Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 20. Sept. 2016 - 3 S 864/16

bei uns veröffentlicht am20.09.2016

Tenor

Die Anträge der Kläger sowie der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 1. März 2016 - 13 K 3322/13 - werden abgelehnt.

Die Kläger als Gesamtschuldner und die Beigeladene tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens jeweils zur Hälfte. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen sie jeweils selbst.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 96.282,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Kläger begehren die Erteilung einer Baugenehmigung für die Änderung der Nutzung einer genehmigten „Aldi-Verkaufsstelle“ in einen „dm-Drogeriemarkt“, der von der Beigeladenen betrieben werden soll.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Flst.Nr. ..., ... Straße ... in Bad Mergentheim. Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“, in Kraft getreten am 10.4.2004. Das Plangebiet umfasst ausweislich der Planbegründung eine Fläche von ca. 4 ha. Für den verfahrensgegenständlichen Bereich setzt der Bebauungsplan in Ziff. 1.1.2 der textlichen Festsetzungen ein eingeschränktes Gewerbegebiet fest. Nach Ziff. 1.1.4 der textlichen Festsetzungen sind Einzelhandelsbetriebe und sonstige Handelsbetriebe mit Verkauf an letzte Verbraucher mit zentrenrelevanten Sortimenten nicht zugelassen. Hierzu zählen neben Nahrungs- und Genussmitteln auch Drogeriewaren (inklusive Wasch- und Putzmittel), Kosmetika und Apothekerwaren. Durch den Bebauungsplan „Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Teiländerung im Bereich der Flst.Nr. ... und ...“, in Kraft getreten am 4.12.2010, wurde der Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ in einem Teilbereich geändert und die genannten Grundstücke als Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel ausgewiesen. Dieser Teilbereich, auf dem sich derzeit ein REWE-Lebensmittelmarkt befindet, umfasst 0,9 ha.
Das auf dem Grundstück der Kläger stehende Gebäude wurde auf Grundlage einer Baugenehmigung vom 29.5.1998 für eine „Aldi-Verkaufsstelle" mit einer Verkaufsfläche von 631,04 m² als Lebensmitteldiscountgeschäft genutzt. Nach Aufgabe dieser Nutzung ist nunmehr der Betrieb eines „dm-Drogeriemarktes“ beabsichtigt. Den entsprechenden Genehmigungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.10.2013 ab. Den Widerspruch der Kläger wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 12.2.2014 und der Begründung zurück, bei der beantragten Nutzungsänderung handele es sich um ein genehmigungspflichtiges Vorhaben. Ein Aldi-Markt sei als Lebensmittel-Einzelhandelsbetrieb bekannt; in der Baubeschreibung sei zudem ausdrücklich vom Handel mit Lebensmitteln die Rede. Drogerieartikel bildeten im Sortiment eines Aldi-Marktes ein Randsortiment. Bei einem dm-Markt stelle dagegen der Lebensmittelbereich ein Randsortiment dar. Der Sortimentswechsel von Lebensmittel zu Drogeriewaren sei daher genehmigungspflichtig. Das Vorhaben verstoße gegen Ziff. 1.1.4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans. Eine Befreiung könne nicht erteilt werden, da mit der geplanten Nutzungsänderung Grundzüge der Planung berührt würden.
Die Kläger haben am 16.9.2013 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und zuletzt beantragt, die Beklagte zu verpflichten, die mit Bauantrag vom 8.3.2013 beantragte Nutzungsänderung des auf dem Flst.Nr. ..., ...-Straße ... in Bad Mergentheim aufstehenden Gebäudes zur Nutzung als dm-Drogeriemarkt zu bewilligen und den Bescheid der Beklagten vom 24.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 12.2.2014 aufzuheben. Die Beigeladene hat sich diesem Antrag angeschlossen. Zudem haben die Kläger hilfsweise beantragt, festzustellen, dass für die Nutzung des Gebäudes auf der Flst.-Nr. ..., ...-... in Bad Mergentheim als dm-Drogeriemarkt keine Nutzungsänderungsgenehmigung erforderlich ist.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 1.3.2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kläger hätten keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Bei dem geplanten Vorhaben handele es sich sowohl in bauordnungsrechtlicher als auch in bauplanungsrechtlicher Hinsicht um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Das Vorhaben verlasse die Variationsbreite der genehmigten Nutzung, da die Baugenehmigung für eine „Aldi-Verkaufsstelle“ erteilt worden sei, die überwiegend den Verkauf von Lebensmitteln zum Gegenstand gehabt habe. Der beantragte dm-Drogeriemarkt werde von dieser Variationsbreite nicht erfasst. Des Weiteren würden - in bauplanungsrechtlicher Hinsicht - bodenrechtliche Belange berührt, da dem Vorhaben unter städtebaulichen Gesichtspunkten aufgrund einer völlig veränderten Schwerpunktbildung eine andere Qualität beizumessen sei und es im Vergleich zu der bisher genehmigten Nutzung weitergehender Vorschriften in Gestalt des hier maßgebenden Bebauungsplans unterliege.
Das beantragte Vorhaben widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“. Dieser sei auch wirksam, insbesondere verstießen die Festsetzungen in Ziff. 1.1.4 nicht gegen das Abwägungsgebot. Für die städtebauliche Erforderlichkeit genüge es, dass der Einzelhandelsausschluss und die Sortimentsbeschränkung des Bebauungsplans zumindest geeignet seien, einen Beitrag zur Förderung des planerischen Ziels zu leisten. Die Festsetzungen des Bebauungsplans seien zudem bestimmt; es lasse sich hinreichend sicher feststellen, welche Festsetzungen hinsichtlich Art und Maß der baulichen Nutzung im Planbereich GE 2 gälten. Im Übrigen sei der Bebauungsplan auch nicht funktionslos geworden. Es sei möglich, zwischen den einzelnen Sortimenten, die von Ziff. 1.1.4 erfasst würden, zu unterscheiden. Wäre das Einzelhandelskonzept in Folge der tatsächlichen Entwicklung in Bezug auf ein zentrenrelevantes Sortiment nicht mehr umsetzbar, so bedeute dies nicht, dass damit das städtebauliche Ziel des Schutzes bzw. der Stärkung eines zentralen Versorgungs- und Innenstadtbereichs insgesamt obsolet geworden sei. Dies gelte auch in Anbetracht der von den Klägern angeführten „Bezugsfälle“, die im Wesentlichen den Verkauf von Lebensmittel an letzte Verbraucher zum Gegenstand hätten. Es sei nicht ersichtlich, dass die tatsächlichen Verhältnisse derart massiv und offenkundig von der Plankonzeption abwichen, dass eine Verwirklichung der planerischen Festsetzungen auf absehbare Zeit ausgeschlossen sei. Auch die Aufstellung des Bebauungsplans „Sondergebiet Einkaufszentrum Bahnareal“ und die Überplanung eines Teilgebiets des maßgebenden Bebauungsplans durch den Bebauungsplan „Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Teiländerung“ führten nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB komme nicht in Betracht, da Ziel des Bebauungsplans gerade der Einzelhandelsausschluss zum Zwecke der Stärkung des zentralen Versorgungsbereichs sei. Die diesem Ziel dienenden Festsetzungen in Ziff. 1.1.4 stellten daher einen Grundzug der Planung dar. Aus diesem Grund komme es auf den von der Beigeladenen unbedingt gestellten Beweisantrag nicht entscheidungserheblich an. Da bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermessensausübung nicht vorlägen, sei für eine „durch Zulassung von Bezugsfällen“ entstandene Selbstbindung der Behörde kein Raum.
Hiergegen wenden sich die Kläger sowie die Beigeladene mit ihren Zulassungsbegehren.
II.
Die Anträge sind zulässig, insbesondere rechtzeitig gestellt (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) und begründet (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) worden; sie haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe, die gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nur im Rahmen der Darlegungen der Kläger sowie der Beigeladenen zu prüfen sind, liegen nicht vor.
10 
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nicht dargetan worden.
11 
a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind nur dann gegeben, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt wird, dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163; Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; Beschl. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 - juris Rn. 15). Es reicht indes nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen. Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente schlagen dann nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -DVBl. 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, Beschl. v. 5.7.2016 - 3 ZB 14.1781 -juris Rn. 2; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 -juris Rn. 15). Das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert dabei eine substantiierte Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 - juris Rn. 15).
12 
b) Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Kläger sowie der Beigeladenen nicht gerecht.
13 
aa) Der Einwand der Kläger, das Gericht habe rechtsfehlerhaft eine Nutzungsänderung angenommen, da es von der Genehmigung einer „Aldi-Verkaufsstelle“ ausgegangen sei, obwohl der Bezeichnung „Aldi“ keine rechtliche Relevanz zukomme und die Baugenehmigung keine Sortimentsbeschränkung enthalte, geht fehl. Zwar trifft zu, dass das Verwaltungsgericht von einer Änderung der bisher genehmigten Nutzung als „Aldi Verkaufsstelle“ ausgegangen ist, diese Begrifflichkeit hat es jedoch offensichtlich der Bezeichnung in der Baugenehmigung vom 29.5.1998 entnommen, ohne die Firmenbezeichnung „Aldi“ im Sinne einer eigenständigen städtebaulichen Kategorie zu verwenden. Denn wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt, hat das Gericht maßgeblich auf die in der Baugenehmigung in Bezug genommenen Bauvorlagen vom 22.4.1998 abgestellt, zu denen die Angaben zu gewerblichen Anlagen zählen, nach denen beabsichtigt ist, in dem Gebäude überwiegend mit Lebensmitteln zu handeln. Hiergegen ist indes nichts zu erinnern, da der Regelungsumfang einer Baugenehmigung hinsichtlich der mit ihr zugelassenen Art der Nutzung einschließlich ihrer Variationsbreite bzw. ihrer Zweckbestimmung sich nach der Bezeichnung des Vorhabens in der Genehmigung sowie den weiteren Regelungen im Genehmigungsbescheid, den Bauvorlagen und sonstigen in Bezug genommenen Unterlagen richtet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 9.4.2014 - 8 S 1528/13 - VBlBW 2015, 26 = juris Rn. 11).
14 
bb) Entgegen der Auffassung der Kläger kommt dem Vorhaben auch bauordnungsrechtliche Relevanz zu, da - wie vom erstinstanzlichen Gericht richtig erkannt - durch den „Verkauf von Drogerieartikeln“ der Bereich der bisherigen Zweckbestimmung verlassen wird. Daran vermag der Umstand, dass sich in der Angebotspalette des Lebensmitteldiscounters „Aldi“ auch dem Sortiment Drogeriewaren unterfallende Produkte befunden haben mögen, nichts zu ändern, da - von den Klägern unbestritten - ein „dm-Drogeriemarkt“ nicht überwiegend dem Handel mit Lebensmitteln dient.
15 
cc) Auch die Feststellung des Gerichts, es liege eine Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB vor, da durch die Änderung des Sortimentsschwerpunktes die Variationsbreite der genehmigten Nutzung überschritten werde und das Vorhaben bodenrechtliche Belange neu berühre, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln.
16 
Der Vortrag der Kläger vermag solche Zweifel nicht zu begründen, da diese zu Unrecht von einer Genehmigung als „Verkaufsstelle“ ohne weitere Einschränkungen ausgehen. In Anbetracht des Inhalts der Baugenehmigung vom 29.5.1998 kann der beabsichtigte (schwerpunktmäßige) Handel mit Drogeriewaren nicht als „mitgenehmigt“ angesehen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 11.2.2016 - 5 S 1389/14 - juris Rn. 57).
17 
Die Beigeladene zeigt ebenfalls keine Rechtsfehler auf. Sie geht vielmehr ihrerseits unzutreffend davon aus, § 1 BauGB spiele bei der Frage, ob ein Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig sei, „grundsätzlich keine Rolle“. Dies lässt sich jedoch mit der einschlägigen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.1.1993 - 4 C 19.90 - DVBl. 1993, 652 = juris Rn. 27; Urt. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 - BVerwGE 144, 82 = juris Rn. 26; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.9.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 = juris Rn. 11; Beschl. v. 25.10.2012 - 8 S 869/12 - ZfBR 2013, 60 = juris Rn. 8, zuletzt auch VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 15) nicht vereinbaren. Allein die Tatsache, dass im Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ sowohl Einzelhandelsbetriebe mit dem Sortiment Nahrungs- und Genussmittel als auch solche, die Drogeriewaren führen, ausgeschlossen wurden, ändert nichts daran, dass durch einen Wechsel der in Ziff. 1.1.4 der textlichen Festsetzungen bezeichneten Sortimente bodenrechtliche Belange, wie sie sich aus § 1 Abs. 6 BauGB ergeben, neu berührt werden und daher neu zu prüfen sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.9.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 = juris Rn. 11, 14).
18 
Der Beigeladenen kann auch nicht darin gefolgt werden, das Verwaltungsgericht sei einem Zirkelschluss unterlegen, da es den Betrieb eines Lebensmittelmarktes als bestandsgeschützte Nutzung vorausgesetzt habe. Denn hierzu war das Gericht aufgrund des eindeutigen Inhalts der Baugenehmigung vielmehr verpflichtet. Im Übrigen verkennt die Beigeladene die Reichweite des durch die Baugenehmigung vermittelten Bestandsschutzes, der sich im vorliegenden Fall auf eine („Aldi“-)Verkaufsstelle beschränkt, in der überwiegend mit Lebensmitteln gehandelt wird. Überdies hat das Gericht die bodenrechtliche Relevanz des geplanten Vorhabens unter Hinweis darauf bejaht, dass es - bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung - weitergehenden Vorschriften unterliegt als das genehmigte Vorhaben, nämlich in Gestalt des nach Erteilung der Baugenehmigung aufgestellten Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“. Die hiervon abweichende Auffassung der Beigeladenen geht von einem fehlerhaften Verständnis hinsichtlich des Bestandsschutzes einer genehmigten baulichen Anlage aus und findet in der Rechtsprechung keine Stütze (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.9.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 = juris Rn. 16). Insbesondere verkennt die Beigeladene, dass die genehmigte Nutzung einer „Aldi-Verkaufsstelle“ durch die Aufstellung des streitgegenständlichen Bebauungsplans in ihrer Reichweite nicht „nachträglich geändert bzw. eingeschränkt“ worden ist. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Beigeladenen zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 1.6.2011 - 4 B 2.11 - BauR 2011, 1622 = juris Rn. 16), da mit der Baugenehmigung vom 29.5.1998 eine hinreichende Konkretisierung der zulässigen Nutzung im Sinne eines Handels „mit überwiegend Lebensmitteln“ erfolgt ist.
19 
dd) Des Weiteren ist das Gericht rechtsfehlerfrei von der Wirksamkeit des Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l -Planbereich 01.10“ ausgegangen.
20 
(1) Entgegen der Auffassung der Kläger ist insbesondere nicht von einer Funktionslosigkeit des Bebauungsplan auszugehen. Das Verwaltungsgericht hat die hierzu einschlägige Rechtsprechung, die bezüglich der Funktionslosigkeit von bauplanerischen Festsetzungen einen strengen Maßstab anlegt (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 22.7.2013 - 7 BN 1.13 - LKV 2013, 417 = juris Rn. 6; Urt. v. 28.4.2004 - 4 C 10.03 - UPR 2005, 66 = juris Rn. 15; Urt. v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71 = juris Rn. 22), ausführlich dargestellt und in seine Würdigung einbezogen. Gegen den Ansatz des Gerichts, innerhalb der zentrenrelevanten Sortimente zwischen dem Ausschluss von Nahrungs- und Genussmitteln (Ziff. 1.1.4a der textlichen Festsetzungen) einerseits sowie dem Ausschluss von Drogerie- / Apothekerwaren und Kosmetika (Ziff. 1.1.4c der textlichen Festsetzungen) andererseits zu differenzieren, ist nichts zu erinnern. Denn zu würdigen ist grundsätzlich sowohl die Festsetzung in ihrer ganzen Reichweite als auch die Bedeutung, die sie für den Plan in seiner Gesamtheit hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.4.1977 - IV C 39.75 -BVerwGE 54, 5 = juris Rn. 35).
21 
Zutreffend hat das Gericht danach erkannt, dass das städtebauliche Ziel des Schutzes bzw. der Stärkung eines zentralen Versorgungs- und Innenstadtbereichs nicht dadurch obsolet wird, dass das dahinter stehende (Einzelhandels-)Konzept in Bezug auf eines der - im vorliegenden Fall - insgesamt 16 als zentrenrelevant identifizierten Sortimente möglicherweise nicht mehr umsetzbar ist. In Konsequenz hierzu hat es den von den Klägern benannten Bezugsfällen, die Einzelhandelsbetriebe betreffen, die teilweise in angrenzenden Plangebieten liegen und im Wesentlichen den Verkauf von Lebensmitteln an Endverbraucher zum Gegenstand haben, bei der Frage der Funktionslosigkeit des angegriffenen Bebauungsplans keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen. Folgerichtig ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass die Festsetzung Ziff. 1.1.4c noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97 -BVerwGE 108, 71 = juris Rn. 22).
22 
Der diesbezügliche Vortrag der Kläger, der eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung nicht erkennen lässt, rechtfertigt kein andere Beurteilung. Die Kläger lassen insbesondere unberücksichtigt, dass sich das Planungsziel der Beklagten nicht im Ausschluss des Sortiments „Nahrungs- und Genussmittel“ erschöpft, dieser stellt vielmehr lediglich einen Teilaspekt der planerischen Zielsetzung dar.
23 
(2) Die Rüge der Beigeladenen, das Gericht habe rechtsfehlerhaft die Bestimmtheit des streitgegenständlichen Bebauungsplans angenommen, führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung. Die Beigeladene geht zwar zutreffend davon aus, dass die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans aus sich heraus eindeutig und verständlich sein müssen und die von den Festsetzungen Betroffenen vorhersehen können müssen, welchen Regelungen ihre Grundstücke unterworfen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 27.10.2015 - 8 S 2207/13 - juris Rn. 68). Die Festsetzungen eines Bebauungsplans sind jedoch nicht schon dann zu unbestimmt, wenn sich deren Inhalt erst durch Auslegung erschließt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.2.2011 - 4 BN 43.10 - BauR 2011, 1118 = juris Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.10.2014 - 5 S 1970/12 - BauR 2015, 789 = juris Rn. 21). Ausgehend hiervon hat das Gericht plausibel und nachvollziehbar dargelegt, welche Festsetzungen hinsichtlich Art und Maß der baulichen Nutzung im Planbereich GE 2 gelten. Weiterer Erläuterungen bedurfte es nicht.
24 
ee) Im Ergebnis rechtsfehlerfrei hat das Verwaltungsgericht zudem das Vorliegen der Voraussetzungen einer Befreiung nach Maßgabe des § 31 Abs. 2 BauGB verneint, da durch das geplante Vorhaben die Grundzüge der Planung berührt werden, die ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ (S. 4) darin bestehen, die Einzelhandelsnutzung zu beschränken.
25 
Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich aus dem Umstand, dass der Bebauungsplan die zum damaligen Zeitpunkt vorhandenen und bestandsgeschützten Einzelhandelsnutzungen - zu denen auch die „Aldi-Verkaufsstelle“ zählte - „respektiert“ hat, nicht herleiten, die Plangeberin habe deren „Erhalt“ zum Bestandteil der Grundzüge ihrer Planung gemacht. Vielmehr hat die Beklagte keinen Zweifel daran gelassen, dass „[k]ünftig […] die Gewerbegebiete vor allem für das produzierende Gewerbe und Dienstleistungen freigehalten werden“ sollen (vgl. S. 5 der Begründung zum Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“). Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob - wie die Kläger meinen - der geplante „dm-Drogeriemarkt“ bei einer auf die heutigen Verhältnisse abstellenden Betrachtung der Nahversorgung dient. Da das erstinstanzliche Gericht durch das geplante Vorhaben bereits die Grundzüge der Planung als berührt angesehen hat, musste es nicht mehr der Frage nachgehen, ob - nach der Diktion der Kläger - eine „unzumutbare Härte“ vorliegt.
26 
Die Beigeladene weist zwar zutreffend darauf hin, dass das Gericht - gestützt auf einschlägige Literatur - ausgeführt hat, eine Befreiung scheide generell aus, wenn ein Bebauungsplan Einzelhandel ausschließe oder er eine Beschränkung des Warensortiments vorsehe. Zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen einer Befreiung nicht vorliegen, ist das Gericht jedoch nicht im Sinne eines Automatismus gelangt. Vielmehr hat es bezogen auf den konkreten Einzelfall - eingebettet in den rechtlichen Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB - aufgezeigt, dass es sich bei dem von der Beklagten vorgesehenen Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Sortimenten um einen Grundzug der Planung handelt. Der Beigeladenen kann zudem nicht darin zugestimmt werden, es stehe lediglich die Nachbelegung eines bereits vorhandenen Einzelhandelsbetriebs in Rede. Dies trifft in dieser Allgemeinheit vor dem Hintergrund der durch die Baugenehmigung vom 29.5.1998 genehmigten Nutzung nicht zu.
27 
Soweit die Beigeladene vorträgt, die Grundzüge der Planung würden im Hinblick auf das sonstige Genehmigungsverhalten der Beklagten jedenfalls nicht „berührt“, begründet sie ebenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses. Zwar ist hinsichtlich der Frage, ob die Grundzüge der Planung „berührt“ werden, nicht auf den Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung abzustellen (so noch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 13.6.2007 - 3 S 881/06 - ESVGH 57, 227 = juris Rn. 33), sondern die tatsächliche Entwicklung des Baugebiets in den Blick zu nehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 39; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 31 Rn. 22). Der Senat hält insoweit an der von ihm bisher vertretenen Auffassung nicht mehr fest. Im vorliegenden Fall kann jedoch selbst bei einer die tatsächlichen Verhältnisse berücksichtigenden Betrachtung nicht davon ausgegangen werden, die Auswirkungen des geplanten Vorhabens fielen deshalb nicht (mehr) entscheidend ins Gewicht, weil diese Grundkonzeption bereits durch die bisherige tatsächliche Entwicklung im Baugebiet insgesamt aufgeweicht und stellenweise vollständig überholt sei (vgl. hierzu BayVGH, Urt. v. 9.8.2007 - 25 B 05.1337 - juris Rn. 35). Hierzu hat das Verwaltungsgericht - wenngleich unter anderen Vorzeichen -aufgezeigt, dass die sog. „Bezugsfälle“ ein anderes zentrenrelevantes Sortiment betreffen (Nahrungs- und Genussmittel) und zwischen einzelnen Sortimentsbeschränkungen zu differenzieren ist. Daraus folgt ohne weiteres, dass die Grundzüge der Planung jedenfalls durch die Zulassung eines Einzelhandelsbetriebs mit den in Ziff. 1.1.4c der textlichen Festsetzungen gelisteten Sortimenten nach wie vor berührt werden.
28 
2. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind ebenfalls nicht gegeben.
29 
a) Die Annahme besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeiten zukommt. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn sich der konkret zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von dem Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfällen deutlich abhebt und sich gerade die diesbezüglichen Fragen im Berufungsverfahren stellen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.9.2005 - 9 S 437/05 - NVwZ-RR 2006, 255; Beschl. v. 22.4.1997 - 14 S 913/97 - NVwZ 1997, 1230; Beschl. v. 17.2.2009 - 10 S 3156/08 - juris Rn. 10). Den Darlegungserfordernissen ist hierbei nur genügt, wenn in fallbezogener Auseinandersetzung mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts dargetan wird, inwieweit sich die benannten Schwierigkeiten in Vergleich mit Verfahren durchschnittlicher Schwierigkeit als „besondere“ darstellen und für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sein werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 10.6.1997 - 7 S 662/97 - NVwZ-RR 1998, 31; Beschl. v. 17.2.2009 - 10 S 3156/08 -, juris Rn. 10).
30 
b) Ausgehend hiervon haben weder die Kläger noch die Beigeladene dargetan, dass die vorliegende Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist.
31 
aa) Die Ausführungen der Kläger genügen den an die Darlegung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu stellenden Anforderungen nicht. Ihrem diesbezüglichen Vortrag mangelt es nicht nur an einer fallbezogener Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, sondern dieser lässt zudem nicht einmal ansatzweise erkennen, inwieweit sich die von den Klägern ausgemachten Schwierigkeiten in Vergleich mit Verfahren durchschnittlicher Schwierigkeit als „besondere“ darstellen und für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sein werden.
32 
bb) Nichts anderes gilt im Hinblick auf den Vortrag der Beigeladenen, der sich in einem Verweis auf die Ausführungen zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erschöpft. Zwar sollen Bezugnahmen unnötige Wiederholungen vermeiden, dies entbindet aber nicht von der - hier ebenfalls unterbliebenen - konkreten Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 198). Dass sich die Beigeladene im Rahmen ihrer Erläuterungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO mit dem Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart befasst hat, macht eine nochmalige Auseinandersetzung bei der Geltendmachung von besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache nicht entbehrlich, da die Zulassung der Berufung nach Maßgabe des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO - wie von der Beigeladenen aufgezeigt - anderen Darlegungserfordernissen unterliegt.
33 
3. Die Ausführungen, mit denen die Kläger sowie die Beigeladene eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend machen, führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung.
34 
a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes „grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache“ erfordert, dass ausdrücklich oder sinngemäß eine entscheidungserhebliche konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage aufgeworfen und erläutert wird, warum diese Frage bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte Probleme aufwirft, die über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam sind und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts durch das Berufungsgericht geklärt werden müssen. Außerdem ist - bei Rechtsfragen ausgehend von den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts - die Entscheidungserheblichkeit der Frage darzulegen; das Aufzeigen einer bloß fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen genügt insoweit nicht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 19.8.2010 - 8 S 2322/09 - juris Rn. 11).
35 
b) Dies zugrunde gelegt ergibt sich weder aus dem Vortrag der Kläger noch dem der Beigeladenen eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. So versäumen Kläger und Beigeladene bereits zu erläutern, warum die von ihnen formulierten Fragen bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte Probleme aufwerfen, die über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam sind und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts durch das Berufungsgericht geklärt werden müssen.
36 
aa) Überdies stellt sich die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob die Verwendung einer Firmenbezeichnung bei der Baugenehmigung zugleich eine Einschränkung hinsichtlich der Art der Nutzung beinhaltet oder ob die Art der Nutzung in der Baugenehmigung selbst konkretisiert und bestimmt werden muss, im vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil - wie sich aus Vorstehendem ergibt - das Gericht der Firmenbezeichnung „Aldi“ keine rechtliche Qualität beigemessen hat und die Art der Nutzung durch die Einbeziehung der Bauvorlagen in die Baugenehmigung vom 29.5.1998 bestimmt worden ist.
37 
bb) Die von der Beigeladenen genannte Frage, ob eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage die inhaltliche Reichweite des städtebaulichen Bestandsschutzes, wie ihn § 29 Abs. 1 BauGB vermittelt, einzuschränken vermag, ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Denn - wie bereits ausgeführt - ist mit dem Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ eine Einschränkung der bestehenden Einzelhandelsnutzungen nicht einhergegangen.
38 
4. Schließlich kommt eine Zulassung der Berufung auch vor dem Hintergrund des allein von der Beigeladenen geltend gemachten Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht in Betracht.
39 
a) Nach Maßgabe dieser Bestimmung ist die Berufung zuzulassen, wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf welchem die Entscheidung beruhen kann. Ein solcher Mangel ist nur dann bezeichnet, wenn sowohl die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen rechtlich substantiiert dargetan werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 30.10.2014 - 9 S 279/14 - juris Rn. 11).
40 
b) Diesen Anforderungen genügt die Beigeladene mit ihrem Vorbringen nicht. Das Gericht hat den Beweisantrag mit der Begründung abgelehnt, es handele sich bei der Bewertung einer Tatsache als städtebaulich relevant um eine Rechtsfrage. Im Übrigen komme es komme es auf die beantragte Beweiserhebung nicht an, da bei Durchführung des beantragten Vorhabens Grundzüge der Planung berührt würden. Dies ist nicht zu beanstanden, da die Beigeladene keine Tatsachen, sondern lediglich Rechtsfragen unter Beweis gestellt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.4.2012 - 4 C 8/09 u.a. - BVerwGE 142, 234 = juris Rn. 86). Daran ändert nichts, dass die Beigeladene hierzu eine abweichende Auffassung vertritt.
III.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, Abs. 3 Hs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.
42 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.5. / 1.6.2012 und am 18.7.2013 beschlossenen Änderungen und folgt der von den Beteiligten nicht angegriffenen Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts.
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 20. Sept. 2016 - 3 S 864/16

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 20. Sept. 2016 - 3 S 864/16

Referenzen - Gesetze

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 20. Sept. 2016 - 3 S 864/16 zitiert 11 §§.

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Baugesetzbuch - BBauG | § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung


(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 20. Sept. 2016 - 3 S 864/16 zitiert oder wird zitiert von 16 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 20. Sept. 2016 - 3 S 864/16 zitiert 13 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 27. Okt. 2015 - 8 S 2207/13

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Tenor Auf die Berufung der Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. November 2012 - 2 K 471/11 - teilweise geändert und neu gefasst.Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechts

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 30. Sept. 2015 - 10 L 1877/15

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Tenor 1. Die aufschiebende Wirkung der Klage 10 K 3900/15 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 3. September 2015 wird hinsichtlich der Androhung des unmittelbaren Zwangs in Form der Versiegelung angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 11. Mai 2015 - 3 S 2420/14

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Tenor Die Anträge der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 8. Oktober 2014 - 5 K 3233/12 -werden abgelehnt.Die Beigeladenen tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens je zur Hälfte.Der Streit

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 30. Okt. 2014 - 9 S 279/14

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 28. Okt. 2014 - 5 S 1970/12

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Tatbestand 1 Die Klägerin ist eine als eingetragener Verein organisierte Pfarrgemeinde der Syrisch-Orthodoxen Kirche. Im Jahre 1994 beantragte sie die Erteilung einer Ba

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2019 - 15 ZB 17.1833

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Tenor I. Die Berufung wird zugelassen. II. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird vorläufig auf 10.000 Euro festgesetzt. Gründe Die Berufung ist gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen, weil die R

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 08. März 2018 - 8 S 1464/15

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Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Mai 2015 - 2 K 2227/12 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.Die Revision wird nicht zu

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Nov. 2016 - 3 S 1184/16

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Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. April 2008 - 5 K 2146/06 - geändert.Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 06.03.2006 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 06.06.2011 und der Wider

Referenzen

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Die Anträge der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 8. Oktober 2014 - 5 K 3233/12 -werden abgelehnt.

Die Beigeladenen tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens je zur Hälfte.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Beigeladene 1 beantragte am 23.3.2011 die Erteilung eines Bauvorbescheids für die Nutzungsänderung eines bestehenden Mehrfamilienhauses in Ferien-/Monteurwohnungen auf dem im Eigentum der Beigeladenen 2 stehenden Grundstück Flst.-Nr. ... (...) der Gemarkung der Gemeinde Brühl. Die Klägerin, deren Mehrfamilienhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... (...) im Wohnungseigentum steht, erhob hiergegen mit der Begründung Einwendungen, bei der näheren Umgebung handle es sich um ein reines Wohngebiet, in dem das Vorhaben nicht zulässig sei.
Das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis teilte am 14.4.2011 der Beigeladenen 1 mit, ein Antrag auf Nutzungsänderung sei nicht erforderlich, da die Wohnungen langfristig und zum Teil unbefristet vermietet werden würden und deshalb ein Beherbergungsbetrieb nicht vorliege.
Die Klägerin beantragte daraufhin mit Schreiben vom 28.4.2011, den Beherbergungsbetrieb zu unterbinden bis ein endgültiger Bescheid ergangen sei. Die Wohnungen im Haupthaus sowie die zusätzlichen Wohnungen im Nebengebäude seien tages- bzw. wochenweise vermietet, wobei in der Woche hauptsächlich Monteure und am Wochenende Urlaubsreisende einzögen. In Spitzenzeiten seien schätzungsweise bis zu 20 Gäste anwesend. Sie fühle sich durch die artfremde Nutzung des Grundstücks als „Pension“ beeinträchtigt.
Das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis stellte in einem Aktenvermerk vom 25.10.2011 fest, dass die Beigeladene 1 im Branchenverzeichnis der Stadt Schwetzingen unter den Rubriken Hotels und Unterkünfte/Pensionen und Ferienwohnungen die Wohnungen im ... als „Pension S...“ bewerbe. Eine tagesweise Vermietung aufgrund des dort angegebenen Preises pro Nacht sei ausdrücklich vorgesehen. Angeboten werde ein Wäscheservice sowie die Übernahme der Zimmerreinigung.
Nach weiterer Anhörung der Beigeladenen teilte das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis der Klägerin unter dem 16.2.2012 mit, der Antrag auf baurechtliches Einschreiten gegen die behauptete Nutzung als Beherbergungsbetrieb werde in Kürze förmlich abgelehnt. Am 27.2.2012 wiederholte die Klägerin ihren Antrag auf Untersagung der Nutzung des Anwesens ... als Unterkunft zur kurzfristigen Überlassung von Räumlichkeiten an Mitarbeiter von Monteurunternehmen durch Erlass einer rechtsbehelfsfähigen förmlichen Verfügung.
Nachdem das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis in der Folgezeit keinen Bescheid erließ, erhob die Klägerin am 29.11.2012 Klage.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 8.10.2014 - 5 K 3233/12 - dem Klagantrag der Klägerin folgend, die Beklagte verpflichtet, über den Antrag der Klägerin, die gewerbliche Nutzung auf dem Grundstück der Beigeladenen 2 als Monteursunterkunft zu untersagen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch der Klägerin auf Bescheidung ihres Antrags auf Erlass einer Nutzungsuntersagung ergebe sich aus § 65 Satz 2 LBO. Vorliegend sei ein Verstoß gegen nachbarschützende Anforderungen des materiellen Rechts zu bejahen, weil die Klägerin in ihrem Anspruch auf Gebietsbewahrung verletzt werde.
Bauplanungsrechtlich beurteile sich die Zulässigkeit der beantragten Nut-zungsänderung nach § 34 BauGB, da kein Bebauungsplan bestehe. Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche im vorliegenden Fall einem reinen Wohngebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO. In dem den Maßstab bildenden Geviert Waldweg, Rheinauer Straße zwischen der Einmündung des Waldwegs und der Lessingstraße, der Lessingstraße bis zur Gartenstraße/Ecke Gartenstraße und der Vossstraße befinde sich ausschließlich Wohnbebauung. Die durchgehende Wohnbebauung entlang des Waldwegs werde nicht durch den Netto-Markt, das Altenheim oder die in Renovierung befindliche Gaststätte an der Rheinauer Straße geprägt. Die Grünfläche östlich des Waldwegs stelle nicht lediglich eine Baulücke dar, sondern sei als Teil eines großen unbebauten Areals dem Außenbereich zuzuordnen. Die Bebauung südlich der Rheinauer Straße entfalte aus diesem Grund und wegen der verschiedenen Bau- und Nutzungsstruktur, die als allgemeines Wohngebiet zu beurteilen sei, keine prägende Wirkung.
Die Nutzung der Räumlichkeiten in den Gebäuden auf dem Anwesen ...-... sei nicht allgemein in einem reinen Wohngebiet zulässig, weil ein Wohnen im Sinne des Bauplanungsrechts darin nicht stattfinde. Die Räumlichkeiten würden vielmehr als Beherbergungsbetrieb genutzt. Die Beigeladenen würden im Branchenverzeichnis für die „Pension S...“ und nicht für die Vermietung von Wohnungen werben. Bei entsprechender Nachfrage könne und würden sie gleichzeitig 17 Betten an Monteure vermieten. Die Bettwäsche werde gestellt und die Endreinigung vorgenommen. Sanitäranlagen, Küche und Aufenthaltsräume seien nur gemeinschaftlich benutzbar. Ein selbst gestaltbarer häuslicher Wirkungskreis von Dauer sei in den Räumen, soweit sie an Monteure vermietet würden, nicht gegeben. Die Beweisaufnahme in Form eines Augenscheins habe den Mangel an Häuslichkeit bestätigt. Die Unterbringung in den Zimmern lasse eine selbstbestimmte Gestaltung eines Wohnraums nicht zu. Denn es sei ein Leben wie in einem Hotel oder einer Pension „aus dem Koffer“ vorgefunden worden. Für einen Beherbergungsbetrieb spreche entscheidend, dass gewerbsmäßig Räume und Betten bei entsprechender Bedarfslage bis zu 17 Monteuren zum nur vorübergehenden Aufenthalt von unterschiedlicher Dauer zur Verfügung gestellt würden.
10 
Der Betrieb des Beherbergungsgewerbes könne auch nicht ausnahmsweise in dem faktischen reinen Wohngebiet zugelassen werden, weil er nicht klein im Sinne von § 3 Abs. 3 BauNVO sei. Die Betriebsführung, d.h. die Vermietung nicht von Zimmern, sondern von Betten an Monteuren ordne sich auch unter Berücksichtigung der Zahl der Benutzer und unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Wohnruhe nicht unauffällig in das Gebiet ein. Vielmehr falle der Betrieb nach seiner Benutzerzahl und der zu erwartenden Verkehrsvorgänge aus dem Rahmen des durch reine Wohnnutzung geprägten Gebiets und widerspreche damit konkret dem Charakter dieses Baugebiets. In diesem Zusammenhang sei auch von Bedeutung, dass ein großer Hof und ein Hintergebäude für den Beherbergungsbetrieb genutzt würden. Bei einem Betrieb, der bei entsprechender Auftragslage alle 17 Betten nur wenige Tage an verschiedene Monteure vermiete, sei die Einhaltung der Wohnruhe nicht in gleichem Maße gewährleistet wie bei einer Vermietung an Familien oder Mitgliedern von Wohngemeinschaften in entsprechender Anzahl.
11 
Der drittschützende Gebietserhaltungsanspruch der Klägerin werde durch den nicht kleinen Beherbergungsbetrieb der Beigeladenen verletzt. Der Beklagte habe daher unter dieser Prämisse eine Ermessensentscheidung nach § 65 Satz 2 LBO über das Ob und Wie bauaufsichtsrechtlichen Einschreitens in Form der Nutzungsuntersagung zu treffen.
II.
12 
Die rechtzeitig gestellten (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) und begründeten (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) Anträge der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das vorbezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe bleiben ohne Erfolg.
13 
Die von den Beigeladenen geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sowie des Vorliegens eines Verfahrensmangels rechtfertigen aus den mit dem Antrag angeführten Gründen nicht die Zulassung der Berufung.
14 
1. Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegt nicht vor.
15 
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt werden (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163; Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 -BVerfGE 110, 77, 83; Beschl. v. 10.9.2009 - BvR 814/09 - NJW 2009, 3642), dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.12.2003 - 7 AV 2.03 - Buchholz 310, § 124 VwGO Nr. 32). Das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert dabei eine substantiierte Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung.
16 
Nach Maßgabe dessen begründet das Zulassungsvorbringen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils.
17 
a) Die Beigeladenen rügen zunächst, die Einstufung der näheren Umgebung als reines Wohngebiet sei fehlerhaft.
18 
aa) Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass sich die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen in einem ausschließlich von Wohnnutzung geprägten und damit in einem faktischen reinen Wohngebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO befinden. Maßgebend für die Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung sei die durchgehende Wohnbebauung entlang des Waldwegs, die Bebauung der Rheinauer Straße zwischen der Einmündung des Waldwegs und der Lessingstraße und entlang der Lessingstraße bis zur Gartenstraße/Ecke Gartenstraße und der Voßstraße. Dieses Geviert sei als reines Wohngebiet zu beurteilen, weil sich dort ausschließlich Wohnbebauung finde.
19 
bb) Die Beigeladenen wenden dagegen ein, das Verwaltungsgericht hätte der Rheinauer Straße keine trennende Wirkung beimessen dürfen. Ferner hätte der Netto-Markt und die in Renovierung befindliche, aber nicht aufgegebene Gaststätte in der Rheinauer Straße sowie das Altersheim wie auch ein Lottoladen und ein Schreibwarengeschäft berücksichtigt werden müssen. Schließlich sei die östlich an den Waldweg angrenzende Fläche nicht dem Außenbereich zuzuordnen.
20 
cc) Diese Kritik greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat den Rahmen der maßgebenden Umgebungsbebauung zutreffend gebildet. Die Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB setzt voraus, dass die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der BauNVO bezeichneten Baugebiete entspricht. Die Fragen, wie die nähere Umgebung abzugrenzen und wie ihre Eigenart zu bestimmen ist, beantworten sich in gleicher Weise wie bei § 34 Abs. 1 BauGB (Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 34 Rn. 27, 73 f.). Zur Beurteilung, wie weit die nähere Umgebung reicht, ist maßgebend darauf abzustellen, wie weit sich - erstens - die Ausführung des Vorhabens der Beigeladenen auf sie auswirken kann und - zweitens - wie weit die Umgebung den bodenrechtlichen Charakter des Vorhabengrundstücks prägt oder doch beeinflusst (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 26.5.1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369). Welcher räumliche Bereich im Rahmen dieser wechselseitigen Prägung die „nähere Umgebung“ im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB umfasst, lässt sich deshalb nicht schematisch, sondern nur nach der jeweiligen tatsächlichen städtebaulichen Situation bestimmen, in die das Vorhabengrundstück eingebettet ist (BVerwG, Beschl. v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris; Beschl. v. 16.6.2009 - 4 B 50.08 - BauR 2009, 1564; Mischang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 34 Rn. 21; Rieger, a.a.O., § 34 Rn. 27, 73 f.).
21 
Unter Beachtung dieser Maßgaben hat das Verwaltungsgericht zu Recht dem Netto-Markt und dem Altersheim keine prägende Wirkung beigemessen. Mit dem Verwaltungsgericht ist ferner davon auszugehen, dass das Baugebiet jenseits der Rheinauer Straße, in dem sich die vorbezeichneten Nutzungen sowie größere Wohngebäude und die in Renovierung befindliche Gaststätte befinden, als allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 4 BauNVO zu bewerten ist. Dieses weist damit eine andere Struktur auf als das durch reine Wohnbebauung geprägte Geviert westlich der Waldstraße und nördlich der Rheinauer Straße. Damit sind zwei jeweils einheitlich geprägte Bebauungskomplexe mit voneinander verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen vorhanden, die zudem nicht aneinandergrenzen, sondern durch die Grünfläche östlich der Waldstraße, die das Verwaltungsgericht zu Recht dem Außenbereich zugeordnet hat, getrennt sind.
22 
b) Die Beigeladenen wenden sich ferner gegen die verwaltungsgerichtliche Auffassung, die Räumlichkeiten in dem vormaligen Wohngebäude dienten nicht mehr dem Wohnen, sondern würden nunmehr als Beherbergungsbetrieb genutzt.
23 
aa) Die Beigeladenen meinen, das Verwaltungsgericht habe sich mit dem Begriff des Wohnens nicht hinlänglich auseinandergesetzt. Die Bewohner könnten ihr unmittelbares Umfeld gestalten. Die Wohnungen seien voll möbliert. Daher sei wenig eigene Dekoration vorhanden. Die Wohnungen enthielten auch eine Küchenausstattung. Die Beigeladenen erledigten nur die Endreinigung und stellten alle vier Wochen die Bettwäsche. Es gebe keine Rezeption oder einen gemeinsamen Frühstücks- oder Fernsehraum. Allein der Umstand, dass die Mieter ihre Sporttaschen nicht ausgepackt hätten, nehme dem Aufenthalt nicht den Charakter des Wohnens. Es würden keine fremden Monteure zusammen in einem Zimmer untergebracht. Dass Gericht differenziere nicht zwischen der auf Dauer angelegten Nutzung der Wohnung im Anbau und im Dachgeschoss und den drei anderen Wohnungen, die tatsächlich von Monteuren genutzt würden. Am Haus ... sei keinerlei Werbung für eine Pension angebracht.
24 
bb) Auch dieses Vorbringen der Beigeladenen begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
25 
(1) Von einem Wohnen ist nur bei einer auf Dauer angelegten Häuslichkeit auszugehen, die sich durch die Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie die Freiwilligkeit des Aufenthalts auszeichnet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.3.1996 - 4 B 302.95 - NVwZ 1996, 893; Urt. v. 25.3.2004 - 4 B 15.04 - BRS 67 Nr. 70; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 19.2.2014 - 3 L 212/12 - BauR 2015, 81; BayVGH, Beschl. v. 25.8.2009 - 1 CS 09.287 - juris; VG Bremen, Beschl. v. 17.11.2014 - 1 V 1827/14 - juris; VG Leipzig, Beschl. v. 28.5.2014 - 4 L 288/14 - juris; VG Schwerin, Urt. v. 20.12.2012 - 2 A 857/11 - juris). Erfolgt eine Unterbringung nur übergangsweise für einen begrenzten Zweck mit einem nicht über einen längeren Zeitraum gleichbleibenden Bewohnerkreis in einem Raum, handelt es sich um eine andere Nutzungsart als Wohnen (vgl. VG Schwerin, Urt. v. 20.12.2012 - 2 A 857/11- juris). Eine nach Tagen bemessene Mietdauer schließt die Annahme einer auf Dauer angelegten Häuslichkeit regelmäßig aus (vgl. VG Berlin, Beschl. v. 23.1.2012 - 19 L 294.11 - juris).
26 
(2) Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass die Räumlichkeiten in dem vormaligen Wohngebäude nicht zum Wohnen, sondern als Beherbergungsbetrieb genutzt werden. Diese Würdigung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Für einen Beherbergungsbetrieb ist in Abgrenzung zum Wohnen kennzeichnend, dass Räume ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese dort typischerweise eine eigene Häuslichkeit begründen (BVerwG, Beschl. v. 31.7.2013 - 4 B 8.13 - BauR 2013, 1996; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 19.2.2014 - 3 L 212/12 - BauR 2015, 81; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 31.1.1997 - 8 S 3167/96 - BRS 59 Nr. 58 [1997]). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf abgestellt, dass die Beigeladenen als „Pension S...“ nicht für die Vermietung von Wohnungen werben, sondern für eine Pension. Wie in Beherbergungsbetrieben üblich, werde der Preis pro Nacht berechnet. Zusätzlich würden für einen Beherbergungsbetrieb typische Dienstleistungen erbracht, da die Bettwäsche gestellt und die Endreinigung vorgenommen werde. Die Frage der Wirtschaftlichkeit des Betriebs orientiere sich, wie bei Beherbergungsbetrieben üblich, vorwiegend an der Höhe der Nebenkosten für die Dienstleistungen und dem Preis für die Übernachtung.
27 
Auch wenn wegen der vorhandenen Küche je Etage eine gewisse Eigengestaltung der Haushaltsführung vorhanden sein mag, weil Mahlzeiten selbst zubereitet werden können, so sprechen die vom Verwaltungsgericht festgestellten Umstände doch gegen einen selbst gestaltbaren häuslichen Wirkungskreis von Dauer in den Räumen der Beigeladenen, soweit sie an Monteure vermietet werden. Nach dem Gesamtgepräge bleiben diese Gäste eines Beherbergungsbetriebs. Die Räumlichkeiten zeigen mehr den Charakter von mehr oder weniger kurzfristig benutzten Unterkünften, ohne dass damit deren Qualität bewertet werden soll. Allein der Umstand, dass nach den Angaben der Beigeladenen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Räumlichkeiten auch längerfristig vermietet waren, steht dieser Einschätzung nicht entgegen. Denn die Beigeladenen haben selbst eingeräumt, dass bei entsprechender Nachfrage grundsätzlich maximal 17 Betten an Monteure vermietet werden.
28 
c) Die Beigeladenen sehen schließlich insoweit ernstliche Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, als dieses den Beherbergungsbetrieb nicht als „klein“ im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO angesehen habe, weshalb er auch nicht ausnahmsweise in dem faktischen reinen Wohngebiet zugelassen werden könne.
29 
aa) Die Beigeladenen machen insoweit geltend, allein die Nutzung des Innenhofs durch die Gäste führe noch nicht zu einer Verneinung des Merkmals „klein“. Der An- und Abreiseverkehr sei nur untergeordnet. Das Urteil beruhe auf bloßen Vermutungen. Das Gericht unterstelle ohne konkrete Anhaltspunkte, dass Dauerwohner leiser seien als die Monteure. Das Urteil beruhe auf dem Vorurteil, Monteure seien per se laut und deren Aufenthalt daher niemandem zumutbar. Auch Dauerwohner könnten sich gegenüber ihren Nachbarn unzumutbar verhalten.
30 
bb) Diese Einwände der Beigeladenen rechtfertigen gleichfalls nicht die Berufungszulassung wegen ernstlicher Zweifel.
31 
(1) Gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO (i.V.m. § 34 Abs. 2 BauGB) können in einem reinen Wohngebiet ausnahmsweise kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes zugelassen werden. Was in diesem Sinne „klein“ ist, lässt sich nicht allgemein umschreiben, weil sein Bedeutungsgehalt auch von den tatsächlichen Auswirkungen des festgesetzten oder faktischen Baugebiets in der konkreten Örtlichkeit abhängt (BVerwG, Beschl. v. 27.11.1987 - 4 B 230.87 u. 231.87 - BRS 47 Nr. 36). Maßgeblich ist, ob sich der Betrieb nach Erscheinungsform, Betriebsform und Betriebsführung sowie unter Berücksichtigung der Zahl der Benutzer unauffällig in das Gebiet einordnet, wobei dem Schutz der Wohnruhe besondere Bedeutung zukommt. Wesentlicher Gesichtspunkt ist dabei, wie sich der Betrieb auf seine Umgebung auswirkt und welche Störungen von ihm ausgehen. Mit dem Merkmal „klein“ soll deshalb gewährleistet sein, dass nur solche Betriebe zugelassen werden können, die gebietsverträglich sind. Daraus folgt, dass § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zwar eine feste, allgemein gültige Grenzziehung zum Beispiel anhand einer bestimmten Zahl von Betten, die einheitlich für alle nach § 3 BauNVO zu beurteilenden Baugebiete gälte, nicht zulässt. Es entspricht in diesem Zusammenhang aber allgemeiner Ansicht, dass die Frage, ob der Betrieb noch als „klein“ einzustufen ist, im Einzelfall nach der Bettenzahl als einem dafür maßgeblichen Merkmal beantwortet werden kann (BVerwG, Beschl. v. 27.11.1987, a.a.O.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 19.2.2014 - 3 L 212/12 - BauR 2015, 81; VG Bremen, Beschl. v. 17.11.2014 - 1 V 1827/14 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 31.1.1997 - 8 S 3167/96 - BRS 59 Nr. 58 [1997]; Stock, in Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 3 BauNVO, Rn. 76; Fickert/Fieseler, BauNVO, § 3 Rn. 20 u. 20.1).
32 
(2) Das Verwaltungsgericht ist in Anwendung dieser Grundsätze zur Auffassung gelangt, dass unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Verhältnisse der hier zu beurteilende Beherbergungsbetrieb mit 17 Betten für Monteure die in dem Merkmal „klein“ zum Ausdruck kommende Grenze des noch bauplanungsrechtlich Zulässigen überschreitet. Die Frage, ob jeder einzelnen Erwägung des Verwaltungsgerichts im Rahmen seiner Entscheidungsfindung zu folgen ist, kann dabei dahinstehen, da der Senat jedenfalls das Ergebnis der Gesamtwürdigung teilt. Der Beherbergungsbetrieb der Beigeladenen widerspricht nach seinem Gesamtbild dem Charakter des hier als Maßstab konkret in den Blick zu nehmenden Baugebiets. In einem durch reine Wohnnutzung geprägten Gebiet, das sich - wie hier - zudem durch eine stark aufgelockerte Bebauung auszeichnet und insgesamt als ruhiges Wohnquartier beurteilt werden muss, ist ein Beherbergungsbetrieb grundsätzlich nur mit einer Bettenzahl von deutlich unter 17 Betten als wohngebietsverträglich und damit als „klein“ im Sinne des § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO (i.V.m. § 34 Abs. 2 BauGB) anzusehen.
33 
2. Die Zulassung der Berufung ist ferner nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geboten.
34 
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn es für ihre Entscheidung maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.1.2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805). Die nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebotene Darlegung dieser Voraussetzungen verlangt, dass unter Durchdringung des Streitstoffes eine - gegebenenfalls erneut oder ergänzend - klärungsbedürftige konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage aufgezeigt wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war und die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und dass ein Hinweis auf den Grund gegeben wird, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.2011 - 5 B 29.11 - juris). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
35 
Die von Beigeladenen für rechtsgrundsätzlich bedeutsam erachtete Frage,
36 
mit wie vielen Betten ein Beherbergungsbetrieb noch als klein gilt, um sich in ein faktisches reines Wohngebiet einzufügen,
37 
lässt sich nicht verallgemeinerungsfähig beantworten. Wie unter II. 1. c) dargelegt, lässt sich nicht allgemein umschreiben, wann ein Beherbergungsbetrieb als „klein“ im Sinne des § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zu beurteilen ist, weil sein Bedeutungsgehalt unter Berücksichtigung des konkreten Beherbergungsbetriebs von den tatsächlichen Auswirkungen des festgesetzten oder Baugebiets in der konkreten Örtlichkeit abhängt (BVerwG, Beschl. v. 27.11.1987 - 4 B 230.87 u. 231.87 - BRS 47 Nr. 36). Diese Würdigung richtet sich allein nach den Umständen des Einzelfalls und ist einer verallgemeinerungsfähigen - über den Einzelfall hinausgehenden - Klärung für eine Vielzahl von Fällen nicht zugänglich.
38 
3. Die von den Beigeladenen behaupteten Verfahrensmängel i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO rechtfertigen schließlich ebenfalls nicht die Zulassung der Berufung.
39 
a) Die Beigeladenen halten es für verfahrensfehlerhaft, dass der wesentliche Inhalt ihrer Stellungnahmen, zu denen ihnen das Gericht nach Erörterung des Ergebnisses des Augenscheins Gelegenheit gegeben habe, nicht in das Protokoll aufgenommen worden sei.
40 
Die Frage, ob der wesentliche Inhalt von Stellungnahmen der Beteiligten gemäß § 160 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 105 VwGO einen wesentlichen Vorgang der Verhandlung darstellt und deshalb in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Selbst wenn dies zu bejahen sein sollte und die Nichtaufnahme des wesentlichen Inhalts von Stellungnahmen der Beteiligten einen Verfahrensmangel begründete, rechtfertigt dies nicht die Zulassung der Berufung. Denn die Beigeladenen haben schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt, dass die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts - wie von dem Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vorausgesetzt - darauf beruht.
41 
b) Die Beigeladenen sehen im Weiteren einen Verletzung der Gewährung rechtlichen Gehörs darin, dass das Gericht seine Auffassung nach dem Ortstermin nicht kundgetan habe. Das Gericht habe sich bei der Abfassung der Urteilsgründe nur auf den Vortrag der Klägerin gestützt. Es hätte ein richterlicher Hinweis auf die Auffassung des Gerichts erteilt werden müssen, um gegebenenfalls einen Schriftsatznachlass beantragen zu können. In dem nachgelassenen Schriftsatz hätte zu den im Urteil aufgeführten Vorurteilen Stellung genommen werden können.
42 
Dieses Zulassungsvorbringen begründet keinen Verfahrensmangel.
43 
Der verfassungsrechtliche Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) beinhaltet unter anderem, dass die Parteien im Prozess hinreichend Gelegenheit haben müssen, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht alles vorzutragen, was aus ihrer Sicht zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig ist (vgl. u.a. BVerfG, Beschl. v. 8.6.1993 - 1 BvR 878/90 - BVerfGE 89, 28). Ferner verpflichtet er das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Als Prozessgrundrecht soll Art. 103 Abs. 1 GG sicherstellen, dass gerichtliche Entscheidungen frei von Verfahrensfehlern ergehen, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme oder Nichtberücksichtigung wesentlicher Sachvortrags haben (vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 26.6.2012 - 2 BvR 1013/11 - juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 5.12.2011 - A 9 S 2939/11 - AuAS 2012, 45). Diese Pflichten hat das Verwaltungsgericht nicht missachtet.
44 
aa) Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht aber der Rechtsaussicht eines Beteiligten zu folgen. Er gewährt daher keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise außer Betracht lassen (vgl. dazu u.a. BVerfG, Beschl. v. 10.2.1987 - 2 BvR 314/86 -BVerfGE 74, 220; Beschl. v. 17.04.1991 - 1 BvR 419/81 u.a. - BVerfGE 84, 34 m.w.N.; BVerwG, Beschl. v. 17.9.2008 - 4 BN 22.08 - DVBl 2008, 1511; BVerwG, Beschl. v. 4.8.2008 - 1 B 3.08 - juris; Beschl. v. 29.7.2010 - 8 B 10.10 - ZOV 2010, 223). Der Umstand, dass ein Beteiligter, wie hier die Beigeladenen, eine aus ihrer Sicht fehlerhafte Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials, eine unzutreffende Sachverhaltswürdigung oder eine fehlerhafte Rechtsanwendung rügt, aus denen er andere Schlüsse ziehen will als das angefochtene Urteil, begründet somit keinen Verfahrensmangel.
45 
bb) Ferner muss das Gericht die Beteiligten nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen, zumal sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (BVerwG, Beschl. v. 13.1.2009 - 9 B 64.08 - juris). Letzteres verkennen die Beigeladenen mit ihrem Vorbringen. Außerdem hätte zur Begründung der Verfahrensrüge als Zulassungsgrund jedenfalls der substantiierte Vortrag gehört, welche Tatsachen bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen worden wären und dass diese Tatsachen zur Klärung der Rechtslage im Sinne der Partei geeignet gewesen wären (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.10.2004 - 3 B 62.04 -juris). Diesen Vortrag lässt das Zulassungsvorbringen vermissen.
46 
cc) Zur Gewährleistung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann es zwar in besonderen Fällen auch geboten sein, die Beteiligten auf eine Rechtsauffassung hinzuweisen, auf die sich das Gericht stützen will. Das ist aber nur dann der Fall, wenn das Gericht seiner Entscheidung tragend eine Rechtsauffassung zugrunde legen will, die weder im Verwaltungs- noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erörtert wurde und die als so fern liegend anzusehen ist, dass sie dem Rechtsstreit eine Wende gibt, mit der ein gewissenhafter und kundiger Beteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen braucht (Verbot einer Überraschungsentscheidung; vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 7.10.2003 - 1 BvR 10/99 - BVerfGE 108, 341, 345 f; BVerwG, Beschl. v. 12.11.2014 - 2 B 67.14 - ZBR 2015, 92).
47 
Ein solcher Verfahrensmangel ist dem Verwaltungsgericht jedoch nicht unterlaufen. Denn es hat, wie sich dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 8.10.2014 entnehmen lässt, mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert. Dass es möglicherweise nicht jede einzelne Begründungserwägung erwähnt haben mag, erklärt sich schon danach, dass sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt.
48 
c) Die Beigeladenen rügen schließlich als verfahrensfehlerhaft, die Öffentlichkeit sei nach der Unterbrechung der mündlichen Verhandlung zur Wahrnehmung des richterlichen Augenscheins mit eingeschränkter Parteiöffentlichkeit nicht wieder formal hergestellt worden.
49 
Diese Rüge greift nicht durch. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 8.10.2014 erfolgte keine Entscheidung des Inhalts, dass die Öffentlichkeit nach der Unterbrechung der mündlichen Verhandlung zur Wahrnehmung des richterlichen Augenscheins eingeschränkt werde. Vielmehr wurde die im Rathaus Ketsch begonnene mündliche Verhandlung - lediglich - unterbrochen und auf dem Grundstück ... fortgesetzt und geschlossen. Für die Behauptung der Beigeladenen, die Öffentlichkeit sei nach der Unterbrechung der mündlichen Verhandlung zur Wahrnehmung des richterlichen Augenscheins eingeschränkt worden, findet sich in der Niederschrift keinen Anhalt. Die Einschränkung der Öffentlichkeit gehört mit Blick auf § 160 Abs. 1 Nr. 5 VwGO in Verbindung mit § 105 VwGO zu den wesentlichen Vorgängen der Verhandlung, die gemäß § 160 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 105 VwGO zu protokollieren sind. Ist eine derartige Entscheidung - wie im hier vorliegenden Fall - nicht protokolliert, so begründet demgemäß das Protokoll den vollen Beweis dafür, dass diese nicht erfolgt ist (BVerwG, Beschl. v. 28.12.2011 - 9 B 53.11 - NVwZ 2012, 512). Einen Antrag auf Berichtigung des Protokolls haben die Beigeladenen beim Verwaltungsgericht nicht gestellt.
50 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 i.V.m. § 159 Satz 1 VwGO.
51 
Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 47 Abs. 1 u. 3, § 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (VBlBW 2014, Heft 1, Sonderbeilage).
52 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten) und des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i. S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - juris) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - juris). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Aufhebung der Missbilligung vom 6. September 2013 zu Recht abgewiesen. Die hiergegen vom Kläger innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils.

1.1. Der Kläger, der zunächst als Geschäftsleiter in Diensten der Beklagten stand, wurde nach einer internen Umstrukturierung mit Organisationsverfügung des ersten Bürgermeisters vom 9. April 2013 zum 1. Juni 2013 auf eine Stabsstelle umgesetzt. Die Stabsstelle umfasste neben allgemeinen Verwaltungstätigkeiten, Angelegenheiten der Gemeindeverfassung, Grundlagen der Verwaltungsorganisation, allgemeinen Rechtsangelegenheiten, und sonstigen Projekten auf Anweisung des Bürgermeisters das Finanzwesen (Erfassung und Bewertung des Anlagevermögens, Aufbau der Anlagebuchhaltung sowie Aufbau und Pflege des Berichtswesens und Controllings) mit einem Zeitanteil von 25 Prozent und Aufgaben im Zusammenhang mit dem Projekt der Einführung des doppischen Haushalts- und Rechnungswesens mit einem Zeitanteil von 33 Prozent.

Gegen die Umsetzung hat der Kläger erfolglos vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben. Der Antrag auf Zulassung der Berufung (Az. 3 ZB 14.1779) wurde mit Beschluss des Senats vom 5. Juli 2016 abgelehnt. Der seit Mitte August durchgehend dienstunfähig erkrankte Kläger wurde mit Bescheid der Beklagten vom 16. September 2014 wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt.

Mit Organisationsverfügung des ersten Bürgermeisters vom 3. Juni 2013 wurde der Kläger unter Bezugnahme auf die Aufgabenfelder der ihm zugewiesenen Stabsstelle unter anderem aufgefordert, bis 31. Juli 2013 schriftlich eine Grundkonzeption inklusive Zeitplanung vorzulegen, in der darzustellen sei, welche Schritte in der Vorbereitung auf die Einführung der „Doppik“ unter konkreter Zugrundelegung der Verhältnisse der Gemeindeverwaltung der Beklagten vorzunehmen seien. Mit E-Mail des ersten Bürgermeisters vom 11. Juli 2013 wurde nochmals ausdrücklich unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 3. Juni 2013 an die Erstellung der Grundkonzeption bis zum 31. Juli 2013 erinnert und darauf hingewiesen, dass im Rahmen der zeitlichen Planung der Zeithorizont von 2 Jahren nicht überschritten werden sollte. Nachdem der Kläger mit E-Mail vom 31. Juli 2013 lediglich eine einseitige, stichwortartige Auflistung von in Schlagworten gefassten Stichpunkten vorlegte (Bl. 41 Gerichtsakte), wurde der Kläger im Schreiben des ersten Bürgermeisters vom 2. August 2013 nochmals dazu angehalten, bis 14. August 2013 die zugewiesene Aufgabenstellung zu erledigen. Im diesem Schreiben wurde zugleich bemängelt, dass die E-Mail des Klägers vom 31. Juli 2013 nur allgemeine Bestandteile des neuen Haushalts- und Rechnungswesens sowie diverse Bilanzkennzahlen ohne Bezug zur Beklagten aufgewiesen habe, die nicht der geforderten schriftlichen Form entsprochen hätten. Der erste Bürgermeister wies den Kläger zusätzlich darauf hin, dass er sein diesbezügliches Verhalten als Provokation und (erneutes) Mobbing gegen seine Person werte. Folge der Kläger dieser Anweisung erneut nicht, würden diesmal personal- bzw. dienstrechtliche Maßnahmen eingeleitet werden. Mit E-Mail vom 14. August 2013 teilte der Kläger dem ersten Bürgermeister mit, er habe keinerlei Erfahrungen und Kenntnisse in der „Doppik“ und daher das vorgelegte Konzept nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Darüber hinaus regte der Kläger seine Anmeldung bei einem mehrtägigen Kurs an der Bayerischen Verwaltungsschule „Doppik und doppelte Buchführung“ im Oktober 2013 an. Daraufhin wurde gegenüber dem Kläger mit Schreiben des ersten Bürgermeisters der Beklagten vom 6. September 2013 wegen nicht ordnungsgemäßer Abarbeitung eines Arbeitsauftrages eine schriftliche Missbilligung ausgesprochen, welche zur Personalakte des Klägers genommen wurde.

1.2. Soweit das Verwaltungsgericht die Missbilligung vom 6. September 2013 als ermessensfehlerfrei und damit als rechtmäßig ansieht, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.

1.2.1 Die schriftliche Missbilligung eines bestimmten Verhaltens eines Beamten bildet eine Unterform der in Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayDG (Bayerisches Disziplinargesetz) vorgesehenen missbilligenden Äußerungen, die nicht ausdrücklich als Verweis bezeichnet werden und keine Disziplinarmaßnahmen darstellen. Als Missbilligung wird grundsätzlich jede dienstaufsichtliche Beanstandung des Verhaltens eines Beamten betrachtet, gleichgültig in welcher Form sie geschieht (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand August 2015, Art. 7 BayDG Rn. 10 ff.). Sie findet ihre Rechtsgrundlage in der aus dem allgemeinen Beamtenrecht folgenden Geschäftsleitungs-, Weisungs- und Aufsichtsbefugnis des Dienstherrn, die ihn im Rahmen der Dienstaufsicht berechtigt, auf eine reibungslose und rechtsfehlerfreie Erledigung der Dienstgeschäfte hinzuwirken und bei Bedarf kritisch einzuschreiten (vgl. etwa OVG LSA, B.v. 17.5.2016 - 1 L 176/15 - juris Rn. 20; SächsOVG, Urteil vom 18.2.2014 - 2 A 448/12 -, juris Rn. 26; OVG Lüneburg, U.v. 22.1.2013 - 5 LB 227/11 -, juris Rn. 43 m.w.N).

Die Missbilligung ist als gemilderter Tadel eines der Ordnung zuwiderlaufenden Verhaltens zu verstehen, der spezial- und/oder generalpräventiven Zwecken dient. Es handelt sich um ein außerdisziplinarrechtliches pädagogisches Mittel, das Dienstvorgesetzte besitzen, um auf ein dienstlich zu beanstandendes Verhalten angemessen reagieren zu können (vgl. SächsOVG, U.v. 18.2.2014, a. a. O.). Für die ausgesprochene Missbilligung war deshalb der erste Bürgermeister als Dienstvorgesetzter der Gemeindebeamten gemäß Art. 43 Abs. 3 GO grundsätzlich zuständig.

Die Ermächtigung, ein dienstliches Verhalten eines Beamten zu missbilligen, ergibt sich aus der dem Dienstherrn im Rahmen des beamtenrechtlichen Über- und Unterordnungsverhältnisses zustehenden Leitungs-, Aufsichts- und Weisungsbefugnis. Der Dienstherr ist aufgrund dieser Befugnis berechtigt und nach den Umständen des Einzelfalls sogar verpflichtet, auf die reibungslose und fehlerfreie Erledigung der Dienstgeschäfte hinzuwirken und erforderlichenfalls kritisch-missbilligend gegen unterstellte Beamte einzuschreiten (OVG Lüneburg, U.v. 22.1.2013, a. a. O. juris Rn. 50). Der betreffende Beamte muss eine rechtmäßige missbilligende Äußerung infolge der ihm aufgrund des Beamtenverhältnisses obliegenden Treue- und Folgepflicht (Art. 33 Abs. 5 GG, §§ 34, 35 BeamtStG) hinnehmen.

1.2.2 Eine missbilligende Äußerung kann nur ausgesprochen werden, wenn objektiv ein Anlass bestanden hat, sich missbilligend über den Beamten zu äußern (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 13.9.2011 - 10 K 2776/11). Dann steht der Erlass einer Missbilligung im Ermessen des Dienstvorgesetzten.

Die Entscheidung kann gerichtlich nur dahingehend eingeschränkt überprüft werden, ob der gesetzliche Rahmen verkannt, ob ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt wurden (VG Münster, U.v. 16.10.2009 - 4 K 1765/08; VG Wiesbaden, U.v. 3.5.2014 - 28 K 943/12.WI.D), wobei auch zu prüfen ist, ob die ausgesprochene missbilligende Äußerung in einem angemessenen Verhältnis zum Anlass steht (ausführlich VG Ansbach, U.v. 11.11.2014 - AN 1 K 13.02125 - juris Rn. 54 ff, VG München, U.v. 22.9.2015 - M 5 K 15.1047 - juris m. w. N.).

