 139a Abs 3 SGB V). Die Arbeit des IQWiG hat zum Ziel, die grundsätzlichen Anforderungen des SGB V bei der Leistungserbringung zu sichern. Hierzu soll es Erkenntnisse über den Wert der Leistungen auch im Verhältnis zu den aufzuwendenden Kosten sowie zu den Auswirkungen auf die Verbesserung der medizinischen Behandlung erarbeiten. Dies soll gewährleisten, dass diagnostische und therapeutische Maßnahmen dem besten verfügbaren wissenschaftlichen Stand entsprechen und auch weiterhin finanzierbar bleiben (vgl BT-Drucks 15/1525 S 127 Zu Nummer 112 Zu § 139a Zu Abs 3).

78

Zu den gesetzlich vorgegebenen Aufgaben gehört auch die Bewertung des Nutzens und der Kosten von Arzneimitteln (vgl § 139a Abs 3 Nr 5 SGB V). Der Beigeladene zu 1. beauftragt das IQWiG mit den gesetzlich umrissenen Arbeiten (vgl § 139b Abs 1 Satz 1 SGB V). Hierzu hat er dem IQWiG ua am 21.12.2004 den Generalauftrag erteilt, durch die Erfassung und Auswertung des relevanten Schrifttums eine kontinuierliche Beobachtung und Bewertung medizinischer Entwicklungen von grundlegender Bedeutung und ihrer Auswirkungen auf die Qualität und Wirtschaftlichkeit der medizinischen Versorgung in Deutschland vorzunehmen und den GBA hierüber regelmäßig zu informieren. Das IQWiG soll aus der eigenverantwortlichen wissenschaftlichen Arbeit heraus dem GBA für dessen gesetzliche Aufgaben notwendige Informationen zur Verfügung stellen und konkrete Vorschläge für Einzelaufträge erarbeiten.

79

(3.) Ziel des Gesetzgebers ist es, durch Einbindung des IQWiG in die Zuarbeit für den GBA den dynamischen Prozess der Fortentwicklung der medizinischen und pflegerischen Leistungen zu sichern und die kontinuierliche Einbeziehung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in eine qualitativ gesicherte Leistungserbringung zu gewährleisten (BT-Drucks 15/1525, S 127). Das IQWiG leitet deshalb seine Arbeitsergebnisse dem GBA als Empfehlungen zu (vgl § 139b Abs 4 Satz 1 SGB V). Dieser hat die Empfehlungen im Rahmen seiner Aufgabenstellung "zu berücksichtigen", wird also nur mit besonderer Begründung davon abweichen (vgl Hauck, NZS 2007, 461, 464). Insbesondere hat er zu prüfen, ob das IQWiG seine Bewertungen ausgehend von einem zutreffenden Rechtsverständnis der zugrunde gelegten Begriffe auf der Basis einer umfassenden Einbeziehung der relevanten Studien nachvollziehbar und widerspruchsfrei getroffen hat. Für die Umsetzung von Handlungsempfehlungen des IQWiG verbleibt ihm indes sein gesetzgeberisches Ermessen.

80

Dass von AkdÄ und IQWiG nicht berücksichtigte Studien hinreichender Qualität im gesetzlich gebotenen Sinne vorliegen, ist schließlich weder vom Kläger oder von sonstigen Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits noch von den Arzneimittelherstellern in den beim erkennenden Senat anhängigen Parallelverfahren in Kenntnis der Beurteilungen von AkdÄ und IQWiG behauptet worden. Es ist auch ansonsten nicht ersichtlich.

81

hh) Die Verfahrensrüge des Klägers, das LSG habe unter Verstoß gegen §§ 103, 128 SGG keinen Beweis darüber erhoben, dass in medizinischen Fachkreisen ein Konsens bestehe, dass ein bestimmtes Patientenkollektiv nur mit Atorvastatin wirksam behandelt werde, greift nach alledem nicht durch. Es bestehen nämlich, wie dargelegt, derzeit keine weiteren Ermittlungspflichten.

82

e) Der Beigeladene zu 1. hat die Vergleichsgrößen materiell rechtmäßig festgesetzt (den Beschluss vom 20.7.2004 ersetzender Beschluss vom 13.3.2008). Gemäß § 35 Abs 1 Satz 5 SGB V ermittelt der Beigeladene zu 1. die nach § 35 Abs 3 SGB V "notwendigen rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen". Die von ihm festgeschriebenen Werte sind in diesem Sinne geeignete Vergleichsgrößen.

83

Die gerichtliche Kontrolle der Ermittlung von Vergleichsgrößen ist beschränkt. Dem Beigeladenen zu 1. steht nämlich bei der Entscheidung über die Vergleichsgrößenbildung ein Gestaltungsspielraum zu. Er kann selbst darüber entscheiden, anhand welcher Kriterien er die Vergleichsgrößen bestimmt. Das Gesetz gibt keine Wahl dahin vor, ob der Tagesdosis, der Einzeldosis oder aber einer gänzlich anderen geeigneten Vergleichsgröße der Vorrang gebührt (Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, aaO, § 35 SGB V RdNr 45). Die Gerichte haben lediglich zu kontrollieren, ob der GBA hierbei auf der Grundlage eines vollständig ermittelten Sachverhalts den Zweck der Vergleichsgrößenbildung nachvollziehbar beachtet hat, die Arzneimittel mit verschiedenen Wirkstoffen innerhalb einer Gruppe vergleichbar zu machen (vgl zum Grundsatz oben, II 2. c aa mwN; siehe auch Kraftberger/Adelt in: Kruse/Hänlein, LPK-SGB V, 3. Aufl 2009, § 35 RdNr 20a). Diesen Anforderungen genügt die hier gewählte Vergleichsgrößenbildung. Der Beigeladene zu 1. hat sämtliche Daten anhand der zum Zeitpunkt des Gruppenbeschlusses zuletzt verfügbaren Jahresdaten des GKV-Arzneimittelindexes ermittelt und diese rechnerisch korrekt für alle fünf Statine umgesetzt. Das ziehen die Beteiligten nicht in Zweifel.

84

Der Beigeladene zu 1. hat den Gesetzeszweck der Vergleichsgrößen beachtet, sicherzustellen, dass die aufzuwendenden Arzneimittelkosten unabhängig vom jeweiligen Wirkstoff für die von jedem Versicherten individuell benötigte Arzneimitteldosis annähernd gleich sind (vgl dazu Kraftberger/Adelt in: Kruse/Hänlein, LPK-SGB V, 3. Aufl 2009, § 35 RdNr 20a). Er hat jedem Wirkstoff einen bestimmten Zahlenwert zugewiesen, der ihn innerhalb der Gruppe vergleichbar macht. Seine hierbei gewählte Methode der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Wirkstärke ist geeignet, eine sachgerechte mengenbezogene Vergleichbarkeit zwischen den verschiedenen Wirkstoffen herzustellen. Sie errechnet für jeden der fünf Wirkstoffe einen Einzelwert als Vergleichsgröße, der sich am Verordnungsverhalten der Ärzte orientiert, also daran, welcher Wirkstoff wie häufig in welcher Wirkstärke verordnet wurde. Um zwischen Wirkstoffen mit vergleichbarer und mit unterschiedlicher Applikationsfrequenz, Wirkstoffen mit unterschiedlichen Applikationsfrequenzen und Behandlungszeiten, Wirkstoffen mit unterschiedlichen Applikationsfrequenzen und Intervallen, unterschiedlichen Behandlungszeiten und unterschiedlicher Anzahl therapiefreier Tage sowie Wirkstoffkombinationen mit vergleichbarer Applikationsfrequenz zu unterscheiden, bezieht die Berechnung zusätzlich einen sogenannten Applikationsfaktor ein.

85

Die dagegen vorgetragenen Einwendungen des Klägers greifen nicht durch. Die vom Beigeladenen zu 1. angewendete Methode geht systemgerecht davon aus, dass nur therapeutisch sinnvolle Wirkstärken gemäß § 25 Abs 1 Satz 1 AMG zugelassen werden, und die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte diese Wirkstärken zutreffend verordnen(vgl Hess in: Kasseler Komm, Stand 1.10.2010, § 35 SGB V RdNr 9). Die vom Kläger bevorzugte Methode, die Vergleichsgröße anhand einer tatsächlichen Wirkstärke zu bestimmen, leidet dagegen daran, dass sich seine Prämisse, bei jedem Patienten wirke etwa Atorvastatin "doppelt so gut" wie Pravastatin oder "viermal so gut" wie Simvastatin, schwerlich objektivieren lässt. Bei Anwendung eines Wirkstoffs bringt die doppelte Wirkmenge nicht automatisch auch den doppelten Behandlungserfolg mit sich. Ua vor diesem Hintergrund ist eine arzneimittelrechtliche Zulassung stets wirkstärkenbezogen (vgl § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AMG). Dem trägt die hier gewählte Methode Rechnung, sich nicht an einer fiktiven "tatsächlichen Wirkstärke", sondern an der tatsächlichen Situation der Verordnungen in der Praxis im Hinblick auf die Wirkstärke zu orientieren (vgl ähnlich für den Vergleich der Wirksamkeit mehrerer Wirkstoffe BSGE 93, 296 RdNr 14 = SozR 4-2500 § 35 Nr 2 RdNr 16).

86

f) Die (hier noch zuständigen) Beigeladenen zu 2. bis 7. haben die Festbeträge rechtmäßig festgesetzt. Sie haben die notwendige Form gewahrt, da die Festsetzung im Bundesanzeiger öffentlich bekanntgemacht wurde (§ 35 Abs 7 Satz 1 SGB V), und die Festbeträge auch materiell rechtmäßig festgesetzt. Sie haben die in § 35 Abs 5 SGB V formulierten Vorgaben befolgt, Festbeträge so festzusetzen, dass sie im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten(Satz 1), Wirtschaftlichkeitsreserven ausschöpfen, einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen, sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten ausrichten und soweit wie möglich eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherstellen (Satz 2).

