Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 08. März 2018 - 8 S 1464/15

bei uns veröffentlicht am08.03.2018

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Mai 2015 - 2 K 2227/12 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Erweiterung eines Lebensmittelmarkts der Klägerin. Diese begehrt eine Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraums sowie den Ausbau der Backvorbereitungszelle im Pfandlager.
Das Baugrundstück Flst. Nr. 3671/7 (J... Str. ...; hervorgegangen aus den früheren Grundstücken Flst. Nr. 3671/7, Flst. Nr. 3671/8 und Flst. Nr. 3671/16) liegt im Geltungsbereich des am 08.02.2017 beschlossenen und am 18.02.2017 in Kraft getretenen Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung. Dieser setzt ein Mischgebiet fest. In Nr. I 1.1 der textlichen Festsetzungen heißt es unter anderem: „Im MI sind gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO die Nutzungen nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 Einzelhandelsbetrieb und Nr. 6, 7 und 8 BauNVO nicht zulässig.“
Den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung fasste der Gemeinderat der Beklagten am 17.06.2015. Am gleichen Tage beschloss dieser ferner eine Veränderungssperre, die daraufhin am 04.07.2015 bekanntgemacht wurde.
Vor Inkrafttreten des Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung galt der am 05.04.2000 beschlossene und am 17.04.2000 in Kraft getretene vorhabenbezogene Bebauungsplan „Siechenwiesen“. Der Gemeinderatsbeschluss lautete:
„Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „Siechenwiesen“ ... wird mit folgendem Wortlaut als Satzung beschlossen:
Auf Grund von ... hat der Gemeinderat am 05.04.2000 den oben genannten Bebauungsplan als Satzung beschlossen.
I. Der Vorhabenbezogene ... Bebauungsplan besteht aus dem Lageplan und der Begründung der Stadt Kirchheim vom 20.12.1999 / 02.02. / 05.04.2000. Grundrisse, Schnitte/Ansichten und Außenanlagenplan der Fa. ... vom 21.12.1999 sowie dem RE Entwurf des Ing. Büros ... vom 21.12.1999.
II. Der Geltungsbereich ergibt sich aus dem Lageplan der Anlage I zur SiVo 45/00/GR, in den seine Grenzen eingezeichnet sind.“
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan setzt das Grundstück in seinem zeichnerischen Teil als „beschränktes Gewerbegebiet" („GEb“) mit einer Grundflächenzahl von 0,8 und einer Geschossflächenzahl von 2,4 fest. Nach dem in Bezug genommenen Grundriss hat der Lebensmittelmarkt eine Geschossfläche von 1.318 m² und eine angenommene Verkaufsfläche von (ca.) 790 m² ohne beziehungsweise (ca.) 890 m² mit Kassenzone. In der „Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ heißt es unter I., die unterhalb der Großflächigkeit liegenden Handelsnutzungen seien bei innenstadtrelevantem Einzelhandel ausgeschlossen. Mit Beschluss vom 21.04.1999 habe der Gemeinderat die Bereitschaft erklärt, das notwendige Planungsrecht für die Ansiedlung eines Lebensmittelmarkts auf dem Gelände zu schaffen. Unter III. a) ist weiter ausgeführt, es sei ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche vorgesehen. Der zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossene Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan datiert vom 28.02.2000/03.03.2000. In § 2 Abs. 1 heißt es:
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„Der maßgebliche Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ schließt nach der aktuellen 4. Änderung den Verkauf innenstadtrelevanter Artikel an Endverbraucher aus. Es ist daher eine Änderung dieser Einschränkung erforderlich, zudem sollen in diesem Zusammenhang noch weitere Festsetzungen aktualisiert sowie die notwendige Änderung/Ausbau der Jesinger Straße dargestellt werden. Die Ausweisung eines Sondergebiets ist allerdings nicht vorgesehen, gemäß der Festsetzung Gewerbegebiet (GE) ist somit ein Lebensmittelmarkt bis maximal 800 m² Verkaufsfläche und 1.200 m² Grundfläche zulässig.“
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Vor Inkrafttreten des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ lag das Baugrundstück im Geltungsbereich des am 29.07.1998 beschlossenen und am 16.12.1998 in Kraft getreten Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung (Bebauungsplanänderungen „Ausschluss von innenstadtrelevantem Einzelhandel“). Danach war - im Wege einer Textergänzung zu dem Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der bis dahin geltenden Fassung - unter der Überschrift „Art der baulichen Nutzung“ festgesetzt: „In den bezeichneten Misch-, beschränkten Gewerbe-, Gewerbe- und Industriegebieten der o.g. Bebauungspläne sind gem. § 1 Abs. 7 Nr. 2 BauNVO „Handelsbetriebe für Endverbraucher“ unzulässig, denen eine zentrumsschädigende bzw. den Stadtkern in seiner Vitalität beeinträchtigende Wirkung beizumessen ist. Hierzu zählen nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes, Ausgabe 1993 (WZ 93) folgende Gruppen/Klassen: (...)“
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Vor Inkrafttreten des Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung wiederum lag das Baugrundstück im Geltungsbereich des am 12.06.1968 beschlossenen und am 12.09.1968 in Kraft getretenen Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 3. Änderung. Dieser setzt ein Gewerbegebiet fest. Die Grundflächenzahl beträgt 0,6, die Geschossflächenzahl 1,6. Darüber hinausgehende Einschränkungen enthält der Bebauungsplan nicht.
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Am 13.04.2000 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Baugenehmigung für die erstmalige Errichtung des Lebensmittelmarkts. Das Vorhaben entsprach den in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogenen Unterlagen (1.318 m² Geschossfläche). Am 29.06.2006 wurde der Klägerin bereits eine Genehmigung für den Anbau eines Pfandraums (Erweiterung auf 1.494 m² Geschossfläche unter Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB und mit der Maßgabe, eine eventuelle Umnutzung in Verkaufsfläche sei durch die Befreiung nicht gedeckt) erteilt. In der Stellungnahme des Bauordnungsamts heißt es, die Befreiung könne im Hinblick auf die veränderten Leergutbedingungen (gemeint: Inkrafttreten der Verpackungsverordnung) zugelassen werden. Am 06.05.2010 wurde der Klägerin ferner eine Genehmigung zum Einbau eines Backvorbereitungsraums (bei gleichbleibender Geschossfläche) erteilt.
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Am 24.01.2011 reichte die Klägerin einen Bauantrag für das hier streitgegenständliche Vorhaben „Anbau Backvorbereitungsraum, Ausbau Backvorbereitungszelle im Pfandlager“ ein, das mit einer Erweiterung der Geschossfläche auf 1.556 m² verbunden wäre.
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Mit Bescheid vom 28.06.2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Bereits beim Neubau des Gebäudes sei mit 1.318 m² geplanter Grundfläche eine deutliche Überschreitung der maximalen Geschossfläche von 1.200 m² zugelassen worden. Als Voraussetzung hierfür sei gefordert worden, dass die Verkaufsfläche nicht mehr als 800 m² betrage - wobei allerdings die Kassenzone (ca. 90 m²) entgegen der aktuellen Rechtsprechung nicht mit berücksichtigt worden sei. Die Erweiterung der Geschossfläche durch den Pfandraum sei lediglich deswegen zugelassen worden, weil der zusätzliche Raumbedarf sich nicht aus einer Erweiterung beziehungsweise Verbesserung des Angebots ergeben habe, sondern ausschließlich aufgrund der neuen gesetzlichen Regelungen zur Verpflichtung zur Pfandrücknahme erforderlich geworden sei. Die nun vorliegende Erweiterungsplanung (auf 1.556 m² Geschossfläche) solle dagegen einer Optimierung der Arbeitsabläufe für ein zusätzliches Angebot von Aufbackwaren dienen und sei eine Folge der Erweiterung der Produktpalette. Der Discounter habe derzeit laut Lageplan eine Geschossfläche von 1.494 m² und überschreite damit schon im Bestand die in § 11 BauNVO als Regelannahme vorgegebene Größe von 1.200 m² in erheblichem Umfang. Dieser bereits gegebene Verstoß würde durch die geplante Erweiterung noch vergrößert. Die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB lägen nicht vor, da ein Grundzug der Planung berührt sei. Es seien auch keine Anhaltspunkte für eine atypische Betrachtungsweise entsprechend § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO erkennbar, wonach auch bei mehr als 1.200 m² Geschossfläche keine Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO vorlägen beziehungsweise zu erwarten seien. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin am 21.07.2011 Widerspruch ein.
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Mit Bescheid vom 13.06.2012 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch der Klägerin - ebenfalls unter Verweis auf die Geschossfläche - zurück.
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Am 06.07.2012 hat die Klägerin daraufhin beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben.
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Mit Urteil vom 20.05.2015 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart der Klage stattgegeben. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28.06.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 13.06.2012 seien aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Baugenehmigung zu erteilen, da die Bescheide rechtswidrig seien, die Klägerin in ihren Rechten verletzten und die Sache spruchreif sei (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Die Klägerin habe einen Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung. Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO sei eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstünden. So verhalte es sich hier.
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Verstöße gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften seien nicht ersichtlich.
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Dem Bauplanungsrecht sei ebenfalls Genüge getan. Das Bauvorhaben sei nach dem Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 3. Änderung zulässig. Dieser Bebauungsplan sei anzuwenden, da der vorhabenbezogene Bebauungsplan „Siechenwiesen“ unwirksam und der Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung in Bezug auf das Baugrundstück wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten sei.
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Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „Siechenwiesen“ sei unwirksam, weil sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag nicht zur Durchführung des Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet habe (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB).
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Der Vertrag verpflichte die Vorhabenträgerin nicht, das Vorhaben durchzuführen. Seinem Wortlaut nach verpflichte er die Vorhabenträgerin lediglich dazu, Erschließungsmaßnahmen durchzuführen (§ 3, § 4 Abs. 1, Abs. 9, § 13) und Geld an die Beklagte zu bezahlen (§ 2 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3, § 4 Abs. 4, § 5). Etwas anderes ergebe sich auch nicht unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB. Zwar sei in § 1 Abs. 3 festgehalten, dass der Bebauungsplan „Siechenwiesen“ und die vorgesehenen Umbau- und Neubaumaßnahmen der öffentlichen Verkehrsflächen ausschließlich durch den geplanten Neubau des Lebensmittelmarktes verursacht würden. Auch müsse die Beklagte die Sicherheitsleistung nach § 5 Satz 4 erst nach vollständiger Erfüllung des Erschließungsvertrags zurückgeben, während sich die Klägerin in § 4 Abs. 9 zugleich verpflichte, den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der Jesinger Straße durch die Stadt zu eröffnen. Aus all diesen Vorschriften - wie auch aus der Bebauungsplanbegründung, in der es heiße, dass ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche „vorgesehen“ sei - lasse sich aber allenfalls folgern, dass die Klägerin als Vorhabenträgerin bei Vertragsschluss beabsichtigt habe, einen Lebensmittelmarkt zu errichten und bereit gewesen sei, hierfür Erschließungskosten zu tragen. Mit einer Verpflichtung, einen Lebensmittelmarkt zu errichten, sei eine solche Absicht nicht gleichzusetzen.
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Der Durchführungsvertrag regele zudem nicht verbindlich, innerhalb welcher Frist das Vorhaben durchzuführen sei. In Bezug auf das Vorhaben würden im Durchführungsvertrag keine Fristen erwähnt. § 2 Abs. 3, § 4 Abs. 4 und § 5, auf die die Beklagte verweise, beträfen ausschließlich Erschließungskosten beziehungsweise die Sicherheitsleistung, die absichern solle, dass die Beklagte Erschließungsmaßnahmen durchführe. Auch aus § 4 Abs. 9 ergebe sich keine Frist, innerhalb derer das Vorhaben durchzuführen sei. Zwar verpflichte sich die Vorhabenträgerin in diesem Paragrafen, den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der Jesinger Straße durch die Stadt zu eröffnen. Dies stelle für die Vorhabenträgerin aber nur einen wirtschaftlichen Anreiz dar, die Erschließungsmaßnahmen zügig durchzuführen. Es bleibe ihr unbenommen, im Fall veränderter unternehmerischer Ziele von ihrem Plan, einen Lebensmittelmarkt zu errichten, Abstand zu nehmen.
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Vorhabenbezogene Bebauungsplane ohne Durchführungsverpflichtung seien unwirksam. Dies ergebe sich aus dem Gesetzeswortlaut. Nach diesem sei die Durchführungsverpflichtung Mindestinhalt des Durchführungsvertrages. Dieser wiederum sei eine gesetzliche Voraussetzung für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Die Unwirksamkeit folge zudem aus einer systematischen Gesetzesauslegung. Im Gegensatz zu qualifizierten Bebauungsplänen seien vorhabenbezogene Bebauungspläne auf alsbaldige Verwirklichung angelegt. Diese sei nur sichergestellt, wenn die Durchführung des Vorhabens nicht im Belieben des Vorhabenträgers stehe. Schließlich ließen sich teleologische Gründe für die Unwirksamkeit anführen. Die beschleunigte, sozusagen privatisierte Planung vorhabenbezogener Bebauungspläne sei nur gerechtfertigt, wenn der Vorhabenträger die fristgemäße Realisierung des Vorhabens verbindlich zusage und damit sichergestellt sei, dass tatsächlich ein Beschleunigungsbedürfnis bestehe. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass sich eine Gemeinde den Vorstellungen des Vorhabenträgers derart unterordne, dass sie nur noch als dessen Vollzugsinstanz erscheine und ihre Planung und Abwägung somit „verkaufe“.
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Der vorhabenbezogene Bebauungsplan sei auch nicht nachträglich wirksam geworden, als die Klägerin das Vorhaben (freiwillig) durchgeführt habe. Zwar solle eine vertragliche Durchführungspflicht und -frist unter Umständen entbehrlich sein, wenn Gegenstand eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans ein bereits verwirklichtes Vorhaben sei. Allein durch die Fertigstellung des Vorhabens könne eine Heilung aber nicht eingetreten sein. Voraussetzung dafür wäre, selbst wenn man eine vertragliche Durchführungspflicht im Fall eines bereits realisierten Vorhabens für entbehrlich hielte, ein erneuter Satzungsbeschluss in einem ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB einschließlich Ausfertigung und öffentlicher Bekanntmachung. Hieran fehle es.
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Ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan daneben auch wegen eines fehlenden Vorhabenbezuges oder aufgrund eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unwirksam sei, sei nicht mehr zu prüfen.
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Der Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung stehe dem Bauvorhaben ebenfalls nicht entgegen. Er sei in Bezug auf das Baugrundstück jedenfalls funktionslos geworden.
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Eine bauplanerische Festsetzung trete wegen nachträglicher Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich beziehe, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht hätten, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließe und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht habe, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nehme.
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Ob diese Voraussetzungen erfüllt seien, sei für jede Festsetzung gesondert zu prüfen. Dabei komme es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Entscheidend sei vielmehr, ob die jeweilige Festsetzung geeignet sei, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liege, werde nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden könne. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig abwichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermöge, könne von einer Funktionslosigkeit die Rede sein. Das setze voraus, dass die Festsetzung unabhängig davon, ob sie punktuell durchsetzbar sei, bei einer Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren habe, die städtebauliche Entwicklung noch in einer bestimmten Richtung zu steuern.
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Ausnahmsweise könne eine Festsetzung in Anlehnung an die Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen (Rechtsgedanke des § 139 BGB) jedoch auch bezogen auf ein Teilgebiet funktionslos geworden sein. Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall sei, sei nicht abschließend geklärt.
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Mindestvoraussetzung für die Funktionslosigkeit in Bezug auf ein Teilgebiet müsse in Fortschreibung der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sein, dass die Verhältnisse in diesem Teilgebiet in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht hätten, der eine Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplans in ebendiesem Teilgebiet auf unabsehbare Zeit ausschließe und dass die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht habe, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nehme. Diese Mindestvoraussetzungen lägen in Bezug auf das Baugrundstück vor.
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Die Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplans sei auf dem Baugrundstück auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen. Die tatsächlichen Verhältnisse widersprächen dem Bebauungsplan. Auf dem Baugrundstück sei ein Lebensmittelmarkt genehmigt und errichtet worden, obwohl der Bebauungsplan in den textlichen Festsetzungen den Facheinzelhandel mit Nahrungsmitteln (Gruppe 52.1 der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes) ausdrücklich als unzulässig aufführe. Ein Rückbau des Lebensmittelmarktes sei nicht zu erwarten. Es sei vielmehr davon auszugeben, dass die Klägerin den Lebensmittelmarkt noch über Jahrzehnte weiterbetreiben werde. Das Gebäude sei erst rund 15 Jahre alt. Die Klägerin habe es in den letzten Jahren zudem mehrfach erweitert beziehungsweise umgebaut und so, wie auch mit dem streitgegenständlichen Bauantrag, wiederholt ihr Interesse an einem langfristigen Betrieb der Filiale zum Ausdruck gebracht.
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Die Erkennbarkeit dieser Tatsache habe auch einen Grad erreicht, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nehme. Die tatsächlichen Verhältnisse wichen auf dem Baugrundstück derart massiv und offenkundig von der Planung ab, dass der Bebauungsplan dort eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich erfüllen könne. Der Lebensmittelmarkt bilde im Kleinen ein eigenes (Stadt-) Zentrum. In dem Einkaufsmarkt würden zahlreiche Artikel verkauft, die der Bebauungsplan in den textlichen Festsetzungen ausdrücklich als unzulässig ausschließe. Familien könnten in dem Markt ihre gesamten Lebensmitteleinkäufe - auch derzeit bereits einschließlich Backwaren - und einen Großteil ihrer Drogeriemarkteinkäufe erledigen. Das ständige Sortiment umfasse daneben Zeitungen und Blumen, periodisch würden Kleidung, Büro- und Elektroartikel angeboten.
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Über diese zwei Mindestvoraussetzungen hinaus sei, damit die Funktionslosigkeit der Festsetzungen eines Bebauungsplans in Bezug auf ein Teilgebiet des Plangeltungsbereichs ein Ausnahmefall bleibe, zu fordern, dass das betroffene Gebiet ein räumlich hinreichend abgrenzbares Teilgebiet des Plangeltungsbereichs darstelle. Nur im Fall einer solchen räumlichen Abgrenzbarkeit sei es gerechtfertigt, von dem Grundsatz, dass es nicht auf die punktuelle Durchsetzbarkeit der Festsetzungen ankomme, abzuweichen. Auch diese Voraussetzung sei im Fall des Baugrundstücks erfüllt. Es sei vom restlichen Plangeltungsbereich räumlich hinreichend abgrenzbar. Es bilde grob ein Rechteck, das im Norden von der Jesinger Straße, im Westen von der B 297 und im Südwesten von einer öffentlichen Grünfläche begrenzt werde. Hinzu komme die Besonderheit, dass der Plangeltungsbereich aus mehreren Teilstücken bestehe und das Baugrundstück für sich genommen ein eigenständiges Teilstück bilde.
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Schließlich solle eine Funktionslosigkeit der Festsetzungen in Bezug auf ein Teilgebiet eines Bebauungsplans nur in Betracht kommen, wenn das Teilgebiet nicht nur aus wenigen Grundstücken bestehe. Dieser Auffassung sei im Grundsatz zu folgen. Für die Funktionslosigkeit komme es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gerade nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Eine andere Bewertung sei aber indiziert, wenn der Plangeltungsbereich aus zwei räumlich voneinander getrennten Teilgebieten bestehe und sich die planwidrige Nutzung auf ein gesamtes Teilgebiet erstreckt, da in einem solchen Fall bei natürlicher Betrachtungsweise zwei Plan-/Baugebiete vorlägen. So verhalte es sich hier. Der westliche Geltungsbereich des Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung sei über 100 m vom östlichen Geltungsbereich getrennt, mithin rund ebenso weit, wie er selbst breit sei. Hinzu komme, dass das Baugrundstück im Jahr 2000 Gegenstand eines eigenen (vorhabenbezogenen) Bebauungsplans geworden seien. Der Plangeber habe damit zum Ausdruck gebracht, dass er es auch in planerischer Hinsicht als rechtlich eigenständig betrachte.
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Auf den von der Klägerin gerügten Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und einen möglichen Verkündungsmangel sei mit Blick auf die Funktionslosigkeit des Bebauungsplans in Bezug auf das Baugrundstück nicht mehr einzugehen.
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Nachdem der Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung unwirksam sei, richte sich die Zulässigkeit des Bauvorhabens nach dem Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 3. Änderung. Nach diesem sei das Bauvorhaben zulässig. Der Bebauungsplan setze für das Grundstück ein Gewerbegebiet fest. Die maximal erlaubte Grundflächenzahl von 0,6 und die maximal erlaubte Geschossflächenzahl von 1,6 würden unterschritten. Weitere Einschränkungen enthalte der Bebauungsplan nicht. An der Wirksamkeit des Bebauungsplans bestünden keine Zweifel.
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Gegen dieses ihr am 11.06.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 09.07.2015 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie ausführt:
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(1) Zwischenzeitlich sei (womöglich) des Rechtschutzinteresse für die Klage entfallen. Den Schreiben der Klägerin vom 23.02. und 22.05.2015 an ihre Oberbürgermeisterin sei zu entnehmen, dass sie ihr Erweiterungsvorhaben inzwischen aufgegeben habe.
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(2) Mittlerweile stehe der Bebauungsplan „Jesinger Ösch - 11. Änderung“ dem Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Baugenehmigung entgegen.
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Der Bebauungsplan sei wirksam. Insbesondere fehle es der Festsetzung des Mischgebiets im Westen des Plangebiets nicht an der städtebaulichen Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB. Das Ziel des Bebauungsplans sei es, ausgehend von der Bundesstraße (B 297) über ein Mischgebiet zu einem allgemeinen Wohngebiet eine Abschottung beziehungsweise Abstufung der Nutzungen zu erreichen. Durch die Änderung des Gewerbegebiets in ein Mischgebiet werde nicht nur dem Flächennutzungsplan entsprochen, vielmehr könne auch eine in Angrenzung an das Wohngebiet verträgliche gewerbliche Nutzung entstehen, die das Wohnen nicht wesentlich störe.
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Der Bebauungsplan skizziere eine langfristige zukünftige Entwicklung des Gebiets. Durch den Bebauungsplan sollten die planungsrechtlichen Grundlagen für ein durchmischtes Gesamtquartier geschaffen werden, in dem neben der Wohnnutzung auch Dienstleistungen des täglichen Bedarfs ihren Standort hätten und zur Belebung des öffentlichen Raums beitrügen. Die Festsetzungen förderten eine Durchmischung des Gebiets entsprechend den vertikalen Gliederungsmöglichkeiten des Bauplanungsrechts.
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Der Bebauungsplan verstoße auch nicht gegen § 2 Abs. 3 BauGB. Insbesondere sei der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben notwendig, um den vom Verband Region Stuttgart vorgegebenen Ausschluss einer Agglomeration von Einzelhandelsbetrieben zu gewährleisten und um einen Verstoß gegen regionalplanerische Ziele gemäß § 1 Abs. 4 BauGB zu vermeiden.
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(3) Unabhängig davon habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommen, der vorhabenbezogene Bebauungsplan „Siechenwiesen“ sei unwirksam, weil sich der Vorhabenträger nicht zur Durchführung des Bauvorhabens innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet habe. Der Durchführungsvertrag enthalte sehr wohl eine Verpflichtung der Vorhabenträgerin, das Vorhaben durchzuführen. Diese ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des Durchführungsvertrags, erst recht aber unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB. Die Klägerin hätte sich zum Abschluss des Durchführungsvertrages mit der Beklagten im Zweifel nicht bereit erklärt, wenn sie sich damit nicht habe verpflichten wollen, sowohl die Umbau- als auch die Neubaumaßnahme durchzuführen und die Erschließungsmaßnahmen auf eigene Kosten auszuführen.
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Selbst wenn die Auslegung des Durchführungsvertrags durch das Verwaltungsgericht zutreffend sein sollte, hätte es sich mit der Regelung in der salvatorischen Klausel in § 14 Abs. 2 auseinandersetzen und den Vertrag um eine Durchführungspflicht ergänzen müssen.
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Das Verwaltungsgericht gehe ferner zu Unrecht davon aus, der Durchführungsvertrag regele nicht verbindlich, innerhalb welcher Frist das Vorhaben durchzuführen sei. Es lege die in § 4 Abs. 9 vereinbarte Ausführungsfrist fehlerhaft aus. Als verbindliche Frist zur Durchführung des Neubaus ergebe sich bei zutreffender Betrachtung der Zeitpunkt der Übernahme der Umbauarbeiten aus § 9 Abs. 1 Satz 4.
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(4) Der Klägerin fehle zudem die prozessuale Befugnis, sich zur Begründung ihres Verpflichtungsantrags auf die Nichtigkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ sowie auf die Funktionslosigkeit des zuvor geltenden Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung zu berufen, weil sie sich damit in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten setze.
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Die Klägerin habe ursprünglich einen Standort in der D. Straße gehabt, der mangels Entwicklungspotenzials habe geschlossen werden sollen. Sie sei daher auf der Suche nach einem neuen Standort gewesen und habe sich im März 1999 schriftlich an sie gewandt, um den letztlich auch verwirklichten Standort zu bekommen. Nach verschiedenen Vorgesprächen habe die Klägerin eine Planskizze mit einem Bebauungsvorschlag eingereicht. Daraufhin sei im Gemeinderat am 21.04.1999 der Beschluss ergangen, das Planungsrecht für eine Ansiedlung des Markts zu schaffen und die dafür erforderlichen Untersuchungen zur Verkehrsanbindung durchführen zu lassen und dem Gemeinderat mitzuteilen. Wie letztlich auch in § 1 des Durchführungsvertrags festgehalten, habe es einer aufwändigen Umplanung des öffentlichen Verkehrs bedurft, weil sich in dem Bereich der geplanten Zufahrten zum neuen Lebensmittelmarkt der Anschluss für die B 297 von der Jesinger Straße (L 1200) befunden habe. Die Klägerin habe daher nach dem Grundsatzbeschluss des Gemeinderats vom 23.04.1999 dem Verkehrsplanungsbüro Thomas und Partner ein Verkehrsgutachten in Auftrag gegeben, in dem habe geklärt werden sollen, welche Verkehrsumplanungen und Umbauten für die Verwirklichung des Einzelhandelsmarkts erforderlich seien. Nach dessen Ergebnis seien umfangreiche Um- und Neubaumaßnahmen an den öffentlichen Verkehrswegen erforderlich gewesen, ohne die das Vorhaben nicht hätte verwirklicht werden können, weshalb die Klägerin auch die hierfür anfallenden Kosten übernommen habe. Auch die Planungen seien von der Klägerin intensiv begleitet worden, weil diese in ihrem Interesse habe sicherstellen wollen, ein Bauplanungsrecht zu erhalten, das ihren Vorstellungen entspreche. Das heiße, die Initiative zur Schaffung des Baurechts sei ausschließlich von der Klägerin ausgegangen. Wie sich aus § 2 des Durchführungsvertrags ergebe, seien die Parteien zudem davon ausgegangen, dass eine Änderung des damals existierenden Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung erforderlich gewesen sei, um das Bauvorhaben zu verwirklichen. Die Planung sei zwar von ihrer Verwaltung erstellt, jedoch von der Klägerin finanziert worden (§ 2 Durchführungsvertrag). Mit Verwirklichung des Einzelhandelsbetriebs auf ihren im Bereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans liegenden Grundstücken habe die Klägerin das ausschließlich in ihrem Interesse für das Vorhaben geschaffene Baurecht ausgenutzt. Bei der Wertung des Verhaltens der Klägerin sei zu berücksichtigen, dass sie (die Beklagte) den vorhabenbezogenen Bebauungsplan in enger Abstimmung mit der Klägerin erlassen habe.
50 
Darüber hinaus sei auch die Berufung der Klägerin darauf, der (Vorgänger-) Bebauungsplan („Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung) sei funktionslos geworden, treuwidrig. Insoweit gälten die vorstehenden Überlegungen sinngemäß.
51 
(5) Jedenfalls stehe der Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung dem Bauvorhaben entgegen. Dieser sei auch weder insgesamt noch in Bezug auf das Baugrundstück funktionslos geworden.
52 
(6) Für die Hilfsanträge der Klägerin fehle das Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Der Klägerin stehe aufgrund des evident treuwidrigen Verhaltens unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt gegen sie ein Amtshaftungs- oder sonstiger Schadensersatzanspruch zu.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Mai 2015 - 2 K 2227/12 - zu ändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen,
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hilfsweise für den Fall, dass die Veränderungssperre vom 17.06.2015 der Erteilung der Baugenehmigung entgegenstehen würde, festzustellen, dass die Beklagte im Zeitpunkt unmittelbar vor Inkrafttreten der am 04.07.2015 bekannt gemachten Veränderungssperre verpflichtet war, ihr die Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraumes mit Tiefkühlzelle und den Ausbau einer Backvorbereitungszelle im Pfandraum auf dem Grundstück J... Straße ... in ...... nach Maßgabe des Bauantrages vom 24.01.2011 zu erteilen,
58 
weiter hilfsweise für den Fall, dass der Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung vom 08.02.2017 der Erteilung der Baugenehmigung entgegenstehen würde, festzustellen, dass die Beklagte im Zeitpunkt unmittelbar vor Inkrafttreten des am 18.02.2017 bekannt gemachten Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung verpflichtet war, ihr die Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraumes mit Tiefkühlzelle und den Ausbau einer Backvorbereitungszelle im Pfandraum auf dem Grundstück J... Straße ... in ...... nach Maßgabe des Bauantrags vom 24.01.2011 zu erteilen.
59 
Sie verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts und führt aus:
60 
(1) Zu Unrecht zweifele die Beklagte an ihrem Rechtschutzinteresse. Zwar habe sie sich mit weitergehenden Erweiterungswünschen auf der Grundlage ihres neuen Filialkonzepts an die Beklagte gewandt. Sie habe aber nach wie vor ein Interesse an der begehrten Baugenehmigung.
61 
(2) Ihr fehle auch nicht die Befugnis, sich auf die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Siechenwiesen“ zu berufen. Allein die Ausnutzung der günstigen Festsetzungen eines Bebauungsplans reiche für die Verwirkung dieses Rechts nicht aus. Vielmehr könne ein Vorgehen gegen einen Bebauungsplan (nur) dann missbräuchlich sein, wenn der Antragsteller schon bei der Beantragung der Baugenehmigung die Absicht gehabt habe, nach der Errichtung des Vorhabens den Bebauungsplan im Normenkontrollverfahren anzugreifen. Kein Rechtsmissbrauch könne ihm dagegen vorgeworfen werden, wenn er den Mangel des Bebauungsplans erst später entdeckt habe. Mit der Verwirklichung einer dem Bauherrn erteilten Baugenehmigung könne ihm nicht generell die Möglichkeit abgeschnitten werden, seine weitergehenden Interessen später im Wege eines gegen den Bebauungsplan gerichteten Normenkontrollverfahrens durchzusetzen.
62 
Auf dieser Linie liege auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach folge aus widersprüchlichem Verhalten nur in Ausnahmefällen, dass die Rechtsausübung nicht zulässig sei. Die Rechtsordnung lasse grundsätzlich widersprüchliches Verhalten zu. Parteien dürften ihre Rechtsansichten ändern. Jeder Partei stehe es in der Regel frei, sich auf die Unwirksamkeit einer von ihr abgegebenen Erklärung zu berufen. Zudem sei es den Parteien nicht verwehrt, ein unter ihrer Beteiligung zustande gekommenes Rechtsgeschäft anzugreifen. Widersprüchliches Verhalten werde erst dann missbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei oder andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen ließen. Allein die Ausnutzung günstiger Festsetzungen eines Bebauungsplanes begründe deshalb kein treuwidriges Verhalten, das die spätere Berufung auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans ausschließe.
63 
Nach diesen Grundsätzen sei es ihr nicht verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans „Siechenwiesen“ zu berufen. Dieser sei im Jahr 2000 aufgestellt worden. Das Verfahren habe die Beklagte durchgeführt. Sie habe die Planzeichnung, die textlichen Festsetzungen, die Begründung und den Durchführungsvertrag entworfen. Sie (die Klägerin) habe sich im Durchführungsvertrag nur verpflichtet, die auf der Grundlage der HOAI ermittelten Planungskosten für das Bebauungsplanverfahren zu übernehmen. Außerdem habe sie die Kosten für zusätzliche Erschließungsmaßnahmen getragen. Dies sei bei der Aufstellung von Angebotsbebauungsplänen nichts Besonderes. Bei vorhabenbezogenen Bebauungsplänen gebe § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB sogar vor, dass die Planungs- und Erschließungskosten zumindest teilweise vom Vorhabenträger zu tragen seien. Diese gesetzliche Pflicht begründe nicht gleichzeitig das Verbot, sich auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans zu berufen. Die Baugenehmigung für den Lebensmittelmarkt sei im Jahre 2000 erteilt worden. Von dieser habe sie Gebrauch gemacht. Auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplanes habe sie sich erstmals in der Widerspruchsbegründung vom 18.11.2011 - also mehr als zehn Jahre nach Erteilung der Baugenehmigung - berufen. Bei Beantragung und Erteilung der Baugenehmigung habe sie nicht die Absicht gehabt, die Wirksamkeit des Bebauungsplans in Frage zu stellen. Erst im Zuge der von ihr geplanten Anpassung der Filiale an den neuen Filialstandard mit Backvorbereitungsraum und Tiefkühlzelle habe sie geprüft, ob der Bebauungsplan „Siechenwiesen“ diesem Vorhaben entgegenstehe. Die Prüfung habe zu dem Ergebnis geführt, dass der Plan aus verschiedenen Gründen unwirksam sei. Die Verantwortung dafür trage jedoch allein die Beklagte, die das Verfahren in eigener Verantwortung durchgeführt und den Durchführungsvertrag entworfen habe. Ihr als Klägerin könne es deshalb nicht verwehrt werden, sich auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans zu berufen. Andernfalls würden die rechtsstaatlichen Bindungen, denen die Bauleitplanung unterworfen sei, zu Lasten Einzelner außer Kraft gesetzt. Damit würde auch das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG unterlaufen. Dies gelte erst recht für den Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung. Sie habe an dessen Aufstellung in keiner Weise mitgewirkt. Zudem treffe er auch keine für sie günstigen Festsetzungen. Es sei daher nicht ersichtlich, welche Umstände dazu führen sollten, dass sie sich nicht auf die Unwirksamkeit dieses Plans berufen können solle.
64 
(3) Der Bebauungsplan „Jesinger Ösch, 11. Änderung" ändere nichts an ihrem Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für den Bauantrag vom 24.01.2011. Er sei unwirksam.
65 
Die Festsetzung des Mischgebiets verstoße gegen § 1 Abs. 3 BauGB. Der Bebauungsplan leide außerdem an einem Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB. So habe der Gemeinderat unter anderem verkannt, dass auf absehbare Zeit eine Umstrukturierung des Gebiets zu einem Mischgebiet mit der gebotenen Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen sei. Auch die Festsetzungen über den Einzelhandelsausschluss und zum Maß der baulichen Nutzung seien unwirksam. Die Fehler seien beachtlich und führten zur Gesamtunwirksamkeit des Plans.
66 
(4) Zutreffend habe das Verwaltungsgericht auch erkannt, dass der vorhabenbezogene Bebauungsplan „Siechenwiesen“ unwirksam sei, weil es an einer vertraglichen Verpflichtung zur Durchführung des Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist fehle. Der Durchführungsvertrag beschränke sich auf Regelungen zur Erschließung.
67 
Unabhängig davon leide der Plan an weiteren Mängeln. Er setze das Baugrundstück im zeichnerischen Teil als „GEb“ fest. Aus der Planbegründung ergebe sich, dass das Baugrundstück damit als „beschränktes Gewerbegebiet“ habe festgesetzt werden sollen, in dem über den Lebensmittelmarkt hinaus auch andere Nutzungen zulässig sein sollten. Deutlich werde dies unter anderem in Kapitel III. a) der Planbegründung. Dort heiße es, auf dem Betriebsgrundstück sei ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche zulässig, auf den Restflächen könnten noch bauliche Anlagen im Rahmen einer gewerblichen Nutzung erstellt werden. Darin liege ein Verstoß gegen § 12 BauGB in der zum Zeitpunkt der Aufstellung des Bebauungsplans geltenden Fassung. Mit der Festsetzung eines Baugebietstyps lasse der Bebauungsplan nicht nur einen Lebensmittelmarkt, sondern vom Grundsatz her alle Nutzungen zu, die in einem Gewerbegebiet zulässig seien. Dies widerspreche dem Charakter des vorhabenbezogenen Bebauungsplans, der die Zulässigkeit einzelner Vorhaben bestimme. Mit der Festsetzung eines Baugebiets der Baunutzungsverordnung könne der Vorhabenbezug jedenfalls nicht bewirkt werden.
68 
Hinzu komme ein Widerspruch zwischen Vorhabenplan und vorhabenbezogenem Bebauungsplan. Die dem Satzungsbeschluss beigefügten Grundrisse, Schnitte, Ansichten und der Außenanlagenplan vom 21.12.1999 stellten einen Lebensmittelmarkt dar. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan setze jedoch ein Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO fest, das zahlreiche andere Nutzungen als nur einen Lebensmittelmarkt zulasse.
69 
Darüber hinaus sei die Festsetzung „GEb“ (eingeschränktes Gewerbegebiet) nicht hinreichend bestimmt. Weder aus dem zeichnerischen Teil des Bebauungsplans noch aus dessen Begründung ergebe sich, welche „Einschränkung“ festgesetzt sei. Dem Bebauungsplan sei daher nicht zu entnehmen, welche Nutzungen im Einzelnen zugelassen seien.
70 
(5) Zu Recht sei das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass der zuvor geltende Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung jedenfalls bezogen auf das Baugrundstück wegen Funktionslosigkeit unwirksam sei.
71 
Unabhängig davon sei der Bebauungsplan „Jesinger Ösch, 4. Änderung“ auch unwirksam, weil er an einem Verkündungsmangel leide. Er schließe Einzelhandel mit verschiedenen Sortimenten aus und verweise für die einzelnen Sortimente auf die Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes, Ausgabe 1993 (WZ 93). Der Inhalt der textlichen Festsetzungen ergebe sich erst aus dieser Klassifikation, die aber nicht in einem amtlichen Verkündungsblatt bekannt gemacht worden sei.
72 
Die textlichen Festsetzungen seien zudem nicht hinreichend bestimmt. Außerdem verstoße der für das Gewerbegebiet festgesetzte Einzelhandelsausschluss gegen § 1 Abs. 3 BauGB.
73 
(6) Die am 04.07.2015 bekannt gemachte Veränderungssperre habe ihrem Vorhaben ebenfalls nicht entgegengestanden. Es könne offen bleiben, ob sie wirksam gewesen sei. Sie habe jedenfalls ihr gegenüber keine Wirkung mehr entfaltet.
74 
Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB sei auf die Dauer der Veränderungssperre der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Diese Anrechnung sei auch bei faktischen Zurückstellungen vorzunehmen. Von einer faktischen Zurückstellung sei auszugeben, wenn ein Bauantrag nicht hinreichend zügig bearbeitet, verzögert oder rechtswidrig abgelehnt werde. Die Anrechnung erfolge dabei individuell für das eingereichte Baugesuch. Individuell seien auch die Verlängerungsmöglichkeiten der Veränderungssperre um ein drittes und ein viertes Jahr zu berücksichtigen, soweit die Voraussetzungen dafür vorlägen. Danach könne die Veränderungssperre ihrem Vorhaben nicht entgegengehalten werden.
75 
Sie habe ihren Bauantrag bereits am 24.02.2011 eingereicht. Er sei mit Bescheid vom 28.06.2011 rechtswidrig abgelehnt worden. Seit dem 28.06.2011 liege danach eine faktische Zurückstellung vor. Selbst eine individuelle Anrechnung einer Verlängerung der Veränderungssperre um ein drittes und ein viertes Jahr führe daher nicht mehr dazu, dass die Veränderungssperre ihrem Vorhaben entgegengehalten werden könne. Eine Verlängerung um ein fünftes Jahr lasse § 17 BauGB nicht zu.
76 
(7) Die Hilfsanträge würden für den Fall gestellt, dass die am 04.07.2015 bekanntgemachte Veränderungssperre beziehungsweise der am 18.02.2017 bekanntgemachte Bebauungsplan ihrem Vorhaben entgegengehalten werden könnten. Sie beabsichtige für diesen Fall, Schadensersatzansprüche aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung gegen die Beklagte geltend zu machen. In diesem Fall habe sie ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.
77 
Dem Senat liegen die Akten der Beklagten (vier Hefte Bau-Akten; vier Ordner Bebauungsplan-Akten), die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart (ein Heft) sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor. Darauf sowie auf die Senatsakten wird wegen weiterer Einzelheiten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
78 
Die Berufung der Beklagten ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, der Klägerin eine Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraums mit Tiefkühlzelle und den Ausbau einer Backvorbereitungszelle im Pfandraum auf dem Grundstück J... Str. ... in ... nach Maßgabe des Bauantrags vom 24.01.2011 zu erteilen. Der Bescheid der Beklagten vom 28.06.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 13.06.2012 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klage ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
I.
79 
Die Klage ist zulässig. Dem steht nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.
80 
Zwar unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch die Ausübung prozessualer Rechte den Geboten von Treu und Glauben mit der Folge, dass die Befugnis zur Anrufung der Gerichte unter bestimmten Voraussetzungen unzulässig sein kann. Das Bundesverwaltungsgericht hat dementsprechend wiederholt entschieden, dass dem Gericht die sachliche Prüfung eines Normenkontrollantrags versagt ist, wenn der Antragsteller sich zur Durchsetzung eines geltend gemachten Rechts zu seinem eigenen früheren Verhalten in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch setzt (vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 07.03.2013 - 4 BN 33.12 -, BauR 2013, 1101; Beschluss vom 14.11.2000 - 4 BN 54.00 -, BRS 63 Nr. 50; Beschluss vom 23.01.1992 - 4 NB 2.90 -, NVwZ 1992, 974 m.w.N.; vgl. ferner Senatsbeschluss vom 15.05.1995 - 8 S 810/95 -, NVwZ-RR 1996, 191; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017 - 3 S 153/17 -, BauR 2018, 237).
81 
Im vorliegenden Fall begründet die Erhebung der Verpflichtungsklage als solche indes kein widersprüchliches Verhalten. Der Vorhalt eines gegen Treu und Glauben verstoßenden Verhaltens kommt zwar nach den konkreten Einzelfallumständen insoweit in Betracht, als die Klägerin mit Blick auf ihr geplantes Bauvorhaben die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ geltend macht, nachdem dieser auf ihre eigene Initiative und in enger Abstimmung mit ihr erlassen wurde. Dies kann die Klägerin aber nicht schon prozessual daran hindern, ihren behaupteten und nicht schon offensichtlich ausgeschlossenen Anspruch auf eine Baugenehmigung gerichtlich prüfen zu lassen. Dies gilt umso mehr, als die Erteilung der Baugenehmigung nicht nur unter erfolgreicher Berufung auf die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ in Betracht kommt, sondern etwa auch im Befreiungswege. Unabhängig davon hat die Beklagte mittlerweile mit dem Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung auch ein neues Planungsrecht geschaffen.
82 
Ebenso wenig kann der Klägerin sonst ein Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage abgesprochen werden. Ungeachtet ihrer Schreiben vom 23.02. und 22.05.2015 an die Oberbürgermeisterin der Beklagten (Anlagen BB6 und BB8 zum Schriftsatz vom 07.10.2015) hat die Klägerin das streitgegenständliche Erweiterungsvorhaben nicht aufgegeben. Der in Anspruch genommene Rechtsschutz erweist sich somit nicht als nutzlos.
II.
83 
Die Verpflichtungsklage ist aber unbegründet.
84 
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO. Dem genehmigungspflichtigen (§ 49 i.V.m. § 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO, vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.02.2016 - 5 S 1389/14 -, BauR 2016, 956 = juris Rn. 53 ff.) Vorhaben der Klägerin stehen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen.
85 
1. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Hauptantrags ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Verpflichtungsklage eines Bauherrn auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG findet eine sogenannte „Günstigerprüfung“ nicht statt, da nur eine erteilte Baugenehmigung dem Bauherrn eine (relativ) gesicherte eigentumsrechtliche Position vermittelt (vgl. Senatsurteil vom 06.04.2010 - 8 S 1529/08 -, VBlBW 2011, 67 = juris Rn. 17 m.w.N.).
86 
2. Das Vorhaben ist - wie die Klägerin selbst einräumt - mit den Festsetzungen des Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung unvereinbar, denn in Nr. I 1.1 der textlichen Festsetzungen heißt es: „Im MI sind gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO die Nutzungen nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 Einzelhandelsbetrieb und Nr. 6, 7 und 8 BauNVO nicht zulässig.“ Die Klägerin begehrt aber gerade die Zulassung einer erweiterten Einzelhandelsnutzung.
87 
3. Es kann offen bleiben, ob der Bebauungsplan - wogegen allerdings einiges spricht - mit seinen dem Vorhaben der Klägerin entgegenstehenden Festsetzungen wirksam ist (vgl. dazu, dass die Festsetzung eines Mischgebiets städtebaulich nicht erforderlich ist, wenn der Plangeber das gesetzlich vorgesehene gleichberechtigte Miteinander von Wohnen und Gewerbe gar nicht anstrebt oder eine solche Durchmischung wegen der vorhandenen Bebauung faktisch nicht zu erreichen ist, Senatsurteil vom 17.05.2013 - 8 S 313/11 -, VBlBW 2014, 194). Denn im Fall der Unwirksamkeit des Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung käme es auf den Vorgängerplan, den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Siechenwiesen“, an. Auch auf dessen Grundlage kann die Klägerin mit ihrem Begehren nicht durchdringen.
88 
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verliert ein Bebauungsplan seine rechtliche Wirkung, wenn eine Gemeinde den Plan durch einen neuen ersetzt. Das folgt aus dem gewohnheitsrechtlich anerkannten Rechtssatz, dass die später erlassene Norm die frühere verdrängt. Entfällt wegen der Unwirksamkeit der späteren Norm die Möglichkeit der Normenkollision, kann diese Rechtsfolge nicht eintreten. Das hat regelmäßig zur Konsequenz, dass in diesem Fall die alte Rechtsnorm unverändert fortgilt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, a.a.O., juris Rn. 44 m.w.N.).
89 
b) Das Vorhaben der Klägerin müsste sich bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung an den Vorgaben des Bebauungsplans „Siechenwiesen“ messen lassen. Die Nichtigkeit dieses Bebauungsplans geltend zu machen, ist ihr jedoch im Hinblick auf ihr Begehren versagt, da sie sich damit in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten setzt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, a.a.O., juris Rn. 43).
90 
aa) Ein Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte den Plan auf Wunsch der Klägerin (vgl. deren Schreiben vom 13.03.1999 in den Akten zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan) und in enger Abstimmung mit ihr erlassen hat. Die Klägerin und die Beklagte waren sich bei der Einleitung des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplans darüber einig, dass der seinerzeit geltende Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung der von der Klägerin gewünschten Errichtung des Lebensmittelmarkts entgegenstand. Dies geht aus § 2 Abs. 1 des Durchführungsvertrags zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan ausdrücklich hervor. Ziel des vorhabenbezogenen Bebauungsplans war es daher, der Klägerin durch eine Änderung der planungsrechtlichen Grundlage die Verwirklichung ihres Vorhabens zu ermöglichen. Auf den Inhalt des Bebauungsplans hat die Klägerin während des Aufstellungsverfahrens auch Einfluss genommen. So ließ die Klägerin etwa im Oktober 1999 ein Gutachten über die zu erwartende Verkehrssituation beim Bau eines Lebensmittelmarkts erstellen. Mit Schreiben vom 13.10.1999 (in den Akten zum Baugesuch betreffend die Ersterrichtung des Markts) übersandte die Klägerin der Beklagten den Entwurf eines städtebaulichen Vertrags und teilte mit, die zugehörigen Planunterlagen würden in den nächsten Tagen von den Planungsbüros, die sie beauftragt habe, noch erarbeitet. Die Beklagte übernahm die Regelungen der ihr übersandten Vereinbarung „grundsätzlich“ in ihren Entwurf eines Durchführungsvertrags, den sie der Klägerin mit Schreiben vom 13.01.2000 (enthalten in den Akten zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan) übersandte. Die von der Klägerin vorgelegten „Grundrisse, Schnitte/Ansichten und Außenanlagenplan der Fa. ... vom 21.12.1999 sowie de(r) RE Entwurf des Ing. Büros ... vom 21.12.1999“ wurden von der Beklagten unverändert in ihren Satzungsbeschluss übernommen.
91 
bb) Ein widersprüchliches Verhalten folgt zum anderen daraus, dass die Klägerin nur mit Rücksicht auf den Plan und unter Ausnutzung von dessen Vorgaben die Baugenehmigung für den Neubau ihres Lebensmittelmarkts erhalten hat, die nach den Festsetzungen des Vorgängerbebauungsplans („Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung) nicht hätte erteilt werden können, und von dieser Genehmigung auch vollständig Gebrauch gemacht hat (vgl. - zu einem ähnlichen Fall - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, a.a.O., juris Rn. 45).
92 
cc) Entgegen der Annahme der Klägerin führt dieses widersprüchliche Verhalten bei Würdigung der besonderen Einzelfallumstände dazu, dass es mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren ist, dass sie sich nunmehr auf die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ stützt.
93 
(1) Der Senat teilt zwar die Rechtsauffassung der Klägerin, dass einem Bauherrn nach Verwirklichung der ihm erteilten Baugenehmigung nicht generell die Möglichkeit abgeschnitten sein kann, seine weitergehenden Interessen später mit Einwänden gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans durchzusetzen. Eine andere Sicht würde den Rechtsschutz zu stark verkürzen. Dies gilt auch für vorhabenbezogene Bebauungspläne und insbesondere für Fälle, in denen der Bauherr einen Mangel des Bebauungsplans erst später entdeckt. Jedoch kann ein Vorgehen gegen einen Bebauungsplan nicht nur dann missbräuchlich sein, wenn der Antragsteller schon bei Beantragung der Baugenehmigung die Absicht hatte, nach Errichtung seines Vorhabens den Bebauungsplan anzugreifen. Vielmehr kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, insbesondere darauf, mit welchen Einwänden der Bauherr gegen den Plan vorgeht und in welchem Verhältnis diese Einwände zu seinem vorangegangenen Tun stehen.
94 
(2) Danach ist es der Klägerin jedenfalls verwehrt, sich gerade für ihr Begehren der Geschossflächenerweiterung auf die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans zu berufen. Die Begrenzung der Geschossfläche war ein tragendes Merkmal der Planung.
95 
Der Satzungsbeschluss nahm Bezug auf den Grundriss des Lebensmittelmarkts mit einer Geschossfläche von 1.318 m² und damit auf das Maß dieses konkret geplanten Vorhabens. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB wird der Vorhaben- und Erschließungsplan Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Dem sollte der Satzungsbeschluss erkennbar Rechnung tragen, zumal es sich bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan seiner gesetzlichen Grundkonzeption nach um eine anlagen- und einzelfallbezogene Bauleitplanung handelt (vgl. Senatsurteil vom 10.04.2014 - 8 S 47/12 -, BauR 2014, 2064 = juris Rn. 89 m.w.N.).
96 
Zwar findet sich im zeichnerischen Teil des Plans die Festsetzung eines „beschränkten Gewerbegebiets“ („GEb“) mit einer Grundflächenzahl von 0,8 und einer Geschossflächenzahl von 2,4. Dies legt eine Auslegung nahe, dass der Vorhabenbezug des Plans „gelockert“ werden und für den geplanten Lebensmittelmarkt (zusätzlich) die Vorgaben der Baunutzungsverordnung für Einzelhandel in Gewerbegebieten (§ 11 Abs. 3 BauNVO) greifen sollten. Die „Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 BauGB) macht deutlich, dass es der Beklagten auf die Begrenzung (jedenfalls bzw. ergänzend) auf das in einem Gewerbegebiet Zulässige ankam. So heißt es unter I., die unterhalb der Großflächigkeit liegenden Handelsnutzungen seien bei innenstadtrelevantem Einzelhandel (nach dem bis dahin geltenden Planungsrecht) ausgeschlossen. Mit Beschluss vom 21.04.1999 habe der Gemeinderat die Bereitschaft erklärt, das notwendige Planungsrecht für die Ansiedlung eines Lebensmittelmarkts zu schaffen. Unter III. a) ist weiter ausgeführt, es sei ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche vorgesehen. Der zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossene Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan vom 28.02.2000/03.03.2000 hebt in § 2 Abs. 1 ebenfalls hervor, die Ausweisung eines Sondergebiets sei nicht vorgesehen, gemäß der Festsetzung Gewerbegebiet (GE) sei somit ein Lebensmittelmarkt bis maximal 800 m² Verkaufsfläche und 1.200 m² Grundfläche (Geschossfläche) zulässig. Dass das letztlich zugelassene Vorhaben mit 1.318 m² eine etwas höhere Geschossfläche aufweist, ist darauf zurückzuführen, dass die Klägerin im Gegenzug die ursprünglich größer vorgesehene Verkaufsfläche (vgl. die entsprechenden Änderungen am Baugesuch) auf ca. 790 m² reduziert hatte (so jedenfalls die Annahme der Beklagten, wie sie sich in deren Schreiben vom 02.05.2000 an das Architekturbüro M. widerspiegelt; allerdings unzutreffend ohne die Kassenzone berechnet, vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 -, BVerwGE 124, 364 = juris Rn. 27).
97 
Ein derart „gelockerter“ Vorhabenbezug ändert aber nichts daran, dass eine größere Geschossfläche als die zugelassene nach dem Planinhalt nicht zulässig sein sollte. Der Vorhabenbezug wurde mit der Festsetzung „GEb“ nicht vollständig gelöst, da neben dem zeichnerischen Teil eben auch der Grundriss des konkret geplanten Markts Planbestandteil wurde. Zudem kommt in der Festsetzung eines nur „beschränkten“ Gewerbegebiets gerade zum Ausdruck, dass in diesem Zusammenhang weitere Planbestandteile Beachtung finden sollten. Andernfalls wäre der Zusatz „b“ inhaltsleer und es hätte seiner nicht bedurft.
98 
Für die Richtigkeit der am Grundriss des konkreten Vorhabens orientierten Auslegung spricht zudem - wenn auch nur indirekt -, dass die Baugenehmigung für die Errichtung des Lebensmittelmarkts in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Erlass des vorhabenbezogenen Bebauungsplans erteilt wurde, ohne dass eine Befreiung ausgesprochen oder eine Atypik im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO geprüft wurde.
99 
Nähme man demgegenüber an, wie es die Beklagte im Verfahren über die hier streitige Baugenehmigung mit ihrem Rekurs auf § 11 BauNVO letztlich getan hat, der vorhabenbezogene Bebauungsplan habe ein Gewerbegebiet festgesetzt, ohne die im einbezogenen Grundriss vorgesehene Geschossfläche von 1.318 m² als verbindliche Obergrenze zu verstehen, müsste sich die Klägerin dann jedenfalls an dem Maßstab des § 11 BauNVO messen lassen und könnte sich für die Zulassung ihres Vorhabens nicht auf die Unwirksamkeit des Plans berufen.
100 
Selbst wenn man den vorhabenbezogenen Bebauungsplan in Bezug auf die Geschossflächenbegrenzung als mit § 12 BauGB unvereinbar, in sich objektiv widersprüchlich oder zu unbestimmt ansehen mag, bestand jedenfalls bei der Klägerin als Vorhabenträgerin keine Unklarheit darüber, dass die Beklagte die Planung mit der sich aus dem Grundriss ergebenden Geschossflächenbegrenzung vornehmen wollte. Sie hat sich hierauf auch eingelassen und die Beklagte bei dieser Planung unterstützt.
101 
(3) Schließlich begründet die Klägerin die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans vor allem damit, der Durchführungsvertrag regele keine Durchführungspflicht und keine Durchführungsfrist (vgl. dazu, dass entsprechende Regelungen zum Mindestinhalt gehören, § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB sowie näher Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2017, § 12 Rn. 95; Schiller, in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 1020 f.; Turiaux, NJW 1999, 391, 393). Dies sind indessen Gesichtspunkte, die ihrem Begehren keine erhöhte Schutzwürdigkeit verleihen, zumal das im Plan und im Durchführungsvertrag bestimmte Vorhaben längst verwirklicht ist (vgl. auch - eine Durchführungsfrist bei einer den Bestand bestätigenden Planung für entbehrlich haltend - OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.08.2001 - 1 C 11768/00 -, BauR 2001, 1874). Unter diesen Umständen erscheint die jetzige Berufung auf den Mangel eher in besonderem Maße widersprüchlich. Auch die von der Klägerin sonst vorgebrachten Einwände gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan führen zu keinem anderen Ergebnis. Sie bemängelt die Festsetzung „GEb“ wegen des vermeintlich fehlenden Vorhabenbezugs sowie wegen der vermeintlich fehlenden Bestimmtheit (jeweils unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 18.09.2003 - 4 CN 3.02 -, BVerwGE 119, 45; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 11.03.2004 - 7a D 51/02.NE -, ZfBR 2004, 575, und vom 03.12.2003 - 7a D 42/01.NE -, ZfBR 2004, 473). Dies sind ebenfalls Gesichtspunkte, die die Klägerin - unabhängig davon, inwieweit die Einwände in der Sache berechtigt sind - nun allein zum Zwecke der weiteren Ausweitung der ihr im Plan zugestandenen Geschossfläche aufgreift, während sie ansonsten diesbezüglich keine Betroffenheit geltend macht.
102 
(4) Das Alter des Plans und die sonstigen zeitlichen Abläufe nehmen dem Verhalten der Klägerin nicht seine Widersprüchlichkeit. Zwar stammt der Plan aus dem Jahre 2000, während die Klägerin erst im Jahre 2011 und damit über zehn Jahre nach Inkrafttreten - auch erhebliche Zeit nach Erteilung der Baugenehmigung für die Errichtung des Lebensmittelmarktes und dessen Realisierung - die Unwirksamkeit geltend machte. Diesem Zeitablauf kommt für sich genommen aber keine erhebliche Bedeutung zu. Geänderte Umstände, die es - etwa vergleichbar einem „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ - der Klägerin erlauben könnten, sich von der Geschossflächengrenze zu lösen, sind nicht ersichtlich. Sie macht lediglich einen geänderten „Filialstandard“ geltend. Diese Änderung entstammt aber ihrer eigenen Willenssphäre und beruht auch nicht auf unvorhersehbaren Entwicklungen. Darauf, wer die etwaige Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans (im Schwerpunkt) zu verantworten haben mag, kommt es ebenfalls nicht entscheidend an. Gleiches gilt für die Gegebenheit, dass Bebauungspläne von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufgestellt werden (zu Letzterem vgl. bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, a.a.O., juris Rn. 46).
103 
(5) Eine andere Bewertung des Verhaltens nach Treu und Glauben ist auch nicht deshalb geboten, weil der Klägerin mit den Baugenehmigungen vom 29.06.2006 (Anbau des Pfandraums) sowie vom 06.05.2010 (Umbau ohne Geschossflächenerweiterung) bereits Bauvorhaben bewilligt wurden, die eine Überschreitung der im Bebauungsplan zugelassenen Geschossfläche von 1.318 m² beinhalteten. Diese Entscheidungen haben weder den vorhabenbezogenen Bebauungsplan funktionslos werden lassen noch sonst dokumentiert, dass die Beklagte die Geschossflächenbegrenzung generell aufgeben wollte. Bei beiden Einzelentscheidungen hat die Beklagte gerade deutlich gemacht, dass sie auf die Begrenzung Wert legte und jeweils nur aus spezifischen Gründen zu ihren Entscheidungen bereit war. Der Anbau des Pfandraums wurde nur deshalb trotz Erweiterung der Geschossfläche genehmigt, weil den Neuregelungen der Verpackungsverordnung Rechnung getragen werden sollte. Die Genehmigung vom 06.05.2010 beruhte darauf, dass sie mit der Flächenumnutzung zwar als bauplanungsrechtlich relevant angesehen wurde, sie aber zu keiner Geschossflächenerweiterung führte. Insofern verhält sich die Beklagte auch nicht ihrerseits widersprüchlich, wenn sie sich auf die seinerzeit beschlossene Geschossflächenbegrenzung beruft.
104 
c) Unter Berücksichtigung der Vorgaben des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ hat die Beklagte den Bauantrag der Klägerin vom 24.01.2011 zu Recht abgelehnt (vgl. § 30 Abs. 2 BauGB).
105 
aa) Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann die Gemeinde durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Abs. 1 BauGB verpflichtet (Durchführungsvertrag). Auf dieser Rechtsgrundlage hat die Beklagte am 05.04.2000 den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Siechenwiesen“ beschlossen und eine Geschossflächenobergrenze für den Lebensmittelmarkt von 1.318 m² vorgegeben. Dem widerspräche es, wenn das Erweiterungsvorhaben der Klägerin genehmigt würde. Abgesehen davon stünde ihm auch die Festsetzung „GEb“ entgegen.
106 
Denn das Erweiterungsvorhaben wäre auch gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO nicht zulässig. Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO sind großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können (Nr. 2) sowie sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind (Nr. 3), außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nrn. 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 BImSchG sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt (§ 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO). Nach § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO sind Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 bei Betrieben nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 2 und 3 BauNVO in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1.200 m² überschreitet. Die Regel des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO gilt nach § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO (nur dann) nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1.200 m² Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1.200 m² Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen. Auch gemessen daran wäre das Bauvorhaben der Klägerin unzulässig, weil von nicht nur unwesentlichen Auswirkungen auszugehen wäre. Es bestehen keine Anhaltspunkte im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO. Maßgebend ist insoweit das Gesamtvorhaben in seiner durch die Erweiterung geänderten Gestalt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.07 -, BVerwGE 130, 113 = juris Rn. 20).
107 
Anhaltspunkte im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO für eine vom Regelfall abweichende Atypik (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 09.07.2002 - 4 B 14.02 -, BauR 2002, 1825 = juris Rn. 7 f.) können auf der betrieblichen Seite darin bestehen, dass zum Beispiel die Verkaufsfläche eher gering ist, oder dass der Betrieb beschränkt ist auf ein schmales Warensortiment (z.B. Gartenbedarf), auf Artikel, die üblicherweise in Verbindung mit handwerklichen Dienstleistungen (z.B. Kraftfahrzeughandel mit Werkstatt) angeboten werden, oder auf solche, die in einer gewissen Beziehung zu gewerblichen Nutzungen stehen (Baustoffhandel, Büromöbelhandel) (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342 = juris Rn. 11, zur BauNVO 1977, und vom 24.11.2005, a.a.O., Rn. 26). Derartige betriebliche Besonderheiten sind hier nicht ersichtlich, zumal es sich um einen Discountmarkt mit breitem Sortiment handelt.
108 
Auf der städtebaulichen Seite können Abweichungen von der typischen Situation zum Beispiel darin bestehen, dass der Einzugsbereich des Betriebs im Warenangebot bisher unterversorgt ist, dass zentrale Versorgungsbereiche an anderem Standort des Einzugsgebiets nicht geplant sind, oder dass der Betrieb in zentraler und für die Wohnbevölkerung allgemein gut erreichbarer Lage errichtet werden soll (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984, a.a.O., und vom 24.11.2005, a.a.O., Rn. 26). Auch insoweit ist für eine Atypik weder etwas dargelegt noch sonst ersichtlich. Letzteres gilt umso mehr, als der Standort geeignet erscheint, gebietsfremden Verkehr auszulösen, und die Beklagte an anderer Stelle bereits über einen zentralen Versorgungsbereich verfügt, in dem Einzelhandel zulässig ist.
109 
bb) Die Klägerin kann sich für ihr Begehren auch nicht auf § 31 Abs. 2 BauGB stützen. Danach kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und 1. Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, die Befreiung erfordern oder 2. die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder 3. die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Auch von einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan kann befreit werden (vgl. Senatsurteil vom 14.03.2007 - 8 S 1921/06 -, VBlBW 2008, 348; Bank, in: Brügelmann, BauGB, Stand Juli 2012, § 12 Rn. 196).
110 
(1) Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach den § 1 Abs. 8, § 2 Abs. 1 BauGB unverändert (dem Gemeinderat) der Gemeinde und nicht der Baurechtsbehörde. Diese Regelung darf deshalb nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Befreiung kann nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen. Umgekehrt wird diese Grenze für die Erteilung einer Befreiung nicht überschritten, wenn die Abweichung von Festsetzungen, die für die Grundzüge der Planung maßgeblich sind, nicht ins Gewicht fällt oder wenn die Festsetzung, von der abgewichen werden soll, eher „zufällig“ bzw. „isoliert“ erfolgt ist oder diese Planvorgabe auf einer Annahme beruht, die später entfallen ist (vgl. zum ganzen Absatz Senatsurteil vom 14.03.2007, a.a.O., m.w.N.).
111 
(2) Gemessen an diesen Grundsätzen würde die zur Genehmigung gestellte weitergehende Geschossflächenüberschreitung Grundzüge der Planung berühren. Zwar dürfte ein Verständnis der Planungsgrundzüge, die Befreiungen (nur) aus Gründen ausschließt, die in einer Vielzahl gleich gearteter Fälle ebenfalls angeführt werden könnten, bei einem als anlagen- und einzelfallbezogene Bauleitplanung ausgestalteten (vgl. Senatsurteil vom 10.04.2014, a.a.O.) vorhabenbezogenen Bebauungsplan kaum einschränkende Wirkung haben, weil ein solcher Plan nur ein bestimmtes Vorhaben zulässt (vgl. Senatsurteil vom 14.03.2007, a.a.O.; Bernhardt, NVwZ 2008, 972). Eine solche Betrachtung greift jedoch zu kurz. Bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan ist bei der Annahme der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB besondere Zurückhaltung geboten. Denn grundsätzlich besteht ein strikter Vorhabenbezug; der Bebauungsplan ist durch das konkrete Vorhaben charakterisiert (vgl. Müller-Grune, BauR 2008, 936, 938 f.). Im Hinblick auf die - im Unterschied zu einer Angebotsplanung - konkrete Festlegung des Vorhabens berühren Abweichungen vom Plan daher wenn nicht regelmäßig, so doch sehr häufig die Grundzüge der Planung (vgl. Bank, a.a.O., § 12 Rn. 196). Nicht befreit werden kann von der Grundkonzeption des vorhabenbezogenen Bebauungsplans beziehungsweise des Vorhaben- und Erschließungsplans als dessen Planbestandteil. Abweichungen können allenfalls unspezifische, nicht ins Gewicht fallende, die Konzeption nicht tragende Vorgaben betreffen (vgl. Bernhardt, a.a.O.; vgl. auch allgemein zum Wesen der Befreiung als Instrument für „Sonderfälle“ BVerwG, Urteil vom 14.07.1972 - IV C 69.70 -, BVerwGE 40, 268 = juris Rn. 28 f.). Soweit sich dem Senatsurteil vom 14.03.2007 (a.a.O.) anderes entnehmen lässt, wird daran nicht festgehalten.
112 
(3) Auch bei der vorgegebenen Geschossflächenbegrenzung handelt es sich unter den Umständen des vorliegenden Einzelfalls um einen grundlegenden Bestandteil der planerischen Konzeption. Wie bereits dargestellt, nahm der vorhabenbezogene Bebauungsplan das konkrete Vorhaben mit der genannten Geschossfläche in Bezug. Ausweislich der „Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ wie des Durchführungsvertrags kam es der Beklagten zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 30.11.2016 - 3 S 1184/16 -, VBlBW 2017, 329 = juris Rn. 51) besonders auf die Geschossflächenbegrenzung an.
113 
(4) Die Grundzüge der Planung würden von einer Zulassung des Bauvorhabens der Klägerin auch berührt. Für die Beurteilung, ob die (ursprüngliche) planerische Grundkonzeption durch die Befreiung berührt wird, ist auch die nachträgliche tatsächliche Entwicklung im Plangebiet bis zum Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung in den Blick zu nehmen. Es kommt darauf an, ob der mit der ursprünglichen Planung verfolgte Interessenausgleich durch die tatsächliche Entwicklung seit Inkrafttreten des Bebauungsplans bereits so nachhaltig gestört ist, dass die Planungsgrundzüge nicht mehr in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden können (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.11.2016, a.a.O., unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 -, BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 39; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.09.2016 - 3 S 864/16 - VBlBW 2017, 71). Gemessen daran sind die in der Geschossflächenobergrenze zum Ausdruck kommenden Planungsbelange nicht von einer planabweichenden Entwicklung überholt worden. Wie oben ausgeführt, hat die Beklagte nur aus besonderen Sachgründen in Einzelfällen Abweichungen von der Begrenzung zugelassen. Ihre Konzeption, großflächige Einzelhandelsbetriebe mit möglichen Auswirkungen nach § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO zu verhindern, wurde dadurch nicht in Frage gestellt.
III.
114 
Stehen danach dem Erweiterungsvorhaben bereits die Vorgaben des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ entgegen, ist über die Hilfsanträge nicht mehr zu entscheiden.
IV.
115 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
116 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
117 
Beschluss vom 8. März 2018
118 
Der Streitwert wird im Anschluss an die Festsetzung des Verwaltungsgerichts auch für das Berufungsverfahren auf 14.637,-- EUR festgesetzt (vgl. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs 2013 in entsprechender Anwendung, 150,-- EUR pro m² Erweiterung der Hauptnutzfläche sowie der Verkehrsfläche/Flur Backvorbereitung gemäß der von der Klägerin vorgelegten Berechnung nach DIN 277).
119 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
78 
Die Berufung der Beklagten ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, der Klägerin eine Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraums mit Tiefkühlzelle und den Ausbau einer Backvorbereitungszelle im Pfandraum auf dem Grundstück J... Str. ... in ... nach Maßgabe des Bauantrags vom 24.01.2011 zu erteilen. Der Bescheid der Beklagten vom 28.06.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 13.06.2012 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klage ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
I.
79 
Die Klage ist zulässig. Dem steht nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.
80 
Zwar unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch die Ausübung prozessualer Rechte den Geboten von Treu und Glauben mit der Folge, dass die Befugnis zur Anrufung der Gerichte unter bestimmten Voraussetzungen unzulässig sein kann. Das Bundesverwaltungsgericht hat dementsprechend wiederholt entschieden, dass dem Gericht die sachliche Prüfung eines Normenkontrollantrags versagt ist, wenn der Antragsteller sich zur Durchsetzung eines geltend gemachten Rechts zu seinem eigenen früheren Verhalten in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch setzt (vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 07.03.2013 - 4 BN 33.12 -, BauR 2013, 1101; Beschluss vom 14.11.2000 - 4 BN 54.00 -, BRS 63 Nr. 50; Beschluss vom 23.01.1992 - 4 NB 2.90 -, NVwZ 1992, 974 m.w.N.; vgl. ferner Senatsbeschluss vom 15.05.1995 - 8 S 810/95 -, NVwZ-RR 1996, 191; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017 - 3 S 153/17 -, BauR 2018, 237).
81 
Im vorliegenden Fall begründet die Erhebung der Verpflichtungsklage als solche indes kein widersprüchliches Verhalten. Der Vorhalt eines gegen Treu und Glauben verstoßenden Verhaltens kommt zwar nach den konkreten Einzelfallumständen insoweit in Betracht, als die Klägerin mit Blick auf ihr geplantes Bauvorhaben die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ geltend macht, nachdem dieser auf ihre eigene Initiative und in enger Abstimmung mit ihr erlassen wurde. Dies kann die Klägerin aber nicht schon prozessual daran hindern, ihren behaupteten und nicht schon offensichtlich ausgeschlossenen Anspruch auf eine Baugenehmigung gerichtlich prüfen zu lassen. Dies gilt umso mehr, als die Erteilung der Baugenehmigung nicht nur unter erfolgreicher Berufung auf die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ in Betracht kommt, sondern etwa auch im Befreiungswege. Unabhängig davon hat die Beklagte mittlerweile mit dem Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung auch ein neues Planungsrecht geschaffen.
82 
Ebenso wenig kann der Klägerin sonst ein Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage abgesprochen werden. Ungeachtet ihrer Schreiben vom 23.02. und 22.05.2015 an die Oberbürgermeisterin der Beklagten (Anlagen BB6 und BB8 zum Schriftsatz vom 07.10.2015) hat die Klägerin das streitgegenständliche Erweiterungsvorhaben nicht aufgegeben. Der in Anspruch genommene Rechtsschutz erweist sich somit nicht als nutzlos.
II.
83 
Die Verpflichtungsklage ist aber unbegründet.
84 
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO. Dem genehmigungspflichtigen (§ 49 i.V.m. § 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO, vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.02.2016 - 5 S 1389/14 -, BauR 2016, 956 = juris Rn. 53 ff.) Vorhaben der Klägerin stehen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen.
85 
1. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Hauptantrags ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Verpflichtungsklage eines Bauherrn auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG findet eine sogenannte „Günstigerprüfung“ nicht statt, da nur eine erteilte Baugenehmigung dem Bauherrn eine (relativ) gesicherte eigentumsrechtliche Position vermittelt (vgl. Senatsurteil vom 06.04.2010 - 8 S 1529/08 -, VBlBW 2011, 67 = juris Rn. 17 m.w.N.).
86 
2. Das Vorhaben ist - wie die Klägerin selbst einräumt - mit den Festsetzungen des Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung unvereinbar, denn in Nr. I 1.1 der textlichen Festsetzungen heißt es: „Im MI sind gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO die Nutzungen nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 Einzelhandelsbetrieb und Nr. 6, 7 und 8 BauNVO nicht zulässig.“ Die Klägerin begehrt aber gerade die Zulassung einer erweiterten Einzelhandelsnutzung.
87 
3. Es kann offen bleiben, ob der Bebauungsplan - wogegen allerdings einiges spricht - mit seinen dem Vorhaben der Klägerin entgegenstehenden Festsetzungen wirksam ist (vgl. dazu, dass die Festsetzung eines Mischgebiets städtebaulich nicht erforderlich ist, wenn der Plangeber das gesetzlich vorgesehene gleichberechtigte Miteinander von Wohnen und Gewerbe gar nicht anstrebt oder eine solche Durchmischung wegen der vorhandenen Bebauung faktisch nicht zu erreichen ist, Senatsurteil vom 17.05.2013 - 8 S 313/11 -, VBlBW 2014, 194). Denn im Fall der Unwirksamkeit des Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung käme es auf den Vorgängerplan, den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Siechenwiesen“, an. Auch auf dessen Grundlage kann die Klägerin mit ihrem Begehren nicht durchdringen.
88 
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verliert ein Bebauungsplan seine rechtliche Wirkung, wenn eine Gemeinde den Plan durch einen neuen ersetzt. Das folgt aus dem gewohnheitsrechtlich anerkannten Rechtssatz, dass die später erlassene Norm die frühere verdrängt. Entfällt wegen der Unwirksamkeit der späteren Norm die Möglichkeit der Normenkollision, kann diese Rechtsfolge nicht eintreten. Das hat regelmäßig zur Konsequenz, dass in diesem Fall die alte Rechtsnorm unverändert fortgilt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, a.a.O., juris Rn. 44 m.w.N.).
89 
b) Das Vorhaben der Klägerin müsste sich bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans „Jesinger Ösch“ - 11. Änderung an den Vorgaben des Bebauungsplans „Siechenwiesen“ messen lassen. Die Nichtigkeit dieses Bebauungsplans geltend zu machen, ist ihr jedoch im Hinblick auf ihr Begehren versagt, da sie sich damit in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten setzt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, a.a.O., juris Rn. 43).
90 
aa) Ein Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte den Plan auf Wunsch der Klägerin (vgl. deren Schreiben vom 13.03.1999 in den Akten zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan) und in enger Abstimmung mit ihr erlassen hat. Die Klägerin und die Beklagte waren sich bei der Einleitung des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplans darüber einig, dass der seinerzeit geltende Bebauungsplan „Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung der von der Klägerin gewünschten Errichtung des Lebensmittelmarkts entgegenstand. Dies geht aus § 2 Abs. 1 des Durchführungsvertrags zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan ausdrücklich hervor. Ziel des vorhabenbezogenen Bebauungsplans war es daher, der Klägerin durch eine Änderung der planungsrechtlichen Grundlage die Verwirklichung ihres Vorhabens zu ermöglichen. Auf den Inhalt des Bebauungsplans hat die Klägerin während des Aufstellungsverfahrens auch Einfluss genommen. So ließ die Klägerin etwa im Oktober 1999 ein Gutachten über die zu erwartende Verkehrssituation beim Bau eines Lebensmittelmarkts erstellen. Mit Schreiben vom 13.10.1999 (in den Akten zum Baugesuch betreffend die Ersterrichtung des Markts) übersandte die Klägerin der Beklagten den Entwurf eines städtebaulichen Vertrags und teilte mit, die zugehörigen Planunterlagen würden in den nächsten Tagen von den Planungsbüros, die sie beauftragt habe, noch erarbeitet. Die Beklagte übernahm die Regelungen der ihr übersandten Vereinbarung „grundsätzlich“ in ihren Entwurf eines Durchführungsvertrags, den sie der Klägerin mit Schreiben vom 13.01.2000 (enthalten in den Akten zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan) übersandte. Die von der Klägerin vorgelegten „Grundrisse, Schnitte/Ansichten und Außenanlagenplan der Fa. ... vom 21.12.1999 sowie de(r) RE Entwurf des Ing. Büros ... vom 21.12.1999“ wurden von der Beklagten unverändert in ihren Satzungsbeschluss übernommen.
91 
bb) Ein widersprüchliches Verhalten folgt zum anderen daraus, dass die Klägerin nur mit Rücksicht auf den Plan und unter Ausnutzung von dessen Vorgaben die Baugenehmigung für den Neubau ihres Lebensmittelmarkts erhalten hat, die nach den Festsetzungen des Vorgängerbebauungsplans („Jesinger Ösch“ in der Fassung der 4. Änderung) nicht hätte erteilt werden können, und von dieser Genehmigung auch vollständig Gebrauch gemacht hat (vgl. - zu einem ähnlichen Fall - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, a.a.O., juris Rn. 45).
92 
cc) Entgegen der Annahme der Klägerin führt dieses widersprüchliche Verhalten bei Würdigung der besonderen Einzelfallumstände dazu, dass es mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren ist, dass sie sich nunmehr auf die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ stützt.
93 
(1) Der Senat teilt zwar die Rechtsauffassung der Klägerin, dass einem Bauherrn nach Verwirklichung der ihm erteilten Baugenehmigung nicht generell die Möglichkeit abgeschnitten sein kann, seine weitergehenden Interessen später mit Einwänden gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans durchzusetzen. Eine andere Sicht würde den Rechtsschutz zu stark verkürzen. Dies gilt auch für vorhabenbezogene Bebauungspläne und insbesondere für Fälle, in denen der Bauherr einen Mangel des Bebauungsplans erst später entdeckt. Jedoch kann ein Vorgehen gegen einen Bebauungsplan nicht nur dann missbräuchlich sein, wenn der Antragsteller schon bei Beantragung der Baugenehmigung die Absicht hatte, nach Errichtung seines Vorhabens den Bebauungsplan anzugreifen. Vielmehr kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, insbesondere darauf, mit welchen Einwänden der Bauherr gegen den Plan vorgeht und in welchem Verhältnis diese Einwände zu seinem vorangegangenen Tun stehen.
94 
(2) Danach ist es der Klägerin jedenfalls verwehrt, sich gerade für ihr Begehren der Geschossflächenerweiterung auf die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans zu berufen. Die Begrenzung der Geschossfläche war ein tragendes Merkmal der Planung.
95 
Der Satzungsbeschluss nahm Bezug auf den Grundriss des Lebensmittelmarkts mit einer Geschossfläche von 1.318 m² und damit auf das Maß dieses konkret geplanten Vorhabens. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB wird der Vorhaben- und Erschließungsplan Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Dem sollte der Satzungsbeschluss erkennbar Rechnung tragen, zumal es sich bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan seiner gesetzlichen Grundkonzeption nach um eine anlagen- und einzelfallbezogene Bauleitplanung handelt (vgl. Senatsurteil vom 10.04.2014 - 8 S 47/12 -, BauR 2014, 2064 = juris Rn. 89 m.w.N.).
96 
Zwar findet sich im zeichnerischen Teil des Plans die Festsetzung eines „beschränkten Gewerbegebiets“ („GEb“) mit einer Grundflächenzahl von 0,8 und einer Geschossflächenzahl von 2,4. Dies legt eine Auslegung nahe, dass der Vorhabenbezug des Plans „gelockert“ werden und für den geplanten Lebensmittelmarkt (zusätzlich) die Vorgaben der Baunutzungsverordnung für Einzelhandel in Gewerbegebieten (§ 11 Abs. 3 BauNVO) greifen sollten. Die „Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 BauGB) macht deutlich, dass es der Beklagten auf die Begrenzung (jedenfalls bzw. ergänzend) auf das in einem Gewerbegebiet Zulässige ankam. So heißt es unter I., die unterhalb der Großflächigkeit liegenden Handelsnutzungen seien bei innenstadtrelevantem Einzelhandel (nach dem bis dahin geltenden Planungsrecht) ausgeschlossen. Mit Beschluss vom 21.04.1999 habe der Gemeinderat die Bereitschaft erklärt, das notwendige Planungsrecht für die Ansiedlung eines Lebensmittelmarkts zu schaffen. Unter III. a) ist weiter ausgeführt, es sei ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche vorgesehen. Der zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossene Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan vom 28.02.2000/03.03.2000 hebt in § 2 Abs. 1 ebenfalls hervor, die Ausweisung eines Sondergebiets sei nicht vorgesehen, gemäß der Festsetzung Gewerbegebiet (GE) sei somit ein Lebensmittelmarkt bis maximal 800 m² Verkaufsfläche und 1.200 m² Grundfläche (Geschossfläche) zulässig. Dass das letztlich zugelassene Vorhaben mit 1.318 m² eine etwas höhere Geschossfläche aufweist, ist darauf zurückzuführen, dass die Klägerin im Gegenzug die ursprünglich größer vorgesehene Verkaufsfläche (vgl. die entsprechenden Änderungen am Baugesuch) auf ca. 790 m² reduziert hatte (so jedenfalls die Annahme der Beklagten, wie sie sich in deren Schreiben vom 02.05.2000 an das Architekturbüro M. widerspiegelt; allerdings unzutreffend ohne die Kassenzone berechnet, vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 -, BVerwGE 124, 364 = juris Rn. 27).
97 
Ein derart „gelockerter“ Vorhabenbezug ändert aber nichts daran, dass eine größere Geschossfläche als die zugelassene nach dem Planinhalt nicht zulässig sein sollte. Der Vorhabenbezug wurde mit der Festsetzung „GEb“ nicht vollständig gelöst, da neben dem zeichnerischen Teil eben auch der Grundriss des konkret geplanten Markts Planbestandteil wurde. Zudem kommt in der Festsetzung eines nur „beschränkten“ Gewerbegebiets gerade zum Ausdruck, dass in diesem Zusammenhang weitere Planbestandteile Beachtung finden sollten. Andernfalls wäre der Zusatz „b“ inhaltsleer und es hätte seiner nicht bedurft.
98 
Für die Richtigkeit der am Grundriss des konkreten Vorhabens orientierten Auslegung spricht zudem - wenn auch nur indirekt -, dass die Baugenehmigung für die Errichtung des Lebensmittelmarkts in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Erlass des vorhabenbezogenen Bebauungsplans erteilt wurde, ohne dass eine Befreiung ausgesprochen oder eine Atypik im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO geprüft wurde.
99 
Nähme man demgegenüber an, wie es die Beklagte im Verfahren über die hier streitige Baugenehmigung mit ihrem Rekurs auf § 11 BauNVO letztlich getan hat, der vorhabenbezogene Bebauungsplan habe ein Gewerbegebiet festgesetzt, ohne die im einbezogenen Grundriss vorgesehene Geschossfläche von 1.318 m² als verbindliche Obergrenze zu verstehen, müsste sich die Klägerin dann jedenfalls an dem Maßstab des § 11 BauNVO messen lassen und könnte sich für die Zulassung ihres Vorhabens nicht auf die Unwirksamkeit des Plans berufen.
100 
Selbst wenn man den vorhabenbezogenen Bebauungsplan in Bezug auf die Geschossflächenbegrenzung als mit § 12 BauGB unvereinbar, in sich objektiv widersprüchlich oder zu unbestimmt ansehen mag, bestand jedenfalls bei der Klägerin als Vorhabenträgerin keine Unklarheit darüber, dass die Beklagte die Planung mit der sich aus dem Grundriss ergebenden Geschossflächenbegrenzung vornehmen wollte. Sie hat sich hierauf auch eingelassen und die Beklagte bei dieser Planung unterstützt.
101 
(3) Schließlich begründet die Klägerin die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans vor allem damit, der Durchführungsvertrag regele keine Durchführungspflicht und keine Durchführungsfrist (vgl. dazu, dass entsprechende Regelungen zum Mindestinhalt gehören, § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB sowie näher Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2017, § 12 Rn. 95; Schiller, in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 1020 f.; Turiaux, NJW 1999, 391, 393). Dies sind indessen Gesichtspunkte, die ihrem Begehren keine erhöhte Schutzwürdigkeit verleihen, zumal das im Plan und im Durchführungsvertrag bestimmte Vorhaben längst verwirklicht ist (vgl. auch - eine Durchführungsfrist bei einer den Bestand bestätigenden Planung für entbehrlich haltend - OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.08.2001 - 1 C 11768/00 -, BauR 2001, 1874). Unter diesen Umständen erscheint die jetzige Berufung auf den Mangel eher in besonderem Maße widersprüchlich. Auch die von der Klägerin sonst vorgebrachten Einwände gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan führen zu keinem anderen Ergebnis. Sie bemängelt die Festsetzung „GEb“ wegen des vermeintlich fehlenden Vorhabenbezugs sowie wegen der vermeintlich fehlenden Bestimmtheit (jeweils unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 18.09.2003 - 4 CN 3.02 -, BVerwGE 119, 45; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 11.03.2004 - 7a D 51/02.NE -, ZfBR 2004, 575, und vom 03.12.2003 - 7a D 42/01.NE -, ZfBR 2004, 473). Dies sind ebenfalls Gesichtspunkte, die die Klägerin - unabhängig davon, inwieweit die Einwände in der Sache berechtigt sind - nun allein zum Zwecke der weiteren Ausweitung der ihr im Plan zugestandenen Geschossfläche aufgreift, während sie ansonsten diesbezüglich keine Betroffenheit geltend macht.
102 
(4) Das Alter des Plans und die sonstigen zeitlichen Abläufe nehmen dem Verhalten der Klägerin nicht seine Widersprüchlichkeit. Zwar stammt der Plan aus dem Jahre 2000, während die Klägerin erst im Jahre 2011 und damit über zehn Jahre nach Inkrafttreten - auch erhebliche Zeit nach Erteilung der Baugenehmigung für die Errichtung des Lebensmittelmarktes und dessen Realisierung - die Unwirksamkeit geltend machte. Diesem Zeitablauf kommt für sich genommen aber keine erhebliche Bedeutung zu. Geänderte Umstände, die es - etwa vergleichbar einem „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ - der Klägerin erlauben könnten, sich von der Geschossflächengrenze zu lösen, sind nicht ersichtlich. Sie macht lediglich einen geänderten „Filialstandard“ geltend. Diese Änderung entstammt aber ihrer eigenen Willenssphäre und beruht auch nicht auf unvorhersehbaren Entwicklungen. Darauf, wer die etwaige Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans (im Schwerpunkt) zu verantworten haben mag, kommt es ebenfalls nicht entscheidend an. Gleiches gilt für die Gegebenheit, dass Bebauungspläne von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufgestellt werden (zu Letzterem vgl. bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, a.a.O., juris Rn. 46).
103 
(5) Eine andere Bewertung des Verhaltens nach Treu und Glauben ist auch nicht deshalb geboten, weil der Klägerin mit den Baugenehmigungen vom 29.06.2006 (Anbau des Pfandraums) sowie vom 06.05.2010 (Umbau ohne Geschossflächenerweiterung) bereits Bauvorhaben bewilligt wurden, die eine Überschreitung der im Bebauungsplan zugelassenen Geschossfläche von 1.318 m² beinhalteten. Diese Entscheidungen haben weder den vorhabenbezogenen Bebauungsplan funktionslos werden lassen noch sonst dokumentiert, dass die Beklagte die Geschossflächenbegrenzung generell aufgeben wollte. Bei beiden Einzelentscheidungen hat die Beklagte gerade deutlich gemacht, dass sie auf die Begrenzung Wert legte und jeweils nur aus spezifischen Gründen zu ihren Entscheidungen bereit war. Der Anbau des Pfandraums wurde nur deshalb trotz Erweiterung der Geschossfläche genehmigt, weil den Neuregelungen der Verpackungsverordnung Rechnung getragen werden sollte. Die Genehmigung vom 06.05.2010 beruhte darauf, dass sie mit der Flächenumnutzung zwar als bauplanungsrechtlich relevant angesehen wurde, sie aber zu keiner Geschossflächenerweiterung führte. Insofern verhält sich die Beklagte auch nicht ihrerseits widersprüchlich, wenn sie sich auf die seinerzeit beschlossene Geschossflächenbegrenzung beruft.
104 
c) Unter Berücksichtigung der Vorgaben des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ hat die Beklagte den Bauantrag der Klägerin vom 24.01.2011 zu Recht abgelehnt (vgl. § 30 Abs. 2 BauGB).
105 
aa) Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann die Gemeinde durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Abs. 1 BauGB verpflichtet (Durchführungsvertrag). Auf dieser Rechtsgrundlage hat die Beklagte am 05.04.2000 den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Siechenwiesen“ beschlossen und eine Geschossflächenobergrenze für den Lebensmittelmarkt von 1.318 m² vorgegeben. Dem widerspräche es, wenn das Erweiterungsvorhaben der Klägerin genehmigt würde. Abgesehen davon stünde ihm auch die Festsetzung „GEb“ entgegen.
106 
Denn das Erweiterungsvorhaben wäre auch gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO nicht zulässig. Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO sind großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können (Nr. 2) sowie sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind (Nr. 3), außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nrn. 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 BImSchG sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt (§ 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO). Nach § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO sind Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 bei Betrieben nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 2 und 3 BauNVO in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1.200 m² überschreitet. Die Regel des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO gilt nach § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO (nur dann) nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1.200 m² Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1.200 m² Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen. Auch gemessen daran wäre das Bauvorhaben der Klägerin unzulässig, weil von nicht nur unwesentlichen Auswirkungen auszugehen wäre. Es bestehen keine Anhaltspunkte im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO. Maßgebend ist insoweit das Gesamtvorhaben in seiner durch die Erweiterung geänderten Gestalt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.07 -, BVerwGE 130, 113 = juris Rn. 20).
107 
Anhaltspunkte im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO für eine vom Regelfall abweichende Atypik (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 09.07.2002 - 4 B 14.02 -, BauR 2002, 1825 = juris Rn. 7 f.) können auf der betrieblichen Seite darin bestehen, dass zum Beispiel die Verkaufsfläche eher gering ist, oder dass der Betrieb beschränkt ist auf ein schmales Warensortiment (z.B. Gartenbedarf), auf Artikel, die üblicherweise in Verbindung mit handwerklichen Dienstleistungen (z.B. Kraftfahrzeughandel mit Werkstatt) angeboten werden, oder auf solche, die in einer gewissen Beziehung zu gewerblichen Nutzungen stehen (Baustoffhandel, Büromöbelhandel) (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342 = juris Rn. 11, zur BauNVO 1977, und vom 24.11.2005, a.a.O., Rn. 26). Derartige betriebliche Besonderheiten sind hier nicht ersichtlich, zumal es sich um einen Discountmarkt mit breitem Sortiment handelt.
108 
Auf der städtebaulichen Seite können Abweichungen von der typischen Situation zum Beispiel darin bestehen, dass der Einzugsbereich des Betriebs im Warenangebot bisher unterversorgt ist, dass zentrale Versorgungsbereiche an anderem Standort des Einzugsgebiets nicht geplant sind, oder dass der Betrieb in zentraler und für die Wohnbevölkerung allgemein gut erreichbarer Lage errichtet werden soll (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984, a.a.O., und vom 24.11.2005, a.a.O., Rn. 26). Auch insoweit ist für eine Atypik weder etwas dargelegt noch sonst ersichtlich. Letzteres gilt umso mehr, als der Standort geeignet erscheint, gebietsfremden Verkehr auszulösen, und die Beklagte an anderer Stelle bereits über einen zentralen Versorgungsbereich verfügt, in dem Einzelhandel zulässig ist.
109 
bb) Die Klägerin kann sich für ihr Begehren auch nicht auf § 31 Abs. 2 BauGB stützen. Danach kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und 1. Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, die Befreiung erfordern oder 2. die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder 3. die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Auch von einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan kann befreit werden (vgl. Senatsurteil vom 14.03.2007 - 8 S 1921/06 -, VBlBW 2008, 348; Bank, in: Brügelmann, BauGB, Stand Juli 2012, § 12 Rn. 196).
110 
(1) Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach den § 1 Abs. 8, § 2 Abs. 1 BauGB unverändert (dem Gemeinderat) der Gemeinde und nicht der Baurechtsbehörde. Diese Regelung darf deshalb nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Befreiung kann nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen. Umgekehrt wird diese Grenze für die Erteilung einer Befreiung nicht überschritten, wenn die Abweichung von Festsetzungen, die für die Grundzüge der Planung maßgeblich sind, nicht ins Gewicht fällt oder wenn die Festsetzung, von der abgewichen werden soll, eher „zufällig“ bzw. „isoliert“ erfolgt ist oder diese Planvorgabe auf einer Annahme beruht, die später entfallen ist (vgl. zum ganzen Absatz Senatsurteil vom 14.03.2007, a.a.O., m.w.N.).
111 
(2) Gemessen an diesen Grundsätzen würde die zur Genehmigung gestellte weitergehende Geschossflächenüberschreitung Grundzüge der Planung berühren. Zwar dürfte ein Verständnis der Planungsgrundzüge, die Befreiungen (nur) aus Gründen ausschließt, die in einer Vielzahl gleich gearteter Fälle ebenfalls angeführt werden könnten, bei einem als anlagen- und einzelfallbezogene Bauleitplanung ausgestalteten (vgl. Senatsurteil vom 10.04.2014, a.a.O.) vorhabenbezogenen Bebauungsplan kaum einschränkende Wirkung haben, weil ein solcher Plan nur ein bestimmtes Vorhaben zulässt (vgl. Senatsurteil vom 14.03.2007, a.a.O.; Bernhardt, NVwZ 2008, 972). Eine solche Betrachtung greift jedoch zu kurz. Bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan ist bei der Annahme der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB besondere Zurückhaltung geboten. Denn grundsätzlich besteht ein strikter Vorhabenbezug; der Bebauungsplan ist durch das konkrete Vorhaben charakterisiert (vgl. Müller-Grune, BauR 2008, 936, 938 f.). Im Hinblick auf die - im Unterschied zu einer Angebotsplanung - konkrete Festlegung des Vorhabens berühren Abweichungen vom Plan daher wenn nicht regelmäßig, so doch sehr häufig die Grundzüge der Planung (vgl. Bank, a.a.O., § 12 Rn. 196). Nicht befreit werden kann von der Grundkonzeption des vorhabenbezogenen Bebauungsplans beziehungsweise des Vorhaben- und Erschließungsplans als dessen Planbestandteil. Abweichungen können allenfalls unspezifische, nicht ins Gewicht fallende, die Konzeption nicht tragende Vorgaben betreffen (vgl. Bernhardt, a.a.O.; vgl. auch allgemein zum Wesen der Befreiung als Instrument für „Sonderfälle“ BVerwG, Urteil vom 14.07.1972 - IV C 69.70 -, BVerwGE 40, 268 = juris Rn. 28 f.). Soweit sich dem Senatsurteil vom 14.03.2007 (a.a.O.) anderes entnehmen lässt, wird daran nicht festgehalten.
112 
(3) Auch bei der vorgegebenen Geschossflächenbegrenzung handelt es sich unter den Umständen des vorliegenden Einzelfalls um einen grundlegenden Bestandteil der planerischen Konzeption. Wie bereits dargestellt, nahm der vorhabenbezogene Bebauungsplan das konkrete Vorhaben mit der genannten Geschossfläche in Bezug. Ausweislich der „Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ wie des Durchführungsvertrags kam es der Beklagten zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 30.11.2016 - 3 S 1184/16 -, VBlBW 2017, 329 = juris Rn. 51) besonders auf die Geschossflächenbegrenzung an.
113 
(4) Die Grundzüge der Planung würden von einer Zulassung des Bauvorhabens der Klägerin auch berührt. Für die Beurteilung, ob die (ursprüngliche) planerische Grundkonzeption durch die Befreiung berührt wird, ist auch die nachträgliche tatsächliche Entwicklung im Plangebiet bis zum Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung in den Blick zu nehmen. Es kommt darauf an, ob der mit der ursprünglichen Planung verfolgte Interessenausgleich durch die tatsächliche Entwicklung seit Inkrafttreten des Bebauungsplans bereits so nachhaltig gestört ist, dass die Planungsgrundzüge nicht mehr in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden können (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.11.2016, a.a.O., unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 -, BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 39; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.09.2016 - 3 S 864/16 - VBlBW 2017, 71). Gemessen daran sind die in der Geschossflächenobergrenze zum Ausdruck kommenden Planungsbelange nicht von einer planabweichenden Entwicklung überholt worden. Wie oben ausgeführt, hat die Beklagte nur aus besonderen Sachgründen in Einzelfällen Abweichungen von der Begrenzung zugelassen. Ihre Konzeption, großflächige Einzelhandelsbetriebe mit möglichen Auswirkungen nach § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO zu verhindern, wurde dadurch nicht in Frage gestellt.
III.
114 
Stehen danach dem Erweiterungsvorhaben bereits die Vorgaben des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Siechenwiesen“ entgegen, ist über die Hilfsanträge nicht mehr zu entscheiden.
IV.
115 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
116 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
117 
Beschluss vom 8. März 2018
118 
Der Streitwert wird im Anschluss an die Festsetzung des Verwaltungsgerichts auch für das Berufungsverfahren auf 14.637,-- EUR festgesetzt (vgl. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs 2013 in entsprechender Anwendung, 150,-- EUR pro m² Erweiterung der Hauptnutzfläche sowie der Verkehrsfläche/Flur Backvorbereitung gemäß der von der Klägerin vorgelegten Berechnung nach DIN 277).
119 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 08. März 2018 - 8 S 1464/15

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 08. März 2018 - 8 S 1464/15

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 08. März 2018 - 8 S 1464/15 zitiert 27 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


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Tenor I. Die Berufung wird zugelassen. II. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird vorläufig auf 10.000 Euro festgesetzt. Gründe Die Berufung ist gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen, weil die R

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 12. Apr. 2018 - 12 K 1361/16

bei uns veröffentlicht am 12.04.2018

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand  1 Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung zur Erweiterung eines Lebensmittelmarktes.2 Die Klägerin betreibt auf dem Grundstück Flst.-Nr. ...,

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Tenor

Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28.06.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums X vom 13.06.2012 werden aufgehoben; die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraums mit Tiefkühlzelle und den Ausbau einer Backvorbereitungszelle im Pfandraum auf dem Grundstück X in K. nach Maßgabe des Bauantrags vom 24.01.2011 zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Klägerin wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraums mit Tiefkühlzelle an den X-Lebensmittelmarkt in der J.-Straße in K. (Flurstücke A, B und C) und den Ausbau einer Backvorbereitungszelle im Pfandraum ebendieses X-Marktes.
Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des am 05.04.2000 beschlossenen und am 17.04.2000 in Kraft getretenen vorhabenbezogenen Bebauungsplans „S.“. Dieser setzt das Grundstück als „beschränktes Gewerbegebiet“ („GEb“) fest. In der Bebauungsplanbegründung vom 20.12.1999/05.04.2000 heißt es, es solle das notwendige Planungsrecht für die Ansiedlung eines - Lebensmittelmarktes auf dem Gelände X geschaffen werden. Auf dem Betriebsgrundstück sei ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche vorgesehen und es seien 135 Stellplätze geplant.
Vor Inkrafttreten des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „S.“ schlossen die Beteiligten am 28.02.2000/03.03.2000 einen „Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „S.““ (DV). Gemäß dessen § 1 werden sowohl der Bebauungsplan „S.“ als auch die vorgesehenen Umbau- und Neubaumaßnahmen der öffentlichen Verkehrsflächen ausschließlich durch den geplanten Neubau des Lebensmittelmarktes „verursacht“. Laut § 2 Abs. 1 DV war die Ausweisung eines Sondergebietes nicht vorgesehen. Gemäß der Festsetzung Gewerbegebiet (GE) sei somit ein Lebensmittelmarkt bis maximal 800 m² Verkaufsfläche und 1.200 m² Grundfläche zulässig. In § 3 Nr. 1, § 4 Abs. 9 DV verpflichtet sich die Klägerin, auf der J.-Straße Links- und Rechtsabbiegespuren herzustellen und den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der umgebauten J.-Straße durch die Stadt zu eröffnen. Die Klägerin muss der Beklagten zudem einen Pauschalbetrag von 13.000 DM für die der Beklagten aufgrund der Bebauungsplanänderung entstehenden Kosten erstatten (§ 2 Abs. 2 S. 3 DV). Der Betrag ist einen Monat nach Satzungsbeschluss des Gemeinderats zur Bebauungsplanänderung an die Stadtkasse zu überweisen (§ 2 Abs. 3 DV). Weiterhin verpflichtet sich die Klägerin in § 4 Abs. 4 DV, an die Stadt einen Ablösungsbetrag von 158.500 DM zu bezahlen, da die Stadt als Straßenbaulastträger zukünftig für die Unterhaltung und Erneuerung der J.-Straße einschließlich der zusätzlichen Abbiegespuren zuständig werde. Zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen muss die Klägerin der Beklagten zudem eine unbefristete selbstschuldnerische Bankbürgschaft in Höhe von 250.000 DM (ca. 75 % der geschätzten Baukosten) übergeben, die Stadt diese nach vollständiger Erfüllung des Erschließungsvertrages unverzüglich zurückgeben (§ 5 DV). Schließlich verpflichtet sich die Klägerin in § 13 DV, die Erschließungsmaßnahmen nach § 3 DV bis zur Fertigstellung des Lebensmittelmarktes herzustellen.
Vor In-Kraft-Treten des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „S.“ lagen die Flurstücke A, B und C im Geltungsbereich des am 16.12.1998 in Kraft getreten Bebauungsplans „J.“ in der Fassung der 4. Änderung. Dieser ergänzt im Rahmen eines Konzepts zum Ausschluss von innenstadtrelevantem Einzelhandel die Textteile bestehender Bebauungspläne, soweit darin Misch-, beschränkte Gewerbe-, Gewerbe- und Industriegebiete festgesetzt sind, hinsichtlich deren möglicher Nutzung. Laut den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sind im Plangebiet in den genannten Gebieten „Handelsbetriebe für Endverbraucher“ unzulässig, denen eine „zentrumsschädigende bzw. den Stadtkern in seiner Vitalität beeinträchtigende Wirkung beizumessen ist“. Hierzu zählten nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes, Ausgabe 1993 (WZ 93) u.a. die Gruppen/Klassen 52.1 (Einzelhandel mit Waren verschiedener Art (in Verkaufsräumen)), 52.2. (Facheinzelhandel mit Nahrungsmitteln, Getränken und Tabakwaren (in Verkaufsräumen)), 52.3. (Apotheken; Facheinzelhandel mit medizinischen, orthopädischen und kosmetischen Artikeln (in Verkaufsräumen)), 52.41 (Einzelhandel mit Textilien), 52.45 (Einzelhandel mit elektrischen Haushalts-, Rundfunk- und Fernsehgeräten sowie Musikinstrumenten), 52.47 (Einzelhandel mit Büchern, Zeitschriften, Schreibwaren und Bürobedarf) und 52.48.3 (Einzelhandel mit Blumen, Pflanzen, zool. Bedarf, lebenden Tieren und Sämereien).
Vor In-Kraft-Treten des Bebauungsplans „J.“ in der Fassung der 4. Änderung wiederum lagen die streitgegenständlichen Flurstücke im Geltungsbereich des am 12.09.1968 in Kraft getretenen Bebauungsplans „J.“ in der Fassung der 3. Änderung. Dieser setzt die drei Flurstücke als Gewerbegebiet fest. Als Grundflächenzahl werden maximal 0,6, als Geschossflächenzahl maximal 1,6 erlaubt. Darüber hinausgehende Einschränkungen enthält der Bebauungsplan für die streitgegenständlichen Flurstücke nicht.
Am 13.04.2000 erhielt die Klägerin eine Baugenehmigung für die erstmalige Errichtung des streitgegenständlichen Lebensmittelmarktes in der J.-Straße. Am 29.06.2006 wurde der Klägerin auf ihren Antrag hin eine Genehmigung für den Anbau eines Pfandraumes, am 06.05.2010 schließlich eine Genehmigung zum Einbau eines Backvorbereitungsraums in den bestehenden Lebensmittelmarkt erteilt.
Am 24.02.2011 reichte die Klägerin einen Bauantrag für eine Erweiterung des Lebensmittelmarktes um einen Backvorbereitungsraum mit Tiefkühlzelle sowie einen Umbau des Pfandlagers ein. Die Beklagte lehnte den Bauantrag mit Bescheid vom 28.06.2011 ab. Mit Blick auf den Durchführungsvertrag sei maximal eine Geschossfläche von 1200 m² zulässig. Der X-Markt habe jedoch derzeit bereits eine Geschossfläche von 1.494 m². Eine Befreiung könne nicht erteilt werden, da die Begrenzung der Größe eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes im Gewerbegebiet als Grundzug der Planung zu beurteilen und diese Vorgabe auch im Durchführungsvertrag nochmals speziell aufgezeigt worden sei. Anhaltspunkte für eine atypische Betrachtungsweise seien nicht erkennbar. Mit der geplanten zusätzlichen Erweiterung des Gebäudes werde der städtebaulich allenfalls teilintegrierte Standort noch etwas weiter ausgebaut und gestärkt werden. Zudem weise der X-Markt im Vergleich zu anderen Lebensmitteldiscountern im Stadtgebiet bereits im derzeitigen Bestand eine überdurchschnittlich große Geschoss- und Verkaufsfläche auf. Die Zulassung der zusätzlichen Geschossflächenerweiterung erscheine daher auch aus Gründen der Gleichbehandlung nicht vertretbar.
Die Klägerin legte gegen den Ablehnungsbescheid Widerspruch ein. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ stehe der Zulässigkeit des Bauvorhabens nicht entgegen, da er unwirksam sei. Gleiches gelte für „den Bebauungsplan „J.““.
Das Regierungspräsidium X wies den Widerspruch unter Verweis auf die Geschossfläche des bereits bestehenden Lebensmittelmarktes mit Bescheid vom 13.06.2012 zurück. Bereits beim Neubau des X-Marktes sei eine deutliche Überschreitung der maximalen Geschossfläche zugelassen worden. Durch die nun vorgelegte Planung werde sich die Geschossfläche weiter erhöhen. Eine Befreiung könne nicht erteilt werden, da die Befreiungsvoraussetzungen nicht vorlägen.
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Die Klägerin hat daraufhin mit beim Verwaltungsgericht am 06.07.2012 eingegangenem Schriftsatz Klage eingelegt.
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Zur Klagebegründung trägt sie vor, der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ stehe der Zulässigkeit des Vorhabens nicht entgegen, da er unwirksam sei. Gleiches gelte für den vor Inkrafttreten des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „S.“ geltenden Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung. Maßgebend sei daher der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 3. Änderung. Nach diesem sei das Bauvorhaben zu genehmigen.
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Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ sei unwirksam, da er mit der Festsetzung des beschränkten Gewerbegebiets nicht nur einen Lebensmittelmarkt zulasse, sondern vom Grundsatz her alle Nutzungen, die in einem Gewerbegebiet zulässig seien. Der Bebauungsplan genüge zudem nicht dem Bestimmtheitsgebot. Dem Bebauungsplan sei nicht zu entnehmen, welche Nutzungen im Einzelnen zugelassen seien. Schließlich sei der vorhabenbezogene Bebauungsplan unwirksam, da sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag nicht zur Durchführung eines bestimmten Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet habe.
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Der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung wiederum sei unwirksam, da das planerische Ziel, eine Dezentralisierung der Einzelhandelsstruktur durch eine dezentrale Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben mit zentrumstypischen Warensortimenten zu verhindern, durch den Bebauungsplan nicht konsequent umgesetzt werde. Er genüge zudem ebenfalls nicht dem Bestimmtheitsgebot. Weder im Bebauungsplan noch in der Planbegründung sei definiert, wann ein Angebot von Waren verschiedener Art vorliege. Daneben sei die Formulierung der „Handelsbetriebe für Endverbraucher […], denen eine zentrumsschädigende bzw. den Stadtkern in seiner Vitalität beeinträchtigende Wirkung beizumessen sei“ unbestimmt. Weiterhin leide der Bebauungsplan an einem Verkündungsmangel. Die Beklagte habe den Planbetroffenen keine Möglichkeit gegeben, von der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes Kenntnis zu nehmen. Eine verständige Einordnung der textlichen Festsetzungen über die unzulässigen Sortimentsgruppen sei nur unter Heranziehung der vollständigen Klassifikation möglich. Schließlich sei der Bebauungsplan wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Auf dem Baugrundstück sei eine Entwicklung eingetreten, die den Ausschluss von Einzelhandel mit zentrenrelevanten Sortimenten auf unabsehbare Zeit unmöglich mache. Der genehmigte und errichtete Lebensmittelmarkt werde noch über Jahrzehnte betrieben werden. Diese von den Festsetzungen abweichende tatsächliche Entwicklung sei so offenkundig, dass ein Vertrauen auf die Einhaltung der Festsetzungen des Bebauungsplans nicht mehr schutzwürdig sei. Hinzu komme, dass ein räumlich abgrenzbarer Teilbereich des Bebauungsplanes betroffen sei.
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Die Klägerin beantragt,
15 
1. den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28.06.2011 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums X vom 13.06.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin eine Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraums mit Tiefkühlzelle und den Ausbau einer Backvorbereitungszelle im Pfandraum auf dem Grundstück J.-Str. X in K. nach Maßgabe des Bauantrags vom 24.01.2011 zu erteilen,
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2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
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Die Beklagte beantragt,
18 
die Klage abzuweisen.
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Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ sei wirksam. Er weise einen hinreichenden Vorhabenbezug auf. Ein Verstoß führe zudem allenfalls zur vorübergehenden Unwirksamkeit des Bebauungsplans, die aber durch ein ergänzendes Verfahren geheilt werden könne. Wäre der Gemeinderat vom Vorliegen solcher Umstände ausgegangen, hätte er den Beschluss anderslautend im Sinne eines rechtmäßigen Alternativplanes gefasst. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan sei auch nicht wegen fehlender Bestimmtheit unwirksam. Unter Zugrundelegung dessen, dass es sich um einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan handele, ergäben sich aus den zugehörigen Gutachten und Pläne konkret auf das Vorhaben bezogene Beschränkungen. Der gesetzlichen Regelung, wonach sich der Vorhabenträger zur Durchführung des Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist verpflichten müsse, sei schließlich ebenfalls genüge getan. § 2, § 4 Abs. 4, § 4 Abs. 9 und § 5 des Durchführungsvertrages ließen sich Anhaltspunkte für den Beginn des Fristenlaufs entnehmen. Zudem sei durch die gemäß § 5 DV zu erbringende Sicherheitsleistung eine zügige Durchführung der Baumaßnahmen gewährleistet gewesen. Ein fester Zeitpunkt für den Beginn der Fristen sei gesetzt gewesen, da zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung der Beschlusstermin des Gemeinderates, der 05.04.2000, bereits festgestanden habe.
20 
Der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung sei ebenfalls wirksam. Aus den mannigfaltigen Beispielen einerseits und dem Wortlaut „innenstadtrelevanter Einzelhandel“ andererseits folge, dass nur innenstadttauglicher Einzelhandel ausgeschlossen werde. Die Planbetroffenen hätten auch die Möglichkeit gehabt, von der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes Kenntnis zu nehmen, da diese sich, soweit Relevanz bestanden habe, in der dem Beschluss zugrundeliegenden Sitzungsvorlage befunden habe und im Textteil des Bebauungsplans abgedruckt sei. Schließlich sei der Bebauungsplan auch nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Die Schutzwürdigkeit des übrig gebliebenen Plangebietes sei nicht entfallen.
21 
Dem Gericht liegen die Verwaltungsakten der Beklagten einschließlich der Bauakten zu den erteilten Baugenehmigungen aus den Jahren 2000, 2006 und 2010 sowie die Bebauungsplanakten zu dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan „S.“ und den Bebauungsplänen „J.“ in der Fassung der 3. und der 4. Änderung vor. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird hierauf verwiesen und auf die im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die zulässige Klage ist begründet. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28.6.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums X vom 13.6.2012 sind aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Baugenehmigung zu erteilen, da die genannten Bescheide rechtswidrig sind, die Klägerin in ihren Rechten verletzen und die Sache spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
23 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung. Gemäß § 58 Abs. 1 S. 1 LBO ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. So verhält es sich hier.
24 
Verstöße gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften sind nicht ersichtlich.
25 
Dem Bauplanungsrecht ist ebenfalls Genüge getan. Das Bauvorhaben ist nach dem Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 3. Änderung zulässig. Dieser Bebauungsplan ist anzuwenden, da der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ unwirksam und der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung in Bezug auf die streitgegenständlichen Flurstücke A, B und C wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten ist.
26 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ ist bereits deshalb unwirksam, weil sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag vom 28.02.2000/03.03.2000 nicht zur Durchführung des Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet hat. Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 BauGB in der Fassung vom 27.08.1997 (BGBl. I S. 2151) kann die Gemeinde durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss, durch den der Bebauungsplan beschlossen wird, verpflichtet (Durchführungsvertrag). Eine solche Verpflichtung, das Vorhaben innerhalb einer bestimmten Frist durchzuführen, fehlt im Durchführungsvertrag vom 28.02.2000/03.03.2000.
27 
Der Durchführungsvertrag verpflichtet die Vorhabenträgerin nicht, das Vorhaben durchzuführen. Seinem Wortlaut nach verpflichtet der Durchführungsvertrag die Vorhabenträgerin lediglich dazu, Erschließungsmaßnahmen durchzuführen (s. § 3, § 4 Abs. 1, Abs. 9, § 13 DV) und Geld an die Beklagte zu bezahlen (s. § 2 Abs. 2 S. 3 und Abs. 3, § 4 Abs. 4, § 5 DV). Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB. Zwar ist in § 1 Abs. 3 DV festgehalten, dass der Bebauungsplan „S.“ und die vorgesehenen Umbau- und Neubaumaßnahmen der öffentlichen Verkehrsflächen ausschließlich durch den geplanten Neubau des Lebensmittelmarktes verursacht werden. Auch muss die Beklagte die Sicherheitsleistung nach § 5 S. 4 DV erst nach vollständiger Erfüllung des Erschließungsvertrags zurückgeben, während sich die Klägerin in § 4 Abs. 9 DV zugleich verpflichtet, den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der J.-Straße durch die Stadt zu eröffnen. Aus all diesen Vorschriften – wie auch aus der Bebauungsplanbegründung, in der es heißt, dass ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche „vorgesehen“ und 135 Stellplätze „geplant“ seien - lässt sich aber allenfalls folgern, dass die Klägerin als Vorhabenträgerin bei Vertragsschluss beabsichtigte, einen Lebensmittelmarkt zu errichten und bereits war, hierfür Erschließungskosten zu tragen. Mit einer Verpflichtung, einen Lebensmittelmarkt zu errichten, ist eine solche Absicht nicht gleichzusetzen.
28 
Der Durchführungsvertrag regelt zudem nicht verbindlich, innerhalb welcher Frist das Vorhaben durchzuführen ist. In Bezug auf das Vorhaben werden im Durchführungsvertrag keine Fristen erwähnt. § 2 Abs. 3, § 4 Abs. 4 und § 5 DV, auf die die Beklagte verweist, betreffen ausschließlich Erschließungskosten bzw. die Sicherheitsleistung, die absichern soll, dass die Beklagte Erschließungsmaßnahmen durchführt. Auch aus § 4 Abs. 9 DV ergibt sich keine Frist, innerhalb derer das Vorhaben durchzuführen ist. Zwar verpflichtet sich die Vorhabenträgerin in diesem Paragrafen, den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der J.-Straße durch die Stadt zu eröffnen. Dies stellt für die Vorhabenträgerin aber nur einen wirtschaftlichen Anreiz dar, die Erschließungsmaßnahmen zügig durchzuführen. Es bleibt ihr unbenommen, im Fall veränderter unternehmerischer Ziele von ihrem Plan, einen Lebensmittelmarkt zu errichten, Abstand zu nehmen.
29 
Vorhabenbezogene Bebauungspläne ohne Durchführungsverpflichtung sind unwirksam (Kukk, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, Kommentar, 8. Auflage 2015, § 12 Rn. 27; Fehr/Wichardt, ZfIR 2008, 221, 232; Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, 4. Auflage 2010, § 13 Rn. 174; Turiaux, NJW 1999, 391, 393; vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 14.11.2002 - 5 S 1635/00 -, Juris Rn. 21). Dies ergibt sich zunächst aus dem Gesetzeswortlaut. Nach diesem ist die Durchführungsverpflichtung Mindestinhalt des Durchführungsvertrages. Dieser wiederum ist eine gesetzliche Voraussetzung für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan (Kukk, ebda). Die Unwirksamkeit folgt zudem aus einer systematischen Gesetzesauslegung. Im Gegensatz zu qualifizierten Bebauungsplänen sind vorhabenbezogene Bebauungspläne auf alsbaldige Verwirklichung angelegt (Jarass/Kment, BauGB, Kommentar, 2013, § 12 Rn. 11). Diese ist nur sichergestellt, wenn die Durchführung des Vorhabens nicht im Belieben des Vorhabenträgers steht. Schließlich lassen sich teleologische Gründe für die Unwirksamkeit anführen. Die beschleunigte, sozusagen privatisierte Planung vorhabenbezogener Bebauungspläne ist nur gerechtfertigt, wenn der Vorhabenträger die fristgemäße Realisierung des Vorhabens verbindlich zusagt und damit sichergestellt ist, dass tatsächlich ein Beschleunigungsbedürfnis besteht (Turiaux, NJW 1999, 391, 393). Anderenfalls bestünde zudem die Gefahr, dass sich eine Gemeinde den Vorstellungen des Vorhabenträgers derart unterordnet, dass sie nur noch als dessen Vollzugsinstanz erscheint und ihre Planung und Abwägung somit „verkauft“ (vgl. Reidt, BauR 1998, 909, 916).
30 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan wurde auch nicht nachträglich wirksam, als die Beklagte das Vorhaben (freiwillig) durchführte. Zwar soll eine vertragliche Durchführungspflicht und Frist unter Umständen entbehrlich sein, wenn Gegenstand eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans ein bereits verwirklichtes Vorhaben ist (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.08.2001 - 1 C 11768/00 -, Juris Rn. 21). Alleine durch die Fertigstellung des Vorhabens kann eine Heilung aber in keinem Fall eingetreten sein. Voraussetzung wäre vielmehr, selbst wenn man eine vertragliche Durchführungspflicht im Fall eines bereits realisierten Vorhabens für entbehrlich hielte, ein erneuter Satzungsbeschluss in einem ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB einschließlich Ausfertigung und öffentlicher Bekanntmachung (s. Schiller, in Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Auflage 2014, Rn. 1026; vgl. Bay. VGH, Urteil vom 24.07.2001 - 1 N 00.1574 -, Juris Rn. 67; Busse, in Spannowsky und Uechtritz (Hrsg.), BauGB, Kommentar, 2. Auflage 2014, § 12 Rn. 46; Gatz, in Berliner Kommentar zum BauGB, 29. Ergänzungslieferung 2014, § 12 Rn. 12a). Hieran fehlt es.
31 
Ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan daneben auch wegen eines fehlenden Vorhabenbezuges und auf Grund eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unwirksam ist, ist nicht mehr zu prüfen.
32 
Der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung steht dem Bauvorhaben ebenfalls nicht entgegen. Er ist in Bezug auf die Flurstücke A, B und C jedenfalls funktionslos geworden.
33 
Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen nachträglicher Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75-, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35; Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8).
34 
Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist für jede Festsetzung gesondert zu prüfen. Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Entscheidend ist vielmehr, ob die jeweilige Festsetzung geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein. Das setzt voraus, dass die Festsetzung unabhängig davon, ob sie punktuell durchsetzbar ist, bei einer Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren hat, die städtebauliche Entwicklung noch in einer bestimmten Richtung zu steuern (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 - Juris Rn. 10, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48/99 -, Leitsatz und Juris Rn. 5, Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8).
35 
Ausnahmsweise kann eine Festsetzung in Anlehnung an die Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen (Rechtsgedanke des § 139 BGB) jedoch auch bezogen auf ein Teilgebiet funktionslos geworden sein (OVG Hamburg, Urteil vom 25.01.1996 - Bf II 33/94 -, Juris Rn. 35, Urteil vom 28.02.2013 - 2 Bf 17/11 -, Juris Rn. 45; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -, Juris Rn. 23 ff.; OVG Berlin, Urteil vom 31.07.1992 - 2 B 3.91 -, Juris Rn. 18; Kalb/Külpmann in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, 115. Ergänzungslieferung 2014, § 10 Rn. 409; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, Kommentar, 7. Aufl. 2013, § 30 Rn. 44; vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 -, Juris Rn. 25; OVG NRW, Beschluss vom 22.06.2010 - 7 B 479/10 -, Juris Rn. 18; VG Stuttgart, Urteil vom 16.10.2007 - 13 K 552/06 -, Juris Rn. 31 ff.). Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, ist nicht abschließend geklärt.
36 
Mindestvoraussetzung für die Funktionslosigkeit in Bezug auf ein Teilgebiet muss in Fortschreibung der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 - Juris Rn. 10, Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8) sein, dass die Verhältnisse in diesem Teilgebiet in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplans in eben diesem Teilgebiet auf unabsehbare Zeit ausschließt und dass die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (ebenso möglicherweise VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -, Juris Rn. 24 f.). Diese Mindestvoraussetzungen liegen in Bezug auf die Flurstücke A, B und C vor.
37 
Die Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplans ist auf diesen drei Flurstücken auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen. Die tatsächlichen Verhältnisse widersprechen dem Bebauungsplan. Auf den Flurstücken wurde ein Lebensmittelmarkt genehmigt und errichtet, obwohl der Bebauungsplan in den textlichen Festsetzungen den Facheinzelhandel mit Nahrungsmitteln (Gruppe 52.1. der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes) ausdrücklich als unzulässig aufführt. Ein Rückbau des Lebensmittelmarktes ist nicht zu erwarten. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Beklagte den Lebensmittelmarkt noch über Jahrzehnte weiterbetreiben wird. Das Gebäude ist erst rund 15 Jahre alt. Die Klägerin hat das Gebäude in den letzten Jahren zudem mehrfach erweitert bzw. umgebaut und so, wie auch mit dem streitgegenständlichen Bauantrag, wiederholt ihr Interesse an einem langfristigen Betrieb der Filiale zum Ausdruck gebracht.
38 
Die Erkennbarkeit dieser Tatsache hat auch einen Grad erreicht, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt. Die tatsächlichen Verhältnisse weichen auf den drei streitgegenständlichen Flurstücken derart massiv und offenkundig von der Planung ab, dass der Bebauungsplan dort eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich erfüllen kann. Der X-Markt bildet im Kleinen ein eigenes (Stadt-) Zentrum. In dem Einkaufsmarkt werden zahlreiche Artikel verkauft, die der Bebauungsplan in den textlichen Festsetzungen ausdrücklich als unzulässig ausschließt. Familien können im X-Markt ihre gesamten Lebensmitteleinkäufe - auch derzeit bereits einschließlich Backwaren - und einen Großteil ihrer Drogeriemarkteinkäufe erledigen. Das ständige Sortiment umfasst daneben Zeitungen und Blumen, periodisch werden Kleidung, Büro- und Elektroartikel angeboten.
39 
Über diese zwei Mindestvoraussetzungen ist, damit die Funktionslosigkeit der Festsetzungen eines Bebauungsplanes in Bezug auf ein Teilgebiet des Plangeltungsbereichs ein Ausnahmefall bleibt, zu fordern, dass das betroffene Gebiet ein räumlich hinreichend abgrenzbares Teilgebiet des Plangeltungsbereichs darstellt (ebenso OVG Hamburg, Urteil vom 28.02.2013 - 2 Bf 17/11 -, Juris Rn. 45, Urteil vom 23.05.1996 - Bf II 42/94 -, Juris Rn. 36, Urteil vom 08.10.1992 - Bf II 34/91 -, Juris Rn. 35; OVG NRW, Beschluss vom 22.06.2010 - 7 B 479/10 -, Juris Rn. 18; Kalb/ Külpmann, a.a.O., § 10 Rn. 409; ebenso möglicherweise BVerwG, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 -, Juris Rn. 25). Nur im Fall einer solchen räumlichen Abgrenzbarkeit ist es gerechtfertigt, von dem Grundsatz, dass es nicht auf die punktuelle Durchsetzbarkeit der Festsetzungen des Bebauungsplans ankommt, abzuweichen. Auch diese Voraussetzung ist im Fall der Flurstücke A, B und C erfüllt. Die drei Flurstücke sind vom restlichen Plangeltungsbereich räumlich hinreichend abgrenzbar. Sie grenzen aneinander und bilden zusammen grob ein Rechteck, das im Norden von der J.-Straße, im Westen von der B-X und im Süd-Westen von einer öffentlichen Grünfläche begrenzt wird. Hinzu kommt die Besonderheit, dass der Plangeltungsbereich aus mehreren Teilstücken besteht und die Flurstücke A, B und C für sich genommen ein eigenständiges Teilstück bilden.
40 
Schließlich soll eine Funktionslosigkeit der Festsetzungen in Bezug auf ein Teilgebiet eines Bebauungsplans nur in Betracht kommen, wenn das Teilgebiet nicht nur aus wenigen Grundstücken besteht (OVG Hamburg, Urteil vom 28.02.2013 - 2 Bf 17/11 -, Juris Rn. 45 unter Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 09.10.2003, BauR 2004, 1128, ebenso wohl auch OVG Hamburg, Urteil vom 30.07.2003 - 2 Bf 427/00 -, Juris Rn. 46). Dieser Auffassung ist im Grundsatz zu folgen. Für die Funktionslosigkeit kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gerade nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an (exemplarisch BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48/99 -, Leitsatz und Juris Rn. 5, Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8, jew. m.w.N.). Eine andere Bewertung ist aber indiziert, wenn der Plangeltungsbereich aus zwei räumlich voneinander getrennten Teilgebieten besteht und sich die planwidrige Nutzung auf ein gesamtes Teilgebiet erstreckt, da in einem solchen Fall bei natürlicher Betrachtungsweise zwei Plan-/ Baugebiete vorliegen. So verhält es sich hier. Der westliche Geltungsbereich des Bebauungsplans „J.“ in der Fassung der 4. Änderung ist über 100 m vom östlichen Geltungsbereich getrennt, mithin rund ebenso weit, wie er selbst breit ist. Hinzu kommt, dass die Flurstücke A, B und C im Jahr 2000 Gegenstand eines eigenen (vorhabenbezogenen) Bebauungsplanes wurden. Der Plangeber hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er die drei Flurstücke auch in planerischer Hinsicht als rechtlich eigenständig betrachtet.
41 
Auf den von der Klägerin gerügten Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und einen möglichen Verkündungsmangel ist mit Blick auf die Funktionslosigkeit des Bebauungsplans in Bezug auf die Flurstücke A, B und C nicht mehr einzugehen.
42 
Nachdem der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung unwirksam ist, richtet sich die Zulässigkeit des Bauvorhabens nach dem Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 3. Änderung. Nach diesem ist das Bauvorhaben zulässig. Der Bebauungsplan setzt das Grundstück als Gewerbegebiet fest. Die maximal erlaubte Grundflächenzahl von 0,6 und die maximal erlaubte Geschossflächenzahl von 1,6 werden unterschritten. Weitere Einschränkungen enthält der Bebauungsplan nicht. An der Wirksamkeit des Bebauungsplanes bestehen schließlich keine Zweifel.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
44 
Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124 a Abs. 1 S. 1 VwGO zugelassen, da die Frage, unter welchen Voraussetzungen Bebauungspläne in Bezug auf ein Teilgebiet funktionslos werden können und ob dies insbesondere auch für einzelne Grundstücke gelten kann, die zwischenzeitlich anderweitig beplant wurden, in der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang nicht tragend entschieden worden ist.
45 
Der von der Klägerin gestellte Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren gemäß § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO für notwendig zu erklären, ist begründet. Ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war, ist vom Standpunkt einer verständigen Partei aus zu beurteilen. Maßgebend ist, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sach- und Rechtslage eines Rechtsanwalts bedient hätte. Notwendig ist die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten in der Regel dann, wenn es dem Beteiligten nach seiner Vorbildung, Erfahrung und seinen sonstigen persönlichen Umständen nicht zuzumuten war, das Verfahren selbst zu führen (BVerwG, Urteil vom 15.02.1991 - 8 C 83.88 -, Juris Rn. 15). Dabei ist die Schwierigkeit, der Umfang der Sache und die persönliche Sach- und Rechtskunde des Widerspruchsführers zu berücksichtigen (OVG NRW, Beschluss vom 19.09.1973 - II B 701/73 -, Juris). In diesem Sinne war die Zuziehung des bevollmächtigten Rechtsanwalts durch die Klägerin im Vorverfahren notwendig. Der Bauantrag der Klägerin warf eine Reihe rechtlicher Probleme auf. Auch wenn es sich bei der Klägerin um ein Großunternehmen handelt, kann von ihr nicht erwartet werden, dass sie diese mithilfe der eigenen Rechtsabteilung löst. Die Frage der Wirksamkeit von Bebauungsplänen weist einen erhöhten Schwierigkeitsgrad auf.

Gründe

 
22 
Die zulässige Klage ist begründet. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28.6.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums X vom 13.6.2012 sind aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Baugenehmigung zu erteilen, da die genannten Bescheide rechtswidrig sind, die Klägerin in ihren Rechten verletzen und die Sache spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
23 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung. Gemäß § 58 Abs. 1 S. 1 LBO ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. So verhält es sich hier.
24 
Verstöße gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften sind nicht ersichtlich.
25 
Dem Bauplanungsrecht ist ebenfalls Genüge getan. Das Bauvorhaben ist nach dem Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 3. Änderung zulässig. Dieser Bebauungsplan ist anzuwenden, da der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ unwirksam und der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung in Bezug auf die streitgegenständlichen Flurstücke A, B und C wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten ist.
26 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ ist bereits deshalb unwirksam, weil sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag vom 28.02.2000/03.03.2000 nicht zur Durchführung des Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet hat. Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 BauGB in der Fassung vom 27.08.1997 (BGBl. I S. 2151) kann die Gemeinde durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss, durch den der Bebauungsplan beschlossen wird, verpflichtet (Durchführungsvertrag). Eine solche Verpflichtung, das Vorhaben innerhalb einer bestimmten Frist durchzuführen, fehlt im Durchführungsvertrag vom 28.02.2000/03.03.2000.
27 
Der Durchführungsvertrag verpflichtet die Vorhabenträgerin nicht, das Vorhaben durchzuführen. Seinem Wortlaut nach verpflichtet der Durchführungsvertrag die Vorhabenträgerin lediglich dazu, Erschließungsmaßnahmen durchzuführen (s. § 3, § 4 Abs. 1, Abs. 9, § 13 DV) und Geld an die Beklagte zu bezahlen (s. § 2 Abs. 2 S. 3 und Abs. 3, § 4 Abs. 4, § 5 DV). Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB. Zwar ist in § 1 Abs. 3 DV festgehalten, dass der Bebauungsplan „S.“ und die vorgesehenen Umbau- und Neubaumaßnahmen der öffentlichen Verkehrsflächen ausschließlich durch den geplanten Neubau des Lebensmittelmarktes verursacht werden. Auch muss die Beklagte die Sicherheitsleistung nach § 5 S. 4 DV erst nach vollständiger Erfüllung des Erschließungsvertrags zurückgeben, während sich die Klägerin in § 4 Abs. 9 DV zugleich verpflichtet, den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der J.-Straße durch die Stadt zu eröffnen. Aus all diesen Vorschriften – wie auch aus der Bebauungsplanbegründung, in der es heißt, dass ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche „vorgesehen“ und 135 Stellplätze „geplant“ seien - lässt sich aber allenfalls folgern, dass die Klägerin als Vorhabenträgerin bei Vertragsschluss beabsichtigte, einen Lebensmittelmarkt zu errichten und bereits war, hierfür Erschließungskosten zu tragen. Mit einer Verpflichtung, einen Lebensmittelmarkt zu errichten, ist eine solche Absicht nicht gleichzusetzen.
28 
Der Durchführungsvertrag regelt zudem nicht verbindlich, innerhalb welcher Frist das Vorhaben durchzuführen ist. In Bezug auf das Vorhaben werden im Durchführungsvertrag keine Fristen erwähnt. § 2 Abs. 3, § 4 Abs. 4 und § 5 DV, auf die die Beklagte verweist, betreffen ausschließlich Erschließungskosten bzw. die Sicherheitsleistung, die absichern soll, dass die Beklagte Erschließungsmaßnahmen durchführt. Auch aus § 4 Abs. 9 DV ergibt sich keine Frist, innerhalb derer das Vorhaben durchzuführen ist. Zwar verpflichtet sich die Vorhabenträgerin in diesem Paragrafen, den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der J.-Straße durch die Stadt zu eröffnen. Dies stellt für die Vorhabenträgerin aber nur einen wirtschaftlichen Anreiz dar, die Erschließungsmaßnahmen zügig durchzuführen. Es bleibt ihr unbenommen, im Fall veränderter unternehmerischer Ziele von ihrem Plan, einen Lebensmittelmarkt zu errichten, Abstand zu nehmen.
29 
Vorhabenbezogene Bebauungspläne ohne Durchführungsverpflichtung sind unwirksam (Kukk, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, Kommentar, 8. Auflage 2015, § 12 Rn. 27; Fehr/Wichardt, ZfIR 2008, 221, 232; Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, 4. Auflage 2010, § 13 Rn. 174; Turiaux, NJW 1999, 391, 393; vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 14.11.2002 - 5 S 1635/00 -, Juris Rn. 21). Dies ergibt sich zunächst aus dem Gesetzeswortlaut. Nach diesem ist die Durchführungsverpflichtung Mindestinhalt des Durchführungsvertrages. Dieser wiederum ist eine gesetzliche Voraussetzung für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan (Kukk, ebda). Die Unwirksamkeit folgt zudem aus einer systematischen Gesetzesauslegung. Im Gegensatz zu qualifizierten Bebauungsplänen sind vorhabenbezogene Bebauungspläne auf alsbaldige Verwirklichung angelegt (Jarass/Kment, BauGB, Kommentar, 2013, § 12 Rn. 11). Diese ist nur sichergestellt, wenn die Durchführung des Vorhabens nicht im Belieben des Vorhabenträgers steht. Schließlich lassen sich teleologische Gründe für die Unwirksamkeit anführen. Die beschleunigte, sozusagen privatisierte Planung vorhabenbezogener Bebauungspläne ist nur gerechtfertigt, wenn der Vorhabenträger die fristgemäße Realisierung des Vorhabens verbindlich zusagt und damit sichergestellt ist, dass tatsächlich ein Beschleunigungsbedürfnis besteht (Turiaux, NJW 1999, 391, 393). Anderenfalls bestünde zudem die Gefahr, dass sich eine Gemeinde den Vorstellungen des Vorhabenträgers derart unterordnet, dass sie nur noch als dessen Vollzugsinstanz erscheint und ihre Planung und Abwägung somit „verkauft“ (vgl. Reidt, BauR 1998, 909, 916).
30 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan wurde auch nicht nachträglich wirksam, als die Beklagte das Vorhaben (freiwillig) durchführte. Zwar soll eine vertragliche Durchführungspflicht und Frist unter Umständen entbehrlich sein, wenn Gegenstand eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans ein bereits verwirklichtes Vorhaben ist (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.08.2001 - 1 C 11768/00 -, Juris Rn. 21). Alleine durch die Fertigstellung des Vorhabens kann eine Heilung aber in keinem Fall eingetreten sein. Voraussetzung wäre vielmehr, selbst wenn man eine vertragliche Durchführungspflicht im Fall eines bereits realisierten Vorhabens für entbehrlich hielte, ein erneuter Satzungsbeschluss in einem ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB einschließlich Ausfertigung und öffentlicher Bekanntmachung (s. Schiller, in Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Auflage 2014, Rn. 1026; vgl. Bay. VGH, Urteil vom 24.07.2001 - 1 N 00.1574 -, Juris Rn. 67; Busse, in Spannowsky und Uechtritz (Hrsg.), BauGB, Kommentar, 2. Auflage 2014, § 12 Rn. 46; Gatz, in Berliner Kommentar zum BauGB, 29. Ergänzungslieferung 2014, § 12 Rn. 12a). Hieran fehlt es.
31 
Ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan daneben auch wegen eines fehlenden Vorhabenbezuges und auf Grund eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unwirksam ist, ist nicht mehr zu prüfen.
32 
Der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung steht dem Bauvorhaben ebenfalls nicht entgegen. Er ist in Bezug auf die Flurstücke A, B und C jedenfalls funktionslos geworden.
33 
Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen nachträglicher Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75-, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35; Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8).
34 
Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist für jede Festsetzung gesondert zu prüfen. Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Entscheidend ist vielmehr, ob die jeweilige Festsetzung geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein. Das setzt voraus, dass die Festsetzung unabhängig davon, ob sie punktuell durchsetzbar ist, bei einer Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren hat, die städtebauliche Entwicklung noch in einer bestimmten Richtung zu steuern (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 - Juris Rn. 10, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48/99 -, Leitsatz und Juris Rn. 5, Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8).
35 
Ausnahmsweise kann eine Festsetzung in Anlehnung an die Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen (Rechtsgedanke des § 139 BGB) jedoch auch bezogen auf ein Teilgebiet funktionslos geworden sein (OVG Hamburg, Urteil vom 25.01.1996 - Bf II 33/94 -, Juris Rn. 35, Urteil vom 28.02.2013 - 2 Bf 17/11 -, Juris Rn. 45; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -, Juris Rn. 23 ff.; OVG Berlin, Urteil vom 31.07.1992 - 2 B 3.91 -, Juris Rn. 18; Kalb/Külpmann in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, 115. Ergänzungslieferung 2014, § 10 Rn. 409; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, Kommentar, 7. Aufl. 2013, § 30 Rn. 44; vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 -, Juris Rn. 25; OVG NRW, Beschluss vom 22.06.2010 - 7 B 479/10 -, Juris Rn. 18; VG Stuttgart, Urteil vom 16.10.2007 - 13 K 552/06 -, Juris Rn. 31 ff.). Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, ist nicht abschließend geklärt.
36 
Mindestvoraussetzung für die Funktionslosigkeit in Bezug auf ein Teilgebiet muss in Fortschreibung der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 - Juris Rn. 10, Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8) sein, dass die Verhältnisse in diesem Teilgebiet in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplans in eben diesem Teilgebiet auf unabsehbare Zeit ausschließt und dass die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (ebenso möglicherweise VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -, Juris Rn. 24 f.). Diese Mindestvoraussetzungen liegen in Bezug auf die Flurstücke A, B und C vor.
37 
Die Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplans ist auf diesen drei Flurstücken auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen. Die tatsächlichen Verhältnisse widersprechen dem Bebauungsplan. Auf den Flurstücken wurde ein Lebensmittelmarkt genehmigt und errichtet, obwohl der Bebauungsplan in den textlichen Festsetzungen den Facheinzelhandel mit Nahrungsmitteln (Gruppe 52.1. der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes) ausdrücklich als unzulässig aufführt. Ein Rückbau des Lebensmittelmarktes ist nicht zu erwarten. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Beklagte den Lebensmittelmarkt noch über Jahrzehnte weiterbetreiben wird. Das Gebäude ist erst rund 15 Jahre alt. Die Klägerin hat das Gebäude in den letzten Jahren zudem mehrfach erweitert bzw. umgebaut und so, wie auch mit dem streitgegenständlichen Bauantrag, wiederholt ihr Interesse an einem langfristigen Betrieb der Filiale zum Ausdruck gebracht.
38 
Die Erkennbarkeit dieser Tatsache hat auch einen Grad erreicht, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt. Die tatsächlichen Verhältnisse weichen auf den drei streitgegenständlichen Flurstücken derart massiv und offenkundig von der Planung ab, dass der Bebauungsplan dort eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich erfüllen kann. Der X-Markt bildet im Kleinen ein eigenes (Stadt-) Zentrum. In dem Einkaufsmarkt werden zahlreiche Artikel verkauft, die der Bebauungsplan in den textlichen Festsetzungen ausdrücklich als unzulässig ausschließt. Familien können im X-Markt ihre gesamten Lebensmitteleinkäufe - auch derzeit bereits einschließlich Backwaren - und einen Großteil ihrer Drogeriemarkteinkäufe erledigen. Das ständige Sortiment umfasst daneben Zeitungen und Blumen, periodisch werden Kleidung, Büro- und Elektroartikel angeboten.
39 
Über diese zwei Mindestvoraussetzungen ist, damit die Funktionslosigkeit der Festsetzungen eines Bebauungsplanes in Bezug auf ein Teilgebiet des Plangeltungsbereichs ein Ausnahmefall bleibt, zu fordern, dass das betroffene Gebiet ein räumlich hinreichend abgrenzbares Teilgebiet des Plangeltungsbereichs darstellt (ebenso OVG Hamburg, Urteil vom 28.02.2013 - 2 Bf 17/11 -, Juris Rn. 45, Urteil vom 23.05.1996 - Bf II 42/94 -, Juris Rn. 36, Urteil vom 08.10.1992 - Bf II 34/91 -, Juris Rn. 35; OVG NRW, Beschluss vom 22.06.2010 - 7 B 479/10 -, Juris Rn. 18; Kalb/ Külpmann, a.a.O., § 10 Rn. 409; ebenso möglicherweise BVerwG, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 -, Juris Rn. 25). Nur im Fall einer solchen räumlichen Abgrenzbarkeit ist es gerechtfertigt, von dem Grundsatz, dass es nicht auf die punktuelle Durchsetzbarkeit der Festsetzungen des Bebauungsplans ankommt, abzuweichen. Auch diese Voraussetzung ist im Fall der Flurstücke A, B und C erfüllt. Die drei Flurstücke sind vom restlichen Plangeltungsbereich räumlich hinreichend abgrenzbar. Sie grenzen aneinander und bilden zusammen grob ein Rechteck, das im Norden von der J.-Straße, im Westen von der B-X und im Süd-Westen von einer öffentlichen Grünfläche begrenzt wird. Hinzu kommt die Besonderheit, dass der Plangeltungsbereich aus mehreren Teilstücken besteht und die Flurstücke A, B und C für sich genommen ein eigenständiges Teilstück bilden.
40 
Schließlich soll eine Funktionslosigkeit der Festsetzungen in Bezug auf ein Teilgebiet eines Bebauungsplans nur in Betracht kommen, wenn das Teilgebiet nicht nur aus wenigen Grundstücken besteht (OVG Hamburg, Urteil vom 28.02.2013 - 2 Bf 17/11 -, Juris Rn. 45 unter Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 09.10.2003, BauR 2004, 1128, ebenso wohl auch OVG Hamburg, Urteil vom 30.07.2003 - 2 Bf 427/00 -, Juris Rn. 46). Dieser Auffassung ist im Grundsatz zu folgen. Für die Funktionslosigkeit kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gerade nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an (exemplarisch BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48/99 -, Leitsatz und Juris Rn. 5, Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8, jew. m.w.N.). Eine andere Bewertung ist aber indiziert, wenn der Plangeltungsbereich aus zwei räumlich voneinander getrennten Teilgebieten besteht und sich die planwidrige Nutzung auf ein gesamtes Teilgebiet erstreckt, da in einem solchen Fall bei natürlicher Betrachtungsweise zwei Plan-/ Baugebiete vorliegen. So verhält es sich hier. Der westliche Geltungsbereich des Bebauungsplans „J.“ in der Fassung der 4. Änderung ist über 100 m vom östlichen Geltungsbereich getrennt, mithin rund ebenso weit, wie er selbst breit ist. Hinzu kommt, dass die Flurstücke A, B und C im Jahr 2000 Gegenstand eines eigenen (vorhabenbezogenen) Bebauungsplanes wurden. Der Plangeber hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er die drei Flurstücke auch in planerischer Hinsicht als rechtlich eigenständig betrachtet.
41 
Auf den von der Klägerin gerügten Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und einen möglichen Verkündungsmangel ist mit Blick auf die Funktionslosigkeit des Bebauungsplans in Bezug auf die Flurstücke A, B und C nicht mehr einzugehen.
42 
Nachdem der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung unwirksam ist, richtet sich die Zulässigkeit des Bauvorhabens nach dem Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 3. Änderung. Nach diesem ist das Bauvorhaben zulässig. Der Bebauungsplan setzt das Grundstück als Gewerbegebiet fest. Die maximal erlaubte Grundflächenzahl von 0,6 und die maximal erlaubte Geschossflächenzahl von 1,6 werden unterschritten. Weitere Einschränkungen enthält der Bebauungsplan nicht. An der Wirksamkeit des Bebauungsplanes bestehen schließlich keine Zweifel.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
44 
Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124 a Abs. 1 S. 1 VwGO zugelassen, da die Frage, unter welchen Voraussetzungen Bebauungspläne in Bezug auf ein Teilgebiet funktionslos werden können und ob dies insbesondere auch für einzelne Grundstücke gelten kann, die zwischenzeitlich anderweitig beplant wurden, in der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang nicht tragend entschieden worden ist.
45 
Der von der Klägerin gestellte Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren gemäß § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO für notwendig zu erklären, ist begründet. Ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war, ist vom Standpunkt einer verständigen Partei aus zu beurteilen. Maßgebend ist, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sach- und Rechtslage eines Rechtsanwalts bedient hätte. Notwendig ist die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten in der Regel dann, wenn es dem Beteiligten nach seiner Vorbildung, Erfahrung und seinen sonstigen persönlichen Umständen nicht zuzumuten war, das Verfahren selbst zu führen (BVerwG, Urteil vom 15.02.1991 - 8 C 83.88 -, Juris Rn. 15). Dabei ist die Schwierigkeit, der Umfang der Sache und die persönliche Sach- und Rechtskunde des Widerspruchsführers zu berücksichtigen (OVG NRW, Beschluss vom 19.09.1973 - II B 701/73 -, Juris). In diesem Sinne war die Zuziehung des bevollmächtigten Rechtsanwalts durch die Klägerin im Vorverfahren notwendig. Der Bauantrag der Klägerin warf eine Reihe rechtlicher Probleme auf. Auch wenn es sich bei der Klägerin um ein Großunternehmen handelt, kann von ihr nicht erwartet werden, dass sie diese mithilfe der eigenen Rechtsabteilung löst. Die Frage der Wirksamkeit von Bebauungsplänen weist einen erhöhten Schwierigkeitsgrad auf.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.