Der von der Beklagten ausgegebene Arbeitsauftrag wurde vom Kläger trotz mehrmaliger Hinweise und Nachfristsetzung nur unzureichend erfüllt. Die mit E-Mail vom 31. Juli 2013 vorgelegte, stichpunktartige Aufzählung kann nicht als ordnungsgemäße Erledigung des Arbeitsauftrages vom 3. Juni 2013 gewertet werden. Unter dem Titel „Konzept für die Einführung der Doppik“ wurden lediglich allgemeine Bestandteile des neuen Haushalts- und Rechnungswesens sowie diverse Bilanzkennzahlen zusammenhangslos aneinandergereiht aufgelistet. Weder wurde im Hinblick auf die notwendigen Einzelschritte der Bezug zu den spezifischen Gegebenheiten bei der Beklagten hergestellt, noch im Hinblick auf die erforderlichen Maßnahmen eine Aussage zum zeitlichen Rahmen getroffen. Diese Mängel hat die Beklagte auch ausführlich im Rahmen der Klageerwiderung vom 11. November 2013 dargelegt. Soweit der Kläger im Rahmen des Zulassungsantrags rügt, er vermisse ein substantiiertes Vorbringen der Beklagten, was der Kläger im Rahmen seiner Möglichkeiten versäumt habe, kann er deshalb nicht durchdringen. Eine ausreichende Auseinandersetzung mit der im Arbeitsauftrag vom 3. Juni 2013 vorgegebenen Konzepterstellung wurde von der Beklagten zu Recht bemängelt. Die unzureichende Erledigung des Arbeitsauftrags wird vom Kläger auch nicht bestritten.

1.2.3 Zu Recht hat das Verwaltungsgericht das klägerische Verhalten auch nicht durch die von ihm in der E-Mail vom 14. August 2013 vorgebrachten Umstände gerechtfertigt gesehen. Allein im Hinweis des Kläger auf seine mangelnden Fachkenntnisse im Bereich der Doppik und seine Anregung, er könne doch in diesem Zusammenhang im Oktober 2013 eine Fortbildungsveranstaltung der Bayerischen Verwaltungsschule („Doppik und doppelte Buchführung“) besuchen, kann eine Rechtfertigung für die unzureichende Erledigung des Arbeitsauftrages vom 3. Juni 2013 nicht gesehen werden. Unbestritten hat die Beklagte den Kläger darauf hingewiesen, dass Detailkonzepte, Leitfäden und Musterunterlagen von Kommunen anderer Bundesländer frei zugänglich veröffentlicht seien und lediglich ein Abgleich bzw. eine Abstimmung auf die gesetzlichen Vorgaben in Bayern vom Kläger vorzunehmen gewesen wäre. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, dass von einem Beamten der 3. QE der BesGr. A12 - noch dazu einem langjährigen geschäftsleitenden Beamten, der mit den Vorgängen in der Gemeindeverwaltung vertraut ist - eine entsprechende Einarbeitung in diese Thematik verlangt werden könne, so ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt umso mehr, als der Kläger in seiner gegen die Umsetzung auf die Stabsstelle gerichteten Klage (Az. 3 ZB 14.1779) selbst vorbringt, die der Stabsstelle zugewiesenen Aufgaben - auch das Konzept zur Einführung der Doppik - würden in anderen Gemeinden von Beamten der 2. QE wahrgenommen und seien für ihn selbst kaum als amtsangemessen anzusehen. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger überhaupt in der gewünschten Form mit der einschlägigen Materie auseinander gesetzt hat, wie z. B. durch Rückfragen zum Arbeitsauftrag, Vorlagen von Zwischenergebnissen bzw. von entsprechenden Unterlagen etc., sind nicht ersichtlich. Eine „Art“ Rückfrage zum Arbeitsauftrag sieht der Senat auch nicht im Hinweis des Klägers auf seine fehlenden fachlichen Kenntnisse in der E-Mail vom 14. August 2013.

1.2.4 Vor dem Hintergrund, dass der Kläger erst 10 Wochen nach Erteilung des Arbeitsauftrages - am letzten Tag der ihm zur Erledigung gesetzten Frist (14. August 2013) - auf seine fehlenden Fachkenntnisse hingewiesen hat, spricht nach Auffassung des Senats viel dafür, dass dem Kläger insgesamt der Wille fehlte, sich in das neue - wohl ungeliebte Aufgabengebiet - einzuarbeiten. Dass ein solches Verhalten vom ersten Bürgermeister als Provokation aufgefasst wurde, wie von ihm in seinem Schreiben vom 2. August 2013 an den Kläger zum Ausdruck gebracht, ist aus Sicht des Senats zumindest nachvollziehbar. Dies reicht aber nicht aus, um eine in diesem Zusammenhang ausgesprochene Missbilligung als ermessensfehlerhaft zu bewerten. Grundlage für die Missbilligung war das von der Beklagten zu Recht als unzureichend angesehene Verhalten des Klägers in Bezug auf den Arbeitsauftrag vom 3. Juni 2013. Auf die Frage der Notwendigkeit einer Fortbildung für die Einführung der „Doppik“ kommt es insofern nicht an. Dass eine solche grundsätzlich erforderlich ist, wird von der Beklagten nicht bestritten. Zu Recht wird dem Kläger aber vorgehalten, dass er diese erst am 14. August 2013 - 10 Wochen nach Auftragserteilung und am letzten Tag vor Ablauf der zur Erledigung gesetzten Frist - unter Hinweis auf die fehlenden Fachkenntnisse beantragt hat und diese als Grund für seine unzureichende Diensterfüllung in den letzten 10 Wochen darstellt.

1.2.5 Es sind auch keine weiteren Rechtsfehler der angegriffenen Missbilligung ersichtlich.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich auch nicht aus der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Differenzierung der vorliegenden Missbilligung als „einfache“ missbilligende Äußerung von einer qualifizierten Missbilligung. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts dienten allein der Feststellung der statthaften Klageart.

Dabei unterschied das Verwaltungsgericht zwischen der sogenannten qualifizierten Missbilligung, mit der dem Beamten - außerhalb eines Disziplinarverfahrens - ein Dienstvergehen (vgl. § 47 Abs. 1 BeamtStG) zur Last gelegt wird, und der sogenannten einfachen Missbilligung, mit der ein objektiv pflichtwidriges Verhalten gerügt wird, ohne dass auch ein Schuldvorwurf gegenüber dem Beamten erhoben und ihm damit die Verwirklichung eines Dienstvergehens vorgeworfen wird (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 22.1.2013 a. a. O.) Wird die - schuldhafte - Begehung eines Dienstvergehens gerügt, so liegt darin die schärfste Form der missbilligenden Äußerung, die zugleich die Tatbestandsvoraussetzungen eines Verwaltungsakts im Sinne des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG erfüllt (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 22.1.2013, a. a. O. juris Rn. 47; OVG LSA, B. v. 17.5.2016 - 1 L 176/15 - juris Rn. 20). Vorliegend wurde ausdrücklich offengelassen und einer weiteren Prüfung vorbehalten, ob das Verhalten des Klägers als schuldhafte Dienstpflichtverletzung zu sehen ist, so dass das Verwaltungsgericht zu Recht mangels Verwaltungsaktqualität der vorliegenden Missbilligung von der Statthaftigkeit der Allgemeinen Leistungsklage ausging.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Die schlagwortartige Aufzählung (Notwendige Kenntnisse für die Erledigung des Arbeitsauftrags) im Zulassungsantrag genügt nicht dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 8.6.2015 - 3 ZB 15.52 - juris Rn. 10). "Darlegung" setzt im Falle des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eine Auseinandersetzung mit dem Inhalt der angegriffenen Entscheidung voraus, in der dem Berufungsgericht zumindest kurz erläutert wird, inwiefern die Rechtssache besondere tatsächliche Schwierigkeiten aufweist. An einer solchen Auseinandersetzung fehlt es hier. Es wird auch nicht dargelegt, dass sich die Rechtssache im Hinblick auf die besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten von anderen Rechtssachen (ohne besondere tatsächliche Schwierigkeiten) abhebt.

Der Kläger hat auch im Hinblick auf die geltend gemachten rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache die Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht beachtet. Denn auch die Darlegung besonderer rechtlicher Schwierigkeiten erfordert, dass sich der Rechtsmittelführer mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil substanziell auseinandersetzt und deutlich macht, in welchem konkreten rechtlichen Punkt das Urteil zweifelhaft ist. Nur dadurch kann erläutert werden, dass die Rechtssache auch besondere Schwierigkeiten aufweist (vgl. BayVGH, B.v. 8.6.2015 a. a. O. Rn. 11; B.v. 8.10.2014 - 12 ZB 13.187 - juris Rn. 61; Happ in Eyermann a. a. O. § 124a Rn. 68). Die aufgeworfene Fragestellung „Setzt eine Missbilligung Verschulden voraus?“ bzw. „Gibt es eine qualifizierte Missbilligung?“ ist für das vorliegende Verfahren nicht entscheidungserheblich. Auf die diesbezüglichen Ausführungen (s. unter Ziff. 1) wird verwiesen.

3. Der Rechtssache fehlt auch die grundsätzliche Bedeutung im Sinne von 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerwG, B.v. 16.11.2010 - 6 B 58.10 - juris Rn. 3; v. 17.12.2010 - 8 B 38.10 - juris Rn. 7 f.). Um den auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, erläutern, weshalb die Frage klärungsbedürftig ist und darlegen, weshalb der Frage eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 72). Die Zulassungsbegründung führt hierzu nichts aus. Die aufgeworfenen Fragen (Setzt eine Missbilligung Verschulden voraus?, Gibt es eine qualifizierte Missbilligung?) sind zudem für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich.

4. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

Die Anträge der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 8. Oktober 2014 - 5 K 3233/12 -werden abgelehnt.

Die Beigeladenen tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens je zur Hälfte.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Beigeladene 1 beantragte am 23.3.2011 die Erteilung eines Bauvorbescheids für die Nutzungsänderung eines bestehenden Mehrfamilienhauses in Ferien-/Monteurwohnungen auf dem im Eigentum der Beigeladenen 2 stehenden Grundstück Flst.-Nr. ... (...) der Gemarkung der Gemeinde Brühl. Die Klägerin, deren Mehrfamilienhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... (...) im Wohnungseigentum steht, erhob hiergegen mit der Begründung Einwendungen, bei der näheren Umgebung handle es sich um ein reines Wohngebiet, in dem das Vorhaben nicht zulässig sei.
Das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis teilte am 14.4.2011 der Beigeladenen 1 mit, ein Antrag auf Nutzungsänderung sei nicht erforderlich, da die Wohnungen langfristig und zum Teil unbefristet vermietet werden würden und deshalb ein Beherbergungsbetrieb nicht vorliege.
Die Klägerin beantragte daraufhin mit Schreiben vom 28.4.2011, den Beherbergungsbetrieb zu unterbinden bis ein endgültiger Bescheid ergangen sei. Die Wohnungen im Haupthaus sowie die zusätzlichen Wohnungen im Nebengebäude seien tages- bzw. wochenweise vermietet, wobei in der Woche hauptsächlich Monteure und am Wochenende Urlaubsreisende einzögen. In Spitzenzeiten seien schätzungsweise bis zu 20 Gäste anwesend. Sie fühle sich durch die artfremde Nutzung des Grundstücks als „Pension“ beeinträchtigt.
Das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis stellte in einem Aktenvermerk vom 25.10.2011 fest, dass die Beigeladene 1 im Branchenverzeichnis der Stadt Schwetzingen unter den Rubriken Hotels und Unterkünfte/Pensionen und Ferienwohnungen die Wohnungen im ... als „Pension S...“ bewerbe. Eine tagesweise Vermietung aufgrund des dort angegebenen Preises pro Nacht sei ausdrücklich vorgesehen. Angeboten werde ein Wäscheservice sowie die Übernahme der Zimmerreinigung.
Nach weiterer Anhörung der Beigeladenen teilte das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis der Klägerin unter dem 16.2.2012 mit, der Antrag auf baurechtliches Einschreiten gegen die behauptete Nutzung als Beherbergungsbetrieb werde in Kürze förmlich abgelehnt. Am 27.2.2012 wiederholte die Klägerin ihren Antrag auf Untersagung der Nutzung des Anwesens ... als Unterkunft zur kurzfristigen Überlassung von Räumlichkeiten an Mitarbeiter von Monteurunternehmen durch Erlass einer rechtsbehelfsfähigen förmlichen Verfügung.
Nachdem das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis in der Folgezeit keinen Bescheid erließ, erhob die Klägerin am 29.11.2012 Klage.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 8.10.2014 - 5 K 3233/12 - dem Klagantrag der Klägerin folgend, die Beklagte verpflichtet, über den Antrag der Klägerin, die gewerbliche Nutzung auf dem Grundstück der Beigeladenen 2 als Monteursunterkunft zu untersagen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch der Klägerin auf Bescheidung ihres Antrags auf Erlass einer Nutzungsuntersagung ergebe sich aus § 65 Satz 2 LBO. Vorliegend sei ein Verstoß gegen nachbarschützende Anforderungen des materiellen Rechts zu bejahen, weil die Klägerin in ihrem Anspruch auf Gebietsbewahrung verletzt werde.
Bauplanungsrechtlich beurteile sich die Zulässigkeit der beantragten Nut-zungsänderung nach § 34 BauGB, da kein Bebauungsplan bestehe. Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche im vorliegenden Fall einem reinen Wohngebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO. In dem den Maßstab bildenden Geviert Waldweg, Rheinauer Straße zwischen der Einmündung des Waldwegs und der Lessingstraße, der Lessingstraße bis zur Gartenstraße/Ecke Gartenstraße und der Vossstraße befinde sich ausschließlich Wohnbebauung. Die durchgehende Wohnbebauung entlang des Waldwegs werde nicht durch den Netto-Markt, das Altenheim oder die in Renovierung befindliche Gaststätte an der Rheinauer Straße geprägt. Die Grünfläche östlich des Waldwegs stelle nicht lediglich eine Baulücke dar, sondern sei als Teil eines großen unbebauten Areals dem Außenbereich zuzuordnen. Die Bebauung südlich der Rheinauer Straße entfalte aus diesem Grund und wegen der verschiedenen Bau- und Nutzungsstruktur, die als allgemeines Wohngebiet zu beurteilen sei, keine prägende Wirkung.
Die Nutzung der Räumlichkeiten in den Gebäuden auf dem Anwesen ...-... sei nicht allgemein in einem reinen Wohngebiet zulässig, weil ein Wohnen im Sinne des Bauplanungsrechts darin nicht stattfinde. Die Räumlichkeiten würden vielmehr als Beherbergungsbetrieb genutzt. Die Beigeladenen würden im Branchenverzeichnis für die „Pension S...“ und nicht für die Vermietung von Wohnungen werben. Bei entsprechender Nachfrage könne und würden sie gleichzeitig 17 Betten an Monteure vermieten. Die Bettwäsche werde gestellt und die Endreinigung vorgenommen. Sanitäranlagen, Küche und Aufenthaltsräume seien nur gemeinschaftlich benutzbar. Ein selbst gestaltbarer häuslicher Wirkungskreis von Dauer sei in den Räumen, soweit sie an Monteure vermietet würden, nicht gegeben. Die Beweisaufnahme in Form eines Augenscheins habe den Mangel an Häuslichkeit bestätigt. Die Unterbringung in den Zimmern lasse eine selbstbestimmte Gestaltung eines Wohnraums nicht zu. Denn es sei ein Leben wie in einem Hotel oder einer Pension „aus dem Koffer“ vorgefunden worden. Für einen Beherbergungsbetrieb spreche entscheidend, dass gewerbsmäßig Räume und Betten bei entsprechender Bedarfslage bis zu 17 Monteuren zum nur vorübergehenden Aufenthalt von unterschiedlicher Dauer zur Verfügung gestellt würden.
10 
Der Betrieb des Beherbergungsgewerbes könne auch nicht ausnahmsweise in dem faktischen reinen Wohngebiet zugelassen werden, weil er nicht klein im Sinne von § 3 Abs. 3 BauNVO sei. Die Betriebsführung, d.h. die Vermietung nicht von Zimmern, sondern von Betten an Monteuren ordne sich auch unter Berücksichtigung der Zahl der Benutzer und unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Wohnruhe nicht unauffällig in das Gebiet ein. Vielmehr falle der Betrieb nach seiner Benutzerzahl und der zu erwartenden Verkehrsvorgänge aus dem Rahmen des durch reine Wohnnutzung geprägten Gebiets und widerspreche damit konkret dem Charakter dieses Baugebiets. In diesem Zusammenhang sei auch von Bedeutung, dass ein großer Hof und ein Hintergebäude für den Beherbergungsbetrieb genutzt würden. Bei einem Betrieb, der bei entsprechender Auftragslage alle 17 Betten nur wenige Tage an verschiedene Monteure vermiete, sei die Einhaltung der Wohnruhe nicht in gleichem Maße gewährleistet wie bei einer Vermietung an Familien oder Mitgliedern von Wohngemeinschaften in entsprechender Anzahl.
11 
Der drittschützende Gebietserhaltungsanspruch der Klägerin werde durch den nicht kleinen Beherbergungsbetrieb der Beigeladenen verletzt. Der Beklagte habe daher unter dieser Prämisse eine Ermessensentscheidung nach § 65 Satz 2 LBO über das Ob und Wie bauaufsichtsrechtlichen Einschreitens in Form der Nutzungsuntersagung zu treffen.
II.
12 
Die rechtzeitig gestellten (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) und begründeten (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) Anträge der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das vorbezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe bleiben ohne Erfolg.
13 
Die von den Beigeladenen geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sowie des Vorliegens eines Verfahrensmangels rechtfertigen aus den mit dem Antrag angeführten Gründen nicht die Zulassung der Berufung.
14 
1. Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegt nicht vor.
15 
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt werden (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163; Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 -BVerfGE 110, 77, 83; Beschl. v. 10.9.2009 - BvR 814/09 - NJW 2009, 3642), dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.12.2003 - 7 AV 2.03 - Buchholz 310, § 124 VwGO Nr. 32). Das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert dabei eine substantiierte Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung.
16 
Nach Maßgabe dessen begründet das Zulassungsvorbringen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils.
17 
a) Die Beigeladenen rügen zunächst, die Einstufung der näheren Umgebung als reines Wohngebiet sei fehlerhaft.
18 
aa) Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass sich die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen in einem ausschließlich von Wohnnutzung geprägten und damit in einem faktischen reinen Wohngebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO befinden. Maßgebend für die Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung sei die durchgehende Wohnbebauung entlang des Waldwegs, die Bebauung der Rheinauer Straße zwischen der Einmündung des Waldwegs und der Lessingstraße und entlang der Lessingstraße bis zur Gartenstraße/Ecke Gartenstraße und der Voßstraße. Dieses Geviert sei als reines Wohngebiet zu beurteilen, weil sich dort ausschließlich Wohnbebauung finde.
19 
bb) Die Beigeladenen wenden dagegen ein, das Verwaltungsgericht hätte der Rheinauer Straße keine trennende Wirkung beimessen dürfen. Ferner hätte der Netto-Markt und die in Renovierung befindliche, aber nicht aufgegebene Gaststätte in der Rheinauer Straße sowie das Altersheim wie auch ein Lottoladen und ein Schreibwarengeschäft berücksichtigt werden müssen. Schließlich sei die östlich an den Waldweg angrenzende Fläche nicht dem Außenbereich zuzuordnen.
20 
cc) Diese Kritik greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat den Rahmen der maßgebenden Umgebungsbebauung zutreffend gebildet. Die Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB setzt voraus, dass die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der BauNVO bezeichneten Baugebiete entspricht. Die Fragen, wie die nähere Umgebung abzugrenzen und wie ihre Eigenart zu bestimmen ist, beantworten sich in gleicher Weise wie bei § 34 Abs. 1 BauGB (Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 34 Rn. 27, 73 f.). Zur Beurteilung, wie weit die nähere Umgebung reicht, ist maßgebend darauf abzustellen, wie weit sich - erstens - die Ausführung des Vorhabens der Beigeladenen auf sie auswirken kann und - zweitens - wie weit die Umgebung den bodenrechtlichen Charakter des Vorhabengrundstücks prägt oder doch beeinflusst (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 26.5.1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369). Welcher räumliche Bereich im Rahmen dieser wechselseitigen Prägung die „nähere Umgebung“ im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB umfasst, lässt sich deshalb nicht schematisch, sondern nur nach der jeweiligen tatsächlichen städtebaulichen Situation bestimmen, in die das Vorhabengrundstück eingebettet ist (BVerwG, Beschl. v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris; Beschl. v. 16.6.2009 - 4 B 50.08 - BauR 2009, 1564; Mischang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 34 Rn. 21; Rieger, a.a.O., § 34 Rn. 27, 73 f.).
21 
Unter Beachtung dieser Maßgaben hat das Verwaltungsgericht zu Recht dem Netto-Markt und dem Altersheim keine prägende Wirkung beigemessen. Mit dem Verwaltungsgericht ist ferner davon auszugehen, dass das Baugebiet jenseits der Rheinauer Straße, in dem sich die vorbezeichneten Nutzungen sowie größere Wohngebäude und die in Renovierung befindliche Gaststätte befinden, als allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 4 BauNVO zu bewerten ist. Dieses weist damit eine andere Struktur auf als das durch reine Wohnbebauung geprägte Geviert westlich der Waldstraße und nördlich der Rheinauer Straße. Damit sind zwei jeweils einheitlich geprägte Bebauungskomplexe mit voneinander verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen vorhanden, die zudem nicht aneinandergrenzen, sondern durch die Grünfläche östlich der Waldstraße, die das Verwaltungsgericht zu Recht dem Außenbereich zugeordnet hat, getrennt sind.
22 
b) Die Beigeladenen wenden sich ferner gegen die verwaltungsgerichtliche Auffassung, die Räumlichkeiten in dem vormaligen Wohngebäude dienten nicht mehr dem Wohnen, sondern würden nunmehr als Beherbergungsbetrieb genutzt.
23 
aa) Die Beigeladenen meinen, das Verwaltungsgericht habe sich mit dem Begriff des Wohnens nicht hinlänglich auseinandergesetzt. Die Bewohner könnten ihr unmittelbares Umfeld gestalten. Die Wohnungen seien voll möbliert. Daher sei wenig eigene Dekoration vorhanden. Die Wohnungen enthielten auch eine Küchenausstattung. Die Beigeladenen erledigten nur die Endreinigung und stellten alle vier Wochen die Bettwäsche. Es gebe keine Rezeption oder einen gemeinsamen Frühstücks- oder Fernsehraum. Allein der Umstand, dass die Mieter ihre Sporttaschen nicht ausgepackt hätten, nehme dem Aufenthalt nicht den Charakter des Wohnens. Es würden keine fremden Monteure zusammen in einem Zimmer untergebracht. Dass Gericht differenziere nicht zwischen der auf Dauer angelegten Nutzung der Wohnung im Anbau und im Dachgeschoss und den drei anderen Wohnungen, die tatsächlich von Monteuren genutzt würden. Am Haus ... sei keinerlei Werbung für eine Pension angebracht.
24 
bb) Auch dieses Vorbringen der Beigeladenen begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
25 
(1) Von einem Wohnen ist nur bei einer auf Dauer angelegten Häuslichkeit auszugehen, die sich durch die Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie die Freiwilligkeit des Aufenthalts auszeichnet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.3.1996 - 4 B 302.95 - NVwZ 1996, 893; Urt. v. 25.3.2004 - 4 B 15.04 - BRS 67 Nr. 70; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 19.2.2014 - 3 L 212/12 - BauR 2015, 81; BayVGH, Beschl. v. 25.8.2009 - 1 CS 09.287 - juris; VG Bremen, Beschl. v. 17.11.2014 - 1 V 1827/14 - juris; VG Leipzig, Beschl. v. 28.5.2014 - 4 L 288/14 - juris; VG Schwerin, Urt. v. 20.12.2012 - 2 A 857/11 - juris). Erfolgt eine Unterbringung nur übergangsweise für einen begrenzten Zweck mit einem nicht über einen längeren Zeitraum gleichbleibenden Bewohnerkreis in einem Raum, handelt es sich um eine andere Nutzungsart als Wohnen (vgl. VG Schwerin, Urt. v. 20.12.2012 - 2 A 857/11- juris). Eine nach Tagen bemessene Mietdauer schließt die Annahme einer auf Dauer angelegten Häuslichkeit regelmäßig aus (vgl. VG Berlin, Beschl. v. 23.1.2012 - 19 L 294.11 - juris).
26 
(2) Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass die Räumlichkeiten in dem vormaligen Wohngebäude nicht zum Wohnen, sondern als Beherbergungsbetrieb genutzt werden. Diese Würdigung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Für einen Beherbergungsbetrieb ist in Abgrenzung zum Wohnen kennzeichnend, dass Räume ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese dort typischerweise eine eigene Häuslichkeit begründen (BVerwG, Beschl. v. 31.7.2013 - 4 B 8.13 - BauR 2013, 1996; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 19.2.2014 - 3 L 212/12 - BauR 2015, 81; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 31.1.1997 - 8 S 3167/96 - BRS 59 Nr. 58 [1997]). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf abgestellt, dass die Beigeladenen als „Pension S...“ nicht für die Vermietung von Wohnungen werben, sondern für eine Pension. Wie in Beherbergungsbetrieben üblich, werde der Preis pro Nacht berechnet. Zusätzlich würden für einen Beherbergungsbetrieb typische Dienstleistungen erbracht, da die Bettwäsche gestellt und die Endreinigung vorgenommen werde. Die Frage der Wirtschaftlichkeit des Betriebs orientiere sich, wie bei Beherbergungsbetrieben üblich, vorwiegend an der Höhe der Nebenkosten für die Dienstleistungen und dem Preis für die Übernachtung.
27 
Auch wenn wegen der vorhandenen Küche je Etage eine gewisse Eigengestaltung der Haushaltsführung vorhanden sein mag, weil Mahlzeiten selbst zubereitet werden können, so sprechen die vom Verwaltungsgericht festgestellten Umstände doch gegen einen selbst gestaltbaren häuslichen Wirkungskreis von Dauer in den Räumen der Beigeladenen, soweit sie an Monteure vermietet werden. Nach dem Gesamtgepräge bleiben diese Gäste eines Beherbergungsbetriebs. Die Räumlichkeiten zeigen mehr den Charakter von mehr oder weniger kurzfristig benutzten Unterkünften, ohne dass damit deren Qualität bewertet werden soll. Allein der Umstand, dass nach den Angaben der Beigeladenen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Räumlichkeiten auch längerfristig vermietet waren, steht dieser Einschätzung nicht entgegen. Denn die Beigeladenen haben selbst eingeräumt, dass bei entsprechender Nachfrage grundsätzlich maximal 17 Betten an Monteure vermietet werden.
28 
c) Die Beigeladenen sehen schließlich insoweit ernstliche Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, als dieses den Beherbergungsbetrieb nicht als „klein“ im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO angesehen habe, weshalb er auch nicht ausnahmsweise in dem faktischen reinen Wohngebiet zugelassen werden könne.
29 
aa) Die Beigeladenen machen insoweit geltend, allein die Nutzung des Innenhofs durch die Gäste führe noch nicht zu einer Verneinung des Merkmals „klein“. Der An- und Abreiseverkehr sei nur untergeordnet. Das Urteil beruhe auf bloßen Vermutungen. Das Gericht unterstelle ohne konkrete Anhaltspunkte, dass Dauerwohner leiser seien als die Monteure. Das Urteil beruhe auf dem Vorurteil, Monteure seien per se laut und deren Aufenthalt daher niemandem zumutbar. Auch Dauerwohner könnten sich gegenüber ihren Nachbarn unzumutbar verhalten.
30 
bb) Diese Einwände der Beigeladenen rechtfertigen gleichfalls nicht die Berufungszulassung wegen ernstlicher Zweifel.
31 
(1) Gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO (i.V.m. § 34 Abs. 2 BauGB) können in einem reinen Wohngebiet ausnahmsweise kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes zugelassen werden. Was in diesem Sinne „klein“ ist, lässt sich nicht allgemein umschreiben, weil sein Bedeutungsgehalt auch von den tatsächlichen Auswirkungen des festgesetzten oder faktischen Baugebiets in der konkreten Örtlichkeit abhängt (BVerwG, Beschl. v. 27.11.1987 - 4 B 230.87 u. 231.87 - BRS 47 Nr. 36). Maßgeblich ist, ob sich der Betrieb nach Erscheinungsform, Betriebsform und Betriebsführung sowie unter Berücksichtigung der Zahl der Benutzer unauffällig in das Gebiet einordnet, wobei dem Schutz der Wohnruhe besondere Bedeutung zukommt. Wesentlicher Gesichtspunkt ist dabei, wie sich der Betrieb auf seine Umgebung auswirkt und welche Störungen von ihm ausgehen. Mit dem Merkmal „klein“ soll deshalb gewährleistet sein, dass nur solche Betriebe zugelassen werden können, die gebietsverträglich sind. Daraus folgt, dass § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zwar eine feste, allgemein gültige Grenzziehung zum Beispiel anhand einer bestimmten Zahl von Betten, die einheitlich für alle nach § 3 BauNVO zu beurteilenden Baugebiete gälte, nicht zulässt. Es entspricht in diesem Zusammenhang aber allgemeiner Ansicht, dass die Frage, ob der Betrieb noch als „klein“ einzustufen ist, im Einzelfall nach der Bettenzahl als einem dafür maßgeblichen Merkmal beantwortet werden kann (BVerwG, Beschl. v. 27.11.1987, a.a.O.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 19.2.2014 - 3 L 212/12 - BauR 2015, 81; VG Bremen, Beschl. v. 17.11.2014 - 1 V 1827/14 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 31.1.1997 - 8 S 3167/96 - BRS 59 Nr. 58 [1997]; Stock, in Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 3 BauNVO, Rn. 76; Fickert/Fieseler, BauNVO, § 3 Rn. 20 u. 20.1).
32 
(2) Das Verwaltungsgericht ist in Anwendung dieser Grundsätze zur Auffassung gelangt, dass unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Verhältnisse der hier zu beurteilende Beherbergungsbetrieb mit 17 Betten für Monteure die in dem Merkmal „klein“ zum Ausdruck kommende Grenze des noch bauplanungsrechtlich Zulässigen überschreitet. Die Frage, ob jeder einzelnen Erwägung des Verwaltungsgerichts im Rahmen seiner Entscheidungsfindung zu folgen ist, kann dabei dahinstehen, da der Senat jedenfalls das Ergebnis der Gesamtwürdigung teilt. Der Beherbergungsbetrieb der Beigeladenen widerspricht nach seinem Gesamtbild dem Charakter des hier als Maßstab konkret in den Blick zu nehmenden Baugebiets. In einem durch reine Wohnnutzung geprägten Gebiet, das sich - wie hier - zudem durch eine stark aufgelockerte Bebauung auszeichnet und insgesamt als ruhiges Wohnquartier beurteilt werden muss, ist ein Beherbergungsbetrieb grundsätzlich nur mit einer Bettenzahl von deutlich unter 17 Betten als wohngebietsverträglich und damit als „klein“ im Sinne des § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO (i.V.m. § 34 Abs. 2 BauGB) anzusehen.
33 
2. Die Zulassung der Berufung ist ferner nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geboten.
34 
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn es für ihre Entscheidung maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.1.2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805). Die nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebotene Darlegung dieser Voraussetzungen verlangt, dass unter Durchdringung des Streitstoffes eine - gegebenenfalls erneut oder ergänzend - klärungsbedürftige konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage aufgezeigt wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war und die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und dass ein Hinweis auf den Grund gegeben wird, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.2011 - 5 B 29.11 - juris). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
35 
Die von Beigeladenen für rechtsgrundsätzlich bedeutsam erachtete Frage,
36 
mit wie vielen Betten ein Beherbergungsbetrieb noch als klein gilt, um sich in ein faktisches reines Wohngebiet einzufügen,
37 
lässt sich nicht verallgemeinerungsfähig beantworten. Wie unter II. 1. c) dargelegt, lässt sich nicht allgemein umschreiben, wann ein Beherbergungsbetrieb als „klein“ im Sinne des § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zu beurteilen ist, weil sein Bedeutungsgehalt unter Berücksichtigung des konkreten Beherbergungsbetriebs von den tatsächlichen Auswirkungen des festgesetzten oder Baugebiets in der konkreten Örtlichkeit abhängt (BVerwG, Beschl. v. 27.11.1987 - 4 B 230.87 u. 231.87 - BRS 47 Nr. 36). Diese Würdigung richtet sich allein nach den Umständen des Einzelfalls und ist einer verallgemeinerungsfähigen - über den Einzelfall hinausgehenden - Klärung für eine Vielzahl von Fällen nicht zugänglich.
38 
3. Die von den Beigeladenen behaupteten Verfahrensmängel i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO rechtfertigen schließlich ebenfalls nicht die Zulassung der Berufung.
39 
a) Die Beigeladenen halten es für verfahrensfehlerhaft, dass der wesentliche Inhalt ihrer Stellungnahmen, zu denen ihnen das Gericht nach Erörterung des Ergebnisses des Augenscheins Gelegenheit gegeben habe, nicht in das Protokoll aufgenommen worden sei.
40 
Die Frage, ob der wesentliche Inhalt von Stellungnahmen der Beteiligten gemäß § 160 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 105 VwGO einen wesentlichen Vorgang der Verhandlung darstellt und deshalb in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Selbst wenn dies zu bejahen sein sollte und die Nichtaufnahme des wesentlichen Inhalts von Stellungnahmen der Beteiligten einen Verfahrensmangel begründete, rechtfertigt dies nicht die Zulassung der Berufung. Denn die Beigeladenen haben schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt, dass die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts - wie von dem Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vorausgesetzt - darauf beruht.
41 
b) Die Beigeladenen sehen im Weiteren einen Verletzung der Gewährung rechtlichen Gehörs darin, dass das Gericht seine Auffassung nach dem Ortstermin nicht kundgetan habe. Das Gericht habe sich bei der Abfassung der Urteilsgründe nur auf den Vortrag der Klägerin gestützt. Es hätte ein richterlicher Hinweis auf die Auffassung des Gerichts erteilt werden müssen, um gegebenenfalls einen Schriftsatznachlass beantragen zu können. In dem nachgelassenen Schriftsatz hätte zu den im Urteil aufgeführten Vorurteilen Stellung genommen werden können.
42 
Dieses Zulassungsvorbringen begründet keinen Verfahrensmangel.
43 
Der verfassungsrechtliche Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) beinhaltet unter anderem, dass die Parteien im Prozess hinreichend Gelegenheit haben müssen, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht alles vorzutragen, was aus ihrer Sicht zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig ist (vgl. u.a. BVerfG, Beschl. v. 8.6.1993 - 1 BvR 878/90 - BVerfGE 89, 28). Ferner verpflichtet er das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Als Prozessgrundrecht soll Art. 103 Abs. 1 GG sicherstellen, dass gerichtliche Entscheidungen frei von Verfahrensfehlern ergehen, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme oder Nichtberücksichtigung wesentlicher Sachvortrags haben (vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 26.6.2012 - 2 BvR 1013/11 - juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 5.12.2011 - A 9 S 2939/11 - AuAS 2012, 45). Diese Pflichten hat das Verwaltungsgericht nicht missachtet.
44 
aa) Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht aber der Rechtsaussicht eines Beteiligten zu folgen. Er gewährt daher keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise außer Betracht lassen (vgl. dazu u.a. BVerfG, Beschl. v. 10.2.1987 - 2 BvR 314/86 -BVerfGE 74, 220; Beschl. v. 17.04.1991 - 1 BvR 419/81 u.a. - BVerfGE 84, 34 m.w.N.; BVerwG, Beschl. v. 17.9.2008 - 4 BN 22.08 - DVBl 2008, 1511; BVerwG, Beschl. v. 4.8.2008 - 1 B 3.08 - juris; Beschl. v. 29.7.2010 - 8 B 10.10 - ZOV 2010, 223). Der Umstand, dass ein Beteiligter, wie hier die Beigeladenen, eine aus ihrer Sicht fehlerhafte Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials, eine unzutreffende Sachverhaltswürdigung oder eine fehlerhafte Rechtsanwendung rügt, aus denen er andere Schlüsse ziehen will als das angefochtene Urteil, begründet somit keinen Verfahrensmangel.
45 
bb) Ferner muss das Gericht die Beteiligten nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen, zumal sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (BVerwG, Beschl. v. 13.1.2009 - 9 B 64.08 - juris). Letzteres verkennen die Beigeladenen mit ihrem Vorbringen. Außerdem hätte zur Begründung der Verfahrensrüge als Zulassungsgrund jedenfalls der substantiierte Vortrag gehört, welche Tatsachen bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen worden wären und dass diese Tatsachen zur Klärung der Rechtslage im Sinne der Partei geeignet gewesen wären (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.10.2004 - 3 B 62.04 -juris). Diesen Vortrag lässt das Zulassungsvorbringen vermissen.
46 
cc) Zur Gewährleistung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann es zwar in besonderen Fällen auch geboten sein, die Beteiligten auf eine Rechtsauffassung hinzuweisen, auf die sich das Gericht stützen will. Das ist aber nur dann der Fall, wenn das Gericht seiner Entscheidung tragend eine Rechtsauffassung zugrunde legen will, die weder im Verwaltungs- noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erörtert wurde und die als so fern liegend anzusehen ist, dass sie dem Rechtsstreit eine Wende gibt, mit der ein gewissenhafter und kundiger Beteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen braucht (Verbot einer Überraschungsentscheidung; vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 7.10.2003 - 1 BvR 10/99 - BVerfGE 108, 341, 345 f; BVerwG, Beschl. v. 12.11.2014 - 2 B 67.14 - ZBR 2015, 92).
47 
Ein solcher Verfahrensmangel ist dem Verwaltungsgericht jedoch nicht unterlaufen. Denn es hat, wie sich dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 8.10.2014 entnehmen lässt, mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert. Dass es möglicherweise nicht jede einzelne Begründungserwägung erwähnt haben mag, erklärt sich schon danach, dass sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt.
48 
c) Die Beigeladenen rügen schließlich als verfahrensfehlerhaft, die Öffentlichkeit sei nach der Unterbrechung der mündlichen Verhandlung zur Wahrnehmung des richterlichen Augenscheins mit eingeschränkter Parteiöffentlichkeit nicht wieder formal hergestellt worden.
49 
Diese Rüge greift nicht durch. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 8.10.2014 erfolgte keine Entscheidung des Inhalts, dass die Öffentlichkeit nach der Unterbrechung der mündlichen Verhandlung zur Wahrnehmung des richterlichen Augenscheins eingeschränkt werde. Vielmehr wurde die im Rathaus Ketsch begonnene mündliche Verhandlung - lediglich - unterbrochen und auf dem Grundstück ... fortgesetzt und geschlossen. Für die Behauptung der Beigeladenen, die Öffentlichkeit sei nach der Unterbrechung der mündlichen Verhandlung zur Wahrnehmung des richterlichen Augenscheins eingeschränkt worden, findet sich in der Niederschrift keinen Anhalt. Die Einschränkung der Öffentlichkeit gehört mit Blick auf § 160 Abs. 1 Nr. 5 VwGO in Verbindung mit § 105 VwGO zu den wesentlichen Vorgängen der Verhandlung, die gemäß § 160 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 105 VwGO zu protokollieren sind. Ist eine derartige Entscheidung - wie im hier vorliegenden Fall - nicht protokolliert, so begründet demgemäß das Protokoll den vollen Beweis dafür, dass diese nicht erfolgt ist (BVerwG, Beschl. v. 28.12.2011 - 9 B 53.11 - NVwZ 2012, 512). Einen Antrag auf Berichtigung des Protokolls haben die Beigeladenen beim Verwaltungsgericht nicht gestellt.
50 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 i.V.m. § 159 Satz 1 VwGO.
51 
Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 47 Abs. 1 u. 3, § 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (VBlBW 2014, Heft 1, Sonderbeilage).
52 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

Die Beschwerden der Antragsgegnerin und des Beigeladenen zu 1 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 2. Juli 2013 - 11 K 1561/13 - werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Nutzung mit Wirkung zum 1. Juni 2014 zu untersagen ist.

Die Antragsgegnerin und der Beigeladene zu 1 tragen jeweils die Hälfte der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im Beschwerdeverfahren. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren jeweils selbst.

Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen auf jeweils 3.750,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässigen Beschwerden (§§ 146 f. VwGO) sind nicht begründet. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben zu einer Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts keinen Anlass (II.) Zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist es allerdings geboten, die Antragsgegnerin zum - umgehenden - Erlass einer erst ab dem 01.06.2014 wirksamen Nutzungsuntersagung zu verpflichten (III.).
I.
Der Senat kann trotz des Antrags der Antragsgegnerin vom 08.04.2014, zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits einen Erörterungstermin vor dem Berichterstatter durchzuführen (vgl. § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO), und ihrer Anregung, die Beteiligten auch gegen den Willen der Antragsteller an den Güterichter zu verweisen (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 278 Abs. 5 ZPO), über die Beschwerde entscheiden, insbesondere ohne zuvor und gesondert über diese Anträge und Anregungen zu entscheiden. Der Senat hält einen Verweis der Beteiligten an den Güterichter für eine Güteverhandlung sowie weitere Güteversuche darüber hinaus für nicht angebracht.
1. Der Antrag auf Durchführung eines Erörterungstermins ist rechtlich gesehen eine bloße Anregung an das Gericht, über die nicht förmlich entschieden werden muss (vgl. BFH, Beschluss vom 30.10.1997 - X B 12/97 - BFH/NV 1998, 599). Ebenso sind Anträge auf einen Verweis an den Güterichter zur Durchführung einer Güteverhandlung allein solche Anregungen (vgl. Prütting, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auf. 2013, § 278 Rn. 17), über die nicht förmlich zu entscheiden ist.
2. Auch wenn der Verweis der Beteiligten an den Güterichter zur Durchführung einer Güteverhandlung rechtlich wohl nicht das Einverständnis aller Beteiligter erfordern dürfte (Sächsisches OVG, Beschluss vom 28.01.2014 - 1 A 257/10 - juris Rn. 1), erscheint ein solcher Verweis hier ebenso wenig sinnvoll wie die Durchführung eines Erörterungstermins vor dem Berichterstatter. Denn die Antragsteller haben ausdrücklich erklärt, an der vorgeschlagenen Mediation kein Interesse mehr zu haben. Angesichts der insgesamt langen Dauer des Beschwerdeverfahrens (zu den Gründen unten unter III.) geriete ein Verweis an den Güterichter gegen den Willen der Antragsteller mit der aus Art. 19 Abs. 4 GG erwachsenden Verpflichtung des Senats, effektiven Rechtsschutz in angemessener Zeit zu gewähren (BVerfG, Beschluss vom 23.05.2012 - 2 BvR 610/12 - BVerfGK 19, 407 (412)), in Konflikt.
II.
Die mit den Beschwerden vorgebrachten Rügen gebieten keine Änderung des angegriffenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts.
1. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist mit dem Bauantrag des Beigeladenen zu 1 vom 11.06.2012 nicht allein die Aufstockung einer Wohnheimkapazität von 51 auf 68 Plätze zur Genehmigung gestellt und am 21.09.2012 von der Antragsgegnerin genehmigt worden. Vielmehr umfassen Bauantrag und Baugenehmigung die Änderung der Nutzung des ganzen Gebäudes als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber. Daher erfasst die vom Senat mit Beschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/13 - angeordnete aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und zwischenzeitlich der ihm nachgefolgten Klage diesen gesamten Genehmigungsumfang.
a) Das Beschwerdevorbringen des Beigeladenen zu 1, das Baugenehmigungsverfahren sei wegen der zusätzlich erhöhten Nutzung von 51 auf 68 Unterbringungsplätze durchgeführt worden, liegt, wenn man es mit der Antragsgegnerin dahingehend verstehen will, dass die Baugenehmigung vom 21.09.2012 ausschließlich wegen der geplanten Erhöhung der Unterbringungskapazität bei gleichbleibender Nutzung als Wohnheim beantragt worden sei (Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 31.01.2014) und sie sich also nur auf 17 weitere Wohnheimplätze beziehe, offensichtlich neben der Sache. Denn der Beigeladene zu 1, dem als Bauherrn die inhaltliche Umschreibung und Umgrenzung des Vorhabens obliegt, dessen Durchführung begehrt wird (BVerwG, Urteil vom 04.07.1980 - 4 C 99.77 - NJW 1981, 776 (zu § 29 BauGB); Senatsbeschluss vom 11.05.2011 - 8 S 93/11 - NVwZ-RR 2011, 754 (756) (zu § 49 LBO); Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 29 Rn. 6), hat mit seinem Bauantrag von 11.06.2012 ausdrücklich die „Umnutzung bestehendes Wohn- und Bürogebäude mit Lagerräumen und Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Personen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (Asylbewerber)“, also nicht etwa allein die Erhöhung der Anzahl von Wohnheimplätzen beantragt. Dem entsprechend wurde ihm durch die Antragsgegnerin - sprachlich aber nicht inhaltlich abweichend - eine Nutzungsänderung „Wohnheim mit Werkstatt und Schulungsräumen in Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber sowie Büros mit Lagerräumen“ genehmigt. Dass der Beigeladene zu 1 die beabsichtigte vollständig neue Nutzung seines Gebäudes zur Genehmigung gestellt hat, ergibt sich auch aus seinem Schriftsatz an die Antragsgegnerin im Widerspruchsverfahren vom 15.07.2013. Darin hat er eine Befreiung „ausdrücklich beantragt und zwar für die 68 Unterkünfte, hilfsweise für die 51 bereits bestehenden Unterkünfte“. Daher irrt der Beigeladene zu 1, wenn er behauptet, der Senatsbeschluss vom 14.03.2013 besage nichts zur zulässigen Nutzung mit 51 untergebrachten Asylsuchenden.
bb) Die entsprechende Rüge der Antragsgegnerin aus ihrem Schriftsatz vom 31.01.2014 ist überdies deshalb nicht berücksichtigungsfähig, weil sie nach Ablauf der Frist zur Beschwerdebegründung von einem Monat nach Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) erhoben worden ist, ohne dass zuvor vorgebracht worden wäre, dass die Baugenehmigung vom 21.09.2012 sich nur auf eine Kapazitätserhöhung bezogen hätte. Die Begründungsfrist war bereits mit Ablauf des 08.08.2013 abgelaufen, nachdem der erstinstanzliche Beschluss am 08.07.2013 zugestellt worden war.
2. Entgegen der Auffassung der Beschwerden hat das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden, dass die dem Beigeladenen zu 1 erteilten Baugenehmigungen vom 06.11.1975 und 18.05.1992 dem Anspruch der Antragsteller auf die beantragten Sicherungsmaßnahmen nach § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 VwGO deshalb nicht entgegenstehen, weil sie die genehmigte und aufgenommene Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber nicht abdecken. Diese Nutzung ist also nicht - bezogen auf 51 Plätze - doppelt genehmigt. Denn die neue, aufgenommene Nutzung verlässt die Variationsbreite der ursprünglich genehmigten Nutzung und stellt sich damit als genehmigungspflichtige Nutzungsänderung im Sinne sowohl des Bauordnungsrechts (§ 49, 2 Abs. 12, 50 Abs. 2 LBO) als auch des Bauplanungsrechts (§ 29 Abs. 1 BauGB) dar. Die Baugenehmigungen vom 06.11.1975 und 18.05.1992 legalisieren die Nutzung des Gebäudes des Beigeladenen zu 1 als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber daher nicht, und zwar auch nicht teilweise.
10 
a) Eine Nutzungsänderung im bauordnungsrechtlichen Sinne liegt vor, wenn der Anlage - wenigstens teilweise - eine neue, d. h. andere Zweckbestimmung gegeben wird (Sauter, LBO, Stand: März 2010, § 2 Rn. 129). Der bauplanungsrechtliche Begriff der Nutzungsänderung hingegen erweist sich als enger, weil er bodenrechtlichen Bezug hat (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.09.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 (920 f.)). Eine Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB liegt mithin vor, wenn die Variationsbreite der genehmigten Nutzung verlassen wird und dadurch bodenrechtliche Belange neu berührt werden können (BVerwG, Urteile vom 18.05.1990 - 4 C 49.89 - NVwZ 1991, 264 und vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - NVwZ 2011, 269 ff.; Beschlüsse vom 14.04.2000 - 4 B 28.00 - juris Rn. 6 und vom 07.11.2002 - 4 B 64.02 - BRS 66 Nr. 70; Senatsbeschluss vom 25.10.2012 - 8 S 869/12 - ZfBR 2013, 60). Die Variationsbreite einer genehmigten Nutzung wird überschritten, wenn das bisher charakteristische Nutzungsspektrum erweitert wird (BVerwG, Urteil vom 27.08.1998 - 4 C 5.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 190 S. 64). Bodenrechtliche Belange können berührt sein, wenn der neuen Nutzung unter städtebaulichen Gesichtspunkten eine andere Qualität zukommt (BVerwG, Beschluss vom 14.04.2000, a.a.O.), für die neue Nutzung weitergehende bodenrechtliche Vorschriften gelten als für die alte oder wenn sich die Zulässigkeit der neuen Nutzung zwar nach derselben bodenrechtlichen Vorschrift bestimmt, nach dieser Vorschrift aber anders zu beurteilen sein kann als die frühere Nutzung (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 155), oder wenn die geänderte Nutzung für die Nachbarschaft erhöhte Belastungen mit sich bringt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.11.2002, a.a.O.). Keine Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB ist die bloße Intensivierung der Nutzung durch Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ohne Einfluss des Bauherrn (BVerwG, Urteil vom 29.10.1998 - 4 C 9.97 - NVwZ 1999, 417 und Beschluss vom 11.07.2001 - 4 B 36.01 - BRS 64 Nr. 73).
11 
Der Regelungsumfang einer Baugenehmigung hinsichtlich der mit ihr zugelassenen Art der Nutzung einschließlich ihrer Variationsbreite bzw. ihrer Zweckbestimmung richtet sich nach der Bezeichnung des Vorhabens in der Genehmigung sowie den weiteren Regelungen im Genehmigungsbescheid, den Bauvorlagen und sonstigen in Bezug genommenen Unterlagen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.10.2002 - 5 S 1706/01 - juris Rn. 65; Bayerischer VGH, Beschluss vom 09.09.2013 - 14 ZB 12.1899 - BauR 2014, 233). Er kann damit wesentlich auch durch den Bauantrag mitbestimmt werden, insbesondere wenn der Bauherr selbst nur einen engen Rahmen zulässiger Nutzungen zur Genehmigung stellt und damit das Vorhaben eingrenzt.
12 
b) An diesen Maßstäben gemessen erweist sich die Nutzung des Gebäudes des Beigeladenen zu 1 als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber sowohl im bauordnungsrechtlichen wie auch im bauplanungsrechtlichen Sinne als eine Änderung der bislang genehmigten Nutzung als „Lehrlingswohnheim“ und ist diese deshalb auch genehmigungsbedürftig.
13 
aa) Die Variationsbreite der bisherigen, bestandskräftig genehmigten Nutzung wird mit der Nutzung des Gebäudes als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber überschritten. Es handelt sich um eine Nutzungsänderung im Sinne der Landesbauordnung, weil dem Gebäude eine relevante neue Zweckbestimmung gegeben wird. Denn es wird nicht mehr als das mit den Baugenehmigungen vom 06.11.1975 und 18.05.1992 genehmigte „Lehrlingswohnheim“ genutzt. Der Bereich der vom Bauherrn mit seinen Genehmigungsanträgen selbst vorgegebenen, bisherigen Zweckbestimmung wird verlassen. Den Baugenehmigungen ist nicht zu entnehmen, dass die Eingrenzung “internatsmäßiges Lehrlingswohnheim“ (Baugenehmigung vom 06.11.1975) bzw. „Lehrlingswohnheim“ (Baugenehmigung vom 18.05.1992) lediglich die damals konkret beabsichtigte Nutzung beschreiben, die zur Genehmigung gestellte Nutzungsart aber eine darüber hinausgehende Variationsbreite sonstiger Nutzungen umfassen sollte.
14 
bb) Es liegt auch eine Nutzungsänderung im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB vor. Denn die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der bisherigen Nutzung ist möglicherweise abweichend von der nunmehr zur Genehmigung gestellten Nutzung zu beurteilen, weil sie bodenrechtliche Belange neu berühren kann.
15 
(1) Ausgehend von der dem Beigeladenen zu 1 am 06.11.1974 erteilten Baugenehmigung ergibt sich die mögliche Berührung bodenrechtlicher Belange bereits daraus, dass das Vorhaben „Einrichtung einer Berufsfördermaßnahme durch den Caritas-Verband für Württemberg - Einbau eines internatsmäßigen Lehrlingsheims“ „unter Befreiung von § 30 BBauG i.V. mit § 8 BauNVO“ genehmigt worden ist. Denn eine - teilweise - neue Zweckbestimmung des Vorhabens, wie sie hier getroffen worden ist (siehe I. 2. b) aa)), ist immer geeignet, für die Ausübung des Befreiungsermessens aus § 31 Abs. 2 BauGB neue wesentliche Umstände aufzuwerfen. Dabei ist es ohne Belang, ob für das neue Vorhaben ein anderer Befreiungstatbestand (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 BauGB) eingreift. Denn die von der Behörde geforderte Ermessensentscheidung unterscheidet sich deutlich von dem zu prüfenden Tatbestand (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.04.2008 - 4 B 16.08 - BRS 73 (208) Nr. 69 Rn. 7). Ebenso ist es unerheblich, ob die Rechtmäßigkeit einer Befreiung, die der Senat hinsichtlich der geplanten Nutzungsänderung sehr kritisch sieht (Senatsbeschluss vom 17.12.2013 - 8 S 2350/13), tatsächlich anders zu beantworten ist als bei der 1975 erteilten Befreiung. Denn eine Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB liegt bereits dann vor, wenn die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit möglicherweise abweichend zu beurteilen ist.
16 
(2) Aber auch unbeschadet der Notwendigkeit und Rechtmäßigkeit einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zur zulässigen Nutzungsart unterscheidet sich die jetzt zur Genehmigung gestellte Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber bauplanungsrechtlich erheblich von der bislang genehmigten Nutzung als „Lehrlingswohnheim“.
17 
Für die Beurteilung, ob eine Anlage für soziale Zwecke im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968 - um eine solche handelt es sich bei der 1975 genehmigten Einrichtung einer Berufsförderungsmaßnahme durch den Caritas-Verband mit dem Einbau eines internatsmäßigen Lehrlingsheims mit Werkstattgebäude - mit der allgemeinen Zweckbestimmung und der konkreten Eigenart des Gewerbegebiets vereinbar ist, kommt es darauf an, ob die Anlage eine Funktion im Zusammenhang mit oder für eine zulässige Hauptnutzungsart erfüllt (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Januar 2013, § 8 BauNVO Rn. 44). Dies ist bei einem Lehrlingswohnheim mit angeschlossener Werkstätte im Gewerbegebiet zu bejahen. Der erstrebte Zweck des Wohnens am Ort der Ausbildungswerkstätte führt zu einer engen funktionalen Verklammerung der wohnähnlichen Nutzung mit der typischen, allgemein im Gewerbegebiet zulässigen gewerblichen Hauptnutzung (vgl. § 8 Abs. 2 BauNVO). Hingegen fehlt eine solche Ausrichtung bei einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber - deren Einordnung als Anlage für soziale Zwecke einmal unterstellt (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 04.06.1997 - 4 C 2.96 - NVwZ 1998, 173 und Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384) - offensichtlich. Daraus ergibt sich, dass die ursprünglichen Baugenehmigungen die Nutzung des Gebäudes als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber nicht legalisieren, sondern vielmehr mit der veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt sein können, so dass sich die Frage der Genehmigungsfähigkeit unter bodenrechtlichen Aspekten neu stellt.
18 
(3) Soweit der Beigeladene zu 1 geltend macht, dass die „Lehrlinge aus schwierigen familiären Verhältnissen stammten“, diese daher am Wochenende von der Möglichkeit, ihre Familien zu besuchen, nur eingeschränkt Gebrauch gemacht hätten und damit während der gesamten Ausbildungszeit grundsätzlich rund um die Uhr in dem Wohnheim untergebracht gewesen seien, vermag dies an der obigen Einschätzung nichts zu ändern. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass für die meisten der einer Gemeinschaftsunterkunft zugewiesenen Asylbewerber die Unterkunft faktisch für den gesamten Tag zum Lebensmittelpunkt wird, während bei der bislang genehmigten Nutzung werktäglich ein Bewohnen der Zimmer durch die Auszubildenden während der Arbeits- und Schulzeiten faktisch nachgerade ausgeschlossen gewesen ist. Unerheblich ist dabei, ob die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit tatsächlich abweichend zu beurteilen ist oder ob die ursprüngliche Genehmigung - die unter Befreiung von § 8 BauNVO erteilt worden ist - rechtmäßig ergangen ist. Denn für das Vorliegen einer Nutzungsänderung im bauplanungsrechtlichen Sinne kommt es nur auf den Umstand an, dass die bodenrechtlichen Fragen neu aufgeworfen sind. Die vom Beigeladenen zu 1 diskutierte Frage des Aufenthalts an den Wochenenden ist daher unerheblich. Ebenfalls unerheblich sind insoweit die im Zuge der Nutzungsänderung vorgenommenen baulichen Veränderungen und deren Genehmigungsbedürftigkeit.
19 
(4) Das dem Vortrag des Beigeladenen zu 1 entsprechende Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin ist aus den gleichen Gründen ebenfalls erfolglos. Soweit sie darüber hinaus rügt, dass sich die neue, umstrittene Nutzung innerhalb der Variationsbreite der genehmigten Wohnheimnutzung bewege, weil der Zweck, nämlich die wohnähnliche Nutzung, sowie der Umfang, nämlich entsprechend einer Mitteilung des Beigeladenen zu 2 51 Personen, vollständig gewahrt bleibe, gebietet auch dies keine andere rechtliche Beurteilung. Denn für das Vorliegen einer Nutzungsänderung - sowohl im bauplanungsrechtlichen wie auch bauordnungsrechtlichen Sinne - kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die bisherige und die beabsichtigte Nutzung unterschiedlichen Nutzungskategorien aus den Katalogen der Baunutzungsverordnung unterfallen (Lechner/Busse, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Februar 2012, Art. 57 Rn. 413).
20 
(5) Auch soweit die Antragsgegnerin geltend macht, die etwaige unterschiedliche funktionale Ausrichtung des Lehrlingswohnheims einerseits und des Asylbewerberwohnheims andererseits rechtfertige schon deshalb keine unterschiedliche Behandlung, weil eine Anlage für soziale Zwecke, in der auch gewohnt werde, nur dann nicht im Widerspruch zur allgemeinen Zweckbestimmung des Gewerbegebiets stehe, wenn es sich um keine auf Dauer angelegte Unterbringung handele, so dass das Lehrlingswohnheim und das Asylbewerberwohnheim jedenfalls rechtlich gleich zu behandeln seien, vermag dies ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn selbst wenn die genehmigte Nutzung des Gebäudes des Beigeladenen zu 1 als „Lehrlingswohnheim“ materiell rechtswidrig (gewesen) sein sollte, weil jegliches Wohnheim in Gewerbegebieten unzulässig sein sollte (vgl. BVerwG. Urteil vom 25.11.1983 - 4 C 21.83 - BVerwGE 68, 213), könnte der funktionale Zusammenhang der Nutzung des Wohnheims mit der in unmittelbarer Nähe untergebrachten Ausbildungswerkstatt unter Umständen eine andere Bewertung der Zulässigkeit einer Befreiung nahelegen, was die (Nicht-)Berührung der Grundzüge der Planung (§ 31 Abs. 2 BauGB) angeht. Denn jedenfalls die ausdrücklich gewollte räumliche Verbindung von Wohnen und theoretischem sowie praktischem Unterricht, wie sie sich aus Seite 8 der Baugenehmigung vom 06.11.1975 ergibt, könnte dazu führen, dass diese Nutzungsform in Gestalt einer Anlage für soziale Zwecke allein in einem Gewerbegebiet realisiert werden könnte.
21 
3. Entgegen der Auffassung der Beschwerden hat das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden, dass die Missachtung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres eine Sicherungsmaßnahme rechtfertigt, ohne dass es hierfür auf eine Interessenabwägung ankommt.
22 
a) Soweit die Beschwerden geltend machen, dass die Voraussetzungen des § 65 Satz 2 LBO für eine Nutzungsuntersagung schon tatbestandlich nicht vorlägen, aber jedenfalls keine Ermessensreduzierung zugunsten der Antragsteller eingetreten sei, kann sie damit den erstinstanzlichen Beschluss nicht erfolgreich in Zweifel ziehen. Denn das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass der Erlass einer Sicherungsmaßnahme im Sinne des § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht davon abhängt, ob die Voraussetzungen des § 65 Satz 2 LBO erfüllt sind. Denn § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO ist eine eigenständige verfahrensrechtliche Grundlage zum Schutz und zur realen Durchsetzung der aufschiebenden Wirkung (Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2010, § 80a Rn. 21; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: August 2012, § 80a Rn. 40; Gersdorf, in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand: 01.10.2013, § 80a Rn. 27; Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 80a Rn. 10; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 80a Rn. 14). Diese Regelungsmöglichkeit tritt gleichberechtigt neben die rechtsgebietsspezifischen behördlichen Anordnungsbefugnisse (BVerwG, Urteil vom 28.01.1992 - 7 C 22.91 - BVerwGE 89, 357 (362); vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 09.02.2012 - 9 VR 2.12 - NVwZ 2012, 570 Rn. 6).
23 
b) Die Rügen der Beschwerden, das Verwaltungsgericht habe unzutreffend die Erfolgsaussichten der Klagen der Antragsteller bei seiner Entscheidung über den Antrag nach § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht in den Blick genommen, vermögen ebenfalls nicht zu verfangen. Denn diese sind im Verfahren zur Sicherung der Rechte der Antragsteller aus der von ihnen gerichtlich erstrittenen aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die dem Beigeladenen zu 1 erteilte Baugenehmigung ohne Belang.
24 
aa) § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO vermittelt einen von der materiell-rechtlichen Rechtslage unabhängigen verfahrensrechtlichen Schutz. Es steht hier die Durchsetzung der gerichtlich angeordneten aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs, also die Sicherstellung der Effektivität des gewährten Rechtsschutzes, nicht aber die Realisierung eines materiellen verwaltungsrechtlichen Anspruchs inmitten. Einstweilige Sicherungsmaßnahmen gegenüber der Missachtung der aufschiebenden Wirkung dienen der Wahrung des mit Widerspruch bzw. Anfechtungsklage verfolgten Abwehrrechts z. B. gegen die erteilte Genehmigung, nicht jedoch der Durchsetzung eines materiell-rechtlichen Anspruch auf behördliches Einschreiten (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: August 2012, § 80a Rn. 40). Der gegenteiligen Auffassung, die Sicherungsmaßnahmen nach § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO nur bei hinreichenden Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache für gerechtfertigt sieht (VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 03.08.1995 - 3 S 1078/95 - ESVGH 46, 29 und vom 22.10.2007 - 6 S 2237/07 - nicht veröffentlicht; OVG Berlin, Beschluss vom 26.02.1993 - 2 S 1/93 - NVwZ-RR 1993, 458; Thüringer OVG, Beschluss vom 28.07.1993 - 1 EO 1/93 - LKV 1994, 110 (113)), vermag sich der Senat jedenfalls für den Fall nicht anzuschließen, dass bereits eine gerichtliche Entscheidung über die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs ergangen ist. Sie übersieht, dass hier die Rechte des Dritten zu schützen sind, die bei Nichtbeachtung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs bedroht sind (so auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.01.2000 - 10 B 2060/99 - NVwZ-RR 2001, 297), und dass die Missachtung der aufschiebenden Wirkung per se ein rechtswidriges Verhalten darstellt (Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 80a Rn. 36). Allein dies rechtfertigt eine auf die Effektuierung der aufschiebenden Wirkung gerichtete gerichtliche Anordnung (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.08.2013 - 8 B 829/13 - DÖV 2013, 952; vgl. auch Hessischer VGH, Beschluss vom 03.12.2002 - 8 TG 2177/02 - NVwZ-RR 2003, 345 (346)). Maßnahmen, die gegen eine umfassende gerichtliche Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit (hier nach § 212a Abs. 1 BauGB) verstoßen, sind zur Sicherung der Rechte des Rechtsbehelfsführers auf dessen Antrag hin grundsätzlich zu untersagen, ohne dass es darauf ankommen kann, ob ein gegenläufiges öffentliches Interesse besteht (vgl. Christ, jurisPR-BVerwG, 11/2012 Anm. 5 unter C.). Da die Gerichte bei der Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung eines Nachbarwiderspruch gegen eine Baugenehmigung anzuordnen ist, eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen haben, bei der sowohl die öffentlichen als auch die betroffenen privaten Interessen zu berücksichtigen sind und bei der die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs eine wesentliche Rolle spielen, ist es nicht gerechtfertigt, diese Interessenabwägung erneut vorzunehmen, wenn wegen der Nichtbeachtung der aufschiebenden Wirkung der Erlass einer einstweiligen Sicherungsmaßnahme anzuordnen ist. Die Änderung von Umständen, die eine abweichende Interessenabwägung zur aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs rechtfertigen könnten, ist nach den Vorgaben des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO geltend zu machen.
25 
bb) Daher kommt es für den Erlass einer Sicherungsmaßnahme nach § 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 VwGO in der Regel allein auf die Frage an, ob dem Rechtsbehelf der Antragsteller aufschiebende Wirkung zukommt. Dies ist nach deren Anordnung durch den Senat mit Beschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 und der Ablehnung eines u.a mit der im Widerspruchsverfahren erteilten Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB begründeten Abänderungsantrags nach § 80 Abs. 7 Satz 2 (Senatsbeschluss vom 17.12.2013 - 8 S 2350/13) der Fall. Auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache kommt es nach den obigen Ausführungen nicht an. Die mit den Beschwerden geltend gemachte Unterbringungssituation für Asylbewerber im Gebiet des Beigeladenen zu 2 rechtfertigt keine davon ausnahmsweise abweichende Auslegung und kann allenfalls für die Ausgestaltung der Sicherungsmaßnahme erheblich sein (vgl. III.).
III.
26 
Da der Senat die Vollziehung des angegriffenen Beschlusses vom 02.07.2013 während des Beschwerdeverfahrens ausgesetzt hat (Senatsbeschluss vom 18.09.2013), das Beschwerdeverfahren vom 18.09.2013 bis zum 19.12.2013 im Hinblick auf das von der Antragsgegnerin betriebene Verfahren nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO ausgesetzt gewesen ist (Senatsbeschluss vom 18.09.2013), sodann auf Anregung des Senats bis zum 26.02.2014 zwischen den Beteiligten die Möglichkeit einer gütlichen Einigung, etwa unter Verweisung der Beteiligten an den Güterichter (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO) erörtert worden ist und deshalb seit Ergehen des angegriffenen Beschlusses über neun Monate vergangen sind, ist die den Verwaltungsgerichten durch §§ 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 VwGO eingeräumte Gestaltungsbefugnis hinsichtlich der Auswahl von Art und Inhalt der Sicherungsmaßnahme durch den Senat zur Sicherstellung ihrer Verhältnismäßigkeit erneut auszuüben.
27 
1. Bei der Auswahl einstweiliger Sicherungsmaßnahmen nach § 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 VwGO und ihrem konkreten Inhalt steht dem Verwaltungsgericht eine Gestaltungsbefugnis zu (zu § 123 Abs. 3 VwGO, § 938 ZPO: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.01.1992 - 6 S 2781/91 - FEVS 43, 410 (414); vgl. auch Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: August 2012, § 80a Rn. 41a und 55 sowie Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 123 Rn. 109). Bei ihrer Ausübung sind das Interesse desjenigen, dem die aufschiebende Wirkung seines Rechtsbehelfs zugutekommt, seine prozessuale Rechtsposition durchzusetzen, etwa davon abweichende öffentliche Interessen sowie das private Interesse des durch den - in seiner Vollziehung suspendierten - Verwaltungsakt Begünstigten, entgegen den prozessrechtlichen Vorgaben von dem Verwaltungsakt Gebrauch zu machen, in den Blick zu nehmen.
28 
a) Einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten, dessen Rechtsbehelf entweder aufgrund gesetzlicher (§ 80 Abs. 1 VwGO), behördlicher (§ 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO) oder gerichtlicher Anordnung (§ 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 VwGO) aufschiebende Wirkung hat, dienen der faktischen Durchsetzung der aufschiebenden Wirkung in der Lebenswirklichkeit gegenüber dem durch den Verwaltungsakt Begünstigten (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: August 2012, § 80a Rn. 38). Das Verfahren zielt auf die Schaffung eines vollstreckungsfähigen Titels nach § 168 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.07.1996 - F 2 S 202/96 - juris; Pietzner/Möller, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2011, § 168 Rn. 14; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 168 Rn. 2). Unbeschadet der Möglichkeit, im Vollstreckungsverfahren geltend zu machen, es sei unzumutbar, der gerichtlichen Entscheidung zu folgen, ist grundsätzlich auch bei einer Entscheidung über den Erlass von Sicherungsmaßnahmen eine mögliche Unzumutbarkeit einer solchen Maßnahme gegenüber der Behörde und eine mögliche Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme gegenüber dem von dem Verwaltungsakt Begünstigten oder weiteren, nicht am Verfahren beteiligten Grundrechtsberechtigten zu prüfen. Solche Umstände können dem Erlass von Sicherungsmaßnahmen allerdings nur in atypischen Ausnahmefällen entgegenstehen. Denn in aller Regel ist es nicht unzumutbar, die geltende Rechtslage - also hier die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs - zu akzeptieren. Vielmehr ist dies für die an einem Verfahren nach § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO beteiligte Behörde die aus ihrer Rechts- und Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3 GG) resultierende Pflicht. Auch dem gesetzesunterworfenen begünstigten Dritten wird die Akzeptanz der gerichtlichen Entscheidung zugemutet. Die Ausnutzung des ihn begünstigenden Verwaltungsakts vor dessen Bestandskraft erfolgt nämlich in jeder Hinsicht auf sein eigenes Risiko. Hingegen kann es zur Wahrung gegenläufiger öffentlicher Interessen geboten sein, einstweilige Sicherungsmaßnahmen nicht unmittelbar mit Erlass des gerichtlichen Beschlusses wirksam werden zu lassen, insbesondere um Rechte Dritter zu wahren, die am Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht beteiligt sind.
29 
b) Die von der Antragsgegnerin und dem Beigeladenen zu 1 mit ihren Beschwerden geltend gemachte „Unterbringungsnot“ für Asylbewerber im Rems-Murr-Kreis kann - jedenfalls derzeit - keinen atypischen Ausnahmefall begründen, der bereits dem Erlass der begehrten einstweiligen Maßnahme zur Sicherung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs der Antragsteller entgegenstehen oder die Einräumung einer langen Frist zum Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung rechtfertigen könnte. Daher braucht nicht entschieden zu werden, ob der Beigeladene zu 1 sich auf diese von ihm geltend gemachten öffentlichen Interessen überhaupt berufen kann. Sein wirtschaftliches Interesse an der weiteren Vermietbarkeit seines Gebäudes bis zu einem möglichen Wiedereintritt der Vollziehbarkeit der angegriffenen Baugenehmigung (vgl. § 80b VwGO) ist ersichtlich nicht geeignet, dem Erlass einstweiliger Sicherungsmaßnahmen entgegenzustehen.
30 
aa) Den Beschwerden kann nicht entnommen werden, dass die Möglichkeiten der Unterbringung in Behelfsunterkünften auf Grundstücken im Eigentum des Beigeladenen zu 2 oder kreisangehöriger Gemeinden hinreichend geprüft worden ist. So enthält die vom Beigeladenen zu 2 vorgelegte und von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Übersicht „Unterkünfte für Asylbewerber“ einen Verweis auf einen ablehnenden Gemeinderatsbeschluss der Gemeinde Plüderhausen hinsichtlich einer Containerunterkunft für 50 - 60 Personen. Damit ist das Fehlen von Unterbringungsmöglichkeiten nicht hinreichend dargetan. Der Beigeladene zu 2 hat als Träger der unteren Aufnahmebehörde (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes über die Aufnahme von Flüchtlingen (Flüchtlingsaufnahmegesetz - FlüAG) vom 19.12.2013 (GBl. S. 493); §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 19 Abs. 1 Nr. 1 lit d) LVG) gegen die kreisangehörigen Gemeinden Anspruch auf Mitwirkung bei der Beschaffung geeigneter Grundstücke und Gebäude, wie dies jetzt auch ausdrücklich § 8 Abs. 3 Satz 4 FlüAG mit Wirkung vom 01.01.2014 bestimmt (Art. 5 des Gesetzes zur Neuordnung der Flüchtlingsaufnahme, über die Erstattung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 19.12.2013 (GBl. S. 493)). Ausgehend davon müsste dargetan werden, weshalb der Anspruch auf Mitwirkung insoweit erfüllt sein soll oder seine Durchsetzung nicht erfolgversprechend erscheint. Weiter ist die allgemeine Aussage „keine Einigung mit Eigentümer wegen überzogener Preisvorstellungen“ hinsichtlich eines Hotels im Stadtgebiet der Antragsgegnerin ebenfalls ungeeignet, um eine hinreichende Prüfung der Unterbringungsmöglichkeiten darzutun. Denn ein solcher pauschaler Hinweis kann es nicht rechtfertigen, die Effektivität des vorläufigen Rechtsschutzes zu beseitigen, den die Antragsteller mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs erreicht haben. Eine sparsame Haushaltsführung kann nicht zu Lasten der Antragsteller dergestalt gehen, dass die Antragsgegnerin und der Beigeladene zu 1 Gerichtsentscheidungen, die den Antragstellern vorläufigen Rechtsschutz gewähren, unbeachtet lassen.
31 
bb) Diese Aussagen gelten jedenfalls angesichts des jedenfalls nunmehr als beharrlich zu kennzeichnenden, rechtswidrigen Verhaltens des Beigeladenen zu 1, der die Entscheidung des Senats zur Anordnung der aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Klage in der Zeit vom 02.04.2013 (Datum der Zustellung des Senatsbeschlusses vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12) bis zum 23.10.2013 (Datum der Zustellung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses nach § 80 Abs. 7 VwGO - 11 K 2941/13) und dann wieder vom 19.12.2013 (Datum der Zustellung des Senatsbeschlusses vom 17.12.2013 - 8 S 2350/13) bis zum heutigen Tage und damit insgesamt mehr als neun Monate ignoriert. Angesichts dieses erheblichen Zeitablaufs wäre es dem Beigeladenen zu 2 und der Antragsgegnerin möglich gewesen, andere Lösungen für die Unterbringung der Asylbewerber zu finden, die den vorläufigen Rechtsschutz der Antragsteller achten. Insbesondere wäre es erforderlich gewesen, nicht allein an die höhere Aufnahmebehörde heranzutreten, sondern auch an das Integrationsministerium als oberste Aufnahmebehörde unter Schilderung des vollständigen Sachverhalts heranzutreten, um nach weiteren Unterbringungsmöglichkeiten für die in dem Gebäude des Beigeladenen zu 1 wohnenden Personen zu suchen und nötigenfalls eine Verteilung - auch - auf andere Land- und Stadtkreise zu erreichen. Nur dann, wenn eine menschenwürdige Unterbringung für die Bewohner des Gebäudes des Beigeladenen zu 1 in Baden-Württemberg nicht erreichbar sein sollte, könnte vom Erlass einer Sicherungsmaßnahme abgesehen werden. Dies setzte voraus, dass keiner der Bewohner der Unterkunft nach dem 02.04.2013 - mit Ausnahme der Zeit vom 23.10.2013 bis zum 19.12.2013 - zugewiesen worden ist.
32 
2. Allerdings ist es zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegenüber den Bewohnern des Gebäudes des Beigeladenen zu 1 erforderlich, dem Beigeladenen zu 2 durch ein zeitlich begrenztes Hinausschieben der zu verfügenden Nutzungsuntersagung noch eine Möglichkeit zu eröffnen, als Träger der unteren Aufnahmebehörde im Zusammenwirken mit der kreisangehörigen Antragsgegnerin und gegebenenfalls mit der höheren und der obersten Aufnahmebehörde anderweitige Unterbringungsmöglichkeiten für die Bewohner der hier betroffenen Unterkunft zu finden oder zu schaffen. Eine Übergangsfrist bis Ende Mai 2014 ist hier angemessen, um die Rechte der Asylbewerber, um deren Schutz es bei dieser Maßgabe allein geht, zu wahren. Dies ändert nichts an der Tatsache, dass die Beteiligten auch weiterhin gehalten sind, die gerichtlich angeordnete aufschiebende Wirkung zu achten und die fortwährende Nutzung des Gebäudes als Asylbewerberunterkunft auch bis zum 31.05.2014 allein wegen der Missachtung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragsteller rechtswidrig bleibt.
IV.
33 
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
34 
2. Die Streitwertfestsetzung und -abänderung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG. Der Streitwert für ein Verfahren gerichtet auf den Erlass von einstweiligen Sicherungsmaßnahmen zur faktischen Durchsetzung der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen folgt dem Streitwert des Verfahrens auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, so dass hier ein Streitwert von 3.750,-- EUR festzusetzen ist.
35 
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 10. Oktober 2013 - 2 K 682/12 - geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Baugenehmigung zur Änderung des Non-Food-Lagers des ...-Lebensmittelmarkts im Gebäude Robert-Bosch-Straße ... in Empfingen in Verkaufsraum gemäß dem Bauantrag vom 23. März 2011 zu erteilen. Der Bescheid der Beklagten vom 12. Oktober 2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 6. März 2012 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin betreibt im westlichen Teil des Gebäudes Robert-Bosch-Straße ... auf dem Flst. Nr. .../2 der Gemarkung Empfingen der Beigeladenen (Baugrundstück) einen Selbstbedienungs-Lebensmittelmarkt in der Betriebsform Discounter. Unter dem Dach des Ein- und Ausgangs ist ein "Backshop" in das Gebäude integriert. Daneben ist ein Pfandraum mit Windfang angebaut. Im östlichen Gebäudeteil befinden sich ein Textilmarkt und ein Getränkemarkt. Vor dem Gebäude sind Kfz.-Stellplätze angelegt. Die übrigen bebauten Flächen zu beiden Seiten der Robert-Bosch-Straße werden gewerblich genutzt, u.a. gibt es gegenüber dem Baugrundstück einen weiteren Lebensmittel-Discounter (Robert-Bosch-Straße ...) und weiter nördlich - im Gebiet des Bebauungsplans "Autobahnkreuz - 1. Änderung" - einen 1995 genehmigten Fachmarkt für Werkzeuge/Baustoffe (Robert-Bosch-Straße …, "S... Fachmarkt & Baumarkt Empfingen"). Das Baugrundstück liegt im Gebiet des Bebauungsplans "Autobahn-Südost" vom 06.07.2006, der für Flächen westlich der Autobahn A 81 außerhalb der geschlossenen Ortslage der Beigeladenen drei Gewerbegebiete und ein Sondergebiet "Gewerbe-, Handels- und Dienstleistungszentrum" festsetzt. Das Baugrundstück liegt im Sondergebiet.
Der Gemeinderat der Beigeladenen beschloss den Bebauungsplan bereits am 18.04.2000 als Satzung. Der Beschluss wurde jedoch nicht öffentlich bekannt gemacht. Nach einer durch einen Bauantrag der Klägerin (s.u.) ausgelösten Dienstbesprechung im Regierungspräsidium Karlsruhe am 01.06.2006 passte die Beigeladene die Festsetzungen des Bebauungsplans an Ergebnisse der Dienstbesprechung an und gab Trägern öffentlicher Belange nochmals Gelegenheit zur Äußerung. In seiner Sitzung am 06.07.2006 befasste sich der Gemeinderat erneut mit dem Bebauungsplan. Die Sitzungsvorlage 50/2006 stellte das Ergebnis der Behördenbeteiligung und insoweit unterbreitete Änderungsvorschläge dar, formulierte Beschlussvorschläge und enthielt Entwürfe der textlichen Festsetzungen, der Planbegründung und einer neuen Satzung jeweils mit Datum vom 06.07.2006. Der Entwurf der textlichen Festsetzungen in der Sitzungsvorlage 50/2006 sah für Einzelhandelsbetriebe im Sondergebiet folgende Regelungen vor:
"1. Art der baulichen Nutzung
...
1.4.3 Weitere Festsetzungen für Einzelhandelsbetriebe:
1. Die Verkaufsfläche aller Einzelhandelsbetriebe im Sondergebiet wird auf insgesamt max. 2500 m2 Verkaufsfläche beschränkt.
2. Die max. zulässige Verkaufsfläche pro Einzelhandelsbetrieb beträgt 800 m2. Die Geschossfläche pro Einzelhandelsbetrieb darf 1200 m2 nicht überschreiten.
3. Bei den Einzelhandelsbetrieben sind zentrenrelevante Randsortimente auf maximal 12% der Gesamtverkaufsfläche des jeweiligen Betriebs zulässig.
2. Art und Maß der baulichen Nutzung
...
Im gesamten Geltungsbereich sind folgende zentrenrelevanten Sortimente nicht zugelassen:
10 
a) Blumen
b) Briefmarken
c) Devotionalien
d) Drogeriewaren
e) Lebensmittelhandwerk
f) Schmuck
g) Optische Erzeugnisse
h) Pharmazeutika
i) Bastelartikel
j) Fotogeräte und Fotowaren
k) Kosmetika
I) Papier- und Schreibwaren
m) Schulbedarf
n) Uhren
11 
Ausnahmsweise können im Einvernehmen mit der Gemeinde Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevantem Sortiment aus folgenden Branchen zugelassen werden:
12 
1. Pharmazeutika, Kosmetika
2. Fotogeräte und Fotowaren
3. Papier- und Schreibwaren, Bastelartikel
4. Blumen
13 
Je Branchengruppe sind max. 1200 m2 Geschossfläche zulässig. Die Ziffern 1. - 4. sind jeweils als eine Branchengruppe zu verstehen. Die Verkaufsfläche für alle 4 Branchengruppen zusammen darf max. 1300 m2 betragen."
14 
Der Gemeinderat fasste in der Sitzung am 06.07.2006 folgende Beschlüsse:
15 
"Die Satzung über den Bebauungsplan Autobahnkreuz - Südost, In der Fassung vom 18.04.2000, wird aufgehoben.
16 
Den in der Anlage 50/2006 unterbreiteten Änderungsvorschlägen der Träger öffentlicher Belange wird nach Abwägung zugestimmt. Die Anregungen wurden von der Verwaltung bereits in die Sitzungsunterlagen mit eingearbeitet.
17 
Der Bebauungsplan Autobahnkreuz - Südost in der Fassung vom 06.07.2006 wird nach § 10 BauGB als Satzung beschlossen."
18 
Der Bürgermeister fertigte am selben Tag die neue Satzung sowie gesondert die textlichen Festsetzungen und den Lageplan als Bestandteile der Satzung aus. Die gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen weichen vom Entwurf in der Sitzungsvorlage 50/2006 ab. Die dort im Abschnitt "2. Art und Maß der baulichen Nutzung" vorgesehenen Festsetzungen finden sich nun im Abschnitt "1. Art der baulichen Nutzung" in Nr. 1.4.3. unter einer neuen Nr. 4 mit einem teilweise anderen Wortlaut:
19 
"1. Art der baulichen Nutzung
20 