87

Die gerichtliche Kontrolle der festgesetzten Festbetragshöhe erfolgt grundsätzlich in vollem Umfang. Sie beschränkt sich jedoch auf die zutreffende Konkretisierung der bestehenden Zielvorgaben nebst wissenschaftlich haltbarer Schätzungen, wo in Unkenntnis der Reaktion jedes einzelnen Arzneimittelanbieters prognostische Elemente und Schätzungen mit in die Festbetragsfestsetzung einfließen müssen (vgl Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 1.7.2010, Band 2, § 35 SGB V RdNr 46). Es besteht allerdings kein Beurteilungsspielraum der Beigeladenen zu 2. bis 7. mit Blick darauf, dass im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche, in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleistet ist (vgl dagegen zum Rechtsschutz im Hinblick auf atypische Einzelfälle oben II 1. e; aA - einen Beurteilungsspielraum bejahend - Hess in: Kasseler Komm, Stand 1.10.2010, § 35 SGB V RdNr 31; Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr 93). Anderes wäre auch verfassungsrechtlich bedenklich. Das BVerfG hat die Regelungen über die Festsetzung von Festbeträgen in § 35 Abs 5 SGB V mit Rücksicht darauf nicht beanstandet, dass sie klar überprüfbare Festsetzungsmaßstäbe enthalten. Eine wesentliche Änderung des Inhalts des Wirtschaftlichkeitsgebots oder wirtschaftslenkende Handlungsspielräume sind dem Beklagten und waren den beigeladenen Krankenkassenverbänden nicht eröffnet (vgl näher BVerfGE 106, 275, 302 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2, S 20).

88

Die Beigeladenen zu 2. bis 7. haben das gesetzliche Berechnungsverfahren beachtet (s § 35 Abs 5 Satz 3 bis 7 SGB V). Danach sind die Festbeträge mindestens einmal im Jahr zu überprüfen; sie sind in geeigneten Zeitabständen an eine veränderte Marktlage anzupassen. Der Festbetrag für die Arzneimittel in einer Festbetragsgruppe nach § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB V soll den höchsten Abgabepreis des unteren Drittels des Intervalls zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Preis einer Standardpackung nicht übersteigen. Dabei müssen mindestens ein Fünftel aller Verordnungen und mindestens ein Fünftel aller Packungen zum Festbetrag verfügbar sein; zugleich darf die Summe der jeweiligen Vomhundertsätze der Verordnungen und Packungen, die nicht zum Festbetrag erhältlich sind, den Wert von 160 nicht überschreiten. Bei der Berechnung nach § 35 Abs 5 Satz 4 SGB V sind hochpreisige Packungen mit einem Anteil von weniger als 1 vH an den verordneten Packungen in der Festbetragsgruppe nicht zu berücksichtigen. Für die Zahl der Verordnungen sind die zum Zeitpunkt des Berechnungsstichtages zuletzt verfügbaren Jahresdaten des Arzneimittelindexes der gesetzlichen Krankenversicherung zu Grunde zu legen. Demgemäß hat sich die Festsetzung der optimalen Festbetragshöhe iterativ unter Anwendung einer Maßzahl anzunähern (sogenannte Maßzahl M). Sie ist als Summe des prozentualen Anteils zuzahlungspflichtiger Verordnungen und des prozentualen Anteils zuzahlungspflichtiger Packungen definiert und muss durch die Festbetragsfestsetzung eingehalten werden.

89

Der Festbetrag von 13,48 Euro (Wirkstärkenvergleichsgröße 0,4 und Packungsgröße 100 Stück) genügt - soweit hier von Interesse - diesen Anforderungen. Die festgesetzte Festbetragshöhe muss nur im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten, nicht aber im atypischen Einzelfall (vgl oben, II 1. e). Die Maßzahl M hat am Berechnungsstichtag bei 96,4 gelegen. Damit standen den Versicherten 35,1 Prozent der Packungen und 68,5 Prozent der Verordnungen - und folglich weit mehr als gesetzlich erforderlich - zum angepassten Festbetrag zur Verfügung. Außerdem waren Arzneimittel mit zwei der fünf Wirkstoffe der Festbetragsgruppe zum Festbetrag erhältlich. Danach greift auch das Vorbringen des Klägers nicht durch, die festgesetzte Festbetragshöhe stelle keine hinreichende Arzneimittelauswahl sicher. Die Sicherstellung einer für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl hat nur "soweit wie möglich" zu erfolgen, kann also auch dazu führen, dass lediglich ein einziges therapiegerechtes Arzneimittel zum Festbetrag zur Verfügung steht. Darüber ging das Angebot zum Festbetrag erhältlicher therapiegerechter Statine deutlich hinaus.

90

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und Abs 4 SGG. Der Kläger muss als nach § 183 SGG Kostenprivilegierter nicht die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen. Allerdings sind nach § 193 Abs 4 SGG nur die Aufwendungen der in § 184 Abs 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen nicht erstattungsfähig. Das sind lediglich Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 SGG genannten privilegierten Personen gehören, nicht aber Beigeladene. Kosten eines Beigeladenen sind grundsätzlich durch eine im Verfahren unterlegene Behörde zu erstatten (vgl BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 5; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 17). Es entspricht aber in der Regel der Billigkeit, nach § 183 Abs 1 SGG kostenprivilegierte Beteiligte von der Erstattungspflicht gegenüber beigeladenen Trägern öffentlicher Verwaltung freizustellen. Sie sollen nicht durch eine drohende Kostenlast von der Anstrengung eines gerichtlichen Verfahrens abgehalten werden. So liegt es hier.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

A.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die dauerhafte Zuweisung von der Organisationseinheit Vivento zur Deutschen Telekom Netzproduktion GmbH, Dienstort Nürnberg.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer ist Technischer Fernmeldeamtsrat (BesGr. A 12) bei der Deutschen Telekom AG. Mit Bescheid vom 27. Mai 2010 wurde ihm rückwirkend zum 1. Mai 2010 dauerhaft eine Tätigkeit im Unternehmen Deutsche Telekom Netzproduktion GmbH (DTNP), einer 100%igen Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG, als Senior Referent Support Voice zugewiesen. Der Bescheid benennt in 14 Einzelpunkten die mit der Zuweisung verbundenen Aufgaben. Bei dieser Tätigkeit handele es sich um eine amtsentsprechende Tätigkeit. Für die Zuweisung des Beschwerdeführers bestehe ein dringendes betriebliches und personalwirtschaftliches Interesse. Die Zuweisung erfolge auf der Grundlage von § 4 Abs. 4 Satz 2 Gesetz zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost (Postpersonalrechtsgesetz - PostPersRG).

3

Der Beschwerdeführer legte gegen die Zuweisung Widerspruch ein, der mit Bescheid vom 18. Februar 2011 zurückgewiesen wurde. Hierin wurde klarstellend ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer im Unternehmen DTNP die Tätigkeit als Senior Referent Support Voice am Dienstort Nürnberg zugewiesen worden sei. Als abstrakt-funktioneller Aufgabenkreis werde dem Beschwerdeführer die Tätigkeit als Senior Referent im Unternehmen Deutsche Telekom Netzproduktion, Zentrum Technik Netzmanagement, zugewiesen. Die dem Beschwerdeführer zugewiesene Tätigkeit entspreche dem statusrechtlichen Amt eines Technischen Fernmeldeamtsrates der Besoldungsgruppe A 12 Bundesbesoldungsordnung und sei damit amtsangemessen. Die Bewertung werde im Rahmen eines Prüfverfahrens bei der Deutschen Telekom AG festgelegt. Die Tätigkeit eines Senior Referent Support Voice sei im Unternehmen Deutsche Telekom Netzproduktion GmbH der Vergütungsgruppe 8 zugeordnet; dies entspreche bei der Deutschen Telekom AG der Besoldungsgruppe A 12. Die Funktion des Senior Referenten entspreche im Vergleich zur früheren Deutschen Bundespost beziehungsweise zu einer Bundesbehörde der Funktionsebene eines Sachbearbeiters und damit der Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes und der Besoldungsgruppe A 9 bis A 13. Der Beschwerdeführer werde durch die Zuweisung dauerhaft in den bei der Deutschen Telekom Netzproduktion GmbH, Zentrum Technik Netzmanagement, vorhandenen Aufgabenkreis eingegliedert. Die dauerhafte Zuweisung entspreche der dauerhaften Übertragung eines Dienstpostens bei der früheren Deutschen Bundespost beziehungsweise eines Arbeitsplatzes bei der Deutschen Telekom AG. Die Zuweisungsverfügung sei hinreichend bestimmt. Es sei sowohl ein Amt im abstrakt-funktionellen Sinne als auch im konkret-funktionellen Sinne übertragen worden. Sämtliche dienstrechtlichen Befugnisse würden gemäß Anordnung des Vorstandes in Abstimmung mit dem Bundesministerium der Finanzen an den Sprecher der Betriebsleitung Sozialstrategie, Beamten und Dienstrecht, Herrn N., übertragen. Damit nehme Herr N. für alle Beamtinnen und Beamten der DTAG - unabhängig davon, welcher Organisation sie angehören - die Befugnisse eines Dienstvorgesetzten wahr.

4

2. Auf die Klage des Beschwerdeführers vom 21. März 2011 hob das Verwaltungsgericht Regensburg die Zuweisung auf. Grundsätzlich sei die dauerhafte Zuweisung einer Tätigkeit bei einem Tochterunternehmen im Sinne des § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG zulässig und verfassungsrechtlich unbedenklich. Wenn der Gesetzgeber eine solche dauerhafte Zuweisung vorsehe, dann folge schon daraus, dass die Zugehörigkeit zu diesem Unternehmen der Übertragung eines abstrakt-funktionellen Amtes und die Beauftragung mit einer bestimmten Tätigkeit in diesem Unternehmen der Übertragung eines konkreten Dienstpostens entspreche. Dem Kläger sei daher nicht darin zu folgen, dass ihm als Vorstufe ein abstrakt-funktionelles Amt bei einer Behörde übertragen werden müsse und erst im Anschluss eine Zuweisung ausgesprochen werden dürfe. Die Frage, ob ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 4 GG vorliege, weil Dienstvorgesetztenbefugnisse auf einen nicht beamteten Angestellten der Telekom übertragen worden seien, könne letztlich offen bleiben, da die streitgegenständliche Zuweisung an einem anderen materiell-rechtlichen Fehler leide und daher rechtswidrig sei. Die Amtsangemessenheit sei in der Zuweisungsverfügung nicht hinreichend bestimmt. Die Kammer gehe davon aus, dass die Frage der Amtsangemessenheit der Beschäftigung des Klägers auf Grund eines Funktionsvergleichs der früheren hoheitlichen Tätigkeit des Beamten und seiner jetzigen Tätigkeit zu beantworten sei und dass in der streitgegenständlichen Praxis der Bewertung der den ihr zugeordneten Beamten zugewiesenen Tätigkeiten durch die Deutsche Telekom AG ein solcher Funktionsvergleich nicht hinreichend nachvollziehbar und abgrenzbar sei. Durchgreifende rechtliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Zuweisungsverfügung bestünden für die Kammer außerdem im Hinblick auf die von der Beklagten bei der Bewertung vorgenommene Ämterbündelung.