(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.

(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.

(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.

(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.

(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.

(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.

(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn

1.
entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist;
2.
die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2, § 4a Absatz 3, Absatz 4 Satz 2, nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, nach § 22 Absatz 9 Satz 2, § 34 Absatz 6 Satz 1 sowie § 35 Absatz 6 Satz 5 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn
a)
bei Anwendung der Vorschriften einzelne Personen, Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, die entsprechenden Belange jedoch unerheblich waren oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind,
b)
einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt haben,
c)
(weggefallen)
d)
bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 3 Absatz 2 Satz 1 nicht für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet veröffentlicht worden ist und die Begründung für die Annahme des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes nachvollziehbar ist,
e)
bei Anwendung des § 3 Absatz 2 Satz 5 der Inhalt der Bekanntmachung zwar in das Internet eingestellt wurde, aber die Bekanntmachung und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen nicht über das zentrale Internetportal des Landes zugänglich gemacht wurden,
f)
bei Anwendung des § 13 Absatz 3 Satz 2 die Angabe darüber, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird, unterlassen wurde oder
g)
bei Anwendung des § 4a Absatz 3 Satz 4 oder des § 13, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind;
3.
die Vorschriften über die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach §§ 2a, 3 Absatz 2, § 5 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Absatz 5, § 9 Absatz 8 und § 22 Absatz 10 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzung oder ihr Entwurf unvollständig ist; abweichend von Halbsatz 2 ist eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht unbeachtlich, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist;
4.
ein Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist.
Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 die Begründung in wesentlichen Punkten unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.

(2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch unbeachtlich, wenn

1.
die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Absatz 2 Satz 2) oder an die in § 8 Absatz 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind;
2.
§ 8 Absatz 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist;
3.
der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit sich wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt;
4.
im Parallelverfahren gegen § 8 Absatz 3 verstoßen worden ist, ohne dass die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist.

(2a) Für Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13a, auch in Verbindung mit § 13b, aufgestellt worden sind, gilt ergänzend zu den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
(weggefallen)
2.
Das Unterbleiben der Hinweise nach § 13a Absatz 3 ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich.
3.
Beruht die Feststellung, dass eine Umweltprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, gilt die Vorprüfung als ordnungsgemäß durchgeführt, wenn sie entsprechend den Vorgaben von § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 durchgeführt worden ist und ihr Ergebnis nachvollziehbar ist; dabei ist unbeachtlich, wenn einzelne Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.
4.
Die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund nach § 13a Absatz 1 Satz 4 nicht vorliegt, gilt als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist und durch den Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben nach Spalte 1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet wird; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.

(3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan oder die Satzung maßgebend. Mängel, die Gegenstand der Regelung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sind, können nicht als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden; im Übrigen sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

(4) Der Flächennutzungsplan oder die Satzung können durch ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Fehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.

(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28.06.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums X vom 13.06.2012 werden aufgehoben; die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraums mit Tiefkühlzelle und den Ausbau einer Backvorbereitungszelle im Pfandraum auf dem Grundstück X in K. nach Maßgabe des Bauantrags vom 24.01.2011 zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Klägerin wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraums mit Tiefkühlzelle an den X-Lebensmittelmarkt in der J.-Straße in K. (Flurstücke A, B und C) und den Ausbau einer Backvorbereitungszelle im Pfandraum ebendieses X-Marktes.
Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des am 05.04.2000 beschlossenen und am 17.04.2000 in Kraft getretenen vorhabenbezogenen Bebauungsplans „S.“. Dieser setzt das Grundstück als „beschränktes Gewerbegebiet“ („GEb“) fest. In der Bebauungsplanbegründung vom 20.12.1999/05.04.2000 heißt es, es solle das notwendige Planungsrecht für die Ansiedlung eines - Lebensmittelmarktes auf dem Gelände X geschaffen werden. Auf dem Betriebsgrundstück sei ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche vorgesehen und es seien 135 Stellplätze geplant.
Vor Inkrafttreten des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „S.“ schlossen die Beteiligten am 28.02.2000/03.03.2000 einen „Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „S.““ (DV). Gemäß dessen § 1 werden sowohl der Bebauungsplan „S.“ als auch die vorgesehenen Umbau- und Neubaumaßnahmen der öffentlichen Verkehrsflächen ausschließlich durch den geplanten Neubau des Lebensmittelmarktes „verursacht“. Laut § 2 Abs. 1 DV war die Ausweisung eines Sondergebietes nicht vorgesehen. Gemäß der Festsetzung Gewerbegebiet (GE) sei somit ein Lebensmittelmarkt bis maximal 800 m² Verkaufsfläche und 1.200 m² Grundfläche zulässig. In § 3 Nr. 1, § 4 Abs. 9 DV verpflichtet sich die Klägerin, auf der J.-Straße Links- und Rechtsabbiegespuren herzustellen und den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der umgebauten J.-Straße durch die Stadt zu eröffnen. Die Klägerin muss der Beklagten zudem einen Pauschalbetrag von 13.000 DM für die der Beklagten aufgrund der Bebauungsplanänderung entstehenden Kosten erstatten (§ 2 Abs. 2 S. 3 DV). Der Betrag ist einen Monat nach Satzungsbeschluss des Gemeinderats zur Bebauungsplanänderung an die Stadtkasse zu überweisen (§ 2 Abs. 3 DV). Weiterhin verpflichtet sich die Klägerin in § 4 Abs. 4 DV, an die Stadt einen Ablösungsbetrag von 158.500 DM zu bezahlen, da die Stadt als Straßenbaulastträger zukünftig für die Unterhaltung und Erneuerung der J.-Straße einschließlich der zusätzlichen Abbiegespuren zuständig werde. Zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen muss die Klägerin der Beklagten zudem eine unbefristete selbstschuldnerische Bankbürgschaft in Höhe von 250.000 DM (ca. 75 % der geschätzten Baukosten) übergeben, die Stadt diese nach vollständiger Erfüllung des Erschließungsvertrages unverzüglich zurückgeben (§ 5 DV). Schließlich verpflichtet sich die Klägerin in § 13 DV, die Erschließungsmaßnahmen nach § 3 DV bis zur Fertigstellung des Lebensmittelmarktes herzustellen.
Vor In-Kraft-Treten des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „S.“ lagen die Flurstücke A, B und C im Geltungsbereich des am 16.12.1998 in Kraft getreten Bebauungsplans „J.“ in der Fassung der 4. Änderung. Dieser ergänzt im Rahmen eines Konzepts zum Ausschluss von innenstadtrelevantem Einzelhandel die Textteile bestehender Bebauungspläne, soweit darin Misch-, beschränkte Gewerbe-, Gewerbe- und Industriegebiete festgesetzt sind, hinsichtlich deren möglicher Nutzung. Laut den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sind im Plangebiet in den genannten Gebieten „Handelsbetriebe für Endverbraucher“ unzulässig, denen eine „zentrumsschädigende bzw. den Stadtkern in seiner Vitalität beeinträchtigende Wirkung beizumessen ist“. Hierzu zählten nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes, Ausgabe 1993 (WZ 93) u.a. die Gruppen/Klassen 52.1 (Einzelhandel mit Waren verschiedener Art (in Verkaufsräumen)), 52.2. (Facheinzelhandel mit Nahrungsmitteln, Getränken und Tabakwaren (in Verkaufsräumen)), 52.3. (Apotheken; Facheinzelhandel mit medizinischen, orthopädischen und kosmetischen Artikeln (in Verkaufsräumen)), 52.41 (Einzelhandel mit Textilien), 52.45 (Einzelhandel mit elektrischen Haushalts-, Rundfunk- und Fernsehgeräten sowie Musikinstrumenten), 52.47 (Einzelhandel mit Büchern, Zeitschriften, Schreibwaren und Bürobedarf) und 52.48.3 (Einzelhandel mit Blumen, Pflanzen, zool. Bedarf, lebenden Tieren und Sämereien).
Vor In-Kraft-Treten des Bebauungsplans „J.“ in der Fassung der 4. Änderung wiederum lagen die streitgegenständlichen Flurstücke im Geltungsbereich des am 12.09.1968 in Kraft getretenen Bebauungsplans „J.“ in der Fassung der 3. Änderung. Dieser setzt die drei Flurstücke als Gewerbegebiet fest. Als Grundflächenzahl werden maximal 0,6, als Geschossflächenzahl maximal 1,6 erlaubt. Darüber hinausgehende Einschränkungen enthält der Bebauungsplan für die streitgegenständlichen Flurstücke nicht.
Am 13.04.2000 erhielt die Klägerin eine Baugenehmigung für die erstmalige Errichtung des streitgegenständlichen Lebensmittelmarktes in der J.-Straße. Am 29.06.2006 wurde der Klägerin auf ihren Antrag hin eine Genehmigung für den Anbau eines Pfandraumes, am 06.05.2010 schließlich eine Genehmigung zum Einbau eines Backvorbereitungsraums in den bestehenden Lebensmittelmarkt erteilt.
Am 24.02.2011 reichte die Klägerin einen Bauantrag für eine Erweiterung des Lebensmittelmarktes um einen Backvorbereitungsraum mit Tiefkühlzelle sowie einen Umbau des Pfandlagers ein. Die Beklagte lehnte den Bauantrag mit Bescheid vom 28.06.2011 ab. Mit Blick auf den Durchführungsvertrag sei maximal eine Geschossfläche von 1200 m² zulässig. Der X-Markt habe jedoch derzeit bereits eine Geschossfläche von 1.494 m². Eine Befreiung könne nicht erteilt werden, da die Begrenzung der Größe eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes im Gewerbegebiet als Grundzug der Planung zu beurteilen und diese Vorgabe auch im Durchführungsvertrag nochmals speziell aufgezeigt worden sei. Anhaltspunkte für eine atypische Betrachtungsweise seien nicht erkennbar. Mit der geplanten zusätzlichen Erweiterung des Gebäudes werde der städtebaulich allenfalls teilintegrierte Standort noch etwas weiter ausgebaut und gestärkt werden. Zudem weise der X-Markt im Vergleich zu anderen Lebensmitteldiscountern im Stadtgebiet bereits im derzeitigen Bestand eine überdurchschnittlich große Geschoss- und Verkaufsfläche auf. Die Zulassung der zusätzlichen Geschossflächenerweiterung erscheine daher auch aus Gründen der Gleichbehandlung nicht vertretbar.
Die Klägerin legte gegen den Ablehnungsbescheid Widerspruch ein. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ stehe der Zulässigkeit des Bauvorhabens nicht entgegen, da er unwirksam sei. Gleiches gelte für „den Bebauungsplan „J.““.
Das Regierungspräsidium X wies den Widerspruch unter Verweis auf die Geschossfläche des bereits bestehenden Lebensmittelmarktes mit Bescheid vom 13.06.2012 zurück. Bereits beim Neubau des X-Marktes sei eine deutliche Überschreitung der maximalen Geschossfläche zugelassen worden. Durch die nun vorgelegte Planung werde sich die Geschossfläche weiter erhöhen. Eine Befreiung könne nicht erteilt werden, da die Befreiungsvoraussetzungen nicht vorlägen.
10 
Die Klägerin hat daraufhin mit beim Verwaltungsgericht am 06.07.2012 eingegangenem Schriftsatz Klage eingelegt.
11 
Zur Klagebegründung trägt sie vor, der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ stehe der Zulässigkeit des Vorhabens nicht entgegen, da er unwirksam sei. Gleiches gelte für den vor Inkrafttreten des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „S.“ geltenden Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung. Maßgebend sei daher der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 3. Änderung. Nach diesem sei das Bauvorhaben zu genehmigen.
12 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ sei unwirksam, da er mit der Festsetzung des beschränkten Gewerbegebiets nicht nur einen Lebensmittelmarkt zulasse, sondern vom Grundsatz her alle Nutzungen, die in einem Gewerbegebiet zulässig seien. Der Bebauungsplan genüge zudem nicht dem Bestimmtheitsgebot. Dem Bebauungsplan sei nicht zu entnehmen, welche Nutzungen im Einzelnen zugelassen seien. Schließlich sei der vorhabenbezogene Bebauungsplan unwirksam, da sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag nicht zur Durchführung eines bestimmten Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet habe.
13 
Der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung wiederum sei unwirksam, da das planerische Ziel, eine Dezentralisierung der Einzelhandelsstruktur durch eine dezentrale Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben mit zentrumstypischen Warensortimenten zu verhindern, durch den Bebauungsplan nicht konsequent umgesetzt werde. Er genüge zudem ebenfalls nicht dem Bestimmtheitsgebot. Weder im Bebauungsplan noch in der Planbegründung sei definiert, wann ein Angebot von Waren verschiedener Art vorliege. Daneben sei die Formulierung der „Handelsbetriebe für Endverbraucher […], denen eine zentrumsschädigende bzw. den Stadtkern in seiner Vitalität beeinträchtigende Wirkung beizumessen sei“ unbestimmt. Weiterhin leide der Bebauungsplan an einem Verkündungsmangel. Die Beklagte habe den Planbetroffenen keine Möglichkeit gegeben, von der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes Kenntnis zu nehmen. Eine verständige Einordnung der textlichen Festsetzungen über die unzulässigen Sortimentsgruppen sei nur unter Heranziehung der vollständigen Klassifikation möglich. Schließlich sei der Bebauungsplan wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Auf dem Baugrundstück sei eine Entwicklung eingetreten, die den Ausschluss von Einzelhandel mit zentrenrelevanten Sortimenten auf unabsehbare Zeit unmöglich mache. Der genehmigte und errichtete Lebensmittelmarkt werde noch über Jahrzehnte betrieben werden. Diese von den Festsetzungen abweichende tatsächliche Entwicklung sei so offenkundig, dass ein Vertrauen auf die Einhaltung der Festsetzungen des Bebauungsplans nicht mehr schutzwürdig sei. Hinzu komme, dass ein räumlich abgrenzbarer Teilbereich des Bebauungsplanes betroffen sei.
14 
Die Klägerin beantragt,
15 
1. den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28.06.2011 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums X vom 13.06.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin eine Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraums mit Tiefkühlzelle und den Ausbau einer Backvorbereitungszelle im Pfandraum auf dem Grundstück J.-Str. X in K. nach Maßgabe des Bauantrags vom 24.01.2011 zu erteilen,
16 
2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
17 
Die Beklagte beantragt,
18 
die Klage abzuweisen.
19 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ sei wirksam. Er weise einen hinreichenden Vorhabenbezug auf. Ein Verstoß führe zudem allenfalls zur vorübergehenden Unwirksamkeit des Bebauungsplans, die aber durch ein ergänzendes Verfahren geheilt werden könne. Wäre der Gemeinderat vom Vorliegen solcher Umstände ausgegangen, hätte er den Beschluss anderslautend im Sinne eines rechtmäßigen Alternativplanes gefasst. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan sei auch nicht wegen fehlender Bestimmtheit unwirksam. Unter Zugrundelegung dessen, dass es sich um einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan handele, ergäben sich aus den zugehörigen Gutachten und Pläne konkret auf das Vorhaben bezogene Beschränkungen. Der gesetzlichen Regelung, wonach sich der Vorhabenträger zur Durchführung des Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist verpflichten müsse, sei schließlich ebenfalls genüge getan. § 2, § 4 Abs. 4, § 4 Abs. 9 und § 5 des Durchführungsvertrages ließen sich Anhaltspunkte für den Beginn des Fristenlaufs entnehmen. Zudem sei durch die gemäß § 5 DV zu erbringende Sicherheitsleistung eine zügige Durchführung der Baumaßnahmen gewährleistet gewesen. Ein fester Zeitpunkt für den Beginn der Fristen sei gesetzt gewesen, da zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung der Beschlusstermin des Gemeinderates, der 05.04.2000, bereits festgestanden habe.
20 
Der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung sei ebenfalls wirksam. Aus den mannigfaltigen Beispielen einerseits und dem Wortlaut „innenstadtrelevanter Einzelhandel“ andererseits folge, dass nur innenstadttauglicher Einzelhandel ausgeschlossen werde. Die Planbetroffenen hätten auch die Möglichkeit gehabt, von der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes Kenntnis zu nehmen, da diese sich, soweit Relevanz bestanden habe, in der dem Beschluss zugrundeliegenden Sitzungsvorlage befunden habe und im Textteil des Bebauungsplans abgedruckt sei. Schließlich sei der Bebauungsplan auch nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Die Schutzwürdigkeit des übrig gebliebenen Plangebietes sei nicht entfallen.
21 
Dem Gericht liegen die Verwaltungsakten der Beklagten einschließlich der Bauakten zu den erteilten Baugenehmigungen aus den Jahren 2000, 2006 und 2010 sowie die Bebauungsplanakten zu dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan „S.“ und den Bebauungsplänen „J.“ in der Fassung der 3. und der 4. Änderung vor. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird hierauf verwiesen und auf die im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die zulässige Klage ist begründet. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28.6.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums X vom 13.6.2012 sind aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Baugenehmigung zu erteilen, da die genannten Bescheide rechtswidrig sind, die Klägerin in ihren Rechten verletzen und die Sache spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
23 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung. Gemäß § 58 Abs. 1 S. 1 LBO ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. So verhält es sich hier.
24 
Verstöße gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften sind nicht ersichtlich.
25 
Dem Bauplanungsrecht ist ebenfalls Genüge getan. Das Bauvorhaben ist nach dem Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 3. Änderung zulässig. Dieser Bebauungsplan ist anzuwenden, da der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ unwirksam und der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung in Bezug auf die streitgegenständlichen Flurstücke A, B und C wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten ist.
26 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ ist bereits deshalb unwirksam, weil sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag vom 28.02.2000/03.03.2000 nicht zur Durchführung des Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet hat. Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 BauGB in der Fassung vom 27.08.1997 (BGBl. I S. 2151) kann die Gemeinde durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss, durch den der Bebauungsplan beschlossen wird, verpflichtet (Durchführungsvertrag). Eine solche Verpflichtung, das Vorhaben innerhalb einer bestimmten Frist durchzuführen, fehlt im Durchführungsvertrag vom 28.02.2000/03.03.2000.
27 
Der Durchführungsvertrag verpflichtet die Vorhabenträgerin nicht, das Vorhaben durchzuführen. Seinem Wortlaut nach verpflichtet der Durchführungsvertrag die Vorhabenträgerin lediglich dazu, Erschließungsmaßnahmen durchzuführen (s. § 3, § 4 Abs. 1, Abs. 9, § 13 DV) und Geld an die Beklagte zu bezahlen (s. § 2 Abs. 2 S. 3 und Abs. 3, § 4 Abs. 4, § 5 DV). Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB. Zwar ist in § 1 Abs. 3 DV festgehalten, dass der Bebauungsplan „S.“ und die vorgesehenen Umbau- und Neubaumaßnahmen der öffentlichen Verkehrsflächen ausschließlich durch den geplanten Neubau des Lebensmittelmarktes verursacht werden. Auch muss die Beklagte die Sicherheitsleistung nach § 5 S. 4 DV erst nach vollständiger Erfüllung des Erschließungsvertrags zurückgeben, während sich die Klägerin in § 4 Abs. 9 DV zugleich verpflichtet, den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der J.-Straße durch die Stadt zu eröffnen. Aus all diesen Vorschriften – wie auch aus der Bebauungsplanbegründung, in der es heißt, dass ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche „vorgesehen“ und 135 Stellplätze „geplant“ seien - lässt sich aber allenfalls folgern, dass die Klägerin als Vorhabenträgerin bei Vertragsschluss beabsichtigte, einen Lebensmittelmarkt zu errichten und bereits war, hierfür Erschließungskosten zu tragen. Mit einer Verpflichtung, einen Lebensmittelmarkt zu errichten, ist eine solche Absicht nicht gleichzusetzen.
28 
Der Durchführungsvertrag regelt zudem nicht verbindlich, innerhalb welcher Frist das Vorhaben durchzuführen ist. In Bezug auf das Vorhaben werden im Durchführungsvertrag keine Fristen erwähnt. § 2 Abs. 3, § 4 Abs. 4 und § 5 DV, auf die die Beklagte verweist, betreffen ausschließlich Erschließungskosten bzw. die Sicherheitsleistung, die absichern soll, dass die Beklagte Erschließungsmaßnahmen durchführt. Auch aus § 4 Abs. 9 DV ergibt sich keine Frist, innerhalb derer das Vorhaben durchzuführen ist. Zwar verpflichtet sich die Vorhabenträgerin in diesem Paragrafen, den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der J.-Straße durch die Stadt zu eröffnen. Dies stellt für die Vorhabenträgerin aber nur einen wirtschaftlichen Anreiz dar, die Erschließungsmaßnahmen zügig durchzuführen. Es bleibt ihr unbenommen, im Fall veränderter unternehmerischer Ziele von ihrem Plan, einen Lebensmittelmarkt zu errichten, Abstand zu nehmen.
29 
Vorhabenbezogene Bebauungspläne ohne Durchführungsverpflichtung sind unwirksam (Kukk, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, Kommentar, 8. Auflage 2015, § 12 Rn. 27; Fehr/Wichardt, ZfIR 2008, 221, 232; Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, 4. Auflage 2010, § 13 Rn. 174; Turiaux, NJW 1999, 391, 393; vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 14.11.2002 - 5 S 1635/00 -, Juris Rn. 21). Dies ergibt sich zunächst aus dem Gesetzeswortlaut. Nach diesem ist die Durchführungsverpflichtung Mindestinhalt des Durchführungsvertrages. Dieser wiederum ist eine gesetzliche Voraussetzung für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan (Kukk, ebda). Die Unwirksamkeit folgt zudem aus einer systematischen Gesetzesauslegung. Im Gegensatz zu qualifizierten Bebauungsplänen sind vorhabenbezogene Bebauungspläne auf alsbaldige Verwirklichung angelegt (Jarass/Kment, BauGB, Kommentar, 2013, § 12 Rn. 11). Diese ist nur sichergestellt, wenn die Durchführung des Vorhabens nicht im Belieben des Vorhabenträgers steht. Schließlich lassen sich teleologische Gründe für die Unwirksamkeit anführen. Die beschleunigte, sozusagen privatisierte Planung vorhabenbezogener Bebauungspläne ist nur gerechtfertigt, wenn der Vorhabenträger die fristgemäße Realisierung des Vorhabens verbindlich zusagt und damit sichergestellt ist, dass tatsächlich ein Beschleunigungsbedürfnis besteht (Turiaux, NJW 1999, 391, 393). Anderenfalls bestünde zudem die Gefahr, dass sich eine Gemeinde den Vorstellungen des Vorhabenträgers derart unterordnet, dass sie nur noch als dessen Vollzugsinstanz erscheint und ihre Planung und Abwägung somit „verkauft“ (vgl. Reidt, BauR 1998, 909, 916).
30 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan wurde auch nicht nachträglich wirksam, als die Beklagte das Vorhaben (freiwillig) durchführte. Zwar soll eine vertragliche Durchführungspflicht und Frist unter Umständen entbehrlich sein, wenn Gegenstand eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans ein bereits verwirklichtes Vorhaben ist (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.08.2001 - 1 C 11768/00 -, Juris Rn. 21). Alleine durch die Fertigstellung des Vorhabens kann eine Heilung aber in keinem Fall eingetreten sein. Voraussetzung wäre vielmehr, selbst wenn man eine vertragliche Durchführungspflicht im Fall eines bereits realisierten Vorhabens für entbehrlich hielte, ein erneuter Satzungsbeschluss in einem ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB einschließlich Ausfertigung und öffentlicher Bekanntmachung (s. Schiller, in Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Auflage 2014, Rn. 1026; vgl. Bay. VGH, Urteil vom 24.07.2001 - 1 N 00.1574 -, Juris Rn. 67; Busse, in Spannowsky und Uechtritz (Hrsg.), BauGB, Kommentar, 2. Auflage 2014, § 12 Rn. 46; Gatz, in Berliner Kommentar zum BauGB, 29. Ergänzungslieferung 2014, § 12 Rn. 12a). Hieran fehlt es.
31 
Ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan daneben auch wegen eines fehlenden Vorhabenbezuges und auf Grund eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unwirksam ist, ist nicht mehr zu prüfen.
32 
Der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung steht dem Bauvorhaben ebenfalls nicht entgegen. Er ist in Bezug auf die Flurstücke A, B und C jedenfalls funktionslos geworden.
33 
Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen nachträglicher Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75-, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35; Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8).
34 
Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist für jede Festsetzung gesondert zu prüfen. Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Entscheidend ist vielmehr, ob die jeweilige Festsetzung geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein. Das setzt voraus, dass die Festsetzung unabhängig davon, ob sie punktuell durchsetzbar ist, bei einer Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren hat, die städtebauliche Entwicklung noch in einer bestimmten Richtung zu steuern (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 - Juris Rn. 10, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48/99 -, Leitsatz und Juris Rn. 5, Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8).
35 
Ausnahmsweise kann eine Festsetzung in Anlehnung an die Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen (Rechtsgedanke des § 139 BGB) jedoch auch bezogen auf ein Teilgebiet funktionslos geworden sein (OVG Hamburg, Urteil vom 25.01.1996 - Bf II 33/94 -, Juris Rn. 35, Urteil vom 28.02.2013 - 2 Bf 17/11 -, Juris Rn. 45; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -, Juris Rn. 23 ff.; OVG Berlin, Urteil vom 31.07.1992 - 2 B 3.91 -, Juris Rn. 18; Kalb/Külpmann in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, 115. Ergänzungslieferung 2014, § 10 Rn. 409; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, Kommentar, 7. Aufl. 2013, § 30 Rn. 44; vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 -, Juris Rn. 25; OVG NRW, Beschluss vom 22.06.2010 - 7 B 479/10 -, Juris Rn. 18; VG Stuttgart, Urteil vom 16.10.2007 - 13 K 552/06 -, Juris Rn. 31 ff.). Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, ist nicht abschließend geklärt.
36 
Mindestvoraussetzung für die Funktionslosigkeit in Bezug auf ein Teilgebiet muss in Fortschreibung der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 - Juris Rn. 10, Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8) sein, dass die Verhältnisse in diesem Teilgebiet in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplans in eben diesem Teilgebiet auf unabsehbare Zeit ausschließt und dass die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (ebenso möglicherweise VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -, Juris Rn. 24 f.). Diese Mindestvoraussetzungen liegen in Bezug auf die Flurstücke A, B und C vor.
37 
Die Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplans ist auf diesen drei Flurstücken auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen. Die tatsächlichen Verhältnisse widersprechen dem Bebauungsplan. Auf den Flurstücken wurde ein Lebensmittelmarkt genehmigt und errichtet, obwohl der Bebauungsplan in den textlichen Festsetzungen den Facheinzelhandel mit Nahrungsmitteln (Gruppe 52.1. der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes) ausdrücklich als unzulässig aufführt. Ein Rückbau des Lebensmittelmarktes ist nicht zu erwarten. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Beklagte den Lebensmittelmarkt noch über Jahrzehnte weiterbetreiben wird. Das Gebäude ist erst rund 15 Jahre alt. Die Klägerin hat das Gebäude in den letzten Jahren zudem mehrfach erweitert bzw. umgebaut und so, wie auch mit dem streitgegenständlichen Bauantrag, wiederholt ihr Interesse an einem langfristigen Betrieb der Filiale zum Ausdruck gebracht.
38 
Die Erkennbarkeit dieser Tatsache hat auch einen Grad erreicht, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt. Die tatsächlichen Verhältnisse weichen auf den drei streitgegenständlichen Flurstücken derart massiv und offenkundig von der Planung ab, dass der Bebauungsplan dort eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich erfüllen kann. Der X-Markt bildet im Kleinen ein eigenes (Stadt-) Zentrum. In dem Einkaufsmarkt werden zahlreiche Artikel verkauft, die der Bebauungsplan in den textlichen Festsetzungen ausdrücklich als unzulässig ausschließt. Familien können im X-Markt ihre gesamten Lebensmitteleinkäufe - auch derzeit bereits einschließlich Backwaren - und einen Großteil ihrer Drogeriemarkteinkäufe erledigen. Das ständige Sortiment umfasst daneben Zeitungen und Blumen, periodisch werden Kleidung, Büro- und Elektroartikel angeboten.
39 
Über diese zwei Mindestvoraussetzungen ist, damit die Funktionslosigkeit der Festsetzungen eines Bebauungsplanes in Bezug auf ein Teilgebiet des Plangeltungsbereichs ein Ausnahmefall bleibt, zu fordern, dass das betroffene Gebiet ein räumlich hinreichend abgrenzbares Teilgebiet des Plangeltungsbereichs darstellt (ebenso OVG Hamburg, Urteil vom 28.02.2013 - 2 Bf 17/11 -, Juris Rn. 45, Urteil vom 23.05.1996 - Bf II 42/94 -, Juris Rn. 36, Urteil vom 08.10.1992 - Bf II 34/91 -, Juris Rn. 35; OVG NRW, Beschluss vom 22.06.2010 - 7 B 479/10 -, Juris Rn. 18; Kalb/ Külpmann, a.a.O., § 10 Rn. 409; ebenso möglicherweise BVerwG, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 -, Juris Rn. 25). Nur im Fall einer solchen räumlichen Abgrenzbarkeit ist es gerechtfertigt, von dem Grundsatz, dass es nicht auf die punktuelle Durchsetzbarkeit der Festsetzungen des Bebauungsplans ankommt, abzuweichen. Auch diese Voraussetzung ist im Fall der Flurstücke A, B und C erfüllt. Die drei Flurstücke sind vom restlichen Plangeltungsbereich räumlich hinreichend abgrenzbar. Sie grenzen aneinander und bilden zusammen grob ein Rechteck, das im Norden von der J.-Straße, im Westen von der B-X und im Süd-Westen von einer öffentlichen Grünfläche begrenzt wird. Hinzu kommt die Besonderheit, dass der Plangeltungsbereich aus mehreren Teilstücken besteht und die Flurstücke A, B und C für sich genommen ein eigenständiges Teilstück bilden.
40 
Schließlich soll eine Funktionslosigkeit der Festsetzungen in Bezug auf ein Teilgebiet eines Bebauungsplans nur in Betracht kommen, wenn das Teilgebiet nicht nur aus wenigen Grundstücken besteht (OVG Hamburg, Urteil vom 28.02.2013 - 2 Bf 17/11 -, Juris Rn. 45 unter Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 09.10.2003, BauR 2004, 1128, ebenso wohl auch OVG Hamburg, Urteil vom 30.07.2003 - 2 Bf 427/00 -, Juris Rn. 46). Dieser Auffassung ist im Grundsatz zu folgen. Für die Funktionslosigkeit kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gerade nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an (exemplarisch BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48/99 -, Leitsatz und Juris Rn. 5, Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8, jew. m.w.N.). Eine andere Bewertung ist aber indiziert, wenn der Plangeltungsbereich aus zwei räumlich voneinander getrennten Teilgebieten besteht und sich die planwidrige Nutzung auf ein gesamtes Teilgebiet erstreckt, da in einem solchen Fall bei natürlicher Betrachtungsweise zwei Plan-/ Baugebiete vorliegen. So verhält es sich hier. Der westliche Geltungsbereich des Bebauungsplans „J.“ in der Fassung der 4. Änderung ist über 100 m vom östlichen Geltungsbereich getrennt, mithin rund ebenso weit, wie er selbst breit ist. Hinzu kommt, dass die Flurstücke A, B und C im Jahr 2000 Gegenstand eines eigenen (vorhabenbezogenen) Bebauungsplanes wurden. Der Plangeber hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er die drei Flurstücke auch in planerischer Hinsicht als rechtlich eigenständig betrachtet.
41 
Auf den von der Klägerin gerügten Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und einen möglichen Verkündungsmangel ist mit Blick auf die Funktionslosigkeit des Bebauungsplans in Bezug auf die Flurstücke A, B und C nicht mehr einzugehen.
42 
Nachdem der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung unwirksam ist, richtet sich die Zulässigkeit des Bauvorhabens nach dem Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 3. Änderung. Nach diesem ist das Bauvorhaben zulässig. Der Bebauungsplan setzt das Grundstück als Gewerbegebiet fest. Die maximal erlaubte Grundflächenzahl von 0,6 und die maximal erlaubte Geschossflächenzahl von 1,6 werden unterschritten. Weitere Einschränkungen enthält der Bebauungsplan nicht. An der Wirksamkeit des Bebauungsplanes bestehen schließlich keine Zweifel.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
44 
Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124 a Abs. 1 S. 1 VwGO zugelassen, da die Frage, unter welchen Voraussetzungen Bebauungspläne in Bezug auf ein Teilgebiet funktionslos werden können und ob dies insbesondere auch für einzelne Grundstücke gelten kann, die zwischenzeitlich anderweitig beplant wurden, in der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang nicht tragend entschieden worden ist.
45 
Der von der Klägerin gestellte Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren gemäß § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO für notwendig zu erklären, ist begründet. Ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war, ist vom Standpunkt einer verständigen Partei aus zu beurteilen. Maßgebend ist, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sach- und Rechtslage eines Rechtsanwalts bedient hätte. Notwendig ist die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten in der Regel dann, wenn es dem Beteiligten nach seiner Vorbildung, Erfahrung und seinen sonstigen persönlichen Umständen nicht zuzumuten war, das Verfahren selbst zu führen (BVerwG, Urteil vom 15.02.1991 - 8 C 83.88 -, Juris Rn. 15). Dabei ist die Schwierigkeit, der Umfang der Sache und die persönliche Sach- und Rechtskunde des Widerspruchsführers zu berücksichtigen (OVG NRW, Beschluss vom 19.09.1973 - II B 701/73 -, Juris). In diesem Sinne war die Zuziehung des bevollmächtigten Rechtsanwalts durch die Klägerin im Vorverfahren notwendig. Der Bauantrag der Klägerin warf eine Reihe rechtlicher Probleme auf. Auch wenn es sich bei der Klägerin um ein Großunternehmen handelt, kann von ihr nicht erwartet werden, dass sie diese mithilfe der eigenen Rechtsabteilung löst. Die Frage der Wirksamkeit von Bebauungsplänen weist einen erhöhten Schwierigkeitsgrad auf.

Gründe

 
22 
Die zulässige Klage ist begründet. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28.6.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums X vom 13.6.2012 sind aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Baugenehmigung zu erteilen, da die genannten Bescheide rechtswidrig sind, die Klägerin in ihren Rechten verletzen und die Sache spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
23 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung. Gemäß § 58 Abs. 1 S. 1 LBO ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. So verhält es sich hier.
24 
Verstöße gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften sind nicht ersichtlich.
25 
Dem Bauplanungsrecht ist ebenfalls Genüge getan. Das Bauvorhaben ist nach dem Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 3. Änderung zulässig. Dieser Bebauungsplan ist anzuwenden, da der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ unwirksam und der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung in Bezug auf die streitgegenständlichen Flurstücke A, B und C wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten ist.
26 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ ist bereits deshalb unwirksam, weil sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag vom 28.02.2000/03.03.2000 nicht zur Durchführung des Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet hat. Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 BauGB in der Fassung vom 27.08.1997 (BGBl. I S. 2151) kann die Gemeinde durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss, durch den der Bebauungsplan beschlossen wird, verpflichtet (Durchführungsvertrag). Eine solche Verpflichtung, das Vorhaben innerhalb einer bestimmten Frist durchzuführen, fehlt im Durchführungsvertrag vom 28.02.2000/03.03.2000.
27 
Der Durchführungsvertrag verpflichtet die Vorhabenträgerin nicht, das Vorhaben durchzuführen. Seinem Wortlaut nach verpflichtet der Durchführungsvertrag die Vorhabenträgerin lediglich dazu, Erschließungsmaßnahmen durchzuführen (s. § 3, § 4 Abs. 1, Abs. 9, § 13 DV) und Geld an die Beklagte zu bezahlen (s. § 2 Abs. 2 S. 3 und Abs. 3, § 4 Abs. 4, § 5 DV). Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB. Zwar ist in § 1 Abs. 3 DV festgehalten, dass der Bebauungsplan „S.“ und die vorgesehenen Umbau- und Neubaumaßnahmen der öffentlichen Verkehrsflächen ausschließlich durch den geplanten Neubau des Lebensmittelmarktes verursacht werden. Auch muss die Beklagte die Sicherheitsleistung nach § 5 S. 4 DV erst nach vollständiger Erfüllung des Erschließungsvertrags zurückgeben, während sich die Klägerin in § 4 Abs. 9 DV zugleich verpflichtet, den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der J.-Straße durch die Stadt zu eröffnen. Aus all diesen Vorschriften – wie auch aus der Bebauungsplanbegründung, in der es heißt, dass ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche „vorgesehen“ und 135 Stellplätze „geplant“ seien - lässt sich aber allenfalls folgern, dass die Klägerin als Vorhabenträgerin bei Vertragsschluss beabsichtigte, einen Lebensmittelmarkt zu errichten und bereits war, hierfür Erschließungskosten zu tragen. Mit einer Verpflichtung, einen Lebensmittelmarkt zu errichten, ist eine solche Absicht nicht gleichzusetzen.
28 
Der Durchführungsvertrag regelt zudem nicht verbindlich, innerhalb welcher Frist das Vorhaben durchzuführen ist. In Bezug auf das Vorhaben werden im Durchführungsvertrag keine Fristen erwähnt. § 2 Abs. 3, § 4 Abs. 4 und § 5 DV, auf die die Beklagte verweist, betreffen ausschließlich Erschließungskosten bzw. die Sicherheitsleistung, die absichern soll, dass die Beklagte Erschließungsmaßnahmen durchführt. Auch aus § 4 Abs. 9 DV ergibt sich keine Frist, innerhalb derer das Vorhaben durchzuführen ist. Zwar verpflichtet sich die Vorhabenträgerin in diesem Paragrafen, den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der J.-Straße durch die Stadt zu eröffnen. Dies stellt für die Vorhabenträgerin aber nur einen wirtschaftlichen Anreiz dar, die Erschließungsmaßnahmen zügig durchzuführen. Es bleibt ihr unbenommen, im Fall veränderter unternehmerischer Ziele von ihrem Plan, einen Lebensmittelmarkt zu errichten, Abstand zu nehmen.
29 
Vorhabenbezogene Bebauungspläne ohne Durchführungsverpflichtung sind unwirksam (Kukk, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, Kommentar, 8. Auflage 2015, § 12 Rn. 27; Fehr/Wichardt, ZfIR 2008, 221, 232; Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, 4. Auflage 2010, § 13 Rn. 174; Turiaux, NJW 1999, 391, 393; vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 14.11.2002 - 5 S 1635/00 -, Juris Rn. 21). Dies ergibt sich zunächst aus dem Gesetzeswortlaut. Nach diesem ist die Durchführungsverpflichtung Mindestinhalt des Durchführungsvertrages. Dieser wiederum ist eine gesetzliche Voraussetzung für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan (Kukk, ebda). Die Unwirksamkeit folgt zudem aus einer systematischen Gesetzesauslegung. Im Gegensatz zu qualifizierten Bebauungsplänen sind vorhabenbezogene Bebauungspläne auf alsbaldige Verwirklichung angelegt (Jarass/Kment, BauGB, Kommentar, 2013, § 12 Rn. 11). Diese ist nur sichergestellt, wenn die Durchführung des Vorhabens nicht im Belieben des Vorhabenträgers steht. Schließlich lassen sich teleologische Gründe für die Unwirksamkeit anführen. Die beschleunigte, sozusagen privatisierte Planung vorhabenbezogener Bebauungspläne ist nur gerechtfertigt, wenn der Vorhabenträger die fristgemäße Realisierung des Vorhabens verbindlich zusagt und damit sichergestellt ist, dass tatsächlich ein Beschleunigungsbedürfnis besteht (Turiaux, NJW 1999, 391, 393). Anderenfalls bestünde zudem die Gefahr, dass sich eine Gemeinde den Vorstellungen des Vorhabenträgers derart unterordnet, dass sie nur noch als dessen Vollzugsinstanz erscheint und ihre Planung und Abwägung somit „verkauft“ (vgl. Reidt, BauR 1998, 909, 916).
30 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan wurde auch nicht nachträglich wirksam, als die Beklagte das Vorhaben (freiwillig) durchführte. Zwar soll eine vertragliche Durchführungspflicht und Frist unter Umständen entbehrlich sein, wenn Gegenstand eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans ein bereits verwirklichtes Vorhaben ist (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.08.2001 - 1 C 11768/00 -, Juris Rn. 21). Alleine durch die Fertigstellung des Vorhabens kann eine Heilung aber in keinem Fall eingetreten sein. Voraussetzung wäre vielmehr, selbst wenn man eine vertragliche Durchführungspflicht im Fall eines bereits realisierten Vorhabens für entbehrlich hielte, ein erneuter Satzungsbeschluss in einem ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB einschließlich Ausfertigung und öffentlicher Bekanntmachung (s. Schiller, in Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Auflage 2014, Rn. 1026; vgl. Bay. VGH, Urteil vom 24.07.2001 - 1 N 00.1574 -, Juris Rn. 67; Busse, in Spannowsky und Uechtritz (Hrsg.), BauGB, Kommentar, 2. Auflage 2014, § 12 Rn. 46; Gatz, in Berliner Kommentar zum BauGB, 29. Ergänzungslieferung 2014, § 12 Rn. 12a). Hieran fehlt es.
31 
Ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan daneben auch wegen eines fehlenden Vorhabenbezuges und auf Grund eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unwirksam ist, ist nicht mehr zu prüfen.
32 
Der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung steht dem Bauvorhaben ebenfalls nicht entgegen. Er ist in Bezug auf die Flurstücke A, B und C jedenfalls funktionslos geworden.
33 
Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen nachträglicher Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75-, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35; Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8).
34 
Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist für jede Festsetzung gesondert zu prüfen. Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Entscheidend ist vielmehr, ob die jeweilige Festsetzung geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein. Das setzt voraus, dass die Festsetzung unabhängig davon, ob sie punktuell durchsetzbar ist, bei einer Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren hat, die städtebauliche Entwicklung noch in einer bestimmten Richtung zu steuern (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 - Juris Rn. 10, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48/99 -, Leitsatz und Juris Rn. 5, Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8).
35 
Ausnahmsweise kann eine Festsetzung in Anlehnung an die Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen (Rechtsgedanke des § 139 BGB) jedoch auch bezogen auf ein Teilgebiet funktionslos geworden sein (OVG Hamburg, Urteil vom 25.01.1996 - Bf II 33/94 -, Juris Rn. 35, Urteil vom 28.02.2013 - 2 Bf 17/11 -, Juris Rn. 45; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -, Juris Rn. 23 ff.; OVG Berlin, Urteil vom 31.07.1992 - 2 B 3.91 -, Juris Rn. 18; Kalb/Külpmann in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, 115. Ergänzungslieferung 2014, § 10 Rn. 409; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, Kommentar, 7. Aufl. 2013, § 30 Rn. 44; vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 -, Juris Rn. 25; OVG NRW, Beschluss vom 22.06.2010 - 7 B 479/10 -, Juris Rn. 18; VG Stuttgart, Urteil vom 16.10.2007 - 13 K 552/06 -, Juris Rn. 31 ff.). Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, ist nicht abschließend geklärt.
36 
Mindestvoraussetzung für die Funktionslosigkeit in Bezug auf ein Teilgebiet muss in Fortschreibung der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 - Juris Rn. 10, Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8) sein, dass die Verhältnisse in diesem Teilgebiet in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplans in eben diesem Teilgebiet auf unabsehbare Zeit ausschließt und dass die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (ebenso möglicherweise VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -, Juris Rn. 24 f.). Diese Mindestvoraussetzungen liegen in Bezug auf die Flurstücke A, B und C vor.
37 
Die Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplans ist auf diesen drei Flurstücken auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen. Die tatsächlichen Verhältnisse widersprechen dem Bebauungsplan. Auf den Flurstücken wurde ein Lebensmittelmarkt genehmigt und errichtet, obwohl der Bebauungsplan in den textlichen Festsetzungen den Facheinzelhandel mit Nahrungsmitteln (Gruppe 52.1. der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes) ausdrücklich als unzulässig aufführt. Ein Rückbau des Lebensmittelmarktes ist nicht zu erwarten. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Beklagte den Lebensmittelmarkt noch über Jahrzehnte weiterbetreiben wird. Das Gebäude ist erst rund 15 Jahre alt. Die Klägerin hat das Gebäude in den letzten Jahren zudem mehrfach erweitert bzw. umgebaut und so, wie auch mit dem streitgegenständlichen Bauantrag, wiederholt ihr Interesse an einem langfristigen Betrieb der Filiale zum Ausdruck gebracht.
38 
Die Erkennbarkeit dieser Tatsache hat auch einen Grad erreicht, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt. Die tatsächlichen Verhältnisse weichen auf den drei streitgegenständlichen Flurstücken derart massiv und offenkundig von der Planung ab, dass der Bebauungsplan dort eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich erfüllen kann. Der X-Markt bildet im Kleinen ein eigenes (Stadt-) Zentrum. In dem Einkaufsmarkt werden zahlreiche Artikel verkauft, die der Bebauungsplan in den textlichen Festsetzungen ausdrücklich als unzulässig ausschließt. Familien können im X-Markt ihre gesamten Lebensmitteleinkäufe - auch derzeit bereits einschließlich Backwaren - und einen Großteil ihrer Drogeriemarkteinkäufe erledigen. Das ständige Sortiment umfasst daneben Zeitungen und Blumen, periodisch werden Kleidung, Büro- und Elektroartikel angeboten.
39 
Über diese zwei Mindestvoraussetzungen ist, damit die Funktionslosigkeit der Festsetzungen eines Bebauungsplanes in Bezug auf ein Teilgebiet des Plangeltungsbereichs ein Ausnahmefall bleibt, zu fordern, dass das betroffene Gebiet ein räumlich hinreichend abgrenzbares Teilgebiet des Plangeltungsbereichs darstellt (ebenso OVG Hamburg, Urteil vom 28.02.2013 - 2 Bf 17/11 -, Juris Rn. 45, Urteil vom 23.05.1996 - Bf II 42/94 -, Juris Rn. 36, Urteil vom 08.10.1992 - Bf II 34/91 -, Juris Rn. 35; OVG NRW, Beschluss vom 22.06.2010 - 7 B 479/10 -, Juris Rn. 18; Kalb/ Külpmann, a.a.O., § 10 Rn. 409; ebenso möglicherweise BVerwG, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 -, Juris Rn. 25). Nur im Fall einer solchen räumlichen Abgrenzbarkeit ist es gerechtfertigt, von dem Grundsatz, dass es nicht auf die punktuelle Durchsetzbarkeit der Festsetzungen des Bebauungsplans ankommt, abzuweichen. Auch diese Voraussetzung ist im Fall der Flurstücke A, B und C erfüllt. Die drei Flurstücke sind vom restlichen Plangeltungsbereich räumlich hinreichend abgrenzbar. Sie grenzen aneinander und bilden zusammen grob ein Rechteck, das im Norden von der J.-Straße, im Westen von der B-X und im Süd-Westen von einer öffentlichen Grünfläche begrenzt wird. Hinzu kommt die Besonderheit, dass der Plangeltungsbereich aus mehreren Teilstücken besteht und die Flurstücke A, B und C für sich genommen ein eigenständiges Teilstück bilden.
40 
Schließlich soll eine Funktionslosigkeit der Festsetzungen in Bezug auf ein Teilgebiet eines Bebauungsplans nur in Betracht kommen, wenn das Teilgebiet nicht nur aus wenigen Grundstücken besteht (OVG Hamburg, Urteil vom 28.02.2013 - 2 Bf 17/11 -, Juris Rn. 45 unter Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 09.10.2003, BauR 2004, 1128, ebenso wohl auch OVG Hamburg, Urteil vom 30.07.2003 - 2 Bf 427/00 -, Juris Rn. 46). Dieser Auffassung ist im Grundsatz zu folgen. Für die Funktionslosigkeit kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gerade nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an (exemplarisch BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48/99 -, Leitsatz und Juris Rn. 5, Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8, jew. m.w.N.). Eine andere Bewertung ist aber indiziert, wenn der Plangeltungsbereich aus zwei räumlich voneinander getrennten Teilgebieten besteht und sich die planwidrige Nutzung auf ein gesamtes Teilgebiet erstreckt, da in einem solchen Fall bei natürlicher Betrachtungsweise zwei Plan-/ Baugebiete vorliegen. So verhält es sich hier. Der westliche Geltungsbereich des Bebauungsplans „J.“ in der Fassung der 4. Änderung ist über 100 m vom östlichen Geltungsbereich getrennt, mithin rund ebenso weit, wie er selbst breit ist. Hinzu kommt, dass die Flurstücke A, B und C im Jahr 2000 Gegenstand eines eigenen (vorhabenbezogenen) Bebauungsplanes wurden. Der Plangeber hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er die drei Flurstücke auch in planerischer Hinsicht als rechtlich eigenständig betrachtet.
41 
Auf den von der Klägerin gerügten Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und einen möglichen Verkündungsmangel ist mit Blick auf die Funktionslosigkeit des Bebauungsplans in Bezug auf die Flurstücke A, B und C nicht mehr einzugehen.
42 
Nachdem der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung unwirksam ist, richtet sich die Zulässigkeit des Bauvorhabens nach dem Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 3. Änderung. Nach diesem ist das Bauvorhaben zulässig. Der Bebauungsplan setzt das Grundstück als Gewerbegebiet fest. Die maximal erlaubte Grundflächenzahl von 0,6 und die maximal erlaubte Geschossflächenzahl von 1,6 werden unterschritten. Weitere Einschränkungen enthält der Bebauungsplan nicht. An der Wirksamkeit des Bebauungsplanes bestehen schließlich keine Zweifel.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
44 
Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124 a Abs. 1 S. 1 VwGO zugelassen, da die Frage, unter welchen Voraussetzungen Bebauungspläne in Bezug auf ein Teilgebiet funktionslos werden können und ob dies insbesondere auch für einzelne Grundstücke gelten kann, die zwischenzeitlich anderweitig beplant wurden, in der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang nicht tragend entschieden worden ist.
45 
Der von der Klägerin gestellte Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren gemäß § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO für notwendig zu erklären, ist begründet. Ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war, ist vom Standpunkt einer verständigen Partei aus zu beurteilen. Maßgebend ist, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sach- und Rechtslage eines Rechtsanwalts bedient hätte. Notwendig ist die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten in der Regel dann, wenn es dem Beteiligten nach seiner Vorbildung, Erfahrung und seinen sonstigen persönlichen Umständen nicht zuzumuten war, das Verfahren selbst zu führen (BVerwG, Urteil vom 15.02.1991 - 8 C 83.88 -, Juris Rn. 15). Dabei ist die Schwierigkeit, der Umfang der Sache und die persönliche Sach- und Rechtskunde des Widerspruchsführers zu berücksichtigen (OVG NRW, Beschluss vom 19.09.1973 - II B 701/73 -, Juris). In diesem Sinne war die Zuziehung des bevollmächtigten Rechtsanwalts durch die Klägerin im Vorverfahren notwendig. Der Bauantrag der Klägerin warf eine Reihe rechtlicher Probleme auf. Auch wenn es sich bei der Klägerin um ein Großunternehmen handelt, kann von ihr nicht erwartet werden, dass sie diese mithilfe der eigenen Rechtsabteilung löst. Die Frage der Wirksamkeit von Bebauungsplänen weist einen erhöhten Schwierigkeitsgrad auf.

(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.

(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.

(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.

(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.

(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.

(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.

(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.

(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.

(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.

(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.

(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.

(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.

(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.

(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.

(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.

(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.

(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Die Veränderungssperre tritt nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Auf die Zweijahresfrist ist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 Absatz 1 abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Die Gemeinde kann die Frist um ein Jahr verlängern.

(2) Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Gemeinde die Frist bis zu einem weiteren Jahr nochmals verlängern.

(3) Die Gemeinde kann eine außer Kraft getretene Veränderungssperre ganz oder teilweise erneut beschließen, wenn die Voraussetzungen für ihren Erlass fortbestehen.

(4) Die Veränderungssperre ist vor Fristablauf ganz oder teilweise außer Kraft zu setzen, sobald die Voraussetzungen für ihren Erlass weggefallen sind.

(5) Die Veränderungssperre tritt in jedem Fall außer Kraft, sobald und soweit die Bauleitplanung rechtsverbindlich abgeschlossen ist.

(6) Mit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets oder des städtebaulichen Entwicklungsbereichs tritt eine bestehende Veränderungssperre nach § 14 außer Kraft. Dies gilt nicht, wenn in der Sanierungssatzung die Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 ausgeschlossen ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 10. Oktober 2013 - 2 K 682/12 - geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Baugenehmigung zur Änderung des Non-Food-Lagers des ...-Lebensmittelmarkts im Gebäude Robert-Bosch-Straße ... in Empfingen in Verkaufsraum gemäß dem Bauantrag vom 23. März 2011 zu erteilen. Der Bescheid der Beklagten vom 12. Oktober 2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 6. März 2012 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin betreibt im westlichen Teil des Gebäudes Robert-Bosch-Straße ... auf dem Flst. Nr. .../2 der Gemarkung Empfingen der Beigeladenen (Baugrundstück) einen Selbstbedienungs-Lebensmittelmarkt in der Betriebsform Discounter. Unter dem Dach des Ein- und Ausgangs ist ein "Backshop" in das Gebäude integriert. Daneben ist ein Pfandraum mit Windfang angebaut. Im östlichen Gebäudeteil befinden sich ein Textilmarkt und ein Getränkemarkt. Vor dem Gebäude sind Kfz.-Stellplätze angelegt. Die übrigen bebauten Flächen zu beiden Seiten der Robert-Bosch-Straße werden gewerblich genutzt, u.a. gibt es gegenüber dem Baugrundstück einen weiteren Lebensmittel-Discounter (Robert-Bosch-Straße ...) und weiter nördlich - im Gebiet des Bebauungsplans "Autobahnkreuz - 1. Änderung" - einen 1995 genehmigten Fachmarkt für Werkzeuge/Baustoffe (Robert-Bosch-Straße …, "S... Fachmarkt & Baumarkt Empfingen"). Das Baugrundstück liegt im Gebiet des Bebauungsplans "Autobahn-Südost" vom 06.07.2006, der für Flächen westlich der Autobahn A 81 außerhalb der geschlossenen Ortslage der Beigeladenen drei Gewerbegebiete und ein Sondergebiet "Gewerbe-, Handels- und Dienstleistungszentrum" festsetzt. Das Baugrundstück liegt im Sondergebiet.
Der Gemeinderat der Beigeladenen beschloss den Bebauungsplan bereits am 18.04.2000 als Satzung. Der Beschluss wurde jedoch nicht öffentlich bekannt gemacht. Nach einer durch einen Bauantrag der Klägerin (s.u.) ausgelösten Dienstbesprechung im Regierungspräsidium Karlsruhe am 01.06.2006 passte die Beigeladene die Festsetzungen des Bebauungsplans an Ergebnisse der Dienstbesprechung an und gab Trägern öffentlicher Belange nochmals Gelegenheit zur Äußerung. In seiner Sitzung am 06.07.2006 befasste sich der Gemeinderat erneut mit dem Bebauungsplan. Die Sitzungsvorlage 50/2006 stellte das Ergebnis der Behördenbeteiligung und insoweit unterbreitete Änderungsvorschläge dar, formulierte Beschlussvorschläge und enthielt Entwürfe der textlichen Festsetzungen, der Planbegründung und einer neuen Satzung jeweils mit Datum vom 06.07.2006. Der Entwurf der textlichen Festsetzungen in der Sitzungsvorlage 50/2006 sah für Einzelhandelsbetriebe im Sondergebiet folgende Regelungen vor:
"1. Art der baulichen Nutzung
...
1.4.3 Weitere Festsetzungen für Einzelhandelsbetriebe:
1. Die Verkaufsfläche aller Einzelhandelsbetriebe im Sondergebiet wird auf insgesamt max. 2500 m2 Verkaufsfläche beschränkt.
2. Die max. zulässige Verkaufsfläche pro Einzelhandelsbetrieb beträgt 800 m2. Die Geschossfläche pro Einzelhandelsbetrieb darf 1200 m2 nicht überschreiten.
3. Bei den Einzelhandelsbetrieben sind zentrenrelevante Randsortimente auf maximal 12% der Gesamtverkaufsfläche des jeweiligen Betriebs zulässig.
2. Art und Maß der baulichen Nutzung
...
Im gesamten Geltungsbereich sind folgende zentrenrelevanten Sortimente nicht zugelassen:
10 
a) Blumen
b) Briefmarken
c) Devotionalien
d) Drogeriewaren
e) Lebensmittelhandwerk
f) Schmuck
g) Optische Erzeugnisse
h) Pharmazeutika
i) Bastelartikel
j) Fotogeräte und Fotowaren
k) Kosmetika
I) Papier- und Schreibwaren
m) Schulbedarf
n) Uhren
11 
Ausnahmsweise können im Einvernehmen mit der Gemeinde Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevantem Sortiment aus folgenden Branchen zugelassen werden:
12 
1. Pharmazeutika, Kosmetika
2. Fotogeräte und Fotowaren
3. Papier- und Schreibwaren, Bastelartikel
4. Blumen
13 
Je Branchengruppe sind max. 1200 m2 Geschossfläche zulässig. Die Ziffern 1. - 4. sind jeweils als eine Branchengruppe zu verstehen. Die Verkaufsfläche für alle 4 Branchengruppen zusammen darf max. 1300 m2 betragen."
14 
Der Gemeinderat fasste in der Sitzung am 06.07.2006 folgende Beschlüsse:
15 
"Die Satzung über den Bebauungsplan Autobahnkreuz - Südost, In der Fassung vom 18.04.2000, wird aufgehoben.
16 
Den in der Anlage 50/2006 unterbreiteten Änderungsvorschlägen der Träger öffentlicher Belange wird nach Abwägung zugestimmt. Die Anregungen wurden von der Verwaltung bereits in die Sitzungsunterlagen mit eingearbeitet.
17 
Der Bebauungsplan Autobahnkreuz - Südost in der Fassung vom 06.07.2006 wird nach § 10 BauGB als Satzung beschlossen."
18 
Der Bürgermeister fertigte am selben Tag die neue Satzung sowie gesondert die textlichen Festsetzungen und den Lageplan als Bestandteile der Satzung aus. Die gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen weichen vom Entwurf in der Sitzungsvorlage 50/2006 ab. Die dort im Abschnitt "2. Art und Maß der baulichen Nutzung" vorgesehenen Festsetzungen finden sich nun im Abschnitt "1. Art der baulichen Nutzung" in Nr. 1.4.3. unter einer neuen Nr. 4 mit einem teilweise anderen Wortlaut:
19 
"1. Art der baulichen Nutzung
20 