1.4.3 Weitere Festsetzungen für Einzelhandelsbetriebe:
21 
1. Die Verkaufsfläche aller Einzelhandelsbetriebe im Sondergebiet wird auf insgesamt max. 2500 m2 Verkaufsfläche beschränkt.
22 
2. Die max. zulässige Verkaufsfläche pro Einzelhandelsbetrieb beträgt 800 m2. Die Geschossfläche pro Einzelhandelsbetrieb darf 1200 m2 nicht überschreiten.
23 
3. Bei den Einzelhandelsbetrieben sind zentrenrelevante Randsortimente (siehe 1.4.3 Nr. 4) auf maximal 12% der Gesamtverkaufsfläche des jeweiligen Betriebs zulässig.
24 
4. Folgende zentrenrelevanten Sortimente sind nicht zugelassen:
25 
a) Blumen
b) Briefmarken
c) Devotionalien
d) Drogeriewaren
e) Lebensmittelhandwerk
f) Schmuck
g) Optische Erzeugnisse
h) Pharmazeutika
i) Bastelartikel
j) Fotogeräte und Fotowaren
k) Kosmetika
I) Papier- und Schreibwaren
m) Schulbedarf
n) Uhren
26 
Ausnahmsweise können im Einvernehmen mit der Gemeinde Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevantem Sortiment aus folgenden Branchen zugelassen werden:
27 
1. Pharmazeutika, Kosmetika
2. Fotogeräte und Fotowaren
3. Papier- und Schreibwaren, Bastelartikel
4. Blumen
28 
Je Branchengruppe sind max. 800 m2 Verkaufsfläche zulässig. Die Ziffern 1. - 4. sind jeweils als eine Branchengruppe zu verstehen. Die Verkaufsfläche für alle 4 Branchengruppen zusammen darf max. 1300 m2 betragen."
29 
In der Planbegründung wird zum Sondergebiet u.a. ausgeführt, zentrenrelevante Branchen dürften im Sondergebiet nicht angesiedelt werden, um negative städtebauliche Konsequenzen innerorts auszuschließen. Die Gemeinde halte auch die Branchen, für die Ausnahmen möglich seien, grundsätzlich für zentrenrelevant. Da die Beigeladene im Regionalplan als Kleinzentrum ausgewiesen sei, sei die Ansiedlung eines großflächigen Lebensmittel-Einzelhandelsbetriebs generell nicht möglich. Um negative städtebauliche Konsequenzen auszuschließen, sei es erforderlich, zur Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, zur Erreichung der für die innerörtliche Entwicklung gesetzten Sanierungsziele und zur Erhaltung und Stärkung der innerörtlichen Handelsfunktion zu überlegen, welche Branchen und Sortimente zentrenrelevant und daher im Sondergebiet nicht zuzulassen seien. Der Gemeinderat habe die zulässigen Sortimente am 16.09.1997 festgelegt und aufgrund einer anschließenden Standortanalyse noch einmal am 17.02.1998 dahin geändert, dass auch die Ansiedlung eines leistungsfähigen Vollsortimenter-Lebensmittelmarktes zugelassen werden solle. Die Analyse habe aufgezeigt, dass die Ansiedlung eines solchen Betriebs positive Auswirkungen auf die Beigeladene haben werde. Bei einer Beschränkung der Verkaufsflächen für Einzelhandelsbetriebe auf insgesamt 2.500 m2 Verkaufsfläche seien keine negativen Auswirkungen auf die Raumordnung und Landesplanung zu erwarten. Derartige negative Auswirkungen könnten aufgrund der besonderen Situation der Beigeladenen auch in Bezug auf Verkaufsstätten für Schuhe und Bekleidungswaren ausgeschlossen werden, wenn deren Geschossflächen jeweils auf 1.200 m2 beschränkt werde. Die Zulassung je eines Einzelhandelsbetriebs mit diesen Sortimenten werde sich innerörtlich nicht negativ auswirken.
30 
Die Beschlüsse vom 06.07.2006 über die Aufhebung der Satzung vom 18.04.2000 und den Bebauungsplan "Autobahnkreuz - Südost" wurden am 14.07.2006 ortsüblich bekannt gemacht.
31 
Bereits mit Bauantrag vom 30.01.2006 hatte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Gebäudes für einen Selbstbedienungs-Lebensmittelmarkt in der Betriebsform Discounter mit Backshop/Pfandraum und für einen Textil-Fachmarkt sowie zur Errichtung von Kfz.-Stellplätzen auf dem Baugrundstück begehrt. Danach gehören zum Lebensmittelmarkt u.a. ein Verkaufsraum mit Kassenzone, Ein-/Ausgang, Toiletten, Räume für Personal, Akten, Heizung, Hausanschluss, ein Lager und ein Non-Food-Lager. Zu dem unter dem Dach des Ein-/Ausgangs des Lebensmittelmarktes in das Gebäude integrierten Backshop mit eigenem Eingang gehören ein Verkaufsraum, ein WC und ein Umkleideraum. Die Beklagte errechnete für den Lebensmittelmarkt mit Backshop und Pfandraum 873,46 m2 Verkaufsfläche sowie 1.276 m2 Geschossfläche und bewertete das Vorhaben als bauplanungsrechtlich unzulässigen großflächigen Einzelhandelsbetrieb. Anschließend kam es am 01.06.2006 zur Dienstbesprechung beim Regierungspräsidium Karlsruhe (s.o.), an der auch eine Vertreterin der Klägerin teilnahm. In einem Aktenvermerk über diese Besprechung ist über das Ergebnis dieser Besprechung festgehalten:
32 
"Planungsrechtliche Situation: § 34 BauGB; Nutzungsart in der näheren Umgebung: GE. 33er-Stand nicht mehr gegeben. Zulässig sind auf der Grundlage des § 34 BauGB Einzelhandelsbetriebe, sofern diese nicht sondergebietspflichtig sind. Damit muss jeder Betrieb für sich eigenständig betrieben werden können (eigene Ver- und Entsorgung, Sozialräume), darf max. eine Verkaufsfläche von 800 qm und eine Geschossfläche von 1.200 qm haben. Bei dem Lebensmittelmarkt darf angesichts der vorgesehenen Ausführung max. 1% für Putz von der Nutzfläche abgezogen werden. Die Fläche für den Pfandraum wird auf die GF aber nicht auf die Verkaufsfläche angerechnet. Der Backshop ist ein eigenständiger Betrieb und wird nicht auf die Verkaufsfläche für den Lebensmittelmarkt angerechnet. Das Sortiment für den Fachmarkt ist noch zu bestimmen (ggfs. unter Nennung mehrerer Sortimente)."
33 
Am 22.06.2006 reichte die Klägerin neue Bauvorlagen (Tekturplanung) vom 07.06.2006 ein, die den Pfandraum nicht mehr vorsahen. Eine beigefügte Berechnung der Nutzflächen vom 07.06.2006 gibt u.a. folgende Maße an: Lebensmittelmarkt: Verkaufsraum/Kassenzone 780,70 m2, Ein-/Ausgang je 9,48 m2; Backshop: Verkaufsraum 39,76 m2. Am 29.06.2006 erteilte die Beklagte die Baugenehmigung für das Vorhaben gemäß der Tekturplanung.
34 
Mit Bauantrag vom 21.08.2007 begehrte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung zum Anbau eines Pfandraums mit einem 14,21 m2 großen Windfang. Am 17.01.2008 erteilte die Beklagte im Einvernehmen mit der Beigeladenen die Baugenehmigung unter Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans "Autobahnkreuz Südost" vom 06.07.2006 wegen Überschreitung der 800 m2-Verkaufsflächen-Grenze um ca. 1 m2 sowie der 1.200 m2 Geschossflächen-Grenze um ca. 73,82 m2.
35 
Mit Bauantrag vom 23.03.2011 begehrte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung zur Änderung des Non-Food-Lagers im Lebensmittelmarkt in Verkaufsraum; baulich sind der Abriss einer Trennwand zum bisherigen Verkaufsraum und die Schließung einer Türöffnung in einer Wand des Non-Food-Lagers vorgesehen. Nach einer beigefügten Berechnung erhöhte sich durch dieses Vorhaben die Nutzfläche für den Verkaufsraum um 177,1 m2. Eine Stellplatz-Berechnung stellt einem Bedarf von 131 Stellplätzen für die Nutzung des gesamten Gebäudes 165 nachgewiesene Stellplätze gegenüber. Die Beigeladene erteilte ihr Einvernehmen zum Bauantrag.
36 
Die Beklagte lehnte den Bauantrag mit Bescheid vom 12.10.2011 ab. Das Vorhaben widerspreche der Festsetzung des Bebauungsplans über die maximale Verkaufsfläche von 800 m2. Eine Befreiung könne nicht erteilt werden, da die Abweichung Grundzüge der Planung berührte. Außerdem widerspreche das Vorhaben den Plansätzen Nr. 3.3.7 des Landesentwicklungsplans 2002 (LEP) sowie Nr. 2.9.2 des Regionalplans 2015 Nordschwarzwald.
37 
Mit ihrem Widerspruch brachte die Klägerin vor, der Bebauungsplan sei jedenfalls im Sondergebiet unwirksam. Die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.1 lasse mehrere Einzelhandelsbetriebe zu, begrenze aber die Summe ihrer Verkaufsflächen auf 2.500 m2. Dafür gebe es keine Rechtsgrundlage. Dies führe zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplanes jedenfalls im Sondergebiet. Das daher nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilende Vorhaben sei danach zulässig, weil es in der näheren Umgebung bereits einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb gebe, und zwar den Lebensmittelmarkt auf dem Baugrundstück, der einschließlich Backshop und Pfandraum über 800 m2 genehmigter Verkaufsfläche und deutlich mehr als 1.200 m2 Geschossfläche habe. Die beantragte Änderung führe nicht zu einer neuen Nutzungsart. Sie wirke sich auch nicht schädlich auf zentrale Versorgungsbereiche aus. Das belege eine von der Klägerin eingeholte "Auswirkungsanalyse" der G... mbH (...) vom Dezember 2011. Das Regierungspräsidium Karlsruhe wies den Widerspruch mit Bescheid vom 06.03.2012 zurück.
38 
Mit ihrer am 21.03.2012 erhobenen Klage hat die Klägerin ferner vorgetragen, auch die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.4 sei unwirksam. Sie verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot, da sie nicht festsetze, welche zentrenrelevanten Sortimente zulässig seien. Jedenfalls fehle auch ihr eine Rechtsgrundlage, da sie ebenfalls eine gebietsbezogene Verkaufsflächengrenze festlege. Eine bloße Teilunwirksamkeit nur der gebietsbezogenen Festsetzungen scheide aus. Denn die Beigeladene hätte nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel nicht auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen. Das folge aus den Erläuterungen zum Einzelhandel in der Planbegründung. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Aufhebung der Behördenentscheidungen zu verpflichten, die Baugenehmigung gemäß dem Bauantrag vom 23.03.2011 zu erteilen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und dargelegt: Sollte der Bebauungsplan - teilweise - unwirksam sein, wäre das Vorhaben auch nach § 34 Abs. 2 und 3 BauGB i.V.m. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO unzulässig, weil es gegen Ziele der Raumordnung über Einzelhandelsgroßprojekte im Landesentwicklungsplan 2002 sowie im Regionalplan 2015 Nordschwarzwald verstoße.
39 
Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10.10.2013 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Das Vorhaben sei nach § 30 Abs. 1 BauGB unzulässig, da es die maximale Verkaufsfläche pro Einzelhandelsbetrieb von 800 m2 nach der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.3.2 des Bebauungsplans deutlich überschreite. Ob schon der genehmigte Bestand diese Grenze überschreite, sei unerheblich. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB scheide aus, da sie die Grundzüge der Planung berührte. Die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.2 sei nach § 11 BauNVO zulässig und wäre selbst dann wirksam, wenn die textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.1 und Nr. 1.4.3.4 unwirksam wären. Denn sie könne zusammen mit den anderen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen des Bebauungsplans objektiv auch ohne die textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.1 und Nr. 1.4.3.4 noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung i.S. des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken. Auch hätte die Beigeladene nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen. Das folge aus der Planbegründung. Danach habe die Beigeladene mit den verschiedenen Flächengrenzen jeweils eigenständige Ziele verfolgt. Diese behielten auch bei Wegfall einzelner Festsetzungen ihren Sinn. Das gelte auch für die 800 m2-Verkaufsflächengrenze je Betrieb. Es sei für die Gemeinde ein zentrales Anliegen gewesen, sich an die Vorgaben der Raumordnung und der Landesplanung zu halten. Dabei habe gerade der Ausschluss großflächiger Einzelhandelsbetriebe entscheidende Bedeutung gehabt, wie eine Stellungnahme des Regionalverbands vom 22.06.2006 belege. Die Einwände der Klägerin zielten allein auf die Begrenzung der Gesamt-Verkaufsfläche. Die Begrenzung der Verkaufsflächen einzelner Betriebe auf 800 m2 sei davon unabhängig. Die Beigeladene habe dieser Grenze eigenständige und ganz zentrale Bedeutung zugemessen. Der Ausfall des Steuerungselements "Begrenzung der Gesamt-Verkaufsfläche" hänge daher nicht unauflöslich mit der betrieblichen Verkaufsflächen-Obergrenze zusammen. Gleiches gälte für die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.4, falls auch diese unwirksam sei. Die Überlegungen zur Sortimentssteuerung seien nicht so beherrschend gewesen, dass die Beigeladene ohne deren Verwirklichung auf die Planung mutmaßlich ganz verzichtet hätte. Die Aufrechterhaltung des Sondergebiets mit der betrieblichen Verkaufsflächen-Obergrenze respektiere den gemeindlichen Planungswillen und führe nicht zu dessen Verfälschung.
40 
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat mit Beschluss vom 16.07.2014 - 5 S 2346/13 - die Berufung zugelassen. Der Beschluss wurde der Klägerin am 31.07.2014 zugestellt. Am 26.08.2014 hat die Klägerin die Berufung begründet. Der Bebauungsplan sei schon mangels ordnungsgemäßer Ausfertigung unwirksam. Der Gemeinderat habe die textliche Festsetzung über Ausnahmen für Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevantem Sortiment aus folgenden Branchen mit dem im Entwurf vom 06.07.2006 gemäß der Anlage 50/2006 enthaltenen Satz beschlossen: "Je Branchengruppe sind max. 1.200 m2 Geschossfläche zulässig". In Nr. 1.4.3.4 Satz 3 der vom Bürgermeister am 06.07.2006 gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen heiße es demgegenüber: "Je Branchengruppe sind max. 800 m2 Verkaufsfläche zulässig". Da beide Fassungen dasselbe Datum trügen, könne über die ausgefertigte Satzung, soweit diese auf einen Textteil vom 06.07.2006 Bezug nehme, auch keine "gedankliche Schnur" zu einem der beiden Sätze hergestellt werden. Ungeachtet dessen sei der Bebauungsplan jedenfalls hinsichtlich des Sondergebiets auch aus materiell-rechtlichen Gründen unwirksam. Die textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.1 und 1.4.3.2 seien nach dem in der Planbegründung zum Ausdruck kommenden raumordnerischen Zweck der Planung miteinander verschränkt. Wäre nur die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.1 unwirksam, entfiele ein zentrales Steuerungsinstrument der Planung. Gleiches gelte für die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.4. Nach § 34 BauGB sei das Vorhaben zulässig. Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung sei § 34 Abs. 2 BauGB nicht anwendbar. Das Baugrundstück und seine nähere Umgebung seien keinem Baugebiet der Baunutzungsverordnung zuzuordnen. Ein faktisches Gewerbegebiet scheide aus, weil der Lebensmittelmarkt der Klägerin ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb i.S. des § 11 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO sei. Seine genehmigte Verkaufsfläche betrage einschließlich des Verkaufsraumes des Backshops und des von Kunden betretbaren Windfangs des Pfandraumes 857,84 m2. Soweit die Beklagte bei Erteilung der Baugenehmigung am 29.06.2006 im Anschluss an die Dienstbesprechung vom 01.06.2006 eine geringere Verkaufsfläche als 800 m2 angenommen habe, weil für Putz 1% abgezogen werden könne und der Windfang des Pfandraums sowie der Verkaufsraum des Backshops nicht anrechenbar seien, liege dem ein Rechtsirrtum zugrunde. Ein Putzabzug werde vom erkennenden Gerichtshof bei einem typischen Lebensmittelmarkt nur im Umfang von 1 - 1,5 cm für drei Seiten des Verkaufsraums gebilligt. Dadurch vermindere sich die Verkaufsfläche um weniger als 1 m2, während ein Abzug von 1% zu einer Verminderung um 7 m2 führe. Der Windfang des Pfandraums müsse als Verkaufsfläche angerechnet werden, weil er Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Lebensmittelmarktes städtebaulich präge. Der Verkaufsraum des Backshops sei nach den Maßstäben im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - anzurechnen, weil der Backshop ein Nebenbetrieb des Lebensmittelmarktes sei. Das Vorhaben sei jedenfalls nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zulässig. Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung in der näheren Umgebung sei auf die typisierten Nutzungsarten der Baunutzungsverordnung abzustellen. Der großflächige Einzelhandel sei in § 11 Abs. 3 BauNVO als besondere typisierte Nutzungsart hervorgehoben. Entscheidend sei daher, ob in der näheren Umgebung bereits ein solcher Betrieb vorhanden sei. Das sei mit dem Lebensmittelmarkt der Fall, da er die Schwelle der Großflächigkeit bereits jetzt deutlich überschreite. § 34 Abs. 3 BauGB stehe dem Vorhaben ebenfalls nicht entgegen. Die Beigeladene habe keinen zentralen Versorgungsbereich i.S. dieser Vorschrift. Zwar genüge insoweit die Sicherstellung einer über den unmittelbaren Nahbereich hinauswirkenden wohnortnahen Grundversorgung. In der Ortsmitte der Beigeladenen gebe es aber keinen Lebensmittelmarkt. Es gebe nur Bäcker und Metzger. Das reiche zur Deckung der wesentlichen Bedürfnisse des täglichen Bedarfs nicht aus. Nach der "Auswirkungsanalyse" der ... vom Dezember 2011 betrage der Mehrumsatz infolge des streitigen Vorhabens 0,9 Mio. Euro, davon 0,7 Mio. Euro im Lebensmittelbereich. Dieser Mehrumsatz gehe zu Lasten von zwei außerhalb der Ortsmitte angesiedelten Wettbewerbern der Klägerin. Auch in Nachbargemeinden seien zentrale Versorgungsbereiche nicht durch schädliche Auswirkungen betroffen. Nach der "Auswirkungsanalyse" liege die Umverteilungsquote unter 2%. Ziele der Raumordnung seien kein Tatbestandsmerkmal in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
41 
Die Klägerin beantragt,
42 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 10. Oktober 2013 - 2 K 682/12 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 12. Oktober 2011 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 6. März 2012 zu verpflichten, der Klägerin eine Baugenehmigung zur Änderung des Non-Food-Lagers des ...-Lebensmittelmarkts im Gebäude Robert-Bosch-Straße ... in Empfingen in Verkaufsraum gemäß dem Bauantrag vom 23. März 2011 zu erteilen, und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
43 
Die Beklagte beantragt,
44 
die Berufung zurückzuweisen.
45 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Es befremde, dass die Klägerin von 857,84 m² Verkaufsfläche nach dem Stand der Baugenehmigung vom 29.06.2006 ausgehe. Dies widerspreche den mit ihrer Vertreterin am 01.06.2006 besprochenen Vorgaben. Nach § 34 BauGB wäre das Vorhaben unzulässig, weil es mehr als 800 m2 Verkaufsfläche habe. Das gelte auch dann, wenn § 34 Abs. 2 BauGB anwendbar wäre. Denn in einem Gewerbegebiet, von dem hier auszugehen sei, seien Einzelhandelsbetriebe mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 m2 unzulässig. Ein faktisches Sondergebiet scheide selbst dann aus, wenn ein solches rechtlich überhaupt möglich wäre. Bei unterstellter Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans sei im Übrigen eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB nicht möglich. Insoweit werde auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Die Beklagte hat ferner mitgeteilt, nach ihren Unterlagen sei nicht feststellbar, dass dem Vorhaben ungeachtet seiner Vereinbarkeit mit dem Bauplanungsrecht andere von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstünden.
46 
Die Beigeladene hat mitgeteilt, sie mache von ihrem Äußerungsrecht keinen Gebrauch. Sie war in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten.
47 
Die Beklagte hat eine Aufstellung über die derzeit vorhandenen Arten baulicher Nutzungen auf den Flächen im Gebiet des Bebauungsplans "Autobahnkreuz Südost" und außerhalb davon westlich der Robert-Bosch-Straße vorgelegt. Die Klägerin hat dazu angemerkt, der Fachmarkt für Werkzeuge/Baustoffe im Gebäude Robert-Bosch-Straße ... sei im Jahr 1995 mit 2.300 m2 Verkaufsfläche angesiedelt und später um 400 m2 Verkaufsfläche erweitert worden; sein Sortiment umfasse Baustoffe, Gartenzubehör und Werkzeuge, aber auch Haushalts-, Spiel- und Papeteriewaren. Insbesondere dieser Fachmarkt widerspreche der Annahme, das Baugrundstück liege in einem faktischen Gewerbegebiet.
48 
In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten auf Fragen des Senats angegeben: Der Vortrag der Klägerin zur Verkaufsfläche des Fachmarkts für Werkzeuge/Baustoffe im Gebäude Robert-Bosch-Straße ... sei zutreffend; brandschutzrechtliche Anforderungen an das Vorhaben habe die Beklagte bislang nicht geprüft, diesen könnte durch Nebenbestimmungen Rechnung getragen werden. Der Senat hat drei Lichtbilder von der Bebauung auf dem Baugrundstück und auf den Flächen in dessen Umgebung beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
49 
Dem Senat liegen die einschlägigen Bauakten der Beklagten, die Widerspruchsakten, die Akten des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplans "Autobahn-Südost" der Beigeladenen sowie die Gerichtsakten vor. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Unterlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
A.
50 
Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, da die Ladung der Beigeladenen einen entsprechenden Hinweis enthielt (§ 102 Abs. 2 VwGO).
51 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung der Klägerin ist auch sonst zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht und formell hinreichend begründet (§ 124 a Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Verpflichtungsklage ist zulässig und begründet. Die Ablehnung der Erteilung der begehrten Baugenehmigung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihrem Recht nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Denn dem genehmigungspflichtigen (§ 49 i.V.m. § 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO) Vorhaben der Klägerin stehen keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen. Das Vorhaben verstößt nicht gegen Vorschriften des Bauplanungsrechts (I.) und Anhaltspunkte dafür, dass ihm bauordnungsrechtliche oder sonstige von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen, sind nicht ersichtlich (II.).
I.
52 
Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das Vorhaben, das eine i.S. des § 29 Abs. 1 BauGB bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung einer baulichen Anlage zum Inhalt hat (1.), nach § 34 BauGB, nicht jedoch - wie die Beklagte und das Verwaltungsgericht meinen - nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. den Festsetzungen des Bebauungsplans "Autobahnkreuz-Südost" vom 06.07.2006 (2.). Nach § 34 BauGB ist das Vorhaben zulässig (3.).
53 
1. Die Änderung des Non-Food-Lagers in zusätzlichen Verkaufsraum ist ein Vorhaben i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB mit der von dieser Vorschrift vorausgesetzten (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.2001 - 6 C 18.00 - BVerwGE 114, 206, juris Rn. 18 m.w.N.) bodenrechtlichen Relevanz (vgl. § 1 Abs. 6 BauGB). Gegenstand dieser Prüfung ist grundsätzlich das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt; das vom Bauherrn angestrebte Ergebnis der Baumaßnahme muss den zu prüfenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften entsprechen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.11.2005 - 4 B 72.05 - NVwZ 2006, 340, juris Rn. 5 m.w.N.). Anderes gilt allenfalls, wenn der geänderte Anlagenteil ein selbständiges Vorhaben sein könnte (BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 - NVwZ 1994, 294, juris Rn. 16), was hier aber offenkundig ausscheidet.
54 
a) Der Abriss der Trennwand zwischen dem bisherigen Verkaufsraum und dem Non-Food-Lager und die Schließung der Türöffnung in einer Wand des Non-Food-Lagers sind zwar Änderungen einer baulichen Anlage i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB. Sie sind in Bezug auf das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt aber ohne bodenrechtliche Relevanz. Das Maß der baulichen Nutzung bleibt unverändert. Die für städtebauliche Auswirkungen (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 BauNVO, § 34 Abs. 3 BauGB) nach § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO erhebliche Größe der Geschossfläche bleibt von diesen baulichen Änderungen unberührt. Für die überbaute Grundstücksfläche und die Bauweise gilt nichts Anderes. Da sich die Änderungen auf das Gebäudeinnere beschränken, sind Auswirkungen auf das Ortsbild ausgeschlossen.
55 
b) Die Umnutzung des Non-Food-Lagers in Verkaufsraum ist aber eine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung, auch wenn sich der Nutzungstyp nicht ändert, weil bereits der bestehende Lebensmittelmarkt mit mehr als 800 m2 genehmigter Verkaufsfläche (vgl. zu diesem "Schwellenwert" BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - BVerwGE 124, 364, juris Rn. 23) ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb i. S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO ist (siehe dazu unten 3.)
56 
Eine Nutzungsänderung i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB liegt vor, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166, juris Rn. 12 m.w.N.). Das ist der Fall, wenn für die neue Nutzung weitergehende Vorschriften gelten als für die alte, aber auch dann, wenn sich die Zulässigkeit der neuen Nutzung nach derselben Vorschrift bestimmt, danach aber anders zu beurteilen ist als die frühere Nutzung. In diesem Sinne bodenrechtlich relevant ist eine Änderung der Nutzungsweise etwa dann, wenn sie für die Nachbarschaft erhöhte Belastungen mit sich bringt (BVerwG, Urteil 14.01.1993 - 4 C 19.90 - 1993, 1184, juris Rn. 27 m.w.N.). Die Variationsbreite einer genehmigten Nutzung wird auch überschritten, wenn das bisher charakteristische Nutzungsspektrum durch die Änderung erweitert wird (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166, juris Rn. 12 m.w.N.). Entscheidend ist der Vergleich von Art und Umfang der bisher genehmigten Nutzung mit der geplanten Nutzung (BVerwG, Urteil vom 18.04.1996 - 4 C 17.94 -, juris Rn. 18).
57 
Gemessen daran liegt eine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung vor. Die Vergrößerung der Verkaufsfläche eines Einzelhandelsbetriebs um ca. 177 m2 verlässt die der bislang genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite selbst dann, wenn sich der konkrete Nutzungstyp nicht ändert, jedenfalls in ihrem Umfang. Das gilt auch für einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb. Auch bei diesem ist die nicht nur geringfügige Erweiterung der Verkaufsfläche um ca. 177 m2 nicht als "mitgenehmigt" anzusehen. Die Verkaufsfläche ist ein charakteristisches städtebauliches Merkmal für die Attraktivität dieses Nutzungstyps. Denn diese wird - soweit es um das Merkmal der Fläche geht - nicht von der Größe der baulichen Anlage - die sich in der Geschossfläche widerspiegelt - sondern eher von derjenigen Fläche beeinflusst, auf der Waren präsentiert und gekauft werden können (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005, a.a.O. Rn. 14 m.w.N.). Die Erweiterung der Verkaufsfläche in einem solchen Umfang kann auch bodenrechtliche Belange nach § 1 Abs. 6 BauGB neu berühren, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt. Denn die Größe der Verkaufsfläche trägt zur Kapazität, Wettbewerbskraft und Attraktivität eines Handelsbetriebes bei und kann sich von daher auf eine geordnete städtebauliche Entwicklung, insbesondere auf die Struktur des Handels und die Versorgung im betreffenden Gebiet auswirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.1990 - 4 C 36.87 - NVwZ 1990, 1071, juris Rn. 26; Beschluss vom 29.11.2005 - 4 B 72.05 - NVwZ 2006, 340, juris Rn. 5; Senatsurteil vom 12.08.2005 - 5 S 2363/04 - VBlBW 2006, 106, juris Rn. 17). Ferner kann sie Belange des Umweltschutzes neu berühren, insbesondere infolge nachteiliger umweltbezogener Auswirkungen auf den Menschen in der Umgebung des Betriebs durch Erhöhung der Kundenzahl und - damit - des betriebsbezogenen Kfz-Verkehrs (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 7 c) BauGB).
58 
2. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit dieses Vorhabens beurteilt sich nur nach § 34 BauGB, nicht jedoch nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. den Festsetzungen des Bebauungsplans "Autobahnkreuz-Südost" vom 06.07.2006. Denn dieser Bebauungsplan ist wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam, zumindest auf den Flächen, für die er ein Sondergebiet festsetzt, worauf es für das streitige Vorhaben allein ankommt. Der Bebauungsplan ist bereits nicht ordnungsgemäß ausgefertigt (a)). Unabhängig davon sind seine Festsetzungen über gebiets- und branchenbezogene Verkaufsflächen-Obergrenzen (Nr. 1.4.3.1 und 1.4.3.4 Satz 3 bis 5 der gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen) mangels Rechtsgrundlage unwirksam, was die Unwirksamkeit des Bebauungsplans zumindest auf den Flächen zur Folge hat, für die er ein Sondergebiet festsetzt (b)).
59 
a) Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 23 Abs. 1 LV) gebietet, dass eine Rechtsnorm vom zuständigen Organ des Normgebers ordnungsgemäß ausgefertigt wird. Mit der Ausfertigung wird bestätigt, dass die zu verkündende Fassung der Rechtsnorm mit der vom Normgeber beschlossenen Fassung der Norm übereinstimmt (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.09.2014 - 4 B 29.14 - juris m.w.N.). Bei einem Bebauungsplan hat daher das für die Ausfertigung der Satzung zuständige Organ der Gemeinde - hier der Bürgermeister der Beigeladenen - zu bestätigen, dass der Inhalt des Bebauungsplans mit dem Willen des gemeindlichen Beschlussorgans (Gemeinderat) übereinstimmt (st. Rspr. vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2006 - 8 S 1989/05 -, juris Rn. 33 m.w.N.). Nicht erforderlich ist es, sämtliche Bestandteile eines Bebauungsplans auszufertigen. Ausreichend ist, dass die Satzung ordnungsgemäß ausgefertigt ist und dass diese Satzung auf sonstige Bestandteile in einer Weise Bezug nimmt, die Zweifel an der Identität des Norminhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen ausschließen ("gedankliche Schnur", vgl. Senatsurteil vom 02.11.2005 - 5 S 2662/04 - juris Rn. 58 m.w.N.). Fehlt die Ausfertigung oder bestätigt sie eine andere Fassung der Rechtsnorm als vom Normgeber beschlossen, ist die Rechtsnorm unwirksam, weil die ordnungsgemäße Ausfertigung einer Rechtsnorm Voraussetzung für deren ordnungsgemäße öffentliche Bekanntmachung ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.10.2013 - 1 S 347/13 - ESVGH 64, 124 , juris Rn. m.w.N.).
60 
Gemessen daran ist die Ausfertigung der Satzung durch den Bürgermeister der Beigeladenen unwirksam, weil sie eine andere Fassung der Festsetzungen des Bebauungsplans für das Sondergebiet bestätigt als vom Gemeinderat beschlossen. Die am 06.07.2006 ausgefertigte Satzung bezeichnet in ihrem § 2 Nr. 1 zweiter Spiegelstrich als Bestandteil des Bebauungsplans einen "Textteil in der Fassung vom 06.07.2006". Einen Bestandteil mit genau diesem Titel gibt es zwar nicht. Gemeint sind aber offenkundig die vom Gemeinderat in seiner Sitzung am 06.07.2006 beschlossenen textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan. Der Gemeinderat hat diese Festsetzungen mit dem Inhalt beschlossen, wie er sich aus der Sitzungsvorlage 50/2006 ergibt. Zwar hatte die Verwaltung dem Gemeinderat in dieser Sitzungsvorlage noch Änderungen unterbreitet. Auch hatte der Gemeinderat diesen Änderungsvorschlägen nach Abwägung zugestimmt. Im Anschluss daran hat er die textlichen Festsetzungen aber gleichwohl so beschlossen, wie sie im Entwurf der Sitzungsvorlage 50/2006 enthalten waren. Denn er nahm, wie sich aus seinem Zustimmungsbeschluss ergibt, an, diese Änderungen seien - in vollem Umfang - "von der Verwaltung bereits in die Sitzungsunterlagen mit eingearbeitet". Bei der gebotenen Auslegung nach dem Empfängerhorizont (§ 133 BGB entspr.) kann sein nachfolgender Satzungsbeschluss daher nur so verstanden werden, dass er als "Textteil in der Fassung vom 06.07.2006" gemäß § 2 dieser Satzung die textlichen Festsetzungen mit dem Inhalt des in der Sitzungsvorlage 50/2006 enthaltenen Textentwurfs beschlossen hat.
61 
Die vom Bürgermeister gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen weichen vom Inhalt des Entwurfs der textlichen Festsetzungen in der Sitzungsvorlage 50/2006 ab. Zwar handelt es sich dabei zu einem großen Teil nur um redaktionelle Abweichungen. Ob diese einen beachtlichen Ausfertigungsmangel begründen, kann dahinstehen. Denn jedenfalls weicht die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.4 Satz 3 auch ihrem Inhalt nach von der vom Gemeinderat beschlossenen entsprechenden textlichen Festsetzung Nr. 2 Satz 4 im Entwurf der textlichen Festsetzungen nach der Sitzungsvorlage 50/2006 ab. Denn während es in der Sitzungsvorlage insoweit heißt "max 1.200 m2 Geschossfläche", heißt es in der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.3.4 Satz 3 "max 800 m2 Verkaufsfläche". Eine Übereinstimmung des § 2 der Satzung vom 06.07.2006 mit den beschlossenen textlichen Festsetzungen in der Sitzungsvorlage 50/2006 lässt sich auch nicht über eine "gedankliche Schnur" zum Entwurf der textlichen Festsetzungen in dieser Vorlage herstellen. Denn diese datiert ebenfalls vom 06.07.2006 und damit vom selben Tag wie die vom Bürgermeister gesondert ausgefertigten, inhaltlich aber abweichenden textlichen Festsetzungen. Zweifel an der Identität des Norminhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen lassen sich damit nicht ausschließen. Aus demselben Grund wäre die Ordnungsmäßigkeit der Ausfertigung schließlich auch nicht durch eine vom Bürgermeister ausgefertigte Niederschrift der Sitzung des Gemeinderats vom 06.07.2006 mit dem darin enthaltenen Satzungsbeschluss (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.01.1995 - 8 S 1806/94 - ESVGH 45, 316, juris Rn. 13. ff.) nachweisbar.
62 
b) Die gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen über eine auf das Sondergebiet bezogene Obergrenze für die Verkaufsflächen aller Einzelhandelsbetriebe mit nicht-zentrenrelevanten Sortimenten (Nr. 1.4.3.1) und über eine Obergrenze für die Verkaufsflächen aller in diesem Gebiet ausnahmsweise zulässigen Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Sortimenten bestimmter Branchen (Nr. 1.4.3.4 Satz 3 bis 5) sind rechtswidrig, weil sie nicht durch eine gesetzliche Ermächtigung, insbesondere nicht durch § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO, gedeckt sind (aa)). Ihre Unwirksamkeit führt zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans jedenfalls auf den Flächen, für die er ein Sondergebiet festsetzt (bb)).
63 
aa) Eine Kontingentierung von Verkaufsflächen, die auf ein Sondergebiet insgesamt bezogen ist, öffnet das Tor für sogenannte "Windhundrennen“ potentieller Investoren und Bauantragsteller und schließt die Möglichkeit ein, dass Grundeigentümer im Fall der Erschöpfung des Kontingents von der kontingentierten Nutzung ausgeschlossen sind. Die Festsetzung solcher gebietsbezogener Verkaufsflächenbeschränkungen zur Steuerung des Einzelhandels in einem Sondergebiet ist weder als Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung zulässig, weil sie nicht mit Hilfe eines der von § 16 Abs. 2 BauNVO zugelassenen Parameter (Grundfläche, Geschossfläche) vorgenommen worden ist, noch ist sie eine nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO in sonstigen Sondergebieten zulässige Festsetzung der Art der baulichen Nutzung (BVerwG, Urteile vom 03.04.2008 - 4 CN 3.07 - BVerwGE 131, 86, juris Rn. 14 ff., und vom 24.03.2010 - 4 CN 3.09 - NVwZ 2010, 782, juris Rn. 23; Beschluss vom 06.08.2013 - 4 BN 24.13 - BauR 2013, 1812, juris Rn. 14). Anderes gilt ausnahmsweise, wenn in dem in Rede stehenden Sondergebiet nur ein einziger Handelsbetrieb zulässig ist. Dann ist die gebietsbezogene mit der vorhabenbezogenen Verkaufsflächenbeschränkung identisch und als Festsetzung der Art der baulichen Nutzung nach § 11 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BauNVO zulässig, soweit diese durch städtebauliche Gründe gerechtfertigt wird (BVerwG, Beschluss vom 09.02.2011 - 4 BN 43.10 - BauR 2011, 1118, juris Rn. 7). Es genügt aber nicht, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses davon ausgehen kann, dass im Sondergebiet tatsächlich nur ein einziger Handelsbetrieb verwirklicht werden wird. Gebiets- und vorhabenbezogene Verkaufsflächenbegrenzung sind nur dann identisch, wenn die Festsetzungen des Bebauungsplans nur die Errichtung eines einzigen Einzelhandelsbetriebs zulassen. Unerheblich ist zudem, ob das Grundeigentum im Plangebiet zum Zeitpunkt des Beschlusses über den Bebauungsplan in einer Hand liegt (BVerwG, Urteil vom 24.03.2010, a.a.O. Rn. 24 m.w.N.).
64 
Die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.1 ist eine vorhabenunabhängige, gebietsbezogene Verkaufsflächenbeschränkung. Für die in der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.3.4 Satz 3 bis 5 festgelegten Obergrenzen für die Verkaufsflächen aller im Sondergebiet ausnahmsweise zulässigen Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Sortimenten bestimmter Branchen gilt nichts Anderes. Auch diese Obergrenzen öffnen das Tor für - auf die Ausnahmen bezogene - "Windhundrennen“ potentieller Investoren und Bauantragsteller und schließen die Möglichkeit ein, dass Grundeigentümer im Fall der Erschöpfung des Ausnahmen-Kontingents für bestimmte Branchen von der kontingentierten Nutzung ausgeschlossen sind. Im Sondergebiet ist auch nicht nur ein einziger Handelsbetrieb zulässig. Nach der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.1 sind dort neben Einzelhandelsbetrieben (c)) auch Gewerbebetriebe des Dienstleistungssektors (a)), Handwerksbetriebe mit den ihnen dienenden Ausstellungs- und Verkaufsräumen mit Ausnahme des Lebensmittelhandwerks (b)) sowie Schank- und Speisewirtschaften (d)) allgemein zulässig. Die durch Baugrenzen festgelegte überbaubare Fläche schließt die Ansiedlung mehrerer Betriebe auch nicht aus. In der Planbegründung wird zudem ausdrücklich betont, dass im Sondergebiet neben einem Lebensmittelmarkt "auch ein Gastronomiebetrieb sowie verschiedene Gewerbe-, Handels- und Dienstleistungsbetriebe" angesiedelt werden und dass der "Schwerpunkt auf Handwerksbetrieben mit Verkaufsmöglichkeiten liegen" werde.
65 
bb) Die Unwirksamkeit der textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.1 und Nr. 1.4.3.4 Satz 3 bis 5 führt selbst dann, wenn die sonstigen Festsetzungen für das Sondergebiet, insbesondere die Beschränkungen von Verkaufs- und Geschossfläche je Einzelhandelsbetrieb nach textlicher Festsetzung Nr. 1.4.3.2, für sich gesehen rechtmäßig sein sollten, zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans jedenfalls auf den Flächen, für die er ein Sondergebiet festsetzt.
66 
Die Unwirksamkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung hat grundsätzlich deren Gesamtunwirksamkeit zur Folge. Die Teilunwirksamkeit ist eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme (BVerwG, Beschluss vom 24.04.2013 - 4 BN 22.13 - BRS 81 Nr. 77, juris Rn. 3 m.w.N.). Diese Ausnahme setzt voraus, dass die Restbestimmung auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleibt (Grundsatz der Teilbarkeit) u n d mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers; BVerwG, Urteil vom 11.09.2014 - 4 CN 3.14 - NVwZ 2015, 301, juris Rn. 26 m.w.N., st. Rspr.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Zwar mag es sein, dass die Festsetzungen für das Sondergebiet ohne die gebietsbezogenen Verkaufsflächenbeschränkungen noch die Funktion erfüllen können, eine geordnete städtebauliche Entwicklung des Planbereichs zu gewährleisten (Teilbarkeit). Das kann indes offen bleiben. Jedenfalls kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, der Gemeinderat der Beigeladenen hätte nicht-großflächige Einzelhandelsbetriebe ohne zentrenrelevante Hauptsortimente allgemein (textliche Festsetzungen Nr. 1.4.1 c) i.V.m. Nr. 1.4.3.2 und 1.4.3.4 Satz 1) und nicht-großflächige Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten aus bestimmten Branchen ausnahmsweise (textliche Festsetzungen Nr. 1.4.3.4 Satz 2) auch ohne zusätzliche Einschränkungen für zulässig erklärt, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass gebietsbezogene Beschränkungen der Gesamt-Verkaufsfläche dieser Betriebe im Sondergebiet unzulässig sind. Denn diese Beschränkungen sind nach der Planbegründung ein wesentliches Element, um den Bebauungsplan im Einklang mit den Anregungen des Regionalverbands in dessen Stellungnahme vom 22.06.2006 an einschlägige Ziele der Raumordnung anzupassen (§ 1 Abs. 4 BauGB). Zwar dienen auch die weiteren textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.2 bis 1.4.3.4 Satz 1 diesem raumordnerischen Zweck. Sie sind aber mit den Beschränkungen der Gesamt-Verkaufsfläche im Sinne eines sortimentsbezogenen planerischen Gesamtkonzepts zur Steuerung des Einzelhandels im Sondergebiet verknüpft. In der Planbegründung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, es sei zur Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, zur Erreichung der für die innerörtliche Entwicklung gesetzten Sanierungsziele und zur Erhaltung und Stärkung der innerörtlichen Handelsfunktion erforderlich, Überlegungen anzustellen, welche Branchen und Sortimente für die Beigeladene zentrenrelevant seien und daher im Sondergebiet nicht zugelassen werden sollten. Auch im Übrigen befasst sich die Planbegründung eingehend mit der Abgrenzung der zentrenrelevanten von den nicht-zentrenrelevanten Sortimenten. Aus ihr geht auch hervor, dass sich der Gemeinderat mindestens zweimal mit der Festlegung der zulässigen Sortimente im Sondergebiet befasst und sich dabei auch einer Standortanalyse bedient hat. Mit diesen Überlegungen zum Schutz der innerörtlichen Zentralität sind die Beschränkungen der Gesamt-Verkaufsfläche nach dem Plankonzept untrennbar verknüpft. Damit steht und fällt auch die Festsetzung des Sondergebiets insgesamt. Das führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans jedenfalls auf den Flächen dieses Baugebiets. Denn der Bebauungsplan kann ohne Festsetzung eine Baugebiets auf diesen Flächen für sich betrachtet keine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB mehr bewirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.09.2014, a.a.O. Rn. 27 m.w.N.).
67 
3. Nach § 34 BauGB ist das Vorhaben zulässig. Hinsichtlich der bei der Nutzungsänderung allein in Rede stehenden Art der baulichen Nutzung beurteilt es sich nicht nach § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB, sondern nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (a)). Insoweit fügt sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung ein (b)). Auch gehen von ihm keine schädlichen Auswirkungen i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB aus (c)).
68 
a) Die Voraussetzungen nach § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind nicht erfüllt. Die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks entspricht keinem der Baugebiete, die in der Baunutzungsverordnung bezeichnet sind.
69 
aa) "Nähere Umgebung" ist die Umgebung, auf die sich die Ausführung eines Vorhabens auswirken kann und die ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.05.2014 - 4 B 38.13 - NVwZ 2014, 1246, juris Rn. 7 m.w.N.). Maßgebend ist dabei nicht nur die Bebauung außerhalb des Baugrundstücks; auch ein auf dem Baugrundstück selbst bereits vorhandenes Gebäude gehört zur vorhandenen Bebauung, die den Maßstab für die weitere Bebauung bildet (BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 - NVwZ 1994, 294, juris Rn.18). Zur Abgrenzung der näheren Umgebung kann sinngemäß die Rechtsprechung zur Abgrenzung des Innenbereichs vom Außenbereich übertragen werden. Danach kann sich bei Berücksichtigung topographischer Gegebenheiten ergeben, dass aneinandergrenzende bebaute Grundstücke unterschiedlichen Baugebieten angehören, etwa wenn ein Steilhang im Grenzbereich eine trennende Funktion hat (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1998 - 4 B 79.98 - NVwZ-RR 1999, 105, juris Rn. 8).
70 
Hiernach bildet die Bebauung auf dem Baugrundstück und auf den weiteren Grundstücken zu beiden Seiten der Robert-Bosch-Straße den maßgebenden Rahmen. Dieser wird im Süden durch die Bebauung bis zum abfallenden Gelände der Grünflächen südlich des Baugrundstücks und des schräg gegenüber liegenden Gebäudes Robert-Bosch-Straße … ("K......") begrenzt. Von Norden her wird der bodenrechtliche Charakter des Baugrundstücks durch die Bebauung zumindest bis einschließlich der Gebäude an der Nordseite des Abzweigs der Robert-Bosch-Straße (u.a. "S... Fachmarkt & Baumarkt Empfingen") geprägt oder jedenfalls beeinflusst (vgl. die beigezogenen Lichtbilder). Der Einwand der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, die insoweit im Gebiet des Bebauungsplans "Autobahnkreuz - 1. Änderung" gelegene Bebauung sei nicht rahmenbildend, greift nicht durch. Denn zur näheren Umgebung i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 BauGB kann auch qualifiziert beplantes Gebiet gehören (BVerwG, Urteil vom 31.10.1975 - IV C 16.73 - BauR 1976, 185, juris Rn. 15). Für den räumlichen Umfang der näheren Umgebung ist es unerheblich, wann eine Bebauung entstanden ist, die die Eigenart der näheren Umgebung prägt, und ob diese gleichfalls nach § 34 BauGB zu beurteilen ist (Mitschang/Reidt in Battis/Kratzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage § 34 Rn. 24).
71 
bb) Zur Bestimmung der Eigenart dieser Umgebung i. S. des § 34 Abs. 2 BauGB ist - ebenso wie nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB - auf einer ersten Stufe alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Eine Beschränkung auf das, was von der vorhandenen Bebauung städtebaulich wünschenswert oder auch nur vertretbar ist, ist unzulässig. Sodann muss auf einer zweiten Stufe die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden. Was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint, ist auszusondern. Dazu gehören zum einen bauliche Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Zum anderen können auch Anlagen auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeit-Schwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen, wie insbesondere eine in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung stehende singuläre Anlage (Fremdkörper). Derartige Anlagen dürfen aber nur ausgeklammert werden, wenn sie wegen ihrer Andersartigkeit und Einzigartigkeit den Charakter ihrer Umgebung letztlich nicht beeinflussen können. Ob dies der Fall ist, muss auf einer dritten Stufe unter Würdigung des tatsächlich Vorhandenen ermittelt werden. Ausschlaggebend kann erneut die Größe der andersartigen Anlage sein. Einzelne bauliche Anlagen von stark abweichendem Charakter können nach Ausdehnung, Zahl und anderen Quantitätsmerkmalen ein solches Gewicht enthalten, dass sie trotz ihrer herausstechenden Andersartigkeit in einer abweichend und verhältnismäßig einheitlich strukturierten Umgebung ihrerseits tonangebend wirken. Dafür kommen neben der Größe des Gebäudes auch die Ausstrahlungswirkungen (Immissionen) einer einzelnen baulichen Anlage auf die nähere Umgebung in Betracht (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 15.02.1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322, juris Rn. 12 ff.).
72 
Hiernach wird die Eigenart der näheren Umgebung nach der Art der baulichen Nutzung unter Berücksichtigung der von der Beklagten vorgelegten Aufstellung, der ergänzenden Angaben der Beteiligten sowie der beigezogenen Lichtbilder im Wesentlichen durch folgende bauliche Nutzungen bestimmt: Gewerbliche Produktionsgebäude (Robert-Bosch-Straße ...), Lager-, Fahrzeug-, Geräte-, Ausstellungs- und Verpackungshallen (Robert-Bosch-Straße ...), Speditionsgebäude (Robert-Bosch-Straße ...), gewerbliche Werk- und Montagehallen (Robert-Bosch-Straße ...), Bürogebäude und -container (Robert-Bosch-Straße ...), gewerbliche Fabrik-/Verwaltungsgebäude (Robert-Bosch-Straße ...), Tankstelle (Robert-Bosch-Straße ...), Fachmärkte für Lebensmittel (Robert-Bosch-Straße ... und ...), Kleidung (Robert-Bosch-Straße ... <...>), Getränke (Robert-Bosch-Straße ... <...>) und Werkzeuge/Baustoffe (Robert-Bosch-Straße ..., "S..."), Containerplätze (Robert-Bosch-Straße ..., ...), Pkw-Ausstellungsfläche (Robert-Bosch-Straße ...), gewerbliches Zentraldistributionslager (Anton-Schlecker-Straße ...) und zahlreiche Pkw- und Lkw-Stellplätze.
73 
Anhaltspunkte dafür, dass bestimmte dieser baulichen Anlagen die vorhandene Bebauung nicht prägen oder in ihr gar als Fremdkörper erscheinen, sind nicht erkennbar. Das gilt insbesondere für den Fachmarkt für Werkzeuge/Baustoffe (Robert-Bosch-Straße ..., "S... Fachmarkt & Baumarkt Empfingen") mit 2.700 m2 Verkaufsfläche. Zwar handelt es sich dabei um einen in seiner Größe einzigartigen großflächigen Einzelhandelsbetrieb i. S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO in der näheren Umgebung. Insoweit steht einer Ausklammerung aber schon entgegen, dass auch dieses Gebäude nach seinem äußeren und insoweit unauffälligen (vgl. die beigezogenen Lichtbilder) Erscheinungsbild den Charakter der näheren Umgebung des Baugrundstücks prägt. Ungeachtet dessen ist dieser großflächige Einzelhandelsbetrieb auch sonst kein "Fremdkörper", da er im Rahmen der Umgebungsbebauung nicht der einzige Nutzungstyp dieser Art ist. Denn auch der im westlichen Teil des Gebäudes auf dem Baugrundstück genehmigte Lebensmittelmarkt ist ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb, weil seine anrechenbare Verkaufsfläche den für das Tatbestandsmerkmal der "Großflächigkeit" maßgebenden Schwellenwert von 800 m2 deutlich überschreitet.
74 
(1) Zur Verkaufsfläche eines Selbstbedienungs-Fachmarkts gehören zunächst die Flächen, auf denen üblicherweise die Verkäufe abgewickelt werden einschließlich Kassenzone, Gänge, Schaufenster und Stellflächen für Einrichtungsgegenstände sowie innerhalb der Verkaufsräume befindliche und diese miteinander verbindende Treppen und Aufzüge. Dazu sind aber auch diejenigen Flächen zu zählen, die vom Kunden zwar aus betrieblichen und hygienischen Gründen nicht betreten werden dürfen, in denen aber die Ware für ihn sichtbar ausliegt (Käse-, Fleisch- und Wursttheke etc.) und in dem das Personal die Ware zerkleinert, abwiegt und abpackt. Ferner gehören vom Kunden betretbare Flächen dazu, die in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit eines solchen Einzelhandelsbetriebs prägen, wie ein Windfang oder ein Kassenvorraum einschließlich der Flächen zum Einpacken der Ware und Entsorgen des Verpackungsmaterials. Nicht zur Verkaufsfläche gehören Flächen, auf denen für den Kunden nicht sichtbar die handwerkliche und sonstige Vorbereitung (Portionierung etc.) erfolgt, sowie die (reinen) Lagerflächen (BVerwG, Urteil vom 27.04.1990, a.a.O. Rn. 28; Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - a.a.O.).
75 
Die Verkaufsflächen baulich und funktionell eigenständiger Betriebe können grundsätzlich nicht zusammengerechnet werden. Für die räumliche Abgrenzung eines Einzelhandelsbetriebs ist auf die nach außen erkennbaren baulichen Gegebenheiten abzustellen. Eine Verkaufsstätte kann ein selbstständiger Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO nur sein, wenn sie unabhängig von anderen Einzelhandelsbetrieben genutzt werden kann und deshalb auch als eigenständiges Vorhaben genehmigungsfähig wäre. Hierfür muss die Verkaufsstätte jedenfalls einen eigenen Eingang, eine eigene Anlieferung und eigene Personalräume haben; sie muss unabhängig von anderen Betrieben geöffnet und geschlossen werden können. Ohne Bedeutung ist hingegen, wer rechtlich oder wirtschaftlich jeweils Betreiber ist, ob Selbstbedienung, Bedienung durch Personal oder eine Mischform erfolgt und wie die dem entsprechenden Bereiche innerhalb der Betriebsfläche voneinander abgegrenzt sind. Für die Prüfung einer "Funktionseinheit" unter den Gesichtspunkten eines gemeinsamen Nutzungskonzepts, der Ergänzung der Sortimente, der Nutzung von Synergieeffekten u. ä. ist in diesen Fällen kein Raum (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - BVerwGE 124, 376, juris Rn. 20 f. m.w.N.).
76 
Das gilt aber nicht uneingeschränkt. Ist in einem Gebäude die Betriebsfläche baulich in mehrere selbstständig nutzbare betriebliche Einheiten unterteilt, bilden diese Einheiten gleichwohl einen Einzelhandelsbetrieb i. S. des § 11 Abs. 3 BauNVO, wenn die Gesamtfläche durch einen Einzelhandelsbetrieb als "Hauptbetrieb" geprägt wird und auf den baulich abgetrennten Flächen zu dessen Warenangebot als "Nebenleistung" ein Warenangebot hinzutritt, das in einem inneren Zusammenhang mit der "Hauptleistung" steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt. Dann sind die Verkaufsflächen zur Ermittlung der Schwelle der Großflächigkeit i. S. des § 11 Abs. 3 BauNVO zu addieren. Unter welchen Voraussetzungen eine derartige Unterordnung anzunehmen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Für eine betriebliche Einheit wird im Allgemeinen sprechen, dass die für die "Nebenbetriebe" in Anspruch genommenen Flächen deutlich hinter den Flächen des Hauptbetriebs zurückbleiben. Schließlich kann berücksichtigt werden, dass nach der Verkehrsanschauung aus der Sicht des Verbrauchers ein Randangebot als zum Hauptbetrieb zugehörig angesehen wird. Baulich gesondert nutzbare Betriebsflächen bilden somit dann eine betriebliche Einheit mit einem Hauptbetrieb, wenn auf ihnen lediglich ein diesen ergänzendes Angebot erbracht wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn nach der Verkehrsanschauung die kleinere Fläche ebenso in die Verkaufsfläche des größeren Betriebs einbezogen sein könnte (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 -, a.a.O.).
77 
(2) Ausgehend davon beträgt die Verkaufsfläche des Selbstbedienungs-Lebensmittelmarktes auf dem Baugrundstück nach den Berechnungen der Nutzflächen, die den am 29.06.2006 und am 17.01.2007 von der Beklagten genehmigten Bauanträgen beigefügt waren, mindestens 853,63 m2. Diese setzt sich zusammen aus 780,70 m2 Verkaufsraum/Kassenzone. Hinzu kommen 2 x 9,48 m2 = 18,96 m2 für die Ein- und Ausgänge. Ferner ist der 14,21 m2 große, von Kunden betretbare Windfang im angebauten Pfandraum anzurechnen. Denn diese Fläche ist geeignet, den Verkaufsvorgang bei typisierender Betrachtung zu fördern. Sie prägt damit in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und die Wettbewerbsfähigkeit des Lebensmittelmarktes ebenfalls. Schließlich ist der Verkaufsraum des in das Gebäude integrierten Backshops mit 39,76 m2 anzurechnen. Der Backshop ist zwar eine selbstständig nutzbare betriebliche Einheit. Er hat einen eigenen Eingang, eine eigene Toilette und einen eigenen Personalraum. Gleichwohl ist die Fläche seines Verkaufsraums nach den vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - (a.a.O.) entwickelten Maßstäben auf die Verkaufsfläche des Lebensmittelmarktes anzurechnen. Die Gesamtfläche des westlichen Gebäudeteils auf dem Baugrundstück wird durch den Lebensmittelmarkt als "Hauptbetrieb" geprägt. Auf den baulich abgetrennten, allerdings gemeinsam "überdachten" Flächen des in das Gebäude integrierten Backshops tritt zum Warenangebot des Lebensmittelmarktes als "Nebenleistung" ein Bäckereiangebot hinzu, das in einem inneren Zusammenhang mit der "Hauptleistung" steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt. Auch sind die für sie in Anspruch genommenen Flächen im Vergleich zur Fläche des Hauptbetriebs untergeordnet. Ferner bietet der Backshop ein gleichsam ausgelagertes untergeordnetes Ergänzungsangebot. Die Sortimente sind auf eine identische Zielgruppe hin orientiert und optimal aufeinander abgestimmt, da es sich jeweils um Waren des täglichen Bedarfs handelt. Das Sortiment des Backshops könnte ohne Weiteres in dem Lebensmittelmarkt der Klägerin angeboten werden, wie dies bei Lebensmittelmärkten auch in der Betriebsform Discounter inzwischen regelmäßig der Fall ist. Es entspricht nicht (mehr) den Marktgegebenheiten und der allgemeinen Verkehrsanschauung, dass in einem Lebensmittel-Discountmarkt grundsätzlich nur abgepackte, länger haltbare Backwaren erhältlich sind. Insbesondere ist es inzwischen nicht unüblich, dass auch in Lebensmittel-Discountmärkten neben abgepackten Backwaren auch frische Backwaren angeboten werden. Das Warenangebot des Backshops rundet somit das Sortiment des Lebensmittelmarktes der Klägerin ab. Den im Back-shop angebotenen Waren kommt im Hinblick auf das - sonstige - Sortiment des Lebensmittelmarktes nur eine untergeordnete Bedeutung zu und stellt sich als bloße Nebenleistung dar (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.05.2013 - 10 A 1144/11 - juris Rn. 34; ähnlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.01.2016 - 3 S 1167/15 -). Diese Bewertung widerspricht nicht dem Urteil des 8. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 25.11.2015 - 8 S 210/13 - (ZfBR 2016, 167, juris Rn. 26). Denn der dort entschiedene Fall betraf einen ca. 35 m vom Gebäude des Lebensmittelmarkts entfernten Backshop, war also anders als der in Rede stehende Backshop baulich nicht in das Gebäude des Lebensmittelmarktes integriert.
78 
Der Einwand der Klägerin, die Anrechnung der Verkaufsfläche des Backshops widerspreche den mit der Vertreterin der Klägerin am 01.06.2006 "besprochenen Vorgaben" zum damaligen Bauantrag, zwingt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Aus dem von der Klägerin insoweit in Bezug genommenen Aktenvermerk über die Dienstbesprechung am 01.06.2006 ergibt sich nicht, dass die darin festgehaltenen "Vorgaben", insbesondere über die Nichtanrechnung des Backshops auf die Verkaufsfläche des Lebensmittelmarkts, in irgendeiner Weise rechtlich verbindlich vereinbart worden sind. Der Sache nach gibt der Aktenvermerk lediglich eine Interpretation der Rechtslage wieder, die indes - wie dargelegt - nach den vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - (a.a.O.) entwickelten Maßstäben unzutreffend ist. Schließlich wurden die von der Beklagten erwähnten "Vorgaben" auch nicht in der am 29.06.2006 erteilten Baugenehmigung - als Inhalts- oder Nebenbestimmung - rechtsverbindlich konkretisiert. Ob noch ein "Putzabzug" von 1%, wie von der Beklagten im Anschluss an das Ergebnis der Dienstbesprechung vom 01.06.2006 ursprünglich angesetzt, berechtigt wäre oder ein solcher allenfalls im Umfang von 1 - 1,5 cm für drei Seiten des Verkaufsraumes gebilligt werden könnte (vgl. Senatsurteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 - VBlBW 2005, 67 <70>, juris Rn. 36; siehe ferner das Urteil des 3. Senats vom 10.07.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433 <437>, juris Rn. 32), kann dahinstehen. Selbst bei einem Abzug von 1% = 8,54 m2 blieben noch insgesamt 845,09 m2 Verkaufsfläche.
79 
(3) Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts, insbesondere durch Einnahme eines Augenscheins, ist nicht geboten. Die für die Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung maßgebenden Tatsachen in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung sind aus dem Inhalt der beigezogenen Akten und Lichtbilder, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie aufgrund der ergänzenden Angaben der Beteiligten hinreichend ermittelt.
80 
cc) Ausgehend von diesen Feststellungen entspricht die Eigenart der näheren Umgebung keinem der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebiete. Vielmehr handelt es sich um eine Gemengelage. Ein faktisches Gewerbegebiet (§ 8 BauNVO) scheidet wegen der beiden großflächigen Einzelhandelsbetriebe i.S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO aus. § 11 Abs. 3 BauNVO ist auch bei der Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB uneingeschränkt zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.2009 - 4 B 4.09 - juris Rn. 9). Ein faktisches sonstiges Sondergebiet (§ 11 Abs. 1 Bau-NVO) gibt es als solches nicht (BVerwG, Urteil vom 16.09.2010 - 4 C 7.10 - 2011, 436, juris). Sollte es rechtlich ausnahmsweise zulässig sein, ein faktisches Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel anzuerkennen (offen gelassen vom BVerwG im Urteil vom 16.09.2010, a.a.O. Rn. 16 m.w.N.), entspräche die Eigenart der näheren Umgebung wegen der zahlreichen vorhandenen andersartigen Gewerbebetriebe offenkundig auch diesem Gebietstyp nicht.
81 
b) Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die streitige Nutzungsänderung zulässig. Sie fügt sich nach der insoweit allein erheblichen Art der baulichen Nutzung in die Eigenart der maßgebenden (s.o.) näheren Umgebung ein. Denn ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb bleibt im Rahmen, wenn - wie hier - im Beurteilungsgebiet bereits ein derartiger Nutzungstyp vorhanden ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.05.1987 - 4 C 6.85 - und 4 C 7.84 C 7.85 - NVwZ 1987, 1078, juris Rn. 13). Anhaltspunkte dafür, dass die Nutzungsänderung gegen das im Gebot des Einfügens aufgehende Rücksichtnahmegebot (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 - BauR 1981, 354, juris Rn. 32) verstößt, etwa im Hinblick auf Immissionskonflikte, die ihre Ursache in einem vermehrten Besucher- oder Kundenverkehr haben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.04.2000 - 4 B 25.00 - BauR 2001, 212, juris Rn. 12), sind nicht ersichtlich und werden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. Ob das Vorhaben mit Zielen der Raumordnung über Einzelhandelsgroßprojekte im Landesentwicklungsplan 2002 oder im Regionalplan 2015 Nordschwarzwald vereinbar ist, ist für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht erheblich. Auch ist die Vermutungsregel des § 11 Abs. 3 Satz 3 und 4 BauNVO für die bauplanungsrechtliche Beurteilung großflächiger Einzelhandelsbetriebe im ungeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 und 3 BauGB weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar (BVerwG, Beschluss vom 12.02.2009 - 4 B 3.09 - NVwZ 2009, 779, juris Rn. 9).
82 
c) Von der Nutzungsänderung sind auch keine i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde der Beigeladenen oder in anderen Gemeinden zu erwarten.
83 
aa) Zentrale Versorgungsbereiche i. S. dieser Vorschrift sind räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzungen eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt. Maßgebend ist, ob der betreffende Bereich nach Lage, Art und Zweckbestimmung eine für die Versorgung der Bevölkerung in einem bestimmten Einzugsbereich zentrale Funktion hat. Der Begriff ist nicht geografisch im Sinne einer Innenstadtlage oder Ortsmitte, sondern funktional zu verstehen, setzt aber eine integrierte Lage voraus. Isolierte Standorte mit einzelnen Einzelhandelsbetrieben bilden keinen zentralen Versorgungsbereich, auch wenn sie über einen weiten Einzugsbereich verfügen und eine beachtliche Versorgungsfunktion erfüllen mögen. Ziele der Raumordnung können zur räumlichen Abgrenzung nicht herangezogen werden (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.12.2011 - 8 S 1438/09 - BauR 2012, 905, juris Rn. 34 und 42 f. m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 12.07.2012 - 4 B 13.12 - BauR 2012, 1760, juris Rn. 6). Die für einen zentralen Versorgungsbereich in ländlichen Gemeinden zumindest erforderliche Sicherstellung einer wohnortnahen Grundversorgung setzt ein Warenangebot voraus, das den kurzfristigen Bedarf und Teile des mittelfristigen Bedarfs abdeckt. Das Warenangebot zur Deckung des kurzfristigen Bedarfs muss aber nur die wesentlichen Bedürfnisse des täglichen Bedarfs befriedigen, insbesondere die Grundversorgung mit Lebensmitteln und Drogerieartikeln; ein Angebot von Waren aller Art ist insoweit nicht erforderlich (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.04.2012 - 8 S 198/11 - NVwZ-RR 2012, 588, juris Rn. 36).
84 
Schädliche Auswirkungen i.S. des § 34 Abs. 3 BauGB sind zu erwarten, wenn die Funktionsfähigkeit eines zentralen Versorgungsbereichs in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit gestört wird. Das ist der Fall, wenn der Versorgungsbereich seinen Auftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr substantiell wahrnehmen kann. Insoweit genügt die Erwartung "nachhaltiger" Auswirkungen, wenn dafür eine hinreichend gesicherte Tatsachenbasis besteht. Als Maßstab darf der zu erwartende vorhabenbedingte Kaufkraftabfluss herangezogen werden. Zu dessen Quantifizierung sind unterschiedliche Methoden anerkannt. Dazu gehören auch Marktgutachten. Sie sind eine taugliche Methode, um den voraussichtlichen Kaufkraftabfluss an Hand von branchenspezifischen Erfahrungswerten zur üblichen Flächenproduktivität zu prognostizieren. Daneben ist der Vergleich der Verkaufsfläche des Vorhabens mit der gesamten branchenspezifischen Verkaufsfläche im betroffenen zentralen Versorgungsbereich ein taugliches Hilfsmittel für die Prognose. Feste Prozentsätze, bei deren Unterschreiten stets von unschädlichen und bei deren Überschreiten immer von schädlichen Auswirkungen auszugehen ist, lassen sich aber insoweit nicht angeben. Der Prüfungsmaßstab fordert eine Gesamtbetrachtung aller städtebaulich relevanten Umstände (vgl. BVerwG, Urteile vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 - BVerwGE 129, 307, juris Rn. 24 und vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 und 4 C 2.08 - BVerwGE 136, 10 und 18, juris Rn. 7 ff. und 10 ff.; Beschlüsse vom 17.02.2009 - 4 B 4.09 - juris Rn. 9, und vom 12.01.2012 - 4 B 39.11 - BauR 2012, 760, juris Rn. 12 ff.).
85 
bb) Daran gemessen sind von dem Vorhaben der Klägerin keine schädlichen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Beigeladenen oder in einer anderen Gemeinde i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB zu erwarten.
86 
Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass die beabsichtigte Nutzungsänderung mit der Erweiterung der Verkaufsfläche des bereits derzeit großflächigen Lebensmittelmarktes um ca. 177 m2 schädliche Auswirkungen im vorbezeichneten Sinn deshalb haben könnte, weil sie die Funktionsfähigkeit eines zen-tralen Versorgungsbereichs der Beigeladenen hinsichtlich der betroffenen Branchen in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigen und damit stören würde, bestehen nicht. Weder die Beklagte noch die Beigeladene haben Tatsachen, die eine solche Schädlichkeitsprognose stützen könnten, dargetan. Dafür ist auch sonst nichts ersichtlich, insbesondere auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgelegten "Auswirkungsanalyse" der ... vom Dezember 2011. Die "Auswirkungsanalyse" geht von einem die Anforderungen nach § 34 Abs. 3 BauGB erfüllenden, räumlich abgrenzbaren zentralen Versorgungsbereichs in der Ortsmitte der Beigeladenen aus, stellt insoweit aber unter Berücksichtigung der durch das Vorhaben der Klägerin ausgelösten Kaufkraftbewegungen und zusätzlich generierten Umsatzleistung von nur ca. 0,9 Millionen Euro, davon ca. 0,7 Millionen Euro im Lebensmittelsektor und ca. 0,2 Millionen Euro im Nonfoodsektor, keine nachhaltigen Auswirkungen auf Einzelhandelsbetriebe in diesem zentralen Versorgungsbereich fest. Denn es gebe dort keinen Lebensmittelmarkt und die vorhandenen Bäcker und Metzger hätten andere Konzepte und z.T. auch andere Kundenzielgruppen; zwei Wettbewerber der Klägerin am Ort befänden sich außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs. Diese Annahmen und Schlussfolgerungen sind jedenfalls plausibel, soweit sie schädliche Auswirkungen i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB verneinen. Offen lassen kann der Senat daher, ob die Annahme eines die Anforderungen nach § 34 Abs. 3 BauGB erfüllenden, räumlich abgrenzbaren zentralen Versorgungsbereichs in der Ortsmitte der Beigeladenen - auch nach der Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch - gerechtfertigt ist.
87 
Schließlich sind auch Anhaltspunkte dafür, dass die Erweiterung der Verkaufsfläche um ca. 177 m2 die Funktionsfähigkeit eines zentralen Versorgungsbereichs in einer anderen Gemeinde hinsichtlich der betroffenen Branchen in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigen und damit stören würde, nicht erkennbar, insbesondere hat die Beklagte auch insoweit nichts eingewandt. Nach der "Auswirkungsanalyse" der ... vom Dezember 2011 geht der Großteil des zusätzlich generierten Umsatzes von 0,9 Millionen Euro zu Lasten verschiedener Wettbewerber der Klägerin in drei umliegenden Städten. Wegen der Geringfügigkeit des zusätzlichen Umsatzes und der Streuung auf eine Vielzahl konkurrierender Anbieter seien negativen Auswirkungen auf andere zentrale Versorgungsbereiche aber auszuschließen. Denn die Umverteilungsquote liege in allen Fällen unter 2%. Die diesbezüglichen Annahmen und Schlussfolgerungen sind ebenfalls plausibel, soweit sie schädliche Auswirkungen i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB verneinen. Der Senat kann daher auch insoweit offen lassen, ob und inwieweit in den genannten anderen Gemeinden zentrale Versorgungsbereiche vorhanden und betroffen sind.
88 
II. Anhaltspunkte dafür, dass dem Vorhaben bauordnungsrechtliche oder sonstige von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen könnten, sind von der Beklagten - auch auf ein ausdrückliches Ersuchen des Berichterstatters - nicht geltend gemacht worden. Für sie ist auch sonst nichts ersichtlich. Die Erweiterung der Gesamt-Verkaufsfläche löst zwar zusätzlichen Stellplatzbedarf aus (§ 37 Abs. 2 LBO). Die Klägerin hat mit dem Bauantrag aber einen Nachweis vorgelegt, wonach dieser zusätzliche Stellplatzbedarf durch vorhandene Stellplätze gedeckt wird. Die Beklagte hat die Richtigkeit dieser Berechnung nicht in Frage gestellt. Auch der Senat hat keine Zweifel an ihrer Richtigkeit. Abgesehen davon könnte der Nachweis der notwendigen Stellplätze auch zur - aufschiebenden - Bedingung (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 LVwVfG) einer Baugenehmigung gemacht werden (Senatsurteil vom 05.05.1994 - 5 S 2644/93 - VBlBW 1995, 29). Schließlich hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Senats bestätigt, dass sonstigen bauordnungsrechtlichen Anforderungen an das Vorhaben, etwa im Rahmen des Brandschutzes, durch Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung Rechnung getragen werden kann.
B.
89 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten der Klägerin für das Vorverfahren war vom Standpunkt einer verständigen Partei aus notwendig. Der Klägerin war es nach ihren Verhältnissen und wegen der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Sache nicht zuzumuten, das Vorverfahren selbst zu führen. Ein Anlass, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aus Gründen der Billigkeit für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO), besteht nicht, zumal die Beigeladene keinen Antrag gestellt und damit kein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
90 
Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor.
91 
Beschluss vom 10. Februar 2016
92 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.565 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG entsprechend der Wertfestsetzung im ersten Rechtszug in Anlehnung an die Empfehlung Nr. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs 2013, NVwZ 2013, Beilage 58).
93 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
50 
Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, da die Ladung der Beigeladenen einen entsprechenden Hinweis enthielt (§ 102 Abs. 2 VwGO).
51 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung der Klägerin ist auch sonst zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht und formell hinreichend begründet (§ 124 a Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Verpflichtungsklage ist zulässig und begründet. Die Ablehnung der Erteilung der begehrten Baugenehmigung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihrem Recht nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Denn dem genehmigungspflichtigen (§ 49 i.V.m. § 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO) Vorhaben der Klägerin stehen keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen. Das Vorhaben verstößt nicht gegen Vorschriften des Bauplanungsrechts (I.) und Anhaltspunkte dafür, dass ihm bauordnungsrechtliche oder sonstige von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen, sind nicht ersichtlich (II.).
I.
52 
Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das Vorhaben, das eine i.S. des § 29 Abs. 1 BauGB bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung einer baulichen Anlage zum Inhalt hat (1.), nach § 34 BauGB, nicht jedoch - wie die Beklagte und das Verwaltungsgericht meinen - nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. den Festsetzungen des Bebauungsplans "Autobahnkreuz-Südost" vom 06.07.2006 (2.). Nach § 34 BauGB ist das Vorhaben zulässig (3.).
53 
1. Die Änderung des Non-Food-Lagers in zusätzlichen Verkaufsraum ist ein Vorhaben i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB mit der von dieser Vorschrift vorausgesetzten (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.2001 - 6 C 18.00 - BVerwGE 114, 206, juris Rn. 18 m.w.N.) bodenrechtlichen Relevanz (vgl. § 1 Abs. 6 BauGB). Gegenstand dieser Prüfung ist grundsätzlich das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt; das vom Bauherrn angestrebte Ergebnis der Baumaßnahme muss den zu prüfenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften entsprechen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.11.2005 - 4 B 72.05 - NVwZ 2006, 340, juris Rn. 5 m.w.N.). Anderes gilt allenfalls, wenn der geänderte Anlagenteil ein selbständiges Vorhaben sein könnte (BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 - NVwZ 1994, 294, juris Rn. 16), was hier aber offenkundig ausscheidet.
54 
a) Der Abriss der Trennwand zwischen dem bisherigen Verkaufsraum und dem Non-Food-Lager und die Schließung der Türöffnung in einer Wand des Non-Food-Lagers sind zwar Änderungen einer baulichen Anlage i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB. Sie sind in Bezug auf das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt aber ohne bodenrechtliche Relevanz. Das Maß der baulichen Nutzung bleibt unverändert. Die für städtebauliche Auswirkungen (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 BauNVO, § 34 Abs. 3 BauGB) nach § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO erhebliche Größe der Geschossfläche bleibt von diesen baulichen Änderungen unberührt. Für die überbaute Grundstücksfläche und die Bauweise gilt nichts Anderes. Da sich die Änderungen auf das Gebäudeinnere beschränken, sind Auswirkungen auf das Ortsbild ausgeschlossen.
55 
b) Die Umnutzung des Non-Food-Lagers in Verkaufsraum ist aber eine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung, auch wenn sich der Nutzungstyp nicht ändert, weil bereits der bestehende Lebensmittelmarkt mit mehr als 800 m2 genehmigter Verkaufsfläche (vgl. zu diesem "Schwellenwert" BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - BVerwGE 124, 364, juris Rn. 23) ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb i. S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO ist (siehe dazu unten 3.)
56 
Eine Nutzungsänderung i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB liegt vor, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166, juris Rn. 12 m.w.N.). Das ist der Fall, wenn für die neue Nutzung weitergehende Vorschriften gelten als für die alte, aber auch dann, wenn sich die Zulässigkeit der neuen Nutzung nach derselben Vorschrift bestimmt, danach aber anders zu beurteilen ist als die frühere Nutzung. In diesem Sinne bodenrechtlich relevant ist eine Änderung der Nutzungsweise etwa dann, wenn sie für die Nachbarschaft erhöhte Belastungen mit sich bringt (BVerwG, Urteil 14.01.1993 - 4 C 19.90 - 1993, 1184, juris Rn. 27 m.w.N.). Die Variationsbreite einer genehmigten Nutzung wird auch überschritten, wenn das bisher charakteristische Nutzungsspektrum durch die Änderung erweitert wird (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166, juris Rn. 12 m.w.N.). Entscheidend ist der Vergleich von Art und Umfang der bisher genehmigten Nutzung mit der geplanten Nutzung (BVerwG, Urteil vom 18.04.1996 - 4 C 17.94 -, juris Rn. 18).
57 
Gemessen daran liegt eine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung vor. Die Vergrößerung der Verkaufsfläche eines Einzelhandelsbetriebs um ca. 177 m2 verlässt die der bislang genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite selbst dann, wenn sich der konkrete Nutzungstyp nicht ändert, jedenfalls in ihrem Umfang. Das gilt auch für einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb. Auch bei diesem ist die nicht nur geringfügige Erweiterung der Verkaufsfläche um ca. 177 m2 nicht als "mitgenehmigt" anzusehen. Die Verkaufsfläche ist ein charakteristisches städtebauliches Merkmal für die Attraktivität dieses Nutzungstyps. Denn diese wird - soweit es um das Merkmal der Fläche geht - nicht von der Größe der baulichen Anlage - die sich in der Geschossfläche widerspiegelt - sondern eher von derjenigen Fläche beeinflusst, auf der Waren präsentiert und gekauft werden können (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005, a.a.O. Rn. 14 m.w.N.). Die Erweiterung der Verkaufsfläche in einem solchen Umfang kann auch bodenrechtliche Belange nach § 1 Abs. 6 BauGB neu berühren, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt. Denn die Größe der Verkaufsfläche trägt zur Kapazität, Wettbewerbskraft und Attraktivität eines Handelsbetriebes bei und kann sich von daher auf eine geordnete städtebauliche Entwicklung, insbesondere auf die Struktur des Handels und die Versorgung im betreffenden Gebiet auswirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.1990 - 4 C 36.87 - NVwZ 1990, 1071, juris Rn. 26; Beschluss vom 29.11.2005 - 4 B 72.05 - NVwZ 2006, 340, juris Rn. 5; Senatsurteil vom 12.08.2005 - 5 S 2363/04 - VBlBW 2006, 106, juris Rn. 17). Ferner kann sie Belange des Umweltschutzes neu berühren, insbesondere infolge nachteiliger umweltbezogener Auswirkungen auf den Menschen in der Umgebung des Betriebs durch Erhöhung der Kundenzahl und - damit - des betriebsbezogenen Kfz-Verkehrs (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 7 c) BauGB).
