Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2015 - 9 CS 14.1454

bei uns veröffentlicht am09.07.2015

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich als Grundstücksnachbar gegen den Bescheid des Landratsamts A. (im Folgenden: Landratsamt) vom 2. Dezember 2013, mit dem der Beigeladenen die baurechtliche Genehmigung zum Ausbau des bestehenden Umspannwerks auf dem Grundstück FlNr. 2528/2 der Gemarkung W. erteilt worden ist. Der Antragsteller ist (u. a.) Eigentümer des hieran nördlich angrenzenden Grundstücks FlNr. 2530/2, auf dem sich seine landwirtschaftliche Hofstelle mit einem im Jahr 1963 errichteten (Zweifamilien-) Wohnhaus befindet.

Der Antragsteller hat gegen die Baugenehmigung Klage erhoben und zudem beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen.

Mit Beschluss vom 12. Juni 2014 hat das Verwaltungsgericht den vorläufigen Rechtsschutzantrag abgelehnt. Der angefochtene Bescheid erweise sich nach summarischer Prüfung voraussichtlich als rechtmäßig und verletze den Antragsteller daher nicht in seinen Rechten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die Baugenehmigung sei bereits deshalb rechtswidrig, weil das zur Genehmigung gestellte Vorhaben Teil einer Gesamtmaßnahme sei. Er habe daher einen Anspruch auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Baugenehmigungsverfahrens, das die Aufspaltung eines einheitlichen Bauvorhabens auf zwei Baugenehmigungsverfahren (Baugenehmigung v. 5.6.2013 ... für die Errichtung einer Trafostation ... Baugenehmigung v. 2.12.2013 ... für den Ausbau des bestehenden Umspannwerks) verbiete. Des Weiteren sei das Vorhaben auch materiell-rechtlich unzulässig, weil es sich bauplanungsrechtlich nicht in die nähere Umgebung einfüge. Die Wohnnutzung und die daran angrenzende Nutzung als Umspannwerk seien aufgrund der vom Umspannwerk ausgehenden Emissionen seit jeher nicht miteinander verträglich gewesen. Die Verfestigung des bestehenden rechtswidrigen Zustands führe auch zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Baugenehmigung. Das Bauvorhaben verletze das Gebot der Rücksichtnahme. Es sei nicht erkennbar, dass die bestehende Anlage und die geplanten Baumaßnahmen insgesamt der immissionsschutzrechtlichen Prüfung zugrunde gelegt worden seien. Es fehle vollumfänglich an einer fundierten Feststellung, dass die Grenzwerte der 26. BImSchV, insbesondere bezüglich der elektromagnetischen Feldbelastung, eingehalten seien. Darüber hinaus überschreite das Gesamtvorhaben die zulässigen Lärmschutzwerte. Ferner könnten je nach Belastung des Umspannwerks oder durch Überlastung und Blitzschlag Erdströme auftreten, die u.U. Schäden an nahegelegenen Elektronikeinrichtungen bewirken könnten.

Der Antragsteller beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Baugenehmigung des Landratsamts vom 2. Dezember 2013 anzuordnen.

Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie halten die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten des Landratsamts sowie auf die beigezogenen Gerichtsakten des Verfahrens Az. 9 CS 14.369 (betreffend die Baugenehmigung für die Trafostation) Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das allein zu prüfende Beschwerdevorbringen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigt nicht die vom Antragsteller begehrte Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

1. Der Senat hält an seiner schon im Beschluss vom 20. März 2014 Az. 9 CS 14.369 vertretenen Auffassung fest, dass die zwischen den Beteiligten strittige Frage, ob zwischen der Trafostation und dem hier gegenständlichen Vorhaben ein untrennbarer Zusammenhang besteht und beide Vorhaben deshalb nur „als Gesamtvorhaben“ hätten genehmigt werden dürfen, für den Erfolg des Rechtsbehelfs unerheblich ist. Aus der vom Antragsteller zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 3. November 2011 (Az. 14 ZB 11.2209 u. a.) ergibt sich nichts anderes. Denn auch der 14. Senat unterstreicht in seiner Entscheidung den Grundsatz, dass Verfahrensvorschriften mit Ausnahme der sog. absoluten Verfahrensrechte nicht drittschützend sind. Sie seien nur dann den Interessen eines Drittbetroffenen zu dienen bestimmt, wenn sie eine nach materiellem Recht geschützte Rechtsstellung des Nachbarn berührten. Der Drittbetroffene kann demnach allenfalls beanspruchen, dass ihm aus der Wahl einer falschen Verfahrensart keine Beeinträchtigung seiner materiellen Rechtsposition erwächst (BayVGH, B.v. 23.12.2013 - 15 CS 13.1445 - juris Rn. 16). Dies ist hier nicht der Fall, weil - wie nachfolgend ausgeführt (siehe Nr. 2 Buchst. a) - die Bauaufsichtsbehörde bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des Bauantrags - soweit es die Immissionen betrifft - ersichtlich auf die Gesamtanlage unter Einbeziehung des bestehenden Umspannwerks und der Trafostation abgestellt hat und auf dieser Grundlage eine Verletzung des Antragstellers in seinen (materiellen) Rechten verneint hat.

2. Unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens ist bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren möglichen und gebotenen (summarischen) Prüfung eine materielle Rechtsverletzung des Antragstellers durch das streitgegenständliche Vorhaben nicht erkennbar. Das Verwaltungsgericht hat in Bezug auf eine mögliche Rechtsverletzung des Antragstellers entscheidungserheblich auf die sich aus dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme ergebenden Anforderungen abgestellt und unter diesem Gesichtspunkt eine Rechtsverletzung verneint. Der Senat folgt insoweit den zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts (siehe Nr. 2.2.2. der Beschlussgründe) und weist deshalb die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist lediglich ergänzend folgendes auszuführen:

a) Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das Verwaltungsgericht bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Vorhabens die Gesamtanlage zugrunde gelegt und hierbei auch die mit Bescheid vom 5. Juni 2013 bauaufsichtlich genehmigte Trafostation einbezogen (vgl. Nr. 2.2.1 und Nr. 2.2.2, S. 11 Mitte der Beschlussgründe).

Entsprechendes gilt auch für das Baugenehmigungsverfahren. Die Bauaufsichtsbehörde hat bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des Bauantrags - soweit es die Immissionen betrifft - ersichtlich auf die Gesamtanlage unter Einbeziehung des bestehenden Umspannwerks und der Trafostation abgestellt. Die immissionsschutzfachlichen Stellungnahmen des Sachgebiets Technischer Umweltschutz vom 13. November 2013 und 26. November 2013 kommen unter Würdigung der einschlägigen Bauvorlagen, welche auch die Trafostation darstellen, zu dem Ergebnis, dass die in § 3 i. V. m. Anhang 2 der 26. BImschV festgesetzten Grenzwerte für Niederfrequenzanlagen sowohl bezüglich der elektrischen Feldstärke (5 kV/m) als auch bezüglich der magnetischen Flussdichte (100 µT bzw. seit August 2013 200 µT) am Wohnhaus des Antragstellers weit unterschritten werden. Diese Einschätzung gilt - wie sich auch aus dem weiteren Inhalt der Akten mit hinreichender Sicherheit ergibt - für die gesamte Umspannanlage, also für die geplante Erweiterung unter Einbeziehung des vorhandenen Bestands (einschließlich Trafostation).

Bezüglich der Lärmimmissionen kommt die immissionsschutzfachliche Stellungnahme vom 13. November 2013 zu dem aus Sicht des Senats nachvollziehbaren Ergebnis, dass die von den Transformatoren ausgehenden Geräusche am Wohnhaus des Antragstellers den Immissionsrichtwert von 45 dB (A) nachts ganz erheblich unterschreiten. Diese lärmschutzfachliche Beurteilung legt ebenfalls Planvorlagen zugrunde, welche auch die von der Gesamtanlage ausgehende Lärmbelastung benennen. Ihre Richtigkeit wird im Übrigen durch das Ergebnis der vom Landratsamt am 8. August 2013 durchgeführten Schallpegelmessung bestätigt, die zudem darauf verweist, dass bei den in 3 m Abstand vom Wohnhaus des Antragstellers gemessenen Werten von 37 - 38 dB(A) die Betriebsgeräusche der nahegelegenen Firma S. und nicht die des Umspannwerks pegelbestimmend gewesen sind.