5

3. Auf die Berufung der Beklagten hob der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das erstinstanzliche Urteil auf und wies die Klage ab. Die Zuweisungsverfügung sei in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 2011 rechtmäßig. Auch wenn die Zuweisung nicht von einem Beamten verfügt sein sollte, sei darin kein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 4 GG oder das Demokratieprinzip zu erblicken. Abgesehen davon, dass Art. 33 Abs. 4 GG kein subjektives Recht, sondern eine objektiv-rechtliche Verfassungsregelung enthalte, beanspruche dieser Grundsatz des Funktionsvorbehalts für Beamte ausdrücklich nur "in der Regel" Geltung, lasse also Ausnahmen zu. Eine solche Ausnahme sei ebenfalls mit Verfassungsrang in Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG vorgesehen. Die Beleihung nach Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG umfasse zwangsläufig auch die Übertragung hoheitlicher Befugnisse auf Nichtbeamte und schränke damit Art. 33 Abs. 4 GG verfassungsimmanent, also über die in dieser Vorschrift selbst angelegten Ausnahmen hinaus, ein. Anderes ergebe sich auch nicht aus der vom Kläger angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Januar 2012 - 2 BvR 133.10 - (BVerfGE 130, 76). Ihr könne insbesondere nicht entnommen werden, dass die Verfassung für die Ausübung von Hoheitsbefugnissen durch Private eine demokratisch legitimierte Kontrolle stets in Form einer allgemeinen fachaufsichtlichen Weisungsbefugnis erfordere. Zwar bestimme Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG, dass die ursprünglich bei der Deutschen Bundespost tätigen Bundesbeamten nicht nur unter Wahrung ihrer Rechtsstellung, sondern unter "Wahrung der Verantwortung des Dienstherrn" bei den privaten Postnachfolgeunternehmen beschäftigt würden, dies schreibe aber keine Fachaufsicht vor. Die Zuweisung sei auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Zuweisungsverfügung gliedere den Kläger dauerhaft in das aufnehmende Unternehmen DTNP, ein Tochterunternehmen der DTAG, ein. Sie weise ihm auch eine seinem Amt entsprechende Tätigkeit zu. Sie weise ihm mit hinreichender Bestimmtheit einen abstrakt-funktionellen Aufgabenkreis als Senior Referent und einen konkret-funktionellen Aufgabenposten als Senior Referent Support Voice zu. Entgegen der Ansicht des Klägers lasse sich weder Art. 143b Abs. 3 GG noch § 4 Abs. 4 Satz 2 und 3 PostPersRG entnehmen, dass die Zuweisung auch den Verbleib des dem Beamten zustehenden abstrakt-funktionellen Amtes klären müsse und dieses jedenfalls nicht bei dem aufnehmenden Unternehmen ansiedeln dürfe. Denn die früher bei der Deutschen Bundespost tätigen Bundesbeamten würden bei den privatrechtlich organisierten Nachfolgeunternehmen nicht in Funktionsämtern, die es nicht gebe, beschäftigt, sondern in gleichwertigen - abstrakten und konkreten - Tätigkeiten, die als amtsgemäße Funktionen gälten. Die Zuweisung eines abstrakten Tätigkeitsfeldes bei einem Tochter- oder Enkelunternehmen ändere nichts daran, dass der betroffene Beamte weiterhin mittelbar gemäß Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG bei dem Postnachfolgeunternehmen selbst beschäftigt sei. Dieses bleibe für die Wahrung der beamtenrechtlichen Rechtsstellung verantwortlich. Die dem Kläger zugewiesene Tätigkeit sei nicht gebündelt bewertet, denn sie sei nicht die irgendeines Senior Referenten aus der Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes, sondern allein eine solche mit der Wertigkeit des Statusamtes der Besoldungsgruppe A 12. Daher stelle sich nicht die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene und verneinte Frage, ob eine gebündelte Bewertung der in der Entgeltgruppe T 8 zusammengefassten Ämter der Besoldungsgruppen A 11 bis A 13 g/h rechtmäßig wäre.

6

4. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 3. April 2014 zurückgewiesen. Die Frage, "ob Nichtbeamte und Nichtangehörige des öffentlichen Dienstes beamtenrechtliche Verfügungen gegenüber Beamten treffen können, ohne selbst beamtenrechtlich vor der Verfassung und den Beamtenpflichten verantwortlich zu sein", rechtfertige nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Das Postpersonalrechtsgesetz gehe davon aus, dass auch Nichtbeamte Vorgesetztenfunktion gegenüber Beamten ausüben könnten, denn es sehe vor, dass die Befugnis der obersten Dienstbehörde sowie des obersten Dienstvorgesetzten und des obersten Vorgesetzten der Vorstand wahrnehme und Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft seien keine Beamte und das Postpersonalrechtsgesetz schreibe auch nicht vor, dass für den Vorstand nur ihm unterstellte Beamte handeln dürften. Art. 33 Abs. 4 und 5 GG gebiete keine Korrektur dieses Ergebnisses. Ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, wonach Dienstvorgesetztenbefugnisse nur durch Beamte ausgeübt werden dürften, bestehe nicht. Ein Gebot einer Entscheidung gerade durch Beamte ergebe sich auch nicht aus Art. 33 Abs. 4 GG. Dies folge jedenfalls daraus, dass für den Bereich der Privatisierung der Deutschen Bundespost in Art. 143b Abs. 3 GG eine Sonderregelung und damit eine eng umgrenzte Abweichungsbefugnis von der Regel des Art. 33 Abs. 4 GG unmittelbar in der Verfassung selbst getroffen worden sei. Wenn die Beamten der Deutschen Bundespost unter der Verantwortung des Dienstherrn bei den privaten Postnachfolgeunternehmen beschäftigt würden und diese auch Dienstherrnbefugnisse ausübten, sei in dieser Form der Beleihung auch die Wahrnehmung der Dienstherrnbefugnis durch Nichtbeamte angelegt. Dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Januar 2012 (BVerfGE 130, 76) lasse sich entgegen der Auffassung des Klägers nichts anderes entnehmen. Das Bundesverfassungsgericht habe ausgeführt, dass Art. 33 Abs. 4 GG selbst Ausnahmen ermögliche. Die mit der Privatisierung der Deutschen Bundespost verbundenen Ausnahmen vom Funktionsvorbehalt seien gerechtfertigt. Dem stehe auch nicht entgegen, dass § 20 PostPersRG nur eine Rechtsaufsicht und nicht auch eine Fachaufsicht hinsichtlich der Ausübung der dienstrechtlichen Befugnisse durch die Organe der Aktiengesellschaft vorsehe. Durch die mit der Regelung des Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG verbundene Rechtsaufsichtspflicht des Bundes werde sichergestellt, dass dieser seiner Verantwortung gegenüber den Beamten der früheren Deutschen Bundespost auch weiterhin gerecht werden könne. Die Revision sei auch nicht wegen Divergenz zuzulassen. Das Berufungsgericht habe seine Rechtsansicht maßgeblich auf die Regelung des Art. 143b Abs. 3 GG gestützt, diese habe beim Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Januar 2012 (BVerfGE 130, 76) keine Rolle gespielt. Soweit die Beschwerde auf den Begriff des abstrakten Funktionsamtes oder abstrakt-funktionellen Amtes abhebe, dessen "Schicksal" im Falle der Zuweisung ungeklärt bleibe, sei auf die Rechtsprechung des Senats (BVerwGE 123, 107 <113>; BVerwGE 133, 297 Rn. 16) zu verweisen, in der diese Frage geklärt sei, so dass es an einer grundsätzlichen Bedeutung dieses Themenkomplexes fehle. Gemäß Art. 143b Abs. 3 Satz 1 und 2 GG müssten die Postnachfolgeunternehmen bei Ausübung der Dienstherrnbefugnisse die Rechtsstellung der Beamten wahren. Diese Grundsätze gälten mit der Maßgabe, dass es bei den Postnachfolgeunternehmen keine Ämterstruktur gebe und die Begriffe an die Gegebenheiten dieser Unternehmen anzupassen seien. Mit § 4 Abs. 4 PostPersRG seien die Voraussetzungen geschaffen worden, Beamte Tochter- und Enkelunternehmen sowie Beteiligungsgesellschaften zuzuweisen. Diese Regelung ermögliche es den Aktiengesellschaften, die im Zusammenhang mit der Konzernbildung bestehenden personalwirtschaftlichen Probleme zu lösen und die personelle Flexibilität zu erhöhen. In der Zuweisungsverfügung dürften und müssten die dem Beamten möglichen und die von ihm aktuell konkret zu erfüllenden Aufgabenbereiche - entsprechend dem abstrakt-funktionellen Amt und dem konkret-funktionellen Amt - festgelegt werden. Diese Festlegung sichere sowohl die Wahrnehmung der Dienstherrnbefugnisse durch die Postnachfolgeunternehmen selbst als auch den Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung der Beamten. Die im Hinblick auf die Zulässigkeit der Bündelung der Dienstposten erhobene Grundsatzrüge könne ebenso wie die insoweit erhobene Divergenzrüge schon deshalb nicht durchgreifen, weil das Berufungsgericht auf diesen Gesichtspunkt nicht entscheidungstragend abstelle.

II.

7

Mit seiner Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 33 Abs. 5 GG geltend.