58 
2. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit dieses Vorhabens beurteilt sich nur nach § 34 BauGB, nicht jedoch nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. den Festsetzungen des Bebauungsplans "Autobahnkreuz-Südost" vom 06.07.2006. Denn dieser Bebauungsplan ist wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam, zumindest auf den Flächen, für die er ein Sondergebiet festsetzt, worauf es für das streitige Vorhaben allein ankommt. Der Bebauungsplan ist bereits nicht ordnungsgemäß ausgefertigt (a)). Unabhängig davon sind seine Festsetzungen über gebiets- und branchenbezogene Verkaufsflächen-Obergrenzen (Nr. 1.4.3.1 und 1.4.3.4 Satz 3 bis 5 der gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen) mangels Rechtsgrundlage unwirksam, was die Unwirksamkeit des Bebauungsplans zumindest auf den Flächen zur Folge hat, für die er ein Sondergebiet festsetzt (b)).
59 
a) Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 23 Abs. 1 LV) gebietet, dass eine Rechtsnorm vom zuständigen Organ des Normgebers ordnungsgemäß ausgefertigt wird. Mit der Ausfertigung wird bestätigt, dass die zu verkündende Fassung der Rechtsnorm mit der vom Normgeber beschlossenen Fassung der Norm übereinstimmt (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.09.2014 - 4 B 29.14 - juris m.w.N.). Bei einem Bebauungsplan hat daher das für die Ausfertigung der Satzung zuständige Organ der Gemeinde - hier der Bürgermeister der Beigeladenen - zu bestätigen, dass der Inhalt des Bebauungsplans mit dem Willen des gemeindlichen Beschlussorgans (Gemeinderat) übereinstimmt (st. Rspr. vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2006 - 8 S 1989/05 -, juris Rn. 33 m.w.N.). Nicht erforderlich ist es, sämtliche Bestandteile eines Bebauungsplans auszufertigen. Ausreichend ist, dass die Satzung ordnungsgemäß ausgefertigt ist und dass diese Satzung auf sonstige Bestandteile in einer Weise Bezug nimmt, die Zweifel an der Identität des Norminhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen ausschließen ("gedankliche Schnur", vgl. Senatsurteil vom 02.11.2005 - 5 S 2662/04 - juris Rn. 58 m.w.N.). Fehlt die Ausfertigung oder bestätigt sie eine andere Fassung der Rechtsnorm als vom Normgeber beschlossen, ist die Rechtsnorm unwirksam, weil die ordnungsgemäße Ausfertigung einer Rechtsnorm Voraussetzung für deren ordnungsgemäße öffentliche Bekanntmachung ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.10.2013 - 1 S 347/13 - ESVGH 64, 124 , juris Rn. m.w.N.).
60 
Gemessen daran ist die Ausfertigung der Satzung durch den Bürgermeister der Beigeladenen unwirksam, weil sie eine andere Fassung der Festsetzungen des Bebauungsplans für das Sondergebiet bestätigt als vom Gemeinderat beschlossen. Die am 06.07.2006 ausgefertigte Satzung bezeichnet in ihrem § 2 Nr. 1 zweiter Spiegelstrich als Bestandteil des Bebauungsplans einen "Textteil in der Fassung vom 06.07.2006". Einen Bestandteil mit genau diesem Titel gibt es zwar nicht. Gemeint sind aber offenkundig die vom Gemeinderat in seiner Sitzung am 06.07.2006 beschlossenen textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan. Der Gemeinderat hat diese Festsetzungen mit dem Inhalt beschlossen, wie er sich aus der Sitzungsvorlage 50/2006 ergibt. Zwar hatte die Verwaltung dem Gemeinderat in dieser Sitzungsvorlage noch Änderungen unterbreitet. Auch hatte der Gemeinderat diesen Änderungsvorschlägen nach Abwägung zugestimmt. Im Anschluss daran hat er die textlichen Festsetzungen aber gleichwohl so beschlossen, wie sie im Entwurf der Sitzungsvorlage 50/2006 enthalten waren. Denn er nahm, wie sich aus seinem Zustimmungsbeschluss ergibt, an, diese Änderungen seien - in vollem Umfang - "von der Verwaltung bereits in die Sitzungsunterlagen mit eingearbeitet". Bei der gebotenen Auslegung nach dem Empfängerhorizont (§ 133 BGB entspr.) kann sein nachfolgender Satzungsbeschluss daher nur so verstanden werden, dass er als "Textteil in der Fassung vom 06.07.2006" gemäß § 2 dieser Satzung die textlichen Festsetzungen mit dem Inhalt des in der Sitzungsvorlage 50/2006 enthaltenen Textentwurfs beschlossen hat.
61 
Die vom Bürgermeister gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen weichen vom Inhalt des Entwurfs der textlichen Festsetzungen in der Sitzungsvorlage 50/2006 ab. Zwar handelt es sich dabei zu einem großen Teil nur um redaktionelle Abweichungen. Ob diese einen beachtlichen Ausfertigungsmangel begründen, kann dahinstehen. Denn jedenfalls weicht die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.4 Satz 3 auch ihrem Inhalt nach von der vom Gemeinderat beschlossenen entsprechenden textlichen Festsetzung Nr. 2 Satz 4 im Entwurf der textlichen Festsetzungen nach der Sitzungsvorlage 50/2006 ab. Denn während es in der Sitzungsvorlage insoweit heißt "max 1.200 m2 Geschossfläche", heißt es in der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.3.4 Satz 3 "max 800 m2 Verkaufsfläche". Eine Übereinstimmung des § 2 der Satzung vom 06.07.2006 mit den beschlossenen textlichen Festsetzungen in der Sitzungsvorlage 50/2006 lässt sich auch nicht über eine "gedankliche Schnur" zum Entwurf der textlichen Festsetzungen in dieser Vorlage herstellen. Denn diese datiert ebenfalls vom 06.07.2006 und damit vom selben Tag wie die vom Bürgermeister gesondert ausgefertigten, inhaltlich aber abweichenden textlichen Festsetzungen. Zweifel an der Identität des Norminhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen lassen sich damit nicht ausschließen. Aus demselben Grund wäre die Ordnungsmäßigkeit der Ausfertigung schließlich auch nicht durch eine vom Bürgermeister ausgefertigte Niederschrift der Sitzung des Gemeinderats vom 06.07.2006 mit dem darin enthaltenen Satzungsbeschluss (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.01.1995 - 8 S 1806/94 - ESVGH 45, 316, juris Rn. 13. ff.) nachweisbar.
62 
b) Die gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen über eine auf das Sondergebiet bezogene Obergrenze für die Verkaufsflächen aller Einzelhandelsbetriebe mit nicht-zentrenrelevanten Sortimenten (Nr. 1.4.3.1) und über eine Obergrenze für die Verkaufsflächen aller in diesem Gebiet ausnahmsweise zulässigen Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Sortimenten bestimmter Branchen (Nr. 1.4.3.4 Satz 3 bis 5) sind rechtswidrig, weil sie nicht durch eine gesetzliche Ermächtigung, insbesondere nicht durch § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO, gedeckt sind (aa)). Ihre Unwirksamkeit führt zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans jedenfalls auf den Flächen, für die er ein Sondergebiet festsetzt (bb)).
63 
aa) Eine Kontingentierung von Verkaufsflächen, die auf ein Sondergebiet insgesamt bezogen ist, öffnet das Tor für sogenannte "Windhundrennen“ potentieller Investoren und Bauantragsteller und schließt die Möglichkeit ein, dass Grundeigentümer im Fall der Erschöpfung des Kontingents von der kontingentierten Nutzung ausgeschlossen sind. Die Festsetzung solcher gebietsbezogener Verkaufsflächenbeschränkungen zur Steuerung des Einzelhandels in einem Sondergebiet ist weder als Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung zulässig, weil sie nicht mit Hilfe eines der von § 16 Abs. 2 BauNVO zugelassenen Parameter (Grundfläche, Geschossfläche) vorgenommen worden ist, noch ist sie eine nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO in sonstigen Sondergebieten zulässige Festsetzung der Art der baulichen Nutzung (BVerwG, Urteile vom 03.04.2008 - 4 CN 3.07 - BVerwGE 131, 86, juris Rn. 14 ff., und vom 24.03.2010 - 4 CN 3.09 - NVwZ 2010, 782, juris Rn. 23; Beschluss vom 06.08.2013 - 4 BN 24.13 - BauR 2013, 1812, juris Rn. 14). Anderes gilt ausnahmsweise, wenn in dem in Rede stehenden Sondergebiet nur ein einziger Handelsbetrieb zulässig ist. Dann ist die gebietsbezogene mit der vorhabenbezogenen Verkaufsflächenbeschränkung identisch und als Festsetzung der Art der baulichen Nutzung nach § 11 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BauNVO zulässig, soweit diese durch städtebauliche Gründe gerechtfertigt wird (BVerwG, Beschluss vom 09.02.2011 - 4 BN 43.10 - BauR 2011, 1118, juris Rn. 7). Es genügt aber nicht, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses davon ausgehen kann, dass im Sondergebiet tatsächlich nur ein einziger Handelsbetrieb verwirklicht werden wird. Gebiets- und vorhabenbezogene Verkaufsflächenbegrenzung sind nur dann identisch, wenn die Festsetzungen des Bebauungsplans nur die Errichtung eines einzigen Einzelhandelsbetriebs zulassen. Unerheblich ist zudem, ob das Grundeigentum im Plangebiet zum Zeitpunkt des Beschlusses über den Bebauungsplan in einer Hand liegt (BVerwG, Urteil vom 24.03.2010, a.a.O. Rn. 24 m.w.N.).
64 
Die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.1 ist eine vorhabenunabhängige, gebietsbezogene Verkaufsflächenbeschränkung. Für die in der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.3.4 Satz 3 bis 5 festgelegten Obergrenzen für die Verkaufsflächen aller im Sondergebiet ausnahmsweise zulässigen Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Sortimenten bestimmter Branchen gilt nichts Anderes. Auch diese Obergrenzen öffnen das Tor für - auf die Ausnahmen bezogene - "Windhundrennen“ potentieller Investoren und Bauantragsteller und schließen die Möglichkeit ein, dass Grundeigentümer im Fall der Erschöpfung des Ausnahmen-Kontingents für bestimmte Branchen von der kontingentierten Nutzung ausgeschlossen sind. Im Sondergebiet ist auch nicht nur ein einziger Handelsbetrieb zulässig. Nach der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.1 sind dort neben Einzelhandelsbetrieben (c)) auch Gewerbebetriebe des Dienstleistungssektors (a)), Handwerksbetriebe mit den ihnen dienenden Ausstellungs- und Verkaufsräumen mit Ausnahme des Lebensmittelhandwerks (b)) sowie Schank- und Speisewirtschaften (d)) allgemein zulässig. Die durch Baugrenzen festgelegte überbaubare Fläche schließt die Ansiedlung mehrerer Betriebe auch nicht aus. In der Planbegründung wird zudem ausdrücklich betont, dass im Sondergebiet neben einem Lebensmittelmarkt "auch ein Gastronomiebetrieb sowie verschiedene Gewerbe-, Handels- und Dienstleistungsbetriebe" angesiedelt werden und dass der "Schwerpunkt auf Handwerksbetrieben mit Verkaufsmöglichkeiten liegen" werde.
65 
bb) Die Unwirksamkeit der textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.1 und Nr. 1.4.3.4 Satz 3 bis 5 führt selbst dann, wenn die sonstigen Festsetzungen für das Sondergebiet, insbesondere die Beschränkungen von Verkaufs- und Geschossfläche je Einzelhandelsbetrieb nach textlicher Festsetzung Nr. 1.4.3.2, für sich gesehen rechtmäßig sein sollten, zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans jedenfalls auf den Flächen, für die er ein Sondergebiet festsetzt.
66 
Die Unwirksamkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung hat grundsätzlich deren Gesamtunwirksamkeit zur Folge. Die Teilunwirksamkeit ist eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme (BVerwG, Beschluss vom 24.04.2013 - 4 BN 22.13 - BRS 81 Nr. 77, juris Rn. 3 m.w.N.). Diese Ausnahme setzt voraus, dass die Restbestimmung auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleibt (Grundsatz der Teilbarkeit) u n d mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers; BVerwG, Urteil vom 11.09.2014 - 4 CN 3.14 - NVwZ 2015, 301, juris Rn. 26 m.w.N., st. Rspr.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Zwar mag es sein, dass die Festsetzungen für das Sondergebiet ohne die gebietsbezogenen Verkaufsflächenbeschränkungen noch die Funktion erfüllen können, eine geordnete städtebauliche Entwicklung des Planbereichs zu gewährleisten (Teilbarkeit). Das kann indes offen bleiben. Jedenfalls kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, der Gemeinderat der Beigeladenen hätte nicht-großflächige Einzelhandelsbetriebe ohne zentrenrelevante Hauptsortimente allgemein (textliche Festsetzungen Nr. 1.4.1 c) i.V.m. Nr. 1.4.3.2 und 1.4.3.4 Satz 1) und nicht-großflächige Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten aus bestimmten Branchen ausnahmsweise (textliche Festsetzungen Nr. 1.4.3.4 Satz 2) auch ohne zusätzliche Einschränkungen für zulässig erklärt, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass gebietsbezogene Beschränkungen der Gesamt-Verkaufsfläche dieser Betriebe im Sondergebiet unzulässig sind. Denn diese Beschränkungen sind nach der Planbegründung ein wesentliches Element, um den Bebauungsplan im Einklang mit den Anregungen des Regionalverbands in dessen Stellungnahme vom 22.06.2006 an einschlägige Ziele der Raumordnung anzupassen (§ 1 Abs. 4 BauGB). Zwar dienen auch die weiteren textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.2 bis 1.4.3.4 Satz 1 diesem raumordnerischen Zweck. Sie sind aber mit den Beschränkungen der Gesamt-Verkaufsfläche im Sinne eines sortimentsbezogenen planerischen Gesamtkonzepts zur Steuerung des Einzelhandels im Sondergebiet verknüpft. In der Planbegründung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, es sei zur Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, zur Erreichung der für die innerörtliche Entwicklung gesetzten Sanierungsziele und zur Erhaltung und Stärkung der innerörtlichen Handelsfunktion erforderlich, Überlegungen anzustellen, welche Branchen und Sortimente für die Beigeladene zentrenrelevant seien und daher im Sondergebiet nicht zugelassen werden sollten. Auch im Übrigen befasst sich die Planbegründung eingehend mit der Abgrenzung der zentrenrelevanten von den nicht-zentrenrelevanten Sortimenten. Aus ihr geht auch hervor, dass sich der Gemeinderat mindestens zweimal mit der Festlegung der zulässigen Sortimente im Sondergebiet befasst und sich dabei auch einer Standortanalyse bedient hat. Mit diesen Überlegungen zum Schutz der innerörtlichen Zentralität sind die Beschränkungen der Gesamt-Verkaufsfläche nach dem Plankonzept untrennbar verknüpft. Damit steht und fällt auch die Festsetzung des Sondergebiets insgesamt. Das führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans jedenfalls auf den Flächen dieses Baugebiets. Denn der Bebauungsplan kann ohne Festsetzung eine Baugebiets auf diesen Flächen für sich betrachtet keine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB mehr bewirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.09.2014, a.a.O. Rn. 27 m.w.N.).
67 
3. Nach § 34 BauGB ist das Vorhaben zulässig. Hinsichtlich der bei der Nutzungsänderung allein in Rede stehenden Art der baulichen Nutzung beurteilt es sich nicht nach § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB, sondern nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (a)). Insoweit fügt sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung ein (b)). Auch gehen von ihm keine schädlichen Auswirkungen i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB aus (c)).
68 
a) Die Voraussetzungen nach § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind nicht erfüllt. Die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks entspricht keinem der Baugebiete, die in der Baunutzungsverordnung bezeichnet sind.
69 
aa) "Nähere Umgebung" ist die Umgebung, auf die sich die Ausführung eines Vorhabens auswirken kann und die ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.05.2014 - 4 B 38.13 - NVwZ 2014, 1246, juris Rn. 7 m.w.N.). Maßgebend ist dabei nicht nur die Bebauung außerhalb des Baugrundstücks; auch ein auf dem Baugrundstück selbst bereits vorhandenes Gebäude gehört zur vorhandenen Bebauung, die den Maßstab für die weitere Bebauung bildet (BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 - NVwZ 1994, 294, juris Rn.18). Zur Abgrenzung der näheren Umgebung kann sinngemäß die Rechtsprechung zur Abgrenzung des Innenbereichs vom Außenbereich übertragen werden. Danach kann sich bei Berücksichtigung topographischer Gegebenheiten ergeben, dass aneinandergrenzende bebaute Grundstücke unterschiedlichen Baugebieten angehören, etwa wenn ein Steilhang im Grenzbereich eine trennende Funktion hat (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1998 - 4 B 79.98 - NVwZ-RR 1999, 105, juris Rn. 8).
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Hiernach bildet die Bebauung auf dem Baugrundstück und auf den weiteren Grundstücken zu beiden Seiten der Robert-Bosch-Straße den maßgebenden Rahmen. Dieser wird im Süden durch die Bebauung bis zum abfallenden Gelände der Grünflächen südlich des Baugrundstücks und des schräg gegenüber liegenden Gebäudes Robert-Bosch-Straße … ("K......") begrenzt. Von Norden her wird der bodenrechtliche Charakter des Baugrundstücks durch die Bebauung zumindest bis einschließlich der Gebäude an der Nordseite des Abzweigs der Robert-Bosch-Straße (u.a. "S... Fachmarkt & Baumarkt Empfingen") geprägt oder jedenfalls beeinflusst (vgl. die beigezogenen Lichtbilder). Der Einwand der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, die insoweit im Gebiet des Bebauungsplans "Autobahnkreuz - 1. Änderung" gelegene Bebauung sei nicht rahmenbildend, greift nicht durch. Denn zur näheren Umgebung i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 BauGB kann auch qualifiziert beplantes Gebiet gehören (BVerwG, Urteil vom 31.10.1975 - IV C 16.73 - BauR 1976, 185, juris Rn. 15). Für den räumlichen Umfang der näheren Umgebung ist es unerheblich, wann eine Bebauung entstanden ist, die die Eigenart der näheren Umgebung prägt, und ob diese gleichfalls nach § 34 BauGB zu beurteilen ist (Mitschang/Reidt in Battis/Kratzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage § 34 Rn. 24).
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bb) Zur Bestimmung der Eigenart dieser Umgebung i. S. des § 34 Abs. 2 BauGB ist - ebenso wie nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB - auf einer ersten Stufe alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Eine Beschränkung auf das, was von der vorhandenen Bebauung städtebaulich wünschenswert oder auch nur vertretbar ist, ist unzulässig. Sodann muss auf einer zweiten Stufe die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden. Was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint, ist auszusondern. Dazu gehören zum einen bauliche Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Zum anderen können auch Anlagen auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeit-Schwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen, wie insbesondere eine in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung stehende singuläre Anlage (Fremdkörper). Derartige Anlagen dürfen aber nur ausgeklammert werden, wenn sie wegen ihrer Andersartigkeit und Einzigartigkeit den Charakter ihrer Umgebung letztlich nicht beeinflussen können. Ob dies der Fall ist, muss auf einer dritten Stufe unter Würdigung des tatsächlich Vorhandenen ermittelt werden. Ausschlaggebend kann erneut die Größe der andersartigen Anlage sein. Einzelne bauliche Anlagen von stark abweichendem Charakter können nach Ausdehnung, Zahl und anderen Quantitätsmerkmalen ein solches Gewicht enthalten, dass sie trotz ihrer herausstechenden Andersartigkeit in einer abweichend und verhältnismäßig einheitlich strukturierten Umgebung ihrerseits tonangebend wirken. Dafür kommen neben der Größe des Gebäudes auch die Ausstrahlungswirkungen (Immissionen) einer einzelnen baulichen Anlage auf die nähere Umgebung in Betracht (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 15.02.1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322, juris Rn. 12 ff.).
72 
Hiernach wird die Eigenart der näheren Umgebung nach der Art der baulichen Nutzung unter Berücksichtigung der von der Beklagten vorgelegten Aufstellung, der ergänzenden Angaben der Beteiligten sowie der beigezogenen Lichtbilder im Wesentlichen durch folgende bauliche Nutzungen bestimmt: Gewerbliche Produktionsgebäude (Robert-Bosch-Straße ...), Lager-, Fahrzeug-, Geräte-, Ausstellungs- und Verpackungshallen (Robert-Bosch-Straße ...), Speditionsgebäude (Robert-Bosch-Straße ...), gewerbliche Werk- und Montagehallen (Robert-Bosch-Straße ...), Bürogebäude und -container (Robert-Bosch-Straße ...), gewerbliche Fabrik-/Verwaltungsgebäude (Robert-Bosch-Straße ...), Tankstelle (Robert-Bosch-Straße ...), Fachmärkte für Lebensmittel (Robert-Bosch-Straße ... und ...), Kleidung (Robert-Bosch-Straße ... <...>), Getränke (Robert-Bosch-Straße ... <...>) und Werkzeuge/Baustoffe (Robert-Bosch-Straße ..., "S..."), Containerplätze (Robert-Bosch-Straße ..., ...), Pkw-Ausstellungsfläche (Robert-Bosch-Straße ...), gewerbliches Zentraldistributionslager (Anton-Schlecker-Straße ...) und zahlreiche Pkw- und Lkw-Stellplätze.
73 
Anhaltspunkte dafür, dass bestimmte dieser baulichen Anlagen die vorhandene Bebauung nicht prägen oder in ihr gar als Fremdkörper erscheinen, sind nicht erkennbar. Das gilt insbesondere für den Fachmarkt für Werkzeuge/Baustoffe (Robert-Bosch-Straße ..., "S... Fachmarkt & Baumarkt Empfingen") mit 2.700 m2 Verkaufsfläche. Zwar handelt es sich dabei um einen in seiner Größe einzigartigen großflächigen Einzelhandelsbetrieb i. S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO in der näheren Umgebung. Insoweit steht einer Ausklammerung aber schon entgegen, dass auch dieses Gebäude nach seinem äußeren und insoweit unauffälligen (vgl. die beigezogenen Lichtbilder) Erscheinungsbild den Charakter der näheren Umgebung des Baugrundstücks prägt. Ungeachtet dessen ist dieser großflächige Einzelhandelsbetrieb auch sonst kein "Fremdkörper", da er im Rahmen der Umgebungsbebauung nicht der einzige Nutzungstyp dieser Art ist. Denn auch der im westlichen Teil des Gebäudes auf dem Baugrundstück genehmigte Lebensmittelmarkt ist ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb, weil seine anrechenbare Verkaufsfläche den für das Tatbestandsmerkmal der "Großflächigkeit" maßgebenden Schwellenwert von 800 m2 deutlich überschreitet.
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(1) Zur Verkaufsfläche eines Selbstbedienungs-Fachmarkts gehören zunächst die Flächen, auf denen üblicherweise die Verkäufe abgewickelt werden einschließlich Kassenzone, Gänge, Schaufenster und Stellflächen für Einrichtungsgegenstände sowie innerhalb der Verkaufsräume befindliche und diese miteinander verbindende Treppen und Aufzüge. Dazu sind aber auch diejenigen Flächen zu zählen, die vom Kunden zwar aus betrieblichen und hygienischen Gründen nicht betreten werden dürfen, in denen aber die Ware für ihn sichtbar ausliegt (Käse-, Fleisch- und Wursttheke etc.) und in dem das Personal die Ware zerkleinert, abwiegt und abpackt. Ferner gehören vom Kunden betretbare Flächen dazu, die in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit eines solchen Einzelhandelsbetriebs prägen, wie ein Windfang oder ein Kassenvorraum einschließlich der Flächen zum Einpacken der Ware und Entsorgen des Verpackungsmaterials. Nicht zur Verkaufsfläche gehören Flächen, auf denen für den Kunden nicht sichtbar die handwerkliche und sonstige Vorbereitung (Portionierung etc.) erfolgt, sowie die (reinen) Lagerflächen (BVerwG, Urteil vom 27.04.1990, a.a.O. Rn. 28; Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - a.a.O.).
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Die Verkaufsflächen baulich und funktionell eigenständiger Betriebe können grundsätzlich nicht zusammengerechnet werden. Für die räumliche Abgrenzung eines Einzelhandelsbetriebs ist auf die nach außen erkennbaren baulichen Gegebenheiten abzustellen. Eine Verkaufsstätte kann ein selbstständiger Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO nur sein, wenn sie unabhängig von anderen Einzelhandelsbetrieben genutzt werden kann und deshalb auch als eigenständiges Vorhaben genehmigungsfähig wäre. Hierfür muss die Verkaufsstätte jedenfalls einen eigenen Eingang, eine eigene Anlieferung und eigene Personalräume haben; sie muss unabhängig von anderen Betrieben geöffnet und geschlossen werden können. Ohne Bedeutung ist hingegen, wer rechtlich oder wirtschaftlich jeweils Betreiber ist, ob Selbstbedienung, Bedienung durch Personal oder eine Mischform erfolgt und wie die dem entsprechenden Bereiche innerhalb der Betriebsfläche voneinander abgegrenzt sind. Für die Prüfung einer "Funktionseinheit" unter den Gesichtspunkten eines gemeinsamen Nutzungskonzepts, der Ergänzung der Sortimente, der Nutzung von Synergieeffekten u. ä. ist in diesen Fällen kein Raum (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - BVerwGE 124, 376, juris Rn. 20 f. m.w.N.).
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Das gilt aber nicht uneingeschränkt. Ist in einem Gebäude die Betriebsfläche baulich in mehrere selbstständig nutzbare betriebliche Einheiten unterteilt, bilden diese Einheiten gleichwohl einen Einzelhandelsbetrieb i. S. des § 11 Abs. 3 BauNVO, wenn die Gesamtfläche durch einen Einzelhandelsbetrieb als "Hauptbetrieb" geprägt wird und auf den baulich abgetrennten Flächen zu dessen Warenangebot als "Nebenleistung" ein Warenangebot hinzutritt, das in einem inneren Zusammenhang mit der "Hauptleistung" steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt. Dann sind die Verkaufsflächen zur Ermittlung der Schwelle der Großflächigkeit i. S. des § 11 Abs. 3 BauNVO zu addieren. Unter welchen Voraussetzungen eine derartige Unterordnung anzunehmen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Für eine betriebliche Einheit wird im Allgemeinen sprechen, dass die für die "Nebenbetriebe" in Anspruch genommenen Flächen deutlich hinter den Flächen des Hauptbetriebs zurückbleiben. Schließlich kann berücksichtigt werden, dass nach der Verkehrsanschauung aus der Sicht des Verbrauchers ein Randangebot als zum Hauptbetrieb zugehörig angesehen wird. Baulich gesondert nutzbare Betriebsflächen bilden somit dann eine betriebliche Einheit mit einem Hauptbetrieb, wenn auf ihnen lediglich ein diesen ergänzendes Angebot erbracht wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn nach der Verkehrsanschauung die kleinere Fläche ebenso in die Verkaufsfläche des größeren Betriebs einbezogen sein könnte (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 -, a.a.O.).
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(2) Ausgehend davon beträgt die Verkaufsfläche des Selbstbedienungs-Lebensmittelmarktes auf dem Baugrundstück nach den Berechnungen der Nutzflächen, die den am 29.06.2006 und am 17.01.2007 von der Beklagten genehmigten Bauanträgen beigefügt waren, mindestens 853,63 m2. Diese setzt sich zusammen aus 780,70 m2 Verkaufsraum/Kassenzone. Hinzu kommen 2 x 9,48 m2 = 18,96 m2 für die Ein- und Ausgänge. Ferner ist der 14,21 m2 große, von Kunden betretbare Windfang im angebauten Pfandraum anzurechnen. Denn diese Fläche ist geeignet, den Verkaufsvorgang bei typisierender Betrachtung zu fördern. Sie prägt damit in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und die Wettbewerbsfähigkeit des Lebensmittelmarktes ebenfalls. Schließlich ist der Verkaufsraum des in das Gebäude integrierten Backshops mit 39,76 m2 anzurechnen. Der Backshop ist zwar eine selbstständig nutzbare betriebliche Einheit. Er hat einen eigenen Eingang, eine eigene Toilette und einen eigenen Personalraum. Gleichwohl ist die Fläche seines Verkaufsraums nach den vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - (a.a.O.) entwickelten Maßstäben auf die Verkaufsfläche des Lebensmittelmarktes anzurechnen. Die Gesamtfläche des westlichen Gebäudeteils auf dem Baugrundstück wird durch den Lebensmittelmarkt als "Hauptbetrieb" geprägt. Auf den baulich abgetrennten, allerdings gemeinsam "überdachten" Flächen des in das Gebäude integrierten Backshops tritt zum Warenangebot des Lebensmittelmarktes als "Nebenleistung" ein Bäckereiangebot hinzu, das in einem inneren Zusammenhang mit der "Hauptleistung" steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt. Auch sind die für sie in Anspruch genommenen Flächen im Vergleich zur Fläche des Hauptbetriebs untergeordnet. Ferner bietet der Backshop ein gleichsam ausgelagertes untergeordnetes Ergänzungsangebot. Die Sortimente sind auf eine identische Zielgruppe hin orientiert und optimal aufeinander abgestimmt, da es sich jeweils um Waren des täglichen Bedarfs handelt. Das Sortiment des Backshops könnte ohne Weiteres in dem Lebensmittelmarkt der Klägerin angeboten werden, wie dies bei Lebensmittelmärkten auch in der Betriebsform Discounter inzwischen regelmäßig der Fall ist. Es entspricht nicht (mehr) den Marktgegebenheiten und der allgemeinen Verkehrsanschauung, dass in einem Lebensmittel-Discountmarkt grundsätzlich nur abgepackte, länger haltbare Backwaren erhältlich sind. Insbesondere ist es inzwischen nicht unüblich, dass auch in Lebensmittel-Discountmärkten neben abgepackten Backwaren auch frische Backwaren angeboten werden. Das Warenangebot des Backshops rundet somit das Sortiment des Lebensmittelmarktes der Klägerin ab. Den im Back-shop angebotenen Waren kommt im Hinblick auf das - sonstige - Sortiment des Lebensmittelmarktes nur eine untergeordnete Bedeutung zu und stellt sich als bloße Nebenleistung dar (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.05.2013 - 10 A 1144/11 - juris Rn. 34; ähnlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.01.2016 - 3 S 1167/15 -). Diese Bewertung widerspricht nicht dem Urteil des 8. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 25.11.2015 - 8 S 210/13 - (ZfBR 2016, 167, juris Rn. 26). Denn der dort entschiedene Fall betraf einen ca. 35 m vom Gebäude des Lebensmittelmarkts entfernten Backshop, war also anders als der in Rede stehende Backshop baulich nicht in das Gebäude des Lebensmittelmarktes integriert.
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Der Einwand der Klägerin, die Anrechnung der Verkaufsfläche des Backshops widerspreche den mit der Vertreterin der Klägerin am 01.06.2006 "besprochenen Vorgaben" zum damaligen Bauantrag, zwingt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Aus dem von der Klägerin insoweit in Bezug genommenen Aktenvermerk über die Dienstbesprechung am 01.06.2006 ergibt sich nicht, dass die darin festgehaltenen "Vorgaben", insbesondere über die Nichtanrechnung des Backshops auf die Verkaufsfläche des Lebensmittelmarkts, in irgendeiner Weise rechtlich verbindlich vereinbart worden sind. Der Sache nach gibt der Aktenvermerk lediglich eine Interpretation der Rechtslage wieder, die indes - wie dargelegt - nach den vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - (a.a.O.) entwickelten Maßstäben unzutreffend ist. Schließlich wurden die von der Beklagten erwähnten "Vorgaben" auch nicht in der am 29.06.2006 erteilten Baugenehmigung - als Inhalts- oder Nebenbestimmung - rechtsverbindlich konkretisiert. Ob noch ein "Putzabzug" von 1%, wie von der Beklagten im Anschluss an das Ergebnis der Dienstbesprechung vom 01.06.2006 ursprünglich angesetzt, berechtigt wäre oder ein solcher allenfalls im Umfang von 1 - 1,5 cm für drei Seiten des Verkaufsraumes gebilligt werden könnte (vgl. Senatsurteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 - VBlBW 2005, 67 <70>, juris Rn. 36; siehe ferner das Urteil des 3. Senats vom 10.07.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433 <437>, juris Rn. 32), kann dahinstehen. Selbst bei einem Abzug von 1% = 8,54 m2 blieben noch insgesamt 845,09 m2 Verkaufsfläche.
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(3) Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts, insbesondere durch Einnahme eines Augenscheins, ist nicht geboten. Die für die Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung maßgebenden Tatsachen in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung sind aus dem Inhalt der beigezogenen Akten und Lichtbilder, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie aufgrund der ergänzenden Angaben der Beteiligten hinreichend ermittelt.
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cc) Ausgehend von diesen Feststellungen entspricht die Eigenart der näheren Umgebung keinem der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebiete. Vielmehr handelt es sich um eine Gemengelage. Ein faktisches Gewerbegebiet (§ 8 BauNVO) scheidet wegen der beiden großflächigen Einzelhandelsbetriebe i.S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO aus. § 11 Abs. 3 BauNVO ist auch bei der Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB uneingeschränkt zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.2009 - 4 B 4.09 - juris Rn. 9). Ein faktisches sonstiges Sondergebiet (§ 11 Abs. 1 Bau-NVO) gibt es als solches nicht (BVerwG, Urteil vom 16.09.2010 - 4 C 7.10 - 2011, 436, juris). Sollte es rechtlich ausnahmsweise zulässig sein, ein faktisches Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel anzuerkennen (offen gelassen vom BVerwG im Urteil vom 16.09.2010, a.a.O. Rn. 16 m.w.N.), entspräche die Eigenart der näheren Umgebung wegen der zahlreichen vorhandenen andersartigen Gewerbebetriebe offenkundig auch diesem Gebietstyp nicht.
81 
b) Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die streitige Nutzungsänderung zulässig. Sie fügt sich nach der insoweit allein erheblichen Art der baulichen Nutzung in die Eigenart der maßgebenden (s.o.) näheren Umgebung ein. Denn ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb bleibt im Rahmen, wenn - wie hier - im Beurteilungsgebiet bereits ein derartiger Nutzungstyp vorhanden ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.05.1987 - 4 C 6.85 - und 4 C 7.84 C 7.85 - NVwZ 1987, 1078, juris Rn. 13). Anhaltspunkte dafür, dass die Nutzungsänderung gegen das im Gebot des Einfügens aufgehende Rücksichtnahmegebot (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 - BauR 1981, 354, juris Rn. 32) verstößt, etwa im Hinblick auf Immissionskonflikte, die ihre Ursache in einem vermehrten Besucher- oder Kundenverkehr haben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.04.2000 - 4 B 25.00 - BauR 2001, 212, juris Rn. 12), sind nicht ersichtlich und werden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. Ob das Vorhaben mit Zielen der Raumordnung über Einzelhandelsgroßprojekte im Landesentwicklungsplan 2002 oder im Regionalplan 2015 Nordschwarzwald vereinbar ist, ist für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht erheblich. Auch ist die Vermutungsregel des § 11 Abs. 3 Satz 3 und 4 BauNVO für die bauplanungsrechtliche Beurteilung großflächiger Einzelhandelsbetriebe im ungeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 und 3 BauGB weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar (BVerwG, Beschluss vom 12.02.2009 - 4 B 3.09 - NVwZ 2009, 779, juris Rn. 9).
82 
c) Von der Nutzungsänderung sind auch keine i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde der Beigeladenen oder in anderen Gemeinden zu erwarten.
83 
aa) Zentrale Versorgungsbereiche i. S. dieser Vorschrift sind räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzungen eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt. Maßgebend ist, ob der betreffende Bereich nach Lage, Art und Zweckbestimmung eine für die Versorgung der Bevölkerung in einem bestimmten Einzugsbereich zentrale Funktion hat. Der Begriff ist nicht geografisch im Sinne einer Innenstadtlage oder Ortsmitte, sondern funktional zu verstehen, setzt aber eine integrierte Lage voraus. Isolierte Standorte mit einzelnen Einzelhandelsbetrieben bilden keinen zentralen Versorgungsbereich, auch wenn sie über einen weiten Einzugsbereich verfügen und eine beachtliche Versorgungsfunktion erfüllen mögen. Ziele der Raumordnung können zur räumlichen Abgrenzung nicht herangezogen werden (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.12.2011 - 8 S 1438/09 - BauR 2012, 905, juris Rn. 34 und 42 f. m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 12.07.2012 - 4 B 13.12 - BauR 2012, 1760, juris Rn. 6). Die für einen zentralen Versorgungsbereich in ländlichen Gemeinden zumindest erforderliche Sicherstellung einer wohnortnahen Grundversorgung setzt ein Warenangebot voraus, das den kurzfristigen Bedarf und Teile des mittelfristigen Bedarfs abdeckt. Das Warenangebot zur Deckung des kurzfristigen Bedarfs muss aber nur die wesentlichen Bedürfnisse des täglichen Bedarfs befriedigen, insbesondere die Grundversorgung mit Lebensmitteln und Drogerieartikeln; ein Angebot von Waren aller Art ist insoweit nicht erforderlich (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.04.2012 - 8 S 198/11 - NVwZ-RR 2012, 588, juris Rn. 36).
84 
Schädliche Auswirkungen i.S. des § 34 Abs. 3 BauGB sind zu erwarten, wenn die Funktionsfähigkeit eines zentralen Versorgungsbereichs in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit gestört wird. Das ist der Fall, wenn der Versorgungsbereich seinen Auftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr substantiell wahrnehmen kann. Insoweit genügt die Erwartung "nachhaltiger" Auswirkungen, wenn dafür eine hinreichend gesicherte Tatsachenbasis besteht. Als Maßstab darf der zu erwartende vorhabenbedingte Kaufkraftabfluss herangezogen werden. Zu dessen Quantifizierung sind unterschiedliche Methoden anerkannt. Dazu gehören auch Marktgutachten. Sie sind eine taugliche Methode, um den voraussichtlichen Kaufkraftabfluss an Hand von branchenspezifischen Erfahrungswerten zur üblichen Flächenproduktivität zu prognostizieren. Daneben ist der Vergleich der Verkaufsfläche des Vorhabens mit der gesamten branchenspezifischen Verkaufsfläche im betroffenen zentralen Versorgungsbereich ein taugliches Hilfsmittel für die Prognose. Feste Prozentsätze, bei deren Unterschreiten stets von unschädlichen und bei deren Überschreiten immer von schädlichen Auswirkungen auszugehen ist, lassen sich aber insoweit nicht angeben. Der Prüfungsmaßstab fordert eine Gesamtbetrachtung aller städtebaulich relevanten Umstände (vgl. BVerwG, Urteile vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 - BVerwGE 129, 307, juris Rn. 24 und vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 und 4 C 2.08 - BVerwGE 136, 10 und 18, juris Rn. 7 ff. und 10 ff.; Beschlüsse vom 17.02.2009 - 4 B 4.09 - juris Rn. 9, und vom 12.01.2012 - 4 B 39.11 - BauR 2012, 760, juris Rn. 12 ff.).
85 
bb) Daran gemessen sind von dem Vorhaben der Klägerin keine schädlichen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Beigeladenen oder in einer anderen Gemeinde i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB zu erwarten.
86 
Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass die beabsichtigte Nutzungsänderung mit der Erweiterung der Verkaufsfläche des bereits derzeit großflächigen Lebensmittelmarktes um ca. 177 m2 schädliche Auswirkungen im vorbezeichneten Sinn deshalb haben könnte, weil sie die Funktionsfähigkeit eines zen-tralen Versorgungsbereichs der Beigeladenen hinsichtlich der betroffenen Branchen in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigen und damit stören würde, bestehen nicht. Weder die Beklagte noch die Beigeladene haben Tatsachen, die eine solche Schädlichkeitsprognose stützen könnten, dargetan. Dafür ist auch sonst nichts ersichtlich, insbesondere auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgelegten "Auswirkungsanalyse" der ... vom Dezember 2011. Die "Auswirkungsanalyse" geht von einem die Anforderungen nach § 34 Abs. 3 BauGB erfüllenden, räumlich abgrenzbaren zentralen Versorgungsbereichs in der Ortsmitte der Beigeladenen aus, stellt insoweit aber unter Berücksichtigung der durch das Vorhaben der Klägerin ausgelösten Kaufkraftbewegungen und zusätzlich generierten Umsatzleistung von nur ca. 0,9 Millionen Euro, davon ca. 0,7 Millionen Euro im Lebensmittelsektor und ca. 0,2 Millionen Euro im Nonfoodsektor, keine nachhaltigen Auswirkungen auf Einzelhandelsbetriebe in diesem zentralen Versorgungsbereich fest. Denn es gebe dort keinen Lebensmittelmarkt und die vorhandenen Bäcker und Metzger hätten andere Konzepte und z.T. auch andere Kundenzielgruppen; zwei Wettbewerber der Klägerin am Ort befänden sich außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs. Diese Annahmen und Schlussfolgerungen sind jedenfalls plausibel, soweit sie schädliche Auswirkungen i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB verneinen. Offen lassen kann der Senat daher, ob die Annahme eines die Anforderungen nach § 34 Abs. 3 BauGB erfüllenden, räumlich abgrenzbaren zentralen Versorgungsbereichs in der Ortsmitte der Beigeladenen - auch nach der Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch - gerechtfertigt ist.
87 
Schließlich sind auch Anhaltspunkte dafür, dass die Erweiterung der Verkaufsfläche um ca. 177 m2 die Funktionsfähigkeit eines zentralen Versorgungsbereichs in einer anderen Gemeinde hinsichtlich der betroffenen Branchen in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigen und damit stören würde, nicht erkennbar, insbesondere hat die Beklagte auch insoweit nichts eingewandt. Nach der "Auswirkungsanalyse" der ... vom Dezember 2011 geht der Großteil des zusätzlich generierten Umsatzes von 0,9 Millionen Euro zu Lasten verschiedener Wettbewerber der Klägerin in drei umliegenden Städten. Wegen der Geringfügigkeit des zusätzlichen Umsatzes und der Streuung auf eine Vielzahl konkurrierender Anbieter seien negativen Auswirkungen auf andere zentrale Versorgungsbereiche aber auszuschließen. Denn die Umverteilungsquote liege in allen Fällen unter 2%. Die diesbezüglichen Annahmen und Schlussfolgerungen sind ebenfalls plausibel, soweit sie schädliche Auswirkungen i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB verneinen. Der Senat kann daher auch insoweit offen lassen, ob und inwieweit in den genannten anderen Gemeinden zentrale Versorgungsbereiche vorhanden und betroffen sind.
88 
II. Anhaltspunkte dafür, dass dem Vorhaben bauordnungsrechtliche oder sonstige von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen könnten, sind von der Beklagten - auch auf ein ausdrückliches Ersuchen des Berichterstatters - nicht geltend gemacht worden. Für sie ist auch sonst nichts ersichtlich. Die Erweiterung der Gesamt-Verkaufsfläche löst zwar zusätzlichen Stellplatzbedarf aus (§ 37 Abs. 2 LBO). Die Klägerin hat mit dem Bauantrag aber einen Nachweis vorgelegt, wonach dieser zusätzliche Stellplatzbedarf durch vorhandene Stellplätze gedeckt wird. Die Beklagte hat die Richtigkeit dieser Berechnung nicht in Frage gestellt. Auch der Senat hat keine Zweifel an ihrer Richtigkeit. Abgesehen davon könnte der Nachweis der notwendigen Stellplätze auch zur - aufschiebenden - Bedingung (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 LVwVfG) einer Baugenehmigung gemacht werden (Senatsurteil vom 05.05.1994 - 5 S 2644/93 - VBlBW 1995, 29). Schließlich hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Senats bestätigt, dass sonstigen bauordnungsrechtlichen Anforderungen an das Vorhaben, etwa im Rahmen des Brandschutzes, durch Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung Rechnung getragen werden kann.
B.
89 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten der Klägerin für das Vorverfahren war vom Standpunkt einer verständigen Partei aus notwendig. Der Klägerin war es nach ihren Verhältnissen und wegen der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Sache nicht zuzumuten, das Vorverfahren selbst zu führen. Ein Anlass, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aus Gründen der Billigkeit für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO), besteht nicht, zumal die Beigeladene keinen Antrag gestellt und damit kein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
90 
Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor.
91 
Beschluss vom 10. Februar 2016
92 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.565 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG entsprechend der Wertfestsetzung im ersten Rechtszug in Anlehnung an die Empfehlung Nr. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs 2013, NVwZ 2013, Beilage 58).
93 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07. Juni 2011 - 1 K 3957/09 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 372.612,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der allein auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils) gestützte Antrag der Klägerin hat keinen Erfolg. Der Senat lässt offen, ob die Antragsbegründung den - der Zulässigkeitsebene zuzurechnenden - Anforderungen nach § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügt. Danach muss ein Antragsteller die Entscheidung des Verwaltungsgerichts substantiiert mit Argumenten in Frage stellen, wofür es einer Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils bedarf, deren Tiefe und Intensität sich nach der jeweiligen Tiefe der Entscheidungsgründe richtet. Denn jedenfalls liegen die von der Klägerin geltend gemachten ernstlichen Zweifel nicht vor (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
I.
Die Klägerin ist nach eigenen Angaben Pächterin der im Eigentum einer Erbengemeinschaft stehenden Gewerbeeinheit ... ...-... (Flst.-Nrn. 2426, 2427 und 2429/1) in ... Sie begehrt im Hauptantrag festzustellen, dass die im EG und 1. OG dieses Gebäudes beantragte „Nutzungsänderungen in 4 Spielecenter gem. § 33i GewO“ mit insgesamt 620,55 qm Spielfläche und (4 x 12 =) 48 Geldspielgeräten nach § 50 Abs. 2 LBO verfahrensfrei ist. Hilfsweise erstrebt sie die Verpflichtung der Beklagten, die beantragte Nutzungsänderung zu genehmigen. Bislang befand sich in dem Gewerbeanwesen ein am 13.02.1998/23.06.1999 genehmigtes „Blue movie center“ mit 2 Kinosälen im 1. OG sowie einem Videokabinenbereich (16 Kabinen), einer Spielothek (148,60 qm) und einem davon räumlich getrennten Erotik-Shop im EG. Adressatin der Baugenehmigung war die ... ... ...-... AG.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage in beiden Anträgen abgewiesen: Der Feststellungsantrag sei zulässig, aber unbegründet. Die beantragte Umwandlung des Erotik-/Sexkinos und der übrigen Nutzungen in die Spielhalle sei nicht nach § 50 Abs. 2 Nr. 1 LBO verfahrensfrei. Es handle sich zum einen um eine Nutzungsänderung. Dem stehe nicht entgegen, dass sowohl die alte als die neue Nutzung Vergnügungsstätten seien. Die neue Nutzung überschreite die Variationsbreite der bisherigen Nutzungen und werfe auch die Genehmigungsfrage neu auf. Die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung sowie der Belang der Fortentwicklung vorhandener Ortsteile könnten berührt werden. Von der neuen Spielhalle mit vier Spielcentern gingen andere Auswirkungen auf die Umgebung aus als von dem bisherigen Sexkino mit der kleineren Spielhalle. Aufgrund der Anforderungen des nunmehr maßgeblichen neuen Bebauungsplans 11/42 von 2006 ergäben sich auch andere Anforderungen an das Bauvorhaben als bisher. Das Spielcenter sei auch nicht im Hinblick auf die schon früher genehmigte Spielothek im EG teilweise verfahrensfrei, da es auf das Vorhaben als unteilbares Ganzes ankomme. Mangels Genehmigungsfähigkeit des Gesamtvorhabens sei die Klage auch im - nach § 75 VwGO zulässigen - Hilfsantrag insgesamt unbegründet. Das Vorhaben widerspreche den textlichen Festsetzungen Nrn. 3.1 und 3.3 des Bebauungsplans 11/42. Die Voraussetzungen einer Ausnahme nach Nr. 3.3 seien unstreitig nicht gegeben. Der Bebauungsplan 11/42 sei wirksam, die hiergegen vorgebrachten Bedenken der Klägerin teile die Kammer nicht. Ob die zahlenmäßige Beschränkung von Vergnügungsstätten und Sexshops auf einen Betrieb je Quadrat von § 1 Abs. 5 bis Abs. 9 BauNVO gedeckt sei, könne offen bleiben. Denn auch bei Unwirksamkeit dieser Teilfestsetzung wäre jedenfalls der Ausschluss bestimmter Einzelhandelsbetriebe und Vergnügungsstätten in den Erd- und Untergeschossen in Nr. 3.3 wirksam. Denn diese Festsetzung hätte der Plangeber in jedem Fall getroffen und aufrechterhalten wollen. Auf Bestandsschutz könne die Klägerin sich schon deswegen nicht berufen, weil dieser aus bundesrechtlicher Sicht mit Aufgabe der bislang zulässigen Nutzung geendet habe. Dies sei bei - wie hier - einer Nutzungsänderung nach § 29 BauGB immer der Fall, da sich dann die Genehmigungsfrage neu stelle. Der Hilfsantrag sei schließlich seinerseits nicht teilweise im Hinblick auf die im EG bereits genehmigt gewesene Spielothek erfolgreich, da die Klägerin ein einheitliches Vorhaben begehre.
II.
Mit ihrer Antragsbegründung, auf deren Berücksichtigung der Senat beschränkt ist, vermag die Klägerin die Richtigkeit dieses Urteils weder im Ergebnis noch hinsichtlich der tragenden Begründung erschüttern.
1. Mit den eingehenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Gültigkeit der Ausschlussregelungen des Bebauungsplans 11/42 und zur Auslegung des Plans für den Fall einer Teilrechtswidrigkeit der „Kontingentierungsklausel“ für die Obergeschosse in Nr. 3.3 der Bebauungsvorschriften (künftig: BV) setzt sich die Klägerin im Zulassungsverfahren nicht auseinander. Sie hält den Bebauungsplan vielmehr ausdrücklich für gültig und versucht, daraus eine für sie günstige Auslegung herzuleiten.
2. Vor diesem Hintergrund sieht auch der Senat keinen Anlass, sich vertieft mit der Wirksamkeit der für den hier einschlägigen Gebietsteil MK 2 einschlägigen Festsetzung in Nr. 3.1 der BV und insbesondere mit der Frage zu befassen, ob die Kontingentregelung für Obergeschosse in Nr. 3.3 der BV noch von einer Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist, was im Hinblick auf § 1 Abs. 9 BauNVO jedenfalls zweifelhaft erscheint (vgl. nunmehr aber § 25 des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 15.12.2011). Der Senat bemerkt gleichwohl, dass jedenfalls gegen den – ausnahmslosen - Ausschluss nach Nr. 3.3 der BV für die dort aufgeführten Betriebe in den Erd- und Untergeschossen aus den vom Verwaltungsgericht dargelegten Gründen keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Die Ausschlussregelung dürfte sowohl hinsichtlich der erforderlichen „besonderen“ städtebaulichen Gründe (sog. „trading-down-Effekt“ - Sicherung der Geschäftsvielfalt und Gebietsattraktivität, Verhinderung einer Absenkung des Niveaus in den besonders empfindlichen und optisch „ausstrahlenden“ unteren Geschossen des am ... gelegenen Baugebiets) als auch bezüglich der im einzelnen ausgeschlossenen Betriebsarten von § 1 Abs. 9 i.V.m. § 1 Abs. 5 und Abs. 8 BauNVO gedeckt sein (zur Abwehr des „trading-down-Effekts“ als rechtfertigender Ausschlussgrund von Spielhallen im Kerngebiet vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.09.2008 - 4 BN 9.08 -, BauR 2009, 76 ff.; Urt. v. 15.09.1994 - 4 C 13.93 -, NVwZ 1995, 698 ff.; zur Berechtigung des Ausschlusses von Sexshops und Vergnügungsstätten in bestimmten Planbereichen der Beklagten vgl. auch bereits Urt. des Senats v. 03.03.2005 - 3 S 1524/04 -, VBlBW 2006, 142 ff.).
a) § 1 Abs. 9 BauNVO ermächtigt ausdrücklich zu einer Feindifferenzierung der in § 1 Abs. 5 BauNVO (unter Bezugnahme auf die Baugebietsvorschriften der §§ 2 bis 9 BauNVO) genannten „groben“ Nutzungsarten. Allerdings steht dem Plangeber hierbei - anders als in Sondergebieten - kein „Anlagenerfindungsrecht“ zu. Vielmehr kann er nur solche Anlagentypen regeln, die es in der sozialen und ökonomischen Realität unter Berücksichtigung der besonderen örtlichen Verhältnisse in der Standortgemeinde bereits gibt (BVerwG, Beschl. v. 27.07.1998 - 4 BN 31.98 -, ZfBR 1998, 317 f.; Beschl. v. 23.10.2006 - 4 BN 1.06 -, juris). Diese „realen“ Anlagentypen müssen zudem hinreichend bestimmt gekennzeichnet werden (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.03.2012 - 8 S 260/11 -, juris).
b) Diese Voraussetzungen dürften vorliegend erfüllt sein. Die von der Ausschlussregelung erfassten „Sexshops“ stellen zweifellos eine in der Realität vorhandene und hinreichend konturierte Unterart eines Einzelhandelsbetriebs dar. Überdies hat die Beklagte die Betriebsart „Sexshop“ im Definitionskatalog der BV des Bebauungsplans 11/42 zusätzlich detailliert umschrieben. Die übrigen in Nr. 3.3 genannten Betriebe bilden ihrerseits in der sozialen und ökonomischen Realität existierende Unterarten einer „Vergnügungsstätte“ ab. Vergnügungsstätten lassen sich kennzeichnen als Gewerbebetriebe besonderer Art, die dem „Amüsement“, der kommerziellen Freizeitgestaltung, Zerstreuung und Entspannung, dem geselligen Beisammensein, der Bedienung der Spielleidenschaft oder der Bedienung der erotisch/sexuellen Interessen des Menschen dienen. Sie werden auch umschrieben als gewerbliche Nutzungsarten, die sich in unterschiedlicher Ausprägung unter Ansprache oder Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder des Sexualtriebs einer bestimmten auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung widmen. Als Anlagen mit bodenrechtlichem Bezug knüpfen sie nicht an Definitionen des Vergnügungssteuerrechts an, sondern stellen auf typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen ab, wie auf Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes und des Gebietscharakters, aber auch der Verschlechterung der Qualität des jeweiligen Baugebiets mit seiner spezifischen Zweckbestimmung (zu alldem vgl. Beschl. d. Senats v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, VBlBW 2007, 189 ff. m.w.N.). Diese Anforderungen einer Vergnügungsstätte werden nicht nur von Spielhallen (BVerwG, Beschl. v. 04.049.2008 - 4 BN 9.08 - a.a.O.), sondern auch von den übrigen in Nr. 3.3 der BV aufgeführten Betrieben erfüllt (Nacht- und Tanzbars, Stripteaselokale, Peepshows und Sexkinos). Allerdings verzichtet der Bebauungsplan 11/42 auf den eingeführten Gattungsbegriff der „Spielhallen“ (vgl. dazu auch die Umschreibung in § 33i GewO) und zählt statt dessen verschiedene Unterarten dieses Betriebstypus auf, nämlich Automatenspielhallen, Videospielhallen, Computerspielhallen, Spielcasinos sowie Spielbanken. Diese Feindifferenzierung dürfte mit § 1 Abs. 9 BauNVO zu vereinbaren sein. Denn die genannten Spielhallentypen fanden bzw. finden in der sozialen Realität durchaus eine Entsprechung und sie erscheinen, bezogen auf ihre Betriebseigenart, Ausstattung und Betriebsweise auch inhaltlich noch hinreichend konturiert. So ist das Vorhaben der Klägerin mit 4 Spielcentern zu je 12 Geldspielgeräten ohne weiteres als „Automatenspielhalle“ oder aber - je nach Ausstattung - als (privates) „Spielcasino“ einzustufen. Baurechtlich handelt es sich dabei um eine einheitliche, nach Größe, Umfang und Ausstrahlung eindeutig kerngebietstypische Vergnügungsstätte. Dass jeder der 4 „Spielcenter“ dabei einer gesonderten gewerberechtlichen Erlaubnis nach § 33i GewO i.V.m. § 3 Abs. 2 der Spielverordnung - SpielV - bedarf, ist für die baurechtliche Einstufung unerheblich (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 17.94 -, BauR 1996, 674 ff.).
3. Die im Übrigen in der Antragsbegründung vorgetragenen Einwendungen der Klägerin sind nicht geeignet die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zum Hauptantrag (dazu a.) wie zum Hilfsantrag (dazu b.) in Zweifel zu ziehen.
10 
a) Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Hauptantrag zu Recht abgewiesen, da die Voraussetzungen einer Verfahrensfreiheit nach § 50 Abs. 2 Nr. 1 LBO nicht vorliegen. Danach muss die zu beurteilende Nutzung - zum einen - eine Nutzungsänderung darstellen. Für diese dürfen - zum anderen - keine „anderen oder weitergehenden“ Anforderungen gelten als für die bisherige Nutzung. Gemessen daran stellt der Übergang von den bisherigen Nutzungen der Räumlichkeiten im EG/OG des Gebäudes ... ...-... zu der beantragten Großspielhalle eine Nutzungsänderung dar, die aber nicht verfahrensfrei ist.
11 
aa) Bei Nutzungsänderungen ist zwischen solchen im bauordnungsrechtlichen Sinn nach § 50 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 12 Nr. 1 LBO und solchen im bauplanungsrechtlichen Sinn nach § 29 S. 1 BauGB zu unterscheiden. Die bauplanungsrechtliche Nutzungsänderung ist dabei enger zu fassen, da sie - wie auch sonst beim Vorhabenbegriff nach § 29 BauGB - eine bodenrechtliche Bedeutsamkeit des Änderungsvorgangs erfordert (zum Verhältnis beider Nutzungsänderungsbegriffe vgl. BVerwG, Urt. v. 23.01.1981 - 4 C 83.77 -, NJW 1981, 1224 f.; Urt. v. 11.02.1977 - 4 C 8.75 -, NJW 1977, 1932 f.; Sauter, LBO, § 50 Rn. 207). Eine Nutzungsänderung einer baulichen Anlage nach § 29 Satz 1 BauGB setzt demnach zum einen voraus, dass durch den Wechsel der Nutzungsart oder des Nutzungszwecks der Anlage die der genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird; insofern besteht Identität mit den landesrechtlichen Anforderungen. Des Weiteren müssen durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung zusätzlich aber auch bodenrechtliche Belange, wie sie sich insbesondere aus § 1 Abs. 6 BauGB ergeben, neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt (st. Rspr. d. BVerwG, vgl. etwa Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10.09 -, NVwZ 2011, 269 ff., sowie Urt. v. 18.05.1990 - 4 C 49.89 -, NVwZ 1991, 264 ff. m.w.N.). Dabei kann die Nutzungsänderung, sofern sie äußerlich klar erkennbar ist, als sog. Benutzungsänderung oder aber, ohne äußerliche Erkennbarkeit, als Funktionsänderung erfolgen (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.09.1991 - 3 S 1644/91 -, VBlBW 1992, 101).
12 
bb) Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht vorliegend zu Recht eine Nutzungsänderung (in der äußerlich klar erkennbaren Form einer Benutzungsänderung) angenommen.
13 
Bisher waren im Gebäudering ... ...-... im OG zwei „Blue-movie“ -Kinosäle und eine dazugehörige Filmstätte mit (zuletzt) 16 Einzelkabinen genehmigt. Außer diesem als „Sexkino“ einzustufenden Betrieb befanden sich im EG zusätzlich eine genehmigte Spielothek mit - soweit aus den Plänen ersichtlich - einer Mischung aus Geldspiel- und Unterhaltungsspielgeräten (u.a. Flipper, Billardtisch) sowie ein davon räumlich getrennter als „Sexshop“ zu qualifizierender „Erotikshop“. Die Variationsbreite der genehmigten Nutzungen ist mit diesen Genehmigungen in räumlicher Hinsicht sowie nach dem Nutzungszweck eindeutig festgelegt und begrenzt worden. An die Stelle der genannten Betriebe / Betriebsarten soll nunmehr ein einheitliches Vorhaben, nämlich eine beide Geschosse umfassende Automatenspielhalle mit - die gewerberechtlichen Vorgaben ausnutzend - insgesamt 48 Geldspielgeräten in 4 Sälen („Spielcentern“) treten. Zwar mag beim Übergang von der bisherigen Spielothek im EG auf die heutige Spielhalle, soweit die Flächen identisch sind, die Nutzungsbandbreite mit der heutigen Spielhalle noch gewahrt sein, wenngleich sich auch hier ein Wandel von einer gemischten Spieleinrichtung zu einem ausschließlich auf Gewinnspiele abzielenden Betrieb vollzogen hat. Darauf kommt es jedoch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht an. Denn im Streit steht nicht der Austausch der Spielothek gegen eine einzelne Spielhalle an gleicher Stelle. Vergleichsgegenstand ist vielmehr, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, das Gesamtvorhaben der neuen Großspielhalle auf zwei Geschossen.
14 
cc) Durch die neue Nutzung als Automatenspielhalle können auch bodenrechtliche Belange neu berührt werden, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichen Aspekten neu stellt. Die Möglichkeit der „Berührung“ bodenrechtlicher Belange bedeutet dabei, worauf hinzuweisen ist, lediglich, dass diese Belange neu zu prüfen sind, nicht jedoch, dass sie notwendigerweise auch verletzt sein müssen.
15 
Vorliegend besteht ein derartiges neues Prüferfordernis. Denn die bisherige Nutzung der Räumlichkeiten als Sexkino und Sexshop spricht durchaus andere Kunden-/Besucherkreise an, als die jetzige Automatenspielhalle. Ein Sexkino bzw. Sexshop und eine Spielhalle zielen zudem auf die Befriedigung unterschiedlicher Bedürfnisse (Stimulation sexuellen Interesses, Voyeurismus einerseits, Stimulation des Spieltriebs mit potenzieller Suchtwirkung mit nachteiligen Folgen für Persönlichkeit und Finanzen andererseits). Hieraus können sich auch unterschiedliche Auswirkungen auf städtebaulich erhebliche Belange ergeben. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch der jungen Menschen, sowohl im Hinblick auf die Fortentwicklung vorhandener Ortsteile, zu der auch die Verbesserung der bestehenden Gebietsqualität gehört (vgl. § 1 Abs. 6 Nrn. 3 und 4 BauGB sowie BVerwG, Urt. v. 18.05.1990 a.a.O. [Änderung einer Diskothek in eine Spielhalle]). Ferner ist eine Neubeurteilung anhand des Vergnügungsstätten-Konzepts der Beklagten in den Blick zu nehmen (§ 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB). Überdies ist zu berücksichtigen, dass die neue Spielhallennutzung nicht nur baurechtlich, sondern auch gewerberechtlich erlaubnispflichtig ist, wobei die dortigen Anforderungen sich teilweise mit städtebaulichen Belangen decken. So ist nach § 33i Abs. 2 Nr. 3 GewO die Erlaubnis für Spielhallen und ähnliche Unternehmen zu versagen, wenn der Betrieb eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, aber auch schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des BImSchG oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten lässt. Schließlich ist mit Blick auf städtebauliche Belange auch auf die Größe der geplanten Spielhalle abzustellen. Es handelt sich um eine Großspielhalle mit 4 Spielcentern, welche die Grenze zur Kerngebietstypik von (herkömmlich) 100 qm Spielfläche um ein Vielfaches übersteigt. Mit 4 Spielsälen und insgesamt 48 Geldspielgeräten nutzt das Vorhaben auch die jeweils zulässigen Höchstmaße einer gewerberechtlichen Spielhallenkonzession nach § 33i i.V.m. § 3 Abs. 2 der SpielV von maximal 12 Geldspielgeräten je Erlaubniseinheit voll aus. Dementsprechend ist die Spielhalle auf Kunden aus einem äußeren Umfeld ausgerichtet. Dieser Gesichtspunkt wirft städtebaulich ein Prüfungsbedürfnis dahingehend auf, ob das Vorhaben im Einzelfall der Eigenart des Baugebiets nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO widerspricht. Wäre dies der Fall, wäre auch die Erteilung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB, wie sie in Nr. 3.3 der BV vorgesehen ist, ausgeschlossen (vgl. etwa Beschl. d. Senats v. 26.08.2009 - 3 S 1057/09 -, BauR 2010, 439 ff.; BayVGH, Urt. v. 06.07.2005 - 1 D 01.1513 -, juris).
16 
dd) Für die neue (nach § 50 Abs. 2 LBO wie nach § 29 Satz 1 BauGB) geänderte neue Nutzung des Vorhabens als kerngebietstypische Automatenspielhalle gelten sowohl „weitere“ als auch „andere“ rechtliche Anforderungen als für die Vorgängernutzungen. Die geänderten Anforderungen sind bauplanungsrechtlicher Natur, so dass es auf die bauordnungsrechtliche Frage der jeweiligen Stellplatzvoraussetzungen nach § 37 Abs. 2 Satz 1 LBO nicht ankommt. Während der frühere Bebauungsplan 11/40 der Beklagten vom 19.03.1991 Ausschlussregelungen nur im EG und nur für einen engeren Kreis an Vergnügungsstätten und Spielhallenarten enthielt, weitet der Bebauungsplan 11/42 diesen Verbotskatalog qualitativ und quantitativ aus. Insbesondere erstreckt er den Ausschluss der Vergnügungsstättenarten/Spielhallen und schränkt die betroffenen Vergnügungsstätten auch in den Obergeschossen - durch ihre Herabstufung als nur noch ausnahmsweise und „singulär“ zulässig - wesentlich ein.
17 
b) Der Zulassungsantrag hat auch bezüglich des Hilfsantrags (Verpflichtung auf die Genehmigung der Nutzungsänderung) keinen Erfolg.
18 
aa) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung der erstrebten Baugenehmigung hat, weil die neue Nutzung gegen den § 30 BauGB i.V.m. dem Bebauungsplan 11/42 verstößt, der jedenfalls bezüglich des Spielhallenausschlusses im EG wirksam ist. Mit dem Verwaltungsgericht kann ferner auch hier offen bleiben, ob die „Kontingentregelung“ für die Zulassung von Vergnügungsstätten in den Obergeschossen rechtlich möglich ist. Denn der Klage könnte auch bei angenommener Ungültigkeit dieser Regelung nicht teilweise - Spielhallennutzung nur im OG - stattgegeben werden. Denn die Klägerin als Bauherrin hat nach ihrem erkennbaren Willen im Bauantrag eine einheitliche Automatenspielhalle mit 4 Spielcentern in beiden Geschossen beantragt. Anhaltspunkte, dass sie beabsichtigte, etwa nur die beiden Spielcenter im OG zu verwirklichen, sind nicht ersichtlich. Angesichts des auf ein einheitliches „Vorhaben“ gerichteten Antrags war die Beklagte zur Ablehnung der Baugenehmigung insgesamt berechtigt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.08.1991 - 4 B 20.091 -, ZfBR 1992, 41 f., sowie VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.06.2006 - 8 S 1737/05 -, BauR 2006, 2106 [Ls.]).Aus dem gleichen Grund könnte die Klägerin verlangen, dass ihr die Spielhallennutzung im Erdgeschoss teilweise auf der Fläche der bisher dort vorhandenen Spielothek genehmigt wird. Abgesehen davon bestehen, was das Erdgeschoss betrifft, auch bereits Zweifel an der objektiven Teilbarkeit des Vorhabens. Denn das anstelle der bisherigen Spielothek geplante „Spielcenter 2“ stimmt baulich und flächenmäßig nicht völlig mit der Vorgängeranlage überein.
19 
bb) Die Klägerin kann, indem sie sich auf die der ... ... AG erteilten Genehmigungen vom 13.02.1998/23.06.1999 beruft, ihren Genehmigungsanspruch auch nicht (ganz oder teilweise) aus Bestandsschutzgründen herleiten. Dabei kann offen bleiben, ob diese Genehmigungen erloschen sind, wie das Verwaltungsgericht meint, oder ob sie - mangels Erfüllung der Unwirksamkeitsvoraussetzungen nach § 43 Abs. 2 LVwVfG - noch fortbestehen, wie die Klägerin behauptet (zur Anwendung des § 43 Abs. 2 LVwVfG auf Baugenehmigungen vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2009 - 5 S 374/09 -, VBlBW 2010, 597 ff.; Urt. v. 04.03.2009 - 3 S 1467/07 -, BauR 2009, 1881 ff.). Denn selbst bei Fortgeltung dieser Baugenehmigungen könnten sie - in ihrer Eigenschaft als vorhabenbezogene Verwaltungsakte - keinen (formellen) Bestandsschutz für die neue Nutzung als Automatenspielhalle begründen. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - und in Abweichung seiner von der Klägerin zitierten früheren Auffassung - kann Bestandsschutz nicht mehr aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG hergeleitet werden, sondern findet grundsätzlich nur im Umfang und nach Maßgabe der einfach gesetzlichen (bauplanungs- wie bauordnungsrechtlichen) Vorschriften in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG statt. Außerhalb der einfachgesetzlichen Ausgestaltungsvorschriften gibt es keinen Anspruch auf Zulassung eines Vorhabens aus eigentumsrechtlichem Bestandsschutz mehr (grundlegend BVerwG, Urt. v. 27.08.1998 - 4 C 5.98 -, NVwZ 1999, 523 ff.; s. auch Urt. v. 12.03.1998 - 4 C 10.97 -, NVwZ 1998, 842 ff.). Greift - auf bauplanungsrechtlicher Ebene - § 29 BauGB tatbestandlich ein, so richtet sich die Zulässigkeit eines Vorhabens ausschließlich nach den §§ 30 bis 37 BauGB. Bestandsschutzgrundsätze haben daneben als Zulassungsmaßstab keinen Platz (BVerwG, Urt. v. 27.08.1998 a.a.O.).
20 
Stellt sich demnach - wie hier - der Wechsel in der Nutzung eines Gewerbebetriebs als Nutzungsänderung nach § 29 Satz 1 BauGB dar, weil die Variationsbreite der bisherigen genehmigten Nutzung überschritten wird, endet auch der bisherige Bestandsschutz. (BVerwG, Beschl. v. 11.07.2001 - 4 B 36.01 -, BRS 64 Nr. 73). Ein Beendigungsgrund liegt insbesondere vor, wenn die neue Nutzung gegenüber der bisherigen - etwa unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 9 BauNVO - einer gesonderten Festsetzung durch einen Bebauungsplan unterworfen werden könnte (BVerwG, Urt. v. 18.05.1990 - 4 C 49.89 -, NVwZ 1991, 264 ff.). Dies ist hier der Fall. Denn der Bebauungsplan 11/42 hat neue - strengere - Regelungen auch für Spielhallen nach § 1 Abs. 9 BauNVO getroffen.
21 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
22 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.1.5 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die gesamte Spielfläche für der Bemessung des Streitwerts (600,-- EUR je qm) herangezogen. Denn die Klägerin ist erstmalige Betreiberin der beantragten Automatenspielhalle. Die Fläche der bisher genehmigten Vergnügungsstätten, einschließlich der Spielothek, und der daraus erzielte Gewinn waren daher nicht in Abzug zu bringen. Betreiberin und Nutznießerin dieser Betriebe war nicht die Klägerin sondern ein Dritter.
23 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. März 2012 - 6 K 1922/11 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 20.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der rechtzeitig gestellte und begründete sowie auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die Berufung ist aus den in der Antragsbegründung dargelegten - und allein maßgebenden (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) - Gründen nicht zuzulassen.
Die Klägerin betreibt im Erdgeschoss des Gebäudes ... ... in ... eine baurechtlich genehmigte Spielhalle auf einer Grundfläche von ca. 246 m2. Mit Bauantrag vom 30.06.2010 begehrte sie die Erteilung einer Baugenehmigung zur Umwandlung der Spielhalle "zu einer Spielhalle und einem Billardcafé mit einer gemeinsamen Aufsicht". Nach den Bauvorlagen soll eine Teilfläche der bisherigen Spielhalle als Billardcafé mit zwei Billardtischen, zwanzig Sitzplätzen an vier Besuchertischen und fünf Thekenplätzen auf 119,48 m2 Nutzfläche eingerichtet sowie zwischen Billardcafé und verbleibender Spielhalle auf 163,34 m2 Nutzfläche eine gemeinsame Aufsicht eingerichtet werden. Da die Beklagte über den Bauantrag nicht entschied, erhob die Klägerin Untätigkeitsklage mit dem Antrag, die Beklagte zur Erteilung der am 30.06.2010 beantragten Baugenehmigung zu verpflichten. Das angefochtene Urteil weist diese Klage mit der Begründung ab, die genehmigungspflichtige Nutzungsänderung habe ein einheitliches Vorhaben aus (Rest-)Spielhalle und Billardcafé zum Gegenstand. Dieses Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig, weil es nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO unzulässig sei. Die Nutzungsänderung sei ein Vorhaben i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB. Ihre bodenrechtliche Relevanz folge daraus, dass die neue Nutzung die Variationsbreite des bisherigen Nutzung überschreite. Denn durch das Billardcafé mit Alkoholausschank ändere sich der Kundenkreis, das Nutzungsspektrum werde deutlich erweitert und die neue Nutzung könnte nach § 15 Abs. 1 BauNVO unzulässig sein. Die Nutzungsänderung sei nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO unzulässig, weil die Eigenart der näheren Umgebung einem Mischgebiet entspreche, in dem ein Vorhaben dieser Art unzulässig sei. Denn die mit einem Billardcafé kombinierte Spielhalle sei eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte. Auch die frühere Spielhalle hätte als kerngebietstypische Vergnügungsstätte nicht genehmigt werden dürfen.
Aus den in der Antragsbegründung dargelegten Gründen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Zweifel dieser Art sind zwar immer schon dann begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.09.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642 m.w.N.). Das ist nach der Antragsbegründung aber nicht der Fall.
Die Klägerin legt dar, zwar sei den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, Spielhalle und Billardcafé stellten ein einheitliches Vorhaben und als solches eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte dar, nicht zu widersprechen. Diese Bewertung müsse aber beim Vergleich mit der bisher genehmigten Nutzung zu dem Ergebnis führen, dass vorher wie nachher eine kerngebietstypische Spielhalle und damit keine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB vorliege. Dieser Einwand begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.
Eine Nutzungsänderung i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB liegt vor, wenn die Variationsbreite der genehmigten Nutzung verlassen wird und dadurch bodenrechtliche Belange neu berührt werden können (BVerwG, Urteile vom 18.05.1990 - 4 C 49.89 - NVwZ 1991, 264 und vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - NVwZ 2011, 269 ff.; Beschlüsse vom 14.04.2000 - 4 B 28.00 - juris Rn. 6 und vom 07.11.2002 - 4 B 64.02 - BRS 66 Nr. 70). Die Variationsbreite einer genehmigten Nutzung wird überschritten, wenn das bisher charakteristische Nutzungsspektrum erweitert wird (BVerwG, Urteil vom 27.08.1998 - 4 C 5.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 190 S. 64). Bodenrechtliche Belange können berührt sein, wenn der neuen Nutzung unter städtebaulichen Gesichtspunkten eine andere Qualität zukommt (BVerwG, Beschluss vom 14.04.2000, a.a.O.), für die neue Nutzung weitergehende bodenrechtliche Vorschriften gelten als für die alte oder wenn sich die Zulässigkeit der neuen Nutzung zwar nach derselben bodenrechtlichen Vorschrift bestimmt, nach dieser Vorschrift aber anders zu beurteilen sein kann als die frühere Nutzung (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 155 S. 80), oder wenn die geänderte Nutzung für die Nachbarschaft erhöhte Belastungen mit sich bringt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.01.2002, a.a.O.). Keine Nutzungsänderung i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB ist die bloße Intensivierung der Nutzung durch Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ohne Einfluss des Bauherrn (BVerwG, Urteil vom 29.10.1998 - 4 C 9.97 - NVwZ 1999, 417; Beschluss vom 11.07.2001 - 4 B 36.01 - BRS 64 Nr. 73).
Gemessen daran ist das Verwaltungsgericht zu Recht von einer Nutzungsänderung i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB ausgegangen. Die Umwandlung einer "Spielhalle" zu einer "Spielhalle mit Billardcafé" ist eine Nutzungsänderung i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB.
Gegenstand des Bauantrags ist, wie die Klägerin selbst einräumt, nicht allein die - mit geringen baulichen Änderungen einhergehende - Einrichtung und der Betrieb eines Billardcafés als selbständige Hauptnutzung im Erdgeschoss des Gebäudes ... ..., sondern die Umwandlung der bislang genehmigten Nutzung des gesamten Erdgeschosses von einer "Spielhalle" zu einer "Spielhalle mit Billardcafé" als Gesamtvorhaben. Die Verwirklichung dieser Umwandlung verlässt die Variationsbreite der bisher genehmigten Nutzung als Spielhalle, auch wenn die Gesamtfläche des Vorhabens unverändert bleibt. Denn das bisher allein durch den Spielbetrieb charakterisierte Nutzungsspektrum wird durch den neu integrierten gastronomischen Betriebsteil des Billardcafés erweitert. Das Billardcafé ermöglicht nach den - von der Klägerin nicht bestrittenen - Feststellungen des Verwaltungsgerichts zudem erstmals den Ausschank alkoholischer Getränke. Damit ändert sich die konkrete Nutzungsart, und zwar selbst dann, wenn das Billardcafé als solches nicht als Schank- und Speisewirtschaft i. S. der Baunutzungsverordnung, sondern ebenfalls als Vergnügungsstätte zu bewerten sein sollte (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.09.1991 - 3 S 1644/91 - VBlBW 1992, 101 m.w.N., juris Rn. 19). Mit ihrem Einwand, es liege nach wie vor eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte vor, übersieht die Klägerin, dass Gegenstand der ihr bislang erteilten Baugenehmigung nicht irgendeine abstrakte "kerngebietstypische Vergnügungsstätte", sondern ein im zugrunde liegenden Bauantrag nach Art und Umfang konkret bezeichnetes Vorhaben mit entsprechend begrenztem Nutzungsspektrum ist. Eine Nutzungsänderung i. S. des § 29 BauGB kann deshalb auch vorliegen, wenn die neue Nutzung ebenso wie die bislang genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte zu bewerten ist, die wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in einem Kerngebiet allgemein zulässig ist (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.09.2012 - 3 S 2236/11 - juris).
Die Umwandlung der "Spielhalle" zu einer "Spielhalle mit Billardcafé" kann auch bodenrechtliche Belange neu berühren, selbst wenn sich die Zulässigkeit der neuen Nutzung nach denselben bodenrechtlichen Vorschriften (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. §§ 6, 15 BauNVO, § 31 BauGB) bestimmt. Der hinzutretende gastronomische Betriebsteil vermittelt der neuen Nutzung unter städtebaulichen Gesichtspunkten eine andere Qualität. Die mit dem gastronomischen Angebot erhöhte Attraktivität der Spielhalle kann einen größeren und anderen Kundenkreis ansprechen, was sich insbesondere auf die Immissionslage für die Nachbarschaft oder die städtebauliche Eigenart des Baugebiets auswirken kann. Dadurch können allgemeine Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) oder Belange der Erhaltung, Erneuerung und Fortentwicklung vorhandener Ortsteile (§ 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB) anders als zuvor betroffen sein. Auch kann die Vereinbarkeit der gewerblichen Nutzung mit der Eigenart des konkreten Baugebiets oder die Zumutbarkeit des gewerblichen Störpotentials für die nähere Umgebung nach § 34 Abs. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 BauNVO anders zu beurteilen sein.
II.
Die Klägerin trägt als Antragstellerin die Kosten des erfolglosen Zulassungsverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG (entsprechend der Wertfestsetzung im ersten Rechtszug).
10 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

