Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2019 - 15 ZB 17.1833

bei uns veröffentlicht am28.01.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht Augsburg, Au 5 K 17.48, 27.07.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Die Berufung wird zugelassen.

II. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird vorläufig auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Berufung ist gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist. Ob daneben auch die darüber hinaus geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 VwGO) einschlägig sind, kann dahingestellt bleiben.

1. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist ein Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist. Bei einer nachbarschützenden Festsetzung, wie sie vom Verwaltungsgericht in Bezug auf § 14 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan Nr. 288 angenommen wurde, muss mithin jeder Fehler bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB auf die Anfechtung des Nachbarn - hier: der Kläger - zur Aufhebung der Baugenehmigung führen (BVerwG, B.v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - ZfBR 2013, 783 = juris Rn. 3 m.w.N.). Die Rechtssache wirft vor diesem Hintergrund die entscheidungserhebliche Frage auf, ob die Befreiung von der Regelung in § 14 Abs. 1 der textlichen Festsetzung zum Bebauungsplan Nr. 288 „Sheridan-Kaserne“ die Grundzüge der Planung berührt und deswegen am Maßstab von § 31 Abs. 2 BauGB als rechtswidrig anzusehen ist.

Die Kläger haben zur Untermauerung ihrer Rechtsansicht, die Regelung zur schallabsorbierenden Ausgestaltung von Fassaden sei Teil des grundsätzlichen Planungskonzepts geworden, in der Sache hinreichend substantiiert vorgetragen, Hintergrund der Regelung in § 14 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan Nr. 288 sei gewesen, in Reaktion auf Einwendungen der Nachbarkommune im Verfahren der Bauleitplanung jegliche weitere Belastung des bereits mit Verkehrslärm vorbelasteten Gebiets der angrenzenden Wohnbebauung zu verhindern. Die Beantwortung der Frage, ob durch die Befreiung von § 14 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Grundzüge der Planung berührt werden, kann mit Blick auf diesen Einwand der Kläger nicht im Rahmen einer bloßen kursorischen Prüfung beantwortet werden, sondern bedarf einer näheren Untersuchung im Berufungsverfahren. Ob eine Abweichung die Grundzüge der Planung i.S. von § 31 Abs. 2 BauGB berührt, beurteilt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls und insbesondere auch nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck gebrachten planerischen Wollen. Insofern ist u.a. auch zu hinterfragen, was für die Planung tragend war (vgl. Siegmund, in: Spannowsky/Uechtritz, BeckOK, BauGB, 42. Ed., Stand: August 2018, § 31, Rn. 61) bzw. was der Planer unter Berücksichtigung der jeweilige Planungssituation nach tatrichterlicher Würdigung diesbezüglich als tragend gewollt hat (BayVGH, U.v. 14.12.2016 - 2 B 16.1574 - NVwZ-RR 2017, 483 = juris Rn. 38; Spieß in Jäde/Dirnberger u.a., BauGB/BauNVO, 9. Aufl. 2018, § 31 Rn. 13). Die Beantwortung der Frage, ob die Befreiung von der Regelung in § 14 Abs. 1 der textlichen Festsetzung zum Bebauungsplan Nr. 288 „Sheridan-Kaserne“ die Grundzüge der Planung im vorgenannten Sinn berührt, bereitet vor diesem Hintergrund in rechtlicher Hinsicht das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten.

Gerade weil eine Lärmerhöhung im Bereich der vom Beigeladenen thematisierten Wahrnehmbarkeitsschwelle von 2 dB(A) (vgl. Seite 7 des Schriftsatzes des Beigeladenen vom 12. Dezember 2017) jedenfalls im Bereich der Wohnbebauung im Elmer-Fryar-Ring nach der zugrundeliegenden Lärmbegutachtung zum damaligen Verfahren der Bauleitplanung (vgl. die „ergänzende schalltechnische Untersuchung“ des Sachverständigenbüros der Arnold Consult AG vom 26. Oktober 2006) von vornherein nicht zur Debatte stand, die Beklagte sich aber auf die Einwände der Stadt Stadtbergen dennoch mit Blick auf die bereits bestehende Immissionsbelastung mit Verkehrslärm bewusst und gewollt auf eine entsprechende Regelung eingelassen hat, ist diskussionswürdig, ob das planerische Grundkonzept der Beklagten - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - ggf. auch darin bestand, über die Festsetzungen schallabsorbierender Fassaden kompromisslos dafür zu Sorge zu tragen, dass j e g l i c h e messbare weitere Erhöhung von Beurteilungspegeln des Verkehrslärms durch Verkehrslärmreflexionen westlich der B 17 (im Wohngebiet der Nachbarkommune) verhindert werden sollte, weil es der Beklagten womöglich als tragende planerische Erwägung gerade darauf ankam, jede Verschärfung der damals bereits bestehenden (mit Blick auf die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV und der Orientierungswerte des Beiblatts 1 zur DIN 1.8005 Teil 1 nicht völlig unproblematischen) Verkehrslärmsituation in den angrenzenden Wohngebieten zu unterbinden.

Soweit in der Begründung der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom 30. September 2016 ausgeführt wird, dass eine - selbst bei vollständiger Ausnutzung der Baufenster - theoretisch maximale Pegelerhöhung von etwa 1 dB(A) nahezu nicht hörbar sei, dass es „in der Realität hier niemals zu einer vollständigen, durchgängigen Bebauung der Baufelder kommen“ werde und dass deshalb bei der Entscheidung über die Befreiung von der realen Bebauung ausgegangen worden sei (vgl. zuletzt auch die schriftsätzliche Stellungnahme der Beklagten vom 25. Januar 2019), könnte dies sogar eher die Annahme eines planerischen Grundzugs bestätigen, weil sich die Beklagte trotz eines aus ihrer Sicht von Anfang an eher überschaubaren Lärmreduktionserfolgs für die Festsetzung von schallabsorbierenden Fassaden zum Schutz der Nachbarbebauung entschieden hat. Von Bedeutung für die Beurteilung, ob die Zulassung eines Vorhabens im Wege der Befreiung die Grundzüge der Planung berührt, können auch Auswirkungen des Vorhabens im Hinblick auf mögliche Vorbild- und Folgewirkungen für die Umgebung sein (vgl. BVerwG, B.v. 29.7.2008 - 4 B 11.08 - ZfBR 2008, 797 = juris Rn. 4). Wenn aber schon bei der Bauleitplanung von vornherein absehbar gewesen sein sollte, dass es in der Realität niemals zu einer maximal möglichen Bebauung entlang der Baugrenze kommen werde, hätten mit Blick auf die auf den „Worst-Case-Fall“ angelegten Lärmprognosen, die unter Einbeziehung von Reflexionswirkungen von eher überschaubaren Zunahmen der Beurteilungspegel für Verkehrslärm ausgehen, sämtliche bislang betroffene Bauherren, deren Vorhaben vorher - jeweils mit schallabsorbierender Fassade - genehmigt wurden, sich womöglich auf eine Befreiungslage in Bezug auf § 14 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 288 berufen können. Eine Befreiung kann aber gerade aufgrund des eingrenzenden Merkmals der berührten Planungsgrundsätze grundsätzlich nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf in Bezug auf Festsetzungen, die für die Planung tragend sind, nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle anführen ließen (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.1999 - 4 B 5.99 - NVwZ 1999, 1110 = juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 17.11.2016 - 15 ZB 15.468 - juris Rn. 9 m.w.N.; Roeser in Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: August 2018, § 31 Rn. 12).

Soweit das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen des klageabweisenden Urteils vom 27. Juli 2017 ausführt, Grundzüge der Planung kämen in der Regel in Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung (Gebietscharakter), zum Maß und zur Baudichte zum Ausdruck, trifft es zu, dass Festsetzungen zu den genannten Themen typischerweise die Grundkonzeption des Bebauungsplans berühren (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: August 2018, § 31 Rn. 36). Hieraus lässt sich aber nicht der Umkehrschluss ziehen, Festsetzung zu anderen Themen - wie etwa hier aus Gründen des Lärmschutzes - rechneten grundsätzlich nicht zu den Planungsgrundzügen. Soweit das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Begründung, warum Grundzüge der Planung nicht berührt seien, ferner darauf verweist, der Bebauungsplan Nr. 288 hätte abwägungsfehlerfrei auch unter planerischer Zurückhaltung ohne diese Festsetzung erlassen werden können, indem die Immissionsproblematik vorhabenbezogen in die jeweiligen Einzelgenehmigungsverfahren verlagert worden wäre, ist zu berücksichtigen, dass Verkehrslärmbelastungen sowie diesbezügliche Verstärkungen durch Reflexionen von baulichen Anlagen jedenfalls nicht ohne Weiteres Gegenstand des Gebots der Rücksichtnahme als Prüfmaßstab im bauplanungsrechtlichen Einzelgenehmigungsverfahren sind (vgl. BayVGH, B.v. 31.7.2006 - 25 CS 06.1705 u.a. - juris Rn. 4; OVG NRW, B.v. 2.5.2018 - 10 B 234/18 - juris Rn. 5; vgl. auch BayVGH, B.v. 6.6.2006 - 15 ZB 04.3123 - juris Rn. 7 f.; B.v. 8.3.2013 - 15 NE 12.2637 - juris Rn. 29 f.). Die Erwägung des Verwaltungsgerichts, dass der Bebauungsplan Nr. 288 auch ohne die Festsetzung abwägungsfehlerfrei hätte erlassen werden können, mag die städtebaulichen Vertretbarkeit der Abweichung begründen (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 17.12.1998 - 4 C 16.97 - BVerwGE 108, 190 = juris Rn. 36; OVG NRW, U.v. 16.6.2016 - 8 D 99/13.AK - DVBl. 2016, 1191 = juris Rn. 394; Spieß in Jäde/Dirnberger u.a., BauGB/BauNVO, 9. Aufl. 2018, § 31 Rn. 18; Roeser in Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: August 2018, § 31 Rn. 14). Die führt aber jedenfalls nicht automatisch zu dem Schluss, dass es sich deswegen zwingend um eine für das Interessengeflecht der Planung unbedeutende Festsetzung handelt.

Die von der Beigeladenenseite im Schriftsatz vom 24. Januar 2019 zitierte Rechtsprechung zur Thematik, dass Grundzüge der Planung nach den Umständen des Einzelfalls aufgrund der tatsächlichen Entwicklung des Plangebiets ggf. im Nachhinein nicht mehr b e r ü h r t werden können, dürfte andere Fallgestaltungen betreffen. Dort ging es jeweils um die Frage, ob der mit der ursprünglichen Planung verfolgte Interessenausgleich durch die tatsächliche Entwicklung seit Inkrafttreten des Bebauungsplans - d.h. aufgrund bereits erfolgter Abweichungen hiervon - bereits so nachhaltig g e s t ö r t bzw. ü b e r h o l t war, dass die Planungsgrundzüge nicht mehr in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden konnten (BVerwG, U.v. 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 39; VGH Mannheim, B.v. 20.9.2016 - 3 S 864/16 - ZfBR 2017, 67 = juris Rn. 27; U.v. 8.3.2018 - 8 S 1464/15 - Rn. 113). Im vorliegenden Fall sollen aber aus Sicht der Beigeladenen Grundzüge der Planung auch dann im Nachhinein nicht mehr berührt sein, wenn sich die Bauherren bislang bei Umsetzung von Vorhaben im Plangebiet an die Vorgabe des Bebauungsplan halten mussten, nunmehr aber bei einem der „letzten“ Bauinteressenten eines Vorhabens im Plangebiet der mit der Festsetzung im Gesamten verfolgte Zweck nur noch einen untergeordneten Beitrag zum Gesamtziel leisten kann. Ob eine solche Rechtsanwendung, wie sie der Beigeladene im Berufungszulassungsverfahren vertritt, grundsätzlich richtig und wie dies im Einzelfall umzusetzen wäre, muss - soweit streitentscheidend (vgl. unten 3.) - im Berufungsverfahren geprüft werden. Im Übrigen spricht dafür, dass Grundzüge der Planung (sollten diese sich nach dem Ergebnis des Berufungsverfahren als betroffen erweisen) auch noch im Zeitpunkt der Befreiungsentscheidung b e r ü h r t waren, dass der Bebauungsplan die Möglichkeit der umfassenden Umsetzung über mehr oder weniger durchgängige Fassaden auch auf den Baufeldern 28, 30-1 und 30-2 zukunftsbezogen weiterhin offenhält. Insofern hat das von den Klägern bzw. der Stadt Stadtbergen beauftragte Gutachterbüro im erstinstanzlichen Verfahren zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass - zu welchem Zeitpunkt auch immer - die maximal mögliche Bebauung entlang der Baugrenze (dann mit entsprechend höherer Verkehrslärmreflektion) tatsächlich einmal eintrete.

2. Die vorläufige Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 63 Abs. 1 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt als Anhang in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019) und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

3. Mit Blick auf eine im Berufungsverfahren zu prüfende Unwirksamkeit von Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 288 „Sheridan-Kaserne“ (vgl. das Hinweisschreiben des Gerichts vom 16. Januar 2019) werden die Beteiligten gebeten, im Berufungsverfahren schriftsätzlich auch zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen:

- Sind die Regelungen über die immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegel in der Planzeichnung sowie in § 14 Abs. 1 der textlichen Festsetzung zum Bebauungsplan Nr. 288 „Sheridan-Kaserne“ auch unter Berücksichtigung der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wirksam? Welche Folgen hätte eine eventuelle Unwirksamkeit hinsichtlich der Wirksamkeit des gesamten Bebauungsplans (bzw. hinsichtlich des Geltungsbereichs des Bebauungsplans, soweit immissionswirksame flächenbezogene Schallleistungspegel geregelt werden) sowie hinsichtlich des Erfolgs / Misserfolgs der Berufung?

- Verstößt die Regelung in § 14 Abs. 4 der textlichen Festsetzung zum Bebauungsplan Nr. 288 „Sheridan-Kaserne“ ggf. wegen Unbestimmtheit gegen das Gebot der Normenklarheit, weil nicht konkret vorgegeben ist, welcher genaue Schallabsorptionsgrad einzuhalten ist?

- Besteht mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren, d.h. ohne mündliche Verhandlung, Einverständnis (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO)?

Die Beklagte wird gebeten, die vollständigen und möglichst nummerierten (Original-) Normaufstellungsakten zum Bebauungsplan Nr. 288 „Sheridan-Kaserne“ samt dem (ausgefertigten) Original-Bebauungsplan mit allen Plänen, textlichen Festsetzungen mit der Stellungnahme im Berufungsverfahren vorzulegen.

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2019 - 15 ZB 17.1833

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Referenzen - Gesetze

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2019 - 15 ZB 17.1833 zitiert 8 §§.

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

I. In Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 16. März 2015 wird die Klage auch hinsichtlich der Beantwortung der Vorbescheidsfragen 3 und 5 im Vorbescheid vom 20. März 2014 abgewiesen. Die Anschlussberufung der Kläger wird zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner vier Fünftel und die Beklagte ein Fünftel. Die Kläger tragen gesamtschuldnerisch die Kosten der Berufung sowie der Anschlussberufung.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren von der Beklagten die Erteilung eines positiven Vorbescheids für ihren Antrag vom 2. Oktober 2013. Beantragt wurde ein Anbau an ein bestehendes zweigeschossiges Einfamilienhaus auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung F. im S.-weg … sowie die Errichtung eines Terrassengeschosses auf dem Bestandsgebäude. Mit ihrem Vorbescheidsantrag haben die Kläger insgesamt fünf Vorbescheidsfragen gestellt, die von der Beklagten mit negativem Vorbescheid vom 20. März 2014 allesamt negativ beantwortet wurden:

Frage 1: Ist die Nutzung als Wohngebäude (Einfamilienhaus) möglich?

Antwort: Nein.

Begründung: Unter Maßgabe der Beantwortung der Frage 4 und damit der hinsichtlich der Lage des Erweiterungsbaukörpers grundlegenden planungsrechtlichen Unzulässigkeit des Vorhabens werde die Frage 1 negativ beantwortet und im Übrigen auf die ausführliche Begründung im Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage 4 verwiesen.

Die Beklagte wies ausdrücklich darauf hin, dass für ein innerhalb des Bauraums situiertes, im Übrigen hinsichtlich des Nutzungsmaßes planungsrechtlich zulässiges Vorhaben die Art der Nutzung - Wohnung - zulässig und positiv zu beantworten wäre.

Frage 2: Ist das Maß der Nutzung (GRZ) - wie in den Plänen dargestellt - planungsrechtlich möglich?

Antwort: Nein. Eine Aussage zur GRZ könne nicht getroffen werden, da für den fraglichen Bereich nicht festgesetzt.

Begründung: Aussagen zur GRZ könnten nur in Bereichen getroffen werden, für die qualifizierte Bebauungspläne, welche entsprechende Zahlen festsetzen, vorhanden und nach § 30 Abs. 1 BauGB zu beurteilen seien. Für Bereiche, in denen sich, wie im vorliegenden Fall, die Zulässigkeit von Bauvorhaben nach § 34 BauGB richte, seien Angaben zur GRZ nicht möglich, da diese nach gängiger Betrachtungsweise keine Einfügungskriterien im Sinn des § 34 BauGB darstellten.

Frage 3: Ist die in den Plänen dargestellte Höhenentwicklung des Anbaus planungsrechtlich möglich?

Antwort: Nein.

Begründung: Unter Maßgabe der Beantwortung der Frage 4 und damit der hinsichtlich der Lage des Baukörpers grundlegenden planungsrechtlichen Unzulässigkeit des Vorhabens, werde die Frage 1 negativ beantwortet und im Übrigen auf die Beantwortung der Frage 4 verwiesen.

Frage 4: Der Bauraum im rückwärtigen Bereich - festgesetzt durch die Baugrenze - wurde von der Nachbarbebauung (s. Referenzobjekt Nachbargrundstück FlNr. … und FlNr. …) nicht eingehalten. Ist die Lage auf dem Grundstück - wie dargestellt - möglich?

Antwort: Nein, die abgefragte und in den Plänen Nr. ... dargestellte Lage des Erweiterungsbaukörpers auf dem Grundstück ist nicht möglich.

Begründung: Das beantragte Bauvorhaben in Form eines Erweiterungsbaukörpers solle im rückwärtigen Grundstücksbereich vollständig außerhalb des mit einfachem übergeleitetem Bebauungsplan festgesetzten Bauliniengefüges errichtet werden. Die Sachbehandlung im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens ergebe, dass die hierfür erforderliche Befreiung und Berücksichtigung der Einfügungskriterien nach § 34 BauGB i.V.m. der unmittelbaren bzw. maßgeblichen Umgebungsbebauung nicht in Aussicht gestellt werden könne. Als maßgeblicher Umgriff werde die Bebauung nördlich des Bebauungsplanumgriffs Nr. 568 angesehen. Hier sei eine kleinteilige Bebauung mit zweigeschossigen Wohngebäuden mit Satteldach vorherrschend. Die Gebäude hielten die festgesetzten Bauräume ein. Das Notwohngebäude F.-straße … könne nicht als Bezugsfall herangezogen werden. Im südlichen Bereich des Gevierts gelte der Bebauungsplan Nr. ..., der hier ein Mischgebiet festsetze und eine erkennbar andere städtebauliche Struktur mit sehr großen Baukörpern ermögliche. Hier seien bei den Gebäuden S.-weg … - … (FlNr. … und FlNr. …) rückwärtige Bauraumüberschreitungen vorhanden. Dieses Bebauungsplangebiet könne aber nicht als Bezugsfall zur Beurteilung des Bauvorhabens dienen, da es sowohl hinsichtlich der Art als auch hinsichtlich des Maßes der Nutzung eine deutlich andere städtebauliche Struktur aufweise und zudem einer anderen Rechtsgrundlage unterliege.

Zwar sei mit dem Anwesen F.-straße … ein Rückgebäude in der städtebaulich maßgeblichen Umgebung vorhanden, aber hierbei handle es sich um ein widerrechtlich errichtetes Notwohngebäude, das seinerzeit mit einer Nichteinschreitensverfügung belassen worden sei und keine Genehmigung besitze. Zudem würden im maßgeblichen Geviert Rückgebäude bzw. Erweiterungen von bestehenden Gebäuden über die rückwärtige Baugrenze, die außerhalb des festgesetzten Bauliniengefüges errichtet werden sollten, als städtebauliche Fehlentwicklung gesehen. Damit könne gerade um keine entsprechende städtebauliche Entwicklung einzuleiten bzw. um keine negative Vorbild-/Bezugsfallwirkung entstehen zu lassen, eine Befreiung weder in Aussicht gestellt noch erteilt werden. Das Bauvorhaben sei folglich im Widerspruch zu dem einfachen übergeleiteten Bauliniengefüge im rückwärtigen Grundstücksbereich außerhalb des festgesetzten Bauraums nicht zulässig.

Frage 5: Ist der in den Plänen dargestellte Dachaufbau planungsrechtlich möglich?

Antwort: Nein.

Begründung: Das abgefragte Terrassengeschoss erreiche mit 8,73 m eine Wandhöhe, die aus der maßgeblichen Umgebungsbebauung nicht herzuleiten sei. Zudem sei auch die dargestellte Höhenentwicklung (3 Geschosse) und Dachgestaltung in der maßgeblichen Umgebungsbebauung nicht vorzufinden. Folglich seien die Einfügenskriterien im Sinne des § 34 BauGB nicht erfüllt. Im Gegenteil werde mit der geplanten Wandhöhe von 8,73 m und dem dritten Geschoss als Terrassengeschoss ein „neuer Takt“ in das Geviert hineingetragen, was zu städtebaulichen Spannungen führe. Das in den Plänen dargestellte Terrassengeschoss sei daher nach § 34 BauGB planungsrechtlich unzulässig.

Mit Urteil vom 16. März 2015 verpflichtete das Verwaltungsgericht die Beklagte unter Aufhebung der negativen Beantwortung der Vorbescheidsfragen 1, 3 und 5 im Vorbescheid vom 20. März 2014, die Vorbescheidsfragen 1, 3 und 5 nach dem Vorbescheidsantrag vom 2. Oktober 2013 positiv zu beantworten. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Frage 1 wurde die Vorgehensweise der Beklagten für unzulässig gehalten. Wenn vom Antragsteller eine zulässige Einzelfrage gestellt werde, habe die Bauaufsichtsbehörde diese Frage zu beantworten und könne nicht unter Hinweis auf die Unzulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich eines anderen Einfügungsmerkmals - etwa der überbaubaren Grundstücksfläche - die Frage nach der Zulässigkeit der Art der Nutzung verneinen. Auch hinsichtlich Frage 3 hätte die Beklagte einen positiven Vorbescheid erteilen müssen, da sich das Vorhaben mit der geplanten Höhenentwicklung des Anbaus in das in der Umgebung vorhandene Maß der baulichen Nutzung einfüge. Wie schon bei Frage 1 hätte die Beklagte auch bei der Frage 3 nicht auf die negative Beantwortung der Frage 4 im Hinblick auf die überbaubare Grundstücksfläche verweisen dürfen. Hinsichtlich der Frage 5 hätte die Beklagte eine positive Antwort geben müssen, da sich der auf dem Bestandsgebäude vorgesehene Dachaufbau bzw. das in den Plänen dargestellte Terrassengeschoss mit einer Höhe von 8,73 m als bauplanungsrechtlich zulässig darstelle. Bei Frage 2 sei zu Recht eine negative Antwort gegeben worden. Eine Vorbescheidsfrage, mit der das Maß der baulichen Nutzung allein anhand der Grundflächenzahl abgefragt werden soll, stelle sich als unzulässige Fragestellung dar, da in erster Linie auf die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tretenden Maße abzustellen sei. Auch die Frage 4 sei zu Recht verneint worden.

Der Verwaltungsgerichtshof ließ mit Beschluss vom 9. August 2016 die Berufung der Beklagten zu.