Das Landratsamt hat im Übrigen im Beschwerdeverfahren nochmals unterstrichen, dass bei der Erteilung der gegenständlichen Baugenehmigung sämtliche von der Gesamtanlage ausgehenden möglichen elektrischen und magnetischen Felder sowie Lärmemissionen bei einer maximalen Auslastung („worst-case-Szenario“) berücksichtigt worden sind. Beim zweiten Umspannwerk (= geplante Erweiterung) sei bei der Berechnung sogar eine Bemessungsleistung von 40 MVA angenommen worden, obwohl tatsächlich - wie sich den genehmigten Planvorlagen entnehmen lässt - nur ein Umspanner mit einer Bemessungsleistung von 25 MVA errichtet wird. Selbst wenn man daher den Einwendungen des Antragstellers gegen die Aussagekraft der vom Landratsamt vorgenommenen Lärmmessungen ansatzweise folgen wollte, ist jedenfalls nicht zu erwarten, dass an seinem Wohnhaus der dem Umspannwerk zurechenbare Lärm auch nur annähernd den Immissionsrichtwert von 45 dB (A) nachts erreichen würde.

Im Hinblick auf diese in den Behördenakten befindlichen immissionsschutzfachlichen Stellungnahmen, die im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren seitens des Beklagten und der Beigeladenen noch fachlich näher spezifiziert worden sind, verfängt auch der Einwand des Antragstellers nicht, es fehle vollumfänglich an einer fundierten Feststellung, dass die Grenzwerte der 26. BImSchV, insbesondere bezüglich der elektromagnetischen Feldbelastung, eingehalten seien und das Gesamtvorhaben die zulässigen Lärmschutzwerte überschreite.

b) Soweit der Antragsteller im Beschwerdeverfahren einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot in Bezug auf die auftretenden elektromagnetischen Feldimmissionen aus den mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2014 vorgelegten Unterlagen (Auszug aus dem BioInitiative-Bericht 2007; Messung der magnetischen Induktion im Schlafzimmer des Wohnhauses des Antragstellers v. 19. - 22.4.2014) ableiten will, greift auch dieser Einwand nicht durch. Denn die darin genannten „empfohlenen Vorsorgerichtwerte“ finden in der 26. BImschV keine Stütze. Das im Messprotokoll angegebene Maximum von 164,8 Nanotesla (nT) liegt ganz signifikant unter den in der 26. BImSchV genannten Grenzwerten für das magnetische Feld von 100 µT (= 100.000 nT) bzw. 200 µT (200.000 nT). Die obergerichtliche Rechtsprechung hat wiederholt und auch noch in jüngster Zeit entschieden, dass die 26. BImSchV insoweit die allein maßgebliche Vorschrift ist. Die Grenzwerte der 26. BImSchV sind von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Eine Verletzung der Schutzpflicht oder Nachbesserungspflicht des Gesetzgebers könnte gerichtlich erst dann festgestellt werden, wenn evident wäre, dass die gesetzliche Schutzpflicht missachtet worden ist oder eine ursprünglich rechtmäßige Regelung zum Schutz der Gesundheit aufgrund neuerer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation untragbar geworden ist (vgl. BVerfG, B.v. 4.5.2011 - 1 BvR 1502/08 - NVwZ 2011, 991 Rn. 38; BVerwG, Gerichtsbescheid v. 21.9.2010 - 7 A 7/10 - juris; B.v. 26.9.2013 - 4 VR 1/13 - juris m. Anm. Gatz; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 3.7.2014 - OVG 6 S 26.14 - juris Rn. 7 und 8; BayVGH, B.v. 14.6.2013 - 15 ZB 13.612 Rn. 9). Dies ist hier nicht der Fall.

c) Der Behauptung des Antragstellers, je nach Belastung des Umspannwerks oder durch Überlastung und Blitzschlag könnten Erdströme auftreten, die u.U. „Schäden an nahegelegenen Elektronikeinrichtungen“ bewirken könnten (vgl. Nr. II.3.3 der Beschwerdebegründung v. 11.7.2014), ist die Beigeladene mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 29. Juli 2014 substantiiert entgegengetreten. Sie hat hierbei insbesondere ausgeführt, dass beim Normalbetrieb (ungestörter Betrieb) unabhängig von der Auslastung der Umspannanlage ausgeschlossen werden könne, dass Erdströme derartige Schäden verursachen könnten. Erdströme träten nur im Fehlerfall auf, wobei im Überlast- und Kurzschlussfall die betreffenden Betriebsmittel bzw. Anlagenteile durch Schutzeinrichtungen schnell abgetrennt würden. Die Umspannanlage sei mit einer Blitzschutzeinrichtung versehen, ebenfalls seien Überspannungsableiter eingebaut. Dass derartige Schutzeinrichtungen vorhanden sind, liegt aus Sicht des Senats schon im Hinblick auf die bei einem derartigen Vorhaben zu beachtenden einschlägigen technischen Vorschriften und das Eigeninteresse der Beigeladenen, Schäden an der Anlage durch derartige Störungen auszuschließen, auf der Hand. Tragfähige Anhaltspunkte, dass die Einschätzung der Beigeladenen fehlerhaft wäre, sind nicht ersichtlich, zumal der Antragsteller diesem Vorbringen nicht mehr substantiiert entgegengetreten ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Da die Beigeladene im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt hat und deshalb ein Kostenrisiko eingegangen ist, sind dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung 2013).

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2015 - 9 CS 14.1454

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 122


(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das allein zu prüfende Beschwerdevorbringen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigt nicht die vom Antragsteller begehrte Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

1. Streitgegenständlich ist im vorliegenden Verfahren nur die Baugenehmigung des Landratsamts Ansbach vom 5. Juni 2013 zur „Errichtung einer Trafostation UF 3060“ auf dem Grundstück der Beigeladenen, mithin die Frage, ob der Antragsteller durch diese Baugenehmigung (möglicherweise) in seinen Nachbarrechten verletzt wird. Die zwischen den Beteiligten strittige Frage, ob die Trafostation in untrennbarem Zusammenhang mit dem von der Beigeladenen geplanten Ausbau des Umspannwerks steht und deshalb auch nur „als Gesamtvorhaben“ hätte genehmigt werden dürfen, ist für den Erfolg des Rechtsbehelfs unerheblich. Denn es gibt regelmäßig kein Recht eines Drittbetroffenen auf Durchführung des richtigen Verwaltungsverfahrens (vgl. BVerwG, U. v. 5.10.1990 - 7 C 55/89 und 7 C 56/89, juris Rn.). Die Verletzung von Verfahrensvorschriften entfaltet für sich genommen grundsätzlich noch keine drittschützende Wirkung, vielmehr kommt es darauf an, ob die angegriffene Zulassung eines Vorhabens eigene materielle Rechte des Dritten verletzt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 29.10.2008 - 1 A 11330/07, juris Rn. 35). Eine derartige materielle Rechtsverletzung des Antragstellers durch die streitgegenständliche Trafostation lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Dass die Trafostation für sich genommen auch dem Antragsteller nachbarverträglich erscheint, lässt sich im Übrigen aus seinem eigenen Vorbringen im Bauantragsverfahren entnehmen. Denn der Antragsteller hat in seinem Schreiben vom 17. März 2013 selbst vorgetragen, dass die Vergrößerung des bestehenden Trafohauses allein kein Problem wäre und an dieser Stelle auch nicht störend wirke, sondern nur in dem von ihm vermuteten Zusammenhang mit dem geplanten weiteren Ausbau des Umspannwerks.

Gegen die Baugenehmigung vom 2. Dezember 2013 für den „Ausbau des bestehenden Umspannwerks“ kann der Antragsteller im Übrigen im gerichtlichen Verfahren gegen diese Ausbaugenehmigung hinreichenden Rechtsschutz erlangen. Insoweit ist ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren vor dem Verwaltungsgericht bereits anhängig (Az. des Verwaltungsgerichts AN 9 S 14.00382). Die Erwägungen, die das Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 15.11.1991 - 4 C 17/88, juris Rn. 14; vgl. auch BVerwG, B. v. 28.7.2010 - 4 B 29/10) in Bezug auf das Verhältnis Trafostation - bestehendes Umspannwerk angestellt hat (siehe dort Nr. 2.1. und 2.1.2), gelten hierbei entsprechend auch für das Verhältnis Ausbau des Umspannwerks zum vorhandenen Umspannwerk unter Einbeziehung der hier verfahrensgegenständlichen Trafostation.

2. Unbehelflich ist deshalb auch das Vorbringen, durch die geplanten Baumaßnahmen werde massiv in den Bestand des Umspannwerks eingegriffen, die bestehende Anlage solle „verdoppelt“ werden, damit füge sich das Bauvorhaben nicht in die Umgebungsbebauung ein.

Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang vorträgt, sein Wohngebäude sei bereits 1963 errichtet worden, die Baugenehmigung zur Errichtung des Umspannwerks datiere hingegen aus dem Jahr 1994, ist zu bemerken, dass nach seinen eigenen Angaben im Bauantragsverfahren zum Zeitpunkt der seinerzeitigen Aussiedlung seines landwirtschaftlichen Betriebs „N-Ergie“…zuerst da (war)“ (siehe Schreiben vom 17.3.2013, S. 2 oben). Auf diese zeitliche Abfolge deutet im Übrigen auch der Umstand hin, dass zum Zeitpunkt der - mit nachbarlicher Zustimmung des Antragstellers - im Jahr 1994 erteilten Baugenehmigung für die „Errichtung einer Schaltanlage“ ersichtlich schon weiterer Gebäudebestand auf dem Grundstück der Beigeladenen vorhanden war (siehe amtlicher Lageplan zur Baugenehmigung vom 14.7.1994). Aus welchen Gründen mithin die vor 20 Jahren erteilte Baugenehmigung ungeachtet ihrer Bestandskraft (materiell) bauplanungsrechtlich rechtswidrig sein sollte, ist nicht ohne weiteres einsichtig.

3. Ein Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme ist ebenfalls nicht ersichtlich. Insoweit weist der Senat die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung (siehe Nr. 2.1.2. der Beschlussgründe) zurück (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Lediglich ergänzend ist insoweit auf folgendes hinzuweisen: Aufgrund der sich aus den Bauakten, insbesondere den darin befindlichen Lageplänen, ergebenden tatsächlichen Situation spricht einiges für die Annahme einer Gemengelage im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, sofern überhaupt davon ausgegangen werden kann, dass das Grundstück der Beigeladenen und das des Antragstellers insgesamt dem baulichen Innenbereich im Sinne des § 34 BauGB zuzurechnen sind. In einer solchen Situation muss aber der Bewohner eines (landwirtschaftlichen) Wohnhauses mit Blick auf die sich aus dem Gebot der Rücksichtnahme ergebenden Anforderungen ein Mehr an Immissionen hinnehmen als der Bewohner eines in einem - allgemeinen oder reinen - Wohngebiet gelegenen Wohnhauses.

4. Soweit der Antragsteller schließlich vorträgt, die angegriffene Baugenehmigung sei fehlerhaft, da die Baugenehmigungsbehörde „die unstreitig bestehende Brandgefahr durch Kühlmittel im Transformator vollumfänglich unberücksichtigt“ gelassen habe, ist dieses Vorbringen schon nicht hinlänglich substantiiert, um die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Trafostation rechtfertigen zu können. Im erstinstanzlichen Verfahren hat der Antragsteller insoweit lediglich pauschal behauptet, von einem Umspannwerk wie auch von einer Trafostation gehe eine erhebliche Brandgefahr aus, die insbesondere auf das gelagerte Öl zurückzuführen sei. Es ist aber weder näher dargelegt noch ersichtlich, inwiefern von dem vorhandenen Umspannwerk, dessen „Schaltanlage“ nunmehr schon annähernd 20 Jahre besteht, unter Einbeziehung der an diese Schaltanlage unmittelbar angebauten und vollständig eingehausten Trafostation für das Anwesen des Antragstellers eine entscheidungserhebliche Brandgefahr ausgehen sollte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Da die Beigeladene im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt hat und deshalb ein Kostenrisiko eingegangen ist, sind dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung 2013).

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen verschiedene Regelungen des im Jahr 2007 grundlegend novellierten Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (im Folgenden: Fluglärmschutzgesetz - FluglSchG -) und macht darüber hinaus eine Verletzung gesetzgeberischer Pflichten im Zusammenhang mit dem Schutz der Beschwerdeführer vor Fluglärm geltend.

I.

2

Am 14. Dezember 2006 beschloss der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen, das nach Zustimmung des Bundesrates am 7. Juni 2007 in Kraft trat (BGBl I S. 986). Art. 1 des Gesetzes enthält eine grundlegende Novellierung des bereits seit 1971 - im Wesentlichen unverändert - geltenden Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm. Das Fluglärmschutzgesetz wurde am 9. November 2007 in seiner Neufassung bekannt gemacht (BGBl I S. 2550).

3

Zweck des Fluglärmschutzgesetzes ist es, in der Umgebung von Flugplätzen bauliche Nutzungsbeschränkungen und baulichen Schallschutz zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen durch Fluglärm sicherzustellen (§ 1 FluglSchG).

4

Hierzu sind nach § 2 Abs. 1 FluglSchG Lärmschutzbereiche einzurichten, deren Ausdehnung sich gemäß § 2 Abs. 2 FluglSchG anhand der (errechneten) Lärmbelastung nach Maßgabe von Lärmgrenzwerten bestimmt. Dabei werden drei - statt wie bisher zwei - Schutzzonen, nämlich zwei Tag-Schutzzonen für den Zeitraum von 6 bis 22 Uhr und eine Nacht-Schutzzone für den Zeitraum von 22 bis 6 Uhr, eingerichtet. Maßgebend für den Umfang der Tag-Schutzzonen ist allein der äquivalente Dauerschallpegel. Bei Festlegung der Nacht-Schutzzone wird zusätzlich ein Häufigkeits-Maximalpegelkriterium herangezogen, das sich danach richtet, wie oft ein bestimmter Lärmgrenzwert in der Nacht überschritten wird. Die Lärmschutzbereiche werden durch Rechtsverordnung der Landesregierung nach einem bestimmten Berechnungsverfahren festgesetzt, das seine Grundlage im Fluglärmschutzgesetz und einer darauf beruhenden Rechtsverordnung findet.

5

Für den Umfang der Lärmschutzbereiche ist zunächst entscheidend, ob die Festsetzung für einen zivilen oder militärischen Flugplatz erfolgt. Innerhalb dieser Kategorien kommt es weiterhin maßgeblich darauf an, ob es sich um einen neuen oder wesentlich baulich erweiterten oder um einen bestehenden zivilen beziehungsweise militärischen Flugplatz handelt. Die Schutzzonen fallen an bestehenden zivilen und militärischen Flugplätzen und auch generell an militärischen Flugplätzen im Vergleich zu zivilen Flugplätzen kleiner aus, weil höhere Lärmgrenzwerte für die Bemessung des Umfangs der Lärmschutzbereiche zugrunde gelegt werden.

6

Liegt ein Grundstück in einem Lärmschutzbereich, kann dies insbesondere Bauverbote, sonstige Beschränkungen der baulichen Nutzung in Form der Einhaltung bestimmter Schallschutzanforderungen, die Erstattung von Aufwendungen für passive Schallschutzmaßnahmen und Entschädigungsleistungen zur Folge haben. Einzelheiten hierzu werden vor allem in den §§ 5, 8 und 9 FluglSchG geregelt.

7

Im Unterschied zur vormaligen Rechtslage erhalten die im novellierten Fluglärmschutzgesetz geregelten Grenzwerte nunmehr auch erstmals Bedeutung für luftverkehrsrechtliche Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren.

8

Art. 2 des Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen vom 1. Juni 2007 (BGBl I S. 986) hat insoweit § 8 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz - LuftVG - dahingehend geändert, dass nunmehr bei luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren die jeweils anwendbaren Werte des § 2 Abs. 2 FluglSchG "zu beachten" sind. Eine abschließende höchstrichterliche Klärung der Bedeutung dieser Vorschrift ist bislang nicht erfolgt. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof geht in seinen Entscheidungen zum Ausbau des Flughafens Frankfurt/Main davon aus, dass der Gesetzgeber mit der Festlegung der Grenzwerte in § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG die abstrakt-generelle Frage nach der fachplanerischen Zumutbarkeit von Fluglärm definitiv entschieden habe und die Grenzwerte auch im Rahmen der planerischen Abwägung bei luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsverfahren gelten würden, soweit es auf die Zumutbarkeit des Lärms ankomme (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 21. August 2009 - 11 C 227/08.T u.a. -, juris Rn. 615). Demgegenüber wird in der Literatur vertreten, die Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG verschaffe gegenüber der bisherigen Rechtslage keine gesteigerte Klarheit bezüglich der maßgeblichen Lärmgrenzwerte. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung bleibe es nach wie vor überlassen, Maßstäbe für die Zumutbarkeit bestimmter Fluglärmeinwirkungen zu entwickeln (vgl. Mechel, Der Fluglärmschutz nach der Gesetzesnovelle 2007, in: ZUR 2007, S. 561 <566>).

9

§ 13 Abs. 1 Satz 1 FluglSchG bestimmt darüber hinaus, dass das Fluglärmschutzgesetz für die Umgebung von Flugplätzen mit Wirkung für das Genehmigungsverfahren nach § 6 LuftVG sowie das Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren nach § 8 LuftVG die Erstattung von Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen und die Entschädigung für Beeinträchtigungen der Außenwohnbereiche in der Umgebung neuer und wesentlich erweiterter Flugplätze regelt.

II.