1.4.3 Weitere Festsetzungen für Einzelhandelsbetriebe:
21 
1. Die Verkaufsfläche aller Einzelhandelsbetriebe im Sondergebiet wird auf insgesamt max. 2500 m2 Verkaufsfläche beschränkt.
22 
2. Die max. zulässige Verkaufsfläche pro Einzelhandelsbetrieb beträgt 800 m2. Die Geschossfläche pro Einzelhandelsbetrieb darf 1200 m2 nicht überschreiten.
23 
3. Bei den Einzelhandelsbetrieben sind zentrenrelevante Randsortimente (siehe 1.4.3 Nr. 4) auf maximal 12% der Gesamtverkaufsfläche des jeweiligen Betriebs zulässig.
24 
4. Folgende zentrenrelevanten Sortimente sind nicht zugelassen:
25 
a) Blumen
b) Briefmarken
c) Devotionalien
d) Drogeriewaren
e) Lebensmittelhandwerk
f) Schmuck
g) Optische Erzeugnisse
h) Pharmazeutika
i) Bastelartikel
j) Fotogeräte und Fotowaren
k) Kosmetika
I) Papier- und Schreibwaren
m) Schulbedarf
n) Uhren
26 
Ausnahmsweise können im Einvernehmen mit der Gemeinde Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevantem Sortiment aus folgenden Branchen zugelassen werden:
27 
1. Pharmazeutika, Kosmetika
2. Fotogeräte und Fotowaren
3. Papier- und Schreibwaren, Bastelartikel
4. Blumen
28 
Je Branchengruppe sind max. 800 m2 Verkaufsfläche zulässig. Die Ziffern 1. - 4. sind jeweils als eine Branchengruppe zu verstehen. Die Verkaufsfläche für alle 4 Branchengruppen zusammen darf max. 1300 m2 betragen."
29 
In der Planbegründung wird zum Sondergebiet u.a. ausgeführt, zentrenrelevante Branchen dürften im Sondergebiet nicht angesiedelt werden, um negative städtebauliche Konsequenzen innerorts auszuschließen. Die Gemeinde halte auch die Branchen, für die Ausnahmen möglich seien, grundsätzlich für zentrenrelevant. Da die Beigeladene im Regionalplan als Kleinzentrum ausgewiesen sei, sei die Ansiedlung eines großflächigen Lebensmittel-Einzelhandelsbetriebs generell nicht möglich. Um negative städtebauliche Konsequenzen auszuschließen, sei es erforderlich, zur Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, zur Erreichung der für die innerörtliche Entwicklung gesetzten Sanierungsziele und zur Erhaltung und Stärkung der innerörtlichen Handelsfunktion zu überlegen, welche Branchen und Sortimente zentrenrelevant und daher im Sondergebiet nicht zuzulassen seien. Der Gemeinderat habe die zulässigen Sortimente am 16.09.1997 festgelegt und aufgrund einer anschließenden Standortanalyse noch einmal am 17.02.1998 dahin geändert, dass auch die Ansiedlung eines leistungsfähigen Vollsortimenter-Lebensmittelmarktes zugelassen werden solle. Die Analyse habe aufgezeigt, dass die Ansiedlung eines solchen Betriebs positive Auswirkungen auf die Beigeladene haben werde. Bei einer Beschränkung der Verkaufsflächen für Einzelhandelsbetriebe auf insgesamt 2.500 m2 Verkaufsfläche seien keine negativen Auswirkungen auf die Raumordnung und Landesplanung zu erwarten. Derartige negative Auswirkungen könnten aufgrund der besonderen Situation der Beigeladenen auch in Bezug auf Verkaufsstätten für Schuhe und Bekleidungswaren ausgeschlossen werden, wenn deren Geschossflächen jeweils auf 1.200 m2 beschränkt werde. Die Zulassung je eines Einzelhandelsbetriebs mit diesen Sortimenten werde sich innerörtlich nicht negativ auswirken.
30 
Die Beschlüsse vom 06.07.2006 über die Aufhebung der Satzung vom 18.04.2000 und den Bebauungsplan "Autobahnkreuz - Südost" wurden am 14.07.2006 ortsüblich bekannt gemacht.
31 
Bereits mit Bauantrag vom 30.01.2006 hatte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Gebäudes für einen Selbstbedienungs-Lebensmittelmarkt in der Betriebsform Discounter mit Backshop/Pfandraum und für einen Textil-Fachmarkt sowie zur Errichtung von Kfz.-Stellplätzen auf dem Baugrundstück begehrt. Danach gehören zum Lebensmittelmarkt u.a. ein Verkaufsraum mit Kassenzone, Ein-/Ausgang, Toiletten, Räume für Personal, Akten, Heizung, Hausanschluss, ein Lager und ein Non-Food-Lager. Zu dem unter dem Dach des Ein-/Ausgangs des Lebensmittelmarktes in das Gebäude integrierten Backshop mit eigenem Eingang gehören ein Verkaufsraum, ein WC und ein Umkleideraum. Die Beklagte errechnete für den Lebensmittelmarkt mit Backshop und Pfandraum 873,46 m2 Verkaufsfläche sowie 1.276 m2 Geschossfläche und bewertete das Vorhaben als bauplanungsrechtlich unzulässigen großflächigen Einzelhandelsbetrieb. Anschließend kam es am 01.06.2006 zur Dienstbesprechung beim Regierungspräsidium Karlsruhe (s.o.), an der auch eine Vertreterin der Klägerin teilnahm. In einem Aktenvermerk über diese Besprechung ist über das Ergebnis dieser Besprechung festgehalten:
32 
"Planungsrechtliche Situation: § 34 BauGB; Nutzungsart in der näheren Umgebung: GE. 33er-Stand nicht mehr gegeben. Zulässig sind auf der Grundlage des § 34 BauGB Einzelhandelsbetriebe, sofern diese nicht sondergebietspflichtig sind. Damit muss jeder Betrieb für sich eigenständig betrieben werden können (eigene Ver- und Entsorgung, Sozialräume), darf max. eine Verkaufsfläche von 800 qm und eine Geschossfläche von 1.200 qm haben. Bei dem Lebensmittelmarkt darf angesichts der vorgesehenen Ausführung max. 1% für Putz von der Nutzfläche abgezogen werden. Die Fläche für den Pfandraum wird auf die GF aber nicht auf die Verkaufsfläche angerechnet. Der Backshop ist ein eigenständiger Betrieb und wird nicht auf die Verkaufsfläche für den Lebensmittelmarkt angerechnet. Das Sortiment für den Fachmarkt ist noch zu bestimmen (ggfs. unter Nennung mehrerer Sortimente)."
33 
Am 22.06.2006 reichte die Klägerin neue Bauvorlagen (Tekturplanung) vom 07.06.2006 ein, die den Pfandraum nicht mehr vorsahen. Eine beigefügte Berechnung der Nutzflächen vom 07.06.2006 gibt u.a. folgende Maße an: Lebensmittelmarkt: Verkaufsraum/Kassenzone 780,70 m2, Ein-/Ausgang je 9,48 m2; Backshop: Verkaufsraum 39,76 m2. Am 29.06.2006 erteilte die Beklagte die Baugenehmigung für das Vorhaben gemäß der Tekturplanung.
34 
Mit Bauantrag vom 21.08.2007 begehrte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung zum Anbau eines Pfandraums mit einem 14,21 m2 großen Windfang. Am 17.01.2008 erteilte die Beklagte im Einvernehmen mit der Beigeladenen die Baugenehmigung unter Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans "Autobahnkreuz Südost" vom 06.07.2006 wegen Überschreitung der 800 m2-Verkaufsflächen-Grenze um ca. 1 m2 sowie der 1.200 m2 Geschossflächen-Grenze um ca. 73,82 m2.
35 
Mit Bauantrag vom 23.03.2011 begehrte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung zur Änderung des Non-Food-Lagers im Lebensmittelmarkt in Verkaufsraum; baulich sind der Abriss einer Trennwand zum bisherigen Verkaufsraum und die Schließung einer Türöffnung in einer Wand des Non-Food-Lagers vorgesehen. Nach einer beigefügten Berechnung erhöhte sich durch dieses Vorhaben die Nutzfläche für den Verkaufsraum um 177,1 m2. Eine Stellplatz-Berechnung stellt einem Bedarf von 131 Stellplätzen für die Nutzung des gesamten Gebäudes 165 nachgewiesene Stellplätze gegenüber. Die Beigeladene erteilte ihr Einvernehmen zum Bauantrag.
36 
Die Beklagte lehnte den Bauantrag mit Bescheid vom 12.10.2011 ab. Das Vorhaben widerspreche der Festsetzung des Bebauungsplans über die maximale Verkaufsfläche von 800 m2. Eine Befreiung könne nicht erteilt werden, da die Abweichung Grundzüge der Planung berührte. Außerdem widerspreche das Vorhaben den Plansätzen Nr. 3.3.7 des Landesentwicklungsplans 2002 (LEP) sowie Nr. 2.9.2 des Regionalplans 2015 Nordschwarzwald.
37 
Mit ihrem Widerspruch brachte die Klägerin vor, der Bebauungsplan sei jedenfalls im Sondergebiet unwirksam. Die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.1 lasse mehrere Einzelhandelsbetriebe zu, begrenze aber die Summe ihrer Verkaufsflächen auf 2.500 m2. Dafür gebe es keine Rechtsgrundlage. Dies führe zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplanes jedenfalls im Sondergebiet. Das daher nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilende Vorhaben sei danach zulässig, weil es in der näheren Umgebung bereits einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb gebe, und zwar den Lebensmittelmarkt auf dem Baugrundstück, der einschließlich Backshop und Pfandraum über 800 m2 genehmigter Verkaufsfläche und deutlich mehr als 1.200 m2 Geschossfläche habe. Die beantragte Änderung führe nicht zu einer neuen Nutzungsart. Sie wirke sich auch nicht schädlich auf zentrale Versorgungsbereiche aus. Das belege eine von der Klägerin eingeholte "Auswirkungsanalyse" der G... mbH (...) vom Dezember 2011. Das Regierungspräsidium Karlsruhe wies den Widerspruch mit Bescheid vom 06.03.2012 zurück.
38 
Mit ihrer am 21.03.2012 erhobenen Klage hat die Klägerin ferner vorgetragen, auch die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.4 sei unwirksam. Sie verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot, da sie nicht festsetze, welche zentrenrelevanten Sortimente zulässig seien. Jedenfalls fehle auch ihr eine Rechtsgrundlage, da sie ebenfalls eine gebietsbezogene Verkaufsflächengrenze festlege. Eine bloße Teilunwirksamkeit nur der gebietsbezogenen Festsetzungen scheide aus. Denn die Beigeladene hätte nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel nicht auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen. Das folge aus den Erläuterungen zum Einzelhandel in der Planbegründung. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Aufhebung der Behördenentscheidungen zu verpflichten, die Baugenehmigung gemäß dem Bauantrag vom 23.03.2011 zu erteilen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und dargelegt: Sollte der Bebauungsplan - teilweise - unwirksam sein, wäre das Vorhaben auch nach § 34 Abs. 2 und 3 BauGB i.V.m. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO unzulässig, weil es gegen Ziele der Raumordnung über Einzelhandelsgroßprojekte im Landesentwicklungsplan 2002 sowie im Regionalplan 2015 Nordschwarzwald verstoße.
39 
Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10.10.2013 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Das Vorhaben sei nach § 30 Abs. 1 BauGB unzulässig, da es die maximale Verkaufsfläche pro Einzelhandelsbetrieb von 800 m2 nach der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.3.2 des Bebauungsplans deutlich überschreite. Ob schon der genehmigte Bestand diese Grenze überschreite, sei unerheblich. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB scheide aus, da sie die Grundzüge der Planung berührte. Die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.2 sei nach § 11 BauNVO zulässig und wäre selbst dann wirksam, wenn die textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.1 und Nr. 1.4.3.4 unwirksam wären. Denn sie könne zusammen mit den anderen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen des Bebauungsplans objektiv auch ohne die textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.1 und Nr. 1.4.3.4 noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung i.S. des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken. Auch hätte die Beigeladene nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen. Das folge aus der Planbegründung. Danach habe die Beigeladene mit den verschiedenen Flächengrenzen jeweils eigenständige Ziele verfolgt. Diese behielten auch bei Wegfall einzelner Festsetzungen ihren Sinn. Das gelte auch für die 800 m2-Verkaufsflächengrenze je Betrieb. Es sei für die Gemeinde ein zentrales Anliegen gewesen, sich an die Vorgaben der Raumordnung und der Landesplanung zu halten. Dabei habe gerade der Ausschluss großflächiger Einzelhandelsbetriebe entscheidende Bedeutung gehabt, wie eine Stellungnahme des Regionalverbands vom 22.06.2006 belege. Die Einwände der Klägerin zielten allein auf die Begrenzung der Gesamt-Verkaufsfläche. Die Begrenzung der Verkaufsflächen einzelner Betriebe auf 800 m2 sei davon unabhängig. Die Beigeladene habe dieser Grenze eigenständige und ganz zentrale Bedeutung zugemessen. Der Ausfall des Steuerungselements "Begrenzung der Gesamt-Verkaufsfläche" hänge daher nicht unauflöslich mit der betrieblichen Verkaufsflächen-Obergrenze zusammen. Gleiches gälte für die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.4, falls auch diese unwirksam sei. Die Überlegungen zur Sortimentssteuerung seien nicht so beherrschend gewesen, dass die Beigeladene ohne deren Verwirklichung auf die Planung mutmaßlich ganz verzichtet hätte. Die Aufrechterhaltung des Sondergebiets mit der betrieblichen Verkaufsflächen-Obergrenze respektiere den gemeindlichen Planungswillen und führe nicht zu dessen Verfälschung.
40 
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat mit Beschluss vom 16.07.2014 - 5 S 2346/13 - die Berufung zugelassen. Der Beschluss wurde der Klägerin am 31.07.2014 zugestellt. Am 26.08.2014 hat die Klägerin die Berufung begründet. Der Bebauungsplan sei schon mangels ordnungsgemäßer Ausfertigung unwirksam. Der Gemeinderat habe die textliche Festsetzung über Ausnahmen für Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevantem Sortiment aus folgenden Branchen mit dem im Entwurf vom 06.07.2006 gemäß der Anlage 50/2006 enthaltenen Satz beschlossen: "Je Branchengruppe sind max. 1.200 m2 Geschossfläche zulässig". In Nr. 1.4.3.4 Satz 3 der vom Bürgermeister am 06.07.2006 gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen heiße es demgegenüber: "Je Branchengruppe sind max. 800 m2 Verkaufsfläche zulässig". Da beide Fassungen dasselbe Datum trügen, könne über die ausgefertigte Satzung, soweit diese auf einen Textteil vom 06.07.2006 Bezug nehme, auch keine "gedankliche Schnur" zu einem der beiden Sätze hergestellt werden. Ungeachtet dessen sei der Bebauungsplan jedenfalls hinsichtlich des Sondergebiets auch aus materiell-rechtlichen Gründen unwirksam. Die textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.1 und 1.4.3.2 seien nach dem in der Planbegründung zum Ausdruck kommenden raumordnerischen Zweck der Planung miteinander verschränkt. Wäre nur die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.1 unwirksam, entfiele ein zentrales Steuerungsinstrument der Planung. Gleiches gelte für die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.4. Nach § 34 BauGB sei das Vorhaben zulässig. Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung sei § 34 Abs. 2 BauGB nicht anwendbar. Das Baugrundstück und seine nähere Umgebung seien keinem Baugebiet der Baunutzungsverordnung zuzuordnen. Ein faktisches Gewerbegebiet scheide aus, weil der Lebensmittelmarkt der Klägerin ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb i.S. des § 11 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO sei. Seine genehmigte Verkaufsfläche betrage einschließlich des Verkaufsraumes des Backshops und des von Kunden betretbaren Windfangs des Pfandraumes 857,84 m2. Soweit die Beklagte bei Erteilung der Baugenehmigung am 29.06.2006 im Anschluss an die Dienstbesprechung vom 01.06.2006 eine geringere Verkaufsfläche als 800 m2 angenommen habe, weil für Putz 1% abgezogen werden könne und der Windfang des Pfandraums sowie der Verkaufsraum des Backshops nicht anrechenbar seien, liege dem ein Rechtsirrtum zugrunde. Ein Putzabzug werde vom erkennenden Gerichtshof bei einem typischen Lebensmittelmarkt nur im Umfang von 1 - 1,5 cm für drei Seiten des Verkaufsraums gebilligt. Dadurch vermindere sich die Verkaufsfläche um weniger als 1 m2, während ein Abzug von 1% zu einer Verminderung um 7 m2 führe. Der Windfang des Pfandraums müsse als Verkaufsfläche angerechnet werden, weil er Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Lebensmittelmarktes städtebaulich präge. Der Verkaufsraum des Backshops sei nach den Maßstäben im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - anzurechnen, weil der Backshop ein Nebenbetrieb des Lebensmittelmarktes sei. Das Vorhaben sei jedenfalls nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zulässig. Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung in der näheren Umgebung sei auf die typisierten Nutzungsarten der Baunutzungsverordnung abzustellen. Der großflächige Einzelhandel sei in § 11 Abs. 3 BauNVO als besondere typisierte Nutzungsart hervorgehoben. Entscheidend sei daher, ob in der näheren Umgebung bereits ein solcher Betrieb vorhanden sei. Das sei mit dem Lebensmittelmarkt der Fall, da er die Schwelle der Großflächigkeit bereits jetzt deutlich überschreite. § 34 Abs. 3 BauGB stehe dem Vorhaben ebenfalls nicht entgegen. Die Beigeladene habe keinen zentralen Versorgungsbereich i.S. dieser Vorschrift. Zwar genüge insoweit die Sicherstellung einer über den unmittelbaren Nahbereich hinauswirkenden wohnortnahen Grundversorgung. In der Ortsmitte der Beigeladenen gebe es aber keinen Lebensmittelmarkt. Es gebe nur Bäcker und Metzger. Das reiche zur Deckung der wesentlichen Bedürfnisse des täglichen Bedarfs nicht aus. Nach der "Auswirkungsanalyse" der ... vom Dezember 2011 betrage der Mehrumsatz infolge des streitigen Vorhabens 0,9 Mio. Euro, davon 0,7 Mio. Euro im Lebensmittelbereich. Dieser Mehrumsatz gehe zu Lasten von zwei außerhalb der Ortsmitte angesiedelten Wettbewerbern der Klägerin. Auch in Nachbargemeinden seien zentrale Versorgungsbereiche nicht durch schädliche Auswirkungen betroffen. Nach der "Auswirkungsanalyse" liege die Umverteilungsquote unter 2%. Ziele der Raumordnung seien kein Tatbestandsmerkmal in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
41 
Die Klägerin beantragt,
42 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 10. Oktober 2013 - 2 K 682/12 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 12. Oktober 2011 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 6. März 2012 zu verpflichten, der Klägerin eine Baugenehmigung zur Änderung des Non-Food-Lagers des ...-Lebensmittelmarkts im Gebäude Robert-Bosch-Straße ... in Empfingen in Verkaufsraum gemäß dem Bauantrag vom 23. März 2011 zu erteilen, und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
43 
Die Beklagte beantragt,
44 
die Berufung zurückzuweisen.
45 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Es befremde, dass die Klägerin von 857,84 m² Verkaufsfläche nach dem Stand der Baugenehmigung vom 29.06.2006 ausgehe. Dies widerspreche den mit ihrer Vertreterin am 01.06.2006 besprochenen Vorgaben. Nach § 34 BauGB wäre das Vorhaben unzulässig, weil es mehr als 800 m2 Verkaufsfläche habe. Das gelte auch dann, wenn § 34 Abs. 2 BauGB anwendbar wäre. Denn in einem Gewerbegebiet, von dem hier auszugehen sei, seien Einzelhandelsbetriebe mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 m2 unzulässig. Ein faktisches Sondergebiet scheide selbst dann aus, wenn ein solches rechtlich überhaupt möglich wäre. Bei unterstellter Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans sei im Übrigen eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB nicht möglich. Insoweit werde auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Die Beklagte hat ferner mitgeteilt, nach ihren Unterlagen sei nicht feststellbar, dass dem Vorhaben ungeachtet seiner Vereinbarkeit mit dem Bauplanungsrecht andere von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstünden.
46 
Die Beigeladene hat mitgeteilt, sie mache von ihrem Äußerungsrecht keinen Gebrauch. Sie war in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten.
47 
Die Beklagte hat eine Aufstellung über die derzeit vorhandenen Arten baulicher Nutzungen auf den Flächen im Gebiet des Bebauungsplans "Autobahnkreuz Südost" und außerhalb davon westlich der Robert-Bosch-Straße vorgelegt. Die Klägerin hat dazu angemerkt, der Fachmarkt für Werkzeuge/Baustoffe im Gebäude Robert-Bosch-Straße ... sei im Jahr 1995 mit 2.300 m2 Verkaufsfläche angesiedelt und später um 400 m2 Verkaufsfläche erweitert worden; sein Sortiment umfasse Baustoffe, Gartenzubehör und Werkzeuge, aber auch Haushalts-, Spiel- und Papeteriewaren. Insbesondere dieser Fachmarkt widerspreche der Annahme, das Baugrundstück liege in einem faktischen Gewerbegebiet.
48 
In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten auf Fragen des Senats angegeben: Der Vortrag der Klägerin zur Verkaufsfläche des Fachmarkts für Werkzeuge/Baustoffe im Gebäude Robert-Bosch-Straße ... sei zutreffend; brandschutzrechtliche Anforderungen an das Vorhaben habe die Beklagte bislang nicht geprüft, diesen könnte durch Nebenbestimmungen Rechnung getragen werden. Der Senat hat drei Lichtbilder von der Bebauung auf dem Baugrundstück und auf den Flächen in dessen Umgebung beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
49 
Dem Senat liegen die einschlägigen Bauakten der Beklagten, die Widerspruchsakten, die Akten des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplans "Autobahn-Südost" der Beigeladenen sowie die Gerichtsakten vor. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Unterlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
A.
50 
Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, da die Ladung der Beigeladenen einen entsprechenden Hinweis enthielt (§ 102 Abs. 2 VwGO).
51 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung der Klägerin ist auch sonst zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht und formell hinreichend begründet (§ 124 a Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Verpflichtungsklage ist zulässig und begründet. Die Ablehnung der Erteilung der begehrten Baugenehmigung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihrem Recht nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Denn dem genehmigungspflichtigen (§ 49 i.V.m. § 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO) Vorhaben der Klägerin stehen keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen. Das Vorhaben verstößt nicht gegen Vorschriften des Bauplanungsrechts (I.) und Anhaltspunkte dafür, dass ihm bauordnungsrechtliche oder sonstige von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen, sind nicht ersichtlich (II.).
I.
52 
Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das Vorhaben, das eine i.S. des § 29 Abs. 1 BauGB bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung einer baulichen Anlage zum Inhalt hat (1.), nach § 34 BauGB, nicht jedoch - wie die Beklagte und das Verwaltungsgericht meinen - nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. den Festsetzungen des Bebauungsplans "Autobahnkreuz-Südost" vom 06.07.2006 (2.). Nach § 34 BauGB ist das Vorhaben zulässig (3.).
53 
1. Die Änderung des Non-Food-Lagers in zusätzlichen Verkaufsraum ist ein Vorhaben i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB mit der von dieser Vorschrift vorausgesetzten (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.2001 - 6 C 18.00 - BVerwGE 114, 206, juris Rn. 18 m.w.N.) bodenrechtlichen Relevanz (vgl. § 1 Abs. 6 BauGB). Gegenstand dieser Prüfung ist grundsätzlich das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt; das vom Bauherrn angestrebte Ergebnis der Baumaßnahme muss den zu prüfenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften entsprechen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.11.2005 - 4 B 72.05 - NVwZ 2006, 340, juris Rn. 5 m.w.N.). Anderes gilt allenfalls, wenn der geänderte Anlagenteil ein selbständiges Vorhaben sein könnte (BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 - NVwZ 1994, 294, juris Rn. 16), was hier aber offenkundig ausscheidet.
54 
a) Der Abriss der Trennwand zwischen dem bisherigen Verkaufsraum und dem Non-Food-Lager und die Schließung der Türöffnung in einer Wand des Non-Food-Lagers sind zwar Änderungen einer baulichen Anlage i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB. Sie sind in Bezug auf das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt aber ohne bodenrechtliche Relevanz. Das Maß der baulichen Nutzung bleibt unverändert. Die für städtebauliche Auswirkungen (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 BauNVO, § 34 Abs. 3 BauGB) nach § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO erhebliche Größe der Geschossfläche bleibt von diesen baulichen Änderungen unberührt. Für die überbaute Grundstücksfläche und die Bauweise gilt nichts Anderes. Da sich die Änderungen auf das Gebäudeinnere beschränken, sind Auswirkungen auf das Ortsbild ausgeschlossen.
55 
b) Die Umnutzung des Non-Food-Lagers in Verkaufsraum ist aber eine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung, auch wenn sich der Nutzungstyp nicht ändert, weil bereits der bestehende Lebensmittelmarkt mit mehr als 800 m2 genehmigter Verkaufsfläche (vgl. zu diesem "Schwellenwert" BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - BVerwGE 124, 364, juris Rn. 23) ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb i. S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO ist (siehe dazu unten 3.)
56 
Eine Nutzungsänderung i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB liegt vor, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166, juris Rn. 12 m.w.N.). Das ist der Fall, wenn für die neue Nutzung weitergehende Vorschriften gelten als für die alte, aber auch dann, wenn sich die Zulässigkeit der neuen Nutzung nach derselben Vorschrift bestimmt, danach aber anders zu beurteilen ist als die frühere Nutzung. In diesem Sinne bodenrechtlich relevant ist eine Änderung der Nutzungsweise etwa dann, wenn sie für die Nachbarschaft erhöhte Belastungen mit sich bringt (BVerwG, Urteil 14.01.1993 - 4 C 19.90 - 1993, 1184, juris Rn. 27 m.w.N.). Die Variationsbreite einer genehmigten Nutzung wird auch überschritten, wenn das bisher charakteristische Nutzungsspektrum durch die Änderung erweitert wird (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166, juris Rn. 12 m.w.N.). Entscheidend ist der Vergleich von Art und Umfang der bisher genehmigten Nutzung mit der geplanten Nutzung (BVerwG, Urteil vom 18.04.1996 - 4 C 17.94 -, juris Rn. 18).
57 
Gemessen daran liegt eine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung vor. Die Vergrößerung der Verkaufsfläche eines Einzelhandelsbetriebs um ca. 177 m2 verlässt die der bislang genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite selbst dann, wenn sich der konkrete Nutzungstyp nicht ändert, jedenfalls in ihrem Umfang. Das gilt auch für einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb. Auch bei diesem ist die nicht nur geringfügige Erweiterung der Verkaufsfläche um ca. 177 m2 nicht als "mitgenehmigt" anzusehen. Die Verkaufsfläche ist ein charakteristisches städtebauliches Merkmal für die Attraktivität dieses Nutzungstyps. Denn diese wird - soweit es um das Merkmal der Fläche geht - nicht von der Größe der baulichen Anlage - die sich in der Geschossfläche widerspiegelt - sondern eher von derjenigen Fläche beeinflusst, auf der Waren präsentiert und gekauft werden können (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005, a.a.O. Rn. 14 m.w.N.). Die Erweiterung der Verkaufsfläche in einem solchen Umfang kann auch bodenrechtliche Belange nach § 1 Abs. 6 BauGB neu berühren, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt. Denn die Größe der Verkaufsfläche trägt zur Kapazität, Wettbewerbskraft und Attraktivität eines Handelsbetriebes bei und kann sich von daher auf eine geordnete städtebauliche Entwicklung, insbesondere auf die Struktur des Handels und die Versorgung im betreffenden Gebiet auswirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.1990 - 4 C 36.87 - NVwZ 1990, 1071, juris Rn. 26; Beschluss vom 29.11.2005 - 4 B 72.05 - NVwZ 2006, 340, juris Rn. 5; Senatsurteil vom 12.08.2005 - 5 S 2363/04 - VBlBW 2006, 106, juris Rn. 17). Ferner kann sie Belange des Umweltschutzes neu berühren, insbesondere infolge nachteiliger umweltbezogener Auswirkungen auf den Menschen in der Umgebung des Betriebs durch Erhöhung der Kundenzahl und - damit - des betriebsbezogenen Kfz-Verkehrs (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 7 c) BauGB).
58 
2. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit dieses Vorhabens beurteilt sich nur nach § 34 BauGB, nicht jedoch nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. den Festsetzungen des Bebauungsplans "Autobahnkreuz-Südost" vom 06.07.2006. Denn dieser Bebauungsplan ist wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam, zumindest auf den Flächen, für die er ein Sondergebiet festsetzt, worauf es für das streitige Vorhaben allein ankommt. Der Bebauungsplan ist bereits nicht ordnungsgemäß ausgefertigt (a)). Unabhängig davon sind seine Festsetzungen über gebiets- und branchenbezogene Verkaufsflächen-Obergrenzen (Nr. 1.4.3.1 und 1.4.3.4 Satz 3 bis 5 der gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen) mangels Rechtsgrundlage unwirksam, was die Unwirksamkeit des Bebauungsplans zumindest auf den Flächen zur Folge hat, für die er ein Sondergebiet festsetzt (b)).
59 
a) Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 23 Abs. 1 LV) gebietet, dass eine Rechtsnorm vom zuständigen Organ des Normgebers ordnungsgemäß ausgefertigt wird. Mit der Ausfertigung wird bestätigt, dass die zu verkündende Fassung der Rechtsnorm mit der vom Normgeber beschlossenen Fassung der Norm übereinstimmt (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.09.2014 - 4 B 29.14 - juris m.w.N.). Bei einem Bebauungsplan hat daher das für die Ausfertigung der Satzung zuständige Organ der Gemeinde - hier der Bürgermeister der Beigeladenen - zu bestätigen, dass der Inhalt des Bebauungsplans mit dem Willen des gemeindlichen Beschlussorgans (Gemeinderat) übereinstimmt (st. Rspr. vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2006 - 8 S 1989/05 -, juris Rn. 33 m.w.N.). Nicht erforderlich ist es, sämtliche Bestandteile eines Bebauungsplans auszufertigen. Ausreichend ist, dass die Satzung ordnungsgemäß ausgefertigt ist und dass diese Satzung auf sonstige Bestandteile in einer Weise Bezug nimmt, die Zweifel an der Identität des Norminhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen ausschließen ("gedankliche Schnur", vgl. Senatsurteil vom 02.11.2005 - 5 S 2662/04 - juris Rn. 58 m.w.N.). Fehlt die Ausfertigung oder bestätigt sie eine andere Fassung der Rechtsnorm als vom Normgeber beschlossen, ist die Rechtsnorm unwirksam, weil die ordnungsgemäße Ausfertigung einer Rechtsnorm Voraussetzung für deren ordnungsgemäße öffentliche Bekanntmachung ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.10.2013 - 1 S 347/13 - ESVGH 64, 124 , juris Rn. m.w.N.).
60 
Gemessen daran ist die Ausfertigung der Satzung durch den Bürgermeister der Beigeladenen unwirksam, weil sie eine andere Fassung der Festsetzungen des Bebauungsplans für das Sondergebiet bestätigt als vom Gemeinderat beschlossen. Die am 06.07.2006 ausgefertigte Satzung bezeichnet in ihrem § 2 Nr. 1 zweiter Spiegelstrich als Bestandteil des Bebauungsplans einen "Textteil in der Fassung vom 06.07.2006". Einen Bestandteil mit genau diesem Titel gibt es zwar nicht. Gemeint sind aber offenkundig die vom Gemeinderat in seiner Sitzung am 06.07.2006 beschlossenen textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan. Der Gemeinderat hat diese Festsetzungen mit dem Inhalt beschlossen, wie er sich aus der Sitzungsvorlage 50/2006 ergibt. Zwar hatte die Verwaltung dem Gemeinderat in dieser Sitzungsvorlage noch Änderungen unterbreitet. Auch hatte der Gemeinderat diesen Änderungsvorschlägen nach Abwägung zugestimmt. Im Anschluss daran hat er die textlichen Festsetzungen aber gleichwohl so beschlossen, wie sie im Entwurf der Sitzungsvorlage 50/2006 enthalten waren. Denn er nahm, wie sich aus seinem Zustimmungsbeschluss ergibt, an, diese Änderungen seien - in vollem Umfang - "von der Verwaltung bereits in die Sitzungsunterlagen mit eingearbeitet". Bei der gebotenen Auslegung nach dem Empfängerhorizont (§ 133 BGB entspr.) kann sein nachfolgender Satzungsbeschluss daher nur so verstanden werden, dass er als "Textteil in der Fassung vom 06.07.2006" gemäß § 2 dieser Satzung die textlichen Festsetzungen mit dem Inhalt des in der Sitzungsvorlage 50/2006 enthaltenen Textentwurfs beschlossen hat.
61 
Die vom Bürgermeister gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen weichen vom Inhalt des Entwurfs der textlichen Festsetzungen in der Sitzungsvorlage 50/2006 ab. Zwar handelt es sich dabei zu einem großen Teil nur um redaktionelle Abweichungen. Ob diese einen beachtlichen Ausfertigungsmangel begründen, kann dahinstehen. Denn jedenfalls weicht die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.4 Satz 3 auch ihrem Inhalt nach von der vom Gemeinderat beschlossenen entsprechenden textlichen Festsetzung Nr. 2 Satz 4 im Entwurf der textlichen Festsetzungen nach der Sitzungsvorlage 50/2006 ab. Denn während es in der Sitzungsvorlage insoweit heißt "max 1.200 m2 Geschossfläche", heißt es in der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.3.4 Satz 3 "max 800 m2 Verkaufsfläche". Eine Übereinstimmung des § 2 der Satzung vom 06.07.2006 mit den beschlossenen textlichen Festsetzungen in der Sitzungsvorlage 50/2006 lässt sich auch nicht über eine "gedankliche Schnur" zum Entwurf der textlichen Festsetzungen in dieser Vorlage herstellen. Denn diese datiert ebenfalls vom 06.07.2006 und damit vom selben Tag wie die vom Bürgermeister gesondert ausgefertigten, inhaltlich aber abweichenden textlichen Festsetzungen. Zweifel an der Identität des Norminhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen lassen sich damit nicht ausschließen. Aus demselben Grund wäre die Ordnungsmäßigkeit der Ausfertigung schließlich auch nicht durch eine vom Bürgermeister ausgefertigte Niederschrift der Sitzung des Gemeinderats vom 06.07.2006 mit dem darin enthaltenen Satzungsbeschluss (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.01.1995 - 8 S 1806/94 - ESVGH 45, 316, juris Rn. 13. ff.) nachweisbar.
62 
b) Die gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen über eine auf das Sondergebiet bezogene Obergrenze für die Verkaufsflächen aller Einzelhandelsbetriebe mit nicht-zentrenrelevanten Sortimenten (Nr. 1.4.3.1) und über eine Obergrenze für die Verkaufsflächen aller in diesem Gebiet ausnahmsweise zulässigen Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Sortimenten bestimmter Branchen (Nr. 1.4.3.4 Satz 3 bis 5) sind rechtswidrig, weil sie nicht durch eine gesetzliche Ermächtigung, insbesondere nicht durch § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO, gedeckt sind (aa)). Ihre Unwirksamkeit führt zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans jedenfalls auf den Flächen, für die er ein Sondergebiet festsetzt (bb)).
63 
aa) Eine Kontingentierung von Verkaufsflächen, die auf ein Sondergebiet insgesamt bezogen ist, öffnet das Tor für sogenannte "Windhundrennen“ potentieller Investoren und Bauantragsteller und schließt die Möglichkeit ein, dass Grundeigentümer im Fall der Erschöpfung des Kontingents von der kontingentierten Nutzung ausgeschlossen sind. Die Festsetzung solcher gebietsbezogener Verkaufsflächenbeschränkungen zur Steuerung des Einzelhandels in einem Sondergebiet ist weder als Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung zulässig, weil sie nicht mit Hilfe eines der von § 16 Abs. 2 BauNVO zugelassenen Parameter (Grundfläche, Geschossfläche) vorgenommen worden ist, noch ist sie eine nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO in sonstigen Sondergebieten zulässige Festsetzung der Art der baulichen Nutzung (BVerwG, Urteile vom 03.04.2008 - 4 CN 3.07 - BVerwGE 131, 86, juris Rn. 14 ff., und vom 24.03.2010 - 4 CN 3.09 - NVwZ 2010, 782, juris Rn. 23; Beschluss vom 06.08.2013 - 4 BN 24.13 - BauR 2013, 1812, juris Rn. 14). Anderes gilt ausnahmsweise, wenn in dem in Rede stehenden Sondergebiet nur ein einziger Handelsbetrieb zulässig ist. Dann ist die gebietsbezogene mit der vorhabenbezogenen Verkaufsflächenbeschränkung identisch und als Festsetzung der Art der baulichen Nutzung nach § 11 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BauNVO zulässig, soweit diese durch städtebauliche Gründe gerechtfertigt wird (BVerwG, Beschluss vom 09.02.2011 - 4 BN 43.10 - BauR 2011, 1118, juris Rn. 7). Es genügt aber nicht, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses davon ausgehen kann, dass im Sondergebiet tatsächlich nur ein einziger Handelsbetrieb verwirklicht werden wird. Gebiets- und vorhabenbezogene Verkaufsflächenbegrenzung sind nur dann identisch, wenn die Festsetzungen des Bebauungsplans nur die Errichtung eines einzigen Einzelhandelsbetriebs zulassen. Unerheblich ist zudem, ob das Grundeigentum im Plangebiet zum Zeitpunkt des Beschlusses über den Bebauungsplan in einer Hand liegt (BVerwG, Urteil vom 24.03.2010, a.a.O. Rn. 24 m.w.N.).
64 
Die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.1 ist eine vorhabenunabhängige, gebietsbezogene Verkaufsflächenbeschränkung. Für die in der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.3.4 Satz 3 bis 5 festgelegten Obergrenzen für die Verkaufsflächen aller im Sondergebiet ausnahmsweise zulässigen Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Sortimenten bestimmter Branchen gilt nichts Anderes. Auch diese Obergrenzen öffnen das Tor für - auf die Ausnahmen bezogene - "Windhundrennen“ potentieller Investoren und Bauantragsteller und schließen die Möglichkeit ein, dass Grundeigentümer im Fall der Erschöpfung des Ausnahmen-Kontingents für bestimmte Branchen von der kontingentierten Nutzung ausgeschlossen sind. Im Sondergebiet ist auch nicht nur ein einziger Handelsbetrieb zulässig. Nach der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.1 sind dort neben Einzelhandelsbetrieben (c)) auch Gewerbebetriebe des Dienstleistungssektors (a)), Handwerksbetriebe mit den ihnen dienenden Ausstellungs- und Verkaufsräumen mit Ausnahme des Lebensmittelhandwerks (b)) sowie Schank- und Speisewirtschaften (d)) allgemein zulässig. Die durch Baugrenzen festgelegte überbaubare Fläche schließt die Ansiedlung mehrerer Betriebe auch nicht aus. In der Planbegründung wird zudem ausdrücklich betont, dass im Sondergebiet neben einem Lebensmittelmarkt "auch ein Gastronomiebetrieb sowie verschiedene Gewerbe-, Handels- und Dienstleistungsbetriebe" angesiedelt werden und dass der "Schwerpunkt auf Handwerksbetrieben mit Verkaufsmöglichkeiten liegen" werde.
65 
bb) Die Unwirksamkeit der textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.1 und Nr. 1.4.3.4 Satz 3 bis 5 führt selbst dann, wenn die sonstigen Festsetzungen für das Sondergebiet, insbesondere die Beschränkungen von Verkaufs- und Geschossfläche je Einzelhandelsbetrieb nach textlicher Festsetzung Nr. 1.4.3.2, für sich gesehen rechtmäßig sein sollten, zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans jedenfalls auf den Flächen, für die er ein Sondergebiet festsetzt.
66 
Die Unwirksamkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung hat grundsätzlich deren Gesamtunwirksamkeit zur Folge. Die Teilunwirksamkeit ist eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme (BVerwG, Beschluss vom 24.04.2013 - 4 BN 22.13 - BRS 81 Nr. 77, juris Rn. 3 m.w.N.). Diese Ausnahme setzt voraus, dass die Restbestimmung auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleibt (Grundsatz der Teilbarkeit) u n d mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers; BVerwG, Urteil vom 11.09.2014 - 4 CN 3.14 - NVwZ 2015, 301, juris Rn. 26 m.w.N., st. Rspr.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Zwar mag es sein, dass die Festsetzungen für das Sondergebiet ohne die gebietsbezogenen Verkaufsflächenbeschränkungen noch die Funktion erfüllen können, eine geordnete städtebauliche Entwicklung des Planbereichs zu gewährleisten (Teilbarkeit). Das kann indes offen bleiben. Jedenfalls kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, der Gemeinderat der Beigeladenen hätte nicht-großflächige Einzelhandelsbetriebe ohne zentrenrelevante Hauptsortimente allgemein (textliche Festsetzungen Nr. 1.4.1 c) i.V.m. Nr. 1.4.3.2 und 1.4.3.4 Satz 1) und nicht-großflächige Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten aus bestimmten Branchen ausnahmsweise (textliche Festsetzungen Nr. 1.4.3.4 Satz 2) auch ohne zusätzliche Einschränkungen für zulässig erklärt, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass gebietsbezogene Beschränkungen der Gesamt-Verkaufsfläche dieser Betriebe im Sondergebiet unzulässig sind. Denn diese Beschränkungen sind nach der Planbegründung ein wesentliches Element, um den Bebauungsplan im Einklang mit den Anregungen des Regionalverbands in dessen Stellungnahme vom 22.06.2006 an einschlägige Ziele der Raumordnung anzupassen (§ 1 Abs. 4 BauGB). Zwar dienen auch die weiteren textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.2 bis 1.4.3.4 Satz 1 diesem raumordnerischen Zweck. Sie sind aber mit den Beschränkungen der Gesamt-Verkaufsfläche im Sinne eines sortimentsbezogenen planerischen Gesamtkonzepts zur Steuerung des Einzelhandels im Sondergebiet verknüpft. In der Planbegründung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, es sei zur Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, zur Erreichung der für die innerörtliche Entwicklung gesetzten Sanierungsziele und zur Erhaltung und Stärkung der innerörtlichen Handelsfunktion erforderlich, Überlegungen anzustellen, welche Branchen und Sortimente für die Beigeladene zentrenrelevant seien und daher im Sondergebiet nicht zugelassen werden sollten. Auch im Übrigen befasst sich die Planbegründung eingehend mit der Abgrenzung der zentrenrelevanten von den nicht-zentrenrelevanten Sortimenten. Aus ihr geht auch hervor, dass sich der Gemeinderat mindestens zweimal mit der Festlegung der zulässigen Sortimente im Sondergebiet befasst und sich dabei auch einer Standortanalyse bedient hat. Mit diesen Überlegungen zum Schutz der innerörtlichen Zentralität sind die Beschränkungen der Gesamt-Verkaufsfläche nach dem Plankonzept untrennbar verknüpft. Damit steht und fällt auch die Festsetzung des Sondergebiets insgesamt. Das führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans jedenfalls auf den Flächen dieses Baugebiets. Denn der Bebauungsplan kann ohne Festsetzung eine Baugebiets auf diesen Flächen für sich betrachtet keine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB mehr bewirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.09.2014, a.a.O. Rn. 27 m.w.N.).
67 
3. Nach § 34 BauGB ist das Vorhaben zulässig. Hinsichtlich der bei der Nutzungsänderung allein in Rede stehenden Art der baulichen Nutzung beurteilt es sich nicht nach § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB, sondern nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (a)). Insoweit fügt sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung ein (b)). Auch gehen von ihm keine schädlichen Auswirkungen i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB aus (c)).
68 
a) Die Voraussetzungen nach § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind nicht erfüllt. Die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks entspricht keinem der Baugebiete, die in der Baunutzungsverordnung bezeichnet sind.
69 
aa) "Nähere Umgebung" ist die Umgebung, auf die sich die Ausführung eines Vorhabens auswirken kann und die ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.05.2014 - 4 B 38.13 - NVwZ 2014, 1246, juris Rn. 7 m.w.N.). Maßgebend ist dabei nicht nur die Bebauung außerhalb des Baugrundstücks; auch ein auf dem Baugrundstück selbst bereits vorhandenes Gebäude gehört zur vorhandenen Bebauung, die den Maßstab für die weitere Bebauung bildet (BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 - NVwZ 1994, 294, juris Rn.18). Zur Abgrenzung der näheren Umgebung kann sinngemäß die Rechtsprechung zur Abgrenzung des Innenbereichs vom Außenbereich übertragen werden. Danach kann sich bei Berücksichtigung topographischer Gegebenheiten ergeben, dass aneinandergrenzende bebaute Grundstücke unterschiedlichen Baugebieten angehören, etwa wenn ein Steilhang im Grenzbereich eine trennende Funktion hat (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1998 - 4 B 79.98 - NVwZ-RR 1999, 105, juris Rn. 8).
70 
Hiernach bildet die Bebauung auf dem Baugrundstück und auf den weiteren Grundstücken zu beiden Seiten der Robert-Bosch-Straße den maßgebenden Rahmen. Dieser wird im Süden durch die Bebauung bis zum abfallenden Gelände der Grünflächen südlich des Baugrundstücks und des schräg gegenüber liegenden Gebäudes Robert-Bosch-Straße … ("K......") begrenzt. Von Norden her wird der bodenrechtliche Charakter des Baugrundstücks durch die Bebauung zumindest bis einschließlich der Gebäude an der Nordseite des Abzweigs der Robert-Bosch-Straße (u.a. "S... Fachmarkt & Baumarkt Empfingen") geprägt oder jedenfalls beeinflusst (vgl. die beigezogenen Lichtbilder). Der Einwand der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, die insoweit im Gebiet des Bebauungsplans "Autobahnkreuz - 1. Änderung" gelegene Bebauung sei nicht rahmenbildend, greift nicht durch. Denn zur näheren Umgebung i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 BauGB kann auch qualifiziert beplantes Gebiet gehören (BVerwG, Urteil vom 31.10.1975 - IV C 16.73 - BauR 1976, 185, juris Rn. 15). Für den räumlichen Umfang der näheren Umgebung ist es unerheblich, wann eine Bebauung entstanden ist, die die Eigenart der näheren Umgebung prägt, und ob diese gleichfalls nach § 34 BauGB zu beurteilen ist (Mitschang/Reidt in Battis/Kratzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage § 34 Rn. 24).
71 
bb) Zur Bestimmung der Eigenart dieser Umgebung i. S. des § 34 Abs. 2 BauGB ist - ebenso wie nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB - auf einer ersten Stufe alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Eine Beschränkung auf das, was von der vorhandenen Bebauung städtebaulich wünschenswert oder auch nur vertretbar ist, ist unzulässig. Sodann muss auf einer zweiten Stufe die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden. Was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint, ist auszusondern. Dazu gehören zum einen bauliche Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Zum anderen können auch Anlagen auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeit-Schwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen, wie insbesondere eine in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung stehende singuläre Anlage (Fremdkörper). Derartige Anlagen dürfen aber nur ausgeklammert werden, wenn sie wegen ihrer Andersartigkeit und Einzigartigkeit den Charakter ihrer Umgebung letztlich nicht beeinflussen können. Ob dies der Fall ist, muss auf einer dritten Stufe unter Würdigung des tatsächlich Vorhandenen ermittelt werden. Ausschlaggebend kann erneut die Größe der andersartigen Anlage sein. Einzelne bauliche Anlagen von stark abweichendem Charakter können nach Ausdehnung, Zahl und anderen Quantitätsmerkmalen ein solches Gewicht enthalten, dass sie trotz ihrer herausstechenden Andersartigkeit in einer abweichend und verhältnismäßig einheitlich strukturierten Umgebung ihrerseits tonangebend wirken. Dafür kommen neben der Größe des Gebäudes auch die Ausstrahlungswirkungen (Immissionen) einer einzelnen baulichen Anlage auf die nähere Umgebung in Betracht (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 15.02.1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322, juris Rn. 12 ff.).
72 
Hiernach wird die Eigenart der näheren Umgebung nach der Art der baulichen Nutzung unter Berücksichtigung der von der Beklagten vorgelegten Aufstellung, der ergänzenden Angaben der Beteiligten sowie der beigezogenen Lichtbilder im Wesentlichen durch folgende bauliche Nutzungen bestimmt: Gewerbliche Produktionsgebäude (Robert-Bosch-Straße ...), Lager-, Fahrzeug-, Geräte-, Ausstellungs- und Verpackungshallen (Robert-Bosch-Straße ...), Speditionsgebäude (Robert-Bosch-Straße ...), gewerbliche Werk- und Montagehallen (Robert-Bosch-Straße ...), Bürogebäude und -container (Robert-Bosch-Straße ...), gewerbliche Fabrik-/Verwaltungsgebäude (Robert-Bosch-Straße ...), Tankstelle (Robert-Bosch-Straße ...), Fachmärkte für Lebensmittel (Robert-Bosch-Straße ... und ...), Kleidung (Robert-Bosch-Straße ... <...>), Getränke (Robert-Bosch-Straße ... <...>) und Werkzeuge/Baustoffe (Robert-Bosch-Straße ..., "S..."), Containerplätze (Robert-Bosch-Straße ..., ...), Pkw-Ausstellungsfläche (Robert-Bosch-Straße ...), gewerbliches Zentraldistributionslager (Anton-Schlecker-Straße ...) und zahlreiche Pkw- und Lkw-Stellplätze.
73 
Anhaltspunkte dafür, dass bestimmte dieser baulichen Anlagen die vorhandene Bebauung nicht prägen oder in ihr gar als Fremdkörper erscheinen, sind nicht erkennbar. Das gilt insbesondere für den Fachmarkt für Werkzeuge/Baustoffe (Robert-Bosch-Straße ..., "S... Fachmarkt & Baumarkt Empfingen") mit 2.700 m2 Verkaufsfläche. Zwar handelt es sich dabei um einen in seiner Größe einzigartigen großflächigen Einzelhandelsbetrieb i. S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO in der näheren Umgebung. Insoweit steht einer Ausklammerung aber schon entgegen, dass auch dieses Gebäude nach seinem äußeren und insoweit unauffälligen (vgl. die beigezogenen Lichtbilder) Erscheinungsbild den Charakter der näheren Umgebung des Baugrundstücks prägt. Ungeachtet dessen ist dieser großflächige Einzelhandelsbetrieb auch sonst kein "Fremdkörper", da er im Rahmen der Umgebungsbebauung nicht der einzige Nutzungstyp dieser Art ist. Denn auch der im westlichen Teil des Gebäudes auf dem Baugrundstück genehmigte Lebensmittelmarkt ist ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb, weil seine anrechenbare Verkaufsfläche den für das Tatbestandsmerkmal der "Großflächigkeit" maßgebenden Schwellenwert von 800 m2 deutlich überschreitet.
74 
(1) Zur Verkaufsfläche eines Selbstbedienungs-Fachmarkts gehören zunächst die Flächen, auf denen üblicherweise die Verkäufe abgewickelt werden einschließlich Kassenzone, Gänge, Schaufenster und Stellflächen für Einrichtungsgegenstände sowie innerhalb der Verkaufsräume befindliche und diese miteinander verbindende Treppen und Aufzüge. Dazu sind aber auch diejenigen Flächen zu zählen, die vom Kunden zwar aus betrieblichen und hygienischen Gründen nicht betreten werden dürfen, in denen aber die Ware für ihn sichtbar ausliegt (Käse-, Fleisch- und Wursttheke etc.) und in dem das Personal die Ware zerkleinert, abwiegt und abpackt. Ferner gehören vom Kunden betretbare Flächen dazu, die in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit eines solchen Einzelhandelsbetriebs prägen, wie ein Windfang oder ein Kassenvorraum einschließlich der Flächen zum Einpacken der Ware und Entsorgen des Verpackungsmaterials. Nicht zur Verkaufsfläche gehören Flächen, auf denen für den Kunden nicht sichtbar die handwerkliche und sonstige Vorbereitung (Portionierung etc.) erfolgt, sowie die (reinen) Lagerflächen (BVerwG, Urteil vom 27.04.1990, a.a.O. Rn. 28; Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - a.a.O.).
75 
Die Verkaufsflächen baulich und funktionell eigenständiger Betriebe können grundsätzlich nicht zusammengerechnet werden. Für die räumliche Abgrenzung eines Einzelhandelsbetriebs ist auf die nach außen erkennbaren baulichen Gegebenheiten abzustellen. Eine Verkaufsstätte kann ein selbstständiger Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO nur sein, wenn sie unabhängig von anderen Einzelhandelsbetrieben genutzt werden kann und deshalb auch als eigenständiges Vorhaben genehmigungsfähig wäre. Hierfür muss die Verkaufsstätte jedenfalls einen eigenen Eingang, eine eigene Anlieferung und eigene Personalräume haben; sie muss unabhängig von anderen Betrieben geöffnet und geschlossen werden können. Ohne Bedeutung ist hingegen, wer rechtlich oder wirtschaftlich jeweils Betreiber ist, ob Selbstbedienung, Bedienung durch Personal oder eine Mischform erfolgt und wie die dem entsprechenden Bereiche innerhalb der Betriebsfläche voneinander abgegrenzt sind. Für die Prüfung einer "Funktionseinheit" unter den Gesichtspunkten eines gemeinsamen Nutzungskonzepts, der Ergänzung der Sortimente, der Nutzung von Synergieeffekten u. ä. ist in diesen Fällen kein Raum (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - BVerwGE 124, 376, juris Rn. 20 f. m.w.N.).
76 
Das gilt aber nicht uneingeschränkt. Ist in einem Gebäude die Betriebsfläche baulich in mehrere selbstständig nutzbare betriebliche Einheiten unterteilt, bilden diese Einheiten gleichwohl einen Einzelhandelsbetrieb i. S. des § 11 Abs. 3 BauNVO, wenn die Gesamtfläche durch einen Einzelhandelsbetrieb als "Hauptbetrieb" geprägt wird und auf den baulich abgetrennten Flächen zu dessen Warenangebot als "Nebenleistung" ein Warenangebot hinzutritt, das in einem inneren Zusammenhang mit der "Hauptleistung" steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt. Dann sind die Verkaufsflächen zur Ermittlung der Schwelle der Großflächigkeit i. S. des § 11 Abs. 3 BauNVO zu addieren. Unter welchen Voraussetzungen eine derartige Unterordnung anzunehmen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Für eine betriebliche Einheit wird im Allgemeinen sprechen, dass die für die "Nebenbetriebe" in Anspruch genommenen Flächen deutlich hinter den Flächen des Hauptbetriebs zurückbleiben. Schließlich kann berücksichtigt werden, dass nach der Verkehrsanschauung aus der Sicht des Verbrauchers ein Randangebot als zum Hauptbetrieb zugehörig angesehen wird. Baulich gesondert nutzbare Betriebsflächen bilden somit dann eine betriebliche Einheit mit einem Hauptbetrieb, wenn auf ihnen lediglich ein diesen ergänzendes Angebot erbracht wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn nach der Verkehrsanschauung die kleinere Fläche ebenso in die Verkaufsfläche des größeren Betriebs einbezogen sein könnte (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 -, a.a.O.).
77 
(2) Ausgehend davon beträgt die Verkaufsfläche des Selbstbedienungs-Lebensmittelmarktes auf dem Baugrundstück nach den Berechnungen der Nutzflächen, die den am 29.06.2006 und am 17.01.2007 von der Beklagten genehmigten Bauanträgen beigefügt waren, mindestens 853,63 m2. Diese setzt sich zusammen aus 780,70 m2 Verkaufsraum/Kassenzone. Hinzu kommen 2 x 9,48 m2 = 18,96 m2 für die Ein- und Ausgänge. Ferner ist der 14,21 m2 große, von Kunden betretbare Windfang im angebauten Pfandraum anzurechnen. Denn diese Fläche ist geeignet, den Verkaufsvorgang bei typisierender Betrachtung zu fördern. Sie prägt damit in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und die Wettbewerbsfähigkeit des Lebensmittelmarktes ebenfalls. Schließlich ist der Verkaufsraum des in das Gebäude integrierten Backshops mit 39,76 m2 anzurechnen. Der Backshop ist zwar eine selbstständig nutzbare betriebliche Einheit. Er hat einen eigenen Eingang, eine eigene Toilette und einen eigenen Personalraum. Gleichwohl ist die Fläche seines Verkaufsraums nach den vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - (a.a.O.) entwickelten Maßstäben auf die Verkaufsfläche des Lebensmittelmarktes anzurechnen. Die Gesamtfläche des westlichen Gebäudeteils auf dem Baugrundstück wird durch den Lebensmittelmarkt als "Hauptbetrieb" geprägt. Auf den baulich abgetrennten, allerdings gemeinsam "überdachten" Flächen des in das Gebäude integrierten Backshops tritt zum Warenangebot des Lebensmittelmarktes als "Nebenleistung" ein Bäckereiangebot hinzu, das in einem inneren Zusammenhang mit der "Hauptleistung" steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt. Auch sind die für sie in Anspruch genommenen Flächen im Vergleich zur Fläche des Hauptbetriebs untergeordnet. Ferner bietet der Backshop ein gleichsam ausgelagertes untergeordnetes Ergänzungsangebot. Die Sortimente sind auf eine identische Zielgruppe hin orientiert und optimal aufeinander abgestimmt, da es sich jeweils um Waren des täglichen Bedarfs handelt. Das Sortiment des Backshops könnte ohne Weiteres in dem Lebensmittelmarkt der Klägerin angeboten werden, wie dies bei Lebensmittelmärkten auch in der Betriebsform Discounter inzwischen regelmäßig der Fall ist. Es entspricht nicht (mehr) den Marktgegebenheiten und der allgemeinen Verkehrsanschauung, dass in einem Lebensmittel-Discountmarkt grundsätzlich nur abgepackte, länger haltbare Backwaren erhältlich sind. Insbesondere ist es inzwischen nicht unüblich, dass auch in Lebensmittel-Discountmärkten neben abgepackten Backwaren auch frische Backwaren angeboten werden. Das Warenangebot des Backshops rundet somit das Sortiment des Lebensmittelmarktes der Klägerin ab. Den im Back-shop angebotenen Waren kommt im Hinblick auf das - sonstige - Sortiment des Lebensmittelmarktes nur eine untergeordnete Bedeutung zu und stellt sich als bloße Nebenleistung dar (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.05.2013 - 10 A 1144/11 - juris Rn. 34; ähnlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.01.2016 - 3 S 1167/15 -). Diese Bewertung widerspricht nicht dem Urteil des 8. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 25.11.2015 - 8 S 210/13 - (ZfBR 2016, 167, juris Rn. 26). Denn der dort entschiedene Fall betraf einen ca. 35 m vom Gebäude des Lebensmittelmarkts entfernten Backshop, war also anders als der in Rede stehende Backshop baulich nicht in das Gebäude des Lebensmittelmarktes integriert.
78 
Der Einwand der Klägerin, die Anrechnung der Verkaufsfläche des Backshops widerspreche den mit der Vertreterin der Klägerin am 01.06.2006 "besprochenen Vorgaben" zum damaligen Bauantrag, zwingt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Aus dem von der Klägerin insoweit in Bezug genommenen Aktenvermerk über die Dienstbesprechung am 01.06.2006 ergibt sich nicht, dass die darin festgehaltenen "Vorgaben", insbesondere über die Nichtanrechnung des Backshops auf die Verkaufsfläche des Lebensmittelmarkts, in irgendeiner Weise rechtlich verbindlich vereinbart worden sind. Der Sache nach gibt der Aktenvermerk lediglich eine Interpretation der Rechtslage wieder, die indes - wie dargelegt - nach den vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - (a.a.O.) entwickelten Maßstäben unzutreffend ist. Schließlich wurden die von der Beklagten erwähnten "Vorgaben" auch nicht in der am 29.06.2006 erteilten Baugenehmigung - als Inhalts- oder Nebenbestimmung - rechtsverbindlich konkretisiert. Ob noch ein "Putzabzug" von 1%, wie von der Beklagten im Anschluss an das Ergebnis der Dienstbesprechung vom 01.06.2006 ursprünglich angesetzt, berechtigt wäre oder ein solcher allenfalls im Umfang von 1 - 1,5 cm für drei Seiten des Verkaufsraumes gebilligt werden könnte (vgl. Senatsurteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 - VBlBW 2005, 67 <70>, juris Rn. 36; siehe ferner das Urteil des 3. Senats vom 10.07.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433 <437>, juris Rn. 32), kann dahinstehen. Selbst bei einem Abzug von 1% = 8,54 m2 blieben noch insgesamt 845,09 m2 Verkaufsfläche.
79 
(3) Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts, insbesondere durch Einnahme eines Augenscheins, ist nicht geboten. Die für die Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung maßgebenden Tatsachen in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung sind aus dem Inhalt der beigezogenen Akten und Lichtbilder, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie aufgrund der ergänzenden Angaben der Beteiligten hinreichend ermittelt.
80 
cc) Ausgehend von diesen Feststellungen entspricht die Eigenart der näheren Umgebung keinem der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebiete. Vielmehr handelt es sich um eine Gemengelage. Ein faktisches Gewerbegebiet (§ 8 BauNVO) scheidet wegen der beiden großflächigen Einzelhandelsbetriebe i.S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO aus. § 11 Abs. 3 BauNVO ist auch bei der Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB uneingeschränkt zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.2009 - 4 B 4.09 - juris Rn. 9). Ein faktisches sonstiges Sondergebiet (§ 11 Abs. 1 Bau-NVO) gibt es als solches nicht (BVerwG, Urteil vom 16.09.2010 - 4 C 7.10 - 2011, 436, juris). Sollte es rechtlich ausnahmsweise zulässig sein, ein faktisches Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel anzuerkennen (offen gelassen vom BVerwG im Urteil vom 16.09.2010, a.a.O. Rn. 16 m.w.N.), entspräche die Eigenart der näheren Umgebung wegen der zahlreichen vorhandenen andersartigen Gewerbebetriebe offenkundig auch diesem Gebietstyp nicht.
81 
b) Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die streitige Nutzungsänderung zulässig. Sie fügt sich nach der insoweit allein erheblichen Art der baulichen Nutzung in die Eigenart der maßgebenden (s.o.) näheren Umgebung ein. Denn ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb bleibt im Rahmen, wenn - wie hier - im Beurteilungsgebiet bereits ein derartiger Nutzungstyp vorhanden ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.05.1987 - 4 C 6.85 - und 4 C 7.84 C 7.85 - NVwZ 1987, 1078, juris Rn. 13). Anhaltspunkte dafür, dass die Nutzungsänderung gegen das im Gebot des Einfügens aufgehende Rücksichtnahmegebot (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 - BauR 1981, 354, juris Rn. 32) verstößt, etwa im Hinblick auf Immissionskonflikte, die ihre Ursache in einem vermehrten Besucher- oder Kundenverkehr haben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.04.2000 - 4 B 25.00 - BauR 2001, 212, juris Rn. 12), sind nicht ersichtlich und werden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. Ob das Vorhaben mit Zielen der Raumordnung über Einzelhandelsgroßprojekte im Landesentwicklungsplan 2002 oder im Regionalplan 2015 Nordschwarzwald vereinbar ist, ist für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht erheblich. Auch ist die Vermutungsregel des § 11 Abs. 3 Satz 3 und 4 BauNVO für die bauplanungsrechtliche Beurteilung großflächiger Einzelhandelsbetriebe im ungeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 und 3 BauGB weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar (BVerwG, Beschluss vom 12.02.2009 - 4 B 3.09 - NVwZ 2009, 779, juris Rn. 9).
82 
c) Von der Nutzungsänderung sind auch keine i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde der Beigeladenen oder in anderen Gemeinden zu erwarten.
83 
aa) Zentrale Versorgungsbereiche i. S. dieser Vorschrift sind räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzungen eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt. Maßgebend ist, ob der betreffende Bereich nach Lage, Art und Zweckbestimmung eine für die Versorgung der Bevölkerung in einem bestimmten Einzugsbereich zentrale Funktion hat. Der Begriff ist nicht geografisch im Sinne einer Innenstadtlage oder Ortsmitte, sondern funktional zu verstehen, setzt aber eine integrierte Lage voraus. Isolierte Standorte mit einzelnen Einzelhandelsbetrieben bilden keinen zentralen Versorgungsbereich, auch wenn sie über einen weiten Einzugsbereich verfügen und eine beachtliche Versorgungsfunktion erfüllen mögen. Ziele der Raumordnung können zur räumlichen Abgrenzung nicht herangezogen werden (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.12.2011 - 8 S 1438/09 - BauR 2012, 905, juris Rn. 34 und 42 f. m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 12.07.2012 - 4 B 13.12 - BauR 2012, 1760, juris Rn. 6). Die für einen zentralen Versorgungsbereich in ländlichen Gemeinden zumindest erforderliche Sicherstellung einer wohnortnahen Grundversorgung setzt ein Warenangebot voraus, das den kurzfristigen Bedarf und Teile des mittelfristigen Bedarfs abdeckt. Das Warenangebot zur Deckung des kurzfristigen Bedarfs muss aber nur die wesentlichen Bedürfnisse des täglichen Bedarfs befriedigen, insbesondere die Grundversorgung mit Lebensmitteln und Drogerieartikeln; ein Angebot von Waren aller Art ist insoweit nicht erforderlich (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.04.2012 - 8 S 198/11 - NVwZ-RR 2012, 588, juris Rn. 36).
84 
Schädliche Auswirkungen i.S. des § 34 Abs. 3 BauGB sind zu erwarten, wenn die Funktionsfähigkeit eines zentralen Versorgungsbereichs in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit gestört wird. Das ist der Fall, wenn der Versorgungsbereich seinen Auftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr substantiell wahrnehmen kann. Insoweit genügt die Erwartung "nachhaltiger" Auswirkungen, wenn dafür eine hinreichend gesicherte Tatsachenbasis besteht. Als Maßstab darf der zu erwartende vorhabenbedingte Kaufkraftabfluss herangezogen werden. Zu dessen Quantifizierung sind unterschiedliche Methoden anerkannt. Dazu gehören auch Marktgutachten. Sie sind eine taugliche Methode, um den voraussichtlichen Kaufkraftabfluss an Hand von branchenspezifischen Erfahrungswerten zur üblichen Flächenproduktivität zu prognostizieren. Daneben ist der Vergleich der Verkaufsfläche des Vorhabens mit der gesamten branchenspezifischen Verkaufsfläche im betroffenen zentralen Versorgungsbereich ein taugliches Hilfsmittel für die Prognose. Feste Prozentsätze, bei deren Unterschreiten stets von unschädlichen und bei deren Überschreiten immer von schädlichen Auswirkungen auszugehen ist, lassen sich aber insoweit nicht angeben. Der Prüfungsmaßstab fordert eine Gesamtbetrachtung aller städtebaulich relevanten Umstände (vgl. BVerwG, Urteile vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 - BVerwGE 129, 307, juris Rn. 24 und vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 und 4 C 2.08 - BVerwGE 136, 10 und 18, juris Rn. 7 ff. und 10 ff.; Beschlüsse vom 17.02.2009 - 4 B 4.09 - juris Rn. 9, und vom 12.01.2012 - 4 B 39.11 - BauR 2012, 760, juris Rn. 12 ff.).
85 
bb) Daran gemessen sind von dem Vorhaben der Klägerin keine schädlichen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Beigeladenen oder in einer anderen Gemeinde i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB zu erwarten.
86 
Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass die beabsichtigte Nutzungsänderung mit der Erweiterung der Verkaufsfläche des bereits derzeit großflächigen Lebensmittelmarktes um ca. 177 m2 schädliche Auswirkungen im vorbezeichneten Sinn deshalb haben könnte, weil sie die Funktionsfähigkeit eines zen-tralen Versorgungsbereichs der Beigeladenen hinsichtlich der betroffenen Branchen in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigen und damit stören würde, bestehen nicht. Weder die Beklagte noch die Beigeladene haben Tatsachen, die eine solche Schädlichkeitsprognose stützen könnten, dargetan. Dafür ist auch sonst nichts ersichtlich, insbesondere auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgelegten "Auswirkungsanalyse" der ... vom Dezember 2011. Die "Auswirkungsanalyse" geht von einem die Anforderungen nach § 34 Abs. 3 BauGB erfüllenden, räumlich abgrenzbaren zentralen Versorgungsbereichs in der Ortsmitte der Beigeladenen aus, stellt insoweit aber unter Berücksichtigung der durch das Vorhaben der Klägerin ausgelösten Kaufkraftbewegungen und zusätzlich generierten Umsatzleistung von nur ca. 0,9 Millionen Euro, davon ca. 0,7 Millionen Euro im Lebensmittelsektor und ca. 0,2 Millionen Euro im Nonfoodsektor, keine nachhaltigen Auswirkungen auf Einzelhandelsbetriebe in diesem zentralen Versorgungsbereich fest. Denn es gebe dort keinen Lebensmittelmarkt und die vorhandenen Bäcker und Metzger hätten andere Konzepte und z.T. auch andere Kundenzielgruppen; zwei Wettbewerber der Klägerin am Ort befänden sich außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs. Diese Annahmen und Schlussfolgerungen sind jedenfalls plausibel, soweit sie schädliche Auswirkungen i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB verneinen. Offen lassen kann der Senat daher, ob die Annahme eines die Anforderungen nach § 34 Abs. 3 BauGB erfüllenden, räumlich abgrenzbaren zentralen Versorgungsbereichs in der Ortsmitte der Beigeladenen - auch nach der Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch - gerechtfertigt ist.
87 
Schließlich sind auch Anhaltspunkte dafür, dass die Erweiterung der Verkaufsfläche um ca. 177 m2 die Funktionsfähigkeit eines zentralen Versorgungsbereichs in einer anderen Gemeinde hinsichtlich der betroffenen Branchen in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigen und damit stören würde, nicht erkennbar, insbesondere hat die Beklagte auch insoweit nichts eingewandt. Nach der "Auswirkungsanalyse" der ... vom Dezember 2011 geht der Großteil des zusätzlich generierten Umsatzes von 0,9 Millionen Euro zu Lasten verschiedener Wettbewerber der Klägerin in drei umliegenden Städten. Wegen der Geringfügigkeit des zusätzlichen Umsatzes und der Streuung auf eine Vielzahl konkurrierender Anbieter seien negativen Auswirkungen auf andere zentrale Versorgungsbereiche aber auszuschließen. Denn die Umverteilungsquote liege in allen Fällen unter 2%. Die diesbezüglichen Annahmen und Schlussfolgerungen sind ebenfalls plausibel, soweit sie schädliche Auswirkungen i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB verneinen. Der Senat kann daher auch insoweit offen lassen, ob und inwieweit in den genannten anderen Gemeinden zentrale Versorgungsbereiche vorhanden und betroffen sind.
88 
II. Anhaltspunkte dafür, dass dem Vorhaben bauordnungsrechtliche oder sonstige von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen könnten, sind von der Beklagten - auch auf ein ausdrückliches Ersuchen des Berichterstatters - nicht geltend gemacht worden. Für sie ist auch sonst nichts ersichtlich. Die Erweiterung der Gesamt-Verkaufsfläche löst zwar zusätzlichen Stellplatzbedarf aus (§ 37 Abs. 2 LBO). Die Klägerin hat mit dem Bauantrag aber einen Nachweis vorgelegt, wonach dieser zusätzliche Stellplatzbedarf durch vorhandene Stellplätze gedeckt wird. Die Beklagte hat die Richtigkeit dieser Berechnung nicht in Frage gestellt. Auch der Senat hat keine Zweifel an ihrer Richtigkeit. Abgesehen davon könnte der Nachweis der notwendigen Stellplätze auch zur - aufschiebenden - Bedingung (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 LVwVfG) einer Baugenehmigung gemacht werden (Senatsurteil vom 05.05.1994 - 5 S 2644/93 - VBlBW 1995, 29). Schließlich hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Senats bestätigt, dass sonstigen bauordnungsrechtlichen Anforderungen an das Vorhaben, etwa im Rahmen des Brandschutzes, durch Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung Rechnung getragen werden kann.
B.
89 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten der Klägerin für das Vorverfahren war vom Standpunkt einer verständigen Partei aus notwendig. Der Klägerin war es nach ihren Verhältnissen und wegen der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Sache nicht zuzumuten, das Vorverfahren selbst zu führen. Ein Anlass, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aus Gründen der Billigkeit für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO), besteht nicht, zumal die Beigeladene keinen Antrag gestellt und damit kein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
90 
Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor.
91 
Beschluss vom 10. Februar 2016
92 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.565 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG entsprechend der Wertfestsetzung im ersten Rechtszug in Anlehnung an die Empfehlung Nr. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs 2013, NVwZ 2013, Beilage 58).
93 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
50 
Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, da die Ladung der Beigeladenen einen entsprechenden Hinweis enthielt (§ 102 Abs. 2 VwGO).
51 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung der Klägerin ist auch sonst zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht und formell hinreichend begründet (§ 124 a Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Verpflichtungsklage ist zulässig und begründet. Die Ablehnung der Erteilung der begehrten Baugenehmigung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihrem Recht nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Denn dem genehmigungspflichtigen (§ 49 i.V.m. § 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO) Vorhaben der Klägerin stehen keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen. Das Vorhaben verstößt nicht gegen Vorschriften des Bauplanungsrechts (I.) und Anhaltspunkte dafür, dass ihm bauordnungsrechtliche oder sonstige von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen, sind nicht ersichtlich (II.).
I.
52 
Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das Vorhaben, das eine i.S. des § 29 Abs. 1 BauGB bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung einer baulichen Anlage zum Inhalt hat (1.), nach § 34 BauGB, nicht jedoch - wie die Beklagte und das Verwaltungsgericht meinen - nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. den Festsetzungen des Bebauungsplans "Autobahnkreuz-Südost" vom 06.07.2006 (2.). Nach § 34 BauGB ist das Vorhaben zulässig (3.).
53 
1. Die Änderung des Non-Food-Lagers in zusätzlichen Verkaufsraum ist ein Vorhaben i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB mit der von dieser Vorschrift vorausgesetzten (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.2001 - 6 C 18.00 - BVerwGE 114, 206, juris Rn. 18 m.w.N.) bodenrechtlichen Relevanz (vgl. § 1 Abs. 6 BauGB). Gegenstand dieser Prüfung ist grundsätzlich das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt; das vom Bauherrn angestrebte Ergebnis der Baumaßnahme muss den zu prüfenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften entsprechen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.11.2005 - 4 B 72.05 - NVwZ 2006, 340, juris Rn. 5 m.w.N.). Anderes gilt allenfalls, wenn der geänderte Anlagenteil ein selbständiges Vorhaben sein könnte (BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 - NVwZ 1994, 294, juris Rn. 16), was hier aber offenkundig ausscheidet.
54 
a) Der Abriss der Trennwand zwischen dem bisherigen Verkaufsraum und dem Non-Food-Lager und die Schließung der Türöffnung in einer Wand des Non-Food-Lagers sind zwar Änderungen einer baulichen Anlage i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB. Sie sind in Bezug auf das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt aber ohne bodenrechtliche Relevanz. Das Maß der baulichen Nutzung bleibt unverändert. Die für städtebauliche Auswirkungen (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 BauNVO, § 34 Abs. 3 BauGB) nach § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO erhebliche Größe der Geschossfläche bleibt von diesen baulichen Änderungen unberührt. Für die überbaute Grundstücksfläche und die Bauweise gilt nichts Anderes. Da sich die Änderungen auf das Gebäudeinnere beschränken, sind Auswirkungen auf das Ortsbild ausgeschlossen.
55 
b) Die Umnutzung des Non-Food-Lagers in Verkaufsraum ist aber eine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung, auch wenn sich der Nutzungstyp nicht ändert, weil bereits der bestehende Lebensmittelmarkt mit mehr als 800 m2 genehmigter Verkaufsfläche (vgl. zu diesem "Schwellenwert" BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - BVerwGE 124, 364, juris Rn. 23) ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb i. S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO ist (siehe dazu unten 3.)
56 
Eine Nutzungsänderung i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB liegt vor, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166, juris Rn. 12 m.w.N.). Das ist der Fall, wenn für die neue Nutzung weitergehende Vorschriften gelten als für die alte, aber auch dann, wenn sich die Zulässigkeit der neuen Nutzung nach derselben Vorschrift bestimmt, danach aber anders zu beurteilen ist als die frühere Nutzung. In diesem Sinne bodenrechtlich relevant ist eine Änderung der Nutzungsweise etwa dann, wenn sie für die Nachbarschaft erhöhte Belastungen mit sich bringt (BVerwG, Urteil 14.01.1993 - 4 C 19.90 - 1993, 1184, juris Rn. 27 m.w.N.). Die Variationsbreite einer genehmigten Nutzung wird auch überschritten, wenn das bisher charakteristische Nutzungsspektrum durch die Änderung erweitert wird (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166, juris Rn. 12 m.w.N.). Entscheidend ist der Vergleich von Art und Umfang der bisher genehmigten Nutzung mit der geplanten Nutzung (BVerwG, Urteil vom 18.04.1996 - 4 C 17.94 -, juris Rn. 18).
57 
Gemessen daran liegt eine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung vor. Die Vergrößerung der Verkaufsfläche eines Einzelhandelsbetriebs um ca. 177 m2 verlässt die der bislang genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite selbst dann, wenn sich der konkrete Nutzungstyp nicht ändert, jedenfalls in ihrem Umfang. Das gilt auch für einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb. Auch bei diesem ist die nicht nur geringfügige Erweiterung der Verkaufsfläche um ca. 177 m2 nicht als "mitgenehmigt" anzusehen. Die Verkaufsfläche ist ein charakteristisches städtebauliches Merkmal für die Attraktivität dieses Nutzungstyps. Denn diese wird - soweit es um das Merkmal der Fläche geht - nicht von der Größe der baulichen Anlage - die sich in der Geschossfläche widerspiegelt - sondern eher von derjenigen Fläche beeinflusst, auf der Waren präsentiert und gekauft werden können (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005, a.a.O. Rn. 14 m.w.N.). Die Erweiterung der Verkaufsfläche in einem solchen Umfang kann auch bodenrechtliche Belange nach § 1 Abs. 6 BauGB neu berühren, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt. Denn die Größe der Verkaufsfläche trägt zur Kapazität, Wettbewerbskraft und Attraktivität eines Handelsbetriebes bei und kann sich von daher auf eine geordnete städtebauliche Entwicklung, insbesondere auf die Struktur des Handels und die Versorgung im betreffenden Gebiet auswirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.1990 - 4 C 36.87 - NVwZ 1990, 1071, juris Rn. 26; Beschluss vom 29.11.2005 - 4 B 72.05 - NVwZ 2006, 340, juris Rn. 5; Senatsurteil vom 12.08.2005 - 5 S 2363/04 - VBlBW 2006, 106, juris Rn. 17). Ferner kann sie Belange des Umweltschutzes neu berühren, insbesondere infolge nachteiliger umweltbezogener Auswirkungen auf den Menschen in der Umgebung des Betriebs durch Erhöhung der Kundenzahl und - damit - des betriebsbezogenen Kfz-Verkehrs (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 7 c) BauGB).
58 
2. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit dieses Vorhabens beurteilt sich nur nach § 34 BauGB, nicht jedoch nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. den Festsetzungen des Bebauungsplans "Autobahnkreuz-Südost" vom 06.07.2006. Denn dieser Bebauungsplan ist wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam, zumindest auf den Flächen, für die er ein Sondergebiet festsetzt, worauf es für das streitige Vorhaben allein ankommt. Der Bebauungsplan ist bereits nicht ordnungsgemäß ausgefertigt (a)). Unabhängig davon sind seine Festsetzungen über gebiets- und branchenbezogene Verkaufsflächen-Obergrenzen (Nr. 1.4.3.1 und 1.4.3.4 Satz 3 bis 5 der gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen) mangels Rechtsgrundlage unwirksam, was die Unwirksamkeit des Bebauungsplans zumindest auf den Flächen zur Folge hat, für die er ein Sondergebiet festsetzt (b)).
59 
a) Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 23 Abs. 1 LV) gebietet, dass eine Rechtsnorm vom zuständigen Organ des Normgebers ordnungsgemäß ausgefertigt wird. Mit der Ausfertigung wird bestätigt, dass die zu verkündende Fassung der Rechtsnorm mit der vom Normgeber beschlossenen Fassung der Norm übereinstimmt (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.09.2014 - 4 B 29.14 - juris m.w.N.). Bei einem Bebauungsplan hat daher das für die Ausfertigung der Satzung zuständige Organ der Gemeinde - hier der Bürgermeister der Beigeladenen - zu bestätigen, dass der Inhalt des Bebauungsplans mit dem Willen des gemeindlichen Beschlussorgans (Gemeinderat) übereinstimmt (st. Rspr. vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2006 - 8 S 1989/05 -, juris Rn. 33 m.w.N.). Nicht erforderlich ist es, sämtliche Bestandteile eines Bebauungsplans auszufertigen. Ausreichend ist, dass die Satzung ordnungsgemäß ausgefertigt ist und dass diese Satzung auf sonstige Bestandteile in einer Weise Bezug nimmt, die Zweifel an der Identität des Norminhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen ausschließen ("gedankliche Schnur", vgl. Senatsurteil vom 02.11.2005 - 5 S 2662/04 - juris Rn. 58 m.w.N.). Fehlt die Ausfertigung oder bestätigt sie eine andere Fassung der Rechtsnorm als vom Normgeber beschlossen, ist die Rechtsnorm unwirksam, weil die ordnungsgemäße Ausfertigung einer Rechtsnorm Voraussetzung für deren ordnungsgemäße öffentliche Bekanntmachung ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.10.2013 - 1 S 347/13 - ESVGH 64, 124 , juris Rn. m.w.N.).
60 
Gemessen daran ist die Ausfertigung der Satzung durch den Bürgermeister der Beigeladenen unwirksam, weil sie eine andere Fassung der Festsetzungen des Bebauungsplans für das Sondergebiet bestätigt als vom Gemeinderat beschlossen. Die am 06.07.2006 ausgefertigte Satzung bezeichnet in ihrem § 2 Nr. 1 zweiter Spiegelstrich als Bestandteil des Bebauungsplans einen "Textteil in der Fassung vom 06.07.2006". Einen Bestandteil mit genau diesem Titel gibt es zwar nicht. Gemeint sind aber offenkundig die vom Gemeinderat in seiner Sitzung am 06.07.2006 beschlossenen textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan. Der Gemeinderat hat diese Festsetzungen mit dem Inhalt beschlossen, wie er sich aus der Sitzungsvorlage 50/2006 ergibt. Zwar hatte die Verwaltung dem Gemeinderat in dieser Sitzungsvorlage noch Änderungen unterbreitet. Auch hatte der Gemeinderat diesen Änderungsvorschlägen nach Abwägung zugestimmt. Im Anschluss daran hat er die textlichen Festsetzungen aber gleichwohl so beschlossen, wie sie im Entwurf der Sitzungsvorlage 50/2006 enthalten waren. Denn er nahm, wie sich aus seinem Zustimmungsbeschluss ergibt, an, diese Änderungen seien - in vollem Umfang - "von der Verwaltung bereits in die Sitzungsunterlagen mit eingearbeitet". Bei der gebotenen Auslegung nach dem Empfängerhorizont (§ 133 BGB entspr.) kann sein nachfolgender Satzungsbeschluss daher nur so verstanden werden, dass er als "Textteil in der Fassung vom 06.07.2006" gemäß § 2 dieser Satzung die textlichen Festsetzungen mit dem Inhalt des in der Sitzungsvorlage 50/2006 enthaltenen Textentwurfs beschlossen hat.
61 
Die vom Bürgermeister gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen weichen vom Inhalt des Entwurfs der textlichen Festsetzungen in der Sitzungsvorlage 50/2006 ab. Zwar handelt es sich dabei zu einem großen Teil nur um redaktionelle Abweichungen. Ob diese einen beachtlichen Ausfertigungsmangel begründen, kann dahinstehen. Denn jedenfalls weicht die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.4 Satz 3 auch ihrem Inhalt nach von der vom Gemeinderat beschlossenen entsprechenden textlichen Festsetzung Nr. 2 Satz 4 im Entwurf der textlichen Festsetzungen nach der Sitzungsvorlage 50/2006 ab. Denn während es in der Sitzungsvorlage insoweit heißt "max 1.200 m2 Geschossfläche", heißt es in der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.3.4 Satz 3 "max 800 m2 Verkaufsfläche". Eine Übereinstimmung des § 2 der Satzung vom 06.07.2006 mit den beschlossenen textlichen Festsetzungen in der Sitzungsvorlage 50/2006 lässt sich auch nicht über eine "gedankliche Schnur" zum Entwurf der textlichen Festsetzungen in dieser Vorlage herstellen. Denn diese datiert ebenfalls vom 06.07.2006 und damit vom selben Tag wie die vom Bürgermeister gesondert ausgefertigten, inhaltlich aber abweichenden textlichen Festsetzungen. Zweifel an der Identität des Norminhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen lassen sich damit nicht ausschließen. Aus demselben Grund wäre die Ordnungsmäßigkeit der Ausfertigung schließlich auch nicht durch eine vom Bürgermeister ausgefertigte Niederschrift der Sitzung des Gemeinderats vom 06.07.2006 mit dem darin enthaltenen Satzungsbeschluss (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.01.1995 - 8 S 1806/94 - ESVGH 45, 316, juris Rn. 13. ff.) nachweisbar.
62 
b) Die gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen über eine auf das Sondergebiet bezogene Obergrenze für die Verkaufsflächen aller Einzelhandelsbetriebe mit nicht-zentrenrelevanten Sortimenten (Nr. 1.4.3.1) und über eine Obergrenze für die Verkaufsflächen aller in diesem Gebiet ausnahmsweise zulässigen Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Sortimenten bestimmter Branchen (Nr. 1.4.3.4 Satz 3 bis 5) sind rechtswidrig, weil sie nicht durch eine gesetzliche Ermächtigung, insbesondere nicht durch § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO, gedeckt sind (aa)). Ihre Unwirksamkeit führt zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans jedenfalls auf den Flächen, für die er ein Sondergebiet festsetzt (bb)).
63 
aa) Eine Kontingentierung von Verkaufsflächen, die auf ein Sondergebiet insgesamt bezogen ist, öffnet das Tor für sogenannte "Windhundrennen“ potentieller Investoren und Bauantragsteller und schließt die Möglichkeit ein, dass Grundeigentümer im Fall der Erschöpfung des Kontingents von der kontingentierten Nutzung ausgeschlossen sind. Die Festsetzung solcher gebietsbezogener Verkaufsflächenbeschränkungen zur Steuerung des Einzelhandels in einem Sondergebiet ist weder als Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung zulässig, weil sie nicht mit Hilfe eines der von § 16 Abs. 2 BauNVO zugelassenen Parameter (Grundfläche, Geschossfläche) vorgenommen worden ist, noch ist sie eine nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO in sonstigen Sondergebieten zulässige Festsetzung der Art der baulichen Nutzung (BVerwG, Urteile vom 03.04.2008 - 4 CN 3.07 - BVerwGE 131, 86, juris Rn. 14 ff., und vom 24.03.2010 - 4 CN 3.09 - NVwZ 2010, 782, juris Rn. 23; Beschluss vom 06.08.2013 - 4 BN 24.13 - BauR 2013, 1812, juris Rn. 14). Anderes gilt ausnahmsweise, wenn in dem in Rede stehenden Sondergebiet nur ein einziger Handelsbetrieb zulässig ist. Dann ist die gebietsbezogene mit der vorhabenbezogenen Verkaufsflächenbeschränkung identisch und als Festsetzung der Art der baulichen Nutzung nach § 11 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BauNVO zulässig, soweit diese durch städtebauliche Gründe gerechtfertigt wird (BVerwG, Beschluss vom 09.02.2011 - 4 BN 43.10 - BauR 2011, 1118, juris Rn. 7). Es genügt aber nicht, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses davon ausgehen kann, dass im Sondergebiet tatsächlich nur ein einziger Handelsbetrieb verwirklicht werden wird. Gebiets- und vorhabenbezogene Verkaufsflächenbegrenzung sind nur dann identisch, wenn die Festsetzungen des Bebauungsplans nur die Errichtung eines einzigen Einzelhandelsbetriebs zulassen. Unerheblich ist zudem, ob das Grundeigentum im Plangebiet zum Zeitpunkt des Beschlusses über den Bebauungsplan in einer Hand liegt (BVerwG, Urteil vom 24.03.2010, a.a.O. Rn. 24 m.w.N.).
64 
Die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.1 ist eine vorhabenunabhängige, gebietsbezogene Verkaufsflächenbeschränkung. Für die in der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.3.4 Satz 3 bis 5 festgelegten Obergrenzen für die Verkaufsflächen aller im Sondergebiet ausnahmsweise zulässigen Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Sortimenten bestimmter Branchen gilt nichts Anderes. Auch diese Obergrenzen öffnen das Tor für - auf die Ausnahmen bezogene - "Windhundrennen“ potentieller Investoren und Bauantragsteller und schließen die Möglichkeit ein, dass Grundeigentümer im Fall der Erschöpfung des Ausnahmen-Kontingents für bestimmte Branchen von der kontingentierten Nutzung ausgeschlossen sind. Im Sondergebiet ist auch nicht nur ein einziger Handelsbetrieb zulässig. Nach der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.1 sind dort neben Einzelhandelsbetrieben (c)) auch Gewerbebetriebe des Dienstleistungssektors (a)), Handwerksbetriebe mit den ihnen dienenden Ausstellungs- und Verkaufsräumen mit Ausnahme des Lebensmittelhandwerks (b)) sowie Schank- und Speisewirtschaften (d)) allgemein zulässig. Die durch Baugrenzen festgelegte überbaubare Fläche schließt die Ansiedlung mehrerer Betriebe auch nicht aus. In der Planbegründung wird zudem ausdrücklich betont, dass im Sondergebiet neben einem Lebensmittelmarkt "auch ein Gastronomiebetrieb sowie verschiedene Gewerbe-, Handels- und Dienstleistungsbetriebe" angesiedelt werden und dass der "Schwerpunkt auf Handwerksbetrieben mit Verkaufsmöglichkeiten liegen" werde.
65 
bb) Die Unwirksamkeit der textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.1 und Nr. 1.4.3.4 Satz 3 bis 5 führt selbst dann, wenn die sonstigen Festsetzungen für das Sondergebiet, insbesondere die Beschränkungen von Verkaufs- und Geschossfläche je Einzelhandelsbetrieb nach textlicher Festsetzung Nr. 1.4.3.2, für sich gesehen rechtmäßig sein sollten, zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans jedenfalls auf den Flächen, für die er ein Sondergebiet festsetzt.
66 
Die Unwirksamkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung hat grundsätzlich deren Gesamtunwirksamkeit zur Folge. Die Teilunwirksamkeit ist eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme (BVerwG, Beschluss vom 24.04.2013 - 4 BN 22.13 - BRS 81 Nr. 77, juris Rn. 3 m.w.N.). Diese Ausnahme setzt voraus, dass die Restbestimmung auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleibt (Grundsatz der Teilbarkeit) u n d mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers; BVerwG, Urteil vom 11.09.2014 - 4 CN 3.14 - NVwZ 2015, 301, juris Rn. 26 m.w.N., st. Rspr.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Zwar mag es sein, dass die Festsetzungen für das Sondergebiet ohne die gebietsbezogenen Verkaufsflächenbeschränkungen noch die Funktion erfüllen können, eine geordnete städtebauliche Entwicklung des Planbereichs zu gewährleisten (Teilbarkeit). Das kann indes offen bleiben. Jedenfalls kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, der Gemeinderat der Beigeladenen hätte nicht-großflächige Einzelhandelsbetriebe ohne zentrenrelevante Hauptsortimente allgemein (textliche Festsetzungen Nr. 1.4.1 c) i.V.m. Nr. 1.4.3.2 und 1.4.3.4 Satz 1) und nicht-großflächige Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten aus bestimmten Branchen ausnahmsweise (textliche Festsetzungen Nr. 1.4.3.4 Satz 2) auch ohne zusätzliche Einschränkungen für zulässig erklärt, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass gebietsbezogene Beschränkungen der Gesamt-Verkaufsfläche dieser Betriebe im Sondergebiet unzulässig sind. Denn diese Beschränkungen sind nach der Planbegründung ein wesentliches Element, um den Bebauungsplan im Einklang mit den Anregungen des Regionalverbands in dessen Stellungnahme vom 22.06.2006 an einschlägige Ziele der Raumordnung anzupassen (§ 1 Abs. 4 BauGB). Zwar dienen auch die weiteren textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.2 bis 1.4.3.4 Satz 1 diesem raumordnerischen Zweck. Sie sind aber mit den Beschränkungen der Gesamt-Verkaufsfläche im Sinne eines sortimentsbezogenen planerischen Gesamtkonzepts zur Steuerung des Einzelhandels im Sondergebiet verknüpft. In der Planbegründung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, es sei zur Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, zur Erreichung der für die innerörtliche Entwicklung gesetzten Sanierungsziele und zur Erhaltung und Stärkung der innerörtlichen Handelsfunktion erforderlich, Überlegungen anzustellen, welche Branchen und Sortimente für die Beigeladene zentrenrelevant seien und daher im Sondergebiet nicht zugelassen werden sollten. Auch im Übrigen befasst sich die Planbegründung eingehend mit der Abgrenzung der zentrenrelevanten von den nicht-zentrenrelevanten Sortimenten. Aus ihr geht auch hervor, dass sich der Gemeinderat mindestens zweimal mit der Festlegung der zulässigen Sortimente im Sondergebiet befasst und sich dabei auch einer Standortanalyse bedient hat. Mit diesen Überlegungen zum Schutz der innerörtlichen Zentralität sind die Beschränkungen der Gesamt-Verkaufsfläche nach dem Plankonzept untrennbar verknüpft. Damit steht und fällt auch die Festsetzung des Sondergebiets insgesamt. Das führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans jedenfalls auf den Flächen dieses Baugebiets. Denn der Bebauungsplan kann ohne Festsetzung eine Baugebiets auf diesen Flächen für sich betrachtet keine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB mehr bewirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.09.2014, a.a.O. Rn. 27 m.w.N.).
67 
3. Nach § 34 BauGB ist das Vorhaben zulässig. Hinsichtlich der bei der Nutzungsänderung allein in Rede stehenden Art der baulichen Nutzung beurteilt es sich nicht nach § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB, sondern nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (a)). Insoweit fügt sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung ein (b)). Auch gehen von ihm keine schädlichen Auswirkungen i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB aus (c)).
68 
a) Die Voraussetzungen nach § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind nicht erfüllt. Die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks entspricht keinem der Baugebiete, die in der Baunutzungsverordnung bezeichnet sind.
69 
aa) "Nähere Umgebung" ist die Umgebung, auf die sich die Ausführung eines Vorhabens auswirken kann und die ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.05.2014 - 4 B 38.13 - NVwZ 2014, 1246, juris Rn. 7 m.w.N.). Maßgebend ist dabei nicht nur die Bebauung außerhalb des Baugrundstücks; auch ein auf dem Baugrundstück selbst bereits vorhandenes Gebäude gehört zur vorhandenen Bebauung, die den Maßstab für die weitere Bebauung bildet (BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 - NVwZ 1994, 294, juris Rn.18). Zur Abgrenzung der näheren Umgebung kann sinngemäß die Rechtsprechung zur Abgrenzung des Innenbereichs vom Außenbereich übertragen werden. Danach kann sich bei Berücksichtigung topographischer Gegebenheiten ergeben, dass aneinandergrenzende bebaute Grundstücke unterschiedlichen Baugebieten angehören, etwa wenn ein Steilhang im Grenzbereich eine trennende Funktion hat (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1998 - 4 B 79.98 - NVwZ-RR 1999, 105, juris Rn. 8).
70 
Hiernach bildet die Bebauung auf dem Baugrundstück und auf den weiteren Grundstücken zu beiden Seiten der Robert-Bosch-Straße den maßgebenden Rahmen. Dieser wird im Süden durch die Bebauung bis zum abfallenden Gelände der Grünflächen südlich des Baugrundstücks und des schräg gegenüber liegenden Gebäudes Robert-Bosch-Straße … ("K......") begrenzt. Von Norden her wird der bodenrechtliche Charakter des Baugrundstücks durch die Bebauung zumindest bis einschließlich der Gebäude an der Nordseite des Abzweigs der Robert-Bosch-Straße (u.a. "S... Fachmarkt & Baumarkt Empfingen") geprägt oder jedenfalls beeinflusst (vgl. die beigezogenen Lichtbilder). Der Einwand der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, die insoweit im Gebiet des Bebauungsplans "Autobahnkreuz - 1. Änderung" gelegene Bebauung sei nicht rahmenbildend, greift nicht durch. Denn zur näheren Umgebung i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 BauGB kann auch qualifiziert beplantes Gebiet gehören (BVerwG, Urteil vom 31.10.1975 - IV C 16.73 - BauR 1976, 185, juris Rn. 15). Für den räumlichen Umfang der näheren Umgebung ist es unerheblich, wann eine Bebauung entstanden ist, die die Eigenart der näheren Umgebung prägt, und ob diese gleichfalls nach § 34 BauGB zu beurteilen ist (Mitschang/Reidt in Battis/Kratzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage § 34 Rn. 24).
71 
bb) Zur Bestimmung der Eigenart dieser Umgebung i. S. des § 34 Abs. 2 BauGB ist - ebenso wie nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB - auf einer ersten Stufe alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Eine Beschränkung auf das, was von der vorhandenen Bebauung städtebaulich wünschenswert oder auch nur vertretbar ist, ist unzulässig. Sodann muss auf einer zweiten Stufe die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden. Was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint, ist auszusondern. Dazu gehören zum einen bauliche Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Zum anderen können auch Anlagen auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeit-Schwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen, wie insbesondere eine in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung stehende singuläre Anlage (Fremdkörper). Derartige Anlagen dürfen aber nur ausgeklammert werden, wenn sie wegen ihrer Andersartigkeit und Einzigartigkeit den Charakter ihrer Umgebung letztlich nicht beeinflussen können. Ob dies der Fall ist, muss auf einer dritten Stufe unter Würdigung des tatsächlich Vorhandenen ermittelt werden. Ausschlaggebend kann erneut die Größe der andersartigen Anlage sein. Einzelne bauliche Anlagen von stark abweichendem Charakter können nach Ausdehnung, Zahl und anderen Quantitätsmerkmalen ein solches Gewicht enthalten, dass sie trotz ihrer herausstechenden Andersartigkeit in einer abweichend und verhältnismäßig einheitlich strukturierten Umgebung ihrerseits tonangebend wirken. Dafür kommen neben der Größe des Gebäudes auch die Ausstrahlungswirkungen (Immissionen) einer einzelnen baulichen Anlage auf die nähere Umgebung in Betracht (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 15.02.1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322, juris Rn. 12 ff.).
72 
Hiernach wird die Eigenart der näheren Umgebung nach der Art der baulichen Nutzung unter Berücksichtigung der von der Beklagten vorgelegten Aufstellung, der ergänzenden Angaben der Beteiligten sowie der beigezogenen Lichtbilder im Wesentlichen durch folgende bauliche Nutzungen bestimmt: Gewerbliche Produktionsgebäude (Robert-Bosch-Straße ...), Lager-, Fahrzeug-, Geräte-, Ausstellungs- und Verpackungshallen (Robert-Bosch-Straße ...), Speditionsgebäude (Robert-Bosch-Straße ...), gewerbliche Werk- und Montagehallen (Robert-Bosch-Straße ...), Bürogebäude und -container (Robert-Bosch-Straße ...), gewerbliche Fabrik-/Verwaltungsgebäude (Robert-Bosch-Straße ...), Tankstelle (Robert-Bosch-Straße ...), Fachmärkte für Lebensmittel (Robert-Bosch-Straße ... und ...), Kleidung (Robert-Bosch-Straße ... <...>), Getränke (Robert-Bosch-Straße ... <...>) und Werkzeuge/Baustoffe (Robert-Bosch-Straße ..., "S..."), Containerplätze (Robert-Bosch-Straße ..., ...), Pkw-Ausstellungsfläche (Robert-Bosch-Straße ...), gewerbliches Zentraldistributionslager (Anton-Schlecker-Straße ...) und zahlreiche Pkw- und Lkw-Stellplätze.
73 
Anhaltspunkte dafür, dass bestimmte dieser baulichen Anlagen die vorhandene Bebauung nicht prägen oder in ihr gar als Fremdkörper erscheinen, sind nicht erkennbar. Das gilt insbesondere für den Fachmarkt für Werkzeuge/Baustoffe (Robert-Bosch-Straße ..., "S... Fachmarkt & Baumarkt Empfingen") mit 2.700 m2 Verkaufsfläche. Zwar handelt es sich dabei um einen in seiner Größe einzigartigen großflächigen Einzelhandelsbetrieb i. S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO in der näheren Umgebung. Insoweit steht einer Ausklammerung aber schon entgegen, dass auch dieses Gebäude nach seinem äußeren und insoweit unauffälligen (vgl. die beigezogenen Lichtbilder) Erscheinungsbild den Charakter der näheren Umgebung des Baugrundstücks prägt. Ungeachtet dessen ist dieser großflächige Einzelhandelsbetrieb auch sonst kein "Fremdkörper", da er im Rahmen der Umgebungsbebauung nicht der einzige Nutzungstyp dieser Art ist. Denn auch der im westlichen Teil des Gebäudes auf dem Baugrundstück genehmigte Lebensmittelmarkt ist ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb, weil seine anrechenbare Verkaufsfläche den für das Tatbestandsmerkmal der "Großflächigkeit" maßgebenden Schwellenwert von 800 m2 deutlich überschreitet.
74 
(1) Zur Verkaufsfläche eines Selbstbedienungs-Fachmarkts gehören zunächst die Flächen, auf denen üblicherweise die Verkäufe abgewickelt werden einschließlich Kassenzone, Gänge, Schaufenster und Stellflächen für Einrichtungsgegenstände sowie innerhalb der Verkaufsräume befindliche und diese miteinander verbindende Treppen und Aufzüge. Dazu sind aber auch diejenigen Flächen zu zählen, die vom Kunden zwar aus betrieblichen und hygienischen Gründen nicht betreten werden dürfen, in denen aber die Ware für ihn sichtbar ausliegt (Käse-, Fleisch- und Wursttheke etc.) und in dem das Personal die Ware zerkleinert, abwiegt und abpackt. Ferner gehören vom Kunden betretbare Flächen dazu, die in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit eines solchen Einzelhandelsbetriebs prägen, wie ein Windfang oder ein Kassenvorraum einschließlich der Flächen zum Einpacken der Ware und Entsorgen des Verpackungsmaterials. Nicht zur Verkaufsfläche gehören Flächen, auf denen für den Kunden nicht sichtbar die handwerkliche und sonstige Vorbereitung (Portionierung etc.) erfolgt, sowie die (reinen) Lagerflächen (BVerwG, Urteil vom 27.04.1990, a.a.O. Rn. 28; Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - a.a.O.).
75 
Die Verkaufsflächen baulich und funktionell eigenständiger Betriebe können grundsätzlich nicht zusammengerechnet werden. Für die räumliche Abgrenzung eines Einzelhandelsbetriebs ist auf die nach außen erkennbaren baulichen Gegebenheiten abzustellen. Eine Verkaufsstätte kann ein selbstständiger Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO nur sein, wenn sie unabhängig von anderen Einzelhandelsbetrieben genutzt werden kann und deshalb auch als eigenständiges Vorhaben genehmigungsfähig wäre. Hierfür muss die Verkaufsstätte jedenfalls einen eigenen Eingang, eine eigene Anlieferung und eigene Personalräume haben; sie muss unabhängig von anderen Betrieben geöffnet und geschlossen werden können. Ohne Bedeutung ist hingegen, wer rechtlich oder wirtschaftlich jeweils Betreiber ist, ob Selbstbedienung, Bedienung durch Personal oder eine Mischform erfolgt und wie die dem entsprechenden Bereiche innerhalb der Betriebsfläche voneinander abgegrenzt sind. Für die Prüfung einer "Funktionseinheit" unter den Gesichtspunkten eines gemeinsamen Nutzungskonzepts, der Ergänzung der Sortimente, der Nutzung von Synergieeffekten u. ä. ist in diesen Fällen kein Raum (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - BVerwGE 124, 376, juris Rn. 20 f. m.w.N.).
76 
Das gilt aber nicht uneingeschränkt. Ist in einem Gebäude die Betriebsfläche baulich in mehrere selbstständig nutzbare betriebliche Einheiten unterteilt, bilden diese Einheiten gleichwohl einen Einzelhandelsbetrieb i. S. des § 11 Abs. 3 BauNVO, wenn die Gesamtfläche durch einen Einzelhandelsbetrieb als "Hauptbetrieb" geprägt wird und auf den baulich abgetrennten Flächen zu dessen Warenangebot als "Nebenleistung" ein Warenangebot hinzutritt, das in einem inneren Zusammenhang mit der "Hauptleistung" steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt. Dann sind die Verkaufsflächen zur Ermittlung der Schwelle der Großflächigkeit i. S. des § 11 Abs. 3 BauNVO zu addieren. Unter welchen Voraussetzungen eine derartige Unterordnung anzunehmen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Für eine betriebliche Einheit wird im Allgemeinen sprechen, dass die für die "Nebenbetriebe" in Anspruch genommenen Flächen deutlich hinter den Flächen des Hauptbetriebs zurückbleiben. Schließlich kann berücksichtigt werden, dass nach der Verkehrsanschauung aus der Sicht des Verbrauchers ein Randangebot als zum Hauptbetrieb zugehörig angesehen wird. Baulich gesondert nutzbare Betriebsflächen bilden somit dann eine betriebliche Einheit mit einem Hauptbetrieb, wenn auf ihnen lediglich ein diesen ergänzendes Angebot erbracht wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn nach der Verkehrsanschauung die kleinere Fläche ebenso in die Verkaufsfläche des größeren Betriebs einbezogen sein könnte (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 -, a.a.O.).
77 
(2) Ausgehend davon beträgt die Verkaufsfläche des Selbstbedienungs-Lebensmittelmarktes auf dem Baugrundstück nach den Berechnungen der Nutzflächen, die den am 29.06.2006 und am 17.01.2007 von der Beklagten genehmigten Bauanträgen beigefügt waren, mindestens 853,63 m2. Diese setzt sich zusammen aus 780,70 m2 Verkaufsraum/Kassenzone. Hinzu kommen 2 x 9,48 m2 = 18,96 m2 für die Ein- und Ausgänge. Ferner ist der 14,21 m2 große, von Kunden betretbare Windfang im angebauten Pfandraum anzurechnen. Denn diese Fläche ist geeignet, den Verkaufsvorgang bei typisierender Betrachtung zu fördern. Sie prägt damit in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und die Wettbewerbsfähigkeit des Lebensmittelmarktes ebenfalls. Schließlich ist der Verkaufsraum des in das Gebäude integrierten Backshops mit 39,76 m2 anzurechnen. Der Backshop ist zwar eine selbstständig nutzbare betriebliche Einheit. Er hat einen eigenen Eingang, eine eigene Toilette und einen eigenen Personalraum. Gleichwohl ist die Fläche seines Verkaufsraums nach den vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - (a.a.O.) entwickelten Maßstäben auf die Verkaufsfläche des Lebensmittelmarktes anzurechnen. Die Gesamtfläche des westlichen Gebäudeteils auf dem Baugrundstück wird durch den Lebensmittelmarkt als "Hauptbetrieb" geprägt. Auf den baulich abgetrennten, allerdings gemeinsam "überdachten" Flächen des in das Gebäude integrierten Backshops tritt zum Warenangebot des Lebensmittelmarktes als "Nebenleistung" ein Bäckereiangebot hinzu, das in einem inneren Zusammenhang mit der "Hauptleistung" steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt. Auch sind die für sie in Anspruch genommenen Flächen im Vergleich zur Fläche des Hauptbetriebs untergeordnet. Ferner bietet der Backshop ein gleichsam ausgelagertes untergeordnetes Ergänzungsangebot. Die Sortimente sind auf eine identische Zielgruppe hin orientiert und optimal aufeinander abgestimmt, da es sich jeweils um Waren des täglichen Bedarfs handelt. Das Sortiment des Backshops könnte ohne Weiteres in dem Lebensmittelmarkt der Klägerin angeboten werden, wie dies bei Lebensmittelmärkten auch in der Betriebsform Discounter inzwischen regelmäßig der Fall ist. Es entspricht nicht (mehr) den Marktgegebenheiten und der allgemeinen Verkehrsanschauung, dass in einem Lebensmittel-Discountmarkt grundsätzlich nur abgepackte, länger haltbare Backwaren erhältlich sind. Insbesondere ist es inzwischen nicht unüblich, dass auch in Lebensmittel-Discountmärkten neben abgepackten Backwaren auch frische Backwaren angeboten werden. Das Warenangebot des Backshops rundet somit das Sortiment des Lebensmittelmarktes der Klägerin ab. Den im Back-shop angebotenen Waren kommt im Hinblick auf das - sonstige - Sortiment des Lebensmittelmarktes nur eine untergeordnete Bedeutung zu und stellt sich als bloße Nebenleistung dar (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.05.2013 - 10 A 1144/11 - juris Rn. 34; ähnlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.01.2016 - 3 S 1167/15 -). Diese Bewertung widerspricht nicht dem Urteil des 8. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 25.11.2015 - 8 S 210/13 - (ZfBR 2016, 167, juris Rn. 26). Denn der dort entschiedene Fall betraf einen ca. 35 m vom Gebäude des Lebensmittelmarkts entfernten Backshop, war also anders als der in Rede stehende Backshop baulich nicht in das Gebäude des Lebensmittelmarktes integriert.
78 
Der Einwand der Klägerin, die Anrechnung der Verkaufsfläche des Backshops widerspreche den mit der Vertreterin der Klägerin am 01.06.2006 "besprochenen Vorgaben" zum damaligen Bauantrag, zwingt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Aus dem von der Klägerin insoweit in Bezug genommenen Aktenvermerk über die Dienstbesprechung am 01.06.2006 ergibt sich nicht, dass die darin festgehaltenen "Vorgaben", insbesondere über die Nichtanrechnung des Backshops auf die Verkaufsfläche des Lebensmittelmarkts, in irgendeiner Weise rechtlich verbindlich vereinbart worden sind. Der Sache nach gibt der Aktenvermerk lediglich eine Interpretation der Rechtslage wieder, die indes - wie dargelegt - nach den vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - (a.a.O.) entwickelten Maßstäben unzutreffend ist. Schließlich wurden die von der Beklagten erwähnten "Vorgaben" auch nicht in der am 29.06.2006 erteilten Baugenehmigung - als Inhalts- oder Nebenbestimmung - rechtsverbindlich konkretisiert. Ob noch ein "Putzabzug" von 1%, wie von der Beklagten im Anschluss an das Ergebnis der Dienstbesprechung vom 01.06.2006 ursprünglich angesetzt, berechtigt wäre oder ein solcher allenfalls im Umfang von 1 - 1,5 cm für drei Seiten des Verkaufsraumes gebilligt werden könnte (vgl. Senatsurteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 - VBlBW 2005, 67 <70>, juris Rn. 36; siehe ferner das Urteil des 3. Senats vom 10.07.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433 <437>, juris Rn. 32), kann dahinstehen. Selbst bei einem Abzug von 1% = 8,54 m2 blieben noch insgesamt 845,09 m2 Verkaufsfläche.
79 
(3) Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts, insbesondere durch Einnahme eines Augenscheins, ist nicht geboten. Die für die Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung maßgebenden Tatsachen in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung sind aus dem Inhalt der beigezogenen Akten und Lichtbilder, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie aufgrund der ergänzenden Angaben der Beteiligten hinreichend ermittelt.
80 
cc) Ausgehend von diesen Feststellungen entspricht die Eigenart der näheren Umgebung keinem der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebiete. Vielmehr handelt es sich um eine Gemengelage. Ein faktisches Gewerbegebiet (§ 8 BauNVO) scheidet wegen der beiden großflächigen Einzelhandelsbetriebe i.S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO aus. § 11 Abs. 3 BauNVO ist auch bei der Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB uneingeschränkt zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.2009 - 4 B 4.09 - juris Rn. 9). Ein faktisches sonstiges Sondergebiet (§ 11 Abs. 1 Bau-NVO) gibt es als solches nicht (BVerwG, Urteil vom 16.09.2010 - 4 C 7.10 - 2011, 436, juris). Sollte es rechtlich ausnahmsweise zulässig sein, ein faktisches Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel anzuerkennen (offen gelassen vom BVerwG im Urteil vom 16.09.2010, a.a.O. Rn. 16 m.w.N.), entspräche die Eigenart der näheren Umgebung wegen der zahlreichen vorhandenen andersartigen Gewerbebetriebe offenkundig auch diesem Gebietstyp nicht.
81 
b) Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die streitige Nutzungsänderung zulässig. Sie fügt sich nach der insoweit allein erheblichen Art der baulichen Nutzung in die Eigenart der maßgebenden (s.o.) näheren Umgebung ein. Denn ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb bleibt im Rahmen, wenn - wie hier - im Beurteilungsgebiet bereits ein derartiger Nutzungstyp vorhanden ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.05.1987 - 4 C 6.85 - und 4 C 7.84 C 7.85 - NVwZ 1987, 1078, juris Rn. 13). Anhaltspunkte dafür, dass die Nutzungsänderung gegen das im Gebot des Einfügens aufgehende Rücksichtnahmegebot (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 - BauR 1981, 354, juris Rn. 32) verstößt, etwa im Hinblick auf Immissionskonflikte, die ihre Ursache in einem vermehrten Besucher- oder Kundenverkehr haben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.04.2000 - 4 B 25.00 - BauR 2001, 212, juris Rn. 12), sind nicht ersichtlich und werden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. Ob das Vorhaben mit Zielen der Raumordnung über Einzelhandelsgroßprojekte im Landesentwicklungsplan 2002 oder im Regionalplan 2015 Nordschwarzwald vereinbar ist, ist für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht erheblich. Auch ist die Vermutungsregel des § 11 Abs. 3 Satz 3 und 4 BauNVO für die bauplanungsrechtliche Beurteilung großflächiger Einzelhandelsbetriebe im ungeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 und 3 BauGB weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar (BVerwG, Beschluss vom 12.02.2009 - 4 B 3.09 - NVwZ 2009, 779, juris Rn. 9).
82 
c) Von der Nutzungsänderung sind auch keine i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde der Beigeladenen oder in anderen Gemeinden zu erwarten.
83 
aa) Zentrale Versorgungsbereiche i. S. dieser Vorschrift sind räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzungen eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt. Maßgebend ist, ob der betreffende Bereich nach Lage, Art und Zweckbestimmung eine für die Versorgung der Bevölkerung in einem bestimmten Einzugsbereich zentrale Funktion hat. Der Begriff ist nicht geografisch im Sinne einer Innenstadtlage oder Ortsmitte, sondern funktional zu verstehen, setzt aber eine integrierte Lage voraus. Isolierte Standorte mit einzelnen Einzelhandelsbetrieben bilden keinen zentralen Versorgungsbereich, auch wenn sie über einen weiten Einzugsbereich verfügen und eine beachtliche Versorgungsfunktion erfüllen mögen. Ziele der Raumordnung können zur räumlichen Abgrenzung nicht herangezogen werden (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.12.2011 - 8 S 1438/09 - BauR 2012, 905, juris Rn. 34 und 42 f. m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 12.07.2012 - 4 B 13.12 - BauR 2012, 1760, juris Rn. 6). Die für einen zentralen Versorgungsbereich in ländlichen Gemeinden zumindest erforderliche Sicherstellung einer wohnortnahen Grundversorgung setzt ein Warenangebot voraus, das den kurzfristigen Bedarf und Teile des mittelfristigen Bedarfs abdeckt. Das Warenangebot zur Deckung des kurzfristigen Bedarfs muss aber nur die wesentlichen Bedürfnisse des täglichen Bedarfs befriedigen, insbesondere die Grundversorgung mit Lebensmitteln und Drogerieartikeln; ein Angebot von Waren aller Art ist insoweit nicht erforderlich (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.04.2012 - 8 S 198/11 - NVwZ-RR 2012, 588, juris Rn. 36).
84 
Schädliche Auswirkungen i.S. des § 34 Abs. 3 BauGB sind zu erwarten, wenn die Funktionsfähigkeit eines zentralen Versorgungsbereichs in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit gestört wird. Das ist der Fall, wenn der Versorgungsbereich seinen Auftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr substantiell wahrnehmen kann. Insoweit genügt die Erwartung "nachhaltiger" Auswirkungen, wenn dafür eine hinreichend gesicherte Tatsachenbasis besteht. Als Maßstab darf der zu erwartende vorhabenbedingte Kaufkraftabfluss herangezogen werden. Zu dessen Quantifizierung sind unterschiedliche Methoden anerkannt. Dazu gehören auch Marktgutachten. Sie sind eine taugliche Methode, um den voraussichtlichen Kaufkraftabfluss an Hand von branchenspezifischen Erfahrungswerten zur üblichen Flächenproduktivität zu prognostizieren. Daneben ist der Vergleich der Verkaufsfläche des Vorhabens mit der gesamten branchenspezifischen Verkaufsfläche im betroffenen zentralen Versorgungsbereich ein taugliches Hilfsmittel für die Prognose. Feste Prozentsätze, bei deren Unterschreiten stets von unschädlichen und bei deren Überschreiten immer von schädlichen Auswirkungen auszugehen ist, lassen sich aber insoweit nicht angeben. Der Prüfungsmaßstab fordert eine Gesamtbetrachtung aller städtebaulich relevanten Umstände (vgl. BVerwG, Urteile vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 - BVerwGE 129, 307, juris Rn. 24 und vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 und 4 C 2.08 - BVerwGE 136, 10 und 18, juris Rn. 7 ff. und 10 ff.; Beschlüsse vom 17.02.2009 - 4 B 4.09 - juris Rn. 9, und vom 12.01.2012 - 4 B 39.11 - BauR 2012, 760, juris Rn. 12 ff.).
85 
bb) Daran gemessen sind von dem Vorhaben der Klägerin keine schädlichen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Beigeladenen oder in einer anderen Gemeinde i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB zu erwarten.
86 
Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass die beabsichtigte Nutzungsänderung mit der Erweiterung der Verkaufsfläche des bereits derzeit großflächigen Lebensmittelmarktes um ca. 177 m2 schädliche Auswirkungen im vorbezeichneten Sinn deshalb haben könnte, weil sie die Funktionsfähigkeit eines zen-tralen Versorgungsbereichs der Beigeladenen hinsichtlich der betroffenen Branchen in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigen und damit stören würde, bestehen nicht. Weder die Beklagte noch die Beigeladene haben Tatsachen, die eine solche Schädlichkeitsprognose stützen könnten, dargetan. Dafür ist auch sonst nichts ersichtlich, insbesondere auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgelegten "Auswirkungsanalyse" der ... vom Dezember 2011. Die "Auswirkungsanalyse" geht von einem die Anforderungen nach § 34 Abs. 3 BauGB erfüllenden, räumlich abgrenzbaren zentralen Versorgungsbereichs in der Ortsmitte der Beigeladenen aus, stellt insoweit aber unter Berücksichtigung der durch das Vorhaben der Klägerin ausgelösten Kaufkraftbewegungen und zusätzlich generierten Umsatzleistung von nur ca. 0,9 Millionen Euro, davon ca. 0,7 Millionen Euro im Lebensmittelsektor und ca. 0,2 Millionen Euro im Nonfoodsektor, keine nachhaltigen Auswirkungen auf Einzelhandelsbetriebe in diesem zentralen Versorgungsbereich fest. Denn es gebe dort keinen Lebensmittelmarkt und die vorhandenen Bäcker und Metzger hätten andere Konzepte und z.T. auch andere Kundenzielgruppen; zwei Wettbewerber der Klägerin am Ort befänden sich außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs. Diese Annahmen und Schlussfolgerungen sind jedenfalls plausibel, soweit sie schädliche Auswirkungen i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB verneinen. Offen lassen kann der Senat daher, ob die Annahme eines die Anforderungen nach § 34 Abs. 3 BauGB erfüllenden, räumlich abgrenzbaren zentralen Versorgungsbereichs in der Ortsmitte der Beigeladenen - auch nach der Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch - gerechtfertigt ist.
87 
Schließlich sind auch Anhaltspunkte dafür, dass die Erweiterung der Verkaufsfläche um ca. 177 m2 die Funktionsfähigkeit eines zentralen Versorgungsbereichs in einer anderen Gemeinde hinsichtlich der betroffenen Branchen in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigen und damit stören würde, nicht erkennbar, insbesondere hat die Beklagte auch insoweit nichts eingewandt. Nach der "Auswirkungsanalyse" der ... vom Dezember 2011 geht der Großteil des zusätzlich generierten Umsatzes von 0,9 Millionen Euro zu Lasten verschiedener Wettbewerber der Klägerin in drei umliegenden Städten. Wegen der Geringfügigkeit des zusätzlichen Umsatzes und der Streuung auf eine Vielzahl konkurrierender Anbieter seien negativen Auswirkungen auf andere zentrale Versorgungsbereiche aber auszuschließen. Denn die Umverteilungsquote liege in allen Fällen unter 2%. Die diesbezüglichen Annahmen und Schlussfolgerungen sind ebenfalls plausibel, soweit sie schädliche Auswirkungen i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB verneinen. Der Senat kann daher auch insoweit offen lassen, ob und inwieweit in den genannten anderen Gemeinden zentrale Versorgungsbereiche vorhanden und betroffen sind.
88 
II. Anhaltspunkte dafür, dass dem Vorhaben bauordnungsrechtliche oder sonstige von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen könnten, sind von der Beklagten - auch auf ein ausdrückliches Ersuchen des Berichterstatters - nicht geltend gemacht worden. Für sie ist auch sonst nichts ersichtlich. Die Erweiterung der Gesamt-Verkaufsfläche löst zwar zusätzlichen Stellplatzbedarf aus (§ 37 Abs. 2 LBO). Die Klägerin hat mit dem Bauantrag aber einen Nachweis vorgelegt, wonach dieser zusätzliche Stellplatzbedarf durch vorhandene Stellplätze gedeckt wird. Die Beklagte hat die Richtigkeit dieser Berechnung nicht in Frage gestellt. Auch der Senat hat keine Zweifel an ihrer Richtigkeit. Abgesehen davon könnte der Nachweis der notwendigen Stellplätze auch zur - aufschiebenden - Bedingung (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 LVwVfG) einer Baugenehmigung gemacht werden (Senatsurteil vom 05.05.1994 - 5 S 2644/93 - VBlBW 1995, 29). Schließlich hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Senats bestätigt, dass sonstigen bauordnungsrechtlichen Anforderungen an das Vorhaben, etwa im Rahmen des Brandschutzes, durch Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung Rechnung getragen werden kann.
B.
89 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten der Klägerin für das Vorverfahren war vom Standpunkt einer verständigen Partei aus notwendig. Der Klägerin war es nach ihren Verhältnissen und wegen der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Sache nicht zuzumuten, das Vorverfahren selbst zu führen. Ein Anlass, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aus Gründen der Billigkeit für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO), besteht nicht, zumal die Beigeladene keinen Antrag gestellt und damit kein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
90 
Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor.
91 
Beschluss vom 10. Februar 2016
92 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.565 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG entsprechend der Wertfestsetzung im ersten Rechtszug in Anlehnung an die Empfehlung Nr. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs 2013, NVwZ 2013, Beilage 58).
93 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. März 2008 - 8 K 1640/07 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger erstrebt die Erteilung einer Baugenehmigung für eine bereits erstellte Doppelgarage in Grenznähe.
Mit Baugenehmigung des Landratsamts Tübingen vom 24.02.2003 war ihm neben einem Umbau der bestehenden Wohnhaushälfte der Neubau einer Doppelgarage auf seinem Grundstück Flst.Nr. ... der Gemarkung Gomaringen (... ... ...) genehmigt worden. Die Garage sollte in einem Abstand von 0,54 m zur südöstlichen Grundstücksgrenze zum Flst.Nr. ... (... ... ...) erstellt werden. Auf dieser Seite sollte sie eine Länge von 6,99 m, eine Höhe von 2,81 m und eine Wandfläche von 24,93 qm haben. Abweichend von diesen Maßen hat der Kläger im Jahre 2006 begonnen, das Bauwerk in einem Abstand zur Nachbargrenze von 0,65 m mit einer Länge von 7,49 m zuzüglich eines 1,68 m langen abgeschleppten Vordachs auf der Rückseite, einer Wandhöhe von 3 m bis 2,35 m im Bereich des Vordachs (von der Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt mit der Dachhaut), sowie einer Wandfläche von 36,43 qm (bzw. 30,82 qm ohne Vordachbereich) zu errichten. Auf Veranlassung des Landratsamts Tübingen hat er die Bauarbeiten eingestellt.
Ein den ins Werk gesetzten Maßen entsprechendes Baugesuch des Klägers vom 28.11.2006 lehnte das Landratsamt Tübingen mit Bescheid vom 05.06.2007 nach vorheriger Anhörung des Klägers ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass mit dem zur südlichen Nachbargrenze eingehaltenen Abstand von 0,65 m die erforderliche Abstandsflächentiefe von 2,50 m nach § 5 Abs. 7 und 8 LBO a.F. deutlich unterschritten werde. Ein Fall des § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. liege nicht vor, weil sowohl die zulässige Grenzbaulänge von 9 m als auch die Wandfläche von 25 qm überschritten werde. Selbst wenn man das Vordach außer Acht lasse, liege die Wandfläche mit 30,82 qm über dem zulässigen Maß. Die Voraussetzungen für eine Abweichung nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO a.F. seien nicht gegeben. Nachbarliche Belange würden erheblich beeinträchtigt. Diese Belange seien von der betroffenen Nachbarschaft auch geltend gemacht worden. Der vom Planverfasser des Klägers vertretenen Auffassung im Anschluss an den Kommentar von Sauter zur Landesbauordnung für Baden-Württemberg (3. Aufl., § 6 LBO RdNr. 48 d und Schaubild S. 10), wonach die Höchstmaße in dem Sinne „dynamisch“ gehandhabt werden könnten, dass, je weiter eine Garage von der Grenze zurückgesetzt werde, in einem 45-Grad-Winkel sowohl die Grenzbebauung als auch die Garagenhöhe über die festgelegten Maße hinaus erweitert werden könnten, folge das Landratsamt nicht. Der Gesetzeswortlaut sei eindeutig.
Hiergegen legte der Kläger mit Rechtsanwaltsschreiben vom 27.06.2007 Widerspruch ein mit der Begründung, dass nach der vom Landratsamt vertretenen Auffassung die gesetzliche Formulierung des § 6 Abs. 4 LBO a.F. völlig leerlaufen würde. Die Auslegung, dass bereits die Unterschreitung der nachbarschützenden Maße die erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange indiziere, entspreche nicht dem Wortlaut und auch nicht dem Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Bestimmung. Mit der Vorschrift hätten gerade erweiterte Möglichkeiten zur Abweichung von Abstandsvorschriften geschaffen werden sollen, indem auf die Einräumung von Ermessen und das Vorliegen eines atypischen Falles verzichtet worden sei. Dieser gesetzgeberische Gedanke würde ins Gegenteil verkehrt, wenn wieder nur in atypisch gelagerten Sonderfällen von nachbarschützenden Mindestabständen abgewichen werden dürfe. Da die Beleuchtung, Belüftung und der Brandschutz unproblematisch seien, sei nur zu prüfen, ob eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange vorliege. Diese könne aber nicht vorliegen, da die Wandfläche bei dem gegebenen Abstand von 0,65 m die sich unter Anlegung eines 45-Grad-Winkels nach beiden Seiten und nach oben ergebenden Maße nicht überschreite. Das Landratsamt weiche mit seiner Auslegung auch von der Handhabung durch andere Baurechtsbehörden ab.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2007 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Widerspruch zurück. Zur Begründung heißt es: Für die Auffassung der „dynamischen“ Anpassung werde ins Feld geführt, dass in Anwendung von § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO a.F. geringere Abstände dann zuzulassen seien, wenn nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt seien; dies liege vor, wenn bei wertender Betrachtung der Nachbar durch das grundsätzlich abstandsflächenwidrige Vorhaben tatsächlich nicht schlechter gestellt sei als bei der vergleichbaren Alternative, die die Abstandsflächenregelungen einhalte. Diese Ansicht lasse außer Acht, dass das Gesetz als Grundsatz die Einhaltung der Abstandsflächen bei Gebäuden vorsehe. Der Verzicht auf Abstandsflächen in Sonderfällen stelle eine Ausnahme dar. Ausnahmen seien aber eng auszulegen und dürften nicht durch Analogie oder durch eine „wertende Auslegung“ weiter ausgedehnt werden. Bereits das auf der Grundstücksgrenze zulässige Gebäude mit 9 m Länge und einem zulässigen Satteldach mit 45 Grad Dachneigung erreiche die Größe eines kleinen Wohngebäudes. Dies stelle für den Nachbarn regelmäßig eine erhebliche Beeinträchtigung seines Grundstücks dar, die ihm indessen nach dem Gesetz zugemutet werde. Angesichts dieser außerordentlich weitgehenden gesetzlichen Ausnahmeregelung bestehe keine Veranlassung, über die dort genannte Fallgruppe hinaus auf Abstandsflächen zu verzichten. Die Annahme, der Gesetzgeber habe die Wertung getroffen, bei Einhaltung eines 45-Grad-Winkels könnten keine erheblichen Beeinträchtigungen entstehen, finde nur für das Höchstmaß eine gewisse Stütze in § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO a.F., nicht jedoch für das Längenmaß und die Ansichtsfläche. Es sei zuzugestehen, dass derzeit verschiedene Auffassungen bei den Baurechtsbehörden bestünden. Das Regierungspräsidium Freiburg vertrete die Auffassung, die „dynamische“ Anwendung sei auf das Höhenmaß zu beschränken.
Am 04.10.2007 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat sein Vorbringen wiederholt und unter Bezugnahme auf die Kommentierung von Sauter vertieft, dass bei Einhaltung des 45-Grad-Winkels nach der Wertung des Gesetzgebers keine Beeinträchtigung für die Beleuchtung und Belüftung des benachbarten Grundstücks entstehen könne; dies ergebe sich aus den Regelungen in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO a.F. (Anrechnung von Dächern auf die Wandhöhe) und in § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO a.F. (Gelände vor notwendigen Fenstern von Aufenthaltsräumen, deren Fußboden unter der Geländeoberfläche liege). Er hat beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihm unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ergänzend ausgeführt: Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg führe eine Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächentiefe regelmäßig zu einer erheblichen, vom betroffenen Nachbarn nicht hinzunehmenden Beeinträchtigung, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig sei. Die vorhandene Situation sei nicht durch Besonderheiten gekennzeichnet, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich minderten oder weniger schutzwürdig erscheinen ließen.
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Klage mit Urteil vom 27.03.2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt: Die nach § 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 LBO a.F. erforderliche Tiefe der Abstandsfläche werde von dem Bauvorhaben nicht eingehalten. Es liege auch kein Sonderfall nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. vor, und das Bauvorhaben sei auch nicht nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO a.F. zuzulassen. Bei der danach vorzunehmenden Prüfung, ob nachbarliche Belange erheblich beeinträchtigt seien, sei von der gesetzgeberischen Wertung auszugehen, dass eine den nachbarschützenden Teil unterschreitende Abstandsflächentiefe regelmäßig eine erhebliche, vom betroffenen Nachbarn nicht hinzunehmende Beeinträchtigung darstelle, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig sei. Für eine vom Regelfall abweichende Beurteilung müssten auf dem Nachbargrundstück besondere Umstände vorliegen. So könne die vorhandene Situation durch bestimmte Besonderheiten gekennzeichnet sein, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandstiefe deutlich minderten oder als weniger schutzwürdig erscheinen ließen. Dass im vorliegenden Fall eine derartige besondere Situation vorliege, sei weder von den Beteiligten vorgetragen worden, noch sei Derartiges den vorgelegten Unterlagen zu entnehmen. Der Auffassung der Klägerseite, die sich auf eine „dynamische“ Handhabung der Höchstmaße nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. berufe, sei nicht zu folgen. Nach dieser Auffassung könnten in einem 45-Grad-Winkel sowohl die Grenzbaulänge als auch die Garagenhöhe über die gesetzlich festgesetzten Maße hinaus erweitert werden. Diese Vorgehensweise widerspreche jedoch dem Gesetzeswortlaut. Zwar sei zuzugeben, dass die Höchstmaße in § 6 Abs. 1 LBO a.F. typisierend festgelegt worden seien und es sich bei der vorgeschlagenen „dynamischen“ Handhabung ebenfalls um eine typisierende Festlegung handeln würde. Der Gesetzgeber habe sich jedoch für eine Regelung von bestimmten Höchstgrenzen entschieden und habe keine Regelung im Verhältnis zum Abstand von der Grundstücksgrenze gewählt. Die klägerische Auffassung würde auch zu Problemen bei der Anpassung der zulässigen Wandhöhe an die jeweilige Entfernung von der Grundstücksgrenze führen. Gegen eine „dynamische“ Auslegung der Regelungen in § 6 Abs. 1 LBO a.F. spreche schließlich auch die Praktikabilität. Festgesetzte Höchstmaße führten zu rechtlicher Klarheit, freilich auch zu Lasten einer größeren Einzelfallgerechtigkeit. Schließlich habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Befreiung von den nachbarschützenden Abstandsvorschriften nach § 56 Abs. 1 LBO a.F., da eine offenbar nicht beabsichtigte Härte nicht vorliege.
Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung legt der Kläger dar: Es gehe allein um die Frage, ob mit der Abstandstiefe von 0,65 m die Abstandsfläche zum südöstlichen Nachbargrundstück gewahrt sei. Zwar überschreite die Doppelgarage die in § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. festgesetzten Höchstgrenzen. Diese gälten aber nur für den Extremfall einer Garage, die unmittelbar an der Grenze stünde. Eine an Sinn und Zweck des Abstandsflächenrechts, insbesondere an dem in § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. zum Ausdruck kommenden Gesetzeszweck orientierte Auslegung der Vorschrift ergebe, dass die Höchstmaße dynamisch fortzuschreiben seien, wie es Sauter in seinem Kommentar zur LBO (a.a.O.) darstelle. Je weiter das Bauwerk von der Grundstücksgrenze entfernt sei, desto größer könne die der Nachbargrenze zugewandte Außenwand ausfallen, ohne dass deshalb die Beeinträchtigung größer werde. Dabei müsse die Wandgröße jedoch im Verhältnis sowohl zum Grenzabstand, als auch zur Größe der Wand eines Grenzbaus nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. stehen. Davon könne ausgegangen werden, wenn die grenznahe Wand unter einem Winkel von jeweils höchstens 45 Grad nach oben und nach beiden Seiten zunehme. Werde dieser Winkel eingehalten, könne nach der Wertung des Gesetzgebers keine Beeinträchtigung für die Beleuchtung und Belüftung benachbarter Grundstücke entstehen. Im Zusammenspiel mit § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F., aus dem sich der Gesetzeszweck der Abstandsregelung beispielhaft ergebe, komme es für eine Privilegierung auf eine ausreichende Beleuchtung und Belüftung des Nachbargrundstücks sowie darauf an, dass keine erhebliche Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange gegeben sei. Für die Rechtsfrage, ab welchem Grad nicht nur eine Beeinträchtigung, sondern eine in diesem Sinne erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen anzunehmen sei, sei bei dieser „dynamischen“ Handhabung der Vorschrift in seinem Fall eine Erheblichkeit nicht anzunehmen, weil eine ausreichende Belüftung und Beleuchtung gewährleistet sei. Das danach im Wege der Fortschreibung ermittelte zulässige Maß sei mit dem Bauvorhaben unstreitig eingehalten. Die vom Verwaltungsgericht erhobenen Praktikabilitätsbedenken griffen nicht durch. Die Vorschrift könne nach Maßgabe des Schaubilds Nr. 7 bei Sauter (a.a.O.) einfach und praktikabel angewandt werden. Eine zusätzliche Verschattung des nachbarlichen Grundstücks werde durch die Garage nicht hervorgerufen, weil ein auf dem Nachbargrundstück an der Grundstücksgrenze errichteter Schuppen, das Wohngebäude auf diesem Nachbargrundstück und die unmittelbar anschließend gepflanzten großen Laubbäume ihrerseits das Grundstück des Klägers in diesem Bereich verschatteten. Die Konstruktion des Garagengebäudes sei bewusst so gewählt worden, dass eine weitere Verschattung des Nachbargrundstücks nicht hervorgerufen werden könne. Auch aus diesen Gründen fehle es an der erheblichen Beeinträchtigung nachbarlicher Belange.
10 
Er beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. März 2008 - 8 K 1640/07 - zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Tübingen vom 5. Juni 2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 17.September 2007 zu verpflichten, ihm die am 28. November 2006 beantragte Baugenehmigung für eine Doppelgarage zu erteilen.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er trägt ergänzend vor: § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. sehe keinesfalls nur den Fall vor, bei dem Gebäude unmittelbar an die Grenze gebaut würden. Die Festlegung, dass Abstandsflächen nicht erforderlich seien, eröffne dem Bauherrn vielmehr die Möglichkeit, sein Gebäude unter Beachtung der Schmutzwinkelregelung nach § 6 Abs. 2 LBO a.F. in einem Rahmen zu errichten, der von unmittelbarem Grenzbau bis zur Einhaltung der vollen Abstandsflächentiefe oder darüber hinausreiche.
15 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Landratsamts Tübingen und des Regierungspräsidiums Tübingen vor. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die - ebenfalls zulässige - Verpflichtungsklage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch nach § 58 Abs. 1 LBO auf Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung, weil das Vorhaben nicht die bauordnungsrechtlich erforderliche Abstandsflächentiefe einhält. Die Ablehnung der Baugenehmigung verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Vorhabens ist die Landesbauordnung vom 08.08.1995 (GBl. S. 17) in der seit dem 01.03.2010 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes der Landesbauordnung vom 10.11.2009 (GBl. S. 615 ff. - LBO 2010 -). Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Verpflichtungsklage eines Bauherren auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG findet eine sog. „Günstigerprüfung“ nicht statt, da nur eine erteilte Baugenehmigung dem Bauherrn eine (relativ) gesicherte eigentumsrechtliche Position vermittelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.10.1980 - 4 C 3.78 -, BVerwGE 61, 128 <134>). Mangels Überleitungsvorschriften finden die geänderten Bestimmungen der Landesbauordnung mit ihrem Inkrafttreten am 01.03.2010 Anwendung.
18 
Gemäß § 58 Abs. 1 LBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.
19 
Die geplante Garage ist zwar auch nach der Änderung der Landesbauordnung weiterhin genehmigungspflichtig (§§ 49, 50 Abs. 1 LBO 2010). Sie ist nicht nach Nr. 1 b des Anhangs zu § 50 Abs. 1 LBO 2010 verfahrensfrei, da ihre Grundfläche über 30 qm (ca. 45 qm ohne Vordachbereich) beträgt.
20 
Dem Bauvorhaben steht aber die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 i.V.m. Abs. 7 Satz 2 LBO 2010 entgegen, da es die danach erforderliche Abstandsflächentiefe von 2,50 m unterschreitet.
21 
Es kann entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht als Sonderfall nach § 6 LBO Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 (entspricht § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F.) zugelassen werden. Dass die danach einzuhaltende Wandhöhe von 3 m und die Wandfläche von 25 qm überschritten sind, hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil im Rahmen des § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO (a.F.) zutreffend dargelegt und wird vom Kläger auch nicht in Frage gestellt. Er ist indessen der Auffassung, dass ein Sonderfall bei richtiger Auslegung der Vorschrift gleichwohl vorliege. Er macht der Sache nach geltend, dass es sich bei den in der Vorschrift genannten Maßen nicht um die absoluten Höchstmaße für eine abstandsflächenrechtliche Privilegierung einer baulichen Anlage unmittelbar an der Grenze, sondern um relative Maße handle, die mit zunehmendem Abstand des Gebäudes oder der baulichen Anlage von einer Nachbargrenze in einer bestimmten Weise dynamisch fortzuschreiben seien. Die Maße gälten nur für den Extremfall einer Garage, die unmittelbar an der Grenze stehe, nicht jedoch für den Fall, dass die Garage von der Grenze abgerückt werden solle. Er stützt sich zur Begründung seiner Auffassung auf die Kommentierung von Sauter (a.a.O.) zu § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO (a.F.), der eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange im Sinne dieser Vorschrift dann verneint, wenn die grenznahe Wand unter einem Winkel von jeweils höchstens 45 Grad nach oben und nach beiden Seiten zunehme. Werde dieser Winkel eingehalten, könne nach der Bewertung des Gesetzgebers keine Beeinträchtigung für die Beleuchtung und Belüftung benachbarter Gebäude entstehen; dies ergebe sich aus den Regelungen in § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 LBO (Anrechnung von Dächern auf die Wandhöhe) und in § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO (Gelände vor notwendigen Fenstern von Aufenthaltsräumen, deren Fußboden unter der Geländeoberfläche liegt). Der Kläger übersieht aber, dass sich die Kommentierung nicht auf Abs. 1, sondern auf Abs. 4 des § 6 LBO bezieht. Für eine „Dynamisierung“ der Maße des § 6 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F. und des ihn ersetzenden § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 gibt sie nichts her.
22 
Ein solcher Inhalt kann den Vorschriften auch nicht entnommen werden. Die Höchstmaße für die Wandhöhe und die Wandfläche nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 bzw. § 6 Abs. 1 Satz 1 LBO a. F. gelten auch, wenn mit einem der in diesen Vorschriften genannten Gebäude eine Abstandsfläche eingehalten wird. Sie sind in einem solchen Fall nicht im Verhältnis zur konkreten Abstandsflächentiefe relativierbar. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut sehen sie gerade nicht nur den Fall vor, dass Gebäude bzw. bauliche Anlagen unmittelbar an die Grenze gebaut werden. Die alte und neue Fassung der Vorschrift lassen vielmehr die Erforderlichkeit von Abstandsflächen entfallen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F.: „Abstandsflächen sind nicht erforderlich...“; § 6 Abs. 1 Satz 1 LBO 2010: „In den Abstandsflächen baulicher Anlagen sowie ohne eigene Abstandsflächen sind zulässig...“), wenn die Anlagen die dort genannten Höchstmaße einhalten mit der Folge, dass es dem Bauherren freisteht, ein Bauwerk (unter Einhaltung der Schmutzwinkelregelung nach § 6 Abs. 2 LBO) unmittelbar an der Grenze oder mit Grenzabstand zu errichten, der bis zur Einhaltung der vollen Abstandsflächentiefe oder darüber hinaus reicht. Einer Relativierung der Maße im Verhältnis zur Tiefe einer zu einer Grenze eingehaltenen Abstandsfläche stehen nicht nur der insoweit eindeutige Wortlaut, sondern auch der Charakter der Vorschrift als eng auszulegende Ausnahme von dem in § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO 2010 geregelten Grundsatz, dass Abstandsflächen einzuhalten sind, entgegen.
23 
Der Senat sieht aber auch die Voraussetzungen für eine Zulassung des Vorhabens nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010, der § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. entspricht, nicht als erfüllt an. Danach sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (vgl. hierzu Beschlüsse vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - BauR 1997, 92, und vom 24.01.2006 - 8 S 638/05 -, BauR 2006, 880 m.w.N. sowie die Nachweise im angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts) war zur Auslegung des Begriffs der erheblichen Beeinträchtigungen im Sinne des § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO a.F. i.V.m. den bisherigen abstandsrechtlichen Bestimmungen in §§ 5 und 6 LBO a.F. von Folgendem auszugehen: Die Abstandsflächenvorschriften waren nicht in vollem Umfang, sondern nur in einem gesetzlich genau festgelegten Maß nachbarschützend. Mit dieser Beschränkung des Nachbarschutzes auf ein bestimmtes Maß der Abstandsflächentiefe bestimmte der Gesetzgeber zugleich die Grenzen dessen, was einem Grundstückseigentümer durch die Bebauung eines Nachbargrundstücks in Bezug auf die damit verbundene Beeinträchtigung der Besonnung, Belichtung und Belüftung seines eigenen Grundstücks (noch) zugemutet werden kann. Eine Unterschreitung dieses Maßes stellte damit grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. erhebliche Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß dieser Unterschreitung ankam. Dafür sprach auch, dass die Abstandsvorschriften andernfalls durch § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. in einer Weise relativiert wurden, die die Frage nach dem Sinn der ganzen komplizierten Berechnungsvorschriften aufgeworfen hätte. Angesichts des umfangreichen Katalogs von Einschränkungen und Vergünstigungen zu Gunsten des Bauherrn in § 5 LBO a.F. bestand auch mit Rücksicht auf seine Interessen kein Grund zu einer solchen Aufweichung der Abstandsvorschriften. Allein mit dem Hinweis darauf, dass der nachbarschützende Teil der Abstandsflächentiefe nur geringfügig unterschritten wird, konnte daher das Fehlen einer erheblichen Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange nicht begründet werden. Voraussetzung hierfür war vielmehr generell, dass die vorhandene Situation durch bestimmte Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächentiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen.
24 
Die dieser Rechtsprechung zugrunde liegende gesetzgeberische Wertung hat sich durch die Neuregelung der Abstandsflächentiefen in §§ 5 und 6 LBO 2010 jedenfalls insoweit nicht geändert, als es um die Unterschreitung des Mindestabstands von 2,50 m nach § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO 2010 geht. Die Neuregelung unterscheidet zwar nicht mehr zwischen einem nachbarschützenden und einem nicht nachbarschützenden Teil der Abstandsflächentiefen. Abstandsflächen sind, auch bei Wänden mit einer Länge von über 16 m (vgl. § 5 Abs. 8 LBO a.F.) nur noch in Höhe des bisherigen nachbarschützenden Teils der Abstandstiefen einzuhalten. Dies bedeutet für die Zulassung geringerer als der vorgeschriebenen Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010, dass diese Zulassung nunmehr in jedem Fall voraussetzt, dass nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden (vgl. LT-Drs. 14/5013 S. 40). Ob der Umstand, dass es nur noch nachbarschützende Abstandsflächen gibt, deshalb Veranlassung bietet, die Rechtsprechung zum Begriff der erheblichen Beeinträchtigung grundsätzlich zu überdenken, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn durch die Neuregelung der Abstandsflächentiefen hat sich jedenfalls an der in §§ 5 und 6 LBO zum Ausdruck kommenden normativen Wertung insoweit nichts geändert, als es um die Mindesttiefe der Abstandsfläche von 2,50 m geht, den das Vorhaben des Klägers unterschreitet. Die Mindesttiefe der Abstandsfläche nach § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO 2010 gehört nach wie vor zum unverzichtbaren Kernbestand des Nachbarschutzes mit Blick auf Beeinträchtigungen der Besonnung, Belichtung und Belüftung eines Grundstücks durch eine Bebauung des Nachbargrundstücks. Daher ist auch nach dem Wegfall des nicht nachbarschützenden Teils der Abstandsflächentiefe durch das Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung vom 17.11.2009 (GBl. S. 615) nach der in §§ 5, 6 LBO zum Ausdruck kommenden normativen Wertung davon auszugehen, dass jedenfalls bei einer Unterschreitung der nach § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO gebotenen Mindesttiefe der Abstandsfläche nachbarliche Belange i. S. des § 6 Abs. 3 Nr. 2 LBO erheblich beeinträchtigt werden, es sei denn, die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück wird durch tatsächliche oder rechtliche Besonderheiten im Verhältnis zum Bauvorhaben gekennzeichnet, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung der Mindestabstandsflächentiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs zur bisherigen Rechtslage; vgl. Urteile vom 06.06.2008 - 8 S 18/07 -, VBlBW 2008, 483; vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - VBlBW 2009, 65; vom 10.10.2002 - 5 S 1655/01 -, BauR 2003, 1201 und vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 - Juris), insbesondere den Abstandsflächenvorschriften selbst sich entnehmen lässt, dass der Gesetzgeber die konkrete Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks für zumutbar hält (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.01.2010 - 8 S 1977/09 - Juris und Urteil vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - a.a.O.).
25 
Solche Besonderheiten lassen sich im vorliegenden Fall aber nicht feststellen. Der Kläger beruft sich der Sache nach auf Besonderheiten, die sich aus den Abstandsflächenvorschriften selbst ergeben, indem er unter Berufung auf die Kommentierung von Sauter (a.a.O.) geltend macht, dass die der Nachbargrenze zugewandte Außenwand umso größer ausfallen könne, je weiter das Bauwerk von der Grundstücksgrenze entfernt sei, ohne dass deshalb die Beeinträchtigung größer werde, und dass dies der Fall sei, wenn die grenznahe Wand unter einem Winkel von jeweils höchstens 45 Grad nach oben und nach beiden Seiten zunehme und bei dieser „dynamischen“ Handhabung des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 (der § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr.2 LBO a. F. entspricht) nach der in § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO 2010 und § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO 2010 zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers keine weitergehende Beeinträchtigung für die Beleuchtung und Belüftung benachbarter Grundstücke entstehen könne.
26 
Der Umstand, dass ein Gebäude i. S. des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO mit eigener Abstandsfläche und einer die Höchstmaße nach dieser Vorschrift überschreitenden Grenzwand errichtet wird, deren Größe in Relation zu den Höchstmaßen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO unter einem Winkel von höchstens 45 Grad nach oben und nach beiden Seiten steht, ist keine Besonderheit im vorgenannten Sinne, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung der Mindestabstandsflächentiefe deutlich mindert oder als weniger schutzwürdig erscheinen lässt. Die normativen Wertungen der Abstandsflächenvorschriften weisen nicht darauf hin, dass der Gesetzgeber im Falle grenznaher baulicher Anlagen die vom Kläger und bei Sauter (a.a.O.) beschriebene „dynamische“ Vergrößerung der Wandfläche in Abhängigkeit von der Tiefe der eingehaltenen Abstandsfläche für zumutbar hielte. Zwar werden nach § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO 2010, der auch für die Berechnung der zulässigen Wandhöhe einer abstandsflächenfreien baulichen Anlage (von bis zu 3 m) nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO 2010 gilt, auf die Wandhöhe die Höhe von Dächern und Dachaufbauten mit einer Neigung von bis zu 45 Grad nicht angerechnet. Daraus lässt sich aber kein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Inhalts ableiten, dass der Gesetzgeber Beeinträchtigungen im Hinblick auf die Belichtung und Belüftung eines Nachbargrundstücks durch eine bauliche Anlage bei Einhaltung eines 45-Grad-Winkels zum Nachbargrundstück generell für zumutbar hält. Eine solche Wertung lässt zunächst schon, worauf das Regierungspräsidium im angefochtenen Widerspruchsbescheid bereits hingewiesen hat, außer Acht, dass das Gesetz als Grundsatz die Einhaltung der Abstandsflächen bei Gebäuden und baulichen Anlagen vorsieht, der Verzicht auf Abstandsflächen in Sonderfällen eine Ausnahme darstellt, Ausnahmen aber eng auszulegen sind und nicht durch eine „wertende Auslegung“ weiter ausgedehnt werden dürfen. Zudem trifft die der Argumentation des Klägers zugrunde liegende Annahme nicht zu, dass der Nachbar bei wertender Betrachtungsweise durch das abstandsflächenwidrige Vorhaben tatsächlich nicht schlechter gestellt sei als bei der vergleichbaren Alternative, die die Abstandsflächenregelung einhalte. Die Regelung des § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO 2010 über die Anrechnung von Dächern oder Dachaufbauten mit einer Neigung von mehr als 45 Grad auf die Wandhöhe betrifft nicht in erster Linie Grenzbauten oder grenznahe Bauten, sondern abstandsflächenpflichtige Gebäude oder bauliche Anlagen und damit gänzlich andere Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks. Zum anderen ist mit der Vorschrift nur die Höhenausdehnung angesprochen. Sie ermöglicht nicht auch eine Erweiterung der auf 9 m begrenzten Bebauung entlang den einzelnen Nachbargrenzen nach § 6 Abs. 1 Satz 3 LBO 2010. Diese Begrenzung wirkt vielmehr gerade als Korrektiv für die ausnahmsweise zugelassene Grenzbebauung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - a.a.O.).
27 
Auch eine vergleichende Bezugnahme auf die in § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO (alte wie neue Fassung) zum Ausdruck kommende Wertung hilft nicht weiter. Diese Vorschrift, nach der Aufenthaltsräume, deren Fußboden unter der Geländeoberfläche liegt, nur zulässig sind, wenn das Gelände mit einer Neigung von höchstens 45 Grad an die Außenwände vor notwendigen Fenstern anschließt, regelt nicht das nachbarliche Austauschverhältnis, sondern die Mindestanforderungen an die Eignung eines Aufenthaltsraums (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - a.a.O.).
28 
Sonstige rechtliche Besonderheiten (etwa eine rechtliche Vorbelastung des Nachbargrundstücks [vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.01.2010 - 8 S 1977/09 - Juris]) stehen nicht in Rede.
29 
Auch bauordnungsrechtlich bedeutsame tatsächliche Besonderheiten (etwa eine unterschiedliche Höhenlage beider Grundstücke, ein besonderer Grundstückszuschnitt des Nachbargrundstücks oder ein bereits vorhandener Grenzbau (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.06.2003 - 3 S 938/05 -, BauR 2003, 1549) liegen nicht vor.
30 
Soweit der Kläger geltend macht, dass es an einer erheblichen Beeinträchtigung auch deshalb fehle, weil das Nachbargrundstück durch Gebäude und Bäume auf diesem Grundstück verschattet werde und deshalb durch das Bauvorhaben eine weitere Verschattung des Nachbargrundstücks nicht hervorgerufen werden könne, braucht der Richtigkeit dieses Vorbringens insoweit nicht weiter nachgegangen zu werden, als eine Verschattung durch Bäume geltend gemacht wird. Denn dies ist keine Besonderheit, die eine erhebliche Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 ausschließen könnte. Die Bepflanzung eines Grundstücks gehört nicht zu den bauordnungsrechtlich relevanten Besonderheiten, durch die ein Grundstück geprägt sein kann. Aber auch der auf dem Nachbargrundstück an der Grenze zum Grundstück des Klägers stehende Schuppen, der seinerseits das Grundstück des Klägers von Süden verschattet, stellt keine grundstücksbezogene Besonderheit dar, die die Schutzwürdigkeit des Nachbargrundstücks mindern würde. Denn er liegt nicht, auch nicht teilweise, auf gleicher Höhe wie die zur Genehmigung gestellte Garage, lässt also nicht, wie bei einer Doppelhaushälfte, eine Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks durch das Bauvorhaben in Bezug auf die mit den Abstandsflächenvorschriften geschützten Belange entfallen. Einen Anspruch auf einen Ausgleich für Nachteile, die einem Grundstück durch eine von den Abstandsflächenvorschriften nicht gedeckte Grenzbebauung entstehen, durch Zulassung einer ebenfalls nicht von den Abstandsflächenvorschriften gedeckten Grenzbebauung oder grenznahen Bebauung auf dem dadurch belasteten Grundstück, etwa in Form einer „Saldierung“ der die Abstandsflächentiefen jeweils überschreitenden Maße, gibt die Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 nicht her.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
32 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
33 
Beschluss vom 30. März 2010
34 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
35 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die - ebenfalls zulässige - Verpflichtungsklage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch nach § 58 Abs. 1 LBO auf Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung, weil das Vorhaben nicht die bauordnungsrechtlich erforderliche Abstandsflächentiefe einhält. Die Ablehnung der Baugenehmigung verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Vorhabens ist die Landesbauordnung vom 08.08.1995 (GBl. S. 17) in der seit dem 01.03.2010 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes der Landesbauordnung vom 10.11.2009 (GBl. S. 615 ff. - LBO 2010 -). Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Verpflichtungsklage eines Bauherren auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG findet eine sog. „Günstigerprüfung“ nicht statt, da nur eine erteilte Baugenehmigung dem Bauherrn eine (relativ) gesicherte eigentumsrechtliche Position vermittelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.10.1980 - 4 C 3.78 -, BVerwGE 61, 128 <134>). Mangels Überleitungsvorschriften finden die geänderten Bestimmungen der Landesbauordnung mit ihrem Inkrafttreten am 01.03.2010 Anwendung.
18 
Gemäß § 58 Abs. 1 LBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.
19 
Die geplante Garage ist zwar auch nach der Änderung der Landesbauordnung weiterhin genehmigungspflichtig (§§ 49, 50 Abs. 1 LBO 2010). Sie ist nicht nach Nr. 1 b des Anhangs zu § 50 Abs. 1 LBO 2010 verfahrensfrei, da ihre Grundfläche über 30 qm (ca. 45 qm ohne Vordachbereich) beträgt.
20 
Dem Bauvorhaben steht aber die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 i.V.m. Abs. 7 Satz 2 LBO 2010 entgegen, da es die danach erforderliche Abstandsflächentiefe von 2,50 m unterschreitet.
21 
Es kann entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht als Sonderfall nach § 6 LBO Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 (entspricht § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F.) zugelassen werden. Dass die danach einzuhaltende Wandhöhe von 3 m und die Wandfläche von 25 qm überschritten sind, hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil im Rahmen des § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO (a.F.) zutreffend dargelegt und wird vom Kläger auch nicht in Frage gestellt. Er ist indessen der Auffassung, dass ein Sonderfall bei richtiger Auslegung der Vorschrift gleichwohl vorliege. Er macht der Sache nach geltend, dass es sich bei den in der Vorschrift genannten Maßen nicht um die absoluten Höchstmaße für eine abstandsflächenrechtliche Privilegierung einer baulichen Anlage unmittelbar an der Grenze, sondern um relative Maße handle, die mit zunehmendem Abstand des Gebäudes oder der baulichen Anlage von einer Nachbargrenze in einer bestimmten Weise dynamisch fortzuschreiben seien. Die Maße gälten nur für den Extremfall einer Garage, die unmittelbar an der Grenze stehe, nicht jedoch für den Fall, dass die Garage von der Grenze abgerückt werden solle. Er stützt sich zur Begründung seiner Auffassung auf die Kommentierung von Sauter (a.a.O.) zu § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO (a.F.), der eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange im Sinne dieser Vorschrift dann verneint, wenn die grenznahe Wand unter einem Winkel von jeweils höchstens 45 Grad nach oben und nach beiden Seiten zunehme. Werde dieser Winkel eingehalten, könne nach der Bewertung des Gesetzgebers keine Beeinträchtigung für die Beleuchtung und Belüftung benachbarter Gebäude entstehen; dies ergebe sich aus den Regelungen in § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 LBO (Anrechnung von Dächern auf die Wandhöhe) und in § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO (Gelände vor notwendigen Fenstern von Aufenthaltsräumen, deren Fußboden unter der Geländeoberfläche liegt). Der Kläger übersieht aber, dass sich die Kommentierung nicht auf Abs. 1, sondern auf Abs. 4 des § 6 LBO bezieht. Für eine „Dynamisierung“ der Maße des § 6 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F. und des ihn ersetzenden § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 gibt sie nichts her.
22 
Ein solcher Inhalt kann den Vorschriften auch nicht entnommen werden. Die Höchstmaße für die Wandhöhe und die Wandfläche nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 bzw. § 6 Abs. 1 Satz 1 LBO a. F. gelten auch, wenn mit einem der in diesen Vorschriften genannten Gebäude eine Abstandsfläche eingehalten wird. Sie sind in einem solchen Fall nicht im Verhältnis zur konkreten Abstandsflächentiefe relativierbar. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut sehen sie gerade nicht nur den Fall vor, dass Gebäude bzw. bauliche Anlagen unmittelbar an die Grenze gebaut werden. Die alte und neue Fassung der Vorschrift lassen vielmehr die Erforderlichkeit von Abstandsflächen entfallen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F.: „Abstandsflächen sind nicht erforderlich...“; § 6 Abs. 1 Satz 1 LBO 2010: „In den Abstandsflächen baulicher Anlagen sowie ohne eigene Abstandsflächen sind zulässig...“), wenn die Anlagen die dort genannten Höchstmaße einhalten mit der Folge, dass es dem Bauherren freisteht, ein Bauwerk (unter Einhaltung der Schmutzwinkelregelung nach § 6 Abs. 2 LBO) unmittelbar an der Grenze oder mit Grenzabstand zu errichten, der bis zur Einhaltung der vollen Abstandsflächentiefe oder darüber hinaus reicht. Einer Relativierung der Maße im Verhältnis zur Tiefe einer zu einer Grenze eingehaltenen Abstandsfläche stehen nicht nur der insoweit eindeutige Wortlaut, sondern auch der Charakter der Vorschrift als eng auszulegende Ausnahme von dem in § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO 2010 geregelten Grundsatz, dass Abstandsflächen einzuhalten sind, entgegen.
23 
Der Senat sieht aber auch die Voraussetzungen für eine Zulassung des Vorhabens nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010, der § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. entspricht, nicht als erfüllt an. Danach sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (vgl. hierzu Beschlüsse vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - BauR 1997, 92, und vom 24.01.2006 - 8 S 638/05 -, BauR 2006, 880 m.w.N. sowie die Nachweise im angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts) war zur Auslegung des Begriffs der erheblichen Beeinträchtigungen im Sinne des § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO a.F. i.V.m. den bisherigen abstandsrechtlichen Bestimmungen in §§ 5 und 6 LBO a.F. von Folgendem auszugehen: Die Abstandsflächenvorschriften waren nicht in vollem Umfang, sondern nur in einem gesetzlich genau festgelegten Maß nachbarschützend. Mit dieser Beschränkung des Nachbarschutzes auf ein bestimmtes Maß der Abstandsflächentiefe bestimmte der Gesetzgeber zugleich die Grenzen dessen, was einem Grundstückseigentümer durch die Bebauung eines Nachbargrundstücks in Bezug auf die damit verbundene Beeinträchtigung der Besonnung, Belichtung und Belüftung seines eigenen Grundstücks (noch) zugemutet werden kann. Eine Unterschreitung dieses Maßes stellte damit grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. erhebliche Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß dieser Unterschreitung ankam. Dafür sprach auch, dass die Abstandsvorschriften andernfalls durch § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. in einer Weise relativiert wurden, die die Frage nach dem Sinn der ganzen komplizierten Berechnungsvorschriften aufgeworfen hätte. Angesichts des umfangreichen Katalogs von Einschränkungen und Vergünstigungen zu Gunsten des Bauherrn in § 5 LBO a.F. bestand auch mit Rücksicht auf seine Interessen kein Grund zu einer solchen Aufweichung der Abstandsvorschriften. Allein mit dem Hinweis darauf, dass der nachbarschützende Teil der Abstandsflächentiefe nur geringfügig unterschritten wird, konnte daher das Fehlen einer erheblichen Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange nicht begründet werden. Voraussetzung hierfür war vielmehr generell, dass die vorhandene Situation durch bestimmte Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächentiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen.
24 
Die dieser Rechtsprechung zugrunde liegende gesetzgeberische Wertung hat sich durch die Neuregelung der Abstandsflächentiefen in §§ 5 und 6 LBO 2010 jedenfalls insoweit nicht geändert, als es um die Unterschreitung des Mindestabstands von 2,50 m nach § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO 2010 geht. Die Neuregelung unterscheidet zwar nicht mehr zwischen einem nachbarschützenden und einem nicht nachbarschützenden Teil der Abstandsflächentiefen. Abstandsflächen sind, auch bei Wänden mit einer Länge von über 16 m (vgl. § 5 Abs. 8 LBO a.F.) nur noch in Höhe des bisherigen nachbarschützenden Teils der Abstandstiefen einzuhalten. Dies bedeutet für die Zulassung geringerer als der vorgeschriebenen Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010, dass diese Zulassung nunmehr in jedem Fall voraussetzt, dass nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden (vgl. LT-Drs. 14/5013 S. 40). Ob der Umstand, dass es nur noch nachbarschützende Abstandsflächen gibt, deshalb Veranlassung bietet, die Rechtsprechung zum Begriff der erheblichen Beeinträchtigung grundsätzlich zu überdenken, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn durch die Neuregelung der Abstandsflächentiefen hat sich jedenfalls an der in §§ 5 und 6 LBO zum Ausdruck kommenden normativen Wertung insoweit nichts geändert, als es um die Mindesttiefe der Abstandsfläche von 2,50 m geht, den das Vorhaben des Klägers unterschreitet. Die Mindesttiefe der Abstandsfläche nach § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO 2010 gehört nach wie vor zum unverzichtbaren Kernbestand des Nachbarschutzes mit Blick auf Beeinträchtigungen der Besonnung, Belichtung und Belüftung eines Grundstücks durch eine Bebauung des Nachbargrundstücks. Daher ist auch nach dem Wegfall des nicht nachbarschützenden Teils der Abstandsflächentiefe durch das Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung vom 17.11.2009 (GBl. S. 615) nach der in §§ 5, 6 LBO zum Ausdruck kommenden normativen Wertung davon auszugehen, dass jedenfalls bei einer Unterschreitung der nach § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO gebotenen Mindesttiefe der Abstandsfläche nachbarliche Belange i. S. des § 6 Abs. 3 Nr. 2 LBO erheblich beeinträchtigt werden, es sei denn, die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück wird durch tatsächliche oder rechtliche Besonderheiten im Verhältnis zum Bauvorhaben gekennzeichnet, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung der Mindestabstandsflächentiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs zur bisherigen Rechtslage; vgl. Urteile vom 06.06.2008 - 8 S 18/07 -, VBlBW 2008, 483; vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - VBlBW 2009, 65; vom 10.10.2002 - 5 S 1655/01 -, BauR 2003, 1201 und vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 - Juris), insbesondere den Abstandsflächenvorschriften selbst sich entnehmen lässt, dass der Gesetzgeber die konkrete Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks für zumutbar hält (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.01.2010 - 8 S 1977/09 - Juris und Urteil vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - a.a.O.).
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Solche Besonderheiten lassen sich im vorliegenden Fall aber nicht feststellen. Der Kläger beruft sich der Sache nach auf Besonderheiten, die sich aus den Abstandsflächenvorschriften selbst ergeben, indem er unter Berufung auf die Kommentierung von Sauter (a.a.O.) geltend macht, dass die der Nachbargrenze zugewandte Außenwand umso größer ausfallen könne, je weiter das Bauwerk von der Grundstücksgrenze entfernt sei, ohne dass deshalb die Beeinträchtigung größer werde, und dass dies der Fall sei, wenn die grenznahe Wand unter einem Winkel von jeweils höchstens 45 Grad nach oben und nach beiden Seiten zunehme und bei dieser „dynamischen“ Handhabung des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 (der § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr.2 LBO a. F. entspricht) nach der in § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO 2010 und § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO 2010 zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers keine weitergehende Beeinträchtigung für die Beleuchtung und Belüftung benachbarter Grundstücke entstehen könne.
26 
Der Umstand, dass ein Gebäude i. S. des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO mit eigener Abstandsfläche und einer die Höchstmaße nach dieser Vorschrift überschreitenden Grenzwand errichtet wird, deren Größe in Relation zu den Höchstmaßen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO unter einem Winkel von höchstens 45 Grad nach oben und nach beiden Seiten steht, ist keine Besonderheit im vorgenannten Sinne, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung der Mindestabstandsflächentiefe deutlich mindert oder als weniger schutzwürdig erscheinen lässt. Die normativen Wertungen der Abstandsflächenvorschriften weisen nicht darauf hin, dass der Gesetzgeber im Falle grenznaher baulicher Anlagen die vom Kläger und bei Sauter (a.a.O.) beschriebene „dynamische“ Vergrößerung der Wandfläche in Abhängigkeit von der Tiefe der eingehaltenen Abstandsfläche für zumutbar hielte. Zwar werden nach § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO 2010, der auch für die Berechnung der zulässigen Wandhöhe einer abstandsflächenfreien baulichen Anlage (von bis zu 3 m) nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO 2010 gilt, auf die Wandhöhe die Höhe von Dächern und Dachaufbauten mit einer Neigung von bis zu 45 Grad nicht angerechnet. Daraus lässt sich aber kein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Inhalts ableiten, dass der Gesetzgeber Beeinträchtigungen im Hinblick auf die Belichtung und Belüftung eines Nachbargrundstücks durch eine bauliche Anlage bei Einhaltung eines 45-Grad-Winkels zum Nachbargrundstück generell für zumutbar hält. Eine solche Wertung lässt zunächst schon, worauf das Regierungspräsidium im angefochtenen Widerspruchsbescheid bereits hingewiesen hat, außer Acht, dass das Gesetz als Grundsatz die Einhaltung der Abstandsflächen bei Gebäuden und baulichen Anlagen vorsieht, der Verzicht auf Abstandsflächen in Sonderfällen eine Ausnahme darstellt, Ausnahmen aber eng auszulegen sind und nicht durch eine „wertende Auslegung“ weiter ausgedehnt werden dürfen. Zudem trifft die der Argumentation des Klägers zugrunde liegende Annahme nicht zu, dass der Nachbar bei wertender Betrachtungsweise durch das abstandsflächenwidrige Vorhaben tatsächlich nicht schlechter gestellt sei als bei der vergleichbaren Alternative, die die Abstandsflächenregelung einhalte. Die Regelung des § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO 2010 über die Anrechnung von Dächern oder Dachaufbauten mit einer Neigung von mehr als 45 Grad auf die Wandhöhe betrifft nicht in erster Linie Grenzbauten oder grenznahe Bauten, sondern abstandsflächenpflichtige Gebäude oder bauliche Anlagen und damit gänzlich andere Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks. Zum anderen ist mit der Vorschrift nur die Höhenausdehnung angesprochen. Sie ermöglicht nicht auch eine Erweiterung der auf 9 m begrenzten Bebauung entlang den einzelnen Nachbargrenzen nach § 6 Abs. 1 Satz 3 LBO 2010. Diese Begrenzung wirkt vielmehr gerade als Korrektiv für die ausnahmsweise zugelassene Grenzbebauung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - a.a.O.).
27 
Auch eine vergleichende Bezugnahme auf die in § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO (alte wie neue Fassung) zum Ausdruck kommende Wertung hilft nicht weiter. Diese Vorschrift, nach der Aufenthaltsräume, deren Fußboden unter der Geländeoberfläche liegt, nur zulässig sind, wenn das Gelände mit einer Neigung von höchstens 45 Grad an die Außenwände vor notwendigen Fenstern anschließt, regelt nicht das nachbarliche Austauschverhältnis, sondern die Mindestanforderungen an die Eignung eines Aufenthaltsraums (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - a.a.O.).
28 
Sonstige rechtliche Besonderheiten (etwa eine rechtliche Vorbelastung des Nachbargrundstücks [vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.01.2010 - 8 S 1977/09 - Juris]) stehen nicht in Rede.
29 
Auch bauordnungsrechtlich bedeutsame tatsächliche Besonderheiten (etwa eine unterschiedliche Höhenlage beider Grundstücke, ein besonderer Grundstückszuschnitt des Nachbargrundstücks oder ein bereits vorhandener Grenzbau (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.06.2003 - 3 S 938/05 -, BauR 2003, 1549) liegen nicht vor.
30 
Soweit der Kläger geltend macht, dass es an einer erheblichen Beeinträchtigung auch deshalb fehle, weil das Nachbargrundstück durch Gebäude und Bäume auf diesem Grundstück verschattet werde und deshalb durch das Bauvorhaben eine weitere Verschattung des Nachbargrundstücks nicht hervorgerufen werden könne, braucht der Richtigkeit dieses Vorbringens insoweit nicht weiter nachgegangen zu werden, als eine Verschattung durch Bäume geltend gemacht wird. Denn dies ist keine Besonderheit, die eine erhebliche Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 ausschließen könnte. Die Bepflanzung eines Grundstücks gehört nicht zu den bauordnungsrechtlich relevanten Besonderheiten, durch die ein Grundstück geprägt sein kann. Aber auch der auf dem Nachbargrundstück an der Grenze zum Grundstück des Klägers stehende Schuppen, der seinerseits das Grundstück des Klägers von Süden verschattet, stellt keine grundstücksbezogene Besonderheit dar, die die Schutzwürdigkeit des Nachbargrundstücks mindern würde. Denn er liegt nicht, auch nicht teilweise, auf gleicher Höhe wie die zur Genehmigung gestellte Garage, lässt also nicht, wie bei einer Doppelhaushälfte, eine Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks durch das Bauvorhaben in Bezug auf die mit den Abstandsflächenvorschriften geschützten Belange entfallen. Einen Anspruch auf einen Ausgleich für Nachteile, die einem Grundstück durch eine von den Abstandsflächenvorschriften nicht gedeckte Grenzbebauung entstehen, durch Zulassung einer ebenfalls nicht von den Abstandsflächenvorschriften gedeckten Grenzbebauung oder grenznahen Bebauung auf dem dadurch belasteten Grundstück, etwa in Form einer „Saldierung“ der die Abstandsflächentiefen jeweils überschreitenden Maße, gibt die Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 nicht her.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
32 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
33 
Beschluss vom 30. März 2010
34 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
35 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit es die Antragstellerin zu 2 betrifft.

Der Bebauungsplan „2. Deckblattänderung Hohe Straße/Mähringer Straße/Gomaringer Straße“ der Stadt Reutlingen vom 4. Februar 2010 wird für unwirksam erklärt.

Die Antragstellerin zu 2 und die Antragsgegnerin tragen jeweils die Hälfte der Gerichtskosten. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 1. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan „2. Deckblattänderung Hohe Straße/Mähringer Straße/Gomaringer Straße“ der Antragsgegnerin vom 04.02.2010, mit der der Bebauungsplan „Hohe Straße/Mähringer Straße/ Gomaringer Straße“ vom 08.07.1986 im Wege des vereinfachten Verfahrens gemäß § 13 BauGB geändert wurde.
Der identische Planbereich der Bebauungspläne umfasst ein Geländedreieck am südwestlichen Ortseingang des Stadtteils Ohmenhausen, das durch die genannten Straßen begrenzt wird und weitgehend bebaut ist. Die Altfassung setzt im Norden und Süden des Plangebiets Mischgebiete fest. Auf dem dazwischen liegenden Grundstück Flst.Nr. .../2, das mit einem ursprünglich als Schreinerei genutzten Gebäude bebaut ist (...), sind ein Gewerbegebiet und im Übergang zum südlich anschließenden Mischgebiet ein eingeschränktes Gewerbegebiet festgesetzt, in dem nur solche Gewerbebetriebe zulässig sind, die das Wohnen nicht wesentlich stören.
Die Antragstellerin zu 1 ist Mieterin von Räumen im Erdgeschoss des Gebäudes ... Sie betreibt dort aufgrund einer ihr erteilten Baugenehmigung eine mischgebietsverträgliche, d.h. kerngebietsuntypische Spielhalle mit acht Geldspielgeräten und einem Billardcafé. Anlass für die Änderung des bestehenden Bebauungsplans war ein Baugesuch der Antragstellerin zu 2, mit dem sie die Genehmigung einer Nutzungsänderung des der Antragstellerin zu 1 genehmigten Billardcafés in eine (zweite) kerngebietsuntypische Spielhalle und einen Dart-Treff erstrebt. Nach § 2 Abs. 1 ihres Mietvertrages ist die Antragstellerin zu 1 berechtigt, auf der gemieteten Fläche eine Spielstätte - bzw. bei Erteilung einer Mehrfachkonzession - die auf der Mietfläche zulässige Anzahl von Spielstätten zu errichten und zu betreiben.
Mit der angefochtenen Planänderung sind die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung geändert worden. Wie bereits in dem der Änderung zugrunde liegenden Bebauungsplan werden nunmehr auf der Grundlage der „Baunutzungsverordnung (BauNVO) in der Fassung vom 23.01.1990 (BGBl. I S. 132), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.04.1993 (BGBl. I S. 466)“ als Art der baulichen Nutzung festgesetzt Mischgebiete gemäß § 6 BauNVO, ein Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO und ein eingeschränktes Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO i. V. mit § 1 Abs. 4 BauNVO, in dem nur solche Gewerbebetriebe zulässig sind, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Folgende Nutzungen bzw. Arten von Betrieben und Anlagen werden gemäß § 1 (5) bzw. (6) BauNVO im gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplanes ausgeschlossen:
"- Erotikshops als Einzelhandelsbetriebe - Vergnügungsstätten und sonstige Gewerbebetriebe mit dem Charakter einer Spielhalle oder Ähnliches im Sinne von § 33 i Gewerbeordnung (GewO)
        
- Bordelle, bordellartige Betriebe und Wohnungsprostitution
        
- Betriebe mit Sexdarbietung (Film- und Videovorführung und Schaustellung von Personen gemäß § 33 a GewO)
        
- Diskotheken“
Dem Erlass des Bebauungsplans liegt folgendes Verfahren zugrunde:
Am 30.06.2009 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans „2. Deckblattänderung Hohe Straße/Mähringer Straße/Gomaringer Straße“ im vereinfachten Verfahren nach § 13 Abs. 1 BauGB mit dem Ziel, Vergnügungsstätten und Nutzungsarten mit sexuellem Charakter auszuschließen, um nach Aufgabe des holzverarbeitenden Betriebs in der... die gewerblichen Flächen ihrem eigentlichen Zweck, insbesondere dem produzierenden Gewerbe vorzuhalten, einem Verdrängungsprozess von örtlichem Handwerk und Dienstleistungsbetrieben und einem Attraktivitätsverlust durch minderwertige Nutzungen sowie Nutzungskonflikten mit der benachbarten Wohnbebauung entgegenzuwirken. Die zugleich beschlossene öffentliche Auslegung des Planentwurfs fand nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung am 03.07.2009 in der Zeit vom 13.07 bis 21.08.2009 statt. In der Bekanntmachung wurde u.a. darauf hingewiesen, dass ein Antrag nach § 47 der Verwaltungsgerichtsordnung unzulässig ist, soweit mit ihm Einwendungen geltend gemacht werden, die vom Antragsteller im Rahmen der Auslegung nicht oder verspätet geltend gemacht wurden, aber hätten geltend gemacht werden können. Die Behörden und Träger öffentlicher Belange wurden ebenfalls beteiligt.
Für die Antragstellerin zu 1 wurden mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 21.08.2009 Einwendungen erhoben. Die Voraussetzungen für den Ausschluss von Spielhallen und sonstigen Gewerbebetrieben mit dem Charakter einer Spielhalle lägen nicht vor. Ein Verdrängungsprozess von örtlichen Handwerks- und Dienstleistungsbetrieben, sowie die Gefahr einer Niveauabsenkung des umgebenden Gebiets und ein Konfliktpotential mit der benachbarten Wohnbebauung seien nur pauschal behauptet, aber nicht plausibel dargelegt worden. Die einzige gewerbliche Nutzung finde in dem Gebäude ... statt. Dessen Eigentümerin sei es seit der Verlagerung des holzverarbeitenden Betriebs im Jahre 1992 nicht mehr gelungen, einen Handwerks- oder Produktionsbetrieb anzusiedeln. Ausschlaggebend hierfür sei u. a. gewesen, dass es nicht nur im Plangebiet, sondern auch in der weiteren näheren Umgebung keinerlei Gewerbebetriebe gebe, welche den Standort für Handwerk, Produktion oder Dienstleistung attraktiv machten. Die Planung greife deshalb auch unverhältnismäßig in ihr Eigentum ein. Für die Antragstellerin zu 2 ging keine Stellungnahme ein.
Am 04.02.2010 beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan als Satzung, wobei er die vorgebrachten Stellungnahmen wie in einem Beschlussvorschlag der Verwaltung behandelte. Die Erste Bürgermeisterin fertigte die Satzung am 22.02.2010 aus. Die Beschlussfassung wurde am 26.02.2010 mit den Hinweisen nach § 214 BauGB öffentlich bekanntgemacht.
10 
Am 04.02.2011 haben die Antragsteller das Normenkontrollverfahren eingeleitet und vorläufig unter Hinweis auf die Stellungnahme vom 21.08.2009 begründet. Die Anträge wurden am 09.02.2011 an die Antragsgegnerin weitergeleitet.
11 
Die Antragstellerin zu 2 hat ihren Antrag in der mündlichen Verhandlung zu-rückgenommen.
12 
Die Antragstellerin zu 1 beantragt,
13 
den Bebauungsplan „2. Deckblattänderung Hohe Straße/Mähringer Straße/Gomaringer Straße“ der Stadt Reutlingen vom 4.02.2010 für unwirksam zu erklären.
14 
Sie bringt vor: Sie sei antragsbefugt. Die Nutzung eines Gebäudes stelle eine privatrechtliche Rechtsposition dar, die dem Mieter wie Sacheigentum zuzuordnen sei. Es bestünden auch Zweifel, ob die Antragsgegnerin sämtliche Belange der Eigentümer überhaupt erfasst bzw. richtig und ausreichend bewertet habe. Die Bebauungsplanänderung sei städtebaulich nicht erforderlich. Die Planung diene ausschließlich der Verhinderung der geplanten Spielhalle und sei daher als reine Einzelfall- und Verhinderungsplanung unwirksam. Die Antragsgegnerin habe die Planänderung erst als konkrete Reaktion auf den Nutzungsänderungsantrag der Antragstellerin zu 2 (Umwandlung Billardcafé in Spielhalle) beschlossen, so dass mit der Planänderung eine bereits konkret geplante Spielhalle habe verhindert werden sollen. Auch der alibimäßige zusätzliche Ausschluss von Nutzungen mit sexuellem Charakter könne nicht darüber hinweg täuschen, dass die Antragsgegnerin vornehmlich eine weitere Spielhalle zu verhindern suche. Eigentlicher Grund der Planung sei der Versuch, im gesamten Stadtgebiet Spielhallen auszuschließen. Sie betreibe insoweit Spielhallenpolitik mit den Mitteln des Baurechts. Die pauschale Begründung, höhere Mieten aus Spielhallenverpachtungen führten zu einer Verdrängung sonstigen Gewerbes, sei nicht ausreichend, um einen städtebaulichen Grund für den Ausschluss im Sinne von § 1 Abs. 5 BauNVO darzustellen. Die Antragsgegnerin missachte insoweit, dass im gesamten restlichen Plangebiet noch nie Gewerbe vorhanden gewesen sei, es daher auch nicht verdrängt werden könne. Das ursprüngliche Ziel des Bebauungsplans, das in der Bestandssicherung des holzverarbeitenden Betriebs bestanden habe, sei mit der Verlagerung des Betriebs im Jahre 1992 weggefallen, weil das Grundstück als gewerbliche Fläche nur schwer oder überhaupt nicht zu vermitteln sei, zumal es von drei Seiten her von Wohnbebauung umgeben sei und sich im Umkreis kein sonstiges produzierendes Gewerbe, welches anderes Gewerbe anziehen könnte, befände. Auf absehbare Zeit sei nicht damit zu rechnen, dass sich auf dem Grundstück ..., geschweige denn auf den derzeit zu Wohnzwecken genutzten Grundstücken Gewerbe ansiedeln wolle oder werde. Das Haus habe mehrere Jahre leer gestanden, bis die Antragstellerin zu 1 die Spielhalle eröffnet habe. Soweit sich die Antragsgegnerin tatsächlich auf eine Art Standortsicherungsabsicht stützen wolle, werde mit der Planung eine unzulässige Vorratsplanung verfolgt. Der Ausschluss von Vergnügungsstätten könne auch nicht mit der bloß pauschalen Behauptung eines Trading-Down-Effekts gerechtfertigt werden. Die Antragsgegnerin stelle nicht ansatzweise dar, woraus sich eine Trading-Down-Gefahr im Plangebiet konkret ergeben solle. Es könne sich allein auf dem Grundstück mit dem Gebäude ... noch eine Spielhalle ansiedeln, weil alle anderen Grundstücke des Plangebiets der Wohnnutzung dienten. Der befürchtete Imageverlust des Stadtteils Ohmenhausen sei weder nachvollziehbar noch überzeugend. Allein die pauschale Behauptung, dass Vergnügungsstätten stets zu einem Niveauverlust innerhalb des Plangebiets führten, sei weder richtig noch zur Begründung ausreichend. Wenn es der Antragsgegnerin tatsächlich um die Abwendung eines Trading-Down-Effekts gehe, wäre eine Anpassung des Bebauungsplans an die tatsächlichen Verhältnisse durch Beibehaltung des Grundstücks ... als Gewerbegebiet und im Übrigen durch Festsetzung eines Wohngebiets, in dem dann auch auf Dauer keine Vergnügungsstätten angesiedelt werden könnten, nicht nur verhältnismäßiger, sondern auch sinnvoller gewesen. Der Ausschluss von Nutzungen könne auch nicht mit dem Schutz von Kindern und älteren Menschen begründet oder auf einen Schutz der umgebenden Wohnbebauung vor erhöhtem An- und Abfahrtsverkehr gestützt werden. Auch sei der kategorische Ausschluss von sämtlichen Vergnügungsstätten nicht ausreichend begründet und unverhältnismäßig. Er stelle zugleich einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Gewerbefreiheit der Antragsteller gemäß Art. 12 Abs. 1 GG und in das Eigentumsrecht nach § 14 Abs. 1 GG dar. Die Antragsgegnerin missachte, dass eine andere sinnvolle Nutzung des rückwärtigen Teils des Gebäudes ...... als durch eine Spielhalle ausgeschlossen sei.
15 
Die Antragsgegnerin beantragt,
16 
den Antrag abzuweisen.
17 
Sie erwidert: Der Nutzungsausschluss sei auf § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO gestützt. Soweit in der Bebauungsplanänderung von Abs. 6 die Rede sei, handle es sich um einen Schreibfehler. Es bestünden keine Bedenken gegen die Bestimmtheit der Festsetzung, auch soweit Vergnügungsstätten und sonstige Gewerbebetriebe mit dem Charakter einer Spielhalle oder Ähnliches im Sinne von § 33 i GewO ausgeschlossen seien. Der Bebauungsplan und seine sämtlichen Festsetzungen seien auch im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich. Der Bebauungsplan sei nicht aufgestellt worden, um die wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks ... als Spielhalle in Form einer sog. Negativplanung zu verhindern. Die Nutzungsanträge für Spielhallen seien vielmehr Auslöser für die Planung gewesen, mit der eine aus vielerlei Gründen unerwünschte städtebauliche Entwicklung in geordnete Bahnen geführt werden solle. Die Planänderung ziele darauf, am Ortsrand der Bezirksgemeinde Ohmenhausen eine drohende Spielhallenagglomeration aus städtebaulichen Gründen zu verhindern sowie auf die Abwehr eines sog. Trading-Down-Effekts und darauf, die Flächen für produzierendes Gewerbe, aber auch für Handels- und Dienstleistungseinrichtungen vorzuhalten. Der Bebauungsplan sei zur Erreichung dieser städtebaulichen Belange geeignet. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 BauNVO für den Ausschluss von Vergnügungsstätten und des § 1 Abs. 9 BauNVO für den Ausschluss einzelner Arten von Betrieben und Anlagen lägen vor. Insbesondere seien auch besondere städtebauliche Gründe im Sinne von § 1 Abs. 9 BauNVO für den Ausschluss verschiedener Arten von Vergnügungsstätten und Nutzungen mit sexuellem Charakter gegeben. Unwirksamkeitsbegründende Abwägungsfehler lägen nicht vor. Die privaten Belange der Antragsteller seien erkannt, richtig gewichtet und auch nicht unverhältnismäßig zurückgesetzt worden. Ein Grundstückseigentümer habe keinen Anspruch darauf, dass ihm durch planerische Festsetzungen hohe Renditemöglichkeiten vermittelt würden oder eine wirtschaftlich besonders günstige Nutzung ermöglicht werde. Unzutreffend sei die Behauptung der Antragsteller, dass es dem Eigentümer des Grundstücks ...... seit 1992 nicht wieder gelungen sei, einen Handwerks- oder Produktionsbetrieb auf dem Grundstück anzusiedeln. Aus der Liste des Amts für Stadtentwicklung und Vermessung vom 01.10.2009 über die ehemaligen und vorhandenen Gebäudenutzungen ergebe sich, dass dort im Zeitraum vom 04.10.2005 bis 29.05.2008 u.a. Elektromaschinenbau sowie Werkzeugverkauf und -vermietung und im Zeitraum vom 01.06.1978 bis 30.07.1995 eine Schankanlagenreinigung vorhanden gewesen sei. Weiterhin weise die Liste gastronomische, sportliche und gesundheitliche Dienstleistungen sowie diverse Einzelhandelsbetriebe auf, die einen positiven Beitrag zur örtlichen Infrastruktur leisteten. Bei dem sog. Trading-Down-Effekt handle es sich um einen allgemeinen städtebaulichen Erfahrungssatz. Er wirke sich hier in zweierlei Hinsicht aus. Zum einen würde das Gebiet an Attraktivität verlieren, wenn eine zweite Spielhalle neben dem Billardcafe und der schon vorhandenen Spielhalle genehmigt werden müsse. Zum anderen würde es in dem Gewerbegebiet zu einer städtebaulich unerwünschten Verdrängung von gewerblichen Nutzungen und Dienstleistungsnutzungen kommen.
18 
Auf eine Anfrage des erkennenden Gerichtshofs vom 22.04.2013 bestätigte die Antragsgegnerin die Richtigkeit des Vortrags der Antragsteller, dass sich in den festgesetzten Mischgebieten keine gewerbliche, sondern ausschließlich Wohnnutzung befinde. Die Festsetzung der Mischgebiete sei aber lediglich deklaratorischer Natur. Die Planung berücksichtige bereits auch die immissionsschutzrechtliche Verkehrslärmproblematik der im Regionalplan Neckar-Alb 1993 vorgesehenen Regional-Stadtbahn Neckar Alb, deren Trasse durch das Plangebiet verlaufe. Zu einem rechtlich zulässigen Absehen von einer tatsächlichen Durchmischung von Gewerbe und Wohnen könne auf das Urteil des erkennenden Senats vom 15.10.1991 (8 S 979/91) und das Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 16.03.2001 (7 A 1072/96 - BauR 2001, 1234) verwiesen werden.
19 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakten vor, auf deren Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