  • 1. Die aufschiebende Wirkung der Klage 10 K 3900/15 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 3. September 2015 wird hinsichtlich der Androhung des unmittelbaren Zwangs in Form der Versiegelung angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.Die Antragstellerin trägt 2/3 und die Antragsgegnerin 1/3 der Kosten des Verfahrens.

  • 2. Der Streitwert wird auf 4.470,00 € festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07. Juni 2011 - 1 K 3957/09 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 372.612,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der allein auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils) gestützte Antrag der Klägerin hat keinen Erfolg. Der Senat lässt offen, ob die Antragsbegründung den - der Zulässigkeitsebene zuzurechnenden - Anforderungen nach § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügt. Danach muss ein Antragsteller die Entscheidung des Verwaltungsgerichts substantiiert mit Argumenten in Frage stellen, wofür es einer Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils bedarf, deren Tiefe und Intensität sich nach der jeweiligen Tiefe der Entscheidungsgründe richtet. Denn jedenfalls liegen die von der Klägerin geltend gemachten ernstlichen Zweifel nicht vor (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
I.
Die Klägerin ist nach eigenen Angaben Pächterin der im Eigentum einer Erbengemeinschaft stehenden Gewerbeeinheit ... ...-... (Flst.-Nrn. 2426, 2427 und 2429/1) in ... Sie begehrt im Hauptantrag festzustellen, dass die im EG und 1. OG dieses Gebäudes beantragte „Nutzungsänderungen in 4 Spielecenter gem. § 33i GewO“ mit insgesamt 620,55 qm Spielfläche und (4 x 12 =) 48 Geldspielgeräten nach § 50 Abs. 2 LBO verfahrensfrei ist. Hilfsweise erstrebt sie die Verpflichtung der Beklagten, die beantragte Nutzungsänderung zu genehmigen. Bislang befand sich in dem Gewerbeanwesen ein am 13.02.1998/23.06.1999 genehmigtes „Blue movie center“ mit 2 Kinosälen im 1. OG sowie einem Videokabinenbereich (16 Kabinen), einer Spielothek (148,60 qm) und einem davon räumlich getrennten Erotik-Shop im EG. Adressatin der Baugenehmigung war die ... ... ...-... AG.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage in beiden Anträgen abgewiesen: Der Feststellungsantrag sei zulässig, aber unbegründet. Die beantragte Umwandlung des Erotik-/Sexkinos und der übrigen Nutzungen in die Spielhalle sei nicht nach § 50 Abs. 2 Nr. 1 LBO verfahrensfrei. Es handle sich zum einen um eine Nutzungsänderung. Dem stehe nicht entgegen, dass sowohl die alte als die neue Nutzung Vergnügungsstätten seien. Die neue Nutzung überschreite die Variationsbreite der bisherigen Nutzungen und werfe auch die Genehmigungsfrage neu auf. Die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung sowie der Belang der Fortentwicklung vorhandener Ortsteile könnten berührt werden. Von der neuen Spielhalle mit vier Spielcentern gingen andere Auswirkungen auf die Umgebung aus als von dem bisherigen Sexkino mit der kleineren Spielhalle. Aufgrund der Anforderungen des nunmehr maßgeblichen neuen Bebauungsplans 11/42 von 2006 ergäben sich auch andere Anforderungen an das Bauvorhaben als bisher. Das Spielcenter sei auch nicht im Hinblick auf die schon früher genehmigte Spielothek im EG teilweise verfahrensfrei, da es auf das Vorhaben als unteilbares Ganzes ankomme. Mangels Genehmigungsfähigkeit des Gesamtvorhabens sei die Klage auch im - nach § 75 VwGO zulässigen - Hilfsantrag insgesamt unbegründet. Das Vorhaben widerspreche den textlichen Festsetzungen Nrn. 3.1 und 3.3 des Bebauungsplans 11/42. Die Voraussetzungen einer Ausnahme nach Nr. 3.3 seien unstreitig nicht gegeben. Der Bebauungsplan 11/42 sei wirksam, die hiergegen vorgebrachten Bedenken der Klägerin teile die Kammer nicht. Ob die zahlenmäßige Beschränkung von Vergnügungsstätten und Sexshops auf einen Betrieb je Quadrat von § 1 Abs. 5 bis Abs. 9 BauNVO gedeckt sei, könne offen bleiben. Denn auch bei Unwirksamkeit dieser Teilfestsetzung wäre jedenfalls der Ausschluss bestimmter Einzelhandelsbetriebe und Vergnügungsstätten in den Erd- und Untergeschossen in Nr. 3.3 wirksam. Denn diese Festsetzung hätte der Plangeber in jedem Fall getroffen und aufrechterhalten wollen. Auf Bestandsschutz könne die Klägerin sich schon deswegen nicht berufen, weil dieser aus bundesrechtlicher Sicht mit Aufgabe der bislang zulässigen Nutzung geendet habe. Dies sei bei - wie hier - einer Nutzungsänderung nach § 29 BauGB immer der Fall, da sich dann die Genehmigungsfrage neu stelle. Der Hilfsantrag sei schließlich seinerseits nicht teilweise im Hinblick auf die im EG bereits genehmigt gewesene Spielothek erfolgreich, da die Klägerin ein einheitliches Vorhaben begehre.
II.
Mit ihrer Antragsbegründung, auf deren Berücksichtigung der Senat beschränkt ist, vermag die Klägerin die Richtigkeit dieses Urteils weder im Ergebnis noch hinsichtlich der tragenden Begründung erschüttern.
1. Mit den eingehenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Gültigkeit der Ausschlussregelungen des Bebauungsplans 11/42 und zur Auslegung des Plans für den Fall einer Teilrechtswidrigkeit der „Kontingentierungsklausel“ für die Obergeschosse in Nr. 3.3 der Bebauungsvorschriften (künftig: BV) setzt sich die Klägerin im Zulassungsverfahren nicht auseinander. Sie hält den Bebauungsplan vielmehr ausdrücklich für gültig und versucht, daraus eine für sie günstige Auslegung herzuleiten.
2. Vor diesem Hintergrund sieht auch der Senat keinen Anlass, sich vertieft mit der Wirksamkeit der für den hier einschlägigen Gebietsteil MK 2 einschlägigen Festsetzung in Nr. 3.1 der BV und insbesondere mit der Frage zu befassen, ob die Kontingentregelung für Obergeschosse in Nr. 3.3 der BV noch von einer Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist, was im Hinblick auf § 1 Abs. 9 BauNVO jedenfalls zweifelhaft erscheint (vgl. nunmehr aber § 25 des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 15.12.2011). Der Senat bemerkt gleichwohl, dass jedenfalls gegen den – ausnahmslosen - Ausschluss nach Nr. 3.3 der BV für die dort aufgeführten Betriebe in den Erd- und Untergeschossen aus den vom Verwaltungsgericht dargelegten Gründen keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Die Ausschlussregelung dürfte sowohl hinsichtlich der erforderlichen „besonderen“ städtebaulichen Gründe (sog. „trading-down-Effekt“ - Sicherung der Geschäftsvielfalt und Gebietsattraktivität, Verhinderung einer Absenkung des Niveaus in den besonders empfindlichen und optisch „ausstrahlenden“ unteren Geschossen des am ... gelegenen Baugebiets) als auch bezüglich der im einzelnen ausgeschlossenen Betriebsarten von § 1 Abs. 9 i.V.m. § 1 Abs. 5 und Abs. 8 BauNVO gedeckt sein (zur Abwehr des „trading-down-Effekts“ als rechtfertigender Ausschlussgrund von Spielhallen im Kerngebiet vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.09.2008 - 4 BN 9.08 -, BauR 2009, 76 ff.; Urt. v. 15.09.1994 - 4 C 13.93 -, NVwZ 1995, 698 ff.; zur Berechtigung des Ausschlusses von Sexshops und Vergnügungsstätten in bestimmten Planbereichen der Beklagten vgl. auch bereits Urt. des Senats v. 03.03.2005 - 3 S 1524/04 -, VBlBW 2006, 142 ff.).
a) § 1 Abs. 9 BauNVO ermächtigt ausdrücklich zu einer Feindifferenzierung der in § 1 Abs. 5 BauNVO (unter Bezugnahme auf die Baugebietsvorschriften der §§ 2 bis 9 BauNVO) genannten „groben“ Nutzungsarten. Allerdings steht dem Plangeber hierbei - anders als in Sondergebieten - kein „Anlagenerfindungsrecht“ zu. Vielmehr kann er nur solche Anlagentypen regeln, die es in der sozialen und ökonomischen Realität unter Berücksichtigung der besonderen örtlichen Verhältnisse in der Standortgemeinde bereits gibt (BVerwG, Beschl. v. 27.07.1998 - 4 BN 31.98 -, ZfBR 1998, 317 f.; Beschl. v. 23.10.2006 - 4 BN 1.06 -, juris). Diese „realen“ Anlagentypen müssen zudem hinreichend bestimmt gekennzeichnet werden (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.03.2012 - 8 S 260/11 -, juris).
b) Diese Voraussetzungen dürften vorliegend erfüllt sein. Die von der Ausschlussregelung erfassten „Sexshops“ stellen zweifellos eine in der Realität vorhandene und hinreichend konturierte Unterart eines Einzelhandelsbetriebs dar. Überdies hat die Beklagte die Betriebsart „Sexshop“ im Definitionskatalog der BV des Bebauungsplans 11/42 zusätzlich detailliert umschrieben. Die übrigen in Nr. 3.3 genannten Betriebe bilden ihrerseits in der sozialen und ökonomischen Realität existierende Unterarten einer „Vergnügungsstätte“ ab. Vergnügungsstätten lassen sich kennzeichnen als Gewerbebetriebe besonderer Art, die dem „Amüsement“, der kommerziellen Freizeitgestaltung, Zerstreuung und Entspannung, dem geselligen Beisammensein, der Bedienung der Spielleidenschaft oder der Bedienung der erotisch/sexuellen Interessen des Menschen dienen. Sie werden auch umschrieben als gewerbliche Nutzungsarten, die sich in unterschiedlicher Ausprägung unter Ansprache oder Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder des Sexualtriebs einer bestimmten auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung widmen. Als Anlagen mit bodenrechtlichem Bezug knüpfen sie nicht an Definitionen des Vergnügungssteuerrechts an, sondern stellen auf typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen ab, wie auf Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes und des Gebietscharakters, aber auch der Verschlechterung der Qualität des jeweiligen Baugebiets mit seiner spezifischen Zweckbestimmung (zu alldem vgl. Beschl. d. Senats v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, VBlBW 2007, 189 ff. m.w.N.). Diese Anforderungen einer Vergnügungsstätte werden nicht nur von Spielhallen (BVerwG, Beschl. v. 04.049.2008 - 4 BN 9.08 - a.a.O.), sondern auch von den übrigen in Nr. 3.3 der BV aufgeführten Betrieben erfüllt (Nacht- und Tanzbars, Stripteaselokale, Peepshows und Sexkinos). Allerdings verzichtet der Bebauungsplan 11/42 auf den eingeführten Gattungsbegriff der „Spielhallen“ (vgl. dazu auch die Umschreibung in § 33i GewO) und zählt statt dessen verschiedene Unterarten dieses Betriebstypus auf, nämlich Automatenspielhallen, Videospielhallen, Computerspielhallen, Spielcasinos sowie Spielbanken. Diese Feindifferenzierung dürfte mit § 1 Abs. 9 BauNVO zu vereinbaren sein. Denn die genannten Spielhallentypen fanden bzw. finden in der sozialen Realität durchaus eine Entsprechung und sie erscheinen, bezogen auf ihre Betriebseigenart, Ausstattung und Betriebsweise auch inhaltlich noch hinreichend konturiert. So ist das Vorhaben der Klägerin mit 4 Spielcentern zu je 12 Geldspielgeräten ohne weiteres als „Automatenspielhalle“ oder aber - je nach Ausstattung - als (privates) „Spielcasino“ einzustufen. Baurechtlich handelt es sich dabei um eine einheitliche, nach Größe, Umfang und Ausstrahlung eindeutig kerngebietstypische Vergnügungsstätte. Dass jeder der 4 „Spielcenter“ dabei einer gesonderten gewerberechtlichen Erlaubnis nach § 33i GewO i.V.m. § 3 Abs. 2 der Spielverordnung - SpielV - bedarf, ist für die baurechtliche Einstufung unerheblich (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 17.94 -, BauR 1996, 674 ff.).
3. Die im Übrigen in der Antragsbegründung vorgetragenen Einwendungen der Klägerin sind nicht geeignet die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zum Hauptantrag (dazu a.) wie zum Hilfsantrag (dazu b.) in Zweifel zu ziehen.
10 
a) Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Hauptantrag zu Recht abgewiesen, da die Voraussetzungen einer Verfahrensfreiheit nach § 50 Abs. 2 Nr. 1 LBO nicht vorliegen. Danach muss die zu beurteilende Nutzung - zum einen - eine Nutzungsänderung darstellen. Für diese dürfen - zum anderen - keine „anderen oder weitergehenden“ Anforderungen gelten als für die bisherige Nutzung. Gemessen daran stellt der Übergang von den bisherigen Nutzungen der Räumlichkeiten im EG/OG des Gebäudes ... ...-... zu der beantragten Großspielhalle eine Nutzungsänderung dar, die aber nicht verfahrensfrei ist.
11 
aa) Bei Nutzungsänderungen ist zwischen solchen im bauordnungsrechtlichen Sinn nach § 50 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 12 Nr. 1 LBO und solchen im bauplanungsrechtlichen Sinn nach § 29 S. 1 BauGB zu unterscheiden. Die bauplanungsrechtliche Nutzungsänderung ist dabei enger zu fassen, da sie - wie auch sonst beim Vorhabenbegriff nach § 29 BauGB - eine bodenrechtliche Bedeutsamkeit des Änderungsvorgangs erfordert (zum Verhältnis beider Nutzungsänderungsbegriffe vgl. BVerwG, Urt. v. 23.01.1981 - 4 C 83.77 -, NJW 1981, 1224 f.; Urt. v. 11.02.1977 - 4 C 8.75 -, NJW 1977, 1932 f.; Sauter, LBO, § 50 Rn. 207). Eine Nutzungsänderung einer baulichen Anlage nach § 29 Satz 1 BauGB setzt demnach zum einen voraus, dass durch den Wechsel der Nutzungsart oder des Nutzungszwecks der Anlage die der genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird; insofern besteht Identität mit den landesrechtlichen Anforderungen. Des Weiteren müssen durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung zusätzlich aber auch bodenrechtliche Belange, wie sie sich insbesondere aus § 1 Abs. 6 BauGB ergeben, neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt (st. Rspr. d. BVerwG, vgl. etwa Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10.09 -, NVwZ 2011, 269 ff., sowie Urt. v. 18.05.1990 - 4 C 49.89 -, NVwZ 1991, 264 ff. m.w.N.). Dabei kann die Nutzungsänderung, sofern sie äußerlich klar erkennbar ist, als sog. Benutzungsänderung oder aber, ohne äußerliche Erkennbarkeit, als Funktionsänderung erfolgen (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.09.1991 - 3 S 1644/91 -, VBlBW 1992, 101).
12 
bb) Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht vorliegend zu Recht eine Nutzungsänderung (in der äußerlich klar erkennbaren Form einer Benutzungsänderung) angenommen.
13 
Bisher waren im Gebäudering ... ...-... im OG zwei „Blue-movie“ -Kinosäle und eine dazugehörige Filmstätte mit (zuletzt) 16 Einzelkabinen genehmigt. Außer diesem als „Sexkino“ einzustufenden Betrieb befanden sich im EG zusätzlich eine genehmigte Spielothek mit - soweit aus den Plänen ersichtlich - einer Mischung aus Geldspiel- und Unterhaltungsspielgeräten (u.a. Flipper, Billardtisch) sowie ein davon räumlich getrennter als „Sexshop“ zu qualifizierender „Erotikshop“. Die Variationsbreite der genehmigten Nutzungen ist mit diesen Genehmigungen in räumlicher Hinsicht sowie nach dem Nutzungszweck eindeutig festgelegt und begrenzt worden. An die Stelle der genannten Betriebe / Betriebsarten soll nunmehr ein einheitliches Vorhaben, nämlich eine beide Geschosse umfassende Automatenspielhalle mit - die gewerberechtlichen Vorgaben ausnutzend - insgesamt 48 Geldspielgeräten in 4 Sälen („Spielcentern“) treten. Zwar mag beim Übergang von der bisherigen Spielothek im EG auf die heutige Spielhalle, soweit die Flächen identisch sind, die Nutzungsbandbreite mit der heutigen Spielhalle noch gewahrt sein, wenngleich sich auch hier ein Wandel von einer gemischten Spieleinrichtung zu einem ausschließlich auf Gewinnspiele abzielenden Betrieb vollzogen hat. Darauf kommt es jedoch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht an. Denn im Streit steht nicht der Austausch der Spielothek gegen eine einzelne Spielhalle an gleicher Stelle. Vergleichsgegenstand ist vielmehr, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, das Gesamtvorhaben der neuen Großspielhalle auf zwei Geschossen.
14 
cc) Durch die neue Nutzung als Automatenspielhalle können auch bodenrechtliche Belange neu berührt werden, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichen Aspekten neu stellt. Die Möglichkeit der „Berührung“ bodenrechtlicher Belange bedeutet dabei, worauf hinzuweisen ist, lediglich, dass diese Belange neu zu prüfen sind, nicht jedoch, dass sie notwendigerweise auch verletzt sein müssen.
15 
Vorliegend besteht ein derartiges neues Prüferfordernis. Denn die bisherige Nutzung der Räumlichkeiten als Sexkino und Sexshop spricht durchaus andere Kunden-/Besucherkreise an, als die jetzige Automatenspielhalle. Ein Sexkino bzw. Sexshop und eine Spielhalle zielen zudem auf die Befriedigung unterschiedlicher Bedürfnisse (Stimulation sexuellen Interesses, Voyeurismus einerseits, Stimulation des Spieltriebs mit potenzieller Suchtwirkung mit nachteiligen Folgen für Persönlichkeit und Finanzen andererseits). Hieraus können sich auch unterschiedliche Auswirkungen auf städtebaulich erhebliche Belange ergeben. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch der jungen Menschen, sowohl im Hinblick auf die Fortentwicklung vorhandener Ortsteile, zu der auch die Verbesserung der bestehenden Gebietsqualität gehört (vgl. § 1 Abs. 6 Nrn. 3 und 4 BauGB sowie BVerwG, Urt. v. 18.05.1990 a.a.O. [Änderung einer Diskothek in eine Spielhalle]). Ferner ist eine Neubeurteilung anhand des Vergnügungsstätten-Konzepts der Beklagten in den Blick zu nehmen (§ 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB). Überdies ist zu berücksichtigen, dass die neue Spielhallennutzung nicht nur baurechtlich, sondern auch gewerberechtlich erlaubnispflichtig ist, wobei die dortigen Anforderungen sich teilweise mit städtebaulichen Belangen decken. So ist nach § 33i Abs. 2 Nr. 3 GewO die Erlaubnis für Spielhallen und ähnliche Unternehmen zu versagen, wenn der Betrieb eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, aber auch schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des BImSchG oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten lässt. Schließlich ist mit Blick auf städtebauliche Belange auch auf die Größe der geplanten Spielhalle abzustellen. Es handelt sich um eine Großspielhalle mit 4 Spielcentern, welche die Grenze zur Kerngebietstypik von (herkömmlich) 100 qm Spielfläche um ein Vielfaches übersteigt. Mit 4 Spielsälen und insgesamt 48 Geldspielgeräten nutzt das Vorhaben auch die jeweils zulässigen Höchstmaße einer gewerberechtlichen Spielhallenkonzession nach § 33i i.V.m. § 3 Abs. 2 der SpielV von maximal 12 Geldspielgeräten je Erlaubniseinheit voll aus. Dementsprechend ist die Spielhalle auf Kunden aus einem äußeren Umfeld ausgerichtet. Dieser Gesichtspunkt wirft städtebaulich ein Prüfungsbedürfnis dahingehend auf, ob das Vorhaben im Einzelfall der Eigenart des Baugebiets nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO widerspricht. Wäre dies der Fall, wäre auch die Erteilung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB, wie sie in Nr. 3.3 der BV vorgesehen ist, ausgeschlossen (vgl. etwa Beschl. d. Senats v. 26.08.2009 - 3 S 1057/09 -, BauR 2010, 439 ff.; BayVGH, Urt. v. 06.07.2005 - 1 D 01.1513 -, juris).
16 
dd) Für die neue (nach § 50 Abs. 2 LBO wie nach § 29 Satz 1 BauGB) geänderte neue Nutzung des Vorhabens als kerngebietstypische Automatenspielhalle gelten sowohl „weitere“ als auch „andere“ rechtliche Anforderungen als für die Vorgängernutzungen. Die geänderten Anforderungen sind bauplanungsrechtlicher Natur, so dass es auf die bauordnungsrechtliche Frage der jeweiligen Stellplatzvoraussetzungen nach § 37 Abs. 2 Satz 1 LBO nicht ankommt. Während der frühere Bebauungsplan 11/40 der Beklagten vom 19.03.1991 Ausschlussregelungen nur im EG und nur für einen engeren Kreis an Vergnügungsstätten und Spielhallenarten enthielt, weitet der Bebauungsplan 11/42 diesen Verbotskatalog qualitativ und quantitativ aus. Insbesondere erstreckt er den Ausschluss der Vergnügungsstättenarten/Spielhallen und schränkt die betroffenen Vergnügungsstätten auch in den Obergeschossen - durch ihre Herabstufung als nur noch ausnahmsweise und „singulär“ zulässig - wesentlich ein.
17 
b) Der Zulassungsantrag hat auch bezüglich des Hilfsantrags (Verpflichtung auf die Genehmigung der Nutzungsänderung) keinen Erfolg.
18 
aa) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung der erstrebten Baugenehmigung hat, weil die neue Nutzung gegen den § 30 BauGB i.V.m. dem Bebauungsplan 11/42 verstößt, der jedenfalls bezüglich des Spielhallenausschlusses im EG wirksam ist. Mit dem Verwaltungsgericht kann ferner auch hier offen bleiben, ob die „Kontingentregelung“ für die Zulassung von Vergnügungsstätten in den Obergeschossen rechtlich möglich ist. Denn der Klage könnte auch bei angenommener Ungültigkeit dieser Regelung nicht teilweise - Spielhallennutzung nur im OG - stattgegeben werden. Denn die Klägerin als Bauherrin hat nach ihrem erkennbaren Willen im Bauantrag eine einheitliche Automatenspielhalle mit 4 Spielcentern in beiden Geschossen beantragt. Anhaltspunkte, dass sie beabsichtigte, etwa nur die beiden Spielcenter im OG zu verwirklichen, sind nicht ersichtlich. Angesichts des auf ein einheitliches „Vorhaben“ gerichteten Antrags war die Beklagte zur Ablehnung der Baugenehmigung insgesamt berechtigt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.08.1991 - 4 B 20.091 -, ZfBR 1992, 41 f., sowie VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.06.2006 - 8 S 1737/05 -, BauR 2006, 2106 [Ls.]).Aus dem gleichen Grund könnte die Klägerin verlangen, dass ihr die Spielhallennutzung im Erdgeschoss teilweise auf der Fläche der bisher dort vorhandenen Spielothek genehmigt wird. Abgesehen davon bestehen, was das Erdgeschoss betrifft, auch bereits Zweifel an der objektiven Teilbarkeit des Vorhabens. Denn das anstelle der bisherigen Spielothek geplante „Spielcenter 2“ stimmt baulich und flächenmäßig nicht völlig mit der Vorgängeranlage überein.
19 
bb) Die Klägerin kann, indem sie sich auf die der ... ... AG erteilten Genehmigungen vom 13.02.1998/23.06.1999 beruft, ihren Genehmigungsanspruch auch nicht (ganz oder teilweise) aus Bestandsschutzgründen herleiten. Dabei kann offen bleiben, ob diese Genehmigungen erloschen sind, wie das Verwaltungsgericht meint, oder ob sie - mangels Erfüllung der Unwirksamkeitsvoraussetzungen nach § 43 Abs. 2 LVwVfG - noch fortbestehen, wie die Klägerin behauptet (zur Anwendung des § 43 Abs. 2 LVwVfG auf Baugenehmigungen vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2009 - 5 S 374/09 -, VBlBW 2010, 597 ff.; Urt. v. 04.03.2009 - 3 S 1467/07 -, BauR 2009, 1881 ff.). Denn selbst bei Fortgeltung dieser Baugenehmigungen könnten sie - in ihrer Eigenschaft als vorhabenbezogene Verwaltungsakte - keinen (formellen) Bestandsschutz für die neue Nutzung als Automatenspielhalle begründen. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - und in Abweichung seiner von der Klägerin zitierten früheren Auffassung - kann Bestandsschutz nicht mehr aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG hergeleitet werden, sondern findet grundsätzlich nur im Umfang und nach Maßgabe der einfach gesetzlichen (bauplanungs- wie bauordnungsrechtlichen) Vorschriften in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG statt. Außerhalb der einfachgesetzlichen Ausgestaltungsvorschriften gibt es keinen Anspruch auf Zulassung eines Vorhabens aus eigentumsrechtlichem Bestandsschutz mehr (grundlegend BVerwG, Urt. v. 27.08.1998 - 4 C 5.98 -, NVwZ 1999, 523 ff.; s. auch Urt. v. 12.03.1998 - 4 C 10.97 -, NVwZ 1998, 842 ff.). Greift - auf bauplanungsrechtlicher Ebene - § 29 BauGB tatbestandlich ein, so richtet sich die Zulässigkeit eines Vorhabens ausschließlich nach den §§ 30 bis 37 BauGB. Bestandsschutzgrundsätze haben daneben als Zulassungsmaßstab keinen Platz (BVerwG, Urt. v. 27.08.1998 a.a.O.).
20 
Stellt sich demnach - wie hier - der Wechsel in der Nutzung eines Gewerbebetriebs als Nutzungsänderung nach § 29 Satz 1 BauGB dar, weil die Variationsbreite der bisherigen genehmigten Nutzung überschritten wird, endet auch der bisherige Bestandsschutz. (BVerwG, Beschl. v. 11.07.2001 - 4 B 36.01 -, BRS 64 Nr. 73). Ein Beendigungsgrund liegt insbesondere vor, wenn die neue Nutzung gegenüber der bisherigen - etwa unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 9 BauNVO - einer gesonderten Festsetzung durch einen Bebauungsplan unterworfen werden könnte (BVerwG, Urt. v. 18.05.1990 - 4 C 49.89 -, NVwZ 1991, 264 ff.). Dies ist hier der Fall. Denn der Bebauungsplan 11/42 hat neue - strengere - Regelungen auch für Spielhallen nach § 1 Abs. 9 BauNVO getroffen.
21 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
22 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.1.5 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die gesamte Spielfläche für der Bemessung des Streitwerts (600,-- EUR je qm) herangezogen. Denn die Klägerin ist erstmalige Betreiberin der beantragten Automatenspielhalle. Die Fläche der bisher genehmigten Vergnügungsstätten, einschließlich der Spielothek, und der daraus erzielte Gewinn waren daher nicht in Abzug zu bringen. Betreiberin und Nutznießerin dieser Betriebe war nicht die Klägerin sondern ein Dritter.
23 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Tenor

Auf die Berufung der Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. November 2012 - 2 K 471/11 - teilweise geändert und neu gefasst.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aus dem erstinstanzlichen Verfahren, die diese selbst trägt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beigeladene wendet sich gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart, mit dem dieses die Beklagte verpflichtet hat, den Bauantrag der Klägerin zur Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit 123 Stellplätzen, Pfandrückgabe, Backvorbereitung und Werbeanlagen neu zu bescheiden.
Die Klägerin beantragt am 26.11.2009 eine Baugenehmigung für den „Neubau eines xxx Lebensmittelmarktes mit ca. 123 Stellplätzen, Pfandrückgabe, Backvorbereitung und Werbeanlagen“ auf Teilen der Grundstücke mit den Flst. Nr. 2715 und 2818 im Gemeindegebiet der Beigeladenen. Diese Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „W.-N.“ vom 28.07.1997. Der Bebauungsplan, der nur Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung enthält, setzt im Bereich des Grundstücks mit der Flst. Nr. 2715 „GEe2,3“ und für den Bereich des Grundstücks mit der Flst. Nr. 2818 „GEe2“ fest.
In den textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan heißt es unter B 1.2:
„GEe2- Gewerbegebiet mit Einschränkung entsprechend § 8 BauNVO und § 1 (5) und (9) BauNVO.
Zulässig sind die in § 8 (2) BauNVO genannten gewerblichen Nutzungen mit Ausnahme von Einzelhandelsbetrieben der Branchen:
- Nahrungs- und Genußmittel
- Drogeriewaren (u.a. Wasch- und Putzmittel, Kosmetika)
- Oberbekleidung, Kürschnerwaren, sonstige Textilwaren, Wolle u.a.
- Schuhe, Leder- und Galanteriewaren
10 
- Sportbekleidung, Sportgeräte
11 
- Haushalts- und Elektrowaren, optische und feinmechanische Geräte, Fotowaren,
12 
- Papier- und Schreibwaren, Bücher, Spielwaren
13 
- Blumen
14 
- Uhren, Schmuck
15 
- Ausnahmsweise sind Einzelhandelsbetriebe für großteilige Sportgeräte und Elektrowaren (sogenannte Weiße Ware) zulässig.
16 
Zentrenrelevante Randsortimente bei ansonsten nichtzentrenrelevanten Einzelhandelsbetrieben (Möbel- Bau und Gartenmärkten u.ä.) sind auf den Bestand beschränkt und bei Neuansiedlung ausgeschlossen.“
17 
Unter 1.3 heißt es in den textlichen Festsetzungen weiter:
18 
„GEe3- Gewerbegebiet mit Einschränkung entsprechend § 8 BauNVO und § 1 (4) BauNVO.
19 
Zulässig sind nur Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören.“
20 
In der Zeichenerklärung zum zeichnerischen Teil heißt es u.a.:
21 
„GEe1,2,3 Gewerbegebiet mit Einschränkung (§ 8 BauNVO i.V. mit § 1 (4), (5) und (9) BauNVO)“
22 
In dem Gutachten „Die Kommunen des Gemeindeverwaltungsverbandes xxx / xxx als Standorte für Lebensmitteleinzelhandel und konsumnahe Dienstleistungen“ der xxx mbH aus dem April 1997, das im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplans „W.-N.“ beauftragt und erstellt worden war, heißt es u.a:
23 
„5.4.2. Sicherung der Versorgung im Ortskern von xxx
24 
Nicht alle Betriebe im Ortskern von xxx werden sich auf Dauer im Wettbewerb behaupten können; hier muss ausdrücklich auf die vorgegebene Kleinflächigkeit der Betriebe und auf gegebene Standortnachteile verwiesen werden. …
25 
Aber auch in xxx wird die Ortskernlage durch Nahversorgungsangebote stabilisiert. Hierzu zählen:
26 
- aus dem Bereich Nahrungs- und Genußmittel:
27 
- Lebensmittel, Reformwaren,
 - Getränke, Spirituosen, Tabak
 - Bäcker, Konditor,
 - Metzger
28 
- aus dem Bereich der Gesundheits- und Körperpflege:
29 
- Drogerie, Parfümerie, Kosmetik
 - Friseur
 - Apotheke
- Blumen, Pflanzen
- Schreib- und Papierwaren, Zeitschriften
30 
Deshalb wurden in xxx bereits entsprechende B-Planfestsetzungen mit Ausschluß von Lebensmittel-Einzelhandel getroffen.
31 
5.4.3 Dezentrale Standorte
32 
Als dezentrale Standorte sind vor allem die Gewerbegebiete zu verstehen, Für diese Standortbereiche sollten in Abstimmung mit dem Sortimentskonzept nur Betriebe mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten zugelassen werden.
33 
34 
6.4 Planvorhaben xxx in xxx
35 
Auch in xxx stehen im Ortskern keine verfügbaren Flächen für die Ansiedlung des xxx-Discounters zur Verfügung. Die noch bedingt zentrumsnahe Ansiedlung des Marktes auf dem Sportplatz könnte unter folgenden Voraussetzungen zu wenig gravierenden Auswirkungen auf den Stadtkern von xxx und die Ortsmitte von xxx führen:
36 
- die ortskernnahe Genehmigung bleibt ein Ausnahmefall, weitere Genehmigungen zentrenrelevanter Sortimente in dezentraler Lage werden nicht angestrebt
37 
- über Bebauungsplanfestsetzungen wird dem Einzelfallcharakter der Genehmigung Rechnung getragen“.
38 
Der Vorschlag dieses Gutachtens zur Unterscheidung nach zentrenrelevanten und nicht zentrenrelevanten Sortimenten in xxx und xxx (S. 92 des Gutachtens) sah u.a. vor, Nahrungs- und Genussmittel, Reformwaren, Fotogeräte, Videogeräte, Fotowaren sowie Elektrowaren/ Unterhaltungselektronik (weißes und braunes Sortiment) als zentrenrelevant zu behandeln. Als nicht zentrenrelevant wurden u.a. Heimcomputer, Herde und Öfen bewertet.
39 
Die Durchführung des Anzeigeverfahrens (§ 11 Abs. 3 BauGB in der Fassung vom 08.12.1986) nach dem Satzungsbeschluss des Gemeinderats wurde am 04.09.1997 ortsüblich bekanntgemacht. Die Bekanntmachung enthielt folgenden Hinweis:
40 
„Jedermann kann ab sofort auf unbegrenzte Zeit den Bebauungsplan und seine Begründung während der Dienststunden (Kernzeit montags bis freitags von 8.00 Uhr - 12.00 Uhr; montags bis mittwochs von 13.30 Uhr - 15.30 Uhr, donnerstags von 14.00 Uhr - 18.30 Uhr) beim Ortsbauamt xxx (Rathaus II, Zimmer 45) einsehen und über ihren Inhalt Auskunft verlangen.“
41 
Die Beigeladene teilte dem Vertreter des Beklagten mit Schreiben vom 17.12.2009 mit, dass das Bauvorhaben hinsichtlich des Warenangebotes den Festsetzungen des Bebauungsplanes widerspreche, Gründe für eine Befreiung nicht ersichtlich seien und deshalb das Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 BauGB nicht erteilt werde.
42 
Das Landratsamt xxx lehnte den Bauantrag mit Bescheid vom 26.03.2010 ab. Der geplante Lebensmittelmarkt verstoße hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung gegen die Festsetzungen unter B 1.2. des Bebauungsplans. Die Voraussetzungen für eine Befreiung lägen nicht vor, weil durch die geplante Nutzung Grundzüge der Planung verletzt würden.
43 
Mit ihrem Widerspruch vom 08.04.2010 machte die Klägerin u.a. geltend, dass der Bebauungsplan „W. - N.“ unwirksam sei. Er verstoße gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Die „Doppelfestsetzung“ „GEe2,3“ sei widersprüchlich. Sie werde im Textteil des Bebauungsplans nicht erläutert. Im Gewerbegebiet GEe2 seien die in § 8 Abs. 2 BauNVO genannten gewerblichen Anlagen mit der Ausnahme von Einzelhandelsbetrieben der aufgezählten innenstadtrelevanten Branchen zulässig. Im Gewerbegebiet GEe3 seien nur Gewerbebetriebe zulässig, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Die in § 8 Abs. 2 BauNVO genannten Nutzungen gehörten gerade nicht dazu, sodass die Festsetzungen in sich widersprüchlich seien. Nach § 34 Abs. 1 BauGB sei das Vorhaben seiner Art nach zulässig. Insbesondere handele es sich um keinen großflächigen Einzelhandelsbetrieb. Auch ansonsten füge sich das Vorhaben ein. Es verstoße auch nicht gegen § 34 Abs. 3 BauGB.
44 
Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch mit Bescheid vom 04.03.2011 zurück. Dem Vorhaben stünden bauplanungsrechtliche Vorschriften entgegen. Gewerbebetriebe für den Lebensmitteleinzelhandel sollte ausweislich der Begründung des Bebauungsplans nur im Gebiet GEe1 zulässig sein. Das kombinierte Gewerbegebiet GEe2, 3 bedeute, dass in diesem Bereich die aufgezählten Einzelhandelsbetriebe nicht zulässig seien und darüber hinaus nur solche Gewerbebetriebe zulässig seien, die das Wohnen nicht wesentlich störten. Eine Befreiung von den Festsetzungen sei hier nicht zulässig.
45 
Bereits am 11.02.2011 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage erhoben, zur Begründung ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft sowie ergänzend geltend gemacht, dass der Bebauungsplan mit seinem Einzelhandelsausschluss unwirksam sei. Es werde insoweit kein hinreichendes Plankonzept verfolgt. Haushalts- und Elektrowaren würden ausgeschlossen, obwohl in der Begründung des Bebauungsplanes angeführt werde, dass Elektrogroßgeräte, Öfen, Herde und Elektroeinbaugeräte nicht zentrenrelevant seien. Für den Ausschluss fehle es daher hier an der erforderlichen städtebaulichen Rechtfertigung. Inkonsistent sei das Planungskonzept auch deshalb, weil das westlich an das Baugrundstück angrenzende Grundstück nicht von den Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung erfasst werde. Daher könnten dort Einzelhandelsbetriebe angesiedelt werden Weiter sei das Planungskonzept inkonsistent, weil im Gewerbegebiet GEe1 Lebensmitteleinzelhandel zugelassen werde. In der Begründung werde das damit gerechtfertigt, dass sich die Ansiedlungsbemühungen für den Lebensmitteleinzelhandel im Ortskern schwierig gestaltet hätten. Die Nahversorgung mit Lebensmitteln sei für die Wohnbebauung zwischen xxx und xxx sowie xxx Straße mangelhaft. Wenn sich Lebensmitteleinzelhandel im Ortskern nicht ansiedeln lasse, fehle es an der Rechtfertigung für den Ausschluss des Lebensmitteleinzelhandels im GEe2. Nach § 34 BauGB sei das Vorhaben aber zulässig. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten, die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
46 
Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Landratsamts xxx vom 26.03.2010 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 04.03.2011 mit Urteil vom 14.11.2012 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, den Bauantrag der Klägerin vom 25.11.2009 entsprechend der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen: Der Beklagte sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Bauvorhaben gegen Vorschriften des Bauplanungsrechts verstoße. Da bauordnungsrechtliche Vorschriften nicht geprüft worden seien, könne die Verpflichtung zur Erteilung der Baugenehmigung aber nicht ergehen.
47 
Die Regelung unter 1.2 des Bebauungsplanes sei jedenfalls wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Nach den Feststellungen der Auswirkungsanalyse für Einzelhandelsnutzungen in xxx, xxx xxx xxx, der xxx vom April 2008 könnten die Ziele des Bebauungsplans mit Hilfe der Festsetzungen in Nr. 1.2 nicht mehr erreicht werden, weil selbst eine umfängliche Einzelhandelsfreigabe keine maßgeblichen Auswirkungen mehr auf den Einzelhandel im Ortszentrum der Beigeladenen habe. Im Jahr 2008 habe im Plangebiet - nämlich im westlichen Teil mit der Festsetzung GEe2 - eine umfängliche Genehmigung von Nutzungsänderungen für den Einzelhandel stattgefunden. Der zur erwartenden Umsatzverteilung habe die Einschätzung zugrunde gelegen, dass der Einkaufsschwerpunkt der Gemeinde schon bislang in dezentraler Lage bestanden habe. Nach Darlegung des Gutachtens sei der historisch gewachsenen Einzelhandelslage, nur noch geringe Bedeutung zugekommen. Das Gutachten sei für 2008 schon zu dem Ergebnis gekommen, dass die Vorhaben - ein Textilmarkt mit 734 m2, ein Fachmarkt für Tiernahrung mit 643 m2, ein Sportbekleidungs- oder Spielwarenfachmarkt mit 693 m2, ein Schuhfachmarkt mit 684 m2 und ein Drogeriemarkt mit 750 m2 keine schädlichen Auswirkungen auf die zentralen Ortskerne von xxx oder xxx habe. Das gelte nach Überzeugung des Gerichts auch für das Vorhaben der Klägerin. Die Funktionslosigkeit von Nr. 1.2. führe hier nur zur Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans. Das Vorhaben füge sich im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB, der zur Anwendung komme, ein. Es liege auch kein Verstoß gegen § 34 Abs. 3 BauGB vor.
48 
Die Beigeladene hat gegen das ihr am 10.12.2012 zugestellte Urteil die Zulassung der Berufung beantragt. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 16.10.2013 zugelassen. Die Berufung ist am 08.11.2013 begründet worden: Der Bauantrag widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans „W. - N.“. Die Festsetzungen zum Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Sortimenten seien nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Von einer Funktionslosigkeit könne nur dann ausgegangen werden, wenn - erstens - die Verhältnisse, auf die sich der Bebauungsplan bezieht, in der tatsächlichen Entwicklungen einen Zustand erreicht hätten, der eine Verwirklichung der Festsetzungen auf unabsehbare Zeit ausschließe und - zweitens - die Erkennbarkeit der Tatsache einen Grad erreicht habe, der einem etwa in die Fortgeltung gesetzten Vertrauens die Schutzwürdigkeit nehme. Das vom Verwaltungsgericht herangezogene Gutachten der xxx aus dem Jahr 2008 habe die Frage zum Gegenstand, ob die Umnutzung eines aufgegebenen Markts schädliche Auswirkungen auf die zentralen Ortskerne von xxx und xxx haben könne. Ihm lasse sich nicht entnehmen, dass eine umfängliche Einzelhandelsfreigabe keine Auswirkungen auf den Einzelhandel im Ortszentrum haben könne. Auch sei anzuzweifeln, dass der Beschränkung der Einzelhandelsnutzung im Bebauungsplan gar keine Funktion mehr zukomme. Im Übrigen habe sie zwischenzeitlich eine Veränderungssperre erlassen und diese auch verlängert.
49 
Die Beigeladene beantragt,
50 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. November 2012 - 2 K 471/11 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
51 
Die Klägerin beantragt,
52 
die Berufung zurückzuweisen.
53 
Die Veränderungssperre könne dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Das Baugesuch sei am 25.03.2010 rechtswidrig abgelehnt und seit dem faktisch zurückgestellt worden. Im Übrigen verteidigt die Klägerin das angegriffene Urteil. Insbesondere sei das Gutachten der xxx aus dem Jahr 2008 zutreffend gewürdigt worden. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihren Vortrag zur anfänglichen Unwirksamkeit des Bebauungsplans. Die Festsetzungen seien nicht hinreichend bestimmt. Es fehle auch an einem für den Ausschluss für Einzelhandelsbetriebene erforderlichen schlüssigen Konzept. Ergänzend sei zu berücksichtigen, dass der Hinweis zum Ort der Bereithaltung des Bebauungsplans in der ortsüblichen Bekanntmachung nicht den gesetzlichen Vorgaben gerecht werde. Es sei für den Adressaten unklar, wo sich das „Rathaus II“ befinde.
54 
Der Beklagte hat sich dem Vortrag der Beigeladenen angeschlossen.
55 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten - einschließlich der Planaufstellungsakten für den Bebauungsplan W.-N. der Beigeladenen, der „Auswirkungsanalyse für Einzelhandelsnutzungen in xxx xxx, xxx“ der xxx xxx xxx xxx xxx mbH aus dem April 2008 sowie der Standortuntersuchung „Die Kommunen des Gemeindeverwaltungsverbandes xxx als Standorte für Ladeneinzelhandel und konsumnahe Dienstleistungen- Fortschreibung und Ergänzung der Markt- und Standortuntersuchung aus den Jahren 1985 (xxx) und 1987/1994 (xxx)“ der xxx xxx xxx xxx xxx xxx mbH aus dem April 1997 - vor. Auf diese wird wegen der weiteren Einzelheiten ebenso verwiesen wie auf die Gerichtsverfahrensakten.