10

Die Beschwerdeführer sind Anwohner in der Nähe von verschiedenen zivil oder militärisch genutzten Flugplätzen in Deutschland. Sie halten den auf ihre Grundstücke einwirkenden Fluglärm für unerträglich und machen insbesondere eine Beeinträchtigung ihrer Gesundheit geltend. Sie rügen eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Abs. 2, Art. 3 Abs. 1, Art. 11 und Art. 14 GG durch § 2 Abs. 2 Satz 2, § 5 Abs. 3 und § 8 FluglSchG.

11

Dabei wenden sie sich vornehmlich gegen die in § 2 Abs. 2 FluglSchG aus ihrer Sicht zu hoch angesetzten Lärmgrenzwerte und werfen dem Gesetzgeber insbesondere vor, die neuesten Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung nicht berücksichtigt zu haben. Daneben kritisieren sie weitere aus ihrer Sicht bestehende Unzulänglichkeiten des Fluglärmschutzgesetzes wie fehlende Regelungen zum aktiven Schallschutz, beispielsweise in Form von Betriebsbeschränkungen und Maßnahmen der konkreten Flugbetriebssteuerung am jeweiligen Flughafen, sowie zur Gesamtlärmbelastung.

12

Zum Beleg ihrer Behauptung unzureichender Grenzwertfestlegung in § 2 Abs. 2 FluglSchG beziehen sie sich auf eine Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen, die sich teilweise ausdrücklich auch mit der vom Gesetzgeber als maßgeblich für die Grenzwertfestlegung der Tag-Schutzzonen bei zivil genutzten Flugplätzen herangezogenen Untersuchung auseinandersetzen und deren Unzulänglichkeit belegen sollen.

13

Die Beschwerdeführer machen weiterhin einen signifikant gesunkenen Wert ihrer Immobilien infolge der Fluglärmbelastung geltend und sehen sich dadurch und durch eine - nach ihrem Vortrag - nur noch eingeschränkt mögliche Nutzbarkeit der Außenwohnbereiche ihrer Grundstücke in ihrem Grundrecht aus Art. 14 GG verletzt.

14

Einen weiteren Verstoß gegen das Eigentumsrecht sehen sie darin, dass § 5 Abs. 3 FluglSchG nur bestimmte Wohnungen vom Bauverbot des § 5 Abs. 2 FluglSchG ausnimmt und damit dem jeweiligen Grundstückseigentümer eine Nutzungsmöglichkeit versagt.

15

Darüber hinaus rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes durch die unterschiedlich festgesetzten Grenzwerte für zivil und militärisch genutzte Flugplätze einerseits sowie bestehende und neu angelegte beziehungsweise wesentlich erweiterte Flugplätze andererseits. Sie sind der Meinung, dass es hierfür keine sachliche Rechtfertigung gibt.

16

Neben diesen gegen verschiedene Regelungen des Fluglärmschutzgesetzes gerichteten Rügen werfen sie dem Gesetzgeber allgemein eine Verletzung seiner verfassungsrechtlichen Pflichten im Hinblick auf ihren Schutz vor Fluglärm vor. Sie fordern in diesem Zusammenhang unter anderem die normative Verankerung eines Vorrangs des aktiven vor dem passiven Schallschutz.

III.

17

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie erweist sich insgesamt als unzulässig.

18

1. Soweit sich die Beschwerdeführer gegen bestimmte Normen des Fluglärmschutzgesetzes wenden, aber auch soweit sie allgemein eine gesetzgeberische Schutzpflichtverletzung geltend machen, ist die Verfassungsbeschwerde bei nahezu allen Beschwerdeführern unzulässig, weil sie nicht den an sie zu stellenden Begründungserfordernissen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügt.

19

a) Nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrunde liegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts auseinandersetzen und hinreichend substantiiert darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl. BVerfGE 89, 155 <171>). Der Beschwerdeführer muss darlegen, mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidiert (vgl. BVerfGE 108, 370 <386>). Soweit das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe aufgezeigt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffene Maßnahme verletzt werden (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>; 101, 331 <346>; 102, 147 <164>). Das gilt jedenfalls dann, wenn die Verletzung des Grundrechts nicht auf der Hand liegt (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010 - 1 BvR 1584/10 -, juris Rn. 3).

20

b) Diesen Anforderungen entspricht die Verfassungsbeschwerde hinsichtlich der Rügen sämtlicher Beschwerdeführer nicht, soweit sie sich direkt gegen § 2 Abs. 2 Satz 2, § 5 Abs. 3 und § 8 FluglSchG richtet.

21

aa) Eine mögliche Verletzung des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgenden Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit wird aus dem Vortrag der Beschwerdeführer zur Verfassungswidrigkeit der Regelungen des novellierten Fluglärmschutzgesetzes nicht erkennbar.

22

Aus ihrem Vorbringen lässt sich nicht entnehmen, inwiefern § 2 Abs. 2 Satz 2, § 5 Abs. 3 und § 8 FluglSchG in ihre Grundrechte eingreifen sollten. Dazu wäre eine nähere Auseinandersetzung mit den angefochtenen Vorschriften und ihren Auswirkungen auf die Beschwerdeführer bei der konkreten Rechtsanwendung unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Fluglärmschutzgesetzes erforderlich gewesen.

23

Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass das Fluglärmschutzgesetz ausweislich seines in § 1 FluglSchG zum Ausdruck kommenden Gesetzeszweckes nicht den Anspruch erhebt, die Problematik des Schutzes der Bevölkerung vor Fluglärm umfassend und abschließend zu regeln. Der Gesetzgeber hat vielmehr die Systematik des bereits seit 1971 bestehenden Fluglärmschutzgesetzes im Grundsatz beibehalten. Seiner Konzeption nach war das Fluglärmschutzgesetz von 1971 ein Baubeschränkungs- und Entschädigungsgesetz und sollte insbesondere das weitere Heranwachsen von Wohnsiedlungen an bestimmte Flugplätze verhindern. Die im Gesetz festgelegten Lärmgrenzwerte waren weder zur Beurteilung von individuellen Lärmbeeinträchtigungen noch zur Festlegung von fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenzen vorgesehen und geeignet (vgl. Giemulla/Rathgeb, Das neue Fluglärmgesetz, in: DVBl 2008, S. 669 <670 m. w. N.>). Selbst wenn mit der Neuregelung über § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG die im Fluglärmschutzgesetz normierten Grenzwerte erstmals auch für das luftverkehrsrechtliche Planfeststellungsverfahren Bedeutung erlangen und § 13 FluglSchG darüber hinaus bestimmt, dass das Fluglärmschutzgesetz für das Genehmigungsverfahren nach § 6 LuftVG sowie das Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren nach § 8 LuftVG die Erstattung von Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen einschließlich der zugrunde liegenden Schallschutzanforderungen und die Entschädigung für Beeinträchtigungen der Außenwohnbereiche in der Umgebung neuer und wesentlich baulich erweiterter Flugplätze regelt, hat sich an dieser Grundkonzeption nichts geändert. Insbesondere der aktive Schallschutz richtet sich nicht nach dem Fluglärmschutzgesetz. Maßgebend hierfür sind vielmehr vor allem die Regelungen des Luftverkehrsgesetzes.

24

Ein Eingriff in Grundrechte der Beschwerdeführer durch die in § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG festgelegten Grenzwerte kommt daher von vornherein nur im unmittelbaren Anwendungsbereich des Fluglärmschutzgesetzes oder in der dargestellten "Verzahnung" mit Regelungen des Luftverkehrsgesetzes über § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG oder auch § 13 FluglSchG in Frage.

25

Soweit eine Grundrechtsverletzung im unmittelbaren Anwendungsbereich des Fluglärmschutzgesetzes geltend gemacht wird, erscheint eine solche - ausgehend von der Konzeption des Fluglärmschutzgesetzes - danach nur dann möglich, wenn hinreichend konkret vorgetragen wird, dass das Gesetz den Beschwerdeführern aufgrund der in § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG aus ihrer Sicht zu hoch angesetzten Grenzwerte in verfassungswidriger Weise baulichen Schallschutz oder eine Entschädigung vorenthält.