 
I.
20 
Da die Antragstellerin zu 2 ihren Antrag zurückgenommen hat, ist das Verfahren insoweit entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
II.
21 
Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin zu 1 ist zulässig (1.) und begründet (2.).
22 
1. a) Er ist statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) sowie form- und fristgerecht gestellt worden.
23 
b) Der Antragstellerin zu 1 steht auch die notwendige Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zur Seite. Danach kann den Normenkontrollantrag jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung in diesem Sinne sind dieselben Anforderungen wie an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO zu stellen. Es ist daher ausreichend, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzung des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird (stRspr., vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 30.04.2004 - 4 C 1.03 - NVwZ 2004, 1120).
24 
Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Antragstellerin zu 1. Sie hat sich in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf einen Mietvertrag vom 05.11.2007 über Räume im Erdgeschoss des Gebäudes ... darauf berufen, dass der Mietvertrag sie nicht nur zum Betrieb der bereits bestehenden Spielhalle, sondern auch zur Errichtung und zum Betrieb weiterer Spielstätten, insbesondere - aber nicht nur - zum Betrieb weiterer Spielhallen berechtige. Sie verfolge entsprechende Nutzungsabsichten auch ungeachtet des von ihrer hundertprozentigen Tochter, der Antragstellerin zu 2, eingereichten Baugesuchs für dieselbe Nutzungsfläche weiter. Damit ist die Möglichkeit einer Verletzung eigener Rechte der Antragstellerin zu 1 hinreichend dargelegt.
25 
Obwohl sie nicht Eigentümerin des von den Festsetzungen betroffenen Grundstücks ist, folgt ihre Antragsbefugnis bereits aus einer möglichen Verletzung einer grundrechtlich geschützten subjektiv-rechtlichen Position und nicht - nur - aus einem Verstoß gegen das in § 1 Abs. 7 BauGB enthaltene - drittschützende - Abwägungsgebot, welches zwar weiter reicht - weil abwägungsbeachtlich nicht nur subjektive Rechte, sondern darüber hinaus auch bestimmte private Interessen sind -, aber solche Interessen nicht erfasst, die im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses für den Gemeinderat nicht erkennbar und deshalb auch nicht abwägungserheblich waren oder nicht vorlagen (vgl. hierzu z. B. BVerwG, Urteil vom 30.04.2004 - a. a. O. und Beschlüsse vom 22.08.2000 - 4 BN 38.00 - NVwZ, 2000, 1413 und 18.05.1994 - 4 NB 27.93 -NVwZ 1995, 264). Rechtsbeeinträchtigungen als Folge nachteiliger Festsetzungen eines Bebauungsplans kann auch derjenige erleiden, dem Rechte an einem von den Festsetzungen des Bebauungsplans betroffenen Grundstück zustehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2002 - 4 BN 2.02 - BauR 2002, 1199). Ein möglicherweise verletztes eigenes Recht kann sich dabei nicht nur aus einer eigentumsrechtlichen Position i. S. von Art. 14 Abs. 1 GG ergeben, sondern auch aus der in Art 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit, die auch die wirtschaftliche Entfaltungsfreiheit umfasst (BVerwG, Beschluss vom 18.05.1994, a. a. O.), oder aus der durch Art. 12 GG geschützten Berufsfreiheit eines Spielhallenbetreibers. Rechte der Antragstellerin aus diesen Bestimmungen dürften zwar nicht im Hinblick auf die bereits genehmigten und von ihr ausgeübten Nutzungen beeinträchtigt sein, weil diese von der Planung, die als Angebotsplanung für die Zukunft anzusehen ist, unberührt bleiben. Sie können aber insofern in absehbarer Zeit beeinträchtigt sein, als die im angegriffenen Bebauungsplan festgesetzten Nutzungsausschlüsse der Erteilung einer Baugenehmigung entgegenstehen, die für die von der Antragstellerin zu 1 weiterverfolgte Absicht, auf der als Billardcafé genutzten Fläche eine weitere (Glücks-) Spielhalle oder sonstige Spielstätte zu errichten und zu betreiben, erforderlich ist. Damit macht sie ein eigenes Recht geltend. Denn da ihr für ein etwaiges Verfahren auf Erteilung der Baugenehmigung die Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zustünde, muss ihr als potentieller Bauantragstellerin auch die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zuerkannt werden. Die Klagebefugnis stellt nur einen Ausschnitt der Antragsbefugnis dar. Die Anforderungen an die Antragsbefugnis dürfen daher auch nicht höher sein, als wenn ein Nichteigentümer die Erteilung einer Baugenehmigung begehrt (BVerwG, Beschluss vom 18.05.1994, a. a. O.).
26 
c) Es besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag der Antragstellerin zu 1. Das Verfahren ist für sie auch nach Inkrafttreten des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15.12.2011 - GlüStV - (GBl. 2012 S. 385) und des Landesglücksspielgesetzes vom 29.11.2012 - LGlüG - (GBL. 2012, 604) nicht ersichtlich nutzlos geworden. Zwar könnte sie die gemäß § 41 Abs. 1 LGlüG erforderliche glückspielrechtliche Erlaubnis für eine weitere Spielhalle im Sinne des § 40 LGlüG in den gemieteten Räumen derzeit nicht mehr erhalten, weil eine solche dem Verbot von „Mehrfachspielhallen“ nach § 25 Abs. 2 GlüStV, § 42 Abs. 2 LGlüG unterfiele. Der angegriffene Bebauungsplan schließt aber nicht nur dem sog. Agglomerationsverbot unterliegende erlaubnispflichtige Spielhallen, sondern jedwede Vergnügungsstätten aus. Erlaubnispflichtig sind gemäß § 41 Abs. 1 LGlüG nur Spielhallen, die ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten nach § 33c Abs. 1 Satz 1 der Gewerbeordnung oder der Veranstaltung anderer Spiele nach § 33d Abs. 1 Satz 1 der Gewerbeordnung, also von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeiten dienen. Die Antragstellerin zu 1. ist nach dem Mietvertrag aber nicht auf solche erlaubnispflichtigen Nutzungen beschränkt. Sie ist vielmehr gemäß § 2 Abs. 1 des Mietvertrages berechtigt, auf der gemieteten Fläche Spielstätten jedweder Art, also auch solche ohne die Möglichkeit eines Gewinns zu errichten und zu betreiben.
27 
2. Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin zu 1 ist auch begründet. Der Bebauungsplan ist wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 und § 2 Abs. 3 BauGB unwirksam.
28 
a) Die Festsetzung der Mischgebiete verstößt gegen den Grundsatz der städtebaulichen Erforderlichkeit des § 1 Abs. 3 BauGB, weil auf den Flächen keine mischgebietstypische Nutzungsdurchmischung erreicht werden kann.
29 
aa) Mit dem angegriffenen Änderungsbebauungsplan sind die Gebietsarten einschließlich der Mischgebiete nicht lediglich unverändert aus dem ursprünglichen Bebauungsplan übernommen, sondern konstitutiv neu festgesetzt worden. Nach dem objektiv zum Ausdruck gekommenen Regelungsgehalt der Satzung kann den Festsetzungen nicht eine bloße nachrichtliche Bedeutung beigemessen werden. Hierfür bedürfte es eines positiven Hinweises im Satzungsbeschluss oder in den zum Bestandteil der Satzung gemachten textlichen Festsetzungen des Deckblatts, an dem es fehlt. Die Gebietsartfestsetzungen wurden vielmehr ausdrücklich auf die Baunutzungsverordnung i. d. F. vom 23.01.1990, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.04.1993, gestützt und erhalten damit einen anderen, den Regelungen der aktuellen Baunutzungsverordnung entsprechenden Inhalt. Durch die Planbegründung wird ein insoweit bestehender neuer Planungswille auch bestätigt. Denn dort heißt es, dass „eine Änderung der zulässigen Nutzungsarten auf der Basis der aktuellen BauNVO nötig“ sei.
30 
bb) Für die Neufestsetzung der Mischgebiete fehlt die städtebauliche Rechtfertigung gemäß § 1 Abs. 3 BauGB. Danach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dies gilt für die Planung insgesamt und für jede ihrer Festsetzungen. Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption. Welche städtebaulichen Ziele sich eine Gemeinde hierbei setzt, liegt grundsätzlich in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, diejenige „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.08.1995 - 4 NB 21.95 -Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86; Urteil vom 26.03.2009 - 4 C 21.07 -BVerwGE 133, 310). Eine Planung ist dann gerechtfertigt, wenn sie nach dem städtebaulichen Konzept „vernünftigerweise“ geboten erscheint (Senatsurteil vom 30.04.2004 - 8 S 8374/03 - BRS 67 Nr. 26). Die Gemeinde besitzt insoweit ein sehr weites planerisches Ermessen (BVerwG, Beschluss vom 14.08.1995 - 4 NB 21.95 - juris). Dieser Spielraum umfasst auch die Befugnis zu einer Planung für einen künftigen Bedarf. Die Gemeinde kann im Vorgriff auf künftige Entwicklungen einer Bedarfslage gerecht werden, die sich zwar noch nicht konkret abzeichnet, aber bei vorausschauender Betrachtung in einem absehbaren Zeitraum erwartet werden kann. Unwirksam ist eine solche Angebotsplanung aber, wenn sie auf unabsehbare Zeit aus tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung bietet oder ihr unüberwindliche rechtliche Hindernisse im Weg stehen und der Bebauungsplan damit den gestaltenden Auftrag der Bauleitplanung verfehlt (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 25.04.2002 - 4 BN 20.02 - juris, vom 08.11.2004 - 4 BN 39.04 - NVwZ 2005, 324 und vom 11.05.1999 - 4 BN 15.99 - BauR 1999, 1136 jeweils m. w. N.). Dies kann auch dann der Fall sein, wenn schon im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses feststeht, dass die für das festgesetzte Baugebiet vorgegebene Mischung von Nutzungsarten faktisch nicht erreicht werden kann. Es kommt maßgeblich auf die Möglichkeit an, das Gebiet zukünftig in dem ausgewiesenen Sinne zu entwickeln. Danach ist die Festsetzung der Mischgebiete fehlerhaft, weil sie nicht vollzogen werden kann.
31 
Mischgebiete dienen gemäß § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Die Eigenart des Mischgebiets wird maßgeblich durch eine sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht zu verstehenden Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe bestimmt. Darin liegt die normativ bestimmte besondere Funktion des Mischgebiets, mit der dieses sich von den anderen Baugebietstypen der Baunutzungsverordnung unterscheidet. Dabei ist einerseits nicht erforderlich, dass die beiden Hauptnutzungsarten zu genau oder annähernd gleichen - wie auch immer rechnerisch zu bestimmenden - Anteilen im jeweiligen Gebiet vertreten sind. Auf der anderen Seite wird jedoch die Bandbreite der typischen Eigenart des Mischgebiets, soweit es um die quantitative Seite des Mischungsverhältnisses geht, nicht erst dann verlassen, wenn eine der beiden Hauptnutzungsarten als eigenständige Nutzung im Gebiet völlig verdrängt wird und das Gebiet deshalb in einen anderen Gebietstyp „umkippt". Für die Annahme eines Mischgebietscharakters ist es daher erforderlich und zugleich aber auch ausreichend, dass im jeweiligen Gebiet eine der beiden Hauptnutzungsarten nicht nach Anzahl und/oder Umfang beherrschend und in diesem Sinne „übergewichtig" in Erscheinung tritt (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.05.1988 - 4 C 34.86 - BVerwGE 79, 309; vgl. auch Senatsbeschluss vom 18.06.1986 - 8 S 1068/86 - VBlBW 1987, 106).
32 
Nach diesen Maßstäben bieten die Mischgebietsfestsetzungen des Bebauungsplans ausgehend von den in dem Plangebiet anzutreffenden Verhältnissen auf unabsehbare Zeit keine Aussicht auf Verwirklichung und verfehlen somit den gestaltenden Auftrag der Bauleitplanung. Es ist aus tatsächlichen Gründen nicht absehbar, dass sich die erneut als Mischgebiete festgesetzten Bereiche des Plangebiets auch zu Mischgebieten i.S. von § 6 BauNVO entwickeln. Im gesamten Plangebiet wird lediglich das im festgesetzten Gewerbegebiet gelegene Gebäude ..., das auch die von der Antragstellerin zu 1 betriebene Spielhalle beherbergt, gewerblich genutzt. Die überbaubaren Flächen der Mischgebiete einschließlich des nördlich des Gewerbegebiets festgesetzten Mischgebiets werden ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt. Nach dem von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 06.05.2013 vorgelegten Lageplan und dem Vorbringen der Beteiligten ist auch davon auszugehen, dass die Mischgebietsflächen keine nennenswerten Baulücken mehr aufweisen, so dass auch eine Bebauung etwa noch vorhandener Baulücken mit gewerblichen Nutzungen nicht zu der erforderlichen Durchmischung von Wohnnutzung und gewerblicher Nutzung führen könnte. Es fehlt nicht nur die für ein Mischgebiet erforderliche Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe, vielmehr ist das Gebiet bereits in ein Wohngebiet „umgekippt" mit der Folge, dass sich die Festsetzung der Mischgebiete letztlich als von Anfang an funktionslos darstellt. Auch die Antragsgegnerin betrachtet nach den Ausführungen ihres Vertreters in der mündlichen Verhandlung die festgesetzten Mischgebiete als faktische allgemeine Wohngebiete. Soweit sie gleichwohl eine tatsächliche Umwandlung dieser Gebiete in Mischgebiete für theoretisch denkbar hält, handelt es sich hierbei um eine spekulative Vermutung, die die Mischgebietsfestsetzungen nicht rechtfertigt. Eine den Mischgebietsfestsetzungen entsprechende Bedarfslage hat die Antragsgegnerin nicht plausibel dargetan. Es fehlt an jeglichen Anhaltspunkten, dass in den Mischgebieten Bestrebungen vorhanden sind, in den vorhandenen Wohngebäuden gewerbliche Nutzungen aufzunehmen, die die erforderliche Durchmischung der Gebiete in absehbarer Zeit erwarten lassen. Die bauliche Entwicklung der Flächen in den vergangenen Jahren spricht vielmehr gegen einen Bedarf für ein Mischgebiet. Denn obwohl dort bereits seit Jahrzehnten - zunächst aufgrund der Ausweisung des Gebiets als „Ländlicher Bereich“ durch die Ortbausatzung der Antragsgegnerin und sodann aufgrund der Mischgebietsfestsetzungen im Bebauungsplan von 1986 - auch gewerbliche Nutzungen zulässig sind, hat sich in dem Gebiet gleichwohl ausschließlich Wohnnutzung angesiedelt. Anhaltspunkte für eine geänderte Bedarfslage in absehbarer Zukunft bestanden zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht und bestehen auch heute nicht. Weder die Planbegründung noch die sonstigen Bebauungsplanakten noch der Vortrag der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung weisen auf Bestrebungen der Grundstückseigentümer in den Mischgebieten hin, in den Wohngebäuden zukünftig gewerbliche Nutzungen aufzunehmen, die sich nicht auch in einem allgemeinen Wohngebiet verwirklichen lassen, sondern zu der für ein Mischgebiet typischen Durchmischung von Wohnen und Gewerbe führen. Davon ist die Antragsgegnerin im Planaufstellungsverfahren selbst nicht ausgegangen. Der Fokus ihrer Planung war auf die Festsetzung von Nutzungsausschlüssen aus Anlass des Baugesuchs der Antragstellerin zu 2 für eine weitere Spielhalle gerichtet. Dies hat dazu geführt, dass die seit der Planung im Jahre 1986 eingetretenen Änderungen der tatsächlichen baulichen Verhältnisse des Plangebiets bei der - erneuten - Festsetzung der Nutzungsarten auf der Grundlage der aktuellen Baunutzungsverordnung nicht gesondert in den Blick genommen und die Festsetzungen aus dem ursprünglichen Bebauungsplan ohne jede Untersuchung und Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen tatsächlichen Veränderungen ungeprüft übernommen wurden. Die Erwartung, die in den Mischgebieten vorhandenen Nutzungen würden sich zukünftig ändern, lag auch der Entscheidung des Gemeinderats nicht zugrunde. Schließlich weisen die weitgehend bebauten Mischgebiete nach dem - unwidersprochen gebliebenen - Vortrag der Antragstellerin zu 1 auch keinen alten Baubestand auf, der Gebäuderenovierungen erforderlich macht, die die Erwartung von Nutzungsänderungen in absehbarer Zeit und in einem Umfang rechtfertigen könnten, der zu der nötigen Durchmischung des Gebiets führen könnte.
33 
Der Hinweis der Antragsgegnerin auf gerichtliche Entscheidungen zu einem rechtlich zulässigen Absehen von einer tatsächlichen Durchmischung von Gewerbe und Wohnen führt zu keiner anderen Beurteilung. Dem Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 16.03.2001 (a. a. O.) lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet bereits verschiedene gewerbliche Nutzungen vorhanden und darüber hinaus auch Entwicklungstendenzen zu weiterer gewerblicher Nutzung festzustellen waren. Solche Entwicklungstendenzen sind ebenso wie bereits vorhandene gewerbliche Nutzungen in der hier vorliegenden Situation aber gerade nicht gegeben. Auch der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung des erkennenden Senats vom 15.10.1991 (a. a. O.) liegt keine vergleichbare Fallkonstellation zugrunde. Der Senat ging davon aus, das die Genehmigung eines Wohnbauvorhabens, mit dem ein „Umkippen“ eines bebauungsplanmäßig rechtswirksam festgesetzten Gewerbegebiets bewirkt wird, Rechte der gegen die Genehmigung klagenden Gemeinde nicht verletzt, wenn das festgesetzte Mischgebiet der „Abpufferung“ zwischen einer das Wohnen störenden und einer überwiegenden oder reinen Wohnnutzung dienen solle und es im Verhältnis zum gesamten Plangebiet einen geringen Flächenanteil ausmache, der in dem entschiedenen Fall etwa 1/10 des Plangebiets betrug. Das Mischgebiet verliere, obwohl sich tatsächlich weit überwiegend Wohnbebauung angesiedelt habe, seine Funktion als Pufferzone nicht, weil für eventuelle Abwehransprüche die planerische Festsetzung im Bebauungsplan maßgebend sei, die Bewohner somit nach wie vor nur den geminderten Schutz eines Gebiets mit dem Charakter eines Mischgebiets in Anspruch nehmen könnten. Abgesehen davon, dass der Flächenanteil der hier festgesetzten Mischgebiete im Verhältnis zum gesamten Plangebiet anders als in der genannten Entscheidung nicht gering ist, sondern etwa 2/3 der festgesetzten Bauflächen ausmacht, liegt auch insoweit eine andere Konstellation vor, als sich die Mischgebietsfestsetzung in dem entschiedenen Fall nicht - wie hier - von Anfang an auf ein faktisches Wohngebiet bezogen, sondern dieses sich erst nachträglich zu einem Wohngebiet entwickelt hat.
34 
Soweit die Entscheidung allerdings auch so zu verstehen sein sollte, dass bereits die Festsetzung eines Mischgebiets als „Puffergebiet“ zwischen gewerblicher und Wohnnutzung städtebaulich als gerechtfertigt angesehen wird, auch wenn die Verwirklichung einer mischgebietstypischen Durchmischung des Gebiets von vornherein ausscheidet, hält der Senat an einer solchen Auffassung nicht fest. Setzt der Plangeber ein Mischgebiet fest, muss er das gesetzlich vorgesehene gleichberechtigte Miteinander von Wohnen und Gewerbe auch wollen oder zumindest als sicher voraussehen, dass sich eine solche Mischung auch einstellt. Wenn er eine Durchmischung gar nicht anstrebt oder eine solche wegen der vorhandenen Bebauung faktisch nicht zu erreichen ist, stellt die Festsetzung des Mischgebiets einen „Etikettenschwindel“ dar und ist städtebaulich nicht gerechtfertigt (vgl. z. B. Bay. VGH, Urteil vom 03.04.2007 - 25 N 03.1282 - juris, m. w. N. und OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.09.2002 - 7 a D 118/00.NE - juris). Insbesondere darf sich der Plangeber nicht in eine Mischgebietsausweisung „flüchten“, um die Schutzwürdigkeit einer im Mischgebiet vorhandenen Wohnbebauung gegenüber immissionsträchtigen Gegebenheiten im Plangebiet und/oder seiner Nachbarschaft herabzustufen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.10.2009 - 1 C 10150/09 - juris, Rn. 27 und OVG Nordrhein-Westfalen, a. a. O.). Denn die planende Gemeinde unterliegt dem Gebot der Typenkonformität, d. h. sie ist verpflichtet, sich an die von der Baunutzungsverordnung vorgesehenen Gebietstypen und damit an das rechtsstaatliche Prinzip zu halten, dass Inhalt und Schranken des Eigentums regelnde Normen, wie es die Festsetzungen eines Bebauungsplans sind, einer gesetzlichen Grundlage bedürfen (vgl. Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB, Komm., 4. Aufl., § 1 Rn.25). Zwar kann eine „Pufferzone“ zwischen unterschiedlichen, unverträglichen Nutzungen geschaffen werden, indem ein Mischgebiet festgesetzt wird, das auf der Grundlage von § 1 Abs. 4 bis 9 BauNVO gegliedert wird. Dabei mag nach den konkreten Umständen des Einzelfalls auch in Betracht kommen, ein Mischgebiet in der Weise zu gliedern, dass ein - geringer - Teil der Wohnnutzung vorbehalten, während in einem anderen - ebenfalls nur kleinen - Teil die Wohnnutzung vollständig ausgeschlossen wird (vgl. Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Komm., Stand April 2012, § 6 BauNVO, Rn. 13; OVG Niedersachsen, Urteil vom 25.03.1994 - 1 K 6147/92 - BauR 1994, 599 und Urteil vom 13.03.2003 - 1 K 4221/00- BauR 2003, 769), soweit sich der Mischgebietscharakter bezogen auf das Baugebiet als Ganzes noch ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 22.12.1989 - 4 NB 32.89 - BauR 1990, 186; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.03.1995 - 5 S 2916/93 - VBlBW 1996, 26). Eine solche die erforderliche Nutzungsdurchmischung des Mischgebiets noch gewährleistende Gebietsgliederung steht hier aber weder in Rede, noch dispensieren die Gliederungsermächtigungen von der Beachtung der (konkreten) städtebaulichen Erforderlichkeit i. S. des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB (vgl. Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiss a. a. O., § 1 BauNVO, Rn. 18).
35 
cc) Die Unwirksamkeit der Mischgebietsfestsetzungen führt dazu, dass der Bebauungsplan insgesamt unwirksam ist. Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen nur dann - ausnahmsweise - nicht zu dessen Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen, für sich betrachtet, noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können (Grundsatz der Teilbarkeit) und wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung ohne den unwirksamen Teil beschlossen hätte (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers; vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 22.01.2008 - 4 B 5.08 - juris und vom 01.08.2001 - 4 B 23.01 - NVwZ 2002, 205). Diesbezüglich muss vermieden werden, dass in die kommunale Planungshoheit mehr als nötig eingegriffen wird. Ein Gericht darf insbesondere nicht gestaltend tätig sein, sondern hat den planerischen Willen des Ortsgesetzgebers zu respektieren (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 19.09.2002 - 4 CN 1.02 - BVerwGE 117, 58). Von Gesamtunwirksamkeit ist auszugehen, wenn einzelne unwirksame Festsetzungen mit dem gesamten Bebauungsplan in einem untrennbaren Regelungszusammenhang stehen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20.08.1991 - 4 NB 3.91 -NVwZ 1992, 567 und 08.08.1989 - 4 NB 2.89 - NVwZ 1990, 159).
36 
Letzteres ist hier hinsichtlich der Baugebietsfestsetzungen der Fall. Die fehlerhaften Mischgebietsfestsetzungen berühren das Planungskonzept insgesamt. Es ist nicht zu erkennen, dass ohne die Mischgebietsfestsetzungen die Festsetzungen des Gewerbegebiets und des eingeschränkten Gewerbegebiets für sich bestehen bleiben könnten und die Antragsgegnerin hierauf beschränkte Festsetzungen der Nutzungsart gewollt hätte. Die unterschiedlichen Nutzungsarten stehen in wechselseitigen Beziehungen untereinander und im Verhältnis zu den das Plangebiet umgebenden Wohngebieten. Mit der hier angegriffenen Planänderung wurde das dem ursprünglichen Bebauungsplan zugrunde liegende städtebaulichen Konzept, das bei der Festsetzung des Gewerbegebiets in der Nachbarschaft zu bestehenden Wohngebieten dem Trennungsgebot des § 50 BImSchG und dem Gebot sachgerechter Konfliktbewältigung durch ein abgestuftes Geflecht an Baugebieten Rechnung trägt, übernommen. Ausgehend von diesem städtebaulichen Konzept steht das restliche Plangefüge in einem untrennbaren Zusammenhang mit den unwirksamen Mischgebietsfestsetzungen. Mit der Unwirksamkeit der Mischgebietsfestsetzungen ist dem mit den Gebietsabstufungen verfolgten Konzept die Grundlage entzogen. Dies macht die Planung mangels objektiver Teilbarkeit unwirksam. Zudem kann auch nicht mit der gebotenen Sicherheit angenommen werden, dass der Gemeinderat der Antragsgegnerin an der Festsetzung des Gewerbegebiets und des eingeschränkten Gewerbegebiets festgehalten hätte, wenn er gewusst hätte, dass die Mischgebietsfestsetzungen unwirksam sind. Vielmehr erscheint es keineswegs unwahrscheinlich, dass er im Hinblick auf die in den Mischgebieten ausschließlich vorhandene Wohnnutzung das Plangeflecht im gesamten Planbereich geändert und andere Gebietstypen festgesetzt oder andere Regelungen getroffen hätte, um eine Verträglichkeit der Gewerbegebietsnutzung mit der im Plangebiet tatsächlich vorhandenen Wohnnutzung sowie derjenigen außerhalb des Plangebiets herzustellen.
37 
b) Der Bebauungsplan leidet außerdem an einem zu seiner (Gesamt-) Unwirksamkeit führenden, als Verfahrensfehler zu behandelnden Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB.
38 
Denn die fehlerhafte Beurteilung der Erforderlichkeit der Mischgebietsfestsetzungen schlägt auch in Form eines Ermittlungsfehlers bei der - bereits auf der Verfahrensebene - gebotenen Ermittlung und Bewertung der für die Abwägung bedeutsamen Belange im Sinne der genannten Vorschrift durch. Wie ausgeführt, hat der Gemeinderat die seit der Planung im Jahre 1986 eingetretenen Änderungen der tatsächlichen baulichen Verhältnisse des Plangebiets bei der - erneuten - Festsetzung der Nutzungsarten auf der Grundlage der aktuellen Baunutzungsverordnung nicht gesondert in den Blick genommen und die Festsetzungen aus dem ursprünglichen Bebauungsplan ohne jede Untersuchung und Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen tatsächlichen Veränderungen ungeprüft übernommen. Dieses Ermittlungsdefizit begründet einen Verfahrensfehler, der nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlich ist. Denn er betrifft einen von der Planung berührten Belang, der der Gemeinde hätte bekannt sein müssen und der in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt worden ist. Er ist auch im Sinne der genannten Vorschrift offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen. Das Tatbestandsmerkmal der Offensichtlichkeit ist stets erfüllt, wenn der Fehler zur „äußeren Seite“ des Abwägungsvorgangs gehört und sich - wie hier - aus den Planungsakten ergibt (BVerwG, Urteil vom 21.08.1981 - 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33, 38). Der Mangel ist auch auf das Verfahrensergebnis von Einfluss gewesen. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Ermittlungsfehler die Planung anders ausgefallen wäre (BVerwG, Urt. v. 09.04.2008 - 4 CN 1.07 - NVwZ 2008, 899 ff., m.w.N. zu einem Mangel im Abwägungsvorgang und Ernst-Zinkahn-Bielenberg, a.a. O, § 214 Rn. 39h und 141). Diese Möglichkeit besteht hier. Es ist nicht anzunehmen, dass der Gemeinderat die Mischgebietsfestsetzungen auch vorgenommen hätte, wenn er die tatsächliche Bebauung in den Mischgebieten zur Kenntnis genommen und berücksichtigt hätte. Vielmehr besteht eine konkrete Wahrscheinlichkeit dafür, dass er im gesamten Planbereich andere Gebietstypen festgesetzt hätte, wenn ihm bewusst gewesen wäre, dass seinem Planungskonzept wegen der in den Mischgebieten ausschließlich vorhandenen Wohnnutzung die Grundlage fehlt. So erscheint es naheliegend, beispielsweise die Mischgebiete ihrer tatsächlichen Bebauung entsprechend als allgemeine Wohngebiete - gegebenenfalls ergänzt um abschirmende Maßnahmen wie Pflanzgebote - und das bisher unbebaute eingeschränkte Gewerbegebiet auf der im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Fläche als Mischgebiet festzusetzen, um einen Übergang zum nördlich anschließenden Gewerbegebiet zu schaffen. Denkbar wäre auch, das Gewerbegebiet im Hinblick auf seine geringe Größe und seine Lage inmitten von reiner Wohnbebauung nur als eingeschränktes Gewerbegebiet, in dem nur das Wohnen nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe zulässig sind, festzusetzen.
39 
Der mithin beachtliche Ermittlungsfehler ist auch nicht aufgrund von § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB wieder unbeachtlich geworden. Denn er wurde innerhalb der Jahresfrist mit der Antragsschrift gegenüber der Gemeinde geltend gemacht. Der der Antragsgegnerin innerhalb der Jahresfrist zugegangene Antragsschriftsatz erfüllt zusammen mit dem ihm beigefügten Einwendungsschreiben vom 21.08.2009 die Darlegungsanforderungen des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Danach ist der Fehler unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend zu machen. Hierbei genügt eine Darstellung des den Mangel begründenden Sachverhalts mit erkennbarem Rügewillen. Die Rügepflicht des § 215 Abs. 1 BauGB bezweckt lediglich eine Anstoßfunktion. „Geltend gemacht“ ist ein Mangel bereits dann, wenn ein Sachverhalt geschildert wird, aus dem sich der Mangel herleiten lässt, und wenn aus den Erklärungen des Rügenden auch dessen Wille deutlich wird, sich für die angestrebte Unwirksamerklärung des Bebauungsplans auf den konkreten Mangel zu berufen (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17.08.1989 - 4 NB 22/89 - juris, und Jäde a. a. O., § 215 Rn.7 sowie zur Erforderlichkeit eines Rügewillens auch BVerwG, Beschluss vom 11.11.1998 - 4 BN 50/98 - juris). Den hiernach zu stellenden Anforderungen entspricht der Antragsschriftsatz der Antragstellerin zu 1. Dem vorgenommenen Verweis auf die zugleich beigefügte Stellungnahme im Planaufstellungsverfahren kann bereits ausreichend deutlich der erforderliche Rügewille entnommen werden. Es wird konkludent zum Ausdruck gebracht, dass die Einwendungen im Planaufstellungsverfahren aufrechterhalten und als Rügen im Normenkontrollverfahren erhoben werden sollen. Hiervon ist der festgestellte Ermittlungsfehler erfasst. In dem Einwendungsschreiben wird bereits hinreichend deutlich beanstandet, dass das Plangebiet und auch seine weitere Umgebung keinerlei Gewerbebetriebe aufweise, und die einzige gewerbliche Nutzung im Gebäude ... stattfinde. Durch die Bezugnahme auf diese Einwendungen wird auch der der Rüge zugrunde liegende Sachverhalt jedenfalls in seinem Kern noch so angesprochen, dass die mit der Rügepflicht bezweckte Anstoßfunktion als hinreichend erfüllt anzusehen ist.
40 
c) Ist der Bebauungsplan schon aus den vorgenannten Gründen unwirksam, bedarf keiner Entscheidung, ob er auch in weiterer Hinsicht mit höherrangigem Recht unvereinbar ist, insbesondere ob die von der Antragsgegnerin herangezogenen städtebaulichen Belange hinreichend konkret und plausibel sind, um die festgesetzten Nutzungsausschlüsse, insbesondere den von der Antragstellerin allein angegriffenen Ausschluss von Vergnügungsstätten, zu tragen.
III.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO.
42 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.
43 
Beschluss vom 15. Mai 2013
44 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG auf 20.000,--EUR (10.000,-- EUR je Antragstellerin) festgesetzt.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
I.
20 
Da die Antragstellerin zu 2 ihren Antrag zurückgenommen hat, ist das Verfahren insoweit entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
II.
21 
Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin zu 1 ist zulässig (1.) und begründet (2.).
22 
1. a) Er ist statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) sowie form- und fristgerecht gestellt worden.
23 
b) Der Antragstellerin zu 1 steht auch die notwendige Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zur Seite. Danach kann den Normenkontrollantrag jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung in diesem Sinne sind dieselben Anforderungen wie an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO zu stellen. Es ist daher ausreichend, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzung des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird (stRspr., vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 30.04.2004 - 4 C 1.03 - NVwZ 2004, 1120).
24 
Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Antragstellerin zu 1. Sie hat sich in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf einen Mietvertrag vom 05.11.2007 über Räume im Erdgeschoss des Gebäudes ... darauf berufen, dass der Mietvertrag sie nicht nur zum Betrieb der bereits bestehenden Spielhalle, sondern auch zur Errichtung und zum Betrieb weiterer Spielstätten, insbesondere - aber nicht nur - zum Betrieb weiterer Spielhallen berechtige. Sie verfolge entsprechende Nutzungsabsichten auch ungeachtet des von ihrer hundertprozentigen Tochter, der Antragstellerin zu 2, eingereichten Baugesuchs für dieselbe Nutzungsfläche weiter. Damit ist die Möglichkeit einer Verletzung eigener Rechte der Antragstellerin zu 1 hinreichend dargelegt.
25 
Obwohl sie nicht Eigentümerin des von den Festsetzungen betroffenen Grundstücks ist, folgt ihre Antragsbefugnis bereits aus einer möglichen Verletzung einer grundrechtlich geschützten subjektiv-rechtlichen Position und nicht - nur - aus einem Verstoß gegen das in § 1 Abs. 7 BauGB enthaltene - drittschützende - Abwägungsgebot, welches zwar weiter reicht - weil abwägungsbeachtlich nicht nur subjektive Rechte, sondern darüber hinaus auch bestimmte private Interessen sind -, aber solche Interessen nicht erfasst, die im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses für den Gemeinderat nicht erkennbar und deshalb auch nicht abwägungserheblich waren oder nicht vorlagen (vgl. hierzu z. B. BVerwG, Urteil vom 30.04.2004 - a. a. O. und Beschlüsse vom 22.08.2000 - 4 BN 38.00 - NVwZ, 2000, 1413 und 18.05.1994 - 4 NB 27.93 -NVwZ 1995, 264). Rechtsbeeinträchtigungen als Folge nachteiliger Festsetzungen eines Bebauungsplans kann auch derjenige erleiden, dem Rechte an einem von den Festsetzungen des Bebauungsplans betroffenen Grundstück zustehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2002 - 4 BN 2.02 - BauR 2002, 1199). Ein möglicherweise verletztes eigenes Recht kann sich dabei nicht nur aus einer eigentumsrechtlichen Position i. S. von Art. 14 Abs. 1 GG ergeben, sondern auch aus der in Art 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit, die auch die wirtschaftliche Entfaltungsfreiheit umfasst (BVerwG, Beschluss vom 18.05.1994, a. a. O.), oder aus der durch Art. 12 GG geschützten Berufsfreiheit eines Spielhallenbetreibers. Rechte der Antragstellerin aus diesen Bestimmungen dürften zwar nicht im Hinblick auf die bereits genehmigten und von ihr ausgeübten Nutzungen beeinträchtigt sein, weil diese von der Planung, die als Angebotsplanung für die Zukunft anzusehen ist, unberührt bleiben. Sie können aber insofern in absehbarer Zeit beeinträchtigt sein, als die im angegriffenen Bebauungsplan festgesetzten Nutzungsausschlüsse der Erteilung einer Baugenehmigung entgegenstehen, die für die von der Antragstellerin zu 1 weiterverfolgte Absicht, auf der als Billardcafé genutzten Fläche eine weitere (Glücks-) Spielhalle oder sonstige Spielstätte zu errichten und zu betreiben, erforderlich ist. Damit macht sie ein eigenes Recht geltend. Denn da ihr für ein etwaiges Verfahren auf Erteilung der Baugenehmigung die Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zustünde, muss ihr als potentieller Bauantragstellerin auch die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zuerkannt werden. Die Klagebefugnis stellt nur einen Ausschnitt der Antragsbefugnis dar. Die Anforderungen an die Antragsbefugnis dürfen daher auch nicht höher sein, als wenn ein Nichteigentümer die Erteilung einer Baugenehmigung begehrt (BVerwG, Beschluss vom 18.05.1994, a. a. O.).
26 
c) Es besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag der Antragstellerin zu 1. Das Verfahren ist für sie auch nach Inkrafttreten des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15.12.2011 - GlüStV - (GBl. 2012 S. 385) und des Landesglücksspielgesetzes vom 29.11.2012 - LGlüG - (GBL. 2012, 604) nicht ersichtlich nutzlos geworden. Zwar könnte sie die gemäß § 41 Abs. 1 LGlüG erforderliche glückspielrechtliche Erlaubnis für eine weitere Spielhalle im Sinne des § 40 LGlüG in den gemieteten Räumen derzeit nicht mehr erhalten, weil eine solche dem Verbot von „Mehrfachspielhallen“ nach § 25 Abs. 2 GlüStV, § 42 Abs. 2 LGlüG unterfiele. Der angegriffene Bebauungsplan schließt aber nicht nur dem sog. Agglomerationsverbot unterliegende erlaubnispflichtige Spielhallen, sondern jedwede Vergnügungsstätten aus. Erlaubnispflichtig sind gemäß § 41 Abs. 1 LGlüG nur Spielhallen, die ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten nach § 33c Abs. 1 Satz 1 der Gewerbeordnung oder der Veranstaltung anderer Spiele nach § 33d Abs. 1 Satz 1 der Gewerbeordnung, also von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeiten dienen. Die Antragstellerin zu 1. ist nach dem Mietvertrag aber nicht auf solche erlaubnispflichtigen Nutzungen beschränkt. Sie ist vielmehr gemäß § 2 Abs. 1 des Mietvertrages berechtigt, auf der gemieteten Fläche Spielstätten jedweder Art, also auch solche ohne die Möglichkeit eines Gewinns zu errichten und zu betreiben.
27 
2. Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin zu 1 ist auch begründet. Der Bebauungsplan ist wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 und § 2 Abs. 3 BauGB unwirksam.
28 
a) Die Festsetzung der Mischgebiete verstößt gegen den Grundsatz der städtebaulichen Erforderlichkeit des § 1 Abs. 3 BauGB, weil auf den Flächen keine mischgebietstypische Nutzungsdurchmischung erreicht werden kann.
29 
aa) Mit dem angegriffenen Änderungsbebauungsplan sind die Gebietsarten einschließlich der Mischgebiete nicht lediglich unverändert aus dem ursprünglichen Bebauungsplan übernommen, sondern konstitutiv neu festgesetzt worden. Nach dem objektiv zum Ausdruck gekommenen Regelungsgehalt der Satzung kann den Festsetzungen nicht eine bloße nachrichtliche Bedeutung beigemessen werden. Hierfür bedürfte es eines positiven Hinweises im Satzungsbeschluss oder in den zum Bestandteil der Satzung gemachten textlichen Festsetzungen des Deckblatts, an dem es fehlt. Die Gebietsartfestsetzungen wurden vielmehr ausdrücklich auf die Baunutzungsverordnung i. d. F. vom 23.01.1990, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.04.1993, gestützt und erhalten damit einen anderen, den Regelungen der aktuellen Baunutzungsverordnung entsprechenden Inhalt. Durch die Planbegründung wird ein insoweit bestehender neuer Planungswille auch bestätigt. Denn dort heißt es, dass „eine Änderung der zulässigen Nutzungsarten auf der Basis der aktuellen BauNVO nötig“ sei.
30 
bb) Für die Neufestsetzung der Mischgebiete fehlt die städtebauliche Rechtfertigung gemäß § 1 Abs. 3 BauGB. Danach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dies gilt für die Planung insgesamt und für jede ihrer Festsetzungen. Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption. Welche städtebaulichen Ziele sich eine Gemeinde hierbei setzt, liegt grundsätzlich in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, diejenige „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.08.1995 - 4 NB 21.95 -Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86; Urteil vom 26.03.2009 - 4 C 21.07 -BVerwGE 133, 310). Eine Planung ist dann gerechtfertigt, wenn sie nach dem städtebaulichen Konzept „vernünftigerweise“ geboten erscheint (Senatsurteil vom 30.04.2004 - 8 S 8374/03 - BRS 67 Nr. 26). Die Gemeinde besitzt insoweit ein sehr weites planerisches Ermessen (BVerwG, Beschluss vom 14.08.1995 - 4 NB 21.95 - juris). Dieser Spielraum umfasst auch die Befugnis zu einer Planung für einen künftigen Bedarf. Die Gemeinde kann im Vorgriff auf künftige Entwicklungen einer Bedarfslage gerecht werden, die sich zwar noch nicht konkret abzeichnet, aber bei vorausschauender Betrachtung in einem absehbaren Zeitraum erwartet werden kann. Unwirksam ist eine solche Angebotsplanung aber, wenn sie auf unabsehbare Zeit aus tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung bietet oder ihr unüberwindliche rechtliche Hindernisse im Weg stehen und der Bebauungsplan damit den gestaltenden Auftrag der Bauleitplanung verfehlt (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 25.04.2002 - 4 BN 20.02 - juris, vom 08.11.2004 - 4 BN 39.04 - NVwZ 2005, 324 und vom 11.05.1999 - 4 BN 15.99 - BauR 1999, 1136 jeweils m. w. N.). Dies kann auch dann der Fall sein, wenn schon im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses feststeht, dass die für das festgesetzte Baugebiet vorgegebene Mischung von Nutzungsarten faktisch nicht erreicht werden kann. Es kommt maßgeblich auf die Möglichkeit an, das Gebiet zukünftig in dem ausgewiesenen Sinne zu entwickeln. Danach ist die Festsetzung der Mischgebiete fehlerhaft, weil sie nicht vollzogen werden kann.
31 
Mischgebiete dienen gemäß § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Die Eigenart des Mischgebiets wird maßgeblich durch eine sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht zu verstehenden Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe bestimmt. Darin liegt die normativ bestimmte besondere Funktion des Mischgebiets, mit der dieses sich von den anderen Baugebietstypen der Baunutzungsverordnung unterscheidet. Dabei ist einerseits nicht erforderlich, dass die beiden Hauptnutzungsarten zu genau oder annähernd gleichen - wie auch immer rechnerisch zu bestimmenden - Anteilen im jeweiligen Gebiet vertreten sind. Auf der anderen Seite wird jedoch die Bandbreite der typischen Eigenart des Mischgebiets, soweit es um die quantitative Seite des Mischungsverhältnisses geht, nicht erst dann verlassen, wenn eine der beiden Hauptnutzungsarten als eigenständige Nutzung im Gebiet völlig verdrängt wird und das Gebiet deshalb in einen anderen Gebietstyp „umkippt". Für die Annahme eines Mischgebietscharakters ist es daher erforderlich und zugleich aber auch ausreichend, dass im jeweiligen Gebiet eine der beiden Hauptnutzungsarten nicht nach Anzahl und/oder Umfang beherrschend und in diesem Sinne „übergewichtig" in Erscheinung tritt (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.05.1988 - 4 C 34.86 - BVerwGE 79, 309; vgl. auch Senatsbeschluss vom 18.06.1986 - 8 S 1068/86 - VBlBW 1987, 106).
32 
Nach diesen Maßstäben bieten die Mischgebietsfestsetzungen des Bebauungsplans ausgehend von den in dem Plangebiet anzutreffenden Verhältnissen auf unabsehbare Zeit keine Aussicht auf Verwirklichung und verfehlen somit den gestaltenden Auftrag der Bauleitplanung. Es ist aus tatsächlichen Gründen nicht absehbar, dass sich die erneut als Mischgebiete festgesetzten Bereiche des Plangebiets auch zu Mischgebieten i.S. von § 6 BauNVO entwickeln. Im gesamten Plangebiet wird lediglich das im festgesetzten Gewerbegebiet gelegene Gebäude ..., das auch die von der Antragstellerin zu 1 betriebene Spielhalle beherbergt, gewerblich genutzt. Die überbaubaren Flächen der Mischgebiete einschließlich des nördlich des Gewerbegebiets festgesetzten Mischgebiets werden ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt. Nach dem von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 06.05.2013 vorgelegten Lageplan und dem Vorbringen der Beteiligten ist auch davon auszugehen, dass die Mischgebietsflächen keine nennenswerten Baulücken mehr aufweisen, so dass auch eine Bebauung etwa noch vorhandener Baulücken mit gewerblichen Nutzungen nicht zu der erforderlichen Durchmischung von Wohnnutzung und gewerblicher Nutzung führen könnte. Es fehlt nicht nur die für ein Mischgebiet erforderliche Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe, vielmehr ist das Gebiet bereits in ein Wohngebiet „umgekippt" mit der Folge, dass sich die Festsetzung der Mischgebiete letztlich als von Anfang an funktionslos darstellt. Auch die Antragsgegnerin betrachtet nach den Ausführungen ihres Vertreters in der mündlichen Verhandlung die festgesetzten Mischgebiete als faktische allgemeine Wohngebiete. Soweit sie gleichwohl eine tatsächliche Umwandlung dieser Gebiete in Mischgebiete für theoretisch denkbar hält, handelt es sich hierbei um eine spekulative Vermutung, die die Mischgebietsfestsetzungen nicht rechtfertigt. Eine den Mischgebietsfestsetzungen entsprechende Bedarfslage hat die Antragsgegnerin nicht plausibel dargetan. Es fehlt an jeglichen Anhaltspunkten, dass in den Mischgebieten Bestrebungen vorhanden sind, in den vorhandenen Wohngebäuden gewerbliche Nutzungen aufzunehmen, die die erforderliche Durchmischung der Gebiete in absehbarer Zeit erwarten lassen. Die bauliche Entwicklung der Flächen in den vergangenen Jahren spricht vielmehr gegen einen Bedarf für ein Mischgebiet. Denn obwohl dort bereits seit Jahrzehnten - zunächst aufgrund der Ausweisung des Gebiets als „Ländlicher Bereich“ durch die Ortbausatzung der Antragsgegnerin und sodann aufgrund der Mischgebietsfestsetzungen im Bebauungsplan von 1986 - auch gewerbliche Nutzungen zulässig sind, hat sich in dem Gebiet gleichwohl ausschließlich Wohnnutzung angesiedelt. Anhaltspunkte für eine geänderte Bedarfslage in absehbarer Zukunft bestanden zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht und bestehen auch heute nicht. Weder die Planbegründung noch die sonstigen Bebauungsplanakten noch der Vortrag der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung weisen auf Bestrebungen der Grundstückseigentümer in den Mischgebieten hin, in den Wohngebäuden zukünftig gewerbliche Nutzungen aufzunehmen, die sich nicht auch in einem allgemeinen Wohngebiet verwirklichen lassen, sondern zu der für ein Mischgebiet typischen Durchmischung von Wohnen und Gewerbe führen. Davon ist die Antragsgegnerin im Planaufstellungsverfahren selbst nicht ausgegangen. Der Fokus ihrer Planung war auf die Festsetzung von Nutzungsausschlüssen aus Anlass des Baugesuchs der Antragstellerin zu 2 für eine weitere Spielhalle gerichtet. Dies hat dazu geführt, dass die seit der Planung im Jahre 1986 eingetretenen Änderungen der tatsächlichen baulichen Verhältnisse des Plangebiets bei der - erneuten - Festsetzung der Nutzungsarten auf der Grundlage der aktuellen Baunutzungsverordnung nicht gesondert in den Blick genommen und die Festsetzungen aus dem ursprünglichen Bebauungsplan ohne jede Untersuchung und Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen tatsächlichen Veränderungen ungeprüft übernommen wurden. Die Erwartung, die in den Mischgebieten vorhandenen Nutzungen würden sich zukünftig ändern, lag auch der Entscheidung des Gemeinderats nicht zugrunde. Schließlich weisen die weitgehend bebauten Mischgebiete nach dem - unwidersprochen gebliebenen - Vortrag der Antragstellerin zu 1 auch keinen alten Baubestand auf, der Gebäuderenovierungen erforderlich macht, die die Erwartung von Nutzungsänderungen in absehbarer Zeit und in einem Umfang rechtfertigen könnten, der zu der nötigen Durchmischung des Gebiets führen könnte.
33 
Der Hinweis der Antragsgegnerin auf gerichtliche Entscheidungen zu einem rechtlich zulässigen Absehen von einer tatsächlichen Durchmischung von Gewerbe und Wohnen führt zu keiner anderen Beurteilung. Dem Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 16.03.2001 (a. a. O.) lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet bereits verschiedene gewerbliche Nutzungen vorhanden und darüber hinaus auch Entwicklungstendenzen zu weiterer gewerblicher Nutzung festzustellen waren. Solche Entwicklungstendenzen sind ebenso wie bereits vorhandene gewerbliche Nutzungen in der hier vorliegenden Situation aber gerade nicht gegeben. Auch der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung des erkennenden Senats vom 15.10.1991 (a. a. O.) liegt keine vergleichbare Fallkonstellation zugrunde. Der Senat ging davon aus, das die Genehmigung eines Wohnbauvorhabens, mit dem ein „Umkippen“ eines bebauungsplanmäßig rechtswirksam festgesetzten Gewerbegebiets bewirkt wird, Rechte der gegen die Genehmigung klagenden Gemeinde nicht verletzt, wenn das festgesetzte Mischgebiet der „Abpufferung“ zwischen einer das Wohnen störenden und einer überwiegenden oder reinen Wohnnutzung dienen solle und es im Verhältnis zum gesamten Plangebiet einen geringen Flächenanteil ausmache, der in dem entschiedenen Fall etwa 1/10 des Plangebiets betrug. Das Mischgebiet verliere, obwohl sich tatsächlich weit überwiegend Wohnbebauung angesiedelt habe, seine Funktion als Pufferzone nicht, weil für eventuelle Abwehransprüche die planerische Festsetzung im Bebauungsplan maßgebend sei, die Bewohner somit nach wie vor nur den geminderten Schutz eines Gebiets mit dem Charakter eines Mischgebiets in Anspruch nehmen könnten. Abgesehen davon, dass der Flächenanteil der hier festgesetzten Mischgebiete im Verhältnis zum gesamten Plangebiet anders als in der genannten Entscheidung nicht gering ist, sondern etwa 2/3 der festgesetzten Bauflächen ausmacht, liegt auch insoweit eine andere Konstellation vor, als sich die Mischgebietsfestsetzung in dem entschiedenen Fall nicht - wie hier - von Anfang an auf ein faktisches Wohngebiet bezogen, sondern dieses sich erst nachträglich zu einem Wohngebiet entwickelt hat.
34 
Soweit die Entscheidung allerdings auch so zu verstehen sein sollte, dass bereits die Festsetzung eines Mischgebiets als „Puffergebiet“ zwischen gewerblicher und Wohnnutzung städtebaulich als gerechtfertigt angesehen wird, auch wenn die Verwirklichung einer mischgebietstypischen Durchmischung des Gebiets von vornherein ausscheidet, hält der Senat an einer solchen Auffassung nicht fest. Setzt der Plangeber ein Mischgebiet fest, muss er das gesetzlich vorgesehene gleichberechtigte Miteinander von Wohnen und Gewerbe auch wollen oder zumindest als sicher voraussehen, dass sich eine solche Mischung auch einstellt. Wenn er eine Durchmischung gar nicht anstrebt oder eine solche wegen der vorhandenen Bebauung faktisch nicht zu erreichen ist, stellt die Festsetzung des Mischgebiets einen „Etikettenschwindel“ dar und ist städtebaulich nicht gerechtfertigt (vgl. z. B. Bay. VGH, Urteil vom 03.04.2007 - 25 N 03.1282 - juris, m. w. N. und OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.09.2002 - 7 a D 118/00.NE - juris). Insbesondere darf sich der Plangeber nicht in eine Mischgebietsausweisung „flüchten“, um die Schutzwürdigkeit einer im Mischgebiet vorhandenen Wohnbebauung gegenüber immissionsträchtigen Gegebenheiten im Plangebiet und/oder seiner Nachbarschaft herabzustufen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.10.2009 - 1 C 10150/09 - juris, Rn. 27 und OVG Nordrhein-Westfalen, a. a. O.). Denn die planende Gemeinde unterliegt dem Gebot der Typenkonformität, d. h. sie ist verpflichtet, sich an die von der Baunutzungsverordnung vorgesehenen Gebietstypen und damit an das rechtsstaatliche Prinzip zu halten, dass Inhalt und Schranken des Eigentums regelnde Normen, wie es die Festsetzungen eines Bebauungsplans sind, einer gesetzlichen Grundlage bedürfen (vgl. Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB, Komm., 4. Aufl., § 1 Rn.25). Zwar kann eine „Pufferzone“ zwischen unterschiedlichen, unverträglichen Nutzungen geschaffen werden, indem ein Mischgebiet festgesetzt wird, das auf der Grundlage von § 1 Abs. 4 bis 9 BauNVO gegliedert wird. Dabei mag nach den konkreten Umständen des Einzelfalls auch in Betracht kommen, ein Mischgebiet in der Weise zu gliedern, dass ein - geringer - Teil der Wohnnutzung vorbehalten, während in einem anderen - ebenfalls nur kleinen - Teil die Wohnnutzung vollständig ausgeschlossen wird (vgl. Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Komm., Stand April 2012, § 6 BauNVO, Rn. 13; OVG Niedersachsen, Urteil vom 25.03.1994 - 1 K 6147/92 - BauR 1994, 599 und Urteil vom 13.03.2003 - 1 K 4221/00- BauR 2003, 769), soweit sich der Mischgebietscharakter bezogen auf das Baugebiet als Ganzes noch ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 22.12.1989 - 4 NB 32.89 - BauR 1990, 186; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.03.1995 - 5 S 2916/93 - VBlBW 1996, 26). Eine solche die erforderliche Nutzungsdurchmischung des Mischgebiets noch gewährleistende Gebietsgliederung steht hier aber weder in Rede, noch dispensieren die Gliederungsermächtigungen von der Beachtung der (konkreten) städtebaulichen Erforderlichkeit i. S. des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB (vgl. Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiss a. a. O., § 1 BauNVO, Rn. 18).
35 
cc) Die Unwirksamkeit der Mischgebietsfestsetzungen führt dazu, dass der Bebauungsplan insgesamt unwirksam ist. Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen nur dann - ausnahmsweise - nicht zu dessen Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen, für sich betrachtet, noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können (Grundsatz der Teilbarkeit) und wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung ohne den unwirksamen Teil beschlossen hätte (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers; vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 22.01.2008 - 4 B 5.08 - juris und vom 01.08.2001 - 4 B 23.01 - NVwZ 2002, 205). Diesbezüglich muss vermieden werden, dass in die kommunale Planungshoheit mehr als nötig eingegriffen wird. Ein Gericht darf insbesondere nicht gestaltend tätig sein, sondern hat den planerischen Willen des Ortsgesetzgebers zu respektieren (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 19.09.2002 - 4 CN 1.02 - BVerwGE 117, 58). Von Gesamtunwirksamkeit ist auszugehen, wenn einzelne unwirksame Festsetzungen mit dem gesamten Bebauungsplan in einem untrennbaren Regelungszusammenhang stehen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20.08.1991 - 4 NB 3.91 -NVwZ 1992, 567 und 08.08.1989 - 4 NB 2.89 - NVwZ 1990, 159).
36 
Letzteres ist hier hinsichtlich der Baugebietsfestsetzungen der Fall. Die fehlerhaften Mischgebietsfestsetzungen berühren das Planungskonzept insgesamt. Es ist nicht zu erkennen, dass ohne die Mischgebietsfestsetzungen die Festsetzungen des Gewerbegebiets und des eingeschränkten Gewerbegebiets für sich bestehen bleiben könnten und die Antragsgegnerin hierauf beschränkte Festsetzungen der Nutzungsart gewollt hätte. Die unterschiedlichen Nutzungsarten stehen in wechselseitigen Beziehungen untereinander und im Verhältnis zu den das Plangebiet umgebenden Wohngebieten. Mit der hier angegriffenen Planänderung wurde das dem ursprünglichen Bebauungsplan zugrunde liegende städtebaulichen Konzept, das bei der Festsetzung des Gewerbegebiets in der Nachbarschaft zu bestehenden Wohngebieten dem Trennungsgebot des § 50 BImSchG und dem Gebot sachgerechter Konfliktbewältigung durch ein abgestuftes Geflecht an Baugebieten Rechnung trägt, übernommen. Ausgehend von diesem städtebaulichen Konzept steht das restliche Plangefüge in einem untrennbaren Zusammenhang mit den unwirksamen Mischgebietsfestsetzungen. Mit der Unwirksamkeit der Mischgebietsfestsetzungen ist dem mit den Gebietsabstufungen verfolgten Konzept die Grundlage entzogen. Dies macht die Planung mangels objektiver Teilbarkeit unwirksam. Zudem kann auch nicht mit der gebotenen Sicherheit angenommen werden, dass der Gemeinderat der Antragsgegnerin an der Festsetzung des Gewerbegebiets und des eingeschränkten Gewerbegebiets festgehalten hätte, wenn er gewusst hätte, dass die Mischgebietsfestsetzungen unwirksam sind. Vielmehr erscheint es keineswegs unwahrscheinlich, dass er im Hinblick auf die in den Mischgebieten ausschließlich vorhandene Wohnnutzung das Plangeflecht im gesamten Planbereich geändert und andere Gebietstypen festgesetzt oder andere Regelungen getroffen hätte, um eine Verträglichkeit der Gewerbegebietsnutzung mit der im Plangebiet tatsächlich vorhandenen Wohnnutzung sowie derjenigen außerhalb des Plangebiets herzustellen.
37 
b) Der Bebauungsplan leidet außerdem an einem zu seiner (Gesamt-) Unwirksamkeit führenden, als Verfahrensfehler zu behandelnden Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB.
38 
Denn die fehlerhafte Beurteilung der Erforderlichkeit der Mischgebietsfestsetzungen schlägt auch in Form eines Ermittlungsfehlers bei der - bereits auf der Verfahrensebene - gebotenen Ermittlung und Bewertung der für die Abwägung bedeutsamen Belange im Sinne der genannten Vorschrift durch. Wie ausgeführt, hat der Gemeinderat die seit der Planung im Jahre 1986 eingetretenen Änderungen der tatsächlichen baulichen Verhältnisse des Plangebiets bei der - erneuten - Festsetzung der Nutzungsarten auf der Grundlage der aktuellen Baunutzungsverordnung nicht gesondert in den Blick genommen und die Festsetzungen aus dem ursprünglichen Bebauungsplan ohne jede Untersuchung und Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen tatsächlichen Veränderungen ungeprüft übernommen. Dieses Ermittlungsdefizit begründet einen Verfahrensfehler, der nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlich ist. Denn er betrifft einen von der Planung berührten Belang, der der Gemeinde hätte bekannt sein müssen und der in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt worden ist. Er ist auch im Sinne der genannten Vorschrift offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen. Das Tatbestandsmerkmal der Offensichtlichkeit ist stets erfüllt, wenn der Fehler zur „äußeren Seite“ des Abwägungsvorgangs gehört und sich - wie hier - aus den Planungsakten ergibt (BVerwG, Urteil vom 21.08.1981 - 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33, 38). Der Mangel ist auch auf das Verfahrensergebnis von Einfluss gewesen. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Ermittlungsfehler die Planung anders ausgefallen wäre (BVerwG, Urt. v. 09.04.2008 - 4 CN 1.07 - NVwZ 2008, 899 ff., m.w.N. zu einem Mangel im Abwägungsvorgang und Ernst-Zinkahn-Bielenberg, a.a. O, § 214 Rn. 39h und 141). Diese Möglichkeit besteht hier. Es ist nicht anzunehmen, dass der Gemeinderat die Mischgebietsfestsetzungen auch vorgenommen hätte, wenn er die tatsächliche Bebauung in den Mischgebieten zur Kenntnis genommen und berücksichtigt hätte. Vielmehr besteht eine konkrete Wahrscheinlichkeit dafür, dass er im gesamten Planbereich andere Gebietstypen festgesetzt hätte, wenn ihm bewusst gewesen wäre, dass seinem Planungskonzept wegen der in den Mischgebieten ausschließlich vorhandenen Wohnnutzung die Grundlage fehlt. So erscheint es naheliegend, beispielsweise die Mischgebiete ihrer tatsächlichen Bebauung entsprechend als allgemeine Wohngebiete - gegebenenfalls ergänzt um abschirmende Maßnahmen wie Pflanzgebote - und das bisher unbebaute eingeschränkte Gewerbegebiet auf der im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Fläche als Mischgebiet festzusetzen, um einen Übergang zum nördlich anschließenden Gewerbegebiet zu schaffen. Denkbar wäre auch, das Gewerbegebiet im Hinblick auf seine geringe Größe und seine Lage inmitten von reiner Wohnbebauung nur als eingeschränktes Gewerbegebiet, in dem nur das Wohnen nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe zulässig sind, festzusetzen.
39 
Der mithin beachtliche Ermittlungsfehler ist auch nicht aufgrund von § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB wieder unbeachtlich geworden. Denn er wurde innerhalb der Jahresfrist mit der Antragsschrift gegenüber der Gemeinde geltend gemacht. Der der Antragsgegnerin innerhalb der Jahresfrist zugegangene Antragsschriftsatz erfüllt zusammen mit dem ihm beigefügten Einwendungsschreiben vom 21.08.2009 die Darlegungsanforderungen des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Danach ist der Fehler unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend zu machen. Hierbei genügt eine Darstellung des den Mangel begründenden Sachverhalts mit erkennbarem Rügewillen. Die Rügepflicht des § 215 Abs. 1 BauGB bezweckt lediglich eine Anstoßfunktion. „Geltend gemacht“ ist ein Mangel bereits dann, wenn ein Sachverhalt geschildert wird, aus dem sich der Mangel herleiten lässt, und wenn aus den Erklärungen des Rügenden auch dessen Wille deutlich wird, sich für die angestrebte Unwirksamerklärung des Bebauungsplans auf den konkreten Mangel zu berufen (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17.08.1989 - 4 NB 22/89 - juris, und Jäde a. a. O., § 215 Rn.7 sowie zur Erforderlichkeit eines Rügewillens auch BVerwG, Beschluss vom 11.11.1998 - 4 BN 50/98 - juris). Den hiernach zu stellenden Anforderungen entspricht der Antragsschriftsatz der Antragstellerin zu 1. Dem vorgenommenen Verweis auf die zugleich beigefügte Stellungnahme im Planaufstellungsverfahren kann bereits ausreichend deutlich der erforderliche Rügewille entnommen werden. Es wird konkludent zum Ausdruck gebracht, dass die Einwendungen im Planaufstellungsverfahren aufrechterhalten und als Rügen im Normenkontrollverfahren erhoben werden sollen. Hiervon ist der festgestellte Ermittlungsfehler erfasst. In dem Einwendungsschreiben wird bereits hinreichend deutlich beanstandet, dass das Plangebiet und auch seine weitere Umgebung keinerlei Gewerbebetriebe aufweise, und die einzige gewerbliche Nutzung im Gebäude ... stattfinde. Durch die Bezugnahme auf diese Einwendungen wird auch der der Rüge zugrunde liegende Sachverhalt jedenfalls in seinem Kern noch so angesprochen, dass die mit der Rügepflicht bezweckte Anstoßfunktion als hinreichend erfüllt anzusehen ist.
40 
c) Ist der Bebauungsplan schon aus den vorgenannten Gründen unwirksam, bedarf keiner Entscheidung, ob er auch in weiterer Hinsicht mit höherrangigem Recht unvereinbar ist, insbesondere ob die von der Antragsgegnerin herangezogenen städtebaulichen Belange hinreichend konkret und plausibel sind, um die festgesetzten Nutzungsausschlüsse, insbesondere den von der Antragstellerin allein angegriffenen Ausschluss von Vergnügungsstätten, zu tragen.
III.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO.
42 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.
43 
Beschluss vom 15. Mai 2013
44 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG auf 20.000,--EUR (10.000,-- EUR je Antragstellerin) festgesetzt.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.

(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.

(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.

(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.

(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.

(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.

(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.

(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.

(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.

(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.

(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.

(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.

(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.

(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.

(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.

(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.

(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.

(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.

(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.

(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.

(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.

(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.

(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.

(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.

(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.

(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.

(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.

(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.

(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.

(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung.

(2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist ortsüblich bekannt zu machen. Der Bebauungsplan ist mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung nach § 10a Absatz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Januar 2006 - 12 K 475/05 - geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 25. August 2004 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die mit Schreiben vom 11. Juni 2004 beantragte Baugenehmigung zur Erweiterung der Verkaufsfläche innerhalb ihres bestehenden Einzelhandelsbetriebs in Kirchheim/Teck, Sch. Straße ..., zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin erstrebt eine Baugenehmigung für die Erweiterung der Verkaufsfläche eines Lebensmittelmarkts.
Sie betreibt auf dem im Nordosten des Stadtgebiets der Beklagten gelegenen Grundstück Sch. Straße ... einen von der Beklagten im Jahre 2001 genehmigten Lebensmittelmarkt. Das eingeschossige Gebäude enthält einen 47,35 m x 17,30 m großen Verkaufsraum; die übrige Fläche wird in erster Linie als Lager genutzt.
Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Wangergasse“ der Beklagten vom 20.6.2001, der es als Mischgebiet ausweist. Gemäß dem dazu geschlossenen Durchführungsvertrag sei „somit hier von der baurechtlichen Zulässigkeit eines Lebensmittelmarkts bis maximal 800 m 2 Verkaufsfläche und 1.200 m 2 Geschossfläche auszugehen“.
Die Klägerin möchte eine 3,25 m x 17,00 m (= 55,25 m 2 ) große Teilfläche, die bisher als Lager genutzt wurde, in den Verkaufsraum einbeziehen und stellte unter dem 11.6.2004 einen entsprechenden Bauantrag. Die Beklagte lehnte dieses Vorhaben am 25.8.2004 mit der Begründung ab, es widerspreche dem Bebauungsplan. Diesem lägen Pläne zugrunde, in denen eine Verkaufsfläche von 781 m 2 ausgewiesen sei. Nach der Begründung des Bebauungsplans solle eine Verkaufsfläche für einen Discount-Markt bis 800 m 2 zugelassen werden. Mit der beabsichtigten Nutzung eines Teils der bisherigen Lagerfläche als Verkaufsfläche werde die gesamte Verkaufsfläche auf 831 m 2 erhöht und damit gegen den Bebauungsplan verstoßen. Befreiungsgründe im Sinne des § 31 Abs. 2 BauGB seien nicht erkennbar.
Gegen diesen ablehnenden Bescheid legte die Klägerin am 13.9.2004 Widerspruch ein und trug vor, ihr Vorhaben sei selbst dann zulässig, wenn man davon ausgehe, dass die Einpackzone von 39 m 2 der Verkaufsfläche hinzuzurechnen sei. Zwar sei dann die im Bebauungsplan festgesetzte maximale Verkaufsfläche um 37 m 2 überschritten, sie habe jedoch einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Befreiung. Insbesondere würden durch diese Überschreitung die Grundzüge der Planung nicht berührt, weil die zu schützende Infrastruktur der Stadt in keiner Weise betroffen werde. Erforderlichenfalls werde dies durch ein noch vorzulegendes Gutachten (z. B. der GMA Ludwigsburg) belegt. Das Befreiungsermessen sei auf Null reduziert. Dieser Widerspruch blieb unbeschieden.
Am 1.2.2005 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem Antrag Klage erhoben, die Beklagte unter Aufhebung ihres ablehnenden Bescheids zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen. Sie hat darauf verwiesen, die der streitigen Verkaufsstätte zukommende Nahversorgungsfunktion komme sinnfällig dadurch zum Ausdruck, dass sie auf ausdrückliche Bitte der Beklagten eine fußläufige Verbindung zu dem unmittelbar angrenzenden Wohngebiet geschaffen habe.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Der Vorhaben- und Erschließungsplan der Klägerin sei gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB Bestandteil des Bebauungsplans. Im Teilplan „Grundriss“ sei die zulässige Verkaufsfläche definiert als „Verkaufsraum mit einer Nutzfläche von 799,85 m 2 .“ Entsprechend seiner Rechtsnatur als vorhabenbezogener Bebauungsplan erschöpfe er sich in der Zulassung eines bestimmten Vorhabens. Modifikationen bedürften neuer planungsrechtlicher Rechtfertigung. Die Aufstockung auf eine Verkaufsfläche von 831 m 2 sei daher durch den Bebauungsplan nicht gedeckt und bedürfe neuer planerischer Zulassung. Im Übrigen seien weder Anhaltspunkte für eine betriebliche noch für eine städtebauliche Atypik erkennbar, die ein Abweichen von der Regelvermutung des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO zuließen.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 19.1.2006 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei als Untätigkeitsklage zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der Bebauungsplan „Wangergasse“ erlaube nur eine Verkaufsfläche von 800 m 2 und dieses Maß werde durch die von der Klägerin beabsichtigte Nutzung eines Teils des bisherigen Lagerraums als Verkaufsfläche überschritten. Da der Vorhaben- und Erschließungsplan, der Bebauungsplan und der Durchführungsvertrag aufeinander abgestimmt sein müssten und sich nicht widersprechen dürften, sei fraglich, ob eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans strukturell in Betracht komme. Dies bedürfe aber keiner abschließenden Klärung, da die Befreiungsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht vorlägen, weil die von der Klägerin beanspruchte Abweichung von den Vorgaben des Bebauungsplans die Grundzüge der Planung berühre. Die für die zulässige Verkaufsfläche geltende Grenze von 800 m 2 sei nicht als mehr oder weniger beliebige Zahl „gegriffen“, sondern eine für die Plankonzeption der Beklagten wesentliche Regelung, von der eine Befreiung nicht erteilt werden könne.
Hiergegen richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 17.8.2006 - 8 S 483/06 - zugelassene Berufung der Klägerin, mit der sie beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Januar 2006 - 12 K 475/05 - zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 25. August 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die mit Schreiben vom 11. Juni 2004 beantragte Baugenehmigung zur Erweiterung der Verkaufsfläche innerhalb ihres bestehenden Einzelhandelsbetriebs in Kirchheim/Teck, Sch. Straße ..., zu erteilen sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.
11 
Sie macht geltend: Auch ein vorhabenbezogener Bebauungsplan sei einer Befreiungsentscheidung zugänglich. Der Gesetzgeber habe in § 12 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 4 BauGB die Anwendung bestimmter planungsrechtlich relevanter Vorschriften ausgeschlossen, nicht jedoch die Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB. Hinzu komme, dass die „Abstimmung“ zwischen Vorhabenträger und planender Gemeinde im vorliegenden Fall lediglich darin bestanden habe, dass die Beklagte eine maximale Verkaufsfläche von 800 m 2 verbindlich vorgegeben habe. Es bestehe deshalb im Hinblick auf Befreiungsmöglichkeiten kein Unterschied zu einem „normalen“ Bebauungsplan, der diese Vorgabe durch die Festsetzung eines Baugebiets mache. Die Sachverhalte seien deshalb identisch zu beurteilen. Städtebaulich relevante Gesichtspunkte, die es rechtfertigen könnten, die beantragte Befreiung zu verweigern, seien nicht gegeben.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Sie erwidert: Im Falle eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans könne der Tatbestand des § 31 Abs. 2 BauGB schon deshalb nicht erfüllt sein, weil er nur eine Befreiung von einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans erlaube, die Zulässigkeit eines Vorhabens im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans aber nach § 30 Abs. 2 BauGB voraussetze, dass es dem Bebauungsplan schlechthin nicht widerspreche. Diese unterschiedliche Formulierung berücksichtige, dass ein vorhabenbezogener Bebauungsplan einerseits keine Festsetzungen im Sinne des § 9 BauGB treffen müsse und er andererseits von dem Katalog dieser Bestimmung unabhängige Vorgaben enthalten könne. Für § 30 Abs. 2 BauGB gebe es keine seinen Wortlaut aufgreifende Befreiungsvorschrift. Eine analoge Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB verbiete sich schon deshalb, weil diese Bestimmung keine geeigneten Maßstäbe für Abweichungen von Zulässigkeitsvorgaben enthalten könne, die nicht aus dem Festsetzungskatalog des § 9 BauGB stammten. § 12 Abs. 3 Satz 2 BauGB sei schrankenlos formuliert, dem entsprechend ließen sich allgemeine Voraussetzungen für die Zulassung von Abweichungen schwerlich aufstellen.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorliegenden Akten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die - aufgrund ihrer Zulassung im Beschluss des Senats vom 17.8.2006 statthafte und auch im Übrigen zulässige - Berufung ist begründet, denn die Klägerin hat einen Anspruch auf die begehrte Abweichung von den Vorgaben des Bebauungsplans „Wangergasse“. Die Vorschriften über Befreiungen von Bebauungsplänen in § 31 Abs. 2 BauGB sind auf vorhabenbezogene Bebauungspläne im Sinne des § 12 BauGB anwendbar (nachfolgend 1.), die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung liegen vor (nachfolgend 2.) und das Befreiungsermessen ist auf Null reduziert (nachfolgend 3.).
17 
1. Der Senat bejaht die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene, letztlich aber offen gelassene Frage, ob auch vorhabenbezogene Bebauungspläne einer Befreiung nach den Bestimmungen des § 31 Abs. 2 BauGB zugänglich sind. Der Gesetzeswortlaut steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen. Denn § 12 Abs. 3 BauGB führt - worauf die Klägerin zutreffend hinweist - eine Reihe von Bestimmungen an, die keine Anwendung finden; § 31 BauGB gehört jedoch nicht dazu. Auch der Wortlaut des § 30 Abs. 2 BauGB weist - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht in die gegenteilige Richtung. Es trifft zwar zu, dass hier - anders als in § 30 Abs. 1 BauGB - nicht von „Festsetzungen“ die Rede ist, sondern von „dem Bebauungsplan“, dem das Vorhaben nicht widersprechen darf. Das erklärt sich aber daraus, dass ein vorhabenbezogener Bebauungsplan nach § 12 Abs. 3 BauGB nicht notwendig Festsetzungen (im Sinne des § 9 BauGB und der BauNVO) enthalten muss. Ferner überzeugt das weitere Vorbringen der Beklagten nicht, § 31 Abs. 2 BauGB enthalte keine geeigneten Maßstäbe für die Beurteilung von Abweichungen und allgemeine Voraussetzungen ließen sich schwerlich aufstellen, denn die Voraussetzungen für Ausnahmen und Befreiungen ergeben sich aus § 31 BauGB und nicht aus dem Festsetzungskatalog des § 9 BauGB. Auch der Sache nach erscheint es nicht gerechtfertigt, jede noch so kleine Abweichung von einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan unter den Vorbehalt einer Planänderung zu stellen. Eine solche Inflexibilität würde dieses Instrument städtebaulicher Planung in nicht unerheblichem Umfang seiner Vorteile berauben, weil Investoren befürchten müssten, notwendige Änderungen bei der Detailplanung ihrer Vorhaben durch ein - auch unter Berücksichtigung des vereinfachten Verfahrens nach § 13 BauGB - zähes Bauleitplanverfahren schleusen zu müssen. Schließlich besteht aufgrund der Einbindung des Vorhaben- und Erschließungsplans in den Bebauungsplan (§ 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB) auch keine Notwendigkeit für eine restriktive Auslegung des § 31 BauGB. Denn Übereinstimmung muss nur auf der Planungsebene herrschen. Auf der Genehmigungsebene besteht dagegen kein prinzipieller Unterschied zu „normalen“ Bebauungsplänen. Die Besonderheit besteht lediglich darin, dass nicht nur von der gemeindlichen Bauleitplanung, sondern auch vom Vorhaben- und Erschließungsplan abgewichen wird. Es gibt aber keinen Grund, den Investor in einem solchen Plangebiet nur deshalb schlechter zu stellen, weil seine Planungen mit denjenigen der Gemeinde „abgestimmt“ sind. Ebenso wie demjenigen, der in einem „normalen“ Plangebiet bauen möchte, muss es ihm möglich sein, von den zunächst einvernehmlich getroffenen planerischen Entscheidungen abzuweichen, wenn die Voraussetzungen für die Zulassung einer solchen Abweichung vorliegen. Es kann ihm nicht zum Schaden gereichen, dass er sich damit auch von seinen eigenen ursprünglichen Planungsvorstellungen distanziert, die im Vorhaben- und Erschließungsplan ihren Niederschlag gefunden hatten. Dementsprechend geht die Kommentarliteratur - soweit ersichtlich - einhellig davon aus, dass von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen Ausnahmen und Befreiungen erteilt werden können (vgl. die Zitate auf S. 6 des angefochtenen Urteils; ebenso ausdrücklich: Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. 2002, § 31 RdNr. 3; auch Rieger, in Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 31 RdNr. 4, schließt dies nicht aus). Schließlich hält ersichtlich auch das Bundesverwaltungsgericht § 31 Abs. 2 BauGB auf vorhabenbezogene Bebauungspläne grundsätzlich für anwendbar, denn es erwähnt in diesem Zusammenhang die Grenzen für die Zulassung einer Abweichung, ohne den Rückgriff auf diese Bestimmung prinzipiell auszuschließen (Beschluss vom 23.6.2003 - 4 BN 7.03 - BauR 2004, 975).
18 
2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des sonach anwendbaren § 31 Abs. 2 BauGB liegen vor.
19 
a) Das Verwaltungsgericht nimmt an, eine Befreiung sei ausgeschlossen, weil sie die Grundzüge der Planung berühren würde. Denn die Festlegung einer Grenze von 800 m 2 für die Verkaufsfläche des zugelassenen Marktes sei nicht „gegriffen“, sondern bewusst zur Verdeutlichung der Schwelle zur Großflächigkeit gewählt worden. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
20 
Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach den §§ 1 Abs. 8, 2 Abs. 1 BauGB unverändert der Gemeinde und nicht der Baurechtsbehörde. Diese Regelung darf deshalb nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Befreiung kann nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (BVerwG, Beschluss vom 5.3.1999 - 4 B 5.99 - NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438; Urteil des Senats vom 2.11.2006 - 8 S 361/06 -). Umgekehrt wird diese Grenze für die Erteilung einer Befreiung nicht überschritten, wenn die Abweichung von Festsetzungen, die für die Grundzüge der Planung maßgeblich sind, nicht ins Gewicht fällt oder wenn die Festsetzung, von der abgewichen werden soll, eher „zufällig“ bzw. „isoliert“ erfolgt ist oder diese Planvorgabe auf einer Annahme beruht, die später entfallen ist (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 RdNrn. 36 und 38).
21 
Nach keiner dieser Deutungsvarianten sind im vorliegenden Fall die Grundzüge der Planung berührt. Der Gesichtspunkt der planungsrechtlichen Beliebigkeit, weil sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle dieselben Gründe für eine Befreiung anführen ließen, kann hier nicht zum Tragen kommen, weil der Bebauungsplan als einzigen wesentlichen Regelungsgegenstand nur die Zulassung des Marktes der Klägerin umfasst und es weitere Einzelhandelsbetriebe auf einer vergleichbaren planungsrechtlichen Grundlage im Gemeindegebiet der Beklagten nach Auskunft ihrer Vertreter in der mündlichen Verhandlung nicht gibt. Die Abweichung von der vorgegebenen Verkaufsfläche von 800 m 2 fällt auch nicht ins Gewicht, denn mit ihr soll keine Erweiterung des Sortiments verbunden sein und es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Einbeziehung einer bisherigen Lagerfläche mit einer Größe von etwa 55 m 2 in den Verkaufsbereich die Plankonzeption der Beklagten grundlegend in Frage stellen würde. Denn sie hat durch die Festschreibung einer Grenze von 800 m 2 zwar ersichtlich die Schwelle zur Großflächigkeit verdeutlichen wollen und sich dabei - wie ihre Vertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert haben - von der Regelgrenze einer Geschossfläche von 1200 m 2 in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO leiten lassen. Da durch das streitige Erweiterungsvorhaben der Klägerin die Geschossfläche des Marktes aber nicht geändert wird, bleibt dieser Ausgangspunkt der Beklagten unangetastet. Deshalb spricht nichts für die Annahme, die Ausweitung der Verkaufsfläche um etwa 7 % könne derart tief in das Interessengeflecht der Abwägung eingreifen, dass die Grundzüge der Planung nicht mehr gewahrt wären.
22 
Es kommt hinzu, dass die Beklagte, wenn sie sich schon an der Geschossflächengrenze von 1200 m 2 in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO orientierte, die maximale Verkaufsfläche nicht starr festlegen durfte. Denn dabei handelt es sich lediglich um eine Vermutungsregel für die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO aufgeführten Auswirkungen, die aber nach § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO widerlegbar ist. Anhaltspunkte dafür, dass trotz Beibehaltung der Geschossfläche allein durch die Erhöhung der Verkaufsfläche um etwa 7 % aus dem bisher auch nach Auffassung der Beklagten „unbedenklichen“ Lebensmittelmarkt ein etwa in Ansehung seiner negativen Auswirkungen auf die Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche in der Kernstadt nicht mehr hinnehmbarer Einzelhandelsgroßbetrieb entstehen könnte, sind nicht ersichtlich und konnten auch von den Vertretern der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht angeführt werden. Im Übrigen hat die Klägerin im Verlauf des Verfahrens mehrfach angeboten, durch Einholung eines Gutachtens (z. B. der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung in Ludwigsburg) zu belegen, dass die Ausweitung der Verkaufsfläche die zu schützende Infrastruktur der Stadt nicht beeinträchtige. Hätte die Beklagte - entgegen dem vorstehend Ausgeführten - doch Anhaltspunkte dafür gesehen, dass dies der Fall sein könnte, hätte sie die Klägerin zur Beibringung eines derartigen Gutachtens anhalten müssen. Der Senat sieht nach Aktenlage und nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung keine Veranlassung, eine entsprechende sachverständige Äußerung einzuholen oder von der Klägerin beibringen zu lassen.
23 
Dies erscheint schließlich auch deshalb nicht geboten, weil die Beklagte ersichtlich bei Erlass des Bebauungsplans „Wangergasse“ selbst davon ausgegangen ist, dass die Infrastruktur ihrer Kernstadt auch dann nicht tangiert wird, wenn in dem eher peripher gelegenen Plangebiet ein Lebensmittelmarkt zugelassen wird, der eine größere Verkaufsfläche aufweist als der bundesweit anerkannte Typ eines die Grenze zur Großflächigkeit nicht übersteigenden Einzelhandelsbetriebs der wohnungsnahen Versorgung. Das ergibt sich aus folgendem: Ausgehend von mehreren Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.5.1987 (u. a. - 4 C 19.85 - BauR 1987, 528; - 4 C 30.86 - VBlBW 1988, 130, dazu: Birk, VBlBW 1988, 281 ff.) hat die Rechtsprechung nahezu einhellig bis in das Jahr 2005 angenommen, dass nach dem Einkaufsverhalten der Bevölkerung und den Gegebenheiten im Einzelhandel die Verkaufsflächen-Obergrenze für Einzelhandelsbetriebe der wohnungsnahen Versorgung „nicht wesentlich unter 700 m 2 , aber auch nicht wesentlich darüber“ liege (so etwa noch: BVerwG, Beschluss vom 22.7.2004 - 4 B 29.04 - DVBl. 2004, 1308; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.7.2004 - 5 S 1205/03 - VBlBW 2005, 67; Urteil vom 16.6.2005 - 3 S 479/05 - BauR 2006, 486). Vor diesem Hintergrund lässt die Entscheidung der Beklagten, in dem Bebauungsplan „Wangergasse“ vom 20.6.2001 trotz Festsetzung eines Mischgebiets „von der baurechtlichen Zulässigkeit eines Lebensmittelmarkts bis maximal 800 m 2 Verkaufsfläche und 1.200 m 2 Geschossfläche auszugehen“, nur den Schluss zu, dass sie aufgrund örtlicher Besonderheiten die kritische Grenze erst bei einer gegenüber dem Bundesdurchschnitt um etwa 100 m 2 höheren Verkaufsfläche gesehen hat. In den letzten Jahren hat sich aber der Anteil der Verkaufsflächen an den Geschossflächen von Einzelhandelsbetrieben typischerweise erhöht und der Anteil der Lagerflächen wegen der „Lagerhaltung auf der Straße“ verringert, ohne dass sich daraus eine Verstärkung der Auswirkungen auf zentrale Lagen ergeben hätte. Dem hat das Bundesverwaltungsgericht (Urteile vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - BVerwGE 124, 364 und - 4 C 14.04 - BVerwGE 124, 376; dem folgend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433; vgl. auch: Birk, VBlBW 2006, 289 ff.; Schütz, UPR 2006, 169 ff.) Rechnung getragen und die Grenze der Verkaufsflächengröße, ab der von einem großflächigen Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO auszugehen ist, bei 800 m2 gezogen. Vor diesem Hintergrund kann nur angenommen werden, dass aufgrund dieser allenthalben zu konstatierenden Verschiebung der Verkaufsflächen- und Lagerflächenanteile für den Bereich der Beklagten die kritische Grenze auch heute mehr oder weniger deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt. Da diese Schwelle nach den genannten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.11.2005 nunmehr bei (exakt) 800 m 2 anzunehmen ist, muss davon ausgegangen werden, dass eine Überschreitung der im Bebauungsplan mit derselben Maßzahl vorgegebenen maximalen Verkaufsfläche - ohne Abzug für Putz und ohne Herausrechnung der Einpackzone und des Windfangs - um etwa 50 m 2 , wie sie die Klägerin beantragt hat, innerhalb der die allgemeine Schwelle übersteigenden Bandbreite bleibt, die die Beklagte nach ihren Planungsvorstellungen hinnehmen wollte. Auch unter diesem Gesichtspunkt sind deshalb die Grundzüge der Planung gewahrt.
24 
b) Die Befreiung ist auch städtebaulich vertretbar im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Voraussetzung dafür ist, dass die Abweichung mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung entsprechend § 1 BauGB vereinbar ist und deshalb zulässiger Inhalt eines Bebauungsplans sein könnte (BVerwG, Urteil vom 17.12.1998 - 4 C 16.97 - BVerwGE 108, 190; Urteil vom 19.9.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 RdNr. 47 m.w.N.). Daran kann im vorliegenden Fall aber kein Zweifel bestehen. Denn die Beklagte könnte unter Berücksichtigung dessen, dass sie bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht an die Vorgaben des § 9 BauGB und der BauNVO gebunden ist, auch eine Verkaufsfläche von 850 m2 ausdrücklich zulassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Vergrößerung der Verkaufsfläche um etwa 50 m 2 ohne Sortimentserweiterung gegen einen der Grundsätze des § 1 BauGB verstoßen könnte, sind dagegen weder vorgetragen noch ersichtlich.
25 
3. Da somit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB für eine Befreiung vorliegen, hat die Klägerin auch einen Rechtsanspruch auf die begehrte Genehmigung. Das der Baurechtsbehörde bei der Erteilung einer Befreiung auf der Rechtsfolgenseite ansonsten zustehende Ermessen ist vorliegend ausnahmsweise auf Null reduziert.
26 
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen gegeben sind. Auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf sie; vielmehr hängt die Befreiung von einer Ermessensentscheidung ab. Sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben, besteht für die Ausübung des Ermessens allerdings wenig Raum und steht das mit der Befreiungsvorschrift vom Gesetzgeber beabsichtigte Ziel der Einzelfallgerechtigkeit und städtebaulichen Flexibilität sowie der Grundsatz der Wahrung der Verhältnismäßigkeit einer leichtfertigen Ermessensausübung entgegen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der zuständigen Behörde entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zusteht oder dass das Ermessen stets auf Null reduziert ist, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen. Erforderlich für eine negative Ermessensentscheidung ist nur, dass der Befreiung gewichtige Interessen entgegenstehen (BVerwG, Urteil vom 19.9.2002, a.a.O.; Urteil vom 4.7.1986 - 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315). Kommen dagegen bei einem Bauvorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans widerspricht, bei dem aber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind, für die Gemeinde Nachteile durch eine Zulassung des Vorhabens nicht in Betracht, so kann sich das ihr zustehende Ermessen dahin verdichten, dass sie zur Erteilung einer Befreiung verpflichtet ist (BGH, Urteil vom 23.9.1993 - 3 ZR 54.92 - DVBl. 1994, 278; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.3.2004 - 3 S 1745/02 -). Denn in diesen Fällen ist wegen des Umfangs der Anwendungsvoraussetzungen für die Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB der Spielraum für zusätzliche Erwägungen bei Ausübung des Ermessens tendenziell gering, so dass sich die Ermessensausübung im Einzelfall auf Null reduzieren kann (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438).
27 
So liegt es hier. Gewichtige öffentliche Belange, die der Erteilung der Befreiung im Ermessenswege entgegenstehen könnten, sind nicht gegeben. Die vorliegende Entscheidung eignet sich auch nicht als Berufungsfall für andere Vorhaben. Sie beruht auf den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls, die sich daraus ergeben, dass zum einen negative städtebauliche Auswirkungen nicht zu erwarten sind, es zum anderen um die Erweiterung eines vorhandenen und nicht um die Erstellung eines neuen Betriebes geht und schließlich - wie bereits angeführt - im Stadtgebiet der Beklagten keine Einzelhandelsbetriebe auf vergleichbarer planungsrechtlicher Grundlage existieren, die sich im Falle von Erweiterungswünschen auf die vorliegende Entscheidung stützen könnten. Nach alledem ist vorliegend ausnahmsweise von einer Ermessensreduktion auf Null auszugehen. Zur Klarstellung ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Beklagte durch dieses Verpflichtungsurteil nicht daran gehindert wird, Anforderungen, die die grundsätzliche Zulässigkeit der Markterweiterung nicht in Frage stellen (z. B. bau- oder brandschutzrechtlicher Art), durch die Erteilung von Auflagen Rechnung zu tragen.
28 
Nach allem ist der Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
29 
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren ist für notwendig zu erklären (§ 162 Abs. 2 VwGO), da diese Frage vom Standpunkt einer verständigen Partei aus und nicht aus der Sicht einer rechtskundigen Person zu beurteilen ist (BVerwG, Urteil vom 6.12.1963 - VII C 14.63 - BVerwGE 17, 245). Einem Rechtsunkundigen wäre es aber angesichts der Komplexität des Falles unmöglich gewesen, das Vorverfahren ordnungsgemäß einzuleiten und zu betreiben.
30 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
31 
Beschluss
32 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 9.1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (VBlBW 2004, 467) auf EUR 8.250,-- festgesetzt.
33 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die - aufgrund ihrer Zulassung im Beschluss des Senats vom 17.8.2006 statthafte und auch im Übrigen zulässige - Berufung ist begründet, denn die Klägerin hat einen Anspruch auf die begehrte Abweichung von den Vorgaben des Bebauungsplans „Wangergasse“. Die Vorschriften über Befreiungen von Bebauungsplänen in § 31 Abs. 2 BauGB sind auf vorhabenbezogene Bebauungspläne im Sinne des § 12 BauGB anwendbar (nachfolgend 1.), die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung liegen vor (nachfolgend 2.) und das Befreiungsermessen ist auf Null reduziert (nachfolgend 3.).
17 
1. Der Senat bejaht die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene, letztlich aber offen gelassene Frage, ob auch vorhabenbezogene Bebauungspläne einer Befreiung nach den Bestimmungen des § 31 Abs. 2 BauGB zugänglich sind. Der Gesetzeswortlaut steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen. Denn § 12 Abs. 3 BauGB führt - worauf die Klägerin zutreffend hinweist - eine Reihe von Bestimmungen an, die keine Anwendung finden; § 31 BauGB gehört jedoch nicht dazu. Auch der Wortlaut des § 30 Abs. 2 BauGB weist - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht in die gegenteilige Richtung. Es trifft zwar zu, dass hier - anders als in § 30 Abs. 1 BauGB - nicht von „Festsetzungen“ die Rede ist, sondern von „dem Bebauungsplan“, dem das Vorhaben nicht widersprechen darf. Das erklärt sich aber daraus, dass ein vorhabenbezogener Bebauungsplan nach § 12 Abs. 3 BauGB nicht notwendig Festsetzungen (im Sinne des § 9 BauGB und der BauNVO) enthalten muss. Ferner überzeugt das weitere Vorbringen der Beklagten nicht, § 31 Abs. 2 BauGB enthalte keine geeigneten Maßstäbe für die Beurteilung von Abweichungen und allgemeine Voraussetzungen ließen sich schwerlich aufstellen, denn die Voraussetzungen für Ausnahmen und Befreiungen ergeben sich aus § 31 BauGB und nicht aus dem Festsetzungskatalog des § 9 BauGB. Auch der Sache nach erscheint es nicht gerechtfertigt, jede noch so kleine Abweichung von einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan unter den Vorbehalt einer Planänderung zu stellen. Eine solche Inflexibilität würde dieses Instrument städtebaulicher Planung in nicht unerheblichem Umfang seiner Vorteile berauben, weil Investoren befürchten müssten, notwendige Änderungen bei der Detailplanung ihrer Vorhaben durch ein - auch unter Berücksichtigung des vereinfachten Verfahrens nach § 13 BauGB - zähes Bauleitplanverfahren schleusen zu müssen. Schließlich besteht aufgrund der Einbindung des Vorhaben- und Erschließungsplans in den Bebauungsplan (§ 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB) auch keine Notwendigkeit für eine restriktive Auslegung des § 31 BauGB. Denn Übereinstimmung muss nur auf der Planungsebene herrschen. Auf der Genehmigungsebene besteht dagegen kein prinzipieller Unterschied zu „normalen“ Bebauungsplänen. Die Besonderheit besteht lediglich darin, dass nicht nur von der gemeindlichen Bauleitplanung, sondern auch vom Vorhaben- und Erschließungsplan abgewichen wird. Es gibt aber keinen Grund, den Investor in einem solchen Plangebiet nur deshalb schlechter zu stellen, weil seine Planungen mit denjenigen der Gemeinde „abgestimmt“ sind. Ebenso wie demjenigen, der in einem „normalen“ Plangebiet bauen möchte, muss es ihm möglich sein, von den zunächst einvernehmlich getroffenen planerischen Entscheidungen abzuweichen, wenn die Voraussetzungen für die Zulassung einer solchen Abweichung vorliegen. Es kann ihm nicht zum Schaden gereichen, dass er sich damit auch von seinen eigenen ursprünglichen Planungsvorstellungen distanziert, die im Vorhaben- und Erschließungsplan ihren Niederschlag gefunden hatten. Dementsprechend geht die Kommentarliteratur - soweit ersichtlich - einhellig davon aus, dass von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen Ausnahmen und Befreiungen erteilt werden können (vgl. die Zitate auf S. 6 des angefochtenen Urteils; ebenso ausdrücklich: Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. 2002, § 31 RdNr. 3; auch Rieger, in Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 31 RdNr. 4, schließt dies nicht aus). Schließlich hält ersichtlich auch das Bundesverwaltungsgericht § 31 Abs. 2 BauGB auf vorhabenbezogene Bebauungspläne grundsätzlich für anwendbar, denn es erwähnt in diesem Zusammenhang die Grenzen für die Zulassung einer Abweichung, ohne den Rückgriff auf diese Bestimmung prinzipiell auszuschließen (Beschluss vom 23.6.2003 - 4 BN 7.03 - BauR 2004, 975).
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2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des sonach anwendbaren § 31 Abs. 2 BauGB liegen vor.
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a) Das Verwaltungsgericht nimmt an, eine Befreiung sei ausgeschlossen, weil sie die Grundzüge der Planung berühren würde. Denn die Festlegung einer Grenze von 800 m 2 für die Verkaufsfläche des zugelassenen Marktes sei nicht „gegriffen“, sondern bewusst zur Verdeutlichung der Schwelle zur Großflächigkeit gewählt worden. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
20 
Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach den §§ 1 Abs. 8, 2 Abs. 1 BauGB unverändert der Gemeinde und nicht der Baurechtsbehörde. Diese Regelung darf deshalb nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Befreiung kann nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (BVerwG, Beschluss vom 5.3.1999 - 4 B 5.99 - NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438; Urteil des Senats vom 2.11.2006 - 8 S 361/06 -). Umgekehrt wird diese Grenze für die Erteilung einer Befreiung nicht überschritten, wenn die Abweichung von Festsetzungen, die für die Grundzüge der Planung maßgeblich sind, nicht ins Gewicht fällt oder wenn die Festsetzung, von der abgewichen werden soll, eher „zufällig“ bzw. „isoliert“ erfolgt ist oder diese Planvorgabe auf einer Annahme beruht, die später entfallen ist (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 RdNrn. 36 und 38).
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Nach keiner dieser Deutungsvarianten sind im vorliegenden Fall die Grundzüge der Planung berührt. Der Gesichtspunkt der planungsrechtlichen Beliebigkeit, weil sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle dieselben Gründe für eine Befreiung anführen ließen, kann hier nicht zum Tragen kommen, weil der Bebauungsplan als einzigen wesentlichen Regelungsgegenstand nur die Zulassung des Marktes der Klägerin umfasst und es weitere Einzelhandelsbetriebe auf einer vergleichbaren planungsrechtlichen Grundlage im Gemeindegebiet der Beklagten nach Auskunft ihrer Vertreter in der mündlichen Verhandlung nicht gibt. Die Abweichung von der vorgegebenen Verkaufsfläche von 800 m 2 fällt auch nicht ins Gewicht, denn mit ihr soll keine Erweiterung des Sortiments verbunden sein und es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Einbeziehung einer bisherigen Lagerfläche mit einer Größe von etwa 55 m 2 in den Verkaufsbereich die Plankonzeption der Beklagten grundlegend in Frage stellen würde. Denn sie hat durch die Festschreibung einer Grenze von 800 m 2 zwar ersichtlich die Schwelle zur Großflächigkeit verdeutlichen wollen und sich dabei - wie ihre Vertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert haben - von der Regelgrenze einer Geschossfläche von 1200 m 2 in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO leiten lassen. Da durch das streitige Erweiterungsvorhaben der Klägerin die Geschossfläche des Marktes aber nicht geändert wird, bleibt dieser Ausgangspunkt der Beklagten unangetastet. Deshalb spricht nichts für die Annahme, die Ausweitung der Verkaufsfläche um etwa 7 % könne derart tief in das Interessengeflecht der Abwägung eingreifen, dass die Grundzüge der Planung nicht mehr gewahrt wären.
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Es kommt hinzu, dass die Beklagte, wenn sie sich schon an der Geschossflächengrenze von 1200 m 2 in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO orientierte, die maximale Verkaufsfläche nicht starr festlegen durfte. Denn dabei handelt es sich lediglich um eine Vermutungsregel für die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO aufgeführten Auswirkungen, die aber nach § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO widerlegbar ist. Anhaltspunkte dafür, dass trotz Beibehaltung der Geschossfläche allein durch die Erhöhung der Verkaufsfläche um etwa 7 % aus dem bisher auch nach Auffassung der Beklagten „unbedenklichen“ Lebensmittelmarkt ein etwa in Ansehung seiner negativen Auswirkungen auf die Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche in der Kernstadt nicht mehr hinnehmbarer Einzelhandelsgroßbetrieb entstehen könnte, sind nicht ersichtlich und konnten auch von den Vertretern der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht angeführt werden. Im Übrigen hat die Klägerin im Verlauf des Verfahrens mehrfach angeboten, durch Einholung eines Gutachtens (z. B. der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung in Ludwigsburg) zu belegen, dass die Ausweitung der Verkaufsfläche die zu schützende Infrastruktur der Stadt nicht beeinträchtige. Hätte die Beklagte - entgegen dem vorstehend Ausgeführten - doch Anhaltspunkte dafür gesehen, dass dies der Fall sein könnte, hätte sie die Klägerin zur Beibringung eines derartigen Gutachtens anhalten müssen. Der Senat sieht nach Aktenlage und nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung keine Veranlassung, eine entsprechende sachverständige Äußerung einzuholen oder von der Klägerin beibringen zu lassen.
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Dies erscheint schließlich auch deshalb nicht geboten, weil die Beklagte ersichtlich bei Erlass des Bebauungsplans „Wangergasse“ selbst davon ausgegangen ist, dass die Infrastruktur ihrer Kernstadt auch dann nicht tangiert wird, wenn in dem eher peripher gelegenen Plangebiet ein Lebensmittelmarkt zugelassen wird, der eine größere Verkaufsfläche aufweist als der bundesweit anerkannte Typ eines die Grenze zur Großflächigkeit nicht übersteigenden Einzelhandelsbetriebs der wohnungsnahen Versorgung. Das ergibt sich aus folgendem: Ausgehend von mehreren Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.5.1987 (u. a. - 4 C 19.85 - BauR 1987, 528; - 4 C 30.86 - VBlBW 1988, 130, dazu: Birk, VBlBW 1988, 281 ff.) hat die Rechtsprechung nahezu einhellig bis in das Jahr 2005 angenommen, dass nach dem Einkaufsverhalten der Bevölkerung und den Gegebenheiten im Einzelhandel die Verkaufsflächen-Obergrenze für Einzelhandelsbetriebe der wohnungsnahen Versorgung „nicht wesentlich unter 700 m 2 , aber auch nicht wesentlich darüber“ liege (so etwa noch: BVerwG, Beschluss vom 22.7.2004 - 4 B 29.04 - DVBl. 2004, 1308; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.7.2004 - 5 S 1205/03 - VBlBW 2005, 67; Urteil vom 16.6.2005 - 3 S 479/05 - BauR 2006, 486). Vor diesem Hintergrund lässt die Entscheidung der Beklagten, in dem Bebauungsplan „Wangergasse“ vom 20.6.2001 trotz Festsetzung eines Mischgebiets „von der baurechtlichen Zulässigkeit eines Lebensmittelmarkts bis maximal 800 m 2 Verkaufsfläche und 1.200 m 2 Geschossfläche auszugehen“, nur den Schluss zu, dass sie aufgrund örtlicher Besonderheiten die kritische Grenze erst bei einer gegenüber dem Bundesdurchschnitt um etwa 100 m 2 höheren Verkaufsfläche gesehen hat. In den letzten Jahren hat sich aber der Anteil der Verkaufsflächen an den Geschossflächen von Einzelhandelsbetrieben typischerweise erhöht und der Anteil der Lagerflächen wegen der „Lagerhaltung auf der Straße“ verringert, ohne dass sich daraus eine Verstärkung der Auswirkungen auf zentrale Lagen ergeben hätte. Dem hat das Bundesverwaltungsgericht (Urteile vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - BVerwGE 124, 364 und - 4 C 14.04 - BVerwGE 124, 376; dem folgend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433; vgl. auch: Birk, VBlBW 2006, 289 ff.; Schütz, UPR 2006, 169 ff.) Rechnung getragen und die Grenze der Verkaufsflächengröße, ab der von einem großflächigen Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO auszugehen ist, bei 800 m2 gezogen. Vor diesem Hintergrund kann nur angenommen werden, dass aufgrund dieser allenthalben zu konstatierenden Verschiebung der Verkaufsflächen- und Lagerflächenanteile für den Bereich der Beklagten die kritische Grenze auch heute mehr oder weniger deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt. Da diese Schwelle nach den genannten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.11.2005 nunmehr bei (exakt) 800 m 2 anzunehmen ist, muss davon ausgegangen werden, dass eine Überschreitung der im Bebauungsplan mit derselben Maßzahl vorgegebenen maximalen Verkaufsfläche - ohne Abzug für Putz und ohne Herausrechnung der Einpackzone und des Windfangs - um etwa 50 m 2 , wie sie die Klägerin beantragt hat, innerhalb der die allgemeine Schwelle übersteigenden Bandbreite bleibt, die die Beklagte nach ihren Planungsvorstellungen hinnehmen wollte. Auch unter diesem Gesichtspunkt sind deshalb die Grundzüge der Planung gewahrt.
24 
b) Die Befreiung ist auch städtebaulich vertretbar im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Voraussetzung dafür ist, dass die Abweichung mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung entsprechend § 1 BauGB vereinbar ist und deshalb zulässiger Inhalt eines Bebauungsplans sein könnte (BVerwG, Urteil vom 17.12.1998 - 4 C 16.97 - BVerwGE 108, 190; Urteil vom 19.9.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 RdNr. 47 m.w.N.). Daran kann im vorliegenden Fall aber kein Zweifel bestehen. Denn die Beklagte könnte unter Berücksichtigung dessen, dass sie bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht an die Vorgaben des § 9 BauGB und der BauNVO gebunden ist, auch eine Verkaufsfläche von 850 m2 ausdrücklich zulassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Vergrößerung der Verkaufsfläche um etwa 50 m 2 ohne Sortimentserweiterung gegen einen der Grundsätze des § 1 BauGB verstoßen könnte, sind dagegen weder vorgetragen noch ersichtlich.
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3. Da somit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB für eine Befreiung vorliegen, hat die Klägerin auch einen Rechtsanspruch auf die begehrte Genehmigung. Das der Baurechtsbehörde bei der Erteilung einer Befreiung auf der Rechtsfolgenseite ansonsten zustehende Ermessen ist vorliegend ausnahmsweise auf Null reduziert.
26 
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen gegeben sind. Auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf sie; vielmehr hängt die Befreiung von einer Ermessensentscheidung ab. Sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben, besteht für die Ausübung des Ermessens allerdings wenig Raum und steht das mit der Befreiungsvorschrift vom Gesetzgeber beabsichtigte Ziel der Einzelfallgerechtigkeit und städtebaulichen Flexibilität sowie der Grundsatz der Wahrung der Verhältnismäßigkeit einer leichtfertigen Ermessensausübung entgegen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der zuständigen Behörde entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zusteht oder dass das Ermessen stets auf Null reduziert ist, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen. Erforderlich für eine negative Ermessensentscheidung ist nur, dass der Befreiung gewichtige Interessen entgegenstehen (BVerwG, Urteil vom 19.9.2002, a.a.O.; Urteil vom 4.7.1986 - 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315). Kommen dagegen bei einem Bauvorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans widerspricht, bei dem aber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind, für die Gemeinde Nachteile durch eine Zulassung des Vorhabens nicht in Betracht, so kann sich das ihr zustehende Ermessen dahin verdichten, dass sie zur Erteilung einer Befreiung verpflichtet ist (BGH, Urteil vom 23.9.1993 - 3 ZR 54.92 - DVBl. 1994, 278; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.3.2004 - 3 S 1745/02 -). Denn in diesen Fällen ist wegen des Umfangs der Anwendungsvoraussetzungen für die Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB der Spielraum für zusätzliche Erwägungen bei Ausübung des Ermessens tendenziell gering, so dass sich die Ermessensausübung im Einzelfall auf Null reduzieren kann (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438).
27 
So liegt es hier. Gewichtige öffentliche Belange, die der Erteilung der Befreiung im Ermessenswege entgegenstehen könnten, sind nicht gegeben. Die vorliegende Entscheidung eignet sich auch nicht als Berufungsfall für andere Vorhaben. Sie beruht auf den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls, die sich daraus ergeben, dass zum einen negative städtebauliche Auswirkungen nicht zu erwarten sind, es zum anderen um die Erweiterung eines vorhandenen und nicht um die Erstellung eines neuen Betriebes geht und schließlich - wie bereits angeführt - im Stadtgebiet der Beklagten keine Einzelhandelsbetriebe auf vergleichbarer planungsrechtlicher Grundlage existieren, die sich im Falle von Erweiterungswünschen auf die vorliegende Entscheidung stützen könnten. Nach alledem ist vorliegend ausnahmsweise von einer Ermessensreduktion auf Null auszugehen. Zur Klarstellung ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Beklagte durch dieses Verpflichtungsurteil nicht daran gehindert wird, Anforderungen, die die grundsätzliche Zulässigkeit der Markterweiterung nicht in Frage stellen (z. B. bau- oder brandschutzrechtlicher Art), durch die Erteilung von Auflagen Rechnung zu tragen.
28 
Nach allem ist der Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
29 
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren ist für notwendig zu erklären (§ 162 Abs. 2 VwGO), da diese Frage vom Standpunkt einer verständigen Partei aus und nicht aus der Sicht einer rechtskundigen Person zu beurteilen ist (BVerwG, Urteil vom 6.12.1963 - VII C 14.63 - BVerwGE 17, 245). Einem Rechtsunkundigen wäre es aber angesichts der Komplexität des Falles unmöglich gewesen, das Vorverfahren ordnungsgemäß einzuleiten und zu betreiben.
30 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
31 
Beschluss
32 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 9.1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (VBlBW 2004, 467) auf EUR 8.250,-- festgesetzt.
33 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.

(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. April 2008 - 5 K 2146/06 - geändert.

Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 06.03.2006 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 06.06.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 04.05.2006 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin entsprechend ihrem Antrag vom 07.07.2005 eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des im Untergeschoss der Kirche, ... Straße ... in K..., gelegenen Lagerraums in eine Krypta zu erteilen.

Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen Ziff. 1 gegen das Urteil vom 15. April 2008 werden zurückgewiesen.