Nach Auffassung der Beklagten kann die Frage nach der zulässigen Höhenentwicklung des Anbaus ohne die Frage zu dessen Situierung nicht selbständig beantwortet werden. Daher hätte die Vorbescheidsfrage 3 richtigerweise mit Verweis auf die negative Beantwortung der Vorbescheidsfrage 4 zur überbaubaren Grundstücksfläche negativ beantwortet werden dürfen. Die Frage nach der Situierung des Gebäudes außerhalb des Bauraums und der Gebäudehöhe außerhalb des Bauraums seien untrennbar miteinander verbunden, da außerhalb des Bauraums überhaupt kein Baukörper zulässig sei. Hinsichtlich Vorbescheidsfrage 5 vertritt die Beklagte die Auffassung, dass das Bauvorhaben eine Wandhöhe von bis 8,73 m aufweise, teilweise dreigeschossig sei, und sich daher nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Im vorliegenden Fall sei das als Beurteilungsbereich herangezogene Gebiet auf die Wohnbebauung im nördlichen Bereich des Gevierts K.-straße, F.-straße, H.-weg und S.-weg sowie die dem Bauvorhaben gegenüberliegende Bebauung geprägt. Dort befänden sich zweigeschossige Gebäude mit teilweise ausgebautem Dachgeschoss, Satteldächern und Wandhöhen um 6 m bis 6,50 m. Die Gebäude im Bereich des Bebauungsplans Nr. ... (FlNrn. …) seien nicht mehr zum Umgriff der prägenden näheren Umgebung zu zählen. In der Rechtsprechung sei zwar anerkannt, dass die Traufhöhe nicht immer prägend sein müsse. Wenn sich dies aus den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten ergebe, könne auch die absolute Höhe der in der näheren Umgebung vorhandenen Gebäude das Baugrundstück entscheidend prägen. Allerdings fehlten vorliegend entsprechende örtliche Gegebenheiten, so dass die Wandhöhe prägend sei. Denn die nähere Umgebung sei von einer zweigeschossigen Bebauung mit teilweise ausgebautem Dachgeschoss und von Satteldächern geprägt. Daher hätte das Verwaltungsgericht Wand- und Firsthöhen nicht miteinander vergleichen dürfen. Die Zulassung des Vorhabens sei auch geeignet, städtebauliche Spannungen auszulösen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 16. März 2015 dahin abzuändern, dass die Klage auch hinsichtlich der negativen Beantwortung der Vorbescheidsfragen 3 und 5 im Vorbescheid vom 20. März 2014 abgewiesen wird, und die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.

Weiter erheben sie Anschlussberufung insoweit, als die Klage abgewiesen wurde und beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 16. März 2015 insoweit aufzuheben, als die Vorbescheidsfragen 2 und 4 negativ beantwortet wurden, und die Beklagte zu verpflichten, den beantragten Vorbescheid (auch) dahin zu erteilen, dass festgestellt wird, dass die Lage des beantragten Erweiterungsbaus auf dem Grundstück wie dargestellt planungsrechtlich zulässig ist, ebenso das Maß der Nutzung.

Die Kläger hätten einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Befreiung bezüglich der Überschreitung der rückwärtigen Baugrenze, weil die Grundzüge der Planung nicht berührt würden. Im Quartier würden eine Vielzahl von Gebäuden die (rückwärtigen) Baugrenzen überschreiten. Nicht nur innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Nr. 568 im südlichen Teil des Gevierts seien zahlreiche Befreiungen von dessen Festsetzungen betreffend die Bauräume durch die Beklagte erteilt worden, sondern auch im übrigen Teil des Gevierts außerhalb dieses Bebauungsplans (FlNr. …). Im nördlichen Teil des Gevierts, für welches kein Bebauungsplan existiere, überschreite das Rückgebäude auf dem Grundstück F.-straße … (FlNr. …) ebenfalls die Baugrenzen. Dort sei ein freistehendes Gebäude inmitten des Gevierts errichtet. Darüber hinaus sei das Geviert auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung durch eine uneinheitliche Bebauung geprägt. Hinsichtlich der Berufung der Beklagten weist die Klägerin darauf hin, dass ein Betrachter ein Terrassengeschoss mit einer maximalen Höhe von 8,73 m städtebaulich weniger dominant empfinden werde als ein Satteldach mit einer Höhe von 10,50 m.

Hinsichtlich der übrigen Einzelheiten wird auf die Niederschriften über den Augenschein und die mündliche Verhandlung, die Gerichtsakten sowie die dem Gericht vorliegenden Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die Klage ist auch hinsichtlich der negativen Beantwortung der Vorbescheidsfragen 3 und 5 im Vorbescheid vom 20. März 2014 unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf eine positive Beantwortung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die zulässige Anschlussberufung der Kläger ist unbegründet, weil ihre Klage hinsichtlich der negativen Beantwortung der Vorbescheidsfragen 2 und 4 zu Recht abgewiesen wurde.

1. Die Beklagte hat die Frage 4 „Ist die Lage auf dem Grundstück wie dargestellt möglich?“ zu Recht verneint. Eine Bebauung widerspricht bauplanerischen Festsetzungen. Eine Befreiung kann nicht erteilt werden.

a) Auf dem Vorhabensgrundstück verläuft im hinteren Bereich eine rückwärtige Baugrenze. Der beantragte Anbau soll vollständig hinter dieser Baugrenze errichtet werden. Die überbaubare Grundstücksfläche bestimmt sich gemäß § 30 Abs. 3 BauGB nach dem gemäß § 173 BBauG 1960 und § 233 Abs. 3 BauGB als einfacher Bebauungsplan übergeleiteten Bauliniengefüge. Regelungen eines auf der Grundlage der Münchner Bauordnung vom 29. Juli 1895 (BayBS II S. 430) erlassenen Baulinienplans gelten als Festsetzungen eines einfachen Bebauungsplans weiter, soweit es sich um verbindliche Regelungen der in § 9 BBauG 1960 bezeichneten Art handelt (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2007 - 2 ZB 05.476 - juris; U.v. 26.10.2004 - 2 B 03.321 - juris; U.v. 11.9.2003 - 2 B 00.1400 - juris).

Die Regelungen des Baulinienplans sind nicht funktionslos geworden. Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen Funktionslosigkeit nur dann außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sich die Festsetzung bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt. Entscheidend ist dabei, ob die jeweilige Festsetzung überhaupt noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten (vgl. BVerwG, B.v. 9.10.2003 - 4 B 85.03 - BauR 2014, 1128; BayVGH, B.v. 9.9.2013 - 2 ZB 12.1544 - juris). Dies ist hier der Fall.

Die städtebauliche Funktion des Bauliniengefüges ist es, die rückwärtigen Grundstücksbereiche im Interesse einer Durchgrünung des Geviertsinneren von Bebauung freizuhalten (vgl. BayVGH, B.v. 22.2.2011 - 2 ZB 10.166 - juris). Dieses Ziel wurde bis auf die Ausnahme des Anwesens F.-straße … (FlNr. …) und geringfügige Überschreitungen erreicht. Wie der Senat beim Augenschein festgestellt hat, haben die Anwesen, die das Grundstück der Kläger umgeben, größere Gärten mit Gartenhäuschen und ähnlichem. Allein das rückwärtige Gebäude auf dem Anwesen F.-straße … (FlNr. …) steht im hinteren Bereich; es handelt sich hierbei um ein Wohngebäude mit Erdgeschoss und ausgebautem Dachgeschoss (Niederschrift über den Augenschein vom 5.12.2016, S. 2). Die rückwärtige Bebauung auf dem Grundstück F.-straße … (FlNr. …) ist als Ausreißer nicht geeignet, die Funktionslosigkeit des Bauliniengefüges zu begründen. Unabhängig davon, ob dieses Anwesen ein Fremdkörper ist, stellt es sich als einziger gewichtiger Ausreißer der im Übrigen im nördlichen Bereich des Gevierts weitestgehend intakten rückwärtigen Baugrenze dar. Die übrigen, in der unmittelbaren Umgebung des Vorhabens im nördlichen Geviert vorhandenen Überschreitungen der rückwärtigen Baugrenze (S.-weg, FlNr. …; K.-straße, FlNr. …) sind flächenmäßig absolut untergeordnet oder betreffen relativ geringfügige Überschreitungen durch untergeordnete Nebenanlagen (F.-straße …, FlNr. …). Der Senat teilt die Einschätzung des Erstgerichts, dass diese Überschreitungen nicht geeignet sind, die Wirksamkeit des übergeleiteten Bauliniengefüges in Frage zu stellen. Es kann keine Rede davon sein, dass die Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen ist. Vielmehr leistet die Festsetzung auch heute noch zur städtebaulichen Ordnung einen sinnvollen Beitrag.

Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte im südlichen Teil des Quartiers mit dem Bebauungsplan Nr. 568 vom 2. April 1970 gemäß § 1 Abs. 3 der Bebauungsplansatzung den Umgriff des gemäß § 173 Abs. 3 BBauG 1960 übergeleiteten Bebauungsplans aufgehoben und eine eigenständige Festsetzung zu den überbaubaren Grundstücksflächen getroffen hat. Denn damit wurde nur im südlichen Teil des Quartiers eine neue städtebauliche Ordnung begründet, die jedoch die städtebaulichen Zielsetzungen im nördlichen Teil des Quartiers und das dort geltende Bauliniengefüge unberührt lässt.

b) Die Kläger haben keinen Anspruch darauf, dass ihnen eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von den Festsetzungen des Bebauungsplans erteilt wird. Gemäß § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3), und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Mit den Grundzügen der Planung umschreibt das Gesetz in § 31 Abs. 2 BauGB die planerische Grundkonzeption, die den Festsetzungen eines Bebauungsplans zu Grunde liegt und in ihnen zum Ausdruck kommt (vgl. BVerwG, B.v. 19.5.2004 - 4 B 35.04 - BRS 67, 83). Hierzu gehören die Planungsüberlegungen, die für die Verwirklichung der Hauptziele der Planung sowie den mit den Festsetzungen insoweit verfolgten Interessenausgleich und damit für das Abwägungsergebnis maßgeblich sind (vgl. BayVGH, U.v. 30.3.2009 - 1 B 05.616 - BauR 2009, 1414). Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Veränderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Weg der (Um-)Planung möglich ist. Ob eine Befreiung die Grundzüge der Planung berührt oder von minderem Gewicht ist, beurteilt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, nämlich dem im Bebauungsplan zum Ausdruck gebrachten planerischen Wollen.

Gemessen an diesen Vorgaben würde eine Befreiung hier Grundzüge der Planung berühren. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Befreiung nicht mehr im Bereich dessen läge, was der Planer gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes für die Abweichung erkannt hätte (vgl. BVerwG, U.v. 4.8.2009 - 4 CN 4.08 - juris). Insbesondere können sich die Kläger in diesem Zusammenhang nicht auf die rückwärtige Bebauung des Grundstücks F.-straße … (FlNr. …) berufen. Denn dieses stellt sich aufgrund seiner Eingeschossigkeit und seiner Situierung inmitten des Gevierts als Ausreißer dar, der nicht die Kraft hat, die durchweg zweigeschossige und unter weitestgehender Einhaltung des Bauliniengefüges bebaute nähere Umgebung zu prägen. Die Zulassung einer weiteren Hauptnutzung in Form des streitgegenständlichen Bauvorhabens hinter der rückwärtigen Baugrenze könnte nicht mehr als Ausreißer angesehen werden und würde somit im Gegensatz zum Anwesen F.-straße … (FlNr. …) eine Bezugsfallwirkung entfalten. Dies würde die Grundzüge der Planung berühren, da die Beklagte weiteren Bauwünschen jenseits der rückwärtigen Baugrenze nicht mehr entgegentreten könnte.

Die Anwesen S.-weg … (FlNr. …) und … (FlNr. …) spielen für die Frage der Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB keine Rolle, da sie in einem anderen Plangebiet liegen. Gleiches gilt für die Bebauung auf dem Grundstück F.-straße … (FlNr. …). Dabei ist es in diesem Zusammenhang unerheblich, ob der Bebauungsplan Nr. 568 eventuell funktionslos ist. Selbst wenn er funktionslos wäre, hätte dies keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Bauliniengefüges im nördlichen Teil des Quartiers und die Frage der Erteilung einer Befreiung. Denn wie oben dargelegt wurde, ist der übergeleitete Baulinienplan im nördlichen Teil des Quartiers wirksam.

Zudem geht der Senat davon aus, dass zwischen der Bebauung im Gebiet des Bebauungsplans Nr. 568 und der Bebauung im nördlichen Teil des Quartiers auch ein struktureller Unterschied besteht, der trennende Wirkung hat. Denn die Bebauungsdichte im Gebiet des Bebauungsplans Nr. 568 ist viel höher, als im nördlichen Teil des Quartiers, das durch Reihenhäuser, Doppelhäuser und Einfamilienhäuser geprägt ist. Dieser strukturelle Unterschied wird dadurch unterstrichen, dass der große westliche Teil des Grundstücks FlNr. … unbebaut ist und die beiden Gebiete voneinander trennt. Auch von daher kann die Bebauung auf dem Gebiet des Bebauungsplans Nr. 568 keine Auswirkungen auf die Frage der Befreiung haben.

2. Die Frage 2 „Ist das Maß der Nutzung (GRZ, siehe beiliegende Berechnungen) wie in den Plänen dargestellt, planungsrechtlich möglich?“ wurde von der Beklagten ebenfalls zu Recht negativ beantwortet. Dabei ist fraglich, ob die Beklagte und das Erstgericht die Frage richtig dahingehend verstanden haben, dass das Maß der baulichen Nutzung allein anhand der Grundflächenzahl abgefragt werden soll. Nach Art. 71 Satz 1 BayBO ist auf Antrag vor Einreichung des Bauantrags zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid zu erteilen. Bei Fragen zur bauplanungsrechtlichen Bebaubarkeit nach § 34 BauGB kann entweder die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach den §§ 30 ff. BauGB in Form einer „Bebauungsgenehmigung“ abgefragt werden, oder aber es können, sofern sie selbständig prüfungsfähig sind, einzelne Zulässigkeitskriterien des § 34 BauGB, etwa das Maß der baulichen Nutzfläche (vgl. Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 71 Rn. 4). Der Senat legt zugunsten der Kläger die Frage 2 so aus, dass das Maß der baulichen Nutzung abgefragt werden soll und der Klammerzusatz „GRZ, siehe beiliegende Berechnungen“ die Frage nach dem Maß der baulichen Nutzung - ohne eine genaue GRZ-Berechnung - lediglich verdeutlicht.

Die so verstandene Frage wurde von der Beklagten im Ergebnis zu Recht verneint. Denn jede Einzelfrage muss einer separaten Entscheidung zugänglich sein (vgl. Decker in Simon/Busse, Bayer. Bauordnung, Stand: Februar 2015, Art. 71 BayBO Rn. 73). Eine Frage ist nur dann als Einzelfrage zulässig, wenn die Frage unabhängig von den sonst gestellten Fragen beantwortet werden kann. Dies ist hier nicht der Fall. Denn das Vorhaben ist als einheitliches Vorhaben anzusehen, das nicht aufgespaltet werden darf (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.1998 - 1 B 93.274 - juris Rn. 41). Die Fragen nach der Situierung des Gebäudes außerhalb des Bauraums (Frage 4) und des Maßes der baulichen Nutzung (Frage 2) außerhalb des Bauraums sind untrennbar miteinander verbunden, da außerhalb des Bauraums überhaupt kein Baukörper zulässig ist. Ein Bauantrag und damit auch die Baugenehmigung sind nur dann teilbar, wenn sie getrennt voneinander genehmigbare Bauteile betreffen (vgl. BayVGH, B.v. 10.2.2014 -2 CS 13.2472 - juris; BayVGH, U.v. 18.4.2013 - 2 B 13.423 - juris). Entsprechendes muss bei einem Vorbescheid gelten, wenn den Fragen ein einheitliches Bauvorhaben zugrunde liegt und mit der negativen Beantwortung einer Frage alle anderen Fragen negativ beantwortet werden müssen. So liegt es hier. Vorliegend ist bei einem Anbau an ein bereits bestehendes Gebäude der Ort des Bauwerks festgelegt. Der Genehmigungsbehörde wurde ein einheitliches Bauvorhaben zur Beurteilung vorgelegt. Dies ergibt sich aus den Akten, in denen als Art des Vorhabens ein Anbau an ein Einfamilienhaus genannt wird. Zur Auslegung der Vorbescheidsfragen dienen die textliche Formulierung der Frage und die Planunterlagen. In den Ansichten und Grundrissen zum Vorbescheidsantrag ist ein einheitlicher Baukörper dargestellt. Ausweislich der vorgelegten Pläne soll der Anbau aus Untergeschoss, Erdgeschoss und Obergeschoss bestehen. Über dem Obergeschoss von Anbau und Bestand soll eine Dachterrasse situiert werden, wobei im Bereich der Dachterrasse über dem Bestand zusätzlich ein Dachgeschoss errichtet werden soll. Durch die Dachterrasse sind im vorliegenden Fall die einzelnen Komponenten - insbesondere das geplante Dachgeschoss mit dem geplanten Anbau - so miteinander verwoben, dass für den Fall der Unzulässigkeit des Anbaus wegen negativer Beantwortung der Frage 4 eine positive Beantwortung etwa hinsichtlich des Teils der Planung, der sich mit der Errichtung des Dachgeschosses befasst, nicht möglich ist. Das Bauvorhaben kann nicht in verschiedene Komponenten aufgespaltet werden. Mithin ist die Frage 2 bereits deshalb negativ zu beantworten, weil die Frage 4 zutreffenderweise negativ beantwortet wurde.

3. Die Beklagte hat die Frage 3 „Ist die in den Plänen dargestellte Höhenentwicklung des Anbaus planungsrechtlich möglich?“ zutreffenderweise verneint.

Ausgehend von dem soeben Dargelegten war auch die Frage 3 zu verneinen. Denn die Frage nach der zulässigen Höhenentwicklung des Anbaus kann ohne die Frage zu dessen Situierung nicht selbständig beantwortet werden. Die Beklagte hat daher zu Recht die Vorbescheidsfrage 3 mit Verweis auf die negative Beantwortung der Vorbescheidsfrage 4 zur überbaubaren Grundstücksfläche negativ beantwortet. Auch hier sind die Fragen nach der Situierung des Gebäudes außerhalb des Bauraums und nach der Gebäudehöhe außerhalb des Bauraums untrennbar miteinander verbunden, weil außerhalb des Bauraums überhaupt kein Baukörper zulässig ist.

4. Die Frage 5 „Ist der in den Plänen dargestellte Dachaufbau planungsrechtlich möglich?“ wurde zu Recht negativ beantwortet. Der auf dem Bestandsgebäude vorgesehene Dachaufbau bzw. das in den Plänen dargestellte Terrassengeschoss mit einer Höhe von 8,73 m stellt sich als planungsrechtlich unzulässig dar. Vorrangig ist bei der Prüfung des Einfügens im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB auf diejenigen Maßkriterien abzustellen, in denen die prägende Wirkung besonders zum Ausdruck kommt. Das ist in Fällen wie diesem vor allem die (absolute) Grundfläche, die Anzahl der Vollgeschosse und die Höhe des Gebäudes (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.1994 - 4 C 17.92 - juris; BayVGH, U.v. 18.12.2009 - 2 B 08.2154 - juris).

Wie oben dargelegt wurde, kann der Anbau nicht außerhalb des Bauraums situiert werden. Denkt man den Anbau hinweg, schließt das Terrassengeschoss auf einer Breite von 5,34 m bündig mit der Ostfassade des Bestandsgebäudes ab. Damit handelt es sich um ein teilweise dreigeschossiges Gebäude mit einer Wandhöhe von bis zu 8,73 m und einem Flachdach. Dieses Bauvorhaben überschreitet den vorgegebenen Rahmen im Sinn des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.

a) Der maßgebliche Bereich der näheren Umgebung beschränkt sich hier auf die Wohnbebauung im nördlichen Bereich des Gevierts K.-straße, F.-straße, H.-weg und S.-weg sowie die dem Bauvorhaben gegenüberliegende Bebauung. Die Gebäude im Bereich des Bebauungsplans Nr. ... sind nicht mehr zum Umgriff der prägenden näheren Umgebung zu zählen. Es handelt sich wegen ihrer im Vergleich zu den nördlichen Gebäuden deutlich größeren Ausmaße, ihrer Massivität und ihrer andersartigen Nutzung um eine Bebauung mit deutlich unterschiedlichem Gepräge. Entlang der F.-straße folgt ein großflächiges Autohaus (Audi und VW) mit Hallen und Bürogebäuden (Niederschrift über den Augenschein vom 5.12.2016, S. 3). Beim Anwesen S.-weg … (FlNr. …) und … (FlNr. …) handelt es sich um ein zweigeschossiges Mehrfamilienhaus mit ausgebautem Dachgeschoss (Niederschrift über den Augenschein vom 5.12.2016, S. 3). Die mit diesem Bebauungsplan beabsichtigten städtebaulichen Zielsetzungen sind noch erkennbar. Sie können sich nicht auf das Bauvorhaben auswirken.

b) Das Bauvorhaben überschreitet sowohl hinsichtlich der Geschossigkeit als auch bezüglich der Wandhöhe den vorgegebenen Rahmen.

aa) Im maßgeblichen Bereich finden sich zweigeschossige Wohngebäude mit einem flachen Walmdach (S.-weg …, FlNr. …). Beim Anwesen S.-weg ... (FlNr. …) handelt es sich um ein entsprechendes Gebäude. Die Anwesen S.-weg (FlNr. …) und ... (FlNr. …) sind zwei Doppelhaushälften mit jeweils zwei Geschossen und ausgebautem Dachgeschoss. Bei den Anwesen S.-weg, … und … (alle auf FlNr. …) handelt es sich um Reihenhäuser mit zwei Geschossen und ausgebautem Dachgeschoss. Das Anwesen S.-weg ... (FlNr. …) ist ein größeres Wohnhaus mit zwei Geschossen und ausgebautem Dachgeschoss. Bei den Anwesen K.-straße ... bis … (FlNrn. …, …, …, …, …, …) handelt es sich um zweigeschossige Reihenhäuser. Die Anwesen F.-straße … (FlNr. …) bis … (FlNr. …) stellen zweigeschossige Reihenhäuser dar, wobei bei F.-straße … (FlNr. …) das ausgebaute Dachgeschoss aufgesetzt ist. Bei den Anwesen F.-straße … (FlNr. …) und … (FlNr. …) handelt es sich um zwei Doppelhaushälften mit zwei Geschossen sowie ausgebautem Dachgeschoss. Das Anwesen F.-straße … (FlNr. …) ist ein zweigeschossiges Wohnhaus. Das Anwesen F.-straße … (FlNr. …) stellt ein zweigeschossiges Wohnhaus mit ausgebautem Dachgeschoss dar. Beim Vordergebäude des Anwesens F.-straße … (FlNr. …) handelt es sich um ein kleines eingeschossiges Wohngebäude mit ausgebautem Dachgeschoss und kleinerem Anbau. Auf der gegenüberliegenden Seite des S.-wegs findet sich zweigeschossige Wohnbebauung, teilweise mit ausgebautem Dachgeschoss (Niederschrift über den Augenschein vom 5.12.2016, S. 2 und 3). In der Umgebung sind somit keine dreigeschossigen Baukörper vorhanden. Bereits von daher überschreitet das Bauvorhaben den vorgegebenen Rahmen.

bb) In der näheren Umgebung sind auch keine Wandhöhen von 8,73 m vorhanden. Das Verwaltungsgericht hat zwar zur Begründung seiner Entscheidung auf die Firsthöhen der näheren Umgebung abgestellt. Die Gebäude in der näheren Umgebung weisen danach folgende Höhen auf:

S.-weg ... (FlNr. …) Firsthöhe 8,70 m,

S.-weg ... (FlNr. …) Firsthöhe 10,50 m,

S.-weg … (FlNr. …) Firsthöhe 10,50 m,

F.-straße … (FlNr. …) Firsthöhe 8,60 m,

F.-straße … (FlNr. …) Firsthöhe 9,55 m,

F.-straße … (FlNr. …) Firsthöhe 9,80 m,

F.-straße … (FlNr. …) Firsthöhe 8,60 m,

F.-straße … (FlNr. …) Firsthöhe 8,60 m,

S.-weg … (FlNr. …) Firsthöhe 8,30 m,

K.-straße ... (FlNr. …) Firsthöhe ca. 8,25 m.