26

Hierzu verhalten sich die Beschwerdeführer an keiner Stelle ihrer umfangreichen Beschwerdeschrift. So lässt sich ihrem Vorbringen schon nicht entnehmen, von welchen konkreten Lärmbelastungen auf ihre Grundstücke bei Anwendung des novellierten Fluglärmschutzgesetzes auszugehen ist. Soweit vereinzelt konkrete Lärmwerte vorgetragen werden, ist nicht ersichtlich, dass deren Ermittlung den nach § 3 Abs. 1 FluglSchG einzuhaltenden Anforderungen entspricht. Es lässt sich daher auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens nicht feststellen, ob das novellierte Fluglärmschutzgesetz den Beschwerdeführern wegen der aus ihrer Sicht zu hoch angesetzten Lärmgrenzwerte überhaupt keinen oder nur einen eingeschränkten Lärmschutz bietet oder ob sie nicht vielmehr in den Genuss der gesetzlich vorgesehenen "Maximalleistung", nämlich einen sofort mit Festsetzung des Lärmschutzbereichs fälligen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für baulichen Schallschutz für Wohn- und Schlafräume nebst Belüftungseinrichtungen sowie einer Entschädigung für Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs, kommen. Soweit sie Einwendungen direkt gegen die Grenzwerte des Fluglärmschutzgesetzes erheben, machen sie nämlich nicht geltend, dass die im Fluglärmschutzgesetz vorgesehenen Maßnahmen des passiven Schallschutzes und der Entschädigung von vornherein ungeeignet seien, der Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu genügen, sondern dass sie wegen der zu hohen Lärmgrenzwerte "zu spät" einsetzen.

27

Im Hinblick auf die sich aus § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG beziehungsweise § 13 Abs. 1 FluglSchG ergebende Bedeutung der in § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG festgelegten Grenzwerte auf luftverkehrsrechtliche Genehmigungs-, Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren lässt sich dem Vortrag der Beschwerdeführer nicht entnehmen, dass sie insoweit von der Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG betroffen wären. Das würde ein aktuell laufendes Verfahren nach § 6 LuftVG oder § 8 LuftVG voraussetzen. Hierzu ist nichts vorgetragen. Abgesehen davon wäre in diesem Fall vorrangig fachgerichtlicher Rechtsschutz durch Überprüfung der in einem der genannten Verfahren zu treffenden Entscheidung vor den Verwaltungsgerichten nachzusuchen.

28

bb) Eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht hinreichend dargelegt.

29

Soweit die Beschwerdeführer deshalb eine Eigentumsverletzung in der Festlegung der Lärmgrenzwerte des § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG sehen, weil der dadurch "eröffnete" Flugverkehr eine Nutzung ihrer Grundstücke unzumutbar mache, unterliegen sie der Fehlvorstellung, der Gesetzgeber habe mit der Normierung der Grenzwerte in § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG die Ausnutzung der Kapazitäten eines Flugplatzes bis zur Erreichung der in der Vorschrift genannten Grenzwerte unbeschränkt zugelassen. Sie verkennen dabei Sinn und Zweck des Fluglärmschutzgesetzes, das ausschließlich die Gewährung passiven Schallschutzes und Entschädigungsfragen regelt. Ein rechtswidriger Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen durch das Fluglärmschutzgesetz kommt daher nur dann in Betracht, wenn es ihnen in verfassungswidriger Weise Rechte vorenthält oder über seinen § 13 oder § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG im Rahmen laufender Genehmigungs-, Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren Eingriffe aufgrund der in § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG normierten Grenzwerte vorgenommen werden. Da nach dem Vortrag der Beschwerdeführer - wie dargelegt - unklar bleibt, ob und inwieweit sie von der Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes im Hinblick auf die Gewährung passiven Schallschutzes oder von Entschädigungsleistungen profitieren und zu anhängigen Verwaltungsverfahren, bei denen die angegriffenen Regelungen des Fluglärmschutzgesetzes eine Rolle spielen können, nichts vorgetragen ist, erscheint auch insoweit ein Verfassungsverstoß auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens nicht möglich.

30

Soweit sich die Beschwerdeführer gegen die Bauverbote in § 5 FluglSchG wenden und in diesem Zusammenhang eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG rügen, ist die Verfassungsbeschwerde ebenfalls unzulässig.

31

Zwar greift § 5 FluglSchG, wie die Beschwerdeführer im Ausgangspunkt zutreffend geltend machen, durch die dort normierten Bauverbote in das Eigentumsgrundrecht ein. Ihr Vortrag zu diesem Punkt ist allerdings allgemein gehalten und nicht auf ihre eigene Situation bezogen. Daraus lässt sich insbesondere nicht entnehmen, dass einem der Beschwerdeführer eine konkrete Möglichkeit zur Bebauung seines Grundstücks aufgrund der Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes genommen würde. Für eine eigene Betroffenheit der Beschwerdeführer ist daher insoweit nichts ersichtlich.

32

Auch im Hinblick auf § 8 FluglSchG, der die Entschädigung bei Bauverboten regelt, wird aus dem Vortrag der Beschwerdeführer nicht erkennbar, dass sie infolge der Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes hierdurch betroffen wären. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ihnen eine Entschädigung vorenthalten würde, die ihnen bei einer - aus ihrer Sicht - verfassungsgemäßen Ausgestaltung des Fluglärmschutzgesetzes zustehen müsste.

33

cc) Aus dem Vortrag der Beschwerdeführer lässt sich auch keine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 3 Abs. 1 GG durch die Lärmgrenzwertregelung in § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG entnehmen. Zwar trifft es zu, dass der Gesetzgeber teilweise unterschiedliche Lärmgrenzwerte für zivile und militärische Flugplätze vorgesehen hat und innerhalb dieser Kategorien noch einmal zwischen bestehenden und neu anzulegenden oder wesentlich geänderten Flugplätzen differenziert. Das Vorbringen der Beschwerdeführer macht allerdings nicht deutlich, ob und inwieweit sie selbst im Hinblick auf die sich aus dem Fluglärmschutzgesetz ergebenden Folgen unmittelbar von dieser Differenzierung betroffen wären, etwa im Rahmen der Festsetzung der Lärmschutzbereiche und der daraus gegebenenfalls resultierenden Gewährung der Erstattung von Aufwendungen für passiven Schallschutz oder Entschädigung für die Beeinträchtigung der Außenwohnbereiche beziehungsweise anlässlich laufender Genehmigungs-, Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren. Hierzu wäre Vortrag dahingehend erforderlich gewesen, dass gerade aufgrund der unterschiedlichen Grenzwertfestlegungen den hiervon betroffenen Beschwerdeführern Aufwendungsersatz für passive Schallschutzmaßnahmen oder Entschädigung nicht zugute kommt oder sich diese Unterscheidung im Rahmen eines laufenden Verwaltungsverfahrens zu ihrem Nachteil auswirkt. Wie bereits dargelegt, lässt sich eine Auswirkung dieser Differenzierung auf die Beschwerdeführer auf der Grundlage der Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes in Ermangelung eines hierzu ausreichenden Vortrags nicht entnehmen.

34

dd) Eine Verletzung von Art. 11 GG durch § 2 Abs. 2 FluglSchG ist ebenfalls nicht hinreichend dargelegt.

35

Unabhängig von der Frage, ob der Schutzbereich des Grundrechts auf Freizügigkeit durch zu geringe Lärmschutzvorkehrungen gegen Fluglärm überhaupt betroffen sein kann, erweist sich die diesbezüglich erhobene Rüge bereits deshalb als unzulässig, weil die Beschwerdeführer auch insoweit von der Fehlvorstellung geleitet werden, durch § 2 Abs. 2 FluglSchG werde im Rahmen der dort normierten Grenzwerte ein unbeschränkter Flugverkehr zugelassen. Dass dies nicht der Intention des Gesetzes entspricht, wurde bereits dargelegt. Vor diesem Hintergrund ist ein Eingriff in das Grundrecht der Beschwerdeführer aus Art. 11 GG nicht ersichtlich.

36

c) Die Verfassungsbeschwerde ist weiterhin unzulässig, soweit die Beschwerdeführer ganz allgemein behaupten, der Gesetzgeber sei seiner aus dem Grundgesetz folgenden Pflicht, das Leben und die Gesundheit zu schützen, im Rahmen der Regelung der Fluglärmproblematik nicht nachgekommen. Das Vorbringen entspricht auch insoweit nicht den Anforderungen an einen hinreichend substantiierten Vortrag.