Entscheidungsgründe

 
56 
Die Berufung der Beigeladenen ist zulässig (I.) und begründet (II.).
57 
I. Die Berufung der Beigeladenen ist zulässig. Insbesondere hat die Beigeladene die vom Senat zugelassene Berufung rechtzeitig binnen der Monatsfrist des § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründet. Die Begründung enthält - wie von § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO gefordert - einen Antrag und die Gründe der Anfechtung des Urteils.
58 
Die Beigeladene ist auch berufungsbefugt. Zwar war sie im ersten Rechtszug nicht formell unterlegen, weil sie keinen Antrag gestellt hat. Sie ist durch die Entscheidung jedoch materiell beschwert, was für die Begründung der Berufungsbefugnis ausreichend ist (BVerwG, Urteil vom 14.04.2000 - 4 C 5.99 - BauR 2000, 1312 m.w.N.). Denn sie hatte zu dem Vorhaben ihr - erforderliches - Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 BauGB versagt.
59 
II. Die Berufung der Beigeladenen ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die Beklagte zur erneuten Bescheidung des Bauantrags der Klägerin vom 25.11.2009 verpflichtet. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Neubescheidung ihres Bauantrags. Der ablehnende Bescheid des Landratsamts xxx vom 26.03.2010 in Gestalt des Widerspruchbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 04.03.2011 ist rechtmäßig. Die Klägerin ist durch ihn nicht in eigenen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Die Beigeladene kann eine vollständige Überprüfung des stattgebenden Teils des angegriffenen Urteils beanspruchen, da dieser allein bauplanungsrechtlich begründet ist.
60 
1. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kommt der Klägerin kein Anspruch auf Neubescheidung ihres Bauantrags zu. Dieser bestünde nur dann, wenn dem Vorhaben der Klägerin keine Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegenstünden (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO). Das Entgegenstehen anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften - insbesondere des Bauordnungsrechts - ist schon deshalb nicht zu prüfen, da die Klägerin die teilweise Abweisung ihrer Klage und die - bloße - Verpflichtung zur Neubescheidung durch das Verwaltungsgericht hingenommen hat (vgl. zur Anwendung von § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO bei Klagen auf Erteilung von Baugenehmigungen BVerwG, Beschluss vom 26.03.2014 - 4 B 3.14 - UPR 2014, 313 Rn. 16). Dem Vorhaben der Klägerin stehen jedoch die Festsetzungen des Bebauungsplans „W.-N.“ für das Baugrundstück entgegen.
61 
a) Der Bebauungsplan „W.-N.“ ist entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin und des Verwaltungsgerichts für das Baugrundstück anwendbar. Er ist weder von Anfang an unwirksam (aa)) noch später infolge einer Funktionslosigkeit unwirksam geworden (bb)).
62 
aa) Der Bebauungsplan „W.-N.“ der Beigeladenen vom 28.07.1997 ist ohne beachtlichen Rechtsverstoß erlassen und in Kraft gesetzt worden.
63 
(1) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin steht der Wirksamkeit des Bebauungsplans der Hinweis auf den Ort für die Einsichtnahme in den Bebauungsplan in der ortsüblichen Bekanntmachung nicht entgegen. Vielmehr entspricht dieser Hinweis den gesetzlichen Vorgaben.
64 
(a) Nach § 12 Sätze 2 und 3 BauGB (in der Fassung des Gesetzes vom 08.12.1986, BGBl. I, S. 2191 - BauGB 1987) ist der Bebauungsplan mit der Begründung zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben (Satz 2). In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann (Satz 3). Soweit der mit der Bekanntmachung der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist, handelt es sich nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB 1987 um einen beachtlichen Fehler, der auch nicht nach § 215 Abs. 1 BauGB 1987 unbeachtlich sein kann.
65 
Der Hinweis auf den Ort, „wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann“ im Sinne von § 12 Satz 3 BauGB 1987 (heute: § 10 Abs. 3 Satz 3 BauGB) verlangt die Bezeichnung des Aufbewahrungs- und Einsichtnahmeorts in einer Weise, die es Personen, die Einsicht nehmen wollen, ermöglicht, ihn ohne große Schwierigkeiten zu finden. Der Hinweiszweck wird noch erreicht, wenn jedenfalls eine „Anlaufstelle“ bezeichnet wird oder sich aus der Bekanntmachung ergibt, bei der Interessierte ohne unzumutbare Erschwernisse nähere Auskunft über die Stelle der Einsichtnahme erhalten können, wenn diese Stelle gleichfalls ohne unzumutbare Erschwerungen zu erreichen ist (Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Mai 2015, § 10 BauGB Rn. 123). Die ortsübliche Bekanntmachung hat nicht den Zweck, den am Planinhalt Interessierten jedwede Anstrengung zu ersparen, den Planentwurf ausfindig zu machen. Eigenständige Bemühungen, die den Betroffenen nicht überfordern, dürfen ihm zugemutet werden (vgl. BVerwG; Urteil vom 29.01.2009 - 4 C 16.07 - BVerwGE 133, 98 Rn. 34).
66 
(b) Gemessen an diesen Maßstäben wird der Hinweis in der ortsüblichen Bekanntmachung vom 04.09.1997 den Vorgaben des § 12 Satz 3 BauGB 1987 gerecht. Mit dem Hinweis „Ortsbauamt xxx (Rathaus II, Zimmer 45)“ hat die Beigeladene im Sinne dieser Vorschrift darauf hingewiesen, „wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann“. Denn bei der Beigeladenen - einer Gemeinde mit rund 10.000 Einwohnern - führt der Hinweis auf das „Rathaus II“ verlässlich in die Nähe des Einsichtnahmeorts, nämlich zum Rathaus, dessen Auffinden in xxx einfach und ohne unzumutbare Anstrengungen möglich ist. Das Rathaus befindet sich, wie eine in der Verhandlung mit Hilfe eines Mobilfunkgeräts des Klägervertreters in Augenschein genommene Luftbildaufnahme belegt, in der Ortsmitte der Beigeladenen. Da die Gebäude Rathaus I und Rathaus II in unmittelbarer Nachbarschaft stehen, ist auch sichergestellt, dass die im „Rathaus I“ nachfragende Person, unmittelbar an den richtigen Ort, das „Rathaus II“, weiterverwiesen werden kann. Damit wird den Anforderungen des § 12 Satz 3 BauGB 1987 genügt.
67 
(2) Der Bebauungsplan „W.-N.“ der Beigeladenen vom 28.07.1997 verstößt mit seiner Festsetzung GEe2, 3 nicht gegen das Gebot der hinreichender Bestimmtheit der Gesetze. Ebenso ist die Formulierung „Elektrowaren (sogenannte Weiße Ware)“ in Nr. B I. 1.2 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans hinreichend bestimmt.
68 
(a) Das in Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG sowie in Art. 25 Abs. 2 LV verankerte Rechtsstaatsprinzip begründet das Gebot hinreichender Bestimmtheit der Gesetze. Gesetze sind so zu fassen, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten daran ausrichten können. Welche Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen sind, lässt sich nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt auch von der Eigenart des Regelungsgebietes ab (BVerwG, Urteil vom 26.03.2015 - 7 C 17.12 - NVwZ 2015, 1215 Rn. 29). Für Bebauungspläne - als materielle Gesetze - bedeutet dies, dass die zeichnerischen und die textlichen Festsetzungen aus sich heraus eindeutig und verständlich sein müssen. Die von den Festsetzungen Betroffenen müssen vorhersehen können, welchen Regelungen ihre Grundstücke unterworfen werden und welche Einwirkungen von Nachbargrundstücken zu erwarten sein können (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.01.2014 - 7 A 1066/11 - BauR 2014, 1123).
69 
(b) Diesen Anforderungen wird der Bebauungsplan „W.-N.“ vom 28.07.1997 gerecht. Die Nennung verschiedener tiefergestellter Ziffern meint, dass die in den textlichen Festsetzungen vorgegebenen Modifizierungen nach § 1 Abs. 4, 5 oder 9 BauNVO ergänzend gemeinsam für das betroffene Gebiet Geltung beanspruchen, im Fall des Grundstücks der Klägerin also die Festsetzungen GEe2 und GEe3. Dass eine solche Kombination der verschiedenen textlichen Festsetzungen vom Normgeber gewollt ist, ergibt sich aus Zeichenerklärung des zeichnerischen Teils, wenn dort ganz allgemein der Texteintrag „GEe1,2,3“ und damit gerade die größtmögliche Kombination, erläutert wird. Dies ist auch für den Normadressaten unmittelbar zu erkennen. Entgegen der Auffassung der Klägerin führt die Kombination der Festsetzungen GEe2 und GEe3 nicht zu einer in sich widersprüchlichen und deswegen unbestimmten Regelung. Vielmehr lässt sich der Ausschluss des das Wohnen wesentlich störender Gewerbebetriebe ergänzend zu der Anordnung, dass Gewerbebetriebe nach § 8 Abs. 2 BauNVO mit Ausnahme bestimmter Einzelhandelsbetriebe zulässig sind, lesen und für den - objektiven - Adressaten verstehen.
70 
Auch die Festlegung, nach der die Nutzung durch Einzelhandelsbetriebe der Branche Elektrowaren (sogenannte Weiße Ware) ausnahmsweise zulässig ist, genügt den Anforderungen an die Bestimmtheit. Der Begriff der „Weißen Ware“ knüpft ebenso wie derjenige der „Braunen Ware“ an ihre einst herkömmliche Farbe (Weiß = elektrische Haushaltsgeräte; Furnier = braune Ware als Geräte der Unterhaltungselektronik) an (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 20.04.2009 - 1 KN 79/05 - BauR 2009, 1425). Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung geäußerten Zweifel, ob die Bestimmtheit des Begriffs auch schon 1997 gegeben gewesen sei, sind erkennbar nicht berechtigt, weil auch schon 1997 Geräte der Unterhaltungselektronik so gut wie nicht mehr in Holzfurnierausstattung gefertigt worden sind und die Unterscheidung zwischen Weißer und Brauner Ware also schon zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans einer jahrzehntealten Sprachübung entsprechend erfolgte. Überdies ist durch die angegriffene textliche Festsetzung auch geregelt, dass nur großteilige Sportgeräte und großteilige Elektrogeräte zu den ausnahmsweise zulässigen Einzelhandelsbranchen im Plangebiet gehören.
71 
(3) Der Bebauungsplan „W.-N.“ vom 28.07.1997 verstößt auch nicht gegen § 1 Abs. 3 BauGB 1987, weil es etwa für den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben an einem schlüssigen Konzept fehlte
72 
(a) Gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO in der hier einschlägigen bis zum 20. September 2013 geltenden Fassung kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2, 4 bis 9 und 13 BauNVO allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Nach § 1 Abs. 9 BauNVO kann darüber hinaus im Bebauungsplan, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, bei Anwendung des § 1 Abs. 5 bis Abs. 8 BauNVO festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können. Der von § 1 Abs. 5 BauNVO gestattete Ausschluss bestimmter Nutzungsarten - z. B. von Einzelhandel - in einem - wie hier - festgesetzten Baugebiet ist nur wirksam, wenn er im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich und durch städtebauliche Gründe gerechtfertigt ist. Darüber hinaus können nach § 1 Abs. 9 BauNVO weitergehende Differenzierungen vorgenommen werden. Ziel des § 1 Abs. 9 BauNVO ist es, die allgemeinen Differenzierungsmöglichkeiten der Baugebietstypen nochmals einer „Feingliederung" unterwerfen zu können, falls sich hierfür besondere städtebauliche Gründe ergeben, um die Vielfalt der Nutzungsarten im Plangebiet zu mindern. Die Planungsfreiheit der Gemeinden ist lediglich dadurch begrenzt, dass sich die Differenzierungen auf bestimmte Anlagentypen beziehen müssen, die es in der sozialen und ökonomischen Realität bereits gibt (BVerwG, Beschluss vom 05.06.2014 - 4 BN 8.14 - ZfBR 2014, 574 Rn. 10).
73 
Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB 1987 erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.1971 - 4 C 76.68 - Buchholz 406.11 § 2 BBauG Nr. 7; Beschluss vom 17.05.1995 - 4 NB 30.94 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 82). Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen; der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.08.1995 - 4 NB 21.95 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86). Dem Kriterium der städtebaulichen Rechtfertigung kommt dieselbe Funktion zu wie demjenigen der Planrechtfertigung im Planfeststellungsrecht, nämlich die Planung, die ihre Rechtfertigung nicht in sich selbst trägt, im Hinblick auf die damit verbundenen Rechtseinwirkungen in Einklang mit den gesetzlich zulässigen Planungszielen zu bringen und auf diese Weise grundsätzlich zu rechtfertigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.02.1975 - 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <60> m.w.N.). Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind danach Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind; § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan, der aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt, die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag (BVerwG, Urteil vom 21.03.2002 - 4 CN 14.00 - BVerwGE 116, 144 <146 f.> m.w.N.). In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 BauGB der Bauleitplanung eine erste, strikt bindende Schranke, die allerdings lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt (BVerwG, Urteil vom 27.03.2013 - 4 C 13.11 - BVerwGE 146, 137 Rn. 9 m.w.N.). Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich (BVerwG, Urteil vom 21.03.2002 - 4 CN 14.00 - BVerwGE 116, 144 (147)), das im Hinblick auf gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Die dem Abwägungsgebot unterfallenden Einzelheiten der Planung werden auch dann nicht Teil der städtebaulichen Rechtfertigung im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, wenn der Träger der Bauleitplanung die Erforderlichkeit seiner Planung durch eine Bezugnahme auf ein gemeindliches Planungskonzept begründet, dessen Vorgaben aber nur teilweise umsetzt. Wie sich aus § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB ergibt, sind derartige Planungskonzepte als Belang im Rahmen der planerischen Abwägung - nur - zu berücksichtigen (BVerwG, Urteil vom 27.03.2013 - 4 CN 13.11 - BVerwGE 146, 137 Rn. 11).
74 
Schon weil gemeindliche Planungskonzepte bei der Bauleitplanung nur zu berücksichtigen sind, kann nicht jede Abweichung vom Planungskonzept und auch nicht jede Abweichung von sachverständigen Vorschlägen für ein Konzept dazu führen, dass Festsetzungen nach § 1 Abs. 9 BauNVO wegen „fehlender Konsistenz“ als nicht erforderlich und damit rechtswidrig anzusehen sind. Auch eine nur teilweise Umsetzung ist nicht zu beanstanden, sofern sie geeignet ist, einen Beitrag zur Förderung des Plankonzepts oder -ziels - zu leisten. Davon kann erst dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn die realistische Gefahr besteht, dass die gewählte Umsetzung das Planungskonzept konterkariert (BVerwG, Urteil vom 10.09.2015 - 4 CN 8.14 - juris Rn. 13; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.02.2014 - 2 D 13/14.NE - BauR 2014, 2042, juris Rn. 126). Ebenso fehlen rechtfertigende Gründe, wenn ein Planungskonzept nicht zu erkennen ist und deshalb eine konzeptionslose, einen städtebaulichen Missgriff darstellende Planung vorliegt (vgl. Senatsurteil vom 01.08.2013 - 8 S 2965/11 - VBlBW 2014, 65).
75 
(b) Gemessen an diesen Maßstäben kann der Planung der Beigeladenen die städtebauliche Rechtfertigung weder deswegen abgesprochen werden, weil - wie die Klägerin vorträgt - Haushalts- und Elektrowaren im Gebiet GEe2 als Branchen ausgeschlossen seien, während in der Begründung des Bebauungsplans Elektrogroßgeräte, Öfen, Herde und Elektroeinbaugeräte den nicht zentrenrelevanten Sortimenten zugeordnet seien, noch weil in dem Bereich des alten Sportplatzes im Gewerbegebiet GEe1 Lebensmitteleinzelhandel ausdrücklich zugelassen ist.
76 
(aa) Selbst wenn auch vereinzelte nicht-zentrenrelevante Sortimente im Plangebiet ausgeschlossen wären, führte dies nicht zu einer nicht mehr städtebaulich gerechtfertigten Planung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB 1987. Denn wenn die Bauleitplanung einem Konzept in Randbereichen nicht - vollständig - folgt, führt dies weder zu einer Gefährdung des Planungsziels - hier des Zentrenschutzes -, noch erweist sie sich als städtebaulicher Missgriff. Denn der erfolgte Ausschluss von Nutzungsmöglichkeiten für den Einzelhandel leistet jedenfalls einen Beitrag zur Förderung des Plankonzepts, was zur städtebaulichen Rechtfertigung ausreicht.
77 
Im Übrigen lassen die textlichen Festsetzungen unter B. I. 1.2 Einzelhandelsbetriebe für großteilige Elektrogeräte in Anwendung von § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO als Ausnahme zu. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass diese ausnahmsweise Zulassung, die nach der Begründung erfolge, weil das Bebauungsplangebiet vorrangig dem produzierenden Gewerbe vorbehalten werden solle, in dieser Form rechtlich nicht haltbar sei, weil es keine hinreichende Analyse der Bedarfslage für Flächen für das produzierende Gewerbe gebe, führt dies nicht auf die Unwirksamkeit der Festsetzung. Allein das Ziel „der nachhaltigen Stärkung des zentralen xxx xxx Gemeindebereichs in der Hauptgeschäftslage“ rechtfertigt die Regelung, ohne dass es darauf ankäme, ob die weiteren Erwägungen die Regelung ebenfalls rechtfertigten.
78 
(bb) Die Zulassung von Lebensmitteleinzelhandel im Gebiet im Gebiet GEe1 führt ebenfalls nicht zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans „W.-N.“. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist diese Festsetzung kein Beleg für das Vorliegen einer konzeptionslosen Planung. Vielmehr handelt es sich bei den planerischen Festsetzungen um eine konsequente Umsetzung der insoweit eindeutigen und nachvollziehbaren Aussage der xxx Analyse aus dem April 1997, die gerade zu dem Ergebnis kommt, dass im Ortskern keine verfügbaren Flächen für die Ansiedlung eines xxx-Discounters zur Verfügung stünden und die bedingt zentrumsnahe Ansiedlung des Markes auf dem Sportplatz unter den Bedingungen, dass dies die Ausnahme bleibe und diese Ausnahme auch planungsrechtlich abgesichert werde zu wenig gravierenden Auswirkungen auf die Ortsmitte von xxx führen könne. Das Planungskonzept wird durch diese Festsetzung daher gerade nicht konterkariert.
79 
bb) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Bebauungsplan „W.-N.“ auch nicht funktionslos geworden.
80 
(1) Eine bauplanerische Festsetzung tritt nur dann außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient (BVerwG, Urteile vom 03.12.1998 - 4 CN 3.9 - BVerwGE 108, 71 und vom 18.11.2004 - 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207 sowie auch Beschluss vom 22.07.2013 - 7 BN 1.13 - NVwZ 2013, 1547 Rn. 6).
81 
(2) Gemessen an diesen, auch vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten, Maßstäben lässt sich eine Funktionslosigkeit des Bebauungsplans W.-N. im Bereich des Baugrundstücks nicht feststellen.
82 
Es ist bereits nicht möglich, dass eine nicht veröffentlichte und nicht allgemein zugängliche Studie unmittelbar zu der Feststellung führt, dass die Verwirklichung einer Festsetzung in offensichtlicher Weise auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen ist und ein in die Fortgeltung gesetztes Vertrauen eines Normunterworfenen keinen Schutz mehr verdient. Denn ein nicht jedermann zugängliches Dokument kann nicht zu einem - für jeden Normunterworfenen - offensichtlichen Zustand führen. Weiter geht es hier nicht um die Verwirklichung der Festsetzung - weitgehender Einzelhandelsausschluss -, diese ist vielmehr offensichtlich weiter verwirklichbar, sondern um die Frage, ob das damit verfolgte Ziel noch erreichbar ist. Dies steht der Annahme einer Funktionslosigkeit des Bebauungsplans ebenfalls entgegen.
83 
Schließlich gibt die vom Verwaltungsgericht herangezogene Auswirkungsanalyse aus dem April 2008 den Schluss auf eine Funktionslosigkeit des Einzelhandelsausschlusses auch inhaltlich nicht her. Es kann aus ihr nicht unmittelbar darauf geschlossen werden, dass der Schutz der Funktion des Ortskerns nicht mehr notwendig oder möglich wäre.
84 
Die Aussagen der Analyse, dass die Ansiedlung eines Fachmarkts für Drogeriewaren, eines Fachmarkts für Spielwaren und Babybedarf, eine Vergrößerung/Auslagerung eines Modecenters und eine Verlagerung eines Schuhfachmarkts keine schädlichen Auswirkungen auf den Ortskern der Beigeladenen haben werde, vermögen es nicht zu rechtfertigen, davon auszugehen, dass mit einem Einzelhandelsausschluss in Bebauungsplänen das Ziel der Stärkung der Versorgung im Ortskern nicht mehr erreicht werden könnte.
85 
Die weiteren vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erwägungen tragen den Schluss auf die fehlende Schutzfähigkeit oder -notwendigkeit ebenfalls nicht. Insbesondere der Umstand, dass im Ortskern mit „xxx xxx“ noch ein Lebensmitteldiscounter angesiedelt ist, belegen sogar das Gegenteil.
86 
b) Da auf dem Baugrundstück Einzelhandelsbetriebe mit einem Sortiment aus dem Bereich „Nahrungs- und Genussmittel“ mithin nicht zulässig sind, ist das Vorhaben der Klägerin planungsrechtlich unzulässig. Eine Befreiung kommt nicht in Betracht. Die Grundzüge der Planung werden durch das Vorhaben offensichtlich berührt, § 31 Abs. 2 BauGB, da Ziel des Bebauungsplans gerade der Einzelhandelsausschluss ist.
87 
c) Auf die von den Beteiligten angesprochenen Fragen der Veränderungssperre und der Bedeutung des Wasserrechts für das Vorhaben kommt es daher nicht an
88 
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene vor dem Verwaltungsgericht keinen Antrag gestellt und das Verfahren auch ansonsten nicht wesentlich gefördert hat, entspricht es billigem Ermessen, ihre Kosten für das erstinstanzliche Verfahren nicht für erstattungsfähig zu erklären. Als Rechtsmittelführerin ist sie hingegen im Berufungsverfahren ein Kostenrisiko eingegangen, § 155 Abs. 3 VwGO, so dass ihre Kosten insoweit für erstattungsfähig zu erklären waren.
89 
3. Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
90 
B e s c h l u s s
vom 23. Oktober 2015
91 
Der Streitwert wird auf 90.000,-- EUR festgesetzt.
92 
Gründe
93 
Die Streitwertfestsetzung erfolgt in Anwendung der §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG und orientiert sich an der Festsetzung im erstinstanzlichen Verfahren. Von dem dortigen Streitwert waren ¾ für das Berufungsverfahren anzusetzen, nachdem hier allein der Anspruch auf Neubescheidung verfahrensgegenständlich ist.
94 
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
56 
Die Berufung der Beigeladenen ist zulässig (I.) und begründet (II.).
57 
I. Die Berufung der Beigeladenen ist zulässig. Insbesondere hat die Beigeladene die vom Senat zugelassene Berufung rechtzeitig binnen der Monatsfrist des § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründet. Die Begründung enthält - wie von § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO gefordert - einen Antrag und die Gründe der Anfechtung des Urteils.
58 
Die Beigeladene ist auch berufungsbefugt. Zwar war sie im ersten Rechtszug nicht formell unterlegen, weil sie keinen Antrag gestellt hat. Sie ist durch die Entscheidung jedoch materiell beschwert, was für die Begründung der Berufungsbefugnis ausreichend ist (BVerwG, Urteil vom 14.04.2000 - 4 C 5.99 - BauR 2000, 1312 m.w.N.). Denn sie hatte zu dem Vorhaben ihr - erforderliches - Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 BauGB versagt.
59 
II. Die Berufung der Beigeladenen ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die Beklagte zur erneuten Bescheidung des Bauantrags der Klägerin vom 25.11.2009 verpflichtet. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Neubescheidung ihres Bauantrags. Der ablehnende Bescheid des Landratsamts xxx vom 26.03.2010 in Gestalt des Widerspruchbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 04.03.2011 ist rechtmäßig. Die Klägerin ist durch ihn nicht in eigenen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Die Beigeladene kann eine vollständige Überprüfung des stattgebenden Teils des angegriffenen Urteils beanspruchen, da dieser allein bauplanungsrechtlich begründet ist.
60 
1. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kommt der Klägerin kein Anspruch auf Neubescheidung ihres Bauantrags zu. Dieser bestünde nur dann, wenn dem Vorhaben der Klägerin keine Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegenstünden (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO). Das Entgegenstehen anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften - insbesondere des Bauordnungsrechts - ist schon deshalb nicht zu prüfen, da die Klägerin die teilweise Abweisung ihrer Klage und die - bloße - Verpflichtung zur Neubescheidung durch das Verwaltungsgericht hingenommen hat (vgl. zur Anwendung von § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO bei Klagen auf Erteilung von Baugenehmigungen BVerwG, Beschluss vom 26.03.2014 - 4 B 3.14 - UPR 2014, 313 Rn. 16). Dem Vorhaben der Klägerin stehen jedoch die Festsetzungen des Bebauungsplans „W.-N.“ für das Baugrundstück entgegen.
61 
a) Der Bebauungsplan „W.-N.“ ist entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin und des Verwaltungsgerichts für das Baugrundstück anwendbar. Er ist weder von Anfang an unwirksam (aa)) noch später infolge einer Funktionslosigkeit unwirksam geworden (bb)).
62 
aa) Der Bebauungsplan „W.-N.“ der Beigeladenen vom 28.07.1997 ist ohne beachtlichen Rechtsverstoß erlassen und in Kraft gesetzt worden.
63 
(1) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin steht der Wirksamkeit des Bebauungsplans der Hinweis auf den Ort für die Einsichtnahme in den Bebauungsplan in der ortsüblichen Bekanntmachung nicht entgegen. Vielmehr entspricht dieser Hinweis den gesetzlichen Vorgaben.
64 
(a) Nach § 12 Sätze 2 und 3 BauGB (in der Fassung des Gesetzes vom 08.12.1986, BGBl. I, S. 2191 - BauGB 1987) ist der Bebauungsplan mit der Begründung zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben (Satz 2). In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann (Satz 3). Soweit der mit der Bekanntmachung der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist, handelt es sich nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB 1987 um einen beachtlichen Fehler, der auch nicht nach § 215 Abs. 1 BauGB 1987 unbeachtlich sein kann.
65 
Der Hinweis auf den Ort, „wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann“ im Sinne von § 12 Satz 3 BauGB 1987 (heute: § 10 Abs. 3 Satz 3 BauGB) verlangt die Bezeichnung des Aufbewahrungs- und Einsichtnahmeorts in einer Weise, die es Personen, die Einsicht nehmen wollen, ermöglicht, ihn ohne große Schwierigkeiten zu finden. Der Hinweiszweck wird noch erreicht, wenn jedenfalls eine „Anlaufstelle“ bezeichnet wird oder sich aus der Bekanntmachung ergibt, bei der Interessierte ohne unzumutbare Erschwernisse nähere Auskunft über die Stelle der Einsichtnahme erhalten können, wenn diese Stelle gleichfalls ohne unzumutbare Erschwerungen zu erreichen ist (Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Mai 2015, § 10 BauGB Rn. 123). Die ortsübliche Bekanntmachung hat nicht den Zweck, den am Planinhalt Interessierten jedwede Anstrengung zu ersparen, den Planentwurf ausfindig zu machen. Eigenständige Bemühungen, die den Betroffenen nicht überfordern, dürfen ihm zugemutet werden (vgl. BVerwG; Urteil vom 29.01.2009 - 4 C 16.07 - BVerwGE 133, 98 Rn. 34).
66 
(b) Gemessen an diesen Maßstäben wird der Hinweis in der ortsüblichen Bekanntmachung vom 04.09.1997 den Vorgaben des § 12 Satz 3 BauGB 1987 gerecht. Mit dem Hinweis „Ortsbauamt xxx (Rathaus II, Zimmer 45)“ hat die Beigeladene im Sinne dieser Vorschrift darauf hingewiesen, „wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann“. Denn bei der Beigeladenen - einer Gemeinde mit rund 10.000 Einwohnern - führt der Hinweis auf das „Rathaus II“ verlässlich in die Nähe des Einsichtnahmeorts, nämlich zum Rathaus, dessen Auffinden in xxx einfach und ohne unzumutbare Anstrengungen möglich ist. Das Rathaus befindet sich, wie eine in der Verhandlung mit Hilfe eines Mobilfunkgeräts des Klägervertreters in Augenschein genommene Luftbildaufnahme belegt, in der Ortsmitte der Beigeladenen. Da die Gebäude Rathaus I und Rathaus II in unmittelbarer Nachbarschaft stehen, ist auch sichergestellt, dass die im „Rathaus I“ nachfragende Person, unmittelbar an den richtigen Ort, das „Rathaus II“, weiterverwiesen werden kann. Damit wird den Anforderungen des § 12 Satz 3 BauGB 1987 genügt.
67 
(2) Der Bebauungsplan „W.-N.“ der Beigeladenen vom 28.07.1997 verstößt mit seiner Festsetzung GEe2, 3 nicht gegen das Gebot der hinreichender Bestimmtheit der Gesetze. Ebenso ist die Formulierung „Elektrowaren (sogenannte Weiße Ware)“ in Nr. B I. 1.2 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans hinreichend bestimmt.
68 
(a) Das in Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG sowie in Art. 25 Abs. 2 LV verankerte Rechtsstaatsprinzip begründet das Gebot hinreichender Bestimmtheit der Gesetze. Gesetze sind so zu fassen, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten daran ausrichten können. Welche Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen sind, lässt sich nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt auch von der Eigenart des Regelungsgebietes ab (BVerwG, Urteil vom 26.03.2015 - 7 C 17.12 - NVwZ 2015, 1215 Rn. 29). Für Bebauungspläne - als materielle Gesetze - bedeutet dies, dass die zeichnerischen und die textlichen Festsetzungen aus sich heraus eindeutig und verständlich sein müssen. Die von den Festsetzungen Betroffenen müssen vorhersehen können, welchen Regelungen ihre Grundstücke unterworfen werden und welche Einwirkungen von Nachbargrundstücken zu erwarten sein können (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.01.2014 - 7 A 1066/11 - BauR 2014, 1123).
69 
(b) Diesen Anforderungen wird der Bebauungsplan „W.-N.“ vom 28.07.1997 gerecht. Die Nennung verschiedener tiefergestellter Ziffern meint, dass die in den textlichen Festsetzungen vorgegebenen Modifizierungen nach § 1 Abs. 4, 5 oder 9 BauNVO ergänzend gemeinsam für das betroffene Gebiet Geltung beanspruchen, im Fall des Grundstücks der Klägerin also die Festsetzungen GEe2 und GEe3. Dass eine solche Kombination der verschiedenen textlichen Festsetzungen vom Normgeber gewollt ist, ergibt sich aus Zeichenerklärung des zeichnerischen Teils, wenn dort ganz allgemein der Texteintrag „GEe1,2,3“ und damit gerade die größtmögliche Kombination, erläutert wird. Dies ist auch für den Normadressaten unmittelbar zu erkennen. Entgegen der Auffassung der Klägerin führt die Kombination der Festsetzungen GEe2 und GEe3 nicht zu einer in sich widersprüchlichen und deswegen unbestimmten Regelung. Vielmehr lässt sich der Ausschluss des das Wohnen wesentlich störender Gewerbebetriebe ergänzend zu der Anordnung, dass Gewerbebetriebe nach § 8 Abs. 2 BauNVO mit Ausnahme bestimmter Einzelhandelsbetriebe zulässig sind, lesen und für den - objektiven - Adressaten verstehen.
70 
Auch die Festlegung, nach der die Nutzung durch Einzelhandelsbetriebe der Branche Elektrowaren (sogenannte Weiße Ware) ausnahmsweise zulässig ist, genügt den Anforderungen an die Bestimmtheit. Der Begriff der „Weißen Ware“ knüpft ebenso wie derjenige der „Braunen Ware“ an ihre einst herkömmliche Farbe (Weiß = elektrische Haushaltsgeräte; Furnier = braune Ware als Geräte der Unterhaltungselektronik) an (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 20.04.2009 - 1 KN 79/05 - BauR 2009, 1425). Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung geäußerten Zweifel, ob die Bestimmtheit des Begriffs auch schon 1997 gegeben gewesen sei, sind erkennbar nicht berechtigt, weil auch schon 1997 Geräte der Unterhaltungselektronik so gut wie nicht mehr in Holzfurnierausstattung gefertigt worden sind und die Unterscheidung zwischen Weißer und Brauner Ware also schon zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans einer jahrzehntealten Sprachübung entsprechend erfolgte. Überdies ist durch die angegriffene textliche Festsetzung auch geregelt, dass nur großteilige Sportgeräte und großteilige Elektrogeräte zu den ausnahmsweise zulässigen Einzelhandelsbranchen im Plangebiet gehören.
71 
(3) Der Bebauungsplan „W.-N.“ vom 28.07.1997 verstößt auch nicht gegen § 1 Abs. 3 BauGB 1987, weil es etwa für den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben an einem schlüssigen Konzept fehlte
72 
(a) Gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO in der hier einschlägigen bis zum 20. September 2013 geltenden Fassung kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2, 4 bis 9 und 13 BauNVO allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Nach § 1 Abs. 9 BauNVO kann darüber hinaus im Bebauungsplan, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, bei Anwendung des § 1 Abs. 5 bis Abs. 8 BauNVO festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können. Der von § 1 Abs. 5 BauNVO gestattete Ausschluss bestimmter Nutzungsarten - z. B. von Einzelhandel - in einem - wie hier - festgesetzten Baugebiet ist nur wirksam, wenn er im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich und durch städtebauliche Gründe gerechtfertigt ist. Darüber hinaus können nach § 1 Abs. 9 BauNVO weitergehende Differenzierungen vorgenommen werden. Ziel des § 1 Abs. 9 BauNVO ist es, die allgemeinen Differenzierungsmöglichkeiten der Baugebietstypen nochmals einer „Feingliederung" unterwerfen zu können, falls sich hierfür besondere städtebauliche Gründe ergeben, um die Vielfalt der Nutzungsarten im Plangebiet zu mindern. Die Planungsfreiheit der Gemeinden ist lediglich dadurch begrenzt, dass sich die Differenzierungen auf bestimmte Anlagentypen beziehen müssen, die es in der sozialen und ökonomischen Realität bereits gibt (BVerwG, Beschluss vom 05.06.2014 - 4 BN 8.14 - ZfBR 2014, 574 Rn. 10).
73 
Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB 1987 erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.1971 - 4 C 76.68 - Buchholz 406.11 § 2 BBauG Nr. 7; Beschluss vom 17.05.1995 - 4 NB 30.94 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 82). Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen; der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.08.1995 - 4 NB 21.95 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86). Dem Kriterium der städtebaulichen Rechtfertigung kommt dieselbe Funktion zu wie demjenigen der Planrechtfertigung im Planfeststellungsrecht, nämlich die Planung, die ihre Rechtfertigung nicht in sich selbst trägt, im Hinblick auf die damit verbundenen Rechtseinwirkungen in Einklang mit den gesetzlich zulässigen Planungszielen zu bringen und auf diese Weise grundsätzlich zu rechtfertigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.02.1975 - 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <60> m.w.N.). Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind danach Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind; § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan, der aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt, die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag (BVerwG, Urteil vom 21.03.2002 - 4 CN 14.00 - BVerwGE 116, 144 <146 f.> m.w.N.). In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 BauGB der Bauleitplanung eine erste, strikt bindende Schranke, die allerdings lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt (BVerwG, Urteil vom 27.03.2013 - 4 C 13.11 - BVerwGE 146, 137 Rn. 9 m.w.N.). Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich (BVerwG, Urteil vom 21.03.2002 - 4 CN 14.00 - BVerwGE 116, 144 (147)), das im Hinblick auf gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Die dem Abwägungsgebot unterfallenden Einzelheiten der Planung werden auch dann nicht Teil der städtebaulichen Rechtfertigung im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, wenn der Träger der Bauleitplanung die Erforderlichkeit seiner Planung durch eine Bezugnahme auf ein gemeindliches Planungskonzept begründet, dessen Vorgaben aber nur teilweise umsetzt. Wie sich aus § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB ergibt, sind derartige Planungskonzepte als Belang im Rahmen der planerischen Abwägung - nur - zu berücksichtigen (BVerwG, Urteil vom 27.03.2013 - 4 CN 13.11 - BVerwGE 146, 137 Rn. 11).
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Schon weil gemeindliche Planungskonzepte bei der Bauleitplanung nur zu berücksichtigen sind, kann nicht jede Abweichung vom Planungskonzept und auch nicht jede Abweichung von sachverständigen Vorschlägen für ein Konzept dazu führen, dass Festsetzungen nach § 1 Abs. 9 BauNVO wegen „fehlender Konsistenz“ als nicht erforderlich und damit rechtswidrig anzusehen sind. Auch eine nur teilweise Umsetzung ist nicht zu beanstanden, sofern sie geeignet ist, einen Beitrag zur Förderung des Plankonzepts oder -ziels - zu leisten. Davon kann erst dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn die realistische Gefahr besteht, dass die gewählte Umsetzung das Planungskonzept konterkariert (BVerwG, Urteil vom 10.09.2015 - 4 CN 8.14 - juris Rn. 13; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.02.2014 - 2 D 13/14.NE - BauR 2014, 2042, juris Rn. 126). Ebenso fehlen rechtfertigende Gründe, wenn ein Planungskonzept nicht zu erkennen ist und deshalb eine konzeptionslose, einen städtebaulichen Missgriff darstellende Planung vorliegt (vgl. Senatsurteil vom 01.08.2013 - 8 S 2965/11 - VBlBW 2014, 65).
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(b) Gemessen an diesen Maßstäben kann der Planung der Beigeladenen die städtebauliche Rechtfertigung weder deswegen abgesprochen werden, weil - wie die Klägerin vorträgt - Haushalts- und Elektrowaren im Gebiet GEe2 als Branchen ausgeschlossen seien, während in der Begründung des Bebauungsplans Elektrogroßgeräte, Öfen, Herde und Elektroeinbaugeräte den nicht zentrenrelevanten Sortimenten zugeordnet seien, noch weil in dem Bereich des alten Sportplatzes im Gewerbegebiet GEe1 Lebensmitteleinzelhandel ausdrücklich zugelassen ist.
76 
(aa) Selbst wenn auch vereinzelte nicht-zentrenrelevante Sortimente im Plangebiet ausgeschlossen wären, führte dies nicht zu einer nicht mehr städtebaulich gerechtfertigten Planung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB 1987. Denn wenn die Bauleitplanung einem Konzept in Randbereichen nicht - vollständig - folgt, führt dies weder zu einer Gefährdung des Planungsziels - hier des Zentrenschutzes -, noch erweist sie sich als städtebaulicher Missgriff. Denn der erfolgte Ausschluss von Nutzungsmöglichkeiten für den Einzelhandel leistet jedenfalls einen Beitrag zur Förderung des Plankonzepts, was zur städtebaulichen Rechtfertigung ausreicht.
77 
Im Übrigen lassen die textlichen Festsetzungen unter B. I. 1.2 Einzelhandelsbetriebe für großteilige Elektrogeräte in Anwendung von § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO als Ausnahme zu. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass diese ausnahmsweise Zulassung, die nach der Begründung erfolge, weil das Bebauungsplangebiet vorrangig dem produzierenden Gewerbe vorbehalten werden solle, in dieser Form rechtlich nicht haltbar sei, weil es keine hinreichende Analyse der Bedarfslage für Flächen für das produzierende Gewerbe gebe, führt dies nicht auf die Unwirksamkeit der Festsetzung. Allein das Ziel „der nachhaltigen Stärkung des zentralen xxx xxx Gemeindebereichs in der Hauptgeschäftslage“ rechtfertigt die Regelung, ohne dass es darauf ankäme, ob die weiteren Erwägungen die Regelung ebenfalls rechtfertigten.
78 
(bb) Die Zulassung von Lebensmitteleinzelhandel im Gebiet im Gebiet GEe1 führt ebenfalls nicht zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans „W.-N.“. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist diese Festsetzung kein Beleg für das Vorliegen einer konzeptionslosen Planung. Vielmehr handelt es sich bei den planerischen Festsetzungen um eine konsequente Umsetzung der insoweit eindeutigen und nachvollziehbaren Aussage der xxx Analyse aus dem April 1997, die gerade zu dem Ergebnis kommt, dass im Ortskern keine verfügbaren Flächen für die Ansiedlung eines xxx-Discounters zur Verfügung stünden und die bedingt zentrumsnahe Ansiedlung des Markes auf dem Sportplatz unter den Bedingungen, dass dies die Ausnahme bleibe und diese Ausnahme auch planungsrechtlich abgesichert werde zu wenig gravierenden Auswirkungen auf die Ortsmitte von xxx führen könne. Das Planungskonzept wird durch diese Festsetzung daher gerade nicht konterkariert.
79 
bb) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Bebauungsplan „W.-N.“ auch nicht funktionslos geworden.
80 
(1) Eine bauplanerische Festsetzung tritt nur dann außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient (BVerwG, Urteile vom 03.12.1998 - 4 CN 3.9 - BVerwGE 108, 71 und vom 18.11.2004 - 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207 sowie auch Beschluss vom 22.07.2013 - 7 BN 1.13 - NVwZ 2013, 1547 Rn. 6).
81 
(2) Gemessen an diesen, auch vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten, Maßstäben lässt sich eine Funktionslosigkeit des Bebauungsplans W.-N. im Bereich des Baugrundstücks nicht feststellen.
82 
Es ist bereits nicht möglich, dass eine nicht veröffentlichte und nicht allgemein zugängliche Studie unmittelbar zu der Feststellung führt, dass die Verwirklichung einer Festsetzung in offensichtlicher Weise auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen ist und ein in die Fortgeltung gesetztes Vertrauen eines Normunterworfenen keinen Schutz mehr verdient. Denn ein nicht jedermann zugängliches Dokument kann nicht zu einem - für jeden Normunterworfenen - offensichtlichen Zustand führen. Weiter geht es hier nicht um die Verwirklichung der Festsetzung - weitgehender Einzelhandelsausschluss -, diese ist vielmehr offensichtlich weiter verwirklichbar, sondern um die Frage, ob das damit verfolgte Ziel noch erreichbar ist. Dies steht der Annahme einer Funktionslosigkeit des Bebauungsplans ebenfalls entgegen.
83 
Schließlich gibt die vom Verwaltungsgericht herangezogene Auswirkungsanalyse aus dem April 2008 den Schluss auf eine Funktionslosigkeit des Einzelhandelsausschlusses auch inhaltlich nicht her. Es kann aus ihr nicht unmittelbar darauf geschlossen werden, dass der Schutz der Funktion des Ortskerns nicht mehr notwendig oder möglich wäre.
84 
Die Aussagen der Analyse, dass die Ansiedlung eines Fachmarkts für Drogeriewaren, eines Fachmarkts für Spielwaren und Babybedarf, eine Vergrößerung/Auslagerung eines Modecenters und eine Verlagerung eines Schuhfachmarkts keine schädlichen Auswirkungen auf den Ortskern der Beigeladenen haben werde, vermögen es nicht zu rechtfertigen, davon auszugehen, dass mit einem Einzelhandelsausschluss in Bebauungsplänen das Ziel der Stärkung der Versorgung im Ortskern nicht mehr erreicht werden könnte.
85 
Die weiteren vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erwägungen tragen den Schluss auf die fehlende Schutzfähigkeit oder -notwendigkeit ebenfalls nicht. Insbesondere der Umstand, dass im Ortskern mit „xxx xxx“ noch ein Lebensmitteldiscounter angesiedelt ist, belegen sogar das Gegenteil.
86 
b) Da auf dem Baugrundstück Einzelhandelsbetriebe mit einem Sortiment aus dem Bereich „Nahrungs- und Genussmittel“ mithin nicht zulässig sind, ist das Vorhaben der Klägerin planungsrechtlich unzulässig. Eine Befreiung kommt nicht in Betracht. Die Grundzüge der Planung werden durch das Vorhaben offensichtlich berührt, § 31 Abs. 2 BauGB, da Ziel des Bebauungsplans gerade der Einzelhandelsausschluss ist.
87 
c) Auf die von den Beteiligten angesprochenen Fragen der Veränderungssperre und der Bedeutung des Wasserrechts für das Vorhaben kommt es daher nicht an
88 
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene vor dem Verwaltungsgericht keinen Antrag gestellt und das Verfahren auch ansonsten nicht wesentlich gefördert hat, entspricht es billigem Ermessen, ihre Kosten für das erstinstanzliche Verfahren nicht für erstattungsfähig zu erklären. Als Rechtsmittelführerin ist sie hingegen im Berufungsverfahren ein Kostenrisiko eingegangen, § 155 Abs. 3 VwGO, so dass ihre Kosten insoweit für erstattungsfähig zu erklären waren.
89 
3. Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
90 
B e s c h l u s s
vom 23. Oktober 2015
91 
Der Streitwert wird auf 90.000,-- EUR festgesetzt.
92 
Gründe
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Die Streitwertfestsetzung erfolgt in Anwendung der §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG und orientiert sich an der Festsetzung im erstinstanzlichen Verfahren. Von dem dortigen Streitwert waren ¾ für das Berufungsverfahren anzusetzen, nachdem hier allein der Anspruch auf Neubescheidung verfahrensgegenständlich ist.
94 
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Tenor