Die Beklagte und die Beigeladene Ziff. 1 tragen die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in allen Rechtszügen zu je 1/2. Im Übrigen behalten die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen jeweils auf sich.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Begräbnisstätte (Krypta) in einer im Industriegebiet gelegenen Kirche.
Die Klägerin ist eine als eingetragener Verein organisierte Pfarrgemeinde der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien mit derzeit etwa 600 Mitgliedern. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. ... (... Straße ...) auf der Gemarkung der Beigeladenen Ziff. 1. Nach Erteilung des Einvernehmens der Beigeladenen Ziff. 1 genehmigte die Beklagte der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Jahre 1994 die Errichtung einer Kirche mit zwei Obergeschossen, einem Untergeschoss und Glockentürmen sowie den Bau eines Versammlungsraums auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... Die ursprünglich auch vorgesehene Einrichtung eines Mausoleums bzw. einer Krypta mit zehn Begräbnisplätzen im Untergeschoss der Kirche stellte die Rechtsvorgängerin der Klägerin angesichts des insoweit versagten Einvernehmens der Beigeladenen Ziff. 1 zunächst zurück. In den genehmigten Plänen ist der betreffende Bereich an der Kirchenostseite als Abstellraum bezeichnet.Die anschließend errichtete und auf der Grundlage einer im Jahre 1997 erteilten Nachtragsbaugenehmigung mit ca. 300 Sitzplätzen im Kirchenschiff ausgestattete Kirche wird seither als solche genutzt.
Das Kirchengrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Industriegebiet“ für die Gewanne „Kurzer See“ und „Beim Fürfelder Zollstock“ von 1970, der das gesamte Plangebiet als Industriegebiet (GI) ausweist. Er ist Teil des - durch spätere Erweiterungen schrittweise vergrößerten - Plangebiets „Industriegebiet K...“. Nach den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sind dort Ausnahmen nach § 9 Abs. 3 BauNVO und Nebenanlagen nach § 14 BauNVO zugelassen. Auf den die Kirche umgebenden Grundstücken befinden sich ein Produktionsbetrieb für Holzverpackungen und Holzkisten, dessen 85 Mitarbeiter im Schichtbetrieb arbeiten, und der metallverarbeitende Betrieb mit Gießerei der Beigeladenen Ziff. 2, in dem rund 250 Mitarbeiter beschäftigt sind. In der Umgebung finden sich ferner ein Betonwerk und ein Großbetrieb für Dichtungstechnik mit etwa 150 Mitarbeitern.
Im Juli 2005 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Genehmigung für den Einbau einer Krypta als „privaten Bestattungsplatz ausdrücklich ausschließlich für verstorbene Geistliche“ in den bereits in der Vergangenheit hierfür vorgesehenen Abstellraum im Untergeschoss ihrer Kirche. Das mit der ursprünglichen Planung von 1994 identische Vorhaben betrifft den Einbau von zehn Grabkammern in Wandnischen, die nach Beisetzung durch dicht verfugte Stahlbetonplatten zur Raumseite hin verschlossen und mit beschrifteten Marmorverkleidungen versehen werden sollen. Im Freiraum vor den Sarkophagen sollen zu bestimmten Zeiten Gedenkgebete für die Verstorbenen gesprochen werden. Zur Bestätigung der kirchenrechtlichen Erforderlichkeit einer solchen Priesterbegräbnisstätte legte die Klägerin Stellungnahmen eines Theologen, eines Kunsthistorikers und eines Kirchenrechtlers vor. Nach den eingereichten Plänen ist ein Zugang zu der Krypta nur von außen über eine auf ihrer Nordseite vorhandene Treppe vorgesehen. Die Be- und Entlüftung des Innenraums soll durch drei bereits vorhandene Drehkippfenster sowie zusätzlich über das Dach erfolgen.
Das Gesundheitsamt beim Landratsamt Heilbronn stimmte der Krypta aus hygienischer Sicht unter Auflagen zu. Der Gemeinderat der Beigeladenen zu 1. versagte am 17.10.2005 erneut sein Einvernehmen in bau- und zugleich in bestattungsrechtlicher Hinsicht (§ 9 BestattG). Die Beklagte lehnte den Bauantrag mit Bescheid vom 06.3.2006 wegen des fehlenden Einvernehmens ab. Der hiergegen gerichtete Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg.
Mit Urteil vom 15.4.2008 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide verpflichtet, über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die vorgesehene Bestattungsart entspreche althergebrachter Tradition der Syrisch-Orthodoxen Kirche. Eine Ausnahme sei nicht schon deswegen unzulässig, weil die Krypta im Industriegebiet gebietsunverträglich sei. Denn die genehmigte Kirche präge das Industriegebiet bereits mit. Eine über den bisherigen Bestand hinausgehende Unverträglichkeit mit dem Baugebietscharakter werde durch die Umnutzung im Kircheninneren nicht hervorgerufen.
Gegen den sie jeweils beschwerenden Teil des Urteils haben die Klägerin einerseits sowie die Beklagte und die Beigeladene Ziff. 1 andererseits die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt.
Der Senat hat mit Urteil vom 9.11.2009 - 3 S 2679/08 - die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage insgesamt unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin abgewiesen. Die Umwandlung des Abstellraums in eine Krypta stelle eine genehmigungspflichtige, aber nicht genehmigungsfähige Nutzungsänderung dar. Sie sei im fraglichen Industriegebiet weder allgemein zulässig, noch könne sie im Wege einer Ausnahme oder Befreiung zugelassen werden.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die vom Senat zugelassene Revision eingelegt, die sie auf eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 3 Abs. 1 sowie ihrer Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 140 GG i. V. mit Art. 137 ff. WRV gestützt hat. Mit Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des erkennenden Senats aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Die Nutzungsänderung von einer Kirche ohne Krypta in eine Kirche mit Krypta habe der Verwaltungsgerichtshof zwar zu Recht weder als allgemein noch als ausnahmsweise zulässig erachtet. Die Verneinung des Befreiungstatbestandes des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB werde von den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs jedoch nicht getragen.
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Der Gemeinderat der Beigeladenen Ziff. 1 hat in der Sitzung vom 21.03.2011 erneut das Einvernehmen zur Errichtung einer Krypta versagt. Ferner hat die Beklagte durch Bescheid vom 06.06.2011 den Ablehnungsbescheid vom 06.03.2006 ergänzend begründet.
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Daraufhin hat der Senat nach Einnahme eines Augenscheins mit Urteil vom 20.7.2011 - 3 S 465/11 - wiederum die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin abgewiesen. Die weder allgemein noch ausnahmsweise zulässige Nutzungsänderung könne auch nicht im Wege einer Befreiung zugelassen werden. Zum einen würden durch eine Befreiung die Grundzüge der Planung berührt. Zum anderen sei die Befreiung nicht durch Belange des Wohls der Allgemeinheit gefordert. Schließlich sei die Abweichung unter Würdigung der nachbarlichen Interessen, insbesondere der Interessen des unmittelbar benachbarten holzverarbeitenden Betriebes, auch nicht mit öffentlichen Belangen vereinbar.
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Die gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde der Klägerin hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 27.6.2013 - 4 B 43.11 - zurückgewiesen.
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Auf die von der Klägerin eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 9.5.2016 - 1 BvR 2202/13 - das Urteil des erkennenden Senats aufgehoben und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
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Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin könne sich auf den Schutz der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen. Zu den grundrechtlich geschützten Betätigungen gehöre auch die Bestattung kirchlicher Würdenträger nach bestimmten glaubensgeleiteten Riten und die dementsprechende Totensorge einschließlich der alter syrisch-orthodoxer Kirchenlehre entsprechenden Hauskirchenbestattung von Priestern, hier in der zur Genehmigung gestellten Krypta. Zwar sei die Glaubensfreiheit nicht schrankenlos gewährleistet. Einschränkungen müssten sich jedoch aus der Verfassung selbst ergeben. Hierzu zählten die Grundrechte Dritter sowie Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang. Zu den immanenten Schranken der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit gehörten die Beschränkungen, die im Bauordnungs- und Bauplanungsrecht ihren Ausdruck fänden. Die Ausnahmeregelung des § 31 Abs. 1 BauGB und die Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB seien allerdings im Einzelfall unter besonderer Berücksichtigung von Wirkkraft und Tragweite der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit auszulegen und anzuwenden. Dabei könnten auch gegenläufige verfassungsrechtlich verankerte Schutzgüter in die Bewertung einzubeziehen sein. Bei auftretenden Spannungsverhältnissen müsse unter Berücksichtigung des Toleranzgebots im Wege praktischer Konkordanz ein Ausgleich gefunden werden. Dabei seien die kollidierenden verfassungsrechtlichen Positionen in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und so zu begrenzen, dass sie möglichst weitgehend wirksam würden. Andernfalls sei unter Berücksichtigung der falltypischen Gestaltung zu entscheiden, welches Interesse zurückzutreten habe. Die Herstellung praktischer Konkordanz werde auch durch das baden-württembergische Bestattungsrecht nicht gehindert, da dieses etwa in den §§ 9, 2 ff. BestattG ebenfalls auslegungs- und ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriffe enthalte.
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Eine verfassungsimmanente Schranke der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ergebe sich vorliegend nicht aus dem postmortalen Achtungsanspruch im Sinne des Art. 1 Abs. 1 GG. Denn dieser sei nicht in eingriffserheblicher Weise tangiert. Die umgebungsgeschuldete gewerbliche Betriebsamkeit betreffe nicht den Kernbereich der Menschenwürde, so dass für die Frage des Vorliegens einer Beeinträchtigung dem ggfs. auch nur mutmaßlichen Willen des vermeintlich Betroffenen hinlängliches Gewicht beizumessen sei. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte sei hier anzunehmen, dass Geistliche im Dienste der Klägerin ihre personale Würde gerade im untrennbaren Zusammenhang mit ihrer Berufung und den ihrem Glauben zu Grunde liegenden Regeln sähen. Im Übrigen verdiene Berücksichtigung, dass die glaubenssatzgetreue Beisetzung unter dem Altar in der beantragten Weise eine besonders würdevolle Form der Bestattung darstelle, die unter Umständen wahrnehmbare Immissionen bei der Entscheidung zu verdrängen vermöge. Nichts anderes gelte für die ebenfalls über Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Totenruhe. Ebenso wenig stehe das Pietätsempfinden der Hinterbliebenen oder der Allgemeinheit einer Verwirklichung der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin im Wege. Mit Blick auf die Hinterbliebenen liege eine Betroffenheit des Kernbereichs des nach Art. 2 Abs. 1 GG und ggfs. durch Art. 4 GG verstärkt geschützten würdigen Totengedenkens infolge einer nur drohenden Lärmbelästigung eher fern, so dass Raum für eine individuelle Definition würdigen Totengedenkens verbleibe. Im Übrigen bestehe die Möglichkeit der Eingriffseinwilligung bzw. des Grundrechtsausübungsverzichts. Das Pietätsempfinden der Allgemeinheit und der Grundstücksnachbarn lasse sich den Grundrechten der Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, da es sich hierbei nicht um einen Gemeinschaftswert von Verfassungsrang handle. Als verfassungsimmanente Schranken seien vorliegend allein der Schutz des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und der Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG der Nachbarbetriebe berücksichtigungsfähig. Das Eigentumsgrundrecht der Nachbarn könne berührt werden, wenn künftig etwa durch die Klägerin initiierte oder eingeforderte Auflagen drohten, die den Betrieben abverlangen könnten, ihre Betriebsstätten nur unter bestimmten Maßgaben zu nutzen oder zu gewissen Zeiten gar nicht zu betreiben. Nicht geschützt seien hingegen etwaige künftige Betriebserweiterungen. Die Berufsausübungsfreiheit werde durch etwa zu besorgende Lärmschutzauflagen oder Einschränkungen der Betriebszeiten von Maschinen ebenfalls betroffen.
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Allerdings sei bislang nicht deutlich gemacht, inwieweit allein die Einrichtung der auf zehn Begräbnisplätze für Gemeindepfarrer beschränkten Krypta im Untergeschoss über die derzeitige Nutzung der Kirche hinaus mit Blick auf den Eigentumsschutz und die Berufsfreiheit der Nachbarbetriebe konkrete weitere und zudem nennenswerte Auswirkungen auf den mit der ursprünglichen Planung verfolgten Interessenausgleich habe. Auch sei es nicht zulässig, der Klägerin den zwingenden Charakter der Hauskirchenbestattung abzusprechen. Ferner sei nicht erkennbar, dass bei Einschätzung der Wahrscheinlichkeit des zukünftigen Erlasses betriebseinschränkender Auflagen die industrielle Vorbelastung des Baugebiets aus Sicht der Klägerin beachtet worden sei. Ebenso wenig sei ersichtlich, worin konkret bei Ausklammerung der nicht berücksichtigungsfähigen Belange des Ruheschutzes von Begräbnisstätten der graduelle Unterschied im Ausmaß der nachbarlichen Rücksichtnahmepflichten zwischen einer Kirche mit und einer solchen ohne Krypta liegen solle. Nicht einbezogen seien eigene Abhilfemöglichkeiten der Klägerin durch - auch bauliche - Maßnahmen. Gleiches gelte für die Möglichkeit einer Auflage zur Baugenehmigung, mit der eine Duldungsbaulast abverlangt werden könne bzw. ein freiwilliger Verzicht der Klägerin auf immissionsrechtlichen Schutz.
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In seiner Sitzung vom 24.7.2016 hat der Gemeinderat der Beigeladenen Ziff. 1 für eine genauer bezeichnete und im Abgrenzungs- bzw. Lageplan vom 25.7.2016 dargestellte Mehrzahl von Grundstücken im Gebiet der Bebauungspläne „Industriegebiet", „Industriegebiet, 1. Änderung" und Industriegebiet, 5. Änderung", darunter auch das Grundstück der Klägerin, die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens „Industriegebiet, 6. Änderung" beschlossen. Ziel der Planung ist es nach der Sitzungsniederschrift, Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zukünftig nicht mehr zuzulassen, um die Möglichkeiten der freien Berufsausübung und der gewerblichen Freiheit nicht zu gefährden. Gleichfalls am 24.7.2016 hat der Gemeinderat für den Bereich des künftigen Bebauungsplans „Industriegebiet, 6. Änderung" den Erlass einer Veränderungssperre als Satzung beschlossen. Der Aufstellungsbeschluss und die am 24.7.2016 vom Bürgermeister der Beigeladenen Ziff. 1 ausgefertigte Satzung sind am 28.7.2016 im amtlichen Mitteilungsblatt der Beigeladenen Ziff. 1 öffentlich bekannt gemacht worden.
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Die Klägerin verweist auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und trägt ergänzend vor, der Betrieb der Beigeladenen Ziff. 2 arbeite nach ihren Beobachtungen in einem Zweischichtbetrieb von ca. 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr, regelmäßig nicht am Wochenende. Der holzverarbeitende Betrieb arbeite ähnlich. Ein vom Bundesverfassungsgericht angesprochener weiterer Betrieb liege über einen Kilometer entfernt, so dass unter keinem denkbaren Gesichtspunkt Immissionskonflikte mit der Krypta zu erwarten seien. Die Kirche selbst werde intensiv genutzt, ohne dass es jemals zu Konflikten zwischen der Kirchengemeinde und den umliegenden Nutzungen gekommen sei. Ein auch nur gradueller Unterschied hinsichtlich der erforderlichen Rücksichtnahme sei im Vergleich der Nutzung der Kirche ohne Krypta und der Nutzung der Kirche ohne Krypta nicht ersichtlich.
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Darüber hinaus habe sie gegenüber der Beklagten schriftliche Erklärungen abgegeben, nach denen sie sich zum einen verpflichte, in der Krypta eine Lüftungsanlage sowie Schallschutzfenster zu installieren und die Fenster während religiös motivierter Veranstaltungen in dem besagten Raum geschlossen zu halten. Zum anderen habe sie die dauerhafte Verpflichtung als Baulast auf das Baugrundstück übernommen, die Immissionen der nach dem Bebauungsplan „Industriegebiet, dritte Änderung und Erweiterung“ zulässigen Betriebe zu dulden und auf Abwehransprüche zu verzichten, soweit die Betriebe die Anforderungen an das zulässige Immissionsniveau im ausgewiesenen Industriegebiet einhielten. Schließlich habe sie alternativ, also ohne Rücknahme des bisherigen Nutzungsänderungsantrages, die Genehmigung eines weiteren Zugangs in die Krypta aus dem Kircheninneren beantragt und erklärt, der Zugang von außen dürfe für alle Anlässe des Totengedenkens oder sonstige religiös motivierte Nutzungen in der Krypta nicht genutzt werden. Hierzu hat die Klägerin dem Gericht die vorbereiteten und in der mündlichen Verhandlung die vom Vorstand unterschriebenen Erklärungen vorgelegt sowie erklärt, diese seien gemeinsam bei der Beklagten eingereicht worden.
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Die Veränderungssperre stehe der Erteilung der begehrten Baugenehmigung nicht entgegen. Denn sie sei unwirksam, da die Bauleitplanung nicht erforderlich sei und der beabsichtigte Bebauungsplan gegen das Gebot der gerechten Abwägung verstoße. Ferner bestehe ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre. Denn überwiegende öffentliche Belange stünden einer solchen Ausnahme nicht entgegen, da es keinen graduellen Unterschied im Ausmaß der nachbarlichen Rücksichtnahmepflichten zwischen einer Kirche ohne und einer Kirche mit Krypta gebe. Angesichts der in Rede stehenden Religionsausübungsfreiheit sei das Ermessen der Baurechtsbehörde zu ihren Gunsten auf Null reduziert.
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Sie habe danach einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung unter Erteilung einer Ausnahme bzw. einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans. Denn Grundrechte der Nachbarn würden durch die zusätzliche Einrichtung der Krypta nicht beeinträchtigt. Dies gelte nicht nur für das Eigentumsgrundrecht und die Berufsausübungsfreiheit, sondern auch für die Religionsausübungsfreiheit der Nachbarn. Soweit ein Grundstücksnachbar vortrage, seine christliche Wertvorstellung verbiete es ihm, seinen Industriebetrieb mit den einhergehenden Lärm- und Abgasimmissionen direkt neben der Krypta zu betreiben, sei dessen Pietätsempfinden angesprochen, das vom Bundesverfassungsgericht als nicht kollisionsfähig mit der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin beurteilt worden sei. Einer Beweiserhebung bedürfe es daher nicht.
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Die Klägerin beantragt,
23 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15.4.2008 - 5 K 2146/06 - zu ändern, den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 6.3.2006 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 6.6.2011 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 4.5.2006 aufzuheben sowie
die Beklagte zu verpflichten, ihr entsprechend ihrem Antrag vom 7.7.2005 eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des im Untergeschoss der Kirche gelegenen Lagerraums in eine Krypta zu erteilen,
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ihr entsprechend ihrem Antrag vom 7.7.2005 eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des im Untergeschoss der Kirche gelegenen Lagerraums in eine Krypta in der Fassung des alternativ gestellten Antrags mit Zugang zur Krypta über den Kircheninnenraum zu erteilen
und die Berufungen der Beklagten sowie der Beigeladenen Ziff. 1 zurückzuweisen.
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Die Beklagte und die Beigeladene Ziff. 1 beantragen,
25 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15.4.2008 - 5 K 2146/06 - zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
26 
Die Beklagte hält die erlassene Veränderungssperre für wirksam. Insbesondere werde das Planungsziel, die Berufsausübungsfreiheit und die Eigentumsrechte im Geltungsbereich des fraglichen Industriegebiets nicht weiter einzuschränken, durch den Ausschluss der nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungen gefördert. Ein Anspruch auf Ausnahmeerteilung bestehe nicht. Denn die Zulassung der Krypta stehe dem Planungsziel der Beigeladenen Ziff. 1 entgegen. Hieran ändere auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nichts. Diese betreffe nämlich die Frage der Ausnahme nach § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht.
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Unabhängig von der Veränderungssperre müsse geklärt werden, welcher Stellenwert dem religiösen Empfinden der Betriebsinhaber, der Grundstückseigentümer sowie der Beschäftigten im Industriegebiet zukomme und inwieweit dieses Empfinden einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB entgegenstehe. Es zähle zum Schutzbereich der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der evangelischen und katholischen Kirche, die Totenruhe zu achten und sie nicht durch lärmende oder andere die Totenruhe beeinträchtigende Emissionen zu stören. Dies habe das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung nicht berücksichtigt.
28 
Der hilfsweise gestellte Klageantrag sei unzulässig. Im Gegensatz zu den weiteren Verpflichtungs- und Duldungserklärungen der Klägerin, die ihr nicht vorlägen, sei der alternativ gestellte Bauantrag zwar bei ihr eingegangen. Jedoch handle es sich bei diesem um ein aliud zu dem bisherigen Bauantrag, so dass zunächst ein baubehördliches Genehmigungs- und ggfs. Widerspruchsverfahren durchzuführen sei.
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Die Beigeladene Ziff. 1 trägt ergänzend vor, das Gebot, die Totenruhe zu achten zähle zur Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aller christlichen Kirchen. Gleiches gelte für Angehörige des jüdischen oder muslimischen Glaubens. Beschäftigte, die in unmittelbarer Nähe der Krypta mit lauten Maschinen arbeiteten, würden damit in erhebliche Gewissens- und Glaubensnöte geraten. Zur Bestätigung legen sie ein Schreiben des Geschäftsführers des der Kirche benachbarten holzverarbeitenden Betriebes vom 12.8.2016 sowie weitere Schreiben dieser Firma vor. Ein der Würde des Friedhofs entsprechendes Verhalten werde im Übrigen auch von den in nahezu allen baden-württembergischen Kommunen geltenden Friedhofssatzungen gefordert.
30 
Die Beigeladene Ziff. 2 stellt keinen Antrag. In der Sache hat sie - noch im Verfahren 3 S 465/11 - ihre Besorgnis geäußert, die in einem Industriegebiet zulässigen und notwendigen Nutzungsmöglichkeiten könnten bei Genehmigung der Krypta beschränkt und die im Vertrauen auf den Fortbestand Industriegebiets angesiedelten Unternehmen als Störer betrachtet würden. Dies sei nicht akzeptabel.
31 
Die im parallelen Verfahren auf Erteilung einer bestattungsrechtlichen Genehmigung für die vorgesehene Begräbnisstätte vom 1. Senat des erkennenden Verwaltungsgerichtshofs nach für die Klägerin negativem Ausgang des Verwaltungs-, Widerspruchs- und erstinstanzlichen Verwaltungsgerichtsverfahrens zugelassene Berufung - 1 S 1594/13 - ruht derzeit mit Rücksicht auf den vorliegenden Rechtsstreit.
32 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Verwaltungsgerichts Stuttgart sowie die beigezogenen einschlägigen Baugenehmigungsakten, Widerspruchsakten und Bebauungsplanakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
33 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist mit ihrem Hauptantrag begründet. Die gleichfalls zulässigen Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen Ziff. 1 bleiben hingegen ohne Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf die begehrte Genehmigung einer Umnutzung des im Untergeschoss ihrer Kirche gelegenen Abstellraums in eine Krypta mit zehn Bestattungsplätzen. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten vom 6.3.2006 und vom 6.6.2011 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 4.5.2006 sind daher rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte ist dementsprechend unter Änderung des erstinstanzlichen Bescheidungsurteils und Aufhebung der genannten Bescheide zu verpflichten, der Klägerin entsprechend ihrem Antrag vom 7.7.2005 eine Baugenehmigung für die geplante Nutzungsänderung zu erteilen.
34 
Bei der vorgesehenen Nutzungsänderung handelt es sich um ein nach § 49 i. V. mit § 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO genehmigungspflichtiges Vorhaben; Ausnahmen von der Genehmigungspflicht i. S. der §§ 50, 51, 49 und 70 LBO liegen nicht vor. Die mithin erforderliche Baugenehmigung ist nach § 58 LBO (zwingend) zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (Satz 1). Soweit § 52 LBO - wie hier - keine Anwendung findet, sind dabei alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu prüfen, die Anforderungen an das Bauvorhaben enthalten und über deren Einhaltung nicht eine andere Behörde in einem gesonderten Verfahren durch Verwaltungsakt entscheidet (Satz 2).
35 
Danach ist der Klägerin die im vorliegenden Verfahren unbedingt begehrte Baugenehmigung zu erteilen. Denn dieser Genehmigung stehen keine dem materiellen Entscheidungsprogramm der Baurechtsbehörde unterfallende Vorschriften des öffentlichen Rechts entgegen.
36 
1. Das Vorhaben der Klägerin ist bauplanungsrechtlich zulässig. Die beabsichtigte Nutzungsänderung verstößt zwar gegen den für den fraglichen Bereich bislang geltenden Bebauungsplan „Industriegebiet“ aus dem Jahre 1970. Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch auf die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen dieses Bebauungsplans (1.1.). Nicht anders verhält es sich bei Berücksichtigung der von der Beigeladenen Ziff. 1 mit dem Bebauungsplanverfahren „Industriegebiet, 6. Änderung" vorgesehenen Änderungen (1.2.), weshalb eine Ausnahme von der am 24.7.2016 beschlossenen Veränderungssperre zuzulassen ist (1.3.).
37 
1.1. Die vorgesehene Nutzungsänderung ist mit Blick auf den geltenden, am 7.8.1971 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Industriegebiet“ vom 06.11.1970 zwar nicht allgemein oder ausnahmsweise zulässig. Jedoch ist der Klägerin für die besagte Nutzungsänderung eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu erteilen.
38 
1.1.1. Dieser Beurteilung hat der Senat sowohl den ihn bindenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.5.2016 (ZfBR 2016, 582 ff.) als auch das gleichfalls Bindungswirkung entfaltende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 (BVerwGE 138, 166 ff.) zu Grunde zu legen.
39 
1.1.1.1. Nach § 31 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 - BVerfGG - (BGBl. I S. 1473) binden die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden. Zu diesen Entscheidungen gehören auch Beschlüsse einer Kammer des Bundesverfassungsgerichts, durch die einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben wird, weil ein solcher Beschluss nach § 93 c Abs. 1 Satz 2 BVerfGG einer Entscheidung des Senats gleichsteht. Die Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG soll eine verbindliche einheitliche Auslegung des Grundgesetzes sicherstellen. Daher beansprucht sie über den entschiedenen Fall hinaus Geltung in allen künftigen Fällen. Sie umfasst den Tenor der Entscheidung, d. h. die nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG zu treffende Feststellung, welche Vorschrift des Grundgesetzes durch welche Handlung oder Unterlassung verletzt wurde. Darüber hinaus erstreckt sich die Bindungswirkung auf die den Feststellungsausspruch tragenden Gründe, soweit diese Auslegung und Anwendung des Grundgesetzes betreffen. Rechtssätze dieses Inhalts geben auch Maßstäbe und Grenzen für die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts vor (stRspr; vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.6.1975 - 2 BvR 1018/74 - BVerfGE 40, 88 ff. u. v. 16.3.2005 - 2 BvL 7/00 - BVerfGE 112, 268 ff.; vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 21.9.2016 - 6 C 2.15 - juris).
40 
1.1.1.2. Nichts anderes gilt im Ergebnis für das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010.
41 
Zwar hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9.5.2016 ausgeführt, das in der Berufungsinstanz ergangene Urteil des erkennenden Senats (vom 20.7.2011) habe die vorangegangenen angegriffenen Entscheidungen prozessual überholt (RdNr. 80, Umdruck S. 29) und zählt zu diesen vorangegangenen angegriffenen Entscheidungen auch das in Rede stehende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010. Indes nimmt die damit vertretene Rechtsansicht, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 habe sich erledigt, nach den oben gemachten Ausführungen nicht an der Bindungswirkung des verfassungsgerichtlichen Beschlusses teil. Denn sie ist kein tragender Grund für die Feststellung des ausgesprochenen Grundrechtsverstoßes und trägt im Übrigen - da das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht zurückgewiesen hat - auch keinen sonstigen Entscheidungsausspruch. Darüber hinaus betrifft sie auch nicht die Auslegung und Anwendung des Grundgesetzes, sondern allein die Auslegung und Anwendung einfachen Prozessrechts.
42 
In der Sache ist eine Erledigung des Urteils vom 18.11.2010, mit dem das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Senats vom 9.11.2009 aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den erkennenden Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen hat, nicht eingetreten. Denn von ihm gehen auch nach Erlass des Urteils des Senats vom 20.7.2011 Rechtswirkungen aus.
43 
So kann nämlich die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerade auf eine durch die erneute Entscheidung des Vordergerichts hervorgerufene Verletzung der Bindungswirkung des § 144 Abs. 6 VwGO gestützt werden (vgl. Eichberger/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, RdNr. 116 zu § 144; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, RdNr. 12 zu § 144).
44 
Diese Bindungswirkung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 ist ihrerseits nicht entfallen. Insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9.5.2016 keine Rechtsauffassung zu entscheidungserheblichen Rechtsfragen vertreten, die von derjenigen in dem zurückverweisenden Revisionsurteil grundsätzlich abweicht (vgl. zur Befreiung der Vorinstanz von der Bindungswirkung in derartigen Fällen wiederum Eichberger/Bier, a. a. O., RdNr. 126 zu § 144).
45 
Gebunden ist der Senat danach an die der Aufhebung und Zurückverweisung zugrunde liegende rechtliche Beurteilung des Falles durch das Bundesverwaltungsgericht. Die Bindung umfasst die der Entscheidung unmittelbar zu Grunde liegende rechtliche Würdigung und auch die dem vorausliegenden Gründe, soweit diese notwendige Voraussetzung für die unmittelbaren Aufhebungsgründe waren (vgl. auch hierzu W.-R. Schenke, a. a. O., RdNr. 12 zu § 144).
46 
1.1.2. Die vorgesehene Erweiterung der genehmigten und von der Klägerin auch entsprechend genutzten Kirche um eine Krypta im Untergeschoss der Gebäudeostseite ist nach den §§ 30, 31 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans „Industriegebiet“ vom 6.11.1970 weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig. An dieser vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9.5.2016 ausdrücklich verfassungsrechtlich nicht beanstandeten Beurteilung (RdNr. 65, Umdruck S. 23) ist festzuhalten.
47 
Der am 7.8.1971 in Kraft getretene Bebauungsplan setzt für das Baugrundstück und das gesamte Plangebiet ein Industriegebiet nach § 9 BauNVO 1968 fest. Danach sind dort Gewerbebetriebe aller Art mit Ausnahme von Einkaufszentren und Verbrauchermärkten im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 sowie Lagerplätze und öffentliche Betriebe allgemein zulässig. Hierzu zählt eine Kirche mit Krypta indes nicht (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 16, Umdruck S. 8).
48 
Als Ausnahmen werden nach Ziff. 1 der Bebauungsvorschriften die in § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 aufgeführten Nutzungsarten - mithin Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (Nr. 1) sowie betriebsbezogene Wohnungen (Nr. 2) - zugelassen. Bei der mit der Kirche verbundenen Krypta handelt es sich um eine Anlage für kirchliche Zwecke. Die ausnahmsweise Zulässigkeit der geplanten Nutzungsänderung scheitert jedoch am ungeschriebenen, sich typisierend aus der allgemeinen Zweckbestimmung eines Industriegebiets ergebenden Tatbestandsmerkmal der Gebietsverträglichkeit. Da Industriegebiete der einzige Baugebietstyp der Baunutzungsverordnung sind, in dem erheblich störende Gewerbebetriebe untergebracht werden können, sind die in § 9 Abs. 3 BauNVO bezeichneten Nutzungsarten nur dann ohne Weiteres gebietsverträglich, wenn sie nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Hauptzweck des Industriegebiets nicht in Konflikt geraten können. Diese Voraussetzung erfüllt eine Kirche - mit oder ohne Krypta - bei typisierender Betrachtung nicht (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 17 ff., Umdruck S. 8 ff.).
49 
1.1.3. Der Klägerin steht aber bei der gebotenen Auslegung und Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB unter besonderer Berücksichtigung von Wirkkraft und Tragweite ihrer von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 53, Umdruck S. 18, RdNr. 48, Umdruck S. 16) ein Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu. Denn zu der grundrechtlich geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin zählt auch die hier in Rede stehende Bestattung kirchlicher Würdenträger nach bestimmten glaubensgeleiteten Riten und die dementsprechende Totensorge einschließlich der alter syrisch-orthodoxer Kirchenlehre entsprechenden Hauskirchenbestattung von Priestern, hier in der zur Genehmigung gestellten Krypta (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 51, Umdruck S. 17 f.). Im Lichte des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sind durch die Abweichung von dem geltenden Bebauungsplan die Grundzüge der Planung nicht berührt (1.1.3.1.), erfordern Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung (1.1.3.2.) und ist die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar (1.1.3.3.). Schließlich ist das danach auf der Rechtsfolgenseite eröffnete Befreiungsermessen der Beklagten zu Gunsten der Klägerin „auf Null“ reduziert (1.1.3.4.).
50 
1.1.3.1. Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 37, Umdruck S. 16 f.).
51 
Bei den genannten Prüfungsschritten ist auf unterschiedliche Zeitpunkte abzustellen. Was Inhalt und Bestandteil der Planungsgrundsätze ist, ist durch eine auf den Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bezogene Auslegung des Bebauungsplans anhand der damaligen Sach- und Rechtslage und der damaligen Vorstellungen des Gemeinderats zu ermitteln (§ 10 und § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.6.2007 - 3 S 881/06 - VBlBW 2007, 385 ff., unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 19.5.2004 a. a. O.). Demgegenüber ist für die Beurteilung, ob die (ursprüngliche) planerische Grundkonzeption durch die Befreiung berührt wird, auch die nachträgliche tatsächliche Entwicklung im Plangebiet bis zum Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung in den Blick zu nehmen. Es kommt darauf an, ob der mit der ursprünglichen Planung verfolgte Interessenausgleich durch die tatsächliche Entwicklung seit Inkrafttreten des Bebauungsplans bereits so nachhaltig gestört ist, dass die Planungsgrundzüge nicht mehr in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden können (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 39, Umdruck S. 18; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.9.2016 - 3 S 864/16 - juris).
52 
1.1.3.1.1. Ursprüngliche planerische Grundkonzeption der Beigeladenen Ziff. 1 war es, mit dem Bebauungsplan „Industriegebiet“ für die Gewanne „Kurzer See“ und „Beim Fürfelder Zollstock“ von 1970 ein klassisches, den Vorgaben des Gesetz- und Verordnungsgebers entsprechendes Industriegebiet zu schaffen. Dies ergibt sich aus der Planbegründung, wonach das Plangebiet als erster Abschnitt eines größeren Industriegebiets vorgesehen war und darauf hingewiesen wurde, dass der überwiegend flache südliche Gebietsteil sich topografisch „gut für schwere Industrie“ eigne. Auch der damalige Bürgermeister der Beigeladenen Ziff. 1 hat das genannte Ziel in der mündlichen Verhandlung vom 20.7.2011 (im Verfahren 3 S 465/11) bestätigt. Eröffnet werden sollte - dem gesetzlichen Leitbild entsprechend - die gesamte, uneingeschränkte Nutzungsbreite aller nach § 9 Abs. 2 BauNVO 1968 zulässigen gewerblichen Nutzungen dieses - störintensivsten - Gebietstyps.
53 
Dem Umstand, dass die Beigeladene Ziff. 1 die in § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 aufgeführten - und danach ohnehin ausnahmsweise zulässigen - Nutzungsarten ausdrücklich als Ausnahmenutzungen zugelassen hat, kommt keine erhebliche Bedeutung zu.
54 
Hauptzweck eines klassischen, den Vorgaben des Gesetz- und Verordnungsgebers entsprechenden Industriegebiets ist die Unterbringung erheblich störender Betriebe (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 20, Umdruck S. 9). Zu einem solchen Industriegebiet gehört aber auch die potenzielle Existenz der in § 9 Abs. 3 BauNVO genannten Anlagen, soweit diese gegenüber den allgemein zulässigen industriellen Anlagen räumlich wie funktionell untergeordnet sowie darüber hinaus - wie unter 1.1.2. ausgeführt - typischerweise gebietsverträglich, also nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Hauptzweck des Gebiets nicht in Konflikt geraten können.
55 
Angesichts dessen spricht nichts dafür, dass mit der Festsetzung „Ausnahmen nach § 9 (3) BNutzVO werden zugelassen“ in Ziff. 1 der Bebauungsvorschriften eine Abweichung von dem oben beschriebenen Planungsziel beabsichtigt war, insbesondere dass ein „konfliktträchtiges“ Industriegebiet geplant und dabei den ausnahmsweise zulässigen (kirchlichen, kulturellen, gesundheitlichen oder sportlichen) Anlagen eine über die gesetzlichen Vorgaben (Regel-Ausnahme-verhältnis) hinausgehende Bedeutung für das Plankonzept beigemessen werden sollte. Im Gegenteil hat die Beigeladene Ziff. 1 mit Schriftsatz vom 23.3.2011 (im Verfahren 3 S 465/11) schlüssig dargelegt, dass mit der genannten Festsetzung neben der Ausnahmemöglichkeit besonders die Erfordernisse für die Zulassung einer solchen Ausnahme - also auch der Gesichtspunkt der Gebietsverträglichkeit - hervorgehoben werden sollten.
56 
1.1.3.1.2. Dieses planerische Grundkonzept, im festgesetzten Gebiet die Unterbringung erheblich störender Betriebe zu ermöglichen und deshalb daneben nur typischerweise störunempfindliche Ausnahmenutzungen im Sinne des § 9 Abs. 3 BauNVO zuzulassen, wird unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben durch die in Frage stehende Befreiung im Ergebnis nicht berührt.
57 
Auszugehen ist dabei von der nach Inkrafttreten des Bebauungsplans eingetretenen tatsächlichen Entwicklung, hier der erfolgten Genehmigung, Errichtung und Nutzung der - wie oben unter 1.1.2. ausgeführt typischerweise gebietsunverträglichen - Kirche der Klägerin und deren Auswirkungen auf den mit der Planung verfolgten Interessenausgleich. Auf dieser Grundlage ist dann die Frage zu beantworten, ob die Grundzüge der Planung durch das Hinzutreten der Krypta noch in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden können (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 39, Umdruck S. 18).
58 
Maßgeblich sind mithin allein die über die derzeitige Nutzung der Kirche hinausgehenden Auswirkungen der Einrichtung der auf zehn Begräbnisplätze für Gemeindepfarrer beschränkten Krypta. Allerdings sind diese Auswirkungen auf den mit der ursprünglichen planerischen Grundkonzeption verfolgten Interessenausgleich nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.5.2016 nur insoweit zu berücksichtigen, als es sich um konkrete weitere und zudem nennenswerte Wirkungen auf das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Nachbarbetriebe handelt (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 69, Umdruck S. 24). Denn bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB und bei der Auslegung der in dieser Vorschrift als Voraussetzung für eine Befreiung normierten unbestimmten Rechtsbegriffe ist der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin Rechnung zu tragen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 68, Umdruck S. 24), und als verfassungsimmanente Schranken der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit sind vorliegend allein die besagten Grundrechte der angrenzenden Betriebsinhaber berücksichtigungsfähig (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNrn. 67, 77, Umdruck S. 24, 27).
59 
1.1.3.1.2.1. Eine Berücksichtigung von Auswirkungen der Krypta auf weitergehende Planungsgrundzüge, insbesondere auf das von der Beigeladenen Ziff. 1 mehrmals geäußerte Planungsziel, im fraglichen Industriegebiet keine potenziell konfliktträchtige Begräbnisstätte zuzulassen, ist dem Senat danach verwehrt. Gleiches gilt für neben dem Eigentumsgrundrecht und der Berufsfreiheit der Nachbarbetriebe als verfassungsimmanente Schranken der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin in Betracht kommende weitere Grundrechte, beispielsweise die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der angrenzenden Betriebsinhaber und der in der Nachbarschaft Beschäftigten. Denn die Beschränkung der hier beachtlichen Rechtspositionen auf den Schutz des Eigentums und der Berufsausübungsfreiheit der benachbarten Betriebe ist als tragender Grund des Beschlusses vom 9.5.2016 gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG bindend. Einer Beweiserhebung zu der Frage, ob es das Religionsverständnis verschiedener monotheistischer Religionen verbietet, in einem Industriegebiet zulässige, erheblich belästigende Tätigkeiten in der Nähe einer Begräbnisstätte durchzuführen, bedarf es daher nicht. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht das von der Beklagten und der Beigeladenen Ziff. 1 insoweit in Anspruch genommene Gebot, die Totenruhe zu achten, nicht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG zugeordnet, sondern als Pietätsempfinden ohne Verfassungsrang eingestuft und ausgeführt, das Pietätsempfinden der Grundstücksnachbarn könne der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin nicht mit Erfolg entgegengehalten werden (Beschluss vom 9.5.2016, RdNr. 61 f., Umdruck Seite 21 f.).
60 
1.1.3.1.2.2. Als Auswirkungen der geplanten Krypta auf das Eigentum und die Berufsausübungsfreiheit der Nachbarbetriebe kommen insbesondere behördliche Auflagen in Betracht, mit denen die Betriebsinhaber verpflichtet werden, ihre Maschinen wegen der vorgesehenen zusätzlichen Andachten nur unter bestimmten Lärmschutzvorkehrungen oder gar nur zu bestimmten Zeiten zu betreiben (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNrn. 65 f., Umdruck S. 22 f.). Derartige Auswirkungen der Krypta auf die Nachbarbetriebe sind aber nicht konkret (vgl. zur konkreten Betroffenheit durch Nutzungseinschränkungen auch BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 39, Umdruck S. 18) feststellbar:
61 
Die mit ca. 300 Sitzplätzen und einer Empore für rund 50 weitere Personen ausgestattete Kirche wird nach dem Vorbringen der Klägerin täglich, zum Teil mehrmals und auch während der Arbeitszeit der im Schichtbetrieb tätigen umliegenden Betriebe, zu Gottesdiensten und feierlichen Anlässen wie Taufen, Hochzeiten, Verlobungen, sonstigen Segnungen und Beerdigungsfeiern von einer variierenden Personenzahl bis hin zu ihrer Kapazitätsgrenze genutzt. Das Nutzungskonzept der Krypta umfasst - wiederum den Angaben der Klägerin zufolge - das regelmäßige samstägliche Andachtsgebet nach der Abendmesse, an dem neben dem Gemeindepfarrer wenige einzelne Gemeindemitglieder teilnehmen, für die Dauer von 15 Minuten, eine traditionelle Andacht mit einer Zeitdauer von 20 Minuten am Ostermontag, an der wiederum wenige Personen teilnehmen, sowie eine Einzelnutzung nur bei besonderen Anlässen des Gedenkens an den verstorbenen Gemeindepfarrer, etwa an dessen Todestag. Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben bestehen nicht und haben die Beklagte sowie die Beigeladenen auch nicht geltend gemacht.
62 
Die mit der Einrichtung der Krypta einhergehende Erweiterung des Nutzungsumfangs des Kirchengebäudes ist danach in zeitlicher Hinsicht vergleichsweise geringfügig. Auch findet ein möglicherweise störempfindliches Totengedenken nicht erst infolge der geplanten Andachten in der Krypta, sondern bereits derzeit im Rahmen der in der Kirche durchgeführten Beerdigungsfeiern statt.
63 
Auf dieser Grundlage ist bei Ausklammerung der hier nicht berücksichtigungsfähigen Belange des Ruheschutzes von Begräbnisstätten (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 27 f.) eine wesentliche zusätzliche Störempfindlichkeit wegen der vorgesehenen zusätzlichen Andachten im Ergebnis nicht erkennbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Krypta nicht um eine allgemeine Begräbnisstätte auf einem Friedhof, sondern ausschließlich um eine Begräbnisstätte für die Priester der Kirchengemeinde (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 70, Umdruck S. 2) innerhalb des Kirchengebäudes handelt. Angesichts der mithin bestehenden eigenen Abhilfemöglichkeiten durch - auch bauliche - Maßnahmen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 78, Umdruck S. 28) bzw. die bloße Schließung der Fenster für die eher kurze Dauer der Feierlichkeiten in der Krypta, zu der die Klägerin nach eigenem Bekunden auch bereit ist, sowie der industriellen Vorbelastung des Baugebiets (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 27) sind danach Auflagen, die den Betriebsinhabern allein wegen der Nutzung der Krypta aufgeben, ihre Maschinen nur unter bestimmten Lärmschutzvorkehrungen oder gar nur zu bestimmten Zeiten zu betreiben (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNrn. 65 f., Umdruck S. 22 f.), nicht konkret zu besorgen. Vielmehr sind mögliche Nutzungskonflikte weitgehend bereits mit der Errichtung und der intensiven Nutzung der Kirche - auch zu Beerdigungs- und Trauergottesdiensten - entstanden (wohl ebenso BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 35, Umdruck S. 16).
64 
Sonstige hier erhebliche Beeinträchtigungen des Eigentums und der Berufsausübungsfreiheit der Nachbarbetriebe durch die Krypta sind ebenfalls nicht konkret feststellbar. Das gilt insbesondere für die vom benachbarten Produktionsbetrieb für Holzverpackungen und Holzkisten bereits im Jahre 2011 angeführten Erweiterungsabsichten. Denn ökonomisch sinnvolle und rentable Eigentumsnutzungen sowie hierfür bedeutsame unternehmerische Dispositionsbefugnisse sind durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 65, Umdruck S. 22 f.). Für eine darüber hinausgehende, hinreichend konkrete Verfestigung einer eigentumsrechtlichen Position (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 28) besteht kein Anhalt. Nach den oben gemachten Ausführungen wäre im Übrigen angesichts der Vorbelastung durch die bestehende Kirche einerseits und die industrielle Nutzung des Baugebiets andererseits auch insoweit durch die Einrichtung der Krypta keine nennenswerte zusätzliche Beeinträchtigung konkret zu erwarten.
65 
1.1.3.2. Gründe des Wohls der Allgemeinheit i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB beschränken sich nicht auf spezifisch bodenrechtliche Belange, sondern erfassen alles, was gemeinhin unter öffentlichen Belangen oder öffentlichen Interessen zu verstehen ist, wie sie beispielhaft etwa in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB aufgelistet sind. Vom Wortlaut des § 1 Abs. 6 Nr. 6 BauGB erfasst werden die Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge zwar nur, soweit sie von Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellt werden. Die in den Glaubensvorstellungen wurzelnden Belange privatrechtlich organisierter Kirchen und Religionsgesellschaften sind jedoch ebenfalls als öffentliche Belange zu berücksichtigen, sei es als kulturelle Bedürfnisse der Bevölkerung im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB oder als ein in dem nicht abschließenden Katalog des § 1 Abs. 6 BauGB nicht ausdrücklich erwähnter Belang. Das gilt jedenfalls, wenn die betreffende Kirchengemeinde eine nicht unbedeutende Zahl von Mitgliedern hat (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 25, Umdruck S. 11).
66 
Angesichts der erheblichen Zahl von mittlerweile etwa 600 Mitglieder und der im Nomokanon des Bar Hebraeus wurzelnden Glaubensvorstellungen der Klägerin, wonach im syrisch-orthodoxen Glauben in der kultischen Handlung der Hauskirchenbestattung von Priestern, hier in der zur Genehmigung gestellten Krypta, der Glaube seinen Ausdruck findet (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 51, Umdruck S. 17 f.), handelt es sich bei der besagten Hauskirchenbestattung um einen vorliegend zu berücksichtigenden öffentlichen Gemeinwohlbelang.
67 
Allgemeinwohlgründe erfordern eine Befreiung i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht erst, wenn den Belangen der Allgemeinheit auf eine andere Weise als durch eine Befreiung nicht entsprochen werden könnte, sondern bereits dann, wenn es zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses „vernünftigerweise geboten“ ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist, reicht demgegenüber nicht aus. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Dabei kann es auch auf - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Fragen der Zumutbarkeit ankommen (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 26, Umdruck S. 12).
68 
Vernünftigerweise geboten ist die Zulassung der Krypta danach dann, wenn Alternativen zur Beisetzung in der eigenen Kirche an sich in Betracht kommen, der Klägerin aber unter den gegebenen Umständen nicht zugemutet werden können. Dass sie theoretisch an anderer Stelle eine Kirche mit Krypta neu errichten könnte, genügt nicht. Auch kann eine Befreiung nicht mit dem Argument verweigert werden, dass es planungsrechtlich bereits bei Errichtung der Kirche möglich gewesen wäre, an anderer geeigneter Stelle die Grundlagen für eine pietätvolle Begräbnisstätte zu schaffen. Maßgebend für die Zumutbarkeit ist vielmehr, ob der Klägerin tatsächlich zu nicht unangemessenen Bedingungen ein besser geeignetes Grundstück für die Errichtung einer Kirche mit Krypta auf dem Gebiet der Beklagten zur Verfügung gestanden hätte oder, wenn dies nicht der Fall war, ob sie sich bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen hat (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 28, Umdruck S. 12 f.).
69 
In Anwendung dieser Grundsätze ist die Befreiung zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses „vernünftigerweise geboten“.
70 
1.1.3.2.1. Der Klägerin stand kein besser geeignetes Grundstück für die Errichtung einer Kirche mit Krypta zur Verfügung.
71 
Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchem Grund die unstreitigen Verhandlungen über ein Grundstück im Ortsinneren der Beigeladenen Ziff. 1 beendet wurden. Denn bei diesem Grundstück bestanden unstreitig Probleme mit der Ost-West-Ausrichtung der Kirche. Selbst wenn diese - entsprechend der Einschätzung der Vertreter der Beigeladenen Ziff. 1 in der mündlichen Verhandlung vom 20.7.2011 (im Verfahren 3 S 465/11) - mit einem verkleinerten Kirchenbau (möglicherweise) hätten gelöst werden können, wäre das Grundstück angesichts der erforderlichen Verkleinerung der Kirche (auch mit Krypta) jedenfalls nicht besser geeignet gewesen als das dann gewählte Grundstück.
72 
1.1.3.2.2. Ferner hat sich die Klägerin nicht bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen.
73 
Der Bauantrag von April 1994 war ursprünglich sowohl auf die Kirche als auch auf ein im Untergeschoss an der heutigen Stelle und der heutigen Größe vorgesehenes „Mausoleum“ gerichtet. Nach zweimaliger Ablehnung des gemeindlichen Einvernehmens mit der Zulassung dieses Vorhabens durch die Beigeladene Ziff. 1 nahm der Architekt und Planverfasser die Klägerin mit Blaueintrag vom 30.09.1994 die Krypta ausdrücklich aus dem Baugesuch heraus und beantragte stattdessen einen Abstellraum (vgl. Einträge in der Betriebsbeschreibung sowie im Untergeschoss- und im Schnittplan A-A, Bl. 7, 9 und 15 d. A.). Trotz dieser Antragsänderung lehnte die Beklagte in Ziff. 2 des Bescheides vom 4.11.1994 „den Antrag zur gleichzeitigen Errichtung eines Mausoleums“ ab. Im Widerspruchsverfahren bat das Regierungspräsidium mit Schreiben vom 27.1.1995 die Klägerin dann um Mitteilung, ob die Änderung des Antrages mit ihrer Zustimmung erfolgt sei. Zugleich wies es darauf hin, dass in diesem Falle zwar nicht die Krypta genehmigt sei, die Kirche und das Gemeindezentrum aber errichtet werden könnten; für die Krypta müsse ein Nachtragsbaugesuch eingereicht werden, über das die Baurechtsbehörde erneut entscheiden müsse. Mit Schreiben vom 4.2.1995 bestätigte die Klägerin daraufhin die mit ihrem Einvernehmen erfolgte Antragsänderung. Darüber hinaus führte sie aus: „Wir wären ihnen sehr zum Dank verbunden, wenn ihre Entscheidungen uns weiter bringen könnten, diese Krypta-Einrichtung, wenigstens durch ein nachträgliches Genehmigungsverfahren zu ermöglichen“. Mit Schreiben vom 7.3.1995 forderte das Regierungspräsidium die Beklagte danach auf, Ziff. 2 des angegriffenen Bescheides zurückzunehmen und hierdurch dem Widerspruch der Klägerin abzuhelfen. Dem kam die Beklagte sodann mit Bescheid vom 14.3.1995 nach.
74 
Insbesondere der Inhalt des Schreibens vom 4.2.1995 und die darin zum Ausdruck gebrachte Hoffnung auf eine nachträgliche Genehmigung zeigen ohne Weiteres, dass die Klägerin weiterhin an der Errichtung der Krypta festhalten wollte, also eine Errichtung nur der Kirche lediglich als vorläufig ansah. Auf eine Errichtung der Kirche ohne Krypta hat sie sich deutlich erkennbar nicht bewusst auf Dauer eingelassen. Eine dauerhafte Beschränkung des Baugenehmigungsantrages auf die Errichtung allein der Kirche ergab sich auch aus dem Schreiben des Regierungspräsidiums vom 27.1.1995 nicht. Vielmehr wurde in diesem gerade die Möglichkeit eines Nachtragsbaugenehmigungsverfahrens aufgezeigt.
75 
Auch aus dem nachträglichen Verhalten der Klägerin ergibt sich nicht, dass sie sich bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen hat. Allein aus dem Umstand, dass sie sich in der Folgezeit zunächst rund zehn Jahre nicht weiter um eine Krypta bemüht hat, lässt sich nicht auf eine bewusste Aufgabe der Absicht zur Errichtung einer Krypta schließen. Dies gilt umso mehr, als keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Einrichtung einer Krypta seinerzeit bereits so dringlich war, wie nach dem Ableben des Gemeindepriesters (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 75, Umdruck S. 27).
76 
1.1.3.2.3. Aber auch im Übrigen ist es unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten vernünftigerweise geboten, das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen.
77 
Insbesondere lässt sich dem nicht mit dem Einwand begegnen, die Hauskirchenbestattung sei kein zwingender Bestandteil der Religionsausübung der Klägerin (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNrn. 27 f, Umdruck S. 12 f.). Dabei ist es weder zulässig, der Klägerin den zwingenden Charakter der von ihr aus dem Nomokanon des Bar Hebraeus abgeleiteten Glaubensregel der Hauskirchenbestattung für Priester unter Hinweis auf die Praxis anderer syrisch-orthodoxer Gemeinden in Deutschland sowie auf ihr eigenes Verhalten im Zusammenhang mit der Errichtung des Kirchengebäudes abzusprechen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 74, Umdruck S. 26), noch lässt sich dem zwingenden Charakter der Hauskirchenbestattung mit Erfolg entgegenhalten, die Klägerin habe sich in der Zeit nach der Genehmigung der Kirche nicht weiter um eine Krypta bemüht und sei inzwischen schon seit vielen Jahren ohne eine eigene Krypta ausgekommen. Denn wie oben ausgeführt, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Einrichtung einer Krypta für die Klägerin seinerzeit bereits so dringlich war, wie nach dem Ableben des Gemeindepriesters; auch kann ihr ihre Rechtstreue dahin, sich an die seinerzeitige Versagung der Errichtung einer Kirche mit Krypta gehalten zu haben, nicht zum Nachteil gereichen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 75, Umdruck S. 27).
78 
Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass hier eine Nutzungserweiterung in Frage steht, die zwar bei typisierender Betrachtung gebietsunverträglich ist, aber "vernünftigerweise" an ein vorhandenes Kirchengebäude anknüpft, das aufgrund bestandskräftiger Baugenehmigung im genehmigten Umfang formal legal weitergenutzt werden darf. Das gilt umso mehr, wenn die bestandsgeschützte Kirchennutzung - wie hier - im Einvernehmen mit der Gemeinde genehmigt wurde, die Gemeinde also gewissermaßen selbst den Keim für "vernünftigerweise gebotene" Nutzungserweiterungen gelegt hat (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 30, Umdruck S. 13 f.).
79 
1.1.3.3. Für die Beantwortung der Frage, ob die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, bedarf es einer Betrachtung, die die bisherige Situation (hier: Kirche ohne Krypta) dem durch die Abweichung zu ermöglichenden Gesamtvorhaben (hier: Kirche mit Krypta) gegenüberstellt und die Vereinbarkeit des sich daraus ergebenden Unterschieds mit öffentlichen Belangen untersucht. Welche Umstände als öffentliche Belange i. S. von § 31 Abs. 2 BauGB eine Befreiung ausschließen, lässt sich nicht generell beantworten. In Betracht kommen insbesondere die in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB genannten öffentlichen Belange, auch solche, die nicht in der gemeindlichen Planungskonzeption ihren Niederschlag gefunden haben. Ist die Befreiung mit einem öffentlichen Belang in beachtlicher Weise unvereinbar, so vermag sich der die Befreiung rechtfertigende Gemeinwohlgrund im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht durchzusetzen. Da der Plan gerade unter den Nachbarn einen Ausgleich von Nutzungsinteressen zum Inhalt hat, muss ferner darauf abgehoben werden, ob in den durch den Bebauungsplan bewirkten nachbarlichen Interessenausgleich erheblich störend eingegriffen wird. Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 33, Umdruck S. 14 f.).
80 
Allerdings ist vorliegend auch im Rahmen der öffentlichen Belange und der nachbarlichen Interessen nur der als verfassungsimmanente Schranke der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit allein berücksichtigungsfähige Schutz des Eigentums und der Berufsausübungsfreiheit der Nachbarbetriebe maßgeblich (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 27). In diesem Sinn erhebliche Wirkungen der zusätzlichen Einrichtung einer Krypta im Untergeschoss der genehmigten und genutzten Kirche sind indes - wie unter 1.1.3.1.2.2. dargelegt - nicht konkret feststellbar.
81 
1.1.3.4. Liegen nach alledem die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB vor, so hat die Klägerin auch einen Rechtsanspruch auf die begehrte Befreiung. Das der Baurechtsbehörde bei der Erteilung einer Befreiung auf der Rechtsfolgenseite ansonsten zustehende Ermessen ist vorliegend auf Null reduziert.
82 
Sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben, besteht für die Ausübung des Ermessens wenig Raum. Daraus folgt jedoch nicht, dass der zuständigen Behörde entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zusteht oder dass das Ermessen stets auf Null reduziert ist, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen. Erforderlich für eine negative Ermessensentscheidung ist nur, dass der Befreiung gewichtige Interessen entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.9.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50; Urt. v. 4.7.1986 - 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315). Kommen dagegen bei einem Bauvorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans widerspricht, bei dem aber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind, für die Gemeinde Nachteile durch eine Zulassung des Vorhabens nicht in Betracht, so kann sich das der Baugenehmigungsbehörde zustehende Ermessen dahin verdichten, dass sie zur Erteilung einer Befreiung verpflichtet ist (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.1993 - 3 ZR 54.92 - DVBl. 1994, 278; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.3.2004 - 3 S 1745/02 -). Denn in diesen Fällen ist wegen des Umfangs der Anwendungsvoraussetzungen für die Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB der Spielraum für zusätzliche Erwägungen bei Ausübung des Ermessens tendenziell gering, so dass sich die Ermessensausübung im Einzelfall auf Null reduzieren kann (vgl. zu alledem VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.3.2007 - 8 S 1921/06 - VBlBW 2008, 348; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438).
83 
So verhält es sich hier. Denn angesichts der unter 1.1.3.1.2. gemachten Ausführungen kommen rechtlich erhebliche Nachteile der Beigeladenen Ziff. 1 durch eine Zulassung der Krypta nicht in Betracht; dies gilt insbesondere für das von ihr mehrmals geäußerte Planungsziel, im fraglichen Industriegebiet keine potenziell konfliktträchtige Begräbnisstätte zuzulassen. Auch sonstige gewichtige öffentliche Belange, die der Erteilung der Befreiung im Ermessenswege entgegenstehen könnten, liegen nicht vor, zumal sich die vorliegende Entscheidung aufgrund der Besonderheiten des konkreten Einzelfalls nicht als Berufungsfall für andere Vorhaben eignet. Demgegenüber streitet mit der grundrechtlich geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ein gewichtiger Belang für die von der Klägerin begehrte Befreiung, so dass sich jede andere Entscheidung als die Erteilung derselben letztlich als rechtswidrig erwiese.
84 
1.2. Nichts anderes gilt im Ergebnis mit Blick auf die von der Beigeladenen Ziff. 1 mit dem Bebauungsplanverfahren „Industriegebiet, 6. Änderung“ vorgesehenen Änderungen von Festsetzungen des Bebauungsplans.
85 
Die Planung der Beigeladenen Ziff. 1 zielt nach der Sitzungsniederschrift darauf ab, Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, also Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke zukünftig im durch die Änderungsplanung erfassten Bereich ihres Industriegebiets nicht mehr als Ausnahmen zuzulassen, um die Möglichkeiten der freien Berufsausübung und der gewerblichen Freiheit nicht zu gefährden.
86 
1.2.1. Anders als die Klägerin meint, dürfte zwar der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.5.2016 dem Planungsziel der Beigeladenen Ziff. 1, die ausnahmsweise Zulassung von Anlagen für kirchliche Zwecke im Plangebiet auszuschließen, nicht entgegenstehen. Denn die Bindungswirkung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betrifft - wie sich aus den oben gemachten Ausführungen ergibt - nicht die Genehmigung der geplanten Nutzungsänderung unter Zulassung einer im Bebauungsplan vorgesehenen Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB, sondern die Genehmigung unter Erteilung einer Befreiung von den bauplanungsrechtlichen Festsetzungen gemäß § 31 Abs. 2 BauGB. Das beruht darauf, dass die Krypta bereits bislang nicht ausnahmsweise, sondern nur im Befreiungswege zugelassen werden konnte (vgl. hierzu oben 1.1.2. und 1.1.3.).
87 
Angesichts des Ziels der Beigeladenen Ziff. 1, ihr Industriegebiet als solches zu erhalten und den dort ansässigen bzw. ansiedlungswilligen Betrieben eine größtmögliche unternehmerische Freiheit zu ermöglichen, dürfte es sich auch nicht um eine unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit unzulässige Negativplanung handeln. Ein im Entwurf der Beschlussvorlage noch enthaltenes Ziel, die Erstellung von Begräbnisstätten, Krypten und allen vergleichbaren Einrichtungen aller Art zu untersagen, wird in der Gemeinderatsvorlage Nr. 59/216 nicht mehr aufgeführt und ist auch nicht Gegenstand des Gemeinderatsbeschlusses geworden.
88 
1.2.2. Indes kann die Zulässigkeit der von der Beigeladenen Ziff. 1 vorgesehenen Planänderung im Ergebnis offenbleiben. Denn der beabsichtigte Ausschluss der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO vermag sich auf die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans in Bezug auf die streitige Krypta nicht auszuwirken.
89 
Insbesondere würde das planerische Grundkonzept der Beigeladenen Ziff. 1 durch die beabsichtigte Planänderung nicht in einer hier erheblichen Weise verändert. Vielmehr verbliebe es bei dem unter 1.1.3.1.1. beschriebenen Planungsgrundzug, im fraglichen Industriegebiet die Unterbringung erheblich störender Betriebe zu ermöglichen und deshalb daneben nur typischerweise störunempfindliche Ausnahmenutzungen im Sinne des § 9 Abs. 3 BauNVO zuzulassen. Auch nach Ausschluss der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO wäre dieser Grundzug der Planung nach den Ausführungen unter 1.1.3.1.2. durch die Zulassung der Krypta nicht in rechtserheblicher Weise berührt.
90 
Damit ergäbe sich auch keine die Bindungswirkung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 nach § 144 Abs. 6 VwGO in Frage stellende, weil entscheidungserhebliche, nachträgliche Änderung der Rechtslage (vgl. hierzu Eichberger/Bier, a. a. O., RdNr. 126 zu § 144; W.-R. Schenke, a. a. O., RdNr. 13 zu § 144). Denn das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung dem Umstand, dass die Beigeladene Ziff. 1 nach den bislang geltenden textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sämtliche Ausnahmenutzungen gemäß § 9 Abs. 3 BauNVO ausdrücklich zugelassen hat, selbst keine Bedeutung zugemessen. Vielmehr hat es dem Senat die Prüfung überlassen, welche Bedeutung dem Umstand, dass sich die Gemeinde zu einer solchen ausdrücklichen Regelung veranlasst gesehen hat, bei der Bestimmung der Planungskonzeption beizumessen ist (RdNr. 38, Umdruck S. 17 f.).
91 
Sonstige, für die Zulassung der Krypta in der Kirche der Klägerin erhebliche Änderungen der Rechtslage gehen mit der beabsichtigten Beschränkung der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vorhaben nach § 9 Abs. 3 BauNVO nicht einher.
92 
1.3. Steht der Klägerin nach alledem sowohl unter Zugrundelegung des bisherigen Bebauungsplans als auch unter Berücksichtigung der von der Beigeladenen Ziff. 1 vorgesehenen Planänderung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB ein Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans für die geplante Krypta zur Seite, so ist zu ihren Gunsten eine Ausnahme von der am 24.7.2016 durch den Gemeinderat der Beigeladenen Ziff. 1 beschlossenen Veränderungssperre zuzulassen und ihr eine Befreiung von den Festsetzungen des geltenden Bebauungsplans „Industriegebiet“ zu erteilen. Auf die Gültigkeit der Veränderungssperre kommt es daher nicht an.
93 
Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB kann von einer Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Die Norm bietet ein Mittel, um im Wege der Einzelfallprüfung auf der Grundlage der sich konkretisierenden Planungen zu Gunsten des Bauherrn Ausnahmen zulassen zu können. Der praktisch wichtigste öffentliche Belang ist die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung. Diese und nicht lediglich die abstrakte Planungshoheit der Gemeinde wird von der Veränderungssperre geschützt. Maßgeblich ist damit der konkrete Sicherungszweck der Veränderungssperre. Ein Vorhaben das mit diesem nicht vereinbar ist, insbesondere der beabsichtigten Planung widerspricht oder sie wesentlich erschweren würde, darf im Wege der Ausnahme nicht zugelassen werden. Andernfalls würde die Veränderungssperre ihre Aufgabe nicht erfüllen können (vgl. zu alledem BVerwG, Urt. vom 9.8.2016 - 4 C 5.15 - juris). Steht allerdings nach der Planungskonzeption von Anfang an oder aber im weiteren Aufstellungsverfahren nach förmlichem Beschluss des zuständigen Gemeindeorgans fest, dass die bisherige planungsrechtliche Rechtslage für ein bestimmtes Grundstück nicht geändert werden soll, kann das Vorhaben die Bebauungsplanung nicht stören. Die Ausnahme kann erteilt werden und ist auch zu erteilen (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2016, RdNr. 96 zu § 14).
94 
Vergleichbar verhält es sich hier. Zwar ist mit der vorgesehenen Beschränkung der Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 3 BauNVO eine Änderung der bisherigen planungsrechtlichen Rechtslage auch für das Grundstück der Klägerin beabsichtigt. Indes betrifft diese Änderung das streitige Vorhaben gerade nicht. Denn die Krypta ist sowohl derzeit als auch nach den mit dem Bebauungsplanverfahren „Industriegebiet, 6. Änderung“ verfolgten Planungsabsichten der Beigeladenen Ziff. 1 weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig. Auch bleibt der Anspruch der Klägerin auf Befreiung von den bauplanungsrechtlichen Festsetzungen für die Umnutzung des derzeitigen Abstellraums in eine Krypta - wie unter 1.2.2. dargelegt - von der beabsichtigten Bebauungsplanänderung unberührt.
95 
Angesichts dessen ist der konkrete Sicherungszweck der Veränderungssperre durch die Zulassung einer Ausnahme für die zur Genehmigung gestellte Krypta nicht betroffen. Steht nämlich die beabsichtigte Planung der Zulässigkeit eines Vorhabens nicht entgegen, so bedarf sie in Bezug auf dieses Vorhaben der Sicherung durch eine Veränderungssperre nicht. Dies ist auch dann der Fall, wenn ein bestehender Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans durch die beabsichtigte Bebauungsplanänderung nicht berührt wird. Denn andernfalls sicherte die Veränderungssperre die zukünftige Planung auch gegen Vorhaben, die nach den feststehenden Planungsabsichten der Gemeinde auch zukünftig bauplanungsrechtlich zulässig wären.
96 
Mit Blick auf das Gewicht der für die Einrichtung der Krypta streitenden Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und des Eigentumsschutzes nach Art. 14 Abs. 1 GG ist das der Beklagten grundsätzlich zustehende, allerdings nach den oben gemachten Ausführungen bereits zu Gunsten der Klägerin eingeschränkte Ermessen auf Null reduziert und mithin eine Ausnahme von der Veränderungssperre zuzulassen.
97 
2. Der mithin bauplanungsrechtlich zulässigen Nutzungsänderung lassen sich auch keine sonstigen, dem materiellen Entscheidungsprogramm der Baurechtsbehörde unterfallenden Vorschriften des öffentlichen Rechts mit Erfolg entgegenhalten.
98 
2.1. Zu den im Rahmen der Erteilung einer Baugenehmigung zu beachtenden Vorschriften gehören auch die für - wie hier - private Bestattungsplätze geltenden (vgl. § 9 Abs. 3 BestattG) Abstandsregelungen nach den §§ 3 und 8 BestattG (vgl. Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, 7. Aufl. 2016, RdNr. 162 zu § 58). Danach muss bei Anlegung oder Erweiterung von Friedhöfen ein ausreichender Abstand zu störenden Betrieben, Gewerbe- und Industriegebieten, Gebäuden und überbaubaren Grundstücksflächen eingehalten werden (§ 3 BestattG). Bei der Errichtung von Gebäuden, die nicht Friedhofszwecken dienen, ist von Friedhöfen ein Abstand von mindestens 10 m einzuhalten (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BestattG). Allerdings kann die Baurechtsbehörde hiervon Ausnahmen zulassen, wenn Ruhe und Würde des Friedhofs nicht wesentlich beeinträchtigt werden und polizeiliche Gründe nicht entgegenstehen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 BestattG). Schließlich ist bei der Errichtung von störenden Betrieben von Friedhöfen ein zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Würde des Friedhofs ausreichender Abstand einzuhalten (§ 8 Abs. 2 BestattG).
99 
Diese der Ruhe und Würde des Friedhofs dienenden Abstandsvorschriften führen ebenfalls nicht zur Unzulässigkeit der beabsichtigten Krypta. Dabei ist zunächst zu beachten, dass die in Rede stehenden Regelungen auslegungs- und ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriffe enthalten, so dass sie die Herstellung praktischer Konkordanz mit Blick auf die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin nicht hindern (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 70, Umdruck S. 25). Ferner ist wiederum zu berücksichtigen, dass es sich bei der Krypta nicht um eine allgemeine Begräbnisstätte auf einem Friedhof, sondern ausschließlich um eine Begräbnisstätte für die Priester der Kirchengemeinde (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 70, Umdruck S. 2) innerhalb des Kirchengebäudes handelt und dass mithin eigene Abhilfemöglichkeiten gegen dennoch spürbare Beeinträchtigungen durch die umliegenden Betriebe mittels - auch baulicher - Maßnahmen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 78, Umdruck S. 28) bestehen. Angesichts der Entfernung der Krypta zur Grenze von etwa 7 m und zum Rolltor des benachbarten holzverarbeitenden Betriebes von rund 17 m sowie des Umstandes, dass die glaubenssatzgetreue Beisetzung unter dem Altar in einem geweihten Kirchenraum nach den Glaubensvorstellungen nicht nur der Syrisch-Orthodoxen Kirche eine besonders würdevolle Form der Bestattung ist (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 35, Umdruck S. 16; BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 59, Umdruck S. 20) ist eine hier erhebliche Beeinträchtigung von Ruhe und Würde der Begräbnisstätte durch die umliegenden Betriebe nicht zu besorgen und diese mithin auch unter Zugrundelegung der bestattungsrechtlichen Abstandsvorschriften zuzulassen.
100 
2.2. Die Prüfung der weitergehenden bestattungsrechtlichen Regelungen, insbesondere zu Fragen der Gesundheit (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BestattG) und zur Ruhezeit (§ 6 BestattG) ist demgegenüber dem gesonderten bestattungsrechtlichen Genehmigungsverfahren (§ 5 BestattG) vorbehalten (vgl. insbesondere § 9 BestattG), zählt also nicht zum materiellen Entscheidungsprogramm der Baurechtsbehörde. Damit sind die vom Landratsamt Heilbronn - Gesundheitsamt - mit Stellungnahme vom 25.8.2005 angeregten Auflagen zur Belegung der Grabstätten sowie zur Abwehr von durch die Verwesung drohender Gefahren für die Gesundheit einschließlich der Hygiene nicht im vorliegenden Rechtsstreit, sondern im anhängigen bestattungsrechtlichen Verfahren zu berücksichtigen.
101 
Sonstige der Baugenehmigung entgegenstehende öffentlich-rechtliche Vorschriften liegen nicht vor.
102 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 bis 3, 162 Abs. 3, 159 VwGO i. V. mit § 100 Abs. 1 ZPO. Eine Erstattung von Kosten der Beigeladenen Ziff. 2 scheidet aus, da diese keine Anträge gestellt und sich daher auch nicht am Kostenrisiko beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
103 
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
104 
Beschluss vom 23. November 2016
105 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf gem. den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt.
106 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
33 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist mit ihrem Hauptantrag begründet. Die gleichfalls zulässigen Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen Ziff. 1 bleiben hingegen ohne Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf die begehrte Genehmigung einer Umnutzung des im Untergeschoss ihrer Kirche gelegenen Abstellraums in eine Krypta mit zehn Bestattungsplätzen. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten vom 6.3.2006 und vom 6.6.2011 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 4.5.2006 sind daher rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte ist dementsprechend unter Änderung des erstinstanzlichen Bescheidungsurteils und Aufhebung der genannten Bescheide zu verpflichten, der Klägerin entsprechend ihrem Antrag vom 7.7.2005 eine Baugenehmigung für die geplante Nutzungsänderung zu erteilen.
34 
Bei der vorgesehenen Nutzungsänderung handelt es sich um ein nach § 49 i. V. mit § 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO genehmigungspflichtiges Vorhaben; Ausnahmen von der Genehmigungspflicht i. S. der §§ 50, 51, 49 und 70 LBO liegen nicht vor. Die mithin erforderliche Baugenehmigung ist nach § 58 LBO (zwingend) zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (Satz 1). Soweit § 52 LBO - wie hier - keine Anwendung findet, sind dabei alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu prüfen, die Anforderungen an das Bauvorhaben enthalten und über deren Einhaltung nicht eine andere Behörde in einem gesonderten Verfahren durch Verwaltungsakt entscheidet (Satz 2).
35 
Danach ist der Klägerin die im vorliegenden Verfahren unbedingt begehrte Baugenehmigung zu erteilen. Denn dieser Genehmigung stehen keine dem materiellen Entscheidungsprogramm der Baurechtsbehörde unterfallende Vorschriften des öffentlichen Rechts entgegen.
36 
1. Das Vorhaben der Klägerin ist bauplanungsrechtlich zulässig. Die beabsichtigte Nutzungsänderung verstößt zwar gegen den für den fraglichen Bereich bislang geltenden Bebauungsplan „Industriegebiet“ aus dem Jahre 1970. Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch auf die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen dieses Bebauungsplans (1.1.). Nicht anders verhält es sich bei Berücksichtigung der von der Beigeladenen Ziff. 1 mit dem Bebauungsplanverfahren „Industriegebiet, 6. Änderung" vorgesehenen Änderungen (1.2.), weshalb eine Ausnahme von der am 24.7.2016 beschlossenen Veränderungssperre zuzulassen ist (1.3.).
37 
1.1. Die vorgesehene Nutzungsänderung ist mit Blick auf den geltenden, am 7.8.1971 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Industriegebiet“ vom 06.11.1970 zwar nicht allgemein oder ausnahmsweise zulässig. Jedoch ist der Klägerin für die besagte Nutzungsänderung eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu erteilen.
38 
1.1.1. Dieser Beurteilung hat der Senat sowohl den ihn bindenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.5.2016 (ZfBR 2016, 582 ff.) als auch das gleichfalls Bindungswirkung entfaltende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 (BVerwGE 138, 166 ff.) zu Grunde zu legen.
39 
1.1.1.1. Nach § 31 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 - BVerfGG - (BGBl. I S. 1473) binden die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden. Zu diesen Entscheidungen gehören auch Beschlüsse einer Kammer des Bundesverfassungsgerichts, durch die einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben wird, weil ein solcher Beschluss nach § 93 c Abs. 1 Satz 2 BVerfGG einer Entscheidung des Senats gleichsteht. Die Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG soll eine verbindliche einheitliche Auslegung des Grundgesetzes sicherstellen. Daher beansprucht sie über den entschiedenen Fall hinaus Geltung in allen künftigen Fällen. Sie umfasst den Tenor der Entscheidung, d. h. die nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG zu treffende Feststellung, welche Vorschrift des Grundgesetzes durch welche Handlung oder Unterlassung verletzt wurde. Darüber hinaus erstreckt sich die Bindungswirkung auf die den Feststellungsausspruch tragenden Gründe, soweit diese Auslegung und Anwendung des Grundgesetzes betreffen. Rechtssätze dieses Inhalts geben auch Maßstäbe und Grenzen für die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts vor (stRspr; vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.6.1975 - 2 BvR 1018/74 - BVerfGE 40, 88 ff. u. v. 16.3.2005 - 2 BvL 7/00 - BVerfGE 112, 268 ff.; vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 21.9.2016 - 6 C 2.15 - juris).
40 
1.1.1.2. Nichts anderes gilt im Ergebnis für das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010.
41 
Zwar hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9.5.2016 ausgeführt, das in der Berufungsinstanz ergangene Urteil des erkennenden Senats (vom 20.7.2011) habe die vorangegangenen angegriffenen Entscheidungen prozessual überholt (RdNr. 80, Umdruck S. 29) und zählt zu diesen vorangegangenen angegriffenen Entscheidungen auch das in Rede stehende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010. Indes nimmt die damit vertretene Rechtsansicht, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 habe sich erledigt, nach den oben gemachten Ausführungen nicht an der Bindungswirkung des verfassungsgerichtlichen Beschlusses teil. Denn sie ist kein tragender Grund für die Feststellung des ausgesprochenen Grundrechtsverstoßes und trägt im Übrigen - da das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht zurückgewiesen hat - auch keinen sonstigen Entscheidungsausspruch. Darüber hinaus betrifft sie auch nicht die Auslegung und Anwendung des Grundgesetzes, sondern allein die Auslegung und Anwendung einfachen Prozessrechts.
42 
In der Sache ist eine Erledigung des Urteils vom 18.11.2010, mit dem das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Senats vom 9.11.2009 aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den erkennenden Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen hat, nicht eingetreten. Denn von ihm gehen auch nach Erlass des Urteils des Senats vom 20.7.2011 Rechtswirkungen aus.
43 
So kann nämlich die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerade auf eine durch die erneute Entscheidung des Vordergerichts hervorgerufene Verletzung der Bindungswirkung des § 144 Abs. 6 VwGO gestützt werden (vgl. Eichberger/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, RdNr. 116 zu § 144; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, RdNr. 12 zu § 144).
44 
Diese Bindungswirkung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 ist ihrerseits nicht entfallen. Insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9.5.2016 keine Rechtsauffassung zu entscheidungserheblichen Rechtsfragen vertreten, die von derjenigen in dem zurückverweisenden Revisionsurteil grundsätzlich abweicht (vgl. zur Befreiung der Vorinstanz von der Bindungswirkung in derartigen Fällen wiederum Eichberger/Bier, a. a. O., RdNr. 126 zu § 144).
45 
Gebunden ist der Senat danach an die der Aufhebung und Zurückverweisung zugrunde liegende rechtliche Beurteilung des Falles durch das Bundesverwaltungsgericht. Die Bindung umfasst die der Entscheidung unmittelbar zu Grunde liegende rechtliche Würdigung und auch die dem vorausliegenden Gründe, soweit diese notwendige Voraussetzung für die unmittelbaren Aufhebungsgründe waren (vgl. auch hierzu W.-R. Schenke, a. a. O., RdNr. 12 zu § 144).
46 
1.1.2. Die vorgesehene Erweiterung der genehmigten und von der Klägerin auch entsprechend genutzten Kirche um eine Krypta im Untergeschoss der Gebäudeostseite ist nach den §§ 30, 31 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans „Industriegebiet“ vom 6.11.1970 weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig. An dieser vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9.5.2016 ausdrücklich verfassungsrechtlich nicht beanstandeten Beurteilung (RdNr. 65, Umdruck S. 23) ist festzuhalten.
47 
Der am 7.8.1971 in Kraft getretene Bebauungsplan setzt für das Baugrundstück und das gesamte Plangebiet ein Industriegebiet nach § 9 BauNVO 1968 fest. Danach sind dort Gewerbebetriebe aller Art mit Ausnahme von Einkaufszentren und Verbrauchermärkten im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 sowie Lagerplätze und öffentliche Betriebe allgemein zulässig. Hierzu zählt eine Kirche mit Krypta indes nicht (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 16, Umdruck S. 8).
48 
Als Ausnahmen werden nach Ziff. 1 der Bebauungsvorschriften die in § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 aufgeführten Nutzungsarten - mithin Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (Nr. 1) sowie betriebsbezogene Wohnungen (Nr. 2) - zugelassen. Bei der mit der Kirche verbundenen Krypta handelt es sich um eine Anlage für kirchliche Zwecke. Die ausnahmsweise Zulässigkeit der geplanten Nutzungsänderung scheitert jedoch am ungeschriebenen, sich typisierend aus der allgemeinen Zweckbestimmung eines Industriegebiets ergebenden Tatbestandsmerkmal der Gebietsverträglichkeit. Da Industriegebiete der einzige Baugebietstyp der Baunutzungsverordnung sind, in dem erheblich störende Gewerbebetriebe untergebracht werden können, sind die in § 9 Abs. 3 BauNVO bezeichneten Nutzungsarten nur dann ohne Weiteres gebietsverträglich, wenn sie nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Hauptzweck des Industriegebiets nicht in Konflikt geraten können. Diese Voraussetzung erfüllt eine Kirche - mit oder ohne Krypta - bei typisierender Betrachtung nicht (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 17 ff., Umdruck S. 8 ff.).
49 
1.1.3. Der Klägerin steht aber bei der gebotenen Auslegung und Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB unter besonderer Berücksichtigung von Wirkkraft und Tragweite ihrer von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 53, Umdruck S. 18, RdNr. 48, Umdruck S. 16) ein Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu. Denn zu der grundrechtlich geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin zählt auch die hier in Rede stehende Bestattung kirchlicher Würdenträger nach bestimmten glaubensgeleiteten Riten und die dementsprechende Totensorge einschließlich der alter syrisch-orthodoxer Kirchenlehre entsprechenden Hauskirchenbestattung von Priestern, hier in der zur Genehmigung gestellten Krypta (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 51, Umdruck S. 17 f.). Im Lichte des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sind durch die Abweichung von dem geltenden Bebauungsplan die Grundzüge der Planung nicht berührt (1.1.3.1.), erfordern Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung (1.1.3.2.) und ist die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar (1.1.3.3.). Schließlich ist das danach auf der Rechtsfolgenseite eröffnete Befreiungsermessen der Beklagten zu Gunsten der Klägerin „auf Null“ reduziert (1.1.3.4.).
50 
1.1.3.1. Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 37, Umdruck S. 16 f.).
51 
Bei den genannten Prüfungsschritten ist auf unterschiedliche Zeitpunkte abzustellen. Was Inhalt und Bestandteil der Planungsgrundsätze ist, ist durch eine auf den Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bezogene Auslegung des Bebauungsplans anhand der damaligen Sach- und Rechtslage und der damaligen Vorstellungen des Gemeinderats zu ermitteln (§ 10 und § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.6.2007 - 3 S 881/06 - VBlBW 2007, 385 ff., unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 19.5.2004 a. a. O.). Demgegenüber ist für die Beurteilung, ob die (ursprüngliche) planerische Grundkonzeption durch die Befreiung berührt wird, auch die nachträgliche tatsächliche Entwicklung im Plangebiet bis zum Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung in den Blick zu nehmen. Es kommt darauf an, ob der mit der ursprünglichen Planung verfolgte Interessenausgleich durch die tatsächliche Entwicklung seit Inkrafttreten des Bebauungsplans bereits so nachhaltig gestört ist, dass die Planungsgrundzüge nicht mehr in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden können (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 39, Umdruck S. 18; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.9.2016 - 3 S 864/16 - juris).
52 
1.1.3.1.1. Ursprüngliche planerische Grundkonzeption der Beigeladenen Ziff. 1 war es, mit dem Bebauungsplan „Industriegebiet“ für die Gewanne „Kurzer See“ und „Beim Fürfelder Zollstock“ von 1970 ein klassisches, den Vorgaben des Gesetz- und Verordnungsgebers entsprechendes Industriegebiet zu schaffen. Dies ergibt sich aus der Planbegründung, wonach das Plangebiet als erster Abschnitt eines größeren Industriegebiets vorgesehen war und darauf hingewiesen wurde, dass der überwiegend flache südliche Gebietsteil sich topografisch „gut für schwere Industrie“ eigne. Auch der damalige Bürgermeister der Beigeladenen Ziff. 1 hat das genannte Ziel in der mündlichen Verhandlung vom 20.7.2011 (im Verfahren 3 S 465/11) bestätigt. Eröffnet werden sollte - dem gesetzlichen Leitbild entsprechend - die gesamte, uneingeschränkte Nutzungsbreite aller nach § 9 Abs. 2 BauNVO 1968 zulässigen gewerblichen Nutzungen dieses - störintensivsten - Gebietstyps.
53 
Dem Umstand, dass die Beigeladene Ziff. 1 die in § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 aufgeführten - und danach ohnehin ausnahmsweise zulässigen - Nutzungsarten ausdrücklich als Ausnahmenutzungen zugelassen hat, kommt keine erhebliche Bedeutung zu.
54 
Hauptzweck eines klassischen, den Vorgaben des Gesetz- und Verordnungsgebers entsprechenden Industriegebiets ist die Unterbringung erheblich störender Betriebe (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 20, Umdruck S. 9). Zu einem solchen Industriegebiet gehört aber auch die potenzielle Existenz der in § 9 Abs. 3 BauNVO genannten Anlagen, soweit diese gegenüber den allgemein zulässigen industriellen Anlagen räumlich wie funktionell untergeordnet sowie darüber hinaus - wie unter 1.1.2. ausgeführt - typischerweise gebietsverträglich, also nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Hauptzweck des Gebiets nicht in Konflikt geraten können.
55 
Angesichts dessen spricht nichts dafür, dass mit der Festsetzung „Ausnahmen nach § 9 (3) BNutzVO werden zugelassen“ in Ziff. 1 der Bebauungsvorschriften eine Abweichung von dem oben beschriebenen Planungsziel beabsichtigt war, insbesondere dass ein „konfliktträchtiges“ Industriegebiet geplant und dabei den ausnahmsweise zulässigen (kirchlichen, kulturellen, gesundheitlichen oder sportlichen) Anlagen eine über die gesetzlichen Vorgaben (Regel-Ausnahme-verhältnis) hinausgehende Bedeutung für das Plankonzept beigemessen werden sollte. Im Gegenteil hat die Beigeladene Ziff. 1 mit Schriftsatz vom 23.3.2011 (im Verfahren 3 S 465/11) schlüssig dargelegt, dass mit der genannten Festsetzung neben der Ausnahmemöglichkeit besonders die Erfordernisse für die Zulassung einer solchen Ausnahme - also auch der Gesichtspunkt der Gebietsverträglichkeit - hervorgehoben werden sollten.
56 
1.1.3.1.2. Dieses planerische Grundkonzept, im festgesetzten Gebiet die Unterbringung erheblich störender Betriebe zu ermöglichen und deshalb daneben nur typischerweise störunempfindliche Ausnahmenutzungen im Sinne des § 9 Abs. 3 BauNVO zuzulassen, wird unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben durch die in Frage stehende Befreiung im Ergebnis nicht berührt.
57 
Auszugehen ist dabei von der nach Inkrafttreten des Bebauungsplans eingetretenen tatsächlichen Entwicklung, hier der erfolgten Genehmigung, Errichtung und Nutzung der - wie oben unter 1.1.2. ausgeführt typischerweise gebietsunverträglichen - Kirche der Klägerin und deren Auswirkungen auf den mit der Planung verfolgten Interessenausgleich. Auf dieser Grundlage ist dann die Frage zu beantworten, ob die Grundzüge der Planung durch das Hinzutreten der Krypta noch in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden können (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 39, Umdruck S. 18).
58 
Maßgeblich sind mithin allein die über die derzeitige Nutzung der Kirche hinausgehenden Auswirkungen der Einrichtung der auf zehn Begräbnisplätze für Gemeindepfarrer beschränkten Krypta. Allerdings sind diese Auswirkungen auf den mit der ursprünglichen planerischen Grundkonzeption verfolgten Interessenausgleich nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.5.2016 nur insoweit zu berücksichtigen, als es sich um konkrete weitere und zudem nennenswerte Wirkungen auf das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Nachbarbetriebe handelt (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 69, Umdruck S. 24). Denn bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB und bei der Auslegung der in dieser Vorschrift als Voraussetzung für eine Befreiung normierten unbestimmten Rechtsbegriffe ist der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin Rechnung zu tragen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 68, Umdruck S. 24), und als verfassungsimmanente Schranken der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit sind vorliegend allein die besagten Grundrechte der angrenzenden Betriebsinhaber berücksichtigungsfähig (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNrn. 67, 77, Umdruck S. 24, 27).
59 
1.1.3.1.2.1. Eine Berücksichtigung von Auswirkungen der Krypta auf weitergehende Planungsgrundzüge, insbesondere auf das von der Beigeladenen Ziff. 1 mehrmals geäußerte Planungsziel, im fraglichen Industriegebiet keine potenziell konfliktträchtige Begräbnisstätte zuzulassen, ist dem Senat danach verwehrt. Gleiches gilt für neben dem Eigentumsgrundrecht und der Berufsfreiheit der Nachbarbetriebe als verfassungsimmanente Schranken der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin in Betracht kommende weitere Grundrechte, beispielsweise die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der angrenzenden Betriebsinhaber und der in der Nachbarschaft Beschäftigten. Denn die Beschränkung der hier beachtlichen Rechtspositionen auf den Schutz des Eigentums und der Berufsausübungsfreiheit der benachbarten Betriebe ist als tragender Grund des Beschlusses vom 9.5.2016 gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG bindend. Einer Beweiserhebung zu der Frage, ob es das Religionsverständnis verschiedener monotheistischer Religionen verbietet, in einem Industriegebiet zulässige, erheblich belästigende Tätigkeiten in der Nähe einer Begräbnisstätte durchzuführen, bedarf es daher nicht. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht das von der Beklagten und der Beigeladenen Ziff. 1 insoweit in Anspruch genommene Gebot, die Totenruhe zu achten, nicht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG zugeordnet, sondern als Pietätsempfinden ohne Verfassungsrang eingestuft und ausgeführt, das Pietätsempfinden der Grundstücksnachbarn könne der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin nicht mit Erfolg entgegengehalten werden (Beschluss vom 9.5.2016, RdNr. 61 f., Umdruck Seite 21 f.).
60 
1.1.3.1.2.2. Als Auswirkungen der geplanten Krypta auf das Eigentum und die Berufsausübungsfreiheit der Nachbarbetriebe kommen insbesondere behördliche Auflagen in Betracht, mit denen die Betriebsinhaber verpflichtet werden, ihre Maschinen wegen der vorgesehenen zusätzlichen Andachten nur unter bestimmten Lärmschutzvorkehrungen oder gar nur zu bestimmten Zeiten zu betreiben (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNrn. 65 f., Umdruck S. 22 f.). Derartige Auswirkungen der Krypta auf die Nachbarbetriebe sind aber nicht konkret (vgl. zur konkreten Betroffenheit durch Nutzungseinschränkungen auch BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 39, Umdruck S. 18) feststellbar:
61 
Die mit ca. 300 Sitzplätzen und einer Empore für rund 50 weitere Personen ausgestattete Kirche wird nach dem Vorbringen der Klägerin täglich, zum Teil mehrmals und auch während der Arbeitszeit der im Schichtbetrieb tätigen umliegenden Betriebe, zu Gottesdiensten und feierlichen Anlässen wie Taufen, Hochzeiten, Verlobungen, sonstigen Segnungen und Beerdigungsfeiern von einer variierenden Personenzahl bis hin zu ihrer Kapazitätsgrenze genutzt. Das Nutzungskonzept der Krypta umfasst - wiederum den Angaben der Klägerin zufolge - das regelmäßige samstägliche Andachtsgebet nach der Abendmesse, an dem neben dem Gemeindepfarrer wenige einzelne Gemeindemitglieder teilnehmen, für die Dauer von 15 Minuten, eine traditionelle Andacht mit einer Zeitdauer von 20 Minuten am Ostermontag, an der wiederum wenige Personen teilnehmen, sowie eine Einzelnutzung nur bei besonderen Anlässen des Gedenkens an den verstorbenen Gemeindepfarrer, etwa an dessen Todestag. Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben bestehen nicht und haben die Beklagte sowie die Beigeladenen auch nicht geltend gemacht.
62 
Die mit der Einrichtung der Krypta einhergehende Erweiterung des Nutzungsumfangs des Kirchengebäudes ist danach in zeitlicher Hinsicht vergleichsweise geringfügig. Auch findet ein möglicherweise störempfindliches Totengedenken nicht erst infolge der geplanten Andachten in der Krypta, sondern bereits derzeit im Rahmen der in der Kirche durchgeführten Beerdigungsfeiern statt.
63 
Auf dieser Grundlage ist bei Ausklammerung der hier nicht berücksichtigungsfähigen Belange des Ruheschutzes von Begräbnisstätten (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 27 f.) eine wesentliche zusätzliche Störempfindlichkeit wegen der vorgesehenen zusätzlichen Andachten im Ergebnis nicht erkennbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Krypta nicht um eine allgemeine Begräbnisstätte auf einem Friedhof, sondern ausschließlich um eine Begräbnisstätte für die Priester der Kirchengemeinde (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 70, Umdruck S. 2) innerhalb des Kirchengebäudes handelt. Angesichts der mithin bestehenden eigenen Abhilfemöglichkeiten durch - auch bauliche - Maßnahmen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 78, Umdruck S. 28) bzw. die bloße Schließung der Fenster für die eher kurze Dauer der Feierlichkeiten in der Krypta, zu der die Klägerin nach eigenem Bekunden auch bereit ist, sowie der industriellen Vorbelastung des Baugebiets (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 27) sind danach Auflagen, die den Betriebsinhabern allein wegen der Nutzung der Krypta aufgeben, ihre Maschinen nur unter bestimmten Lärmschutzvorkehrungen oder gar nur zu bestimmten Zeiten zu betreiben (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNrn. 65 f., Umdruck S. 22 f.), nicht konkret zu besorgen. Vielmehr sind mögliche Nutzungskonflikte weitgehend bereits mit der Errichtung und der intensiven Nutzung der Kirche - auch zu Beerdigungs- und Trauergottesdiensten - entstanden (wohl ebenso BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 35, Umdruck S. 16).
64 
Sonstige hier erhebliche Beeinträchtigungen des Eigentums und der Berufsausübungsfreiheit der Nachbarbetriebe durch die Krypta sind ebenfalls nicht konkret feststellbar. Das gilt insbesondere für die vom benachbarten Produktionsbetrieb für Holzverpackungen und Holzkisten bereits im Jahre 2011 angeführten Erweiterungsabsichten. Denn ökonomisch sinnvolle und rentable Eigentumsnutzungen sowie hierfür bedeutsame unternehmerische Dispositionsbefugnisse sind durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 65, Umdruck S. 22 f.). Für eine darüber hinausgehende, hinreichend konkrete Verfestigung einer eigentumsrechtlichen Position (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 28) besteht kein Anhalt. Nach den oben gemachten Ausführungen wäre im Übrigen angesichts der Vorbelastung durch die bestehende Kirche einerseits und die industrielle Nutzung des Baugebiets andererseits auch insoweit durch die Einrichtung der Krypta keine nennenswerte zusätzliche Beeinträchtigung konkret zu erwarten.
65 
1.1.3.2. Gründe des Wohls der Allgemeinheit i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB beschränken sich nicht auf spezifisch bodenrechtliche Belange, sondern erfassen alles, was gemeinhin unter öffentlichen Belangen oder öffentlichen Interessen zu verstehen ist, wie sie beispielhaft etwa in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB aufgelistet sind. Vom Wortlaut des § 1 Abs. 6 Nr. 6 BauGB erfasst werden die Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge zwar nur, soweit sie von Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellt werden. Die in den Glaubensvorstellungen wurzelnden Belange privatrechtlich organisierter Kirchen und Religionsgesellschaften sind jedoch ebenfalls als öffentliche Belange zu berücksichtigen, sei es als kulturelle Bedürfnisse der Bevölkerung im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB oder als ein in dem nicht abschließenden Katalog des § 1 Abs. 6 BauGB nicht ausdrücklich erwähnter Belang. Das gilt jedenfalls, wenn die betreffende Kirchengemeinde eine nicht unbedeutende Zahl von Mitgliedern hat (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 25, Umdruck S. 11).
66 
Angesichts der erheblichen Zahl von mittlerweile etwa 600 Mitglieder und der im Nomokanon des Bar Hebraeus wurzelnden Glaubensvorstellungen der Klägerin, wonach im syrisch-orthodoxen Glauben in der kultischen Handlung der Hauskirchenbestattung von Priestern, hier in der zur Genehmigung gestellten Krypta, der Glaube seinen Ausdruck findet (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 51, Umdruck S. 17 f.), handelt es sich bei der besagten Hauskirchenbestattung um einen vorliegend zu berücksichtigenden öffentlichen Gemeinwohlbelang.
67 
Allgemeinwohlgründe erfordern eine Befreiung i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht erst, wenn den Belangen der Allgemeinheit auf eine andere Weise als durch eine Befreiung nicht entsprochen werden könnte, sondern bereits dann, wenn es zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses „vernünftigerweise geboten“ ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist, reicht demgegenüber nicht aus. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Dabei kann es auch auf - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Fragen der Zumutbarkeit ankommen (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 26, Umdruck S. 12).
68 
Vernünftigerweise geboten ist die Zulassung der Krypta danach dann, wenn Alternativen zur Beisetzung in der eigenen Kirche an sich in Betracht kommen, der Klägerin aber unter den gegebenen Umständen nicht zugemutet werden können. Dass sie theoretisch an anderer Stelle eine Kirche mit Krypta neu errichten könnte, genügt nicht. Auch kann eine Befreiung nicht mit dem Argument verweigert werden, dass es planungsrechtlich bereits bei Errichtung der Kirche möglich gewesen wäre, an anderer geeigneter Stelle die Grundlagen für eine pietätvolle Begräbnisstätte zu schaffen. Maßgebend für die Zumutbarkeit ist vielmehr, ob der Klägerin tatsächlich zu nicht unangemessenen Bedingungen ein besser geeignetes Grundstück für die Errichtung einer Kirche mit Krypta auf dem Gebiet der Beklagten zur Verfügung gestanden hätte oder, wenn dies nicht der Fall war, ob sie sich bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen hat (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 28, Umdruck S. 12 f.).
69 
In Anwendung dieser Grundsätze ist die Befreiung zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses „vernünftigerweise geboten“.
70 
1.1.3.2.1. Der Klägerin stand kein besser geeignetes Grundstück für die Errichtung einer Kirche mit Krypta zur Verfügung.
71 
Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchem Grund die unstreitigen Verhandlungen über ein Grundstück im Ortsinneren der Beigeladenen Ziff. 1 beendet wurden. Denn bei diesem Grundstück bestanden unstreitig Probleme mit der Ost-West-Ausrichtung der Kirche. Selbst wenn diese - entsprechend der Einschätzung der Vertreter der Beigeladenen Ziff. 1 in der mündlichen Verhandlung vom 20.7.2011 (im Verfahren 3 S 465/11) - mit einem verkleinerten Kirchenbau (möglicherweise) hätten gelöst werden können, wäre das Grundstück angesichts der erforderlichen Verkleinerung der Kirche (auch mit Krypta) jedenfalls nicht besser geeignet gewesen als das dann gewählte Grundstück.
72 
1.1.3.2.2. Ferner hat sich die Klägerin nicht bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen.
73 
Der Bauantrag von April 1994 war ursprünglich sowohl auf die Kirche als auch auf ein im Untergeschoss an der heutigen Stelle und der heutigen Größe vorgesehenes „Mausoleum“ gerichtet. Nach zweimaliger Ablehnung des gemeindlichen Einvernehmens mit der Zulassung dieses Vorhabens durch die Beigeladene Ziff. 1 nahm der Architekt und Planverfasser die Klägerin mit Blaueintrag vom 30.09.1994 die Krypta ausdrücklich aus dem Baugesuch heraus und beantragte stattdessen einen Abstellraum (vgl. Einträge in der Betriebsbeschreibung sowie im Untergeschoss- und im Schnittplan A-A, Bl. 7, 9 und 15 d. A.). Trotz dieser Antragsänderung lehnte die Beklagte in Ziff. 2 des Bescheides vom 4.11.1994 „den Antrag zur gleichzeitigen Errichtung eines Mausoleums“ ab. Im Widerspruchsverfahren bat das Regierungspräsidium mit Schreiben vom 27.1.1995 die Klägerin dann um Mitteilung, ob die Änderung des Antrages mit ihrer Zustimmung erfolgt sei. Zugleich wies es darauf hin, dass in diesem Falle zwar nicht die Krypta genehmigt sei, die Kirche und das Gemeindezentrum aber errichtet werden könnten; für die Krypta müsse ein Nachtragsbaugesuch eingereicht werden, über das die Baurechtsbehörde erneut entscheiden müsse. Mit Schreiben vom 4.2.1995 bestätigte die Klägerin daraufhin die mit ihrem Einvernehmen erfolgte Antragsänderung. Darüber hinaus führte sie aus: „Wir wären ihnen sehr zum Dank verbunden, wenn ihre Entscheidungen uns weiter bringen könnten, diese Krypta-Einrichtung, wenigstens durch ein nachträgliches Genehmigungsverfahren zu ermöglichen“. Mit Schreiben vom 7.3.1995 forderte das Regierungspräsidium die Beklagte danach auf, Ziff. 2 des angegriffenen Bescheides zurückzunehmen und hierdurch dem Widerspruch der Klägerin abzuhelfen. Dem kam die Beklagte sodann mit Bescheid vom 14.3.1995 nach.
74 
Insbesondere der Inhalt des Schreibens vom 4.2.1995 und die darin zum Ausdruck gebrachte Hoffnung auf eine nachträgliche Genehmigung zeigen ohne Weiteres, dass die Klägerin weiterhin an der Errichtung der Krypta festhalten wollte, also eine Errichtung nur der Kirche lediglich als vorläufig ansah. Auf eine Errichtung der Kirche ohne Krypta hat sie sich deutlich erkennbar nicht bewusst auf Dauer eingelassen. Eine dauerhafte Beschränkung des Baugenehmigungsantrages auf die Errichtung allein der Kirche ergab sich auch aus dem Schreiben des Regierungspräsidiums vom 27.1.1995 nicht. Vielmehr wurde in diesem gerade die Möglichkeit eines Nachtragsbaugenehmigungsverfahrens aufgezeigt.
75 
Auch aus dem nachträglichen Verhalten der Klägerin ergibt sich nicht, dass sie sich bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen hat. Allein aus dem Umstand, dass sie sich in der Folgezeit zunächst rund zehn Jahre nicht weiter um eine Krypta bemüht hat, lässt sich nicht auf eine bewusste Aufgabe der Absicht zur Errichtung einer Krypta schließen. Dies gilt umso mehr, als keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Einrichtung einer Krypta seinerzeit bereits so dringlich war, wie nach dem Ableben des Gemeindepriesters (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 75, Umdruck S. 27).
76 
1.1.3.2.3. Aber auch im Übrigen ist es unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten vernünftigerweise geboten, das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen.
77 
Insbesondere lässt sich dem nicht mit dem Einwand begegnen, die Hauskirchenbestattung sei kein zwingender Bestandteil der Religionsausübung der Klägerin (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNrn. 27 f, Umdruck S. 12 f.). Dabei ist es weder zulässig, der Klägerin den zwingenden Charakter der von ihr aus dem Nomokanon des Bar Hebraeus abgeleiteten Glaubensregel der Hauskirchenbestattung für Priester unter Hinweis auf die Praxis anderer syrisch-orthodoxer Gemeinden in Deutschland sowie auf ihr eigenes Verhalten im Zusammenhang mit der Errichtung des Kirchengebäudes abzusprechen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 74, Umdruck S. 26), noch lässt sich dem zwingenden Charakter der Hauskirchenbestattung mit Erfolg entgegenhalten, die Klägerin habe sich in der Zeit nach der Genehmigung der Kirche nicht weiter um eine Krypta bemüht und sei inzwischen schon seit vielen Jahren ohne eine eigene Krypta ausgekommen. Denn wie oben ausgeführt, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Einrichtung einer Krypta für die Klägerin seinerzeit bereits so dringlich war, wie nach dem Ableben des Gemeindepriesters; auch kann ihr ihre Rechtstreue dahin, sich an die seinerzeitige Versagung der Errichtung einer Kirche mit Krypta gehalten zu haben, nicht zum Nachteil gereichen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 75, Umdruck S. 27).
78 
Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass hier eine Nutzungserweiterung in Frage steht, die zwar bei typisierender Betrachtung gebietsunverträglich ist, aber "vernünftigerweise" an ein vorhandenes Kirchengebäude anknüpft, das aufgrund bestandskräftiger Baugenehmigung im genehmigten Umfang formal legal weitergenutzt werden darf. Das gilt umso mehr, wenn die bestandsgeschützte Kirchennutzung - wie hier - im Einvernehmen mit der Gemeinde genehmigt wurde, die Gemeinde also gewissermaßen selbst den Keim für "vernünftigerweise gebotene" Nutzungserweiterungen gelegt hat (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 30, Umdruck S. 13 f.).
79 
1.1.3.3. Für die Beantwortung der Frage, ob die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, bedarf es einer Betrachtung, die die bisherige Situation (hier: Kirche ohne Krypta) dem durch die Abweichung zu ermöglichenden Gesamtvorhaben (hier: Kirche mit Krypta) gegenüberstellt und die Vereinbarkeit des sich daraus ergebenden Unterschieds mit öffentlichen Belangen untersucht. Welche Umstände als öffentliche Belange i. S. von § 31 Abs. 2 BauGB eine Befreiung ausschließen, lässt sich nicht generell beantworten. In Betracht kommen insbesondere die in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB genannten öffentlichen Belange, auch solche, die nicht in der gemeindlichen Planungskonzeption ihren Niederschlag gefunden haben. Ist die Befreiung mit einem öffentlichen Belang in beachtlicher Weise unvereinbar, so vermag sich der die Befreiung rechtfertigende Gemeinwohlgrund im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht durchzusetzen. Da der Plan gerade unter den Nachbarn einen Ausgleich von Nutzungsinteressen zum Inhalt hat, muss ferner darauf abgehoben werden, ob in den durch den Bebauungsplan bewirkten nachbarlichen Interessenausgleich erheblich störend eingegriffen wird. Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 33, Umdruck S. 14 f.).
80 
Allerdings ist vorliegend auch im Rahmen der öffentlichen Belange und der nachbarlichen Interessen nur der als verfassungsimmanente Schranke der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit allein berücksichtigungsfähige Schutz des Eigentums und der Berufsausübungsfreiheit der Nachbarbetriebe maßgeblich (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 27). In diesem Sinn erhebliche Wirkungen der zusätzlichen Einrichtung einer Krypta im Untergeschoss der genehmigten und genutzten Kirche sind indes - wie unter 1.1.3.1.2.2. dargelegt - nicht konkret feststellbar.
81 
1.1.3.4. Liegen nach alledem die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB vor, so hat die Klägerin auch einen Rechtsanspruch auf die begehrte Befreiung. Das der Baurechtsbehörde bei der Erteilung einer Befreiung auf der Rechtsfolgenseite ansonsten zustehende Ermessen ist vorliegend auf Null reduziert.
82 
Sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben, besteht für die Ausübung des Ermessens wenig Raum. Daraus folgt jedoch nicht, dass der zuständigen Behörde entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zusteht oder dass das Ermessen stets auf Null reduziert ist, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen. Erforderlich für eine negative Ermessensentscheidung ist nur, dass der Befreiung gewichtige Interessen entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.9.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50; Urt. v. 4.7.1986 - 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315). Kommen dagegen bei einem Bauvorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans widerspricht, bei dem aber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind, für die Gemeinde Nachteile durch eine Zulassung des Vorhabens nicht in Betracht, so kann sich das der Baugenehmigungsbehörde zustehende Ermessen dahin verdichten, dass sie zur Erteilung einer Befreiung verpflichtet ist (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.1993 - 3 ZR 54.92 - DVBl. 1994, 278; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.3.2004 - 3 S 1745/02 -). Denn in diesen Fällen ist wegen des Umfangs der Anwendungsvoraussetzungen für die Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB der Spielraum für zusätzliche Erwägungen bei Ausübung des Ermessens tendenziell gering, so dass sich die Ermessensausübung im Einzelfall auf Null reduzieren kann (vgl. zu alledem VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.3.2007 - 8 S 1921/06 - VBlBW 2008, 348; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438).
83 
So verhält es sich hier. Denn angesichts der unter 1.1.3.1.2. gemachten Ausführungen kommen rechtlich erhebliche Nachteile der Beigeladenen Ziff. 1 durch eine Zulassung der Krypta nicht in Betracht; dies gilt insbesondere für das von ihr mehrmals geäußerte Planungsziel, im fraglichen Industriegebiet keine potenziell konfliktträchtige Begräbnisstätte zuzulassen. Auch sonstige gewichtige öffentliche Belange, die der Erteilung der Befreiung im Ermessenswege entgegenstehen könnten, liegen nicht vor, zumal sich die vorliegende Entscheidung aufgrund der Besonderheiten des konkreten Einzelfalls nicht als Berufungsfall für andere Vorhaben eignet. Demgegenüber streitet mit der grundrechtlich geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ein gewichtiger Belang für die von der Klägerin begehrte Befreiung, so dass sich jede andere Entscheidung als die Erteilung derselben letztlich als rechtswidrig erwiese.
84 
1.2. Nichts anderes gilt im Ergebnis mit Blick auf die von der Beigeladenen Ziff. 1 mit dem Bebauungsplanverfahren „Industriegebiet, 6. Änderung“ vorgesehenen Änderungen von Festsetzungen des Bebauungsplans.
85 
Die Planung der Beigeladenen Ziff. 1 zielt nach der Sitzungsniederschrift darauf ab, Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, also Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke zukünftig im durch die Änderungsplanung erfassten Bereich ihres Industriegebiets nicht mehr als Ausnahmen zuzulassen, um die Möglichkeiten der freien Berufsausübung und der gewerblichen Freiheit nicht zu gefährden.
86 
1.2.1. Anders als die Klägerin meint, dürfte zwar der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.5.2016 dem Planungsziel der Beigeladenen Ziff. 1, die ausnahmsweise Zulassung von Anlagen für kirchliche Zwecke im Plangebiet auszuschließen, nicht entgegenstehen. Denn die Bindungswirkung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betrifft - wie sich aus den oben gemachten Ausführungen ergibt - nicht die Genehmigung der geplanten Nutzungsänderung unter Zulassung einer im Bebauungsplan vorgesehenen Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB, sondern die Genehmigung unter Erteilung einer Befreiung von den bauplanungsrechtlichen Festsetzungen gemäß § 31 Abs. 2 BauGB. Das beruht darauf, dass die Krypta bereits bislang nicht ausnahmsweise, sondern nur im Befreiungswege zugelassen werden konnte (vgl. hierzu oben 1.1.2. und 1.1.3.).
87 
Angesichts des Ziels der Beigeladenen Ziff. 1, ihr Industriegebiet als solches zu erhalten und den dort ansässigen bzw. ansiedlungswilligen Betrieben eine größtmögliche unternehmerische Freiheit zu ermöglichen, dürfte es sich auch nicht um eine unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit unzulässige Negativplanung handeln. Ein im Entwurf der Beschlussvorlage noch enthaltenes Ziel, die Erstellung von Begräbnisstätten, Krypten und allen vergleichbaren Einrichtungen aller Art zu untersagen, wird in der Gemeinderatsvorlage Nr. 59/216 nicht mehr aufgeführt und ist auch nicht Gegenstand des Gemeinderatsbeschlusses geworden.
88 
1.2.2. Indes kann die Zulässigkeit der von der Beigeladenen Ziff. 1 vorgesehenen Planänderung im Ergebnis offenbleiben. Denn der beabsichtigte Ausschluss der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO vermag sich auf die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans in Bezug auf die streitige Krypta nicht auszuwirken.
89 
Insbesondere würde das planerische Grundkonzept der Beigeladenen Ziff. 1 durch die beabsichtigte Planänderung nicht in einer hier erheblichen Weise verändert. Vielmehr verbliebe es bei dem unter 1.1.3.1.1. beschriebenen Planungsgrundzug, im fraglichen Industriegebiet die Unterbringung erheblich störender Betriebe zu ermöglichen und deshalb daneben nur typischerweise störunempfindliche Ausnahmenutzungen im Sinne des § 9 Abs. 3 BauNVO zuzulassen. Auch nach Ausschluss der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO wäre dieser Grundzug der Planung nach den Ausführungen unter 1.1.3.1.2. durch die Zulassung der Krypta nicht in rechtserheblicher Weise berührt.
90 
Damit ergäbe sich auch keine die Bindungswirkung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 nach § 144 Abs. 6 VwGO in Frage stellende, weil entscheidungserhebliche, nachträgliche Änderung der Rechtslage (vgl. hierzu Eichberger/Bier, a. a. O., RdNr. 126 zu § 144; W.-R. Schenke, a. a. O., RdNr. 13 zu § 144). Denn das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung dem Umstand, dass die Beigeladene Ziff. 1 nach den bislang geltenden textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sämtliche Ausnahmenutzungen gemäß § 9 Abs. 3 BauNVO ausdrücklich zugelassen hat, selbst keine Bedeutung zugemessen. Vielmehr hat es dem Senat die Prüfung überlassen, welche Bedeutung dem Umstand, dass sich die Gemeinde zu einer solchen ausdrücklichen Regelung veranlasst gesehen hat, bei der Bestimmung der Planungskonzeption beizumessen ist (RdNr. 38, Umdruck S. 17 f.).
91 
Sonstige, für die Zulassung der Krypta in der Kirche der Klägerin erhebliche Änderungen der Rechtslage gehen mit der beabsichtigten Beschränkung der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vorhaben nach § 9 Abs. 3 BauNVO nicht einher.
92 
1.3. Steht der Klägerin nach alledem sowohl unter Zugrundelegung des bisherigen Bebauungsplans als auch unter Berücksichtigung der von der Beigeladenen Ziff. 1 vorgesehenen Planänderung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB ein Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans für die geplante Krypta zur Seite, so ist zu ihren Gunsten eine Ausnahme von der am 24.7.2016 durch den Gemeinderat der Beigeladenen Ziff. 1 beschlossenen Veränderungssperre zuzulassen und ihr eine Befreiung von den Festsetzungen des geltenden Bebauungsplans „Industriegebiet“ zu erteilen. Auf die Gültigkeit der Veränderungssperre kommt es daher nicht an.
93 
Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB kann von einer Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Die Norm bietet ein Mittel, um im Wege der Einzelfallprüfung auf der Grundlage der sich konkretisierenden Planungen zu Gunsten des Bauherrn Ausnahmen zulassen zu können. Der praktisch wichtigste öffentliche Belang ist die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung. Diese und nicht lediglich die abstrakte Planungshoheit der Gemeinde wird von der Veränderungssperre geschützt. Maßgeblich ist damit der konkrete Sicherungszweck der Veränderungssperre. Ein Vorhaben das mit diesem nicht vereinbar ist, insbesondere der beabsichtigten Planung widerspricht oder sie wesentlich erschweren würde, darf im Wege der Ausnahme nicht zugelassen werden. Andernfalls würde die Veränderungssperre ihre Aufgabe nicht erfüllen können (vgl. zu alledem BVerwG, Urt. vom 9.8.2016 - 4 C 5.15 - juris). Steht allerdings nach der Planungskonzeption von Anfang an oder aber im weiteren Aufstellungsverfahren nach förmlichem Beschluss des zuständigen Gemeindeorgans fest, dass die bisherige planungsrechtliche Rechtslage für ein bestimmtes Grundstück nicht geändert werden soll, kann das Vorhaben die Bebauungsplanung nicht stören. Die Ausnahme kann erteilt werden und ist auch zu erteilen (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2016, RdNr. 96 zu § 14).
94 
Vergleichbar verhält es sich hier. Zwar ist mit der vorgesehenen Beschränkung der Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 3 BauNVO eine Änderung der bisherigen planungsrechtlichen Rechtslage auch für das Grundstück der Klägerin beabsichtigt. Indes betrifft diese Änderung das streitige Vorhaben gerade nicht. Denn die Krypta ist sowohl derzeit als auch nach den mit dem Bebauungsplanverfahren „Industriegebiet, 6. Änderung“ verfolgten Planungsabsichten der Beigeladenen Ziff. 1 weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig. Auch bleibt der Anspruch der Klägerin auf Befreiung von den bauplanungsrechtlichen Festsetzungen für die Umnutzung des derzeitigen Abstellraums in eine Krypta - wie unter 1.2.2. dargelegt - von der beabsichtigten Bebauungsplanänderung unberührt.
95 
Angesichts dessen ist der konkrete Sicherungszweck der Veränderungssperre durch die Zulassung einer Ausnahme für die zur Genehmigung gestellte Krypta nicht betroffen. Steht nämlich die beabsichtigte Planung der Zulässigkeit eines Vorhabens nicht entgegen, so bedarf sie in Bezug auf dieses Vorhaben der Sicherung durch eine Veränderungssperre nicht. Dies ist auch dann der Fall, wenn ein bestehender Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans durch die beabsichtigte Bebauungsplanänderung nicht berührt wird. Denn andernfalls sicherte die Veränderungssperre die zukünftige Planung auch gegen Vorhaben, die nach den feststehenden Planungsabsichten der Gemeinde auch zukünftig bauplanungsrechtlich zulässig wären.
96 
Mit Blick auf das Gewicht der für die Einrichtung der Krypta streitenden Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und des Eigentumsschutzes nach Art. 14 Abs. 1 GG ist das der Beklagten grundsätzlich zustehende, allerdings nach den oben gemachten Ausführungen bereits zu Gunsten der Klägerin eingeschränkte Ermessen auf Null reduziert und mithin eine Ausnahme von der Veränderungssperre zuzulassen.
97 
2. Der mithin bauplanungsrechtlich zulässigen Nutzungsänderung lassen sich auch keine sonstigen, dem materiellen Entscheidungsprogramm der Baurechtsbehörde unterfallenden Vorschriften des öffentlichen Rechts mit Erfolg entgegenhalten.
98 
2.1. Zu den im Rahmen der Erteilung einer Baugenehmigung zu beachtenden Vorschriften gehören auch die für - wie hier - private Bestattungsplätze geltenden (vgl. § 9 Abs. 3 BestattG) Abstandsregelungen nach den §§ 3 und 8 BestattG (vgl. Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, 7. Aufl. 2016, RdNr. 162 zu § 58). Danach muss bei Anlegung oder Erweiterung von Friedhöfen ein ausreichender Abstand zu störenden Betrieben, Gewerbe- und Industriegebieten, Gebäuden und überbaubaren Grundstücksflächen eingehalten werden (§ 3 BestattG). Bei der Errichtung von Gebäuden, die nicht Friedhofszwecken dienen, ist von Friedhöfen ein Abstand von mindestens 10 m einzuhalten (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BestattG). Allerdings kann die Baurechtsbehörde hiervon Ausnahmen zulassen, wenn Ruhe und Würde des Friedhofs nicht wesentlich beeinträchtigt werden und polizeiliche Gründe nicht entgegenstehen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 BestattG). Schließlich ist bei der Errichtung von störenden Betrieben von Friedhöfen ein zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Würde des Friedhofs ausreichender Abstand einzuhalten (§ 8 Abs. 2 BestattG).
99 
Diese der Ruhe und Würde des Friedhofs dienenden Abstandsvorschriften führen ebenfalls nicht zur Unzulässigkeit der beabsichtigten Krypta. Dabei ist zunächst zu beachten, dass die in Rede stehenden Regelungen auslegungs- und ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriffe enthalten, so dass sie die Herstellung praktischer Konkordanz mit Blick auf die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin nicht hindern (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 70, Umdruck S. 25). Ferner ist wiederum zu berücksichtigen, dass es sich bei der Krypta nicht um eine allgemeine Begräbnisstätte auf einem Friedhof, sondern ausschließlich um eine Begräbnisstätte für die Priester der Kirchengemeinde (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 70, Umdruck S. 2) innerhalb des Kirchengebäudes handelt und dass mithin eigene Abhilfemöglichkeiten gegen dennoch spürbare Beeinträchtigungen durch die umliegenden Betriebe mittels - auch baulicher - Maßnahmen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 78, Umdruck S. 28) bestehen. Angesichts der Entfernung der Krypta zur Grenze von etwa 7 m und zum Rolltor des benachbarten holzverarbeitenden Betriebes von rund 17 m sowie des Umstandes, dass die glaubenssatzgetreue Beisetzung unter dem Altar in einem geweihten Kirchenraum nach den Glaubensvorstellungen nicht nur der Syrisch-Orthodoxen Kirche eine besonders würdevolle Form der Bestattung ist (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 35, Umdruck S. 16; BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 59, Umdruck S. 20) ist eine hier erhebliche Beeinträchtigung von Ruhe und Würde der Begräbnisstätte durch die umliegenden Betriebe nicht zu besorgen und diese mithin auch unter Zugrundelegung der bestattungsrechtlichen Abstandsvorschriften zuzulassen.
100 
2.2. Die Prüfung der weitergehenden bestattungsrechtlichen Regelungen, insbesondere zu Fragen der Gesundheit (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BestattG) und zur Ruhezeit (§ 6 BestattG) ist demgegenüber dem gesonderten bestattungsrechtlichen Genehmigungsverfahren (§ 5 BestattG) vorbehalten (vgl. insbesondere § 9 BestattG), zählt also nicht zum materiellen Entscheidungsprogramm der Baurechtsbehörde. Damit sind die vom Landratsamt Heilbronn - Gesundheitsamt - mit Stellungnahme vom 25.8.2005 angeregten Auflagen zur Belegung der Grabstätten sowie zur Abwehr von durch die Verwesung drohender Gefahren für die Gesundheit einschließlich der Hygiene nicht im vorliegenden Rechtsstreit, sondern im anhängigen bestattungsrechtlichen Verfahren zu berücksichtigen.
101 
Sonstige der Baugenehmigung entgegenstehende öffentlich-rechtliche Vorschriften liegen nicht vor.
102 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 bis 3, 162 Abs. 3, 159 VwGO i. V. mit § 100 Abs. 1 ZPO. Eine Erstattung von Kosten der Beigeladenen Ziff. 2 scheidet aus, da diese keine Anträge gestellt und sich daher auch nicht am Kostenrisiko beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
103 
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
104 
Beschluss vom 23. November 2016
105 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf gem. den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt.
106 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Tenor

Die Anträge der Kläger sowie der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 1. März 2016 - 13 K 3322/13 - werden abgelehnt.

Die Kläger als Gesamtschuldner und die Beigeladene tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens jeweils zur Hälfte. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen sie jeweils selbst.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 96.282,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Kläger begehren die Erteilung einer Baugenehmigung für die Änderung der Nutzung einer genehmigten „Aldi-Verkaufsstelle“ in einen „dm-Drogeriemarkt“, der von der Beigeladenen betrieben werden soll.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Flst.Nr. ..., ... Straße ... in Bad Mergentheim. Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“, in Kraft getreten am 10.4.2004. Das Plangebiet umfasst ausweislich der Planbegründung eine Fläche von ca. 4 ha. Für den verfahrensgegenständlichen Bereich setzt der Bebauungsplan in Ziff. 1.1.2 der textlichen Festsetzungen ein eingeschränktes Gewerbegebiet fest. Nach Ziff. 1.1.4 der textlichen Festsetzungen sind Einzelhandelsbetriebe und sonstige Handelsbetriebe mit Verkauf an letzte Verbraucher mit zentrenrelevanten Sortimenten nicht zugelassen. Hierzu zählen neben Nahrungs- und Genussmitteln auch Drogeriewaren (inklusive Wasch- und Putzmittel), Kosmetika und Apothekerwaren. Durch den Bebauungsplan „Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Teiländerung im Bereich der Flst.Nr. ... und ...“, in Kraft getreten am 4.12.2010, wurde der Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ in einem Teilbereich geändert und die genannten Grundstücke als Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel ausgewiesen. Dieser Teilbereich, auf dem sich derzeit ein REWE-Lebensmittelmarkt befindet, umfasst 0,9 ha.
Das auf dem Grundstück der Kläger stehende Gebäude wurde auf Grundlage einer Baugenehmigung vom 29.5.1998 für eine „Aldi-Verkaufsstelle" mit einer Verkaufsfläche von 631,04 m² als Lebensmitteldiscountgeschäft genutzt. Nach Aufgabe dieser Nutzung ist nunmehr der Betrieb eines „dm-Drogeriemarktes“ beabsichtigt. Den entsprechenden Genehmigungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.10.2013 ab. Den Widerspruch der Kläger wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 12.2.2014 und der Begründung zurück, bei der beantragten Nutzungsänderung handele es sich um ein genehmigungspflichtiges Vorhaben. Ein Aldi-Markt sei als Lebensmittel-Einzelhandelsbetrieb bekannt; in der Baubeschreibung sei zudem ausdrücklich vom Handel mit Lebensmitteln die Rede. Drogerieartikel bildeten im Sortiment eines Aldi-Marktes ein Randsortiment. Bei einem dm-Markt stelle dagegen der Lebensmittelbereich ein Randsortiment dar. Der Sortimentswechsel von Lebensmittel zu Drogeriewaren sei daher genehmigungspflichtig. Das Vorhaben verstoße gegen Ziff. 1.1.4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans. Eine Befreiung könne nicht erteilt werden, da mit der geplanten Nutzungsänderung Grundzüge der Planung berührt würden.
Die Kläger haben am 16.9.2013 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und zuletzt beantragt, die Beklagte zu verpflichten, die mit Bauantrag vom 8.3.2013 beantragte Nutzungsänderung des auf dem Flst.Nr. ..., ...-Straße ... in Bad Mergentheim aufstehenden Gebäudes zur Nutzung als dm-Drogeriemarkt zu bewilligen und den Bescheid der Beklagten vom 24.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 12.2.2014 aufzuheben. Die Beigeladene hat sich diesem Antrag angeschlossen. Zudem haben die Kläger hilfsweise beantragt, festzustellen, dass für die Nutzung des Gebäudes auf der Flst.-Nr. ..., ...-... in Bad Mergentheim als dm-Drogeriemarkt keine Nutzungsänderungsgenehmigung erforderlich ist.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 1.3.2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kläger hätten keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Bei dem geplanten Vorhaben handele es sich sowohl in bauordnungsrechtlicher als auch in bauplanungsrechtlicher Hinsicht um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Das Vorhaben verlasse die Variationsbreite der genehmigten Nutzung, da die Baugenehmigung für eine „Aldi-Verkaufsstelle“ erteilt worden sei, die überwiegend den Verkauf von Lebensmitteln zum Gegenstand gehabt habe. Der beantragte dm-Drogeriemarkt werde von dieser Variationsbreite nicht erfasst. Des Weiteren würden - in bauplanungsrechtlicher Hinsicht - bodenrechtliche Belange berührt, da dem Vorhaben unter städtebaulichen Gesichtspunkten aufgrund einer völlig veränderten Schwerpunktbildung eine andere Qualität beizumessen sei und es im Vergleich zu der bisher genehmigten Nutzung weitergehender Vorschriften in Gestalt des hier maßgebenden Bebauungsplans unterliege.
Das beantragte Vorhaben widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“. Dieser sei auch wirksam, insbesondere verstießen die Festsetzungen in Ziff. 1.1.4 nicht gegen das Abwägungsgebot. Für die städtebauliche Erforderlichkeit genüge es, dass der Einzelhandelsausschluss und die Sortimentsbeschränkung des Bebauungsplans zumindest geeignet seien, einen Beitrag zur Förderung des planerischen Ziels zu leisten. Die Festsetzungen des Bebauungsplans seien zudem bestimmt; es lasse sich hinreichend sicher feststellen, welche Festsetzungen hinsichtlich Art und Maß der baulichen Nutzung im Planbereich GE 2 gälten. Im Übrigen sei der Bebauungsplan auch nicht funktionslos geworden. Es sei möglich, zwischen den einzelnen Sortimenten, die von Ziff. 1.1.4 erfasst würden, zu unterscheiden. Wäre das Einzelhandelskonzept in Folge der tatsächlichen Entwicklung in Bezug auf ein zentrenrelevantes Sortiment nicht mehr umsetzbar, so bedeute dies nicht, dass damit das städtebauliche Ziel des Schutzes bzw. der Stärkung eines zentralen Versorgungs- und Innenstadtbereichs insgesamt obsolet geworden sei. Dies gelte auch in Anbetracht der von den Klägern angeführten „Bezugsfälle“, die im Wesentlichen den Verkauf von Lebensmittel an letzte Verbraucher zum Gegenstand hätten. Es sei nicht ersichtlich, dass die tatsächlichen Verhältnisse derart massiv und offenkundig von der Plankonzeption abwichen, dass eine Verwirklichung der planerischen Festsetzungen auf absehbare Zeit ausgeschlossen sei. Auch die Aufstellung des Bebauungsplans „Sondergebiet Einkaufszentrum Bahnareal“ und die Überplanung eines Teilgebiets des maßgebenden Bebauungsplans durch den Bebauungsplan „Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Teiländerung“ führten nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB komme nicht in Betracht, da Ziel des Bebauungsplans gerade der Einzelhandelsausschluss zum Zwecke der Stärkung des zentralen Versorgungsbereichs sei. Die diesem Ziel dienenden Festsetzungen in Ziff. 1.1.4 stellten daher einen Grundzug der Planung dar. Aus diesem Grund komme es auf den von der Beigeladenen unbedingt gestellten Beweisantrag nicht entscheidungserheblich an. Da bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermessensausübung nicht vorlägen, sei für eine „durch Zulassung von Bezugsfällen“ entstandene Selbstbindung der Behörde kein Raum.
Hiergegen wenden sich die Kläger sowie die Beigeladene mit ihren Zulassungsbegehren.
II.
Die Anträge sind zulässig, insbesondere rechtzeitig gestellt (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) und begründet (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) worden; sie haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe, die gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nur im Rahmen der Darlegungen der Kläger sowie der Beigeladenen zu prüfen sind, liegen nicht vor.
10 
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nicht dargetan worden.
11 
a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind nur dann gegeben, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt wird, dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163; Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; Beschl. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 - juris Rn. 15). Es reicht indes nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen. Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente schlagen dann nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -DVBl. 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, Beschl. v. 5.7.2016 - 3 ZB 14.1781 -juris Rn. 2; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 -juris Rn. 15). Das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert dabei eine substantiierte Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 - juris Rn. 15).
12 
b) Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Kläger sowie der Beigeladenen nicht gerecht.
13 
aa) Der Einwand der Kläger, das Gericht habe rechtsfehlerhaft eine Nutzungsänderung angenommen, da es von der Genehmigung einer „Aldi-Verkaufsstelle“ ausgegangen sei, obwohl der Bezeichnung „Aldi“ keine rechtliche Relevanz zukomme und die Baugenehmigung keine Sortimentsbeschränkung enthalte, geht fehl. Zwar trifft zu, dass das Verwaltungsgericht von einer Änderung der bisher genehmigten Nutzung als „Aldi Verkaufsstelle“ ausgegangen ist, diese Begrifflichkeit hat es jedoch offensichtlich der Bezeichnung in der Baugenehmigung vom 29.5.1998 entnommen, ohne die Firmenbezeichnung „Aldi“ im Sinne einer eigenständigen städtebaulichen Kategorie zu verwenden. Denn wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt, hat das Gericht maßgeblich auf die in der Baugenehmigung in Bezug genommenen Bauvorlagen vom 22.4.1998 abgestellt, zu denen die Angaben zu gewerblichen Anlagen zählen, nach denen beabsichtigt ist, in dem Gebäude überwiegend mit Lebensmitteln zu handeln. Hiergegen ist indes nichts zu erinnern, da der Regelungsumfang einer Baugenehmigung hinsichtlich der mit ihr zugelassenen Art der Nutzung einschließlich ihrer Variationsbreite bzw. ihrer Zweckbestimmung sich nach der Bezeichnung des Vorhabens in der Genehmigung sowie den weiteren Regelungen im Genehmigungsbescheid, den Bauvorlagen und sonstigen in Bezug genommenen Unterlagen richtet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 9.4.2014 - 8 S 1528/13 - VBlBW 2015, 26 = juris Rn. 11).
14 
bb) Entgegen der Auffassung der Kläger kommt dem Vorhaben auch bauordnungsrechtliche Relevanz zu, da - wie vom erstinstanzlichen Gericht richtig erkannt - durch den „Verkauf von Drogerieartikeln“ der Bereich der bisherigen Zweckbestimmung verlassen wird. Daran vermag der Umstand, dass sich in der Angebotspalette des Lebensmitteldiscounters „Aldi“ auch dem Sortiment Drogeriewaren unterfallende Produkte befunden haben mögen, nichts zu ändern, da - von den Klägern unbestritten - ein „dm-Drogeriemarkt“ nicht überwiegend dem Handel mit Lebensmitteln dient.
15 
cc) Auch die Feststellung des Gerichts, es liege eine Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB vor, da durch die Änderung des Sortimentsschwerpunktes die Variationsbreite der genehmigten Nutzung überschritten werde und das Vorhaben bodenrechtliche Belange neu berühre, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln.
16 
Der Vortrag der Kläger vermag solche Zweifel nicht zu begründen, da diese zu Unrecht von einer Genehmigung als „Verkaufsstelle“ ohne weitere Einschränkungen ausgehen. In Anbetracht des Inhalts der Baugenehmigung vom 29.5.1998 kann der beabsichtigte (schwerpunktmäßige) Handel mit Drogeriewaren nicht als „mitgenehmigt“ angesehen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 11.2.2016 - 5 S 1389/14 - juris Rn. 57).
17 
Die Beigeladene zeigt ebenfalls keine Rechtsfehler auf. Sie geht vielmehr ihrerseits unzutreffend davon aus, § 1 BauGB spiele bei der Frage, ob ein Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig sei, „grundsätzlich keine Rolle“. Dies lässt sich jedoch mit der einschlägigen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.1.1993 - 4 C 19.90 - DVBl. 1993, 652 = juris Rn. 27; Urt. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 - BVerwGE 144, 82 = juris Rn. 26; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.9.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 = juris Rn. 11; Beschl. v. 25.10.2012 - 8 S 869/12 - ZfBR 2013, 60 = juris Rn. 8, zuletzt auch VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 15) nicht vereinbaren. Allein die Tatsache, dass im Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ sowohl Einzelhandelsbetriebe mit dem Sortiment Nahrungs- und Genussmittel als auch solche, die Drogeriewaren führen, ausgeschlossen wurden, ändert nichts daran, dass durch einen Wechsel der in Ziff. 1.1.4 der textlichen Festsetzungen bezeichneten Sortimente bodenrechtliche Belange, wie sie sich aus § 1 Abs. 6 BauGB ergeben, neu berührt werden und daher neu zu prüfen sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.9.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 = juris Rn. 11, 14).
18 
Der Beigeladenen kann auch nicht darin gefolgt werden, das Verwaltungsgericht sei einem Zirkelschluss unterlegen, da es den Betrieb eines Lebensmittelmarktes als bestandsgeschützte Nutzung vorausgesetzt habe. Denn hierzu war das Gericht aufgrund des eindeutigen Inhalts der Baugenehmigung vielmehr verpflichtet. Im Übrigen verkennt die Beigeladene die Reichweite des durch die Baugenehmigung vermittelten Bestandsschutzes, der sich im vorliegenden Fall auf eine („Aldi“-)Verkaufsstelle beschränkt, in der überwiegend mit Lebensmitteln gehandelt wird. Überdies hat das Gericht die bodenrechtliche Relevanz des geplanten Vorhabens unter Hinweis darauf bejaht, dass es - bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung - weitergehenden Vorschriften unterliegt als das genehmigte Vorhaben, nämlich in Gestalt des nach Erteilung der Baugenehmigung aufgestellten Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“. Die hiervon abweichende Auffassung der Beigeladenen geht von einem fehlerhaften Verständnis hinsichtlich des Bestandsschutzes einer genehmigten baulichen Anlage aus und findet in der Rechtsprechung keine Stütze (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.9.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 = juris Rn. 16). Insbesondere verkennt die Beigeladene, dass die genehmigte Nutzung einer „Aldi-Verkaufsstelle“ durch die Aufstellung des streitgegenständlichen Bebauungsplans in ihrer Reichweite nicht „nachträglich geändert bzw. eingeschränkt“ worden ist. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Beigeladenen zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 1.6.2011 - 4 B 2.11 - BauR 2011, 1622 = juris Rn. 16), da mit der Baugenehmigung vom 29.5.1998 eine hinreichende Konkretisierung der zulässigen Nutzung im Sinne eines Handels „mit überwiegend Lebensmitteln“ erfolgt ist.
19 
dd) Des Weiteren ist das Gericht rechtsfehlerfrei von der Wirksamkeit des Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l -Planbereich 01.10“ ausgegangen.
20 
(1) Entgegen der Auffassung der Kläger ist insbesondere nicht von einer Funktionslosigkeit des Bebauungsplan auszugehen. Das Verwaltungsgericht hat die hierzu einschlägige Rechtsprechung, die bezüglich der Funktionslosigkeit von bauplanerischen Festsetzungen einen strengen Maßstab anlegt (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 22.7.2013 - 7 BN 1.13 - LKV 2013, 417 = juris Rn. 6; Urt. v. 28.4.2004 - 4 C 10.03 - UPR 2005, 66 = juris Rn. 15; Urt. v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71 = juris Rn. 22), ausführlich dargestellt und in seine Würdigung einbezogen. Gegen den Ansatz des Gerichts, innerhalb der zentrenrelevanten Sortimente zwischen dem Ausschluss von Nahrungs- und Genussmitteln (Ziff. 1.1.4a der textlichen Festsetzungen) einerseits sowie dem Ausschluss von Drogerie- / Apothekerwaren und Kosmetika (Ziff. 1.1.4c der textlichen Festsetzungen) andererseits zu differenzieren, ist nichts zu erinnern. Denn zu würdigen ist grundsätzlich sowohl die Festsetzung in ihrer ganzen Reichweite als auch die Bedeutung, die sie für den Plan in seiner Gesamtheit hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.4.1977 - IV C 39.75 -BVerwGE 54, 5 = juris Rn. 35).
21 
Zutreffend hat das Gericht danach erkannt, dass das städtebauliche Ziel des Schutzes bzw. der Stärkung eines zentralen Versorgungs- und Innenstadtbereichs nicht dadurch obsolet wird, dass das dahinter stehende (Einzelhandels-)Konzept in Bezug auf eines der - im vorliegenden Fall - insgesamt 16 als zentrenrelevant identifizierten Sortimente möglicherweise nicht mehr umsetzbar ist. In Konsequenz hierzu hat es den von den Klägern benannten Bezugsfällen, die Einzelhandelsbetriebe betreffen, die teilweise in angrenzenden Plangebieten liegen und im Wesentlichen den Verkauf von Lebensmitteln an Endverbraucher zum Gegenstand haben, bei der Frage der Funktionslosigkeit des angegriffenen Bebauungsplans keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen. Folgerichtig ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass die Festsetzung Ziff. 1.1.4c noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97 -BVerwGE 108, 71 = juris Rn. 22).
22 
Der diesbezügliche Vortrag der Kläger, der eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung nicht erkennen lässt, rechtfertigt kein andere Beurteilung. Die Kläger lassen insbesondere unberücksichtigt, dass sich das Planungsziel der Beklagten nicht im Ausschluss des Sortiments „Nahrungs- und Genussmittel“ erschöpft, dieser stellt vielmehr lediglich einen Teilaspekt der planerischen Zielsetzung dar.
23 
(2) Die Rüge der Beigeladenen, das Gericht habe rechtsfehlerhaft die Bestimmtheit des streitgegenständlichen Bebauungsplans angenommen, führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung. Die Beigeladene geht zwar zutreffend davon aus, dass die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans aus sich heraus eindeutig und verständlich sein müssen und die von den Festsetzungen Betroffenen vorhersehen können müssen, welchen Regelungen ihre Grundstücke unterworfen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 27.10.2015 - 8 S 2207/13 - juris Rn. 68). Die Festsetzungen eines Bebauungsplans sind jedoch nicht schon dann zu unbestimmt, wenn sich deren Inhalt erst durch Auslegung erschließt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.2.2011 - 4 BN 43.10 - BauR 2011, 1118 = juris Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.10.2014 - 5 S 1970/12 - BauR 2015, 789 = juris Rn. 21). Ausgehend hiervon hat das Gericht plausibel und nachvollziehbar dargelegt, welche Festsetzungen hinsichtlich Art und Maß der baulichen Nutzung im Planbereich GE 2 gelten. Weiterer Erläuterungen bedurfte es nicht.
24 
ee) Im Ergebnis rechtsfehlerfrei hat das Verwaltungsgericht zudem das Vorliegen der Voraussetzungen einer Befreiung nach Maßgabe des § 31 Abs. 2 BauGB verneint, da durch das geplante Vorhaben die Grundzüge der Planung berührt werden, die ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ (S. 4) darin bestehen, die Einzelhandelsnutzung zu beschränken.
25 
Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich aus dem Umstand, dass der Bebauungsplan die zum damaligen Zeitpunkt vorhandenen und bestandsgeschützten Einzelhandelsnutzungen - zu denen auch die „Aldi-Verkaufsstelle“ zählte - „respektiert“ hat, nicht herleiten, die Plangeberin habe deren „Erhalt“ zum Bestandteil der Grundzüge ihrer Planung gemacht. Vielmehr hat die Beklagte keinen Zweifel daran gelassen, dass „[k]ünftig […] die Gewerbegebiete vor allem für das produzierende Gewerbe und Dienstleistungen freigehalten werden“ sollen (vgl. S. 5 der Begründung zum Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“). Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob - wie die Kläger meinen - der geplante „dm-Drogeriemarkt“ bei einer auf die heutigen Verhältnisse abstellenden Betrachtung der Nahversorgung dient. Da das erstinstanzliche Gericht durch das geplante Vorhaben bereits die Grundzüge der Planung als berührt angesehen hat, musste es nicht mehr der Frage nachgehen, ob - nach der Diktion der Kläger - eine „unzumutbare Härte“ vorliegt.
26 
Die Beigeladene weist zwar zutreffend darauf hin, dass das Gericht - gestützt auf einschlägige Literatur - ausgeführt hat, eine Befreiung scheide generell aus, wenn ein Bebauungsplan Einzelhandel ausschließe oder er eine Beschränkung des Warensortiments vorsehe. Zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen einer Befreiung nicht vorliegen, ist das Gericht jedoch nicht im Sinne eines Automatismus gelangt. Vielmehr hat es bezogen auf den konkreten Einzelfall - eingebettet in den rechtlichen Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB - aufgezeigt, dass es sich bei dem von der Beklagten vorgesehenen Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Sortimenten um einen Grundzug der Planung handelt. Der Beigeladenen kann zudem nicht darin zugestimmt werden, es stehe lediglich die Nachbelegung eines bereits vorhandenen Einzelhandelsbetriebs in Rede. Dies trifft in dieser Allgemeinheit vor dem Hintergrund der durch die Baugenehmigung vom 29.5.1998 genehmigten Nutzung nicht zu.
27 
Soweit die Beigeladene vorträgt, die Grundzüge der Planung würden im Hinblick auf das sonstige Genehmigungsverhalten der Beklagten jedenfalls nicht „berührt“, begründet sie ebenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses. Zwar ist hinsichtlich der Frage, ob die Grundzüge der Planung „berührt“ werden, nicht auf den Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung abzustellen (so noch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 13.6.2007 - 3 S 881/06 - ESVGH 57, 227 = juris Rn. 33), sondern die tatsächliche Entwicklung des Baugebiets in den Blick zu nehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 39; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 31 Rn. 22). Der Senat hält insoweit an der von ihm bisher vertretenen Auffassung nicht mehr fest. Im vorliegenden Fall kann jedoch selbst bei einer die tatsächlichen Verhältnisse berücksichtigenden Betrachtung nicht davon ausgegangen werden, die Auswirkungen des geplanten Vorhabens fielen deshalb nicht (mehr) entscheidend ins Gewicht, weil diese Grundkonzeption bereits durch die bisherige tatsächliche Entwicklung im Baugebiet insgesamt aufgeweicht und stellenweise vollständig überholt sei (vgl. hierzu BayVGH, Urt. v. 9.8.2007 - 25 B 05.1337 - juris Rn. 35). Hierzu hat das Verwaltungsgericht - wenngleich unter anderen Vorzeichen -aufgezeigt, dass die sog. „Bezugsfälle“ ein anderes zentrenrelevantes Sortiment betreffen (Nahrungs- und Genussmittel) und zwischen einzelnen Sortimentsbeschränkungen zu differenzieren ist. Daraus folgt ohne weiteres, dass die Grundzüge der Planung jedenfalls durch die Zulassung eines Einzelhandelsbetriebs mit den in Ziff. 1.1.4c der textlichen Festsetzungen gelisteten Sortimenten nach wie vor berührt werden.
28 
2. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind ebenfalls nicht gegeben.
29 
a) Die Annahme besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeiten zukommt. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn sich der konkret zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von dem Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfällen deutlich abhebt und sich gerade die diesbezüglichen Fragen im Berufungsverfahren stellen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.9.2005 - 9 S 437/05 - NVwZ-RR 2006, 255; Beschl. v. 22.4.1997 - 14 S 913/97 - NVwZ 1997, 1230; Beschl. v. 17.2.2009 - 10 S 3156/08 - juris Rn. 10). Den Darlegungserfordernissen ist hierbei nur genügt, wenn in fallbezogener Auseinandersetzung mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts dargetan wird, inwieweit sich die benannten Schwierigkeiten in Vergleich mit Verfahren durchschnittlicher Schwierigkeit als „besondere“ darstellen und für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sein werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 10.6.1997 - 7 S 662/97 - NVwZ-RR 1998, 31; Beschl. v. 17.2.2009 - 10 S 3156/08 -, juris Rn. 10).
30 
b) Ausgehend hiervon haben weder die Kläger noch die Beigeladene dargetan, dass die vorliegende Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist.
31 
aa) Die Ausführungen der Kläger genügen den an die Darlegung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu stellenden Anforderungen nicht. Ihrem diesbezüglichen Vortrag mangelt es nicht nur an einer fallbezogener Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, sondern dieser lässt zudem nicht einmal ansatzweise erkennen, inwieweit sich die von den Klägern ausgemachten Schwierigkeiten in Vergleich mit Verfahren durchschnittlicher Schwierigkeit als „besondere“ darstellen und für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sein werden.
32 
bb) Nichts anderes gilt im Hinblick auf den Vortrag der Beigeladenen, der sich in einem Verweis auf die Ausführungen zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erschöpft. Zwar sollen Bezugnahmen unnötige Wiederholungen vermeiden, dies entbindet aber nicht von der - hier ebenfalls unterbliebenen - konkreten Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 198). Dass sich die Beigeladene im Rahmen ihrer Erläuterungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO mit dem Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart befasst hat, macht eine nochmalige Auseinandersetzung bei der Geltendmachung von besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache nicht entbehrlich, da die Zulassung der Berufung nach Maßgabe des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO - wie von der Beigeladenen aufgezeigt - anderen Darlegungserfordernissen unterliegt.
33 
3. Die Ausführungen, mit denen die Kläger sowie die Beigeladene eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend machen, führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung.
34 
a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes „grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache“ erfordert, dass ausdrücklich oder sinngemäß eine entscheidungserhebliche konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage aufgeworfen und erläutert wird, warum diese Frage bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte Probleme aufwirft, die über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam sind und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts durch das Berufungsgericht geklärt werden müssen. Außerdem ist - bei Rechtsfragen ausgehend von den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts - die Entscheidungserheblichkeit der Frage darzulegen; das Aufzeigen einer bloß fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen genügt insoweit nicht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 19.8.2010 - 8 S 2322/09 - juris Rn. 11).
35 
b) Dies zugrunde gelegt ergibt sich weder aus dem Vortrag der Kläger noch dem der Beigeladenen eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. So versäumen Kläger und Beigeladene bereits zu erläutern, warum die von ihnen formulierten Fragen bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte Probleme aufwerfen, die über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam sind und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts durch das Berufungsgericht geklärt werden müssen.
36 
aa) Überdies stellt sich die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob die Verwendung einer Firmenbezeichnung bei der Baugenehmigung zugleich eine Einschränkung hinsichtlich der Art der Nutzung beinhaltet oder ob die Art der Nutzung in der Baugenehmigung selbst konkretisiert und bestimmt werden muss, im vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil - wie sich aus Vorstehendem ergibt - das Gericht der Firmenbezeichnung „Aldi“ keine rechtliche Qualität beigemessen hat und die Art der Nutzung durch die Einbeziehung der Bauvorlagen in die Baugenehmigung vom 29.5.1998 bestimmt worden ist.
37 
bb) Die von der Beigeladenen genannte Frage, ob eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage die inhaltliche Reichweite des städtebaulichen Bestandsschutzes, wie ihn § 29 Abs. 1 BauGB vermittelt, einzuschränken vermag, ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Denn - wie bereits ausgeführt - ist mit dem Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ eine Einschränkung der bestehenden Einzelhandelsnutzungen nicht einhergegangen.
38 
4. Schließlich kommt eine Zulassung der Berufung auch vor dem Hintergrund des allein von der Beigeladenen geltend gemachten Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht in Betracht.
39 
a) Nach Maßgabe dieser Bestimmung ist die Berufung zuzulassen, wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf welchem die Entscheidung beruhen kann. Ein solcher Mangel ist nur dann bezeichnet, wenn sowohl die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen rechtlich substantiiert dargetan werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 30.10.2014 - 9 S 279/14 - juris Rn. 11).
40 
b) Diesen Anforderungen genügt die Beigeladene mit ihrem Vorbringen nicht. Das Gericht hat den Beweisantrag mit der Begründung abgelehnt, es handele sich bei der Bewertung einer Tatsache als städtebaulich relevant um eine Rechtsfrage. Im Übrigen komme es komme es auf die beantragte Beweiserhebung nicht an, da bei Durchführung des beantragten Vorhabens Grundzüge der Planung berührt würden. Dies ist nicht zu beanstanden, da die Beigeladene keine Tatsachen, sondern lediglich Rechtsfragen unter Beweis gestellt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.4.2012 - 4 C 8/09 u.a. - BVerwGE 142, 234 = juris Rn. 86). Daran ändert nichts, dass die Beigeladene hierzu eine abweichende Auffassung vertritt.
III.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, Abs. 3 Hs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.
42 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.5. / 1.6.2012 und am 18.7.2013 beschlossenen Änderungen und folgt der von den Beteiligten nicht angegriffenen Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts.
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 10. Oktober 2013 - 2 K 682/12 - geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Baugenehmigung zur Änderung des Non-Food-Lagers des ...-Lebensmittelmarkts im Gebäude Robert-Bosch-Straße ... in Empfingen in Verkaufsraum gemäß dem Bauantrag vom 23. März 2011 zu erteilen. Der Bescheid der Beklagten vom 12. Oktober 2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 6. März 2012 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin betreibt im westlichen Teil des Gebäudes Robert-Bosch-Straße ... auf dem Flst. Nr. .../2 der Gemarkung Empfingen der Beigeladenen (Baugrundstück) einen Selbstbedienungs-Lebensmittelmarkt in der Betriebsform Discounter. Unter dem Dach des Ein- und Ausgangs ist ein "Backshop" in das Gebäude integriert. Daneben ist ein Pfandraum mit Windfang angebaut. Im östlichen Gebäudeteil befinden sich ein Textilmarkt und ein Getränkemarkt. Vor dem Gebäude sind Kfz.-Stellplätze angelegt. Die übrigen bebauten Flächen zu beiden Seiten der Robert-Bosch-Straße werden gewerblich genutzt, u.a. gibt es gegenüber dem Baugrundstück einen weiteren Lebensmittel-Discounter (Robert-Bosch-Straße ...) und weiter nördlich - im Gebiet des Bebauungsplans "Autobahnkreuz - 1. Änderung" - einen 1995 genehmigten Fachmarkt für Werkzeuge/Baustoffe (Robert-Bosch-Straße …, "S... Fachmarkt & Baumarkt Empfingen"). Das Baugrundstück liegt im Gebiet des Bebauungsplans "Autobahn-Südost" vom 06.07.2006, der für Flächen westlich der Autobahn A 81 außerhalb der geschlossenen Ortslage der Beigeladenen drei Gewerbegebiete und ein Sondergebiet "Gewerbe-, Handels- und Dienstleistungszentrum" festsetzt. Das Baugrundstück liegt im Sondergebiet.
Der Gemeinderat der Beigeladenen beschloss den Bebauungsplan bereits am 18.04.2000 als Satzung. Der Beschluss wurde jedoch nicht öffentlich bekannt gemacht. Nach einer durch einen Bauantrag der Klägerin (s.u.) ausgelösten Dienstbesprechung im Regierungspräsidium Karlsruhe am 01.06.2006 passte die Beigeladene die Festsetzungen des Bebauungsplans an Ergebnisse der Dienstbesprechung an und gab Trägern öffentlicher Belange nochmals Gelegenheit zur Äußerung. In seiner Sitzung am 06.07.2006 befasste sich der Gemeinderat erneut mit dem Bebauungsplan. Die Sitzungsvorlage 50/2006 stellte das Ergebnis der Behördenbeteiligung und insoweit unterbreitete Änderungsvorschläge dar, formulierte Beschlussvorschläge und enthielt Entwürfe der textlichen Festsetzungen, der Planbegründung und einer neuen Satzung jeweils mit Datum vom 06.07.2006. Der Entwurf der textlichen Festsetzungen in der Sitzungsvorlage 50/2006 sah für Einzelhandelsbetriebe im Sondergebiet folgende Regelungen vor:
"1. Art der baulichen Nutzung
...
1.4.3 Weitere Festsetzungen für Einzelhandelsbetriebe:
1. Die Verkaufsfläche aller Einzelhandelsbetriebe im Sondergebiet wird auf insgesamt max. 2500 m2 Verkaufsfläche beschränkt.
2. Die max. zulässige Verkaufsfläche pro Einzelhandelsbetrieb beträgt 800 m2. Die Geschossfläche pro Einzelhandelsbetrieb darf 1200 m2 nicht überschreiten.
3. Bei den Einzelhandelsbetrieben sind zentrenrelevante Randsortimente auf maximal 12% der Gesamtverkaufsfläche des jeweiligen Betriebs zulässig.
2. Art und Maß der baulichen Nutzung
...
Im gesamten Geltungsbereich sind folgende zentrenrelevanten Sortimente nicht zugelassen:
10 
a) Blumen
b) Briefmarken
c) Devotionalien
d) Drogeriewaren
e) Lebensmittelhandwerk
f) Schmuck
g) Optische Erzeugnisse
h) Pharmazeutika
i) Bastelartikel
j) Fotogeräte und Fotowaren
k) Kosmetika
I) Papier- und Schreibwaren
m) Schulbedarf
n) Uhren
11 
Ausnahmsweise können im Einvernehmen mit der Gemeinde Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevantem Sortiment aus folgenden Branchen zugelassen werden:
12 
1. Pharmazeutika, Kosmetika
2. Fotogeräte und Fotowaren
3. Papier- und Schreibwaren, Bastelartikel
4. Blumen
13 
Je Branchengruppe sind max. 1200 m2 Geschossfläche zulässig. Die Ziffern 1. - 4. sind jeweils als eine Branchengruppe zu verstehen. Die Verkaufsfläche für alle 4 Branchengruppen zusammen darf max. 1300 m2 betragen."
14 
Der Gemeinderat fasste in der Sitzung am 06.07.2006 folgende Beschlüsse:
15 
"Die Satzung über den Bebauungsplan Autobahnkreuz - Südost, In der Fassung vom 18.04.2000, wird aufgehoben.
16 
Den in der Anlage 50/2006 unterbreiteten Änderungsvorschlägen der Träger öffentlicher Belange wird nach Abwägung zugestimmt. Die Anregungen wurden von der Verwaltung bereits in die Sitzungsunterlagen mit eingearbeitet.
17 
Der Bebauungsplan Autobahnkreuz - Südost in der Fassung vom 06.07.2006 wird nach § 10 BauGB als Satzung beschlossen."
18 
Der Bürgermeister fertigte am selben Tag die neue Satzung sowie gesondert die textlichen Festsetzungen und den Lageplan als Bestandteile der Satzung aus. Die gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen weichen vom Entwurf in der Sitzungsvorlage 50/2006 ab. Die dort im Abschnitt "2. Art und Maß der baulichen Nutzung" vorgesehenen Festsetzungen finden sich nun im Abschnitt "1. Art der baulichen Nutzung" in Nr. 1.4.3. unter einer neuen Nr. 4 mit einem teilweise anderen Wortlaut:
19 
"1. Art der baulichen Nutzung
20 