Im vorliegenden Fall können Wand- und Firsthöhen aber nicht miteinander verglichen werden. Denn die nähere Umgebung ist von Satteldächern geprägt. Die Wandhöhe liegt bei Satteldächern naturgemäß wesentlich niedriger als bei entsprechenden Flachdächern. Nach der nicht bestrittenen Darlegung der Beklagten beträgt die Wandhöhe in der Umgebungsbebauung 6,00 m bis 6,50 m. Bei Satteldächern ist für die Frage nach dem Einfügen nicht nur auf die Firsthöhe, sondern auch auf die Wandhöhe abzustellen. Es liegt auf der Hand, dass ein Gebäude mit Flachdach bei einer Wandhöhe von 8,73 m wesentlich massiver wirkt, als ein Gebäude mit Satteldach und einer entsprechenden Firsthöhe. Da sich in der näheren Umgebung keine Wandhöhen von 8,73 m finden, überschreitet das Bauvorhaben auch insofern den vorgegebenen Rahmen.

c) Ein Vorhaben kann gleichwohl zulässig sein, wenn es weder selbst noch infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - juris; BayVGH, U.v. 18.12.2009 - 2 B 08.2154 - juris). Die Zulassung des Vorhabens wäre hier geeignet, städtebauliche Spanungen auszulösen. Die Wandhöhe von 8,73 m und die Dreigeschossigkeit würden sich im Osten auf einer Breite von 5,34 m und damit über mehr als die Hälfte der Ostfassade von 9,74 m erstrecken. Das Dachgeschoss wirkt aufgrund seiner Dimensionierung nicht mehr wie ein bloßer Dachaufbau, sondern wie eine neue prägende Wandhöhe. Der Senat ist der Auffassung, dass die Wandhöhe und die Dreigeschossigkeit des Vorhabens bei Bauvorhaben in der für eine Nachverdichtung offenen näheren Umgebung zum Vorbild genommen werden könnten. Insofern besteht die Gefahr, dass das Vorhaben eine ungesteuerte Bezugsfallwirkung auslöst.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2, § 155 Abs. 1 Satz 1, § 159 Satz 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 195.000 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung unter Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans.

Mit Formblatt vom 14. März 2013 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau einer Hotelresidenz für Senioren (Haus 6) sowie eines Gebäudes für betreutes Wohnen (Haus 7) auf den südlich der B.-Straße gelegenen Grundstücken FlNr. ... bzw. ... Gemarkung K. Nach den Bauvorlagen sollen beide Gebäude mit vier Vollgeschossen und einem fünften Geschoss als Penthouse mit Flachdach errichtet werden (sog. mittlere Variante). Die unmittelbar aneinander grenzenden Grundstücke liegen im Geltungsbereich des (rückwirkend) zum 8. Juli 2011 in Kraft gesetzten Bebauungsplans Nr. 280 II „C., nördlich der H.-straße - Teilbereich Ost“ der Beklagten, der auf den betreffenden Flächen ein Mischgebiet festsetzt. Weiterhin sind mittels Baugrenzen unter anderem drei Bauräume in Nord-Süd-Richtung ausgewiesen, darunter auch jeweils ein Bauraum auf den Grundstücken der Klägerin. Als Maß der baulichen Nutzung ist die Grundflächenzahl auf 0,5, die Geschossflächenzahl auf 1,2 und die Zahl der Vollgeschosse auf mindestens drei und höchstens vier beschränkt. Als Dachform ist ein Flachdach festgesetzt. Mit Schreiben vom 21. März 2013 beantragte die Klägerin für das Vorhaben die Erteilung von Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans unter anderem bezüglich der maximal zulässigen Zahl der Vollgeschosse. Mit Bescheid vom 23. Oktober 2013 lehnte die Beklagte den Bauantrag ab.

Die auf Verpflichtung zur Erteilung der Baugenehmigung und hilfsweise auf Neuverbescheidung gerichtete Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 11. Dezember 2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung, weil das Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspreche. Die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von der festgesetzten Zahl der Vollgeschosse lägen nicht vor, weil hierdurch die Grundzüge der Planung berührt würden.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung. Sie macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts und einen Verfahrensmangel wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend.

II. Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

1. Der von der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin weder einen Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung noch auf erneute Verbescheidung ihres Bauantrags hat, weil das Bauvorhaben in Widerspruch zu bauplanungsrechtlichen Vorschriften steht (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO, § 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).

Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens der Klägerin nach § 30 Abs. 1 BauGB i. V. m. den Festsetzungen des Bebauungsplan Nr. 280 II der Beklagten richtet und dass das Vorhaben im Widerspruch zu den Festsetzung über die maximale Zahl der Vollgeschosse (§ 16 Abs. 2 Nr. 3, § 20 Abs. 1 BauNVO) steht, stellt die Klägerin nicht infrage (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Entgegen ihrer Auffassung begegnet auch die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB) von der Festsetzung der maximalen Zahl der Vollgeschosse auf den Grundstücken FlNr. ... und ... nicht vorliegen, weil eine Abweichung von dieser Festsetzung die Grundzüge der Planung berühren würde, keinen ernstlichen Zweifeln.

Mit dem Begriff der Grundzüge der Planung bezeichnet das Gesetz die durch die Hauptziele der Planung bestimmte Grundkonzeption eines Bauleitplans. Beim Bebauungsplan manifestieren sich die Grundzüge in den seine Hauptziele umsetzenden Festsetzungen (vgl. König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015 Rn. 431). Was zum planerischen Grundkonzept zählt, beurteilt sich jeweils nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Planungswillen der Gemeinde. Unter welchen Voraussetzungen die Grundzüge der Planung berührt werden, lässt sich nicht allgemeingültig formulieren; maßgeblich ist die jeweilige Planungssituation. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in den mit der Planung gefundenen Interessenausgleich eingreift, desto eher liegt es nahe, dass das Planungskonzept in einem Maße berührt wird, das eine (Um-)Planung erforderlich macht (vgl. BVerwG, B. v. 5.3.1999 - 4 B 5.99 - NVwZ 1999, 1110; B. v. 19.5.2004 - 4 B 35.04 - BRS 67 Nr. 83; U. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 37). Eine Befreiung ist ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in seine Umgebung Spannungen hineinträgt oder erhöht, die nur durch eine Planung zu bewältigen sind. Was den Bebauungsplan in seinen „Grundzügen“, was seine „Planungskonzeption“ verändert, lässt sich nur durch (Um-)Planung ermöglichen und darf nicht durch einen einzelfallbezogenen Verwaltungsakt der Baugenehmigungsbehörde zugelassen werden. Denn die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach § 2 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.2012 - 4 C 14/10 - BVerwGE 142, 1 = juris Rn. 22 m. w. N.). Von Bedeutung für die Beurteilung, ob die Zulassung eines Vorhabens im Wege der Befreiung die Grundzüge der Planung berührt, können auch Auswirkungen des Vorhabens im Hinblick auf mögliche Vorbild- und Folgewirkungen für die Umgebung sein (vgl. BVerwG vom 29.7.2008 - 4 B 11/08 - ZfBR 2008, 797 = juris Rn. 4). Eine Befreiung von einer Festsetzung, die für die Planung tragend ist, darf nicht aus Grün-den erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. BayVGH, U. v. 8.12.2015 - 15 B 14.1840 - juris; B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2039 - juris Rn. m. w. N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist nicht zweifelhaft, dass die Erteilung einer Befreiung von der festgesetzten Zahl der Vollgeschosse hier ausscheidet, weil es sich dabei um einen Grundzug der Planung handelt (vgl. unten a) und dieser durch die Befreiung berührt würde (vgl. unten b).

a) Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass es sich bei der Festsetzung der maximalen Zahl der Vollgeschosse von vier um einen Grundzug der Planung im Sinn von § 31 Abs. 2 BauGB handelt. Zwar ist der Klägerin insoweit zuzugeben, dass allein dem Umstand, dass die Beklagte im Bebauungsplan mit der Festsetzung der Grundflächenzahl und der Zahl der Vollgeschosse Mindestfestsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung nach § 16 Abs. 3 BauNVO getroffen hat, noch nicht zwingend zu entnehmen ist, dass es sich bei diesen Festsetzungen um Grundzüge der Planung handelt. Maßgeblich ist vielmehr auch hier das jeweilige Planungskonzept einer Gemeinde. Dass die Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse einen Grundzug der Planung darstellt, lässt sich vorliegend aber ohne Weiteres der Planbegründung entnehmen. Danach sollte mit der Festsetzung der drei- bis viergeschossigen Bebauung im nördlichen Planbereich ein Einfügen der Bebauung in die benachbarte Baustruktur zur Gewährleistung eines einheitlichen Ortsbildes an der B.-Straße sichergestellt werden (vgl. Planbegründung S. 20). Tragendes Ziel der Planung war mithin die Schaffung eines mit der Nachbarbebauung einheitlichen Ortsbildes an der B.-Straße. Da die Begrenzung der Zahl der Vollgeschosse im streitgegenständlichen Bebauungsplan auch und gerade zur Umsetzung dieses Ziels getroffen wurde, handelt es sich hierbei um einen Grundzug der Planung.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse auch geeignet, das Ziel der einheitlichen Ortsbildgestaltung zu erreichen. Dem steht nicht entgegen, dass für die östlich angrenzende Bebauung durch den Bebauungsplans Nr. 277 „S...“ an der B.-Straße keine vier-, sondern (zwingend) eine fünf- bzw. sechsgeschossige Bebauung festgesetzt ist. Da die Planbegründung nicht näher umschreibt, was zur „benachbarten Baustruktur“ zählt und die östlich angrenzende Bebauung nicht aufführt, kann darunter in Bezug auf die festgesetzte Zahl der Vollgeschosse nur das westlich angrenzende Baugebiet des bereits am 13. August 2010 inkraft gesetzten Bebauungsplans Nr. 280 I „C., nördlich der H.-straße - Teilbereich West“ gemeint sein, in dem die Zahl der Vollgeschosse (zwingend) auf ebenfalls vier festgesetzt ist. Dafür spricht auch die Entstehungsgeschichte der Bebauungspläne Nr. 280 I und Nr. 280 II, die sich ursprünglich aus einer einzigen Planung entwickelt haben (vgl. Planbegründung S. 11 f.). Die Festsetzung der Geschosszahl dient somit erkennbar dem Ziel, an der B.-Straße im Bereich zwischen dem D... im Westen und der L.-Straße im Osten eine weitgehend einheitliche Bebauung mit maximal vier Vollgeschossen zu erreichen. Dem steht nicht entgegen, dass die Zahl der Vollgeschosse mit Rücksicht auf den geplanten zwei- bis dreigeschossigen Baukörper im südöstlichen Bereich des Bebauungsplans Nr. 280 II lediglich auf eine drei- bis viergeschossige Bebauung begrenzt und nicht, wie im Bebauungsplans Nr. 280 I, zwingend auf vier festgesetzt wurde.

Nicht weiterführend ist insoweit der Einwand der Klägerin, ein viergeschossiges Gebäude könne in zulässiger Weise mit einem fünften Nicht-Vollgeschoss im Sinn des Art. 83 Abs. 7 BayBO i.V. mit § 20 Abs. 1 BauNVO und Art. 2 Abs. 5 Satz 1 BayBO 1998 versehen werden, ohne dass dieses einen sichtbaren Unterschied zu einem weiteren Vollgeschoss aufweise. Ein solches Nicht-Vollgeschoss, das wie ein Vollgeschoss wirkt, dürfte wegen der Festsetzungen des Bebauungsplans zur Dachgestaltung (Flachdach) schon technisch nicht zu verwirklichen sein, weil die gebotene lichte Mindesthöhe für Aufenthaltsräume von 2,40 m nach Art. 45 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BayBO stets zu einer 2,30 m übersteigenden Geschosshöhe und damit zu einem Vollgeschoss führt. Ein Nicht-Vollgeschoss als Dachgeschoss mit einer lichten Raumhöhe von wenigstens 2,20 m (vgl. Art. 45 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BayBO) scheidet bei einem Flachdach aus, weil es unter einem Flachdach keinen Dachraum gibt (so zutreffend Molodovsky in Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, Stand August 2016, Art. 45 Rn. 13a). Selbst wenn eine solche Bauausführung aber möglich wäre (wenn etwa im fünften Geschoss nur Lagerräume vorgesehen sind), wie die Klägerin unter Vorlage von entsprechenden Bildern und Plänen geltend macht, könnte daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass es sich bei der Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse nicht um einen Grundzug der Planung handelt. Denn mit der Formulierung „Vollgeschosse“ (und nicht nur „Geschosse“) hat die Beklagte als Satzungsgeberin gerade in Kauf genommen, dass ein Bauherr im Rahmen des rechtlich Zulässigen diese Möglichkeit ausschöpft und ein Gebäude mit einem weiteren Nicht-Vollgeschoss versehen wird. Dies gilt dann aber nicht nur für die Gebäude der Klägerin, sondern für sämtliche von dieser Festsetzung betroffenen Gebäude an der B.-Straße, so dass die angestrebte Einheitlichkeit des Ortsbildes an dieser Straße wiederum gewahrt bliebe.

Nicht durchzudringen vermag die Klägerin auch mit dem Einwand, durch die Festsetzung der zulässigen Anzahl der Vollgeschosse könne das Ziel einer einheitlichen Höhenentwicklung nicht erreicht werden, weil ein viergeschossiges Gebäude mangels gesetzlicher Höhenbegrenzung für ein einzelnes Vollgeschoss ganz unterschiedliche Höhen aufweisen könne. Denn die Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse (§ 16 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO) dient nicht - wie die Festsetzung der Höhe der baulichen Anlage (§ 16 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) - einer absoluten Höhenbegrenzung für bauliche Anlagen. Vielmehr handelt es sich dabei um einen das äußere Erscheinungsbild anderweitig kennzeichnenden Maßbestimmungsfaktor (vgl. dazu BVerwG, B. v. 14.3.2013 - 4 B 49/12 - ZfBR 2013, 480 = juris Rn. 5), der im Wesentlichen durch die nach außen sichtbare Anzahl von Fensterreihen geprägt ist. Auf die Höhenentwicklung eines Gebäudes hat die Festsetzung einer bestimmten Geschosszahl nur mittelbare Auswirkungen; sie gibt insoweit lediglich einen gewissen Rahmen vor, weil davon auszugehen ist, dass sich ein vernünftiger Bauherr bei der konkreten Festlegung der Höhe der Vollgeschosse an einen gewissen marktüblichen Standard hält und die Höhe der baulichen Anlagen zudem in der Regel durch weitere Faktoren (z. B. Abstandsflächenregelungen, Rücksichtnahmegebot) begrenzt ist.

b) Es ist auch nicht fraglich, dass die vorgesehene Bebauung mit einem fünften Vollgeschoss diesen Grundzug der Planung berühren würde. Denn dies würde wegen der Bezugswirkung für die (westlich) benachbarte Bebauung ein nicht nur unwesentliches Abrücken von der angestrebten einheitlichen Ortsbildgestaltung an der B.-Straße bedeuten. Die Behauptung der Klägerin, durch das Vorhaben werde keine Vorbildwirkung hervorgerufen, weil das zusätzliche Geschoss als zurückversetztes Penthouse ausgebildet werde, überzeugt schon deswegen nicht, weil die vorgelegten Bauunterlagen eine Zurückversetzung des fünften Geschosses an der maßgeblichen, zur B.-Straße gerichteten Nordseite der Gebäude gerade nicht vorsehen.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels infolge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5, § 108 Abs. 2 VwGO).

Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt dem an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten unter anderem ein Recht darauf, dass rechtzeitiges und möglicherweise erhebliches Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung in Erwägung gezogen wird, soweit es aus verfahrens- oder materiell-rechtlichen Gründen nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (vgl. BayVGH, B. v. 8.11.2016 - 15 ZB 15.1069 m. w. N.). Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht den von ihm entgegengenommenen Vortrag der Beteiligten in seine Erwägungen einbezogen hat. Nur wenn besondere Umstände den eindeutigen Schluss zulassen, dass es die Ausführungen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen hat, wird der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Dementsprechend erfordert eine entsprechende Rüge die substantiierte Angabe, welches tatsächliche Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder ersichtlich nicht in Erwägung gezogen worden ist. Das Prozessgrundrecht auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte indessen nicht, dem zur Kenntnis genommenen tatsächlichen Vorbringen oder der Rechtsansicht eines Beteiligten auch in der Sache zu folgen. Ebenso wenig gewährleistet es, dass die angegriffene Entscheidung frei von einfach-rechtlichen materiellen Rechtsfehlern ergeht. Es stellt vielmehr grundsätzlich nur sicher, dass die Entscheidung frei von Rechtsfehlern ergeht, die ihren Grund gerade in der unterlassenen Kenntnisnahme und der Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben (BVerwG, Beschluss vom 20.7.2016 - 6 B 35/16 - juris Rn. 16; BayVGH, B. v. 16.05.2011 - 16a DZ 09.548 - juris Rn. 19 m. w. N.).

Nach diesem Maßstab hat das Verwaltungsgericht den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Zwar trifft es zu, dass das Verwaltungsgericht auf den Einwand der Klägerin, mit der Festsetzung der Geschosszahl könne eine bestimmte Höhenentwicklung der Gebäude nicht erreicht werden, weil durch diese Festsetzung die Höhe eines Gebäudes nicht auf ein bestimmtes Maß beschränkt werde, in den Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich eingegangen ist. Dass es dieses Vorbringen dennoch nicht übergangen hat, ergibt sich aber daraus, dass es im Tatbestand diesen Vortrag, wenn auch sehr knapp, widergegeben hat (vgl. Urteilsabdruck Rn. 19). Dass das Verwaltungsgericht der Rechtsansicht der Klägerin in der Sache nicht gefolgt ist, stellt keine Gehörsverletzung dar.

Im Übrigen ist dieses Vorbringen - wie sich aus obigen Ausführungen ergibt - nicht entscheidungserheblich, weil mit der Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse keine bestimmte Höhenbegrenzung der Gebäude an der B.-Straße, sondern eine einheitliche Ortsbildgestaltung in Bezug auf die Geschosse erreicht werden sollte. Ist ein gerügter Verfahrensmangel der Entscheidung für den Ausgang des Berufungsverfahrens aber ersichtlich nicht von Bedeutung, kann die Berufung schon aus diesem Grund nicht zugelassen werden (vgl. BayVGH, B. v. 23.6.2015 - 1 ZB 13.92 - juris Rn. 3; B. v. 12.7.2016 - 15 ZB 14.1108 - juris Rn. 15; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 219; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 124 Rn. 51). Dies gilt auch für einen Gehörsverstoß, wenn sich - wie hier - die Verletzung nicht auf das Gesamtergebnis des Verfahrens, sondern nur auf eine einzelne Feststellung bezieht, auf die es für die Entscheidung nicht ankommt; denn das Berufungsgericht kann die ihm hiernach gestellte Frage, ob die angefochtene Entscheidung auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel „beruhen kann“, nur dann verneinen, wenn der Verfahrensfehler „mit Sicherheit“ für das endgültige Er-gebnis der Entscheidung bedeutungslos ist. (vgl. BVerwG, B. v. 31.3.2004 - 3 A 4016/02 - DVBl 2004, 840 = juris Rn. 7 ff; B. v. 4.7.2008 - 3 B 18/08 - juris Rn. 14; BayVGH, B. v. 29.7.2013 - 14 ZB 13.30084 - juris Rn. 3; Seibert in Sodan/Ziekow, a. a. O., § 124 Rn. 223 f.).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.1.2.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag, gegen den die Beteiligten keine Einwände erhoben haben.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Die Anträge der Kläger sowie der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 1. März 2016 - 13 K 3322/13 - werden abgelehnt.