Der Bebauungsplan „Östliche Steinzeugstraße“ der Stadt Bretten vom 20. September 2011 wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan „Östliche Steinzeugstraße“ der Antragsgegnerin, der Einzelhandel und einzelhandelsnahe Dienstleistungen im Plangebiet ausschließt.
Das ca. 8,3 ha große Plangebiet wird begrenzt durch die Steinzeugstraße im Norden, die B 35/293 (Alexanderplatz) im Süden und Osten sowie im Westen durch den Verbindungsweg zwischen Frontalstraße und Steinzeugstraße in nördlicher Verlängerung der Bannzaunstraße, ein von Nordwesten nach Südosten verlaufendes Teilstück der Frontalstraße und eine Verbindungslinie zur B 35 entlang der nordwestlichen Grenzen der Flurstücke Nrn. 4202 und 4207/2 und der südwestlichen Grenze des Flurstücks 4207/3. Das Plangebiet ist im östlichen Bereich durch den Altstandort eines bis 1997 betriebenen Steinzeugwerks geprägt, der die Grundstücke Flst.-Nrn. 2740 und 4174 umfasst. Diese mit Fabrikhallen bebauten Grundstücke sind zusammen ca. 26.000 m² groß und stehen im Eigentum der Antragstellerin. Südlich an diese Gewerbebrache schließen sich bis zur B 35 Villengrundstücke an; östlich grenzt ein weiteres Grundstück an, das gewerblich genutzt wird. Im westlichen Teil des Plangebiets - westlich und südwestlich der in einem Bogen verlaufenden Frontalstraße – befindet sich aufgelockerte, vorwiegend zweigeschossige Wohnbebauung. Nördlich der Steinzeugstraße liegt der Einzelhandelsstandort „Diedelsheimer Höhe“ mit einem Einkaufszentrum ohne Sortimentsbeschränkung sowie großflächigen Einzelhandelsbetrieben für nicht „innenstadtrelevante“ Sortimente.
Der angefochtene Bebauungsplan enthält für das Plangebiet allein folgende Festsetzung:
„Im gesamten Plangebiet sind Einzelhandels- und einzelhandelsnahe Dienstleistungsnutzungen jeglicher Art ausgeschlossen.
Alle anderen bauplanungsrechtlichen Fragestellungen hinsichtlich der Art und des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche sowie der Erschließung etc. beurteilen sich nach § 34 BauGB.“
Der Aufstellungsbeschluss für diesen auf § 9 Abs. 2a BauGB gestützten Plan wurde am 03.11.2009 nach einem Bauantrag der Antragstellerin für einen großflächigen Lebensmittelvollsortimenter mit ca. 3.800 m² Verkaufsfläche auf dem Gelände des ehemaligen Steinzeugwerks gefasst; gleichzeitig wurde eine Veränderungssperre beschlossen. Zunächst war vorgesehen, Einzelhandel mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten auszuschließen; nach Ausarbeitung eines Einzelhandelskonzepts (Gutachten Dr. A... vom 11.03.2011) und seiner Billigung durch den Gemeinderat (im Folgenden: Einzelhandelskonzept) wurde der Ausschluss auf jeglichen Einzelhandel und einzelhandelsnahe Dienstleistungsnutzungen erstreckt. Ein entsprechender Plan-entwurf wurde vom 06.06.2011 bis zum 06.07.2011 öffentlich ausgelegt; dagegen erhob die Antragstellerin unter dem 15.06.2011 Einwendungen.
Nach Befassung mit den eingereichten Stellungnahmen beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin den Plan in der ausgelegten Entwurfsfassung am 20.09.2011 als Satzung. Das Plangebiet solle entsprechend seiner Prägung den nach § 34 BauGB zulässigen Nutzungen dienen; zur Erhaltung und Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche und im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung würden Einzelhandels- und einzelhandelsnahe Dienstleistungsnutzungen jeglicher Art im Plangebiet ausgeschlossen. Damit solle einer schleichenden Ausdehnung des nicht integrierten Einzelhandelsstandorts „Diedelsheimer Höhe“ zu Lasten des zentralen Versorgungsbereichs entgegengewirkt werden.
Der Plan wurde nach Ausfertigung im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 28.09.2011 bekannt gemacht.
Am 24.09.2012 hat die Antragstellerin das Normenkontrollverfahren eingeleitet. Bereits mit Schriftsätzen vom 20.12.2011 und vom 31.03.2012 hatte sie im Verwaltungsstreitverfahren vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe über ihre gegen die Antragsgegnerin gerichtete Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung für einen Lebensmittelmarkt auf ihren Grundstücken im Plangebiet die Unwirksamkeit des Bebauungsplans geltend gemacht. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat diese Auffassung im Ergebnis mit Urteil vom 12.09.2012 - 7 K 1780/10 - bestätigt. Der Bebauungsplan sei unwirksam, weil es an der städtebaulichen Erforderlichkeit des vollständigen Einzelhandelsaus-schlusses fehle und der festgesetzte Ausschluss einzelhandelsnaher Dienstleistungsnutzungen mangels Bestimmtheit unwirksam sei.
10 
Die Antragstellerin führt zur Begründung ihres Normenkontrollantrags weiter aus, der Ausschluss einzelhandelsnaher Dienstleistungsnutzungen sei deshalb nicht hinreichend bestimmt, weil dieser Begriff nicht definiert werde. Der Plan verweise in seiner Begründung zwar auf das städtebauliche Entwicklungskonzept. Dieses sei aber nicht Gegenstand der Festsetzungen des Bebauungsplans und der Begründung geworden und könne deshalb nicht zur Auslegung des Bebauungsplans herangezogen werden. Selbst wenn es herangezogen werden könne, ergebe sich auch daraus nicht, welche Nutzungen einzelhandelsnah seien. Es bezeichne zwar einzelne Nutzungen wie z.B. Reinigung, Friseur, Reisebüro, Kosmetikstudio als einzelhandelsnah, nenne aber keine Kriterien zur Abgrenzung. Unklar sei etwa, ob Schuh- und Schlüsseldienste, Gastronomiebetriebe, Fast-Food-Restaurants oder Finanzdienstleistungen zu den einzelhandelsnahen Dienstleistungsnutzungen zu rechnen seien.
11 
Der Bebauungsplan sei auch nicht durch § 9 Abs. 2a BauGB gedeckt. Das städtebauliche Konzept sei methodisch fehlerhaft; der Ausschluss jeglichen Einzelhandels gehe zu weit. Die Ansiedlung von Einzelhandel mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche führe nicht zu einer Gefährdung dieser Bereiche und werde im Einzelhandelskonzept auch nicht empfohlen. Er lasse sich auch nicht mit der Behauptung rechtfertigen, es solle eine räumliche Abgrenzung des Einzelhandelsstandorts Diedelsheimer Höhe nach Süden und Südwesten angestrebt werden, um einer schleichenden Ausdehnung dieses Standorts zulasten der Entwicklung des zentralen Versorgungsbereichs entgegenzuwirken. Im Übrigen betreibe die Antragsgegnerin hier nur eine unzulässige Verhinderungsplanung, um das Vorhaben der Antragstellerin auszuschließen.
12 
Die Antragstellerin beantragt,
13 
den Bebauungsplan „Östliche Steinzeugstraße“ der Stadt Bretten vom 20.09.2011 für unwirksam zu erklären.
14 
Die Antragsgegnerin beantragt,
15 
den Antrag abzuweisen.
16 
Sie vertritt die Auffassung, der vollständige Ausschluss von Einzelhandel stelle keine unzulässige Negativplanung dar. Er sei auch städtebaulich erforderlich. Wenn wie hier ein Gesamtkonzept vorliege, das die Einzelhandelsentwicklung im gesamten Stadtgebiet nachvollziehbar und widerspruchsfrei ordne, bedürfe es jedenfalls auf der Ebene eines Bebauungsplans, der dieses Einzelhandelskonzept für einen bestimmten Bereich umsetzen solle, keiner weiteren Differenzierung unter dem Gesichtspunkt der Zentreneignung mehr. Der Plangeber habe als hauptsächliches Hindernis für die angestrebte Stärkung der Einzelhandels- und Funktionsvielfalt im zentralen Versorgungsbereich von Bretten das umfangreiche Einzelhandelsangebot in nicht integrierter Lage auf der Diedelsheimer Höhe identifiziert. Daher habe er sich zum vorrangigen Ziel gemacht, die weitere räumliche Ausdehnung dieses nicht integrierten Standorts zu stoppen und insbesondere auf den angrenzenden Flächen die Ansiedlung von Einzelhandel auszuschließen. Zu einer Steigerung der Attraktivität der Diedelsheimer Höhe führten aber nicht nur Einzelhandelsnutzungen mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten im Plangebiet, sondern auch und gerade sonstige Einzelhandelsangebote.
17 
Auch der Ausschluss einzelhandelsnaher Dienstleistungen sei wirksam; die Festsetzung sei hinreichend bestimmt. Solche Dienstleistungsbetriebe seien, wie es in der Begründung des Plans heiße, Frequenzbringer, die aufgrund dieser Funktion auch ausgeschlossen worden seien. Der Begriff der Dienstleistungen erfahre eine zusätzliche Konkretisierung durch die Hinzufügung des Adjektivs „einzelhandelsnah“. Es müsse also neben der Dienstleistung in einem mehr als nur unwesentlichen Umfang auch Handel getrieben werden. Das sei bei den im Einzelhandelsentwicklungskonzept insoweit beispielhaft angesprochenen Betrieben des Friseurgewerbes, einer Reinigung, eines Reisebüros oder eines Kosmetikstudios fraglos der Fall. Gleiches dürfte auch etwa für Schuh- und Schlüsseldienste gelten, während etwa Gastronomiebetriebe, Versicherungs- und Finanzierungsdienstleistungen oder Arztpraxen mit Handel nichts oder so wenig zu tun hätten, dass die Umschreibung einzelhandelsnah ersichtlich nicht mehr passe. Denn unter Einzelhandel könnten nach allgemeiner Lesart nur solche Handelsunternehmen gefasst werden, die Waren verschiedener Hersteller beschafften, zu einem Sortiment zusammenfügten und an nicht gewerbliche Kunden, also Verbraucher bzw. Letztverwender, verkauften. Das sei aber auch dann der Fall, wenn gewerbliche Dienstleistungsunternehmen wie in den vorstehend aufgeführten Beispielsfällen einzelne auf die angebotenen Dienstleistungen abgestimmte Waren anböten. Die Konkretisierung des Nutzungsbegriffs einzelhandelsnahe Dienstleistung könne deshalb im Einzelfall keine zur Annahme der Unbestimmtheit führenden Schwierigkeiten bereiten.
18 
Dem Senat liegen die Verfahrensakten zum angefochtenen Bebauungsplan sowie die Akten zum Bauantrag der Antragstellerin und die Akten des VG Karlsruhe 7 K 1780/10 vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
19 
Der Antrag ist zulässig. Die Antragstellerin hat den Normenkontrollantrag innerhalb der Jahresfrist nach Bekanntmachung des Plans gestellt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Da sie sich als Eigentümerin im Plangebiet gelegener Grundstücke gegen eine bauplanerische Festsetzung wendet, die unmittelbar ihre Grundstücke betrifft, ist sie mit Blick auf eine mögliche Eigentumsverletzung antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Sie hat im Rahmen der öffentlichen Auslegung Einwendungen gegen die Planung erhoben, die sie jetzt weiterverfolgt, so dass § 47 Abs. 2a VwGO der Zulässigkeit ihres Antrags nicht entgegensteht.
II.
20 
Der Antrag ist auch begründet. Der festgesetzte Ausschluss „einzelhandelsnaher Dienstleistungsnutzungen“ ist nicht hinreichend bestimmt. Dies führt zur Gesamtunwirksamkeit des Plans.
21 
Die Festsetzungen in einem Bebauungsplan müssen hinreichend klar zum Ausdruck bringen, welche Regelung mit welchem Inhalt normative Geltung beansprucht. Denn der Bebauungsplan enthält die rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BauGB) und bestimmt Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Der Bebauungsplan bildet andererseits die Grundlage für weitere zum Vollzug des Baugesetzbuchs erforderliche Maßnahmen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 BauGB). Daher können die einen Bauherrn treffenden Verpflichtungen auch erst im Baugenehmigungsverfahren näher konkretisiert werden. Die Festsetzungen eines Bebauungsplans sind nicht schon dann zu unbestimmt, wenn sich deren Inhalt erst durch Auslegung erschließt (BVerwG, Beschluss vom 09.02.2011 - 4 BN 43.10 -, BauR 2011, 1118). Textliche Festsetzungen in einem Bebauungsplan können auch mit Hilfe von unbestimmten Rechtsbegriffen getroffen werden, wenn der Norminhalt durch die anerkannten Auslegungsmethoden zweifelsfrei ermittelt werden kann (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.05.2012 - 8 S 1739/10 -, BauR 2012, 1761 m. w. N. zur Begriffsfolge „Verkauf von Rand- und Ergänzungssortimenten“ durch einen Hofladen ohne eine dem Bebauungsplan beigefügte Sortimentsliste, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 21.12.2012 - 4 BN 32.12 -, BauR 2013, 561). Bundesrecht verlangt nicht, dass das Ergebnis der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe in den textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans durch dessen Begründung gestützt wird. Ob es einer Präzisierung durch Rückgriff auf sogenannte Sortimentslisten bedarf, hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere von der Art der jeweiligen Festsetzung ab. Entscheidend ist, ob sich der Inhalt der Festsetzung beim Planvollzug verlässlich bestimmen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.2012 - 4 BN 32.12 -, a. a. O.).
22 
Nach diesen Maßgaben schadet es zwar nicht, dass die Antragsgegnerin mit dem Begriff der einzelhandelsnahen Dienstleistungen einen unbestimmten Rechtsbegriff verwendet hat. Sein Inhalt lässt sich hier aber auch nicht im Wege der Auslegung verlässlich ermitteln.
23 
Der Begriff der Dienstleistung ist weit. Im Planungsrecht ist er nicht gebräuchlich; nach dem BGB werden Dienste jeder Art erfasst (vgl. § 611 Abs. 2 BGB). Welche Einschränkung dieser weite Begriff der Dienstleistung durch den Zusatz „einzelhandelsnah“ erfahren soll, lässt sich hier weder nach dem Wortlaut (dazu a) noch dem systematischen Kontext der Festsetzung (dazu b) noch nach Begründung und Zweck der Planung (dazu c) eindeutig feststellen.
24 
a) Weder der Begriff einzelhandelsnah noch das Begriffspaar einzelhandelsnahe Dienstleistung sind im allgemeinen Sprachgebrauch verankert. Die Zusammensetzung des Worts aus Einzelhandel und nah lässt mehrere Deutungen zu. Sie kann eher im räumlichen Sinne verstanden werden, nämlich dass es sich um eine Dienstleistung handelt, die typischerweise bei oder in der Nähe von Einzelhandel angeboten wird. In diese Richtung geht das in der von der Antragsgegnerin vorgelegten Stellungnahme von Dr. A... vom 30.07.2013 angeführte Merkmal, dass die einzelhandelsnahe Dienstleistung „üblicherweise in den Einzelhandelszonen der Innenstädte (überwiegend im EG)“ angeboten werde. Dieses Merkmal allein macht den Begriff jedoch nicht bestimmbar, weil die Angebote in Innenstädten einen typischen Kern haben mögen, aber doch von Stadt zu Stadt, insbesondere abhängig von ihrer Größe, erheblich variieren können. Abgesehen davon lässt sich dieses Merkmal hier auch schwerlich damit in Einklang bringen, dass der gleichzeitig festgesetzte Einzelhandelsausschluss gerade nicht nur innenstadtrelevanten, sondern sämtlichen Einzelhandel erfasst.
25 
Einzelhandelsnah kann auch eher inhaltlich verstanden werden in dem Sinne, dass eine Dienstleistung mit einem Warenverkaufsangebot gekoppelt wird. In diese Richtung weisen sowohl die Ausführungen der Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung als auch die weiteren Ausführungen in der Stellungnahme von Dr. A... vom 30.07.2013. Auch dieses Verständnis führt hier aber nicht zu einer eindeutigen Bestimmbarkeit, welche Nutzungen als einzelhandelsnahe Dienstleistungen ausgeschlossen sein sollen. Denn es bleibt unklar, in welchem Umfang die Dienstleistung mit Warenverkauf verbunden sein muss, um einzelhandelsnah zu sein. Der Definitionsvorschlag von Dr. A...-..., wonach „Einzelhandel, also der Verkauf von Waren an Endverbraucher, als erkennbarer und erwarteter Service neben der eigentlichen Dienstleistung angeboten“ werden muss, bringt - abgesehen davon, dass er nach Satzungsbeschluss erfolgt ist und deshalb zur Auslegung nicht herangezogen werden kann - insoweit keine Klärung. Gleiches gilt für die Ausführungen in der Antragserwiderung, die die unklaren Konturen des Begriffs eher belegen: Während sie Gastronomiebetriebe ausdrücklich nicht zu den einzelhandelsnahen Dienstleistungen zählen, werden diese im Einzelhandelskonzept als Beispiele für einzelhandelsnahe Dienstleistungen angeführt (vgl. S. 88).
26 
b) Auch der Blick auf den systematischen Kontext des Begriffs der einzelhandelsnahen Dienstleistung führt nicht weiter. Der weitere Text der einzigen Festsetzung des Plans, dass einzelhandelsnahe Dienstleistungen „jeglicher Art“ ausgeschlossen sein sollen, spricht zwar für einen möglichst weit gehenden Ausschluss, lässt aber keinerlei Rückschlüsse auf die Bedeutung des Begriffs „einzelhandelsnah“ zu. Auch die Tatsache, dass es sich bei der Festsetzung um eine solche nach § 9 Abs. 2a BauGB handelt, hilft bei der Auslegung nicht. Die Formulierung des Gesetzes, dass festgesetzt werden kann, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind, lehnt sich an die Regelungen in § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO an (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drucks. 16/2496, S. 11). Es können also sowohl die in den Baugebietskatalogen der BauNVO aufgelisteten Nutzungsarten als auch Unterarten hiervon ausgeschlossen werden (vgl. dazu Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautz-berger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 9 Rn. 183). Die Baunutzungsverordnung verwendet den Begriff der Dienstleistung und damit auch denjenigen der einzelhandelsnahen Dienstleistung jedoch nicht. Dienstleistungsbetriebe gehören bei gewerblicher Dienstleistung (vgl. § 6 GewO) zu den Gewerbebetrieben im Sinne der BauNVO (vgl. dazu Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand: 2014, § 8 BauNVO Rn. 22); freiberuflich und freiberufsähnlich Tätige können Dienstleistungen in Gebäuden und Räumen für freie Berufe nach § 13 BauNVO anbieten. Hinweise darauf, welche Dienstleistungsbetriebe als einzelhandelsnah anzusehen sind, ergeben sich daraus nicht.
27 
c) In der Planbegründung werden einzelhandelsnahe Dienstleistungsbetriebe zwar erwähnt. Ein Abgrenzungskriterium ist der Begründung aber nicht zu entnehmen. Dort heißt es, auch einzelhandelsnahe Dienstleistungsbetriebe würden aufgrund ihrer Funktion als Frequenzbringer ausgeschlossen; Ziel und Zweck der Planung sei es, im Zuge des Schutzes der zentralen Versorgungsbereiche der Stadt Bretten und der Stärkung bzw. Wiederbelebung der Brettener Innenstadt, insbesondere auch durch Einzelhandel und einzelhandelsnahe Dienstleistungen, den nördlich an das Plangebiet angrenzenden Einzelhandelsstandort „Diedelsheimer Höhe“ nach Süden und Südwesten klar abzugrenzen, um seiner schleichenden Ausdehnung zulasten der Entwicklung des zentralen Versorgungsbereichs entgegenzuwirken. Mit diesen Ausführungen wird zwar der Zweck der Planung benannt, nämlich der Schutz der zentralen Versorgungsbereiche und die Wiederbelebung der Brettener Innenstadt. Ihnen kann aber nicht entnommen werden, welcher Inhalt dem Zusatz „einzelhandelsnah“ zukommen soll. Dienstleistungsbetriebe zeichnen sich dadurch aus, dass Kunden die Dienste in Anspruch nehmen; insofern dürfte sich für Betriebe jeder (Unter-)Art vertreten lassen, sie seien Frequenzbringer und würden bei Ansiedlung in der Brettener Innenstadt zu deren Wiederbelebung beitragen. Für die Auslegung des Begriffs „einzelhandelsnaher Dienstleistungen“ gibt die Planbegründung daher nichts her.
28 
Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Einzelhandelskonzepts, auf das die Planbegründung für die Definition der zentralen Versorgungsbereiche verweist. Denn in diesem Konzept wird der Begriff der einzelhandelsnahen Dienstleistung nicht einheitlich verwendet. An einer Stelle werden „Bankdienstleistungen und […] medizinische Dienstleistungen (z. B. Allgemein- und Fachärzte, Physiotherapeuten)“ neben „einzelhandelsnahe Ladendienstleister (z. B. Reinigung, Friseur und Reisebüro)“ gestellt (vgl. S. 49; s. auch S. 52: „sonstige einzelhandelsnahe Dienstleistungen“ wie „Friseur, Kosmetikstudio etc.“). An anderer Stelle dagegen werden Bank- und Arztleistungen zu den einzelhandelsnahen Dienstleistungen gerechnet. So wird bei der Beschreibung des Einzelhandelsangebots in Diedelsheim von einer funktionalen Ergänzung „durch einzelhandelsnahe Dienstleistungen (u. a. Gastronomie, Bank, Arzt)“ gesprochen (S. 87 f.). Passend zu dieser Unschärfe gibt es bei den graphischen Darstellungen der Dienstleistungsangebote in der Innenstadt und den einzelnen Stadtteilen die Rubrik „einzelhandelsnahe Dienstleistungen“ nicht, sondern nur „einzelhandelsnahe und sonstige Dienstleistungen“ (S. 51, 87 ff.).
29 
d) Die Unbestimmtheit des Begriffs der einzelhandelsnahen Dienstleistungsnutzungen führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans insgesamt.
30 
Die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, dann nicht zu dessen Unwirksamkeit führen, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen - für sich betrachtet - noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte, gilt auch im vorliegenden Fall, in dem eine - die einzige - Festsetzung des Bebauungsplans zwei Nutzungs(unter)arten ausschließen soll, nämlich Einzelhandel einerseits und einzelhandelsnahe Dienstleistungsnutzungen andererseits (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 18.02.2009 - 4 B 54.08 -, BauR 2009, 1102). Danach kann von einer Teilunwirksamkeit des Plans und damit einem Fortbestand allein des Ausschlusses jeglichen Einzelhandels nicht ausgegangen werden. Denn es liegt keinerlei auch nur konkludente Willensäußerung des Gemeinderats der Antragsgegnerin im Planungsverfahren vor, der der Senat entnehmen könnte, dass sie bei Kenntnis der Unbestimmtheit den Ausschluss entsprechend beschränkt hätte.
31 
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass der Senat die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in seinem Urteil vom 12.09.2012 - 7 K 1780/10 -, zur fehlenden städtebaulichen Erforderlichkeit des vollständigen Einzelhandelsausschlusses, nicht ohne weiteres teilt. § 9 Abs. 2a BauGB ermöglicht der Gemeinde, Einzelhandelsbetriebe im unbeplanten Innenbereich zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche auszuschließen. Dabei kann der Ausschluss nach § 9 Abs. 2a BauGB ebenso wie ein solcher nach § 1 Abs. 5 BauNVO (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26.03.2009 - 4 C 21.07 -, BVerwGE 133, 310) sämtlichen Einzelhandel erfassen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drucks. 16/2496, S. 11; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.2012 - 3 S 1191/10 -, VBlBW 2013, 297). Voraussetzung ist, dass dies zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche erforderlich ist; die Spezialregelung in § 9 Abs. 2a BauGB entspricht insoweit dem allgemeinen Gebot der Erforderlichkeit nach der Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, die bei allgemeinen Bebauungsplänen mit von der Gemeinde selbst entwickelten städtebaulichen Zielen gilt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.2012 - 3 S 1191/10 -, a. a. O.). Der Ausschluss bedarf daher einer städtebaulichen Begründung, die sich aus der jeweiligen konkreten Planungssituation ergeben muss und die den Ausschluss in nachvollziehbarer Weise rechtfertigt (BVerwG, Beschluss vom 06.08.2013 - 4 BN 8.13 -, BauR 2013, 1991). Auch die Erwägung, jeglicher Einzelhandel im Plangebiet stärke die Attraktivität eines unmittelbar benachbarten, nicht integrierten Einzelhandelsstandorts und wirke sich wegen der dort vorhandenen zentrenrelevanten Sortimente ungünstig auf die Entwicklung des zentralen Versorgungsbereichs aus, kann auf der Grundlage eines nachvollziehbaren Einzelhandelskonzepts einen vollständigen Einzelhandelsausschluss im Plangebiet begründen. Ob diese Voraussetzungen für einen vollständigen Einzelhandelsausschluss hier vorliegen, hat der Senat nicht mehr zu entscheiden. Sollte dies zu bejahen sein, bedürfte es dann jedenfalls, anders als wohl das Verwaltungsgericht meint, keiner weiteren Untersuchungen oder Erfahrungswerte mehr zur Begründung des Ausschlusses. Denn die Ermächtigung in § 9 Abs. 2a BauGB zu planerischen Festsetzungen knüpft - anders als § 34 Abs. 3 BauGB - gerade nicht daran an, dass schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche zu besorgen sind (BVerwG, Beschluss vom 15.05.2013 - 4 BN 1.13 -, ZfBR 2013, 573). Vielmehr genügt es, dass der festgesetzte Einzelhandelsausschluss geeignet ist, das städtebauliche Ziel der Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche zu fördern; hier geht es nicht um punktuelle Abwehr konkreter Gefahren, sondern um planerische Lenkung und eine längerfristige Beeinflussung der Entwicklung (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 27.03.2013 - 4 C 13.11 -, BVerwGE 146, 137).
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
33 
Beschluss vom 22. Oktober 2014
34 
Der Streitwert wird für das Normenkontrollverfahren endgültig auf EUR 20.000,-- festgesetzt (vgl. § 52 Abs. 1 GKG).
35 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
19 
Der Antrag ist zulässig. Die Antragstellerin hat den Normenkontrollantrag innerhalb der Jahresfrist nach Bekanntmachung des Plans gestellt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Da sie sich als Eigentümerin im Plangebiet gelegener Grundstücke gegen eine bauplanerische Festsetzung wendet, die unmittelbar ihre Grundstücke betrifft, ist sie mit Blick auf eine mögliche Eigentumsverletzung antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Sie hat im Rahmen der öffentlichen Auslegung Einwendungen gegen die Planung erhoben, die sie jetzt weiterverfolgt, so dass § 47 Abs. 2a VwGO der Zulässigkeit ihres Antrags nicht entgegensteht.
II.
20 
Der Antrag ist auch begründet. Der festgesetzte Ausschluss „einzelhandelsnaher Dienstleistungsnutzungen“ ist nicht hinreichend bestimmt. Dies führt zur Gesamtunwirksamkeit des Plans.
21 
Die Festsetzungen in einem Bebauungsplan müssen hinreichend klar zum Ausdruck bringen, welche Regelung mit welchem Inhalt normative Geltung beansprucht. Denn der Bebauungsplan enthält die rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BauGB) und bestimmt Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Der Bebauungsplan bildet andererseits die Grundlage für weitere zum Vollzug des Baugesetzbuchs erforderliche Maßnahmen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 BauGB). Daher können die einen Bauherrn treffenden Verpflichtungen auch erst im Baugenehmigungsverfahren näher konkretisiert werden. Die Festsetzungen eines Bebauungsplans sind nicht schon dann zu unbestimmt, wenn sich deren Inhalt erst durch Auslegung erschließt (BVerwG, Beschluss vom 09.02.2011 - 4 BN 43.10 -, BauR 2011, 1118). Textliche Festsetzungen in einem Bebauungsplan können auch mit Hilfe von unbestimmten Rechtsbegriffen getroffen werden, wenn der Norminhalt durch die anerkannten Auslegungsmethoden zweifelsfrei ermittelt werden kann (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.05.2012 - 8 S 1739/10 -, BauR 2012, 1761 m. w. N. zur Begriffsfolge „Verkauf von Rand- und Ergänzungssortimenten“ durch einen Hofladen ohne eine dem Bebauungsplan beigefügte Sortimentsliste, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 21.12.2012 - 4 BN 32.12 -, BauR 2013, 561). Bundesrecht verlangt nicht, dass das Ergebnis der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe in den textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans durch dessen Begründung gestützt wird. Ob es einer Präzisierung durch Rückgriff auf sogenannte Sortimentslisten bedarf, hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere von der Art der jeweiligen Festsetzung ab. Entscheidend ist, ob sich der Inhalt der Festsetzung beim Planvollzug verlässlich bestimmen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.2012 - 4 BN 32.12 -, a. a. O.).
22 
Nach diesen Maßgaben schadet es zwar nicht, dass die Antragsgegnerin mit dem Begriff der einzelhandelsnahen Dienstleistungen einen unbestimmten Rechtsbegriff verwendet hat. Sein Inhalt lässt sich hier aber auch nicht im Wege der Auslegung verlässlich ermitteln.
23 
Der Begriff der Dienstleistung ist weit. Im Planungsrecht ist er nicht gebräuchlich; nach dem BGB werden Dienste jeder Art erfasst (vgl. § 611 Abs. 2 BGB). Welche Einschränkung dieser weite Begriff der Dienstleistung durch den Zusatz „einzelhandelsnah“ erfahren soll, lässt sich hier weder nach dem Wortlaut (dazu a) noch dem systematischen Kontext der Festsetzung (dazu b) noch nach Begründung und Zweck der Planung (dazu c) eindeutig feststellen.
24 
a) Weder der Begriff einzelhandelsnah noch das Begriffspaar einzelhandelsnahe Dienstleistung sind im allgemeinen Sprachgebrauch verankert. Die Zusammensetzung des Worts aus Einzelhandel und nah lässt mehrere Deutungen zu. Sie kann eher im räumlichen Sinne verstanden werden, nämlich dass es sich um eine Dienstleistung handelt, die typischerweise bei oder in der Nähe von Einzelhandel angeboten wird. In diese Richtung geht das in der von der Antragsgegnerin vorgelegten Stellungnahme von Dr. A... vom 30.07.2013 angeführte Merkmal, dass die einzelhandelsnahe Dienstleistung „üblicherweise in den Einzelhandelszonen der Innenstädte (überwiegend im EG)“ angeboten werde. Dieses Merkmal allein macht den Begriff jedoch nicht bestimmbar, weil die Angebote in Innenstädten einen typischen Kern haben mögen, aber doch von Stadt zu Stadt, insbesondere abhängig von ihrer Größe, erheblich variieren können. Abgesehen davon lässt sich dieses Merkmal hier auch schwerlich damit in Einklang bringen, dass der gleichzeitig festgesetzte Einzelhandelsausschluss gerade nicht nur innenstadtrelevanten, sondern sämtlichen Einzelhandel erfasst.
25 
Einzelhandelsnah kann auch eher inhaltlich verstanden werden in dem Sinne, dass eine Dienstleistung mit einem Warenverkaufsangebot gekoppelt wird. In diese Richtung weisen sowohl die Ausführungen der Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung als auch die weiteren Ausführungen in der Stellungnahme von Dr. A... vom 30.07.2013. Auch dieses Verständnis führt hier aber nicht zu einer eindeutigen Bestimmbarkeit, welche Nutzungen als einzelhandelsnahe Dienstleistungen ausgeschlossen sein sollen. Denn es bleibt unklar, in welchem Umfang die Dienstleistung mit Warenverkauf verbunden sein muss, um einzelhandelsnah zu sein. Der Definitionsvorschlag von Dr. A...-..., wonach „Einzelhandel, also der Verkauf von Waren an Endverbraucher, als erkennbarer und erwarteter Service neben der eigentlichen Dienstleistung angeboten“ werden muss, bringt - abgesehen davon, dass er nach Satzungsbeschluss erfolgt ist und deshalb zur Auslegung nicht herangezogen werden kann - insoweit keine Klärung. Gleiches gilt für die Ausführungen in der Antragserwiderung, die die unklaren Konturen des Begriffs eher belegen: Während sie Gastronomiebetriebe ausdrücklich nicht zu den einzelhandelsnahen Dienstleistungen zählen, werden diese im Einzelhandelskonzept als Beispiele für einzelhandelsnahe Dienstleistungen angeführt (vgl. S. 88).
26 
b) Auch der Blick auf den systematischen Kontext des Begriffs der einzelhandelsnahen Dienstleistung führt nicht weiter. Der weitere Text der einzigen Festsetzung des Plans, dass einzelhandelsnahe Dienstleistungen „jeglicher Art“ ausgeschlossen sein sollen, spricht zwar für einen möglichst weit gehenden Ausschluss, lässt aber keinerlei Rückschlüsse auf die Bedeutung des Begriffs „einzelhandelsnah“ zu. Auch die Tatsache, dass es sich bei der Festsetzung um eine solche nach § 9 Abs. 2a BauGB handelt, hilft bei der Auslegung nicht. Die Formulierung des Gesetzes, dass festgesetzt werden kann, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind, lehnt sich an die Regelungen in § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO an (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drucks. 16/2496, S. 11). Es können also sowohl die in den Baugebietskatalogen der BauNVO aufgelisteten Nutzungsarten als auch Unterarten hiervon ausgeschlossen werden (vgl. dazu Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautz-berger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 9 Rn. 183). Die Baunutzungsverordnung verwendet den Begriff der Dienstleistung und damit auch denjenigen der einzelhandelsnahen Dienstleistung jedoch nicht. Dienstleistungsbetriebe gehören bei gewerblicher Dienstleistung (vgl. § 6 GewO) zu den Gewerbebetrieben im Sinne der BauNVO (vgl. dazu Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand: 2014, § 8 BauNVO Rn. 22); freiberuflich und freiberufsähnlich Tätige können Dienstleistungen in Gebäuden und Räumen für freie Berufe nach § 13 BauNVO anbieten. Hinweise darauf, welche Dienstleistungsbetriebe als einzelhandelsnah anzusehen sind, ergeben sich daraus nicht.
27 
c) In der Planbegründung werden einzelhandelsnahe Dienstleistungsbetriebe zwar erwähnt. Ein Abgrenzungskriterium ist der Begründung aber nicht zu entnehmen. Dort heißt es, auch einzelhandelsnahe Dienstleistungsbetriebe würden aufgrund ihrer Funktion als Frequenzbringer ausgeschlossen; Ziel und Zweck der Planung sei es, im Zuge des Schutzes der zentralen Versorgungsbereiche der Stadt Bretten und der Stärkung bzw. Wiederbelebung der Brettener Innenstadt, insbesondere auch durch Einzelhandel und einzelhandelsnahe Dienstleistungen, den nördlich an das Plangebiet angrenzenden Einzelhandelsstandort „Diedelsheimer Höhe“ nach Süden und Südwesten klar abzugrenzen, um seiner schleichenden Ausdehnung zulasten der Entwicklung des zentralen Versorgungsbereichs entgegenzuwirken. Mit diesen Ausführungen wird zwar der Zweck der Planung benannt, nämlich der Schutz der zentralen Versorgungsbereiche und die Wiederbelebung der Brettener Innenstadt. Ihnen kann aber nicht entnommen werden, welcher Inhalt dem Zusatz „einzelhandelsnah“ zukommen soll. Dienstleistungsbetriebe zeichnen sich dadurch aus, dass Kunden die Dienste in Anspruch nehmen; insofern dürfte sich für Betriebe jeder (Unter-)Art vertreten lassen, sie seien Frequenzbringer und würden bei Ansiedlung in der Brettener Innenstadt zu deren Wiederbelebung beitragen. Für die Auslegung des Begriffs „einzelhandelsnaher Dienstleistungen“ gibt die Planbegründung daher nichts her.
28 
Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Einzelhandelskonzepts, auf das die Planbegründung für die Definition der zentralen Versorgungsbereiche verweist. Denn in diesem Konzept wird der Begriff der einzelhandelsnahen Dienstleistung nicht einheitlich verwendet. An einer Stelle werden „Bankdienstleistungen und […] medizinische Dienstleistungen (z. B. Allgemein- und Fachärzte, Physiotherapeuten)“ neben „einzelhandelsnahe Ladendienstleister (z. B. Reinigung, Friseur und Reisebüro)“ gestellt (vgl. S. 49; s. auch S. 52: „sonstige einzelhandelsnahe Dienstleistungen“ wie „Friseur, Kosmetikstudio etc.“). An anderer Stelle dagegen werden Bank- und Arztleistungen zu den einzelhandelsnahen Dienstleistungen gerechnet. So wird bei der Beschreibung des Einzelhandelsangebots in Diedelsheim von einer funktionalen Ergänzung „durch einzelhandelsnahe Dienstleistungen (u. a. Gastronomie, Bank, Arzt)“ gesprochen (S. 87 f.). Passend zu dieser Unschärfe gibt es bei den graphischen Darstellungen der Dienstleistungsangebote in der Innenstadt und den einzelnen Stadtteilen die Rubrik „einzelhandelsnahe Dienstleistungen“ nicht, sondern nur „einzelhandelsnahe und sonstige Dienstleistungen“ (S. 51, 87 ff.).
29 
d) Die Unbestimmtheit des Begriffs der einzelhandelsnahen Dienstleistungsnutzungen führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans insgesamt.
30 
Die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, dann nicht zu dessen Unwirksamkeit führen, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen - für sich betrachtet - noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte, gilt auch im vorliegenden Fall, in dem eine - die einzige - Festsetzung des Bebauungsplans zwei Nutzungs(unter)arten ausschließen soll, nämlich Einzelhandel einerseits und einzelhandelsnahe Dienstleistungsnutzungen andererseits (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 18.02.2009 - 4 B 54.08 -, BauR 2009, 1102). Danach kann von einer Teilunwirksamkeit des Plans und damit einem Fortbestand allein des Ausschlusses jeglichen Einzelhandels nicht ausgegangen werden. Denn es liegt keinerlei auch nur konkludente Willensäußerung des Gemeinderats der Antragsgegnerin im Planungsverfahren vor, der der Senat entnehmen könnte, dass sie bei Kenntnis der Unbestimmtheit den Ausschluss entsprechend beschränkt hätte.
31 
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass der Senat die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in seinem Urteil vom 12.09.2012 - 7 K 1780/10 -, zur fehlenden städtebaulichen Erforderlichkeit des vollständigen Einzelhandelsausschlusses, nicht ohne weiteres teilt. § 9 Abs. 2a BauGB ermöglicht der Gemeinde, Einzelhandelsbetriebe im unbeplanten Innenbereich zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche auszuschließen. Dabei kann der Ausschluss nach § 9 Abs. 2a BauGB ebenso wie ein solcher nach § 1 Abs. 5 BauNVO (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26.03.2009 - 4 C 21.07 -, BVerwGE 133, 310) sämtlichen Einzelhandel erfassen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drucks. 16/2496, S. 11; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.2012 - 3 S 1191/10 -, VBlBW 2013, 297). Voraussetzung ist, dass dies zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche erforderlich ist; die Spezialregelung in § 9 Abs. 2a BauGB entspricht insoweit dem allgemeinen Gebot der Erforderlichkeit nach der Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, die bei allgemeinen Bebauungsplänen mit von der Gemeinde selbst entwickelten städtebaulichen Zielen gilt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.2012 - 3 S 1191/10 -, a. a. O.). Der Ausschluss bedarf daher einer städtebaulichen Begründung, die sich aus der jeweiligen konkreten Planungssituation ergeben muss und die den Ausschluss in nachvollziehbarer Weise rechtfertigt (BVerwG, Beschluss vom 06.08.2013 - 4 BN 8.13 -, BauR 2013, 1991). Auch die Erwägung, jeglicher Einzelhandel im Plangebiet stärke die Attraktivität eines unmittelbar benachbarten, nicht integrierten Einzelhandelsstandorts und wirke sich wegen der dort vorhandenen zentrenrelevanten Sortimente ungünstig auf die Entwicklung des zentralen Versorgungsbereichs aus, kann auf der Grundlage eines nachvollziehbaren Einzelhandelskonzepts einen vollständigen Einzelhandelsausschluss im Plangebiet begründen. Ob diese Voraussetzungen für einen vollständigen Einzelhandelsausschluss hier vorliegen, hat der Senat nicht mehr zu entscheiden. Sollte dies zu bejahen sein, bedürfte es dann jedenfalls, anders als wohl das Verwaltungsgericht meint, keiner weiteren Untersuchungen oder Erfahrungswerte mehr zur Begründung des Ausschlusses. Denn die Ermächtigung in § 9 Abs. 2a BauGB zu planerischen Festsetzungen knüpft - anders als § 34 Abs. 3 BauGB - gerade nicht daran an, dass schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche zu besorgen sind (BVerwG, Beschluss vom 15.05.2013 - 4 BN 1.13 -, ZfBR 2013, 573). Vielmehr genügt es, dass der festgesetzte Einzelhandelsausschluss geeignet ist, das städtebauliche Ziel der Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche zu fördern; hier geht es nicht um punktuelle Abwehr konkreter Gefahren, sondern um planerische Lenkung und eine längerfristige Beeinflussung der Entwicklung (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 27.03.2013 - 4 C 13.11 -, BVerwGE 146, 137).
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
33 
Beschluss vom 22. Oktober 2014
34 
Der Streitwert wird für das Normenkontrollverfahren endgültig auf EUR 20.000,-- festgesetzt (vgl. § 52 Abs. 1 GKG).
35 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 13. Oktober 2005 - 5 K 2642/04 - wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids zur Errichtung eines Wohnhauses.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks ..., Flst.-Nr. 2314 (künftig: Baugrundstück), auf Gemarkung der beigeladenen Gemeinde Umkirch. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Herrengarten I“ der Gemeinde Umkirch vom 8.10.1984. Für das Baugrundstück enthält der Bebauungsplan die Festsetzung eines Grundstücks für Gemeinschaftsgaragen. § 10 der textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan bestimmt in Bezug auf Garagen u.a., dass diese auf den im Plan eingezeichneten Flächen zu errichten und dass bei Gemeinschaftsgaragen Ausnahmen nicht zulässig sind. Nach den Darstellungen des Bebauungsplans waren die Garagen den gegenüber liegenden Grundstücken 23 bis 25 und 42 zugeordnet. Für die nördlich anschließenden, seinerzeit als 21 und 22 bezeichneten Grundstücke war eine „Garage im Haus“ vorgesehen. An Stelle der im Bebauungsplan vorgesehenen fünf Häuser (auf den als Grundstücke 21 bis 25 bezeichneten Flurstücken) ist im Jahr 1991 die Errichtung von sieben Reihenhäusern auf den heutigen Flurstücken 2275 bis 2275/6 genehmigt worden. Die Stellplätze und Garagen für sämtliche der sieben Vorhaben wurden auf den Grundstücken selbst nachgewiesen und nach der Errichtung im Juli 1992 von der Bauaufsicht abgenommen. In der Folgezeit bot die frühere Eigentümerin des Baugrundstücks dieses erfolglos zum Kauf an. Der Kläger, dessen Wohnhaus sich auf dem Grundstück Flst.-Nr. 2313 (...) befindet, erwarb das Baugrundstück im Jahre 1994 und errichtete hierauf eine Garage, die seinem Grundstück Flst.-Nr. 2313 zugeschlagen wurde. Die ursprünglich bestellte Baulast zur Sicherung des Rechts der Grundstückseigentümer der nordöstlich gelegenen Reihenhausgrundstücke, auf dem Baugrundstück Stellplätze und Garagen herzustellen, wurde im Jahre 1997 wegen fehlenden öffentlichen Interesses an deren Beibehaltung gelöscht.
Am 22.10.2003 beantragte der Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheids zur „Nutzungsänderung“ des Grundstücks. Zur Begründung führte er aus, der ursprüngliche Verwendungszweck des Garagengrundstücks sei weggefallen, nachdem auf der gegenüber liegenden Straßenseite sieben statt fünf Reihenhäuser errichtet worden seien, die zudem über je eine Garage und einen Stellplatz auf dem eigenen Grundstück verfügten. Nachdem das Baugrundstück jahrelang erfolglos allen Eigentümern der Reihenhäuser zum Kauf angeboten und zwischenzeitlich als „Mülldeponie“ benutzt worden sei, habe er es im Jahre 1994 erworben. Seither liege es als einziges aller Grundstücke im Baugebiet brach. Da in dem Baugebiet ein Parkplatzüberangebot herrsche, sei das Vorhalten des Baugrundstücks für Parkraum sinnlos. Im Zuge einer Lückenbebauung solle nunmehr ein Wohnhaus errichtet werden. Falls es hierfür der Änderung der Satzung bedürfe, sei er damit einverstanden.
Unter dem 10.12.2003 teilte die Beigeladene dem Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald mit, dass das Einvernehmen der Gemeinde wegen Nichteinhaltung der Festsetzungen des Bebauungsplans nicht erteilt werde.
Mit Bescheid vom 23.01.2004 lehnte das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald die Erteilung des beantragten Bauvorbescheids ab. Das Vorhaben widerspreche dem geltenden Bebauungsplan, der für das Grundstück eine Garagenfläche vorschreibe. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB könne nicht erteilt werden, weil die Abweichung einen Grundzug der Planung nachhaltig berühre. Der Bebauungsplan „Herrengarten“ zeichne sich mehrfach durch die Ausweisung von Gemeinschaftsgaragenflächen aus. Hierin liege ein prägendes Element der städtebaulichen Konzeption. Außerdem habe die Gemeinde Umkirch das erforderliche Einvernehmen nicht erteilt.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, zu dessen Begründung er geltend machte, auf den sieben Reihenhausgrundstücken seien jeweils zwei Stellplätze nachgewiesen, so dass der ursprüngliche Bedarf weggefallen sei. Die nun beantragte Lückenbebauung sei im Wege der Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zu genehmigen und städtebaulich wünschenswert. Nachbarliche Belange würden nicht verletzt. Im Gegenteil mindere eine Wohnbebauung die Schall- und Schadstoffemissionen und steigere somit den Wohnwert der benachbarten Grundstücke Flst.-Nrn. 2313 und 2316. Das Regierungspräsidium Freiburg wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2004 zurück.
Am 01.12.2004 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben. Zur Begründung hat er weiter geltend gemacht, mangels Nachfrage nach Stellplätzen habe er sich entschlossen, das Grundstück mit einem Wohnhaus zu bebauen. Die Grundzüge der Planung würden durch sein Vorhaben nicht berührt. Es gebe einen Überhang an Stellplätzen im Gebiet. Die anderen im Bebauungsplan vorgesehenen Garagenhöfe seien hergestellt worden. Auf dem Grundstück Flst.-Nr. 2274 seien noch Stellplätze zur Vermietung frei. Die ursprüngliche planerische Konzeption habe sich infolge der tatsächlichen Entwicklung geändert. Die befürchtete negative Vorbildwirkung durch sein Vorhaben könne sich nicht einstellen, da die anderen Garagenhöfe bereits errichtet seien und zweckentsprechend genutzt würden. Zudem befänden sich die betreffenden Grundstücke in der Regel im Eigentum mehrerer Miteigentümer. Sein Vorhaben sei ein Einzelfall, weil das Baugrundstück das einzige unbebaute Grundstück im Plangebiet sei und zudem im Alleineigentum stehe. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung lägen folglich vor. Das Festhalten am Bebauungsplan bedeute für ihn eine nicht beabsichtigte und auch nicht hinnehmbare Härte.
Das beklagte Land ist der Klage entgegengetreten und hat vorgetragen: Die vom Kläger geplante Wohnbebauung auf dem Baugrundstück weiche von der im Bebauungsplan festgesetzten Art der Nutzung als Garagenfläche ab. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB diene nicht dazu, eine Fehlplanung nachträglich zu korrigieren oder einen Bebauungsplan an geänderte tatsächliche Entwicklungen anzupassen oder geänderten städtebaulichen Zielvorstellungen gerecht zu werden. Denn § 31 Abs. 2 BauGB erlaube lediglich Randkorrekturen eines Bebauungsplans. Vorliegend handele es sich bei der Festsetzung von Garagenflächen ohne jeden Zweifel um ein prägendes Element des Bebauungsplans und damit um eine Grundkonzeption dieses Planes. Die Grundzüge der Planung würden auch deshalb berührt, weil durch die Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans in dessen Interessengeflecht eingegriffen werde. Dies gelte insbesondere für die Interessen des Eigentümers des unmittelbar an das klägerische Grundstück angrenzenden Grundstücks mit der Flst.-Nr. 2316. Denn es mache einen gravierenden Unterschied, ob ein Grundstück zur temporären Unterstellung eines Kraftfahrzeugs diene oder ob dort eine dauerhafte Wohnnutzung stattfinde. Es könne auch keine Rede davon sein, dass die entsprechende Festsetzung des Bebauungsplans zwischenzeitlich obsolet geworden sei.
Die mit Beschluss vom 15.02.2005 beigeladene Gemeinde Umkirch hat sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht die Ausführungen des Beklagten zu eigen gemacht.
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Mit Urteil vom 13.10.2005 hat das Verwaltungsgericht Freiburg der Klage stattgegeben und das beklagte Land verpflichtet, dem Kläger den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Zwar sei mit dem Beklagten und der Beigeladenen im Ansatz davon auszugehen, dass die mit den Festsetzungen im Bebauungsplan intendierte Herstellung der erforderlichen Stell- und Garagenplätze in Form von im Miteigentum stehenden Garagenhöfen zu den Grundzügen der Planung gehört habe. Diese in der Planungshoheit der Gemeinde wurzelnde planerische Konzeption habe ihren Niederschlag im rechtsverbindlichen Bebauungsplan gefunden, der auf dem klägerischen Grundstück Garagen ausweise, die konkreten Wohneinheiten zugewiesen worden seien. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass es durch die nach Erlass des Bebauungsplans erfolgte Änderung der Plankonzeption dazu gekommen sei, dass der planerischen Konzeption der Gemeinde Umkirch die Grundlage entzogen worden sei. Denn bezüglich der ursprünglich begünstigten Grundstücke habe fortan kein Bedarf mehr für eine Nutzung des klägerischen Grundstücks zur Errichtung von Garagen bestanden. Der Bebauungsplan sei bezüglich dieses Grundstücks insoweit faktisch obsolet geworden, weil es infolge der abweichenden Bauausführung keinen Bedarf mehr für die Errichtung von Garagen gebe. Wegen der späteren Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse nähmen die Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich des klägerischen Grundstücks nicht mehr an den Grundzügen der Planung teil, die im Übrigen im Baugebiet vollständig realisiert worden sei.
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Die Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans sei auch im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB städtebaulich vertretbar. Denn für die Realisierung der ursprünglichen planerischen Festsetzung bestehe kein Bedarf mehr. Dafür, dass eine Wohnbebauung aus bauplanungsrechtlichen Gründen nicht habe festgesetzt werden können, sei nichts ersichtlich. Die Abweichung von der Festsetzung des Bebauungsplans begegne auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen keinen rechtlichen Bedenken. Es sei auszuschließen, dass mit der Festsetzung einer Stellplatzfläche nachbarlichen Interessen habe gedient werden sollen. Demgemäß erscheine es auch ausgeschlossen, dass mit der Befreiung in das Interessengeflecht des Bebauungsplans eingegriffen werde. Im Übrigen würde nachbarlichen Interessen durch die geplante Wohnnutzung weit mehr gedient als durch die ursprünglich geplante Garagen- und Stellplatznutzung zugunsten mehrerer benachbarter Wohneinheiten mit einem entsprechenden Verkehrsaufkommen. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung vorlägen und weder der Normzweck noch schützenswerte Belange der Allgemeinheit oder der Nachbarn eine Einhaltung der Norm erforderten, stelle sich die Erteilung der Befreiung als die einzig sachgerechte Ermessensausübung dar.
12 
Mit ihrer durch Beschluss des Senats vom 11.04.2006 zugelassenen Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts macht die Beigeladene geltend, der Bebauungsplan „Herrengarten I“ sei weder insgesamt noch bezogen auf das Baugrundstück funktionslos geworden. Der Bebauungsplan sei auf den meisten Grundstücken im Plangebiet entsprechend der planerischen Vorgaben verwirklicht worden. Offensichtlich habe der Bebauungsplan in der Vergangenheit die Nutzungen in dem Gebiet zu steuern vermocht und werde dies auch weiterhin tun. Dabei dürfe nicht nur auf bisher unbebaute Grundstücke abgestellt werden. Der Bebauungsplan entfalte seine Steuerungswirkung künftig selbstverständlich auch bezüglich bereits bebauter Grundstücke, soweit die auf diesen errichteten Gebäude baulich geändert oder abgerissen oder durch Neubebauungen ersetzt werden sollten. Soweit von den Gestaltungsvorschlägen des Bebauungsplans in Einzelfällen abgewichen worden sei, berühre dies nicht die Funktionsfähigkeit des Bebauungsplans als solchen. Auch die Festsetzung eines Garagenstandorts auf dem Grundstück Flst.-Nr. 2314 sei nicht funktionslos geworden. Auf dem Grundstück könnten problemlos Garagen errichtet und damit die Festsetzung zur Art der Nutzung umgesetzt werden. Maßgeblich hierfür seien allein objektive Maßstäbe. Denn der Bebauungsplan als Norm gelte mit Wirkung gegenüber der Allgemeinheit. Der Wille eines Einzelnen, die Norm nicht zu befolgen, führe nicht zu deren Ungültigkeit. Nicht maßgeblich für die Frage, ob die Festsetzung funktionslos geworden sei, sei deshalb der Wille des Klägers, auf dem Grundstück eine andere als die festgesetzte Bebauung zu realisieren. Als objektiver Grund für eine Funktionslosigkeit der Festsetzung des Garagenstandorts käme allenfalls der Nachweis in Frage, dass die Entwicklung des Grundstücksmarktes und der Nachfrage auf unabsehbare Zeit die Nutzung der Fläche als Garagenstandort ausschließe. Hiervon könne keine Rede sein. Denn nach wie vor nehme die Individualmotorisierung der Bevölkerung zu. Abgesehen davon, dass zahlreiche Grundstückseigentümer in dem Wohngebiet regelmäßig im öffentlichen Straßenraum parkten und somit bereits heute ein Mangel an privaten Parkraum offensichtlich sei, bestehe deshalb eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass diese Situation sich künftig noch verschärfe. Ob und wann das Grundstück Flst.-Nr. 2314 deshalb tatsächlich als Garagenstandort genutzt werde, hänge somit wesentlich von der Nachfrage und von den Preisvorstellungen des Klägers als potenziellem Vermieter oder Verkäufer von Garagenflächen ab. Auf eine optimale wirtschaftliche Verwertung des Grundeigentums habe dieser keinen Anspruch. Insofern sei auch nicht maßgeblich, dass in der Vergangenheit die Stellplatzbaulasten für das Grundstück zugunsten des gegenüberliegenden Reihenhauses aufgehoben worden seien und es sei ferner unerheblich, ob seitens der Eigentümer dieses Reihenhauses heute ein Bedarf an der Errichtung von Garagen und Stellplätzen auf dem Grundstück Flst.-Nr. 2314 bestehe. Schließlich müsse der Bebauungsplan, wolle er seine Steuerungswirkung auch künftig wahrnehmen, nicht nur den baulichen Bestand in den Blick nehmen, sondern auch mögliche Veränderungen. So sei es nach dem Bebauungsplan nicht ausgeschlossen, dass bauliche Veränderungen an den Reihenhäusern oder ein Ersatzbau für diese erfolge und die Stellplatzfrage anders gelöst werde. Hierfür könne ein Zugriff auf das Grundstück Flst.-Nr. 2314 erforderlich werden. Selbst bei einer Fokussierung der Bedarfsfrage allein auf die gegenüberliegenden Reihenhäuser wäre somit die Festsetzung nicht funktionslos.
13 
Auch die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB lägen nicht vor. Diese sei nicht städtebaulich vertretbar, weil sie der konsequenten Struktur des Gebiets zur Bauweise widersprechen würde. Auf den Nachbargrundstücken fänden sich ausschließlich größere zusammenhängende Baukörper in Form von Reihenhäusern oder Kettenhäusern. Weder das östliche Kettenhaus könne nach Westen auf das streitgegenständliche Grundstück verlagert werden, noch das südliche Reihenhaus nach Norden. Dem stehe nicht nur die Länge des Baufensters entgegen, sondern ferner die Tatsache, dass der Kläger selbst an der Grundstücksgrenze seine eigene Garage errichtet habe. Auf dem Grundstück werde damit nur ein isoliertes Einzel- oder Doppelhaus bzw. ein Mehrfamilienhaus möglich, das als solitärer Baukörper der Struktur der gesamten Nachbarbebauung widersprechen würde. Schließlich würde durch eine mehrgeschossige Wohnbebauung auf dem Baugrundstück auch der aufgelockerte Wechsel von Wohngebäuden und Garagen in Nachbarschaft zu platzähnlichen Kreuzungs- und Kurvenbereichen gestört und an einer empfindlichen Stelle im Plangebiet eine erhebliche Verdichtung vorgenommen, die der Bebauungsplan bewusst nicht vorgesehen habe.
14 
Ferner berühre eine Befreiung die Grundzüge der Planung. Die Festsetzung schaffe einen Ausgleich zwischen den Wohnbedürfnissen und den Bedarf an privatem Parkraum im Geltungsbereich des Bebauungsplans. Eine Wohnnutzung auf dieser Fläche würde den Ausgleich in doppelter Weise belasten, weil zusätzliche Parkraumnachfrage geschaffen würde und zugleich Parkraum verloren ginge. Eine Befreiung wäre darüber hinaus geeignet, zusätzliche Spannungen im Geltungsbereich des Bebauungsplans zu verursachen, weil sie eine negative Vorbildwirkung entfalten würde. Denn es gebe weitere Parkflächen in dem Bebauungsplan, die in Wohnbauflächen umgewandelt werden könnten. Es handele sich damit bei der Befreiungsentscheidung nicht um eine nur auf das Grundstück des Klägers bezogene Frage, sondern um einen Eingriff in die Nutzungsstruktur des gesamten Viertels. Daran ändere entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts die Löschung der Stellplatzbaulast auf dem Grundstück Flst.-Nr. 2314 nichts. Denn die Festsetzung einer Garagenfläche könne nicht allein auf die konkrete Zuordnung zum gegenüberliegenden Reihenhaus reduziert werden. Diese Zuordnung habe als Gestaltungsvorschlag nur Empfehlungscharakter. Schließlich sei das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Befreiungsermessen des Beklagten auf Null reduziert sei.
15 
Die Beigeladene beantragt,
16 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 13. Oktober 2005 - 5 K 2642/04 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen im Übrigen weiter aus, mit der Bauvoranfrage gehe es ihm nur um die Klärung der prinzipiellen Möglichkeit, auf dem Baugrundstück ein Wohnhaus zu errichten. Es könne für ihn keine Verpflichtung geben, auf dem Grundstück Garagen und Stellplätze zu errichten und für deren Vermietung das wirtschaftliche Risiko zu tragen.
20 
Das beklagte Land stellt keinen Antrag, hält aber an den Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden fest und schließt sich im Übrigen den Ausführungen der Beigeladenen an.
21 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.
22 
Dem Senat liegen neben den Bebauungsplanakten der Beigeladenen die Behördenakten und die Akten des Verwaltungsgerichts vor. Auf sie sowie auf die im Berufungsverfahren zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die Berufung der Beigeladenen ist nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig.
24 
Sie ist auch begründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf den von ihm beantragten Bauvorbescheid über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung eines Wohnhauses. Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO). Dem Kläger geht es mit seinem Antrag um die Klärung „der prinzipiellen Möglichkeit, auf dem Baugrundstück ein Wohnhaus zu errichten.“ Nur diese - bauplanungsrechtliche - Frage nach der (bloßen) Art der baulichen Nutzung des Grundstücks ist Gegenstand des Verfahrens.
25 
Der Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. 2314 mit einem Wohnhaus steht der Bebauungsplan „Herrengarten I“ der Gemeinde Umkirch vom 08.10.1984 entgegen, gegen dessen formelle Wirksamkeit Bedenken weder erhoben noch ersichtlich sind, und der weder insgesamt noch bezogen auf das Baugrundstück funktionslos geworden ist (I.). Da eine Befreiung von der Festsetzung eines Garagengrundstücks die Grundzüge der Planung berühren würde, hat der Kläger auf sie keinen Anspruch (II.).
26 
I. Die Festsetzungen des Bebauungsplans „Herrengarten I“ sind weder insgesamt noch teilweise, soweit sie die Standorte von Garagen auf dem Baugrundstück betreffen, wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (grundlegend: BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5; vgl. auch Baumeister, GewArch 1996, 318). Die Anforderungen an ein Funktionslos-Werden sind streng, von einer Funktionslosigkeit wird nur in äußerst seltenen Fällen die Rede sein können (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 CN 3.97 -, BVerwGE 108, 71). Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung i.S. des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird dabei nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411; Beschluss vom 03.12.1998, a.a.O.). Die Frage, ob die Verhältnisse, auf die sich die Festsetzung bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, ist nicht gleichsam isoliert für einzelne Grundstücke zu prüfen. Die Betrachtung darf namentlich nicht darauf beschränkt werden, ob die Festsetzung hier und dort noch einen Sinn gibt. Zu würdigen ist vielmehr grundsätzlich die Festsetzung in ihrer ganzen Reichweite; zu würdigen ist folglich nicht nur die einzelne Festsetzung, sondern auch die Bedeutung, die sie für den Plan in seiner Gesamtheit hat (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, a.a.O.). Demzufolge ist ein Bebauungsplan nicht bereits deshalb ganz oder teilweise wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten, weil auf einer Teilfläche eine singuläre planwidrige Nutzung entstanden ist (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1999, a.a.O.). Freilich können die Verhältnisse, auf die sich bauplanerische Festsetzungen beziehen, nicht bloß aufgrund der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Planverwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließt. Auch Rechtsänderungen können der Verwirklichung eines Bebauungsplans nachträglich als objektives Hindernis im Wege stehen. Zwischen den Begriffen der Funktionslosigkeit und der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB besteht eine innere Wechselbeziehung. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass unüberwindliche tatsächliche oder rechtliche Hindernisse, die der Umsetzung planerischer Festsetzungen auf unabsehbare Zeit entgegenstehen, es unter dem Blickwinkel der Erforderlichkeit ausschließen, dass ein Bebauungsplan wirksam wird (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 12.08.1999 - 4 CN 4.98 -, BVerwGE 109, 246 und vom 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287). Liegen solche Hindernisse im Zeitpunkt der Planung noch nicht vor, treten sie aber später ein, so liegt der Schluss nahe, die Funktionslosigkeit nach denselben Maßstäben zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.08.1990 - 7 C 41.89 u.a -, BVerwGE 85, 273). Die Wertungsparallelität erlaubt die allgemeine Folgerung, dass ein Bebauungsplan funktionslos werden kann, wenn sich die Sach- oder die Rechtslage nachträglich so verändert hat, dass ein Planvollzug auf unüberschaubare Zeit ausgeschlossen erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2004 - 4 C 3.03 -, ZfBR 2004, 796).
27 
Die Voraussetzungen einer Funktionslosigkeit liegen gemessen daran weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht vor. Der Bebauungsplan „Herrengarten I“ ist weitestgehend plangemäß verwirklicht worden und hat - wie die Beigeladene zu Recht ausführt - in der Vergangenheit die Verhältnisse im Plangebiet wirksam zu steuern vermocht. Anhaltspunkte, dass dies in Zukunft in einer die Funktionslosigkeit des Bebauungsplans begründenden Weise nicht der Fall sein wird, werden vom Kläger nicht geltend gemacht. Hierfür ist auch nichts ersichtlich.
28 
Auch die Festsetzung einer Verkehrsfläche mit dem Zusatz „Garagen“ bzw. „Gemeinschaftsgaragen“ auf dem Baugrundstück ist nicht - gleichsam isoliert - funktionslos geworden. Das Verwaltungsgericht ist in dem angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass der Bebauungsplan insoweit „faktisch obsolet“ geworden sei, weil es infolge der abweichenden Bauausführung keinen Bedarf mehr für die Errichtung von Garagen für die „begünstigten“ Grundstücke gebe. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, von einer Funktionslosigkeit der entsprechenden Festsetzung auszugehen. Denn bei der Zuordnung der einzelnen Stellplätze und Garagen auf dem Baugrundstück zu verschiedenen Reihenhausgrundstücken handelt es sich lediglich um einen Gestaltungsvorschlag des Plangebers, dem normative Kraft nicht zukommt. Zwar mag das Baugrundstück ursprünglich gerade für die im Bebauungsplan benannten Parzellen gedacht gewesen sein. Die entsprechende rechtliche Sicherung erfolgte aber nicht über den Bebauungsplan, der eine solche Zuordnung rechtlich auch gar nicht zu treffen in der Lage wäre, sondern über die im Jahre 1997 aus dem Baulastenverzeichnis gelöschte Baulast. Es ist daher schon im Ansatz unzutreffend, die Wirksamkeit der Festsetzung nur anhand des Stellplatzbedarfs der benachbarten Reihenhausgrundstücke zu beurteilen.
29 
Ausgehend hiervon lässt sich nicht feststellen, dass sich die Sach- oder die Rechtslage nachträglich so verändert hat, dass ein Planvollzug auf unüberschaubare Zeit ausgeschlossen erscheint. Wie die Beigeladene zu Recht ausführt, ist eine Bebauung des Grundstücks mit Garagen sowohl rechtlich als auch tatsächlich möglich. Das Grundstück ist - dies räumt auch der Kläger ein - für die Errichtung von Garagen geeignet, die Zu- und Abfahrt problemlos möglich. Im Blick auf die Funktionslosigkeit der Festsetzung nicht von Belang ist, ob eine Vermietung von Garagen für den Kläger ökonomisch rentabel ist. Auch die - zwischen den Beteiligten streitige - Frage des tatsächlichen (momentanen) Bedarfs bedarf keiner endgültigen Klärung. Insofern sei allerdings darauf hingewiesen, dass das mit „in Anwesenheit eines unabhängigen Zeugen (…) in Ihren Briefkasten eingeworfen“ überschriebene Angebot des Klägers vom 18.08.2003 an die Eigentümer der Reihenhäuser ... bis ..., einen Einstellplatz für monatlich 40 EUR mieten zu können, wenig aussagekräftig ist, die Bedarfssituation zu klären. Zum einen hat der Kläger nicht die im Bebauungsplan vorgesehenen Garagen zur Vermietung angeboten, zum anderen hat er den Kreis der Adressaten auf sieben Grundstückseigentümer begrenzt. Ein Nachweis oder auch nur einen Anhalt dafür, dass die Entwicklung des Grundstücksmarktes und der Nachfrage die Nutzung der Fläche als Garagenstandort auf unabsehbare Zeit ausschließt, hat der Kläger damit nicht erbracht. Die in Rede stehende Festsetzung erscheint vielmehr nach wie vor zu einer städtebaulichen Steuerung geeignet, mag auch der spezifische (notwendige) Bedarf auf den Reihenhausgrundstücken zwischenzeitlich entfallen oder anderweitig befriedigt sein. Denkbar erscheint es insbesondere, dass künftig mit Blick auf die zunehmende Motorisierung der Bevölkerung, aber etwa auch wegen höherwertiger Fahrzeuge, zunehmendem Vandalismus oder Gefahren durch Verbissschäden durch Nagetiere ein geänderter bzw. anders gearteter Stellplatzbedarf entsteht, der durch Garagen auf dem Baugrundstück anstelle von bloßen Stellplätzen entlang öffentlicher Verkehrsflächen wird gestillt werden können. Im Blick auf die sehr knapp geplanten und ausgeführten Garagen auf den Reihenhausgrundstücken erscheint es dem Senat ferner nicht undenkbar, dass sich auch für die dortigen Grundstückseigentümer die Bedarfssituation künftig ändern kann. Einen Anhalt hierfür hat die mündliche Verhandlung und das darin spontan zutage getretene Interesse einzelner Nachbarn an der Anmietung eines Stellplatzes bzw. einer Garage erbracht. Nach alledem ist für eine Funktionslosigkeit der Festsetzung einer Verkehrsfläche zum Zwecke der Errichtung von (Gemeinschafts-)Garagen nichts ersichtlich.
30 
II. Erweist sich damit die Festsetzung eines „Garagengrundstücks“ als wirksam, steht sie einer Bebauung durch den Kläger mit einem Wohnhaus entgegen, es sei denn dieser hat gemäß § 31 Abs. 2 BauGB einen Anspruch auf Befreiung von dieser Festsetzung. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist dies jedoch nicht der Fall. Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1), die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3) und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
31 
Bei der Frage, wann eine Befreiung die Grundzüge der Planung berührt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu berücksichtigen, dass der als Satzung beschlossene Bebauungsplan Rechtsnormcharakter hat. Die Festsetzungen sind für das Baugenehmigungsverfahren grundsätzlich strikt verbindlich. Der Gesetzgeber stellt mit § 31 Abs. 2 BauGB ein Instrument zur Verfügung, das trotz dieser Rechtsbindung im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit und der Wahrung der Verhältnismäßigkeit für Vorhaben, die den Festsetzungen zwar widersprechen, sich mit den planerischen Vorstellungen aber gleichwohl in Einklang bringen lassen, ein Mindestmaß an Flexibilität schafft. Er knüpft die Befreiung indes an genau beschriebene Voraussetzungen. Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Denn die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach § 2 Abs. 4 BauGB unverändert der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist in den §§ 3 und 4 BauGB ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben, von dem nur unter den in § 13 BauGB genannten Voraussetzungen abgesehen werden kann. Dieses Regelungsgeflecht darf nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110).
32 
Ob die Grundzüge der Planung im Einzelfall berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation, dem ursprünglichen planerischen Konzept ab (BVerwG, Beschluss vom 19.05.2004 - 4 B 35.04 - juris). Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept aus damaliger Sicht zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-) Planung möglich ist. Die Befreiung kann namentlich nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999, a.a.O.).
33 
In Anwendung dieser Grundsätze kann die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass „die Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich des klägerischen Grundstücks wegen der späteren Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse nicht mehr an den Grundzügen der Planung teilnehmen“ (UA S. 7), keinen Bestand haben. Denn bei der Frage, ob eine Abweichung vom Bebauungsplan die Grundzüge der Planung berührt, kommt es auf den Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung und nicht darauf an, ob die der ursprünglichen Planung zugrunde gelegten Grundzüge in der Folgezeit realisiert wurden und auch heute noch bestehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.05.2004, a.a.O.). Die Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. 2314 mit einem Wohnhaus berührt, dies hat selbst der Kläger in der mündlichen Verhandlung zugestanden, die Grundzüge der (damaligen) Planungsentscheidung. Der Plangeber hat durch eine eindeutige textliche Festsetzung in dem Bebauungsplan (§ 10) zu erkennen gegeben, dass hinsichtlich des Standorts der Gemeinschaftsgaragen Ausnahmen nicht zulässig sind, diese also gerade an den vorgesehenen und nicht an anderen Stellen zu errichten sind. Entsprechende (Gemeinschafts-) Garagenflächen finden sich ferner im südlichen Bereich des Plangebiets und sind dort plangemäß ausgeführt worden. Auch aus der Begründung des Bebauungsplans erhellt, dass die Gemeinschaftsgaragenflächen und ihr konkreter Standort für den Gemeinderat seinerzeit wesentlich für das Interessengeflecht der Planung gewesen sind. So wurde etwa die Zahl der Wohneinheiten pro Hauskörper auf zwei beschränkt, da andernfalls „Schwierigkeiten bei der Lösung des Verkehrsproblems einschließlich der Unterbringung von Garagen und Stellplätzen“ befürchtet wurden (Begründung zum Bebauungsplan S. 4). Auch sollte eine „Verdichtung über das notwendige Maß hinaus“ und eine „Zubetonierung des Außenbereichsanteils der Grundstücke“ und damit eine „Denaturierung der offenen Bauweise“ vermieden werden. Der gesamte östliche Bereich des Baugebiets ist als verkehrsberuhigter Bereich dargestellt, „in dem Fahr- und Fußgängerverkehr gleichwertig unter gegenseitiger Rücksichtnahme stattfinden sollen. Entsprechend sind die Festsetzungen auf den Verkehrsflächen so getroffen, dass der Gesamtquerschnitt durch Baumscheiben den Verkehrsfluss behindernd bzw. bremsend aufgeteilt wird“ (Begründung S. 9). Für das Baugrundstück sind entsprechende Pflanzgebote in Gestalt von zwei Einzelbäumen vorgesehen. Im Blick auf den hohen Pendleranteil in Umkirch wurde ferner für den Geschosswohnungsbau eine erhöhte Anzahl von Einstellplätzen pro Wohneinheit vorgesehen (vgl. wiederum Begründung S. 9). Im Blick auf die sich im Plangebiet mehrfach wiederholende zeichnerische Festsetzung einer Gemeinschaftsgaragenfläche, deren Einhaltung nach den textlichen Festsetzungen (§ 10) vom Plangeber strikt gefordert wurde, und dem in der Begründung zum Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Plankonzept der Befriedigung des gebietsbezogenen Stellplatzbedarfs aus dem Gebiet einerseits und der Auflockerung der Bebauung durch platzähnliche Kreuzungs- und Kurvenbereiche unter Anordnung eines Pflanzgebots auf den Verkehrsflächen andererseits würde eine Abweichung (Befreiung) von der Festsetzung auf dem Baugrundstück die Grundzüge der damaligen Planung, berühren. Im Blick auf das Tatbestandsmerkmal der „Grundzüge der Planung“ ist es namentlich nicht von Bedeutung, ob der Gemeinderat, hätte er gewusst, dass der Stellplatzbedarf der Reihenhausgrundstücke auf deren Grundstück selbst befriedigt wird, für das Baugrundstück eine abweichende Festsetzung getroffen hätte. Allein entscheidend ist, dass er auf dem Baugrundstück einem konkreten Bedarf an Stellplätzen Rechnung tragen wollte und zugleich dieses Eckgrundstück - wie auch jenes Ecke Wigersheimstraße/Büningerstraße - zusätzlich zu einer gewissen Durchgrünung des Baugebiets und zur Auflockerung der im Übrigen recht dichten Siedlungsstruktur nutzen wollte. Dass der Plangeber seinerzeit durch die darstellende Zuordnung der einzelnen Garagen zu den seinerzeit als Flurstücke 23 bis 25 und 42 bezeichneten Grundstücke möglicherweise zu erkennen gegeben hat, dass er den Bedarf für gerade die im Streit stehende Fläche vor allem bei den genannten Grundstücken verortet, ändert hieran nichts. Hieran wird vielmehr deutlich, dass der Gemeinderat bei seiner Abwägungsentscheidung dem Stellplatzbedarf eine solch große Bedeutung zugemessen hat, dass er den gebietsbezogenen Bedarf ermittelt und konkreten Garagenstandorten zugeordnet hat. Dies wird auch an den Darstellungen für das Eckgrundstück Wigersheimstraße/Büningerstraße im zeichnerischen Teil des Bebauungsplans deutlich, wo der Plangeber über den konkreten Bedarf hinaus Stellplätze „zur freien Disposition“ schaffen wollte. Da die Befreiung von der Festsetzung „Gemeinschaftsgarage“ für das Baugrundstück somit die Grundzüge der (damaligen) Planung berührte, hat der Kläger auf sie keinen Anspruch.
34 
Soweit der Kläger sich in der mündlichen Verhandlung auf eine Verletzung in seinem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG berufen hat, vermag ihm der Senat ebenfalls nicht zu folgen. Inhalt und Schranken des Eigentums werden durch die Gesetze bestimmt (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Ein solches „Gesetz“ ist der im Streit stehende Bebauungsplan „Herrengarten“, der für das Grundeigentum des Klägers (nur) die Nutzung als Gemeinschaftsgaragenfläche zulässt, diese aber auch ermöglicht. Dass insoweit die Grenzen einer wirksamen Inhalts- und Schrankenbestimmungen überschritten wären, ist nicht ersichtlich. Vielmehr haben sich die Nutzungsmöglichkeiten des Grundeigentums seit dem Kauf des Grundstücks nicht geändert. Ein Anspruch, ein als Grundstück für Gemeinschaftsgaragen erworbenes Flurstück mit einem Wohnhaus bebauen zu dürfen, lässt sich aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht herleiten.
35 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
36 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
23 
Die Berufung der Beigeladenen ist nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig.
24 
Sie ist auch begründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf den von ihm beantragten Bauvorbescheid über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung eines Wohnhauses. Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO). Dem Kläger geht es mit seinem Antrag um die Klärung „der prinzipiellen Möglichkeit, auf dem Baugrundstück ein Wohnhaus zu errichten.“ Nur diese - bauplanungsrechtliche - Frage nach der (bloßen) Art der baulichen Nutzung des Grundstücks ist Gegenstand des Verfahrens.
25 
Der Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. 2314 mit einem Wohnhaus steht der Bebauungsplan „Herrengarten I“ der Gemeinde Umkirch vom 08.10.1984 entgegen, gegen dessen formelle Wirksamkeit Bedenken weder erhoben noch ersichtlich sind, und der weder insgesamt noch bezogen auf das Baugrundstück funktionslos geworden ist (I.). Da eine Befreiung von der Festsetzung eines Garagengrundstücks die Grundzüge der Planung berühren würde, hat der Kläger auf sie keinen Anspruch (II.).
26 
I. Die Festsetzungen des Bebauungsplans „Herrengarten I“ sind weder insgesamt noch teilweise, soweit sie die Standorte von Garagen auf dem Baugrundstück betreffen, wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (grundlegend: BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5; vgl. auch Baumeister, GewArch 1996, 318). Die Anforderungen an ein Funktionslos-Werden sind streng, von einer Funktionslosigkeit wird nur in äußerst seltenen Fällen die Rede sein können (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 CN 3.97 -, BVerwGE 108, 71). Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung i.S. des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird dabei nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411; Beschluss vom 03.12.1998, a.a.O.). Die Frage, ob die Verhältnisse, auf die sich die Festsetzung bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, ist nicht gleichsam isoliert für einzelne Grundstücke zu prüfen. Die Betrachtung darf namentlich nicht darauf beschränkt werden, ob die Festsetzung hier und dort noch einen Sinn gibt. Zu würdigen ist vielmehr grundsätzlich die Festsetzung in ihrer ganzen Reichweite; zu würdigen ist folglich nicht nur die einzelne Festsetzung, sondern auch die Bedeutung, die sie für den Plan in seiner Gesamtheit hat (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, a.a.O.). Demzufolge ist ein Bebauungsplan nicht bereits deshalb ganz oder teilweise wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten, weil auf einer Teilfläche eine singuläre planwidrige Nutzung entstanden ist (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1999, a.a.O.). Freilich können die Verhältnisse, auf die sich bauplanerische Festsetzungen beziehen, nicht bloß aufgrund der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Planverwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließt. Auch Rechtsänderungen können der Verwirklichung eines Bebauungsplans nachträglich als objektives Hindernis im Wege stehen. Zwischen den Begriffen der Funktionslosigkeit und der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB besteht eine innere Wechselbeziehung. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass unüberwindliche tatsächliche oder rechtliche Hindernisse, die der Umsetzung planerischer Festsetzungen auf unabsehbare Zeit entgegenstehen, es unter dem Blickwinkel der Erforderlichkeit ausschließen, dass ein Bebauungsplan wirksam wird (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 12.08.1999 - 4 CN 4.98 -, BVerwGE 109, 246 und vom 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287). Liegen solche Hindernisse im Zeitpunkt der Planung noch nicht vor, treten sie aber später ein, so liegt der Schluss nahe, die Funktionslosigkeit nach denselben Maßstäben zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.08.1990 - 7 C 41.89 u.a -, BVerwGE 85, 273). Die Wertungsparallelität erlaubt die allgemeine Folgerung, dass ein Bebauungsplan funktionslos werden kann, wenn sich die Sach- oder die Rechtslage nachträglich so verändert hat, dass ein Planvollzug auf unüberschaubare Zeit ausgeschlossen erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2004 - 4 C 3.03 -, ZfBR 2004, 796).
27 
Die Voraussetzungen einer Funktionslosigkeit liegen gemessen daran weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht vor. Der Bebauungsplan „Herrengarten I“ ist weitestgehend plangemäß verwirklicht worden und hat - wie die Beigeladene zu Recht ausführt - in der Vergangenheit die Verhältnisse im Plangebiet wirksam zu steuern vermocht. Anhaltspunkte, dass dies in Zukunft in einer die Funktionslosigkeit des Bebauungsplans begründenden Weise nicht der Fall sein wird, werden vom Kläger nicht geltend gemacht. Hierfür ist auch nichts ersichtlich.
28 
Auch die Festsetzung einer Verkehrsfläche mit dem Zusatz „Garagen“ bzw. „Gemeinschaftsgaragen“ auf dem Baugrundstück ist nicht - gleichsam isoliert - funktionslos geworden. Das Verwaltungsgericht ist in dem angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass der Bebauungsplan insoweit „faktisch obsolet“ geworden sei, weil es infolge der abweichenden Bauausführung keinen Bedarf mehr für die Errichtung von Garagen für die „begünstigten“ Grundstücke gebe. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, von einer Funktionslosigkeit der entsprechenden Festsetzung auszugehen. Denn bei der Zuordnung der einzelnen Stellplätze und Garagen auf dem Baugrundstück zu verschiedenen Reihenhausgrundstücken handelt es sich lediglich um einen Gestaltungsvorschlag des Plangebers, dem normative Kraft nicht zukommt. Zwar mag das Baugrundstück ursprünglich gerade für die im Bebauungsplan benannten Parzellen gedacht gewesen sein. Die entsprechende rechtliche Sicherung erfolgte aber nicht über den Bebauungsplan, der eine solche Zuordnung rechtlich auch gar nicht zu treffen in der Lage wäre, sondern über die im Jahre 1997 aus dem Baulastenverzeichnis gelöschte Baulast. Es ist daher schon im Ansatz unzutreffend, die Wirksamkeit der Festsetzung nur anhand des Stellplatzbedarfs der benachbarten Reihenhausgrundstücke zu beurteilen.
29 
Ausgehend hiervon lässt sich nicht feststellen, dass sich die Sach- oder die Rechtslage nachträglich so verändert hat, dass ein Planvollzug auf unüberschaubare Zeit ausgeschlossen erscheint. Wie die Beigeladene zu Recht ausführt, ist eine Bebauung des Grundstücks mit Garagen sowohl rechtlich als auch tatsächlich möglich. Das Grundstück ist - dies räumt auch der Kläger ein - für die Errichtung von Garagen geeignet, die Zu- und Abfahrt problemlos möglich. Im Blick auf die Funktionslosigkeit der Festsetzung nicht von Belang ist, ob eine Vermietung von Garagen für den Kläger ökonomisch rentabel ist. Auch die - zwischen den Beteiligten streitige - Frage des tatsächlichen (momentanen) Bedarfs bedarf keiner endgültigen Klärung. Insofern sei allerdings darauf hingewiesen, dass das mit „in Anwesenheit eines unabhängigen Zeugen (…) in Ihren Briefkasten eingeworfen“ überschriebene Angebot des Klägers vom 18.08.2003 an die Eigentümer der Reihenhäuser ... bis ..., einen Einstellplatz für monatlich 40 EUR mieten zu können, wenig aussagekräftig ist, die Bedarfssituation zu klären. Zum einen hat der Kläger nicht die im Bebauungsplan vorgesehenen Garagen zur Vermietung angeboten, zum anderen hat er den Kreis der Adressaten auf sieben Grundstückseigentümer begrenzt. Ein Nachweis oder auch nur einen Anhalt dafür, dass die Entwicklung des Grundstücksmarktes und der Nachfrage die Nutzung der Fläche als Garagenstandort auf unabsehbare Zeit ausschließt, hat der Kläger damit nicht erbracht. Die in Rede stehende Festsetzung erscheint vielmehr nach wie vor zu einer städtebaulichen Steuerung geeignet, mag auch der spezifische (notwendige) Bedarf auf den Reihenhausgrundstücken zwischenzeitlich entfallen oder anderweitig befriedigt sein. Denkbar erscheint es insbesondere, dass künftig mit Blick auf die zunehmende Motorisierung der Bevölkerung, aber etwa auch wegen höherwertiger Fahrzeuge, zunehmendem Vandalismus oder Gefahren durch Verbissschäden durch Nagetiere ein geänderter bzw. anders gearteter Stellplatzbedarf entsteht, der durch Garagen auf dem Baugrundstück anstelle von bloßen Stellplätzen entlang öffentlicher Verkehrsflächen wird gestillt werden können. Im Blick auf die sehr knapp geplanten und ausgeführten Garagen auf den Reihenhausgrundstücken erscheint es dem Senat ferner nicht undenkbar, dass sich auch für die dortigen Grundstückseigentümer die Bedarfssituation künftig ändern kann. Einen Anhalt hierfür hat die mündliche Verhandlung und das darin spontan zutage getretene Interesse einzelner Nachbarn an der Anmietung eines Stellplatzes bzw. einer Garage erbracht. Nach alledem ist für eine Funktionslosigkeit der Festsetzung einer Verkehrsfläche zum Zwecke der Errichtung von (Gemeinschafts-)Garagen nichts ersichtlich.
30 
II. Erweist sich damit die Festsetzung eines „Garagengrundstücks“ als wirksam, steht sie einer Bebauung durch den Kläger mit einem Wohnhaus entgegen, es sei denn dieser hat gemäß § 31 Abs. 2 BauGB einen Anspruch auf Befreiung von dieser Festsetzung. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist dies jedoch nicht der Fall. Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1), die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3) und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
31 
Bei der Frage, wann eine Befreiung die Grundzüge der Planung berührt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu berücksichtigen, dass der als Satzung beschlossene Bebauungsplan Rechtsnormcharakter hat. Die Festsetzungen sind für das Baugenehmigungsverfahren grundsätzlich strikt verbindlich. Der Gesetzgeber stellt mit § 31 Abs. 2 BauGB ein Instrument zur Verfügung, das trotz dieser Rechtsbindung im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit und der Wahrung der Verhältnismäßigkeit für Vorhaben, die den Festsetzungen zwar widersprechen, sich mit den planerischen Vorstellungen aber gleichwohl in Einklang bringen lassen, ein Mindestmaß an Flexibilität schafft. Er knüpft die Befreiung indes an genau beschriebene Voraussetzungen. Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Denn die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach § 2 Abs. 4 BauGB unverändert der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist in den §§ 3 und 4 BauGB ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben, von dem nur unter den in § 13 BauGB genannten Voraussetzungen abgesehen werden kann. Dieses Regelungsgeflecht darf nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110).
32 
Ob die Grundzüge der Planung im Einzelfall berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation, dem ursprünglichen planerischen Konzept ab (BVerwG, Beschluss vom 19.05.2004 - 4 B 35.04 - juris). Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept aus damaliger Sicht zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-) Planung möglich ist. Die Befreiung kann namentlich nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999, a.a.O.).
33 
In Anwendung dieser Grundsätze kann die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass „die Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich des klägerischen Grundstücks wegen der späteren Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse nicht mehr an den Grundzügen der Planung teilnehmen“ (UA S. 7), keinen Bestand haben. Denn bei der Frage, ob eine Abweichung vom Bebauungsplan die Grundzüge der Planung berührt, kommt es auf den Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung und nicht darauf an, ob die der ursprünglichen Planung zugrunde gelegten Grundzüge in der Folgezeit realisiert wurden und auch heute noch bestehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.05.2004, a.a.O.). Die Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. 2314 mit einem Wohnhaus berührt, dies hat selbst der Kläger in der mündlichen Verhandlung zugestanden, die Grundzüge der (damaligen) Planungsentscheidung. Der Plangeber hat durch eine eindeutige textliche Festsetzung in dem Bebauungsplan (§ 10) zu erkennen gegeben, dass hinsichtlich des Standorts der Gemeinschaftsgaragen Ausnahmen nicht zulässig sind, diese also gerade an den vorgesehenen und nicht an anderen Stellen zu errichten sind. Entsprechende (Gemeinschafts-) Garagenflächen finden sich ferner im südlichen Bereich des Plangebiets und sind dort plangemäß ausgeführt worden. Auch aus der Begründung des Bebauungsplans erhellt, dass die Gemeinschaftsgaragenflächen und ihr konkreter Standort für den Gemeinderat seinerzeit wesentlich für das Interessengeflecht der Planung gewesen sind. So wurde etwa die Zahl der Wohneinheiten pro Hauskörper auf zwei beschränkt, da andernfalls „Schwierigkeiten bei der Lösung des Verkehrsproblems einschließlich der Unterbringung von Garagen und Stellplätzen“ befürchtet wurden (Begründung zum Bebauungsplan S. 4). Auch sollte eine „Verdichtung über das notwendige Maß hinaus“ und eine „Zubetonierung des Außenbereichsanteils der Grundstücke“ und damit eine „Denaturierung der offenen Bauweise“ vermieden werden. Der gesamte östliche Bereich des Baugebiets ist als verkehrsberuhigter Bereich dargestellt, „in dem Fahr- und Fußgängerverkehr gleichwertig unter gegenseitiger Rücksichtnahme stattfinden sollen. Entsprechend sind die Festsetzungen auf den Verkehrsflächen so getroffen, dass der Gesamtquerschnitt durch Baumscheiben den Verkehrsfluss behindernd bzw. bremsend aufgeteilt wird“ (Begründung S. 9). Für das Baugrundstück sind entsprechende Pflanzgebote in Gestalt von zwei Einzelbäumen vorgesehen. Im Blick auf den hohen Pendleranteil in Umkirch wurde ferner für den Geschosswohnungsbau eine erhöhte Anzahl von Einstellplätzen pro Wohneinheit vorgesehen (vgl. wiederum Begründung S. 9). Im Blick auf die sich im Plangebiet mehrfach wiederholende zeichnerische Festsetzung einer Gemeinschaftsgaragenfläche, deren Einhaltung nach den textlichen Festsetzungen (§ 10) vom Plangeber strikt gefordert wurde, und dem in der Begründung zum Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Plankonzept der Befriedigung des gebietsbezogenen Stellplatzbedarfs aus dem Gebiet einerseits und der Auflockerung der Bebauung durch platzähnliche Kreuzungs- und Kurvenbereiche unter Anordnung eines Pflanzgebots auf den Verkehrsflächen andererseits würde eine Abweichung (Befreiung) von der Festsetzung auf dem Baugrundstück die Grundzüge der damaligen Planung, berühren. Im Blick auf das Tatbestandsmerkmal der „Grundzüge der Planung“ ist es namentlich nicht von Bedeutung, ob der Gemeinderat, hätte er gewusst, dass der Stellplatzbedarf der Reihenhausgrundstücke auf deren Grundstück selbst befriedigt wird, für das Baugrundstück eine abweichende Festsetzung getroffen hätte. Allein entscheidend ist, dass er auf dem Baugrundstück einem konkreten Bedarf an Stellplätzen Rechnung tragen wollte und zugleich dieses Eckgrundstück - wie auch jenes Ecke Wigersheimstraße/Büningerstraße - zusätzlich zu einer gewissen Durchgrünung des Baugebiets und zur Auflockerung der im Übrigen recht dichten Siedlungsstruktur nutzen wollte. Dass der Plangeber seinerzeit durch die darstellende Zuordnung der einzelnen Garagen zu den seinerzeit als Flurstücke 23 bis 25 und 42 bezeichneten Grundstücke möglicherweise zu erkennen gegeben hat, dass er den Bedarf für gerade die im Streit stehende Fläche vor allem bei den genannten Grundstücken verortet, ändert hieran nichts. Hieran wird vielmehr deutlich, dass der Gemeinderat bei seiner Abwägungsentscheidung dem Stellplatzbedarf eine solch große Bedeutung zugemessen hat, dass er den gebietsbezogenen Bedarf ermittelt und konkreten Garagenstandorten zugeordnet hat. Dies wird auch an den Darstellungen für das Eckgrundstück Wigersheimstraße/Büningerstraße im zeichnerischen Teil des Bebauungsplans deutlich, wo der Plangeber über den konkreten Bedarf hinaus Stellplätze „zur freien Disposition“ schaffen wollte. Da die Befreiung von der Festsetzung „Gemeinschaftsgarage“ für das Baugrundstück somit die Grundzüge der (damaligen) Planung berührte, hat der Kläger auf sie keinen Anspruch.
34 
Soweit der Kläger sich in der mündlichen Verhandlung auf eine Verletzung in seinem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG berufen hat, vermag ihm der Senat ebenfalls nicht zu folgen. Inhalt und Schranken des Eigentums werden durch die Gesetze bestimmt (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Ein solches „Gesetz“ ist der im Streit stehende Bebauungsplan „Herrengarten“, der für das Grundeigentum des Klägers (nur) die Nutzung als Gemeinschaftsgaragenfläche zulässt, diese aber auch ermöglicht. Dass insoweit die Grenzen einer wirksamen Inhalts- und Schrankenbestimmungen überschritten wären, ist nicht ersichtlich. Vielmehr haben sich die Nutzungsmöglichkeiten des Grundeigentums seit dem Kauf des Grundstücks nicht geändert. Ein Anspruch, ein als Grundstück für Gemeinschaftsgaragen erworbenes Flurstück mit einem Wohnhaus bebauen zu dürfen, lässt sich aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht herleiten.
35 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
36 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist eine als eingetragener Verein organisierte Pfarrgemeinde der Syrisch-Orthodoxen Kirche. Im Jahre 1994 beantragte sie die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer "Syrisch-Orthodoxen Kirche mit Mausoleum" sowie eines "Gemeindezentrums". In der Bauzeichnung für das Untergeschoss der Kirche war eine "Krypta" mit zehn Grabkammern eingezeichnet.