8

1. Die Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichts verletzten den Beschwerdeführer in seinem Recht aus Art. 33 Abs. 5 GG, da die Ausübung von Dienstvorgesetztenbefugnissen in der Regel durch Beamte zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zähle und bei ausnahmsweiser Zulässigkeit der Übertragung von Hoheitsbefugnissen auf Private die Grenzen der Übertragung am Maßstab des Rechtstaats- und Demokratieprinzips zu beachten seien, die das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 18. Januar 2012 aufgezeigt habe. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 27. April 1959 - 2 BvF 2/58 - (BVerfGE 9, 268) festgestellt, dass die Ausübung der Dienstherrnbefugnisse durch die vorgesetzte Dienstbehörde und dort durch Beamte als Strukturprinzip des Berufsbeamtentums zu dessen hergebrachten Grundsätzen gehöre. Die Aufgabe dieses Grundsatzes würde den Charakter des Berufsbeamtentums grundlegend verändern. Art. 33 Abs. 4 GG beschränke die Möglichkeit der Übertragung der Dienstherrnbefugnisse. Hierbei handele es sich um hoheitliche Befugnisse. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 18. Januar 2012 - 2 BvR 133/10 - (BVerfGE 130, 76) zum hessischen Maßregelvollzugsgesetz allgemeine Anforderungen an die Übertragung von Hoheitsbefugnissen an Private normiert. Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts seien nicht nur als Ausführungen zur rechtlichen Zulässigkeit einer solchen Übertragung zu bewerten, sondern zugleich Ausführungen zu den rechtlichen Grenzen einer zulässigen Übertragung. Die in dieser Entscheidung aufgestellten Grundsätze seien auch bei der Übertragung von Dienstherrnbefugnissen auf die Postnachfolgeunternehmen zu beachten. Das Bundesverfassungsgericht fordere für eine zulässige Übertragung von Hoheitsbefugnissen eine Fachaufsicht über den Privaten. Das Postpersonalrechtsgesetz sehe indessen allein eine Rechtsaufsicht vor. Daher sei diese Übertragung der Dienstherrnbefugnisse rechtswidrig. Auf den außertariflich angestellten Dienstvorgesetzten gäbe es keinen fachaufsichtlichen Zugriff, er unterliege auch keiner Bindung an Verfassung und Besoldungsrecht, keiner demokratischen Kontrolle durch Parlament und Regierung und keiner mittelbaren demokratischen Kontrolle durch die bundesdeutschen Wähler. Damit seien auch beamtenrechtliche Vollzugsakte aufgrund des rechtswidrigen Postpersonalrechtsgesetzes rechtswidrig.

9

2. Weiterhin werde der Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 5 GG verletzt, da nach der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichts eine Ansiedelung des abstrakten Funktionsamtes der Beamten bei den Postnachfolgeunternehmen bei einem Tochter- oder Enkelunternehmen möglich sei. Gemäß Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG seien die Bundesbeamten jedoch bei den Postnachfolgeunternehmen beschäftigt und nicht bei Tochter- oder Enkelunternehmen. Der historische verfassungsändernde Gesetzgeber habe bei Einführung des Art. 143b Abs. 3 GG nichts von Tochter- und Enkelunternehmen gewusst. Der im Jahr 2004 durch den einfachen Gesetzgeber eingefügte § 4 Abs. 4 PostPersRG habe es ermöglicht, dass Beamten der Postnachfolgeunternehmen auch Tochter- und Enkelunternehmen hätten zugewiesen werden können. Einer solchen Zuweisung des abstrakt-funktionellen Amtes fehle die verfassungsrechtliche Grundlage. § 4 Abs. 4 PostPersRG sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass zwar konkrete Tätigkeiten bei Tochter- und Enkelunternehmen zugewiesen werden könnten, nicht aber ein abstraktes Funktionsamt oder ein abstrakter Aufgabenbereich. Die Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts von Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG verkenne die Grenzen dieser Regelung und verletze das Recht des Beschwerdeführers aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, wonach eine das Statusamt verwirklichende amtsangemessene Beschäftigung die dauerhafte Verankerung des abstrakten Aufgabenkreises bei einer Behörde oder den Postnachfolgeunternehmen fordere. Eine Zuweisung des abstrakten Aufgabenbereichs an Tochter- und Enkelunternehmen hätte einer Verfassungsänderung von Art. 143b Abs. 3 GG bedurft.

B.

10

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.

I.

11

Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten des Beschwerdeführers angezeigt, da sie unzulässig, jedenfalls aber unbegründet ist und daher keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>).

12

1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, da der Beschwerdeführer den Substantiierungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG nicht genügt.

13

a) Die mögliche Grundrechtsverletzung ist durch Bezeichnung des angeblich verletzten Rechts und des die Verletzung enthaltenden Vorgangs substantiiert und schlüssig vorzutragen; dabei ist darzulegen, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>; 108, 370 <386 f.>). Hierfür ist eine Auseinandersetzung mit den angegriffenen Entscheidungen und deren konkreter Begründung notwendig (vgl. BVerfGE 85, 36 <52 f.>; 101, 331 <345>). Soweit das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe aufgezeigt werden, inwieweit Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte durch die angegriffene Maßnahme verletzt werden (vgl. BVerfGE 101, 331 <346>).

14

b) Diesen Maßstäben genügt die Beschwerdebegründung nicht. Der Vortrag des Beschwerdeführers, wonach er in seinem Grundrecht aus Art. 33 Abs. 5 GG verletzt sei, lässt eine Grundrechtsverletzung durch die angegriffenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs München und des Bundesverwaltungsgerichts nicht erkennen. Der Beschwerdeführer setzt sich mit den angegriffenen Entscheidungen und deren konkreter Begründung nicht in erforderlichem Maße auseinander.

15

aa) Soweit der Beschwerdeführer vorträgt, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht verkannt hätten, dass Dienstherrnbefugnisse auf der Grundlage von Art. 33 Abs. 5 GG in der Regel nur durch Beamte ausgeübt werden dürften, erschöpft sich der Vortrag des Beschwerdeführers darin, die Ausübung der Dienstherrnbefugnisse durch Beamte als hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums zu bezeichnen. Sowohl der Verwaltungsgerichtshof als auch das Bundesverwaltungsgericht sind indes der Ansicht, dass ein solcher hergebrachter Grundsatz gerade nicht besteht. Ein solches Gebot ergebe sich auch nicht aus Art. 33 Abs. 4 GG. Zumindest gelte für den Bereich der Privatisierung der Deutschen Bundespost mit Art. 143b Abs. 3 GG eine Sonderregelung und damit eine eng umgrenzte Abweichungsbefugnis von der Regel des Art. 33 Abs. 4 GG. Mit dieser Argumentation setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander, sondern geht ohne substantiierte Darlegung vom Gegenteil aus. Soweit der Beschwerdeführer sich dafür auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in den Verfahren 2 BvF 2/58 (BVerfGE 9, 268) und 2 BvR 133/10 (BVerfGE 130, 76) bezieht, verkennt er, dass die Entscheidungen für den vorliegenden Fall nicht einschlägig sind, insbesondere deshalb, weil sie sich nicht auf die Sondersituation bei den Postnachfolgeunternehmen beziehen.

16

bb) Ebenso wenig setzt der Beschwerdeführer sich mit der Argumentation des Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts im Hinblick auf die Möglichkeit der Zuweisung eines dem abstrakt-funktionellen Amt entsprechenden Aufgabenbereichs bei Tochter- und Enkelunternehmen der Postnachfolgeunternehmen auseinander. Er nimmt hierbei immer wieder Bezug auf das von ihm so bezeichnetet "abstrakte Funktionsamt", das bei der Deutschen Telekom AG angesiedelt werden müsse, ohne sich mit der Argumentation der angegriffenen Entscheidungen auseinanderzusetzen, wonach es bei den privatrechtlich organisierten Postnachfolgeunternehmen keine Ämterstruktur gibt und die Begriffe des § 18 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) den Gegebenheiten der Postnachfolgeunternehmen angepasst werden müssten. Zudem trägt der Beschwerdeführer nun erstmalig vor, dass § 4 Abs. 4 PostPersRG, wonach eine Zuweisung auch ohne Zustimmung des Beamten an Tochter- oder Enkelunternehmen der Postnachfolgeunternehmen erfolgen kann, nicht von der Ermächtigungsgrundlage von Art. 143b Abs. 3 Satz 3 GG gedeckt sei, da diese Regelung gegen Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG verstoße, nach der die bei der Deutschen Bundespost tätigen Bundesbeamten bei den privaten Unternehmen - mit denen lediglich die unmittelbaren Postnachfolgeunternehmen gemeint seien - beschäftigt werden. Insoweit ist die materielle Subsidiarität jedenfalls nicht gewahrt. Es wäre dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen, hierzu schon im fachgerichtlichen Verfahren vorzutragen.

17

2. Die Verfassungsbeschwerde ist jedenfalls unbegründet. Eine Verletzung der Grundrechte aus Art. 33 Abs. 5 GG ist durch den vorgetragenen Sachverhalt nicht erkennbar.

18

a) Die Ausübung von Dienstherrnbefugnissen durch Nichtbeamte stellt keine Verletzung von Art. 33 Abs. 5 GG dar.