1.4.3 Weitere Festsetzungen für Einzelhandelsbetriebe:
21 
1. Die Verkaufsfläche aller Einzelhandelsbetriebe im Sondergebiet wird auf insgesamt max. 2500 m2 Verkaufsfläche beschränkt.
22 
2. Die max. zulässige Verkaufsfläche pro Einzelhandelsbetrieb beträgt 800 m2. Die Geschossfläche pro Einzelhandelsbetrieb darf 1200 m2 nicht überschreiten.
23 
3. Bei den Einzelhandelsbetrieben sind zentrenrelevante Randsortimente (siehe 1.4.3 Nr. 4) auf maximal 12% der Gesamtverkaufsfläche des jeweiligen Betriebs zulässig.
24 
4. Folgende zentrenrelevanten Sortimente sind nicht zugelassen:
25 
a) Blumen
b) Briefmarken
c) Devotionalien
d) Drogeriewaren
e) Lebensmittelhandwerk
f) Schmuck
g) Optische Erzeugnisse
h) Pharmazeutika
i) Bastelartikel
j) Fotogeräte und Fotowaren
k) Kosmetika
I) Papier- und Schreibwaren
m) Schulbedarf
n) Uhren
26 
Ausnahmsweise können im Einvernehmen mit der Gemeinde Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevantem Sortiment aus folgenden Branchen zugelassen werden:
27 
1. Pharmazeutika, Kosmetika
2. Fotogeräte und Fotowaren
3. Papier- und Schreibwaren, Bastelartikel
4. Blumen
28 
Je Branchengruppe sind max. 800 m2 Verkaufsfläche zulässig. Die Ziffern 1. - 4. sind jeweils als eine Branchengruppe zu verstehen. Die Verkaufsfläche für alle 4 Branchengruppen zusammen darf max. 1300 m2 betragen."
29 
In der Planbegründung wird zum Sondergebiet u.a. ausgeführt, zentrenrelevante Branchen dürften im Sondergebiet nicht angesiedelt werden, um negative städtebauliche Konsequenzen innerorts auszuschließen. Die Gemeinde halte auch die Branchen, für die Ausnahmen möglich seien, grundsätzlich für zentrenrelevant. Da die Beigeladene im Regionalplan als Kleinzentrum ausgewiesen sei, sei die Ansiedlung eines großflächigen Lebensmittel-Einzelhandelsbetriebs generell nicht möglich. Um negative städtebauliche Konsequenzen auszuschließen, sei es erforderlich, zur Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, zur Erreichung der für die innerörtliche Entwicklung gesetzten Sanierungsziele und zur Erhaltung und Stärkung der innerörtlichen Handelsfunktion zu überlegen, welche Branchen und Sortimente zentrenrelevant und daher im Sondergebiet nicht zuzulassen seien. Der Gemeinderat habe die zulässigen Sortimente am 16.09.1997 festgelegt und aufgrund einer anschließenden Standortanalyse noch einmal am 17.02.1998 dahin geändert, dass auch die Ansiedlung eines leistungsfähigen Vollsortimenter-Lebensmittelmarktes zugelassen werden solle. Die Analyse habe aufgezeigt, dass die Ansiedlung eines solchen Betriebs positive Auswirkungen auf die Beigeladene haben werde. Bei einer Beschränkung der Verkaufsflächen für Einzelhandelsbetriebe auf insgesamt 2.500 m2 Verkaufsfläche seien keine negativen Auswirkungen auf die Raumordnung und Landesplanung zu erwarten. Derartige negative Auswirkungen könnten aufgrund der besonderen Situation der Beigeladenen auch in Bezug auf Verkaufsstätten für Schuhe und Bekleidungswaren ausgeschlossen werden, wenn deren Geschossflächen jeweils auf 1.200 m2 beschränkt werde. Die Zulassung je eines Einzelhandelsbetriebs mit diesen Sortimenten werde sich innerörtlich nicht negativ auswirken.
30 
Die Beschlüsse vom 06.07.2006 über die Aufhebung der Satzung vom 18.04.2000 und den Bebauungsplan "Autobahnkreuz - Südost" wurden am 14.07.2006 ortsüblich bekannt gemacht.
31 
Bereits mit Bauantrag vom 30.01.2006 hatte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Gebäudes für einen Selbstbedienungs-Lebensmittelmarkt in der Betriebsform Discounter mit Backshop/Pfandraum und für einen Textil-Fachmarkt sowie zur Errichtung von Kfz.-Stellplätzen auf dem Baugrundstück begehrt. Danach gehören zum Lebensmittelmarkt u.a. ein Verkaufsraum mit Kassenzone, Ein-/Ausgang, Toiletten, Räume für Personal, Akten, Heizung, Hausanschluss, ein Lager und ein Non-Food-Lager. Zu dem unter dem Dach des Ein-/Ausgangs des Lebensmittelmarktes in das Gebäude integrierten Backshop mit eigenem Eingang gehören ein Verkaufsraum, ein WC und ein Umkleideraum. Die Beklagte errechnete für den Lebensmittelmarkt mit Backshop und Pfandraum 873,46 m2 Verkaufsfläche sowie 1.276 m2 Geschossfläche und bewertete das Vorhaben als bauplanungsrechtlich unzulässigen großflächigen Einzelhandelsbetrieb. Anschließend kam es am 01.06.2006 zur Dienstbesprechung beim Regierungspräsidium Karlsruhe (s.o.), an der auch eine Vertreterin der Klägerin teilnahm. In einem Aktenvermerk über diese Besprechung ist über das Ergebnis dieser Besprechung festgehalten:
32 
"Planungsrechtliche Situation: § 34 BauGB; Nutzungsart in der näheren Umgebung: GE. 33er-Stand nicht mehr gegeben. Zulässig sind auf der Grundlage des § 34 BauGB Einzelhandelsbetriebe, sofern diese nicht sondergebietspflichtig sind. Damit muss jeder Betrieb für sich eigenständig betrieben werden können (eigene Ver- und Entsorgung, Sozialräume), darf max. eine Verkaufsfläche von 800 qm und eine Geschossfläche von 1.200 qm haben. Bei dem Lebensmittelmarkt darf angesichts der vorgesehenen Ausführung max. 1% für Putz von der Nutzfläche abgezogen werden. Die Fläche für den Pfandraum wird auf die GF aber nicht auf die Verkaufsfläche angerechnet. Der Backshop ist ein eigenständiger Betrieb und wird nicht auf die Verkaufsfläche für den Lebensmittelmarkt angerechnet. Das Sortiment für den Fachmarkt ist noch zu bestimmen (ggfs. unter Nennung mehrerer Sortimente)."
33 
Am 22.06.2006 reichte die Klägerin neue Bauvorlagen (Tekturplanung) vom 07.06.2006 ein, die den Pfandraum nicht mehr vorsahen. Eine beigefügte Berechnung der Nutzflächen vom 07.06.2006 gibt u.a. folgende Maße an: Lebensmittelmarkt: Verkaufsraum/Kassenzone 780,70 m2, Ein-/Ausgang je 9,48 m2; Backshop: Verkaufsraum 39,76 m2. Am 29.06.2006 erteilte die Beklagte die Baugenehmigung für das Vorhaben gemäß der Tekturplanung.
34 
Mit Bauantrag vom 21.08.2007 begehrte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung zum Anbau eines Pfandraums mit einem 14,21 m2 großen Windfang. Am 17.01.2008 erteilte die Beklagte im Einvernehmen mit der Beigeladenen die Baugenehmigung unter Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans "Autobahnkreuz Südost" vom 06.07.2006 wegen Überschreitung der 800 m2-Verkaufsflächen-Grenze um ca. 1 m2 sowie der 1.200 m2 Geschossflächen-Grenze um ca. 73,82 m2.
35 
Mit Bauantrag vom 23.03.2011 begehrte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung zur Änderung des Non-Food-Lagers im Lebensmittelmarkt in Verkaufsraum; baulich sind der Abriss einer Trennwand zum bisherigen Verkaufsraum und die Schließung einer Türöffnung in einer Wand des Non-Food-Lagers vorgesehen. Nach einer beigefügten Berechnung erhöhte sich durch dieses Vorhaben die Nutzfläche für den Verkaufsraum um 177,1 m2. Eine Stellplatz-Berechnung stellt einem Bedarf von 131 Stellplätzen für die Nutzung des gesamten Gebäudes 165 nachgewiesene Stellplätze gegenüber. Die Beigeladene erteilte ihr Einvernehmen zum Bauantrag.
36 
Die Beklagte lehnte den Bauantrag mit Bescheid vom 12.10.2011 ab. Das Vorhaben widerspreche der Festsetzung des Bebauungsplans über die maximale Verkaufsfläche von 800 m2. Eine Befreiung könne nicht erteilt werden, da die Abweichung Grundzüge der Planung berührte. Außerdem widerspreche das Vorhaben den Plansätzen Nr. 3.3.7 des Landesentwicklungsplans 2002 (LEP) sowie Nr. 2.9.2 des Regionalplans 2015 Nordschwarzwald.
37 
Mit ihrem Widerspruch brachte die Klägerin vor, der Bebauungsplan sei jedenfalls im Sondergebiet unwirksam. Die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.1 lasse mehrere Einzelhandelsbetriebe zu, begrenze aber die Summe ihrer Verkaufsflächen auf 2.500 m2. Dafür gebe es keine Rechtsgrundlage. Dies führe zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplanes jedenfalls im Sondergebiet. Das daher nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilende Vorhaben sei danach zulässig, weil es in der näheren Umgebung bereits einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb gebe, und zwar den Lebensmittelmarkt auf dem Baugrundstück, der einschließlich Backshop und Pfandraum über 800 m2 genehmigter Verkaufsfläche und deutlich mehr als 1.200 m2 Geschossfläche habe. Die beantragte Änderung führe nicht zu einer neuen Nutzungsart. Sie wirke sich auch nicht schädlich auf zentrale Versorgungsbereiche aus. Das belege eine von der Klägerin eingeholte "Auswirkungsanalyse" der G... mbH (...) vom Dezember 2011. Das Regierungspräsidium Karlsruhe wies den Widerspruch mit Bescheid vom 06.03.2012 zurück.
38 
Mit ihrer am 21.03.2012 erhobenen Klage hat die Klägerin ferner vorgetragen, auch die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.4 sei unwirksam. Sie verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot, da sie nicht festsetze, welche zentrenrelevanten Sortimente zulässig seien. Jedenfalls fehle auch ihr eine Rechtsgrundlage, da sie ebenfalls eine gebietsbezogene Verkaufsflächengrenze festlege. Eine bloße Teilunwirksamkeit nur der gebietsbezogenen Festsetzungen scheide aus. Denn die Beigeladene hätte nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel nicht auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen. Das folge aus den Erläuterungen zum Einzelhandel in der Planbegründung. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Aufhebung der Behördenentscheidungen zu verpflichten, die Baugenehmigung gemäß dem Bauantrag vom 23.03.2011 zu erteilen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und dargelegt: Sollte der Bebauungsplan - teilweise - unwirksam sein, wäre das Vorhaben auch nach § 34 Abs. 2 und 3 BauGB i.V.m. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO unzulässig, weil es gegen Ziele der Raumordnung über Einzelhandelsgroßprojekte im Landesentwicklungsplan 2002 sowie im Regionalplan 2015 Nordschwarzwald verstoße.
39 
Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10.10.2013 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Das Vorhaben sei nach § 30 Abs. 1 BauGB unzulässig, da es die maximale Verkaufsfläche pro Einzelhandelsbetrieb von 800 m2 nach der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.3.2 des Bebauungsplans deutlich überschreite. Ob schon der genehmigte Bestand diese Grenze überschreite, sei unerheblich. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB scheide aus, da sie die Grundzüge der Planung berührte. Die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.2 sei nach § 11 BauNVO zulässig und wäre selbst dann wirksam, wenn die textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.1 und Nr. 1.4.3.4 unwirksam wären. Denn sie könne zusammen mit den anderen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen des Bebauungsplans objektiv auch ohne die textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.1 und Nr. 1.4.3.4 noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung i.S. des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken. Auch hätte die Beigeladene nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen. Das folge aus der Planbegründung. Danach habe die Beigeladene mit den verschiedenen Flächengrenzen jeweils eigenständige Ziele verfolgt. Diese behielten auch bei Wegfall einzelner Festsetzungen ihren Sinn. Das gelte auch für die 800 m2-Verkaufsflächengrenze je Betrieb. Es sei für die Gemeinde ein zentrales Anliegen gewesen, sich an die Vorgaben der Raumordnung und der Landesplanung zu halten. Dabei habe gerade der Ausschluss großflächiger Einzelhandelsbetriebe entscheidende Bedeutung gehabt, wie eine Stellungnahme des Regionalverbands vom 22.06.2006 belege. Die Einwände der Klägerin zielten allein auf die Begrenzung der Gesamt-Verkaufsfläche. Die Begrenzung der Verkaufsflächen einzelner Betriebe auf 800 m2 sei davon unabhängig. Die Beigeladene habe dieser Grenze eigenständige und ganz zentrale Bedeutung zugemessen. Der Ausfall des Steuerungselements "Begrenzung der Gesamt-Verkaufsfläche" hänge daher nicht unauflöslich mit der betrieblichen Verkaufsflächen-Obergrenze zusammen. Gleiches gälte für die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.4, falls auch diese unwirksam sei. Die Überlegungen zur Sortimentssteuerung seien nicht so beherrschend gewesen, dass die Beigeladene ohne deren Verwirklichung auf die Planung mutmaßlich ganz verzichtet hätte. Die Aufrechterhaltung des Sondergebiets mit der betrieblichen Verkaufsflächen-Obergrenze respektiere den gemeindlichen Planungswillen und führe nicht zu dessen Verfälschung.
40 
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat mit Beschluss vom 16.07.2014 - 5 S 2346/13 - die Berufung zugelassen. Der Beschluss wurde der Klägerin am 31.07.2014 zugestellt. Am 26.08.2014 hat die Klägerin die Berufung begründet. Der Bebauungsplan sei schon mangels ordnungsgemäßer Ausfertigung unwirksam. Der Gemeinderat habe die textliche Festsetzung über Ausnahmen für Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevantem Sortiment aus folgenden Branchen mit dem im Entwurf vom 06.07.2006 gemäß der Anlage 50/2006 enthaltenen Satz beschlossen: "Je Branchengruppe sind max. 1.200 m2 Geschossfläche zulässig". In Nr. 1.4.3.4 Satz 3 der vom Bürgermeister am 06.07.2006 gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen heiße es demgegenüber: "Je Branchengruppe sind max. 800 m2 Verkaufsfläche zulässig". Da beide Fassungen dasselbe Datum trügen, könne über die ausgefertigte Satzung, soweit diese auf einen Textteil vom 06.07.2006 Bezug nehme, auch keine "gedankliche Schnur" zu einem der beiden Sätze hergestellt werden. Ungeachtet dessen sei der Bebauungsplan jedenfalls hinsichtlich des Sondergebiets auch aus materiell-rechtlichen Gründen unwirksam. Die textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.1 und 1.4.3.2 seien nach dem in der Planbegründung zum Ausdruck kommenden raumordnerischen Zweck der Planung miteinander verschränkt. Wäre nur die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.1 unwirksam, entfiele ein zentrales Steuerungsinstrument der Planung. Gleiches gelte für die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.4. Nach § 34 BauGB sei das Vorhaben zulässig. Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung sei § 34 Abs. 2 BauGB nicht anwendbar. Das Baugrundstück und seine nähere Umgebung seien keinem Baugebiet der Baunutzungsverordnung zuzuordnen. Ein faktisches Gewerbegebiet scheide aus, weil der Lebensmittelmarkt der Klägerin ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb i.S. des § 11 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO sei. Seine genehmigte Verkaufsfläche betrage einschließlich des Verkaufsraumes des Backshops und des von Kunden betretbaren Windfangs des Pfandraumes 857,84 m2. Soweit die Beklagte bei Erteilung der Baugenehmigung am 29.06.2006 im Anschluss an die Dienstbesprechung vom 01.06.2006 eine geringere Verkaufsfläche als 800 m2 angenommen habe, weil für Putz 1% abgezogen werden könne und der Windfang des Pfandraums sowie der Verkaufsraum des Backshops nicht anrechenbar seien, liege dem ein Rechtsirrtum zugrunde. Ein Putzabzug werde vom erkennenden Gerichtshof bei einem typischen Lebensmittelmarkt nur im Umfang von 1 - 1,5 cm für drei Seiten des Verkaufsraums gebilligt. Dadurch vermindere sich die Verkaufsfläche um weniger als 1 m2, während ein Abzug von 1% zu einer Verminderung um 7 m2 führe. Der Windfang des Pfandraums müsse als Verkaufsfläche angerechnet werden, weil er Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Lebensmittelmarktes städtebaulich präge. Der Verkaufsraum des Backshops sei nach den Maßstäben im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - anzurechnen, weil der Backshop ein Nebenbetrieb des Lebensmittelmarktes sei. Das Vorhaben sei jedenfalls nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zulässig. Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung in der näheren Umgebung sei auf die typisierten Nutzungsarten der Baunutzungsverordnung abzustellen. Der großflächige Einzelhandel sei in § 11 Abs. 3 BauNVO als besondere typisierte Nutzungsart hervorgehoben. Entscheidend sei daher, ob in der näheren Umgebung bereits ein solcher Betrieb vorhanden sei. Das sei mit dem Lebensmittelmarkt der Fall, da er die Schwelle der Großflächigkeit bereits jetzt deutlich überschreite. § 34 Abs. 3 BauGB stehe dem Vorhaben ebenfalls nicht entgegen. Die Beigeladene habe keinen zentralen Versorgungsbereich i.S. dieser Vorschrift. Zwar genüge insoweit die Sicherstellung einer über den unmittelbaren Nahbereich hinauswirkenden wohnortnahen Grundversorgung. In der Ortsmitte der Beigeladenen gebe es aber keinen Lebensmittelmarkt. Es gebe nur Bäcker und Metzger. Das reiche zur Deckung der wesentlichen Bedürfnisse des täglichen Bedarfs nicht aus. Nach der "Auswirkungsanalyse" der ... vom Dezember 2011 betrage der Mehrumsatz infolge des streitigen Vorhabens 0,9 Mio. Euro, davon 0,7 Mio. Euro im Lebensmittelbereich. Dieser Mehrumsatz gehe zu Lasten von zwei außerhalb der Ortsmitte angesiedelten Wettbewerbern der Klägerin. Auch in Nachbargemeinden seien zentrale Versorgungsbereiche nicht durch schädliche Auswirkungen betroffen. Nach der "Auswirkungsanalyse" liege die Umverteilungsquote unter 2%. Ziele der Raumordnung seien kein Tatbestandsmerkmal in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
41 
Die Klägerin beantragt,
42 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 10. Oktober 2013 - 2 K 682/12 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 12. Oktober 2011 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 6. März 2012 zu verpflichten, der Klägerin eine Baugenehmigung zur Änderung des Non-Food-Lagers des ...-Lebensmittelmarkts im Gebäude Robert-Bosch-Straße ... in Empfingen in Verkaufsraum gemäß dem Bauantrag vom 23. März 2011 zu erteilen, und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
43 
Die Beklagte beantragt,
44 
die Berufung zurückzuweisen.
45 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Es befremde, dass die Klägerin von 857,84 m² Verkaufsfläche nach dem Stand der Baugenehmigung vom 29.06.2006 ausgehe. Dies widerspreche den mit ihrer Vertreterin am 01.06.2006 besprochenen Vorgaben. Nach § 34 BauGB wäre das Vorhaben unzulässig, weil es mehr als 800 m2 Verkaufsfläche habe. Das gelte auch dann, wenn § 34 Abs. 2 BauGB anwendbar wäre. Denn in einem Gewerbegebiet, von dem hier auszugehen sei, seien Einzelhandelsbetriebe mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 m2 unzulässig. Ein faktisches Sondergebiet scheide selbst dann aus, wenn ein solches rechtlich überhaupt möglich wäre. Bei unterstellter Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans sei im Übrigen eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB nicht möglich. Insoweit werde auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Die Beklagte hat ferner mitgeteilt, nach ihren Unterlagen sei nicht feststellbar, dass dem Vorhaben ungeachtet seiner Vereinbarkeit mit dem Bauplanungsrecht andere von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstünden.
46 
Die Beigeladene hat mitgeteilt, sie mache von ihrem Äußerungsrecht keinen Gebrauch. Sie war in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten.
47 
Die Beklagte hat eine Aufstellung über die derzeit vorhandenen Arten baulicher Nutzungen auf den Flächen im Gebiet des Bebauungsplans "Autobahnkreuz Südost" und außerhalb davon westlich der Robert-Bosch-Straße vorgelegt. Die Klägerin hat dazu angemerkt, der Fachmarkt für Werkzeuge/Baustoffe im Gebäude Robert-Bosch-Straße ... sei im Jahr 1995 mit 2.300 m2 Verkaufsfläche angesiedelt und später um 400 m2 Verkaufsfläche erweitert worden; sein Sortiment umfasse Baustoffe, Gartenzubehör und Werkzeuge, aber auch Haushalts-, Spiel- und Papeteriewaren. Insbesondere dieser Fachmarkt widerspreche der Annahme, das Baugrundstück liege in einem faktischen Gewerbegebiet.
48 
In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten auf Fragen des Senats angegeben: Der Vortrag der Klägerin zur Verkaufsfläche des Fachmarkts für Werkzeuge/Baustoffe im Gebäude Robert-Bosch-Straße ... sei zutreffend; brandschutzrechtliche Anforderungen an das Vorhaben habe die Beklagte bislang nicht geprüft, diesen könnte durch Nebenbestimmungen Rechnung getragen werden. Der Senat hat drei Lichtbilder von der Bebauung auf dem Baugrundstück und auf den Flächen in dessen Umgebung beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
49 
Dem Senat liegen die einschlägigen Bauakten der Beklagten, die Widerspruchsakten, die Akten des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplans "Autobahn-Südost" der Beigeladenen sowie die Gerichtsakten vor. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Unterlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
A.
50 
Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, da die Ladung der Beigeladenen einen entsprechenden Hinweis enthielt (§ 102 Abs. 2 VwGO).
51 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung der Klägerin ist auch sonst zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht und formell hinreichend begründet (§ 124 a Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Verpflichtungsklage ist zulässig und begründet. Die Ablehnung der Erteilung der begehrten Baugenehmigung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihrem Recht nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Denn dem genehmigungspflichtigen (§ 49 i.V.m. § 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO) Vorhaben der Klägerin stehen keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen. Das Vorhaben verstößt nicht gegen Vorschriften des Bauplanungsrechts (I.) und Anhaltspunkte dafür, dass ihm bauordnungsrechtliche oder sonstige von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen, sind nicht ersichtlich (II.).
I.
52 
Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das Vorhaben, das eine i.S. des § 29 Abs. 1 BauGB bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung einer baulichen Anlage zum Inhalt hat (1.), nach § 34 BauGB, nicht jedoch - wie die Beklagte und das Verwaltungsgericht meinen - nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. den Festsetzungen des Bebauungsplans "Autobahnkreuz-Südost" vom 06.07.2006 (2.). Nach § 34 BauGB ist das Vorhaben zulässig (3.).
53 
1. Die Änderung des Non-Food-Lagers in zusätzlichen Verkaufsraum ist ein Vorhaben i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB mit der von dieser Vorschrift vorausgesetzten (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.2001 - 6 C 18.00 - BVerwGE 114, 206, juris Rn. 18 m.w.N.) bodenrechtlichen Relevanz (vgl. § 1 Abs. 6 BauGB). Gegenstand dieser Prüfung ist grundsätzlich das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt; das vom Bauherrn angestrebte Ergebnis der Baumaßnahme muss den zu prüfenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften entsprechen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.11.2005 - 4 B 72.05 - NVwZ 2006, 340, juris Rn. 5 m.w.N.). Anderes gilt allenfalls, wenn der geänderte Anlagenteil ein selbständiges Vorhaben sein könnte (BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 - NVwZ 1994, 294, juris Rn. 16), was hier aber offenkundig ausscheidet.
54 
a) Der Abriss der Trennwand zwischen dem bisherigen Verkaufsraum und dem Non-Food-Lager und die Schließung der Türöffnung in einer Wand des Non-Food-Lagers sind zwar Änderungen einer baulichen Anlage i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB. Sie sind in Bezug auf das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt aber ohne bodenrechtliche Relevanz. Das Maß der baulichen Nutzung bleibt unverändert. Die für städtebauliche Auswirkungen (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 BauNVO, § 34 Abs. 3 BauGB) nach § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO erhebliche Größe der Geschossfläche bleibt von diesen baulichen Änderungen unberührt. Für die überbaute Grundstücksfläche und die Bauweise gilt nichts Anderes. Da sich die Änderungen auf das Gebäudeinnere beschränken, sind Auswirkungen auf das Ortsbild ausgeschlossen.
55 
b) Die Umnutzung des Non-Food-Lagers in Verkaufsraum ist aber eine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung, auch wenn sich der Nutzungstyp nicht ändert, weil bereits der bestehende Lebensmittelmarkt mit mehr als 800 m2 genehmigter Verkaufsfläche (vgl. zu diesem "Schwellenwert" BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - BVerwGE 124, 364, juris Rn. 23) ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb i. S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO ist (siehe dazu unten 3.)
56 
Eine Nutzungsänderung i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB liegt vor, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166, juris Rn. 12 m.w.N.). Das ist der Fall, wenn für die neue Nutzung weitergehende Vorschriften gelten als für die alte, aber auch dann, wenn sich die Zulässigkeit der neuen Nutzung nach derselben Vorschrift bestimmt, danach aber anders zu beurteilen ist als die frühere Nutzung. In diesem Sinne bodenrechtlich relevant ist eine Änderung der Nutzungsweise etwa dann, wenn sie für die Nachbarschaft erhöhte Belastungen mit sich bringt (BVerwG, Urteil 14.01.1993 - 4 C 19.90 - 1993, 1184, juris Rn. 27 m.w.N.). Die Variationsbreite einer genehmigten Nutzung wird auch überschritten, wenn das bisher charakteristische Nutzungsspektrum durch die Änderung erweitert wird (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166, juris Rn. 12 m.w.N.). Entscheidend ist der Vergleich von Art und Umfang der bisher genehmigten Nutzung mit der geplanten Nutzung (BVerwG, Urteil vom 18.04.1996 - 4 C 17.94 -, juris Rn. 18).
57 
Gemessen daran liegt eine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung vor. Die Vergrößerung der Verkaufsfläche eines Einzelhandelsbetriebs um ca. 177 m2 verlässt die der bislang genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite selbst dann, wenn sich der konkrete Nutzungstyp nicht ändert, jedenfalls in ihrem Umfang. Das gilt auch für einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb. Auch bei diesem ist die nicht nur geringfügige Erweiterung der Verkaufsfläche um ca. 177 m2 nicht als "mitgenehmigt" anzusehen. Die Verkaufsfläche ist ein charakteristisches städtebauliches Merkmal für die Attraktivität dieses Nutzungstyps. Denn diese wird - soweit es um das Merkmal der Fläche geht - nicht von der Größe der baulichen Anlage - die sich in der Geschossfläche widerspiegelt - sondern eher von derjenigen Fläche beeinflusst, auf der Waren präsentiert und gekauft werden können (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005, a.a.O. Rn. 14 m.w.N.). Die Erweiterung der Verkaufsfläche in einem solchen Umfang kann auch bodenrechtliche Belange nach § 1 Abs. 6 BauGB neu berühren, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt. Denn die Größe der Verkaufsfläche trägt zur Kapazität, Wettbewerbskraft und Attraktivität eines Handelsbetriebes bei und kann sich von daher auf eine geordnete städtebauliche Entwicklung, insbesondere auf die Struktur des Handels und die Versorgung im betreffenden Gebiet auswirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.1990 - 4 C 36.87 - NVwZ 1990, 1071, juris Rn. 26; Beschluss vom 29.11.2005 - 4 B 72.05 - NVwZ 2006, 340, juris Rn. 5; Senatsurteil vom 12.08.2005 - 5 S 2363/04 - VBlBW 2006, 106, juris Rn. 17). Ferner kann sie Belange des Umweltschutzes neu berühren, insbesondere infolge nachteiliger umweltbezogener Auswirkungen auf den Menschen in der Umgebung des Betriebs durch Erhöhung der Kundenzahl und - damit - des betriebsbezogenen Kfz-Verkehrs (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 7 c) BauGB).
58 
2. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit dieses Vorhabens beurteilt sich nur nach § 34 BauGB, nicht jedoch nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. den Festsetzungen des Bebauungsplans "Autobahnkreuz-Südost" vom 06.07.2006. Denn dieser Bebauungsplan ist wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam, zumindest auf den Flächen, für die er ein Sondergebiet festsetzt, worauf es für das streitige Vorhaben allein ankommt. Der Bebauungsplan ist bereits nicht ordnungsgemäß ausgefertigt (a)). Unabhängig davon sind seine Festsetzungen über gebiets- und branchenbezogene Verkaufsflächen-Obergrenzen (Nr. 1.4.3.1 und 1.4.3.4 Satz 3 bis 5 der gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen) mangels Rechtsgrundlage unwirksam, was die Unwirksamkeit des Bebauungsplans zumindest auf den Flächen zur Folge hat, für die er ein Sondergebiet festsetzt (b)).
59 
a) Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 23 Abs. 1 LV) gebietet, dass eine Rechtsnorm vom zuständigen Organ des Normgebers ordnungsgemäß ausgefertigt wird. Mit der Ausfertigung wird bestätigt, dass die zu verkündende Fassung der Rechtsnorm mit der vom Normgeber beschlossenen Fassung der Norm übereinstimmt (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.09.2014 - 4 B 29.14 - juris m.w.N.). Bei einem Bebauungsplan hat daher das für die Ausfertigung der Satzung zuständige Organ der Gemeinde - hier der Bürgermeister der Beigeladenen - zu bestätigen, dass der Inhalt des Bebauungsplans mit dem Willen des gemeindlichen Beschlussorgans (Gemeinderat) übereinstimmt (st. Rspr. vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2006 - 8 S 1989/05 -, juris Rn. 33 m.w.N.). Nicht erforderlich ist es, sämtliche Bestandteile eines Bebauungsplans auszufertigen. Ausreichend ist, dass die Satzung ordnungsgemäß ausgefertigt ist und dass diese Satzung auf sonstige Bestandteile in einer Weise Bezug nimmt, die Zweifel an der Identität des Norminhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen ausschließen ("gedankliche Schnur", vgl. Senatsurteil vom 02.11.2005 - 5 S 2662/04 - juris Rn. 58 m.w.N.). Fehlt die Ausfertigung oder bestätigt sie eine andere Fassung der Rechtsnorm als vom Normgeber beschlossen, ist die Rechtsnorm unwirksam, weil die ordnungsgemäße Ausfertigung einer Rechtsnorm Voraussetzung für deren ordnungsgemäße öffentliche Bekanntmachung ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.10.2013 - 1 S 347/13 - ESVGH 64, 124 , juris Rn. m.w.N.).
60 
Gemessen daran ist die Ausfertigung der Satzung durch den Bürgermeister der Beigeladenen unwirksam, weil sie eine andere Fassung der Festsetzungen des Bebauungsplans für das Sondergebiet bestätigt als vom Gemeinderat beschlossen. Die am 06.07.2006 ausgefertigte Satzung bezeichnet in ihrem § 2 Nr. 1 zweiter Spiegelstrich als Bestandteil des Bebauungsplans einen "Textteil in der Fassung vom 06.07.2006". Einen Bestandteil mit genau diesem Titel gibt es zwar nicht. Gemeint sind aber offenkundig die vom Gemeinderat in seiner Sitzung am 06.07.2006 beschlossenen textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan. Der Gemeinderat hat diese Festsetzungen mit dem Inhalt beschlossen, wie er sich aus der Sitzungsvorlage 50/2006 ergibt. Zwar hatte die Verwaltung dem Gemeinderat in dieser Sitzungsvorlage noch Änderungen unterbreitet. Auch hatte der Gemeinderat diesen Änderungsvorschlägen nach Abwägung zugestimmt. Im Anschluss daran hat er die textlichen Festsetzungen aber gleichwohl so beschlossen, wie sie im Entwurf der Sitzungsvorlage 50/2006 enthalten waren. Denn er nahm, wie sich aus seinem Zustimmungsbeschluss ergibt, an, diese Änderungen seien - in vollem Umfang - "von der Verwaltung bereits in die Sitzungsunterlagen mit eingearbeitet". Bei der gebotenen Auslegung nach dem Empfängerhorizont (§ 133 BGB entspr.) kann sein nachfolgender Satzungsbeschluss daher nur so verstanden werden, dass er als "Textteil in der Fassung vom 06.07.2006" gemäß § 2 dieser Satzung die textlichen Festsetzungen mit dem Inhalt des in der Sitzungsvorlage 50/2006 enthaltenen Textentwurfs beschlossen hat.
61 
Die vom Bürgermeister gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen weichen vom Inhalt des Entwurfs der textlichen Festsetzungen in der Sitzungsvorlage 50/2006 ab. Zwar handelt es sich dabei zu einem großen Teil nur um redaktionelle Abweichungen. Ob diese einen beachtlichen Ausfertigungsmangel begründen, kann dahinstehen. Denn jedenfalls weicht die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.4 Satz 3 auch ihrem Inhalt nach von der vom Gemeinderat beschlossenen entsprechenden textlichen Festsetzung Nr. 2 Satz 4 im Entwurf der textlichen Festsetzungen nach der Sitzungsvorlage 50/2006 ab. Denn während es in der Sitzungsvorlage insoweit heißt "max 1.200 m2 Geschossfläche", heißt es in der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.3.4 Satz 3 "max 800 m2 Verkaufsfläche". Eine Übereinstimmung des § 2 der Satzung vom 06.07.2006 mit den beschlossenen textlichen Festsetzungen in der Sitzungsvorlage 50/2006 lässt sich auch nicht über eine "gedankliche Schnur" zum Entwurf der textlichen Festsetzungen in dieser Vorlage herstellen. Denn diese datiert ebenfalls vom 06.07.2006 und damit vom selben Tag wie die vom Bürgermeister gesondert ausgefertigten, inhaltlich aber abweichenden textlichen Festsetzungen. Zweifel an der Identität des Norminhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen lassen sich damit nicht ausschließen. Aus demselben Grund wäre die Ordnungsmäßigkeit der Ausfertigung schließlich auch nicht durch eine vom Bürgermeister ausgefertigte Niederschrift der Sitzung des Gemeinderats vom 06.07.2006 mit dem darin enthaltenen Satzungsbeschluss (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.01.1995 - 8 S 1806/94 - ESVGH 45, 316, juris Rn. 13. ff.) nachweisbar.
62 
b) Die gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen über eine auf das Sondergebiet bezogene Obergrenze für die Verkaufsflächen aller Einzelhandelsbetriebe mit nicht-zentrenrelevanten Sortimenten (Nr. 1.4.3.1) und über eine Obergrenze für die Verkaufsflächen aller in diesem Gebiet ausnahmsweise zulässigen Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Sortimenten bestimmter Branchen (Nr. 1.4.3.4 Satz 3 bis 5) sind rechtswidrig, weil sie nicht durch eine gesetzliche Ermächtigung, insbesondere nicht durch § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO, gedeckt sind (aa)). Ihre Unwirksamkeit führt zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans jedenfalls auf den Flächen, für die er ein Sondergebiet festsetzt (bb)).
63 
aa) Eine Kontingentierung von Verkaufsflächen, die auf ein Sondergebiet insgesamt bezogen ist, öffnet das Tor für sogenannte "Windhundrennen“ potentieller Investoren und Bauantragsteller und schließt die Möglichkeit ein, dass Grundeigentümer im Fall der Erschöpfung des Kontingents von der kontingentierten Nutzung ausgeschlossen sind. Die Festsetzung solcher gebietsbezogener Verkaufsflächenbeschränkungen zur Steuerung des Einzelhandels in einem Sondergebiet ist weder als Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung zulässig, weil sie nicht mit Hilfe eines der von § 16 Abs. 2 BauNVO zugelassenen Parameter (Grundfläche, Geschossfläche) vorgenommen worden ist, noch ist sie eine nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO in sonstigen Sondergebieten zulässige Festsetzung der Art der baulichen Nutzung (BVerwG, Urteile vom 03.04.2008 - 4 CN 3.07 - BVerwGE 131, 86, juris Rn. 14 ff., und vom 24.03.2010 - 4 CN 3.09 - NVwZ 2010, 782, juris Rn. 23; Beschluss vom 06.08.2013 - 4 BN 24.13 - BauR 2013, 1812, juris Rn. 14). Anderes gilt ausnahmsweise, wenn in dem in Rede stehenden Sondergebiet nur ein einziger Handelsbetrieb zulässig ist. Dann ist die gebietsbezogene mit der vorhabenbezogenen Verkaufsflächenbeschränkung identisch und als Festsetzung der Art der baulichen Nutzung nach § 11 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BauNVO zulässig, soweit diese durch städtebauliche Gründe gerechtfertigt wird (BVerwG, Beschluss vom 09.02.2011 - 4 BN 43.10 - BauR 2011, 1118, juris Rn. 7). Es genügt aber nicht, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses davon ausgehen kann, dass im Sondergebiet tatsächlich nur ein einziger Handelsbetrieb verwirklicht werden wird. Gebiets- und vorhabenbezogene Verkaufsflächenbegrenzung sind nur dann identisch, wenn die Festsetzungen des Bebauungsplans nur die Errichtung eines einzigen Einzelhandelsbetriebs zulassen. Unerheblich ist zudem, ob das Grundeigentum im Plangebiet zum Zeitpunkt des Beschlusses über den Bebauungsplan in einer Hand liegt (BVerwG, Urteil vom 24.03.2010, a.a.O. Rn. 24 m.w.N.).
64 
Die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.1 ist eine vorhabenunabhängige, gebietsbezogene Verkaufsflächenbeschränkung. Für die in der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.3.4 Satz 3 bis 5 festgelegten Obergrenzen für die Verkaufsflächen aller im Sondergebiet ausnahmsweise zulässigen Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Sortimenten bestimmter Branchen gilt nichts Anderes. Auch diese Obergrenzen öffnen das Tor für - auf die Ausnahmen bezogene - "Windhundrennen“ potentieller Investoren und Bauantragsteller und schließen die Möglichkeit ein, dass Grundeigentümer im Fall der Erschöpfung des Ausnahmen-Kontingents für bestimmte Branchen von der kontingentierten Nutzung ausgeschlossen sind. Im Sondergebiet ist auch nicht nur ein einziger Handelsbetrieb zulässig. Nach der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.1 sind dort neben Einzelhandelsbetrieben (c)) auch Gewerbebetriebe des Dienstleistungssektors (a)), Handwerksbetriebe mit den ihnen dienenden Ausstellungs- und Verkaufsräumen mit Ausnahme des Lebensmittelhandwerks (b)) sowie Schank- und Speisewirtschaften (d)) allgemein zulässig. Die durch Baugrenzen festgelegte überbaubare Fläche schließt die Ansiedlung mehrerer Betriebe auch nicht aus. In der Planbegründung wird zudem ausdrücklich betont, dass im Sondergebiet neben einem Lebensmittelmarkt "auch ein Gastronomiebetrieb sowie verschiedene Gewerbe-, Handels- und Dienstleistungsbetriebe" angesiedelt werden und dass der "Schwerpunkt auf Handwerksbetrieben mit Verkaufsmöglichkeiten liegen" werde.
65 
bb) Die Unwirksamkeit der textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.1 und Nr. 1.4.3.4 Satz 3 bis 5 führt selbst dann, wenn die sonstigen Festsetzungen für das Sondergebiet, insbesondere die Beschränkungen von Verkaufs- und Geschossfläche je Einzelhandelsbetrieb nach textlicher Festsetzung Nr. 1.4.3.2, für sich gesehen rechtmäßig sein sollten, zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans jedenfalls auf den Flächen, für die er ein Sondergebiet festsetzt.
66 
Die Unwirksamkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung hat grundsätzlich deren Gesamtunwirksamkeit zur Folge. Die Teilunwirksamkeit ist eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme (BVerwG, Beschluss vom 24.04.2013 - 4 BN 22.13 - BRS 81 Nr. 77, juris Rn. 3 m.w.N.). Diese Ausnahme setzt voraus, dass die Restbestimmung auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleibt (Grundsatz der Teilbarkeit) u n d mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers; BVerwG, Urteil vom 11.09.2014 - 4 CN 3.14 - NVwZ 2015, 301, juris Rn. 26 m.w.N., st. Rspr.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Zwar mag es sein, dass die Festsetzungen für das Sondergebiet ohne die gebietsbezogenen Verkaufsflächenbeschränkungen noch die Funktion erfüllen können, eine geordnete städtebauliche Entwicklung des Planbereichs zu gewährleisten (Teilbarkeit). Das kann indes offen bleiben. Jedenfalls kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, der Gemeinderat der Beigeladenen hätte nicht-großflächige Einzelhandelsbetriebe ohne zentrenrelevante Hauptsortimente allgemein (textliche Festsetzungen Nr. 1.4.1 c) i.V.m. Nr. 1.4.3.2 und 1.4.3.4 Satz 1) und nicht-großflächige Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten aus bestimmten Branchen ausnahmsweise (textliche Festsetzungen Nr. 1.4.3.4 Satz 2) auch ohne zusätzliche Einschränkungen für zulässig erklärt, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass gebietsbezogene Beschränkungen der Gesamt-Verkaufsfläche dieser Betriebe im Sondergebiet unzulässig sind. Denn diese Beschränkungen sind nach der Planbegründung ein wesentliches Element, um den Bebauungsplan im Einklang mit den Anregungen des Regionalverbands in dessen Stellungnahme vom 22.06.2006 an einschlägige Ziele der Raumordnung anzupassen (§ 1 Abs. 4 BauGB). Zwar dienen auch die weiteren textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.2 bis 1.4.3.4 Satz 1 diesem raumordnerischen Zweck. Sie sind aber mit den Beschränkungen der Gesamt-Verkaufsfläche im Sinne eines sortimentsbezogenen planerischen Gesamtkonzepts zur Steuerung des Einzelhandels im Sondergebiet verknüpft. In der Planbegründung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, es sei zur Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, zur Erreichung der für die innerörtliche Entwicklung gesetzten Sanierungsziele und zur Erhaltung und Stärkung der innerörtlichen Handelsfunktion erforderlich, Überlegungen anzustellen, welche Branchen und Sortimente für die Beigeladene zentrenrelevant seien und daher im Sondergebiet nicht zugelassen werden sollten. Auch im Übrigen befasst sich die Planbegründung eingehend mit der Abgrenzung der zentrenrelevanten von den nicht-zentrenrelevanten Sortimenten. Aus ihr geht auch hervor, dass sich der Gemeinderat mindestens zweimal mit der Festlegung der zulässigen Sortimente im Sondergebiet befasst und sich dabei auch einer Standortanalyse bedient hat. Mit diesen Überlegungen zum Schutz der innerörtlichen Zentralität sind die Beschränkungen der Gesamt-Verkaufsfläche nach dem Plankonzept untrennbar verknüpft. Damit steht und fällt auch die Festsetzung des Sondergebiets insgesamt. Das führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans jedenfalls auf den Flächen dieses Baugebiets. Denn der Bebauungsplan kann ohne Festsetzung eine Baugebiets auf diesen Flächen für sich betrachtet keine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB mehr bewirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.09.2014, a.a.O. Rn. 27 m.w.N.).
67 
3. Nach § 34 BauGB ist das Vorhaben zulässig. Hinsichtlich der bei der Nutzungsänderung allein in Rede stehenden Art der baulichen Nutzung beurteilt es sich nicht nach § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB, sondern nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (a)). Insoweit fügt sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung ein (b)). Auch gehen von ihm keine schädlichen Auswirkungen i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB aus (c)).
68 
a) Die Voraussetzungen nach § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind nicht erfüllt. Die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks entspricht keinem der Baugebiete, die in der Baunutzungsverordnung bezeichnet sind.
69 
aa) "Nähere Umgebung" ist die Umgebung, auf die sich die Ausführung eines Vorhabens auswirken kann und die ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.05.2014 - 4 B 38.13 - NVwZ 2014, 1246, juris Rn. 7 m.w.N.). Maßgebend ist dabei nicht nur die Bebauung außerhalb des Baugrundstücks; auch ein auf dem Baugrundstück selbst bereits vorhandenes Gebäude gehört zur vorhandenen Bebauung, die den Maßstab für die weitere Bebauung bildet (BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 - NVwZ 1994, 294, juris Rn.18). Zur Abgrenzung der näheren Umgebung kann sinngemäß die Rechtsprechung zur Abgrenzung des Innenbereichs vom Außenbereich übertragen werden. Danach kann sich bei Berücksichtigung topographischer Gegebenheiten ergeben, dass aneinandergrenzende bebaute Grundstücke unterschiedlichen Baugebieten angehören, etwa wenn ein Steilhang im Grenzbereich eine trennende Funktion hat (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1998 - 4 B 79.98 - NVwZ-RR 1999, 105, juris Rn. 8).
70 
Hiernach bildet die Bebauung auf dem Baugrundstück und auf den weiteren Grundstücken zu beiden Seiten der Robert-Bosch-Straße den maßgebenden Rahmen. Dieser wird im Süden durch die Bebauung bis zum abfallenden Gelände der Grünflächen südlich des Baugrundstücks und des schräg gegenüber liegenden Gebäudes Robert-Bosch-Straße … ("K......") begrenzt. Von Norden her wird der bodenrechtliche Charakter des Baugrundstücks durch die Bebauung zumindest bis einschließlich der Gebäude an der Nordseite des Abzweigs der Robert-Bosch-Straße (u.a. "S... Fachmarkt & Baumarkt Empfingen") geprägt oder jedenfalls beeinflusst (vgl. die beigezogenen Lichtbilder). Der Einwand der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, die insoweit im Gebiet des Bebauungsplans "Autobahnkreuz - 1. Änderung" gelegene Bebauung sei nicht rahmenbildend, greift nicht durch. Denn zur näheren Umgebung i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 BauGB kann auch qualifiziert beplantes Gebiet gehören (BVerwG, Urteil vom 31.10.1975 - IV C 16.73 - BauR 1976, 185, juris Rn. 15). Für den räumlichen Umfang der näheren Umgebung ist es unerheblich, wann eine Bebauung entstanden ist, die die Eigenart der näheren Umgebung prägt, und ob diese gleichfalls nach § 34 BauGB zu beurteilen ist (Mitschang/Reidt in Battis/Kratzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage § 34 Rn. 24).
71 
bb) Zur Bestimmung der Eigenart dieser Umgebung i. S. des § 34 Abs. 2 BauGB ist - ebenso wie nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB - auf einer ersten Stufe alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Eine Beschränkung auf das, was von der vorhandenen Bebauung städtebaulich wünschenswert oder auch nur vertretbar ist, ist unzulässig. Sodann muss auf einer zweiten Stufe die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden. Was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint, ist auszusondern. Dazu gehören zum einen bauliche Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Zum anderen können auch Anlagen auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeit-Schwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen, wie insbesondere eine in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung stehende singuläre Anlage (Fremdkörper). Derartige Anlagen dürfen aber nur ausgeklammert werden, wenn sie wegen ihrer Andersartigkeit und Einzigartigkeit den Charakter ihrer Umgebung letztlich nicht beeinflussen können. Ob dies der Fall ist, muss auf einer dritten Stufe unter Würdigung des tatsächlich Vorhandenen ermittelt werden. Ausschlaggebend kann erneut die Größe der andersartigen Anlage sein. Einzelne bauliche Anlagen von stark abweichendem Charakter können nach Ausdehnung, Zahl und anderen Quantitätsmerkmalen ein solches Gewicht enthalten, dass sie trotz ihrer herausstechenden Andersartigkeit in einer abweichend und verhältnismäßig einheitlich strukturierten Umgebung ihrerseits tonangebend wirken. Dafür kommen neben der Größe des Gebäudes auch die Ausstrahlungswirkungen (Immissionen) einer einzelnen baulichen Anlage auf die nähere Umgebung in Betracht (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 15.02.1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322, juris Rn. 12 ff.).
72 
Hiernach wird die Eigenart der näheren Umgebung nach der Art der baulichen Nutzung unter Berücksichtigung der von der Beklagten vorgelegten Aufstellung, der ergänzenden Angaben der Beteiligten sowie der beigezogenen Lichtbilder im Wesentlichen durch folgende bauliche Nutzungen bestimmt: Gewerbliche Produktionsgebäude (Robert-Bosch-Straße ...), Lager-, Fahrzeug-, Geräte-, Ausstellungs- und Verpackungshallen (Robert-Bosch-Straße ...), Speditionsgebäude (Robert-Bosch-Straße ...), gewerbliche Werk- und Montagehallen (Robert-Bosch-Straße ...), Bürogebäude und -container (Robert-Bosch-Straße ...), gewerbliche Fabrik-/Verwaltungsgebäude (Robert-Bosch-Straße ...), Tankstelle (Robert-Bosch-Straße ...), Fachmärkte für Lebensmittel (Robert-Bosch-Straße ... und ...), Kleidung (Robert-Bosch-Straße ... <...>), Getränke (Robert-Bosch-Straße ... <...>) und Werkzeuge/Baustoffe (Robert-Bosch-Straße ..., "S..."), Containerplätze (Robert-Bosch-Straße ..., ...), Pkw-Ausstellungsfläche (Robert-Bosch-Straße ...), gewerbliches Zentraldistributionslager (Anton-Schlecker-Straße ...) und zahlreiche Pkw- und Lkw-Stellplätze.
73 
Anhaltspunkte dafür, dass bestimmte dieser baulichen Anlagen die vorhandene Bebauung nicht prägen oder in ihr gar als Fremdkörper erscheinen, sind nicht erkennbar. Das gilt insbesondere für den Fachmarkt für Werkzeuge/Baustoffe (Robert-Bosch-Straße ..., "S... Fachmarkt & Baumarkt Empfingen") mit 2.700 m2 Verkaufsfläche. Zwar handelt es sich dabei um einen in seiner Größe einzigartigen großflächigen Einzelhandelsbetrieb i. S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO in der näheren Umgebung. Insoweit steht einer Ausklammerung aber schon entgegen, dass auch dieses Gebäude nach seinem äußeren und insoweit unauffälligen (vgl. die beigezogenen Lichtbilder) Erscheinungsbild den Charakter der näheren Umgebung des Baugrundstücks prägt. Ungeachtet dessen ist dieser großflächige Einzelhandelsbetrieb auch sonst kein "Fremdkörper", da er im Rahmen der Umgebungsbebauung nicht der einzige Nutzungstyp dieser Art ist. Denn auch der im westlichen Teil des Gebäudes auf dem Baugrundstück genehmigte Lebensmittelmarkt ist ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb, weil seine anrechenbare Verkaufsfläche den für das Tatbestandsmerkmal der "Großflächigkeit" maßgebenden Schwellenwert von 800 m2 deutlich überschreitet.
74 
(1) Zur Verkaufsfläche eines Selbstbedienungs-Fachmarkts gehören zunächst die Flächen, auf denen üblicherweise die Verkäufe abgewickelt werden einschließlich Kassenzone, Gänge, Schaufenster und Stellflächen für Einrichtungsgegenstände sowie innerhalb der Verkaufsräume befindliche und diese miteinander verbindende Treppen und Aufzüge. Dazu sind aber auch diejenigen Flächen zu zählen, die vom Kunden zwar aus betrieblichen und hygienischen Gründen nicht betreten werden dürfen, in denen aber die Ware für ihn sichtbar ausliegt (Käse-, Fleisch- und Wursttheke etc.) und in dem das Personal die Ware zerkleinert, abwiegt und abpackt. Ferner gehören vom Kunden betretbare Flächen dazu, die in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit eines solchen Einzelhandelsbetriebs prägen, wie ein Windfang oder ein Kassenvorraum einschließlich der Flächen zum Einpacken der Ware und Entsorgen des Verpackungsmaterials. Nicht zur Verkaufsfläche gehören Flächen, auf denen für den Kunden nicht sichtbar die handwerkliche und sonstige Vorbereitung (Portionierung etc.) erfolgt, sowie die (reinen) Lagerflächen (BVerwG, Urteil vom 27.04.1990, a.a.O. Rn. 28; Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - a.a.O.).
75 
Die Verkaufsflächen baulich und funktionell eigenständiger Betriebe können grundsätzlich nicht zusammengerechnet werden. Für die räumliche Abgrenzung eines Einzelhandelsbetriebs ist auf die nach außen erkennbaren baulichen Gegebenheiten abzustellen. Eine Verkaufsstätte kann ein selbstständiger Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO nur sein, wenn sie unabhängig von anderen Einzelhandelsbetrieben genutzt werden kann und deshalb auch als eigenständiges Vorhaben genehmigungsfähig wäre. Hierfür muss die Verkaufsstätte jedenfalls einen eigenen Eingang, eine eigene Anlieferung und eigene Personalräume haben; sie muss unabhängig von anderen Betrieben geöffnet und geschlossen werden können. Ohne Bedeutung ist hingegen, wer rechtlich oder wirtschaftlich jeweils Betreiber ist, ob Selbstbedienung, Bedienung durch Personal oder eine Mischform erfolgt und wie die dem entsprechenden Bereiche innerhalb der Betriebsfläche voneinander abgegrenzt sind. Für die Prüfung einer "Funktionseinheit" unter den Gesichtspunkten eines gemeinsamen Nutzungskonzepts, der Ergänzung der Sortimente, der Nutzung von Synergieeffekten u. ä. ist in diesen Fällen kein Raum (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - BVerwGE 124, 376, juris Rn. 20 f. m.w.N.).
76 
Das gilt aber nicht uneingeschränkt. Ist in einem Gebäude die Betriebsfläche baulich in mehrere selbstständig nutzbare betriebliche Einheiten unterteilt, bilden diese Einheiten gleichwohl einen Einzelhandelsbetrieb i. S. des § 11 Abs. 3 BauNVO, wenn die Gesamtfläche durch einen Einzelhandelsbetrieb als "Hauptbetrieb" geprägt wird und auf den baulich abgetrennten Flächen zu dessen Warenangebot als "Nebenleistung" ein Warenangebot hinzutritt, das in einem inneren Zusammenhang mit der "Hauptleistung" steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt. Dann sind die Verkaufsflächen zur Ermittlung der Schwelle der Großflächigkeit i. S. des § 11 Abs. 3 BauNVO zu addieren. Unter welchen Voraussetzungen eine derartige Unterordnung anzunehmen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Für eine betriebliche Einheit wird im Allgemeinen sprechen, dass die für die "Nebenbetriebe" in Anspruch genommenen Flächen deutlich hinter den Flächen des Hauptbetriebs zurückbleiben. Schließlich kann berücksichtigt werden, dass nach der Verkehrsanschauung aus der Sicht des Verbrauchers ein Randangebot als zum Hauptbetrieb zugehörig angesehen wird. Baulich gesondert nutzbare Betriebsflächen bilden somit dann eine betriebliche Einheit mit einem Hauptbetrieb, wenn auf ihnen lediglich ein diesen ergänzendes Angebot erbracht wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn nach der Verkehrsanschauung die kleinere Fläche ebenso in die Verkaufsfläche des größeren Betriebs einbezogen sein könnte (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 -, a.a.O.).
77 
(2) Ausgehend davon beträgt die Verkaufsfläche des Selbstbedienungs-Lebensmittelmarktes auf dem Baugrundstück nach den Berechnungen der Nutzflächen, die den am 29.06.2006 und am 17.01.2007 von der Beklagten genehmigten Bauanträgen beigefügt waren, mindestens 853,63 m2. Diese setzt sich zusammen aus 780,70 m2 Verkaufsraum/Kassenzone. Hinzu kommen 2 x 9,48 m2 = 18,96 m2 für die Ein- und Ausgänge. Ferner ist der 14,21 m2 große, von Kunden betretbare Windfang im angebauten Pfandraum anzurechnen. Denn diese Fläche ist geeignet, den Verkaufsvorgang bei typisierender Betrachtung zu fördern. Sie prägt damit in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und die Wettbewerbsfähigkeit des Lebensmittelmarktes ebenfalls. Schließlich ist der Verkaufsraum des in das Gebäude integrierten Backshops mit 39,76 m2 anzurechnen. Der Backshop ist zwar eine selbstständig nutzbare betriebliche Einheit. Er hat einen eigenen Eingang, eine eigene Toilette und einen eigenen Personalraum. Gleichwohl ist die Fläche seines Verkaufsraums nach den vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - (a.a.O.) entwickelten Maßstäben auf die Verkaufsfläche des Lebensmittelmarktes anzurechnen. Die Gesamtfläche des westlichen Gebäudeteils auf dem Baugrundstück wird durch den Lebensmittelmarkt als "Hauptbetrieb" geprägt. Auf den baulich abgetrennten, allerdings gemeinsam "überdachten" Flächen des in das Gebäude integrierten Backshops tritt zum Warenangebot des Lebensmittelmarktes als "Nebenleistung" ein Bäckereiangebot hinzu, das in einem inneren Zusammenhang mit der "Hauptleistung" steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt. Auch sind die für sie in Anspruch genommenen Flächen im Vergleich zur Fläche des Hauptbetriebs untergeordnet. Ferner bietet der Backshop ein gleichsam ausgelagertes untergeordnetes Ergänzungsangebot. Die Sortimente sind auf eine identische Zielgruppe hin orientiert und optimal aufeinander abgestimmt, da es sich jeweils um Waren des täglichen Bedarfs handelt. Das Sortiment des Backshops könnte ohne Weiteres in dem Lebensmittelmarkt der Klägerin angeboten werden, wie dies bei Lebensmittelmärkten auch in der Betriebsform Discounter inzwischen regelmäßig der Fall ist. Es entspricht nicht (mehr) den Marktgegebenheiten und der allgemeinen Verkehrsanschauung, dass in einem Lebensmittel-Discountmarkt grundsätzlich nur abgepackte, länger haltbare Backwaren erhältlich sind. Insbesondere ist es inzwischen nicht unüblich, dass auch in Lebensmittel-Discountmärkten neben abgepackten Backwaren auch frische Backwaren angeboten werden. Das Warenangebot des Backshops rundet somit das Sortiment des Lebensmittelmarktes der Klägerin ab. Den im Back-shop angebotenen Waren kommt im Hinblick auf das - sonstige - Sortiment des Lebensmittelmarktes nur eine untergeordnete Bedeutung zu und stellt sich als bloße Nebenleistung dar (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.05.2013 - 10 A 1144/11 - juris Rn. 34; ähnlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.01.2016 - 3 S 1167/15 -). Diese Bewertung widerspricht nicht dem Urteil des 8. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 25.11.2015 - 8 S 210/13 - (ZfBR 2016, 167, juris Rn. 26). Denn der dort entschiedene Fall betraf einen ca. 35 m vom Gebäude des Lebensmittelmarkts entfernten Backshop, war also anders als der in Rede stehende Backshop baulich nicht in das Gebäude des Lebensmittelmarktes integriert.
78 
Der Einwand der Klägerin, die Anrechnung der Verkaufsfläche des Backshops widerspreche den mit der Vertreterin der Klägerin am 01.06.2006 "besprochenen Vorgaben" zum damaligen Bauantrag, zwingt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Aus dem von der Klägerin insoweit in Bezug genommenen Aktenvermerk über die Dienstbesprechung am 01.06.2006 ergibt sich nicht, dass die darin festgehaltenen "Vorgaben", insbesondere über die Nichtanrechnung des Backshops auf die Verkaufsfläche des Lebensmittelmarkts, in irgendeiner Weise rechtlich verbindlich vereinbart worden sind. Der Sache nach gibt der Aktenvermerk lediglich eine Interpretation der Rechtslage wieder, die indes - wie dargelegt - nach den vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - (a.a.O.) entwickelten Maßstäben unzutreffend ist. Schließlich wurden die von der Beklagten erwähnten "Vorgaben" auch nicht in der am 29.06.2006 erteilten Baugenehmigung - als Inhalts- oder Nebenbestimmung - rechtsverbindlich konkretisiert. Ob noch ein "Putzabzug" von 1%, wie von der Beklagten im Anschluss an das Ergebnis der Dienstbesprechung vom 01.06.2006 ursprünglich angesetzt, berechtigt wäre oder ein solcher allenfalls im Umfang von 1 - 1,5 cm für drei Seiten des Verkaufsraumes gebilligt werden könnte (vgl. Senatsurteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 - VBlBW 2005, 67 <70>, juris Rn. 36; siehe ferner das Urteil des 3. Senats vom 10.07.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433 <437>, juris Rn. 32), kann dahinstehen. Selbst bei einem Abzug von 1% = 8,54 m2 blieben noch insgesamt 845,09 m2 Verkaufsfläche.
79 
(3) Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts, insbesondere durch Einnahme eines Augenscheins, ist nicht geboten. Die für die Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung maßgebenden Tatsachen in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung sind aus dem Inhalt der beigezogenen Akten und Lichtbilder, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie aufgrund der ergänzenden Angaben der Beteiligten hinreichend ermittelt.
80 
cc) Ausgehend von diesen Feststellungen entspricht die Eigenart der näheren Umgebung keinem der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebiete. Vielmehr handelt es sich um eine Gemengelage. Ein faktisches Gewerbegebiet (§ 8 BauNVO) scheidet wegen der beiden großflächigen Einzelhandelsbetriebe i.S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO aus. § 11 Abs. 3 BauNVO ist auch bei der Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB uneingeschränkt zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.2009 - 4 B 4.09 - juris Rn. 9). Ein faktisches sonstiges Sondergebiet (§ 11 Abs. 1 Bau-NVO) gibt es als solches nicht (BVerwG, Urteil vom 16.09.2010 - 4 C 7.10 - 2011, 436, juris). Sollte es rechtlich ausnahmsweise zulässig sein, ein faktisches Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel anzuerkennen (offen gelassen vom BVerwG im Urteil vom 16.09.2010, a.a.O. Rn. 16 m.w.N.), entspräche die Eigenart der näheren Umgebung wegen der zahlreichen vorhandenen andersartigen Gewerbebetriebe offenkundig auch diesem Gebietstyp nicht.
81 
b) Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die streitige Nutzungsänderung zulässig. Sie fügt sich nach der insoweit allein erheblichen Art der baulichen Nutzung in die Eigenart der maßgebenden (s.o.) näheren Umgebung ein. Denn ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb bleibt im Rahmen, wenn - wie hier - im Beurteilungsgebiet bereits ein derartiger Nutzungstyp vorhanden ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.05.1987 - 4 C 6.85 - und 4 C 7.84 C 7.85 - NVwZ 1987, 1078, juris Rn. 13). Anhaltspunkte dafür, dass die Nutzungsänderung gegen das im Gebot des Einfügens aufgehende Rücksichtnahmegebot (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 - BauR 1981, 354, juris Rn. 32) verstößt, etwa im Hinblick auf Immissionskonflikte, die ihre Ursache in einem vermehrten Besucher- oder Kundenverkehr haben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.04.2000 - 4 B 25.00 - BauR 2001, 212, juris Rn. 12), sind nicht ersichtlich und werden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. Ob das Vorhaben mit Zielen der Raumordnung über Einzelhandelsgroßprojekte im Landesentwicklungsplan 2002 oder im Regionalplan 2015 Nordschwarzwald vereinbar ist, ist für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht erheblich. Auch ist die Vermutungsregel des § 11 Abs. 3 Satz 3 und 4 BauNVO für die bauplanungsrechtliche Beurteilung großflächiger Einzelhandelsbetriebe im ungeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 und 3 BauGB weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar (BVerwG, Beschluss vom 12.02.2009 - 4 B 3.09 - NVwZ 2009, 779, juris Rn. 9).
82 
c) Von der Nutzungsänderung sind auch keine i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde der Beigeladenen oder in anderen Gemeinden zu erwarten.
83 
aa) Zentrale Versorgungsbereiche i. S. dieser Vorschrift sind räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzungen eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt. Maßgebend ist, ob der betreffende Bereich nach Lage, Art und Zweckbestimmung eine für die Versorgung der Bevölkerung in einem bestimmten Einzugsbereich zentrale Funktion hat. Der Begriff ist nicht geografisch im Sinne einer Innenstadtlage oder Ortsmitte, sondern funktional zu verstehen, setzt aber eine integrierte Lage voraus. Isolierte Standorte mit einzelnen Einzelhandelsbetrieben bilden keinen zentralen Versorgungsbereich, auch wenn sie über einen weiten Einzugsbereich verfügen und eine beachtliche Versorgungsfunktion erfüllen mögen. Ziele der Raumordnung können zur räumlichen Abgrenzung nicht herangezogen werden (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.12.2011 - 8 S 1438/09 - BauR 2012, 905, juris Rn. 34 und 42 f. m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 12.07.2012 - 4 B 13.12 - BauR 2012, 1760, juris Rn. 6). Die für einen zentralen Versorgungsbereich in ländlichen Gemeinden zumindest erforderliche Sicherstellung einer wohnortnahen Grundversorgung setzt ein Warenangebot voraus, das den kurzfristigen Bedarf und Teile des mittelfristigen Bedarfs abdeckt. Das Warenangebot zur Deckung des kurzfristigen Bedarfs muss aber nur die wesentlichen Bedürfnisse des täglichen Bedarfs befriedigen, insbesondere die Grundversorgung mit Lebensmitteln und Drogerieartikeln; ein Angebot von Waren aller Art ist insoweit nicht erforderlich (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.04.2012 - 8 S 198/11 - NVwZ-RR 2012, 588, juris Rn. 36).
84 
Schädliche Auswirkungen i.S. des § 34 Abs. 3 BauGB sind zu erwarten, wenn die Funktionsfähigkeit eines zentralen Versorgungsbereichs in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit gestört wird. Das ist der Fall, wenn der Versorgungsbereich seinen Auftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr substantiell wahrnehmen kann. Insoweit genügt die Erwartung "nachhaltiger" Auswirkungen, wenn dafür eine hinreichend gesicherte Tatsachenbasis besteht. Als Maßstab darf der zu erwartende vorhabenbedingte Kaufkraftabfluss herangezogen werden. Zu dessen Quantifizierung sind unterschiedliche Methoden anerkannt. Dazu gehören auch Marktgutachten. Sie sind eine taugliche Methode, um den voraussichtlichen Kaufkraftabfluss an Hand von branchenspezifischen Erfahrungswerten zur üblichen Flächenproduktivität zu prognostizieren. Daneben ist der Vergleich der Verkaufsfläche des Vorhabens mit der gesamten branchenspezifischen Verkaufsfläche im betroffenen zentralen Versorgungsbereich ein taugliches Hilfsmittel für die Prognose. Feste Prozentsätze, bei deren Unterschreiten stets von unschädlichen und bei deren Überschreiten immer von schädlichen Auswirkungen auszugehen ist, lassen sich aber insoweit nicht angeben. Der Prüfungsmaßstab fordert eine Gesamtbetrachtung aller städtebaulich relevanten Umstände (vgl. BVerwG, Urteile vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 - BVerwGE 129, 307, juris Rn. 24 und vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 und 4 C 2.08 - BVerwGE 136, 10 und 18, juris Rn. 7 ff. und 10 ff.; Beschlüsse vom 17.02.2009 - 4 B 4.09 - juris Rn. 9, und vom 12.01.2012 - 4 B 39.11 - BauR 2012, 760, juris Rn. 12 ff.).
85 
bb) Daran gemessen sind von dem Vorhaben der Klägerin keine schädlichen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Beigeladenen oder in einer anderen Gemeinde i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB zu erwarten.
86 
Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass die beabsichtigte Nutzungsänderung mit der Erweiterung der Verkaufsfläche des bereits derzeit großflächigen Lebensmittelmarktes um ca. 177 m2 schädliche Auswirkungen im vorbezeichneten Sinn deshalb haben könnte, weil sie die Funktionsfähigkeit eines zen-tralen Versorgungsbereichs der Beigeladenen hinsichtlich der betroffenen Branchen in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigen und damit stören würde, bestehen nicht. Weder die Beklagte noch die Beigeladene haben Tatsachen, die eine solche Schädlichkeitsprognose stützen könnten, dargetan. Dafür ist auch sonst nichts ersichtlich, insbesondere auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgelegten "Auswirkungsanalyse" der ... vom Dezember 2011. Die "Auswirkungsanalyse" geht von einem die Anforderungen nach § 34 Abs. 3 BauGB erfüllenden, räumlich abgrenzbaren zentralen Versorgungsbereichs in der Ortsmitte der Beigeladenen aus, stellt insoweit aber unter Berücksichtigung der durch das Vorhaben der Klägerin ausgelösten Kaufkraftbewegungen und zusätzlich generierten Umsatzleistung von nur ca. 0,9 Millionen Euro, davon ca. 0,7 Millionen Euro im Lebensmittelsektor und ca. 0,2 Millionen Euro im Nonfoodsektor, keine nachhaltigen Auswirkungen auf Einzelhandelsbetriebe in diesem zentralen Versorgungsbereich fest. Denn es gebe dort keinen Lebensmittelmarkt und die vorhandenen Bäcker und Metzger hätten andere Konzepte und z.T. auch andere Kundenzielgruppen; zwei Wettbewerber der Klägerin am Ort befänden sich außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs. Diese Annahmen und Schlussfolgerungen sind jedenfalls plausibel, soweit sie schädliche Auswirkungen i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB verneinen. Offen lassen kann der Senat daher, ob die Annahme eines die Anforderungen nach § 34 Abs. 3 BauGB erfüllenden, räumlich abgrenzbaren zentralen Versorgungsbereichs in der Ortsmitte der Beigeladenen - auch nach der Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch - gerechtfertigt ist.
87 
Schließlich sind auch Anhaltspunkte dafür, dass die Erweiterung der Verkaufsfläche um ca. 177 m2 die Funktionsfähigkeit eines zentralen Versorgungsbereichs in einer anderen Gemeinde hinsichtlich der betroffenen Branchen in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigen und damit stören würde, nicht erkennbar, insbesondere hat die Beklagte auch insoweit nichts eingewandt. Nach der "Auswirkungsanalyse" der ... vom Dezember 2011 geht der Großteil des zusätzlich generierten Umsatzes von 0,9 Millionen Euro zu Lasten verschiedener Wettbewerber der Klägerin in drei umliegenden Städten. Wegen der Geringfügigkeit des zusätzlichen Umsatzes und der Streuung auf eine Vielzahl konkurrierender Anbieter seien negativen Auswirkungen auf andere zentrale Versorgungsbereiche aber auszuschließen. Denn die Umverteilungsquote liege in allen Fällen unter 2%. Die diesbezüglichen Annahmen und Schlussfolgerungen sind ebenfalls plausibel, soweit sie schädliche Auswirkungen i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB verneinen. Der Senat kann daher auch insoweit offen lassen, ob und inwieweit in den genannten anderen Gemeinden zentrale Versorgungsbereiche vorhanden und betroffen sind.
88 
II. Anhaltspunkte dafür, dass dem Vorhaben bauordnungsrechtliche oder sonstige von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen könnten, sind von der Beklagten - auch auf ein ausdrückliches Ersuchen des Berichterstatters - nicht geltend gemacht worden. Für sie ist auch sonst nichts ersichtlich. Die Erweiterung der Gesamt-Verkaufsfläche löst zwar zusätzlichen Stellplatzbedarf aus (§ 37 Abs. 2 LBO). Die Klägerin hat mit dem Bauantrag aber einen Nachweis vorgelegt, wonach dieser zusätzliche Stellplatzbedarf durch vorhandene Stellplätze gedeckt wird. Die Beklagte hat die Richtigkeit dieser Berechnung nicht in Frage gestellt. Auch der Senat hat keine Zweifel an ihrer Richtigkeit. Abgesehen davon könnte der Nachweis der notwendigen Stellplätze auch zur - aufschiebenden - Bedingung (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 LVwVfG) einer Baugenehmigung gemacht werden (Senatsurteil vom 05.05.1994 - 5 S 2644/93 - VBlBW 1995, 29). Schließlich hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Senats bestätigt, dass sonstigen bauordnungsrechtlichen Anforderungen an das Vorhaben, etwa im Rahmen des Brandschutzes, durch Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung Rechnung getragen werden kann.
B.
89 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten der Klägerin für das Vorverfahren war vom Standpunkt einer verständigen Partei aus notwendig. Der Klägerin war es nach ihren Verhältnissen und wegen der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Sache nicht zuzumuten, das Vorverfahren selbst zu führen. Ein Anlass, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aus Gründen der Billigkeit für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO), besteht nicht, zumal die Beigeladene keinen Antrag gestellt und damit kein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
90 
Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor.
91 
Beschluss vom 10. Februar 2016
92 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.565 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG entsprechend der Wertfestsetzung im ersten Rechtszug in Anlehnung an die Empfehlung Nr. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs 2013, NVwZ 2013, Beilage 58).
93 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
50 
Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, da die Ladung der Beigeladenen einen entsprechenden Hinweis enthielt (§ 102 Abs. 2 VwGO).
51 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung der Klägerin ist auch sonst zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht und formell hinreichend begründet (§ 124 a Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Verpflichtungsklage ist zulässig und begründet. Die Ablehnung der Erteilung der begehrten Baugenehmigung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihrem Recht nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Denn dem genehmigungspflichtigen (§ 49 i.V.m. § 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO) Vorhaben der Klägerin stehen keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen. Das Vorhaben verstößt nicht gegen Vorschriften des Bauplanungsrechts (I.) und Anhaltspunkte dafür, dass ihm bauordnungsrechtliche oder sonstige von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen, sind nicht ersichtlich (II.).
I.
52 
Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das Vorhaben, das eine i.S. des § 29 Abs. 1 BauGB bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung einer baulichen Anlage zum Inhalt hat (1.), nach § 34 BauGB, nicht jedoch - wie die Beklagte und das Verwaltungsgericht meinen - nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. den Festsetzungen des Bebauungsplans "Autobahnkreuz-Südost" vom 06.07.2006 (2.). Nach § 34 BauGB ist das Vorhaben zulässig (3.).
53 
1. Die Änderung des Non-Food-Lagers in zusätzlichen Verkaufsraum ist ein Vorhaben i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB mit der von dieser Vorschrift vorausgesetzten (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.2001 - 6 C 18.00 - BVerwGE 114, 206, juris Rn. 18 m.w.N.) bodenrechtlichen Relevanz (vgl. § 1 Abs. 6 BauGB). Gegenstand dieser Prüfung ist grundsätzlich das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt; das vom Bauherrn angestrebte Ergebnis der Baumaßnahme muss den zu prüfenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften entsprechen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.11.2005 - 4 B 72.05 - NVwZ 2006, 340, juris Rn. 5 m.w.N.). Anderes gilt allenfalls, wenn der geänderte Anlagenteil ein selbständiges Vorhaben sein könnte (BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 - NVwZ 1994, 294, juris Rn. 16), was hier aber offenkundig ausscheidet.
54 
a) Der Abriss der Trennwand zwischen dem bisherigen Verkaufsraum und dem Non-Food-Lager und die Schließung der Türöffnung in einer Wand des Non-Food-Lagers sind zwar Änderungen einer baulichen Anlage i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB. Sie sind in Bezug auf das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt aber ohne bodenrechtliche Relevanz. Das Maß der baulichen Nutzung bleibt unverändert. Die für städtebauliche Auswirkungen (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 BauNVO, § 34 Abs. 3 BauGB) nach § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO erhebliche Größe der Geschossfläche bleibt von diesen baulichen Änderungen unberührt. Für die überbaute Grundstücksfläche und die Bauweise gilt nichts Anderes. Da sich die Änderungen auf das Gebäudeinnere beschränken, sind Auswirkungen auf das Ortsbild ausgeschlossen.
55 
b) Die Umnutzung des Non-Food-Lagers in Verkaufsraum ist aber eine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung, auch wenn sich der Nutzungstyp nicht ändert, weil bereits der bestehende Lebensmittelmarkt mit mehr als 800 m2 genehmigter Verkaufsfläche (vgl. zu diesem "Schwellenwert" BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - BVerwGE 124, 364, juris Rn. 23) ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb i. S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO ist (siehe dazu unten 3.)
56 
Eine Nutzungsänderung i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB liegt vor, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166, juris Rn. 12 m.w.N.). Das ist der Fall, wenn für die neue Nutzung weitergehende Vorschriften gelten als für die alte, aber auch dann, wenn sich die Zulässigkeit der neuen Nutzung nach derselben Vorschrift bestimmt, danach aber anders zu beurteilen ist als die frühere Nutzung. In diesem Sinne bodenrechtlich relevant ist eine Änderung der Nutzungsweise etwa dann, wenn sie für die Nachbarschaft erhöhte Belastungen mit sich bringt (BVerwG, Urteil 14.01.1993 - 4 C 19.90 - 1993, 1184, juris Rn. 27 m.w.N.). Die Variationsbreite einer genehmigten Nutzung wird auch überschritten, wenn das bisher charakteristische Nutzungsspektrum durch die Änderung erweitert wird (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166, juris Rn. 12 m.w.N.). Entscheidend ist der Vergleich von Art und Umfang der bisher genehmigten Nutzung mit der geplanten Nutzung (BVerwG, Urteil vom 18.04.1996 - 4 C 17.94 -, juris Rn. 18).
57 
Gemessen daran liegt eine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung vor. Die Vergrößerung der Verkaufsfläche eines Einzelhandelsbetriebs um ca. 177 m2 verlässt die der bislang genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite selbst dann, wenn sich der konkrete Nutzungstyp nicht ändert, jedenfalls in ihrem Umfang. Das gilt auch für einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb. Auch bei diesem ist die nicht nur geringfügige Erweiterung der Verkaufsfläche um ca. 177 m2 nicht als "mitgenehmigt" anzusehen. Die Verkaufsfläche ist ein charakteristisches städtebauliches Merkmal für die Attraktivität dieses Nutzungstyps. Denn diese wird - soweit es um das Merkmal der Fläche geht - nicht von der Größe der baulichen Anlage - die sich in der Geschossfläche widerspiegelt - sondern eher von derjenigen Fläche beeinflusst, auf der Waren präsentiert und gekauft werden können (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005, a.a.O. Rn. 14 m.w.N.). Die Erweiterung der Verkaufsfläche in einem solchen Umfang kann auch bodenrechtliche Belange nach § 1 Abs. 6 BauGB neu berühren, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt. Denn die Größe der Verkaufsfläche trägt zur Kapazität, Wettbewerbskraft und Attraktivität eines Handelsbetriebes bei und kann sich von daher auf eine geordnete städtebauliche Entwicklung, insbesondere auf die Struktur des Handels und die Versorgung im betreffenden Gebiet auswirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.1990 - 4 C 36.87 - NVwZ 1990, 1071, juris Rn. 26; Beschluss vom 29.11.2005 - 4 B 72.05 - NVwZ 2006, 340, juris Rn. 5; Senatsurteil vom 12.08.2005 - 5 S 2363/04 - VBlBW 2006, 106, juris Rn. 17). Ferner kann sie Belange des Umweltschutzes neu berühren, insbesondere infolge nachteiliger umweltbezogener Auswirkungen auf den Menschen in der Umgebung des Betriebs durch Erhöhung der Kundenzahl und - damit - des betriebsbezogenen Kfz-Verkehrs (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 7 c) BauGB).
58 
2. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit dieses Vorhabens beurteilt sich nur nach § 34 BauGB, nicht jedoch nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. den Festsetzungen des Bebauungsplans "Autobahnkreuz-Südost" vom 06.07.2006. Denn dieser Bebauungsplan ist wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam, zumindest auf den Flächen, für die er ein Sondergebiet festsetzt, worauf es für das streitige Vorhaben allein ankommt. Der Bebauungsplan ist bereits nicht ordnungsgemäß ausgefertigt (a)). Unabhängig davon sind seine Festsetzungen über gebiets- und branchenbezogene Verkaufsflächen-Obergrenzen (Nr. 1.4.3.1 und 1.4.3.4 Satz 3 bis 5 der gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen) mangels Rechtsgrundlage unwirksam, was die Unwirksamkeit des Bebauungsplans zumindest auf den Flächen zur Folge hat, für die er ein Sondergebiet festsetzt (b)).
59 
a) Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 23 Abs. 1 LV) gebietet, dass eine Rechtsnorm vom zuständigen Organ des Normgebers ordnungsgemäß ausgefertigt wird. Mit der Ausfertigung wird bestätigt, dass die zu verkündende Fassung der Rechtsnorm mit der vom Normgeber beschlossenen Fassung der Norm übereinstimmt (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.09.2014 - 4 B 29.14 - juris m.w.N.). Bei einem Bebauungsplan hat daher das für die Ausfertigung der Satzung zuständige Organ der Gemeinde - hier der Bürgermeister der Beigeladenen - zu bestätigen, dass der Inhalt des Bebauungsplans mit dem Willen des gemeindlichen Beschlussorgans (Gemeinderat) übereinstimmt (st. Rspr. vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2006 - 8 S 1989/05 -, juris Rn. 33 m.w.N.). Nicht erforderlich ist es, sämtliche Bestandteile eines Bebauungsplans auszufertigen. Ausreichend ist, dass die Satzung ordnungsgemäß ausgefertigt ist und dass diese Satzung auf sonstige Bestandteile in einer Weise Bezug nimmt, die Zweifel an der Identität des Norminhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen ausschließen ("gedankliche Schnur", vgl. Senatsurteil vom 02.11.2005 - 5 S 2662/04 - juris Rn. 58 m.w.N.). Fehlt die Ausfertigung oder bestätigt sie eine andere Fassung der Rechtsnorm als vom Normgeber beschlossen, ist die Rechtsnorm unwirksam, weil die ordnungsgemäße Ausfertigung einer Rechtsnorm Voraussetzung für deren ordnungsgemäße öffentliche Bekanntmachung ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.10.2013 - 1 S 347/13 - ESVGH 64, 124 , juris Rn. m.w.N.).
60 
Gemessen daran ist die Ausfertigung der Satzung durch den Bürgermeister der Beigeladenen unwirksam, weil sie eine andere Fassung der Festsetzungen des Bebauungsplans für das Sondergebiet bestätigt als vom Gemeinderat beschlossen. Die am 06.07.2006 ausgefertigte Satzung bezeichnet in ihrem § 2 Nr. 1 zweiter Spiegelstrich als Bestandteil des Bebauungsplans einen "Textteil in der Fassung vom 06.07.2006". Einen Bestandteil mit genau diesem Titel gibt es zwar nicht. Gemeint sind aber offenkundig die vom Gemeinderat in seiner Sitzung am 06.07.2006 beschlossenen textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan. Der Gemeinderat hat diese Festsetzungen mit dem Inhalt beschlossen, wie er sich aus der Sitzungsvorlage 50/2006 ergibt. Zwar hatte die Verwaltung dem Gemeinderat in dieser Sitzungsvorlage noch Änderungen unterbreitet. Auch hatte der Gemeinderat diesen Änderungsvorschlägen nach Abwägung zugestimmt. Im Anschluss daran hat er die textlichen Festsetzungen aber gleichwohl so beschlossen, wie sie im Entwurf der Sitzungsvorlage 50/2006 enthalten waren. Denn er nahm, wie sich aus seinem Zustimmungsbeschluss ergibt, an, diese Änderungen seien - in vollem Umfang - "von der Verwaltung bereits in die Sitzungsunterlagen mit eingearbeitet". Bei der gebotenen Auslegung nach dem Empfängerhorizont (§ 133 BGB entspr.) kann sein nachfolgender Satzungsbeschluss daher nur so verstanden werden, dass er als "Textteil in der Fassung vom 06.07.2006" gemäß § 2 dieser Satzung die textlichen Festsetzungen mit dem Inhalt des in der Sitzungsvorlage 50/2006 enthaltenen Textentwurfs beschlossen hat.
61 
Die vom Bürgermeister gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen weichen vom Inhalt des Entwurfs der textlichen Festsetzungen in der Sitzungsvorlage 50/2006 ab. Zwar handelt es sich dabei zu einem großen Teil nur um redaktionelle Abweichungen. Ob diese einen beachtlichen Ausfertigungsmangel begründen, kann dahinstehen. Denn jedenfalls weicht die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.4 Satz 3 auch ihrem Inhalt nach von der vom Gemeinderat beschlossenen entsprechenden textlichen Festsetzung Nr. 2 Satz 4 im Entwurf der textlichen Festsetzungen nach der Sitzungsvorlage 50/2006 ab. Denn während es in der Sitzungsvorlage insoweit heißt "max 1.200 m2 Geschossfläche", heißt es in der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.3.4 Satz 3 "max 800 m2 Verkaufsfläche". Eine Übereinstimmung des § 2 der Satzung vom 06.07.2006 mit den beschlossenen textlichen Festsetzungen in der Sitzungsvorlage 50/2006 lässt sich auch nicht über eine "gedankliche Schnur" zum Entwurf der textlichen Festsetzungen in dieser Vorlage herstellen. Denn diese datiert ebenfalls vom 06.07.2006 und damit vom selben Tag wie die vom Bürgermeister gesondert ausgefertigten, inhaltlich aber abweichenden textlichen Festsetzungen. Zweifel an der Identität des Norminhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen lassen sich damit nicht ausschließen. Aus demselben Grund wäre die Ordnungsmäßigkeit der Ausfertigung schließlich auch nicht durch eine vom Bürgermeister ausgefertigte Niederschrift der Sitzung des Gemeinderats vom 06.07.2006 mit dem darin enthaltenen Satzungsbeschluss (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.01.1995 - 8 S 1806/94 - ESVGH 45, 316, juris Rn. 13. ff.) nachweisbar.
62 
b) Die gesondert ausgefertigten textlichen Festsetzungen über eine auf das Sondergebiet bezogene Obergrenze für die Verkaufsflächen aller Einzelhandelsbetriebe mit nicht-zentrenrelevanten Sortimenten (Nr. 1.4.3.1) und über eine Obergrenze für die Verkaufsflächen aller in diesem Gebiet ausnahmsweise zulässigen Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Sortimenten bestimmter Branchen (Nr. 1.4.3.4 Satz 3 bis 5) sind rechtswidrig, weil sie nicht durch eine gesetzliche Ermächtigung, insbesondere nicht durch § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO, gedeckt sind (aa)). Ihre Unwirksamkeit führt zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans jedenfalls auf den Flächen, für die er ein Sondergebiet festsetzt (bb)).
63 
aa) Eine Kontingentierung von Verkaufsflächen, die auf ein Sondergebiet insgesamt bezogen ist, öffnet das Tor für sogenannte "Windhundrennen“ potentieller Investoren und Bauantragsteller und schließt die Möglichkeit ein, dass Grundeigentümer im Fall der Erschöpfung des Kontingents von der kontingentierten Nutzung ausgeschlossen sind. Die Festsetzung solcher gebietsbezogener Verkaufsflächenbeschränkungen zur Steuerung des Einzelhandels in einem Sondergebiet ist weder als Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung zulässig, weil sie nicht mit Hilfe eines der von § 16 Abs. 2 BauNVO zugelassenen Parameter (Grundfläche, Geschossfläche) vorgenommen worden ist, noch ist sie eine nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO in sonstigen Sondergebieten zulässige Festsetzung der Art der baulichen Nutzung (BVerwG, Urteile vom 03.04.2008 - 4 CN 3.07 - BVerwGE 131, 86, juris Rn. 14 ff., und vom 24.03.2010 - 4 CN 3.09 - NVwZ 2010, 782, juris Rn. 23; Beschluss vom 06.08.2013 - 4 BN 24.13 - BauR 2013, 1812, juris Rn. 14). Anderes gilt ausnahmsweise, wenn in dem in Rede stehenden Sondergebiet nur ein einziger Handelsbetrieb zulässig ist. Dann ist die gebietsbezogene mit der vorhabenbezogenen Verkaufsflächenbeschränkung identisch und als Festsetzung der Art der baulichen Nutzung nach § 11 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BauNVO zulässig, soweit diese durch städtebauliche Gründe gerechtfertigt wird (BVerwG, Beschluss vom 09.02.2011 - 4 BN 43.10 - BauR 2011, 1118, juris Rn. 7). Es genügt aber nicht, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses davon ausgehen kann, dass im Sondergebiet tatsächlich nur ein einziger Handelsbetrieb verwirklicht werden wird. Gebiets- und vorhabenbezogene Verkaufsflächenbegrenzung sind nur dann identisch, wenn die Festsetzungen des Bebauungsplans nur die Errichtung eines einzigen Einzelhandelsbetriebs zulassen. Unerheblich ist zudem, ob das Grundeigentum im Plangebiet zum Zeitpunkt des Beschlusses über den Bebauungsplan in einer Hand liegt (BVerwG, Urteil vom 24.03.2010, a.a.O. Rn. 24 m.w.N.).
64 
Die textliche Festsetzung Nr. 1.4.3.1 ist eine vorhabenunabhängige, gebietsbezogene Verkaufsflächenbeschränkung. Für die in der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.3.4 Satz 3 bis 5 festgelegten Obergrenzen für die Verkaufsflächen aller im Sondergebiet ausnahmsweise zulässigen Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Sortimenten bestimmter Branchen gilt nichts Anderes. Auch diese Obergrenzen öffnen das Tor für - auf die Ausnahmen bezogene - "Windhundrennen“ potentieller Investoren und Bauantragsteller und schließen die Möglichkeit ein, dass Grundeigentümer im Fall der Erschöpfung des Ausnahmen-Kontingents für bestimmte Branchen von der kontingentierten Nutzung ausgeschlossen sind. Im Sondergebiet ist auch nicht nur ein einziger Handelsbetrieb zulässig. Nach der textlichen Festsetzung Nr. 1.4.1 sind dort neben Einzelhandelsbetrieben (c)) auch Gewerbebetriebe des Dienstleistungssektors (a)), Handwerksbetriebe mit den ihnen dienenden Ausstellungs- und Verkaufsräumen mit Ausnahme des Lebensmittelhandwerks (b)) sowie Schank- und Speisewirtschaften (d)) allgemein zulässig. Die durch Baugrenzen festgelegte überbaubare Fläche schließt die Ansiedlung mehrerer Betriebe auch nicht aus. In der Planbegründung wird zudem ausdrücklich betont, dass im Sondergebiet neben einem Lebensmittelmarkt "auch ein Gastronomiebetrieb sowie verschiedene Gewerbe-, Handels- und Dienstleistungsbetriebe" angesiedelt werden und dass der "Schwerpunkt auf Handwerksbetrieben mit Verkaufsmöglichkeiten liegen" werde.
65 
bb) Die Unwirksamkeit der textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.1 und Nr. 1.4.3.4 Satz 3 bis 5 führt selbst dann, wenn die sonstigen Festsetzungen für das Sondergebiet, insbesondere die Beschränkungen von Verkaufs- und Geschossfläche je Einzelhandelsbetrieb nach textlicher Festsetzung Nr. 1.4.3.2, für sich gesehen rechtmäßig sein sollten, zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans jedenfalls auf den Flächen, für die er ein Sondergebiet festsetzt.
66 
Die Unwirksamkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung hat grundsätzlich deren Gesamtunwirksamkeit zur Folge. Die Teilunwirksamkeit ist eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme (BVerwG, Beschluss vom 24.04.2013 - 4 BN 22.13 - BRS 81 Nr. 77, juris Rn. 3 m.w.N.). Diese Ausnahme setzt voraus, dass die Restbestimmung auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleibt (Grundsatz der Teilbarkeit) u n d mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers; BVerwG, Urteil vom 11.09.2014 - 4 CN 3.14 - NVwZ 2015, 301, juris Rn. 26 m.w.N., st. Rspr.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Zwar mag es sein, dass die Festsetzungen für das Sondergebiet ohne die gebietsbezogenen Verkaufsflächenbeschränkungen noch die Funktion erfüllen können, eine geordnete städtebauliche Entwicklung des Planbereichs zu gewährleisten (Teilbarkeit). Das kann indes offen bleiben. Jedenfalls kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, der Gemeinderat der Beigeladenen hätte nicht-großflächige Einzelhandelsbetriebe ohne zentrenrelevante Hauptsortimente allgemein (textliche Festsetzungen Nr. 1.4.1 c) i.V.m. Nr. 1.4.3.2 und 1.4.3.4 Satz 1) und nicht-großflächige Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten aus bestimmten Branchen ausnahmsweise (textliche Festsetzungen Nr. 1.4.3.4 Satz 2) auch ohne zusätzliche Einschränkungen für zulässig erklärt, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass gebietsbezogene Beschränkungen der Gesamt-Verkaufsfläche dieser Betriebe im Sondergebiet unzulässig sind. Denn diese Beschränkungen sind nach der Planbegründung ein wesentliches Element, um den Bebauungsplan im Einklang mit den Anregungen des Regionalverbands in dessen Stellungnahme vom 22.06.2006 an einschlägige Ziele der Raumordnung anzupassen (§ 1 Abs. 4 BauGB). Zwar dienen auch die weiteren textlichen Festsetzungen Nr. 1.4.3.2 bis 1.4.3.4 Satz 1 diesem raumordnerischen Zweck. Sie sind aber mit den Beschränkungen der Gesamt-Verkaufsfläche im Sinne eines sortimentsbezogenen planerischen Gesamtkonzepts zur Steuerung des Einzelhandels im Sondergebiet verknüpft. In der Planbegründung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, es sei zur Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, zur Erreichung der für die innerörtliche Entwicklung gesetzten Sanierungsziele und zur Erhaltung und Stärkung der innerörtlichen Handelsfunktion erforderlich, Überlegungen anzustellen, welche Branchen und Sortimente für die Beigeladene zentrenrelevant seien und daher im Sondergebiet nicht zugelassen werden sollten. Auch im Übrigen befasst sich die Planbegründung eingehend mit der Abgrenzung der zentrenrelevanten von den nicht-zentrenrelevanten Sortimenten. Aus ihr geht auch hervor, dass sich der Gemeinderat mindestens zweimal mit der Festlegung der zulässigen Sortimente im Sondergebiet befasst und sich dabei auch einer Standortanalyse bedient hat. Mit diesen Überlegungen zum Schutz der innerörtlichen Zentralität sind die Beschränkungen der Gesamt-Verkaufsfläche nach dem Plankonzept untrennbar verknüpft. Damit steht und fällt auch die Festsetzung des Sondergebiets insgesamt. Das führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans jedenfalls auf den Flächen dieses Baugebiets. Denn der Bebauungsplan kann ohne Festsetzung eine Baugebiets auf diesen Flächen für sich betrachtet keine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB mehr bewirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.09.2014, a.a.O. Rn. 27 m.w.N.).
67 
3. Nach § 34 BauGB ist das Vorhaben zulässig. Hinsichtlich der bei der Nutzungsänderung allein in Rede stehenden Art der baulichen Nutzung beurteilt es sich nicht nach § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB, sondern nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (a)). Insoweit fügt sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung ein (b)). Auch gehen von ihm keine schädlichen Auswirkungen i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB aus (c)).
68 
a) Die Voraussetzungen nach § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind nicht erfüllt. Die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks entspricht keinem der Baugebiete, die in der Baunutzungsverordnung bezeichnet sind.
69 
aa) "Nähere Umgebung" ist die Umgebung, auf die sich die Ausführung eines Vorhabens auswirken kann und die ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.05.2014 - 4 B 38.13 - NVwZ 2014, 1246, juris Rn. 7 m.w.N.). Maßgebend ist dabei nicht nur die Bebauung außerhalb des Baugrundstücks; auch ein auf dem Baugrundstück selbst bereits vorhandenes Gebäude gehört zur vorhandenen Bebauung, die den Maßstab für die weitere Bebauung bildet (BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17.91 - NVwZ 1994, 294, juris Rn.18). Zur Abgrenzung der näheren Umgebung kann sinngemäß die Rechtsprechung zur Abgrenzung des Innenbereichs vom Außenbereich übertragen werden. Danach kann sich bei Berücksichtigung topographischer Gegebenheiten ergeben, dass aneinandergrenzende bebaute Grundstücke unterschiedlichen Baugebieten angehören, etwa wenn ein Steilhang im Grenzbereich eine trennende Funktion hat (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1998 - 4 B 79.98 - NVwZ-RR 1999, 105, juris Rn. 8).
70 
Hiernach bildet die Bebauung auf dem Baugrundstück und auf den weiteren Grundstücken zu beiden Seiten der Robert-Bosch-Straße den maßgebenden Rahmen. Dieser wird im Süden durch die Bebauung bis zum abfallenden Gelände der Grünflächen südlich des Baugrundstücks und des schräg gegenüber liegenden Gebäudes Robert-Bosch-Straße … ("K......") begrenzt. Von Norden her wird der bodenrechtliche Charakter des Baugrundstücks durch die Bebauung zumindest bis einschließlich der Gebäude an der Nordseite des Abzweigs der Robert-Bosch-Straße (u.a. "S... Fachmarkt & Baumarkt Empfingen") geprägt oder jedenfalls beeinflusst (vgl. die beigezogenen Lichtbilder). Der Einwand der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, die insoweit im Gebiet des Bebauungsplans "Autobahnkreuz - 1. Änderung" gelegene Bebauung sei nicht rahmenbildend, greift nicht durch. Denn zur näheren Umgebung i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 BauGB kann auch qualifiziert beplantes Gebiet gehören (BVerwG, Urteil vom 31.10.1975 - IV C 16.73 - BauR 1976, 185, juris Rn. 15). Für den räumlichen Umfang der näheren Umgebung ist es unerheblich, wann eine Bebauung entstanden ist, die die Eigenart der näheren Umgebung prägt, und ob diese gleichfalls nach § 34 BauGB zu beurteilen ist (Mitschang/Reidt in Battis/Kratzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage § 34 Rn. 24).
71 
bb) Zur Bestimmung der Eigenart dieser Umgebung i. S. des § 34 Abs. 2 BauGB ist - ebenso wie nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB - auf einer ersten Stufe alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Eine Beschränkung auf das, was von der vorhandenen Bebauung städtebaulich wünschenswert oder auch nur vertretbar ist, ist unzulässig. Sodann muss auf einer zweiten Stufe die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden. Was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint, ist auszusondern. Dazu gehören zum einen bauliche Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Zum anderen können auch Anlagen auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeit-Schwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen, wie insbesondere eine in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung stehende singuläre Anlage (Fremdkörper). Derartige Anlagen dürfen aber nur ausgeklammert werden, wenn sie wegen ihrer Andersartigkeit und Einzigartigkeit den Charakter ihrer Umgebung letztlich nicht beeinflussen können. Ob dies der Fall ist, muss auf einer dritten Stufe unter Würdigung des tatsächlich Vorhandenen ermittelt werden. Ausschlaggebend kann erneut die Größe der andersartigen Anlage sein. Einzelne bauliche Anlagen von stark abweichendem Charakter können nach Ausdehnung, Zahl und anderen Quantitätsmerkmalen ein solches Gewicht enthalten, dass sie trotz ihrer herausstechenden Andersartigkeit in einer abweichend und verhältnismäßig einheitlich strukturierten Umgebung ihrerseits tonangebend wirken. Dafür kommen neben der Größe des Gebäudes auch die Ausstrahlungswirkungen (Immissionen) einer einzelnen baulichen Anlage auf die nähere Umgebung in Betracht (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 15.02.1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322, juris Rn. 12 ff.).
72 
Hiernach wird die Eigenart der näheren Umgebung nach der Art der baulichen Nutzung unter Berücksichtigung der von der Beklagten vorgelegten Aufstellung, der ergänzenden Angaben der Beteiligten sowie der beigezogenen Lichtbilder im Wesentlichen durch folgende bauliche Nutzungen bestimmt: Gewerbliche Produktionsgebäude (Robert-Bosch-Straße ...), Lager-, Fahrzeug-, Geräte-, Ausstellungs- und Verpackungshallen (Robert-Bosch-Straße ...), Speditionsgebäude (Robert-Bosch-Straße ...), gewerbliche Werk- und Montagehallen (Robert-Bosch-Straße ...), Bürogebäude und -container (Robert-Bosch-Straße ...), gewerbliche Fabrik-/Verwaltungsgebäude (Robert-Bosch-Straße ...), Tankstelle (Robert-Bosch-Straße ...), Fachmärkte für Lebensmittel (Robert-Bosch-Straße ... und ...), Kleidung (Robert-Bosch-Straße ... <...>), Getränke (Robert-Bosch-Straße ... <...>) und Werkzeuge/Baustoffe (Robert-Bosch-Straße ..., "S..."), Containerplätze (Robert-Bosch-Straße ..., ...), Pkw-Ausstellungsfläche (Robert-Bosch-Straße ...), gewerbliches Zentraldistributionslager (Anton-Schlecker-Straße ...) und zahlreiche Pkw- und Lkw-Stellplätze.
73 
Anhaltspunkte dafür, dass bestimmte dieser baulichen Anlagen die vorhandene Bebauung nicht prägen oder in ihr gar als Fremdkörper erscheinen, sind nicht erkennbar. Das gilt insbesondere für den Fachmarkt für Werkzeuge/Baustoffe (Robert-Bosch-Straße ..., "S... Fachmarkt & Baumarkt Empfingen") mit 2.700 m2 Verkaufsfläche. Zwar handelt es sich dabei um einen in seiner Größe einzigartigen großflächigen Einzelhandelsbetrieb i. S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO in der näheren Umgebung. Insoweit steht einer Ausklammerung aber schon entgegen, dass auch dieses Gebäude nach seinem äußeren und insoweit unauffälligen (vgl. die beigezogenen Lichtbilder) Erscheinungsbild den Charakter der näheren Umgebung des Baugrundstücks prägt. Ungeachtet dessen ist dieser großflächige Einzelhandelsbetrieb auch sonst kein "Fremdkörper", da er im Rahmen der Umgebungsbebauung nicht der einzige Nutzungstyp dieser Art ist. Denn auch der im westlichen Teil des Gebäudes auf dem Baugrundstück genehmigte Lebensmittelmarkt ist ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb, weil seine anrechenbare Verkaufsfläche den für das Tatbestandsmerkmal der "Großflächigkeit" maßgebenden Schwellenwert von 800 m2 deutlich überschreitet.
74 
(1) Zur Verkaufsfläche eines Selbstbedienungs-Fachmarkts gehören zunächst die Flächen, auf denen üblicherweise die Verkäufe abgewickelt werden einschließlich Kassenzone, Gänge, Schaufenster und Stellflächen für Einrichtungsgegenstände sowie innerhalb der Verkaufsräume befindliche und diese miteinander verbindende Treppen und Aufzüge. Dazu sind aber auch diejenigen Flächen zu zählen, die vom Kunden zwar aus betrieblichen und hygienischen Gründen nicht betreten werden dürfen, in denen aber die Ware für ihn sichtbar ausliegt (Käse-, Fleisch- und Wursttheke etc.) und in dem das Personal die Ware zerkleinert, abwiegt und abpackt. Ferner gehören vom Kunden betretbare Flächen dazu, die in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit eines solchen Einzelhandelsbetriebs prägen, wie ein Windfang oder ein Kassenvorraum einschließlich der Flächen zum Einpacken der Ware und Entsorgen des Verpackungsmaterials. Nicht zur Verkaufsfläche gehören Flächen, auf denen für den Kunden nicht sichtbar die handwerkliche und sonstige Vorbereitung (Portionierung etc.) erfolgt, sowie die (reinen) Lagerflächen (BVerwG, Urteil vom 27.04.1990, a.a.O. Rn. 28; Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - a.a.O.).
75 
Die Verkaufsflächen baulich und funktionell eigenständiger Betriebe können grundsätzlich nicht zusammengerechnet werden. Für die räumliche Abgrenzung eines Einzelhandelsbetriebs ist auf die nach außen erkennbaren baulichen Gegebenheiten abzustellen. Eine Verkaufsstätte kann ein selbstständiger Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO nur sein, wenn sie unabhängig von anderen Einzelhandelsbetrieben genutzt werden kann und deshalb auch als eigenständiges Vorhaben genehmigungsfähig wäre. Hierfür muss die Verkaufsstätte jedenfalls einen eigenen Eingang, eine eigene Anlieferung und eigene Personalräume haben; sie muss unabhängig von anderen Betrieben geöffnet und geschlossen werden können. Ohne Bedeutung ist hingegen, wer rechtlich oder wirtschaftlich jeweils Betreiber ist, ob Selbstbedienung, Bedienung durch Personal oder eine Mischform erfolgt und wie die dem entsprechenden Bereiche innerhalb der Betriebsfläche voneinander abgegrenzt sind. Für die Prüfung einer "Funktionseinheit" unter den Gesichtspunkten eines gemeinsamen Nutzungskonzepts, der Ergänzung der Sortimente, der Nutzung von Synergieeffekten u. ä. ist in diesen Fällen kein Raum (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - BVerwGE 124, 376, juris Rn. 20 f. m.w.N.).
76 
Das gilt aber nicht uneingeschränkt. Ist in einem Gebäude die Betriebsfläche baulich in mehrere selbstständig nutzbare betriebliche Einheiten unterteilt, bilden diese Einheiten gleichwohl einen Einzelhandelsbetrieb i. S. des § 11 Abs. 3 BauNVO, wenn die Gesamtfläche durch einen Einzelhandelsbetrieb als "Hauptbetrieb" geprägt wird und auf den baulich abgetrennten Flächen zu dessen Warenangebot als "Nebenleistung" ein Warenangebot hinzutritt, das in einem inneren Zusammenhang mit der "Hauptleistung" steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt. Dann sind die Verkaufsflächen zur Ermittlung der Schwelle der Großflächigkeit i. S. des § 11 Abs. 3 BauNVO zu addieren. Unter welchen Voraussetzungen eine derartige Unterordnung anzunehmen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Für eine betriebliche Einheit wird im Allgemeinen sprechen, dass die für die "Nebenbetriebe" in Anspruch genommenen Flächen deutlich hinter den Flächen des Hauptbetriebs zurückbleiben. Schließlich kann berücksichtigt werden, dass nach der Verkehrsanschauung aus der Sicht des Verbrauchers ein Randangebot als zum Hauptbetrieb zugehörig angesehen wird. Baulich gesondert nutzbare Betriebsflächen bilden somit dann eine betriebliche Einheit mit einem Hauptbetrieb, wenn auf ihnen lediglich ein diesen ergänzendes Angebot erbracht wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn nach der Verkehrsanschauung die kleinere Fläche ebenso in die Verkaufsfläche des größeren Betriebs einbezogen sein könnte (BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 -, a.a.O.).
77 
(2) Ausgehend davon beträgt die Verkaufsfläche des Selbstbedienungs-Lebensmittelmarktes auf dem Baugrundstück nach den Berechnungen der Nutzflächen, die den am 29.06.2006 und am 17.01.2007 von der Beklagten genehmigten Bauanträgen beigefügt waren, mindestens 853,63 m2. Diese setzt sich zusammen aus 780,70 m2 Verkaufsraum/Kassenzone. Hinzu kommen 2 x 9,48 m2 = 18,96 m2 für die Ein- und Ausgänge. Ferner ist der 14,21 m2 große, von Kunden betretbare Windfang im angebauten Pfandraum anzurechnen. Denn diese Fläche ist geeignet, den Verkaufsvorgang bei typisierender Betrachtung zu fördern. Sie prägt damit in städtebaulicher Hinsicht die Attraktivität und die Wettbewerbsfähigkeit des Lebensmittelmarktes ebenfalls. Schließlich ist der Verkaufsraum des in das Gebäude integrierten Backshops mit 39,76 m2 anzurechnen. Der Backshop ist zwar eine selbstständig nutzbare betriebliche Einheit. Er hat einen eigenen Eingang, eine eigene Toilette und einen eigenen Personalraum. Gleichwohl ist die Fläche seines Verkaufsraums nach den vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - (a.a.O.) entwickelten Maßstäben auf die Verkaufsfläche des Lebensmittelmarktes anzurechnen. Die Gesamtfläche des westlichen Gebäudeteils auf dem Baugrundstück wird durch den Lebensmittelmarkt als "Hauptbetrieb" geprägt. Auf den baulich abgetrennten, allerdings gemeinsam "überdachten" Flächen des in das Gebäude integrierten Backshops tritt zum Warenangebot des Lebensmittelmarktes als "Nebenleistung" ein Bäckereiangebot hinzu, das in einem inneren Zusammenhang mit der "Hauptleistung" steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt. Auch sind die für sie in Anspruch genommenen Flächen im Vergleich zur Fläche des Hauptbetriebs untergeordnet. Ferner bietet der Backshop ein gleichsam ausgelagertes untergeordnetes Ergänzungsangebot. Die Sortimente sind auf eine identische Zielgruppe hin orientiert und optimal aufeinander abgestimmt, da es sich jeweils um Waren des täglichen Bedarfs handelt. Das Sortiment des Backshops könnte ohne Weiteres in dem Lebensmittelmarkt der Klägerin angeboten werden, wie dies bei Lebensmittelmärkten auch in der Betriebsform Discounter inzwischen regelmäßig der Fall ist. Es entspricht nicht (mehr) den Marktgegebenheiten und der allgemeinen Verkehrsanschauung, dass in einem Lebensmittel-Discountmarkt grundsätzlich nur abgepackte, länger haltbare Backwaren erhältlich sind. Insbesondere ist es inzwischen nicht unüblich, dass auch in Lebensmittel-Discountmärkten neben abgepackten Backwaren auch frische Backwaren angeboten werden. Das Warenangebot des Backshops rundet somit das Sortiment des Lebensmittelmarktes der Klägerin ab. Den im Back-shop angebotenen Waren kommt im Hinblick auf das - sonstige - Sortiment des Lebensmittelmarktes nur eine untergeordnete Bedeutung zu und stellt sich als bloße Nebenleistung dar (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.05.2013 - 10 A 1144/11 - juris Rn. 34; ähnlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.01.2016 - 3 S 1167/15 -). Diese Bewertung widerspricht nicht dem Urteil des 8. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 25.11.2015 - 8 S 210/13 - (ZfBR 2016, 167, juris Rn. 26). Denn der dort entschiedene Fall betraf einen ca. 35 m vom Gebäude des Lebensmittelmarkts entfernten Backshop, war also anders als der in Rede stehende Backshop baulich nicht in das Gebäude des Lebensmittelmarktes integriert.
78 
Der Einwand der Klägerin, die Anrechnung der Verkaufsfläche des Backshops widerspreche den mit der Vertreterin der Klägerin am 01.06.2006 "besprochenen Vorgaben" zum damaligen Bauantrag, zwingt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Aus dem von der Klägerin insoweit in Bezug genommenen Aktenvermerk über die Dienstbesprechung am 01.06.2006 ergibt sich nicht, dass die darin festgehaltenen "Vorgaben", insbesondere über die Nichtanrechnung des Backshops auf die Verkaufsfläche des Lebensmittelmarkts, in irgendeiner Weise rechtlich verbindlich vereinbart worden sind. Der Sache nach gibt der Aktenvermerk lediglich eine Interpretation der Rechtslage wieder, die indes - wie dargelegt - nach den vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 14.04 - (a.a.O.) entwickelten Maßstäben unzutreffend ist. Schließlich wurden die von der Beklagten erwähnten "Vorgaben" auch nicht in der am 29.06.2006 erteilten Baugenehmigung - als Inhalts- oder Nebenbestimmung - rechtsverbindlich konkretisiert. Ob noch ein "Putzabzug" von 1%, wie von der Beklagten im Anschluss an das Ergebnis der Dienstbesprechung vom 01.06.2006 ursprünglich angesetzt, berechtigt wäre oder ein solcher allenfalls im Umfang von 1 - 1,5 cm für drei Seiten des Verkaufsraumes gebilligt werden könnte (vgl. Senatsurteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 - VBlBW 2005, 67 <70>, juris Rn. 36; siehe ferner das Urteil des 3. Senats vom 10.07.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433 <437>, juris Rn. 32), kann dahinstehen. Selbst bei einem Abzug von 1% = 8,54 m2 blieben noch insgesamt 845,09 m2 Verkaufsfläche.
79 
(3) Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts, insbesondere durch Einnahme eines Augenscheins, ist nicht geboten. Die für die Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung maßgebenden Tatsachen in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung sind aus dem Inhalt der beigezogenen Akten und Lichtbilder, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie aufgrund der ergänzenden Angaben der Beteiligten hinreichend ermittelt.
80 
cc) Ausgehend von diesen Feststellungen entspricht die Eigenart der näheren Umgebung keinem der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebiete. Vielmehr handelt es sich um eine Gemengelage. Ein faktisches Gewerbegebiet (§ 8 BauNVO) scheidet wegen der beiden großflächigen Einzelhandelsbetriebe i.S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO aus. § 11 Abs. 3 BauNVO ist auch bei der Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB uneingeschränkt zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.2009 - 4 B 4.09 - juris Rn. 9). Ein faktisches sonstiges Sondergebiet (§ 11 Abs. 1 Bau-NVO) gibt es als solches nicht (BVerwG, Urteil vom 16.09.2010 - 4 C 7.10 - 2011, 436, juris). Sollte es rechtlich ausnahmsweise zulässig sein, ein faktisches Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel anzuerkennen (offen gelassen vom BVerwG im Urteil vom 16.09.2010, a.a.O. Rn. 16 m.w.N.), entspräche die Eigenart der näheren Umgebung wegen der zahlreichen vorhandenen andersartigen Gewerbebetriebe offenkundig auch diesem Gebietstyp nicht.
81 
b) Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die streitige Nutzungsänderung zulässig. Sie fügt sich nach der insoweit allein erheblichen Art der baulichen Nutzung in die Eigenart der maßgebenden (s.o.) näheren Umgebung ein. Denn ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb bleibt im Rahmen, wenn - wie hier - im Beurteilungsgebiet bereits ein derartiger Nutzungstyp vorhanden ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.05.1987 - 4 C 6.85 - und 4 C 7.84 C 7.85 - NVwZ 1987, 1078, juris Rn. 13). Anhaltspunkte dafür, dass die Nutzungsänderung gegen das im Gebot des Einfügens aufgehende Rücksichtnahmegebot (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 - BauR 1981, 354, juris Rn. 32) verstößt, etwa im Hinblick auf Immissionskonflikte, die ihre Ursache in einem vermehrten Besucher- oder Kundenverkehr haben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.04.2000 - 4 B 25.00 - BauR 2001, 212, juris Rn. 12), sind nicht ersichtlich und werden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. Ob das Vorhaben mit Zielen der Raumordnung über Einzelhandelsgroßprojekte im Landesentwicklungsplan 2002 oder im Regionalplan 2015 Nordschwarzwald vereinbar ist, ist für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht erheblich. Auch ist die Vermutungsregel des § 11 Abs. 3 Satz 3 und 4 BauNVO für die bauplanungsrechtliche Beurteilung großflächiger Einzelhandelsbetriebe im ungeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 und 3 BauGB weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar (BVerwG, Beschluss vom 12.02.2009 - 4 B 3.09 - NVwZ 2009, 779, juris Rn. 9).
82 
c) Von der Nutzungsänderung sind auch keine i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde der Beigeladenen oder in anderen Gemeinden zu erwarten.
83 
aa) Zentrale Versorgungsbereiche i. S. dieser Vorschrift sind räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzungen eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt. Maßgebend ist, ob der betreffende Bereich nach Lage, Art und Zweckbestimmung eine für die Versorgung der Bevölkerung in einem bestimmten Einzugsbereich zentrale Funktion hat. Der Begriff ist nicht geografisch im Sinne einer Innenstadtlage oder Ortsmitte, sondern funktional zu verstehen, setzt aber eine integrierte Lage voraus. Isolierte Standorte mit einzelnen Einzelhandelsbetrieben bilden keinen zentralen Versorgungsbereich, auch wenn sie über einen weiten Einzugsbereich verfügen und eine beachtliche Versorgungsfunktion erfüllen mögen. Ziele der Raumordnung können zur räumlichen Abgrenzung nicht herangezogen werden (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.12.2011 - 8 S 1438/09 - BauR 2012, 905, juris Rn. 34 und 42 f. m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 12.07.2012 - 4 B 13.12 - BauR 2012, 1760, juris Rn. 6). Die für einen zentralen Versorgungsbereich in ländlichen Gemeinden zumindest erforderliche Sicherstellung einer wohnortnahen Grundversorgung setzt ein Warenangebot voraus, das den kurzfristigen Bedarf und Teile des mittelfristigen Bedarfs abdeckt. Das Warenangebot zur Deckung des kurzfristigen Bedarfs muss aber nur die wesentlichen Bedürfnisse des täglichen Bedarfs befriedigen, insbesondere die Grundversorgung mit Lebensmitteln und Drogerieartikeln; ein Angebot von Waren aller Art ist insoweit nicht erforderlich (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.04.2012 - 8 S 198/11 - NVwZ-RR 2012, 588, juris Rn. 36).
84 
Schädliche Auswirkungen i.S. des § 34 Abs. 3 BauGB sind zu erwarten, wenn die Funktionsfähigkeit eines zentralen Versorgungsbereichs in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit gestört wird. Das ist der Fall, wenn der Versorgungsbereich seinen Auftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr substantiell wahrnehmen kann. Insoweit genügt die Erwartung "nachhaltiger" Auswirkungen, wenn dafür eine hinreichend gesicherte Tatsachenbasis besteht. Als Maßstab darf der zu erwartende vorhabenbedingte Kaufkraftabfluss herangezogen werden. Zu dessen Quantifizierung sind unterschiedliche Methoden anerkannt. Dazu gehören auch Marktgutachten. Sie sind eine taugliche Methode, um den voraussichtlichen Kaufkraftabfluss an Hand von branchenspezifischen Erfahrungswerten zur üblichen Flächenproduktivität zu prognostizieren. Daneben ist der Vergleich der Verkaufsfläche des Vorhabens mit der gesamten branchenspezifischen Verkaufsfläche im betroffenen zentralen Versorgungsbereich ein taugliches Hilfsmittel für die Prognose. Feste Prozentsätze, bei deren Unterschreiten stets von unschädlichen und bei deren Überschreiten immer von schädlichen Auswirkungen auszugehen ist, lassen sich aber insoweit nicht angeben. Der Prüfungsmaßstab fordert eine Gesamtbetrachtung aller städtebaulich relevanten Umstände (vgl. BVerwG, Urteile vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 - BVerwGE 129, 307, juris Rn. 24 und vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 und 4 C 2.08 - BVerwGE 136, 10 und 18, juris Rn. 7 ff. und 10 ff.; Beschlüsse vom 17.02.2009 - 4 B 4.09 - juris Rn. 9, und vom 12.01.2012 - 4 B 39.11 - BauR 2012, 760, juris Rn. 12 ff.).
85 
bb) Daran gemessen sind von dem Vorhaben der Klägerin keine schädlichen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Beigeladenen oder in einer anderen Gemeinde i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB zu erwarten.
86 
Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass die beabsichtigte Nutzungsänderung mit der Erweiterung der Verkaufsfläche des bereits derzeit großflächigen Lebensmittelmarktes um ca. 177 m2 schädliche Auswirkungen im vorbezeichneten Sinn deshalb haben könnte, weil sie die Funktionsfähigkeit eines zen-tralen Versorgungsbereichs der Beigeladenen hinsichtlich der betroffenen Branchen in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigen und damit stören würde, bestehen nicht. Weder die Beklagte noch die Beigeladene haben Tatsachen, die eine solche Schädlichkeitsprognose stützen könnten, dargetan. Dafür ist auch sonst nichts ersichtlich, insbesondere auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgelegten "Auswirkungsanalyse" der ... vom Dezember 2011. Die "Auswirkungsanalyse" geht von einem die Anforderungen nach § 34 Abs. 3 BauGB erfüllenden, räumlich abgrenzbaren zentralen Versorgungsbereichs in der Ortsmitte der Beigeladenen aus, stellt insoweit aber unter Berücksichtigung der durch das Vorhaben der Klägerin ausgelösten Kaufkraftbewegungen und zusätzlich generierten Umsatzleistung von nur ca. 0,9 Millionen Euro, davon ca. 0,7 Millionen Euro im Lebensmittelsektor und ca. 0,2 Millionen Euro im Nonfoodsektor, keine nachhaltigen Auswirkungen auf Einzelhandelsbetriebe in diesem zentralen Versorgungsbereich fest. Denn es gebe dort keinen Lebensmittelmarkt und die vorhandenen Bäcker und Metzger hätten andere Konzepte und z.T. auch andere Kundenzielgruppen; zwei Wettbewerber der Klägerin am Ort befänden sich außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs. Diese Annahmen und Schlussfolgerungen sind jedenfalls plausibel, soweit sie schädliche Auswirkungen i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB verneinen. Offen lassen kann der Senat daher, ob die Annahme eines die Anforderungen nach § 34 Abs. 3 BauGB erfüllenden, räumlich abgrenzbaren zentralen Versorgungsbereichs in der Ortsmitte der Beigeladenen - auch nach der Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch - gerechtfertigt ist.
87 
Schließlich sind auch Anhaltspunkte dafür, dass die Erweiterung der Verkaufsfläche um ca. 177 m2 die Funktionsfähigkeit eines zentralen Versorgungsbereichs in einer anderen Gemeinde hinsichtlich der betroffenen Branchen in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigen und damit stören würde, nicht erkennbar, insbesondere hat die Beklagte auch insoweit nichts eingewandt. Nach der "Auswirkungsanalyse" der ... vom Dezember 2011 geht der Großteil des zusätzlich generierten Umsatzes von 0,9 Millionen Euro zu Lasten verschiedener Wettbewerber der Klägerin in drei umliegenden Städten. Wegen der Geringfügigkeit des zusätzlichen Umsatzes und der Streuung auf eine Vielzahl konkurrierender Anbieter seien negativen Auswirkungen auf andere zentrale Versorgungsbereiche aber auszuschließen. Denn die Umverteilungsquote liege in allen Fällen unter 2%. Die diesbezüglichen Annahmen und Schlussfolgerungen sind ebenfalls plausibel, soweit sie schädliche Auswirkungen i. S. des § 34 Abs. 3 BauGB verneinen. Der Senat kann daher auch insoweit offen lassen, ob und inwieweit in den genannten anderen Gemeinden zentrale Versorgungsbereiche vorhanden und betroffen sind.
88 
II. Anhaltspunkte dafür, dass dem Vorhaben bauordnungsrechtliche oder sonstige von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen könnten, sind von der Beklagten - auch auf ein ausdrückliches Ersuchen des Berichterstatters - nicht geltend gemacht worden. Für sie ist auch sonst nichts ersichtlich. Die Erweiterung der Gesamt-Verkaufsfläche löst zwar zusätzlichen Stellplatzbedarf aus (§ 37 Abs. 2 LBO). Die Klägerin hat mit dem Bauantrag aber einen Nachweis vorgelegt, wonach dieser zusätzliche Stellplatzbedarf durch vorhandene Stellplätze gedeckt wird. Die Beklagte hat die Richtigkeit dieser Berechnung nicht in Frage gestellt. Auch der Senat hat keine Zweifel an ihrer Richtigkeit. Abgesehen davon könnte der Nachweis der notwendigen Stellplätze auch zur - aufschiebenden - Bedingung (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 LVwVfG) einer Baugenehmigung gemacht werden (Senatsurteil vom 05.05.1994 - 5 S 2644/93 - VBlBW 1995, 29). Schließlich hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Senats bestätigt, dass sonstigen bauordnungsrechtlichen Anforderungen an das Vorhaben, etwa im Rahmen des Brandschutzes, durch Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung Rechnung getragen werden kann.
B.
89 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten der Klägerin für das Vorverfahren war vom Standpunkt einer verständigen Partei aus notwendig. Der Klägerin war es nach ihren Verhältnissen und wegen der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Sache nicht zuzumuten, das Vorverfahren selbst zu führen. Ein Anlass, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aus Gründen der Billigkeit für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO), besteht nicht, zumal die Beigeladene keinen Antrag gestellt und damit kein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
90 
Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor.
91 
Beschluss vom 10. Februar 2016
92 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.565 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG entsprechend der Wertfestsetzung im ersten Rechtszug in Anlehnung an die Empfehlung Nr. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs 2013, NVwZ 2013, Beilage 58).
93 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. März 2008 - 8 K 1640/07 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger erstrebt die Erteilung einer Baugenehmigung für eine bereits erstellte Doppelgarage in Grenznähe.
Mit Baugenehmigung des Landratsamts Tübingen vom 24.02.2003 war ihm neben einem Umbau der bestehenden Wohnhaushälfte der Neubau einer Doppelgarage auf seinem Grundstück Flst.Nr. ... der Gemarkung Gomaringen (... ... ...) genehmigt worden. Die Garage sollte in einem Abstand von 0,54 m zur südöstlichen Grundstücksgrenze zum Flst.Nr. ... (... ... ...) erstellt werden. Auf dieser Seite sollte sie eine Länge von 6,99 m, eine Höhe von 2,81 m und eine Wandfläche von 24,93 qm haben. Abweichend von diesen Maßen hat der Kläger im Jahre 2006 begonnen, das Bauwerk in einem Abstand zur Nachbargrenze von 0,65 m mit einer Länge von 7,49 m zuzüglich eines 1,68 m langen abgeschleppten Vordachs auf der Rückseite, einer Wandhöhe von 3 m bis 2,35 m im Bereich des Vordachs (von der Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt mit der Dachhaut), sowie einer Wandfläche von 36,43 qm (bzw. 30,82 qm ohne Vordachbereich) zu errichten. Auf Veranlassung des Landratsamts Tübingen hat er die Bauarbeiten eingestellt.
Ein den ins Werk gesetzten Maßen entsprechendes Baugesuch des Klägers vom 28.11.2006 lehnte das Landratsamt Tübingen mit Bescheid vom 05.06.2007 nach vorheriger Anhörung des Klägers ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass mit dem zur südlichen Nachbargrenze eingehaltenen Abstand von 0,65 m die erforderliche Abstandsflächentiefe von 2,50 m nach § 5 Abs. 7 und 8 LBO a.F. deutlich unterschritten werde. Ein Fall des § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. liege nicht vor, weil sowohl die zulässige Grenzbaulänge von 9 m als auch die Wandfläche von 25 qm überschritten werde. Selbst wenn man das Vordach außer Acht lasse, liege die Wandfläche mit 30,82 qm über dem zulässigen Maß. Die Voraussetzungen für eine Abweichung nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO a.F. seien nicht gegeben. Nachbarliche Belange würden erheblich beeinträchtigt. Diese Belange seien von der betroffenen Nachbarschaft auch geltend gemacht worden. Der vom Planverfasser des Klägers vertretenen Auffassung im Anschluss an den Kommentar von Sauter zur Landesbauordnung für Baden-Württemberg (3. Aufl., § 6 LBO RdNr. 48 d und Schaubild S. 10), wonach die Höchstmaße in dem Sinne „dynamisch“ gehandhabt werden könnten, dass, je weiter eine Garage von der Grenze zurückgesetzt werde, in einem 45-Grad-Winkel sowohl die Grenzbebauung als auch die Garagenhöhe über die festgelegten Maße hinaus erweitert werden könnten, folge das Landratsamt nicht. Der Gesetzeswortlaut sei eindeutig.
Hiergegen legte der Kläger mit Rechtsanwaltsschreiben vom 27.06.2007 Widerspruch ein mit der Begründung, dass nach der vom Landratsamt vertretenen Auffassung die gesetzliche Formulierung des § 6 Abs. 4 LBO a.F. völlig leerlaufen würde. Die Auslegung, dass bereits die Unterschreitung der nachbarschützenden Maße die erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange indiziere, entspreche nicht dem Wortlaut und auch nicht dem Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Bestimmung. Mit der Vorschrift hätten gerade erweiterte Möglichkeiten zur Abweichung von Abstandsvorschriften geschaffen werden sollen, indem auf die Einräumung von Ermessen und das Vorliegen eines atypischen Falles verzichtet worden sei. Dieser gesetzgeberische Gedanke würde ins Gegenteil verkehrt, wenn wieder nur in atypisch gelagerten Sonderfällen von nachbarschützenden Mindestabständen abgewichen werden dürfe. Da die Beleuchtung, Belüftung und der Brandschutz unproblematisch seien, sei nur zu prüfen, ob eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange vorliege. Diese könne aber nicht vorliegen, da die Wandfläche bei dem gegebenen Abstand von 0,65 m die sich unter Anlegung eines 45-Grad-Winkels nach beiden Seiten und nach oben ergebenden Maße nicht überschreite. Das Landratsamt weiche mit seiner Auslegung auch von der Handhabung durch andere Baurechtsbehörden ab.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2007 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Widerspruch zurück. Zur Begründung heißt es: Für die Auffassung der „dynamischen“ Anpassung werde ins Feld geführt, dass in Anwendung von § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO a.F. geringere Abstände dann zuzulassen seien, wenn nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt seien; dies liege vor, wenn bei wertender Betrachtung der Nachbar durch das grundsätzlich abstandsflächenwidrige Vorhaben tatsächlich nicht schlechter gestellt sei als bei der vergleichbaren Alternative, die die Abstandsflächenregelungen einhalte. Diese Ansicht lasse außer Acht, dass das Gesetz als Grundsatz die Einhaltung der Abstandsflächen bei Gebäuden vorsehe. Der Verzicht auf Abstandsflächen in Sonderfällen stelle eine Ausnahme dar. Ausnahmen seien aber eng auszulegen und dürften nicht durch Analogie oder durch eine „wertende Auslegung“ weiter ausgedehnt werden. Bereits das auf der Grundstücksgrenze zulässige Gebäude mit 9 m Länge und einem zulässigen Satteldach mit 45 Grad Dachneigung erreiche die Größe eines kleinen Wohngebäudes. Dies stelle für den Nachbarn regelmäßig eine erhebliche Beeinträchtigung seines Grundstücks dar, die ihm indessen nach dem Gesetz zugemutet werde. Angesichts dieser außerordentlich weitgehenden gesetzlichen Ausnahmeregelung bestehe keine Veranlassung, über die dort genannte Fallgruppe hinaus auf Abstandsflächen zu verzichten. Die Annahme, der Gesetzgeber habe die Wertung getroffen, bei Einhaltung eines 45-Grad-Winkels könnten keine erheblichen Beeinträchtigungen entstehen, finde nur für das Höchstmaß eine gewisse Stütze in § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO a.F., nicht jedoch für das Längenmaß und die Ansichtsfläche. Es sei zuzugestehen, dass derzeit verschiedene Auffassungen bei den Baurechtsbehörden bestünden. Das Regierungspräsidium Freiburg vertrete die Auffassung, die „dynamische“ Anwendung sei auf das Höhenmaß zu beschränken.
Am 04.10.2007 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat sein Vorbringen wiederholt und unter Bezugnahme auf die Kommentierung von Sauter vertieft, dass bei Einhaltung des 45-Grad-Winkels nach der Wertung des Gesetzgebers keine Beeinträchtigung für die Beleuchtung und Belüftung des benachbarten Grundstücks entstehen könne; dies ergebe sich aus den Regelungen in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO a.F. (Anrechnung von Dächern auf die Wandhöhe) und in § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO a.F. (Gelände vor notwendigen Fenstern von Aufenthaltsräumen, deren Fußboden unter der Geländeoberfläche liege). Er hat beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihm unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ergänzend ausgeführt: Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg führe eine Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächentiefe regelmäßig zu einer erheblichen, vom betroffenen Nachbarn nicht hinzunehmenden Beeinträchtigung, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig sei. Die vorhandene Situation sei nicht durch Besonderheiten gekennzeichnet, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich minderten oder weniger schutzwürdig erscheinen ließen.
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Klage mit Urteil vom 27.03.2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt: Die nach § 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 LBO a.F. erforderliche Tiefe der Abstandsfläche werde von dem Bauvorhaben nicht eingehalten. Es liege auch kein Sonderfall nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. vor, und das Bauvorhaben sei auch nicht nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO a.F. zuzulassen. Bei der danach vorzunehmenden Prüfung, ob nachbarliche Belange erheblich beeinträchtigt seien, sei von der gesetzgeberischen Wertung auszugehen, dass eine den nachbarschützenden Teil unterschreitende Abstandsflächentiefe regelmäßig eine erhebliche, vom betroffenen Nachbarn nicht hinzunehmende Beeinträchtigung darstelle, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig sei. Für eine vom Regelfall abweichende Beurteilung müssten auf dem Nachbargrundstück besondere Umstände vorliegen. So könne die vorhandene Situation durch bestimmte Besonderheiten gekennzeichnet sein, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandstiefe deutlich minderten oder als weniger schutzwürdig erscheinen ließen. Dass im vorliegenden Fall eine derartige besondere Situation vorliege, sei weder von den Beteiligten vorgetragen worden, noch sei Derartiges den vorgelegten Unterlagen zu entnehmen. Der Auffassung der Klägerseite, die sich auf eine „dynamische“ Handhabung der Höchstmaße nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. berufe, sei nicht zu folgen. Nach dieser Auffassung könnten in einem 45-Grad-Winkel sowohl die Grenzbaulänge als auch die Garagenhöhe über die gesetzlich festgesetzten Maße hinaus erweitert werden. Diese Vorgehensweise widerspreche jedoch dem Gesetzeswortlaut. Zwar sei zuzugeben, dass die Höchstmaße in § 6 Abs. 1 LBO a.F. typisierend festgelegt worden seien und es sich bei der vorgeschlagenen „dynamischen“ Handhabung ebenfalls um eine typisierende Festlegung handeln würde. Der Gesetzgeber habe sich jedoch für eine Regelung von bestimmten Höchstgrenzen entschieden und habe keine Regelung im Verhältnis zum Abstand von der Grundstücksgrenze gewählt. Die klägerische Auffassung würde auch zu Problemen bei der Anpassung der zulässigen Wandhöhe an die jeweilige Entfernung von der Grundstücksgrenze führen. Gegen eine „dynamische“ Auslegung der Regelungen in § 6 Abs. 1 LBO a.F. spreche schließlich auch die Praktikabilität. Festgesetzte Höchstmaße führten zu rechtlicher Klarheit, freilich auch zu Lasten einer größeren Einzelfallgerechtigkeit. Schließlich habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Befreiung von den nachbarschützenden Abstandsvorschriften nach § 56 Abs. 1 LBO a.F., da eine offenbar nicht beabsichtigte Härte nicht vorliege.
Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung legt der Kläger dar: Es gehe allein um die Frage, ob mit der Abstandstiefe von 0,65 m die Abstandsfläche zum südöstlichen Nachbargrundstück gewahrt sei. Zwar überschreite die Doppelgarage die in § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. festgesetzten Höchstgrenzen. Diese gälten aber nur für den Extremfall einer Garage, die unmittelbar an der Grenze stünde. Eine an Sinn und Zweck des Abstandsflächenrechts, insbesondere an dem in § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. zum Ausdruck kommenden Gesetzeszweck orientierte Auslegung der Vorschrift ergebe, dass die Höchstmaße dynamisch fortzuschreiben seien, wie es Sauter in seinem Kommentar zur LBO (a.a.O.) darstelle. Je weiter das Bauwerk von der Grundstücksgrenze entfernt sei, desto größer könne die der Nachbargrenze zugewandte Außenwand ausfallen, ohne dass deshalb die Beeinträchtigung größer werde. Dabei müsse die Wandgröße jedoch im Verhältnis sowohl zum Grenzabstand, als auch zur Größe der Wand eines Grenzbaus nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. stehen. Davon könne ausgegangen werden, wenn die grenznahe Wand unter einem Winkel von jeweils höchstens 45 Grad nach oben und nach beiden Seiten zunehme. Werde dieser Winkel eingehalten, könne nach der Wertung des Gesetzgebers keine Beeinträchtigung für die Beleuchtung und Belüftung benachbarter Grundstücke entstehen. Im Zusammenspiel mit § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F., aus dem sich der Gesetzeszweck der Abstandsregelung beispielhaft ergebe, komme es für eine Privilegierung auf eine ausreichende Beleuchtung und Belüftung des Nachbargrundstücks sowie darauf an, dass keine erhebliche Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange gegeben sei. Für die Rechtsfrage, ab welchem Grad nicht nur eine Beeinträchtigung, sondern eine in diesem Sinne erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen anzunehmen sei, sei bei dieser „dynamischen“ Handhabung der Vorschrift in seinem Fall eine Erheblichkeit nicht anzunehmen, weil eine ausreichende Belüftung und Beleuchtung gewährleistet sei. Das danach im Wege der Fortschreibung ermittelte zulässige Maß sei mit dem Bauvorhaben unstreitig eingehalten. Die vom Verwaltungsgericht erhobenen Praktikabilitätsbedenken griffen nicht durch. Die Vorschrift könne nach Maßgabe des Schaubilds Nr. 7 bei Sauter (a.a.O.) einfach und praktikabel angewandt werden. Eine zusätzliche Verschattung des nachbarlichen Grundstücks werde durch die Garage nicht hervorgerufen, weil ein auf dem Nachbargrundstück an der Grundstücksgrenze errichteter Schuppen, das Wohngebäude auf diesem Nachbargrundstück und die unmittelbar anschließend gepflanzten großen Laubbäume ihrerseits das Grundstück des Klägers in diesem Bereich verschatteten. Die Konstruktion des Garagengebäudes sei bewusst so gewählt worden, dass eine weitere Verschattung des Nachbargrundstücks nicht hervorgerufen werden könne. Auch aus diesen Gründen fehle es an der erheblichen Beeinträchtigung nachbarlicher Belange.
10 
Er beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. März 2008 - 8 K 1640/07 - zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Tübingen vom 5. Juni 2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 17.September 2007 zu verpflichten, ihm die am 28. November 2006 beantragte Baugenehmigung für eine Doppelgarage zu erteilen.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er trägt ergänzend vor: § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. sehe keinesfalls nur den Fall vor, bei dem Gebäude unmittelbar an die Grenze gebaut würden. Die Festlegung, dass Abstandsflächen nicht erforderlich seien, eröffne dem Bauherrn vielmehr die Möglichkeit, sein Gebäude unter Beachtung der Schmutzwinkelregelung nach § 6 Abs. 2 LBO a.F. in einem Rahmen zu errichten, der von unmittelbarem Grenzbau bis zur Einhaltung der vollen Abstandsflächentiefe oder darüber hinausreiche.
15 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Landratsamts Tübingen und des Regierungspräsidiums Tübingen vor. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die - ebenfalls zulässige - Verpflichtungsklage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch nach § 58 Abs. 1 LBO auf Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung, weil das Vorhaben nicht die bauordnungsrechtlich erforderliche Abstandsflächentiefe einhält. Die Ablehnung der Baugenehmigung verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Vorhabens ist die Landesbauordnung vom 08.08.1995 (GBl. S. 17) in der seit dem 01.03.2010 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes der Landesbauordnung vom 10.11.2009 (GBl. S. 615 ff. - LBO 2010 -). Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Verpflichtungsklage eines Bauherren auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG findet eine sog. „Günstigerprüfung“ nicht statt, da nur eine erteilte Baugenehmigung dem Bauherrn eine (relativ) gesicherte eigentumsrechtliche Position vermittelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.10.1980 - 4 C 3.78 -, BVerwGE 61, 128 <134>). Mangels Überleitungsvorschriften finden die geänderten Bestimmungen der Landesbauordnung mit ihrem Inkrafttreten am 01.03.2010 Anwendung.
18 
Gemäß § 58 Abs. 1 LBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.
19 
Die geplante Garage ist zwar auch nach der Änderung der Landesbauordnung weiterhin genehmigungspflichtig (§§ 49, 50 Abs. 1 LBO 2010). Sie ist nicht nach Nr. 1 b des Anhangs zu § 50 Abs. 1 LBO 2010 verfahrensfrei, da ihre Grundfläche über 30 qm (ca. 45 qm ohne Vordachbereich) beträgt.
20 
Dem Bauvorhaben steht aber die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 i.V.m. Abs. 7 Satz 2 LBO 2010 entgegen, da es die danach erforderliche Abstandsflächentiefe von 2,50 m unterschreitet.
21 
Es kann entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht als Sonderfall nach § 6 LBO Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 (entspricht § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F.) zugelassen werden. Dass die danach einzuhaltende Wandhöhe von 3 m und die Wandfläche von 25 qm überschritten sind, hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil im Rahmen des § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO (a.F.) zutreffend dargelegt und wird vom Kläger auch nicht in Frage gestellt. Er ist indessen der Auffassung, dass ein Sonderfall bei richtiger Auslegung der Vorschrift gleichwohl vorliege. Er macht der Sache nach geltend, dass es sich bei den in der Vorschrift genannten Maßen nicht um die absoluten Höchstmaße für eine abstandsflächenrechtliche Privilegierung einer baulichen Anlage unmittelbar an der Grenze, sondern um relative Maße handle, die mit zunehmendem Abstand des Gebäudes oder der baulichen Anlage von einer Nachbargrenze in einer bestimmten Weise dynamisch fortzuschreiben seien. Die Maße gälten nur für den Extremfall einer Garage, die unmittelbar an der Grenze stehe, nicht jedoch für den Fall, dass die Garage von der Grenze abgerückt werden solle. Er stützt sich zur Begründung seiner Auffassung auf die Kommentierung von Sauter (a.a.O.) zu § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO (a.F.), der eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange im Sinne dieser Vorschrift dann verneint, wenn die grenznahe Wand unter einem Winkel von jeweils höchstens 45 Grad nach oben und nach beiden Seiten zunehme. Werde dieser Winkel eingehalten, könne nach der Bewertung des Gesetzgebers keine Beeinträchtigung für die Beleuchtung und Belüftung benachbarter Gebäude entstehen; dies ergebe sich aus den Regelungen in § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 LBO (Anrechnung von Dächern auf die Wandhöhe) und in § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO (Gelände vor notwendigen Fenstern von Aufenthaltsräumen, deren Fußboden unter der Geländeoberfläche liegt). Der Kläger übersieht aber, dass sich die Kommentierung nicht auf Abs. 1, sondern auf Abs. 4 des § 6 LBO bezieht. Für eine „Dynamisierung“ der Maße des § 6 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F. und des ihn ersetzenden § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 gibt sie nichts her.
22 
Ein solcher Inhalt kann den Vorschriften auch nicht entnommen werden. Die Höchstmaße für die Wandhöhe und die Wandfläche nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 bzw. § 6 Abs. 1 Satz 1 LBO a. F. gelten auch, wenn mit einem der in diesen Vorschriften genannten Gebäude eine Abstandsfläche eingehalten wird. Sie sind in einem solchen Fall nicht im Verhältnis zur konkreten Abstandsflächentiefe relativierbar. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut sehen sie gerade nicht nur den Fall vor, dass Gebäude bzw. bauliche Anlagen unmittelbar an die Grenze gebaut werden. Die alte und neue Fassung der Vorschrift lassen vielmehr die Erforderlichkeit von Abstandsflächen entfallen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F.: „Abstandsflächen sind nicht erforderlich...“; § 6 Abs. 1 Satz 1 LBO 2010: „In den Abstandsflächen baulicher Anlagen sowie ohne eigene Abstandsflächen sind zulässig...“), wenn die Anlagen die dort genannten Höchstmaße einhalten mit der Folge, dass es dem Bauherren freisteht, ein Bauwerk (unter Einhaltung der Schmutzwinkelregelung nach § 6 Abs. 2 LBO) unmittelbar an der Grenze oder mit Grenzabstand zu errichten, der bis zur Einhaltung der vollen Abstandsflächentiefe oder darüber hinaus reicht. Einer Relativierung der Maße im Verhältnis zur Tiefe einer zu einer Grenze eingehaltenen Abstandsfläche stehen nicht nur der insoweit eindeutige Wortlaut, sondern auch der Charakter der Vorschrift als eng auszulegende Ausnahme von dem in § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO 2010 geregelten Grundsatz, dass Abstandsflächen einzuhalten sind, entgegen.
23 
Der Senat sieht aber auch die Voraussetzungen für eine Zulassung des Vorhabens nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010, der § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. entspricht, nicht als erfüllt an. Danach sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (vgl. hierzu Beschlüsse vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - BauR 1997, 92, und vom 24.01.2006 - 8 S 638/05 -, BauR 2006, 880 m.w.N. sowie die Nachweise im angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts) war zur Auslegung des Begriffs der erheblichen Beeinträchtigungen im Sinne des § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO a.F. i.V.m. den bisherigen abstandsrechtlichen Bestimmungen in §§ 5 und 6 LBO a.F. von Folgendem auszugehen: Die Abstandsflächenvorschriften waren nicht in vollem Umfang, sondern nur in einem gesetzlich genau festgelegten Maß nachbarschützend. Mit dieser Beschränkung des Nachbarschutzes auf ein bestimmtes Maß der Abstandsflächentiefe bestimmte der Gesetzgeber zugleich die Grenzen dessen, was einem Grundstückseigentümer durch die Bebauung eines Nachbargrundstücks in Bezug auf die damit verbundene Beeinträchtigung der Besonnung, Belichtung und Belüftung seines eigenen Grundstücks (noch) zugemutet werden kann. Eine Unterschreitung dieses Maßes stellte damit grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. erhebliche Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß dieser Unterschreitung ankam. Dafür sprach auch, dass die Abstandsvorschriften andernfalls durch § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. in einer Weise relativiert wurden, die die Frage nach dem Sinn der ganzen komplizierten Berechnungsvorschriften aufgeworfen hätte. Angesichts des umfangreichen Katalogs von Einschränkungen und Vergünstigungen zu Gunsten des Bauherrn in § 5 LBO a.F. bestand auch mit Rücksicht auf seine Interessen kein Grund zu einer solchen Aufweichung der Abstandsvorschriften. Allein mit dem Hinweis darauf, dass der nachbarschützende Teil der Abstandsflächentiefe nur geringfügig unterschritten wird, konnte daher das Fehlen einer erheblichen Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange nicht begründet werden. Voraussetzung hierfür war vielmehr generell, dass die vorhandene Situation durch bestimmte Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächentiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen.
24 
Die dieser Rechtsprechung zugrunde liegende gesetzgeberische Wertung hat sich durch die Neuregelung der Abstandsflächentiefen in §§ 5 und 6 LBO 2010 jedenfalls insoweit nicht geändert, als es um die Unterschreitung des Mindestabstands von 2,50 m nach § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO 2010 geht. Die Neuregelung unterscheidet zwar nicht mehr zwischen einem nachbarschützenden und einem nicht nachbarschützenden Teil der Abstandsflächentiefen. Abstandsflächen sind, auch bei Wänden mit einer Länge von über 16 m (vgl. § 5 Abs. 8 LBO a.F.) nur noch in Höhe des bisherigen nachbarschützenden Teils der Abstandstiefen einzuhalten. Dies bedeutet für die Zulassung geringerer als der vorgeschriebenen Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010, dass diese Zulassung nunmehr in jedem Fall voraussetzt, dass nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden (vgl. LT-Drs. 14/5013 S. 40). Ob der Umstand, dass es nur noch nachbarschützende Abstandsflächen gibt, deshalb Veranlassung bietet, die Rechtsprechung zum Begriff der erheblichen Beeinträchtigung grundsätzlich zu überdenken, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn durch die Neuregelung der Abstandsflächentiefen hat sich jedenfalls an der in §§ 5 und 6 LBO zum Ausdruck kommenden normativen Wertung insoweit nichts geändert, als es um die Mindesttiefe der Abstandsfläche von 2,50 m geht, den das Vorhaben des Klägers unterschreitet. Die Mindesttiefe der Abstandsfläche nach § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO 2010 gehört nach wie vor zum unverzichtbaren Kernbestand des Nachbarschutzes mit Blick auf Beeinträchtigungen der Besonnung, Belichtung und Belüftung eines Grundstücks durch eine Bebauung des Nachbargrundstücks. Daher ist auch nach dem Wegfall des nicht nachbarschützenden Teils der Abstandsflächentiefe durch das Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung vom 17.11.2009 (GBl. S. 615) nach der in §§ 5, 6 LBO zum Ausdruck kommenden normativen Wertung davon auszugehen, dass jedenfalls bei einer Unterschreitung der nach § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO gebotenen Mindesttiefe der Abstandsfläche nachbarliche Belange i. S. des § 6 Abs. 3 Nr. 2 LBO erheblich beeinträchtigt werden, es sei denn, die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück wird durch tatsächliche oder rechtliche Besonderheiten im Verhältnis zum Bauvorhaben gekennzeichnet, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung der Mindestabstandsflächentiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs zur bisherigen Rechtslage; vgl. Urteile vom 06.06.2008 - 8 S 18/07 -, VBlBW 2008, 483; vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - VBlBW 2009, 65; vom 10.10.2002 - 5 S 1655/01 -, BauR 2003, 1201 und vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 - Juris), insbesondere den Abstandsflächenvorschriften selbst sich entnehmen lässt, dass der Gesetzgeber die konkrete Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks für zumutbar hält (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.01.2010 - 8 S 1977/09 - Juris und Urteil vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - a.a.O.).
25 
Solche Besonderheiten lassen sich im vorliegenden Fall aber nicht feststellen. Der Kläger beruft sich der Sache nach auf Besonderheiten, die sich aus den Abstandsflächenvorschriften selbst ergeben, indem er unter Berufung auf die Kommentierung von Sauter (a.a.O.) geltend macht, dass die der Nachbargrenze zugewandte Außenwand umso größer ausfallen könne, je weiter das Bauwerk von der Grundstücksgrenze entfernt sei, ohne dass deshalb die Beeinträchtigung größer werde, und dass dies der Fall sei, wenn die grenznahe Wand unter einem Winkel von jeweils höchstens 45 Grad nach oben und nach beiden Seiten zunehme und bei dieser „dynamischen“ Handhabung des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 (der § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr.2 LBO a. F. entspricht) nach der in § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO 2010 und § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO 2010 zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers keine weitergehende Beeinträchtigung für die Beleuchtung und Belüftung benachbarter Grundstücke entstehen könne.
26 
Der Umstand, dass ein Gebäude i. S. des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO mit eigener Abstandsfläche und einer die Höchstmaße nach dieser Vorschrift überschreitenden Grenzwand errichtet wird, deren Größe in Relation zu den Höchstmaßen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO unter einem Winkel von höchstens 45 Grad nach oben und nach beiden Seiten steht, ist keine Besonderheit im vorgenannten Sinne, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung der Mindestabstandsflächentiefe deutlich mindert oder als weniger schutzwürdig erscheinen lässt. Die normativen Wertungen der Abstandsflächenvorschriften weisen nicht darauf hin, dass der Gesetzgeber im Falle grenznaher baulicher Anlagen die vom Kläger und bei Sauter (a.a.O.) beschriebene „dynamische“ Vergrößerung der Wandfläche in Abhängigkeit von der Tiefe der eingehaltenen Abstandsfläche für zumutbar hielte. Zwar werden nach § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO 2010, der auch für die Berechnung der zulässigen Wandhöhe einer abstandsflächenfreien baulichen Anlage (von bis zu 3 m) nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO 2010 gilt, auf die Wandhöhe die Höhe von Dächern und Dachaufbauten mit einer Neigung von bis zu 45 Grad nicht angerechnet. Daraus lässt sich aber kein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Inhalts ableiten, dass der Gesetzgeber Beeinträchtigungen im Hinblick auf die Belichtung und Belüftung eines Nachbargrundstücks durch eine bauliche Anlage bei Einhaltung eines 45-Grad-Winkels zum Nachbargrundstück generell für zumutbar hält. Eine solche Wertung lässt zunächst schon, worauf das Regierungspräsidium im angefochtenen Widerspruchsbescheid bereits hingewiesen hat, außer Acht, dass das Gesetz als Grundsatz die Einhaltung der Abstandsflächen bei Gebäuden und baulichen Anlagen vorsieht, der Verzicht auf Abstandsflächen in Sonderfällen eine Ausnahme darstellt, Ausnahmen aber eng auszulegen sind und nicht durch eine „wertende Auslegung“ weiter ausgedehnt werden dürfen. Zudem trifft die der Argumentation des Klägers zugrunde liegende Annahme nicht zu, dass der Nachbar bei wertender Betrachtungsweise durch das abstandsflächenwidrige Vorhaben tatsächlich nicht schlechter gestellt sei als bei der vergleichbaren Alternative, die die Abstandsflächenregelung einhalte. Die Regelung des § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO 2010 über die Anrechnung von Dächern oder Dachaufbauten mit einer Neigung von mehr als 45 Grad auf die Wandhöhe betrifft nicht in erster Linie Grenzbauten oder grenznahe Bauten, sondern abstandsflächenpflichtige Gebäude oder bauliche Anlagen und damit gänzlich andere Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks. Zum anderen ist mit der Vorschrift nur die Höhenausdehnung angesprochen. Sie ermöglicht nicht auch eine Erweiterung der auf 9 m begrenzten Bebauung entlang den einzelnen Nachbargrenzen nach § 6 Abs. 1 Satz 3 LBO 2010. Diese Begrenzung wirkt vielmehr gerade als Korrektiv für die ausnahmsweise zugelassene Grenzbebauung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - a.a.O.).
27 
Auch eine vergleichende Bezugnahme auf die in § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO (alte wie neue Fassung) zum Ausdruck kommende Wertung hilft nicht weiter. Diese Vorschrift, nach der Aufenthaltsräume, deren Fußboden unter der Geländeoberfläche liegt, nur zulässig sind, wenn das Gelände mit einer Neigung von höchstens 45 Grad an die Außenwände vor notwendigen Fenstern anschließt, regelt nicht das nachbarliche Austauschverhältnis, sondern die Mindestanforderungen an die Eignung eines Aufenthaltsraums (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - a.a.O.).
28 
Sonstige rechtliche Besonderheiten (etwa eine rechtliche Vorbelastung des Nachbargrundstücks [vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.01.2010 - 8 S 1977/09 - Juris]) stehen nicht in Rede.
29 
Auch bauordnungsrechtlich bedeutsame tatsächliche Besonderheiten (etwa eine unterschiedliche Höhenlage beider Grundstücke, ein besonderer Grundstückszuschnitt des Nachbargrundstücks oder ein bereits vorhandener Grenzbau (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.06.2003 - 3 S 938/05 -, BauR 2003, 1549) liegen nicht vor.
30 
Soweit der Kläger geltend macht, dass es an einer erheblichen Beeinträchtigung auch deshalb fehle, weil das Nachbargrundstück durch Gebäude und Bäume auf diesem Grundstück verschattet werde und deshalb durch das Bauvorhaben eine weitere Verschattung des Nachbargrundstücks nicht hervorgerufen werden könne, braucht der Richtigkeit dieses Vorbringens insoweit nicht weiter nachgegangen zu werden, als eine Verschattung durch Bäume geltend gemacht wird. Denn dies ist keine Besonderheit, die eine erhebliche Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 ausschließen könnte. Die Bepflanzung eines Grundstücks gehört nicht zu den bauordnungsrechtlich relevanten Besonderheiten, durch die ein Grundstück geprägt sein kann. Aber auch der auf dem Nachbargrundstück an der Grenze zum Grundstück des Klägers stehende Schuppen, der seinerseits das Grundstück des Klägers von Süden verschattet, stellt keine grundstücksbezogene Besonderheit dar, die die Schutzwürdigkeit des Nachbargrundstücks mindern würde. Denn er liegt nicht, auch nicht teilweise, auf gleicher Höhe wie die zur Genehmigung gestellte Garage, lässt also nicht, wie bei einer Doppelhaushälfte, eine Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks durch das Bauvorhaben in Bezug auf die mit den Abstandsflächenvorschriften geschützten Belange entfallen. Einen Anspruch auf einen Ausgleich für Nachteile, die einem Grundstück durch eine von den Abstandsflächenvorschriften nicht gedeckte Grenzbebauung entstehen, durch Zulassung einer ebenfalls nicht von den Abstandsflächenvorschriften gedeckten Grenzbebauung oder grenznahen Bebauung auf dem dadurch belasteten Grundstück, etwa in Form einer „Saldierung“ der die Abstandsflächentiefen jeweils überschreitenden Maße, gibt die Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 nicht her.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
32 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
33 
Beschluss vom 30. März 2010
34 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
35 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die - ebenfalls zulässige - Verpflichtungsklage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch nach § 58 Abs. 1 LBO auf Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung, weil das Vorhaben nicht die bauordnungsrechtlich erforderliche Abstandsflächentiefe einhält. Die Ablehnung der Baugenehmigung verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Vorhabens ist die Landesbauordnung vom 08.08.1995 (GBl. S. 17) in der seit dem 01.03.2010 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes der Landesbauordnung vom 10.11.2009 (GBl. S. 615 ff. - LBO 2010 -). Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Verpflichtungsklage eines Bauherren auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG findet eine sog. „Günstigerprüfung“ nicht statt, da nur eine erteilte Baugenehmigung dem Bauherrn eine (relativ) gesicherte eigentumsrechtliche Position vermittelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.10.1980 - 4 C 3.78 -, BVerwGE 61, 128 <134>). Mangels Überleitungsvorschriften finden die geänderten Bestimmungen der Landesbauordnung mit ihrem Inkrafttreten am 01.03.2010 Anwendung.
18 
Gemäß § 58 Abs. 1 LBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.
19 
Die geplante Garage ist zwar auch nach der Änderung der Landesbauordnung weiterhin genehmigungspflichtig (§§ 49, 50 Abs. 1 LBO 2010). Sie ist nicht nach Nr. 1 b des Anhangs zu § 50 Abs. 1 LBO 2010 verfahrensfrei, da ihre Grundfläche über 30 qm (ca. 45 qm ohne Vordachbereich) beträgt.
20 
Dem Bauvorhaben steht aber die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 i.V.m. Abs. 7 Satz 2 LBO 2010 entgegen, da es die danach erforderliche Abstandsflächentiefe von 2,50 m unterschreitet.
21 
Es kann entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht als Sonderfall nach § 6 LBO Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 (entspricht § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F.) zugelassen werden. Dass die danach einzuhaltende Wandhöhe von 3 m und die Wandfläche von 25 qm überschritten sind, hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil im Rahmen des § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO (a.F.) zutreffend dargelegt und wird vom Kläger auch nicht in Frage gestellt. Er ist indessen der Auffassung, dass ein Sonderfall bei richtiger Auslegung der Vorschrift gleichwohl vorliege. Er macht der Sache nach geltend, dass es sich bei den in der Vorschrift genannten Maßen nicht um die absoluten Höchstmaße für eine abstandsflächenrechtliche Privilegierung einer baulichen Anlage unmittelbar an der Grenze, sondern um relative Maße handle, die mit zunehmendem Abstand des Gebäudes oder der baulichen Anlage von einer Nachbargrenze in einer bestimmten Weise dynamisch fortzuschreiben seien. Die Maße gälten nur für den Extremfall einer Garage, die unmittelbar an der Grenze stehe, nicht jedoch für den Fall, dass die Garage von der Grenze abgerückt werden solle. Er stützt sich zur Begründung seiner Auffassung auf die Kommentierung von Sauter (a.a.O.) zu § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO (a.F.), der eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange im Sinne dieser Vorschrift dann verneint, wenn die grenznahe Wand unter einem Winkel von jeweils höchstens 45 Grad nach oben und nach beiden Seiten zunehme. Werde dieser Winkel eingehalten, könne nach der Bewertung des Gesetzgebers keine Beeinträchtigung für die Beleuchtung und Belüftung benachbarter Gebäude entstehen; dies ergebe sich aus den Regelungen in § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 LBO (Anrechnung von Dächern auf die Wandhöhe) und in § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO (Gelände vor notwendigen Fenstern von Aufenthaltsräumen, deren Fußboden unter der Geländeoberfläche liegt). Der Kläger übersieht aber, dass sich die Kommentierung nicht auf Abs. 1, sondern auf Abs. 4 des § 6 LBO bezieht. Für eine „Dynamisierung“ der Maße des § 6 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F. und des ihn ersetzenden § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 gibt sie nichts her.
22 
Ein solcher Inhalt kann den Vorschriften auch nicht entnommen werden. Die Höchstmaße für die Wandhöhe und die Wandfläche nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 bzw. § 6 Abs. 1 Satz 1 LBO a. F. gelten auch, wenn mit einem der in diesen Vorschriften genannten Gebäude eine Abstandsfläche eingehalten wird. Sie sind in einem solchen Fall nicht im Verhältnis zur konkreten Abstandsflächentiefe relativierbar. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut sehen sie gerade nicht nur den Fall vor, dass Gebäude bzw. bauliche Anlagen unmittelbar an die Grenze gebaut werden. Die alte und neue Fassung der Vorschrift lassen vielmehr die Erforderlichkeit von Abstandsflächen entfallen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F.: „Abstandsflächen sind nicht erforderlich...“; § 6 Abs. 1 Satz 1 LBO 2010: „In den Abstandsflächen baulicher Anlagen sowie ohne eigene Abstandsflächen sind zulässig...“), wenn die Anlagen die dort genannten Höchstmaße einhalten mit der Folge, dass es dem Bauherren freisteht, ein Bauwerk (unter Einhaltung der Schmutzwinkelregelung nach § 6 Abs. 2 LBO) unmittelbar an der Grenze oder mit Grenzabstand zu errichten, der bis zur Einhaltung der vollen Abstandsflächentiefe oder darüber hinaus reicht. Einer Relativierung der Maße im Verhältnis zur Tiefe einer zu einer Grenze eingehaltenen Abstandsfläche stehen nicht nur der insoweit eindeutige Wortlaut, sondern auch der Charakter der Vorschrift als eng auszulegende Ausnahme von dem in § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO 2010 geregelten Grundsatz, dass Abstandsflächen einzuhalten sind, entgegen.
23 
Der Senat sieht aber auch die Voraussetzungen für eine Zulassung des Vorhabens nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010, der § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. entspricht, nicht als erfüllt an. Danach sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (vgl. hierzu Beschlüsse vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - BauR 1997, 92, und vom 24.01.2006 - 8 S 638/05 -, BauR 2006, 880 m.w.N. sowie die Nachweise im angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts) war zur Auslegung des Begriffs der erheblichen Beeinträchtigungen im Sinne des § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO a.F. i.V.m. den bisherigen abstandsrechtlichen Bestimmungen in §§ 5 und 6 LBO a.F. von Folgendem auszugehen: Die Abstandsflächenvorschriften waren nicht in vollem Umfang, sondern nur in einem gesetzlich genau festgelegten Maß nachbarschützend. Mit dieser Beschränkung des Nachbarschutzes auf ein bestimmtes Maß der Abstandsflächentiefe bestimmte der Gesetzgeber zugleich die Grenzen dessen, was einem Grundstückseigentümer durch die Bebauung eines Nachbargrundstücks in Bezug auf die damit verbundene Beeinträchtigung der Besonnung, Belichtung und Belüftung seines eigenen Grundstücks (noch) zugemutet werden kann. Eine Unterschreitung dieses Maßes stellte damit grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. erhebliche Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß dieser Unterschreitung ankam. Dafür sprach auch, dass die Abstandsvorschriften andernfalls durch § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. in einer Weise relativiert wurden, die die Frage nach dem Sinn der ganzen komplizierten Berechnungsvorschriften aufgeworfen hätte. Angesichts des umfangreichen Katalogs von Einschränkungen und Vergünstigungen zu Gunsten des Bauherrn in § 5 LBO a.F. bestand auch mit Rücksicht auf seine Interessen kein Grund zu einer solchen Aufweichung der Abstandsvorschriften. Allein mit dem Hinweis darauf, dass der nachbarschützende Teil der Abstandsflächentiefe nur geringfügig unterschritten wird, konnte daher das Fehlen einer erheblichen Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange nicht begründet werden. Voraussetzung hierfür war vielmehr generell, dass die vorhandene Situation durch bestimmte Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächentiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen.
24 
Die dieser Rechtsprechung zugrunde liegende gesetzgeberische Wertung hat sich durch die Neuregelung der Abstandsflächentiefen in §§ 5 und 6 LBO 2010 jedenfalls insoweit nicht geändert, als es um die Unterschreitung des Mindestabstands von 2,50 m nach § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO 2010 geht. Die Neuregelung unterscheidet zwar nicht mehr zwischen einem nachbarschützenden und einem nicht nachbarschützenden Teil der Abstandsflächentiefen. Abstandsflächen sind, auch bei Wänden mit einer Länge von über 16 m (vgl. § 5 Abs. 8 LBO a.F.) nur noch in Höhe des bisherigen nachbarschützenden Teils der Abstandstiefen einzuhalten. Dies bedeutet für die Zulassung geringerer als der vorgeschriebenen Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010, dass diese Zulassung nunmehr in jedem Fall voraussetzt, dass nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden (vgl. LT-Drs. 14/5013 S. 40). Ob der Umstand, dass es nur noch nachbarschützende Abstandsflächen gibt, deshalb Veranlassung bietet, die Rechtsprechung zum Begriff der erheblichen Beeinträchtigung grundsätzlich zu überdenken, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn durch die Neuregelung der Abstandsflächentiefen hat sich jedenfalls an der in §§ 5 und 6 LBO zum Ausdruck kommenden normativen Wertung insoweit nichts geändert, als es um die Mindesttiefe der Abstandsfläche von 2,50 m geht, den das Vorhaben des Klägers unterschreitet. Die Mindesttiefe der Abstandsfläche nach § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO 2010 gehört nach wie vor zum unverzichtbaren Kernbestand des Nachbarschutzes mit Blick auf Beeinträchtigungen der Besonnung, Belichtung und Belüftung eines Grundstücks durch eine Bebauung des Nachbargrundstücks. Daher ist auch nach dem Wegfall des nicht nachbarschützenden Teils der Abstandsflächentiefe durch das Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung vom 17.11.2009 (GBl. S. 615) nach der in §§ 5, 6 LBO zum Ausdruck kommenden normativen Wertung davon auszugehen, dass jedenfalls bei einer Unterschreitung der nach § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO gebotenen Mindesttiefe der Abstandsfläche nachbarliche Belange i. S. des § 6 Abs. 3 Nr. 2 LBO erheblich beeinträchtigt werden, es sei denn, die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück wird durch tatsächliche oder rechtliche Besonderheiten im Verhältnis zum Bauvorhaben gekennzeichnet, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung der Mindestabstandsflächentiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs zur bisherigen Rechtslage; vgl. Urteile vom 06.06.2008 - 8 S 18/07 -, VBlBW 2008, 483; vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - VBlBW 2009, 65; vom 10.10.2002 - 5 S 1655/01 -, BauR 2003, 1201 und vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 - Juris), insbesondere den Abstandsflächenvorschriften selbst sich entnehmen lässt, dass der Gesetzgeber die konkrete Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks für zumutbar hält (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.01.2010 - 8 S 1977/09 - Juris und Urteil vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - a.a.O.).
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Solche Besonderheiten lassen sich im vorliegenden Fall aber nicht feststellen. Der Kläger beruft sich der Sache nach auf Besonderheiten, die sich aus den Abstandsflächenvorschriften selbst ergeben, indem er unter Berufung auf die Kommentierung von Sauter (a.a.O.) geltend macht, dass die der Nachbargrenze zugewandte Außenwand umso größer ausfallen könne, je weiter das Bauwerk von der Grundstücksgrenze entfernt sei, ohne dass deshalb die Beeinträchtigung größer werde, und dass dies der Fall sei, wenn die grenznahe Wand unter einem Winkel von jeweils höchstens 45 Grad nach oben und nach beiden Seiten zunehme und bei dieser „dynamischen“ Handhabung des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 (der § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr.2 LBO a. F. entspricht) nach der in § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO 2010 und § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO 2010 zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers keine weitergehende Beeinträchtigung für die Beleuchtung und Belüftung benachbarter Grundstücke entstehen könne.
26 
Der Umstand, dass ein Gebäude i. S. des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO mit eigener Abstandsfläche und einer die Höchstmaße nach dieser Vorschrift überschreitenden Grenzwand errichtet wird, deren Größe in Relation zu den Höchstmaßen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO unter einem Winkel von höchstens 45 Grad nach oben und nach beiden Seiten steht, ist keine Besonderheit im vorgenannten Sinne, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung der Mindestabstandsflächentiefe deutlich mindert oder als weniger schutzwürdig erscheinen lässt. Die normativen Wertungen der Abstandsflächenvorschriften weisen nicht darauf hin, dass der Gesetzgeber im Falle grenznaher baulicher Anlagen die vom Kläger und bei Sauter (a.a.O.) beschriebene „dynamische“ Vergrößerung der Wandfläche in Abhängigkeit von der Tiefe der eingehaltenen Abstandsfläche für zumutbar hielte. Zwar werden nach § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO 2010, der auch für die Berechnung der zulässigen Wandhöhe einer abstandsflächenfreien baulichen Anlage (von bis zu 3 m) nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO 2010 gilt, auf die Wandhöhe die Höhe von Dächern und Dachaufbauten mit einer Neigung von bis zu 45 Grad nicht angerechnet. Daraus lässt sich aber kein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Inhalts ableiten, dass der Gesetzgeber Beeinträchtigungen im Hinblick auf die Belichtung und Belüftung eines Nachbargrundstücks durch eine bauliche Anlage bei Einhaltung eines 45-Grad-Winkels zum Nachbargrundstück generell für zumutbar hält. Eine solche Wertung lässt zunächst schon, worauf das Regierungspräsidium im angefochtenen Widerspruchsbescheid bereits hingewiesen hat, außer Acht, dass das Gesetz als Grundsatz die Einhaltung der Abstandsflächen bei Gebäuden und baulichen Anlagen vorsieht, der Verzicht auf Abstandsflächen in Sonderfällen eine Ausnahme darstellt, Ausnahmen aber eng auszulegen sind und nicht durch eine „wertende Auslegung“ weiter ausgedehnt werden dürfen. Zudem trifft die der Argumentation des Klägers zugrunde liegende Annahme nicht zu, dass der Nachbar bei wertender Betrachtungsweise durch das abstandsflächenwidrige Vorhaben tatsächlich nicht schlechter gestellt sei als bei der vergleichbaren Alternative, die die Abstandsflächenregelung einhalte. Die Regelung des § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO 2010 über die Anrechnung von Dächern oder Dachaufbauten mit einer Neigung von mehr als 45 Grad auf die Wandhöhe betrifft nicht in erster Linie Grenzbauten oder grenznahe Bauten, sondern abstandsflächenpflichtige Gebäude oder bauliche Anlagen und damit gänzlich andere Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks. Zum anderen ist mit der Vorschrift nur die Höhenausdehnung angesprochen. Sie ermöglicht nicht auch eine Erweiterung der auf 9 m begrenzten Bebauung entlang den einzelnen Nachbargrenzen nach § 6 Abs. 1 Satz 3 LBO 2010. Diese Begrenzung wirkt vielmehr gerade als Korrektiv für die ausnahmsweise zugelassene Grenzbebauung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - a.a.O.).
27 
Auch eine vergleichende Bezugnahme auf die in § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO (alte wie neue Fassung) zum Ausdruck kommende Wertung hilft nicht weiter. Diese Vorschrift, nach der Aufenthaltsräume, deren Fußboden unter der Geländeoberfläche liegt, nur zulässig sind, wenn das Gelände mit einer Neigung von höchstens 45 Grad an die Außenwände vor notwendigen Fenstern anschließt, regelt nicht das nachbarliche Austauschverhältnis, sondern die Mindestanforderungen an die Eignung eines Aufenthaltsraums (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - a.a.O.).
28 
Sonstige rechtliche Besonderheiten (etwa eine rechtliche Vorbelastung des Nachbargrundstücks [vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.01.2010 - 8 S 1977/09 - Juris]) stehen nicht in Rede.
29 
Auch bauordnungsrechtlich bedeutsame tatsächliche Besonderheiten (etwa eine unterschiedliche Höhenlage beider Grundstücke, ein besonderer Grundstückszuschnitt des Nachbargrundstücks oder ein bereits vorhandener Grenzbau (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.06.2003 - 3 S 938/05 -, BauR 2003, 1549) liegen nicht vor.
30 
Soweit der Kläger geltend macht, dass es an einer erheblichen Beeinträchtigung auch deshalb fehle, weil das Nachbargrundstück durch Gebäude und Bäume auf diesem Grundstück verschattet werde und deshalb durch das Bauvorhaben eine weitere Verschattung des Nachbargrundstücks nicht hervorgerufen werden könne, braucht der Richtigkeit dieses Vorbringens insoweit nicht weiter nachgegangen zu werden, als eine Verschattung durch Bäume geltend gemacht wird. Denn dies ist keine Besonderheit, die eine erhebliche Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 ausschließen könnte. Die Bepflanzung eines Grundstücks gehört nicht zu den bauordnungsrechtlich relevanten Besonderheiten, durch die ein Grundstück geprägt sein kann. Aber auch der auf dem Nachbargrundstück an der Grenze zum Grundstück des Klägers stehende Schuppen, der seinerseits das Grundstück des Klägers von Süden verschattet, stellt keine grundstücksbezogene Besonderheit dar, die die Schutzwürdigkeit des Nachbargrundstücks mindern würde. Denn er liegt nicht, auch nicht teilweise, auf gleicher Höhe wie die zur Genehmigung gestellte Garage, lässt also nicht, wie bei einer Doppelhaushälfte, eine Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks durch das Bauvorhaben in Bezug auf die mit den Abstandsflächenvorschriften geschützten Belange entfallen. Einen Anspruch auf einen Ausgleich für Nachteile, die einem Grundstück durch eine von den Abstandsflächenvorschriften nicht gedeckte Grenzbebauung entstehen, durch Zulassung einer ebenfalls nicht von den Abstandsflächenvorschriften gedeckten Grenzbebauung oder grenznahen Bebauung auf dem dadurch belasteten Grundstück, etwa in Form einer „Saldierung“ der die Abstandsflächentiefen jeweils überschreitenden Maße, gibt die Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 nicht her.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
32 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
33 
Beschluss vom 30. März 2010
34 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
35 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit es die Antragstellerin zu 2 betrifft.