2

Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich eines Bebauungsplans der Beigeladenen zu 1, der das gesamte Plangebiet als Industriegebiet (GI) festsetzt. In den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sind "Ausnahmen nach § 9 Abs. 3 BauNVO und Nebenanlagen nach § 14 BauNVO" zugelassen.

3

Die Beklagte erteilte der Klägerin die beantragte Baugenehmigung für das Kirchengebäude und das Gemeindezentrum. Hinsichtlich der Krypta lehnte sie den Antrag unter Hinweis auf das versagte gemeindliche Einvernehmen der Beigeladenen zu 1 ab. Die Klägerin erhob Widerspruch gegen die Ablehnung, ließ dann aber in der Bauzeichnung ihres Bauantrags die Zweckbestimmung "Krypta" durch "Abstellraum" ersetzen und die Grabkammern streichen. Die Beklagte hob daraufhin den ablehnenden Teil des Genehmigungsbescheides auf. Die Kirche ist mittlerweile errichtet und wird von der Klägerin als solche genutzt.

4

Im Jahre 2005 beantragte die Klägerin, im betreffenden Raum im Untergeschoss der Kirche eine Krypta "als privaten Bestattungsplatz ausdrücklich ausschließlich für verstorbene Geistliche" ihrer Kirche zu genehmigen. Entsprechend der ursprünglichen Planung ist der Einbau von zehn Grabkammern in Wandnischen vorgesehen, die nach Beisetzung durch dicht verfugte Stahlbetonplatten zur Raumseite hin verschlossen und mit beschrifteten Marmorverkleidungen versehen werden sollen. Die Krypta soll nur von außen zugänglich sein.

5

Das Gesundheitsamt beim Landratsamt Heilbronn stimmte der Krypta aus hygienischer Sicht unter Auflagen zu. Die Beigeladene zu 1 versagte wiederum das gemeindliche Einvernehmen. Die Beklagte lehnte den Bauantrag ab, der hiergegen gerichtete Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Einbau einer Krypta im Untergeschoss der Kirche unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

7

Auf die Berufung der Beklagten und der Beigeladenen zu 1 hat der Verwaltungsgerichtshof die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage insgesamt abgewiesen; die Berufung der Klägerin hat er zurückgewiesen. Die Umwandlung des betreffenden Abstellraums in eine Krypta sei eine genehmigungspflichtige, aber nicht genehmigungsfähige Nutzungsänderung. Sie sei bauplanungsrechtlich unzulässig, weil sie den Festsetzungen des qualifizierten Bebauungsplans widerspreche. Zwar handle es sich bei der Krypta um eine - städtebaulich gegenüber der Kirche eigenständig zu würdigende - Anlage für kirchliche Zwecke im Sinne des Ausnahmekatalogs des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Sie sei jedoch wegen Unverträglichkeit mit dem Charakter eines Industriegebiets unzulässig. Das Ermessen für eine ausnahmsweise Zulassung nach § 31 Abs. 1 BauGB sei deshalb entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht eröffnet. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB komme ebenfalls nicht in Betracht. Es spreche alles dafür, dass die private Bestattungsanlage schon die Grundzüge der Planung berühre, die auf ein typisches, die gewerbliche Nutzungsbreite voll ausschöpfendes Industriegebiet ohne konfliktträchtige Ausnahmenutzungen gerichtet gewesen sei. Jedenfalls fehle es aber an Befreiungsgründen. Insbesondere erforderten es Gründe des Wohls der Allgemeinheit nicht, die Krypta trotz ihrer bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit an der vorgesehenen Stelle zu errichten. Dies gelte auch im Lichte der Art. 4 und Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV. Das Bedürfnis, über eine Krypta in der eigenen Kirche zu verfügen, sei nicht zwingender Bestandteil der Religionsausübung der Klägerin. Der durch die Ablehnung unterhalb dieser Schwelle angesiedelte Eingriff in die Religionsausübungsfreiheit sei durch den Achtungsanspruch der Verstorbenen und das Recht der Angehörigen und Trauernden auf ein würdevolles Gedenken gerechtfertigt, das im Industriegebiet weder nach seiner Typik noch nach seiner Eigenart gewährleistet sei. Eine diskriminierende Ungleichbehandlung im Verhältnis zur katholischen Kirche sei ebenfalls nicht zu erkennen.

8

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Revision gegen die vorinstanzlichen Urteile und macht eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1 und 2 und Art. 3 Abs. 1 GG sowie ihrer Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 ff. WRV geltend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt gegen Bundesrecht.

10

Die Einrichtung einer Krypta im Untergeschoss des Kirchengebäudes der Klägerin ist eine Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB, deren bauplanungsrechtliche Zulässigkeit an §§ 30 ff. BauGB zu messen ist (1). Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass diese Nutzungsänderung im Industriegebiet nicht im Wege einer Ausnahme gemäß § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden kann, weil sie mit dem typischen Charakter eines Industriegebiets unvereinbar ist, steht im Einklang mit Bundesrecht (2). Bundesrechtswidrig sind demgegenüber die Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Auffassung gestützt hat, dass die Krypta auch nicht im Wege einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB genehmigt werden könne (3). Da die Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs für eine abschließende Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen nicht ausreichen, war die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (4).

11

1. Die beantragte Nutzung des Abstellraums im Untergeschoss des Kirchengebäudes der Klägerin als Krypta ist eine vom Vorhabenbegriff des § 29 Abs. 1 BauGB umfasste, mit geringfügigen baulichen Änderungen verbundene Nutzungsänderung.

12

Eine Nutzungsänderung liegt vor, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt (Urteil vom 18. Mai 1990 - BVerwG 4 C 49.89 - NVwZ 1991, 264 m.w.N.; Beschlüsse vom 14. April 2000 - BVerwG 4 B 28.00 - juris Rn. 6 und vom 7. November 2002 - BVerwG 4 B 64.02 - BRS 66 Nr. 70 S. 327). Die Variationsbreite der bisherigen Nutzung wird auch dann überschritten, wenn das bisher charakteristische Nutzungsspektrum durch die Änderung erweitert wird (Urteil vom 27. August 1998 - BVerwG 4 C 5.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 190 S. 64). So liegen die Dinge hier. Die Nutzung als Begräbnisstätte ist heute für eine Kirche nicht mehr charakteristisch. Im vorliegenden Fall wurde die Krypta zudem von der im Jahre 1994 erteilten Baugenehmigung für die Errichtung der Kirche ausdrücklich ausgenommen und sollte - auf Anregung des Regierungspräsidiums Stuttgart letztlich auch aus der Sicht der Klägerin - einem Nachtrags-Baugenehmigungsverfahren vorbehalten bleiben.

13

Vorhaben im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB und damit Gegenstand der bauplanungsrechtlichen Prüfung ist jedoch nicht - wie vom Verwaltungsgerichtshof angenommen - die Krypta als selbständige "Hauptanlage", sondern die Änderung von einer Kirche mit Abstellraum zu einer Kirche mit Krypta als Gesamtvorhaben. Geht es um die Änderung einer Nutzung, dürfen die bauliche Anlage und ihre Nutzung nicht getrennt beurteilt werden; sie bilden eine Einheit (Urteil vom 15. November 1974 - BVerwG 4 C 32.71 - BVerwGE 47, 185 <188>). Soll nicht die Nutzung der baulichen Anlage insgesamt, sondern - wie hier - lediglich eines bestimmten Teils der Anlage geändert werden, kann die bauplanungsrechtliche Prüfung hierauf nur beschränkt werden, wenn der betroffene Anlagenteil auch ein selbständiges Vorhaben sein könnte; er muss von dem Vorhaben im Übrigen abtrennbar sein (Urteil vom 17. Juni 1993 - BVerwG 4 C 17.91 - BRS 55 Nr. 72 S. 204). Daran fehlt es hier. Der streitgegenständliche, unter dem Altar gelegene Raum ist untrennbar mit der Kirche im Übrigen verbunden. Nur weil dies so ist, möchte die Klägerin in der Krypta ihre Gemeindepriester beisetzen. Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass nach den Glaubensvorstellungen der Klägerin die Verpflichtung besteht, syrisch-orthodoxe Priester in einem geweihten kirchlichen Bestattungsraum beizusetzen (UA S. 17 und 27). Kirche und Krypta stehen deshalb als Gesamtvorhaben zur bauplanungsrechtlichen Prüfung.

14

Die Nutzungsänderung ist auch städtebaulich relevant, weil durch die Aufnahme der neuen Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können (Urteil vom 18. Mai 1990 - BVerwG 4 C 49.89 - a.a.O.). Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass das Trauern und Gedenken nicht nur im Innern der Kirche unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, sondern auch außerhalb des Kirchengebäudes bemerkbar sein werde. Wie sich aus den Äußerungen der Klägerin im Baugenehmigungsverfahren sowie aus den von ihr in Bezug genommenen externen Stellungnahmen zum Ritual des Totengedenkens ergebe, solle das Gedenken feierlich zelebriert werden; die Toten sollen mit gelegentlichen Feiern geehrt werden. Zudem sei es Brauch der syrisch-orthodoxen Christen, nach jedem samstäglichen Abendgottesdienst vor den Priestergruften Gedenkgebete zu zelebrieren und an bestimmten Sonntagen und an hohen kirchlichen Feiertagen die Gottesdienste mit einer feierlichen Prozession in die Krypta abzuschließen. Bereits diese Feststellungen rechtfertigen die Annahme, dass durch die beantragte Nutzungsänderung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, auch wenn der Verwaltungsgerichtshof Quantität und Dauer dieser "externen" Traueraktivitäten nicht näher beschrieben und sie "letztlich" selbst nicht für ausschlaggebend gehalten, sondern entscheidend auf die funktionsmäßige städtebauliche Qualität der Krypta als Begräbnisstätte abgestellt hat (UA S. 22).

15

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass eine Kirche mit Krypta zwar grundsätzlich unter die im Industriegebiet gemäß § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulassungsfähigen Anlagen für kirchliche Zwecke fällt, eine Ausnahme vorliegend aber wegen Unverträglichkeit dieser Nutzung mit dem typischen Charakter eines Industriegebiets nicht erteilt werden kann. Dagegen gibt es aus bundesrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.

16

Das Kirchengrundstück liegt nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans, der hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung für das gesamte Plangebiet ein Industriegebiet (GI) gemäß § 9 BauNVO festsetzt. Bedenken gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen vermocht. Anhaltspunkte dafür haben sich auch im Revisionsverfahren nicht ergeben. Maßstab für die Zulässigkeit des Vorhabens ist deshalb grundsätzlich § 30 Abs. 1 BauGB. Im Industriegebiet ist eine Kirche mit Krypta nicht gemäß § 9 Abs. 2 BauNVO allgemein zulässig. Zu Recht konzentriert der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfung deshalb zunächst auf die Frage, ob die beantragte Nutzungsänderung im Wege einer Ausnahme gemäß § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden kann.

17

a) Im Einklang mit Bundesrecht geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass das Vorhaben eine Anlage für kirchliche Zwecke im Sinne des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist. Unter diesen Begriff fallen Anlagen, die unmittelbar kirchlich-religiösen Zwecken dienen, wie insbesondere ein dem Gottesdienst dienendes Kirchengebäude. Die von der Klägerin errichtete Kirche erfüllt diese Voraussetzungen. Die Krypta ist - wie bereits dargelegt - untrennbar mit der Kirche verbunden. Sie ist nicht nur ein privater Bestattungsplatz im Sinne des § 9 BestattG, sondern, weil sie der Bestattung von Gemeindepriestern dienen soll, die nach der Glaubensvorstellung der Klägerin nur in einem geweihten kirchlichen Raum beigesetzt werden dürfen, selbst Anlage für kirchliche Zwecke.

18

b) In Übereinstimmung mit Bundesrecht geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass die ausnahmsweise Zulassungsfähigkeit der beantragten Nutzungsänderung aber am ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der Gebietsverträglichkeit scheitert.

19

Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung. Der Verordnungsgeber will durch die Zuordnung von Nutzungen zu den näher bezeichneten Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinne überlegter Städtebaupolitik bringen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die vom Verordnungsgeber dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt (Urteil vom 21. März 2002 - BVerwG 4 C 1.02 - BVerwGE 116, 155 <158>; Beschluss vom 28. Februar 2008 - BVerwG 4 B 60.07 - Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 19 Rn. 6, jeweils m.w.N.). Zu Recht geht der Verwaltungsgerichtshof deshalb davon aus, dass die Gebietsverträglichkeit eine für die in einem Baugebiet allgemein zulässigen und erst recht für die ausnahmsweise zulassungsfähigen Nutzungsarten ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung ist, der eine typisierende Betrachtungsweise zugrunde liegt und die der Einzelfallprüfung auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 BauNVO vorgelagert ist.

20

Industriegebiete dienen gemäß § 9 Abs. 1 BauNVO ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind. Gewerbegebiete dienen gemäß § 8 Abs. 1 BauNVO der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Die Unterbringung erheblich störender Betriebe ist deshalb dem Industriegebiet vorbehalten und zugleich dessen Hauptzweck.

21

Von maßgeblicher Bedeutung für die Frage, welche Vorhaben mit dieser allgemeinen Zweckbestimmung des Industriegebiets unverträglich sind, sind die Anforderungen des jeweiligen Vorhabens an ein Gebiet, die Auswirkungen des Vorhabens auf ein Gebiet und die Erfüllung des spezifischen Gebietsbedarfs (Urteil vom 21. März 2002 a.a.O.). Da Industriegebiete der einzige Baugebietstyp der Baunutzungsverordnung sind, in dem erheblich störende Gewerbebetriebe untergebracht werden können, sind die in § 9 Abs. 3 BauNVO bezeichneten Nutzungsarten nur dann ohne Weiteres gebietsverträglich, wenn sie nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Hauptzweck des Industriegebiets nicht in Konflikt geraten können. Diese Voraussetzung erfüllt eine Kirche - mit oder ohne Krypta - bei typisierender Betrachtung nicht (vgl. auch Beschluss vom 20. Dezember 2005 - BVerwG 4 B 71.05 - Buchholz 406.12 § 8 BauNVO Nr. 21). Eine auf störunempfindliche Anlagen beschränkte ausnahmsweise Zulassungsfähigkeit von "Anlagen für kirchliche Zwecke" im Sinne des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO führt auch nicht dazu, dass dieses Tatbestandsmerkmal leer liefe. Das gilt bereits deshalb, weil nicht alle Anlagen für kirchliche Zwecke in gleicher Weise störempfindlich sind (vgl. etwa die Beispiele bei Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Band V, Stand: Juni 2010, Rn. 82 zu § 4 BauNVO). Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen auch eine störempfindliche Nutzung gebietsverträglich sein kann, etwa weil sie einem aus dem Gebiet stammenden Bedarf folgt, kann offen bleiben, weil weder seitens der Verfahrensbeteiligten geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich ist, dass hier derartige die Gebietsverträglichkeit begründende Umstände gegeben sein könnten.

22

3. Bundesrechtswidrig sind jedoch die Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Annahme gestützt hat, das Vorhaben könne auch nicht im Wege einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB genehmigt werden.

23

Ob die Umwandlung des Abstellraums in eine Krypta die Grundzüge der Planung berührt, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht abschließend entschieden. Nach seiner Auffassung fehlt jedenfalls ein Befreiungsgrund. Auch Gründe des Wohls der Allgemeinheit erforderten es nicht, dass die Krypta trotz ihrer bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit an der vorgesehenen Stelle eingerichtet werde. Das gelte auch bei Bewertung der Grabstättennutzung im Licht der Art. 4 und 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV (UA S. 25). Die Bestattung der Gemeindepriester in der Hauskirche sei kein zwingender Bestandteil der Religionsausübung (UA S. 27). Der verbleibende Eingriff in die Religionsausübungsfreiheit sei gerechtfertigt. Die Krypta erfordere ein Umfeld der Ruhe und Andacht. Dieses Umfeld sei in dem Industriegebiet weder nach seiner Typik noch nach seiner Eigenart gewährleistet. Zudem befinde sich die Krypta nur wenige Meter von der Grenze zum östlichen Nachbargrundstück und nur ca. 17 m von der dortigen großen Produktionshalle entfernt. Diese Situation widerspreche der Würde der in solchem Umfeld bestatteten Toten in hohem Maße. Insofern werde der Achtungsanspruch der Verstorbenen verletzt, der sich nachwirkend aus Art. 1 Abs. 1 GG ergebe. Darüber hinaus werde bei objektiver Betrachtung auch das durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht der Angehörigen und Trauernden auf ein würdevolles Gedenken beeinträchtigt. Diese verfassungsimmanente Schranke setze sich gegenüber der Beeinträchtigung der Religionsausübungsfreiheit durch und sei auch verhältnismäßig. Dabei sei besonders zu berücksichtigen, dass die Krypta keinesfalls nur am vorgesehenen Ort, sondern (zusammen mit der Kirche) an anderer geeigneter Stelle errichtet werden könnte oder damals hätte errichtet werden können. Das Planungsrecht biete zahlreiche Möglichkeiten, um städtebaulich die Grundlagen für eine pietätvolle Begräbnisstätte zu schaffen (UA S. 28 f.).

24

Mit diesen Erwägungen kann das Vorliegen eines Befreiungsgrundes nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht verneint werden.

25

a) Gründe des Wohls der Allgemeinheit beschränken sich nicht auf spezifisch bodenrechtliche Belange, sondern erfassen alles, was gemeinhin unter öffentlichen Belangen oder öffentlichen Interessen zu verstehen ist, wie sie beispielhaft etwa in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB aufgelistet sind (vgl. Urteil vom 9. Juni 1978 - BVerwG 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71 <76>). Vom Wortlaut des § 1 Abs. 6 Nr. 6 BauGB erfasst werden die Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge zwar nur, soweit sie von Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellt werden. Die in den Glaubensvorstellungen wurzelnden Belange privatrechtlich organisierter Kirchen und Religionsgesellschaften sind jedoch ebenfalls als öffentliche Belange zu berücksichtigen, sei es als kulturelle Bedürfnisse der Bevölkerung im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB oder als ein in dem nicht abschließenden Katalog des § 1 Abs. 6 BauGB nicht ausdrücklich erwähnter Belang (VGH München, Urteil vom 29. August 1996 - 26 N 95.2983 - VGH n.F. 49, 182 <186> = NVwZ 1997, 1016 <1017 f.> m.w.N.). Das gilt jedenfalls, wenn die betreffende Kirchengemeinde - wie dies bei der Klägerin der Fall sein dürfte - eine nicht unbedeutende Zahl von Mitgliedern hat.

26

b) Gründe des Wohls der Allgemeinheit erfordern eine Befreiung im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht erst dann, wenn den Belangen der Allgemeinheit auf eine andere Weise als durch eine Befreiung nicht entsprochen werden könnte, sondern bereits dann, wenn es zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses "vernünftigerweise geboten" ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist, reicht demgegenüber nicht aus (Urteil vom 9. Juni 1978 a.a.O.; Beschluss vom 6. März 1996 - BVerwG 4 B 184.95 - Buchholz 406.11 § 31 BauGB Nr. 35). Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Dabei kann es auch auf - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Fragen der Zumutbarkeit ankommen (Urteil vom 9. Juni 1978 a.a.O. S. 77).

27

Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass das Bedürfnis der Klägerin, ihre verstorbenen Gemeindepriester in der eigenen Kirche beisetzen zu können, kein zwingender Bestandteil ihrer Religionsausübung ist. Nach ihrer Begräbnisregel sei es zwar verboten, syrisch-orthodoxe Priester zusammen mit den Gemeindeangehörigen auf normalen Friedhöfen zu bestatten. Es bestehe die Verpflichtung, diesen Personenkreis in einem geweihten kirchlichen Bestattungsraum beizusetzen. Die Beisetzung müsse jedoch nicht zwingend in der "Hauskirche" erfolgen (UA S. 27).

28

Diese Feststellungen stehen der Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht entgegen. Gründe des Wohls der Allgemeinheit erfordern die Zulassung der Krypta auch, wenn Alternativen zur Beisetzung in der eigenen Kirche an sich in Betracht kommen, der Klägerin aber unter den gegebenen Umständen nicht zugemutet werden können. Dass die Klägerin theoretisch an anderer Stelle eine Kirche mit Krypta neu errichten könnte, genügt nicht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs kann eine Befreiung auch nicht mit dem Argument verweigert werden, dass es planungsrechtlich bereits bei Errichtung der Kirche möglich gewesen wäre, an anderer geeigneter Stelle die Grundlagen für eine pietätvolle Begräbnisstätte zu schaffen. Maßgebend für die Zumutbarkeit ist vielmehr, ob der Klägerin tatsächlich zu nicht unangemessenen Bedingungen ein besser geeignetes Grundstück für die Errichtung einer Kirche mit Krypta auf dem Gebiet der Beklagten zur Verfügung gestanden hätte oder, wenn dies nicht der Fall war, ob sie sich bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen hat. Feststellungen hierzu hat der Verwaltungsgerichtshof nicht getroffen. Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin ein besser geeignetes Grundstück zur Verfügung gestanden hätte, sind jedenfalls nach Aktenlage nicht ersichtlich. Ausweislich der Verwaltungsvorgänge hat das Regierungspräsidium selbst angeregt, dass über die Zulässigkeit einer Krypta im Rahmen eines Nachtragsbaugesuchs entschieden wird. Ausgehend hiervon dürfte der Klägerin nicht entgegengehalten werden können, dass sie den Anspruch auf eine Krypta nicht bereits vor Errichtung der Kirche gerichtlich geltend gemacht hat. Mangels tatsächlicher Feststellungen kann der Senat hierüber jedoch nicht abschließend entscheiden. Eine Bestattung der Gemeindepriester in einem niederländischen Kloster kann der Klägerin wegen der großen Entfernung von fast 500 km jedenfalls nicht zugemutet werden. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat diesen Einwand "gut nachvollziehen" können (UA S. 27). Er hat ihn jedoch nicht - wie es geboten gewesen wäre - im Rahmen des "Erforderns" als für eine Befreiung sprechenden Umstand gewürdigt.

29

Die Annahme eines Befreiungsgrundes gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB scheitert auch nicht daran, dass die Krypta - wie der Verwaltungsgerichtshof anführt - an der vorgesehenen Stelle "bauplanungsrechtlich unzulässig" sei (UA S. 25). Richtig ist zwar, dass die Krypta weder allgemein zulässig ist noch im Wege einer Ausnahme zugelassen werden kann und - so ist zu ergänzen - wohl auch bereits die Kirche am betreffenden Standort nicht hätte genehmigt werden dürfen. Dies stellt jedoch kein Hindernis für die Erteilung einer Befreiung dar, sondern eröffnet im Gegenteil erst den Anwendungsbereich des § 31 Abs. 2 BauGB.

30

Schließlich darf bei der einzelfallbezogenen Prüfung des Befreiungsgrundes nicht unberücksichtigt bleiben, dass hier eine Nutzungserweiterung in Frage steht, die zwar bei typisierender Betrachtung gebietsunverträglich ist, aber "vernünftigerweise" an ein vorhandenes Kirchengebäude anknüpft, das aufgrund bestandskräftiger Baugenehmigung im genehmigten Umfang formal legal weitergenutzt werden darf. Das gilt umso mehr, wenn die bestandsgeschützte Kirchennutzung - wie hier - im Einvernehmen mit der Gemeinde genehmigt wurde, die Gemeinde also gewissermaßen selbst den Keim für "vernünftigerweise gebotene" Nutzungserweiterungen gelegt hat. Ob die sich aus der Würde der Toten und der Trauernden ergebenden städtebaulichen Anforderungen an eine Begräbnisstätte der Befreiung entgegen stehen, ist keine Frage des Befreiungsgrundes, sondern der weiteren Voraussetzung, dass die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sein muss.

31

4. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Ob die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht ausdrücklich geprüft. Auch mit den dargelegten grundrechtlichen Erwägungen verfehlt er die nach § 31 Abs. 2 BauGB anzulegenden Prüfungsmaßstäbe. Für eine eigene abschließende Beurteilung dieser Frage durch den Senat fehlt es an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen (a). Nicht abschließend entschieden hat der Verwaltungsgerichtshof, ob die Grundzüge der Planung berührt werden. Auch der Senat ist hierzu nicht in der Lage (b).

32

a) Der Verwaltungsgerichtshof verfehlt die gemäß § 31 Abs. 2 BauGB anzulegenden Maßstäbe, soweit er der Religionsausübungsfreiheit der Klägerin den Achtungsanspruch der Toten und das Recht der Angehörigen und Trauernden auf ein würdevolles Gedenken abstrakt gegenübergestellt und hierbei maßgebend auf die Typik und die Eigenart des Industriegebiets abgestellt hat, anstatt die Vereinbarkeit der Abweichung mit den öffentlichen Belangen anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen.

33

Geboten ist eine Betrachtung, die die bisherige Situation (hier: Kirche ohne Krypta) dem durch die Abweichung zu ermöglichenden Gesamtvorhaben (hier: Kirche mit Krypta) gegenüberstellt und die Vereinbarkeit des sich daraus ergebenden Unterschieds mit öffentlichen Belangen untersucht. Welche Umstände als öffentliche Belange im Sinne von § 31 Abs. 2 BauGB eine Befreiung ausschließen, lässt sich nicht generell beantworten. In Betracht kommen insbesondere die in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB genannten öffentlichen Belange (vgl. Urteil vom 9. Juni 1978 - BVerwG 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71 <78>), auch solche, die nicht in der gemeindlichen Planungskonzeption ihren Niederschlag gefunden haben (Roeser, in: Berliner Kommentar, 3. Aufl., Stand: August 2010, Rn. 17 zu § 31; vgl. auch Urteil vom 19. September 2002 - BVerwG 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50 <54>). Ist die Befreiung mit einem öffentlichen Belang in beachtlicher Weise unvereinbar, so vermag sich der die Befreiung rechtfertigende Gemeinwohlgrund im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht durchzusetzen (Urteil vom 9. Juni 1978 a.a.O. S. 77 f.). Da der Plan gerade unter den Nachbarn einen Ausgleich von Nutzungsinteressen zum Inhalt hat, muss ferner darauf abgehoben werden, ob in den durch den Bebauungsplan bewirkten nachbarlichen Interessenausgleich erheblich störend eingegriffen wird (Beschluss vom 6. März 1996 - BVerwG 4 B 184.95 - Buchholz 406.11 § 31 BauGB Nr. 35). Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls (Urteil vom 9. Juni 1978 a.a.O. S. 77).

34

Diesen bauplanungsrechtlichen Anforderungen werden die verfassungsrechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs auch der Sache nach nicht in jeder Hinsicht gerecht. Zutreffend ist zwar, dass auch der Achtungsanspruch der Verstorbenen und das Recht der Angehörigen und Trauernden auf ein würdevolles Gedenken als öffentliche Belange im Sinne des § 31 Abs. 2 BauGB in Betracht kommen, wobei offen bleiben kann, ob der Verwaltungsgerichtshof mit der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG die richtige grundrechtliche Anknüpfung gewählt hat. Mit den abstrakten Erwägungen, dass eine Krypta ein städtebauliches Umfeld der Ruhe und Andacht erfordere, um der Totenruhe und der Würde der Toten Rechnung zu tragen, und dass dieses Umfeld in einem Industriegebiet weder nach seiner Typik noch nach seiner Eigenart gewährleistet sei, ferner, dass "bei objektiver Betrachtung" das Recht der Angehörigen und Trauernden auf ein würdevolles Gedenken beeinträchtigt werde, lässt sich die Versagung einer Befreiung nicht begründen. Maßgebend ist, ob im konkreten Einzelfall ausnahmsweise auch eine Begräbnisstätte in einem Industriegebiet den sich aus der Würde der Toten und der Trauernden ergebenden städtebaulichen Anforderungen genügt. Soweit der Verwaltungsgerichtshof auch die konkreten örtlichen Verhältnisse in den Blick genommen und darauf abgehoben hat, dass sich die Krypta nur wenige Meter von der Grenze zum östlichen Nachbargrundstück und nur ca. 17 m von der dortigen großen Produktionshalle entfernt befinde, in der auch im Schichtbetrieb gearbeitet werde und teilweise auch Lkw-Verkehr im Grenzbereich stattfinde, was in hohem Maße der Würde der in solchem Umfeld bestatteten Toten widerspreche (UA S. 28), fehlen jedenfalls Feststellungen dazu, inwieweit dieser Belang durch die Geschäftigkeit und Betriebsamkeit der industriellen Umgebung konkret beeinträchtigt werden kann, obwohl die Krypta in dem gegenüber der Außenwelt abgeschirmten Kircheninnern gelegen ist. Ähnliches gilt, soweit der Verwaltungsgerichtshof "bei objektiver Betrachtung" auch das Recht der Angehörigen und Trauernden auf ein würdevolles Gedenken beeinträchtigt sieht. Insoweit ist zudem zu berücksichtigen, dass die Beisetzung in einem geweihten Kirchenraum nach den Glaubensvorstellungen nicht nur der Syrisch-Orthodoxen Kirche eine besonders würdevolle Form der Bestattung ist.

35

Es fehlen auch Feststellungen, inwieweit durch die Zulassung der Abweichung nachbarliche Interessen konkret betroffen werden können, etwa, ob und gegebenenfalls in welcher Intensität gewerbliche Nutzungen in der Umgebung der Kirche durch die Krypta mit Nutzungseinschränkungen rechnen müssen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass mögliche Nutzungskonflikte bereits mit der Errichtung und Nutzung der Kirche entstanden sein dürften. Allein auf die Feststellung, dass das Trauern und Gedenken auch außerhalb des Kirchengebäudes "bemerkbar" sein werde (UA S. 21), kann die Ablehnung einer Befreiung nicht gestützt werden, weil dies auch auf die in einer Kirche ohne Krypta abgehaltenen Beerdigungs- und Trauergottesdienste zutrifft.

36

b) Mit der Formulierung, es spreche alles dafür, dass die private Bestattungsstätte die Grundzüge der Planung berühre, hat der Verwaltungsgerichtshof zwar deutlich gemacht, dass er dieser Auffassung zuneigt. Tragend festgelegt hat er sich insoweit aber nicht. Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen lässt sich derzeit auch hierzu Abschließendes nicht sagen.

37

Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist (Urteil vom 9. Juni 1978 a.a.O.; Beschlüsse vom 5. März 1999 - BVerwG 4 B 5.99 - Buchholz 406.11 § 31 BauGB Nr. 39 S. 2 und vom 19. Mai 2004 - BVerwG 4 B 35.04 - BRS 67 Nr. 83). Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (vgl. Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Band II, Stand: Juni 2010, Rn. 35 zu § 31 BauGB).

38

Zur ersten Frage hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass die Planung - zum maßgeblichen Zeitpunkt des Planerlasses im Jahr 1970, aber auch nach der tatsächlichen Bebauung - auf ein typisches, die gewerbliche Nutzungsbreite voll ausschöpfendes Industriegebiet ohne konfliktträchtige Ausnahmenutzungen gerichtet gewesen sei (UA S. 25). Weder die Festsetzungen noch die Begründung des Bebauungsplans enthielten Hinweise für die Absicht des Plangebers, das Baugebiet in einer vom Regelfall des § 9 Abs. 1 BauGB abweichenden Weise auszugestalten. Auch die seither verwirklichten Gewerbebetriebe in der näheren und weiteren Umgebung der Kirche ließen eine geradezu "klassische" Industriegebietsnutzung erkennen (UA S. 24), die vorhandenen Betriebe im Bebauungsplangebiet entsprächen der Nutzungsstruktur eines normtypischen Industriegebiets geradezu beispielhaft (UA S. 21). Diese Feststellungen haben zwar Tatsachen (§ 137 Abs. 2 VwGO) sowie die Auslegung des Bebauungsplans als Teil des nicht revisiblen Landesrechts (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) zum Gegenstand. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber mehrere für die Grundzüge der Planung bedeutsame Umstände außer Acht gelassen. Soweit er auf den Zeitpunkt des Planerlasses im Jahr 1970 abstellt, hat er unberücksichtigt gelassen, dass die Plangeberin in Ziffer 1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans (konfliktträchtige) Ausnahmenutzungen gemäß § 9 Abs. 3 BauNVO ausdrücklich zugelassen hat. Auch wenn diese Festsetzung nicht über das hinausgeht, was gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 9 Abs. 3 BauNVO auch ohne sie gegolten hätte, bedarf es der Prüfung, welche Bedeutung dem Umstand, dass sich die Gemeinde gleichwohl zu einer ausdrücklichen Regelung veranlasst gesehen hat, bei der Bestimmung der Planungskonzeption beizumessen ist. Soweit der Verwaltungsgerichtshof auch auf die tatsächliche Bebauung im Industriegebiet abgestellt hat, hätte er nicht unberücksichtigt lassen dürfen, dass nicht nur Gewerbebetriebe verwirklicht wurden, sondern im Einvernehmen mit der Beigeladenen zu 1 auch die Kirche der Klägerin. Das ist ein Umstand, dem eine starke Indizwirkung für eine auch gegenüber konfliktträchtigen Ausnahmenutzungen offene Planungskonzeption zukommen kann.

39

Zu der weiteren Frage, ob die planerische Grundkonzeption durch die Befreiung berührt würde, hat der Verwaltungsgerichtshof keine Feststellungen getroffen. Verlässliche Rückschlüsse lassen auch die in anderem Zusammenhang getroffenen Feststellungen nicht zu. Diese Feststellungen wird der Verwaltungsgerichtshof nachzuholen haben, falls es für seine Entscheidung hierauf ankommt. Weil eine planerische Grundkonzeption durch ein Vorhaben nicht mehr berührt werden kann, wenn der mit der Planung verfolgte Interessenausgleich bereits durch die bisherige tatsächliche Entwicklung im Baugebiet nachhaltig gestört ist (zutreffend VGH München, Urteil vom 9. August 2007 - 25 B 05.1337 - juris Rn. 41; nachfolgend Beschluss vom 28. April 2008 - BVerwG 4 B 16.08 -), wird er sich hierbei auch mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob die Grundzüge der Planung bereits durch die Errichtung und Nutzung der Kirche nachhaltig gestört sind und deshalb durch das Hinzutreten der Krypta nicht mehr in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden können.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.November 2008 – 12 K 5012/07 – wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 21.692,33 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag, mit dem die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 VwGO) und der besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) in Anspruch genommen werden, hat keinen Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der vom Antragsteller dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, B. v. 10.03.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838 f., v. 15.12.2003 - 7 AV 2.03 - NVwZ 2004, 744 f., B. v. 12.11.2002 - 7 AV 4.02 - juris, B. v. 11.11.2002 - 7 AV 3.02 - DVBl 2003, 401 f.; B. v. 14.06.2002 - 7 AV 1.02 - DVBl 2002, 1556 f.); sie sind immer schon dann begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 – juris; B. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 - DVBl 2000, 1458 ff.), es sei denn, es lässt sich schon im Zulassungsverfahren zuverlässig sagen, das Verwaltungsgericht habe die Rechtssache im Ergebnis richtig entschieden und die angestrebte Berufung werde deshalb voraussichtlich keinen Erfolg haben (vgl. BVerwG, B. v. 10.03.2004 a.a.O.), sofern nicht seinerseits die anderen Gründe wiederum auf einen anderen Zulassungsgrund hinführen würden. Zur Darlegung ernstlicher Zweifel (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) ist eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung erforderlich.
Gemessen hieran begegnet das Urteil keinen ernstlichen Zweifeln.
Das angegriffene Urteil geht zunächst im Anschluss an das von Verwaltungsgericht eingeholte Gutachten Prof. Dr. S. davon aus, dass die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für Behandlung entstanden sind, die auf wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methoden beruhen und daher keine notwendigen Aufwendungen darstellen. Diese Einschätzung wird mit dem Zulassungsantrag nicht erfolgreich infrage gestellt. Das Gutachten geht davon aus, dass sich zwar teilweise eine „prinzipielle Wirksamkeit“ im Labor gezeigt habe und auch eine begrenzte klinische Erfahrung an Patientinnen belegt sei (vgl. S. 14 des Gutachtens). In Ermangelung bislang nicht durchgeführter großer randomisierter und kontrollierter „Phase III-Studien“ könne von einer allgemein anerkannten wissenschaftlichen Methode nicht gesprochen werden, was nur dann der Fall sei, wenn ein spürbar positives Einwirken auf den Krankheitsverlauf wissenschaftlich gesichert sei. Noch viel weniger sei dies dann anzunehmen, wenn noch nicht einmal größere „Phase II-Studien“ durchgeführt worden seien (vgl. S. 12 und 13). Dass, wie die Klägerin in der Begründung des Zulassungsantrags meint, „eine wissenschaftliche Anerkennung jedenfalls in der Zukunft durchaus möglich und von dem Gutachten nicht ausgeschlossen“ werde, macht diese nicht schon heute zu einer anerkannten wissenschaftlichen Methode.
Was die allgemeine wissenschaftliche Anerkennung und die Wirksamkeit der vom Gutachter vorgeschlagenen Behandlungsmethoden betrifft, werden diese im Anschluss an das Gutachten vom Verwaltungsgericht bejaht, ohne dass insoweit ernstliche Zweifel aufgezeigt werden bzw. vorliegen. Die Klägerin beanstandet in diesem Zusammenhang zunächst unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen in dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingereichten Schriftsatz vom 11.03.2008, das Gutachten und ihm folgend das angegriffene Urteil hätten übersehen, dass angesichts der bei ihr festgestellten „survivin-positiven“ Zellen eine Chemotherapie bzw. Strahlentherapie keinen Sinn gemacht hätte. Es kann in diesem Zusammenhang schon nicht davon ausgegangen werden, dass der Gutachter dieses Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und wissenschaftlich gewürdigt hat. Denn dieser Sachverhalt war Gegenstand des Schreibens von Dr. K. vom 17.02.2005 an die Klägerin. Im Gutachten wird aber ausdrücklich hierauf Bezug genommen (vgl. S. 5) und es erfolgt eine Auseinandersetzung mit den hierin enthaltenen Therapievorschlägen von Dr. K.. Ungeachtet dessen und unabhängig hiervon sind auch aus einem weiteren Grund insoweit keine ernstlichen Zweifel begründet. Dies ergibt sich aus folgendem: Der Senat geht zwar zugunsten der Klägerin davon aus, dass im Rahmen des geltend gemachten Zulassungsrundes der ernstlichen Zweifel auch Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, insbesondere eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht in zulässiger Weise gerügt werden können. In jedem Fall können dann aber Unterlassungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, die dem Erfolg einer Aufklärungsrüge entgegenstehen würden, nicht unbeachtet bleiben. Denn eine Verletzung der Aufklärungspflicht kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann mit Erfolg gerügt werden, wenn ein anwaltlich vertretener Beteiligter entweder bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung durch die Stellung eines Beweisantrags auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt hatte oder sich dem Verwaltungsgericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 22.02.1988 - 7 B 28.88 - NVwZ 1988, 1020; v. 01.03.2001 - 6 B 6.01 - NVwZ 2001, 923; v. 25.01.2005 - 9 B 38.04 - NVwZ 2005, 447). Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen und weitere die Sachverhaltsermittlung anstoßende Anträge, zu kompensieren. Mit dem Verweis auf eine Antragstellung in der mündlichen Verhandlung wird den Beteiligten in zumutbarer Weise angesonnen, ihr bisheriges Vorbringen kritisch zu sichten und nach dem aktuellen Stand der schriftsätzlichen Auseinandersetzung sowie dem Zwischenergebnis der mündlichen Verhandlung eine aktuelle Entscheidung zu treffen, ob eine weitere Sachverhaltsaufklärung überhaupt noch erforderlich ist. Zwar wurde hier im Schriftsatz vom 11.03.2008 pauschal die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt, was dann später vom Gericht auch veranlasst wurde. Ein weiterer Antrag wurde im Anschluss an die Einholung des Gutachtens nach der über die mündliche Verhandlung gefertigten Niederschrift nicht gestellt. In diesem Zusammenhang genügt ein lediglich schriftsätzlich angekündigter Antrag den genannten Anforderungen nicht (vgl. BVerwG, B.v. 06.03.1995 – 6 B 81.94 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265; B.v. 10.10.2002 – 9 BN 2.01 – NVwZ-RR 2002, 140). Gleichermaßen wurde zu keinem Zeitpunkt ein Antrag gestellt, den Gutachter zur Erläuterung seines Gutachtens in die mündliche Verhandlung zu laden (vgl. § 98 VwGO i.V.m. § 411 Abs. 3 ZPO; vgl. zu den Substantiierungsanforderungen BVerwG, B.v. 21.09.1994 – 1 B 131.93 – Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 46; v. 19.03.1996 - 11 B 9.96 - NJW 1996, 2318; v. 16.07.2008 – 2 B 55.07 – Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 95).
Das Gleiche gilt für die Bewertung des Umstandes, dass die Klägerin an einem Tumor erkrankt war, der zu einer Subgruppe von etwa 1 bis 2 % aller Mammakarzinome zählt. Wenn die Schlussfolgerung des Gutachters (vgl. S. 8), wonach es sich bei dieser „sehr wahrscheinlich“ (und nicht nur „wahrscheinlich“, wie im Schriftsatz vom 07.10.2008 eingewandt wurde) um eine Untergruppe des duktal-invasiven Mammakarzinoms handele, infrage gestellt wird, insbesondere auch bezweifelt wird, dass hier eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode bestehe, so war gleichfalls ein Antrag auf Erläuterung des Gutachtens nicht gestellt worden. Eine entsprechende weitere Aufklärung musste sich insoweit dem Gericht nicht aufdrängen, weil der Gutachter des Gerichtes im Gegensatz zu dem früher in einem anderen Verfahren eingeholten Gutachten Prof. Dr. B. sich offenbar zu einer eindeutigen Aussage in der Lage sah.
Wenn beanstandet wird, der Gutachter habe auf Seite 14 seines Gutachtens, keine gesicherte Eignung zu einer definitiven Ausheilung habe bestätigen könne, so übersieht die Klägerin, dass der Gutachter sich an dieser Stelle zu den Therapievorschlägen von Dr. K. äußert und nicht zu denen des Gutachters.
Der Umstand, dass der Gutachter etwa davon spricht, dass infolge einer Chemotherapie ein günstiger Einfluss „erwartet“ werden könne (vgl. S. 8/9), lässt keinen Schluss darauf zu, dass der Gutachter selbst davon ausgeht, dass insoweit keine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode vorliegen könnte. Denn insoweit kann der Gutachter aufgrund des bisherigen wissenschaftlichen Erfahrungswissens lediglich eine Prognose abgeben, die im Ergebnis auch einen Misserfolg beinhalten kann. Denn eine absolute Gewissheit kann hier nicht bestehen und selbstverständlich auch nicht gefordert werden.
Ist die Annahme des Verwaltungsgerichts, es bestehe eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode, mit erfolgreichen Rügen nicht infrage gestellt, so kommt es auf die Frage, ob nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. B.v. 06.12.2005 – 1 BvR 347/98) ausnahmsweise eine Beihilfefähigkeit auch wissenschaftlich nicht allgemein anerkannter Behandlungsmethoden bejaht werden muss, nicht mehr an.
10 
2. Die Annahme besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeiten zukommt. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn sich der konkret zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von dem Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfällen deutlich abhebt und sich gerade die diesbezüglichen Fragen im Berufungsverfahren stellen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, B.v. 21.09.2005 – 9 S 437/05 – NVwZ-RR 2006, 255; v. 22.04.1997 – 14 S 913/97 – NVwZ 1997, 1230; vgl. auch BVerfG, Kammerb. v. 23.06.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163). Den Darlegungserfordernissen ist hierbei nur genügt, wenn in fallbezogener Auseinandersetzung mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts dargetan wird, inwieweit sich die benannten Schwierigkeiten in Vergleich mit Verfahren durchschnittlicher Schwierigkeit als "besondere" darstellen und für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sein werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, B.v. 10.06.1997 – 7 S 662/97 – NVwZ-RR 1998, 31). Dabei kann im Einzelfall dem Darlegungserfordernis genügt sein, wenn auf eine (tatsächlich auch vorliegende) besonders aufwändige und eingehende Begründung in der angegriffenen Entscheidung verwiesen wird (vgl. BVerfG, Kammerb. v. 23.06.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163). In Anbetracht des eher geringen Gewichts der oben unter 1) behandelten Einwände, die keine grundlegenden Fragestellungen als noch unbeantwortet erscheinen lassen, sind solche besonderen Schwierigkeiten nicht gegeben.
11 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
12 
Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2, § 47 sowie § 52 Abs. 3 GKG.
13 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11. Dezember 2013 - 2 K 749/12 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts - für beide Instanzen auf jeweils 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist nicht begründet, weil sich aus den dargelegten Gründen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO) die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, siehe dazu unter 2.) und des Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, siehe dazu unter 3.) nicht ergeben.
1. Der Kläger hat sich im Ausgangsverfahren vor dem Verwaltungsgericht gegen die Bewertung einer Prüfungsleistung gewandt. Er hat dort beantragt, die Benotung seiner Klausur vom 12.09.2011 im Modul „Supply Chain Mana-gement“ und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 19.03.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klausur unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut benoten zu lassen und ihn hierüber zu bescheiden. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Einwand des Klägers, seine Ausführungen seien in Quantität und Qualität umfangreicher als die Musterlösung, weshalb er dafür jeweils die volle Punktzahl hätte erhalten müssen, greife nicht durch. Musterlösungen gäben den Prüfern lediglich eine allgemeine und nicht verbindliche Hilfestellung. Ohne Erfolg berufe sich der Kläger darauf, dass die Musterlösung von der Zertifizierungsstelle der Beklagten auditiert worden sei und den Erwartungshorizont des Aufgabenstellers widerspiegele. Die Musterlösung stelle keine „Bestleistung“ in dem Sinne dar, dass eine damit übereinstimmende Klausurlösung zwingend mit der Höchstpunktzahl zu bewerten sei. Der Prüfer Prof. Dr. C. habe hierzu im Überdenkensverfahren und in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt, die Prüfung durch die Zertifizierungsstelle solle nur gewährleisten, dass in Klausur und Musterlösung keine individuellen Mängel enthalten seien. Eine (erheblich) über dem Durchschnitt liegende Prüfungsleistung müsse in der Regel jedoch die Ausführungen in einem Skript in der wissenschaftlichen Tiefe und Breite übertreffen. Das reine Wiedergeben von Skriptinhalten entspreche daher eher einer durchschnittlichen Prüfungsleistung. Gleiches gelte grundsätzlich auch für Musterlösungen. Diese könnten in der Regel nur ein Anhaltspunkt für „Rumpfbestandteile“ von Antworten sein und kein 1:1-Maßstab, ob eine Antwort vollständig und/oder unzweifelhaft wahr sei. Angesichts dessen seien die Bewertungen der Aufgaben nicht zu beanstanden. Eine Überschreitung des Bewertungsspielraums durch den Prüfer sei nicht erkennbar.
2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind gegeben, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77, 83; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 -, NVwZ 2011, 546; Senatsbeschluss vom 20.05.2010 - 9 S 2530/09 -, VBlBW 2010, 480).
An diesem Maßstab gemessen zeigt die Antragsschrift ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht auf.
Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass in den bisher in der Rechtsprechung entschiedenen Fällen die Musterlösung stets von einem Dritten und nicht vom Prüfer selbst erstellt worden sei. Die Annahme der Unverbindlichkeit einer Musterlösung beruhe damit allein auf der gebotenen Respektierung des dem Prüfer zustehenden Bewertungsspielraums. Für den Fall, dass der Prüfer - wie im vorliegenden Verfahren - selbst die Musterlösung fertige, sei diese dagegen verbindlich. Die vom Prüfer selbst erstellte Musterlösung stelle das Anforderungsprofil dar, an dem er zur Gewährleistung der Chancengleichheit die Leistungen aller Kandidaten gleichmäßig messen müsse. Soweit der Prüfer seine Lösungshinweise selbst als „Musterlösung“ und nicht nur als Lösungsskizze, Bewertungshinweise oder dergleichen bezeichne, schließe dies zudem bereits begrifflich aus, dass es sich nur um einen „Anhaltspunkt für Rumpfbestandteile von Antworten und keinen 1:1-Maßstab“ handele. Die Bezeichnung eines Lösungsvorschlags als „Musterlösung“ nehme für sich in Anspruch, jedenfalls die fachspezifischen Anforderungen für die Lösung der Prüfungsfragen vollständig und erschöpfend aufzuzeigen.
Hinzu komme, dass die vom Prüfer erstellte Musterlösung von der Zertifizierungsstelle der Beklagten auditiert worden sei. Dem habe das Verwaltungsgericht keine hinreichende Beachtung geschenkt und deshalb seinem Urteil falsche beziehungsweise unvollständige Tatsachen zugrunde gelegt. Es sei seiner Behauptung, dass im Rahmen der Auditierung auch überprüft werde, ob die Musterlösung komplett sei, nicht nachgegangen. Nach der von der Zertifizierungsstelle stammenden Anlage „Geprüfte Qualitätsindikatoren“ werde die Musterlösung aber auch auf ihre Vollständigkeit und die konkrete Bewertung auf ihre Übereinstimmung mit der Musterlösung überprüft. Mit der Teilnahme an dem Auditierungsverfahren habe sich der Prüfer diesen Qualitätsindikatoren der Zertifizierungsstelle unterworfen. Die damit auch für den Prüfer verbindlich feststehende Vollständigkeit der Musterlösung schließe es aus, bei der konkreten Bewertung die Nichtvergabe von Punkten mit dem Fehlen von fachspezifischen Darlegungen zu begründen, die in der Musterlösung nicht als Erwartung niedergelegt seien.
Dieser Vortrag lässt die verwaltungsgerichtliche Entscheidung nicht ernstlich zweifelhaft erscheinen.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist seit langem geklärt, dass Musterlösungen oder allgemeine Lösungsskizzen für die Prüfer lediglich eine allgemeine, nicht verbindliche Hilfestellung darstellen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.06.1996 - 6 B 88.95 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 368, vom 03.04.1997 - 6 B 4.97 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 379, und vom 12.07.2013 - 1 WNB 2.13 -, Juris; ebenso Niedersächs. OVG, Beschluss vom 10.12.2009 - 5 ME 182/09 -, Juris; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 198). Der Prüfer muss die vom Prüfling angesprochenen Gesichtspunkte und Gedanken unabhängig davon, ob sie in der „Musterlösung“ enthalten sind, danach beurteilen, ob sie sich im Rahmen des vom Prüfling gewählten Aufbauschemas bewegen, ob sie sachlich richtig oder zumindest vertretbar und logisch begründet sind und ob für die geforderte Prüfungsleistung wichtige Gesichtspunkte gesehen worden sind. Maßgebliche Voraussetzung für die Nachvollziehbarkeit einer Prüferbewertung ist mithin nicht die Lösungsskizze, sondern die eigenständige Bewertung des Prüfers (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.07.2013 - 1 WNB 2.13 -, a.a.O.). Auch der beschließende Senat hat bereits ausgesprochen, dass von einer „Musterlösung“ abweichende Falllösungen angemessen zu bewerten und zu würdigen sind, und hat „Musterlösungen“ als bloße Hinweise auf die Fragestellungen angesehen, die eine Aufgabe aus der vorläufigen Sicht des Aufgabenstellers enthält (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10.11.2010 - 9 S 591/10 -, VBlBW 2011, 189, und vom 14.10.2013 - 9 S 1513/12 -).
Ausgehend von diesen Grundsätzen und dem Vorbringen des Klägers ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht der Musterlösung im vorliegenden Fall ein zu geringes Gewicht beigemessen haben könnte. Allein die Tatsache, dass die Musterlösung vom Prüfer entwickelt worden sein mag, rechtfertigt nicht die Annahme, dass ihr ein höherer Verbindlichkeitsgrad als sonst zukommt. Ihren Sinn als objektive Richtschnur ohne erschöpfenden Charakter behält eine Musterlösung auch bei einer Identität von Ersteller und Prüfer. Gegen eine Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen spricht auch die Tatsache, dass es von bloßen Zufällen abhängen kann, ob ein Prüfling vom Ersteller der Musterlösung oder einer anderen Person geprüft wird, zumal häufig verschiedene Prüfer nebeneinander eingesetzt werden. Es erschiene wenig einleuchtend, wenn in solchen Konstellationen abhängig von der Person des Prüfers unterschiedliche Maßstäbe greifen sollten. Auch aus der Verwendung des Begriffes „Musterlösung“ lässt sich nicht ableiten, dass darin eine bindende, vollständige, nicht zu übertreffende, „mustergültige“ Bearbeitung wiedergegeben werden soll. Dies folgt unabhängig von der genauen sprachwissenschaftlichen Bedeutung des Wortes „Muster“ schon daraus, dass dieser Begriff auch für reine „Lösungsskizzen“ gebräuchlich und dies in der Rechtsprechung seit langer Zeit anerkannt ist.
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Schließlich legt der Kläger auch nicht überzeugend dar, dass es sonst Besonderheiten des Prüfungsverfahrens bei der Beklagten gibt, die dort den Musterlösungen einen höheren Stellenwert verleihen. Die Tatsache, dass es bei der Beklagten eine Zertifizierungsstelle gibt und die Musterlösungen im Rahmen „geprüfter Qualitätsindikatoren“ eine Rolle spielen, bietet keinen Hinweis darauf, dass die Musterlösung über die allgemeinen Regeln hinaus die Prüfer bei der Korrektur binden soll. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der bei den Akten des Verwaltungsgerichts befindlichen Tabelle zu den „geprüften Qualitätsindikatoren“. Darin wird zwischen den Ebenen „Klausurstellungen (Pre-Check)“ und „Begutachtung korrigierter Klausuren (Post-Check)“ unterschieden. Auf der ersten Ebene wird die Musterlösung als Bestandteil der formalen Vorprüfung erwähnt und zudem inhaltlich gefordert, dass die Musterlösung „komplett“ sowie „nachvollziehbar und angemessen“ sein soll. Auf der Begutachtungsebene findet sich unter dem Punkt „Korrekturdurchführung“ als ein Element unter mehreren die Aussage „Bewertung entspricht Musterlösung“. All dies lässt sich ohne Weiteres damit vereinbaren, dass die Musterlösung lediglich eine allgemeine und nicht verbindliche Hilfestellung darstellt. Die Begriffe „komplett“ sowie „nachvollziehbar und angemessen“ lassen sich darauf ebenso gut beziehen wie auf ein Konstrukt mit höherer Verbindlichkeit. Dass es bei der Korrekturdurchführung eine Rolle spielen soll, ob die Bewertung der Musterlösung „entspricht“, lässt ebenfalls keinen Schluss auf eine gesteigerte Verbindlichkeit zu, zumal es sich nur um einen Faktor neben den Gesichtspunkten „Individuelle Lösungsansätze berücksichtigt“, „Analytische Aspekte und kritische Reflexion angemessen berücksichtigt“ sowie „Bewertung nachvollziehbar und angemessen“ handelt. Eine normative Grundlage für eine etwaige - den Beurteilungsspielraum des Prüfers einschränkende - Verbindlichkeit der Musterlösung zeigt weder der Kläger auf noch ist eine solche sonst ersichtlich (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.10.1996 - 4 S 1229/95 -, Juris, betreffend sogenannte „Rahmenlösungen“).
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3. Nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist die Berufung zuzulassen, wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf welchem die Entscheidung beruhen kann. Ein solcher Mangel ist nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.
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a) Unter dem Gesichtspunkt des Verfahrensmangels beanstandet der Kläger zum einen, das Verwaltungsgericht habe gegen die ihm nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegende Aufklärungspflicht verstoßen. Ihm hätte sich die Notwendigkeit aufdrängen müssen, hinsichtlich der Bedeutung einer auditierten Musterlösung eine Auskunft der Zertifizierungsstelle einzuholen beziehungsweise Zeugen zu laden. Angesichts seines substantiierten und mit Nachweisen belegten Vorbringens zur Verbindlichkeit der auditierten Musterlösung für die Bewertung hätte das Verwaltungsgericht nicht einfach die Behauptung der Beklagten seiner Entscheidung zugrunde legen dürfen, wonach die Musterlösung für eine Bestleistung „keine Bedeutung“ habe.
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Dies überzeugt nicht. Der Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) gebietet eine Beweiserhebung nur, wenn ein Verfahrensbeteiligter - insbesondere durch einen begründeten Beweisantrag - auf sie hinwirkt oder sie sich hiervon unabhängig aufdrängt. Dies ist der Fall, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung sehen muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.03.2014 - 10 B 11.14 -, NVwZ 2014, 744, 745 m.w.N.). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben: Wie oben (unter 2.) ausgeführt, bestand auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers und der von ihm vorgelegten Unterlagen, namentlich der Anlage „Geprüfte Qualitätsindikatoren“, für das Verwaltungsgericht kein überzeugender Hinweis auf eine gegenüber den allgemeinen Grundsätzen gesteigerte Verbindlichkeit der Musterlösung. Ausgehend davon mussten sich ihm auch keine weiteren Ermittlungen hierzu aufdrängen. Ferner hat der Kläger selbst nicht mit der Stellung eines förmlichen Beweisantrags auf eine weitere Erforschung des Sachverhaltes hingewirkt und trägt noch nicht einmal vor, dass er dem Gericht mögliche Zeugen oder andere konkrete Beweismittel benannt habe. Es deutet auch nichts darauf hin, dass eine Beweiserhebung anhand der nunmehr benannten Ermittlungsmaßnahmen (Auskunft der Zertifizierungsstelle, Zeugenvernehmung) ein anderes Ergebnis hätte erbringen können.
14 
b) Der Kläger meint weiter, es liege ein Verstoß gegen seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor, weil sich das Gericht mit seinem Vortrag zu der Bedeutung der Musterlösung nicht auseinandergesetzt habe. Der Kern seines dahingehenden Vorbringens sei gewesen, dass nach den Auditierungskriterien der Zertifizierungsstelle die Musterlösung auf ihre Vollständigkeit überprüft werde. Zur Substantiierung dieser Behauptung habe er sich auf die Anlage „Geprüfte Qualitätsindikatoren“ berufen. Das Gericht sei darauf nicht eingegangen. Es habe stattdessen schlicht den Vortrag der Beklagten zugrunde gelegt, obwohl dieser damit nicht in Einklang zu bringen sei.
15 
Der Anspruch der Prozessbeteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte, deren Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht dieser Pflicht nachgekommen ist. Die Gerichte sind nicht verpflichtet, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Die fehlende Bescheidung von Vorbringen in den Entscheidungsgründen lässt nur dann auf dessen Nichtberücksichtigung schließen, wenn es den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags zu einer Frage von zentraler Bedeutung für das Verfahren betrifft und nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 13.02.2012 - 9 B 77.11 -, NJW 2012, 1672, 1673, und vom 06.09.2011 - 9 B 48.11 -, NVwZ 2012, 376, 378, jeweils m.w.N.). Nur bei deutlichen Anhaltspunkten kann ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs angenommen werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.05.2011 - 7 B 17.11 -, NJW 2011, 2530, 2531 m.w.N.).
16 
Gemessen daran lässt sich hier nicht feststellen, dass das Verwaltungsgericht Teile des Vortrags des Klägers nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Das Verwaltungsgericht hat sich ausdrücklich mit der Bedeutung der Musterlösung auseinandergesetzt und hierzu nähere Ausführungen gemacht, auch betreffend die Auditierung (S. 15 f. des Urteils). Damit ist das Gericht auf den Kern des klägerischen Vortrags eingegangen. Es ist lediglich seiner Bewertung nicht gefolgt. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs schützt aber nicht davor, dass ein Gericht einem tatsächlichen Umstand nicht die von einem Beteiligten erwünschte Bedeutung zumisst oder dessen Rechtsansicht nicht teilt (vgl. Senatsbeschluss vom 05.12.2011 - A 9 S 2939/11 -, VBlBW 2012, 196 m.w.N.).
17 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
18 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG und berücksichtigt den Umstand, dass vorliegend lediglich das Ziel verfolgt wird, die Verbesserung einer Klausurnote im Rahmen des Moduls „Supply Chain Management“ zu erreichen (vgl. Senatsbeschluss vom 16.03.2000 - 9 S 411/00 -, Juris). Entsprechend ist der Streitwert des Ausgangsverfahrens von Amts wegen auf 5.000,-- EUR zu reduzieren (vgl. § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).
19 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG hinsichtlich der Streitwertfestsetzung).

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.