Die Kläger als Gesamtschuldner und die Beigeladene tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens jeweils zur Hälfte. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen sie jeweils selbst.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 96.282,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Kläger begehren die Erteilung einer Baugenehmigung für die Änderung der Nutzung einer genehmigten „Aldi-Verkaufsstelle“ in einen „dm-Drogeriemarkt“, der von der Beigeladenen betrieben werden soll.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Flst.Nr. ..., ... Straße ... in Bad Mergentheim. Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“, in Kraft getreten am 10.4.2004. Das Plangebiet umfasst ausweislich der Planbegründung eine Fläche von ca. 4 ha. Für den verfahrensgegenständlichen Bereich setzt der Bebauungsplan in Ziff. 1.1.2 der textlichen Festsetzungen ein eingeschränktes Gewerbegebiet fest. Nach Ziff. 1.1.4 der textlichen Festsetzungen sind Einzelhandelsbetriebe und sonstige Handelsbetriebe mit Verkauf an letzte Verbraucher mit zentrenrelevanten Sortimenten nicht zugelassen. Hierzu zählen neben Nahrungs- und Genussmitteln auch Drogeriewaren (inklusive Wasch- und Putzmittel), Kosmetika und Apothekerwaren. Durch den Bebauungsplan „Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Teiländerung im Bereich der Flst.Nr. ... und ...“, in Kraft getreten am 4.12.2010, wurde der Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ in einem Teilbereich geändert und die genannten Grundstücke als Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel ausgewiesen. Dieser Teilbereich, auf dem sich derzeit ein REWE-Lebensmittelmarkt befindet, umfasst 0,9 ha.
Das auf dem Grundstück der Kläger stehende Gebäude wurde auf Grundlage einer Baugenehmigung vom 29.5.1998 für eine „Aldi-Verkaufsstelle" mit einer Verkaufsfläche von 631,04 m² als Lebensmitteldiscountgeschäft genutzt. Nach Aufgabe dieser Nutzung ist nunmehr der Betrieb eines „dm-Drogeriemarktes“ beabsichtigt. Den entsprechenden Genehmigungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.10.2013 ab. Den Widerspruch der Kläger wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 12.2.2014 und der Begründung zurück, bei der beantragten Nutzungsänderung handele es sich um ein genehmigungspflichtiges Vorhaben. Ein Aldi-Markt sei als Lebensmittel-Einzelhandelsbetrieb bekannt; in der Baubeschreibung sei zudem ausdrücklich vom Handel mit Lebensmitteln die Rede. Drogerieartikel bildeten im Sortiment eines Aldi-Marktes ein Randsortiment. Bei einem dm-Markt stelle dagegen der Lebensmittelbereich ein Randsortiment dar. Der Sortimentswechsel von Lebensmittel zu Drogeriewaren sei daher genehmigungspflichtig. Das Vorhaben verstoße gegen Ziff. 1.1.4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans. Eine Befreiung könne nicht erteilt werden, da mit der geplanten Nutzungsänderung Grundzüge der Planung berührt würden.
Die Kläger haben am 16.9.2013 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und zuletzt beantragt, die Beklagte zu verpflichten, die mit Bauantrag vom 8.3.2013 beantragte Nutzungsänderung des auf dem Flst.Nr. ..., ...-Straße ... in Bad Mergentheim aufstehenden Gebäudes zur Nutzung als dm-Drogeriemarkt zu bewilligen und den Bescheid der Beklagten vom 24.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 12.2.2014 aufzuheben. Die Beigeladene hat sich diesem Antrag angeschlossen. Zudem haben die Kläger hilfsweise beantragt, festzustellen, dass für die Nutzung des Gebäudes auf der Flst.-Nr. ..., ...-... in Bad Mergentheim als dm-Drogeriemarkt keine Nutzungsänderungsgenehmigung erforderlich ist.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 1.3.2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kläger hätten keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Bei dem geplanten Vorhaben handele es sich sowohl in bauordnungsrechtlicher als auch in bauplanungsrechtlicher Hinsicht um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Das Vorhaben verlasse die Variationsbreite der genehmigten Nutzung, da die Baugenehmigung für eine „Aldi-Verkaufsstelle“ erteilt worden sei, die überwiegend den Verkauf von Lebensmitteln zum Gegenstand gehabt habe. Der beantragte dm-Drogeriemarkt werde von dieser Variationsbreite nicht erfasst. Des Weiteren würden - in bauplanungsrechtlicher Hinsicht - bodenrechtliche Belange berührt, da dem Vorhaben unter städtebaulichen Gesichtspunkten aufgrund einer völlig veränderten Schwerpunktbildung eine andere Qualität beizumessen sei und es im Vergleich zu der bisher genehmigten Nutzung weitergehender Vorschriften in Gestalt des hier maßgebenden Bebauungsplans unterliege.
Das beantragte Vorhaben widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“. Dieser sei auch wirksam, insbesondere verstießen die Festsetzungen in Ziff. 1.1.4 nicht gegen das Abwägungsgebot. Für die städtebauliche Erforderlichkeit genüge es, dass der Einzelhandelsausschluss und die Sortimentsbeschränkung des Bebauungsplans zumindest geeignet seien, einen Beitrag zur Förderung des planerischen Ziels zu leisten. Die Festsetzungen des Bebauungsplans seien zudem bestimmt; es lasse sich hinreichend sicher feststellen, welche Festsetzungen hinsichtlich Art und Maß der baulichen Nutzung im Planbereich GE 2 gälten. Im Übrigen sei der Bebauungsplan auch nicht funktionslos geworden. Es sei möglich, zwischen den einzelnen Sortimenten, die von Ziff. 1.1.4 erfasst würden, zu unterscheiden. Wäre das Einzelhandelskonzept in Folge der tatsächlichen Entwicklung in Bezug auf ein zentrenrelevantes Sortiment nicht mehr umsetzbar, so bedeute dies nicht, dass damit das städtebauliche Ziel des Schutzes bzw. der Stärkung eines zentralen Versorgungs- und Innenstadtbereichs insgesamt obsolet geworden sei. Dies gelte auch in Anbetracht der von den Klägern angeführten „Bezugsfälle“, die im Wesentlichen den Verkauf von Lebensmittel an letzte Verbraucher zum Gegenstand hätten. Es sei nicht ersichtlich, dass die tatsächlichen Verhältnisse derart massiv und offenkundig von der Plankonzeption abwichen, dass eine Verwirklichung der planerischen Festsetzungen auf absehbare Zeit ausgeschlossen sei. Auch die Aufstellung des Bebauungsplans „Sondergebiet Einkaufszentrum Bahnareal“ und die Überplanung eines Teilgebiets des maßgebenden Bebauungsplans durch den Bebauungsplan „Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Teiländerung“ führten nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB komme nicht in Betracht, da Ziel des Bebauungsplans gerade der Einzelhandelsausschluss zum Zwecke der Stärkung des zentralen Versorgungsbereichs sei. Die diesem Ziel dienenden Festsetzungen in Ziff. 1.1.4 stellten daher einen Grundzug der Planung dar. Aus diesem Grund komme es auf den von der Beigeladenen unbedingt gestellten Beweisantrag nicht entscheidungserheblich an. Da bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermessensausübung nicht vorlägen, sei für eine „durch Zulassung von Bezugsfällen“ entstandene Selbstbindung der Behörde kein Raum.
Hiergegen wenden sich die Kläger sowie die Beigeladene mit ihren Zulassungsbegehren.
II.
Die Anträge sind zulässig, insbesondere rechtzeitig gestellt (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) und begründet (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) worden; sie haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe, die gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nur im Rahmen der Darlegungen der Kläger sowie der Beigeladenen zu prüfen sind, liegen nicht vor.
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nicht dargetan worden.
11 
a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind nur dann gegeben, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt wird, dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163; Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; Beschl. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 - juris Rn. 15). Es reicht indes nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen. Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente schlagen dann nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -DVBl. 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, Beschl. v. 5.7.2016 - 3 ZB 14.1781 -juris Rn. 2; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 -juris Rn. 15). Das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert dabei eine substantiierte Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 - juris Rn. 15).
12 
b) Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Kläger sowie der Beigeladenen nicht gerecht.
13 
aa) Der Einwand der Kläger, das Gericht habe rechtsfehlerhaft eine Nutzungsänderung angenommen, da es von der Genehmigung einer „Aldi-Verkaufsstelle“ ausgegangen sei, obwohl der Bezeichnung „Aldi“ keine rechtliche Relevanz zukomme und die Baugenehmigung keine Sortimentsbeschränkung enthalte, geht fehl. Zwar trifft zu, dass das Verwaltungsgericht von einer Änderung der bisher genehmigten Nutzung als „Aldi Verkaufsstelle“ ausgegangen ist, diese Begrifflichkeit hat es jedoch offensichtlich der Bezeichnung in der Baugenehmigung vom 29.5.1998 entnommen, ohne die Firmenbezeichnung „Aldi“ im Sinne einer eigenständigen städtebaulichen Kategorie zu verwenden. Denn wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt, hat das Gericht maßgeblich auf die in der Baugenehmigung in Bezug genommenen Bauvorlagen vom 22.4.1998 abgestellt, zu denen die Angaben zu gewerblichen Anlagen zählen, nach denen beabsichtigt ist, in dem Gebäude überwiegend mit Lebensmitteln zu handeln. Hiergegen ist indes nichts zu erinnern, da der Regelungsumfang einer Baugenehmigung hinsichtlich der mit ihr zugelassenen Art der Nutzung einschließlich ihrer Variationsbreite bzw. ihrer Zweckbestimmung sich nach der Bezeichnung des Vorhabens in der Genehmigung sowie den weiteren Regelungen im Genehmigungsbescheid, den Bauvorlagen und sonstigen in Bezug genommenen Unterlagen richtet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 9.4.2014 - 8 S 1528/13 - VBlBW 2015, 26 = juris Rn. 11).
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bb) Entgegen der Auffassung der Kläger kommt dem Vorhaben auch bauordnungsrechtliche Relevanz zu, da - wie vom erstinstanzlichen Gericht richtig erkannt - durch den „Verkauf von Drogerieartikeln“ der Bereich der bisherigen Zweckbestimmung verlassen wird. Daran vermag der Umstand, dass sich in der Angebotspalette des Lebensmitteldiscounters „Aldi“ auch dem Sortiment Drogeriewaren unterfallende Produkte befunden haben mögen, nichts zu ändern, da - von den Klägern unbestritten - ein „dm-Drogeriemarkt“ nicht überwiegend dem Handel mit Lebensmitteln dient.
15 
cc) Auch die Feststellung des Gerichts, es liege eine Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB vor, da durch die Änderung des Sortimentsschwerpunktes die Variationsbreite der genehmigten Nutzung überschritten werde und das Vorhaben bodenrechtliche Belange neu berühre, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln.
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Der Vortrag der Kläger vermag solche Zweifel nicht zu begründen, da diese zu Unrecht von einer Genehmigung als „Verkaufsstelle“ ohne weitere Einschränkungen ausgehen. In Anbetracht des Inhalts der Baugenehmigung vom 29.5.1998 kann der beabsichtigte (schwerpunktmäßige) Handel mit Drogeriewaren nicht als „mitgenehmigt“ angesehen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 11.2.2016 - 5 S 1389/14 - juris Rn. 57).
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Die Beigeladene zeigt ebenfalls keine Rechtsfehler auf. Sie geht vielmehr ihrerseits unzutreffend davon aus, § 1 BauGB spiele bei der Frage, ob ein Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig sei, „grundsätzlich keine Rolle“. Dies lässt sich jedoch mit der einschlägigen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.1.1993 - 4 C 19.90 - DVBl. 1993, 652 = juris Rn. 27; Urt. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 - BVerwGE 144, 82 = juris Rn. 26; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.9.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 = juris Rn. 11; Beschl. v. 25.10.2012 - 8 S 869/12 - ZfBR 2013, 60 = juris Rn. 8, zuletzt auch VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 15) nicht vereinbaren. Allein die Tatsache, dass im Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ sowohl Einzelhandelsbetriebe mit dem Sortiment Nahrungs- und Genussmittel als auch solche, die Drogeriewaren führen, ausgeschlossen wurden, ändert nichts daran, dass durch einen Wechsel der in Ziff. 1.1.4 der textlichen Festsetzungen bezeichneten Sortimente bodenrechtliche Belange, wie sie sich aus § 1 Abs. 6 BauGB ergeben, neu berührt werden und daher neu zu prüfen sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.9.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 = juris Rn. 11, 14).
18 
Der Beigeladenen kann auch nicht darin gefolgt werden, das Verwaltungsgericht sei einem Zirkelschluss unterlegen, da es den Betrieb eines Lebensmittelmarktes als bestandsgeschützte Nutzung vorausgesetzt habe. Denn hierzu war das Gericht aufgrund des eindeutigen Inhalts der Baugenehmigung vielmehr verpflichtet. Im Übrigen verkennt die Beigeladene die Reichweite des durch die Baugenehmigung vermittelten Bestandsschutzes, der sich im vorliegenden Fall auf eine („Aldi“-)Verkaufsstelle beschränkt, in der überwiegend mit Lebensmitteln gehandelt wird. Überdies hat das Gericht die bodenrechtliche Relevanz des geplanten Vorhabens unter Hinweis darauf bejaht, dass es - bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung - weitergehenden Vorschriften unterliegt als das genehmigte Vorhaben, nämlich in Gestalt des nach Erteilung der Baugenehmigung aufgestellten Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“. Die hiervon abweichende Auffassung der Beigeladenen geht von einem fehlerhaften Verständnis hinsichtlich des Bestandsschutzes einer genehmigten baulichen Anlage aus und findet in der Rechtsprechung keine Stütze (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.9.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 = juris Rn. 16). Insbesondere verkennt die Beigeladene, dass die genehmigte Nutzung einer „Aldi-Verkaufsstelle“ durch die Aufstellung des streitgegenständlichen Bebauungsplans in ihrer Reichweite nicht „nachträglich geändert bzw. eingeschränkt“ worden ist. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Beigeladenen zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 1.6.2011 - 4 B 2.11 - BauR 2011, 1622 = juris Rn. 16), da mit der Baugenehmigung vom 29.5.1998 eine hinreichende Konkretisierung der zulässigen Nutzung im Sinne eines Handels „mit überwiegend Lebensmitteln“ erfolgt ist.
19 
dd) Des Weiteren ist das Gericht rechtsfehlerfrei von der Wirksamkeit des Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l -Planbereich 01.10“ ausgegangen.
20 
(1) Entgegen der Auffassung der Kläger ist insbesondere nicht von einer Funktionslosigkeit des Bebauungsplan auszugehen. Das Verwaltungsgericht hat die hierzu einschlägige Rechtsprechung, die bezüglich der Funktionslosigkeit von bauplanerischen Festsetzungen einen strengen Maßstab anlegt (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 22.7.2013 - 7 BN 1.13 - LKV 2013, 417 = juris Rn. 6; Urt. v. 28.4.2004 - 4 C 10.03 - UPR 2005, 66 = juris Rn. 15; Urt. v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71 = juris Rn. 22), ausführlich dargestellt und in seine Würdigung einbezogen. Gegen den Ansatz des Gerichts, innerhalb der zentrenrelevanten Sortimente zwischen dem Ausschluss von Nahrungs- und Genussmitteln (Ziff. 1.1.4a der textlichen Festsetzungen) einerseits sowie dem Ausschluss von Drogerie- / Apothekerwaren und Kosmetika (Ziff. 1.1.4c der textlichen Festsetzungen) andererseits zu differenzieren, ist nichts zu erinnern. Denn zu würdigen ist grundsätzlich sowohl die Festsetzung in ihrer ganzen Reichweite als auch die Bedeutung, die sie für den Plan in seiner Gesamtheit hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.4.1977 - IV C 39.75 -BVerwGE 54, 5 = juris Rn. 35).
21 
Zutreffend hat das Gericht danach erkannt, dass das städtebauliche Ziel des Schutzes bzw. der Stärkung eines zentralen Versorgungs- und Innenstadtbereichs nicht dadurch obsolet wird, dass das dahinter stehende (Einzelhandels-)Konzept in Bezug auf eines der - im vorliegenden Fall - insgesamt 16 als zentrenrelevant identifizierten Sortimente möglicherweise nicht mehr umsetzbar ist. In Konsequenz hierzu hat es den von den Klägern benannten Bezugsfällen, die Einzelhandelsbetriebe betreffen, die teilweise in angrenzenden Plangebieten liegen und im Wesentlichen den Verkauf von Lebensmitteln an Endverbraucher zum Gegenstand haben, bei der Frage der Funktionslosigkeit des angegriffenen Bebauungsplans keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen. Folgerichtig ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass die Festsetzung Ziff. 1.1.4c noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97 -BVerwGE 108, 71 = juris Rn. 22).
22 
Der diesbezügliche Vortrag der Kläger, der eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung nicht erkennen lässt, rechtfertigt kein andere Beurteilung. Die Kläger lassen insbesondere unberücksichtigt, dass sich das Planungsziel der Beklagten nicht im Ausschluss des Sortiments „Nahrungs- und Genussmittel“ erschöpft, dieser stellt vielmehr lediglich einen Teilaspekt der planerischen Zielsetzung dar.
23 
(2) Die Rüge der Beigeladenen, das Gericht habe rechtsfehlerhaft die Bestimmtheit des streitgegenständlichen Bebauungsplans angenommen, führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung. Die Beigeladene geht zwar zutreffend davon aus, dass die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans aus sich heraus eindeutig und verständlich sein müssen und die von den Festsetzungen Betroffenen vorhersehen können müssen, welchen Regelungen ihre Grundstücke unterworfen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 27.10.2015 - 8 S 2207/13 - juris Rn. 68). Die Festsetzungen eines Bebauungsplans sind jedoch nicht schon dann zu unbestimmt, wenn sich deren Inhalt erst durch Auslegung erschließt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.2.2011 - 4 BN 43.10 - BauR 2011, 1118 = juris Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.10.2014 - 5 S 1970/12 - BauR 2015, 789 = juris Rn. 21). Ausgehend hiervon hat das Gericht plausibel und nachvollziehbar dargelegt, welche Festsetzungen hinsichtlich Art und Maß der baulichen Nutzung im Planbereich GE 2 gelten. Weiterer Erläuterungen bedurfte es nicht.
24 
ee) Im Ergebnis rechtsfehlerfrei hat das Verwaltungsgericht zudem das Vorliegen der Voraussetzungen einer Befreiung nach Maßgabe des § 31 Abs. 2 BauGB verneint, da durch das geplante Vorhaben die Grundzüge der Planung berührt werden, die ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ (S. 4) darin bestehen, die Einzelhandelsnutzung zu beschränken.
25 
Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich aus dem Umstand, dass der Bebauungsplan die zum damaligen Zeitpunkt vorhandenen und bestandsgeschützten Einzelhandelsnutzungen - zu denen auch die „Aldi-Verkaufsstelle“ zählte - „respektiert“ hat, nicht herleiten, die Plangeberin habe deren „Erhalt“ zum Bestandteil der Grundzüge ihrer Planung gemacht. Vielmehr hat die Beklagte keinen Zweifel daran gelassen, dass „[k]ünftig […] die Gewerbegebiete vor allem für das produzierende Gewerbe und Dienstleistungen freigehalten werden“ sollen (vgl. S. 5 der Begründung zum Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“). Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob - wie die Kläger meinen - der geplante „dm-Drogeriemarkt“ bei einer auf die heutigen Verhältnisse abstellenden Betrachtung der Nahversorgung dient. Da das erstinstanzliche Gericht durch das geplante Vorhaben bereits die Grundzüge der Planung als berührt angesehen hat, musste es nicht mehr der Frage nachgehen, ob - nach der Diktion der Kläger - eine „unzumutbare Härte“ vorliegt.
26 
Die Beigeladene weist zwar zutreffend darauf hin, dass das Gericht - gestützt auf einschlägige Literatur - ausgeführt hat, eine Befreiung scheide generell aus, wenn ein Bebauungsplan Einzelhandel ausschließe oder er eine Beschränkung des Warensortiments vorsehe. Zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen einer Befreiung nicht vorliegen, ist das Gericht jedoch nicht im Sinne eines Automatismus gelangt. Vielmehr hat es bezogen auf den konkreten Einzelfall - eingebettet in den rechtlichen Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB - aufgezeigt, dass es sich bei dem von der Beklagten vorgesehenen Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Sortimenten um einen Grundzug der Planung handelt. Der Beigeladenen kann zudem nicht darin zugestimmt werden, es stehe lediglich die Nachbelegung eines bereits vorhandenen Einzelhandelsbetriebs in Rede. Dies trifft in dieser Allgemeinheit vor dem Hintergrund der durch die Baugenehmigung vom 29.5.1998 genehmigten Nutzung nicht zu.
27 
Soweit die Beigeladene vorträgt, die Grundzüge der Planung würden im Hinblick auf das sonstige Genehmigungsverhalten der Beklagten jedenfalls nicht „berührt“, begründet sie ebenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses. Zwar ist hinsichtlich der Frage, ob die Grundzüge der Planung „berührt“ werden, nicht auf den Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung abzustellen (so noch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 13.6.2007 - 3 S 881/06 - ESVGH 57, 227 = juris Rn. 33), sondern die tatsächliche Entwicklung des Baugebiets in den Blick zu nehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 39; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 31 Rn. 22). Der Senat hält insoweit an der von ihm bisher vertretenen Auffassung nicht mehr fest. Im vorliegenden Fall kann jedoch selbst bei einer die tatsächlichen Verhältnisse berücksichtigenden Betrachtung nicht davon ausgegangen werden, die Auswirkungen des geplanten Vorhabens fielen deshalb nicht (mehr) entscheidend ins Gewicht, weil diese Grundkonzeption bereits durch die bisherige tatsächliche Entwicklung im Baugebiet insgesamt aufgeweicht und stellenweise vollständig überholt sei (vgl. hierzu BayVGH, Urt. v. 9.8.2007 - 25 B 05.1337 - juris Rn. 35). Hierzu hat das Verwaltungsgericht - wenngleich unter anderen Vorzeichen -aufgezeigt, dass die sog. „Bezugsfälle“ ein anderes zentrenrelevantes Sortiment betreffen (Nahrungs- und Genussmittel) und zwischen einzelnen Sortimentsbeschränkungen zu differenzieren ist. Daraus folgt ohne weiteres, dass die Grundzüge der Planung jedenfalls durch die Zulassung eines Einzelhandelsbetriebs mit den in Ziff. 1.1.4c der textlichen Festsetzungen gelisteten Sortimenten nach wie vor berührt werden.
28 
2. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind ebenfalls nicht gegeben.
29 
a) Die Annahme besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeiten zukommt. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn sich der konkret zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von dem Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfällen deutlich abhebt und sich gerade die diesbezüglichen Fragen im Berufungsverfahren stellen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.9.2005 - 9 S 437/05 - NVwZ-RR 2006, 255; Beschl. v. 22.4.1997 - 14 S 913/97 - NVwZ 1997, 1230; Beschl. v. 17.2.2009 - 10 S 3156/08 - juris Rn. 10). Den Darlegungserfordernissen ist hierbei nur genügt, wenn in fallbezogener Auseinandersetzung mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts dargetan wird, inwieweit sich die benannten Schwierigkeiten in Vergleich mit Verfahren durchschnittlicher Schwierigkeit als „besondere“ darstellen und für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sein werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 10.6.1997 - 7 S 662/97 - NVwZ-RR 1998, 31; Beschl. v. 17.2.2009 - 10 S 3156/08 -, juris Rn. 10).
30 
b) Ausgehend hiervon haben weder die Kläger noch die Beigeladene dargetan, dass die vorliegende Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist.
31 
aa) Die Ausführungen der Kläger genügen den an die Darlegung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu stellenden Anforderungen nicht. Ihrem diesbezüglichen Vortrag mangelt es nicht nur an einer fallbezogener Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, sondern dieser lässt zudem nicht einmal ansatzweise erkennen, inwieweit sich die von den Klägern ausgemachten Schwierigkeiten in Vergleich mit Verfahren durchschnittlicher Schwierigkeit als „besondere“ darstellen und für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sein werden.
32 
bb) Nichts anderes gilt im Hinblick auf den Vortrag der Beigeladenen, der sich in einem Verweis auf die Ausführungen zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erschöpft. Zwar sollen Bezugnahmen unnötige Wiederholungen vermeiden, dies entbindet aber nicht von der - hier ebenfalls unterbliebenen - konkreten Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 198). Dass sich die Beigeladene im Rahmen ihrer Erläuterungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO mit dem Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart befasst hat, macht eine nochmalige Auseinandersetzung bei der Geltendmachung von besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache nicht entbehrlich, da die Zulassung der Berufung nach Maßgabe des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO - wie von der Beigeladenen aufgezeigt - anderen Darlegungserfordernissen unterliegt.
33 
3. Die Ausführungen, mit denen die Kläger sowie die Beigeladene eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend machen, führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung.
34 