19

aa) Die Möglichkeit der Ausübung von Dienstherrnbefugnissen durch Nichtbeamte bei den Postnachfolgeunternehmen ergibt sich unmittelbar aus Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG. Danach üben die Postnachfolgeunternehmen Dienstherrnbefugnisse aus. Dem Bundesverwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass darin die Wahrnehmung der Dienstherrnbefugnisse durch Nichtbeamte bereits angelegt ist. Vor dem Hintergrund der Grundentscheidung des Verfassungsgebers, das Sondervermögen Deutsche Bundespost in private Unternehmen umzuwandeln (Art. 143b Abs. 1 GG, Art. 87f GG), werden nach Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG die zum Zeitpunkt der Privatisierung bei der Deutschen Bundespost tätigen Bundesbeamten auf die Postnachfolgeunternehmen übergeleitet. Dies geschieht gemäß Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG unter Wahrung der Rechtsstellung der Beamten und der Verantwortung des Dienstherrn, der die Bundesrepublik Deutschland bleibt (BVerfGE 130, 52<68>). Die Postnachfolgeunternehmen üben im Wege der Beleihung Dienstherrnbefugnisse aus (BTDrucks 12/7269, S. 5 f.). Diese Form der Überleitung der Beamten - durch Beleihung des Privaten mit Dienstherrnbefugnissen - beinhaltet auch die Möglichkeit der Wahrnehmung der Dienstherrnbefugnisse durch Nichtbeamte. Dies ergibt sich insbesondere aus der Gesetzeshistorie. Die Verfassungsänderung ist zeitgleich mit dem Erlass des Postpersonalrechtsgesetzes, das Teil der Gesetzgebung zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation ist, durchgeführt worden (BTDrucks 12/7269, S. 4; BGBl I 1994, S. 2325). Gemäß § 1 Abs. 2 PostPersRG, der in Ausfüllung von Art. 143b Abs. 3 Satz 3 GG erlassen worden ist, nimmt der Vorstand die Befugnisse der obersten Dienstbehörde sowie des obersten Dienstvorgesetzten und des obersten Vorgesetzten wahr. Der Vorstand kann nach § 1 Abs. 4 PostPersRG seine Befugnisse, soweit allgemein dienstrechtlich geltende Vorschriften dies zulassen, durch im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichende allgemeine Anordnung auf Organisationseinheiten oder Stelleninhaber übertragen, die nach § 3 Abs. 1 PostPersRG die Befugnisse einer Dienstbehörde oder eines Dienstvorgesetzten ausüben. Die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft sind naturgemäß keine Beamten, und das Postpersonalrechtsgesetz sah auch in seiner zum Zeitpunkt der Verfassungsänderung geplanten Fassung nicht vor, dass für den Vorstand bei der Ausübung von Dienstherrnbefugnissen nur ihm unterstellte Beamte als Dienstvorgesetzte handeln dürfen. Der verfassungsändernde Gesetzgeber, der in Kenntnis dieser geplanten Regelungen des Postpersonalrechtsgesetztes handelte, ging mithin davon aus, dass auf der Grundlage von Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG auch Nichtbeamte als Dienstvorgesetzte Dienstherrnbefugnisse gegenüber den in den Postnachfolgeunternehmen verbleibenden Beamten ausüben könnten und hat dies bereits durch die verfassungsrechtlich angeordnete Beleihung der Postnachfolgeunternehmen mit den Dienstherrnbefugnissen zum Ausdruck gebracht.

20

Darüber hinaus ergibt sich eine solche Auslegung auch aus Sinn und Zweck von Art. 143b Abs. 3 GG. Zweck der Vorschrift ist es, nach Schaffung der privatrechtlichen Aktiengesellschaften eine Weiterbeschäftigung der bei der Bundespost beschäftigten Beamten zu ermöglichen, wobei zum einen die Interessen der Beamten an der Wahrung ihres Status und ihrer damit verbundenen Rechte und zum anderen die Interessen der Aktiengesellschaften an einer möglichst reibungslosen Eingliederung der Beamten in ihre Betriebe und an einem flexiblen Einsatz gewahrt werden sollten (BTDrucks 12/6718, S. 1, A). Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Beschäftigung von Beamten in den Postnachfolgeunternehmen vorübergehender Natur ist, da nach der Privatisierung eine Ernennung von Beamten bei den Postnachfolgeunternehmen nicht mehr möglich ist (Gersdorf, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 143b Rn. 17). Den Vorschriften kommt also der Charakter einer Übergangsvorschrift zu. Diesen Zielen und besonderen Umständen würde eine Ausübung der Dienstherrnbefugnisse allein durch Beamte nicht gerecht. Wären die Aktiengesellschaften gezwungen, als Dienstvorgesetzte lediglich Beamte einzusetzen, könnte dies zu erheblichen organisatorischen Problemen führen, insbesondere dann, wenn keine geeigneten Beamten (mehr) zur Verfügung stünden, was angesichts des Umstandes, dass die Beschäftigung von Beamten in den Postnachfolgeunternehmen ausläuft, unschwer eintreten könnte. Eine solche Behinderung der Betriebsorganisation ist mit den Zielen von Art. 143b Abs. 3 GG nicht vereinbar (siehe auch BTDrucks 12/6718, S. 92, Begründung zu § 3 Absatz 1). Eine einseitige Belastung des Rechtsstatus der Beamten ist darin nicht zu sehen, da ihre Rechte hierdurch nicht beschnitten werden. Nichtbeamte sind als Dienstvorgesetzte in gleicher Weise bei der Ausübung der Dienstvorgesetztenbefugnisse an die einfachgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben des Beamtenrechts gebunden wie Beamte in dieser Position. Zudem findet eine Fachaufsicht (§ 20 PostPersRG) über die Rechtmäßigkeit der Ausübung der Dienstherrnbefugnisse durch die Postnachfolgeunternehmen statt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine solche Berücksichtigung der organisatorischen und ökonomischen Interessen der Postnachfolgeunternehmen auch geboten und legitim (BVerfGE 130, 52 <72>). Danach erscheinen Maßnahmen des Bundes, die die Beseitigung bestehender Beeinträchtigungen eines funktionierenden Wettbewerbs zum Ziel haben, als Ausformung des Infrastruktursicherungsauftrages aus Art. 87f Abs. 1 GG des Bundes notwendig und zulässig. Art. 143b Abs. 1 Satz 1 GG schließe nicht von vornherein aus, solche Beeinträchtigungen auch in spezifischen Lasten zu erblicken, die die Deutsche Telekom AG deswegen zu tragen habe, weil sie wegen Art. 143b Abs. 3 GG anders als ihre privaten Wettbewerber nach wie vor eine nicht unerhebliche Zahl ehemals bei der Deutschen Bundespost beschäftigter Bundesbeamter in Diensten habe (BVerfGE 130, 52<72>). Die Übertragung der Dienstherrnbefugnisse nach § 1 Abs. 2 PostPersRG auf den Vorstand und die Eröffnung der Möglichkeit, Nichtbeamte als Dienstvorgesetzte mit der Ausübung von Dienstherrnbefugnissen auszustatten, erscheint als eine solche Maßnahme, da sie den Postnachfolgeunternehmen ermöglicht, wettbewerbsfähige Organisationsstrukturen aufzubauen.

21

bb) Eine andere Auslegung von Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG gebietet auch nicht Art. 33 Abs. 5 GG. Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG sichert den Beamten bei den Postnachfolgeunternehmen die Wahrung ihrer Rechtsstellung zu. Damit wird den ehemals bei der Deutschen Bundespost beschäftigten Beamten nicht nur der bloße Status als Bundesbeamter, sondern auch die mit diesem Status verbundene sich aus ihm ableitende umfassende Rechtsstellung der Bundesbeamten garantiert (vgl. BVerfGE 130, 52 <68>). Die von der Umwandlung betroffenen Bundesbeamten behalten, obgleich sie in privaten Unternehmen tätig werden, die ihnen kraft des nicht beendeten Dienstverhältnisses zum Bund zustehenden Statusrechte (vgl. BVerfGE 130, 52 <69>). Somit sind auch bei Beamten der Postnachfolgeunternehmen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu berücksichtigen. Hierbei handelt es sich um einen Kernbestand von Strukturprinzipien, die allgemein oder doch ganz überwiegend und während eines längeren Tradition bildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind (BVerfGE 107, 218 <237>). Die Ausübung von Dienstherrnbefugnissen allein durch beamtete Dienstvorgesetzte zählt nicht zu diesem Kernbestand von Strukturprinzipien. Auch wenn Dienstherrnbefugnisse im klassischen hierarchischen Behördenaufbau grundsätzlich von anderen Beamten als Dienstvorgesetzten ausgeübt werden, handelt es sich bei einer abweichenden Regelung für die Postnachfolgeunternehmen auf Verfassungsebene zumindest um eine unter Art. 33 Abs. 5 GG zulässige Fortentwicklung des Beamtenrechts. Art. 33 Abs. 5 GG fordert nämlich keine Bewahrung um jeden Preis, sondern "verpflichtet auf die "Berücksichtigung" der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums und erlaubt damit die stete Fortentwicklung, die das Beamtenrecht in seinen einzelnen Ausprägungen den veränderten Umständen anpasst" (BVerfGE 97, 350<376>; 117, 330 <348>). Die Strukturentscheidung des Art. 33 Abs. 5 GG belässt daher ausreichend Raum, die geschichtlich gewachsene Institution in den Rahmen unseres heutigen Staatslebens einzufügen und den Funktionen anzupassen, die das Grundgesetz dem öffentlichen Dienst in der freiheitlichen, rechts- und sozialstaatlichen Demokratie zuschreibt. Veränderungen verstoßen daher nur dann gegen Art. 33 Abs. 5 GG, wenn sie nicht als Fortentwicklung des Beamtenrechts eingestuft werden können, sondern in einen Kernbestand von Strukturprinzipien eingreifen (BVerfGE 117, 330<348, 349>). Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Ein Eingriff in den Kernbestand von Strukturprinzipien ist nur gegeben, wenn Grundsätze angetastet werden, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass damit zugleich die Einrichtung selbst verändert würde (BVerfGE 117, 330 <348, 349>). Natürlich werden in klassischen Behördenstrukturen Dienstherrnbefugnisse gegenüber Beamten in der Regel durch andere Beamte als Dienstvorgesetzte ausgeübt. In diesem Sinne mag dieser Umstand als hergebracht betrachtet werden. So wurde in der Literatur zunächst vertreten, dass es in der Eigenart des Berufsbeamtentums begründet läge, dass Dienstvorgesetzter eines Beamten nur wieder ein Beamter oder Minister, jedenfalls ein Amtsträger sein könne und kein Angestellter sein dürfe (Fischbach, Bundesbeamtengesetz I, 3. Aufl. 1964, § 3, S. 109; Lecheler, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, 2. Aufl. 1996, § 72 Rn. 30; Uerpmann, Jura 1996, S. 79 <81>). Dies ist für den Erhalt des Berufsbeamtentums als Institution jedoch nicht denknotwendig erforderlich. Vielmehr können Dienstherrnbefugnisse auch durch nicht beamtete Dienstvorgesetzte ausgeübt werden, ohne dass das Berufsbeamtentum als solches in seiner Eigenart verändert werden würde. Insbesondere ist dem Bundesverwaltungsgericht darin zuzustimmen, dass auch Nichtbeamte, wenn sie Dienstherrnbefugnisse gegenüber Beamten wahrnehmen, in gleicher Weise wie Beamte an das Beamtenrecht und die verfassungsrechtlichen Vorgaben gebunden sind. Folgerichtig weist inzwischen die aktuelle Literatur - allerdings mehr mit Blick auf Art. 33 Abs. 4 GG - darauf hin, dass die Dienstvorgesetztenstellung als ständige Aufgabe grundsätzlich Beamten zu übertragen sei, Angestellte aber ausnahmsweise Dienstvorgesetzte sein könnten (vgl. Franke, in: Fürst, GKÖD, Bd. I, Teil 2c, L § 3 Rn. 13 ; Battis, BBG, 4. Aufl. 2009, § 3 Rn. 5; Werres, in: Schütz/Maiwald, BeamtR, Bd. 2, § 2 Rn. 48 f.). Ein absolutes Verbot, Nichtbeamte mit der Wahrnehmung von Dienstherrnbefugnissen zu betrauen, kann in jedem Fall nicht (mehr) als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums gelten. Es kann letztlich dahinstehen, ob sich als hergebrachter Grundsatz aus Art. 33 Abs. 5 GG ergibt, dass die Ausübung von Dienstherrnbefugnissen durch nicht beamtete Dienstvorgesetzte einer Rechtfertigung bedarf. Eine solche ergäbe sich in jedem Fall aus der in Art. 87f und Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG niedergelegten Privatisierungsentscheidung, sowie dem ebenfalls verfassungsrechtlich verankerten Beleihungsmodell.