Der Bebauungsplan „2. Deckblattänderung Hohe Straße/Mähringer Straße/Gomaringer Straße“ der Stadt Reutlingen vom 4. Februar 2010 wird für unwirksam erklärt.

Die Antragstellerin zu 2 und die Antragsgegnerin tragen jeweils die Hälfte der Gerichtskosten. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 1. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan „2. Deckblattänderung Hohe Straße/Mähringer Straße/Gomaringer Straße“ der Antragsgegnerin vom 04.02.2010, mit der der Bebauungsplan „Hohe Straße/Mähringer Straße/ Gomaringer Straße“ vom 08.07.1986 im Wege des vereinfachten Verfahrens gemäß § 13 BauGB geändert wurde.
Der identische Planbereich der Bebauungspläne umfasst ein Geländedreieck am südwestlichen Ortseingang des Stadtteils Ohmenhausen, das durch die genannten Straßen begrenzt wird und weitgehend bebaut ist. Die Altfassung setzt im Norden und Süden des Plangebiets Mischgebiete fest. Auf dem dazwischen liegenden Grundstück Flst.Nr. .../2, das mit einem ursprünglich als Schreinerei genutzten Gebäude bebaut ist (...), sind ein Gewerbegebiet und im Übergang zum südlich anschließenden Mischgebiet ein eingeschränktes Gewerbegebiet festgesetzt, in dem nur solche Gewerbebetriebe zulässig sind, die das Wohnen nicht wesentlich stören.
Die Antragstellerin zu 1 ist Mieterin von Räumen im Erdgeschoss des Gebäudes ... Sie betreibt dort aufgrund einer ihr erteilten Baugenehmigung eine mischgebietsverträgliche, d.h. kerngebietsuntypische Spielhalle mit acht Geldspielgeräten und einem Billardcafé. Anlass für die Änderung des bestehenden Bebauungsplans war ein Baugesuch der Antragstellerin zu 2, mit dem sie die Genehmigung einer Nutzungsänderung des der Antragstellerin zu 1 genehmigten Billardcafés in eine (zweite) kerngebietsuntypische Spielhalle und einen Dart-Treff erstrebt. Nach § 2 Abs. 1 ihres Mietvertrages ist die Antragstellerin zu 1 berechtigt, auf der gemieteten Fläche eine Spielstätte - bzw. bei Erteilung einer Mehrfachkonzession - die auf der Mietfläche zulässige Anzahl von Spielstätten zu errichten und zu betreiben.
Mit der angefochtenen Planänderung sind die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung geändert worden. Wie bereits in dem der Änderung zugrunde liegenden Bebauungsplan werden nunmehr auf der Grundlage der „Baunutzungsverordnung (BauNVO) in der Fassung vom 23.01.1990 (BGBl. I S. 132), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.04.1993 (BGBl. I S. 466)“ als Art der baulichen Nutzung festgesetzt Mischgebiete gemäß § 6 BauNVO, ein Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO und ein eingeschränktes Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO i. V. mit § 1 Abs. 4 BauNVO, in dem nur solche Gewerbebetriebe zulässig sind, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Folgende Nutzungen bzw. Arten von Betrieben und Anlagen werden gemäß § 1 (5) bzw. (6) BauNVO im gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplanes ausgeschlossen:
"- Erotikshops als Einzelhandelsbetriebe - Vergnügungsstätten und sonstige Gewerbebetriebe mit dem Charakter einer Spielhalle oder Ähnliches im Sinne von § 33 i Gewerbeordnung (GewO)
        
- Bordelle, bordellartige Betriebe und Wohnungsprostitution
        
- Betriebe mit Sexdarbietung (Film- und Videovorführung und Schaustellung von Personen gemäß § 33 a GewO)
        
- Diskotheken“
Dem Erlass des Bebauungsplans liegt folgendes Verfahren zugrunde:
Am 30.06.2009 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans „2. Deckblattänderung Hohe Straße/Mähringer Straße/Gomaringer Straße“ im vereinfachten Verfahren nach § 13 Abs. 1 BauGB mit dem Ziel, Vergnügungsstätten und Nutzungsarten mit sexuellem Charakter auszuschließen, um nach Aufgabe des holzverarbeitenden Betriebs in der... die gewerblichen Flächen ihrem eigentlichen Zweck, insbesondere dem produzierenden Gewerbe vorzuhalten, einem Verdrängungsprozess von örtlichem Handwerk und Dienstleistungsbetrieben und einem Attraktivitätsverlust durch minderwertige Nutzungen sowie Nutzungskonflikten mit der benachbarten Wohnbebauung entgegenzuwirken. Die zugleich beschlossene öffentliche Auslegung des Planentwurfs fand nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung am 03.07.2009 in der Zeit vom 13.07 bis 21.08.2009 statt. In der Bekanntmachung wurde u.a. darauf hingewiesen, dass ein Antrag nach § 47 der Verwaltungsgerichtsordnung unzulässig ist, soweit mit ihm Einwendungen geltend gemacht werden, die vom Antragsteller im Rahmen der Auslegung nicht oder verspätet geltend gemacht wurden, aber hätten geltend gemacht werden können. Die Behörden und Träger öffentlicher Belange wurden ebenfalls beteiligt.
Für die Antragstellerin zu 1 wurden mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 21.08.2009 Einwendungen erhoben. Die Voraussetzungen für den Ausschluss von Spielhallen und sonstigen Gewerbebetrieben mit dem Charakter einer Spielhalle lägen nicht vor. Ein Verdrängungsprozess von örtlichen Handwerks- und Dienstleistungsbetrieben, sowie die Gefahr einer Niveauabsenkung des umgebenden Gebiets und ein Konfliktpotential mit der benachbarten Wohnbebauung seien nur pauschal behauptet, aber nicht plausibel dargelegt worden. Die einzige gewerbliche Nutzung finde in dem Gebäude ... statt. Dessen Eigentümerin sei es seit der Verlagerung des holzverarbeitenden Betriebs im Jahre 1992 nicht mehr gelungen, einen Handwerks- oder Produktionsbetrieb anzusiedeln. Ausschlaggebend hierfür sei u. a. gewesen, dass es nicht nur im Plangebiet, sondern auch in der weiteren näheren Umgebung keinerlei Gewerbebetriebe gebe, welche den Standort für Handwerk, Produktion oder Dienstleistung attraktiv machten. Die Planung greife deshalb auch unverhältnismäßig in ihr Eigentum ein. Für die Antragstellerin zu 2 ging keine Stellungnahme ein.
Am 04.02.2010 beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan als Satzung, wobei er die vorgebrachten Stellungnahmen wie in einem Beschlussvorschlag der Verwaltung behandelte. Die Erste Bürgermeisterin fertigte die Satzung am 22.02.2010 aus. Die Beschlussfassung wurde am 26.02.2010 mit den Hinweisen nach § 214 BauGB öffentlich bekanntgemacht.
10 
Am 04.02.2011 haben die Antragsteller das Normenkontrollverfahren eingeleitet und vorläufig unter Hinweis auf die Stellungnahme vom 21.08.2009 begründet. Die Anträge wurden am 09.02.2011 an die Antragsgegnerin weitergeleitet.
11 
Die Antragstellerin zu 2 hat ihren Antrag in der mündlichen Verhandlung zu-rückgenommen.
12 
Die Antragstellerin zu 1 beantragt,
13 
den Bebauungsplan „2. Deckblattänderung Hohe Straße/Mähringer Straße/Gomaringer Straße“ der Stadt Reutlingen vom 4.02.2010 für unwirksam zu erklären.
14 
Sie bringt vor: Sie sei antragsbefugt. Die Nutzung eines Gebäudes stelle eine privatrechtliche Rechtsposition dar, die dem Mieter wie Sacheigentum zuzuordnen sei. Es bestünden auch Zweifel, ob die Antragsgegnerin sämtliche Belange der Eigentümer überhaupt erfasst bzw. richtig und ausreichend bewertet habe. Die Bebauungsplanänderung sei städtebaulich nicht erforderlich. Die Planung diene ausschließlich der Verhinderung der geplanten Spielhalle und sei daher als reine Einzelfall- und Verhinderungsplanung unwirksam. Die Antragsgegnerin habe die Planänderung erst als konkrete Reaktion auf den Nutzungsänderungsantrag der Antragstellerin zu 2 (Umwandlung Billardcafé in Spielhalle) beschlossen, so dass mit der Planänderung eine bereits konkret geplante Spielhalle habe verhindert werden sollen. Auch der alibimäßige zusätzliche Ausschluss von Nutzungen mit sexuellem Charakter könne nicht darüber hinweg täuschen, dass die Antragsgegnerin vornehmlich eine weitere Spielhalle zu verhindern suche. Eigentlicher Grund der Planung sei der Versuch, im gesamten Stadtgebiet Spielhallen auszuschließen. Sie betreibe insoweit Spielhallenpolitik mit den Mitteln des Baurechts. Die pauschale Begründung, höhere Mieten aus Spielhallenverpachtungen führten zu einer Verdrängung sonstigen Gewerbes, sei nicht ausreichend, um einen städtebaulichen Grund für den Ausschluss im Sinne von § 1 Abs. 5 BauNVO darzustellen. Die Antragsgegnerin missachte insoweit, dass im gesamten restlichen Plangebiet noch nie Gewerbe vorhanden gewesen sei, es daher auch nicht verdrängt werden könne. Das ursprüngliche Ziel des Bebauungsplans, das in der Bestandssicherung des holzverarbeitenden Betriebs bestanden habe, sei mit der Verlagerung des Betriebs im Jahre 1992 weggefallen, weil das Grundstück als gewerbliche Fläche nur schwer oder überhaupt nicht zu vermitteln sei, zumal es von drei Seiten her von Wohnbebauung umgeben sei und sich im Umkreis kein sonstiges produzierendes Gewerbe, welches anderes Gewerbe anziehen könnte, befände. Auf absehbare Zeit sei nicht damit zu rechnen, dass sich auf dem Grundstück ..., geschweige denn auf den derzeit zu Wohnzwecken genutzten Grundstücken Gewerbe ansiedeln wolle oder werde. Das Haus habe mehrere Jahre leer gestanden, bis die Antragstellerin zu 1 die Spielhalle eröffnet habe. Soweit sich die Antragsgegnerin tatsächlich auf eine Art Standortsicherungsabsicht stützen wolle, werde mit der Planung eine unzulässige Vorratsplanung verfolgt. Der Ausschluss von Vergnügungsstätten könne auch nicht mit der bloß pauschalen Behauptung eines Trading-Down-Effekts gerechtfertigt werden. Die Antragsgegnerin stelle nicht ansatzweise dar, woraus sich eine Trading-Down-Gefahr im Plangebiet konkret ergeben solle. Es könne sich allein auf dem Grundstück mit dem Gebäude ... noch eine Spielhalle ansiedeln, weil alle anderen Grundstücke des Plangebiets der Wohnnutzung dienten. Der befürchtete Imageverlust des Stadtteils Ohmenhausen sei weder nachvollziehbar noch überzeugend. Allein die pauschale Behauptung, dass Vergnügungsstätten stets zu einem Niveauverlust innerhalb des Plangebiets führten, sei weder richtig noch zur Begründung ausreichend. Wenn es der Antragsgegnerin tatsächlich um die Abwendung eines Trading-Down-Effekts gehe, wäre eine Anpassung des Bebauungsplans an die tatsächlichen Verhältnisse durch Beibehaltung des Grundstücks ... als Gewerbegebiet und im Übrigen durch Festsetzung eines Wohngebiets, in dem dann auch auf Dauer keine Vergnügungsstätten angesiedelt werden könnten, nicht nur verhältnismäßiger, sondern auch sinnvoller gewesen. Der Ausschluss von Nutzungen könne auch nicht mit dem Schutz von Kindern und älteren Menschen begründet oder auf einen Schutz der umgebenden Wohnbebauung vor erhöhtem An- und Abfahrtsverkehr gestützt werden. Auch sei der kategorische Ausschluss von sämtlichen Vergnügungsstätten nicht ausreichend begründet und unverhältnismäßig. Er stelle zugleich einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Gewerbefreiheit der Antragsteller gemäß Art. 12 Abs. 1 GG und in das Eigentumsrecht nach § 14 Abs. 1 GG dar. Die Antragsgegnerin missachte, dass eine andere sinnvolle Nutzung des rückwärtigen Teils des Gebäudes ...... als durch eine Spielhalle ausgeschlossen sei.
15 
Die Antragsgegnerin beantragt,
16 
den Antrag abzuweisen.
17 
Sie erwidert: Der Nutzungsausschluss sei auf § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO gestützt. Soweit in der Bebauungsplanänderung von Abs. 6 die Rede sei, handle es sich um einen Schreibfehler. Es bestünden keine Bedenken gegen die Bestimmtheit der Festsetzung, auch soweit Vergnügungsstätten und sonstige Gewerbebetriebe mit dem Charakter einer Spielhalle oder Ähnliches im Sinne von § 33 i GewO ausgeschlossen seien. Der Bebauungsplan und seine sämtlichen Festsetzungen seien auch im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich. Der Bebauungsplan sei nicht aufgestellt worden, um die wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks ... als Spielhalle in Form einer sog. Negativplanung zu verhindern. Die Nutzungsanträge für Spielhallen seien vielmehr Auslöser für die Planung gewesen, mit der eine aus vielerlei Gründen unerwünschte städtebauliche Entwicklung in geordnete Bahnen geführt werden solle. Die Planänderung ziele darauf, am Ortsrand der Bezirksgemeinde Ohmenhausen eine drohende Spielhallenagglomeration aus städtebaulichen Gründen zu verhindern sowie auf die Abwehr eines sog. Trading-Down-Effekts und darauf, die Flächen für produzierendes Gewerbe, aber auch für Handels- und Dienstleistungseinrichtungen vorzuhalten. Der Bebauungsplan sei zur Erreichung dieser städtebaulichen Belange geeignet. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 BauNVO für den Ausschluss von Vergnügungsstätten und des § 1 Abs. 9 BauNVO für den Ausschluss einzelner Arten von Betrieben und Anlagen lägen vor. Insbesondere seien auch besondere städtebauliche Gründe im Sinne von § 1 Abs. 9 BauNVO für den Ausschluss verschiedener Arten von Vergnügungsstätten und Nutzungen mit sexuellem Charakter gegeben. Unwirksamkeitsbegründende Abwägungsfehler lägen nicht vor. Die privaten Belange der Antragsteller seien erkannt, richtig gewichtet und auch nicht unverhältnismäßig zurückgesetzt worden. Ein Grundstückseigentümer habe keinen Anspruch darauf, dass ihm durch planerische Festsetzungen hohe Renditemöglichkeiten vermittelt würden oder eine wirtschaftlich besonders günstige Nutzung ermöglicht werde. Unzutreffend sei die Behauptung der Antragsteller, dass es dem Eigentümer des Grundstücks ...... seit 1992 nicht wieder gelungen sei, einen Handwerks- oder Produktionsbetrieb auf dem Grundstück anzusiedeln. Aus der Liste des Amts für Stadtentwicklung und Vermessung vom 01.10.2009 über die ehemaligen und vorhandenen Gebäudenutzungen ergebe sich, dass dort im Zeitraum vom 04.10.2005 bis 29.05.2008 u.a. Elektromaschinenbau sowie Werkzeugverkauf und -vermietung und im Zeitraum vom 01.06.1978 bis 30.07.1995 eine Schankanlagenreinigung vorhanden gewesen sei. Weiterhin weise die Liste gastronomische, sportliche und gesundheitliche Dienstleistungen sowie diverse Einzelhandelsbetriebe auf, die einen positiven Beitrag zur örtlichen Infrastruktur leisteten. Bei dem sog. Trading-Down-Effekt handle es sich um einen allgemeinen städtebaulichen Erfahrungssatz. Er wirke sich hier in zweierlei Hinsicht aus. Zum einen würde das Gebiet an Attraktivität verlieren, wenn eine zweite Spielhalle neben dem Billardcafe und der schon vorhandenen Spielhalle genehmigt werden müsse. Zum anderen würde es in dem Gewerbegebiet zu einer städtebaulich unerwünschten Verdrängung von gewerblichen Nutzungen und Dienstleistungsnutzungen kommen.
18 
Auf eine Anfrage des erkennenden Gerichtshofs vom 22.04.2013 bestätigte die Antragsgegnerin die Richtigkeit des Vortrags der Antragsteller, dass sich in den festgesetzten Mischgebieten keine gewerbliche, sondern ausschließlich Wohnnutzung befinde. Die Festsetzung der Mischgebiete sei aber lediglich deklaratorischer Natur. Die Planung berücksichtige bereits auch die immissionsschutzrechtliche Verkehrslärmproblematik der im Regionalplan Neckar-Alb 1993 vorgesehenen Regional-Stadtbahn Neckar Alb, deren Trasse durch das Plangebiet verlaufe. Zu einem rechtlich zulässigen Absehen von einer tatsächlichen Durchmischung von Gewerbe und Wohnen könne auf das Urteil des erkennenden Senats vom 15.10.1991 (8 S 979/91) und das Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 16.03.2001 (7 A 1072/96 - BauR 2001, 1234) verwiesen werden.
19 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakten vor, auf deren Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

 
I.
20 
Da die Antragstellerin zu 2 ihren Antrag zurückgenommen hat, ist das Verfahren insoweit entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
II.
21 
Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin zu 1 ist zulässig (1.) und begründet (2.).
22 
1. a) Er ist statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) sowie form- und fristgerecht gestellt worden.
23 
b) Der Antragstellerin zu 1 steht auch die notwendige Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zur Seite. Danach kann den Normenkontrollantrag jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung in diesem Sinne sind dieselben Anforderungen wie an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO zu stellen. Es ist daher ausreichend, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzung des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird (stRspr., vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 30.04.2004 - 4 C 1.03 - NVwZ 2004, 1120).
24 
Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Antragstellerin zu 1. Sie hat sich in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf einen Mietvertrag vom 05.11.2007 über Räume im Erdgeschoss des Gebäudes ... darauf berufen, dass der Mietvertrag sie nicht nur zum Betrieb der bereits bestehenden Spielhalle, sondern auch zur Errichtung und zum Betrieb weiterer Spielstätten, insbesondere - aber nicht nur - zum Betrieb weiterer Spielhallen berechtige. Sie verfolge entsprechende Nutzungsabsichten auch ungeachtet des von ihrer hundertprozentigen Tochter, der Antragstellerin zu 2, eingereichten Baugesuchs für dieselbe Nutzungsfläche weiter. Damit ist die Möglichkeit einer Verletzung eigener Rechte der Antragstellerin zu 1 hinreichend dargelegt.
25 
Obwohl sie nicht Eigentümerin des von den Festsetzungen betroffenen Grundstücks ist, folgt ihre Antragsbefugnis bereits aus einer möglichen Verletzung einer grundrechtlich geschützten subjektiv-rechtlichen Position und nicht - nur - aus einem Verstoß gegen das in § 1 Abs. 7 BauGB enthaltene - drittschützende - Abwägungsgebot, welches zwar weiter reicht - weil abwägungsbeachtlich nicht nur subjektive Rechte, sondern darüber hinaus auch bestimmte private Interessen sind -, aber solche Interessen nicht erfasst, die im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses für den Gemeinderat nicht erkennbar und deshalb auch nicht abwägungserheblich waren oder nicht vorlagen (vgl. hierzu z. B. BVerwG, Urteil vom 30.04.2004 - a. a. O. und Beschlüsse vom 22.08.2000 - 4 BN 38.00 - NVwZ, 2000, 1413 und 18.05.1994 - 4 NB 27.93 -NVwZ 1995, 264). Rechtsbeeinträchtigungen als Folge nachteiliger Festsetzungen eines Bebauungsplans kann auch derjenige erleiden, dem Rechte an einem von den Festsetzungen des Bebauungsplans betroffenen Grundstück zustehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2002 - 4 BN 2.02 - BauR 2002, 1199). Ein möglicherweise verletztes eigenes Recht kann sich dabei nicht nur aus einer eigentumsrechtlichen Position i. S. von Art. 14 Abs. 1 GG ergeben, sondern auch aus der in Art 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit, die auch die wirtschaftliche Entfaltungsfreiheit umfasst (BVerwG, Beschluss vom 18.05.1994, a. a. O.), oder aus der durch Art. 12 GG geschützten Berufsfreiheit eines Spielhallenbetreibers. Rechte der Antragstellerin aus diesen Bestimmungen dürften zwar nicht im Hinblick auf die bereits genehmigten und von ihr ausgeübten Nutzungen beeinträchtigt sein, weil diese von der Planung, die als Angebotsplanung für die Zukunft anzusehen ist, unberührt bleiben. Sie können aber insofern in absehbarer Zeit beeinträchtigt sein, als die im angegriffenen Bebauungsplan festgesetzten Nutzungsausschlüsse der Erteilung einer Baugenehmigung entgegenstehen, die für die von der Antragstellerin zu 1 weiterverfolgte Absicht, auf der als Billardcafé genutzten Fläche eine weitere (Glücks-) Spielhalle oder sonstige Spielstätte zu errichten und zu betreiben, erforderlich ist. Damit macht sie ein eigenes Recht geltend. Denn da ihr für ein etwaiges Verfahren auf Erteilung der Baugenehmigung die Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zustünde, muss ihr als potentieller Bauantragstellerin auch die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zuerkannt werden. Die Klagebefugnis stellt nur einen Ausschnitt der Antragsbefugnis dar. Die Anforderungen an die Antragsbefugnis dürfen daher auch nicht höher sein, als wenn ein Nichteigentümer die Erteilung einer Baugenehmigung begehrt (BVerwG, Beschluss vom 18.05.1994, a. a. O.).
26 
c) Es besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag der Antragstellerin zu 1. Das Verfahren ist für sie auch nach Inkrafttreten des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15.12.2011 - GlüStV - (GBl. 2012 S. 385) und des Landesglücksspielgesetzes vom 29.11.2012 - LGlüG - (GBL. 2012, 604) nicht ersichtlich nutzlos geworden. Zwar könnte sie die gemäß § 41 Abs. 1 LGlüG erforderliche glückspielrechtliche Erlaubnis für eine weitere Spielhalle im Sinne des § 40 LGlüG in den gemieteten Räumen derzeit nicht mehr erhalten, weil eine solche dem Verbot von „Mehrfachspielhallen“ nach § 25 Abs. 2 GlüStV, § 42 Abs. 2 LGlüG unterfiele. Der angegriffene Bebauungsplan schließt aber nicht nur dem sog. Agglomerationsverbot unterliegende erlaubnispflichtige Spielhallen, sondern jedwede Vergnügungsstätten aus. Erlaubnispflichtig sind gemäß § 41 Abs. 1 LGlüG nur Spielhallen, die ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten nach § 33c Abs. 1 Satz 1 der Gewerbeordnung oder der Veranstaltung anderer Spiele nach § 33d Abs. 1 Satz 1 der Gewerbeordnung, also von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeiten dienen. Die Antragstellerin zu 1. ist nach dem Mietvertrag aber nicht auf solche erlaubnispflichtigen Nutzungen beschränkt. Sie ist vielmehr gemäß § 2 Abs. 1 des Mietvertrages berechtigt, auf der gemieteten Fläche Spielstätten jedweder Art, also auch solche ohne die Möglichkeit eines Gewinns zu errichten und zu betreiben.
27 
2. Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin zu 1 ist auch begründet. Der Bebauungsplan ist wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 und § 2 Abs. 3 BauGB unwirksam.
28 
a) Die Festsetzung der Mischgebiete verstößt gegen den Grundsatz der städtebaulichen Erforderlichkeit des § 1 Abs. 3 BauGB, weil auf den Flächen keine mischgebietstypische Nutzungsdurchmischung erreicht werden kann.
29 
aa) Mit dem angegriffenen Änderungsbebauungsplan sind die Gebietsarten einschließlich der Mischgebiete nicht lediglich unverändert aus dem ursprünglichen Bebauungsplan übernommen, sondern konstitutiv neu festgesetzt worden. Nach dem objektiv zum Ausdruck gekommenen Regelungsgehalt der Satzung kann den Festsetzungen nicht eine bloße nachrichtliche Bedeutung beigemessen werden. Hierfür bedürfte es eines positiven Hinweises im Satzungsbeschluss oder in den zum Bestandteil der Satzung gemachten textlichen Festsetzungen des Deckblatts, an dem es fehlt. Die Gebietsartfestsetzungen wurden vielmehr ausdrücklich auf die Baunutzungsverordnung i. d. F. vom 23.01.1990, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.04.1993, gestützt und erhalten damit einen anderen, den Regelungen der aktuellen Baunutzungsverordnung entsprechenden Inhalt. Durch die Planbegründung wird ein insoweit bestehender neuer Planungswille auch bestätigt. Denn dort heißt es, dass „eine Änderung der zulässigen Nutzungsarten auf der Basis der aktuellen BauNVO nötig“ sei.
30 
bb) Für die Neufestsetzung der Mischgebiete fehlt die städtebauliche Rechtfertigung gemäß § 1 Abs. 3 BauGB. Danach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dies gilt für die Planung insgesamt und für jede ihrer Festsetzungen. Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption. Welche städtebaulichen Ziele sich eine Gemeinde hierbei setzt, liegt grundsätzlich in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, diejenige „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.08.1995 - 4 NB 21.95 -Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86; Urteil vom 26.03.2009 - 4 C 21.07 -BVerwGE 133, 310). Eine Planung ist dann gerechtfertigt, wenn sie nach dem städtebaulichen Konzept „vernünftigerweise“ geboten erscheint (Senatsurteil vom 30.04.2004 - 8 S 8374/03 - BRS 67 Nr. 26). Die Gemeinde besitzt insoweit ein sehr weites planerisches Ermessen (BVerwG, Beschluss vom 14.08.1995 - 4 NB 21.95 - juris). Dieser Spielraum umfasst auch die Befugnis zu einer Planung für einen künftigen Bedarf. Die Gemeinde kann im Vorgriff auf künftige Entwicklungen einer Bedarfslage gerecht werden, die sich zwar noch nicht konkret abzeichnet, aber bei vorausschauender Betrachtung in einem absehbaren Zeitraum erwartet werden kann. Unwirksam ist eine solche Angebotsplanung aber, wenn sie auf unabsehbare Zeit aus tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung bietet oder ihr unüberwindliche rechtliche Hindernisse im Weg stehen und der Bebauungsplan damit den gestaltenden Auftrag der Bauleitplanung verfehlt (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 25.04.2002 - 4 BN 20.02 - juris, vom 08.11.2004 - 4 BN 39.04 - NVwZ 2005, 324 und vom 11.05.1999 - 4 BN 15.99 - BauR 1999, 1136 jeweils m. w. N.). Dies kann auch dann der Fall sein, wenn schon im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses feststeht, dass die für das festgesetzte Baugebiet vorgegebene Mischung von Nutzungsarten faktisch nicht erreicht werden kann. Es kommt maßgeblich auf die Möglichkeit an, das Gebiet zukünftig in dem ausgewiesenen Sinne zu entwickeln. Danach ist die Festsetzung der Mischgebiete fehlerhaft, weil sie nicht vollzogen werden kann.
31 
Mischgebiete dienen gemäß § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Die Eigenart des Mischgebiets wird maßgeblich durch eine sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht zu verstehenden Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe bestimmt. Darin liegt die normativ bestimmte besondere Funktion des Mischgebiets, mit der dieses sich von den anderen Baugebietstypen der Baunutzungsverordnung unterscheidet. Dabei ist einerseits nicht erforderlich, dass die beiden Hauptnutzungsarten zu genau oder annähernd gleichen - wie auch immer rechnerisch zu bestimmenden - Anteilen im jeweiligen Gebiet vertreten sind. Auf der anderen Seite wird jedoch die Bandbreite der typischen Eigenart des Mischgebiets, soweit es um die quantitative Seite des Mischungsverhältnisses geht, nicht erst dann verlassen, wenn eine der beiden Hauptnutzungsarten als eigenständige Nutzung im Gebiet völlig verdrängt wird und das Gebiet deshalb in einen anderen Gebietstyp „umkippt". Für die Annahme eines Mischgebietscharakters ist es daher erforderlich und zugleich aber auch ausreichend, dass im jeweiligen Gebiet eine der beiden Hauptnutzungsarten nicht nach Anzahl und/oder Umfang beherrschend und in diesem Sinne „übergewichtig" in Erscheinung tritt (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.05.1988 - 4 C 34.86 - BVerwGE 79, 309; vgl. auch Senatsbeschluss vom 18.06.1986 - 8 S 1068/86 - VBlBW 1987, 106).
32 
Nach diesen Maßstäben bieten die Mischgebietsfestsetzungen des Bebauungsplans ausgehend von den in dem Plangebiet anzutreffenden Verhältnissen auf unabsehbare Zeit keine Aussicht auf Verwirklichung und verfehlen somit den gestaltenden Auftrag der Bauleitplanung. Es ist aus tatsächlichen Gründen nicht absehbar, dass sich die erneut als Mischgebiete festgesetzten Bereiche des Plangebiets auch zu Mischgebieten i.S. von § 6 BauNVO entwickeln. Im gesamten Plangebiet wird lediglich das im festgesetzten Gewerbegebiet gelegene Gebäude ..., das auch die von der Antragstellerin zu 1 betriebene Spielhalle beherbergt, gewerblich genutzt. Die überbaubaren Flächen der Mischgebiete einschließlich des nördlich des Gewerbegebiets festgesetzten Mischgebiets werden ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt. Nach dem von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 06.05.2013 vorgelegten Lageplan und dem Vorbringen der Beteiligten ist auch davon auszugehen, dass die Mischgebietsflächen keine nennenswerten Baulücken mehr aufweisen, so dass auch eine Bebauung etwa noch vorhandener Baulücken mit gewerblichen Nutzungen nicht zu der erforderlichen Durchmischung von Wohnnutzung und gewerblicher Nutzung führen könnte. Es fehlt nicht nur die für ein Mischgebiet erforderliche Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe, vielmehr ist das Gebiet bereits in ein Wohngebiet „umgekippt" mit der Folge, dass sich die Festsetzung der Mischgebiete letztlich als von Anfang an funktionslos darstellt. Auch die Antragsgegnerin betrachtet nach den Ausführungen ihres Vertreters in der mündlichen Verhandlung die festgesetzten Mischgebiete als faktische allgemeine Wohngebiete. Soweit sie gleichwohl eine tatsächliche Umwandlung dieser Gebiete in Mischgebiete für theoretisch denkbar hält, handelt es sich hierbei um eine spekulative Vermutung, die die Mischgebietsfestsetzungen nicht rechtfertigt. Eine den Mischgebietsfestsetzungen entsprechende Bedarfslage hat die Antragsgegnerin nicht plausibel dargetan. Es fehlt an jeglichen Anhaltspunkten, dass in den Mischgebieten Bestrebungen vorhanden sind, in den vorhandenen Wohngebäuden gewerbliche Nutzungen aufzunehmen, die die erforderliche Durchmischung der Gebiete in absehbarer Zeit erwarten lassen. Die bauliche Entwicklung der Flächen in den vergangenen Jahren spricht vielmehr gegen einen Bedarf für ein Mischgebiet. Denn obwohl dort bereits seit Jahrzehnten - zunächst aufgrund der Ausweisung des Gebiets als „Ländlicher Bereich“ durch die Ortbausatzung der Antragsgegnerin und sodann aufgrund der Mischgebietsfestsetzungen im Bebauungsplan von 1986 - auch gewerbliche Nutzungen zulässig sind, hat sich in dem Gebiet gleichwohl ausschließlich Wohnnutzung angesiedelt. Anhaltspunkte für eine geänderte Bedarfslage in absehbarer Zukunft bestanden zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht und bestehen auch heute nicht. Weder die Planbegründung noch die sonstigen Bebauungsplanakten noch der Vortrag der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung weisen auf Bestrebungen der Grundstückseigentümer in den Mischgebieten hin, in den Wohngebäuden zukünftig gewerbliche Nutzungen aufzunehmen, die sich nicht auch in einem allgemeinen Wohngebiet verwirklichen lassen, sondern zu der für ein Mischgebiet typischen Durchmischung von Wohnen und Gewerbe führen. Davon ist die Antragsgegnerin im Planaufstellungsverfahren selbst nicht ausgegangen. Der Fokus ihrer Planung war auf die Festsetzung von Nutzungsausschlüssen aus Anlass des Baugesuchs der Antragstellerin zu 2 für eine weitere Spielhalle gerichtet. Dies hat dazu geführt, dass die seit der Planung im Jahre 1986 eingetretenen Änderungen der tatsächlichen baulichen Verhältnisse des Plangebiets bei der - erneuten - Festsetzung der Nutzungsarten auf der Grundlage der aktuellen Baunutzungsverordnung nicht gesondert in den Blick genommen und die Festsetzungen aus dem ursprünglichen Bebauungsplan ohne jede Untersuchung und Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen tatsächlichen Veränderungen ungeprüft übernommen wurden. Die Erwartung, die in den Mischgebieten vorhandenen Nutzungen würden sich zukünftig ändern, lag auch der Entscheidung des Gemeinderats nicht zugrunde. Schließlich weisen die weitgehend bebauten Mischgebiete nach dem - unwidersprochen gebliebenen - Vortrag der Antragstellerin zu 1 auch keinen alten Baubestand auf, der Gebäuderenovierungen erforderlich macht, die die Erwartung von Nutzungsänderungen in absehbarer Zeit und in einem Umfang rechtfertigen könnten, der zu der nötigen Durchmischung des Gebiets führen könnte.
33 
Der Hinweis der Antragsgegnerin auf gerichtliche Entscheidungen zu einem rechtlich zulässigen Absehen von einer tatsächlichen Durchmischung von Gewerbe und Wohnen führt zu keiner anderen Beurteilung. Dem Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 16.03.2001 (a. a. O.) lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet bereits verschiedene gewerbliche Nutzungen vorhanden und darüber hinaus auch Entwicklungstendenzen zu weiterer gewerblicher Nutzung festzustellen waren. Solche Entwicklungstendenzen sind ebenso wie bereits vorhandene gewerbliche Nutzungen in der hier vorliegenden Situation aber gerade nicht gegeben. Auch der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung des erkennenden Senats vom 15.10.1991 (a. a. O.) liegt keine vergleichbare Fallkonstellation zugrunde. Der Senat ging davon aus, das die Genehmigung eines Wohnbauvorhabens, mit dem ein „Umkippen“ eines bebauungsplanmäßig rechtswirksam festgesetzten Gewerbegebiets bewirkt wird, Rechte der gegen die Genehmigung klagenden Gemeinde nicht verletzt, wenn das festgesetzte Mischgebiet der „Abpufferung“ zwischen einer das Wohnen störenden und einer überwiegenden oder reinen Wohnnutzung dienen solle und es im Verhältnis zum gesamten Plangebiet einen geringen Flächenanteil ausmache, der in dem entschiedenen Fall etwa 1/10 des Plangebiets betrug. Das Mischgebiet verliere, obwohl sich tatsächlich weit überwiegend Wohnbebauung angesiedelt habe, seine Funktion als Pufferzone nicht, weil für eventuelle Abwehransprüche die planerische Festsetzung im Bebauungsplan maßgebend sei, die Bewohner somit nach wie vor nur den geminderten Schutz eines Gebiets mit dem Charakter eines Mischgebiets in Anspruch nehmen könnten. Abgesehen davon, dass der Flächenanteil der hier festgesetzten Mischgebiete im Verhältnis zum gesamten Plangebiet anders als in der genannten Entscheidung nicht gering ist, sondern etwa 2/3 der festgesetzten Bauflächen ausmacht, liegt auch insoweit eine andere Konstellation vor, als sich die Mischgebietsfestsetzung in dem entschiedenen Fall nicht - wie hier - von Anfang an auf ein faktisches Wohngebiet bezogen, sondern dieses sich erst nachträglich zu einem Wohngebiet entwickelt hat.
34 
Soweit die Entscheidung allerdings auch so zu verstehen sein sollte, dass bereits die Festsetzung eines Mischgebiets als „Puffergebiet“ zwischen gewerblicher und Wohnnutzung städtebaulich als gerechtfertigt angesehen wird, auch wenn die Verwirklichung einer mischgebietstypischen Durchmischung des Gebiets von vornherein ausscheidet, hält der Senat an einer solchen Auffassung nicht fest. Setzt der Plangeber ein Mischgebiet fest, muss er das gesetzlich vorgesehene gleichberechtigte Miteinander von Wohnen und Gewerbe auch wollen oder zumindest als sicher voraussehen, dass sich eine solche Mischung auch einstellt. Wenn er eine Durchmischung gar nicht anstrebt oder eine solche wegen der vorhandenen Bebauung faktisch nicht zu erreichen ist, stellt die Festsetzung des Mischgebiets einen „Etikettenschwindel“ dar und ist städtebaulich nicht gerechtfertigt (vgl. z. B. Bay. VGH, Urteil vom 03.04.2007 - 25 N 03.1282 - juris, m. w. N. und OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.09.2002 - 7 a D 118/00.NE - juris). Insbesondere darf sich der Plangeber nicht in eine Mischgebietsausweisung „flüchten“, um die Schutzwürdigkeit einer im Mischgebiet vorhandenen Wohnbebauung gegenüber immissionsträchtigen Gegebenheiten im Plangebiet und/oder seiner Nachbarschaft herabzustufen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.10.2009 - 1 C 10150/09 - juris, Rn. 27 und OVG Nordrhein-Westfalen, a. a. O.). Denn die planende Gemeinde unterliegt dem Gebot der Typenkonformität, d. h. sie ist verpflichtet, sich an die von der Baunutzungsverordnung vorgesehenen Gebietstypen und damit an das rechtsstaatliche Prinzip zu halten, dass Inhalt und Schranken des Eigentums regelnde Normen, wie es die Festsetzungen eines Bebauungsplans sind, einer gesetzlichen Grundlage bedürfen (vgl. Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB, Komm., 4. Aufl., § 1 Rn.25). Zwar kann eine „Pufferzone“ zwischen unterschiedlichen, unverträglichen Nutzungen geschaffen werden, indem ein Mischgebiet festgesetzt wird, das auf der Grundlage von § 1 Abs. 4 bis 9 BauNVO gegliedert wird. Dabei mag nach den konkreten Umständen des Einzelfalls auch in Betracht kommen, ein Mischgebiet in der Weise zu gliedern, dass ein - geringer - Teil der Wohnnutzung vorbehalten, während in einem anderen - ebenfalls nur kleinen - Teil die Wohnnutzung vollständig ausgeschlossen wird (vgl. Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Komm., Stand April 2012, § 6 BauNVO, Rn. 13; OVG Niedersachsen, Urteil vom 25.03.1994 - 1 K 6147/92 - BauR 1994, 599 und Urteil vom 13.03.2003 - 1 K 4221/00- BauR 2003, 769), soweit sich der Mischgebietscharakter bezogen auf das Baugebiet als Ganzes noch ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 22.12.1989 - 4 NB 32.89 - BauR 1990, 186; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.03.1995 - 5 S 2916/93 - VBlBW 1996, 26). Eine solche die erforderliche Nutzungsdurchmischung des Mischgebiets noch gewährleistende Gebietsgliederung steht hier aber weder in Rede, noch dispensieren die Gliederungsermächtigungen von der Beachtung der (konkreten) städtebaulichen Erforderlichkeit i. S. des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB (vgl. Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiss a. a. O., § 1 BauNVO, Rn. 18).
35 
cc) Die Unwirksamkeit der Mischgebietsfestsetzungen führt dazu, dass der Bebauungsplan insgesamt unwirksam ist. Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen nur dann - ausnahmsweise - nicht zu dessen Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen, für sich betrachtet, noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können (Grundsatz der Teilbarkeit) und wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung ohne den unwirksamen Teil beschlossen hätte (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers; vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 22.01.2008 - 4 B 5.08 - juris und vom 01.08.2001 - 4 B 23.01 - NVwZ 2002, 205). Diesbezüglich muss vermieden werden, dass in die kommunale Planungshoheit mehr als nötig eingegriffen wird. Ein Gericht darf insbesondere nicht gestaltend tätig sein, sondern hat den planerischen Willen des Ortsgesetzgebers zu respektieren (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 19.09.2002 - 4 CN 1.02 - BVerwGE 117, 58). Von Gesamtunwirksamkeit ist auszugehen, wenn einzelne unwirksame Festsetzungen mit dem gesamten Bebauungsplan in einem untrennbaren Regelungszusammenhang stehen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20.08.1991 - 4 NB 3.91 -NVwZ 1992, 567 und 08.08.1989 - 4 NB 2.89 - NVwZ 1990, 159).
36 
Letzteres ist hier hinsichtlich der Baugebietsfestsetzungen der Fall. Die fehlerhaften Mischgebietsfestsetzungen berühren das Planungskonzept insgesamt. Es ist nicht zu erkennen, dass ohne die Mischgebietsfestsetzungen die Festsetzungen des Gewerbegebiets und des eingeschränkten Gewerbegebiets für sich bestehen bleiben könnten und die Antragsgegnerin hierauf beschränkte Festsetzungen der Nutzungsart gewollt hätte. Die unterschiedlichen Nutzungsarten stehen in wechselseitigen Beziehungen untereinander und im Verhältnis zu den das Plangebiet umgebenden Wohngebieten. Mit der hier angegriffenen Planänderung wurde das dem ursprünglichen Bebauungsplan zugrunde liegende städtebaulichen Konzept, das bei der Festsetzung des Gewerbegebiets in der Nachbarschaft zu bestehenden Wohngebieten dem Trennungsgebot des § 50 BImSchG und dem Gebot sachgerechter Konfliktbewältigung durch ein abgestuftes Geflecht an Baugebieten Rechnung trägt, übernommen. Ausgehend von diesem städtebaulichen Konzept steht das restliche Plangefüge in einem untrennbaren Zusammenhang mit den unwirksamen Mischgebietsfestsetzungen. Mit der Unwirksamkeit der Mischgebietsfestsetzungen ist dem mit den Gebietsabstufungen verfolgten Konzept die Grundlage entzogen. Dies macht die Planung mangels objektiver Teilbarkeit unwirksam. Zudem kann auch nicht mit der gebotenen Sicherheit angenommen werden, dass der Gemeinderat der Antragsgegnerin an der Festsetzung des Gewerbegebiets und des eingeschränkten Gewerbegebiets festgehalten hätte, wenn er gewusst hätte, dass die Mischgebietsfestsetzungen unwirksam sind. Vielmehr erscheint es keineswegs unwahrscheinlich, dass er im Hinblick auf die in den Mischgebieten ausschließlich vorhandene Wohnnutzung das Plangeflecht im gesamten Planbereich geändert und andere Gebietstypen festgesetzt oder andere Regelungen getroffen hätte, um eine Verträglichkeit der Gewerbegebietsnutzung mit der im Plangebiet tatsächlich vorhandenen Wohnnutzung sowie derjenigen außerhalb des Plangebiets herzustellen.
37 
b) Der Bebauungsplan leidet außerdem an einem zu seiner (Gesamt-) Unwirksamkeit führenden, als Verfahrensfehler zu behandelnden Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB.
38 
Denn die fehlerhafte Beurteilung der Erforderlichkeit der Mischgebietsfestsetzungen schlägt auch in Form eines Ermittlungsfehlers bei der - bereits auf der Verfahrensebene - gebotenen Ermittlung und Bewertung der für die Abwägung bedeutsamen Belange im Sinne der genannten Vorschrift durch. Wie ausgeführt, hat der Gemeinderat die seit der Planung im Jahre 1986 eingetretenen Änderungen der tatsächlichen baulichen Verhältnisse des Plangebiets bei der - erneuten - Festsetzung der Nutzungsarten auf der Grundlage der aktuellen Baunutzungsverordnung nicht gesondert in den Blick genommen und die Festsetzungen aus dem ursprünglichen Bebauungsplan ohne jede Untersuchung und Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen tatsächlichen Veränderungen ungeprüft übernommen. Dieses Ermittlungsdefizit begründet einen Verfahrensfehler, der nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlich ist. Denn er betrifft einen von der Planung berührten Belang, der der Gemeinde hätte bekannt sein müssen und der in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt worden ist. Er ist auch im Sinne der genannten Vorschrift offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen. Das Tatbestandsmerkmal der Offensichtlichkeit ist stets erfüllt, wenn der Fehler zur „äußeren Seite“ des Abwägungsvorgangs gehört und sich - wie hier - aus den Planungsakten ergibt (BVerwG, Urteil vom 21.08.1981 - 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33, 38). Der Mangel ist auch auf das Verfahrensergebnis von Einfluss gewesen. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Ermittlungsfehler die Planung anders ausgefallen wäre (BVerwG, Urt. v. 09.04.2008 - 4 CN 1.07 - NVwZ 2008, 899 ff., m.w.N. zu einem Mangel im Abwägungsvorgang und Ernst-Zinkahn-Bielenberg, a.a. O, § 214 Rn. 39h und 141). Diese Möglichkeit besteht hier. Es ist nicht anzunehmen, dass der Gemeinderat die Mischgebietsfestsetzungen auch vorgenommen hätte, wenn er die tatsächliche Bebauung in den Mischgebieten zur Kenntnis genommen und berücksichtigt hätte. Vielmehr besteht eine konkrete Wahrscheinlichkeit dafür, dass er im gesamten Planbereich andere Gebietstypen festgesetzt hätte, wenn ihm bewusst gewesen wäre, dass seinem Planungskonzept wegen der in den Mischgebieten ausschließlich vorhandenen Wohnnutzung die Grundlage fehlt. So erscheint es naheliegend, beispielsweise die Mischgebiete ihrer tatsächlichen Bebauung entsprechend als allgemeine Wohngebiete - gegebenenfalls ergänzt um abschirmende Maßnahmen wie Pflanzgebote - und das bisher unbebaute eingeschränkte Gewerbegebiet auf der im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Fläche als Mischgebiet festzusetzen, um einen Übergang zum nördlich anschließenden Gewerbegebiet zu schaffen. Denkbar wäre auch, das Gewerbegebiet im Hinblick auf seine geringe Größe und seine Lage inmitten von reiner Wohnbebauung nur als eingeschränktes Gewerbegebiet, in dem nur das Wohnen nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe zulässig sind, festzusetzen.
39 
Der mithin beachtliche Ermittlungsfehler ist auch nicht aufgrund von § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB wieder unbeachtlich geworden. Denn er wurde innerhalb der Jahresfrist mit der Antragsschrift gegenüber der Gemeinde geltend gemacht. Der der Antragsgegnerin innerhalb der Jahresfrist zugegangene Antragsschriftsatz erfüllt zusammen mit dem ihm beigefügten Einwendungsschreiben vom 21.08.2009 die Darlegungsanforderungen des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Danach ist der Fehler unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend zu machen. Hierbei genügt eine Darstellung des den Mangel begründenden Sachverhalts mit erkennbarem Rügewillen. Die Rügepflicht des § 215 Abs. 1 BauGB bezweckt lediglich eine Anstoßfunktion. „Geltend gemacht“ ist ein Mangel bereits dann, wenn ein Sachverhalt geschildert wird, aus dem sich der Mangel herleiten lässt, und wenn aus den Erklärungen des Rügenden auch dessen Wille deutlich wird, sich für die angestrebte Unwirksamerklärung des Bebauungsplans auf den konkreten Mangel zu berufen (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17.08.1989 - 4 NB 22/89 - juris, und Jäde a. a. O., § 215 Rn.7 sowie zur Erforderlichkeit eines Rügewillens auch BVerwG, Beschluss vom 11.11.1998 - 4 BN 50/98 - juris). Den hiernach zu stellenden Anforderungen entspricht der Antragsschriftsatz der Antragstellerin zu 1. Dem vorgenommenen Verweis auf die zugleich beigefügte Stellungnahme im Planaufstellungsverfahren kann bereits ausreichend deutlich der erforderliche Rügewille entnommen werden. Es wird konkludent zum Ausdruck gebracht, dass die Einwendungen im Planaufstellungsverfahren aufrechterhalten und als Rügen im Normenkontrollverfahren erhoben werden sollen. Hiervon ist der festgestellte Ermittlungsfehler erfasst. In dem Einwendungsschreiben wird bereits hinreichend deutlich beanstandet, dass das Plangebiet und auch seine weitere Umgebung keinerlei Gewerbebetriebe aufweise, und die einzige gewerbliche Nutzung im Gebäude ... stattfinde. Durch die Bezugnahme auf diese Einwendungen wird auch der der Rüge zugrunde liegende Sachverhalt jedenfalls in seinem Kern noch so angesprochen, dass die mit der Rügepflicht bezweckte Anstoßfunktion als hinreichend erfüllt anzusehen ist.
40 
c) Ist der Bebauungsplan schon aus den vorgenannten Gründen unwirksam, bedarf keiner Entscheidung, ob er auch in weiterer Hinsicht mit höherrangigem Recht unvereinbar ist, insbesondere ob die von der Antragsgegnerin herangezogenen städtebaulichen Belange hinreichend konkret und plausibel sind, um die festgesetzten Nutzungsausschlüsse, insbesondere den von der Antragstellerin allein angegriffenen Ausschluss von Vergnügungsstätten, zu tragen.
III.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO.
42 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.
43 
Beschluss vom 15. Mai 2013
44 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG auf 20.000,--EUR (10.000,-- EUR je Antragstellerin) festgesetzt.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
I.
20 
Da die Antragstellerin zu 2 ihren Antrag zurückgenommen hat, ist das Verfahren insoweit entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
II.
21 
Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin zu 1 ist zulässig (1.) und begründet (2.).
22 
1. a) Er ist statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) sowie form- und fristgerecht gestellt worden.
23 
b) Der Antragstellerin zu 1 steht auch die notwendige Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zur Seite. Danach kann den Normenkontrollantrag jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung in diesem Sinne sind dieselben Anforderungen wie an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO zu stellen. Es ist daher ausreichend, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzung des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird (stRspr., vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 30.04.2004 - 4 C 1.03 - NVwZ 2004, 1120).
24 
Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Antragstellerin zu 1. Sie hat sich in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf einen Mietvertrag vom 05.11.2007 über Räume im Erdgeschoss des Gebäudes ... darauf berufen, dass der Mietvertrag sie nicht nur zum Betrieb der bereits bestehenden Spielhalle, sondern auch zur Errichtung und zum Betrieb weiterer Spielstätten, insbesondere - aber nicht nur - zum Betrieb weiterer Spielhallen berechtige. Sie verfolge entsprechende Nutzungsabsichten auch ungeachtet des von ihrer hundertprozentigen Tochter, der Antragstellerin zu 2, eingereichten Baugesuchs für dieselbe Nutzungsfläche weiter. Damit ist die Möglichkeit einer Verletzung eigener Rechte der Antragstellerin zu 1 hinreichend dargelegt.
25 
Obwohl sie nicht Eigentümerin des von den Festsetzungen betroffenen Grundstücks ist, folgt ihre Antragsbefugnis bereits aus einer möglichen Verletzung einer grundrechtlich geschützten subjektiv-rechtlichen Position und nicht - nur - aus einem Verstoß gegen das in § 1 Abs. 7 BauGB enthaltene - drittschützende - Abwägungsgebot, welches zwar weiter reicht - weil abwägungsbeachtlich nicht nur subjektive Rechte, sondern darüber hinaus auch bestimmte private Interessen sind -, aber solche Interessen nicht erfasst, die im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses für den Gemeinderat nicht erkennbar und deshalb auch nicht abwägungserheblich waren oder nicht vorlagen (vgl. hierzu z. B. BVerwG, Urteil vom 30.04.2004 - a. a. O. und Beschlüsse vom 22.08.2000 - 4 BN 38.00 - NVwZ, 2000, 1413 und 18.05.1994 - 4 NB 27.93 -NVwZ 1995, 264). Rechtsbeeinträchtigungen als Folge nachteiliger Festsetzungen eines Bebauungsplans kann auch derjenige erleiden, dem Rechte an einem von den Festsetzungen des Bebauungsplans betroffenen Grundstück zustehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2002 - 4 BN 2.02 - BauR 2002, 1199). Ein möglicherweise verletztes eigenes Recht kann sich dabei nicht nur aus einer eigentumsrechtlichen Position i. S. von Art. 14 Abs. 1 GG ergeben, sondern auch aus der in Art 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit, die auch die wirtschaftliche Entfaltungsfreiheit umfasst (BVerwG, Beschluss vom 18.05.1994, a. a. O.), oder aus der durch Art. 12 GG geschützten Berufsfreiheit eines Spielhallenbetreibers. Rechte der Antragstellerin aus diesen Bestimmungen dürften zwar nicht im Hinblick auf die bereits genehmigten und von ihr ausgeübten Nutzungen beeinträchtigt sein, weil diese von der Planung, die als Angebotsplanung für die Zukunft anzusehen ist, unberührt bleiben. Sie können aber insofern in absehbarer Zeit beeinträchtigt sein, als die im angegriffenen Bebauungsplan festgesetzten Nutzungsausschlüsse der Erteilung einer Baugenehmigung entgegenstehen, die für die von der Antragstellerin zu 1 weiterverfolgte Absicht, auf der als Billardcafé genutzten Fläche eine weitere (Glücks-) Spielhalle oder sonstige Spielstätte zu errichten und zu betreiben, erforderlich ist. Damit macht sie ein eigenes Recht geltend. Denn da ihr für ein etwaiges Verfahren auf Erteilung der Baugenehmigung die Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zustünde, muss ihr als potentieller Bauantragstellerin auch die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zuerkannt werden. Die Klagebefugnis stellt nur einen Ausschnitt der Antragsbefugnis dar. Die Anforderungen an die Antragsbefugnis dürfen daher auch nicht höher sein, als wenn ein Nichteigentümer die Erteilung einer Baugenehmigung begehrt (BVerwG, Beschluss vom 18.05.1994, a. a. O.).
26 
c) Es besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag der Antragstellerin zu 1. Das Verfahren ist für sie auch nach Inkrafttreten des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15.12.2011 - GlüStV - (GBl. 2012 S. 385) und des Landesglücksspielgesetzes vom 29.11.2012 - LGlüG - (GBL. 2012, 604) nicht ersichtlich nutzlos geworden. Zwar könnte sie die gemäß § 41 Abs. 1 LGlüG erforderliche glückspielrechtliche Erlaubnis für eine weitere Spielhalle im Sinne des § 40 LGlüG in den gemieteten Räumen derzeit nicht mehr erhalten, weil eine solche dem Verbot von „Mehrfachspielhallen“ nach § 25 Abs. 2 GlüStV, § 42 Abs. 2 LGlüG unterfiele. Der angegriffene Bebauungsplan schließt aber nicht nur dem sog. Agglomerationsverbot unterliegende erlaubnispflichtige Spielhallen, sondern jedwede Vergnügungsstätten aus. Erlaubnispflichtig sind gemäß § 41 Abs. 1 LGlüG nur Spielhallen, die ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten nach § 33c Abs. 1 Satz 1 der Gewerbeordnung oder der Veranstaltung anderer Spiele nach § 33d Abs. 1 Satz 1 der Gewerbeordnung, also von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeiten dienen. Die Antragstellerin zu 1. ist nach dem Mietvertrag aber nicht auf solche erlaubnispflichtigen Nutzungen beschränkt. Sie ist vielmehr gemäß § 2 Abs. 1 des Mietvertrages berechtigt, auf der gemieteten Fläche Spielstätten jedweder Art, also auch solche ohne die Möglichkeit eines Gewinns zu errichten und zu betreiben.
27 
2. Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin zu 1 ist auch begründet. Der Bebauungsplan ist wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 und § 2 Abs. 3 BauGB unwirksam.
28 
a) Die Festsetzung der Mischgebiete verstößt gegen den Grundsatz der städtebaulichen Erforderlichkeit des § 1 Abs. 3 BauGB, weil auf den Flächen keine mischgebietstypische Nutzungsdurchmischung erreicht werden kann.
29 
aa) Mit dem angegriffenen Änderungsbebauungsplan sind die Gebietsarten einschließlich der Mischgebiete nicht lediglich unverändert aus dem ursprünglichen Bebauungsplan übernommen, sondern konstitutiv neu festgesetzt worden. Nach dem objektiv zum Ausdruck gekommenen Regelungsgehalt der Satzung kann den Festsetzungen nicht eine bloße nachrichtliche Bedeutung beigemessen werden. Hierfür bedürfte es eines positiven Hinweises im Satzungsbeschluss oder in den zum Bestandteil der Satzung gemachten textlichen Festsetzungen des Deckblatts, an dem es fehlt. Die Gebietsartfestsetzungen wurden vielmehr ausdrücklich auf die Baunutzungsverordnung i. d. F. vom 23.01.1990, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.04.1993, gestützt und erhalten damit einen anderen, den Regelungen der aktuellen Baunutzungsverordnung entsprechenden Inhalt. Durch die Planbegründung wird ein insoweit bestehender neuer Planungswille auch bestätigt. Denn dort heißt es, dass „eine Änderung der zulässigen Nutzungsarten auf der Basis der aktuellen BauNVO nötig“ sei.
30 
bb) Für die Neufestsetzung der Mischgebiete fehlt die städtebauliche Rechtfertigung gemäß § 1 Abs. 3 BauGB. Danach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dies gilt für die Planung insgesamt und für jede ihrer Festsetzungen. Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption. Welche städtebaulichen Ziele sich eine Gemeinde hierbei setzt, liegt grundsätzlich in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, diejenige „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.08.1995 - 4 NB 21.95 -Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86; Urteil vom 26.03.2009 - 4 C 21.07 -BVerwGE 133, 310). Eine Planung ist dann gerechtfertigt, wenn sie nach dem städtebaulichen Konzept „vernünftigerweise“ geboten erscheint (Senatsurteil vom 30.04.2004 - 8 S 8374/03 - BRS 67 Nr. 26). Die Gemeinde besitzt insoweit ein sehr weites planerisches Ermessen (BVerwG, Beschluss vom 14.08.1995 - 4 NB 21.95 - juris). Dieser Spielraum umfasst auch die Befugnis zu einer Planung für einen künftigen Bedarf. Die Gemeinde kann im Vorgriff auf künftige Entwicklungen einer Bedarfslage gerecht werden, die sich zwar noch nicht konkret abzeichnet, aber bei vorausschauender Betrachtung in einem absehbaren Zeitraum erwartet werden kann. Unwirksam ist eine solche Angebotsplanung aber, wenn sie auf unabsehbare Zeit aus tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung bietet oder ihr unüberwindliche rechtliche Hindernisse im Weg stehen und der Bebauungsplan damit den gestaltenden Auftrag der Bauleitplanung verfehlt (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 25.04.2002 - 4 BN 20.02 - juris, vom 08.11.2004 - 4 BN 39.04 - NVwZ 2005, 324 und vom 11.05.1999 - 4 BN 15.99 - BauR 1999, 1136 jeweils m. w. N.). Dies kann auch dann der Fall sein, wenn schon im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses feststeht, dass die für das festgesetzte Baugebiet vorgegebene Mischung von Nutzungsarten faktisch nicht erreicht werden kann. Es kommt maßgeblich auf die Möglichkeit an, das Gebiet zukünftig in dem ausgewiesenen Sinne zu entwickeln. Danach ist die Festsetzung der Mischgebiete fehlerhaft, weil sie nicht vollzogen werden kann.
31 
Mischgebiete dienen gemäß § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Die Eigenart des Mischgebiets wird maßgeblich durch eine sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht zu verstehenden Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe bestimmt. Darin liegt die normativ bestimmte besondere Funktion des Mischgebiets, mit der dieses sich von den anderen Baugebietstypen der Baunutzungsverordnung unterscheidet. Dabei ist einerseits nicht erforderlich, dass die beiden Hauptnutzungsarten zu genau oder annähernd gleichen - wie auch immer rechnerisch zu bestimmenden - Anteilen im jeweiligen Gebiet vertreten sind. Auf der anderen Seite wird jedoch die Bandbreite der typischen Eigenart des Mischgebiets, soweit es um die quantitative Seite des Mischungsverhältnisses geht, nicht erst dann verlassen, wenn eine der beiden Hauptnutzungsarten als eigenständige Nutzung im Gebiet völlig verdrängt wird und das Gebiet deshalb in einen anderen Gebietstyp „umkippt". Für die Annahme eines Mischgebietscharakters ist es daher erforderlich und zugleich aber auch ausreichend, dass im jeweiligen Gebiet eine der beiden Hauptnutzungsarten nicht nach Anzahl und/oder Umfang beherrschend und in diesem Sinne „übergewichtig" in Erscheinung tritt (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.05.1988 - 4 C 34.86 - BVerwGE 79, 309; vgl. auch Senatsbeschluss vom 18.06.1986 - 8 S 1068/86 - VBlBW 1987, 106).
32 
Nach diesen Maßstäben bieten die Mischgebietsfestsetzungen des Bebauungsplans ausgehend von den in dem Plangebiet anzutreffenden Verhältnissen auf unabsehbare Zeit keine Aussicht auf Verwirklichung und verfehlen somit den gestaltenden Auftrag der Bauleitplanung. Es ist aus tatsächlichen Gründen nicht absehbar, dass sich die erneut als Mischgebiete festgesetzten Bereiche des Plangebiets auch zu Mischgebieten i.S. von § 6 BauNVO entwickeln. Im gesamten Plangebiet wird lediglich das im festgesetzten Gewerbegebiet gelegene Gebäude ..., das auch die von der Antragstellerin zu 1 betriebene Spielhalle beherbergt, gewerblich genutzt. Die überbaubaren Flächen der Mischgebiete einschließlich des nördlich des Gewerbegebiets festgesetzten Mischgebiets werden ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt. Nach dem von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 06.05.2013 vorgelegten Lageplan und dem Vorbringen der Beteiligten ist auch davon auszugehen, dass die Mischgebietsflächen keine nennenswerten Baulücken mehr aufweisen, so dass auch eine Bebauung etwa noch vorhandener Baulücken mit gewerblichen Nutzungen nicht zu der erforderlichen Durchmischung von Wohnnutzung und gewerblicher Nutzung führen könnte. Es fehlt nicht nur die für ein Mischgebiet erforderliche Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe, vielmehr ist das Gebiet bereits in ein Wohngebiet „umgekippt" mit der Folge, dass sich die Festsetzung der Mischgebiete letztlich als von Anfang an funktionslos darstellt. Auch die Antragsgegnerin betrachtet nach den Ausführungen ihres Vertreters in der mündlichen Verhandlung die festgesetzten Mischgebiete als faktische allgemeine Wohngebiete. Soweit sie gleichwohl eine tatsächliche Umwandlung dieser Gebiete in Mischgebiete für theoretisch denkbar hält, handelt es sich hierbei um eine spekulative Vermutung, die die Mischgebietsfestsetzungen nicht rechtfertigt. Eine den Mischgebietsfestsetzungen entsprechende Bedarfslage hat die Antragsgegnerin nicht plausibel dargetan. Es fehlt an jeglichen Anhaltspunkten, dass in den Mischgebieten Bestrebungen vorhanden sind, in den vorhandenen Wohngebäuden gewerbliche Nutzungen aufzunehmen, die die erforderliche Durchmischung der Gebiete in absehbarer Zeit erwarten lassen. Die bauliche Entwicklung der Flächen in den vergangenen Jahren spricht vielmehr gegen einen Bedarf für ein Mischgebiet. Denn obwohl dort bereits seit Jahrzehnten - zunächst aufgrund der Ausweisung des Gebiets als „Ländlicher Bereich“ durch die Ortbausatzung der Antragsgegnerin und sodann aufgrund der Mischgebietsfestsetzungen im Bebauungsplan von 1986 - auch gewerbliche Nutzungen zulässig sind, hat sich in dem Gebiet gleichwohl ausschließlich Wohnnutzung angesiedelt. Anhaltspunkte für eine geänderte Bedarfslage in absehbarer Zukunft bestanden zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht und bestehen auch heute nicht. Weder die Planbegründung noch die sonstigen Bebauungsplanakten noch der Vortrag der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung weisen auf Bestrebungen der Grundstückseigentümer in den Mischgebieten hin, in den Wohngebäuden zukünftig gewerbliche Nutzungen aufzunehmen, die sich nicht auch in einem allgemeinen Wohngebiet verwirklichen lassen, sondern zu der für ein Mischgebiet typischen Durchmischung von Wohnen und Gewerbe führen. Davon ist die Antragsgegnerin im Planaufstellungsverfahren selbst nicht ausgegangen. Der Fokus ihrer Planung war auf die Festsetzung von Nutzungsausschlüssen aus Anlass des Baugesuchs der Antragstellerin zu 2 für eine weitere Spielhalle gerichtet. Dies hat dazu geführt, dass die seit der Planung im Jahre 1986 eingetretenen Änderungen der tatsächlichen baulichen Verhältnisse des Plangebiets bei der - erneuten - Festsetzung der Nutzungsarten auf der Grundlage der aktuellen Baunutzungsverordnung nicht gesondert in den Blick genommen und die Festsetzungen aus dem ursprünglichen Bebauungsplan ohne jede Untersuchung und Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen tatsächlichen Veränderungen ungeprüft übernommen wurden. Die Erwartung, die in den Mischgebieten vorhandenen Nutzungen würden sich zukünftig ändern, lag auch der Entscheidung des Gemeinderats nicht zugrunde. Schließlich weisen die weitgehend bebauten Mischgebiete nach dem - unwidersprochen gebliebenen - Vortrag der Antragstellerin zu 1 auch keinen alten Baubestand auf, der Gebäuderenovierungen erforderlich macht, die die Erwartung von Nutzungsänderungen in absehbarer Zeit und in einem Umfang rechtfertigen könnten, der zu der nötigen Durchmischung des Gebiets führen könnte.
33 
Der Hinweis der Antragsgegnerin auf gerichtliche Entscheidungen zu einem rechtlich zulässigen Absehen von einer tatsächlichen Durchmischung von Gewerbe und Wohnen führt zu keiner anderen Beurteilung. Dem Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 16.03.2001 (a. a. O.) lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet bereits verschiedene gewerbliche Nutzungen vorhanden und darüber hinaus auch Entwicklungstendenzen zu weiterer gewerblicher Nutzung festzustellen waren. Solche Entwicklungstendenzen sind ebenso wie bereits vorhandene gewerbliche Nutzungen in der hier vorliegenden Situation aber gerade nicht gegeben. Auch der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung des erkennenden Senats vom 15.10.1991 (a. a. O.) liegt keine vergleichbare Fallkonstellation zugrunde. Der Senat ging davon aus, das die Genehmigung eines Wohnbauvorhabens, mit dem ein „Umkippen“ eines bebauungsplanmäßig rechtswirksam festgesetzten Gewerbegebiets bewirkt wird, Rechte der gegen die Genehmigung klagenden Gemeinde nicht verletzt, wenn das festgesetzte Mischgebiet der „Abpufferung“ zwischen einer das Wohnen störenden und einer überwiegenden oder reinen Wohnnutzung dienen solle und es im Verhältnis zum gesamten Plangebiet einen geringen Flächenanteil ausmache, der in dem entschiedenen Fall etwa 1/10 des Plangebiets betrug. Das Mischgebiet verliere, obwohl sich tatsächlich weit überwiegend Wohnbebauung angesiedelt habe, seine Funktion als Pufferzone nicht, weil für eventuelle Abwehransprüche die planerische Festsetzung im Bebauungsplan maßgebend sei, die Bewohner somit nach wie vor nur den geminderten Schutz eines Gebiets mit dem Charakter eines Mischgebiets in Anspruch nehmen könnten. Abgesehen davon, dass der Flächenanteil der hier festgesetzten Mischgebiete im Verhältnis zum gesamten Plangebiet anders als in der genannten Entscheidung nicht gering ist, sondern etwa 2/3 der festgesetzten Bauflächen ausmacht, liegt auch insoweit eine andere Konstellation vor, als sich die Mischgebietsfestsetzung in dem entschiedenen Fall nicht - wie hier - von Anfang an auf ein faktisches Wohngebiet bezogen, sondern dieses sich erst nachträglich zu einem Wohngebiet entwickelt hat.
34 
Soweit die Entscheidung allerdings auch so zu verstehen sein sollte, dass bereits die Festsetzung eines Mischgebiets als „Puffergebiet“ zwischen gewerblicher und Wohnnutzung städtebaulich als gerechtfertigt angesehen wird, auch wenn die Verwirklichung einer mischgebietstypischen Durchmischung des Gebiets von vornherein ausscheidet, hält der Senat an einer solchen Auffassung nicht fest. Setzt der Plangeber ein Mischgebiet fest, muss er das gesetzlich vorgesehene gleichberechtigte Miteinander von Wohnen und Gewerbe auch wollen oder zumindest als sicher voraussehen, dass sich eine solche Mischung auch einstellt. Wenn er eine Durchmischung gar nicht anstrebt oder eine solche wegen der vorhandenen Bebauung faktisch nicht zu erreichen ist, stellt die Festsetzung des Mischgebiets einen „Etikettenschwindel“ dar und ist städtebaulich nicht gerechtfertigt (vgl. z. B. Bay. VGH, Urteil vom 03.04.2007 - 25 N 03.1282 - juris, m. w. N. und OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.09.2002 - 7 a D 118/00.NE - juris). Insbesondere darf sich der Plangeber nicht in eine Mischgebietsausweisung „flüchten“, um die Schutzwürdigkeit einer im Mischgebiet vorhandenen Wohnbebauung gegenüber immissionsträchtigen Gegebenheiten im Plangebiet und/oder seiner Nachbarschaft herabzustufen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.10.2009 - 1 C 10150/09 - juris, Rn. 27 und OVG Nordrhein-Westfalen, a. a. O.). Denn die planende Gemeinde unterliegt dem Gebot der Typenkonformität, d. h. sie ist verpflichtet, sich an die von der Baunutzungsverordnung vorgesehenen Gebietstypen und damit an das rechtsstaatliche Prinzip zu halten, dass Inhalt und Schranken des Eigentums regelnde Normen, wie es die Festsetzungen eines Bebauungsplans sind, einer gesetzlichen Grundlage bedürfen (vgl. Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB, Komm., 4. Aufl., § 1 Rn.25). Zwar kann eine „Pufferzone“ zwischen unterschiedlichen, unverträglichen Nutzungen geschaffen werden, indem ein Mischgebiet festgesetzt wird, das auf der Grundlage von § 1 Abs. 4 bis 9 BauNVO gegliedert wird. Dabei mag nach den konkreten Umständen des Einzelfalls auch in Betracht kommen, ein Mischgebiet in der Weise zu gliedern, dass ein - geringer - Teil der Wohnnutzung vorbehalten, während in einem anderen - ebenfalls nur kleinen - Teil die Wohnnutzung vollständig ausgeschlossen wird (vgl. Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Komm., Stand April 2012, § 6 BauNVO, Rn. 13; OVG Niedersachsen, Urteil vom 25.03.1994 - 1 K 6147/92 - BauR 1994, 599 und Urteil vom 13.03.2003 - 1 K 4221/00- BauR 2003, 769), soweit sich der Mischgebietscharakter bezogen auf das Baugebiet als Ganzes noch ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 22.12.1989 - 4 NB 32.89 - BauR 1990, 186; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.03.1995 - 5 S 2916/93 - VBlBW 1996, 26). Eine solche die erforderliche Nutzungsdurchmischung des Mischgebiets noch gewährleistende Gebietsgliederung steht hier aber weder in Rede, noch dispensieren die Gliederungsermächtigungen von der Beachtung der (konkreten) städtebaulichen Erforderlichkeit i. S. des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB (vgl. Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiss a. a. O., § 1 BauNVO, Rn. 18).
35 
cc) Die Unwirksamkeit der Mischgebietsfestsetzungen führt dazu, dass der Bebauungsplan insgesamt unwirksam ist. Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen nur dann - ausnahmsweise - nicht zu dessen Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen, für sich betrachtet, noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können (Grundsatz der Teilbarkeit) und wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung ohne den unwirksamen Teil beschlossen hätte (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers; vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 22.01.2008 - 4 B 5.08 - juris und vom 01.08.2001 - 4 B 23.01 - NVwZ 2002, 205). Diesbezüglich muss vermieden werden, dass in die kommunale Planungshoheit mehr als nötig eingegriffen wird. Ein Gericht darf insbesondere nicht gestaltend tätig sein, sondern hat den planerischen Willen des Ortsgesetzgebers zu respektieren (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 19.09.2002 - 4 CN 1.02 - BVerwGE 117, 58). Von Gesamtunwirksamkeit ist auszugehen, wenn einzelne unwirksame Festsetzungen mit dem gesamten Bebauungsplan in einem untrennbaren Regelungszusammenhang stehen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20.08.1991 - 4 NB 3.91 -NVwZ 1992, 567 und 08.08.1989 - 4 NB 2.89 - NVwZ 1990, 159).
36 
Letzteres ist hier hinsichtlich der Baugebietsfestsetzungen der Fall. Die fehlerhaften Mischgebietsfestsetzungen berühren das Planungskonzept insgesamt. Es ist nicht zu erkennen, dass ohne die Mischgebietsfestsetzungen die Festsetzungen des Gewerbegebiets und des eingeschränkten Gewerbegebiets für sich bestehen bleiben könnten und die Antragsgegnerin hierauf beschränkte Festsetzungen der Nutzungsart gewollt hätte. Die unterschiedlichen Nutzungsarten stehen in wechselseitigen Beziehungen untereinander und im Verhältnis zu den das Plangebiet umgebenden Wohngebieten. Mit der hier angegriffenen Planänderung wurde das dem ursprünglichen Bebauungsplan zugrunde liegende städtebaulichen Konzept, das bei der Festsetzung des Gewerbegebiets in der Nachbarschaft zu bestehenden Wohngebieten dem Trennungsgebot des § 50 BImSchG und dem Gebot sachgerechter Konfliktbewältigung durch ein abgestuftes Geflecht an Baugebieten Rechnung trägt, übernommen. Ausgehend von diesem städtebaulichen Konzept steht das restliche Plangefüge in einem untrennbaren Zusammenhang mit den unwirksamen Mischgebietsfestsetzungen. Mit der Unwirksamkeit der Mischgebietsfestsetzungen ist dem mit den Gebietsabstufungen verfolgten Konzept die Grundlage entzogen. Dies macht die Planung mangels objektiver Teilbarkeit unwirksam. Zudem kann auch nicht mit der gebotenen Sicherheit angenommen werden, dass der Gemeinderat der Antragsgegnerin an der Festsetzung des Gewerbegebiets und des eingeschränkten Gewerbegebiets festgehalten hätte, wenn er gewusst hätte, dass die Mischgebietsfestsetzungen unwirksam sind. Vielmehr erscheint es keineswegs unwahrscheinlich, dass er im Hinblick auf die in den Mischgebieten ausschließlich vorhandene Wohnnutzung das Plangeflecht im gesamten Planbereich geändert und andere Gebietstypen festgesetzt oder andere Regelungen getroffen hätte, um eine Verträglichkeit der Gewerbegebietsnutzung mit der im Plangebiet tatsächlich vorhandenen Wohnnutzung sowie derjenigen außerhalb des Plangebiets herzustellen.
37 
b) Der Bebauungsplan leidet außerdem an einem zu seiner (Gesamt-) Unwirksamkeit führenden, als Verfahrensfehler zu behandelnden Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB.
38 
Denn die fehlerhafte Beurteilung der Erforderlichkeit der Mischgebietsfestsetzungen schlägt auch in Form eines Ermittlungsfehlers bei der - bereits auf der Verfahrensebene - gebotenen Ermittlung und Bewertung der für die Abwägung bedeutsamen Belange im Sinne der genannten Vorschrift durch. Wie ausgeführt, hat der Gemeinderat die seit der Planung im Jahre 1986 eingetretenen Änderungen der tatsächlichen baulichen Verhältnisse des Plangebiets bei der - erneuten - Festsetzung der Nutzungsarten auf der Grundlage der aktuellen Baunutzungsverordnung nicht gesondert in den Blick genommen und die Festsetzungen aus dem ursprünglichen Bebauungsplan ohne jede Untersuchung und Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen tatsächlichen Veränderungen ungeprüft übernommen. Dieses Ermittlungsdefizit begründet einen Verfahrensfehler, der nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlich ist. Denn er betrifft einen von der Planung berührten Belang, der der Gemeinde hätte bekannt sein müssen und der in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt worden ist. Er ist auch im Sinne der genannten Vorschrift offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen. Das Tatbestandsmerkmal der Offensichtlichkeit ist stets erfüllt, wenn der Fehler zur „äußeren Seite“ des Abwägungsvorgangs gehört und sich - wie hier - aus den Planungsakten ergibt (BVerwG, Urteil vom 21.08.1981 - 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33, 38). Der Mangel ist auch auf das Verfahrensergebnis von Einfluss gewesen. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Ermittlungsfehler die Planung anders ausgefallen wäre (BVerwG, Urt. v. 09.04.2008 - 4 CN 1.07 - NVwZ 2008, 899 ff., m.w.N. zu einem Mangel im Abwägungsvorgang und Ernst-Zinkahn-Bielenberg, a.a. O, § 214 Rn. 39h und 141). Diese Möglichkeit besteht hier. Es ist nicht anzunehmen, dass der Gemeinderat die Mischgebietsfestsetzungen auch vorgenommen hätte, wenn er die tatsächliche Bebauung in den Mischgebieten zur Kenntnis genommen und berücksichtigt hätte. Vielmehr besteht eine konkrete Wahrscheinlichkeit dafür, dass er im gesamten Planbereich andere Gebietstypen festgesetzt hätte, wenn ihm bewusst gewesen wäre, dass seinem Planungskonzept wegen der in den Mischgebieten ausschließlich vorhandenen Wohnnutzung die Grundlage fehlt. So erscheint es naheliegend, beispielsweise die Mischgebiete ihrer tatsächlichen Bebauung entsprechend als allgemeine Wohngebiete - gegebenenfalls ergänzt um abschirmende Maßnahmen wie Pflanzgebote - und das bisher unbebaute eingeschränkte Gewerbegebiet auf der im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Fläche als Mischgebiet festzusetzen, um einen Übergang zum nördlich anschließenden Gewerbegebiet zu schaffen. Denkbar wäre auch, das Gewerbegebiet im Hinblick auf seine geringe Größe und seine Lage inmitten von reiner Wohnbebauung nur als eingeschränktes Gewerbegebiet, in dem nur das Wohnen nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe zulässig sind, festzusetzen.
39 
Der mithin beachtliche Ermittlungsfehler ist auch nicht aufgrund von § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB wieder unbeachtlich geworden. Denn er wurde innerhalb der Jahresfrist mit der Antragsschrift gegenüber der Gemeinde geltend gemacht. Der der Antragsgegnerin innerhalb der Jahresfrist zugegangene Antragsschriftsatz erfüllt zusammen mit dem ihm beigefügten Einwendungsschreiben vom 21.08.2009 die Darlegungsanforderungen des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Danach ist der Fehler unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend zu machen. Hierbei genügt eine Darstellung des den Mangel begründenden Sachverhalts mit erkennbarem Rügewillen. Die Rügepflicht des § 215 Abs. 1 BauGB bezweckt lediglich eine Anstoßfunktion. „Geltend gemacht“ ist ein Mangel bereits dann, wenn ein Sachverhalt geschildert wird, aus dem sich der Mangel herleiten lässt, und wenn aus den Erklärungen des Rügenden auch dessen Wille deutlich wird, sich für die angestrebte Unwirksamerklärung des Bebauungsplans auf den konkreten Mangel zu berufen (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17.08.1989 - 4 NB 22/89 - juris, und Jäde a. a. O., § 215 Rn.7 sowie zur Erforderlichkeit eines Rügewillens auch BVerwG, Beschluss vom 11.11.1998 - 4 BN 50/98 - juris). Den hiernach zu stellenden Anforderungen entspricht der Antragsschriftsatz der Antragstellerin zu 1. Dem vorgenommenen Verweis auf die zugleich beigefügte Stellungnahme im Planaufstellungsverfahren kann bereits ausreichend deutlich der erforderliche Rügewille entnommen werden. Es wird konkludent zum Ausdruck gebracht, dass die Einwendungen im Planaufstellungsverfahren aufrechterhalten und als Rügen im Normenkontrollverfahren erhoben werden sollen. Hiervon ist der festgestellte Ermittlungsfehler erfasst. In dem Einwendungsschreiben wird bereits hinreichend deutlich beanstandet, dass das Plangebiet und auch seine weitere Umgebung keinerlei Gewerbebetriebe aufweise, und die einzige gewerbliche Nutzung im Gebäude ... stattfinde. Durch die Bezugnahme auf diese Einwendungen wird auch der der Rüge zugrunde liegende Sachverhalt jedenfalls in seinem Kern noch so angesprochen, dass die mit der Rügepflicht bezweckte Anstoßfunktion als hinreichend erfüllt anzusehen ist.
40 
c) Ist der Bebauungsplan schon aus den vorgenannten Gründen unwirksam, bedarf keiner Entscheidung, ob er auch in weiterer Hinsicht mit höherrangigem Recht unvereinbar ist, insbesondere ob die von der Antragsgegnerin herangezogenen städtebaulichen Belange hinreichend konkret und plausibel sind, um die festgesetzten Nutzungsausschlüsse, insbesondere den von der Antragstellerin allein angegriffenen Ausschluss von Vergnügungsstätten, zu tragen.
III.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO.
42 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.
43 
Beschluss vom 15. Mai 2013
44 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG auf 20.000,--EUR (10.000,-- EUR je Antragstellerin) festgesetzt.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.

(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.

(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.

(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.

(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.

(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.

(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.

(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.

(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.

(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.

(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.

(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.

(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.

(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.

(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.

(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.

(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.

(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.

(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.

(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.

(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.

(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.

(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.

(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.

(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.

(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.

(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.

(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.

(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.

(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung.

(2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist ortsüblich bekannt zu machen. Der Bebauungsplan ist mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung nach § 10a Absatz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Januar 2006 - 12 K 475/05 - geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 25. August 2004 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die mit Schreiben vom 11. Juni 2004 beantragte Baugenehmigung zur Erweiterung der Verkaufsfläche innerhalb ihres bestehenden Einzelhandelsbetriebs in Kirchheim/Teck, Sch. Straße ..., zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin erstrebt eine Baugenehmigung für die Erweiterung der Verkaufsfläche eines Lebensmittelmarkts.
Sie betreibt auf dem im Nordosten des Stadtgebiets der Beklagten gelegenen Grundstück Sch. Straße ... einen von der Beklagten im Jahre 2001 genehmigten Lebensmittelmarkt. Das eingeschossige Gebäude enthält einen 47,35 m x 17,30 m großen Verkaufsraum; die übrige Fläche wird in erster Linie als Lager genutzt.
Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Wangergasse“ der Beklagten vom 20.6.2001, der es als Mischgebiet ausweist. Gemäß dem dazu geschlossenen Durchführungsvertrag sei „somit hier von der baurechtlichen Zulässigkeit eines Lebensmittelmarkts bis maximal 800 m 2 Verkaufsfläche und 1.200 m 2 Geschossfläche auszugehen“.
Die Klägerin möchte eine 3,25 m x 17,00 m (= 55,25 m 2 ) große Teilfläche, die bisher als Lager genutzt wurde, in den Verkaufsraum einbeziehen und stellte unter dem 11.6.2004 einen entsprechenden Bauantrag. Die Beklagte lehnte dieses Vorhaben am 25.8.2004 mit der Begründung ab, es widerspreche dem Bebauungsplan. Diesem lägen Pläne zugrunde, in denen eine Verkaufsfläche von 781 m 2 ausgewiesen sei. Nach der Begründung des Bebauungsplans solle eine Verkaufsfläche für einen Discount-Markt bis 800 m 2 zugelassen werden. Mit der beabsichtigten Nutzung eines Teils der bisherigen Lagerfläche als Verkaufsfläche werde die gesamte Verkaufsfläche auf 831 m 2 erhöht und damit gegen den Bebauungsplan verstoßen. Befreiungsgründe im Sinne des § 31 Abs. 2 BauGB seien nicht erkennbar.
Gegen diesen ablehnenden Bescheid legte die Klägerin am 13.9.2004 Widerspruch ein und trug vor, ihr Vorhaben sei selbst dann zulässig, wenn man davon ausgehe, dass die Einpackzone von 39 m 2 der Verkaufsfläche hinzuzurechnen sei. Zwar sei dann die im Bebauungsplan festgesetzte maximale Verkaufsfläche um 37 m 2 überschritten, sie habe jedoch einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Befreiung. Insbesondere würden durch diese Überschreitung die Grundzüge der Planung nicht berührt, weil die zu schützende Infrastruktur der Stadt in keiner Weise betroffen werde. Erforderlichenfalls werde dies durch ein noch vorzulegendes Gutachten (z. B. der GMA Ludwigsburg) belegt. Das Befreiungsermessen sei auf Null reduziert. Dieser Widerspruch blieb unbeschieden.
Am 1.2.2005 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem Antrag Klage erhoben, die Beklagte unter Aufhebung ihres ablehnenden Bescheids zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen. Sie hat darauf verwiesen, die der streitigen Verkaufsstätte zukommende Nahversorgungsfunktion komme sinnfällig dadurch zum Ausdruck, dass sie auf ausdrückliche Bitte der Beklagten eine fußläufige Verbindung zu dem unmittelbar angrenzenden Wohngebiet geschaffen habe.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Der Vorhaben- und Erschließungsplan der Klägerin sei gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB Bestandteil des Bebauungsplans. Im Teilplan „Grundriss“ sei die zulässige Verkaufsfläche definiert als „Verkaufsraum mit einer Nutzfläche von 799,85 m 2 .“ Entsprechend seiner Rechtsnatur als vorhabenbezogener Bebauungsplan erschöpfe er sich in der Zulassung eines bestimmten Vorhabens. Modifikationen bedürften neuer planungsrechtlicher Rechtfertigung. Die Aufstockung auf eine Verkaufsfläche von 831 m 2 sei daher durch den Bebauungsplan nicht gedeckt und bedürfe neuer planerischer Zulassung. Im Übrigen seien weder Anhaltspunkte für eine betriebliche noch für eine städtebauliche Atypik erkennbar, die ein Abweichen von der Regelvermutung des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO zuließen.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 19.1.2006 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei als Untätigkeitsklage zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der Bebauungsplan „Wangergasse“ erlaube nur eine Verkaufsfläche von 800 m 2 und dieses Maß werde durch die von der Klägerin beabsichtigte Nutzung eines Teils des bisherigen Lagerraums als Verkaufsfläche überschritten. Da der Vorhaben- und Erschließungsplan, der Bebauungsplan und der Durchführungsvertrag aufeinander abgestimmt sein müssten und sich nicht widersprechen dürften, sei fraglich, ob eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans strukturell in Betracht komme. Dies bedürfe aber keiner abschließenden Klärung, da die Befreiungsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht vorlägen, weil die von der Klägerin beanspruchte Abweichung von den Vorgaben des Bebauungsplans die Grundzüge der Planung berühre. Die für die zulässige Verkaufsfläche geltende Grenze von 800 m 2 sei nicht als mehr oder weniger beliebige Zahl „gegriffen“, sondern eine für die Plankonzeption der Beklagten wesentliche Regelung, von der eine Befreiung nicht erteilt werden könne.
Hiergegen richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 17.8.2006 - 8 S 483/06 - zugelassene Berufung der Klägerin, mit der sie beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Januar 2006 - 12 K 475/05 - zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 25. August 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die mit Schreiben vom 11. Juni 2004 beantragte Baugenehmigung zur Erweiterung der Verkaufsfläche innerhalb ihres bestehenden Einzelhandelsbetriebs in Kirchheim/Teck, Sch. Straße ..., zu erteilen sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.
11 
Sie macht geltend: Auch ein vorhabenbezogener Bebauungsplan sei einer Befreiungsentscheidung zugänglich. Der Gesetzgeber habe in § 12 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 4 BauGB die Anwendung bestimmter planungsrechtlich relevanter Vorschriften ausgeschlossen, nicht jedoch die Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB. Hinzu komme, dass die „Abstimmung“ zwischen Vorhabenträger und planender Gemeinde im vorliegenden Fall lediglich darin bestanden habe, dass die Beklagte eine maximale Verkaufsfläche von 800 m 2 verbindlich vorgegeben habe. Es bestehe deshalb im Hinblick auf Befreiungsmöglichkeiten kein Unterschied zu einem „normalen“ Bebauungsplan, der diese Vorgabe durch die Festsetzung eines Baugebiets mache. Die Sachverhalte seien deshalb identisch zu beurteilen. Städtebaulich relevante Gesichtspunkte, die es rechtfertigen könnten, die beantragte Befreiung zu verweigern, seien nicht gegeben.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Sie erwidert: Im Falle eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans könne der Tatbestand des § 31 Abs. 2 BauGB schon deshalb nicht erfüllt sein, weil er nur eine Befreiung von einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans erlaube, die Zulässigkeit eines Vorhabens im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans aber nach § 30 Abs. 2 BauGB voraussetze, dass es dem Bebauungsplan schlechthin nicht widerspreche. Diese unterschiedliche Formulierung berücksichtige, dass ein vorhabenbezogener Bebauungsplan einerseits keine Festsetzungen im Sinne des § 9 BauGB treffen müsse und er andererseits von dem Katalog dieser Bestimmung unabhängige Vorgaben enthalten könne. Für § 30 Abs. 2 BauGB gebe es keine seinen Wortlaut aufgreifende Befreiungsvorschrift. Eine analoge Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB verbiete sich schon deshalb, weil diese Bestimmung keine geeigneten Maßstäbe für Abweichungen von Zulässigkeitsvorgaben enthalten könne, die nicht aus dem Festsetzungskatalog des § 9 BauGB stammten. § 12 Abs. 3 Satz 2 BauGB sei schrankenlos formuliert, dem entsprechend ließen sich allgemeine Voraussetzungen für die Zulassung von Abweichungen schwerlich aufstellen.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorliegenden Akten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die - aufgrund ihrer Zulassung im Beschluss des Senats vom 17.8.2006 statthafte und auch im Übrigen zulässige - Berufung ist begründet, denn die Klägerin hat einen Anspruch auf die begehrte Abweichung von den Vorgaben des Bebauungsplans „Wangergasse“. Die Vorschriften über Befreiungen von Bebauungsplänen in § 31 Abs. 2 BauGB sind auf vorhabenbezogene Bebauungspläne im Sinne des § 12 BauGB anwendbar (nachfolgend 1.), die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung liegen vor (nachfolgend 2.) und das Befreiungsermessen ist auf Null reduziert (nachfolgend 3.).
17 
1. Der Senat bejaht die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene, letztlich aber offen gelassene Frage, ob auch vorhabenbezogene Bebauungspläne einer Befreiung nach den Bestimmungen des § 31 Abs. 2 BauGB zugänglich sind. Der Gesetzeswortlaut steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen. Denn § 12 Abs. 3 BauGB führt - worauf die Klägerin zutreffend hinweist - eine Reihe von Bestimmungen an, die keine Anwendung finden; § 31 BauGB gehört jedoch nicht dazu. Auch der Wortlaut des § 30 Abs. 2 BauGB weist - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht in die gegenteilige Richtung. Es trifft zwar zu, dass hier - anders als in § 30 Abs. 1 BauGB - nicht von „Festsetzungen“ die Rede ist, sondern von „dem Bebauungsplan“, dem das Vorhaben nicht widersprechen darf. Das erklärt sich aber daraus, dass ein vorhabenbezogener Bebauungsplan nach § 12 Abs. 3 BauGB nicht notwendig Festsetzungen (im Sinne des § 9 BauGB und der BauNVO) enthalten muss. Ferner überzeugt das weitere Vorbringen der Beklagten nicht, § 31 Abs. 2 BauGB enthalte keine geeigneten Maßstäbe für die Beurteilung von Abweichungen und allgemeine Voraussetzungen ließen sich schwerlich aufstellen, denn die Voraussetzungen für Ausnahmen und Befreiungen ergeben sich aus § 31 BauGB und nicht aus dem Festsetzungskatalog des § 9 BauGB. Auch der Sache nach erscheint es nicht gerechtfertigt, jede noch so kleine Abweichung von einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan unter den Vorbehalt einer Planänderung zu stellen. Eine solche Inflexibilität würde dieses Instrument städtebaulicher Planung in nicht unerheblichem Umfang seiner Vorteile berauben, weil Investoren befürchten müssten, notwendige Änderungen bei der Detailplanung ihrer Vorhaben durch ein - auch unter Berücksichtigung des vereinfachten Verfahrens nach § 13 BauGB - zähes Bauleitplanverfahren schleusen zu müssen. Schließlich besteht aufgrund der Einbindung des Vorhaben- und Erschließungsplans in den Bebauungsplan (§ 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB) auch keine Notwendigkeit für eine restriktive Auslegung des § 31 BauGB. Denn Übereinstimmung muss nur auf der Planungsebene herrschen. Auf der Genehmigungsebene besteht dagegen kein prinzipieller Unterschied zu „normalen“ Bebauungsplänen. Die Besonderheit besteht lediglich darin, dass nicht nur von der gemeindlichen Bauleitplanung, sondern auch vom Vorhaben- und Erschließungsplan abgewichen wird. Es gibt aber keinen Grund, den Investor in einem solchen Plangebiet nur deshalb schlechter zu stellen, weil seine Planungen mit denjenigen der Gemeinde „abgestimmt“ sind. Ebenso wie demjenigen, der in einem „normalen“ Plangebiet bauen möchte, muss es ihm möglich sein, von den zunächst einvernehmlich getroffenen planerischen Entscheidungen abzuweichen, wenn die Voraussetzungen für die Zulassung einer solchen Abweichung vorliegen. Es kann ihm nicht zum Schaden gereichen, dass er sich damit auch von seinen eigenen ursprünglichen Planungsvorstellungen distanziert, die im Vorhaben- und Erschließungsplan ihren Niederschlag gefunden hatten. Dementsprechend geht die Kommentarliteratur - soweit ersichtlich - einhellig davon aus, dass von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen Ausnahmen und Befreiungen erteilt werden können (vgl. die Zitate auf S. 6 des angefochtenen Urteils; ebenso ausdrücklich: Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. 2002, § 31 RdNr. 3; auch Rieger, in Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 31 RdNr. 4, schließt dies nicht aus). Schließlich hält ersichtlich auch das Bundesverwaltungsgericht § 31 Abs. 2 BauGB auf vorhabenbezogene Bebauungspläne grundsätzlich für anwendbar, denn es erwähnt in diesem Zusammenhang die Grenzen für die Zulassung einer Abweichung, ohne den Rückgriff auf diese Bestimmung prinzipiell auszuschließen (Beschluss vom 23.6.2003 - 4 BN 7.03 - BauR 2004, 975).
18 
2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des sonach anwendbaren § 31 Abs. 2 BauGB liegen vor.
19 
a) Das Verwaltungsgericht nimmt an, eine Befreiung sei ausgeschlossen, weil sie die Grundzüge der Planung berühren würde. Denn die Festlegung einer Grenze von 800 m 2 für die Verkaufsfläche des zugelassenen Marktes sei nicht „gegriffen“, sondern bewusst zur Verdeutlichung der Schwelle zur Großflächigkeit gewählt worden. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
20 
Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach den §§ 1 Abs. 8, 2 Abs. 1 BauGB unverändert der Gemeinde und nicht der Baurechtsbehörde. Diese Regelung darf deshalb nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Befreiung kann nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (BVerwG, Beschluss vom 5.3.1999 - 4 B 5.99 - NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438; Urteil des Senats vom 2.11.2006 - 8 S 361/06 -). Umgekehrt wird diese Grenze für die Erteilung einer Befreiung nicht überschritten, wenn die Abweichung von Festsetzungen, die für die Grundzüge der Planung maßgeblich sind, nicht ins Gewicht fällt oder wenn die Festsetzung, von der abgewichen werden soll, eher „zufällig“ bzw. „isoliert“ erfolgt ist oder diese Planvorgabe auf einer Annahme beruht, die später entfallen ist (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 RdNrn. 36 und 38).
21 
Nach keiner dieser Deutungsvarianten sind im vorliegenden Fall die Grundzüge der Planung berührt. Der Gesichtspunkt der planungsrechtlichen Beliebigkeit, weil sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle dieselben Gründe für eine Befreiung anführen ließen, kann hier nicht zum Tragen kommen, weil der Bebauungsplan als einzigen wesentlichen Regelungsgegenstand nur die Zulassung des Marktes der Klägerin umfasst und es weitere Einzelhandelsbetriebe auf einer vergleichbaren planungsrechtlichen Grundlage im Gemeindegebiet der Beklagten nach Auskunft ihrer Vertreter in der mündlichen Verhandlung nicht gibt. Die Abweichung von der vorgegebenen Verkaufsfläche von 800 m 2 fällt auch nicht ins Gewicht, denn mit ihr soll keine Erweiterung des Sortiments verbunden sein und es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Einbeziehung einer bisherigen Lagerfläche mit einer Größe von etwa 55 m 2 in den Verkaufsbereich die Plankonzeption der Beklagten grundlegend in Frage stellen würde. Denn sie hat durch die Festschreibung einer Grenze von 800 m 2 zwar ersichtlich die Schwelle zur Großflächigkeit verdeutlichen wollen und sich dabei - wie ihre Vertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert haben - von der Regelgrenze einer Geschossfläche von 1200 m 2 in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO leiten lassen. Da durch das streitige Erweiterungsvorhaben der Klägerin die Geschossfläche des Marktes aber nicht geändert wird, bleibt dieser Ausgangspunkt der Beklagten unangetastet. Deshalb spricht nichts für die Annahme, die Ausweitung der Verkaufsfläche um etwa 7 % könne derart tief in das Interessengeflecht der Abwägung eingreifen, dass die Grundzüge der Planung nicht mehr gewahrt wären.
22 
Es kommt hinzu, dass die Beklagte, wenn sie sich schon an der Geschossflächengrenze von 1200 m 2 in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO orientierte, die maximale Verkaufsfläche nicht starr festlegen durfte. Denn dabei handelt es sich lediglich um eine Vermutungsregel für die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO aufgeführten Auswirkungen, die aber nach § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO widerlegbar ist. Anhaltspunkte dafür, dass trotz Beibehaltung der Geschossfläche allein durch die Erhöhung der Verkaufsfläche um etwa 7 % aus dem bisher auch nach Auffassung der Beklagten „unbedenklichen“ Lebensmittelmarkt ein etwa in Ansehung seiner negativen Auswirkungen auf die Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche in der Kernstadt nicht mehr hinnehmbarer Einzelhandelsgroßbetrieb entstehen könnte, sind nicht ersichtlich und konnten auch von den Vertretern der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht angeführt werden. Im Übrigen hat die Klägerin im Verlauf des Verfahrens mehrfach angeboten, durch Einholung eines Gutachtens (z. B. der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung in Ludwigsburg) zu belegen, dass die Ausweitung der Verkaufsfläche die zu schützende Infrastruktur der Stadt nicht beeinträchtige. Hätte die Beklagte - entgegen dem vorstehend Ausgeführten - doch Anhaltspunkte dafür gesehen, dass dies der Fall sein könnte, hätte sie die Klägerin zur Beibringung eines derartigen Gutachtens anhalten müssen. Der Senat sieht nach Aktenlage und nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung keine Veranlassung, eine entsprechende sachverständige Äußerung einzuholen oder von der Klägerin beibringen zu lassen.
23 
Dies erscheint schließlich auch deshalb nicht geboten, weil die Beklagte ersichtlich bei Erlass des Bebauungsplans „Wangergasse“ selbst davon ausgegangen ist, dass die Infrastruktur ihrer Kernstadt auch dann nicht tangiert wird, wenn in dem eher peripher gelegenen Plangebiet ein Lebensmittelmarkt zugelassen wird, der eine größere Verkaufsfläche aufweist als der bundesweit anerkannte Typ eines die Grenze zur Großflächigkeit nicht übersteigenden Einzelhandelsbetriebs der wohnungsnahen Versorgung. Das ergibt sich aus folgendem: Ausgehend von mehreren Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.5.1987 (u. a. - 4 C 19.85 - BauR 1987, 528; - 4 C 30.86 - VBlBW 1988, 130, dazu: Birk, VBlBW 1988, 281 ff.) hat die Rechtsprechung nahezu einhellig bis in das Jahr 2005 angenommen, dass nach dem Einkaufsverhalten der Bevölkerung und den Gegebenheiten im Einzelhandel die Verkaufsflächen-Obergrenze für Einzelhandelsbetriebe der wohnungsnahen Versorgung „nicht wesentlich unter 700 m 2 , aber auch nicht wesentlich darüber“ liege (so etwa noch: BVerwG, Beschluss vom 22.7.2004 - 4 B 29.04 - DVBl. 2004, 1308; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.7.2004 - 5 S 1205/03 - VBlBW 2005, 67; Urteil vom 16.6.2005 - 3 S 479/05 - BauR 2006, 486). Vor diesem Hintergrund lässt die Entscheidung der Beklagten, in dem Bebauungsplan „Wangergasse“ vom 20.6.2001 trotz Festsetzung eines Mischgebiets „von der baurechtlichen Zulässigkeit eines Lebensmittelmarkts bis maximal 800 m 2 Verkaufsfläche und 1.200 m 2 Geschossfläche auszugehen“, nur den Schluss zu, dass sie aufgrund örtlicher Besonderheiten die kritische Grenze erst bei einer gegenüber dem Bundesdurchschnitt um etwa 100 m 2 höheren Verkaufsfläche gesehen hat. In den letzten Jahren hat sich aber der Anteil der Verkaufsflächen an den Geschossflächen von Einzelhandelsbetrieben typischerweise erhöht und der Anteil der Lagerflächen wegen der „Lagerhaltung auf der Straße“ verringert, ohne dass sich daraus eine Verstärkung der Auswirkungen auf zentrale Lagen ergeben hätte. Dem hat das Bundesverwaltungsgericht (Urteile vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - BVerwGE 124, 364 und - 4 C 14.04 - BVerwGE 124, 376; dem folgend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433; vgl. auch: Birk, VBlBW 2006, 289 ff.; Schütz, UPR 2006, 169 ff.) Rechnung getragen und die Grenze der Verkaufsflächengröße, ab der von einem großflächigen Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO auszugehen ist, bei 800 m2 gezogen. Vor diesem Hintergrund kann nur angenommen werden, dass aufgrund dieser allenthalben zu konstatierenden Verschiebung der Verkaufsflächen- und Lagerflächenanteile für den Bereich der Beklagten die kritische Grenze auch heute mehr oder weniger deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt. Da diese Schwelle nach den genannten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.11.2005 nunmehr bei (exakt) 800 m 2 anzunehmen ist, muss davon ausgegangen werden, dass eine Überschreitung der im Bebauungsplan mit derselben Maßzahl vorgegebenen maximalen Verkaufsfläche - ohne Abzug für Putz und ohne Herausrechnung der Einpackzone und des Windfangs - um etwa 50 m 2 , wie sie die Klägerin beantragt hat, innerhalb der die allgemeine Schwelle übersteigenden Bandbreite bleibt, die die Beklagte nach ihren Planungsvorstellungen hinnehmen wollte. Auch unter diesem Gesichtspunkt sind deshalb die Grundzüge der Planung gewahrt.
24 
b) Die Befreiung ist auch städtebaulich vertretbar im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Voraussetzung dafür ist, dass die Abweichung mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung entsprechend § 1 BauGB vereinbar ist und deshalb zulässiger Inhalt eines Bebauungsplans sein könnte (BVerwG, Urteil vom 17.12.1998 - 4 C 16.97 - BVerwGE 108, 190; Urteil vom 19.9.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 RdNr. 47 m.w.N.). Daran kann im vorliegenden Fall aber kein Zweifel bestehen. Denn die Beklagte könnte unter Berücksichtigung dessen, dass sie bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht an die Vorgaben des § 9 BauGB und der BauNVO gebunden ist, auch eine Verkaufsfläche von 850 m2 ausdrücklich zulassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Vergrößerung der Verkaufsfläche um etwa 50 m 2 ohne Sortimentserweiterung gegen einen der Grundsätze des § 1 BauGB verstoßen könnte, sind dagegen weder vorgetragen noch ersichtlich.
25 
3. Da somit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB für eine Befreiung vorliegen, hat die Klägerin auch einen Rechtsanspruch auf die begehrte Genehmigung. Das der Baurechtsbehörde bei der Erteilung einer Befreiung auf der Rechtsfolgenseite ansonsten zustehende Ermessen ist vorliegend ausnahmsweise auf Null reduziert.
26 
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen gegeben sind. Auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf sie; vielmehr hängt die Befreiung von einer Ermessensentscheidung ab. Sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben, besteht für die Ausübung des Ermessens allerdings wenig Raum und steht das mit der Befreiungsvorschrift vom Gesetzgeber beabsichtigte Ziel der Einzelfallgerechtigkeit und städtebaulichen Flexibilität sowie der Grundsatz der Wahrung der Verhältnismäßigkeit einer leichtfertigen Ermessensausübung entgegen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der zuständigen Behörde entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zusteht oder dass das Ermessen stets auf Null reduziert ist, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen. Erforderlich für eine negative Ermessensentscheidung ist nur, dass der Befreiung gewichtige Interessen entgegenstehen (BVerwG, Urteil vom 19.9.2002, a.a.O.; Urteil vom 4.7.1986 - 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315). Kommen dagegen bei einem Bauvorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans widerspricht, bei dem aber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind, für die Gemeinde Nachteile durch eine Zulassung des Vorhabens nicht in Betracht, so kann sich das ihr zustehende Ermessen dahin verdichten, dass sie zur Erteilung einer Befreiung verpflichtet ist (BGH, Urteil vom 23.9.1993 - 3 ZR 54.92 - DVBl. 1994, 278; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.3.2004 - 3 S 1745/02 -). Denn in diesen Fällen ist wegen des Umfangs der Anwendungsvoraussetzungen für die Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB der Spielraum für zusätzliche Erwägungen bei Ausübung des Ermessens tendenziell gering, so dass sich die Ermessensausübung im Einzelfall auf Null reduzieren kann (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438).
27 
So liegt es hier. Gewichtige öffentliche Belange, die der Erteilung der Befreiung im Ermessenswege entgegenstehen könnten, sind nicht gegeben. Die vorliegende Entscheidung eignet sich auch nicht als Berufungsfall für andere Vorhaben. Sie beruht auf den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls, die sich daraus ergeben, dass zum einen negative städtebauliche Auswirkungen nicht zu erwarten sind, es zum anderen um die Erweiterung eines vorhandenen und nicht um die Erstellung eines neuen Betriebes geht und schließlich - wie bereits angeführt - im Stadtgebiet der Beklagten keine Einzelhandelsbetriebe auf vergleichbarer planungsrechtlicher Grundlage existieren, die sich im Falle von Erweiterungswünschen auf die vorliegende Entscheidung stützen könnten. Nach alledem ist vorliegend ausnahmsweise von einer Ermessensreduktion auf Null auszugehen. Zur Klarstellung ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Beklagte durch dieses Verpflichtungsurteil nicht daran gehindert wird, Anforderungen, die die grundsätzliche Zulässigkeit der Markterweiterung nicht in Frage stellen (z. B. bau- oder brandschutzrechtlicher Art), durch die Erteilung von Auflagen Rechnung zu tragen.
28 
Nach allem ist der Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
29 
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren ist für notwendig zu erklären (§ 162 Abs. 2 VwGO), da diese Frage vom Standpunkt einer verständigen Partei aus und nicht aus der Sicht einer rechtskundigen Person zu beurteilen ist (BVerwG, Urteil vom 6.12.1963 - VII C 14.63 - BVerwGE 17, 245). Einem Rechtsunkundigen wäre es aber angesichts der Komplexität des Falles unmöglich gewesen, das Vorverfahren ordnungsgemäß einzuleiten und zu betreiben.
30 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
31 
Beschluss
32 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 9.1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (VBlBW 2004, 467) auf EUR 8.250,-- festgesetzt.
33 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die - aufgrund ihrer Zulassung im Beschluss des Senats vom 17.8.2006 statthafte und auch im Übrigen zulässige - Berufung ist begründet, denn die Klägerin hat einen Anspruch auf die begehrte Abweichung von den Vorgaben des Bebauungsplans „Wangergasse“. Die Vorschriften über Befreiungen von Bebauungsplänen in § 31 Abs. 2 BauGB sind auf vorhabenbezogene Bebauungspläne im Sinne des § 12 BauGB anwendbar (nachfolgend 1.), die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung liegen vor (nachfolgend 2.) und das Befreiungsermessen ist auf Null reduziert (nachfolgend 3.).
17 
1. Der Senat bejaht die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene, letztlich aber offen gelassene Frage, ob auch vorhabenbezogene Bebauungspläne einer Befreiung nach den Bestimmungen des § 31 Abs. 2 BauGB zugänglich sind. Der Gesetzeswortlaut steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen. Denn § 12 Abs. 3 BauGB führt - worauf die Klägerin zutreffend hinweist - eine Reihe von Bestimmungen an, die keine Anwendung finden; § 31 BauGB gehört jedoch nicht dazu. Auch der Wortlaut des § 30 Abs. 2 BauGB weist - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht in die gegenteilige Richtung. Es trifft zwar zu, dass hier - anders als in § 30 Abs. 1 BauGB - nicht von „Festsetzungen“ die Rede ist, sondern von „dem Bebauungsplan“, dem das Vorhaben nicht widersprechen darf. Das erklärt sich aber daraus, dass ein vorhabenbezogener Bebauungsplan nach § 12 Abs. 3 BauGB nicht notwendig Festsetzungen (im Sinne des § 9 BauGB und der BauNVO) enthalten muss. Ferner überzeugt das weitere Vorbringen der Beklagten nicht, § 31 Abs. 2 BauGB enthalte keine geeigneten Maßstäbe für die Beurteilung von Abweichungen und allgemeine Voraussetzungen ließen sich schwerlich aufstellen, denn die Voraussetzungen für Ausnahmen und Befreiungen ergeben sich aus § 31 BauGB und nicht aus dem Festsetzungskatalog des § 9 BauGB. Auch der Sache nach erscheint es nicht gerechtfertigt, jede noch so kleine Abweichung von einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan unter den Vorbehalt einer Planänderung zu stellen. Eine solche Inflexibilität würde dieses Instrument städtebaulicher Planung in nicht unerheblichem Umfang seiner Vorteile berauben, weil Investoren befürchten müssten, notwendige Änderungen bei der Detailplanung ihrer Vorhaben durch ein - auch unter Berücksichtigung des vereinfachten Verfahrens nach § 13 BauGB - zähes Bauleitplanverfahren schleusen zu müssen. Schließlich besteht aufgrund der Einbindung des Vorhaben- und Erschließungsplans in den Bebauungsplan (§ 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB) auch keine Notwendigkeit für eine restriktive Auslegung des § 31 BauGB. Denn Übereinstimmung muss nur auf der Planungsebene herrschen. Auf der Genehmigungsebene besteht dagegen kein prinzipieller Unterschied zu „normalen“ Bebauungsplänen. Die Besonderheit besteht lediglich darin, dass nicht nur von der gemeindlichen Bauleitplanung, sondern auch vom Vorhaben- und Erschließungsplan abgewichen wird. Es gibt aber keinen Grund, den Investor in einem solchen Plangebiet nur deshalb schlechter zu stellen, weil seine Planungen mit denjenigen der Gemeinde „abgestimmt“ sind. Ebenso wie demjenigen, der in einem „normalen“ Plangebiet bauen möchte, muss es ihm möglich sein, von den zunächst einvernehmlich getroffenen planerischen Entscheidungen abzuweichen, wenn die Voraussetzungen für die Zulassung einer solchen Abweichung vorliegen. Es kann ihm nicht zum Schaden gereichen, dass er sich damit auch von seinen eigenen ursprünglichen Planungsvorstellungen distanziert, die im Vorhaben- und Erschließungsplan ihren Niederschlag gefunden hatten. Dementsprechend geht die Kommentarliteratur - soweit ersichtlich - einhellig davon aus, dass von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen Ausnahmen und Befreiungen erteilt werden können (vgl. die Zitate auf S. 6 des angefochtenen Urteils; ebenso ausdrücklich: Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. 2002, § 31 RdNr. 3; auch Rieger, in Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 31 RdNr. 4, schließt dies nicht aus). Schließlich hält ersichtlich auch das Bundesverwaltungsgericht § 31 Abs. 2 BauGB auf vorhabenbezogene Bebauungspläne grundsätzlich für anwendbar, denn es erwähnt in diesem Zusammenhang die Grenzen für die Zulassung einer Abweichung, ohne den Rückgriff auf diese Bestimmung prinzipiell auszuschließen (Beschluss vom 23.6.2003 - 4 BN 7.03 - BauR 2004, 975).
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2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des sonach anwendbaren § 31 Abs. 2 BauGB liegen vor.
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a) Das Verwaltungsgericht nimmt an, eine Befreiung sei ausgeschlossen, weil sie die Grundzüge der Planung berühren würde. Denn die Festlegung einer Grenze von 800 m 2 für die Verkaufsfläche des zugelassenen Marktes sei nicht „gegriffen“, sondern bewusst zur Verdeutlichung der Schwelle zur Großflächigkeit gewählt worden. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
20 
Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach den §§ 1 Abs. 8, 2 Abs. 1 BauGB unverändert der Gemeinde und nicht der Baurechtsbehörde. Diese Regelung darf deshalb nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Befreiung kann nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (BVerwG, Beschluss vom 5.3.1999 - 4 B 5.99 - NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438; Urteil des Senats vom 2.11.2006 - 8 S 361/06 -). Umgekehrt wird diese Grenze für die Erteilung einer Befreiung nicht überschritten, wenn die Abweichung von Festsetzungen, die für die Grundzüge der Planung maßgeblich sind, nicht ins Gewicht fällt oder wenn die Festsetzung, von der abgewichen werden soll, eher „zufällig“ bzw. „isoliert“ erfolgt ist oder diese Planvorgabe auf einer Annahme beruht, die später entfallen ist (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 RdNrn. 36 und 38).
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Nach keiner dieser Deutungsvarianten sind im vorliegenden Fall die Grundzüge der Planung berührt. Der Gesichtspunkt der planungsrechtlichen Beliebigkeit, weil sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle dieselben Gründe für eine Befreiung anführen ließen, kann hier nicht zum Tragen kommen, weil der Bebauungsplan als einzigen wesentlichen Regelungsgegenstand nur die Zulassung des Marktes der Klägerin umfasst und es weitere Einzelhandelsbetriebe auf einer vergleichbaren planungsrechtlichen Grundlage im Gemeindegebiet der Beklagten nach Auskunft ihrer Vertreter in der mündlichen Verhandlung nicht gibt. Die Abweichung von der vorgegebenen Verkaufsfläche von 800 m 2 fällt auch nicht ins Gewicht, denn mit ihr soll keine Erweiterung des Sortiments verbunden sein und es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Einbeziehung einer bisherigen Lagerfläche mit einer Größe von etwa 55 m 2 in den Verkaufsbereich die Plankonzeption der Beklagten grundlegend in Frage stellen würde. Denn sie hat durch die Festschreibung einer Grenze von 800 m 2 zwar ersichtlich die Schwelle zur Großflächigkeit verdeutlichen wollen und sich dabei - wie ihre Vertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert haben - von der Regelgrenze einer Geschossfläche von 1200 m 2 in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO leiten lassen. Da durch das streitige Erweiterungsvorhaben der Klägerin die Geschossfläche des Marktes aber nicht geändert wird, bleibt dieser Ausgangspunkt der Beklagten unangetastet. Deshalb spricht nichts für die Annahme, die Ausweitung der Verkaufsfläche um etwa 7 % könne derart tief in das Interessengeflecht der Abwägung eingreifen, dass die Grundzüge der Planung nicht mehr gewahrt wären.
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Es kommt hinzu, dass die Beklagte, wenn sie sich schon an der Geschossflächengrenze von 1200 m 2 in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO orientierte, die maximale Verkaufsfläche nicht starr festlegen durfte. Denn dabei handelt es sich lediglich um eine Vermutungsregel für die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO aufgeführten Auswirkungen, die aber nach § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO widerlegbar ist. Anhaltspunkte dafür, dass trotz Beibehaltung der Geschossfläche allein durch die Erhöhung der Verkaufsfläche um etwa 7 % aus dem bisher auch nach Auffassung der Beklagten „unbedenklichen“ Lebensmittelmarkt ein etwa in Ansehung seiner negativen Auswirkungen auf die Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche in der Kernstadt nicht mehr hinnehmbarer Einzelhandelsgroßbetrieb entstehen könnte, sind nicht ersichtlich und konnten auch von den Vertretern der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht angeführt werden. Im Übrigen hat die Klägerin im Verlauf des Verfahrens mehrfach angeboten, durch Einholung eines Gutachtens (z. B. der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung in Ludwigsburg) zu belegen, dass die Ausweitung der Verkaufsfläche die zu schützende Infrastruktur der Stadt nicht beeinträchtige. Hätte die Beklagte - entgegen dem vorstehend Ausgeführten - doch Anhaltspunkte dafür gesehen, dass dies der Fall sein könnte, hätte sie die Klägerin zur Beibringung eines derartigen Gutachtens anhalten müssen. Der Senat sieht nach Aktenlage und nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung keine Veranlassung, eine entsprechende sachverständige Äußerung einzuholen oder von der Klägerin beibringen zu lassen.
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Dies erscheint schließlich auch deshalb nicht geboten, weil die Beklagte ersichtlich bei Erlass des Bebauungsplans „Wangergasse“ selbst davon ausgegangen ist, dass die Infrastruktur ihrer Kernstadt auch dann nicht tangiert wird, wenn in dem eher peripher gelegenen Plangebiet ein Lebensmittelmarkt zugelassen wird, der eine größere Verkaufsfläche aufweist als der bundesweit anerkannte Typ eines die Grenze zur Großflächigkeit nicht übersteigenden Einzelhandelsbetriebs der wohnungsnahen Versorgung. Das ergibt sich aus folgendem: Ausgehend von mehreren Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.5.1987 (u. a. - 4 C 19.85 - BauR 1987, 528; - 4 C 30.86 - VBlBW 1988, 130, dazu: Birk, VBlBW 1988, 281 ff.) hat die Rechtsprechung nahezu einhellig bis in das Jahr 2005 angenommen, dass nach dem Einkaufsverhalten der Bevölkerung und den Gegebenheiten im Einzelhandel die Verkaufsflächen-Obergrenze für Einzelhandelsbetriebe der wohnungsnahen Versorgung „nicht wesentlich unter 700 m 2 , aber auch nicht wesentlich darüber“ liege (so etwa noch: BVerwG, Beschluss vom 22.7.2004 - 4 B 29.04 - DVBl. 2004, 1308; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.7.2004 - 5 S 1205/03 - VBlBW 2005, 67; Urteil vom 16.6.2005 - 3 S 479/05 - BauR 2006, 486). Vor diesem Hintergrund lässt die Entscheidung der Beklagten, in dem Bebauungsplan „Wangergasse“ vom 20.6.2001 trotz Festsetzung eines Mischgebiets „von der baurechtlichen Zulässigkeit eines Lebensmittelmarkts bis maximal 800 m 2 Verkaufsfläche und 1.200 m 2 Geschossfläche auszugehen“, nur den Schluss zu, dass sie aufgrund örtlicher Besonderheiten die kritische Grenze erst bei einer gegenüber dem Bundesdurchschnitt um etwa 100 m 2 höheren Verkaufsfläche gesehen hat. In den letzten Jahren hat sich aber der Anteil der Verkaufsflächen an den Geschossflächen von Einzelhandelsbetrieben typischerweise erhöht und der Anteil der Lagerflächen wegen der „Lagerhaltung auf der Straße“ verringert, ohne dass sich daraus eine Verstärkung der Auswirkungen auf zentrale Lagen ergeben hätte. Dem hat das Bundesverwaltungsgericht (Urteile vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - BVerwGE 124, 364 und - 4 C 14.04 - BVerwGE 124, 376; dem folgend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433; vgl. auch: Birk, VBlBW 2006, 289 ff.; Schütz, UPR 2006, 169 ff.) Rechnung getragen und die Grenze der Verkaufsflächengröße, ab der von einem großflächigen Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO auszugehen ist, bei 800 m2 gezogen. Vor diesem Hintergrund kann nur angenommen werden, dass aufgrund dieser allenthalben zu konstatierenden Verschiebung der Verkaufsflächen- und Lagerflächenanteile für den Bereich der Beklagten die kritische Grenze auch heute mehr oder weniger deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt. Da diese Schwelle nach den genannten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.11.2005 nunmehr bei (exakt) 800 m 2 anzunehmen ist, muss davon ausgegangen werden, dass eine Überschreitung der im Bebauungsplan mit derselben Maßzahl vorgegebenen maximalen Verkaufsfläche - ohne Abzug für Putz und ohne Herausrechnung der Einpackzone und des Windfangs - um etwa 50 m 2 , wie sie die Klägerin beantragt hat, innerhalb der die allgemeine Schwelle übersteigenden Bandbreite bleibt, die die Beklagte nach ihren Planungsvorstellungen hinnehmen wollte. Auch unter diesem Gesichtspunkt sind deshalb die Grundzüge der Planung gewahrt.
24 
b) Die Befreiung ist auch städtebaulich vertretbar im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Voraussetzung dafür ist, dass die Abweichung mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung entsprechend § 1 BauGB vereinbar ist und deshalb zulässiger Inhalt eines Bebauungsplans sein könnte (BVerwG, Urteil vom 17.12.1998 - 4 C 16.97 - BVerwGE 108, 190; Urteil vom 19.9.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 RdNr. 47 m.w.N.). Daran kann im vorliegenden Fall aber kein Zweifel bestehen. Denn die Beklagte könnte unter Berücksichtigung dessen, dass sie bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht an die Vorgaben des § 9 BauGB und der BauNVO gebunden ist, auch eine Verkaufsfläche von 850 m2 ausdrücklich zulassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Vergrößerung der Verkaufsfläche um etwa 50 m 2 ohne Sortimentserweiterung gegen einen der Grundsätze des § 1 BauGB verstoßen könnte, sind dagegen weder vorgetragen noch ersichtlich.
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3. Da somit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB für eine Befreiung vorliegen, hat die Klägerin auch einen Rechtsanspruch auf die begehrte Genehmigung. Das der Baurechtsbehörde bei der Erteilung einer Befreiung auf der Rechtsfolgenseite ansonsten zustehende Ermessen ist vorliegend ausnahmsweise auf Null reduziert.
26 
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen gegeben sind. Auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf sie; vielmehr hängt die Befreiung von einer Ermessensentscheidung ab. Sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben, besteht für die Ausübung des Ermessens allerdings wenig Raum und steht das mit der Befreiungsvorschrift vom Gesetzgeber beabsichtigte Ziel der Einzelfallgerechtigkeit und städtebaulichen Flexibilität sowie der Grundsatz der Wahrung der Verhältnismäßigkeit einer leichtfertigen Ermessensausübung entgegen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der zuständigen Behörde entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zusteht oder dass das Ermessen stets auf Null reduziert ist, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen. Erforderlich für eine negative Ermessensentscheidung ist nur, dass der Befreiung gewichtige Interessen entgegenstehen (BVerwG, Urteil vom 19.9.2002, a.a.O.; Urteil vom 4.7.1986 - 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315). Kommen dagegen bei einem Bauvorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans widerspricht, bei dem aber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind, für die Gemeinde Nachteile durch eine Zulassung des Vorhabens nicht in Betracht, so kann sich das ihr zustehende Ermessen dahin verdichten, dass sie zur Erteilung einer Befreiung verpflichtet ist (BGH, Urteil vom 23.9.1993 - 3 ZR 54.92 - DVBl. 1994, 278; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.3.2004 - 3 S 1745/02 -). Denn in diesen Fällen ist wegen des Umfangs der Anwendungsvoraussetzungen für die Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB der Spielraum für zusätzliche Erwägungen bei Ausübung des Ermessens tendenziell gering, so dass sich die Ermessensausübung im Einzelfall auf Null reduzieren kann (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438).
27 
So liegt es hier. Gewichtige öffentliche Belange, die der Erteilung der Befreiung im Ermessenswege entgegenstehen könnten, sind nicht gegeben. Die vorliegende Entscheidung eignet sich auch nicht als Berufungsfall für andere Vorhaben. Sie beruht auf den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls, die sich daraus ergeben, dass zum einen negative städtebauliche Auswirkungen nicht zu erwarten sind, es zum anderen um die Erweiterung eines vorhandenen und nicht um die Erstellung eines neuen Betriebes geht und schließlich - wie bereits angeführt - im Stadtgebiet der Beklagten keine Einzelhandelsbetriebe auf vergleichbarer planungsrechtlicher Grundlage existieren, die sich im Falle von Erweiterungswünschen auf die vorliegende Entscheidung stützen könnten. Nach alledem ist vorliegend ausnahmsweise von einer Ermessensreduktion auf Null auszugehen. Zur Klarstellung ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Beklagte durch dieses Verpflichtungsurteil nicht daran gehindert wird, Anforderungen, die die grundsätzliche Zulässigkeit der Markterweiterung nicht in Frage stellen (z. B. bau- oder brandschutzrechtlicher Art), durch die Erteilung von Auflagen Rechnung zu tragen.
28 
Nach allem ist der Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
29 
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren ist für notwendig zu erklären (§ 162 Abs. 2 VwGO), da diese Frage vom Standpunkt einer verständigen Partei aus und nicht aus der Sicht einer rechtskundigen Person zu beurteilen ist (BVerwG, Urteil vom 6.12.1963 - VII C 14.63 - BVerwGE 17, 245). Einem Rechtsunkundigen wäre es aber angesichts der Komplexität des Falles unmöglich gewesen, das Vorverfahren ordnungsgemäß einzuleiten und zu betreiben.
30 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
31 
Beschluss
32 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 9.1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (VBlBW 2004, 467) auf EUR 8.250,-- festgesetzt.
33 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.

(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. April 2008 - 5 K 2146/06 - geändert.

Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 06.03.2006 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 06.06.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 04.05.2006 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin entsprechend ihrem Antrag vom 07.07.2005 eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des im Untergeschoss der Kirche, ... Straße ... in K..., gelegenen Lagerraums in eine Krypta zu erteilen.

Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen Ziff. 1 gegen das Urteil vom 15. April 2008 werden zurückgewiesen.