37

aa) Das Recht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG schützt den Einzelnen nicht nur als subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe. Es enthält auch die staatliche Pflicht, sich schützend und fördernd vor die in ihm genannten Rechtsgüter Leben und körperliche Unversehrtheit zu stellen und sie vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten anderer zu bewahren. Die sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebende Schutzpflicht erfordert auch Maßnahmen zum Schutz vor gesundheitsschädigenden und gesundheitsgefährdenden Auswirkungen von Fluglärm (vgl. BVerfGE 56, 54 <73 ff.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Februar 2008 - 1 BvR 2722/06 -, NVwZ 2008, S. 780 <784>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juli 2009 - 1 BvR 1606/08 -, NVwZ 2009, S. 1494 <1495>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 15. Oktober 2009 - 1 BvR 3474/08 -, NVwZ 2009, S. 1489 <1489>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 15. Oktober 2009 - 1 BvR 3522/08 -, juris, Rn. 26). Dass auch eine auf Grundrechtsgefährdungen bezogene Risikovorsorge von der Schutzpflicht der staatlichen Organe umfasst werden kann, ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits mehrfach zum Ausdruck gekommen (vgl. BVerfGE 49, 89 <140 ff.>; 53, 30 <57>; 56, 54 <78>). Die verfassungsrechtliche Schutzpflicht kann eine solche Ausgestaltung der rechtlichen Regelungen gebieten, die auch die Gefahr von Grundrechtsverletzungen eindämmt; ob, wann und mit welchem Inhalt eine solche Ausgestaltung von Verfassungs wegen geboten ist, hängt von der Art, der Nähe und dem Ausmaß möglicher Gefahren, der Art und dem Rang des verfassungsrechtlich geschützten Rechtsguts sowie von den schon vorhandenen Regelungen ab (vgl. BVerfGE 49, 89 <140 ff.>; 56, 54 <78>). Dabei ist zu beachten, dass Grundrechtsschutz nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG auch durch die Gestaltung von Verfahren zu bewirken ist; die Grundrechte beeinflussen demgemäß nicht nur das gesamte materielle Recht, sondern auch das Verfahrensrecht, soweit dies für einen effektiven Grundrechtsschutz Bedeutung hat (vgl. BVerfGE 53, 30 <65 ff.>; 84, 34 <45 f.>; 113, 29 <57>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 15. Oktober 2009 - 1 BvR 3474/08 -, NVwZ 2009, S. 1489 <1489>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 15. Oktober 2009 - 1 BvR 3522/08 -, juris, Rn. 26).

38

Grundsätzlich kommt dem Gesetzgeber bei der Erfüllung von Schutzpflichten ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu, der auch Raum lässt, etwa konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen (vgl. zum Nichtraucherschutz: BVerfGE 121, 317 <360>; zu Mobilfunksendeanlagen: BVerfGK 10, 208 <211>). Die Entscheidung, welche Maßnahmen geboten sind, kann vom Bundesverfassungsgericht deshalb nur begrenzt nachgeprüft werden. Es kann hier erst dann eingreifen, wenn der Gesetzgeber die Schutzpflicht evident verletzt hat. Nur unter besonderen Umständen kann sich diese Ge-staltungsfreiheit in der Weise verengen, dass allein durch eine bestimmte Maßnahme der Schutzpflicht Genüge getan werden kann (vgl. BVerfGE 56, 54 <80 f.>; 77, 170 <214 f.>; 79, 174 <202>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Februar 2008 - 1 BvR 2722/06 -, NVwZ 2008, S. 780 <784>). Darüber hinaus hat der Gesetzgeber das Untermaßverbot zu beachten. Die Vorkehrungen des Gesetzgebers müssen für einen - unter Berücksichtigung entgegenstehender Rechtsgüter - angemessenen und wirksamen Schutz ausreichend sein und zudem auf sorgfältigen Tatsachenermittlungen und vertretbaren Einschätzungen beruhen. Die Verfassung gibt den Schutz als Ziel vor, nicht jedoch seine Ausgestaltung im Einzelnen. Das Bundesverfassungsgericht prüft, ob der Gesetzgeber seinen Einschätzungsspielraum vertretbar gehandhabt hat (vgl. BVerfGE 88, 203 <254, 262 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juli 2009 - 1 BvR 1606/08 -, NVwZ 2009, S. 1494 <1495>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 15. Oktober 2009 - 1 BvR 3522/08 -, juris, Rn. 27). Die verfassungsrechtliche Schutzpflicht gebietet nicht, alle nur denkbaren Schutzmaßnahmen zu treffen. Deren Verletzung kann vielmehr nur festgestellt werden, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen hat oder die getroffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen oder erheblich dahinter zurückbleiben. Es ist in erster Linie Aufgabe des Normgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln nach allen Seiten zu beobachten und zu bewerten, um gegebenenfalls weitergehende Schutzmaßnahmen treffen zu können. Eine Verletzung seiner Nachbesserungspflicht kann gerichtlich erst festgestellt werden, wenn evident ist, dass eine ursprünglich rechtmäßige Regelung zum Schutz der Gesundheit aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation untragbar geworden ist (vgl. BVerfGK 10, 208 <211 f.> m. w. N.).

39

bb) Aus den dargestellten spezifischen Anforderungen an die Feststellung einer gesetzgeberischen Schutzpflichtverletzung folgen in Verbindung mit den aufgezeigten Maßstäben für die ordnungsgemäße Begründung einer Verfassungsbeschwerde entsprechende Darlegungslasten der Beschwerdeführer. Sie müssen schlüssig dartun, dass staatliche Schutzvorkehrungen nach Lage der Dinge geboten sind und von der öffentlichen Gewalt entweder überhaupt nicht getroffen worden sind oder dass die getroffenen Regelungen und Maßnahmen offensichtlich gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das Schutzziel zu erreichen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Februar 2010 - 2 BvR 2502/08 -, NVwZ 2010, S. 702 <704>). Eine mögliche Grundrechtsverletzung der Beschwerdeführer geht aus dem danach gebotenen Vortrag regelmäßig nur dann hervor, wenn sich dieser nicht in pauschalen Behauptungen und punktuell herausgegriffenen, angeblichen Unzulänglichkeiten der Rechtslage erschöpft. Erforderlich ist vielmehr, das Regelungskonzept des Gesetzgebers zu einem bestimmten Punkt insgesamt zu erfassen, wozu - je nach Fallgestaltung - zumindest gehört, dass die einschlägigen Regelungen des als unzureichend beanstandeten Normkomplexes jedenfalls in Grundzügen dargestellt, die Verwaltungspraxis hierzu wiedergegeben und die einschlägige fachgerichtliche Rechtsprechung aufgearbeitet wird. In einem zweiten Schritt bedarf es dann der Darstellung, ob und gegebenenfalls welche Schutzmaßnahmen zu Gunsten der Beschwerdeführer in ihrer jeweiligen Situation unternommen wurden, und aus welchen konkreten Gründen - aus Sicht der Beschwerdeführer - vom Versagen der gesetzgeberischen Konzeption auszugehen ist. Dazu gehört auch die Darlegung, weshalb Verbesserungen auf das für notwendig erachtete Maß durch die Einleitung von Verwaltungs- und gegebenenfalls gerichtlichen Verfahren nicht erreicht werden können.

40

cc) Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Beschwerdeführer zur Verletzung staatlicher Schutzpflichten bei Regelung der Fluglärmproblematik in keiner Weise gerecht. Die pauschal gerügte Schutzpflichtverletzung ist nicht zu erkennen.

41

Hierzu wäre erforderlich gewesen, dass die Beschwerdeführer das Regelungssystem des Luftverkehrsrechts insgesamt jedenfalls in seinen Grundzügen darstellen und vor dem Hintergrund der hierzu ergangenen Rechtsprechung der Fachgerichte - insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts - substantiiert aufzeigen, dass es evident nicht geeignet ist, ausreichenden Schutz gegen schädlichen Fluglärm zu gewährleisten. Der Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm wird nämlich keineswegs allein durch das Fluglärmschutzgesetz bewirkt. Dieses beschränkt sich - wie ausgeführt - lediglich auf den Aspekt des passiven Schallschutzes, während sich insbesondere der aktive Schallschutz nach dem Luftverkehrsgesetz richtet. So bestimmt § 29b Abs. 1 Satz 1 LuftVG, dass Flugplatzunternehmer, Luftfahrzeughalter und Luftfahrzeugführer verpflichtet sind, beim Betrieb von Luftfahrzeugen in der Luft und am Boden vermeidbare Geräusche zu verhindern und die Ausbreitung unvermeidbarer Geräusche auf ein Mindestmaß zu beschränken, wenn dies erforderlich ist, um die Bevölkerung vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen durch Lärm zu schützen. Nach § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG ist auf die Nachtruhe der Bevölkerung in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen. § 9 Abs. 2 LuftVG eröffnet im Rahmen von luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsverfahren die Möglichkeit, Schutzauflagen zu Gunsten der benachbarten Grundstücke zu verfügen. Nach § 6 Abs. 1 Satz 4 LuftVG können auch außerhalb von Planfeststellungsverfahren im Rahmen der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung - beispielsweise für militärisch genutzte Flugplätze - Auflagen verfügt werden. Nach den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften ist zudem die Verfügung nachträglicher Schutzauflagen oder auch der (Teil-)Widerruf erteilter Genehmigungen oder Planfeststellungsbeschlüsse grundsätzlich möglich (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2004 - BVerwG 4 B 95.03 -, NVwZ 2004, S. 869 <869>). Schließlich besteht generell die Möglichkeit, sich auch unmittelbar gegen die konkrete Festlegung von Flugrouten, die maßgeblich für die Lärmbelastung der Anwohner sein kann, gerichtlich zur Wehr zu setzen (vgl. dazu insbesondere BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2000 - BVerwG 11 C 13.99 -, BVerwGE 111, 276 <277 ff.>).