22

Anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Beschwerdeführer herangezogenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 1959 (BVerfGE 9, 268). Gegenstand des Verfahrens waren Regelungen des Bremischen Personalvertretungsrechts, nach denen in den Fällen der Mitbestimmung des Personalrats in personellen Angelegenheiten der Beamten die Entscheidung einer Einigungsstelle vorgesehen war. Dem Bundesverfassungsgericht zu Folge haben Treue, Pflichterfüllung, unparteiischer Dienst für die Gesamtheit und Gehorsam gegenüber den Gesetzen und den rechtmäßigen Anordnungen des Dienstvorgesetzten zur Voraussetzung, dass der Beamte nur Stellen seines Dienstherrn verantwortlich ist, die durch ein hierarchisches Über- und Unterordnungsverhältnis eine Einheit bilden, und dass auch nur diese Stellen zu seiner Beurteilung und zu den Maßnahmen befugt sind, die seine Laufbahn bestimmen. Es entspreche hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, dass über Personalangelegenheiten eines Beamten in der Regel allein die ihm vorgesetzten Dienstbehörden entscheiden, die in einem hierarchischen Über- und Unterordnungsverhältnis stehen (BVerfGE 9, 268 <286/287>). Dem lässt sich entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht entnehmen, dass für die vorgesetzten Dienstbehörden lediglich Beamte Dienstherrnbefugnisse ausüben dürfen (so aber wohl Uerpmann, Jura 1996, S. 79 <81>). Dazu, welchen Status die für die Dienstbehörden handelnden Personen haben müssen, verhält sich die Entscheidung nicht. Zudem eröffnet auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Möglichkeit von Ausnahmen, indem davon ausgegangen wird, dass es sich um einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums handelt, dass über Personalangelegenheiten eines Beamten in der Regel allein die ihm vorgesetzten Dienstbehörden entscheiden. Der verfassungsgebende Gesetzgeber ist dem Umstand, dass zwischen den Postnachfolgeunternehmen und dem Bund als Dienstherrn kein Über- und Unterordnungsverhältnis besteht, bewusst durch die Regelung des Art. 143b Abs. 3 GG mit dem Modell der Beleihung entgegengetreten (BTDrucks 12/7269, S. 6). Er hat damit zumindest eine verfassungsrechtlich verankerte Ausnahme von der Regel aufgestellt.

23

cc) Schließlich folgt auch nicht aus Art. 33 Abs. 4 GG, dass Dienstherrnbefugnisse gegenüber Beamten nur durch andere Beamte ausgeübt werden können. Es erscheint hier schon sehr fraglich, inwieweit sich aus Art. 33 Abs. 4 GG für den Beschwerdeführer subjektive Rechte herleiten lassen (verneinend BVerfGE 6, 376<385>; offenlassend BVerfGE 35, 79 <147 >; 130, 76 <109 >). Jedenfalls wird die aus Art. 33 Abs. 4 GG erwachsene Verpflichtung, die ständige Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, durch Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG für die Ausübung von Dienstherrnbefugnissen im Bereich der Postnachfolgeunternehmen beschränkt. Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG statuiert neben den von Art. 33 Abs. 4 GG vorgesehenen Ausnahmen einen eigenen Ausnahmetatbestand, der den besonderen Gegebenheiten bei den Postnachfolgeunternehmen Rechnung trägt.

24

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ergibt sich auch aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Januar 2012 (BVerfGE 130, 76) keine andere Bewertung. Insbesondere erfordert eine zulässige Beleihung der Postnachfolgeunternehmen mit Dienstherrnbefugnissen nicht, dass hierüber sowohl eine Rechts- als auch eine Fachaufsicht geführt werden. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Januar 2012 betraf die Anordnung und Durchführung einer besonderen Sicherungsmaßnahme durch Bedienstete einer mit der Durchführung des Maßregelvollzugs in Hessen beliehenen privatrechtlich organisierten Kapitalgesellschaft. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Art. 33 Abs. 4 GG auch für die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in privatrechtlicher Organisationsform gelte (BVerfGE 130, 76<111>). Art. 33 Abs. 4 GG regele aber schon dem Wortlaut nach Ausnahmen. Diese Ausnahmen bedürften einer Rechtfertigung durch einen besonderen sachlichen Grund (BVerfGE 130, 76 <115>). Im Hinblick auf das Demokratieprinzip sei bei der Beleihung Privater eine Legitimation in personeller und sachlich-inhaltlicher Hinsicht zu verlangen. Die sachlich-inhaltliche Legitimation werde durch Gesetzesbindung und Bindung an Aufträge und Weisungen der Regierung vermittelt. Personelle und sachlich-inhaltliche Legitimation stünden in einem wechselbezüglichen Verhältnis derart, dass eine verminderte Legitimation über den einen Strang durch verstärkte Legitimation über den anderen ausgeglichen werden könne, sofern insgesamt ein bestimmtes Legitimationsniveau erreicht werde (BVerfGE 130, 76 <124>). Das Legitimationsniveau müsse umso höher sein, je intensiver die in Betracht kommenden Entscheidungen die Grundrechte berührten (BVerfGE 130, 76 <124>). Der Beschwerdeführer weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass gemäß § 20 PostPersRG das Bundesministerium der Finanzen hinsichtlich der Ausübung der dienstrechtlichen Befugnisse durch die Organe der Aktiengesellschaft lediglich eine Rechtsaufsicht und nicht eine Fachaufsicht inne hat. Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts werden aber zwar grundsätzliche Anforderungen an die Beleihung Privater statuiert, der Entscheidung lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass eine Ausnahme von Art. 33 Abs. 4 GG nur möglich ist, wenn eine sachlich-inhaltliche Legitimation durch eine Fachaufsicht gesichert ist. Vielmehr stand hier die Frage im Vordergrund, auf welcher Grundlage eine Beleihung in einem besonders grundrechtssensiblen Bereich möglich ist. Das Bundesverfassungsgericht hatte indes nicht dazu Stellung zu nehmen, ob und unter welchen Voraussetzungen in weniger grundrechtsintensiven Bereichen wie etwa bei der Ausübung von dienstrechtlichen Maßnahmen eine Legitimation durch eine Rechtsaufsicht ausreichen könnte. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass in der Entscheidung die Möglichkeit aufgezeigt wird, dass eine verminderte Legitimation über den einen Strang durch verstärkte Legitimation über den anderen ausgeglichen werden kann, sofern insgesamt ein bestimmtes Legitimationsniveau erreicht wird. Ein solches erscheint hier durch eine besonders starke Ausgestaltung der Rechtsaufsicht in § 20 PostPersRG erreicht, indem dem Bundesministerium der Finanzen zum einen ein Selbsteintrittsrecht in § 20 Abs. 2 Satz 2 PostPersRG zugebilligt wird, das mit einem Übergang der Dienstherrnbefugnisse verbunden ist, und zum anderen in § 20 Abs. 3 PostPersRG vorgesehen ist, dass das Bundesministerium der Finanzen, dem für die personellen und sozialen Angelegenheiten der Beamten zuständigen Vorstandsmitglied die Ausübung dieser Tätigkeit untersagen kann, wenn es gegen dienstrechtliche Bestimmungen, gegen die Bestimmungen der §§ 1 und 2 sowie 4 bis 18 PostPersRG und gegen Anordnungen des Bundesministeriums der Finanzen auf Grund der §§ 1 bis 20 PostPersRG verstoßen hat und trotz Hinweises auf diese Vorschrift durch das Bundesministerium der Finanzen dieses Verhalten fortsetzt. Damit kann der Dienstherr vorliegend sehr weit in die Organisation der beliehenen Postnachfolgeunternehmen eingreifen.

25

Darüber hinaus ist im Hinblick auf die Bedeutung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Januar 2012 zu bedenken, dass in diesem Verfahren auch nicht die besonderen Umstände der Privatisierung der Postnachfolgeunternehmen in den Blick zu nehmen waren. In der Literatur wird zu Recht darauf hingewiesen, dass die besonderen Anforderungen an die Postnachfolgeunternehmen, die sich aus der Teilnahme an der privaten Wirtschaft und dem Wettbewerb ergeben, einen Verzicht auf eine Fachaufsicht erfordern und rechtfertigen und eine Ausnahme von Art. 33 Abs. 4 GG erlauben (Gersdorf, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 143b Rn. 23; Benz, DÖV 1995, S. 679 <682 f.>). Danach würde vielmehr eine Verfassungsentscheidung zugunsten eines privatwirtschaftlichen Geschäftsbetriebes durch die Anordnung einer Fachaufsicht konterkariert (Möstl, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 143b Rn. 25 (Juli 2014); Ossenbühl/Ritgen, Beamte in privaten Unternehmen, 1999, S. 87 f.). Daher erscheint auch schon ohne die modifizierende Regelung des Art. 143b Abs. 3 GG eine Ausnahme von Art. 33 Abs. 4 GG im Hinblick auf die Ausübung von Dienstherrnbefugnissen bei den Postnachfolgeunternehmen gerechtfertigt und rechtmäßig.