Die Beklagte und die Beigeladene Ziff. 1 tragen die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in allen Rechtszügen zu je 1/2. Im Übrigen behalten die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen jeweils auf sich.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Begräbnisstätte (Krypta) in einer im Industriegebiet gelegenen Kirche.
Die Klägerin ist eine als eingetragener Verein organisierte Pfarrgemeinde der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien mit derzeit etwa 600 Mitgliedern. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. ... (... Straße ...) auf der Gemarkung der Beigeladenen Ziff. 1. Nach Erteilung des Einvernehmens der Beigeladenen Ziff. 1 genehmigte die Beklagte der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Jahre 1994 die Errichtung einer Kirche mit zwei Obergeschossen, einem Untergeschoss und Glockentürmen sowie den Bau eines Versammlungsraums auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... Die ursprünglich auch vorgesehene Einrichtung eines Mausoleums bzw. einer Krypta mit zehn Begräbnisplätzen im Untergeschoss der Kirche stellte die Rechtsvorgängerin der Klägerin angesichts des insoweit versagten Einvernehmens der Beigeladenen Ziff. 1 zunächst zurück. In den genehmigten Plänen ist der betreffende Bereich an der Kirchenostseite als Abstellraum bezeichnet.Die anschließend errichtete und auf der Grundlage einer im Jahre 1997 erteilten Nachtragsbaugenehmigung mit ca. 300 Sitzplätzen im Kirchenschiff ausgestattete Kirche wird seither als solche genutzt.
Das Kirchengrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Industriegebiet“ für die Gewanne „Kurzer See“ und „Beim Fürfelder Zollstock“ von 1970, der das gesamte Plangebiet als Industriegebiet (GI) ausweist. Er ist Teil des - durch spätere Erweiterungen schrittweise vergrößerten - Plangebiets „Industriegebiet K...“. Nach den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sind dort Ausnahmen nach § 9 Abs. 3 BauNVO und Nebenanlagen nach § 14 BauNVO zugelassen. Auf den die Kirche umgebenden Grundstücken befinden sich ein Produktionsbetrieb für Holzverpackungen und Holzkisten, dessen 85 Mitarbeiter im Schichtbetrieb arbeiten, und der metallverarbeitende Betrieb mit Gießerei der Beigeladenen Ziff. 2, in dem rund 250 Mitarbeiter beschäftigt sind. In der Umgebung finden sich ferner ein Betonwerk und ein Großbetrieb für Dichtungstechnik mit etwa 150 Mitarbeitern.
Im Juli 2005 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Genehmigung für den Einbau einer Krypta als „privaten Bestattungsplatz ausdrücklich ausschließlich für verstorbene Geistliche“ in den bereits in der Vergangenheit hierfür vorgesehenen Abstellraum im Untergeschoss ihrer Kirche. Das mit der ursprünglichen Planung von 1994 identische Vorhaben betrifft den Einbau von zehn Grabkammern in Wandnischen, die nach Beisetzung durch dicht verfugte Stahlbetonplatten zur Raumseite hin verschlossen und mit beschrifteten Marmorverkleidungen versehen werden sollen. Im Freiraum vor den Sarkophagen sollen zu bestimmten Zeiten Gedenkgebete für die Verstorbenen gesprochen werden. Zur Bestätigung der kirchenrechtlichen Erforderlichkeit einer solchen Priesterbegräbnisstätte legte die Klägerin Stellungnahmen eines Theologen, eines Kunsthistorikers und eines Kirchenrechtlers vor. Nach den eingereichten Plänen ist ein Zugang zu der Krypta nur von außen über eine auf ihrer Nordseite vorhandene Treppe vorgesehen. Die Be- und Entlüftung des Innenraums soll durch drei bereits vorhandene Drehkippfenster sowie zusätzlich über das Dach erfolgen.
Das Gesundheitsamt beim Landratsamt Heilbronn stimmte der Krypta aus hygienischer Sicht unter Auflagen zu. Der Gemeinderat der Beigeladenen zu 1. versagte am 17.10.2005 erneut sein Einvernehmen in bau- und zugleich in bestattungsrechtlicher Hinsicht (§ 9 BestattG). Die Beklagte lehnte den Bauantrag mit Bescheid vom 06.3.2006 wegen des fehlenden Einvernehmens ab. Der hiergegen gerichtete Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg.
Mit Urteil vom 15.4.2008 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide verpflichtet, über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die vorgesehene Bestattungsart entspreche althergebrachter Tradition der Syrisch-Orthodoxen Kirche. Eine Ausnahme sei nicht schon deswegen unzulässig, weil die Krypta im Industriegebiet gebietsunverträglich sei. Denn die genehmigte Kirche präge das Industriegebiet bereits mit. Eine über den bisherigen Bestand hinausgehende Unverträglichkeit mit dem Baugebietscharakter werde durch die Umnutzung im Kircheninneren nicht hervorgerufen.
Gegen den sie jeweils beschwerenden Teil des Urteils haben die Klägerin einerseits sowie die Beklagte und die Beigeladene Ziff. 1 andererseits die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt.
Der Senat hat mit Urteil vom 9.11.2009 - 3 S 2679/08 - die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage insgesamt unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin abgewiesen. Die Umwandlung des Abstellraums in eine Krypta stelle eine genehmigungspflichtige, aber nicht genehmigungsfähige Nutzungsänderung dar. Sie sei im fraglichen Industriegebiet weder allgemein zulässig, noch könne sie im Wege einer Ausnahme oder Befreiung zugelassen werden.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die vom Senat zugelassene Revision eingelegt, die sie auf eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 3 Abs. 1 sowie ihrer Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 140 GG i. V. mit Art. 137 ff. WRV gestützt hat. Mit Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des erkennenden Senats aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Die Nutzungsänderung von einer Kirche ohne Krypta in eine Kirche mit Krypta habe der Verwaltungsgerichtshof zwar zu Recht weder als allgemein noch als ausnahmsweise zulässig erachtet. Die Verneinung des Befreiungstatbestandes des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB werde von den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs jedoch nicht getragen.
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Der Gemeinderat der Beigeladenen Ziff. 1 hat in der Sitzung vom 21.03.2011 erneut das Einvernehmen zur Errichtung einer Krypta versagt. Ferner hat die Beklagte durch Bescheid vom 06.06.2011 den Ablehnungsbescheid vom 06.03.2006 ergänzend begründet.
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Daraufhin hat der Senat nach Einnahme eines Augenscheins mit Urteil vom 20.7.2011 - 3 S 465/11 - wiederum die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin abgewiesen. Die weder allgemein noch ausnahmsweise zulässige Nutzungsänderung könne auch nicht im Wege einer Befreiung zugelassen werden. Zum einen würden durch eine Befreiung die Grundzüge der Planung berührt. Zum anderen sei die Befreiung nicht durch Belange des Wohls der Allgemeinheit gefordert. Schließlich sei die Abweichung unter Würdigung der nachbarlichen Interessen, insbesondere der Interessen des unmittelbar benachbarten holzverarbeitenden Betriebes, auch nicht mit öffentlichen Belangen vereinbar.
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Die gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde der Klägerin hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 27.6.2013 - 4 B 43.11 - zurückgewiesen.
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Auf die von der Klägerin eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 9.5.2016 - 1 BvR 2202/13 - das Urteil des erkennenden Senats aufgehoben und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
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Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin könne sich auf den Schutz der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen. Zu den grundrechtlich geschützten Betätigungen gehöre auch die Bestattung kirchlicher Würdenträger nach bestimmten glaubensgeleiteten Riten und die dementsprechende Totensorge einschließlich der alter syrisch-orthodoxer Kirchenlehre entsprechenden Hauskirchenbestattung von Priestern, hier in der zur Genehmigung gestellten Krypta. Zwar sei die Glaubensfreiheit nicht schrankenlos gewährleistet. Einschränkungen müssten sich jedoch aus der Verfassung selbst ergeben. Hierzu zählten die Grundrechte Dritter sowie Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang. Zu den immanenten Schranken der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit gehörten die Beschränkungen, die im Bauordnungs- und Bauplanungsrecht ihren Ausdruck fänden. Die Ausnahmeregelung des § 31 Abs. 1 BauGB und die Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB seien allerdings im Einzelfall unter besonderer Berücksichtigung von Wirkkraft und Tragweite der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit auszulegen und anzuwenden. Dabei könnten auch gegenläufige verfassungsrechtlich verankerte Schutzgüter in die Bewertung einzubeziehen sein. Bei auftretenden Spannungsverhältnissen müsse unter Berücksichtigung des Toleranzgebots im Wege praktischer Konkordanz ein Ausgleich gefunden werden. Dabei seien die kollidierenden verfassungsrechtlichen Positionen in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und so zu begrenzen, dass sie möglichst weitgehend wirksam würden. Andernfalls sei unter Berücksichtigung der falltypischen Gestaltung zu entscheiden, welches Interesse zurückzutreten habe. Die Herstellung praktischer Konkordanz werde auch durch das baden-württembergische Bestattungsrecht nicht gehindert, da dieses etwa in den §§ 9, 2 ff. BestattG ebenfalls auslegungs- und ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriffe enthalte.
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Eine verfassungsimmanente Schranke der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ergebe sich vorliegend nicht aus dem postmortalen Achtungsanspruch im Sinne des Art. 1 Abs. 1 GG. Denn dieser sei nicht in eingriffserheblicher Weise tangiert. Die umgebungsgeschuldete gewerbliche Betriebsamkeit betreffe nicht den Kernbereich der Menschenwürde, so dass für die Frage des Vorliegens einer Beeinträchtigung dem ggfs. auch nur mutmaßlichen Willen des vermeintlich Betroffenen hinlängliches Gewicht beizumessen sei. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte sei hier anzunehmen, dass Geistliche im Dienste der Klägerin ihre personale Würde gerade im untrennbaren Zusammenhang mit ihrer Berufung und den ihrem Glauben zu Grunde liegenden Regeln sähen. Im Übrigen verdiene Berücksichtigung, dass die glaubenssatzgetreue Beisetzung unter dem Altar in der beantragten Weise eine besonders würdevolle Form der Bestattung darstelle, die unter Umständen wahrnehmbare Immissionen bei der Entscheidung zu verdrängen vermöge. Nichts anderes gelte für die ebenfalls über Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Totenruhe. Ebenso wenig stehe das Pietätsempfinden der Hinterbliebenen oder der Allgemeinheit einer Verwirklichung der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin im Wege. Mit Blick auf die Hinterbliebenen liege eine Betroffenheit des Kernbereichs des nach Art. 2 Abs. 1 GG und ggfs. durch Art. 4 GG verstärkt geschützten würdigen Totengedenkens infolge einer nur drohenden Lärmbelästigung eher fern, so dass Raum für eine individuelle Definition würdigen Totengedenkens verbleibe. Im Übrigen bestehe die Möglichkeit der Eingriffseinwilligung bzw. des Grundrechtsausübungsverzichts. Das Pietätsempfinden der Allgemeinheit und der Grundstücksnachbarn lasse sich den Grundrechten der Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, da es sich hierbei nicht um einen Gemeinschaftswert von Verfassungsrang handle. Als verfassungsimmanente Schranken seien vorliegend allein der Schutz des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und der Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG der Nachbarbetriebe berücksichtigungsfähig. Das Eigentumsgrundrecht der Nachbarn könne berührt werden, wenn künftig etwa durch die Klägerin initiierte oder eingeforderte Auflagen drohten, die den Betrieben abverlangen könnten, ihre Betriebsstätten nur unter bestimmten Maßgaben zu nutzen oder zu gewissen Zeiten gar nicht zu betreiben. Nicht geschützt seien hingegen etwaige künftige Betriebserweiterungen. Die Berufsausübungsfreiheit werde durch etwa zu besorgende Lärmschutzauflagen oder Einschränkungen der Betriebszeiten von Maschinen ebenfalls betroffen.
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Allerdings sei bislang nicht deutlich gemacht, inwieweit allein die Einrichtung der auf zehn Begräbnisplätze für Gemeindepfarrer beschränkten Krypta im Untergeschoss über die derzeitige Nutzung der Kirche hinaus mit Blick auf den Eigentumsschutz und die Berufsfreiheit der Nachbarbetriebe konkrete weitere und zudem nennenswerte Auswirkungen auf den mit der ursprünglichen Planung verfolgten Interessenausgleich habe. Auch sei es nicht zulässig, der Klägerin den zwingenden Charakter der Hauskirchenbestattung abzusprechen. Ferner sei nicht erkennbar, dass bei Einschätzung der Wahrscheinlichkeit des zukünftigen Erlasses betriebseinschränkender Auflagen die industrielle Vorbelastung des Baugebiets aus Sicht der Klägerin beachtet worden sei. Ebenso wenig sei ersichtlich, worin konkret bei Ausklammerung der nicht berücksichtigungsfähigen Belange des Ruheschutzes von Begräbnisstätten der graduelle Unterschied im Ausmaß der nachbarlichen Rücksichtnahmepflichten zwischen einer Kirche mit und einer solchen ohne Krypta liegen solle. Nicht einbezogen seien eigene Abhilfemöglichkeiten der Klägerin durch - auch bauliche - Maßnahmen. Gleiches gelte für die Möglichkeit einer Auflage zur Baugenehmigung, mit der eine Duldungsbaulast abverlangt werden könne bzw. ein freiwilliger Verzicht der Klägerin auf immissionsrechtlichen Schutz.
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In seiner Sitzung vom 24.7.2016 hat der Gemeinderat der Beigeladenen Ziff. 1 für eine genauer bezeichnete und im Abgrenzungs- bzw. Lageplan vom 25.7.2016 dargestellte Mehrzahl von Grundstücken im Gebiet der Bebauungspläne „Industriegebiet", „Industriegebiet, 1. Änderung" und Industriegebiet, 5. Änderung", darunter auch das Grundstück der Klägerin, die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens „Industriegebiet, 6. Änderung" beschlossen. Ziel der Planung ist es nach der Sitzungsniederschrift, Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zukünftig nicht mehr zuzulassen, um die Möglichkeiten der freien Berufsausübung und der gewerblichen Freiheit nicht zu gefährden. Gleichfalls am 24.7.2016 hat der Gemeinderat für den Bereich des künftigen Bebauungsplans „Industriegebiet, 6. Änderung" den Erlass einer Veränderungssperre als Satzung beschlossen. Der Aufstellungsbeschluss und die am 24.7.2016 vom Bürgermeister der Beigeladenen Ziff. 1 ausgefertigte Satzung sind am 28.7.2016 im amtlichen Mitteilungsblatt der Beigeladenen Ziff. 1 öffentlich bekannt gemacht worden.
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Die Klägerin verweist auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und trägt ergänzend vor, der Betrieb der Beigeladenen Ziff. 2 arbeite nach ihren Beobachtungen in einem Zweischichtbetrieb von ca. 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr, regelmäßig nicht am Wochenende. Der holzverarbeitende Betrieb arbeite ähnlich. Ein vom Bundesverfassungsgericht angesprochener weiterer Betrieb liege über einen Kilometer entfernt, so dass unter keinem denkbaren Gesichtspunkt Immissionskonflikte mit der Krypta zu erwarten seien. Die Kirche selbst werde intensiv genutzt, ohne dass es jemals zu Konflikten zwischen der Kirchengemeinde und den umliegenden Nutzungen gekommen sei. Ein auch nur gradueller Unterschied hinsichtlich der erforderlichen Rücksichtnahme sei im Vergleich der Nutzung der Kirche ohne Krypta und der Nutzung der Kirche ohne Krypta nicht ersichtlich.
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Darüber hinaus habe sie gegenüber der Beklagten schriftliche Erklärungen abgegeben, nach denen sie sich zum einen verpflichte, in der Krypta eine Lüftungsanlage sowie Schallschutzfenster zu installieren und die Fenster während religiös motivierter Veranstaltungen in dem besagten Raum geschlossen zu halten. Zum anderen habe sie die dauerhafte Verpflichtung als Baulast auf das Baugrundstück übernommen, die Immissionen der nach dem Bebauungsplan „Industriegebiet, dritte Änderung und Erweiterung“ zulässigen Betriebe zu dulden und auf Abwehransprüche zu verzichten, soweit die Betriebe die Anforderungen an das zulässige Immissionsniveau im ausgewiesenen Industriegebiet einhielten. Schließlich habe sie alternativ, also ohne Rücknahme des bisherigen Nutzungsänderungsantrages, die Genehmigung eines weiteren Zugangs in die Krypta aus dem Kircheninneren beantragt und erklärt, der Zugang von außen dürfe für alle Anlässe des Totengedenkens oder sonstige religiös motivierte Nutzungen in der Krypta nicht genutzt werden. Hierzu hat die Klägerin dem Gericht die vorbereiteten und in der mündlichen Verhandlung die vom Vorstand unterschriebenen Erklärungen vorgelegt sowie erklärt, diese seien gemeinsam bei der Beklagten eingereicht worden.
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Die Veränderungssperre stehe der Erteilung der begehrten Baugenehmigung nicht entgegen. Denn sie sei unwirksam, da die Bauleitplanung nicht erforderlich sei und der beabsichtigte Bebauungsplan gegen das Gebot der gerechten Abwägung verstoße. Ferner bestehe ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre. Denn überwiegende öffentliche Belange stünden einer solchen Ausnahme nicht entgegen, da es keinen graduellen Unterschied im Ausmaß der nachbarlichen Rücksichtnahmepflichten zwischen einer Kirche ohne und einer Kirche mit Krypta gebe. Angesichts der in Rede stehenden Religionsausübungsfreiheit sei das Ermessen der Baurechtsbehörde zu ihren Gunsten auf Null reduziert.
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Sie habe danach einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung unter Erteilung einer Ausnahme bzw. einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans. Denn Grundrechte der Nachbarn würden durch die zusätzliche Einrichtung der Krypta nicht beeinträchtigt. Dies gelte nicht nur für das Eigentumsgrundrecht und die Berufsausübungsfreiheit, sondern auch für die Religionsausübungsfreiheit der Nachbarn. Soweit ein Grundstücksnachbar vortrage, seine christliche Wertvorstellung verbiete es ihm, seinen Industriebetrieb mit den einhergehenden Lärm- und Abgasimmissionen direkt neben der Krypta zu betreiben, sei dessen Pietätsempfinden angesprochen, das vom Bundesverfassungsgericht als nicht kollisionsfähig mit der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin beurteilt worden sei. Einer Beweiserhebung bedürfe es daher nicht.
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Die Klägerin beantragt,
23 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15.4.2008 - 5 K 2146/06 - zu ändern, den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 6.3.2006 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 6.6.2011 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 4.5.2006 aufzuheben sowie
die Beklagte zu verpflichten, ihr entsprechend ihrem Antrag vom 7.7.2005 eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des im Untergeschoss der Kirche gelegenen Lagerraums in eine Krypta zu erteilen,
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ihr entsprechend ihrem Antrag vom 7.7.2005 eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des im Untergeschoss der Kirche gelegenen Lagerraums in eine Krypta in der Fassung des alternativ gestellten Antrags mit Zugang zur Krypta über den Kircheninnenraum zu erteilen
und die Berufungen der Beklagten sowie der Beigeladenen Ziff. 1 zurückzuweisen.
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Die Beklagte und die Beigeladene Ziff. 1 beantragen,
25 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15.4.2008 - 5 K 2146/06 - zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
26 
Die Beklagte hält die erlassene Veränderungssperre für wirksam. Insbesondere werde das Planungsziel, die Berufsausübungsfreiheit und die Eigentumsrechte im Geltungsbereich des fraglichen Industriegebiets nicht weiter einzuschränken, durch den Ausschluss der nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungen gefördert. Ein Anspruch auf Ausnahmeerteilung bestehe nicht. Denn die Zulassung der Krypta stehe dem Planungsziel der Beigeladenen Ziff. 1 entgegen. Hieran ändere auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nichts. Diese betreffe nämlich die Frage der Ausnahme nach § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht.
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Unabhängig von der Veränderungssperre müsse geklärt werden, welcher Stellenwert dem religiösen Empfinden der Betriebsinhaber, der Grundstückseigentümer sowie der Beschäftigten im Industriegebiet zukomme und inwieweit dieses Empfinden einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB entgegenstehe. Es zähle zum Schutzbereich der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der evangelischen und katholischen Kirche, die Totenruhe zu achten und sie nicht durch lärmende oder andere die Totenruhe beeinträchtigende Emissionen zu stören. Dies habe das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung nicht berücksichtigt.
28 
Der hilfsweise gestellte Klageantrag sei unzulässig. Im Gegensatz zu den weiteren Verpflichtungs- und Duldungserklärungen der Klägerin, die ihr nicht vorlägen, sei der alternativ gestellte Bauantrag zwar bei ihr eingegangen. Jedoch handle es sich bei diesem um ein aliud zu dem bisherigen Bauantrag, so dass zunächst ein baubehördliches Genehmigungs- und ggfs. Widerspruchsverfahren durchzuführen sei.
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Die Beigeladene Ziff. 1 trägt ergänzend vor, das Gebot, die Totenruhe zu achten zähle zur Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aller christlichen Kirchen. Gleiches gelte für Angehörige des jüdischen oder muslimischen Glaubens. Beschäftigte, die in unmittelbarer Nähe der Krypta mit lauten Maschinen arbeiteten, würden damit in erhebliche Gewissens- und Glaubensnöte geraten. Zur Bestätigung legen sie ein Schreiben des Geschäftsführers des der Kirche benachbarten holzverarbeitenden Betriebes vom 12.8.2016 sowie weitere Schreiben dieser Firma vor. Ein der Würde des Friedhofs entsprechendes Verhalten werde im Übrigen auch von den in nahezu allen baden-württembergischen Kommunen geltenden Friedhofssatzungen gefordert.
30 
Die Beigeladene Ziff. 2 stellt keinen Antrag. In der Sache hat sie - noch im Verfahren 3 S 465/11 - ihre Besorgnis geäußert, die in einem Industriegebiet zulässigen und notwendigen Nutzungsmöglichkeiten könnten bei Genehmigung der Krypta beschränkt und die im Vertrauen auf den Fortbestand Industriegebiets angesiedelten Unternehmen als Störer betrachtet würden. Dies sei nicht akzeptabel.
31 
Die im parallelen Verfahren auf Erteilung einer bestattungsrechtlichen Genehmigung für die vorgesehene Begräbnisstätte vom 1. Senat des erkennenden Verwaltungsgerichtshofs nach für die Klägerin negativem Ausgang des Verwaltungs-, Widerspruchs- und erstinstanzlichen Verwaltungsgerichtsverfahrens zugelassene Berufung - 1 S 1594/13 - ruht derzeit mit Rücksicht auf den vorliegenden Rechtsstreit.
32 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Verwaltungsgerichts Stuttgart sowie die beigezogenen einschlägigen Baugenehmigungsakten, Widerspruchsakten und Bebauungsplanakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
33 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist mit ihrem Hauptantrag begründet. Die gleichfalls zulässigen Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen Ziff. 1 bleiben hingegen ohne Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf die begehrte Genehmigung einer Umnutzung des im Untergeschoss ihrer Kirche gelegenen Abstellraums in eine Krypta mit zehn Bestattungsplätzen. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten vom 6.3.2006 und vom 6.6.2011 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 4.5.2006 sind daher rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte ist dementsprechend unter Änderung des erstinstanzlichen Bescheidungsurteils und Aufhebung der genannten Bescheide zu verpflichten, der Klägerin entsprechend ihrem Antrag vom 7.7.2005 eine Baugenehmigung für die geplante Nutzungsänderung zu erteilen.
34 
Bei der vorgesehenen Nutzungsänderung handelt es sich um ein nach § 49 i. V. mit § 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO genehmigungspflichtiges Vorhaben; Ausnahmen von der Genehmigungspflicht i. S. der §§ 50, 51, 49 und 70 LBO liegen nicht vor. Die mithin erforderliche Baugenehmigung ist nach § 58 LBO (zwingend) zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (Satz 1). Soweit § 52 LBO - wie hier - keine Anwendung findet, sind dabei alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu prüfen, die Anforderungen an das Bauvorhaben enthalten und über deren Einhaltung nicht eine andere Behörde in einem gesonderten Verfahren durch Verwaltungsakt entscheidet (Satz 2).
35 
Danach ist der Klägerin die im vorliegenden Verfahren unbedingt begehrte Baugenehmigung zu erteilen. Denn dieser Genehmigung stehen keine dem materiellen Entscheidungsprogramm der Baurechtsbehörde unterfallende Vorschriften des öffentlichen Rechts entgegen.
36 
1. Das Vorhaben der Klägerin ist bauplanungsrechtlich zulässig. Die beabsichtigte Nutzungsänderung verstößt zwar gegen den für den fraglichen Bereich bislang geltenden Bebauungsplan „Industriegebiet“ aus dem Jahre 1970. Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch auf die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen dieses Bebauungsplans (1.1.). Nicht anders verhält es sich bei Berücksichtigung der von der Beigeladenen Ziff. 1 mit dem Bebauungsplanverfahren „Industriegebiet, 6. Änderung" vorgesehenen Änderungen (1.2.), weshalb eine Ausnahme von der am 24.7.2016 beschlossenen Veränderungssperre zuzulassen ist (1.3.).
37 
1.1. Die vorgesehene Nutzungsänderung ist mit Blick auf den geltenden, am 7.8.1971 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Industriegebiet“ vom 06.11.1970 zwar nicht allgemein oder ausnahmsweise zulässig. Jedoch ist der Klägerin für die besagte Nutzungsänderung eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu erteilen.
38 
1.1.1. Dieser Beurteilung hat der Senat sowohl den ihn bindenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.5.2016 (ZfBR 2016, 582 ff.) als auch das gleichfalls Bindungswirkung entfaltende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 (BVerwGE 138, 166 ff.) zu Grunde zu legen.
39 
1.1.1.1. Nach § 31 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 - BVerfGG - (BGBl. I S. 1473) binden die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden. Zu diesen Entscheidungen gehören auch Beschlüsse einer Kammer des Bundesverfassungsgerichts, durch die einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben wird, weil ein solcher Beschluss nach § 93 c Abs. 1 Satz 2 BVerfGG einer Entscheidung des Senats gleichsteht. Die Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG soll eine verbindliche einheitliche Auslegung des Grundgesetzes sicherstellen. Daher beansprucht sie über den entschiedenen Fall hinaus Geltung in allen künftigen Fällen. Sie umfasst den Tenor der Entscheidung, d. h. die nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG zu treffende Feststellung, welche Vorschrift des Grundgesetzes durch welche Handlung oder Unterlassung verletzt wurde. Darüber hinaus erstreckt sich die Bindungswirkung auf die den Feststellungsausspruch tragenden Gründe, soweit diese Auslegung und Anwendung des Grundgesetzes betreffen. Rechtssätze dieses Inhalts geben auch Maßstäbe und Grenzen für die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts vor (stRspr; vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.6.1975 - 2 BvR 1018/74 - BVerfGE 40, 88 ff. u. v. 16.3.2005 - 2 BvL 7/00 - BVerfGE 112, 268 ff.; vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 21.9.2016 - 6 C 2.15 - juris).
40 
1.1.1.2. Nichts anderes gilt im Ergebnis für das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010.
41 
Zwar hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9.5.2016 ausgeführt, das in der Berufungsinstanz ergangene Urteil des erkennenden Senats (vom 20.7.2011) habe die vorangegangenen angegriffenen Entscheidungen prozessual überholt (RdNr. 80, Umdruck S. 29) und zählt zu diesen vorangegangenen angegriffenen Entscheidungen auch das in Rede stehende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010. Indes nimmt die damit vertretene Rechtsansicht, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 habe sich erledigt, nach den oben gemachten Ausführungen nicht an der Bindungswirkung des verfassungsgerichtlichen Beschlusses teil. Denn sie ist kein tragender Grund für die Feststellung des ausgesprochenen Grundrechtsverstoßes und trägt im Übrigen - da das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht zurückgewiesen hat - auch keinen sonstigen Entscheidungsausspruch. Darüber hinaus betrifft sie auch nicht die Auslegung und Anwendung des Grundgesetzes, sondern allein die Auslegung und Anwendung einfachen Prozessrechts.
42 
In der Sache ist eine Erledigung des Urteils vom 18.11.2010, mit dem das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Senats vom 9.11.2009 aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den erkennenden Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen hat, nicht eingetreten. Denn von ihm gehen auch nach Erlass des Urteils des Senats vom 20.7.2011 Rechtswirkungen aus.
43 
So kann nämlich die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerade auf eine durch die erneute Entscheidung des Vordergerichts hervorgerufene Verletzung der Bindungswirkung des § 144 Abs. 6 VwGO gestützt werden (vgl. Eichberger/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, RdNr. 116 zu § 144; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, RdNr. 12 zu § 144).
44 
Diese Bindungswirkung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 ist ihrerseits nicht entfallen. Insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9.5.2016 keine Rechtsauffassung zu entscheidungserheblichen Rechtsfragen vertreten, die von derjenigen in dem zurückverweisenden Revisionsurteil grundsätzlich abweicht (vgl. zur Befreiung der Vorinstanz von der Bindungswirkung in derartigen Fällen wiederum Eichberger/Bier, a. a. O., RdNr. 126 zu § 144).
45 
Gebunden ist der Senat danach an die der Aufhebung und Zurückverweisung zugrunde liegende rechtliche Beurteilung des Falles durch das Bundesverwaltungsgericht. Die Bindung umfasst die der Entscheidung unmittelbar zu Grunde liegende rechtliche Würdigung und auch die dem vorausliegenden Gründe, soweit diese notwendige Voraussetzung für die unmittelbaren Aufhebungsgründe waren (vgl. auch hierzu W.-R. Schenke, a. a. O., RdNr. 12 zu § 144).
46 
1.1.2. Die vorgesehene Erweiterung der genehmigten und von der Klägerin auch entsprechend genutzten Kirche um eine Krypta im Untergeschoss der Gebäudeostseite ist nach den §§ 30, 31 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans „Industriegebiet“ vom 6.11.1970 weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig. An dieser vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9.5.2016 ausdrücklich verfassungsrechtlich nicht beanstandeten Beurteilung (RdNr. 65, Umdruck S. 23) ist festzuhalten.
47 
Der am 7.8.1971 in Kraft getretene Bebauungsplan setzt für das Baugrundstück und das gesamte Plangebiet ein Industriegebiet nach § 9 BauNVO 1968 fest. Danach sind dort Gewerbebetriebe aller Art mit Ausnahme von Einkaufszentren und Verbrauchermärkten im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 sowie Lagerplätze und öffentliche Betriebe allgemein zulässig. Hierzu zählt eine Kirche mit Krypta indes nicht (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 16, Umdruck S. 8).
48 
Als Ausnahmen werden nach Ziff. 1 der Bebauungsvorschriften die in § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 aufgeführten Nutzungsarten - mithin Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (Nr. 1) sowie betriebsbezogene Wohnungen (Nr. 2) - zugelassen. Bei der mit der Kirche verbundenen Krypta handelt es sich um eine Anlage für kirchliche Zwecke. Die ausnahmsweise Zulässigkeit der geplanten Nutzungsänderung scheitert jedoch am ungeschriebenen, sich typisierend aus der allgemeinen Zweckbestimmung eines Industriegebiets ergebenden Tatbestandsmerkmal der Gebietsverträglichkeit. Da Industriegebiete der einzige Baugebietstyp der Baunutzungsverordnung sind, in dem erheblich störende Gewerbebetriebe untergebracht werden können, sind die in § 9 Abs. 3 BauNVO bezeichneten Nutzungsarten nur dann ohne Weiteres gebietsverträglich, wenn sie nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Hauptzweck des Industriegebiets nicht in Konflikt geraten können. Diese Voraussetzung erfüllt eine Kirche - mit oder ohne Krypta - bei typisierender Betrachtung nicht (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 17 ff., Umdruck S. 8 ff.).
49 
1.1.3. Der Klägerin steht aber bei der gebotenen Auslegung und Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB unter besonderer Berücksichtigung von Wirkkraft und Tragweite ihrer von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 53, Umdruck S. 18, RdNr. 48, Umdruck S. 16) ein Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu. Denn zu der grundrechtlich geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin zählt auch die hier in Rede stehende Bestattung kirchlicher Würdenträger nach bestimmten glaubensgeleiteten Riten und die dementsprechende Totensorge einschließlich der alter syrisch-orthodoxer Kirchenlehre entsprechenden Hauskirchenbestattung von Priestern, hier in der zur Genehmigung gestellten Krypta (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 51, Umdruck S. 17 f.). Im Lichte des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sind durch die Abweichung von dem geltenden Bebauungsplan die Grundzüge der Planung nicht berührt (1.1.3.1.), erfordern Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung (1.1.3.2.) und ist die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar (1.1.3.3.). Schließlich ist das danach auf der Rechtsfolgenseite eröffnete Befreiungsermessen der Beklagten zu Gunsten der Klägerin „auf Null“ reduziert (1.1.3.4.).
50 
1.1.3.1. Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 37, Umdruck S. 16 f.).
51 
Bei den genannten Prüfungsschritten ist auf unterschiedliche Zeitpunkte abzustellen. Was Inhalt und Bestandteil der Planungsgrundsätze ist, ist durch eine auf den Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bezogene Auslegung des Bebauungsplans anhand der damaligen Sach- und Rechtslage und der damaligen Vorstellungen des Gemeinderats zu ermitteln (§ 10 und § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.6.2007 - 3 S 881/06 - VBlBW 2007, 385 ff., unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 19.5.2004 a. a. O.). Demgegenüber ist für die Beurteilung, ob die (ursprüngliche) planerische Grundkonzeption durch die Befreiung berührt wird, auch die nachträgliche tatsächliche Entwicklung im Plangebiet bis zum Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung in den Blick zu nehmen. Es kommt darauf an, ob der mit der ursprünglichen Planung verfolgte Interessenausgleich durch die tatsächliche Entwicklung seit Inkrafttreten des Bebauungsplans bereits so nachhaltig gestört ist, dass die Planungsgrundzüge nicht mehr in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden können (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 39, Umdruck S. 18; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.9.2016 - 3 S 864/16 - juris).
52 
1.1.3.1.1. Ursprüngliche planerische Grundkonzeption der Beigeladenen Ziff. 1 war es, mit dem Bebauungsplan „Industriegebiet“ für die Gewanne „Kurzer See“ und „Beim Fürfelder Zollstock“ von 1970 ein klassisches, den Vorgaben des Gesetz- und Verordnungsgebers entsprechendes Industriegebiet zu schaffen. Dies ergibt sich aus der Planbegründung, wonach das Plangebiet als erster Abschnitt eines größeren Industriegebiets vorgesehen war und darauf hingewiesen wurde, dass der überwiegend flache südliche Gebietsteil sich topografisch „gut für schwere Industrie“ eigne. Auch der damalige Bürgermeister der Beigeladenen Ziff. 1 hat das genannte Ziel in der mündlichen Verhandlung vom 20.7.2011 (im Verfahren 3 S 465/11) bestätigt. Eröffnet werden sollte - dem gesetzlichen Leitbild entsprechend - die gesamte, uneingeschränkte Nutzungsbreite aller nach § 9 Abs. 2 BauNVO 1968 zulässigen gewerblichen Nutzungen dieses - störintensivsten - Gebietstyps.
53 
Dem Umstand, dass die Beigeladene Ziff. 1 die in § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 aufgeführten - und danach ohnehin ausnahmsweise zulässigen - Nutzungsarten ausdrücklich als Ausnahmenutzungen zugelassen hat, kommt keine erhebliche Bedeutung zu.
54 
Hauptzweck eines klassischen, den Vorgaben des Gesetz- und Verordnungsgebers entsprechenden Industriegebiets ist die Unterbringung erheblich störender Betriebe (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 20, Umdruck S. 9). Zu einem solchen Industriegebiet gehört aber auch die potenzielle Existenz der in § 9 Abs. 3 BauNVO genannten Anlagen, soweit diese gegenüber den allgemein zulässigen industriellen Anlagen räumlich wie funktionell untergeordnet sowie darüber hinaus - wie unter 1.1.2. ausgeführt - typischerweise gebietsverträglich, also nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Hauptzweck des Gebiets nicht in Konflikt geraten können.
55 
Angesichts dessen spricht nichts dafür, dass mit der Festsetzung „Ausnahmen nach § 9 (3) BNutzVO werden zugelassen“ in Ziff. 1 der Bebauungsvorschriften eine Abweichung von dem oben beschriebenen Planungsziel beabsichtigt war, insbesondere dass ein „konfliktträchtiges“ Industriegebiet geplant und dabei den ausnahmsweise zulässigen (kirchlichen, kulturellen, gesundheitlichen oder sportlichen) Anlagen eine über die gesetzlichen Vorgaben (Regel-Ausnahme-verhältnis) hinausgehende Bedeutung für das Plankonzept beigemessen werden sollte. Im Gegenteil hat die Beigeladene Ziff. 1 mit Schriftsatz vom 23.3.2011 (im Verfahren 3 S 465/11) schlüssig dargelegt, dass mit der genannten Festsetzung neben der Ausnahmemöglichkeit besonders die Erfordernisse für die Zulassung einer solchen Ausnahme - also auch der Gesichtspunkt der Gebietsverträglichkeit - hervorgehoben werden sollten.
56 
1.1.3.1.2. Dieses planerische Grundkonzept, im festgesetzten Gebiet die Unterbringung erheblich störender Betriebe zu ermöglichen und deshalb daneben nur typischerweise störunempfindliche Ausnahmenutzungen im Sinne des § 9 Abs. 3 BauNVO zuzulassen, wird unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben durch die in Frage stehende Befreiung im Ergebnis nicht berührt.
57 
Auszugehen ist dabei von der nach Inkrafttreten des Bebauungsplans eingetretenen tatsächlichen Entwicklung, hier der erfolgten Genehmigung, Errichtung und Nutzung der - wie oben unter 1.1.2. ausgeführt typischerweise gebietsunverträglichen - Kirche der Klägerin und deren Auswirkungen auf den mit der Planung verfolgten Interessenausgleich. Auf dieser Grundlage ist dann die Frage zu beantworten, ob die Grundzüge der Planung durch das Hinzutreten der Krypta noch in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden können (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 39, Umdruck S. 18).
58 
Maßgeblich sind mithin allein die über die derzeitige Nutzung der Kirche hinausgehenden Auswirkungen der Einrichtung der auf zehn Begräbnisplätze für Gemeindepfarrer beschränkten Krypta. Allerdings sind diese Auswirkungen auf den mit der ursprünglichen planerischen Grundkonzeption verfolgten Interessenausgleich nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.5.2016 nur insoweit zu berücksichtigen, als es sich um konkrete weitere und zudem nennenswerte Wirkungen auf das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Nachbarbetriebe handelt (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 69, Umdruck S. 24). Denn bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB und bei der Auslegung der in dieser Vorschrift als Voraussetzung für eine Befreiung normierten unbestimmten Rechtsbegriffe ist der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin Rechnung zu tragen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 68, Umdruck S. 24), und als verfassungsimmanente Schranken der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit sind vorliegend allein die besagten Grundrechte der angrenzenden Betriebsinhaber berücksichtigungsfähig (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNrn. 67, 77, Umdruck S. 24, 27).
59 
1.1.3.1.2.1. Eine Berücksichtigung von Auswirkungen der Krypta auf weitergehende Planungsgrundzüge, insbesondere auf das von der Beigeladenen Ziff. 1 mehrmals geäußerte Planungsziel, im fraglichen Industriegebiet keine potenziell konfliktträchtige Begräbnisstätte zuzulassen, ist dem Senat danach verwehrt. Gleiches gilt für neben dem Eigentumsgrundrecht und der Berufsfreiheit der Nachbarbetriebe als verfassungsimmanente Schranken der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin in Betracht kommende weitere Grundrechte, beispielsweise die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der angrenzenden Betriebsinhaber und der in der Nachbarschaft Beschäftigten. Denn die Beschränkung der hier beachtlichen Rechtspositionen auf den Schutz des Eigentums und der Berufsausübungsfreiheit der benachbarten Betriebe ist als tragender Grund des Beschlusses vom 9.5.2016 gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG bindend. Einer Beweiserhebung zu der Frage, ob es das Religionsverständnis verschiedener monotheistischer Religionen verbietet, in einem Industriegebiet zulässige, erheblich belästigende Tätigkeiten in der Nähe einer Begräbnisstätte durchzuführen, bedarf es daher nicht. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht das von der Beklagten und der Beigeladenen Ziff. 1 insoweit in Anspruch genommene Gebot, die Totenruhe zu achten, nicht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG zugeordnet, sondern als Pietätsempfinden ohne Verfassungsrang eingestuft und ausgeführt, das Pietätsempfinden der Grundstücksnachbarn könne der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin nicht mit Erfolg entgegengehalten werden (Beschluss vom 9.5.2016, RdNr. 61 f., Umdruck Seite 21 f.).
60 
1.1.3.1.2.2. Als Auswirkungen der geplanten Krypta auf das Eigentum und die Berufsausübungsfreiheit der Nachbarbetriebe kommen insbesondere behördliche Auflagen in Betracht, mit denen die Betriebsinhaber verpflichtet werden, ihre Maschinen wegen der vorgesehenen zusätzlichen Andachten nur unter bestimmten Lärmschutzvorkehrungen oder gar nur zu bestimmten Zeiten zu betreiben (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNrn. 65 f., Umdruck S. 22 f.). Derartige Auswirkungen der Krypta auf die Nachbarbetriebe sind aber nicht konkret (vgl. zur konkreten Betroffenheit durch Nutzungseinschränkungen auch BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 39, Umdruck S. 18) feststellbar:
61 
Die mit ca. 300 Sitzplätzen und einer Empore für rund 50 weitere Personen ausgestattete Kirche wird nach dem Vorbringen der Klägerin täglich, zum Teil mehrmals und auch während der Arbeitszeit der im Schichtbetrieb tätigen umliegenden Betriebe, zu Gottesdiensten und feierlichen Anlässen wie Taufen, Hochzeiten, Verlobungen, sonstigen Segnungen und Beerdigungsfeiern von einer variierenden Personenzahl bis hin zu ihrer Kapazitätsgrenze genutzt. Das Nutzungskonzept der Krypta umfasst - wiederum den Angaben der Klägerin zufolge - das regelmäßige samstägliche Andachtsgebet nach der Abendmesse, an dem neben dem Gemeindepfarrer wenige einzelne Gemeindemitglieder teilnehmen, für die Dauer von 15 Minuten, eine traditionelle Andacht mit einer Zeitdauer von 20 Minuten am Ostermontag, an der wiederum wenige Personen teilnehmen, sowie eine Einzelnutzung nur bei besonderen Anlässen des Gedenkens an den verstorbenen Gemeindepfarrer, etwa an dessen Todestag. Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben bestehen nicht und haben die Beklagte sowie die Beigeladenen auch nicht geltend gemacht.
62 
Die mit der Einrichtung der Krypta einhergehende Erweiterung des Nutzungsumfangs des Kirchengebäudes ist danach in zeitlicher Hinsicht vergleichsweise geringfügig. Auch findet ein möglicherweise störempfindliches Totengedenken nicht erst infolge der geplanten Andachten in der Krypta, sondern bereits derzeit im Rahmen der in der Kirche durchgeführten Beerdigungsfeiern statt.
63 
Auf dieser Grundlage ist bei Ausklammerung der hier nicht berücksichtigungsfähigen Belange des Ruheschutzes von Begräbnisstätten (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 27 f.) eine wesentliche zusätzliche Störempfindlichkeit wegen der vorgesehenen zusätzlichen Andachten im Ergebnis nicht erkennbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Krypta nicht um eine allgemeine Begräbnisstätte auf einem Friedhof, sondern ausschließlich um eine Begräbnisstätte für die Priester der Kirchengemeinde (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 70, Umdruck S. 2) innerhalb des Kirchengebäudes handelt. Angesichts der mithin bestehenden eigenen Abhilfemöglichkeiten durch - auch bauliche - Maßnahmen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 78, Umdruck S. 28) bzw. die bloße Schließung der Fenster für die eher kurze Dauer der Feierlichkeiten in der Krypta, zu der die Klägerin nach eigenem Bekunden auch bereit ist, sowie der industriellen Vorbelastung des Baugebiets (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 27) sind danach Auflagen, die den Betriebsinhabern allein wegen der Nutzung der Krypta aufgeben, ihre Maschinen nur unter bestimmten Lärmschutzvorkehrungen oder gar nur zu bestimmten Zeiten zu betreiben (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNrn. 65 f., Umdruck S. 22 f.), nicht konkret zu besorgen. Vielmehr sind mögliche Nutzungskonflikte weitgehend bereits mit der Errichtung und der intensiven Nutzung der Kirche - auch zu Beerdigungs- und Trauergottesdiensten - entstanden (wohl ebenso BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 35, Umdruck S. 16).
64 
Sonstige hier erhebliche Beeinträchtigungen des Eigentums und der Berufsausübungsfreiheit der Nachbarbetriebe durch die Krypta sind ebenfalls nicht konkret feststellbar. Das gilt insbesondere für die vom benachbarten Produktionsbetrieb für Holzverpackungen und Holzkisten bereits im Jahre 2011 angeführten Erweiterungsabsichten. Denn ökonomisch sinnvolle und rentable Eigentumsnutzungen sowie hierfür bedeutsame unternehmerische Dispositionsbefugnisse sind durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 65, Umdruck S. 22 f.). Für eine darüber hinausgehende, hinreichend konkrete Verfestigung einer eigentumsrechtlichen Position (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 28) besteht kein Anhalt. Nach den oben gemachten Ausführungen wäre im Übrigen angesichts der Vorbelastung durch die bestehende Kirche einerseits und die industrielle Nutzung des Baugebiets andererseits auch insoweit durch die Einrichtung der Krypta keine nennenswerte zusätzliche Beeinträchtigung konkret zu erwarten.
65 
1.1.3.2. Gründe des Wohls der Allgemeinheit i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB beschränken sich nicht auf spezifisch bodenrechtliche Belange, sondern erfassen alles, was gemeinhin unter öffentlichen Belangen oder öffentlichen Interessen zu verstehen ist, wie sie beispielhaft etwa in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB aufgelistet sind. Vom Wortlaut des § 1 Abs. 6 Nr. 6 BauGB erfasst werden die Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge zwar nur, soweit sie von Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellt werden. Die in den Glaubensvorstellungen wurzelnden Belange privatrechtlich organisierter Kirchen und Religionsgesellschaften sind jedoch ebenfalls als öffentliche Belange zu berücksichtigen, sei es als kulturelle Bedürfnisse der Bevölkerung im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB oder als ein in dem nicht abschließenden Katalog des § 1 Abs. 6 BauGB nicht ausdrücklich erwähnter Belang. Das gilt jedenfalls, wenn die betreffende Kirchengemeinde eine nicht unbedeutende Zahl von Mitgliedern hat (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 25, Umdruck S. 11).
66 
Angesichts der erheblichen Zahl von mittlerweile etwa 600 Mitglieder und der im Nomokanon des Bar Hebraeus wurzelnden Glaubensvorstellungen der Klägerin, wonach im syrisch-orthodoxen Glauben in der kultischen Handlung der Hauskirchenbestattung von Priestern, hier in der zur Genehmigung gestellten Krypta, der Glaube seinen Ausdruck findet (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 51, Umdruck S. 17 f.), handelt es sich bei der besagten Hauskirchenbestattung um einen vorliegend zu berücksichtigenden öffentlichen Gemeinwohlbelang.
67 
Allgemeinwohlgründe erfordern eine Befreiung i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht erst, wenn den Belangen der Allgemeinheit auf eine andere Weise als durch eine Befreiung nicht entsprochen werden könnte, sondern bereits dann, wenn es zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses „vernünftigerweise geboten“ ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist, reicht demgegenüber nicht aus. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Dabei kann es auch auf - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Fragen der Zumutbarkeit ankommen (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 26, Umdruck S. 12).
68 
Vernünftigerweise geboten ist die Zulassung der Krypta danach dann, wenn Alternativen zur Beisetzung in der eigenen Kirche an sich in Betracht kommen, der Klägerin aber unter den gegebenen Umständen nicht zugemutet werden können. Dass sie theoretisch an anderer Stelle eine Kirche mit Krypta neu errichten könnte, genügt nicht. Auch kann eine Befreiung nicht mit dem Argument verweigert werden, dass es planungsrechtlich bereits bei Errichtung der Kirche möglich gewesen wäre, an anderer geeigneter Stelle die Grundlagen für eine pietätvolle Begräbnisstätte zu schaffen. Maßgebend für die Zumutbarkeit ist vielmehr, ob der Klägerin tatsächlich zu nicht unangemessenen Bedingungen ein besser geeignetes Grundstück für die Errichtung einer Kirche mit Krypta auf dem Gebiet der Beklagten zur Verfügung gestanden hätte oder, wenn dies nicht der Fall war, ob sie sich bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen hat (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 28, Umdruck S. 12 f.).
69 
In Anwendung dieser Grundsätze ist die Befreiung zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses „vernünftigerweise geboten“.
70 
1.1.3.2.1. Der Klägerin stand kein besser geeignetes Grundstück für die Errichtung einer Kirche mit Krypta zur Verfügung.
71 
Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchem Grund die unstreitigen Verhandlungen über ein Grundstück im Ortsinneren der Beigeladenen Ziff. 1 beendet wurden. Denn bei diesem Grundstück bestanden unstreitig Probleme mit der Ost-West-Ausrichtung der Kirche. Selbst wenn diese - entsprechend der Einschätzung der Vertreter der Beigeladenen Ziff. 1 in der mündlichen Verhandlung vom 20.7.2011 (im Verfahren 3 S 465/11) - mit einem verkleinerten Kirchenbau (möglicherweise) hätten gelöst werden können, wäre das Grundstück angesichts der erforderlichen Verkleinerung der Kirche (auch mit Krypta) jedenfalls nicht besser geeignet gewesen als das dann gewählte Grundstück.
72 
1.1.3.2.2. Ferner hat sich die Klägerin nicht bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen.
73 
Der Bauantrag von April 1994 war ursprünglich sowohl auf die Kirche als auch auf ein im Untergeschoss an der heutigen Stelle und der heutigen Größe vorgesehenes „Mausoleum“ gerichtet. Nach zweimaliger Ablehnung des gemeindlichen Einvernehmens mit der Zulassung dieses Vorhabens durch die Beigeladene Ziff. 1 nahm der Architekt und Planverfasser die Klägerin mit Blaueintrag vom 30.09.1994 die Krypta ausdrücklich aus dem Baugesuch heraus und beantragte stattdessen einen Abstellraum (vgl. Einträge in der Betriebsbeschreibung sowie im Untergeschoss- und im Schnittplan A-A, Bl. 7, 9 und 15 d. A.). Trotz dieser Antragsänderung lehnte die Beklagte in Ziff. 2 des Bescheides vom 4.11.1994 „den Antrag zur gleichzeitigen Errichtung eines Mausoleums“ ab. Im Widerspruchsverfahren bat das Regierungspräsidium mit Schreiben vom 27.1.1995 die Klägerin dann um Mitteilung, ob die Änderung des Antrages mit ihrer Zustimmung erfolgt sei. Zugleich wies es darauf hin, dass in diesem Falle zwar nicht die Krypta genehmigt sei, die Kirche und das Gemeindezentrum aber errichtet werden könnten; für die Krypta müsse ein Nachtragsbaugesuch eingereicht werden, über das die Baurechtsbehörde erneut entscheiden müsse. Mit Schreiben vom 4.2.1995 bestätigte die Klägerin daraufhin die mit ihrem Einvernehmen erfolgte Antragsänderung. Darüber hinaus führte sie aus: „Wir wären ihnen sehr zum Dank verbunden, wenn ihre Entscheidungen uns weiter bringen könnten, diese Krypta-Einrichtung, wenigstens durch ein nachträgliches Genehmigungsverfahren zu ermöglichen“. Mit Schreiben vom 7.3.1995 forderte das Regierungspräsidium die Beklagte danach auf, Ziff. 2 des angegriffenen Bescheides zurückzunehmen und hierdurch dem Widerspruch der Klägerin abzuhelfen. Dem kam die Beklagte sodann mit Bescheid vom 14.3.1995 nach.
74 
Insbesondere der Inhalt des Schreibens vom 4.2.1995 und die darin zum Ausdruck gebrachte Hoffnung auf eine nachträgliche Genehmigung zeigen ohne Weiteres, dass die Klägerin weiterhin an der Errichtung der Krypta festhalten wollte, also eine Errichtung nur der Kirche lediglich als vorläufig ansah. Auf eine Errichtung der Kirche ohne Krypta hat sie sich deutlich erkennbar nicht bewusst auf Dauer eingelassen. Eine dauerhafte Beschränkung des Baugenehmigungsantrages auf die Errichtung allein der Kirche ergab sich auch aus dem Schreiben des Regierungspräsidiums vom 27.1.1995 nicht. Vielmehr wurde in diesem gerade die Möglichkeit eines Nachtragsbaugenehmigungsverfahrens aufgezeigt.
75 
Auch aus dem nachträglichen Verhalten der Klägerin ergibt sich nicht, dass sie sich bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen hat. Allein aus dem Umstand, dass sie sich in der Folgezeit zunächst rund zehn Jahre nicht weiter um eine Krypta bemüht hat, lässt sich nicht auf eine bewusste Aufgabe der Absicht zur Errichtung einer Krypta schließen. Dies gilt umso mehr, als keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Einrichtung einer Krypta seinerzeit bereits so dringlich war, wie nach dem Ableben des Gemeindepriesters (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 75, Umdruck S. 27).
76 
1.1.3.2.3. Aber auch im Übrigen ist es unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten vernünftigerweise geboten, das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen.
77 
Insbesondere lässt sich dem nicht mit dem Einwand begegnen, die Hauskirchenbestattung sei kein zwingender Bestandteil der Religionsausübung der Klägerin (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNrn. 27 f, Umdruck S. 12 f.). Dabei ist es weder zulässig, der Klägerin den zwingenden Charakter der von ihr aus dem Nomokanon des Bar Hebraeus abgeleiteten Glaubensregel der Hauskirchenbestattung für Priester unter Hinweis auf die Praxis anderer syrisch-orthodoxer Gemeinden in Deutschland sowie auf ihr eigenes Verhalten im Zusammenhang mit der Errichtung des Kirchengebäudes abzusprechen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 74, Umdruck S. 26), noch lässt sich dem zwingenden Charakter der Hauskirchenbestattung mit Erfolg entgegenhalten, die Klägerin habe sich in der Zeit nach der Genehmigung der Kirche nicht weiter um eine Krypta bemüht und sei inzwischen schon seit vielen Jahren ohne eine eigene Krypta ausgekommen. Denn wie oben ausgeführt, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Einrichtung einer Krypta für die Klägerin seinerzeit bereits so dringlich war, wie nach dem Ableben des Gemeindepriesters; auch kann ihr ihre Rechtstreue dahin, sich an die seinerzeitige Versagung der Errichtung einer Kirche mit Krypta gehalten zu haben, nicht zum Nachteil gereichen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 75, Umdruck S. 27).
78 
Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass hier eine Nutzungserweiterung in Frage steht, die zwar bei typisierender Betrachtung gebietsunverträglich ist, aber "vernünftigerweise" an ein vorhandenes Kirchengebäude anknüpft, das aufgrund bestandskräftiger Baugenehmigung im genehmigten Umfang formal legal weitergenutzt werden darf. Das gilt umso mehr, wenn die bestandsgeschützte Kirchennutzung - wie hier - im Einvernehmen mit der Gemeinde genehmigt wurde, die Gemeinde also gewissermaßen selbst den Keim für "vernünftigerweise gebotene" Nutzungserweiterungen gelegt hat (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 30, Umdruck S. 13 f.).
79 
1.1.3.3. Für die Beantwortung der Frage, ob die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, bedarf es einer Betrachtung, die die bisherige Situation (hier: Kirche ohne Krypta) dem durch die Abweichung zu ermöglichenden Gesamtvorhaben (hier: Kirche mit Krypta) gegenüberstellt und die Vereinbarkeit des sich daraus ergebenden Unterschieds mit öffentlichen Belangen untersucht. Welche Umstände als öffentliche Belange i. S. von § 31 Abs. 2 BauGB eine Befreiung ausschließen, lässt sich nicht generell beantworten. In Betracht kommen insbesondere die in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB genannten öffentlichen Belange, auch solche, die nicht in der gemeindlichen Planungskonzeption ihren Niederschlag gefunden haben. Ist die Befreiung mit einem öffentlichen Belang in beachtlicher Weise unvereinbar, so vermag sich der die Befreiung rechtfertigende Gemeinwohlgrund im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht durchzusetzen. Da der Plan gerade unter den Nachbarn einen Ausgleich von Nutzungsinteressen zum Inhalt hat, muss ferner darauf abgehoben werden, ob in den durch den Bebauungsplan bewirkten nachbarlichen Interessenausgleich erheblich störend eingegriffen wird. Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 33, Umdruck S. 14 f.).
80 
Allerdings ist vorliegend auch im Rahmen der öffentlichen Belange und der nachbarlichen Interessen nur der als verfassungsimmanente Schranke der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit allein berücksichtigungsfähige Schutz des Eigentums und der Berufsausübungsfreiheit der Nachbarbetriebe maßgeblich (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 27). In diesem Sinn erhebliche Wirkungen der zusätzlichen Einrichtung einer Krypta im Untergeschoss der genehmigten und genutzten Kirche sind indes - wie unter 1.1.3.1.2.2. dargelegt - nicht konkret feststellbar.
81 
1.1.3.4. Liegen nach alledem die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB vor, so hat die Klägerin auch einen Rechtsanspruch auf die begehrte Befreiung. Das der Baurechtsbehörde bei der Erteilung einer Befreiung auf der Rechtsfolgenseite ansonsten zustehende Ermessen ist vorliegend auf Null reduziert.
82 
Sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben, besteht für die Ausübung des Ermessens wenig Raum. Daraus folgt jedoch nicht, dass der zuständigen Behörde entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zusteht oder dass das Ermessen stets auf Null reduziert ist, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen. Erforderlich für eine negative Ermessensentscheidung ist nur, dass der Befreiung gewichtige Interessen entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.9.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50; Urt. v. 4.7.1986 - 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315). Kommen dagegen bei einem Bauvorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans widerspricht, bei dem aber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind, für die Gemeinde Nachteile durch eine Zulassung des Vorhabens nicht in Betracht, so kann sich das der Baugenehmigungsbehörde zustehende Ermessen dahin verdichten, dass sie zur Erteilung einer Befreiung verpflichtet ist (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.1993 - 3 ZR 54.92 - DVBl. 1994, 278; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.3.2004 - 3 S 1745/02 -). Denn in diesen Fällen ist wegen des Umfangs der Anwendungsvoraussetzungen für die Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB der Spielraum für zusätzliche Erwägungen bei Ausübung des Ermessens tendenziell gering, so dass sich die Ermessensausübung im Einzelfall auf Null reduzieren kann (vgl. zu alledem VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.3.2007 - 8 S 1921/06 - VBlBW 2008, 348; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438).
83 
So verhält es sich hier. Denn angesichts der unter 1.1.3.1.2. gemachten Ausführungen kommen rechtlich erhebliche Nachteile der Beigeladenen Ziff. 1 durch eine Zulassung der Krypta nicht in Betracht; dies gilt insbesondere für das von ihr mehrmals geäußerte Planungsziel, im fraglichen Industriegebiet keine potenziell konfliktträchtige Begräbnisstätte zuzulassen. Auch sonstige gewichtige öffentliche Belange, die der Erteilung der Befreiung im Ermessenswege entgegenstehen könnten, liegen nicht vor, zumal sich die vorliegende Entscheidung aufgrund der Besonderheiten des konkreten Einzelfalls nicht als Berufungsfall für andere Vorhaben eignet. Demgegenüber streitet mit der grundrechtlich geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ein gewichtiger Belang für die von der Klägerin begehrte Befreiung, so dass sich jede andere Entscheidung als die Erteilung derselben letztlich als rechtswidrig erwiese.
84 
1.2. Nichts anderes gilt im Ergebnis mit Blick auf die von der Beigeladenen Ziff. 1 mit dem Bebauungsplanverfahren „Industriegebiet, 6. Änderung“ vorgesehenen Änderungen von Festsetzungen des Bebauungsplans.
85 
Die Planung der Beigeladenen Ziff. 1 zielt nach der Sitzungsniederschrift darauf ab, Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, also Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke zukünftig im durch die Änderungsplanung erfassten Bereich ihres Industriegebiets nicht mehr als Ausnahmen zuzulassen, um die Möglichkeiten der freien Berufsausübung und der gewerblichen Freiheit nicht zu gefährden.
86 
1.2.1. Anders als die Klägerin meint, dürfte zwar der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.5.2016 dem Planungsziel der Beigeladenen Ziff. 1, die ausnahmsweise Zulassung von Anlagen für kirchliche Zwecke im Plangebiet auszuschließen, nicht entgegenstehen. Denn die Bindungswirkung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betrifft - wie sich aus den oben gemachten Ausführungen ergibt - nicht die Genehmigung der geplanten Nutzungsänderung unter Zulassung einer im Bebauungsplan vorgesehenen Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB, sondern die Genehmigung unter Erteilung einer Befreiung von den bauplanungsrechtlichen Festsetzungen gemäß § 31 Abs. 2 BauGB. Das beruht darauf, dass die Krypta bereits bislang nicht ausnahmsweise, sondern nur im Befreiungswege zugelassen werden konnte (vgl. hierzu oben 1.1.2. und 1.1.3.).
87 
Angesichts des Ziels der Beigeladenen Ziff. 1, ihr Industriegebiet als solches zu erhalten und den dort ansässigen bzw. ansiedlungswilligen Betrieben eine größtmögliche unternehmerische Freiheit zu ermöglichen, dürfte es sich auch nicht um eine unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit unzulässige Negativplanung handeln. Ein im Entwurf der Beschlussvorlage noch enthaltenes Ziel, die Erstellung von Begräbnisstätten, Krypten und allen vergleichbaren Einrichtungen aller Art zu untersagen, wird in der Gemeinderatsvorlage Nr. 59/216 nicht mehr aufgeführt und ist auch nicht Gegenstand des Gemeinderatsbeschlusses geworden.
88 
1.2.2. Indes kann die Zulässigkeit der von der Beigeladenen Ziff. 1 vorgesehenen Planänderung im Ergebnis offenbleiben. Denn der beabsichtigte Ausschluss der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO vermag sich auf die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans in Bezug auf die streitige Krypta nicht auszuwirken.
89 
Insbesondere würde das planerische Grundkonzept der Beigeladenen Ziff. 1 durch die beabsichtigte Planänderung nicht in einer hier erheblichen Weise verändert. Vielmehr verbliebe es bei dem unter 1.1.3.1.1. beschriebenen Planungsgrundzug, im fraglichen Industriegebiet die Unterbringung erheblich störender Betriebe zu ermöglichen und deshalb daneben nur typischerweise störunempfindliche Ausnahmenutzungen im Sinne des § 9 Abs. 3 BauNVO zuzulassen. Auch nach Ausschluss der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO wäre dieser Grundzug der Planung nach den Ausführungen unter 1.1.3.1.2. durch die Zulassung der Krypta nicht in rechtserheblicher Weise berührt.
90 
Damit ergäbe sich auch keine die Bindungswirkung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 nach § 144 Abs. 6 VwGO in Frage stellende, weil entscheidungserhebliche, nachträgliche Änderung der Rechtslage (vgl. hierzu Eichberger/Bier, a. a. O., RdNr. 126 zu § 144; W.-R. Schenke, a. a. O., RdNr. 13 zu § 144). Denn das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung dem Umstand, dass die Beigeladene Ziff. 1 nach den bislang geltenden textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sämtliche Ausnahmenutzungen gemäß § 9 Abs. 3 BauNVO ausdrücklich zugelassen hat, selbst keine Bedeutung zugemessen. Vielmehr hat es dem Senat die Prüfung überlassen, welche Bedeutung dem Umstand, dass sich die Gemeinde zu einer solchen ausdrücklichen Regelung veranlasst gesehen hat, bei der Bestimmung der Planungskonzeption beizumessen ist (RdNr. 38, Umdruck S. 17 f.).
91 
Sonstige, für die Zulassung der Krypta in der Kirche der Klägerin erhebliche Änderungen der Rechtslage gehen mit der beabsichtigten Beschränkung der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vorhaben nach § 9 Abs. 3 BauNVO nicht einher.
92 
1.3. Steht der Klägerin nach alledem sowohl unter Zugrundelegung des bisherigen Bebauungsplans als auch unter Berücksichtigung der von der Beigeladenen Ziff. 1 vorgesehenen Planänderung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB ein Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans für die geplante Krypta zur Seite, so ist zu ihren Gunsten eine Ausnahme von der am 24.7.2016 durch den Gemeinderat der Beigeladenen Ziff. 1 beschlossenen Veränderungssperre zuzulassen und ihr eine Befreiung von den Festsetzungen des geltenden Bebauungsplans „Industriegebiet“ zu erteilen. Auf die Gültigkeit der Veränderungssperre kommt es daher nicht an.
93 
Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB kann von einer Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Die Norm bietet ein Mittel, um im Wege der Einzelfallprüfung auf der Grundlage der sich konkretisierenden Planungen zu Gunsten des Bauherrn Ausnahmen zulassen zu können. Der praktisch wichtigste öffentliche Belang ist die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung. Diese und nicht lediglich die abstrakte Planungshoheit der Gemeinde wird von der Veränderungssperre geschützt. Maßgeblich ist damit der konkrete Sicherungszweck der Veränderungssperre. Ein Vorhaben das mit diesem nicht vereinbar ist, insbesondere der beabsichtigten Planung widerspricht oder sie wesentlich erschweren würde, darf im Wege der Ausnahme nicht zugelassen werden. Andernfalls würde die Veränderungssperre ihre Aufgabe nicht erfüllen können (vgl. zu alledem BVerwG, Urt. vom 9.8.2016 - 4 C 5.15 - juris). Steht allerdings nach der Planungskonzeption von Anfang an oder aber im weiteren Aufstellungsverfahren nach förmlichem Beschluss des zuständigen Gemeindeorgans fest, dass die bisherige planungsrechtliche Rechtslage für ein bestimmtes Grundstück nicht geändert werden soll, kann das Vorhaben die Bebauungsplanung nicht stören. Die Ausnahme kann erteilt werden und ist auch zu erteilen (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2016, RdNr. 96 zu § 14).
94 
Vergleichbar verhält es sich hier. Zwar ist mit der vorgesehenen Beschränkung der Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 3 BauNVO eine Änderung der bisherigen planungsrechtlichen Rechtslage auch für das Grundstück der Klägerin beabsichtigt. Indes betrifft diese Änderung das streitige Vorhaben gerade nicht. Denn die Krypta ist sowohl derzeit als auch nach den mit dem Bebauungsplanverfahren „Industriegebiet, 6. Änderung“ verfolgten Planungsabsichten der Beigeladenen Ziff. 1 weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig. Auch bleibt der Anspruch der Klägerin auf Befreiung von den bauplanungsrechtlichen Festsetzungen für die Umnutzung des derzeitigen Abstellraums in eine Krypta - wie unter 1.2.2. dargelegt - von der beabsichtigten Bebauungsplanänderung unberührt.
95 
Angesichts dessen ist der konkrete Sicherungszweck der Veränderungssperre durch die Zulassung einer Ausnahme für die zur Genehmigung gestellte Krypta nicht betroffen. Steht nämlich die beabsichtigte Planung der Zulässigkeit eines Vorhabens nicht entgegen, so bedarf sie in Bezug auf dieses Vorhaben der Sicherung durch eine Veränderungssperre nicht. Dies ist auch dann der Fall, wenn ein bestehender Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans durch die beabsichtigte Bebauungsplanänderung nicht berührt wird. Denn andernfalls sicherte die Veränderungssperre die zukünftige Planung auch gegen Vorhaben, die nach den feststehenden Planungsabsichten der Gemeinde auch zukünftig bauplanungsrechtlich zulässig wären.
96 
Mit Blick auf das Gewicht der für die Einrichtung der Krypta streitenden Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und des Eigentumsschutzes nach Art. 14 Abs. 1 GG ist das der Beklagten grundsätzlich zustehende, allerdings nach den oben gemachten Ausführungen bereits zu Gunsten der Klägerin eingeschränkte Ermessen auf Null reduziert und mithin eine Ausnahme von der Veränderungssperre zuzulassen.
97 
2. Der mithin bauplanungsrechtlich zulässigen Nutzungsänderung lassen sich auch keine sonstigen, dem materiellen Entscheidungsprogramm der Baurechtsbehörde unterfallenden Vorschriften des öffentlichen Rechts mit Erfolg entgegenhalten.
98 
2.1. Zu den im Rahmen der Erteilung einer Baugenehmigung zu beachtenden Vorschriften gehören auch die für - wie hier - private Bestattungsplätze geltenden (vgl. § 9 Abs. 3 BestattG) Abstandsregelungen nach den §§ 3 und 8 BestattG (vgl. Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, 7. Aufl. 2016, RdNr. 162 zu § 58). Danach muss bei Anlegung oder Erweiterung von Friedhöfen ein ausreichender Abstand zu störenden Betrieben, Gewerbe- und Industriegebieten, Gebäuden und überbaubaren Grundstücksflächen eingehalten werden (§ 3 BestattG). Bei der Errichtung von Gebäuden, die nicht Friedhofszwecken dienen, ist von Friedhöfen ein Abstand von mindestens 10 m einzuhalten (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BestattG). Allerdings kann die Baurechtsbehörde hiervon Ausnahmen zulassen, wenn Ruhe und Würde des Friedhofs nicht wesentlich beeinträchtigt werden und polizeiliche Gründe nicht entgegenstehen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 BestattG). Schließlich ist bei der Errichtung von störenden Betrieben von Friedhöfen ein zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Würde des Friedhofs ausreichender Abstand einzuhalten (§ 8 Abs. 2 BestattG).
99 
Diese der Ruhe und Würde des Friedhofs dienenden Abstandsvorschriften führen ebenfalls nicht zur Unzulässigkeit der beabsichtigten Krypta. Dabei ist zunächst zu beachten, dass die in Rede stehenden Regelungen auslegungs- und ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriffe enthalten, so dass sie die Herstellung praktischer Konkordanz mit Blick auf die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin nicht hindern (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 70, Umdruck S. 25). Ferner ist wiederum zu berücksichtigen, dass es sich bei der Krypta nicht um eine allgemeine Begräbnisstätte auf einem Friedhof, sondern ausschließlich um eine Begräbnisstätte für die Priester der Kirchengemeinde (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 70, Umdruck S. 2) innerhalb des Kirchengebäudes handelt und dass mithin eigene Abhilfemöglichkeiten gegen dennoch spürbare Beeinträchtigungen durch die umliegenden Betriebe mittels - auch baulicher - Maßnahmen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 78, Umdruck S. 28) bestehen. Angesichts der Entfernung der Krypta zur Grenze von etwa 7 m und zum Rolltor des benachbarten holzverarbeitenden Betriebes von rund 17 m sowie des Umstandes, dass die glaubenssatzgetreue Beisetzung unter dem Altar in einem geweihten Kirchenraum nach den Glaubensvorstellungen nicht nur der Syrisch-Orthodoxen Kirche eine besonders würdevolle Form der Bestattung ist (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 35, Umdruck S. 16; BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 59, Umdruck S. 20) ist eine hier erhebliche Beeinträchtigung von Ruhe und Würde der Begräbnisstätte durch die umliegenden Betriebe nicht zu besorgen und diese mithin auch unter Zugrundelegung der bestattungsrechtlichen Abstandsvorschriften zuzulassen.
100 
2.2. Die Prüfung der weitergehenden bestattungsrechtlichen Regelungen, insbesondere zu Fragen der Gesundheit (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BestattG) und zur Ruhezeit (§ 6 BestattG) ist demgegenüber dem gesonderten bestattungsrechtlichen Genehmigungsverfahren (§ 5 BestattG) vorbehalten (vgl. insbesondere § 9 BestattG), zählt also nicht zum materiellen Entscheidungsprogramm der Baurechtsbehörde. Damit sind die vom Landratsamt Heilbronn - Gesundheitsamt - mit Stellungnahme vom 25.8.2005 angeregten Auflagen zur Belegung der Grabstätten sowie zur Abwehr von durch die Verwesung drohender Gefahren für die Gesundheit einschließlich der Hygiene nicht im vorliegenden Rechtsstreit, sondern im anhängigen bestattungsrechtlichen Verfahren zu berücksichtigen.
101 
Sonstige der Baugenehmigung entgegenstehende öffentlich-rechtliche Vorschriften liegen nicht vor.
102 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 bis 3, 162 Abs. 3, 159 VwGO i. V. mit § 100 Abs. 1 ZPO. Eine Erstattung von Kosten der Beigeladenen Ziff. 2 scheidet aus, da diese keine Anträge gestellt und sich daher auch nicht am Kostenrisiko beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
103 
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
104 
Beschluss vom 23. November 2016
105 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf gem. den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt.
106 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
33 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist mit ihrem Hauptantrag begründet. Die gleichfalls zulässigen Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen Ziff. 1 bleiben hingegen ohne Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf die begehrte Genehmigung einer Umnutzung des im Untergeschoss ihrer Kirche gelegenen Abstellraums in eine Krypta mit zehn Bestattungsplätzen. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten vom 6.3.2006 und vom 6.6.2011 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 4.5.2006 sind daher rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte ist dementsprechend unter Änderung des erstinstanzlichen Bescheidungsurteils und Aufhebung der genannten Bescheide zu verpflichten, der Klägerin entsprechend ihrem Antrag vom 7.7.2005 eine Baugenehmigung für die geplante Nutzungsänderung zu erteilen.
34 
Bei der vorgesehenen Nutzungsänderung handelt es sich um ein nach § 49 i. V. mit § 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO genehmigungspflichtiges Vorhaben; Ausnahmen von der Genehmigungspflicht i. S. der §§ 50, 51, 49 und 70 LBO liegen nicht vor. Die mithin erforderliche Baugenehmigung ist nach § 58 LBO (zwingend) zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (Satz 1). Soweit § 52 LBO - wie hier - keine Anwendung findet, sind dabei alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu prüfen, die Anforderungen an das Bauvorhaben enthalten und über deren Einhaltung nicht eine andere Behörde in einem gesonderten Verfahren durch Verwaltungsakt entscheidet (Satz 2).
35 
Danach ist der Klägerin die im vorliegenden Verfahren unbedingt begehrte Baugenehmigung zu erteilen. Denn dieser Genehmigung stehen keine dem materiellen Entscheidungsprogramm der Baurechtsbehörde unterfallende Vorschriften des öffentlichen Rechts entgegen.
36 
1. Das Vorhaben der Klägerin ist bauplanungsrechtlich zulässig. Die beabsichtigte Nutzungsänderung verstößt zwar gegen den für den fraglichen Bereich bislang geltenden Bebauungsplan „Industriegebiet“ aus dem Jahre 1970. Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch auf die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen dieses Bebauungsplans (1.1.). Nicht anders verhält es sich bei Berücksichtigung der von der Beigeladenen Ziff. 1 mit dem Bebauungsplanverfahren „Industriegebiet, 6. Änderung" vorgesehenen Änderungen (1.2.), weshalb eine Ausnahme von der am 24.7.2016 beschlossenen Veränderungssperre zuzulassen ist (1.3.).
37 
1.1. Die vorgesehene Nutzungsänderung ist mit Blick auf den geltenden, am 7.8.1971 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Industriegebiet“ vom 06.11.1970 zwar nicht allgemein oder ausnahmsweise zulässig. Jedoch ist der Klägerin für die besagte Nutzungsänderung eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu erteilen.
38 
1.1.1. Dieser Beurteilung hat der Senat sowohl den ihn bindenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.5.2016 (ZfBR 2016, 582 ff.) als auch das gleichfalls Bindungswirkung entfaltende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 (BVerwGE 138, 166 ff.) zu Grunde zu legen.
39 
1.1.1.1. Nach § 31 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 - BVerfGG - (BGBl. I S. 1473) binden die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden. Zu diesen Entscheidungen gehören auch Beschlüsse einer Kammer des Bundesverfassungsgerichts, durch die einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben wird, weil ein solcher Beschluss nach § 93 c Abs. 1 Satz 2 BVerfGG einer Entscheidung des Senats gleichsteht. Die Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG soll eine verbindliche einheitliche Auslegung des Grundgesetzes sicherstellen. Daher beansprucht sie über den entschiedenen Fall hinaus Geltung in allen künftigen Fällen. Sie umfasst den Tenor der Entscheidung, d. h. die nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG zu treffende Feststellung, welche Vorschrift des Grundgesetzes durch welche Handlung oder Unterlassung verletzt wurde. Darüber hinaus erstreckt sich die Bindungswirkung auf die den Feststellungsausspruch tragenden Gründe, soweit diese Auslegung und Anwendung des Grundgesetzes betreffen. Rechtssätze dieses Inhalts geben auch Maßstäbe und Grenzen für die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts vor (stRspr; vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.6.1975 - 2 BvR 1018/74 - BVerfGE 40, 88 ff. u. v. 16.3.2005 - 2 BvL 7/00 - BVerfGE 112, 268 ff.; vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 21.9.2016 - 6 C 2.15 - juris).
40 
1.1.1.2. Nichts anderes gilt im Ergebnis für das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010.
41 
Zwar hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9.5.2016 ausgeführt, das in der Berufungsinstanz ergangene Urteil des erkennenden Senats (vom 20.7.2011) habe die vorangegangenen angegriffenen Entscheidungen prozessual überholt (RdNr. 80, Umdruck S. 29) und zählt zu diesen vorangegangenen angegriffenen Entscheidungen auch das in Rede stehende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010. Indes nimmt die damit vertretene Rechtsansicht, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 habe sich erledigt, nach den oben gemachten Ausführungen nicht an der Bindungswirkung des verfassungsgerichtlichen Beschlusses teil. Denn sie ist kein tragender Grund für die Feststellung des ausgesprochenen Grundrechtsverstoßes und trägt im Übrigen - da das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht zurückgewiesen hat - auch keinen sonstigen Entscheidungsausspruch. Darüber hinaus betrifft sie auch nicht die Auslegung und Anwendung des Grundgesetzes, sondern allein die Auslegung und Anwendung einfachen Prozessrechts.
42 
In der Sache ist eine Erledigung des Urteils vom 18.11.2010, mit dem das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Senats vom 9.11.2009 aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den erkennenden Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen hat, nicht eingetreten. Denn von ihm gehen auch nach Erlass des Urteils des Senats vom 20.7.2011 Rechtswirkungen aus.
43 
So kann nämlich die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerade auf eine durch die erneute Entscheidung des Vordergerichts hervorgerufene Verletzung der Bindungswirkung des § 144 Abs. 6 VwGO gestützt werden (vgl. Eichberger/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, RdNr. 116 zu § 144; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, RdNr. 12 zu § 144).
44 
Diese Bindungswirkung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 ist ihrerseits nicht entfallen. Insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9.5.2016 keine Rechtsauffassung zu entscheidungserheblichen Rechtsfragen vertreten, die von derjenigen in dem zurückverweisenden Revisionsurteil grundsätzlich abweicht (vgl. zur Befreiung der Vorinstanz von der Bindungswirkung in derartigen Fällen wiederum Eichberger/Bier, a. a. O., RdNr. 126 zu § 144).
45 
Gebunden ist der Senat danach an die der Aufhebung und Zurückverweisung zugrunde liegende rechtliche Beurteilung des Falles durch das Bundesverwaltungsgericht. Die Bindung umfasst die der Entscheidung unmittelbar zu Grunde liegende rechtliche Würdigung und auch die dem vorausliegenden Gründe, soweit diese notwendige Voraussetzung für die unmittelbaren Aufhebungsgründe waren (vgl. auch hierzu W.-R. Schenke, a. a. O., RdNr. 12 zu § 144).
46 
1.1.2. Die vorgesehene Erweiterung der genehmigten und von der Klägerin auch entsprechend genutzten Kirche um eine Krypta im Untergeschoss der Gebäudeostseite ist nach den §§ 30, 31 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans „Industriegebiet“ vom 6.11.1970 weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig. An dieser vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9.5.2016 ausdrücklich verfassungsrechtlich nicht beanstandeten Beurteilung (RdNr. 65, Umdruck S. 23) ist festzuhalten.
47 
Der am 7.8.1971 in Kraft getretene Bebauungsplan setzt für das Baugrundstück und das gesamte Plangebiet ein Industriegebiet nach § 9 BauNVO 1968 fest. Danach sind dort Gewerbebetriebe aller Art mit Ausnahme von Einkaufszentren und Verbrauchermärkten im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 sowie Lagerplätze und öffentliche Betriebe allgemein zulässig. Hierzu zählt eine Kirche mit Krypta indes nicht (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 16, Umdruck S. 8).
48 
Als Ausnahmen werden nach Ziff. 1 der Bebauungsvorschriften die in § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 aufgeführten Nutzungsarten - mithin Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (Nr. 1) sowie betriebsbezogene Wohnungen (Nr. 2) - zugelassen. Bei der mit der Kirche verbundenen Krypta handelt es sich um eine Anlage für kirchliche Zwecke. Die ausnahmsweise Zulässigkeit der geplanten Nutzungsänderung scheitert jedoch am ungeschriebenen, sich typisierend aus der allgemeinen Zweckbestimmung eines Industriegebiets ergebenden Tatbestandsmerkmal der Gebietsverträglichkeit. Da Industriegebiete der einzige Baugebietstyp der Baunutzungsverordnung sind, in dem erheblich störende Gewerbebetriebe untergebracht werden können, sind die in § 9 Abs. 3 BauNVO bezeichneten Nutzungsarten nur dann ohne Weiteres gebietsverträglich, wenn sie nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Hauptzweck des Industriegebiets nicht in Konflikt geraten können. Diese Voraussetzung erfüllt eine Kirche - mit oder ohne Krypta - bei typisierender Betrachtung nicht (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 17 ff., Umdruck S. 8 ff.).
49 
1.1.3. Der Klägerin steht aber bei der gebotenen Auslegung und Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB unter besonderer Berücksichtigung von Wirkkraft und Tragweite ihrer von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 53, Umdruck S. 18, RdNr. 48, Umdruck S. 16) ein Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu. Denn zu der grundrechtlich geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin zählt auch die hier in Rede stehende Bestattung kirchlicher Würdenträger nach bestimmten glaubensgeleiteten Riten und die dementsprechende Totensorge einschließlich der alter syrisch-orthodoxer Kirchenlehre entsprechenden Hauskirchenbestattung von Priestern, hier in der zur Genehmigung gestellten Krypta (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 51, Umdruck S. 17 f.). Im Lichte des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sind durch die Abweichung von dem geltenden Bebauungsplan die Grundzüge der Planung nicht berührt (1.1.3.1.), erfordern Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung (1.1.3.2.) und ist die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar (1.1.3.3.). Schließlich ist das danach auf der Rechtsfolgenseite eröffnete Befreiungsermessen der Beklagten zu Gunsten der Klägerin „auf Null“ reduziert (1.1.3.4.).
50 
1.1.3.1. Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 37, Umdruck S. 16 f.).
51 
Bei den genannten Prüfungsschritten ist auf unterschiedliche Zeitpunkte abzustellen. Was Inhalt und Bestandteil der Planungsgrundsätze ist, ist durch eine auf den Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bezogene Auslegung des Bebauungsplans anhand der damaligen Sach- und Rechtslage und der damaligen Vorstellungen des Gemeinderats zu ermitteln (§ 10 und § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.6.2007 - 3 S 881/06 - VBlBW 2007, 385 ff., unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 19.5.2004 a. a. O.). Demgegenüber ist für die Beurteilung, ob die (ursprüngliche) planerische Grundkonzeption durch die Befreiung berührt wird, auch die nachträgliche tatsächliche Entwicklung im Plangebiet bis zum Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung in den Blick zu nehmen. Es kommt darauf an, ob der mit der ursprünglichen Planung verfolgte Interessenausgleich durch die tatsächliche Entwicklung seit Inkrafttreten des Bebauungsplans bereits so nachhaltig gestört ist, dass die Planungsgrundzüge nicht mehr in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden können (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 39, Umdruck S. 18; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.9.2016 - 3 S 864/16 - juris).
52 
1.1.3.1.1. Ursprüngliche planerische Grundkonzeption der Beigeladenen Ziff. 1 war es, mit dem Bebauungsplan „Industriegebiet“ für die Gewanne „Kurzer See“ und „Beim Fürfelder Zollstock“ von 1970 ein klassisches, den Vorgaben des Gesetz- und Verordnungsgebers entsprechendes Industriegebiet zu schaffen. Dies ergibt sich aus der Planbegründung, wonach das Plangebiet als erster Abschnitt eines größeren Industriegebiets vorgesehen war und darauf hingewiesen wurde, dass der überwiegend flache südliche Gebietsteil sich topografisch „gut für schwere Industrie“ eigne. Auch der damalige Bürgermeister der Beigeladenen Ziff. 1 hat das genannte Ziel in der mündlichen Verhandlung vom 20.7.2011 (im Verfahren 3 S 465/11) bestätigt. Eröffnet werden sollte - dem gesetzlichen Leitbild entsprechend - die gesamte, uneingeschränkte Nutzungsbreite aller nach § 9 Abs. 2 BauNVO 1968 zulässigen gewerblichen Nutzungen dieses - störintensivsten - Gebietstyps.
53 
Dem Umstand, dass die Beigeladene Ziff. 1 die in § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 aufgeführten - und danach ohnehin ausnahmsweise zulässigen - Nutzungsarten ausdrücklich als Ausnahmenutzungen zugelassen hat, kommt keine erhebliche Bedeutung zu.
54 
Hauptzweck eines klassischen, den Vorgaben des Gesetz- und Verordnungsgebers entsprechenden Industriegebiets ist die Unterbringung erheblich störender Betriebe (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 20, Umdruck S. 9). Zu einem solchen Industriegebiet gehört aber auch die potenzielle Existenz der in § 9 Abs. 3 BauNVO genannten Anlagen, soweit diese gegenüber den allgemein zulässigen industriellen Anlagen räumlich wie funktionell untergeordnet sowie darüber hinaus - wie unter 1.1.2. ausgeführt - typischerweise gebietsverträglich, also nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Hauptzweck des Gebiets nicht in Konflikt geraten können.
55 
Angesichts dessen spricht nichts dafür, dass mit der Festsetzung „Ausnahmen nach § 9 (3) BNutzVO werden zugelassen“ in Ziff. 1 der Bebauungsvorschriften eine Abweichung von dem oben beschriebenen Planungsziel beabsichtigt war, insbesondere dass ein „konfliktträchtiges“ Industriegebiet geplant und dabei den ausnahmsweise zulässigen (kirchlichen, kulturellen, gesundheitlichen oder sportlichen) Anlagen eine über die gesetzlichen Vorgaben (Regel-Ausnahme-verhältnis) hinausgehende Bedeutung für das Plankonzept beigemessen werden sollte. Im Gegenteil hat die Beigeladene Ziff. 1 mit Schriftsatz vom 23.3.2011 (im Verfahren 3 S 465/11) schlüssig dargelegt, dass mit der genannten Festsetzung neben der Ausnahmemöglichkeit besonders die Erfordernisse für die Zulassung einer solchen Ausnahme - also auch der Gesichtspunkt der Gebietsverträglichkeit - hervorgehoben werden sollten.
56 
1.1.3.1.2. Dieses planerische Grundkonzept, im festgesetzten Gebiet die Unterbringung erheblich störender Betriebe zu ermöglichen und deshalb daneben nur typischerweise störunempfindliche Ausnahmenutzungen im Sinne des § 9 Abs. 3 BauNVO zuzulassen, wird unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben durch die in Frage stehende Befreiung im Ergebnis nicht berührt.
57 
Auszugehen ist dabei von der nach Inkrafttreten des Bebauungsplans eingetretenen tatsächlichen Entwicklung, hier der erfolgten Genehmigung, Errichtung und Nutzung der - wie oben unter 1.1.2. ausgeführt typischerweise gebietsunverträglichen - Kirche der Klägerin und deren Auswirkungen auf den mit der Planung verfolgten Interessenausgleich. Auf dieser Grundlage ist dann die Frage zu beantworten, ob die Grundzüge der Planung durch das Hinzutreten der Krypta noch in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden können (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 39, Umdruck S. 18).
58 
Maßgeblich sind mithin allein die über die derzeitige Nutzung der Kirche hinausgehenden Auswirkungen der Einrichtung der auf zehn Begräbnisplätze für Gemeindepfarrer beschränkten Krypta. Allerdings sind diese Auswirkungen auf den mit der ursprünglichen planerischen Grundkonzeption verfolgten Interessenausgleich nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.5.2016 nur insoweit zu berücksichtigen, als es sich um konkrete weitere und zudem nennenswerte Wirkungen auf das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Nachbarbetriebe handelt (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 69, Umdruck S. 24). Denn bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB und bei der Auslegung der in dieser Vorschrift als Voraussetzung für eine Befreiung normierten unbestimmten Rechtsbegriffe ist der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin Rechnung zu tragen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 68, Umdruck S. 24), und als verfassungsimmanente Schranken der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit sind vorliegend allein die besagten Grundrechte der angrenzenden Betriebsinhaber berücksichtigungsfähig (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNrn. 67, 77, Umdruck S. 24, 27).
59 
1.1.3.1.2.1. Eine Berücksichtigung von Auswirkungen der Krypta auf weitergehende Planungsgrundzüge, insbesondere auf das von der Beigeladenen Ziff. 1 mehrmals geäußerte Planungsziel, im fraglichen Industriegebiet keine potenziell konfliktträchtige Begräbnisstätte zuzulassen, ist dem Senat danach verwehrt. Gleiches gilt für neben dem Eigentumsgrundrecht und der Berufsfreiheit der Nachbarbetriebe als verfassungsimmanente Schranken der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin in Betracht kommende weitere Grundrechte, beispielsweise die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der angrenzenden Betriebsinhaber und der in der Nachbarschaft Beschäftigten. Denn die Beschränkung der hier beachtlichen Rechtspositionen auf den Schutz des Eigentums und der Berufsausübungsfreiheit der benachbarten Betriebe ist als tragender Grund des Beschlusses vom 9.5.2016 gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG bindend. Einer Beweiserhebung zu der Frage, ob es das Religionsverständnis verschiedener monotheistischer Religionen verbietet, in einem Industriegebiet zulässige, erheblich belästigende Tätigkeiten in der Nähe einer Begräbnisstätte durchzuführen, bedarf es daher nicht. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht das von der Beklagten und der Beigeladenen Ziff. 1 insoweit in Anspruch genommene Gebot, die Totenruhe zu achten, nicht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG zugeordnet, sondern als Pietätsempfinden ohne Verfassungsrang eingestuft und ausgeführt, das Pietätsempfinden der Grundstücksnachbarn könne der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin nicht mit Erfolg entgegengehalten werden (Beschluss vom 9.5.2016, RdNr. 61 f., Umdruck Seite 21 f.).
60 
1.1.3.1.2.2. Als Auswirkungen der geplanten Krypta auf das Eigentum und die Berufsausübungsfreiheit der Nachbarbetriebe kommen insbesondere behördliche Auflagen in Betracht, mit denen die Betriebsinhaber verpflichtet werden, ihre Maschinen wegen der vorgesehenen zusätzlichen Andachten nur unter bestimmten Lärmschutzvorkehrungen oder gar nur zu bestimmten Zeiten zu betreiben (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNrn. 65 f., Umdruck S. 22 f.). Derartige Auswirkungen der Krypta auf die Nachbarbetriebe sind aber nicht konkret (vgl. zur konkreten Betroffenheit durch Nutzungseinschränkungen auch BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 39, Umdruck S. 18) feststellbar:
61 
Die mit ca. 300 Sitzplätzen und einer Empore für rund 50 weitere Personen ausgestattete Kirche wird nach dem Vorbringen der Klägerin täglich, zum Teil mehrmals und auch während der Arbeitszeit der im Schichtbetrieb tätigen umliegenden Betriebe, zu Gottesdiensten und feierlichen Anlässen wie Taufen, Hochzeiten, Verlobungen, sonstigen Segnungen und Beerdigungsfeiern von einer variierenden Personenzahl bis hin zu ihrer Kapazitätsgrenze genutzt. Das Nutzungskonzept der Krypta umfasst - wiederum den Angaben der Klägerin zufolge - das regelmäßige samstägliche Andachtsgebet nach der Abendmesse, an dem neben dem Gemeindepfarrer wenige einzelne Gemeindemitglieder teilnehmen, für die Dauer von 15 Minuten, eine traditionelle Andacht mit einer Zeitdauer von 20 Minuten am Ostermontag, an der wiederum wenige Personen teilnehmen, sowie eine Einzelnutzung nur bei besonderen Anlässen des Gedenkens an den verstorbenen Gemeindepfarrer, etwa an dessen Todestag. Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben bestehen nicht und haben die Beklagte sowie die Beigeladenen auch nicht geltend gemacht.
62 
Die mit der Einrichtung der Krypta einhergehende Erweiterung des Nutzungsumfangs des Kirchengebäudes ist danach in zeitlicher Hinsicht vergleichsweise geringfügig. Auch findet ein möglicherweise störempfindliches Totengedenken nicht erst infolge der geplanten Andachten in der Krypta, sondern bereits derzeit im Rahmen der in der Kirche durchgeführten Beerdigungsfeiern statt.
63 
Auf dieser Grundlage ist bei Ausklammerung der hier nicht berücksichtigungsfähigen Belange des Ruheschutzes von Begräbnisstätten (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 27 f.) eine wesentliche zusätzliche Störempfindlichkeit wegen der vorgesehenen zusätzlichen Andachten im Ergebnis nicht erkennbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Krypta nicht um eine allgemeine Begräbnisstätte auf einem Friedhof, sondern ausschließlich um eine Begräbnisstätte für die Priester der Kirchengemeinde (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 70, Umdruck S. 2) innerhalb des Kirchengebäudes handelt. Angesichts der mithin bestehenden eigenen Abhilfemöglichkeiten durch - auch bauliche - Maßnahmen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 78, Umdruck S. 28) bzw. die bloße Schließung der Fenster für die eher kurze Dauer der Feierlichkeiten in der Krypta, zu der die Klägerin nach eigenem Bekunden auch bereit ist, sowie der industriellen Vorbelastung des Baugebiets (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 27) sind danach Auflagen, die den Betriebsinhabern allein wegen der Nutzung der Krypta aufgeben, ihre Maschinen nur unter bestimmten Lärmschutzvorkehrungen oder gar nur zu bestimmten Zeiten zu betreiben (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNrn. 65 f., Umdruck S. 22 f.), nicht konkret zu besorgen. Vielmehr sind mögliche Nutzungskonflikte weitgehend bereits mit der Errichtung und der intensiven Nutzung der Kirche - auch zu Beerdigungs- und Trauergottesdiensten - entstanden (wohl ebenso BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 35, Umdruck S. 16).
64 
Sonstige hier erhebliche Beeinträchtigungen des Eigentums und der Berufsausübungsfreiheit der Nachbarbetriebe durch die Krypta sind ebenfalls nicht konkret feststellbar. Das gilt insbesondere für die vom benachbarten Produktionsbetrieb für Holzverpackungen und Holzkisten bereits im Jahre 2011 angeführten Erweiterungsabsichten. Denn ökonomisch sinnvolle und rentable Eigentumsnutzungen sowie hierfür bedeutsame unternehmerische Dispositionsbefugnisse sind durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 65, Umdruck S. 22 f.). Für eine darüber hinausgehende, hinreichend konkrete Verfestigung einer eigentumsrechtlichen Position (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 28) besteht kein Anhalt. Nach den oben gemachten Ausführungen wäre im Übrigen angesichts der Vorbelastung durch die bestehende Kirche einerseits und die industrielle Nutzung des Baugebiets andererseits auch insoweit durch die Einrichtung der Krypta keine nennenswerte zusätzliche Beeinträchtigung konkret zu erwarten.
65 
1.1.3.2. Gründe des Wohls der Allgemeinheit i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB beschränken sich nicht auf spezifisch bodenrechtliche Belange, sondern erfassen alles, was gemeinhin unter öffentlichen Belangen oder öffentlichen Interessen zu verstehen ist, wie sie beispielhaft etwa in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB aufgelistet sind. Vom Wortlaut des § 1 Abs. 6 Nr. 6 BauGB erfasst werden die Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge zwar nur, soweit sie von Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellt werden. Die in den Glaubensvorstellungen wurzelnden Belange privatrechtlich organisierter Kirchen und Religionsgesellschaften sind jedoch ebenfalls als öffentliche Belange zu berücksichtigen, sei es als kulturelle Bedürfnisse der Bevölkerung im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB oder als ein in dem nicht abschließenden Katalog des § 1 Abs. 6 BauGB nicht ausdrücklich erwähnter Belang. Das gilt jedenfalls, wenn die betreffende Kirchengemeinde eine nicht unbedeutende Zahl von Mitgliedern hat (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 25, Umdruck S. 11).
66 
Angesichts der erheblichen Zahl von mittlerweile etwa 600 Mitglieder und der im Nomokanon des Bar Hebraeus wurzelnden Glaubensvorstellungen der Klägerin, wonach im syrisch-orthodoxen Glauben in der kultischen Handlung der Hauskirchenbestattung von Priestern, hier in der zur Genehmigung gestellten Krypta, der Glaube seinen Ausdruck findet (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 51, Umdruck S. 17 f.), handelt es sich bei der besagten Hauskirchenbestattung um einen vorliegend zu berücksichtigenden öffentlichen Gemeinwohlbelang.
67 
Allgemeinwohlgründe erfordern eine Befreiung i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht erst, wenn den Belangen der Allgemeinheit auf eine andere Weise als durch eine Befreiung nicht entsprochen werden könnte, sondern bereits dann, wenn es zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses „vernünftigerweise geboten“ ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist, reicht demgegenüber nicht aus. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Dabei kann es auch auf - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Fragen der Zumutbarkeit ankommen (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 26, Umdruck S. 12).
68 
Vernünftigerweise geboten ist die Zulassung der Krypta danach dann, wenn Alternativen zur Beisetzung in der eigenen Kirche an sich in Betracht kommen, der Klägerin aber unter den gegebenen Umständen nicht zugemutet werden können. Dass sie theoretisch an anderer Stelle eine Kirche mit Krypta neu errichten könnte, genügt nicht. Auch kann eine Befreiung nicht mit dem Argument verweigert werden, dass es planungsrechtlich bereits bei Errichtung der Kirche möglich gewesen wäre, an anderer geeigneter Stelle die Grundlagen für eine pietätvolle Begräbnisstätte zu schaffen. Maßgebend für die Zumutbarkeit ist vielmehr, ob der Klägerin tatsächlich zu nicht unangemessenen Bedingungen ein besser geeignetes Grundstück für die Errichtung einer Kirche mit Krypta auf dem Gebiet der Beklagten zur Verfügung gestanden hätte oder, wenn dies nicht der Fall war, ob sie sich bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen hat (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 28, Umdruck S. 12 f.).
69 
In Anwendung dieser Grundsätze ist die Befreiung zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses „vernünftigerweise geboten“.
70 
1.1.3.2.1. Der Klägerin stand kein besser geeignetes Grundstück für die Errichtung einer Kirche mit Krypta zur Verfügung.
71 
Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchem Grund die unstreitigen Verhandlungen über ein Grundstück im Ortsinneren der Beigeladenen Ziff. 1 beendet wurden. Denn bei diesem Grundstück bestanden unstreitig Probleme mit der Ost-West-Ausrichtung der Kirche. Selbst wenn diese - entsprechend der Einschätzung der Vertreter der Beigeladenen Ziff. 1 in der mündlichen Verhandlung vom 20.7.2011 (im Verfahren 3 S 465/11) - mit einem verkleinerten Kirchenbau (möglicherweise) hätten gelöst werden können, wäre das Grundstück angesichts der erforderlichen Verkleinerung der Kirche (auch mit Krypta) jedenfalls nicht besser geeignet gewesen als das dann gewählte Grundstück.
72 
1.1.3.2.2. Ferner hat sich die Klägerin nicht bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen.
73 
Der Bauantrag von April 1994 war ursprünglich sowohl auf die Kirche als auch auf ein im Untergeschoss an der heutigen Stelle und der heutigen Größe vorgesehenes „Mausoleum“ gerichtet. Nach zweimaliger Ablehnung des gemeindlichen Einvernehmens mit der Zulassung dieses Vorhabens durch die Beigeladene Ziff. 1 nahm der Architekt und Planverfasser die Klägerin mit Blaueintrag vom 30.09.1994 die Krypta ausdrücklich aus dem Baugesuch heraus und beantragte stattdessen einen Abstellraum (vgl. Einträge in der Betriebsbeschreibung sowie im Untergeschoss- und im Schnittplan A-A, Bl. 7, 9 und 15 d. A.). Trotz dieser Antragsänderung lehnte die Beklagte in Ziff. 2 des Bescheides vom 4.11.1994 „den Antrag zur gleichzeitigen Errichtung eines Mausoleums“ ab. Im Widerspruchsverfahren bat das Regierungspräsidium mit Schreiben vom 27.1.1995 die Klägerin dann um Mitteilung, ob die Änderung des Antrages mit ihrer Zustimmung erfolgt sei. Zugleich wies es darauf hin, dass in diesem Falle zwar nicht die Krypta genehmigt sei, die Kirche und das Gemeindezentrum aber errichtet werden könnten; für die Krypta müsse ein Nachtragsbaugesuch eingereicht werden, über das die Baurechtsbehörde erneut entscheiden müsse. Mit Schreiben vom 4.2.1995 bestätigte die Klägerin daraufhin die mit ihrem Einvernehmen erfolgte Antragsänderung. Darüber hinaus führte sie aus: „Wir wären ihnen sehr zum Dank verbunden, wenn ihre Entscheidungen uns weiter bringen könnten, diese Krypta-Einrichtung, wenigstens durch ein nachträgliches Genehmigungsverfahren zu ermöglichen“. Mit Schreiben vom 7.3.1995 forderte das Regierungspräsidium die Beklagte danach auf, Ziff. 2 des angegriffenen Bescheides zurückzunehmen und hierdurch dem Widerspruch der Klägerin abzuhelfen. Dem kam die Beklagte sodann mit Bescheid vom 14.3.1995 nach.
74 
Insbesondere der Inhalt des Schreibens vom 4.2.1995 und die darin zum Ausdruck gebrachte Hoffnung auf eine nachträgliche Genehmigung zeigen ohne Weiteres, dass die Klägerin weiterhin an der Errichtung der Krypta festhalten wollte, also eine Errichtung nur der Kirche lediglich als vorläufig ansah. Auf eine Errichtung der Kirche ohne Krypta hat sie sich deutlich erkennbar nicht bewusst auf Dauer eingelassen. Eine dauerhafte Beschränkung des Baugenehmigungsantrages auf die Errichtung allein der Kirche ergab sich auch aus dem Schreiben des Regierungspräsidiums vom 27.1.1995 nicht. Vielmehr wurde in diesem gerade die Möglichkeit eines Nachtragsbaugenehmigungsverfahrens aufgezeigt.
75 
Auch aus dem nachträglichen Verhalten der Klägerin ergibt sich nicht, dass sie sich bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen hat. Allein aus dem Umstand, dass sie sich in der Folgezeit zunächst rund zehn Jahre nicht weiter um eine Krypta bemüht hat, lässt sich nicht auf eine bewusste Aufgabe der Absicht zur Errichtung einer Krypta schließen. Dies gilt umso mehr, als keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Einrichtung einer Krypta seinerzeit bereits so dringlich war, wie nach dem Ableben des Gemeindepriesters (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 75, Umdruck S. 27).
76 
1.1.3.2.3. Aber auch im Übrigen ist es unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten vernünftigerweise geboten, das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen.
77 
Insbesondere lässt sich dem nicht mit dem Einwand begegnen, die Hauskirchenbestattung sei kein zwingender Bestandteil der Religionsausübung der Klägerin (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNrn. 27 f, Umdruck S. 12 f.). Dabei ist es weder zulässig, der Klägerin den zwingenden Charakter der von ihr aus dem Nomokanon des Bar Hebraeus abgeleiteten Glaubensregel der Hauskirchenbestattung für Priester unter Hinweis auf die Praxis anderer syrisch-orthodoxer Gemeinden in Deutschland sowie auf ihr eigenes Verhalten im Zusammenhang mit der Errichtung des Kirchengebäudes abzusprechen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 74, Umdruck S. 26), noch lässt sich dem zwingenden Charakter der Hauskirchenbestattung mit Erfolg entgegenhalten, die Klägerin habe sich in der Zeit nach der Genehmigung der Kirche nicht weiter um eine Krypta bemüht und sei inzwischen schon seit vielen Jahren ohne eine eigene Krypta ausgekommen. Denn wie oben ausgeführt, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Einrichtung einer Krypta für die Klägerin seinerzeit bereits so dringlich war, wie nach dem Ableben des Gemeindepriesters; auch kann ihr ihre Rechtstreue dahin, sich an die seinerzeitige Versagung der Errichtung einer Kirche mit Krypta gehalten zu haben, nicht zum Nachteil gereichen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 75, Umdruck S. 27).
78 
Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass hier eine Nutzungserweiterung in Frage steht, die zwar bei typisierender Betrachtung gebietsunverträglich ist, aber "vernünftigerweise" an ein vorhandenes Kirchengebäude anknüpft, das aufgrund bestandskräftiger Baugenehmigung im genehmigten Umfang formal legal weitergenutzt werden darf. Das gilt umso mehr, wenn die bestandsgeschützte Kirchennutzung - wie hier - im Einvernehmen mit der Gemeinde genehmigt wurde, die Gemeinde also gewissermaßen selbst den Keim für "vernünftigerweise gebotene" Nutzungserweiterungen gelegt hat (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 30, Umdruck S. 13 f.).
79 
1.1.3.3. Für die Beantwortung der Frage, ob die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, bedarf es einer Betrachtung, die die bisherige Situation (hier: Kirche ohne Krypta) dem durch die Abweichung zu ermöglichenden Gesamtvorhaben (hier: Kirche mit Krypta) gegenüberstellt und die Vereinbarkeit des sich daraus ergebenden Unterschieds mit öffentlichen Belangen untersucht. Welche Umstände als öffentliche Belange i. S. von § 31 Abs. 2 BauGB eine Befreiung ausschließen, lässt sich nicht generell beantworten. In Betracht kommen insbesondere die in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB genannten öffentlichen Belange, auch solche, die nicht in der gemeindlichen Planungskonzeption ihren Niederschlag gefunden haben. Ist die Befreiung mit einem öffentlichen Belang in beachtlicher Weise unvereinbar, so vermag sich der die Befreiung rechtfertigende Gemeinwohlgrund im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht durchzusetzen. Da der Plan gerade unter den Nachbarn einen Ausgleich von Nutzungsinteressen zum Inhalt hat, muss ferner darauf abgehoben werden, ob in den durch den Bebauungsplan bewirkten nachbarlichen Interessenausgleich erheblich störend eingegriffen wird. Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 33, Umdruck S. 14 f.).
80 
Allerdings ist vorliegend auch im Rahmen der öffentlichen Belange und der nachbarlichen Interessen nur der als verfassungsimmanente Schranke der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit allein berücksichtigungsfähige Schutz des Eigentums und der Berufsausübungsfreiheit der Nachbarbetriebe maßgeblich (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 27). In diesem Sinn erhebliche Wirkungen der zusätzlichen Einrichtung einer Krypta im Untergeschoss der genehmigten und genutzten Kirche sind indes - wie unter 1.1.3.1.2.2. dargelegt - nicht konkret feststellbar.
81 
1.1.3.4. Liegen nach alledem die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB vor, so hat die Klägerin auch einen Rechtsanspruch auf die begehrte Befreiung. Das der Baurechtsbehörde bei der Erteilung einer Befreiung auf der Rechtsfolgenseite ansonsten zustehende Ermessen ist vorliegend auf Null reduziert.
82 
Sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben, besteht für die Ausübung des Ermessens wenig Raum. Daraus folgt jedoch nicht, dass der zuständigen Behörde entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zusteht oder dass das Ermessen stets auf Null reduziert ist, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen. Erforderlich für eine negative Ermessensentscheidung ist nur, dass der Befreiung gewichtige Interessen entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.9.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50; Urt. v. 4.7.1986 - 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315). Kommen dagegen bei einem Bauvorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans widerspricht, bei dem aber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind, für die Gemeinde Nachteile durch eine Zulassung des Vorhabens nicht in Betracht, so kann sich das der Baugenehmigungsbehörde zustehende Ermessen dahin verdichten, dass sie zur Erteilung einer Befreiung verpflichtet ist (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.1993 - 3 ZR 54.92 - DVBl. 1994, 278; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.3.2004 - 3 S 1745/02 -). Denn in diesen Fällen ist wegen des Umfangs der Anwendungsvoraussetzungen für die Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB der Spielraum für zusätzliche Erwägungen bei Ausübung des Ermessens tendenziell gering, so dass sich die Ermessensausübung im Einzelfall auf Null reduzieren kann (vgl. zu alledem VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.3.2007 - 8 S 1921/06 - VBlBW 2008, 348; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438).
83 
So verhält es sich hier. Denn angesichts der unter 1.1.3.1.2. gemachten Ausführungen kommen rechtlich erhebliche Nachteile der Beigeladenen Ziff. 1 durch eine Zulassung der Krypta nicht in Betracht; dies gilt insbesondere für das von ihr mehrmals geäußerte Planungsziel, im fraglichen Industriegebiet keine potenziell konfliktträchtige Begräbnisstätte zuzulassen. Auch sonstige gewichtige öffentliche Belange, die der Erteilung der Befreiung im Ermessenswege entgegenstehen könnten, liegen nicht vor, zumal sich die vorliegende Entscheidung aufgrund der Besonderheiten des konkreten Einzelfalls nicht als Berufungsfall für andere Vorhaben eignet. Demgegenüber streitet mit der grundrechtlich geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ein gewichtiger Belang für die von der Klägerin begehrte Befreiung, so dass sich jede andere Entscheidung als die Erteilung derselben letztlich als rechtswidrig erwiese.
84 
1.2. Nichts anderes gilt im Ergebnis mit Blick auf die von der Beigeladenen Ziff. 1 mit dem Bebauungsplanverfahren „Industriegebiet, 6. Änderung“ vorgesehenen Änderungen von Festsetzungen des Bebauungsplans.
85 
Die Planung der Beigeladenen Ziff. 1 zielt nach der Sitzungsniederschrift darauf ab, Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, also Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke zukünftig im durch die Änderungsplanung erfassten Bereich ihres Industriegebiets nicht mehr als Ausnahmen zuzulassen, um die Möglichkeiten der freien Berufsausübung und der gewerblichen Freiheit nicht zu gefährden.
86 
1.2.1. Anders als die Klägerin meint, dürfte zwar der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.5.2016 dem Planungsziel der Beigeladenen Ziff. 1, die ausnahmsweise Zulassung von Anlagen für kirchliche Zwecke im Plangebiet auszuschließen, nicht entgegenstehen. Denn die Bindungswirkung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betrifft - wie sich aus den oben gemachten Ausführungen ergibt - nicht die Genehmigung der geplanten Nutzungsänderung unter Zulassung einer im Bebauungsplan vorgesehenen Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB, sondern die Genehmigung unter Erteilung einer Befreiung von den bauplanungsrechtlichen Festsetzungen gemäß § 31 Abs. 2 BauGB. Das beruht darauf, dass die Krypta bereits bislang nicht ausnahmsweise, sondern nur im Befreiungswege zugelassen werden konnte (vgl. hierzu oben 1.1.2. und 1.1.3.).
87 
Angesichts des Ziels der Beigeladenen Ziff. 1, ihr Industriegebiet als solches zu erhalten und den dort ansässigen bzw. ansiedlungswilligen Betrieben eine größtmögliche unternehmerische Freiheit zu ermöglichen, dürfte es sich auch nicht um eine unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit unzulässige Negativplanung handeln. Ein im Entwurf der Beschlussvorlage noch enthaltenes Ziel, die Erstellung von Begräbnisstätten, Krypten und allen vergleichbaren Einrichtungen aller Art zu untersagen, wird in der Gemeinderatsvorlage Nr. 59/216 nicht mehr aufgeführt und ist auch nicht Gegenstand des Gemeinderatsbeschlusses geworden.
88 
1.2.2. Indes kann die Zulässigkeit der von der Beigeladenen Ziff. 1 vorgesehenen Planänderung im Ergebnis offenbleiben. Denn der beabsichtigte Ausschluss der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO vermag sich auf die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans in Bezug auf die streitige Krypta nicht auszuwirken.
89 
Insbesondere würde das planerische Grundkonzept der Beigeladenen Ziff. 1 durch die beabsichtigte Planänderung nicht in einer hier erheblichen Weise verändert. Vielmehr verbliebe es bei dem unter 1.1.3.1.1. beschriebenen Planungsgrundzug, im fraglichen Industriegebiet die Unterbringung erheblich störender Betriebe zu ermöglichen und deshalb daneben nur typischerweise störunempfindliche Ausnahmenutzungen im Sinne des § 9 Abs. 3 BauNVO zuzulassen. Auch nach Ausschluss der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO wäre dieser Grundzug der Planung nach den Ausführungen unter 1.1.3.1.2. durch die Zulassung der Krypta nicht in rechtserheblicher Weise berührt.
90 
Damit ergäbe sich auch keine die Bindungswirkung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 nach § 144 Abs. 6 VwGO in Frage stellende, weil entscheidungserhebliche, nachträgliche Änderung der Rechtslage (vgl. hierzu Eichberger/Bier, a. a. O., RdNr. 126 zu § 144; W.-R. Schenke, a. a. O., RdNr. 13 zu § 144). Denn das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung dem Umstand, dass die Beigeladene Ziff. 1 nach den bislang geltenden textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sämtliche Ausnahmenutzungen gemäß § 9 Abs. 3 BauNVO ausdrücklich zugelassen hat, selbst keine Bedeutung zugemessen. Vielmehr hat es dem Senat die Prüfung überlassen, welche Bedeutung dem Umstand, dass sich die Gemeinde zu einer solchen ausdrücklichen Regelung veranlasst gesehen hat, bei der Bestimmung der Planungskonzeption beizumessen ist (RdNr. 38, Umdruck S. 17 f.).
91 
Sonstige, für die Zulassung der Krypta in der Kirche der Klägerin erhebliche Änderungen der Rechtslage gehen mit der beabsichtigten Beschränkung der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vorhaben nach § 9 Abs. 3 BauNVO nicht einher.
92 
1.3. Steht der Klägerin nach alledem sowohl unter Zugrundelegung des bisherigen Bebauungsplans als auch unter Berücksichtigung der von der Beigeladenen Ziff. 1 vorgesehenen Planänderung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB ein Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans für die geplante Krypta zur Seite, so ist zu ihren Gunsten eine Ausnahme von der am 24.7.2016 durch den Gemeinderat der Beigeladenen Ziff. 1 beschlossenen Veränderungssperre zuzulassen und ihr eine Befreiung von den Festsetzungen des geltenden Bebauungsplans „Industriegebiet“ zu erteilen. Auf die Gültigkeit der Veränderungssperre kommt es daher nicht an.
93 
Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB kann von einer Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Die Norm bietet ein Mittel, um im Wege der Einzelfallprüfung auf der Grundlage der sich konkretisierenden Planungen zu Gunsten des Bauherrn Ausnahmen zulassen zu können. Der praktisch wichtigste öffentliche Belang ist die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung. Diese und nicht lediglich die abstrakte Planungshoheit der Gemeinde wird von der Veränderungssperre geschützt. Maßgeblich ist damit der konkrete Sicherungszweck der Veränderungssperre. Ein Vorhaben das mit diesem nicht vereinbar ist, insbesondere der beabsichtigten Planung widerspricht oder sie wesentlich erschweren würde, darf im Wege der Ausnahme nicht zugelassen werden. Andernfalls würde die Veränderungssperre ihre Aufgabe nicht erfüllen können (vgl. zu alledem BVerwG, Urt. vom 9.8.2016 - 4 C 5.15 - juris). Steht allerdings nach der Planungskonzeption von Anfang an oder aber im weiteren Aufstellungsverfahren nach förmlichem Beschluss des zuständigen Gemeindeorgans fest, dass die bisherige planungsrechtliche Rechtslage für ein bestimmtes Grundstück nicht geändert werden soll, kann das Vorhaben die Bebauungsplanung nicht stören. Die Ausnahme kann erteilt werden und ist auch zu erteilen (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2016, RdNr. 96 zu § 14).
94 
Vergleichbar verhält es sich hier. Zwar ist mit der vorgesehenen Beschränkung der Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 3 BauNVO eine Änderung der bisherigen planungsrechtlichen Rechtslage auch für das Grundstück der Klägerin beabsichtigt. Indes betrifft diese Änderung das streitige Vorhaben gerade nicht. Denn die Krypta ist sowohl derzeit als auch nach den mit dem Bebauungsplanverfahren „Industriegebiet, 6. Änderung“ verfolgten Planungsabsichten der Beigeladenen Ziff. 1 weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig. Auch bleibt der Anspruch der Klägerin auf Befreiung von den bauplanungsrechtlichen Festsetzungen für die Umnutzung des derzeitigen Abstellraums in eine Krypta - wie unter 1.2.2. dargelegt - von der beabsichtigten Bebauungsplanänderung unberührt.
95 
Angesichts dessen ist der konkrete Sicherungszweck der Veränderungssperre durch die Zulassung einer Ausnahme für die zur Genehmigung gestellte Krypta nicht betroffen. Steht nämlich die beabsichtigte Planung der Zulässigkeit eines Vorhabens nicht entgegen, so bedarf sie in Bezug auf dieses Vorhaben der Sicherung durch eine Veränderungssperre nicht. Dies ist auch dann der Fall, wenn ein bestehender Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans durch die beabsichtigte Bebauungsplanänderung nicht berührt wird. Denn andernfalls sicherte die Veränderungssperre die zukünftige Planung auch gegen Vorhaben, die nach den feststehenden Planungsabsichten der Gemeinde auch zukünftig bauplanungsrechtlich zulässig wären.
96 
Mit Blick auf das Gewicht der für die Einrichtung der Krypta streitenden Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und des Eigentumsschutzes nach Art. 14 Abs. 1 GG ist das der Beklagten grundsätzlich zustehende, allerdings nach den oben gemachten Ausführungen bereits zu Gunsten der Klägerin eingeschränkte Ermessen auf Null reduziert und mithin eine Ausnahme von der Veränderungssperre zuzulassen.
97 
2. Der mithin bauplanungsrechtlich zulässigen Nutzungsänderung lassen sich auch keine sonstigen, dem materiellen Entscheidungsprogramm der Baurechtsbehörde unterfallenden Vorschriften des öffentlichen Rechts mit Erfolg entgegenhalten.
98 
2.1. Zu den im Rahmen der Erteilung einer Baugenehmigung zu beachtenden Vorschriften gehören auch die für - wie hier - private Bestattungsplätze geltenden (vgl. § 9 Abs. 3 BestattG) Abstandsregelungen nach den §§ 3 und 8 BestattG (vgl. Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, 7. Aufl. 2016, RdNr. 162 zu § 58). Danach muss bei Anlegung oder Erweiterung von Friedhöfen ein ausreichender Abstand zu störenden Betrieben, Gewerbe- und Industriegebieten, Gebäuden und überbaubaren Grundstücksflächen eingehalten werden (§ 3 BestattG). Bei der Errichtung von Gebäuden, die nicht Friedhofszwecken dienen, ist von Friedhöfen ein Abstand von mindestens 10 m einzuhalten (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BestattG). Allerdings kann die Baurechtsbehörde hiervon Ausnahmen zulassen, wenn Ruhe und Würde des Friedhofs nicht wesentlich beeinträchtigt werden und polizeiliche Gründe nicht entgegenstehen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 BestattG). Schließlich ist bei der Errichtung von störenden Betrieben von Friedhöfen ein zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Würde des Friedhofs ausreichender Abstand einzuhalten (§ 8 Abs. 2 BestattG).
99 
Diese der Ruhe und Würde des Friedhofs dienenden Abstandsvorschriften führen ebenfalls nicht zur Unzulässigkeit der beabsichtigten Krypta. Dabei ist zunächst zu beachten, dass die in Rede stehenden Regelungen auslegungs- und ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriffe enthalten, so dass sie die Herstellung praktischer Konkordanz mit Blick auf die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin nicht hindern (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 70, Umdruck S. 25). Ferner ist wiederum zu berücksichtigen, dass es sich bei der Krypta nicht um eine allgemeine Begräbnisstätte auf einem Friedhof, sondern ausschließlich um eine Begräbnisstätte für die Priester der Kirchengemeinde (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 70, Umdruck S. 2) innerhalb des Kirchengebäudes handelt und dass mithin eigene Abhilfemöglichkeiten gegen dennoch spürbare Beeinträchtigungen durch die umliegenden Betriebe mittels - auch baulicher - Maßnahmen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 78, Umdruck S. 28) bestehen. Angesichts der Entfernung der Krypta zur Grenze von etwa 7 m und zum Rolltor des benachbarten holzverarbeitenden Betriebes von rund 17 m sowie des Umstandes, dass die glaubenssatzgetreue Beisetzung unter dem Altar in einem geweihten Kirchenraum nach den Glaubensvorstellungen nicht nur der Syrisch-Orthodoxen Kirche eine besonders würdevolle Form der Bestattung ist (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 35, Umdruck S. 16; BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 59, Umdruck S. 20) ist eine hier erhebliche Beeinträchtigung von Ruhe und Würde der Begräbnisstätte durch die umliegenden Betriebe nicht zu besorgen und diese mithin auch unter Zugrundelegung der bestattungsrechtlichen Abstandsvorschriften zuzulassen.
100 
2.2. Die Prüfung der weitergehenden bestattungsrechtlichen Regelungen, insbesondere zu Fragen der Gesundheit (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BestattG) und zur Ruhezeit (§ 6 BestattG) ist demgegenüber dem gesonderten bestattungsrechtlichen Genehmigungsverfahren (§ 5 BestattG) vorbehalten (vgl. insbesondere § 9 BestattG), zählt also nicht zum materiellen Entscheidungsprogramm der Baurechtsbehörde. Damit sind die vom Landratsamt Heilbronn - Gesundheitsamt - mit Stellungnahme vom 25.8.2005 angeregten Auflagen zur Belegung der Grabstätten sowie zur Abwehr von durch die Verwesung drohender Gefahren für die Gesundheit einschließlich der Hygiene nicht im vorliegenden Rechtsstreit, sondern im anhängigen bestattungsrechtlichen Verfahren zu berücksichtigen.
101 
Sonstige der Baugenehmigung entgegenstehende öffentlich-rechtliche Vorschriften liegen nicht vor.
102 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 bis 3, 162 Abs. 3, 159 VwGO i. V. mit § 100 Abs. 1 ZPO. Eine Erstattung von Kosten der Beigeladenen Ziff. 2 scheidet aus, da diese keine Anträge gestellt und sich daher auch nicht am Kostenrisiko beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
103 
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
104 
Beschluss vom 23. November 2016
105 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf gem. den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt.
106 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Tenor

Die Anträge der Kläger sowie der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 1. März 2016 - 13 K 3322/13 - werden abgelehnt.

Die Kläger als Gesamtschuldner und die Beigeladene tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens jeweils zur Hälfte. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen sie jeweils selbst.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 96.282,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Kläger begehren die Erteilung einer Baugenehmigung für die Änderung der Nutzung einer genehmigten „Aldi-Verkaufsstelle“ in einen „dm-Drogeriemarkt“, der von der Beigeladenen betrieben werden soll.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Flst.Nr. ..., ... Straße ... in Bad Mergentheim. Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“, in Kraft getreten am 10.4.2004. Das Plangebiet umfasst ausweislich der Planbegründung eine Fläche von ca. 4 ha. Für den verfahrensgegenständlichen Bereich setzt der Bebauungsplan in Ziff. 1.1.2 der textlichen Festsetzungen ein eingeschränktes Gewerbegebiet fest. Nach Ziff. 1.1.4 der textlichen Festsetzungen sind Einzelhandelsbetriebe und sonstige Handelsbetriebe mit Verkauf an letzte Verbraucher mit zentrenrelevanten Sortimenten nicht zugelassen. Hierzu zählen neben Nahrungs- und Genussmitteln auch Drogeriewaren (inklusive Wasch- und Putzmittel), Kosmetika und Apothekerwaren. Durch den Bebauungsplan „Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Teiländerung im Bereich der Flst.Nr. ... und ...“, in Kraft getreten am 4.12.2010, wurde der Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ in einem Teilbereich geändert und die genannten Grundstücke als Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel ausgewiesen. Dieser Teilbereich, auf dem sich derzeit ein REWE-Lebensmittelmarkt befindet, umfasst 0,9 ha.
Das auf dem Grundstück der Kläger stehende Gebäude wurde auf Grundlage einer Baugenehmigung vom 29.5.1998 für eine „Aldi-Verkaufsstelle" mit einer Verkaufsfläche von 631,04 m² als Lebensmitteldiscountgeschäft genutzt. Nach Aufgabe dieser Nutzung ist nunmehr der Betrieb eines „dm-Drogeriemarktes“ beabsichtigt. Den entsprechenden Genehmigungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.10.2013 ab. Den Widerspruch der Kläger wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 12.2.2014 und der Begründung zurück, bei der beantragten Nutzungsänderung handele es sich um ein genehmigungspflichtiges Vorhaben. Ein Aldi-Markt sei als Lebensmittel-Einzelhandelsbetrieb bekannt; in der Baubeschreibung sei zudem ausdrücklich vom Handel mit Lebensmitteln die Rede. Drogerieartikel bildeten im Sortiment eines Aldi-Marktes ein Randsortiment. Bei einem dm-Markt stelle dagegen der Lebensmittelbereich ein Randsortiment dar. Der Sortimentswechsel von Lebensmittel zu Drogeriewaren sei daher genehmigungspflichtig. Das Vorhaben verstoße gegen Ziff. 1.1.4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans. Eine Befreiung könne nicht erteilt werden, da mit der geplanten Nutzungsänderung Grundzüge der Planung berührt würden.
Die Kläger haben am 16.9.2013 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und zuletzt beantragt, die Beklagte zu verpflichten, die mit Bauantrag vom 8.3.2013 beantragte Nutzungsänderung des auf dem Flst.Nr. ..., ...-Straße ... in Bad Mergentheim aufstehenden Gebäudes zur Nutzung als dm-Drogeriemarkt zu bewilligen und den Bescheid der Beklagten vom 24.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 12.2.2014 aufzuheben. Die Beigeladene hat sich diesem Antrag angeschlossen. Zudem haben die Kläger hilfsweise beantragt, festzustellen, dass für die Nutzung des Gebäudes auf der Flst.-Nr. ..., ...-... in Bad Mergentheim als dm-Drogeriemarkt keine Nutzungsänderungsgenehmigung erforderlich ist.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 1.3.2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kläger hätten keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Bei dem geplanten Vorhaben handele es sich sowohl in bauordnungsrechtlicher als auch in bauplanungsrechtlicher Hinsicht um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Das Vorhaben verlasse die Variationsbreite der genehmigten Nutzung, da die Baugenehmigung für eine „Aldi-Verkaufsstelle“ erteilt worden sei, die überwiegend den Verkauf von Lebensmitteln zum Gegenstand gehabt habe. Der beantragte dm-Drogeriemarkt werde von dieser Variationsbreite nicht erfasst. Des Weiteren würden - in bauplanungsrechtlicher Hinsicht - bodenrechtliche Belange berührt, da dem Vorhaben unter städtebaulichen Gesichtspunkten aufgrund einer völlig veränderten Schwerpunktbildung eine andere Qualität beizumessen sei und es im Vergleich zu der bisher genehmigten Nutzung weitergehender Vorschriften in Gestalt des hier maßgebenden Bebauungsplans unterliege.
Das beantragte Vorhaben widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“. Dieser sei auch wirksam, insbesondere verstießen die Festsetzungen in Ziff. 1.1.4 nicht gegen das Abwägungsgebot. Für die städtebauliche Erforderlichkeit genüge es, dass der Einzelhandelsausschluss und die Sortimentsbeschränkung des Bebauungsplans zumindest geeignet seien, einen Beitrag zur Förderung des planerischen Ziels zu leisten. Die Festsetzungen des Bebauungsplans seien zudem bestimmt; es lasse sich hinreichend sicher feststellen, welche Festsetzungen hinsichtlich Art und Maß der baulichen Nutzung im Planbereich GE 2 gälten. Im Übrigen sei der Bebauungsplan auch nicht funktionslos geworden. Es sei möglich, zwischen den einzelnen Sortimenten, die von Ziff. 1.1.4 erfasst würden, zu unterscheiden. Wäre das Einzelhandelskonzept in Folge der tatsächlichen Entwicklung in Bezug auf ein zentrenrelevantes Sortiment nicht mehr umsetzbar, so bedeute dies nicht, dass damit das städtebauliche Ziel des Schutzes bzw. der Stärkung eines zentralen Versorgungs- und Innenstadtbereichs insgesamt obsolet geworden sei. Dies gelte auch in Anbetracht der von den Klägern angeführten „Bezugsfälle“, die im Wesentlichen den Verkauf von Lebensmittel an letzte Verbraucher zum Gegenstand hätten. Es sei nicht ersichtlich, dass die tatsächlichen Verhältnisse derart massiv und offenkundig von der Plankonzeption abwichen, dass eine Verwirklichung der planerischen Festsetzungen auf absehbare Zeit ausgeschlossen sei. Auch die Aufstellung des Bebauungsplans „Sondergebiet Einkaufszentrum Bahnareal“ und die Überplanung eines Teilgebiets des maßgebenden Bebauungsplans durch den Bebauungsplan „Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Teiländerung“ führten nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB komme nicht in Betracht, da Ziel des Bebauungsplans gerade der Einzelhandelsausschluss zum Zwecke der Stärkung des zentralen Versorgungsbereichs sei. Die diesem Ziel dienenden Festsetzungen in Ziff. 1.1.4 stellten daher einen Grundzug der Planung dar. Aus diesem Grund komme es auf den von der Beigeladenen unbedingt gestellten Beweisantrag nicht entscheidungserheblich an. Da bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermessensausübung nicht vorlägen, sei für eine „durch Zulassung von Bezugsfällen“ entstandene Selbstbindung der Behörde kein Raum.
Hiergegen wenden sich die Kläger sowie die Beigeladene mit ihren Zulassungsbegehren.
II.
Die Anträge sind zulässig, insbesondere rechtzeitig gestellt (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) und begründet (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) worden; sie haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe, die gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nur im Rahmen der Darlegungen der Kläger sowie der Beigeladenen zu prüfen sind, liegen nicht vor.
10 
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nicht dargetan worden.
11 
a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind nur dann gegeben, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt wird, dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163; Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; Beschl. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 - juris Rn. 15). Es reicht indes nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen. Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente schlagen dann nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -DVBl. 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, Beschl. v. 5.7.2016 - 3 ZB 14.1781 -juris Rn. 2; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 -juris Rn. 15). Das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert dabei eine substantiierte Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 - juris Rn. 15).
12 
b) Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Kläger sowie der Beigeladenen nicht gerecht.
13 
aa) Der Einwand der Kläger, das Gericht habe rechtsfehlerhaft eine Nutzungsänderung angenommen, da es von der Genehmigung einer „Aldi-Verkaufsstelle“ ausgegangen sei, obwohl der Bezeichnung „Aldi“ keine rechtliche Relevanz zukomme und die Baugenehmigung keine Sortimentsbeschränkung enthalte, geht fehl. Zwar trifft zu, dass das Verwaltungsgericht von einer Änderung der bisher genehmigten Nutzung als „Aldi Verkaufsstelle“ ausgegangen ist, diese Begrifflichkeit hat es jedoch offensichtlich der Bezeichnung in der Baugenehmigung vom 29.5.1998 entnommen, ohne die Firmenbezeichnung „Aldi“ im Sinne einer eigenständigen städtebaulichen Kategorie zu verwenden. Denn wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt, hat das Gericht maßgeblich auf die in der Baugenehmigung in Bezug genommenen Bauvorlagen vom 22.4.1998 abgestellt, zu denen die Angaben zu gewerblichen Anlagen zählen, nach denen beabsichtigt ist, in dem Gebäude überwiegend mit Lebensmitteln zu handeln. Hiergegen ist indes nichts zu erinnern, da der Regelungsumfang einer Baugenehmigung hinsichtlich der mit ihr zugelassenen Art der Nutzung einschließlich ihrer Variationsbreite bzw. ihrer Zweckbestimmung sich nach der Bezeichnung des Vorhabens in der Genehmigung sowie den weiteren Regelungen im Genehmigungsbescheid, den Bauvorlagen und sonstigen in Bezug genommenen Unterlagen richtet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 9.4.2014 - 8 S 1528/13 - VBlBW 2015, 26 = juris Rn. 11).
14 
bb) Entgegen der Auffassung der Kläger kommt dem Vorhaben auch bauordnungsrechtliche Relevanz zu, da - wie vom erstinstanzlichen Gericht richtig erkannt - durch den „Verkauf von Drogerieartikeln“ der Bereich der bisherigen Zweckbestimmung verlassen wird. Daran vermag der Umstand, dass sich in der Angebotspalette des Lebensmitteldiscounters „Aldi“ auch dem Sortiment Drogeriewaren unterfallende Produkte befunden haben mögen, nichts zu ändern, da - von den Klägern unbestritten - ein „dm-Drogeriemarkt“ nicht überwiegend dem Handel mit Lebensmitteln dient.
15 
cc) Auch die Feststellung des Gerichts, es liege eine Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB vor, da durch die Änderung des Sortimentsschwerpunktes die Variationsbreite der genehmigten Nutzung überschritten werde und das Vorhaben bodenrechtliche Belange neu berühre, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln.
16 
Der Vortrag der Kläger vermag solche Zweifel nicht zu begründen, da diese zu Unrecht von einer Genehmigung als „Verkaufsstelle“ ohne weitere Einschränkungen ausgehen. In Anbetracht des Inhalts der Baugenehmigung vom 29.5.1998 kann der beabsichtigte (schwerpunktmäßige) Handel mit Drogeriewaren nicht als „mitgenehmigt“ angesehen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 11.2.2016 - 5 S 1389/14 - juris Rn. 57).
17 
Die Beigeladene zeigt ebenfalls keine Rechtsfehler auf. Sie geht vielmehr ihrerseits unzutreffend davon aus, § 1 BauGB spiele bei der Frage, ob ein Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig sei, „grundsätzlich keine Rolle“. Dies lässt sich jedoch mit der einschlägigen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.1.1993 - 4 C 19.90 - DVBl. 1993, 652 = juris Rn. 27; Urt. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 - BVerwGE 144, 82 = juris Rn. 26; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.9.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 = juris Rn. 11; Beschl. v. 25.10.2012 - 8 S 869/12 - ZfBR 2013, 60 = juris Rn. 8, zuletzt auch VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 15) nicht vereinbaren. Allein die Tatsache, dass im Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ sowohl Einzelhandelsbetriebe mit dem Sortiment Nahrungs- und Genussmittel als auch solche, die Drogeriewaren führen, ausgeschlossen wurden, ändert nichts daran, dass durch einen Wechsel der in Ziff. 1.1.4 der textlichen Festsetzungen bezeichneten Sortimente bodenrechtliche Belange, wie sie sich aus § 1 Abs. 6 BauGB ergeben, neu berührt werden und daher neu zu prüfen sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.9.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 = juris Rn. 11, 14).
18 
Der Beigeladenen kann auch nicht darin gefolgt werden, das Verwaltungsgericht sei einem Zirkelschluss unterlegen, da es den Betrieb eines Lebensmittelmarktes als bestandsgeschützte Nutzung vorausgesetzt habe. Denn hierzu war das Gericht aufgrund des eindeutigen Inhalts der Baugenehmigung vielmehr verpflichtet. Im Übrigen verkennt die Beigeladene die Reichweite des durch die Baugenehmigung vermittelten Bestandsschutzes, der sich im vorliegenden Fall auf eine („Aldi“-)Verkaufsstelle beschränkt, in der überwiegend mit Lebensmitteln gehandelt wird. Überdies hat das Gericht die bodenrechtliche Relevanz des geplanten Vorhabens unter Hinweis darauf bejaht, dass es - bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung - weitergehenden Vorschriften unterliegt als das genehmigte Vorhaben, nämlich in Gestalt des nach Erteilung der Baugenehmigung aufgestellten Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“. Die hiervon abweichende Auffassung der Beigeladenen geht von einem fehlerhaften Verständnis hinsichtlich des Bestandsschutzes einer genehmigten baulichen Anlage aus und findet in der Rechtsprechung keine Stütze (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.9.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 = juris Rn. 16). Insbesondere verkennt die Beigeladene, dass die genehmigte Nutzung einer „Aldi-Verkaufsstelle“ durch die Aufstellung des streitgegenständlichen Bebauungsplans in ihrer Reichweite nicht „nachträglich geändert bzw. eingeschränkt“ worden ist. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Beigeladenen zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 1.6.2011 - 4 B 2.11 - BauR 2011, 1622 = juris Rn. 16), da mit der Baugenehmigung vom 29.5.1998 eine hinreichende Konkretisierung der zulässigen Nutzung im Sinne eines Handels „mit überwiegend Lebensmitteln“ erfolgt ist.
19 
dd) Des Weiteren ist das Gericht rechtsfehlerfrei von der Wirksamkeit des Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l -Planbereich 01.10“ ausgegangen.
20 
(1) Entgegen der Auffassung der Kläger ist insbesondere nicht von einer Funktionslosigkeit des Bebauungsplan auszugehen. Das Verwaltungsgericht hat die hierzu einschlägige Rechtsprechung, die bezüglich der Funktionslosigkeit von bauplanerischen Festsetzungen einen strengen Maßstab anlegt (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 22.7.2013 - 7 BN 1.13 - LKV 2013, 417 = juris Rn. 6; Urt. v. 28.4.2004 - 4 C 10.03 - UPR 2005, 66 = juris Rn. 15; Urt. v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71 = juris Rn. 22), ausführlich dargestellt und in seine Würdigung einbezogen. Gegen den Ansatz des Gerichts, innerhalb der zentrenrelevanten Sortimente zwischen dem Ausschluss von Nahrungs- und Genussmitteln (Ziff. 1.1.4a der textlichen Festsetzungen) einerseits sowie dem Ausschluss von Drogerie- / Apothekerwaren und Kosmetika (Ziff. 1.1.4c der textlichen Festsetzungen) andererseits zu differenzieren, ist nichts zu erinnern. Denn zu würdigen ist grundsätzlich sowohl die Festsetzung in ihrer ganzen Reichweite als auch die Bedeutung, die sie für den Plan in seiner Gesamtheit hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.4.1977 - IV C 39.75 -BVerwGE 54, 5 = juris Rn. 35).
21 
Zutreffend hat das Gericht danach erkannt, dass das städtebauliche Ziel des Schutzes bzw. der Stärkung eines zentralen Versorgungs- und Innenstadtbereichs nicht dadurch obsolet wird, dass das dahinter stehende (Einzelhandels-)Konzept in Bezug auf eines der - im vorliegenden Fall - insgesamt 16 als zentrenrelevant identifizierten Sortimente möglicherweise nicht mehr umsetzbar ist. In Konsequenz hierzu hat es den von den Klägern benannten Bezugsfällen, die Einzelhandelsbetriebe betreffen, die teilweise in angrenzenden Plangebieten liegen und im Wesentlichen den Verkauf von Lebensmitteln an Endverbraucher zum Gegenstand haben, bei der Frage der Funktionslosigkeit des angegriffenen Bebauungsplans keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen. Folgerichtig ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass die Festsetzung Ziff. 1.1.4c noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97 -BVerwGE 108, 71 = juris Rn. 22).
22 
Der diesbezügliche Vortrag der Kläger, der eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung nicht erkennen lässt, rechtfertigt kein andere Beurteilung. Die Kläger lassen insbesondere unberücksichtigt, dass sich das Planungsziel der Beklagten nicht im Ausschluss des Sortiments „Nahrungs- und Genussmittel“ erschöpft, dieser stellt vielmehr lediglich einen Teilaspekt der planerischen Zielsetzung dar.
23 
(2) Die Rüge der Beigeladenen, das Gericht habe rechtsfehlerhaft die Bestimmtheit des streitgegenständlichen Bebauungsplans angenommen, führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung. Die Beigeladene geht zwar zutreffend davon aus, dass die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans aus sich heraus eindeutig und verständlich sein müssen und die von den Festsetzungen Betroffenen vorhersehen können müssen, welchen Regelungen ihre Grundstücke unterworfen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 27.10.2015 - 8 S 2207/13 - juris Rn. 68). Die Festsetzungen eines Bebauungsplans sind jedoch nicht schon dann zu unbestimmt, wenn sich deren Inhalt erst durch Auslegung erschließt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.2.2011 - 4 BN 43.10 - BauR 2011, 1118 = juris Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.10.2014 - 5 S 1970/12 - BauR 2015, 789 = juris Rn. 21). Ausgehend hiervon hat das Gericht plausibel und nachvollziehbar dargelegt, welche Festsetzungen hinsichtlich Art und Maß der baulichen Nutzung im Planbereich GE 2 gelten. Weiterer Erläuterungen bedurfte es nicht.
24 
ee) Im Ergebnis rechtsfehlerfrei hat das Verwaltungsgericht zudem das Vorliegen der Voraussetzungen einer Befreiung nach Maßgabe des § 31 Abs. 2 BauGB verneint, da durch das geplante Vorhaben die Grundzüge der Planung berührt werden, die ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ (S. 4) darin bestehen, die Einzelhandelsnutzung zu beschränken.
25 
Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich aus dem Umstand, dass der Bebauungsplan die zum damaligen Zeitpunkt vorhandenen und bestandsgeschützten Einzelhandelsnutzungen - zu denen auch die „Aldi-Verkaufsstelle“ zählte - „respektiert“ hat, nicht herleiten, die Plangeberin habe deren „Erhalt“ zum Bestandteil der Grundzüge ihrer Planung gemacht. Vielmehr hat die Beklagte keinen Zweifel daran gelassen, dass „[k]ünftig […] die Gewerbegebiete vor allem für das produzierende Gewerbe und Dienstleistungen freigehalten werden“ sollen (vgl. S. 5 der Begründung zum Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“). Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob - wie die Kläger meinen - der geplante „dm-Drogeriemarkt“ bei einer auf die heutigen Verhältnisse abstellenden Betrachtung der Nahversorgung dient. Da das erstinstanzliche Gericht durch das geplante Vorhaben bereits die Grundzüge der Planung als berührt angesehen hat, musste es nicht mehr der Frage nachgehen, ob - nach der Diktion der Kläger - eine „unzumutbare Härte“ vorliegt.
26 
Die Beigeladene weist zwar zutreffend darauf hin, dass das Gericht - gestützt auf einschlägige Literatur - ausgeführt hat, eine Befreiung scheide generell aus, wenn ein Bebauungsplan Einzelhandel ausschließe oder er eine Beschränkung des Warensortiments vorsehe. Zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen einer Befreiung nicht vorliegen, ist das Gericht jedoch nicht im Sinne eines Automatismus gelangt. Vielmehr hat es bezogen auf den konkreten Einzelfall - eingebettet in den rechtlichen Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB - aufgezeigt, dass es sich bei dem von der Beklagten vorgesehenen Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Sortimenten um einen Grundzug der Planung handelt. Der Beigeladenen kann zudem nicht darin zugestimmt werden, es stehe lediglich die Nachbelegung eines bereits vorhandenen Einzelhandelsbetriebs in Rede. Dies trifft in dieser Allgemeinheit vor dem Hintergrund der durch die Baugenehmigung vom 29.5.1998 genehmigten Nutzung nicht zu.
27 
Soweit die Beigeladene vorträgt, die Grundzüge der Planung würden im Hinblick auf das sonstige Genehmigungsverhalten der Beklagten jedenfalls nicht „berührt“, begründet sie ebenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses. Zwar ist hinsichtlich der Frage, ob die Grundzüge der Planung „berührt“ werden, nicht auf den Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung abzustellen (so noch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 13.6.2007 - 3 S 881/06 - ESVGH 57, 227 = juris Rn. 33), sondern die tatsächliche Entwicklung des Baugebiets in den Blick zu nehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 39; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 31 Rn. 22). Der Senat hält insoweit an der von ihm bisher vertretenen Auffassung nicht mehr fest. Im vorliegenden Fall kann jedoch selbst bei einer die tatsächlichen Verhältnisse berücksichtigenden Betrachtung nicht davon ausgegangen werden, die Auswirkungen des geplanten Vorhabens fielen deshalb nicht (mehr) entscheidend ins Gewicht, weil diese Grundkonzeption bereits durch die bisherige tatsächliche Entwicklung im Baugebiet insgesamt aufgeweicht und stellenweise vollständig überholt sei (vgl. hierzu BayVGH, Urt. v. 9.8.2007 - 25 B 05.1337 - juris Rn. 35). Hierzu hat das Verwaltungsgericht - wenngleich unter anderen Vorzeichen -aufgezeigt, dass die sog. „Bezugsfälle“ ein anderes zentrenrelevantes Sortiment betreffen (Nahrungs- und Genussmittel) und zwischen einzelnen Sortimentsbeschränkungen zu differenzieren ist. Daraus folgt ohne weiteres, dass die Grundzüge der Planung jedenfalls durch die Zulassung eines Einzelhandelsbetriebs mit den in Ziff. 1.1.4c der textlichen Festsetzungen gelisteten Sortimenten nach wie vor berührt werden.
28 
2. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind ebenfalls nicht gegeben.
29 
a) Die Annahme besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeiten zukommt. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn sich der konkret zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von dem Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfällen deutlich abhebt und sich gerade die diesbezüglichen Fragen im Berufungsverfahren stellen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.9.2005 - 9 S 437/05 - NVwZ-RR 2006, 255; Beschl. v. 22.4.1997 - 14 S 913/97 - NVwZ 1997, 1230; Beschl. v. 17.2.2009 - 10 S 3156/08 - juris Rn. 10). Den Darlegungserfordernissen ist hierbei nur genügt, wenn in fallbezogener Auseinandersetzung mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts dargetan wird, inwieweit sich die benannten Schwierigkeiten in Vergleich mit Verfahren durchschnittlicher Schwierigkeit als „besondere“ darstellen und für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sein werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 10.6.1997 - 7 S 662/97 - NVwZ-RR 1998, 31; Beschl. v. 17.2.2009 - 10 S 3156/08 -, juris Rn. 10).
30 
b) Ausgehend hiervon haben weder die Kläger noch die Beigeladene dargetan, dass die vorliegende Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist.
31 
aa) Die Ausführungen der Kläger genügen den an die Darlegung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu stellenden Anforderungen nicht. Ihrem diesbezüglichen Vortrag mangelt es nicht nur an einer fallbezogener Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, sondern dieser lässt zudem nicht einmal ansatzweise erkennen, inwieweit sich die von den Klägern ausgemachten Schwierigkeiten in Vergleich mit Verfahren durchschnittlicher Schwierigkeit als „besondere“ darstellen und für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sein werden.
32 
bb) Nichts anderes gilt im Hinblick auf den Vortrag der Beigeladenen, der sich in einem Verweis auf die Ausführungen zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erschöpft. Zwar sollen Bezugnahmen unnötige Wiederholungen vermeiden, dies entbindet aber nicht von der - hier ebenfalls unterbliebenen - konkreten Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 198). Dass sich die Beigeladene im Rahmen ihrer Erläuterungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO mit dem Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart befasst hat, macht eine nochmalige Auseinandersetzung bei der Geltendmachung von besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache nicht entbehrlich, da die Zulassung der Berufung nach Maßgabe des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO - wie von der Beigeladenen aufgezeigt - anderen Darlegungserfordernissen unterliegt.
33 
3. Die Ausführungen, mit denen die Kläger sowie die Beigeladene eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend machen, führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung.
34 
a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes „grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache“ erfordert, dass ausdrücklich oder sinngemäß eine entscheidungserhebliche konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage aufgeworfen und erläutert wird, warum diese Frage bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte Probleme aufwirft, die über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam sind und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts durch das Berufungsgericht geklärt werden müssen. Außerdem ist - bei Rechtsfragen ausgehend von den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts - die Entscheidungserheblichkeit der Frage darzulegen; das Aufzeigen einer bloß fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen genügt insoweit nicht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 19.8.2010 - 8 S 2322/09 - juris Rn. 11).
35 
b) Dies zugrunde gelegt ergibt sich weder aus dem Vortrag der Kläger noch dem der Beigeladenen eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. So versäumen Kläger und Beigeladene bereits zu erläutern, warum die von ihnen formulierten Fragen bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte Probleme aufwerfen, die über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam sind und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts durch das Berufungsgericht geklärt werden müssen.
36 
aa) Überdies stellt sich die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob die Verwendung einer Firmenbezeichnung bei der Baugenehmigung zugleich eine Einschränkung hinsichtlich der Art der Nutzung beinhaltet oder ob die Art der Nutzung in der Baugenehmigung selbst konkretisiert und bestimmt werden muss, im vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil - wie sich aus Vorstehendem ergibt - das Gericht der Firmenbezeichnung „Aldi“ keine rechtliche Qualität beigemessen hat und die Art der Nutzung durch die Einbeziehung der Bauvorlagen in die Baugenehmigung vom 29.5.1998 bestimmt worden ist.
37 
bb) Die von der Beigeladenen genannte Frage, ob eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage die inhaltliche Reichweite des städtebaulichen Bestandsschutzes, wie ihn § 29 Abs. 1 BauGB vermittelt, einzuschränken vermag, ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Denn - wie bereits ausgeführt - ist mit dem Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ eine Einschränkung der bestehenden Einzelhandelsnutzungen nicht einhergegangen.
38 
4. Schließlich kommt eine Zulassung der Berufung auch vor dem Hintergrund des allein von der Beigeladenen geltend gemachten Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht in Betracht.
39 
a) Nach Maßgabe dieser Bestimmung ist die Berufung zuzulassen, wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf welchem die Entscheidung beruhen kann. Ein solcher Mangel ist nur dann bezeichnet, wenn sowohl die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen rechtlich substantiiert dargetan werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 30.10.2014 - 9 S 279/14 - juris Rn. 11).
40 
b) Diesen Anforderungen genügt die Beigeladene mit ihrem Vorbringen nicht. Das Gericht hat den Beweisantrag mit der Begründung abgelehnt, es handele sich bei der Bewertung einer Tatsache als städtebaulich relevant um eine Rechtsfrage. Im Übrigen komme es komme es auf die beantragte Beweiserhebung nicht an, da bei Durchführung des beantragten Vorhabens Grundzüge der Planung berührt würden. Dies ist nicht zu beanstanden, da die Beigeladene keine Tatsachen, sondern lediglich Rechtsfragen unter Beweis gestellt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.4.2012 - 4 C 8/09 u.a. - BVerwGE 142, 234 = juris Rn. 86). Daran ändert nichts, dass die Beigeladene hierzu eine abweichende Auffassung vertritt.
III.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, Abs. 3 Hs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.
42 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.5. / 1.6.2012 und am 18.7.2013 beschlossenen Änderungen und folgt der von den Beteiligten nicht angegriffenen Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts.
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.