42

Zu all diesen Möglichkeiten und ihren Umsetzungen im Hinblick auf die konkreten Betroffenheiten der Beschwerdeführer, beispielsweise in Form von Betriebsbeschränkungen an den Flugplätzen, deren Anrainer die Beschwerdeführer sind, verhält sich ihr Vortrag an keiner Stelle. Die individuelle Genehmigungssituation an den einzelnen Flugplätzen lässt die Verfassungsbeschwerde vielmehr ebenso im Unklaren wie die allgemeine Gestattungspraxis und die in der Rechtsprechung formulierten Anforderungen an den Fluglärmschutz. Daran ändert auch das punktuelle Eingehen auf die Genehmigungssituation einzelner Flughäfen in Deutschland und auf hierzu ergangene Gerichtsentscheidungen nichts.

43

d) Schließlich ist die Rüge, der Gesetzgeber habe trotz der Grundrechtsrelevanz der Fluglärmbelastung Wesentliches ungeregelt gelassen, indem er keine verbindlichen Grenzwerte festgeschrieben habe, ebenfalls nicht hinreichend substantiiert.

44

In diesem Zusammenhang berücksichtigen die Beschwerdeführer die Verschränkungen zwischen Luftverkehrsgesetz und Fluglärmschutzgesetz nicht und setzen sich mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen für luftverkehrsrechtliche Planungs- oder Genehmigungsverfahren nicht auseinander. Das gilt insbesondere für die neue Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG, der die Beachtung der Grenzwerte des § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG im Rahmen von luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsverfahren vorschreibt. Die einfachrechtliche Bedeutung dieser Vorschrift, insbesondere als mögliche Beschreibung der fachplanerischen Zumutbarkeitsgrenze, und ihre etwaigen Auswirkungen auf (künftige) Planfeststellungsverfahren werden von den Beschwerdeführern nicht dargestellt.

45

Die Beschwerdeführer mögen weitergehende Regelungen zum aktiven Schallschutz und die Benennung von konkreten Lärmgrenzwerten auch in diesem Zusammenhang für wünschenswert halten. Die Möglichkeit eines verfassungsrechtlich erheblichen Unterlassens des Gesetzgebers oder auch die Überlassung verfassungsrechtlich unzulässig weit gehender Entscheidungsspielräume der Exekutive in dieser Frage lässt sich ihrem pauschal gehaltenen Vortrag nicht entnehmen. Angesichts der beschriebenen Anforderungen an die Darlegung einer gesetzgeberischen Schutzpflichtverletzung hätte es hierzu einer Beschreibung der vom Gesetzgeber getroffenen Maßnahmen und deren Umsetzung in der Praxis bedurft.

46

2. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde unabhängig von den vorstehenden Ausführungen deshalb insgesamt unzulässig, weil sich ihr nicht entnehmen lässt, dass der aus § 90 Abs. 2 BVerfGG folgende Grundsatz der Subsidiarität eingehalten worden ist.

47

a) § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG bestimmt, dass der Rechtsweg vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde erschöpft werden muss. Das setzt voraus, dass ein Rechtsweg gegeben ist. "Rechtsweg" in diesem Sinne ist jede gesetzlich normierte Möglichkeit der Anrufung eines Gerichts (vgl. BVerfGE 67, 157 <170>). Wer behauptet, durch die Auswirkungen des Fluglärms in seinen Grundrechten verletzt zu werden, ist grundsätzlich gehalten, vor einer Inanspruchnahme des Bundesverfassungsgerichts den Rechtsweg zu beschreiten. Vor einer verfassungsgerichtlichen Entscheidung ist es erforderlich, dass die Fachgerichte die konkreten Umstände, insbesondere das Ausmaß der Fluglärmbelastungen einschließlich der Grundstücksvorbelastungen, die zur Bekämpfung des Fluglärms getroffenen oder möglichen Maßnahmen und auch dessen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit näher aufgeklärt und rechtlich beurteilt haben (vgl. BVerfGE 56, 54 <68 f.>).

48

Auch wenn es unmittelbar gegen Parlamentsgesetze keinen fachgerichtlichen Rechtsschutz gibt, folgt aus dem in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde weiterhin, dass der Beschwerdeführer vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz nach Möglichkeit die Fachgerichte mit seinem Anliegen befassen muss. Er muss deshalb grundsätzlich den Vollzug des Gesetzes abwarten oder einen Vollzugsakt herbeiführen und hiergegen dann den fachgerichtlichen Rechtsweg beschreiten (vgl. z.B. BVerfGE 74, 69 <74 f.>). Das gilt unabhängig davon, ob das Gesetz einen Auslegungs- oder Entscheidungsspielraum offen lässt oder ob ein solcher Spielraum fehlt (vgl. BVerfGE 58, 81 <104 f.>; 72, 39 <43 ff.>). Damit soll neben einer Entlastung des Bundesverfassungsgerichts erreicht werden, dass das Bundesverfassungsgericht nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weitreichende Entscheidungen trifft (vgl. BVerfGE 79, 1 <20>; 97, 157 <165>; 102, 197 <207>). Bei der Rechtsanwendung durch die sachnäheren Fachgerichte können - aufgrund besonderen Sachverstands - für die verfassungsrechtliche Prüfung erhebliche Tatsachen zutage gefördert werden (vgl. BVerfGE 56, 54 <69>; 79, 1 <20>). Nach Maßgabe der Voraussetzungen des Art. 100 Abs. 1 GG ist dabei von diesen zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Vorschriften gegebenenfalls eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen (vgl. BVerfGE 58, 81 <105>; 72, 39 <44>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. August 2010 - 1 BvR 2393/08 u.a. -, ZFSH/SGB 2010, S. 591 <594>).

49

Die Pflicht zur Anrufung der Fachgerichte besteht ausnahmsweise dann nicht, wenn die angegriffene Regelung den Beschwerdeführer zu Dispositionen zwingt, die später nicht mehr korrigiert werden können (vgl. BVerfGE 43, 291 <387>; 60, 360 <372>), oder wenn die Anrufung der Fachgerichte dem Beschwerdeführer nicht zuzumuten ist, etwa weil das offensichtlich sinn- und aussichtslos wäre (vgl. BVerfGE 55, 154 <157>; 65, 1 <38>; 102, 197 <208>). Dabei sind grundsätzlich auch diejenigen Rechtsbehelfe zu ergreifen, deren Zulässigkeit in der bisherigen fachgerichtlichen Rechtsprechung nicht eindeutig geklärt ist (vgl. BVerfGE 70, 180 <185>). Kann der mit dem Subsidiaritätsgrundsatz insbesondere verfolgte Zweck, eine fachgerichtliche Klärung der verfassungsrechtlich relevanten Sach- und Rechtsfragen herbeizuführen, nicht erreicht werden, ist die vorherige Anrufung der Fachgerichte gleichfalls entbehrlich (vgl. BVerfGE 65, 1 <38>; 79, 1 <20>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. August 2010 - 1 BvR 2393/08 u.a. -, ZFSH/SGB 2010, S. 591 <594>).

50

b) Bei Anlegung dieser Maßstäbe, die auch im Falle der Rüge gesetzgeberischer Schutzpflichtverletzungen Geltung beanspruchen, kann im Hinblick auf keine der in Betracht kommenden Zielrichtungen der Verfassungsbeschwerde von einer Wahrung des Subsidiaritätsgebots ausgegangen werden.