26

b) Die Zuweisung eines abstrakten und konkreten Aufgabenbereichs bei einer Tochterfirma eines Postnachfolgeunternehmens auf der Grundlage von § 4 Abs. 3 PostPersRG stellt keine Verletzung von Art. 33 Abs. 5 GG oder Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG dar. Aus Art. 33 Abs. 5 GG ergibt sich kein Anspruch des Beschwerdeführers darauf, dass ihm ein abstrakt-funktionelles Amt oder ein abstrakter Aufgabenbereich unmittelbar bei einem Postnachfolgeunternehmen oder einer Behörde des Bundes verliehen wird. Vielmehr sind mit der Zuweisung eines abstrakten und eines konkreten Aufgabenbereichs bei einem Tochterunternehmen der Deutschen Telekom die in Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG und Art. 33 Abs. 5 GG garantierten beamtenrechtlichen Statusrechte des Beschwerdeführers gewahrt.

27

aa) Der Inhaber eines statusrechtlichen Amtes kann zwar gemäß Art. 33 Abs. 5 GG generell beanspruchen, dass ihm ein abstrakt-funktionelles Amt sowie ein amtsangemessenes konkret-funktionelles Amt, das heißt ein entsprechender Dienstposten, übertragen werden (BVerfGE 70, 251<266>; BVerwGE 126, 182 <183>). Bei den privatrechtlich organisierten Postnachfolgeunternehmen gibt es indessen mangels hoheitlicher Aufgaben keine Ämterstruktur. Das abstrakt-funktionelle und das konkret-funktionelle Amt der Beamten bei der Deutschen Bundespost sind durch die Entscheidung des Verfassungsgebers, die Deutsche Bundespost zu privatisieren, entfallen. Den Beamten der Postnachfolgeunternehmen können daher keine Ämter im funktionellen Sinne zugewiesen werden. Der Grundsatz, dass Beamte einen Anspruch auf die Übertragung eines abstrakt-funktionellen und eines konkret-funktionellen Amtes haben, besteht jedoch über Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG auch für die Beamten bei den Postnachfolgeunternehmen und damit auch für den Fall einer Zuweisung zu einem Tochter- oder Enkelunternehmen gemäß § 4 Abs. 4 PostPersRG (BVerwGE 132, 40<43>). Dieser Anspruch ergibt sich aus dem beamtenrechtlichen Statusrecht. Er sichert den damit verbundenen Anspruch der Beamten auf eine amtsangemessene Beschäftigung, indem ein für Dienstherrn und Beamte überprüfbarer Maßstab für eine amtsangemessene Beschäftigung definiert wird. Daher sind, wie vom Bundesverwaltungsgericht angenommen, die in § 18 BBesG verwendeten Begriffe der Ämter und ihrer Wertigkeit an die organisatorischen Gegebenheiten der Postnachfolgeunternehmen anzupassen (BVerwGE 123, 107<113>). Entscheidend ist, dass der Bedeutungsgehalt der Ämter innerhalb der Behördenstrukturen auf die Organisation der Postnachfolgeunternehmen übertragen wird. Dem folgend bestimmt § 8 PostPersRG, dass § 18 BBesG mit der Maßgabe Anwendung findet, dass gleichwertige Tätigkeiten bei den Postnachfolgeunternehmen als amtsgemäße Funktionen gelten. Danach treten an die Stelle von abstrakt-funktionellen und konkret-funktionellen Ämtern bei den Postnachfolgeunternehmen und ihren Tochter- und Enkelunternehmen abstrakte und konkrete Aufgabenbereiche. Damit wird zum einen allgemein der Kreis der bei einem Unternehmen amtsangemessenen Tätigkeiten festgelegt und zum anderen als Teilmenge dieses Aufgabenkreises die aktuell zu erfüllenden amtsangemessenen Aufgaben. Dies ist mit den Vorgaben von Art. 33 Abs. 5 GG und Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG vereinbar, da damit in ausreichender Weise der Anspruch auf eine amtsangemessene Beschäftigung gewahrt werden kann.

28

bb) Der Beschwerdeführer wird auch nicht dadurch in seinen Grundrechten aus Art. 33 Abs. 5 GG und 143b Abs. 3 Satz 1 GG verletzt, dass ihm eine Tätigkeit bei einer Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG und nicht bei einem Postnachfolgeunternehmen direkt zugewiesen worden ist. Die Möglichkeit der dauerhaften Zuweisung von Tätigkeiten bei Tochterunternehmen der Postnachfolgeunternehmen und damit eine vollständige Eingliederung in diese Unternehmen nach § 4 Abs. 4 PostPersRG ist mit Art. 33 Abs. 5 GG und Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG vereinbar.

29

Nach Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG werden die bei der Deutschen Bundespost tätigen Beamten bei den privaten Unternehmen beschäftigt. Gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 PostPersRG ist eine dauerhafte Zuweisung einer dem Amt entsprechenden Tätigkeit zulässig, wenn die Zuweisung nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen zumutbar ist und die Zuweisung der Tätigkeit bei einem Unternehmen erfolgt, dessen Anteile ganz oder mehrheitlich dem Postnachfolgeunternehmen gehören.

30

Dem Wortlaut von Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG in Verbindung mit der Gesetzessystematik und -historie lässt sich entnehmen, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber mit den "privaten Unternehmen" die unmittelbaren drei Postnachfolgeunternehmen, also Deutsche Post AG, Deutsche Postbank AG und Deutsche Telekom AG bezeichnet hat (BTDrucks 12/7269; BTDrucks 15/3404, S. 9; Pechstein, ZBR 2004, S. 293 <294>; Nokiel, in: DOeD 2015, S. 59 <63>). Dies ergibt sich insbesondere aus der Zusammenschau mit Art. 143b Abs. 1 und 2 GG. Diese Regelungen betreffen die eigentliche Privatisierung und die Grundlagen dieser Privatisierung. Damit konnten sie - aus dem Horizont des verfassungsändernden Gesetzgebers bei der Privatisierung - nur die aus der Deutschen Bundespost hervorgehenden unmittelbaren Nachfolgeunternehmen zum Gegenstand haben, da es andere nicht gab. Indem Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG den Begriff der "private Unternehmen" aus Art. 143b Abs. 1 Satz 1 GG aufnimmt, bezieht er sich auch nur auf diese Unternehmen, obwohl der Gesetzgeber schon bei der Verfassungsänderung von einer weiteren Entwicklung der Unternehmen ausging (siehe BTDrucks 12/6718, S. 93 und 97). Damit stellt sich die Frage, ob Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG die Möglichkeit der Übertragung von Tätigkeiten an übergeleitete Beamte außerhalb der Postnachfolgeunternehmen ausschließt; ob also die Überleitung der Beamten auf die Postnachfolgeunternehmen abschließend ist, weil sie eine Verwendung in diesen Unternehmen garantiert. Dies ist nicht der Fall. Die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung, die wohl nur die mit Dienstherrnbefugnissen beliehenen Unternehmen und bei Ausfall dieser Unternehmen den Bund treffen kann (BTDrucks 18/3512, S. 22), kann auf der Grundlage von Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG auch durch Zuweisung einer Tätigkeit bei einer Tochtergesellschaft erfüllt werden. Die der Norm ursprünglich von den verfassungsgebenden Organen beigemessene Bedeutung schließt eine weitere Auslegung des Begriffs der "privaten Unternehmen", der die veränderten organisatorischen Gegebenheiten bei den Postnachfolgeunternehmen erfasst, nicht aus. Die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung einer Gesetzesvorschrift ist nicht entscheidend für die Auslegung einer Vorschrift. Maßgebend ist vielmehr der in einer Gesetzesvorschrift zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den dieser hineingestellt ist (BVerfGE 1, 299 <312>; 105, 135 <157>). Hierbei helfen alle herkömmlichen Auslegungsmethoden in abgestimmter Berechtigung. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen (BVerfGE 105, 135 <157>). Hier weist die Auslegung nach Sinn und Zweck der Norm deutlich darauf hin, dass die Regelung einer erweiterten - über ihren ursprünglichen Bedeutungsgehalt hinausgehenden - Auslegung innerhalb der Wortlautgrenze zugänglich ist. Ausgangspunkt ist dabei, dass sich Art. 143b GG insgesamt zum einen als Grundlage für die unmittelbare Umsetzung der Privatisierung und zum anderen aber auch als Grundlage für den absehbar langen Prozess der Umstellung von einem öffentlich-rechtlichen Unternehmen zu einem privatwirtschaftlichen Unternehmen, der zwangsläufig mit unternehmerischen Veränderungen auch organisatorischer Art verbunden sein musste, darstellt. Mit der Entscheidung der Privatisierung der Postnachfolgeunternehmen ist zugleich der Auftrag an die Postnachfolgeunternehmen verbunden, wirtschaftlich und an den Erfordernissen des Wettbewerbs ausgerichtet zu agieren. Dem Bund kommt demgegenüber nur noch eine Gewährleistungsverantwortung zu, die ihn dazu verpflichtet, Sorge zu tragen, dass die privatwirtschaftlich tätigen Telekommunikationsdienste flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen anbieten. Hieraus ergibt sich die Verpflichtung, einen funktionierenden Wettbewerb auf dem Telekommunikationsmarkt zu sichern (BVerfGE 130, 52 <72>). Insofern enthält die Privatisierungsentscheidung eine Verpflichtung sowohl der Postnachfolgeunternehmen als auch des Gesetzgebers, eine Weiterentwicklung der Strukturen der Postnachfolgeunternehmen und eine Anpassung der Unternehmen an die Anforderungen des Wettbewerbs zu fördern (Badura, in: AusschussDrucks 15(9)1276, S. 80 f.; Ossenbühl, in: AusschussDrucks 15(9)1276, S. 76 f.). Daher ist in Art. 143b GG eine dynamische Entwicklung angelegt. Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG kommt dabei die Aufgabe zu, im Rahmen dieses Prozesses der Privatisierung zwischen den Anforderungen an die Postnachfolgeunternehmen und den Interessen der Beamten an der Bewahrung ihres erworbenen beamtenrechtlichen Status einen Ausgleich zu schaffen (Ossenbühl, in: AusschussDrucks 15(9)1276, S. 76; Waldhoff, in: Stellungnahme für die Anhörung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages am 23. Februar 2015 zu dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Weiterentwicklung des Personalrechts der Beamtinnen und Beamten der früheren Deutschen Bundespost, BTDrucks 18/3512, S. 1). Mit diesem Zweck ist es in jedem Fall unvereinbar, wenn die Weiterbeschäftigung der Beamten dazu führt, dass die wirtschaftliche Tätigkeit der Postnachfolgeunternehmen unmöglich gemacht oder über Gebühr behindert wird. Vielmehr ist den Postnachfolgeunternehmen für ihren Auftrag auch organisatorisch so weit wie möglich unternehmerische Freiheit einzuräumen. Es entspricht daher der Zielsetzung von Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG, einen flexiblen Einsatz der Beamten unter Wahrung ihrer Statusrechte zu ermöglichen (BTDrucks 12/6718, S. 1).