a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes „grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache“ erfordert, dass ausdrücklich oder sinngemäß eine entscheidungserhebliche konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage aufgeworfen und erläutert wird, warum diese Frage bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte Probleme aufwirft, die über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam sind und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts durch das Berufungsgericht geklärt werden müssen. Außerdem ist - bei Rechtsfragen ausgehend von den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts - die Entscheidungserheblichkeit der Frage darzulegen; das Aufzeigen einer bloß fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen genügt insoweit nicht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 19.8.2010 - 8 S 2322/09 - juris Rn. 11).
35 
b) Dies zugrunde gelegt ergibt sich weder aus dem Vortrag der Kläger noch dem der Beigeladenen eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. So versäumen Kläger und Beigeladene bereits zu erläutern, warum die von ihnen formulierten Fragen bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte Probleme aufwerfen, die über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam sind und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts durch das Berufungsgericht geklärt werden müssen.
36 
aa) Überdies stellt sich die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob die Verwendung einer Firmenbezeichnung bei der Baugenehmigung zugleich eine Einschränkung hinsichtlich der Art der Nutzung beinhaltet oder ob die Art der Nutzung in der Baugenehmigung selbst konkretisiert und bestimmt werden muss, im vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil - wie sich aus Vorstehendem ergibt - das Gericht der Firmenbezeichnung „Aldi“ keine rechtliche Qualität beigemessen hat und die Art der Nutzung durch die Einbeziehung der Bauvorlagen in die Baugenehmigung vom 29.5.1998 bestimmt worden ist.
37 
bb) Die von der Beigeladenen genannte Frage, ob eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage die inhaltliche Reichweite des städtebaulichen Bestandsschutzes, wie ihn § 29 Abs. 1 BauGB vermittelt, einzuschränken vermag, ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Denn - wie bereits ausgeführt - ist mit dem Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ eine Einschränkung der bestehenden Einzelhandelsnutzungen nicht einhergegangen.
38 
4. Schließlich kommt eine Zulassung der Berufung auch vor dem Hintergrund des allein von der Beigeladenen geltend gemachten Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht in Betracht.
39 
a) Nach Maßgabe dieser Bestimmung ist die Berufung zuzulassen, wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf welchem die Entscheidung beruhen kann. Ein solcher Mangel ist nur dann bezeichnet, wenn sowohl die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen rechtlich substantiiert dargetan werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 30.10.2014 - 9 S 279/14 - juris Rn. 11).
40 
b) Diesen Anforderungen genügt die Beigeladene mit ihrem Vorbringen nicht. Das Gericht hat den Beweisantrag mit der Begründung abgelehnt, es handele sich bei der Bewertung einer Tatsache als städtebaulich relevant um eine Rechtsfrage. Im Übrigen komme es komme es auf die beantragte Beweiserhebung nicht an, da bei Durchführung des beantragten Vorhabens Grundzüge der Planung berührt würden. Dies ist nicht zu beanstanden, da die Beigeladene keine Tatsachen, sondern lediglich Rechtsfragen unter Beweis gestellt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.4.2012 - 4 C 8/09 u.a. - BVerwGE 142, 234 = juris Rn. 86). Daran ändert nichts, dass die Beigeladene hierzu eine abweichende Auffassung vertritt.
III.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, Abs. 3 Hs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.
42 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.5. / 1.6.2012 und am 18.7.2013 beschlossenen Änderungen und folgt der von den Beteiligten nicht angegriffenen Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts.
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Mai 2015 - 2 K 2227/12 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Erweiterung eines Lebensmittelmarkts der Klägerin. Diese begehrt eine Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraums sowie den Ausbau der Backvorbereitungszelle im Pfandlager.
Das Baugrundstück Flst. Nr. 3671/7 (J... Str. ...; hervorgegangen aus den früheren Grundstücken Flst. Nr. 3671/7, Flst. Nr. 3671/8 und Flst. Nr. 3671/16) liegt im Geltungsbereich des am 08.02.2017 beschlossenen und am 18.02.2017 in Kraft getretenen Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung. Dieser setzt ein Mischgebiet fest. In Nr. I 1.1 der textlichen Festsetzungen heißt es unter anderem: „Im MI sind gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO die Nutzungen nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 Einzelhandelsbetrieb und Nr. 6, 7 und 8 BauNVO nicht zulässig.“
Den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung fasste der Gemeinderat der Beklagten am 17.06.2015. Am gleichen Tage beschloss dieser ferner eine Veränderungssperre, die daraufhin am 04.07.2015 bekanntgemacht wurde.
Vor Inkrafttreten des Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung galt der am 05.04.2000 beschlossene und am 17.04.2000 in Kraft getretene vorhabenbezogene Bebauungsplan „Siechenwiesen“. Der Gemeinderatsbeschluss lautete:
„Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „Siechenwiesen“ ... wird mit folgendem Wortlaut als Satzung beschlossen:
Auf Grund von ... hat der Gemeinderat am 05.04.2000 den oben genannten Bebauungsplan als Satzung beschlossen.
I. Der Vorhabenbezogene ... Bebauungsplan besteht aus dem Lageplan und der Begründung der Stadt Kirchheim vom 20.12.1999 / 02.02. / 05.04.2000. Grundrisse, Schnitte/Ansichten und Außenanlagenplan der Fa. ... vom 21.12.1999 sowie dem RE Entwurf des Ing. Büros ... vom 21.12.1999.
II. Der Geltungsbereich ergibt sich aus dem Lageplan der Anlage I zur SiVo 45/00/GR, in den seine Grenzen eingezeichnet sind.“
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan setzt das Grundstück in seinem zeichnerischen Teil als „beschränktes Gewerbegebiet" („GEb“) mit einer Grundflächenzahl von 0,8 und einer Geschossflächenzahl von 2,4 fest. Nach dem in Bezug genommenen Grundriss hat der Lebensmittelmarkt eine Geschossfläche von 1.318 m² und eine angenommene Verkaufsfläche von (ca.) 790 m² ohne beziehungsweise (ca.) 890 m² mit Kassenzone. In der „Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ heißt es unter I., die unterhalb der Großflächigkeit liegenden Handelsnutzungen seien bei innenstadtrelevantem Einzelhandel ausgeschlossen. Mit Beschluss vom 21.04.1999 habe der Gemeinderat die Bereitschaft erklärt, das notwendige Planungsrecht für die Ansiedlung eines Lebensmittelmarkts auf dem Gelände zu schaffen. Unter III. a) ist weiter ausgeführt, es sei ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche vorgesehen. Der zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossene Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan datiert vom 28.02.2000/03.03.2000. In § 2 Abs. 1 heißt es:
10 
„Der maßgebliche Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ schließt nach der aktuellen 4. Änderung den Verkauf innenstadtrelevanter Artikel an Endverbraucher aus. Es ist daher eine Änderung dieser Einschränkung erforderlich, zudem sollen in diesem Zusammenhang noch weitere Festsetzungen aktualisiert sowie die notwendige Änderung/Ausbau der Jesinger Straße dargestellt werden. Die Ausweisung eines Sondergebiets ist allerdings nicht vorgesehen, gemäß der Festsetzung Gewerbegebiet (GE) ist somit ein Lebensmittelmarkt bis maximal 800 m² Verkaufsfläche und 1.200 m² Grundfläche zulässig.“
11 
Vor Inkrafttreten des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ lag das Baugrundstück im Geltungsbereich des am 29.07.1998 beschlossenen und am 16.12.1998 in Kraft getreten Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung (Bebauungsplanänderungen „Ausschluss von innenstadtrelevantem Einzelhandel“). Danach war - im Wege einer Textergänzung zu dem Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der bis dahin geltenden Fassung - unter der Überschrift „Art der baulichen Nutzung“ festgesetzt: „In den bezeichneten Misch-, beschränkten Gewerbe-, Gewerbe- und Industriegebieten der o.g. Bebauungspläne sind gem. § 1 Abs. 7 Nr. 2 BauNVO „Handelsbetriebe für Endverbraucher“ unzulässig, denen eine zentrumsschädigende bzw. den Stadtkern in seiner Vitalität beeinträchtigende Wirkung beizumessen ist. Hierzu zählen nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes, Ausgabe 1993 (WZ 93) folgende Gruppen/Klassen: (...)“
12 
Vor Inkrafttreten des Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung wiederum lag das Baugrundstück im Geltungsbereich des am 12.06.1968 beschlossenen und am 12.09.1968 in Kraft getretenen Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 3. Änderung. Dieser setzt ein Gewerbegebiet fest. Die Grundflächenzahl beträgt 0,6, die Geschossflächenzahl 1,6. Darüber hinausgehende Einschränkungen enthält der Bebauungsplan nicht.
13 
Am 13.04.2000 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Baugenehmigung für die erstmalige Errichtung des Lebensmittelmarkts. Das Vorhaben entsprach den in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogenen Unterlagen (1.318 m² Geschossfläche). Am 29.06.2006 wurde der Klägerin bereits eine Genehmigung für den Anbau eines Pfandraums (Erweiterung auf 1.494 m² Geschossfläche unter Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB und mit der Maßgabe, eine eventuelle Umnutzung in Verkaufsfläche sei durch die Befreiung nicht gedeckt) erteilt. In der Stellungnahme des Bauordnungsamts heißt es, die Befreiung könne im Hinblick auf die veränderten Leergutbedingungen (gemeint: Inkrafttreten der Verpackungsverordnung) zugelassen werden. Am 06.05.2010 wurde der Klägerin ferner eine Genehmigung zum Einbau eines Backvorbereitungsraums (bei gleichbleibender Geschossfläche) erteilt.
14 
Am 24.01.2011 reichte die Klägerin einen Bauantrag für das hier streitgegenständliche Vorhaben „Anbau Backvorbereitungsraum, Ausbau Backvorbereitungszelle im Pfandlager“ ein, das mit einer Erweiterung der Geschossfläche auf 1.556 m² verbunden wäre.
15 
Mit Bescheid vom 28.06.2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Bereits beim Neubau des Gebäudes sei mit 1.318 m² geplanter Grundfläche eine deutliche Überschreitung der maximalen Geschossfläche von 1.200 m² zugelassen worden. Als Voraussetzung hierfür sei gefordert worden, dass die Verkaufsfläche nicht mehr als 800 m² betrage - wobei allerdings die Kassenzone (ca. 90 m²) entgegen der aktuellen Rechtsprechung nicht mit berücksichtigt worden sei. Die Erweiterung der Geschossfläche durch den Pfandraum sei lediglich deswegen zugelassen worden, weil der zusätzliche Raumbedarf sich nicht aus einer Erweiterung beziehungsweise Verbesserung des Angebots ergeben habe, sondern ausschließlich aufgrund der neuen gesetzlichen Regelungen zur Verpflichtung zur Pfandrücknahme erforderlich geworden sei. Die nun vorliegende Erweiterungsplanung (auf 1.556 m² Geschossfläche) solle dagegen einer Optimierung der Arbeitsabläufe für ein zusätzliches Angebot von Aufbackwaren dienen und sei eine Folge der Erweiterung der Produktpalette. Der Discounter habe derzeit laut Lageplan eine Geschossfläche von 1.494 m² und überschreite damit schon im Bestand die in § 11 BauNVO als Regelannahme vorgegebene Größe von 1.200 m² in erheblichem Umfang. Dieser bereits gegebene Verstoß würde durch die geplante Erweiterung noch vergrößert. Die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB lägen nicht vor, da ein Grundzug der Planung berührt sei. Es seien auch keine Anhaltspunkte für eine atypische Betrachtungsweise entsprechend § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO erkennbar, wonach auch bei mehr als 1.200 m² Geschossfläche keine Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO vorlägen beziehungsweise zu erwarten seien. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin am 21.07.2011 Widerspruch ein.
16 
Mit Bescheid vom 13.06.2012 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch der Klägerin - ebenfalls unter Verweis auf die Geschossfläche - zurück.
17 
Am 06.07.2012 hat die Klägerin daraufhin beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben.
18 
Mit Urteil vom 20.05.2015 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart der Klage stattgegeben. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28.06.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 13.06.2012 seien aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Baugenehmigung zu erteilen, da die Bescheide rechtswidrig seien, die Klägerin in ihren Rechten verletzten und die Sache spruchreif sei (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
19 
Die Klägerin habe einen Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung. Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO sei eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstünden. So verhalte es sich hier.
20 
Verstöße gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften seien nicht ersichtlich.
21 
Dem Bauplanungsrecht sei ebenfalls Genüge getan. Das Bauvorhaben sei nach dem Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 3. Änderung zulässig. Dieser Bebauungsplan sei anzuwenden, da der vorhabenbezogene Bebauungsplan „Siechenwiesen“ unwirksam und der Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung in Bezug auf das Baugrundstück wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten sei.
22 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „Siechenwiesen“ sei unwirksam, weil sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag nicht zur Durchführung des Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet habe (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB).
23 
Der Vertrag verpflichte die Vorhabenträgerin nicht, das Vorhaben durchzuführen. Seinem Wortlaut nach verpflichte er die Vorhabenträgerin lediglich dazu, Erschließungsmaßnahmen durchzuführen (§ 3, § 4 Abs. 1, Abs. 9, § 13) und Geld an die Beklagte zu bezahlen (§ 2 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3, § 4 Abs. 4, § 5). Etwas anderes ergebe sich auch nicht unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB. Zwar sei in § 1 Abs. 3 festgehalten, dass der Bebauungsplan „Siechenwiesen“ und die vorgesehenen Umbau- und Neubaumaßnahmen der öffentlichen Verkehrsflächen ausschließlich durch den geplanten Neubau des Lebensmittelmarktes verursacht würden. Auch müsse die Beklagte die Sicherheitsleistung nach § 5 Satz 4 erst nach vollständiger Erfüllung des Erschließungsvertrags zurückgeben, während sich die Klägerin in § 4 Abs. 9 zugleich verpflichte, den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der Jesinger Straße durch die Stadt zu eröffnen. Aus all diesen Vorschriften - wie auch aus der Bebauungsplanbegründung, in der es heiße, dass ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche „vorgesehen“ sei - lasse sich aber allenfalls folgern, dass die Klägerin als Vorhabenträgerin bei Vertragsschluss beabsichtigt habe, einen Lebensmittelmarkt zu errichten und bereit gewesen sei, hierfür Erschließungskosten zu tragen. Mit einer Verpflichtung, einen Lebensmittelmarkt zu errichten, sei eine solche Absicht nicht gleichzusetzen.
24 
Der Durchführungsvertrag regele zudem nicht verbindlich, innerhalb welcher Frist das Vorhaben durchzuführen sei. In Bezug auf das Vorhaben würden im Durchführungsvertrag keine Fristen erwähnt. § 2 Abs. 3, § 4 Abs. 4 und § 5, auf die die Beklagte verweise, beträfen ausschließlich Erschließungskosten beziehungsweise die Sicherheitsleistung, die absichern solle, dass die Beklagte Erschließungsmaßnahmen durchführe. Auch aus § 4 Abs. 9 ergebe sich keine Frist, innerhalb derer das Vorhaben durchzuführen sei. Zwar verpflichte sich die Vorhabenträgerin in diesem Paragrafen, den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der Jesinger Straße durch die Stadt zu eröffnen. Dies stelle für die Vorhabenträgerin aber nur einen wirtschaftlichen Anreiz dar, die Erschließungsmaßnahmen zügig durchzuführen. Es bleibe ihr unbenommen, im Fall veränderter unternehmerischer Ziele von ihrem Plan, einen Lebensmittelmarkt zu errichten, Abstand zu nehmen.
25 
Vorhabenbezogene Bebauungsplane ohne Durchführungsverpflichtung seien unwirksam. Dies ergebe sich aus dem Gesetzeswortlaut. Nach diesem sei die Durchführungsverpflichtung Mindestinhalt des Durchführungsvertrages. Dieser wiederum sei eine gesetzliche Voraussetzung für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Die Unwirksamkeit folge zudem aus einer systematischen Gesetzesauslegung. Im Gegensatz zu qualifizierten Bebauungsplänen seien vorhabenbezogene Bebauungspläne auf alsbaldige Verwirklichung angelegt. Diese sei nur sichergestellt, wenn die Durchführung des Vorhabens nicht im Belieben des Vorhabenträgers stehe. Schließlich ließen sich teleologische Gründe für die Unwirksamkeit anführen. Die beschleunigte, sozusagen privatisierte Planung vorhabenbezogener Bebauungspläne sei nur gerechtfertigt, wenn der Vorhabenträger die fristgemäße Realisierung des Vorhabens verbindlich zusage und damit sichergestellt sei, dass tatsächlich ein Beschleunigungsbedürfnis bestehe. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass sich eine Gemeinde den Vorstellungen des Vorhabenträgers derart unterordne, dass sie nur noch als dessen Vollzugsinstanz erscheine und ihre Planung und Abwägung somit „verkaufe“.
26 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan sei auch nicht nachträglich wirksam geworden, als die Klägerin das Vorhaben (freiwillig) durchgeführt habe. Zwar solle eine vertragliche Durchführungspflicht und -frist unter Umständen entbehrlich sein, wenn Gegenstand eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans ein bereits verwirklichtes Vorhaben sei. Allein durch die Fertigstellung des Vorhabens könne eine Heilung aber nicht eingetreten sein. Voraussetzung dafür wäre, selbst wenn man eine vertragliche Durchführungspflicht im Fall eines bereits realisierten Vorhabens für entbehrlich hielte, ein erneuter Satzungsbeschluss in einem ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB einschließlich Ausfertigung und öffentlicher Bekanntmachung. Hieran fehle es.
27 
Ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan daneben auch wegen eines fehlenden Vorhabenbezuges oder aufgrund eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unwirksam sei, sei nicht mehr zu prüfen.
28 
Der Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung stehe dem Bauvorhaben ebenfalls nicht entgegen. Er sei in Bezug auf das Baugrundstück jedenfalls funktionslos geworden.
29 
Eine bauplanerische Festsetzung trete wegen nachträglicher Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich beziehe, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht hätten, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließe und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht habe, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nehme.
30 
Ob diese Voraussetzungen erfüllt seien, sei für jede Festsetzung gesondert zu prüfen. Dabei komme es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Entscheidend sei vielmehr, ob die jeweilige Festsetzung geeignet sei, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liege, werde nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden könne. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig abwichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermöge, könne von einer Funktionslosigkeit die Rede sein. Das setze voraus, dass die Festsetzung unabhängig davon, ob sie punktuell durchsetzbar sei, bei einer Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren habe, die städtebauliche Entwicklung noch in einer bestimmten Richtung zu steuern.
31 
Ausnahmsweise könne eine Festsetzung in Anlehnung an die Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen (Rechtsgedanke des § 139 BGB) jedoch auch bezogen auf ein Teilgebiet funktionslos geworden sein. Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall sei, sei nicht abschließend geklärt.
32 
Mindestvoraussetzung für die Funktionslosigkeit in Bezug auf ein Teilgebiet müsse in Fortschreibung der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sein, dass die Verhältnisse in diesem Teilgebiet in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht hätten, der eine Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplans in ebendiesem Teilgebiet auf unabsehbare Zeit ausschließe und dass die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht habe, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nehme. Diese Mindestvoraussetzungen lägen in Bezug auf das Baugrundstück vor.
33 
Die Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplans sei auf dem Baugrundstück auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen. Die tatsächlichen Verhältnisse widersprächen dem Bebauungsplan. Auf dem Baugrundstück sei ein Lebensmittelmarkt genehmigt und errichtet worden, obwohl der Bebauungsplan in den textlichen Festsetzungen den Facheinzelhandel mit Nahrungsmitteln (Gruppe 52.1 der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes) ausdrücklich als unzulässig aufführe. Ein Rückbau des Lebensmittelmarktes sei nicht zu erwarten. Es sei vielmehr davon auszugeben, dass die Klägerin den Lebensmittelmarkt noch über Jahrzehnte weiterbetreiben werde. Das Gebäude sei erst rund 15 Jahre alt. Die Klägerin habe es in den letzten Jahren zudem mehrfach erweitert beziehungsweise umgebaut und so, wie auch mit dem streitgegenständlichen Bauantrag, wiederholt ihr Interesse an einem langfristigen Betrieb der Filiale zum Ausdruck gebracht.
34 
Die Erkennbarkeit dieser Tatsache habe auch einen Grad erreicht, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nehme. Die tatsächlichen Verhältnisse wichen auf dem Baugrundstück derart massiv und offenkundig von der Planung ab, dass der Bebauungsplan dort eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich erfüllen könne. Der Lebensmittelmarkt bilde im Kleinen ein eigenes (Stadt-) Zentrum. In dem Einkaufsmarkt würden zahlreiche Artikel verkauft, die der Bebauungsplan in den textlichen Festsetzungen ausdrücklich als unzulässig ausschließe. Familien könnten in dem Markt ihre gesamten Lebensmitteleinkäufe - auch derzeit bereits einschließlich Backwaren - und einen Großteil ihrer Drogeriemarkteinkäufe erledigen. Das ständige Sortiment umfasse daneben Zeitungen und Blumen, periodisch würden Kleidung, Büro- und Elektroartikel angeboten.
35 
Über diese zwei Mindestvoraussetzungen hinaus sei, damit die Funktionslosigkeit der Festsetzungen eines Bebauungsplans in Bezug auf ein Teilgebiet des Plangeltungsbereichs ein Ausnahmefall bleibe, zu fordern, dass das betroffene Gebiet ein räumlich hinreichend abgrenzbares Teilgebiet des Plangeltungsbereichs darstelle. Nur im Fall einer solchen räumlichen Abgrenzbarkeit sei es gerechtfertigt, von dem Grundsatz, dass es nicht auf die punktuelle Durchsetzbarkeit der Festsetzungen ankomme, abzuweichen. Auch diese Voraussetzung sei im Fall des Baugrundstücks erfüllt. Es sei vom restlichen Plangeltungsbereich räumlich hinreichend abgrenzbar. Es bilde grob ein Rechteck, das im Norden von der Jesinger Straße, im Westen von der B 297 und im Südwesten von einer öffentlichen Grünfläche begrenzt werde. Hinzu komme die Besonderheit, dass der Plangeltungsbereich aus mehreren Teilstücken bestehe und das Baugrundstück für sich genommen ein eigenständiges Teilstück bilde.
36 
Schließlich solle eine Funktionslosigkeit der Festsetzungen in Bezug auf ein Teilgebiet eines Bebauungsplans nur in Betracht kommen, wenn das Teilgebiet nicht nur aus wenigen Grundstücken bestehe. Dieser Auffassung sei im Grundsatz zu folgen. Für die Funktionslosigkeit komme es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gerade nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Eine andere Bewertung sei aber indiziert, wenn der Plangeltungsbereich aus zwei räumlich voneinander getrennten Teilgebieten bestehe und sich die planwidrige Nutzung auf ein gesamtes Teilgebiet erstreckt, da in einem solchen Fall bei natürlicher Betrachtungsweise zwei Plan-/Baugebiete vorlägen. So verhalte es sich hier. Der westliche Geltungsbereich des Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung sei über 100 m vom östlichen Geltungsbereich getrennt, mithin rund ebenso weit, wie er selbst breit sei. Hinzu komme, dass das Baugrundstück im Jahr 2000 Gegenstand eines eigenen (vorhabenbezogenen) Bebauungsplans geworden seien. Der Plangeber habe damit zum Ausdruck gebracht, dass er es auch in planerischer Hinsicht als rechtlich eigenständig betrachte.
37 
Auf den von der Klägerin gerügten Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und einen möglichen Verkündungsmangel sei mit Blick auf die Funktionslosigkeit des Bebauungsplans in Bezug auf das Baugrundstück nicht mehr einzugehen.
38 
Nachdem der Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung unwirksam sei, richte sich die Zulässigkeit des Bauvorhabens nach dem Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 3. Änderung. Nach diesem sei das Bauvorhaben zulässig. Der Bebauungsplan setze für das Grundstück ein Gewerbegebiet fest. Die maximal erlaubte Grundflächenzahl von 0,6 und die maximal erlaubte Geschossflächenzahl von 1,6 würden unterschritten. Weitere Einschränkungen enthalte der Bebauungsplan nicht. An der Wirksamkeit des Bebauungsplans bestünden keine Zweifel.
39 
Gegen dieses ihr am 11.06.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 09.07.2015 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie ausführt:
40 
(1) Zwischenzeitlich sei (womöglich) des Rechtschutzinteresse für die Klage entfallen. Den Schreiben der Klägerin vom 23.02. und 22.05.2015 an ihre Oberbürgermeisterin sei zu entnehmen, dass sie ihr Erweiterungsvorhaben inzwischen aufgegeben habe.
41 
(2) Mittlerweile stehe der Bebauungsplan „Jesinger Ösch - 11. Änderung“ dem Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Baugenehmigung entgegen.
42 
Der Bebauungsplan sei wirksam. Insbesondere fehle es der Festsetzung des Mischgebiets im Westen des Plangebiets nicht an der städtebaulichen Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB. Das Ziel des Bebauungsplans sei es, ausgehend von der Bundesstraße (B 297) über ein Mischgebiet zu einem allgemeinen Wohngebiet eine Abschottung beziehungsweise Abstufung der Nutzungen zu erreichen. Durch die Änderung des Gewerbegebiets in ein Mischgebiet werde nicht nur dem Flächennutzungsplan entsprochen, vielmehr könne auch eine in Angrenzung an das Wohngebiet verträgliche gewerbliche Nutzung entstehen, die das Wohnen nicht wesentlich störe.
43 
Der Bebauungsplan skizziere eine langfristige zukünftige Entwicklung des Gebiets. Durch den Bebauungsplan sollten die planungsrechtlichen Grundlagen für ein durchmischtes Gesamtquartier geschaffen werden, in dem neben der Wohnnutzung auch Dienstleistungen des täglichen Bedarfs ihren Standort hätten und zur Belebung des öffentlichen Raums beitrügen. Die Festsetzungen förderten eine Durchmischung des Gebiets entsprechend den vertikalen Gliederungsmöglichkeiten des Bauplanungsrechts.
44 
Der Bebauungsplan verstoße auch nicht gegen § 2 Abs. 3 BauGB. Insbesondere sei der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben notwendig, um den vom Verband Region Stuttgart vorgegebenen Ausschluss einer Agglomeration von Einzelhandelsbetrieben zu gewährleisten und um einen Verstoß gegen regionalplanerische Ziele gemäß § 1 Abs. 4 BauGB zu vermeiden.
45 
(3) Unabhängig davon habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommen, der vorhabenbezogene Bebauungsplan „Siechenwiesen“ sei unwirksam, weil sich der Vorhabenträger nicht zur Durchführung des Bauvorhabens innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet habe. Der Durchführungsvertrag enthalte sehr wohl eine Verpflichtung der Vorhabenträgerin, das Vorhaben durchzuführen. Diese ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des Durchführungsvertrags, erst recht aber unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB. Die Klägerin hätte sich zum Abschluss des Durchführungsvertrages mit der Beklagten im Zweifel nicht bereit erklärt, wenn sie sich damit nicht habe verpflichten wollen, sowohl die Umbau- als auch die Neubaumaßnahme durchzuführen und die Erschließungsmaßnahmen auf eigene Kosten auszuführen.
46 
Selbst wenn die Auslegung des Durchführungsvertrags durch das Verwaltungsgericht zutreffend sein sollte, hätte es sich mit der Regelung in der salvatorischen Klausel in § 14 Abs. 2 auseinandersetzen und den Vertrag um eine Durchführungspflicht ergänzen müssen.
47 
Das Verwaltungsgericht gehe ferner zu Unrecht davon aus, der Durchführungsvertrag regele nicht verbindlich, innerhalb welcher Frist das Vorhaben durchzuführen sei. Es lege die in § 4 Abs. 9 vereinbarte Ausführungsfrist fehlerhaft aus. Als verbindliche Frist zur Durchführung des Neubaus ergebe sich bei zutreffender Betrachtung der Zeitpunkt der Übernahme der Umbauarbeiten aus § 9 Abs. 1 Satz 4.
48 
(4) Der Klägerin fehle zudem die prozessuale Befugnis, sich zur Begründung ihres Verpflichtungsantrags auf die Nichtigkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ sowie auf die Funktionslosigkeit des zuvor geltenden Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung zu berufen, weil sie sich damit in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten setze.
49 
Die Klägerin habe ursprünglich einen Standort in der D. Straße gehabt, der mangels Entwicklungspotenzials habe geschlossen werden sollen. Sie sei daher auf der Suche nach einem neuen Standort gewesen und habe sich im März 1999 schriftlich an sie gewandt, um den letztlich auch verwirklichten Standort zu bekommen. Nach verschiedenen Vorgesprächen habe die Klägerin eine Planskizze mit einem Bebauungsvorschlag eingereicht. Daraufhin sei im Gemeinderat am 21.04.1999 der Beschluss ergangen, das Planungsrecht für eine Ansiedlung des Markts zu schaffen und die dafür erforderlichen Untersuchungen zur Verkehrsanbindung durchführen zu lassen und dem Gemeinderat mitzuteilen. Wie letztlich auch in § 1 des Durchführungsvertrags festgehalten, habe es einer aufwändigen Umplanung des öffentlichen Verkehrs bedurft, weil sich in dem Bereich der geplanten Zufahrten zum neuen Lebensmittelmarkt der Anschluss für die B 297 von der Jesinger Straße (L 1200) befunden habe. Die Klägerin habe daher nach dem Grundsatzbeschluss des Gemeinderats vom 23.04.1999 dem Verkehrsplanungsbüro Thomas und Partner ein Verkehrsgutachten in Auftrag gegeben, in dem habe geklärt werden sollen, welche Verkehrsumplanungen und Umbauten für die Verwirklichung des Einzelhandelsmarkts erforderlich seien. Nach dessen Ergebnis seien umfangreiche Um- und Neubaumaßnahmen an den öffentlichen Verkehrswegen erforderlich gewesen, ohne die das Vorhaben nicht hätte verwirklicht werden können, weshalb die Klägerin auch die hierfür anfallenden Kosten übernommen habe. Auch die Planungen seien von der Klägerin intensiv begleitet worden, weil diese in ihrem Interesse habe sicherstellen wollen, ein Bauplanungsrecht zu erhalten, das ihren Vorstellungen entspreche. Das heiße, die Initiative zur Schaffung des Baurechts sei ausschließlich von der Klägerin ausgegangen. Wie sich aus § 2 des Durchführungsvertrags ergebe, seien die Parteien zudem davon ausgegangen, dass eine Änderung des damals existierenden Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung erforderlich gewesen sei, um das Bauvorhaben zu verwirklichen. Die Planung sei zwar von ihrer Verwaltung erstellt, jedoch von der Klägerin finanziert worden (§ 2 Durchführungsvertrag). Mit Verwirklichung des Einzelhandelsbetriebs auf ihren im Bereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans liegenden Grundstücken habe die Klägerin das ausschließlich in ihrem Interesse für das Vorhaben geschaffene Baurecht ausgenutzt. Bei der Wertung des Verhaltens der Klägerin sei zu berücksichtigen, dass sie (die Beklagte) den vorhabenbezogenen Bebauungsplan in enger Abstimmung mit der Klägerin erlassen habe.
50 
Darüber hinaus sei auch die Berufung der Klägerin darauf, der (Vorgänger-) Bebauungsplan („Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung) sei funktionslos geworden, treuwidrig. Insoweit gälten die vorstehenden Überlegungen sinngemäß.
51 
(5) Jedenfalls stehe der Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung dem Bauvorhaben entgegen. Dieser sei auch weder insgesamt noch in Bezug auf das Baugrundstück funktionslos geworden.
52 
(6) Für die Hilfsanträge der Klägerin fehle das Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Der Klägerin stehe aufgrund des evident treuwidrigen Verhaltens unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt gegen sie ein Amtshaftungs- oder sonstiger Schadensersatzanspruch zu.
53 
Die Beklagte beantragt,
54 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Mai 2015 - 2 K 2227/12 - zu ändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.
55 
Die Klägerin beantragt,
56 
die Berufung zurückzuweisen,
57 
hilfsweise für den Fall, dass die Veränderungssperre vom 17.06.2015 der Erteilung der Baugenehmigung entgegenstehen würde, festzustellen, dass die Beklagte im Zeitpunkt unmittelbar vor Inkrafttreten der am 04.07.2015 bekannt gemachten Veränderungssperre verpflichtet war, ihr die Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraumes mit Tiefkühlzelle und den Ausbau einer Backvorbereitungszelle im Pfandraum auf dem Grundstück J... Straße ... in ...... nach Maßgabe des Bauantrages vom 24.01.2011 zu erteilen,
58 
weiter hilfsweise für den Fall, dass der Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung vom 08.02.2017 der Erteilung der Baugenehmigung entgegenstehen würde, festzustellen, dass die Beklagte im Zeitpunkt unmittelbar vor Inkrafttreten des am 18.02.2017 bekannt gemachten Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung verpflichtet war, ihr die Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraumes mit Tiefkühlzelle und den Ausbau einer Backvorbereitungszelle im Pfandraum auf dem Grundstück J... Straße ... in ...... nach Maßgabe des Bauantrags vom 24.01.2011 zu erteilen.
59 
Sie verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts und führt aus:
60 
(1) Zu Unrecht zweifele die Beklagte an ihrem Rechtschutzinteresse. Zwar habe sie sich mit weitergehenden Erweiterungswünschen auf der Grundlage ihres neuen Filialkonzepts an die Beklagte gewandt. Sie habe aber nach wie vor ein Interesse an der begehrten Baugenehmigung.
61 
(2) Ihr fehle auch nicht die Befugnis, sich auf die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Siechenwiesen“ zu berufen. Allein die Ausnutzung der günstigen Festsetzungen eines Bebauungsplans reiche für die Verwirkung dieses Rechts nicht aus. Vielmehr könne ein Vorgehen gegen einen Bebauungsplan (nur) dann missbräuchlich sein, wenn der Antragsteller schon bei der Beantragung der Baugenehmigung die Absicht gehabt habe, nach der Errichtung des Vorhabens den Bebauungsplan im Normenkontrollverfahren anzugreifen. Kein Rechtsmissbrauch könne ihm dagegen vorgeworfen werden, wenn er den Mangel des Bebauungsplans erst später entdeckt habe. Mit der Verwirklichung einer dem Bauherrn erteilten Baugenehmigung könne ihm nicht generell die Möglichkeit abgeschnitten werden, seine weitergehenden Interessen später im Wege eines gegen den Bebauungsplan gerichteten Normenkontrollverfahrens durchzusetzen.
62 
Auf dieser Linie liege auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach folge aus widersprüchlichem Verhalten nur in Ausnahmefällen, dass die Rechtsausübung nicht zulässig sei. Die Rechtsordnung lasse grundsätzlich widersprüchliches Verhalten zu. Parteien dürften ihre Rechtsansichten ändern. Jeder Partei stehe es in der Regel frei, sich auf die Unwirksamkeit einer von ihr abgegebenen Erklärung zu berufen. Zudem sei es den Parteien nicht verwehrt, ein unter ihrer Beteiligung zustande gekommenes Rechtsgeschäft anzugreifen. Widersprüchliches Verhalten werde erst dann missbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei oder andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen ließen. Allein die Ausnutzung günstiger Festsetzungen eines Bebauungsplanes begründe deshalb kein treuwidriges Verhalten, das die spätere Berufung auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans ausschließe.
63 
Nach diesen Grundsätzen sei es ihr nicht verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans „Siechenwiesen“ zu berufen. Dieser sei im Jahr 2000 aufgestellt worden. Das Verfahren habe die Beklagte durchgeführt. Sie habe die Planzeichnung, die textlichen Festsetzungen, die Begründung und den Durchführungsvertrag entworfen. Sie (die Klägerin) habe sich im Durchführungsvertrag nur verpflichtet, die auf der Grundlage der HOAI ermittelten Planungskosten für das Bebauungsplanverfahren zu übernehmen. Außerdem habe sie die Kosten für zusätzliche Erschließungsmaßnahmen getragen. Dies sei bei der Aufstellung von Angebotsbebauungsplänen nichts Besonderes. Bei vorhabenbezogenen Bebauungsplänen gebe § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB sogar vor, dass die Planungs- und Erschließungskosten zumindest teilweise vom Vorhabenträger zu tragen seien. Diese gesetzliche Pflicht begründe nicht gleichzeitig das Verbot, sich auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans zu berufen. Die Baugenehmigung für den Lebensmittelmarkt sei im Jahre 2000 erteilt worden. Von dieser habe sie Gebrauch gemacht. Auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplanes habe sie sich erstmals in der Widerspruchsbegründung vom 18.11.2011 - also mehr als zehn Jahre nach Erteilung der Baugenehmigung - berufen. Bei Beantragung und Erteilung der Baugenehmigung habe sie nicht die Absicht gehabt, die Wirksamkeit des Bebauungsplans in Frage zu stellen. Erst im Zuge der von ihr geplanten Anpassung der Filiale an den neuen Filialstandard mit Backvorbereitungsraum und Tiefkühlzelle habe sie geprüft, ob der Bebauungsplan „Siechenwiesen“ diesem Vorhaben entgegenstehe. Die Prüfung habe zu dem Ergebnis geführt, dass der Plan aus verschiedenen Gründen unwirksam sei. Die Verantwortung dafür trage jedoch allein die Beklagte, die das Verfahren in eigener Verantwortung durchgeführt und den Durchführungsvertrag entworfen habe. Ihr als Klägerin könne es deshalb nicht verwehrt werden, sich auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans zu berufen. Andernfalls würden die rechtsstaatlichen Bindungen, denen die Bauleitplanung unterworfen sei, zu Lasten Einzelner außer Kraft gesetzt. Damit würde auch das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG unterlaufen. Dies gelte erst recht für den Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung. Sie habe an dessen Aufstellung in keiner Weise mitgewirkt. Zudem treffe er auch keine für sie günstigen Festsetzungen. Es sei daher nicht ersichtlich, welche Umstände dazu führen sollten, dass sie sich nicht auf die Unwirksamkeit dieses Plans berufen können solle.
64 
(3) Der Bebauungsplan „Jesinger Ösch, 11. Änderung" ändere nichts an ihrem Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für den Bauantrag vom 24.01.2011. Er sei unwirksam.
65 
Die Festsetzung des Mischgebiets verstoße gegen § 1 Abs. 3 BauGB. Der Bebauungsplan leide außerdem an einem Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB. So habe der Gemeinderat unter anderem verkannt, dass auf absehbare Zeit eine Umstrukturierung des Gebiets zu einem Mischgebiet mit der gebotenen Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen sei. Auch die Festsetzungen über den Einzelhandelsausschluss und zum Maß der baulichen Nutzung seien unwirksam. Die Fehler seien beachtlich und führten zur Gesamtunwirksamkeit des Plans.
66 
(4) Zutreffend habe das Verwaltungsgericht auch erkannt, dass der vorhabenbezogene Bebauungsplan „Siechenwiesen“ unwirksam sei, weil es an einer vertraglichen Verpflichtung zur Durchführung des Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist fehle. Der Durchführungsvertrag beschränke sich auf Regelungen zur Erschließung.
67 
Unabhängig davon leide der Plan an weiteren Mängeln. Er setze das Baugrundstück im zeichnerischen Teil als „GEb“ fest. Aus der Planbegründung ergebe sich, dass das Baugrundstück damit als „beschränktes Gewerbegebiet“ habe festgesetzt werden sollen, in dem über den Lebensmittelmarkt hinaus auch andere Nutzungen zulässig sein sollten. Deutlich werde dies unter anderem in Kapitel III. a) der Planbegründung. Dort heiße es, auf dem Betriebsgrundstück sei ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche zulässig, auf den Restflächen könnten noch bauliche Anlagen im Rahmen einer gewerblichen Nutzung erstellt werden. Darin liege ein Verstoß gegen § 12 BauGB in der zum Zeitpunkt der Aufstellung des Bebauungsplans geltenden Fassung. Mit der Festsetzung eines Baugebietstyps lasse der Bebauungsplan nicht nur einen Lebensmittelmarkt, sondern vom Grundsatz her alle Nutzungen zu, die in einem Gewerbegebiet zulässig seien. Dies widerspreche dem Charakter des vorhabenbezogenen Bebauungsplans, der die Zulässigkeit einzelner Vorhaben bestimme. Mit der Festsetzung eines Baugebiets der Baunutzungsverordnung könne der Vorhabenbezug jedenfalls nicht bewirkt werden.
68 
Hinzu komme ein Widerspruch zwischen Vorhabenplan und vorhabenbezogenem Bebauungsplan. Die dem Satzungsbeschluss beigefügten Grundrisse, Schnitte, Ansichten und der Außenanlagenplan vom 21.12.1999 stellten einen Lebensmittelmarkt dar. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan setze jedoch ein Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO fest, das zahlreiche andere Nutzungen als nur einen Lebensmittelmarkt zulasse.
69 
Darüber hinaus sei die Festsetzung „GEb“ (eingeschränktes Gewerbegebiet) nicht hinreichend bestimmt. Weder aus dem zeichnerischen Teil des Bebauungsplans noch aus dessen Begründung ergebe sich, welche „Einschränkung“ festgesetzt sei. Dem Bebauungsplan sei daher nicht zu entnehmen, welche Nutzungen im Einzelnen zugelassen seien.
70 
(5) Zu Recht sei das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass der zuvor geltende Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung jedenfalls bezogen auf das Baugrundstück wegen Funktionslosigkeit unwirksam sei.
71 
Unabhängig davon sei der Bebauungsplan „Jesinger Ösch, 4. Änderung“ auch unwirksam, weil er an einem Verkündungsmangel leide. Er schließe Einzelhandel mit verschiedenen Sortimenten aus und verweise für die einzelnen Sortimente auf die Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes, Ausgabe 1993 (WZ 93). Der Inhalt der textlichen Festsetzungen ergebe sich erst aus dieser Klassifikation, die aber nicht in einem amtlichen Verkündungsblatt bekannt gemacht worden sei.
72 
Die textlichen Festsetzungen seien zudem nicht hinreichend bestimmt. Außerdem verstoße der für das Gewerbegebiet festgesetzte Einzelhandelsausschluss gegen § 1 Abs. 3 BauGB.
73 
(6) Die am 04.07.2015 bekannt gemachte Veränderungssperre habe ihrem Vorhaben ebenfalls nicht entgegengestanden. Es könne offen bleiben, ob sie wirksam gewesen sei. Sie habe jedenfalls ihr gegenüber keine Wirkung mehr entfaltet.
74 
Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB sei auf die Dauer der Veränderungssperre der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Diese Anrechnung sei auch bei faktischen Zurückstellungen vorzunehmen. Von einer faktischen Zurückstellung sei auszugeben, wenn ein Bauantrag nicht hinreichend zügig bearbeitet, verzögert oder rechtswidrig abgelehnt werde. Die Anrechnung erfolge dabei individuell für das eingereichte Baugesuch. Individuell seien auch die Verlängerungsmöglichkeiten der Veränderungssperre um ein drittes und ein viertes Jahr zu berücksichtigen, soweit die Voraussetzungen dafür vorlägen. Danach könne die Veränderungssperre ihrem Vorhaben nicht entgegengehalten werden.
75 
Sie habe ihren Bauantrag bereits am 24.02.2011 eingereicht. Er sei mit Bescheid vom 28.06.2011 rechtswidrig abgelehnt worden. Seit dem 28.06.2011 liege danach eine faktische Zurückstellung vor. Selbst eine individuelle Anrechnung einer Verlängerung der Veränderungssperre um ein drittes und ein viertes Jahr führe daher nicht mehr dazu, dass die Veränderungssperre ihrem Vorhaben entgegengehalten werden könne. Eine Verlängerung um ein fünftes Jahr lasse § 17 BauGB nicht zu.
76 
(7) Die Hilfsanträge würden für den Fall gestellt, dass die am 04.07.2015 bekanntgemachte Veränderungssperre beziehungsweise der am 18.02.2017 bekanntgemachte Bebauungsplan ihrem Vorhaben entgegengehalten werden könnten. Sie beabsichtige für diesen Fall, Schadensersatzansprüche aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung gegen die Beklagte geltend zu machen. In diesem Fall habe sie ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.
77 
Dem Senat liegen die Akten der Beklagten (vier Hefte Bau-Akten; vier Ordner Bebauungsplan-Akten), die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart (ein Heft) sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor. Darauf sowie auf die Senatsakten wird wegen weiterer Einzelheiten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
78 
Die Berufung der Beklagten ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, der Klägerin eine Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraums mit Tiefkühlzelle und den Ausbau einer Backvorbereitungszelle im Pfandraum auf dem Grundstück J... Str. ... in ... nach Maßgabe des Bauantrags vom 24.01.2011 zu erteilen. Der Bescheid der Beklagten vom 28.06.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 13.06.2012 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klage ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
I.
79 
Die Klage ist zulässig. Dem steht nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.
80 
Zwar unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch die Ausübung prozessualer Rechte den Geboten von Treu und Glauben mit der Folge, dass die Befugnis zur Anrufung der Gerichte unter bestimmten Voraussetzungen unzulässig sein kann. Das Bundesverwaltungsgericht hat dementsprechend wiederholt entschieden, dass dem Gericht die sachliche Prüfung eines Normenkontrollantrags versagt ist, wenn der Antragsteller sich zur Durchsetzung eines geltend gemachten Rechts zu seinem eigenen früheren Verhalten in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch setzt (vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 07.03.2013 - 4 BN 33.12 -, BauR 2013, 1101; Beschluss vom 14.11.2000 - 4 BN 54.00 -, BRS 63 Nr. 50; Beschluss vom 23.01.1992 - 4 NB 2.90 -, NVwZ 1992, 974 m.w.N.; vgl. ferner Senatsbeschluss vom 15.05.1995 - 8 S 810/95 -, NVwZ-RR 1996, 191; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017 - 3 S 153/17 -, BauR 2018, 237).
81 
Im vorliegenden Fall begründet die Erhebung der Verpflichtungsklage als solche indes kein widersprüchliches Verhalten. Der Vorhalt eines gegen Treu und Glauben verstoßenden Verhaltens kommt zwar nach den konkreten Einzelfallumständen insoweit in Betracht, als die Klägerin mit Blick auf ihr geplantes Bauvorhaben die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ geltend macht, nachdem dieser auf ihre eigene Initiative und in enger Abstimmung mit ihr erlassen wurde. Dies kann die Klägerin aber nicht schon prozessual daran hindern, ihren behaupteten und nicht schon offensichtlich ausgeschlossenen Anspruch auf eine Baugenehmigung gerichtlich prüfen zu lassen. Dies gilt umso mehr, als die Erteilung der Baugenehmigung nicht nur unter erfolgreicher Berufung auf die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ in Betracht kommt, sondern etwa auch im Befreiungswege. Unabhängig davon hat die Beklagte mittlerweile mit dem Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung auch ein neues Planungsrecht geschaffen.
82 
Ebenso wenig kann der Klägerin sonst ein Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage abgesprochen werden. Ungeachtet ihrer Schreiben vom 23.02. und 22.05.2015 an die Oberbürgermeisterin der Beklagten (Anlagen BB6 und BB8 zum Schriftsatz vom 07.10.2015) hat die Klägerin das streitgegenständliche Erweiterungsvorhaben nicht aufgegeben. Der in Anspruch genommene Rechtsschutz erweist sich somit nicht als nutzlos.
II.
83 
Die Verpflichtungsklage ist aber unbegründet.
84 
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO. Dem genehmigungspflichtigen (§ 49 i.V.m. § 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO, vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.02.2016 - 5 S 1389/14 -, BauR 2016, 956 = juris Rn. 53 ff.) Vorhaben der Klägerin stehen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen.
85 
1. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Hauptantrags ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Verpflichtungsklage eines Bauherrn auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG findet eine sogenannte „Günstigerprüfung“ nicht statt, da nur eine erteilte Baugenehmigung dem Bauherrn eine (relativ) gesicherte eigentumsrechtliche Position vermittelt (vgl. Senatsurteil vom 06.04.2010 - 8 S 1529/08 -, VBlBW 2011, 67 = juris Rn. 17 m.w.N.).
86 
2. Das Vorhaben ist - wie die Klägerin selbst einräumt - mit den Festsetzungen des Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung unvereinbar, denn in Nr. I 1.1 der textlichen Festsetzungen heißt es: „Im MI sind gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO die Nutzungen nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 Einzelhandelsbetrieb und Nr. 6, 7 und 8 BauNVO nicht zulässig.“ Die Klägerin begehrt aber gerade die Zulassung einer erweiterten Einzelhandelsnutzung.
87 
3. Es kann offen bleiben, ob der Bebauungsplan - wogegen allerdings einiges spricht - mit seinen dem Vorhaben der Klägerin entgegenstehenden Festsetzungen wirksam ist (vgl. dazu, dass die Festsetzung eines Mischgebiets städtebaulich nicht erforderlich ist, wenn der Plangeber das gesetzlich vorgesehene gleichberechtigte Miteinander von Wohnen und Gewerbe gar nicht anstrebt oder eine solche Durchmischung wegen der vorhandenen Bebauung faktisch nicht zu erreichen ist, Senatsurteil vom 17.05.2013 - 8 S 313/11 -, VBlBW 2014, 194). Denn im Fall der Unwirksamkeit des Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung käme es auf den Vorgängerplan, den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Siechenwiesen“, an. Auch auf dessen Grundlage kann die Klägerin mit ihrem Begehren nicht durchdringen.
88 
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verliert ein Bebauungsplan seine rechtliche Wirkung, wenn eine Gemeinde den Plan durch einen neuen ersetzt. Das folgt aus dem gewohnheitsrechtlich anerkannten Rechtssatz, dass die später erlassene Norm die frühere verdrängt. Entfällt wegen der Unwirksamkeit der späteren Norm die Möglichkeit der Normenkollision, kann diese Rechtsfolge nicht eintreten. Das hat regelmäßig zur Konsequenz, dass in diesem Fall die alte Rechtsnorm unverändert fortgilt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, a.a.O., juris Rn. 44 m.w.N.).
89 
b) Das Vorhaben der Klägerin müsste sich bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung an den Vorgaben des Bebauungsplans „Siechenwiesen“ messen lassen. Die Nichtigkeit dieses Bebauungsplans geltend zu machen, ist ihr jedoch im Hinblick auf ihr Begehren versagt, da sie sich damit in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten setzt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, a.a.O., juris Rn. 43).
90 