31

Vor diesem Hintergrund ist es nicht ersichtlich, dass auf der Grundlage von Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG die garantierte Weiterbeschäftigung nur durch die unmittelbaren Postnachfolgeunternehmen erfolgen kann. Vielmehr schließt Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG die Möglichkeit ein, dass der Weiterbeschäftigungsgarantie durch die Übertragung einer amtsangemessenen Beschäftigung bei Tochtergesellschaften der Postnachfolgeunternehmen nachgekommen wird. Eine Auslegung von Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG, die eine Zuweisung zumindest auch an Tochterunternehmen erfasst, stellt sich als eine Weiterführung der ursprünglichen Regelungsziele gerade auch im Hinblick auf die Weiterbeschäftigungsgarantie dar (Möstl, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 143b Rn. 28 ; Ossenbühl, Schriftliche Stellungnahme zum Ersten Gesetz zur Änderung des PostPersRG, AusschussDrucks 15(9)1276, S. 76 f.; Battis, Schriftliche Stellungnahme zum Ersten Gesetz zur Änderung des PostPersRG, AusschussDrucks 15(9)1276, S. 78; Badura, Schriftliche Stellungnahme zum Ersten Gesetz zur Änderung des PostPersRG, AusschussDrucks 15(9)1276, S. 80 ff.; ders. DÖV 2006, S. 753 <757>; a.A. Pechstein, ZBR 2004, S. 293 <296>; Sterzel, Der Schutz des Privatisierungsbeamten gem. Art. 143b Abs. 3 GG, 2003, S. 109 ff.).

32

Die Beamten der ehemaligen Deutschen Bundespost werden durch diese Maßnahme auch nicht in ihren garantierten Rechten unangemessen benachteiligt. Sie bleiben weiterhin Beamte des Bundes. Ihre Statusrechte werden nicht berührt. Vielmehr können die Postnachfolgeunternehmen effektiver ihrer Verpflichtung, den verbliebenen Beamten eine amtsangemessene Tätigkeit zu übertragen, nachkommen. Die Postnachfolgeunternehmen haben als mit Dienstherrnbefugnissen Beliehene allerdings dafür zu sorgen, dass sie wirksam die Einhaltung der beamtenrechtlichen Erfordernisse, insbesondere den Anspruch auf eine amtsangemessene Beschäftigung durch die Tochterunternehmen sicherstellen können.

33

Aus Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG ergibt sich auch nicht die Verpflichtung, den Beamten, dem eine Tätigkeit bei einer Tochtergesellschaft zugewiesen worden ist, an die Muttergesellschaft über einen unmittelbar bei den Postnachfolgeunternehmen angesiedelten abstrakten Aufgabenbereich anzubinden. Die notwendige Anbindung an die mit Dienstherrnbefugnissen ausgestatteten Muttergesellschaften erfolgt über deren Mehrheitsbeteiligung an den Tochtergesellschaften. Hierüber ist sichergestellt, dass die Dienstherrnbefugnisse wirksam gegenüber dem Beamten ausgeübt werden und damit auch die Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Finanzen nach § 20 PostPersRG wirksam ausgeübt werden kann. Dies wahrt die Statusrechte der betroffenen Beamten aus Art. 33 Abs. 5 GG.

34

cc) Inwieweit die ebenfalls in § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2, 3 und 4 PostPersRG vorgesehene Zuweisung von Tätigkeiten bei Enkelunternehmen der Postnachfolgeunternehmen und anderen Unternehmen verfassungsgemäß ist, braucht hier nicht entschieden zu werden, da der Beschwerdeführer von einer solchen Maßnahme nicht betroffen ist.

35

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

36

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.

(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere

1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen,
2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
3.
Auskünfte jeder Art einholen,
4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen,
5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen,
6.
andere beiladen,
7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.

(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Ist ein Beschädigter an den Folgen einer Schädigung gestorben, so haben die Witwe, der hinterbliebene Lebenspartner, die Waisen und die Verwandten der aufsteigenden Linie Anspruch auf Hinterbliebenenrente. Der Tod gilt stets dann als Folge einer Schädigung, wenn ein Beschädigter an einem Leiden stirbt, das als Folge einer Schädigung rechtsverbindlich anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war.

(2) Die Witwe oder der hinterbliebene Lebenspartner haben keinen Anspruch, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft erst nach der Schädigung geschlossen worden ist und nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat oder der Begründung der Lebenspartnerschaft war, der Witwe oder dem hinterbliebenen Lebenspartner eine Versorgung zu verschaffen.

(3) Ein hinterbliebener Lebenspartner hat keinen Anspruch auf Versorgung, wenn eine Witwe, die im Zeitpunkt des Todes mit dem Beschädigten verheiratet war, Anspruch auf eine Witwenversorgung hat.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. März 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. In der Hauptsache ist streitig, ob der Grad der Behinderung (GdB) des Klägers von ursprünglich 80 wegen einer Speiseröhrenerkrankung in Heilungsbewährung nach einem Plattenepithelcarzinom des Ösophagus (Bescheid vom 20.11.2008) auf weniger als 50 abgesenkt werden durfte. Der Beklagte setzte im Nachprüfungsverfahren den GdB zunächst auf 30 herab (Bescheid vom 11.11.2013; Widerspruchsbescheid vom 2.4.2014). Das SG hat die Absenkung des GdB nach internistischer Begutachtung von Amts wegen und weiterer gastroenterologischer Begutachtung auf Antrag des Klägers auf insgesamt 40 begrenzt (Gerichtsbescheid vom 3.7.2015). Das LSG hat die dagegen gerichtete und mit dem Ziel der Wiedererlangung der Schwerbehinderteneigenschaft geführte Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei von einem rezidivfreien Ablauf der Heilungsbewährung auszugehen. Die Spätfolgen rechtfertigten keinen GdB von mehr als 40. Zusätzliche Funktionsbeeinträchtigungen mit Einzel-GdB von 10 führten auch unter Berücksichtigung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und von Verfassungsrecht nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB (Urteil vom 14.3.2016).

2

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und erhebt die Grundsatzrüge.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

4

1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern die Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; siehe auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine bestimmte Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.

5

Die Beschwerdebegründung führt als Rechtsfrage an,

        

ob bei der Feststellung des Gesamt-GdB Behinderungen mit einem Einzel-GdB von 10 auch unter Berücksichtigung des Diskriminierungsverbotes behinderter Menschen in Art 3 Abs 3 S 2 GG sowie des Art 5 Abs 2 UN-BRK völlig außer acht bleiben dürfen.

6

Der Senat lässt offen, ob sich damit eine hinreichend präzise Rechtsfrage verbindet (vgl BSG Beschluss vom 5.8.2014 - B 10 ÜG 32/13 B mwN). Die Beschwerdebegründung zeigt schon den nötigen Klärungsbedarf nicht auf. Der Kläger weist selbst darauf hin, dass Funktionsstörungen mit Einzel-GdB von 10 bei der Bildung des Gesamt-GdB nach der VersMedV nicht ausnahmslos außer Betracht bleiben, also klar ist, dass Ausnahmefälle zugelassen sind, soweit auch leichte Gesundheitsstörungen (mit Einzel-GdB von 10) eine Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung bedingen. Die Beschwerdebegründung hätte sich daher mit den in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Anlage zu § 2 VersMedV, Teil A Nr 3) enthaltenen Ausnahmefällen beschäftigen müssen und hiervon ausgehend aufzeigen müssen, ob und in welchem Umfang darüber hinausgehender Klärungsbedarf bestehen könnte oder aber die Feststellungen des LSG mit durchgreifenden Verfahrensrügen in Frage stellen müssen. Daran fehlt es. Sollte die aufgeworfene Frage demgegenüber dahin zu verstehen sein, dass leichte Gesundheitsstörungen mit Einzel-GdB von 10 auch dann eine Berücksichtigung bei der Bildung des Gesamt-GdB gebieten, wenn diese keine Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung bedingen, hätte sich die Beschwerdebegründung damit auseinandersetzen müssen, inwieweit die genannten Diskriminierungsverbote Gleichbehandlung auch dann gebieten, wenn sachliche Gründe für eine Differenzierung vorhanden sind und inwieweit die höchstrichterliche Rechtsprechung hierauf noch keine ausreichende Antwort gefunden hat (vgl zB BSGE 110, 194 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69 RdNr 29 ff mwN; BSGE 119, 224 = SozR 4-5921 Art 1 Nr 3 RdNr 26 ff mwN). Auch hiermit beschäftigt sich die Beschwerdebegründung nicht, sondern listet nur einzelne Entscheidungen auf, ohne ihre Tragweite aufzuzeigen. Mit ihrem unsubstantiierten Vortrag, dass im Falle des Klägers eine Entscheidung unter Berücksichtigung der vorgenannten Diskriminierungsverbote zu seinen Gunsten hätte getroffen werden müssen, rügt die Beschwerdebegründung allerdings die Fehlerhaftigkeit der Entscheidung des LSG, die von vornherein nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

7

2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

8

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

9

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.

(1) Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 genannten Personen gehören, haben für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten. Die Gebühr entsteht, sobald die Streitsache rechtshängig geworden ist; sie ist für jeden Rechtszug zu zahlen. Soweit wegen derselben Streitsache ein Mahnverfahren (§ 182a) vorausgegangen ist, wird die Gebühr für das Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids nach dem Gerichtskostengesetz angerechnet.

(2) Die Höhe der Gebühr wird für das Verfahren

vor den Sozialgerichten auf150 Euro,
vor den Landessozialgerichten auf225 Euro,
vor dem Bundessozialgericht auf300 Euro

festgesetzt.

(3) § 2 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14.05.2013 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Dem Kläger werden Verschuldenskosten in Höhe von 1000,- Euro auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40

(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.