aa) Ein Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte den Plan auf Wunsch der Klägerin (vgl. deren Schreiben vom 13.03.1999 in den Akten zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan) und in enger Abstimmung mit ihr erlassen hat. Die Klägerin und die Beklagte waren sich bei der Einleitung des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplans darüber einig, dass der seinerzeit geltende Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung der von der Klägerin gewünschten Errichtung des Lebensmittelmarkts entgegenstand. Dies geht aus § 2 Abs. 1 des Durchführungsvertrags zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan ausdrücklich hervor. Ziel des vorhabenbezogenen Bebauungsplans war es daher, der Klägerin durch eine Änderung der planungsrechtlichen Grundlage die Verwirklichung ihres Vorhabens zu ermöglichen. Auf den Inhalt des Bebauungsplans hat die Klägerin während des Aufstellungsverfahrens auch Einfluss genommen. So ließ die Klägerin etwa im Oktober 1999 ein Gutachten über die zu erwartende Verkehrssituation beim Bau eines Lebensmittelmarkts erstellen. Mit Schreiben vom 13.10.1999 (in den Akten zum Baugesuch betreffend die Ersterrichtung des Markts) übersandte die Klägerin der Beklagten den Entwurf eines städtebaulichen Vertrags und teilte mit, die zugehörigen Planunterlagen würden in den nächsten Tagen von den Planungsbüros, die sie beauftragt habe, noch erarbeitet. Die Beklagte übernahm die Regelungen der ihr übersandten Vereinbarung „grundsätzlich“ in ihren Entwurf eines Durchführungsvertrags, den sie der Klägerin mit Schreiben vom 13.01.2000 (enthalten in den Akten zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan) übersandte. Die von der Klägerin vorgelegten „Grundrisse, Schnitte/Ansichten und Außenanlagenplan der Fa. ... vom 21.12.1999 sowie de(r) RE Entwurf des Ing. Büros ... vom 21.12.1999“ wurden von der Beklagten unverändert in ihren Satzungsbeschluss übernommen.
91 
bb) Ein widersprüchliches Verhalten folgt zum anderen daraus, dass die Klägerin nur mit Rücksicht auf den Plan und unter Ausnutzung von dessen Vorgaben die Baugenehmigung für den Neubau ihres Lebensmittelmarkts erhalten hat, die nach den Festsetzungen des Vorgängerbebauungsplans („Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung) nicht hätte erteilt werden können, und von dieser Genehmigung auch vollständig Gebrauch gemacht hat (vgl. - zu einem ähnlichen Fall - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, a.a.O., juris Rn. 45).
92 
cc) Entgegen der Annahme der Klägerin führt dieses widersprüchliche Verhalten bei Würdigung der besonderen Einzelfallumstände dazu, dass es mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren ist, dass sie sich nunmehr auf die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ stützt.
93 
(1) Der Senat teilt zwar die Rechtsauffassung der Klägerin, dass einem Bauherrn nach Verwirklichung der ihm erteilten Baugenehmigung nicht generell die Möglichkeit abgeschnitten sein kann, seine weitergehenden Interessen später mit Einwänden gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans durchzusetzen. Eine andere Sicht würde den Rechtsschutz zu stark verkürzen. Dies gilt auch für vorhabenbezogene Bebauungspläne und insbesondere für Fälle, in denen der Bauherr einen Mangel des Bebauungsplans erst später entdeckt. Jedoch kann ein Vorgehen gegen einen Bebauungsplan nicht nur dann missbräuchlich sein, wenn der Antragsteller schon bei Beantragung der Baugenehmigung die Absicht hatte, nach Errichtung seines Vorhabens den Bebauungsplan anzugreifen. Vielmehr kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, insbesondere darauf, mit welchen Einwänden der Bauherr gegen den Plan vorgeht und in welchem Verhältnis diese Einwände zu seinem vorangegangenen Tun stehen.
94 
(2) Danach ist es der Klägerin jedenfalls verwehrt, sich gerade für ihr Begehren der Geschossflächenerweiterung auf die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans zu berufen. Die Begrenzung der Geschossfläche war ein tragendes Merkmal der Planung.
95 
Der Satzungsbeschluss nahm Bezug auf den Grundriss des Lebensmittelmarkts mit einer Geschossfläche von 1.318 m² und damit auf das Maß dieses konkret geplanten Vorhabens. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB wird der Vorhaben- und Erschließungsplan Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Dem sollte der Satzungsbeschluss erkennbar Rechnung tragen, zumal es sich bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan seiner gesetzlichen Grundkonzeption nach um eine anlagen- und einzelfallbezogene Bauleitplanung handelt (vgl. Senatsurteil vom 10.04.2014 - 8 S 47/12 -, BauR 2014, 2064 = juris Rn. 89 m.w.N.).
96 
Zwar findet sich im zeichnerischen Teil des Plans die Festsetzung eines „beschränkten Gewerbegebiets“ („GEb“) mit einer Grundflächenzahl von 0,8 und einer Geschossflächenzahl von 2,4. Dies legt eine Auslegung nahe, dass der Vorhabenbezug des Plans „gelockert“ werden und für den geplanten Lebensmittelmarkt (zusätzlich) die Vorgaben der Baunutzungsverordnung für Einzelhandel in Gewerbegebieten (§ 11 Abs. 3 BauNVO) greifen sollten. Die „Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 BauGB) macht deutlich, dass es der Beklagten auf die Begrenzung (jedenfalls bzw. ergänzend) auf das in einem Gewerbegebiet Zulässige ankam. So heißt es unter I., die unterhalb der Großflächigkeit liegenden Handelsnutzungen seien bei innenstadtrelevantem Einzelhandel (nach dem bis dahin geltenden Planungsrecht) ausgeschlossen. Mit Beschluss vom 21.04.1999 habe der Gemeinderat die Bereitschaft erklärt, das notwendige Planungsrecht für die Ansiedlung eines Lebensmittelmarkts zu schaffen. Unter III. a) ist weiter ausgeführt, es sei ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche vorgesehen. Der zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossene Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan vom 28.02.2000/03.03.2000 hebt in § 2 Abs. 1 ebenfalls hervor, die Ausweisung eines Sondergebiets sei nicht vorgesehen, gemäß der Festsetzung Gewerbegebiet (GE) sei somit ein Lebensmittelmarkt bis maximal 800 m² Verkaufsfläche und 1.200 m² Grundfläche (Geschossfläche) zulässig. Dass das letztlich zugelassene Vorhaben mit 1.318 m² eine etwas höhere Geschossfläche aufweist, ist darauf zurückzuführen, dass die Klägerin im Gegenzug die ursprünglich größer vorgesehene Verkaufsfläche (vgl. die entsprechenden Änderungen am Baugesuch) auf ca. 790 m² reduziert hatte (so jedenfalls die Annahme der Beklagten, wie sie sich in deren Schreiben vom 02.05.2000 an das Architekturbüro M. widerspiegelt; allerdings unzutreffend ohne die Kassenzone berechnet, vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 -, BVerwGE 124, 364 = juris Rn. 27).
97 
Ein derart „gelockerter“ Vorhabenbezug ändert aber nichts daran, dass eine größere Geschossfläche als die zugelassene nach dem Planinhalt nicht zulässig sein sollte. Der Vorhabenbezug wurde mit der Festsetzung „GEb“ nicht vollständig gelöst, da neben dem zeichnerischen Teil eben auch der Grundriss des konkret geplanten Markts Planbestandteil wurde. Zudem kommt in der Festsetzung eines nur „beschränkten“ Gewerbegebiets gerade zum Ausdruck, dass in diesem Zusammenhang weitere Planbestandteile Beachtung finden sollten. Andernfalls wäre der Zusatz „b“ inhaltsleer und es hätte seiner nicht bedurft.
98 
Für die Richtigkeit der am Grundriss des konkreten Vorhabens orientierten Auslegung spricht zudem - wenn auch nur indirekt -, dass die Baugenehmigung für die Errichtung des Lebensmittelmarkts in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Erlass des vorhabenbezogenen Bebauungsplans erteilt wurde, ohne dass eine Befreiung ausgesprochen oder eine Atypik im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO geprüft wurde.
99 
Nähme man demgegenüber an, wie es die Beklagte im Verfahren über die hier streitige Baugenehmigung mit ihrem Rekurs auf § 11 BauNVO letztlich getan hat, der vorhabenbezogene Bebauungsplan habe ein Gewerbegebiet festgesetzt, ohne die im einbezogenen Grundriss vorgesehene Geschossfläche von 1.318 m² als verbindliche Obergrenze zu verstehen, müsste sich die Klägerin dann jedenfalls an dem Maßstab des § 11 BauNVO messen lassen und könnte sich für die Zulassung ihres Vorhabens nicht auf die Unwirksamkeit des Plans berufen.
100 
Selbst wenn man den vorhabenbezogenen Bebauungsplan in Bezug auf die Geschossflächenbegrenzung als mit § 12 BauGB unvereinbar, in sich objektiv widersprüchlich oder zu unbestimmt ansehen mag, bestand jedenfalls bei der Klägerin als Vorhabenträgerin keine Unklarheit darüber, dass die Beklagte die Planung mit der sich aus dem Grundriss ergebenden Geschossflächenbegrenzung vornehmen wollte. Sie hat sich hierauf auch eingelassen und die Beklagte bei dieser Planung unterstützt.
101 
(3) Schließlich begründet die Klägerin die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans vor allem damit, der Durchführungsvertrag regele keine Durchführungspflicht und keine Durchführungsfrist (vgl. dazu, dass entsprechende Regelungen zum Mindestinhalt gehören, § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB sowie näher Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2017, § 12 Rn. 95; Schiller, in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 1020 f.; Turiaux, NJW 1999, 391, 393). Dies sind indessen Gesichtspunkte, die ihrem Begehren keine erhöhte Schutzwürdigkeit verleihen, zumal das im Plan und im Durchführungsvertrag bestimmte Vorhaben längst verwirklicht ist (vgl. auch - eine Durchführungsfrist bei einer den Bestand bestätigenden Planung für entbehrlich haltend - OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.08.2001 - 1 C 11768/00 -, BauR 2001, 1874). Unter diesen Umständen erscheint die jetzige Berufung auf den Mangel eher in besonderem Maße widersprüchlich. Auch die von der Klägerin sonst vorgebrachten Einwände gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan führen zu keinem anderen Ergebnis. Sie bemängelt die Festsetzung „GEb“ wegen des vermeintlich fehlenden Vorhabenbezugs sowie wegen der vermeintlich fehlenden Bestimmtheit (jeweils unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 18.09.2003 - 4 CN 3.02 -, BVerwGE 119, 45; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 11.03.2004 - 7a D 51/02.NE -, ZfBR 2004, 575, und vom 03.12.2003 - 7a D 42/01.NE -, ZfBR 2004, 473). Dies sind ebenfalls Gesichtspunkte, die die Klägerin - unabhängig davon, inwieweit die Einwände in der Sache berechtigt sind - nun allein zum Zwecke der weiteren Ausweitung der ihr im Plan zugestandenen Geschossfläche aufgreift, während sie ansonsten diesbezüglich keine Betroffenheit geltend macht.
102 
(4) Das Alter des Plans und die sonstigen zeitlichen Abläufe nehmen dem Verhalten der Klägerin nicht seine Widersprüchlichkeit. Zwar stammt der Plan aus dem Jahre 2000, während die Klägerin erst im Jahre 2011 und damit über zehn Jahre nach Inkrafttreten - auch erhebliche Zeit nach Erteilung der Baugenehmigung für die Errichtung des Lebensmittelmarktes und dessen Realisierung - die Unwirksamkeit geltend machte. Diesem Zeitablauf kommt für sich genommen aber keine erhebliche Bedeutung zu. Geänderte Umstände, die es - etwa vergleichbar einem „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ - der Klägerin erlauben könnten, sich von der Geschossflächengrenze zu lösen, sind nicht ersichtlich. Sie macht lediglich einen geänderten „Filialstandard“ geltend. Diese Änderung entstammt aber ihrer eigenen Willenssphäre und beruht auch nicht auf unvorhersehbaren Entwicklungen. Darauf, wer die etwaige Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans (im Schwerpunkt) zu verantworten haben mag, kommt es ebenfalls nicht entscheidend an. Gleiches gilt für die Gegebenheit, dass Bebauungspläne von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufgestellt werden (zu Letzterem vgl. bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, a.a.O., juris Rn. 46).
103 
(5) Eine andere Bewertung des Verhaltens nach Treu und Glauben ist auch nicht deshalb geboten, weil der Klägerin mit den Baugenehmigungen vom 29.06.2006 (Anbau des Pfandraums) sowie vom 06.05.2010 (Umbau ohne Geschossflächenerweiterung) bereits Bauvorhaben bewilligt wurden, die eine Überschreitung der im Bebauungsplan zugelassenen Geschossfläche von 1.318 m² beinhalteten. Diese Entscheidungen haben weder den vorhabenbezogenen Bebauungsplan funktionslos werden lassen noch sonst dokumentiert, dass die Beklagte die Geschossflächenbegrenzung generell aufgeben wollte. Bei beiden Einzelentscheidungen hat die Beklagte gerade deutlich gemacht, dass sie auf die Begrenzung Wert legte und jeweils nur aus spezifischen Gründen zu ihren Entscheidungen bereit war. Der Anbau des Pfandraums wurde nur deshalb trotz Erweiterung der Geschossfläche genehmigt, weil den Neuregelungen der Verpackungsverordnung Rechnung getragen werden sollte. Die Genehmigung vom 06.05.2010 beruhte darauf, dass sie mit der Flächenumnutzung zwar als bauplanungsrechtlich relevant angesehen wurde, sie aber zu keiner Geschossflächenerweiterung führte. Insofern verhält sich die Beklagte auch nicht ihrerseits widersprüchlich, wenn sie sich auf die seinerzeit beschlossene Geschossflächenbegrenzung beruft.
104 
c) Unter Berücksichtigung der Vorgaben des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ hat die Beklagte den Bauantrag der Klägerin vom 24.01.2011 zu Recht abgelehnt (vgl. § 30 Abs. 2 BauGB).
105 
aa) Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann die Gemeinde durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Abs. 1 BauGB verpflichtet (Durchführungsvertrag). Auf dieser Rechtsgrundlage hat die Beklagte am 05.04.2000 den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Siechenwiesen“ beschlossen und eine Geschossflächenobergrenze für den Lebensmittelmarkt von 1.318 m² vorgegeben. Dem widerspräche es, wenn das Erweiterungsvorhaben der Klägerin genehmigt würde. Abgesehen davon stünde ihm auch die Festsetzung „GEb“ entgegen.
106 
Denn das Erweiterungsvorhaben wäre auch gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO nicht zulässig. Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO sind großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können (Nr. 2) sowie sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind (Nr. 3), außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nrn. 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 BImSchG sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt (§ 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO). Nach § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO sind Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 bei Betrieben nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 2 und 3 BauNVO in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1.200 m² überschreitet. Die Regel des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO gilt nach § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO (nur dann) nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1.200 m² Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1.200 m² Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen. Auch gemessen daran wäre das Bauvorhaben der Klägerin unzulässig, weil von nicht nur unwesentlichen Auswirkungen auszugehen wäre. Es bestehen keine Anhaltspunkte im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO. Maßgebend ist insoweit das Gesamtvorhaben in seiner durch die Erweiterung geänderten Gestalt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.07 -, BVerwGE 130, 113 = juris Rn. 20).
107 
Anhaltspunkte im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO für eine vom Regelfall abweichende Atypik (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 09.07.2002 - 4 B 14.02 -, BauR 2002, 1825 = juris Rn. 7 f.) können auf der betrieblichen Seite darin bestehen, dass zum Beispiel die Verkaufsfläche eher gering ist, oder dass der Betrieb beschränkt ist auf ein schmales Warensortiment (z.B. Gartenbedarf), auf Artikel, die üblicherweise in Verbindung mit handwerklichen Dienstleistungen (z.B. Kraftfahrzeughandel mit Werkstatt) angeboten werden, oder auf solche, die in einer gewissen Beziehung zu gewerblichen Nutzungen stehen (Baustoffhandel, Büromöbelhandel) (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342 = juris Rn. 11, zur BauNVO 1977, und vom 24.11.2005, a.a.O., Rn. 26). Derartige betriebliche Besonderheiten sind hier nicht ersichtlich, zumal es sich um einen Discountmarkt mit breitem Sortiment handelt.
108 
Auf der städtebaulichen Seite können Abweichungen von der typischen Situation zum Beispiel darin bestehen, dass der Einzugsbereich des Betriebs im Warenangebot bisher unterversorgt ist, dass zentrale Versorgungsbereiche an anderem Standort des Einzugsgebiets nicht geplant sind, oder dass der Betrieb in zentraler und für die Wohnbevölkerung allgemein gut erreichbarer Lage errichtet werden soll (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984, a.a.O., und vom 24.11.2005, a.a.O., Rn. 26). Auch insoweit ist für eine Atypik weder etwas dargelegt noch sonst ersichtlich. Letzteres gilt umso mehr, als der Standort geeignet erscheint, gebietsfremden Verkehr auszulösen, und die Beklagte an anderer Stelle bereits über einen zentralen Versorgungsbereich verfügt, in dem Einzelhandel zulässig ist.
109 
bb) Die Klägerin kann sich für ihr Begehren auch nicht auf § 31 Abs. 2 BauGB stützen. Danach kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und 1. Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, die Befreiung erfordern oder 2. die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder 3. die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Auch von einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan kann befreit werden (vgl. Senatsurteil vom 14.03.2007 - 8 S 1921/06 -, VBlBW 2008, 348; Bank, in: Brügelmann, BauGB, Stand Juli 2012, § 12 Rn. 196).
110 
(1) Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach den § 1 Abs. 8, § 2 Abs. 1 BauGB unverändert (dem Gemeinderat) der Gemeinde und nicht der Baurechtsbehörde. Diese Regelung darf deshalb nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Befreiung kann nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen. Umgekehrt wird diese Grenze für die Erteilung einer Befreiung nicht überschritten, wenn die Abweichung von Festsetzungen, die für die Grundzüge der Planung maßgeblich sind, nicht ins Gewicht fällt oder wenn die Festsetzung, von der abgewichen werden soll, eher „zufällig“ bzw. „isoliert“ erfolgt ist oder diese Planvorgabe auf einer Annahme beruht, die später entfallen ist (vgl. zum ganzen Absatz Senatsurteil vom 14.03.2007, a.a.O., m.w.N.).
111 
(2) Gemessen an diesen Grundsätzen würde die zur Genehmigung gestellte weitergehende Geschossflächenüberschreitung Grundzüge der Planung berühren. Zwar dürfte ein Verständnis der Planungsgrundzüge, die Befreiungen (nur) aus Gründen ausschließt, die in einer Vielzahl gleich gearteter Fälle ebenfalls angeführt werden könnten, bei einem als anlagen- und einzelfallbezogene Bauleitplanung ausgestalteten (vgl. Senatsurteil vom 10.04.2014, a.a.O.) vorhabenbezogenen Bebauungsplan kaum einschränkende Wirkung haben, weil ein solcher Plan nur ein bestimmtes Vorhaben zulässt (vgl. Senatsurteil vom 14.03.2007, a.a.O.; Bernhardt, NVwZ 2008, 972). Eine solche Betrachtung greift jedoch zu kurz. Bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan ist bei der Annahme der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB besondere Zurückhaltung geboten. Denn grundsätzlich besteht ein strikter Vorhabenbezug; der Bebauungsplan ist durch das konkrete Vorhaben charakterisiert (vgl. Müller-Grune, BauR 2008, 936, 938 f.). Im Hinblick auf die - im Unterschied zu einer Angebotsplanung - konkrete Festlegung des Vorhabens berühren Abweichungen vom Plan daher wenn nicht regelmäßig, so doch sehr häufig die Grundzüge der Planung (vgl. Bank, a.a.O., § 12 Rn. 196). Nicht befreit werden kann von der Grundkonzeption des vorhabenbezogenen Bebauungsplans beziehungsweise des Vorhaben- und Erschließungsplans als dessen Planbestandteil. Abweichungen können allenfalls unspezifische, nicht ins Gewicht fallende, die Konzeption nicht tragende Vorgaben betreffen (vgl. Bernhardt, a.a.O.; vgl. auch allgemein zum Wesen der Befreiung als Instrument für „Sonderfälle“ BVerwG, Urteil vom 14.07.1972 - IV C 69.70 -, BVerwGE 40, 268 = juris Rn. 28 f.). Soweit sich dem Senatsurteil vom 14.03.2007 (a.a.O.) anderes entnehmen lässt, wird daran nicht festgehalten.
112 
(3) Auch bei der vorgegebenen Geschossflächenbegrenzung handelt es sich unter den Umständen des vorliegenden Einzelfalls um einen grundlegenden Bestandteil der planerischen Konzeption. Wie bereits dargestellt, nahm der vorhabenbezogene Bebauungsplan das konkrete Vorhaben mit der genannten Geschossfläche in Bezug. Ausweislich der „Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ wie des Durchführungsvertrags kam es der Beklagten zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 30.11.2016 - 3 S 1184/16 -, VBlBW 2017, 329 = juris Rn. 51) besonders auf die Geschossflächenbegrenzung an.
113 
(4) Die Grundzüge der Planung würden von einer Zulassung des Bauvorhabens der Klägerin auch berührt. Für die Beurteilung, ob die (ursprüngliche) planerische Grundkonzeption durch die Befreiung berührt wird, ist auch die nachträgliche tatsächliche Entwicklung im Plangebiet bis zum Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung in den Blick zu nehmen. Es kommt darauf an, ob der mit der ursprünglichen Planung verfolgte Interessenausgleich durch die tatsächliche Entwicklung seit Inkrafttreten des Bebauungsplans bereits so nachhaltig gestört ist, dass die Planungsgrundzüge nicht mehr in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden können (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.11.2016, a.a.O., unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 -, BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 39; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.09.2016 - 3 S 864/16 - VBlBW 2017, 71). Gemessen daran sind die in der Geschossflächenobergrenze zum Ausdruck kommenden Planungsbelange nicht von einer planabweichenden Entwicklung überholt worden. Wie oben ausgeführt, hat die Beklagte nur aus besonderen Sachgründen in Einzelfällen Abweichungen von der Begrenzung zugelassen. Ihre Konzeption, großflächige Einzelhandelsbetriebe mit möglichen Auswirkungen nach § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO zu verhindern, wurde dadurch nicht in Frage gestellt.
III.
114 
Stehen danach dem Erweiterungsvorhaben bereits die Vorgaben des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ entgegen, ist über die Hilfsanträge nicht mehr zu entscheiden.
IV.
115 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
116 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
117 
Beschluss vom 8. März 2018
118 
Der Streitwert wird im Anschluss an die Festsetzung des Verwaltungsgerichts auch für das Berufungsverfahren auf 14.637,-- EUR festgesetzt (vgl. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs 2013 in entsprechender Anwendung, 150,-- EUR pro m² Erweiterung der Hauptnutzfläche sowie der Verkehrsfläche/Flur Backvorbereitung gemäß der von der Klägerin vorgelegten Berechnung nach DIN 277).
119 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
78 
Die Berufung der Beklagten ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, der Klägerin eine Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraums mit Tiefkühlzelle und den Ausbau einer Backvorbereitungszelle im Pfandraum auf dem Grundstück J... Str. ... in ... nach Maßgabe des Bauantrags vom 24.01.2011 zu erteilen. Der Bescheid der Beklagten vom 28.06.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 13.06.2012 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klage ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
I.
79 
Die Klage ist zulässig. Dem steht nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.
80 
Zwar unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch die Ausübung prozessualer Rechte den Geboten von Treu und Glauben mit der Folge, dass die Befugnis zur Anrufung der Gerichte unter bestimmten Voraussetzungen unzulässig sein kann. Das Bundesverwaltungsgericht hat dementsprechend wiederholt entschieden, dass dem Gericht die sachliche Prüfung eines Normenkontrollantrags versagt ist, wenn der Antragsteller sich zur Durchsetzung eines geltend gemachten Rechts zu seinem eigenen früheren Verhalten in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch setzt (vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 07.03.2013 - 4 BN 33.12 -, BauR 2013, 1101; Beschluss vom 14.11.2000 - 4 BN 54.00 -, BRS 63 Nr. 50; Beschluss vom 23.01.1992 - 4 NB 2.90 -, NVwZ 1992, 974 m.w.N.; vgl. ferner Senatsbeschluss vom 15.05.1995 - 8 S 810/95 -, NVwZ-RR 1996, 191; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017 - 3 S 153/17 -, BauR 2018, 237).
81 
Im vorliegenden Fall begründet die Erhebung der Verpflichtungsklage als solche indes kein widersprüchliches Verhalten. Der Vorhalt eines gegen Treu und Glauben verstoßenden Verhaltens kommt zwar nach den konkreten Einzelfallumständen insoweit in Betracht, als die Klägerin mit Blick auf ihr geplantes Bauvorhaben die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ geltend macht, nachdem dieser auf ihre eigene Initiative und in enger Abstimmung mit ihr erlassen wurde. Dies kann die Klägerin aber nicht schon prozessual daran hindern, ihren behaupteten und nicht schon offensichtlich ausgeschlossenen Anspruch auf eine Baugenehmigung gerichtlich prüfen zu lassen. Dies gilt umso mehr, als die Erteilung der Baugenehmigung nicht nur unter erfolgreicher Berufung auf die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ in Betracht kommt, sondern etwa auch im Befreiungswege. Unabhängig davon hat die Beklagte mittlerweile mit dem Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung auch ein neues Planungsrecht geschaffen.
82 
Ebenso wenig kann der Klägerin sonst ein Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage abgesprochen werden. Ungeachtet ihrer Schreiben vom 23.02. und 22.05.2015 an die Oberbürgermeisterin der Beklagten (Anlagen BB6 und BB8 zum Schriftsatz vom 07.10.2015) hat die Klägerin das streitgegenständliche Erweiterungsvorhaben nicht aufgegeben. Der in Anspruch genommene Rechtsschutz erweist sich somit nicht als nutzlos.
II.
83 
Die Verpflichtungsklage ist aber unbegründet.
84 
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO. Dem genehmigungspflichtigen (§ 49 i.V.m. § 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO, vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.02.2016 - 5 S 1389/14 -, BauR 2016, 956 = juris Rn. 53 ff.) Vorhaben der Klägerin stehen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen.
85 
1. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Hauptantrags ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Verpflichtungsklage eines Bauherrn auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG findet eine sogenannte „Günstigerprüfung“ nicht statt, da nur eine erteilte Baugenehmigung dem Bauherrn eine (relativ) gesicherte eigentumsrechtliche Position vermittelt (vgl. Senatsurteil vom 06.04.2010 - 8 S 1529/08 -, VBlBW 2011, 67 = juris Rn. 17 m.w.N.).
86 
2. Das Vorhaben ist - wie die Klägerin selbst einräumt - mit den Festsetzungen des Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung unvereinbar, denn in Nr. I 1.1 der textlichen Festsetzungen heißt es: „Im MI sind gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO die Nutzungen nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 Einzelhandelsbetrieb und Nr. 6, 7 und 8 BauNVO nicht zulässig.“ Die Klägerin begehrt aber gerade die Zulassung einer erweiterten Einzelhandelsnutzung.
87 
3. Es kann offen bleiben, ob der Bebauungsplan - wogegen allerdings einiges spricht - mit seinen dem Vorhaben der Klägerin entgegenstehenden Festsetzungen wirksam ist (vgl. dazu, dass die Festsetzung eines Mischgebiets städtebaulich nicht erforderlich ist, wenn der Plangeber das gesetzlich vorgesehene gleichberechtigte Miteinander von Wohnen und Gewerbe gar nicht anstrebt oder eine solche Durchmischung wegen der vorhandenen Bebauung faktisch nicht zu erreichen ist, Senatsurteil vom 17.05.2013 - 8 S 313/11 -, VBlBW 2014, 194). Denn im Fall der Unwirksamkeit des Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung käme es auf den Vorgängerplan, den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Siechenwiesen“, an. Auch auf dessen Grundlage kann die Klägerin mit ihrem Begehren nicht durchdringen.
88 
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verliert ein Bebauungsplan seine rechtliche Wirkung, wenn eine Gemeinde den Plan durch einen neuen ersetzt. Das folgt aus dem gewohnheitsrechtlich anerkannten Rechtssatz, dass die später erlassene Norm die frühere verdrängt. Entfällt wegen der Unwirksamkeit der späteren Norm die Möglichkeit der Normenkollision, kann diese Rechtsfolge nicht eintreten. Das hat regelmäßig zur Konsequenz, dass in diesem Fall die alte Rechtsnorm unverändert fortgilt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, a.a.O., juris Rn. 44 m.w.N.).
89 
b) Das Vorhaben der Klägerin müsste sich bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung an den Vorgaben des Bebauungsplans „Siechenwiesen“ messen lassen. Die Nichtigkeit dieses Bebauungsplans geltend zu machen, ist ihr jedoch im Hinblick auf ihr Begehren versagt, da sie sich damit in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten setzt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, a.a.O., juris Rn. 43).
90 
aa) Ein Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte den Plan auf Wunsch der Klägerin (vgl. deren Schreiben vom 13.03.1999 in den Akten zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan) und in enger Abstimmung mit ihr erlassen hat. Die Klägerin und die Beklagte waren sich bei der Einleitung des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplans darüber einig, dass der seinerzeit geltende Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung der von der Klägerin gewünschten Errichtung des Lebensmittelmarkts entgegenstand. Dies geht aus § 2 Abs. 1 des Durchführungsvertrags zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan ausdrücklich hervor. Ziel des vorhabenbezogenen Bebauungsplans war es daher, der Klägerin durch eine Änderung der planungsrechtlichen Grundlage die Verwirklichung ihres Vorhabens zu ermöglichen. Auf den Inhalt des Bebauungsplans hat die Klägerin während des Aufstellungsverfahrens auch Einfluss genommen. So ließ die Klägerin etwa im Oktober 1999 ein Gutachten über die zu erwartende Verkehrssituation beim Bau eines Lebensmittelmarkts erstellen. Mit Schreiben vom 13.10.1999 (in den Akten zum Baugesuch betreffend die Ersterrichtung des Markts) übersandte die Klägerin der Beklagten den Entwurf eines städtebaulichen Vertrags und teilte mit, die zugehörigen Planunterlagen würden in den nächsten Tagen von den Planungsbüros, die sie beauftragt habe, noch erarbeitet. Die Beklagte übernahm die Regelungen der ihr übersandten Vereinbarung „grundsätzlich“ in ihren Entwurf eines Durchführungsvertrags, den sie der Klägerin mit Schreiben vom 13.01.2000 (enthalten in den Akten zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan) übersandte. Die von der Klägerin vorgelegten „Grundrisse, Schnitte/Ansichten und Außenanlagenplan der Fa. ... vom 21.12.1999 sowie de(r) RE Entwurf des Ing. Büros ... vom 21.12.1999“ wurden von der Beklagten unverändert in ihren Satzungsbeschluss übernommen.
91 
bb) Ein widersprüchliches Verhalten folgt zum anderen daraus, dass die Klägerin nur mit Rücksicht auf den Plan und unter Ausnutzung von dessen Vorgaben die Baugenehmigung für den Neubau ihres Lebensmittelmarkts erhalten hat, die nach den Festsetzungen des Vorgängerbebauungsplans („Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung) nicht hätte erteilt werden können, und von dieser Genehmigung auch vollständig Gebrauch gemacht hat (vgl. - zu einem ähnlichen Fall - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, a.a.O., juris Rn. 45).
92 
cc) Entgegen der Annahme der Klägerin führt dieses widersprüchliche Verhalten bei Würdigung der besonderen Einzelfallumstände dazu, dass es mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren ist, dass sie sich nunmehr auf die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ stützt.
93 
(1) Der Senat teilt zwar die Rechtsauffassung der Klägerin, dass einem Bauherrn nach Verwirklichung der ihm erteilten Baugenehmigung nicht generell die Möglichkeit abgeschnitten sein kann, seine weitergehenden Interessen später mit Einwänden gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans durchzusetzen. Eine andere Sicht würde den Rechtsschutz zu stark verkürzen. Dies gilt auch für vorhabenbezogene Bebauungspläne und insbesondere für Fälle, in denen der Bauherr einen Mangel des Bebauungsplans erst später entdeckt. Jedoch kann ein Vorgehen gegen einen Bebauungsplan nicht nur dann missbräuchlich sein, wenn der Antragsteller schon bei Beantragung der Baugenehmigung die Absicht hatte, nach Errichtung seines Vorhabens den Bebauungsplan anzugreifen. Vielmehr kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, insbesondere darauf, mit welchen Einwänden der Bauherr gegen den Plan vorgeht und in welchem Verhältnis diese Einwände zu seinem vorangegangenen Tun stehen.
94 
(2) Danach ist es der Klägerin jedenfalls verwehrt, sich gerade für ihr Begehren der Geschossflächenerweiterung auf die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans zu berufen. Die Begrenzung der Geschossfläche war ein tragendes Merkmal der Planung.
95 
Der Satzungsbeschluss nahm Bezug auf den Grundriss des Lebensmittelmarkts mit einer Geschossfläche von 1.318 m² und damit auf das Maß dieses konkret geplanten Vorhabens. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB wird der Vorhaben- und Erschließungsplan Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Dem sollte der Satzungsbeschluss erkennbar Rechnung tragen, zumal es sich bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan seiner gesetzlichen Grundkonzeption nach um eine anlagen- und einzelfallbezogene Bauleitplanung handelt (vgl. Senatsurteil vom 10.04.2014 - 8 S 47/12 -, BauR 2014, 2064 = juris Rn. 89 m.w.N.).
96 
Zwar findet sich im zeichnerischen Teil des Plans die Festsetzung eines „beschränkten Gewerbegebiets“ („GEb“) mit einer Grundflächenzahl von 0,8 und einer Geschossflächenzahl von 2,4. Dies legt eine Auslegung nahe, dass der Vorhabenbezug des Plans „gelockert“ werden und für den geplanten Lebensmittelmarkt (zusätzlich) die Vorgaben der Baunutzungsverordnung für Einzelhandel in Gewerbegebieten (§ 11 Abs. 3 BauNVO) greifen sollten. Die „Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 BauGB) macht deutlich, dass es der Beklagten auf die Begrenzung (jedenfalls bzw. ergänzend) auf das in einem Gewerbegebiet Zulässige ankam. So heißt es unter I., die unterhalb der Großflächigkeit liegenden Handelsnutzungen seien bei innenstadtrelevantem Einzelhandel (nach dem bis dahin geltenden Planungsrecht) ausgeschlossen. Mit Beschluss vom 21.04.1999 habe der Gemeinderat die Bereitschaft erklärt, das notwendige Planungsrecht für die Ansiedlung eines Lebensmittelmarkts zu schaffen. Unter III. a) ist weiter ausgeführt, es sei ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche vorgesehen. Der zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossene Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan vom 28.02.2000/03.03.2000 hebt in § 2 Abs. 1 ebenfalls hervor, die Ausweisung eines Sondergebiets sei nicht vorgesehen, gemäß der Festsetzung Gewerbegebiet (GE) sei somit ein Lebensmittelmarkt bis maximal 800 m² Verkaufsfläche und 1.200 m² Grundfläche (Geschossfläche) zulässig. Dass das letztlich zugelassene Vorhaben mit 1.318 m² eine etwas höhere Geschossfläche aufweist, ist darauf zurückzuführen, dass die Klägerin im Gegenzug die ursprünglich größer vorgesehene Verkaufsfläche (vgl. die entsprechenden Änderungen am Baugesuch) auf ca. 790 m² reduziert hatte (so jedenfalls die Annahme der Beklagten, wie sie sich in deren Schreiben vom 02.05.2000 an das Architekturbüro M. widerspiegelt; allerdings unzutreffend ohne die Kassenzone berechnet, vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 -, BVerwGE 124, 364 = juris Rn. 27).
97 
Ein derart „gelockerter“ Vorhabenbezug ändert aber nichts daran, dass eine größere Geschossfläche als die zugelassene nach dem Planinhalt nicht zulässig sein sollte. Der Vorhabenbezug wurde mit der Festsetzung „GEb“ nicht vollständig gelöst, da neben dem zeichnerischen Teil eben auch der Grundriss des konkret geplanten Markts Planbestandteil wurde. Zudem kommt in der Festsetzung eines nur „beschränkten“ Gewerbegebiets gerade zum Ausdruck, dass in diesem Zusammenhang weitere Planbestandteile Beachtung finden sollten. Andernfalls wäre der Zusatz „b“ inhaltsleer und es hätte seiner nicht bedurft.
98 
Für die Richtigkeit der am Grundriss des konkreten Vorhabens orientierten Auslegung spricht zudem - wenn auch nur indirekt -, dass die Baugenehmigung für die Errichtung des Lebensmittelmarkts in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Erlass des vorhabenbezogenen Bebauungsplans erteilt wurde, ohne dass eine Befreiung ausgesprochen oder eine Atypik im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO geprüft wurde.
99 
Nähme man demgegenüber an, wie es die Beklagte im Verfahren über die hier streitige Baugenehmigung mit ihrem Rekurs auf § 11 BauNVO letztlich getan hat, der vorhabenbezogene Bebauungsplan habe ein Gewerbegebiet festgesetzt, ohne die im einbezogenen Grundriss vorgesehene Geschossfläche von 1.318 m² als verbindliche Obergrenze zu verstehen, müsste sich die Klägerin dann jedenfalls an dem Maßstab des § 11 BauNVO messen lassen und könnte sich für die Zulassung ihres Vorhabens nicht auf die Unwirksamkeit des Plans berufen.
100 
Selbst wenn man den vorhabenbezogenen Bebauungsplan in Bezug auf die Geschossflächenbegrenzung als mit § 12 BauGB unvereinbar, in sich objektiv widersprüchlich oder zu unbestimmt ansehen mag, bestand jedenfalls bei der Klägerin als Vorhabenträgerin keine Unklarheit darüber, dass die Beklagte die Planung mit der sich aus dem Grundriss ergebenden Geschossflächenbegrenzung vornehmen wollte. Sie hat sich hierauf auch eingelassen und die Beklagte bei dieser Planung unterstützt.
101 
(3) Schließlich begründet die Klägerin die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans vor allem damit, der Durchführungsvertrag regele keine Durchführungspflicht und keine Durchführungsfrist (vgl. dazu, dass entsprechende Regelungen zum Mindestinhalt gehören, § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB sowie näher Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2017, § 12 Rn. 95; Schiller, in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 1020 f.; Turiaux, NJW 1999, 391, 393). Dies sind indessen Gesichtspunkte, die ihrem Begehren keine erhöhte Schutzwürdigkeit verleihen, zumal das im Plan und im Durchführungsvertrag bestimmte Vorhaben längst verwirklicht ist (vgl. auch - eine Durchführungsfrist bei einer den Bestand bestätigenden Planung für entbehrlich haltend - OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.08.2001 - 1 C 11768/00 -, BauR 2001, 1874). Unter diesen Umständen erscheint die jetzige Berufung auf den Mangel eher in besonderem Maße widersprüchlich. Auch die von der Klägerin sonst vorgebrachten Einwände gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan führen zu keinem anderen Ergebnis. Sie bemängelt die Festsetzung „GEb“ wegen des vermeintlich fehlenden Vorhabenbezugs sowie wegen der vermeintlich fehlenden Bestimmtheit (jeweils unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 18.09.2003 - 4 CN 3.02 -, BVerwGE 119, 45; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 11.03.2004 - 7a D 51/02.NE -, ZfBR 2004, 575, und vom 03.12.2003 - 7a D 42/01.NE -, ZfBR 2004, 473). Dies sind ebenfalls Gesichtspunkte, die die Klägerin - unabhängig davon, inwieweit die Einwände in der Sache berechtigt sind - nun allein zum Zwecke der weiteren Ausweitung der ihr im Plan zugestandenen Geschossfläche aufgreift, während sie ansonsten diesbezüglich keine Betroffenheit geltend macht.
102 
(4) Das Alter des Plans und die sonstigen zeitlichen Abläufe nehmen dem Verhalten der Klägerin nicht seine Widersprüchlichkeit. Zwar stammt der Plan aus dem Jahre 2000, während die Klägerin erst im Jahre 2011 und damit über zehn Jahre nach Inkrafttreten - auch erhebliche Zeit nach Erteilung der Baugenehmigung für die Errichtung des Lebensmittelmarktes und dessen Realisierung - die Unwirksamkeit geltend machte. Diesem Zeitablauf kommt für sich genommen aber keine erhebliche Bedeutung zu. Geänderte Umstände, die es - etwa vergleichbar einem „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ - der Klägerin erlauben könnten, sich von der Geschossflächengrenze zu lösen, sind nicht ersichtlich. Sie macht lediglich einen geänderten „Filialstandard“ geltend. Diese Änderung entstammt aber ihrer eigenen Willenssphäre und beruht auch nicht auf unvorhersehbaren Entwicklungen. Darauf, wer die etwaige Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans (im Schwerpunkt) zu verantworten haben mag, kommt es ebenfalls nicht entscheidend an. Gleiches gilt für die Gegebenheit, dass Bebauungspläne von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufgestellt werden (zu Letzterem vgl. bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, a.a.O., juris Rn. 46).
103 
(5) Eine andere Bewertung des Verhaltens nach Treu und Glauben ist auch nicht deshalb geboten, weil der Klägerin mit den Baugenehmigungen vom 29.06.2006 (Anbau des Pfandraums) sowie vom 06.05.2010 (Umbau ohne Geschossflächenerweiterung) bereits Bauvorhaben bewilligt wurden, die eine Überschreitung der im Bebauungsplan zugelassenen Geschossfläche von 1.318 m² beinhalteten. Diese Entscheidungen haben weder den vorhabenbezogenen Bebauungsplan funktionslos werden lassen noch sonst dokumentiert, dass die Beklagte die Geschossflächenbegrenzung generell aufgeben wollte. Bei beiden Einzelentscheidungen hat die Beklagte gerade deutlich gemacht, dass sie auf die Begrenzung Wert legte und jeweils nur aus spezifischen Gründen zu ihren Entscheidungen bereit war. Der Anbau des Pfandraums wurde nur deshalb trotz Erweiterung der Geschossfläche genehmigt, weil den Neuregelungen der Verpackungsverordnung Rechnung getragen werden sollte. Die Genehmigung vom 06.05.2010 beruhte darauf, dass sie mit der Flächenumnutzung zwar als bauplanungsrechtlich relevant angesehen wurde, sie aber zu keiner Geschossflächenerweiterung führte. Insofern verhält sich die Beklagte auch nicht ihrerseits widersprüchlich, wenn sie sich auf die seinerzeit beschlossene Geschossflächenbegrenzung beruft.
104 
c) Unter Berücksichtigung der Vorgaben des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ hat die Beklagte den Bauantrag der Klägerin vom 24.01.2011 zu Recht abgelehnt (vgl. § 30 Abs. 2 BauGB).
105 
aa) Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann die Gemeinde durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Abs. 1 BauGB verpflichtet (Durchführungsvertrag). Auf dieser Rechtsgrundlage hat die Beklagte am 05.04.2000 den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Siechenwiesen“ beschlossen und eine Geschossflächenobergrenze für den Lebensmittelmarkt von 1.318 m² vorgegeben. Dem widerspräche es, wenn das Erweiterungsvorhaben der Klägerin genehmigt würde. Abgesehen davon stünde ihm auch die Festsetzung „GEb“ entgegen.
106 
Denn das Erweiterungsvorhaben wäre auch gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO nicht zulässig. Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO sind großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können (Nr. 2) sowie sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind (Nr. 3), außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nrn. 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 BImSchG sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt (§ 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO). Nach § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO sind Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 bei Betrieben nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 2 und 3 BauNVO in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1.200 m² überschreitet. Die Regel des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO gilt nach § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO (nur dann) nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1.200 m² Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1.200 m² Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen. Auch gemessen daran wäre das Bauvorhaben der Klägerin unzulässig, weil von nicht nur unwesentlichen Auswirkungen auszugehen wäre. Es bestehen keine Anhaltspunkte im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO. Maßgebend ist insoweit das Gesamtvorhaben in seiner durch die Erweiterung geänderten Gestalt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.07 -, BVerwGE 130, 113 = juris Rn. 20).
107 
Anhaltspunkte im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO für eine vom Regelfall abweichende Atypik (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 09.07.2002 - 4 B 14.02 -, BauR 2002, 1825 = juris Rn. 7 f.) können auf der betrieblichen Seite darin bestehen, dass zum Beispiel die Verkaufsfläche eher gering ist, oder dass der Betrieb beschränkt ist auf ein schmales Warensortiment (z.B. Gartenbedarf), auf Artikel, die üblicherweise in Verbindung mit handwerklichen Dienstleistungen (z.B. Kraftfahrzeughandel mit Werkstatt) angeboten werden, oder auf solche, die in einer gewissen Beziehung zu gewerblichen Nutzungen stehen (Baustoffhandel, Büromöbelhandel) (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342 = juris Rn. 11, zur BauNVO 1977, und vom 24.11.2005, a.a.O., Rn. 26). Derartige betriebliche Besonderheiten sind hier nicht ersichtlich, zumal es sich um einen Discountmarkt mit breitem Sortiment handelt.
108 
Auf der städtebaulichen Seite können Abweichungen von der typischen Situation zum Beispiel darin bestehen, dass der Einzugsbereich des Betriebs im Warenangebot bisher unterversorgt ist, dass zentrale Versorgungsbereiche an anderem Standort des Einzugsgebiets nicht geplant sind, oder dass der Betrieb in zentraler und für die Wohnbevölkerung allgemein gut erreichbarer Lage errichtet werden soll (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984, a.a.O., und vom 24.11.2005, a.a.O., Rn. 26). Auch insoweit ist für eine Atypik weder etwas dargelegt noch sonst ersichtlich. Letzteres gilt umso mehr, als der Standort geeignet erscheint, gebietsfremden Verkehr auszulösen, und die Beklagte an anderer Stelle bereits über einen zentralen Versorgungsbereich verfügt, in dem Einzelhandel zulässig ist.
109 
bb) Die Klägerin kann sich für ihr Begehren auch nicht auf § 31 Abs. 2 BauGB stützen. Danach kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und 1. Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, die Befreiung erfordern oder 2. die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder 3. die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Auch von einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan kann befreit werden (vgl. Senatsurteil vom 14.03.2007 - 8 S 1921/06 -, VBlBW 2008, 348; Bank, in: Brügelmann, BauGB, Stand Juli 2012, § 12 Rn. 196).
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(1) Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach den § 1 Abs. 8, § 2 Abs. 1 BauGB unverändert (dem Gemeinderat) der Gemeinde und nicht der Baurechtsbehörde. Diese Regelung darf deshalb nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Befreiung kann nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen. Umgekehrt wird diese Grenze für die Erteilung einer Befreiung nicht überschritten, wenn die Abweichung von Festsetzungen, die für die Grundzüge der Planung maßgeblich sind, nicht ins Gewicht fällt oder wenn die Festsetzung, von der abgewichen werden soll, eher „zufällig“ bzw. „isoliert“ erfolgt ist oder diese Planvorgabe auf einer Annahme beruht, die später entfallen ist (vgl. zum ganzen Absatz Senatsurteil vom 14.03.2007, a.a.O., m.w.N.).
111 
(2) Gemessen an diesen Grundsätzen würde die zur Genehmigung gestellte weitergehende Geschossflächenüberschreitung Grundzüge der Planung berühren. Zwar dürfte ein Verständnis der Planungsgrundzüge, die Befreiungen (nur) aus Gründen ausschließt, die in einer Vielzahl gleich gearteter Fälle ebenfalls angeführt werden könnten, bei einem als anlagen- und einzelfallbezogene Bauleitplanung ausgestalteten (vgl. Senatsurteil vom 10.04.2014, a.a.O.) vorhabenbezogenen Bebauungsplan kaum einschränkende Wirkung haben, weil ein solcher Plan nur ein bestimmtes Vorhaben zulässt (vgl. Senatsurteil vom 14.03.2007, a.a.O.; Bernhardt, NVwZ 2008, 972). Eine solche Betrachtung greift jedoch zu kurz. Bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan ist bei der Annahme der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB besondere Zurückhaltung geboten. Denn grundsätzlich besteht ein strikter Vorhabenbezug; der Bebauungsplan ist durch das konkrete Vorhaben charakterisiert (vgl. Müller-Grune, BauR 2008, 936, 938 f.). Im Hinblick auf die - im Unterschied zu einer Angebotsplanung - konkrete Festlegung des Vorhabens berühren Abweichungen vom Plan daher wenn nicht regelmäßig, so doch sehr häufig die Grundzüge der Planung (vgl. Bank, a.a.O., § 12 Rn. 196). Nicht befreit werden kann von der Grundkonzeption des vorhabenbezogenen Bebauungsplans beziehungsweise des Vorhaben- und Erschließungsplans als dessen Planbestandteil. Abweichungen können allenfalls unspezifische, nicht ins Gewicht fallende, die Konzeption nicht tragende Vorgaben betreffen (vgl. Bernhardt, a.a.O.; vgl. auch allgemein zum Wesen der Befreiung als Instrument für „Sonderfälle“ BVerwG, Urteil vom 14.07.1972 - IV C 69.70 -, BVerwGE 40, 268 = juris Rn. 28 f.). Soweit sich dem Senatsurteil vom 14.03.2007 (a.a.O.) anderes entnehmen lässt, wird daran nicht festgehalten.
112 
(3) Auch bei der vorgegebenen Geschossflächenbegrenzung handelt es sich unter den Umständen des vorliegenden Einzelfalls um einen grundlegenden Bestandteil der planerischen Konzeption. Wie bereits dargestellt, nahm der vorhabenbezogene Bebauungsplan das konkrete Vorhaben mit der genannten Geschossfläche in Bezug. Ausweislich der „Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ wie des Durchführungsvertrags kam es der Beklagten zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 30.11.2016 - 3 S 1184/16 -, VBlBW 2017, 329 = juris Rn. 51) besonders auf die Geschossflächenbegrenzung an.
113 
(4) Die Grundzüge der Planung würden von einer Zulassung des Bauvorhabens der Klägerin auch berührt. Für die Beurteilung, ob die (ursprüngliche) planerische Grundkonzeption durch die Befreiung berührt wird, ist auch die nachträgliche tatsächliche Entwicklung im Plangebiet bis zum Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung in den Blick zu nehmen. Es kommt darauf an, ob der mit der ursprünglichen Planung verfolgte Interessenausgleich durch die tatsächliche Entwicklung seit Inkrafttreten des Bebauungsplans bereits so nachhaltig gestört ist, dass die Planungsgrundzüge nicht mehr in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden können (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.11.2016, a.a.O., unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 -, BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 39; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.09.2016 - 3 S 864/16 - VBlBW 2017, 71). Gemessen daran sind die in der Geschossflächenobergrenze zum Ausdruck kommenden Planungsbelange nicht von einer planabweichenden Entwicklung überholt worden. Wie oben ausgeführt, hat die Beklagte nur aus besonderen Sachgründen in Einzelfällen Abweichungen von der Begrenzung zugelassen. Ihre Konzeption, großflächige Einzelhandelsbetriebe mit möglichen Auswirkungen nach § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO zu verhindern, wurde dadurch nicht in Frage gestellt.
III.
114 
Stehen danach dem Erweiterungsvorhaben bereits die Vorgaben des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ entgegen, ist über die Hilfsanträge nicht mehr zu entscheiden.
IV.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
116 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
117 
Beschluss vom 8. März 2018
118 
Der Streitwert wird im Anschluss an die Festsetzung des Verwaltungsgerichts auch für das Berufungsverfahren auf 14.637,-- EUR festgesetzt (vgl. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs 2013 in entsprechender Anwendung, 150,-- EUR pro m² Erweiterung der Hauptnutzfläche sowie der Verkehrsfläche/Flur Backvorbereitung gemäß der von der Klägerin vorgelegten Berechnung nach DIN 277).
119 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.