51

aa) Soweit die Beschwerdeführer § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich angreifen, berücksichtigen sie den Charakter des Fluglärmschutzgesetzes als Gesetz zur Regelung des passiven Schallschutzes und für Entschädigung nicht. Das Gesetz vermittelt im Rahmen seines Anwendungsbereichs Ansprüche auf Erstattung von Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen sowie Entschädigungen für Bauverbote und die Beeinträchtigung von Außenwohnbereichen, die gegenüber der zuständigen Behörde gegebenenfalls im Verwaltungsrechtsweg geltend gemacht werden können. Es ist nicht ersichtlich, dass sich auch nur einer der Beschwerdeführer mit einem darauf gerichteten Antrag an die zuständige Behörde gewandt und nach dessen Erfolglosigkeit den Rechtsweg beschritten hätte. Dabei wäre ein solches Vorgehen selbst dann nicht von vornherein offensichtlich zum Scheitern verurteilt, wenn - was sich hier nicht zuverlässig feststellen lässt - das betreffende Grundstück des jeweiligen Beschwerdeführers nicht in einer der nach dem Fluglärmschutzgesetz einzurichtenden Schutzzonen liegt. In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird nämlich die Auffassung vertreten, dass die im Fluglärmschutzgesetz festgeschriebenen Grenzwerte lediglich Mindeststandards des (auch) passiven Schallschutzes regelten, die nicht unterschritten werden dürften und über die hinausgegangen werden könne, unter Umständen sogar müsse (vgl. Ekardt/Schmidtke, Die Reichweite des neuen Fluglärmrechts, in: DÖV 2009, S. 187 ff.). Zwar ist der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung zum Ausbau des Verkehrsflughafens Frankfurt/Main dieser Ansicht ausdrücklich nicht gefolgt (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 21. August 2009 - 11 C 227/08.T u.a. -, juris, Rn. 603). Das Bundesverwaltungsgericht hat sich zu dieser Frage jedoch bislang - soweit ersichtlich - noch nicht geäußert. In einer Entscheidung im Zusammenhang mit dem Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld hat es jedenfalls ausgeführt, keine Anhaltspunkte dafür zu sehen, dass es der zuständigen Behörde bei Festsetzung der Lärmschutzbereiche verwehrt sei, die Lärmgrenzwerte zum Schutz bestimmter Gruppen besonders schutzwürdiger Lärmbetroffener oder Einrichtungen zu unterschreiten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. September 2007 - BVerwG 4 A 1007.07 u.a. -, juris, Rn. 29). Damit erscheint diese Frage bislang nicht abschließend geklärt. Vielmehr wäre die Geltendmachung von Rechtsschutz im fachgerichtlichen Verfahren, gerichtet auf die Erfüllung von Ansprüchen nach dem Fluglärmschutzgesetz, auf der Grundlage der in der Literatur geäußerten Auffassung nicht von vornherein offensichtlich aussichtslos.

52

Den Beschwerdeführern wäre es daher zuzumuten gewesen, zunächst fachgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen mit dem Ziel, Ansprüche auf der Grundlage des Fluglärmschutzgesetzes durchzusetzen.

53

bb) Auch soweit die Beschwerdeführer weitergehend eine allgemeine gesetzgeberische Schutzpflichtverletzung im Hinblick auf den Schutz vor Fluglärm, insbesondere die fehlende gesetzliche Verhinderung von Fluglärmeinwirkungen in bestimmter Pegelhöhe, rügen, ist die Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des Subsidiaritätsgrundsatzes unzulässig.

54

Zwar sind die Anwohner eines auf der Grundlage eines Planfeststellungsbeschlusses angelegten Flughafens unter den in § 9 Abs. 3 LuftVG bezeichneten Voraussetzungen mit Beseitigungs- oder Änderungsansprüchen gegenüber festgestellten Anlagen ausgeschlossen. Diese Duldungspflicht hat nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts indes gegebenenfalls zurückzutreten, wenn die mit dem Anlagenbetrieb verbundenen Fluglärmimmissionen ein Ausmaß erreichen, durch das der Gewährleistungsgehalt des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 oder des Art. 14 Abs. 1 GG angetastet wird. Den staatlichen Organen obliegt die Verpflichtung, sich schützend und fördernd vor Rechtsgüter zu stellen, die Verfassungsrang genießen. Sie dürfen nicht an der Entstehung oder Aufrechterhaltung verfassungswidriger Umstände mitwirken. Eine Möglichkeit, Rechtsschutz gegenüber dem von einem bestandskräftig planfestgestellten Flugplatz ausgehenden Fluglärm zu erlangen, ist der (Teil-)Widerruf des Planfeststellungsbeschlusses. Hiervon darf unter Berücksichtigung der Rechte der Flugplatzbetreiber allerdings nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn sich der Grundrechtsverstoß nicht unter Einsatz schonenderer Mittel beseitigen lässt. Als weniger belastender Eingriff kommen nachträgliche Lärmschutzauflagen in Anwendung des § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG in Betracht. Erst wenn Lärmschutzvorkehrungen auf Grundlage dieser Vorschrift nicht ausreichen, um dem aus der Verfassung ableitbaren Schutzanspruch gerecht zu werden, darf sich die Luftfahrtbehörde des (Teil-)Widerrufs als letzten Mittels bedienen (zum Ganzen vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2004 - BVerwG 4 B 95.03 -, NVwZ 2004, S. 869 <869>).

55

Unabhängig von der Frage der Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens dürfen Flugplätze nach § 6 LuftVG nur mit einer luftverkehrsrechtlichen Genehmigung angelegt werden. Das gilt grundsätzlich auch für Militärflugplätze, die nach § 30 Abs. 1 Satz 2 LuftVG nicht der Planfeststellungspflicht unterliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 1988 - BVerwG 4 C 11.85 und 12.85 -, NVwZ 1988, S. 1122 <1122>). Eine Abweichung hiervon ist nach § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG nur zulässig, soweit dies zur Erfüllung der besonderen Aufgaben der Bundeswehr unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist. Auch in diesen Fällen besteht für Anwohner die Möglichkeit, nachträgliche Modifikationen der Genehmigung zur Verbesserung des Lärmschutzes zu erlangen (vgl. Schiller, in: Grabherr/Reidt/Wysk, Luftverkehrsgesetz, Stand: September 2009, § 6 Rn. 512). Letzteres kann insbesondere im Wege des (Teil-)Widerrufs der Genehmigung oder in Vollzug eines in der Genehmigung festgeschriebenen Auflagenvorbehalts erfolgen.

56

Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Beschwerdeführer eine der dargestellten Möglichkeiten, Rechtsschutz gegen die Fluglärmbelastung im Hinblick auf die von ihnen als unerträglich empfundene Situation zu erlangen, wahrgenommen hätten - beispielsweise durch Klagen auf (Teil-)Widerruf eines luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses, einer luftverkehrsrechtlichen Genehmigung oder auf Verfügung nachträglicher Schutzmaßnahmen. Andererseits gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass ihnen die verschiedenen Varianten möglichen Rechtsschutzes von vornherein verschlossen gewesen wären. Die Beschwerdeführer tragen zur konkreten Gestattungssituation an den jeweiligen Flugplätzen nichts vor. Damit lässt sich nicht feststellen, ob ihr Ziel, die Festlegung geringerer Grenzwerte für ihre Grundstücke zu erreichen, als sie das Fluglärmschutzgesetz - allerdings ausschließlich für den passiven Schallschutz - vorsieht, nicht mittels fachgerichtlichen Rechtsschutzes zu erlangen gewesen wäre oder immer noch ist.

57

Dem steht nicht entgegen, dass in der Fluglärmentscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1981 jedenfalls für die Rüge, der Gesetzgeber habe eine Nachbesserung gesetzlicher Schutzpflichten unterlassen, die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde angenommen wurde (vgl. BVerfGE 56, 54 <68>). Die Entscheidung verhält sich schon nicht ausdrücklich dazu, ob die entsprechende Rüge tatsächlich zulässig erhoben war, sondern unterstellt insoweit lediglich die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde.

58

Die vorliegende Verfassungsbeschwerde ist, unabhängig hiervon, jedoch auch nicht unter dem Aspekt der Verletzung gesetzgeberischer Schutzpflichten zulässig. Zwar ist gegen die Verletzung gesetzgeberischer Schutzpflichten fachgerichtlicher Rechtsschutz nur schwer vorstellbar, weil dies voraussetzte, dass die jeweils angerufenen Fachgerichte gewissermaßen als Ersatzgesetzgeber tätig würden. Andererseits wird sich eine Lücke in der gesetzgeberischen Konzeption zur Regelung einer bestimmten Problematik regelmäßig nur dann zuverlässig feststellen lassen, wenn zuvor die Fachgerichte den zugrunde liegenden Sachverhalt und die einfachrechtliche Rechtslage auch unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben umfassend aufgearbeitet haben. Nur so wird auch in den Fällen behaupteten gesetzgeberischen Unterlassens vermieden, dass das Bundesverfassungsgericht auf tatsächlich und einfachrechtlich ungeklärter Basis entscheiden muss. Das gilt jedenfalls in solchen Fällen, in denen - wie hier - vielfältige konkrete Möglichkeiten bestehen, gerichtlichen Rechtsschutz gegen die zunehmende Fluglärmbelastung zu erlangen.

59

Entsprechendes gilt, soweit die Verfassungsbeschwerde darauf zielt, den Gesetzgeber zu verpflichten, generell dafür Sorge zu tragen, dass niedrigere als die dem § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG zugrunde liegenden Lärmgrenzwerte auf die Gründstücke der Beschwerdeführer einwirken. Auch diesbezüglich lässt sich erst nach Durchführung eines fachgerichtlichen Verfahrens beurteilen, ob der Gesetzgeber seinen Schutzpflichten tatsächlich nicht nachgekommen ist. Erst dann steht fest, welche Lärmbelastung den Beschwerdeführern - unter Berücksichtigung gegebenenfalls nachträglich angeordneter Schutzmaßnahmen - tatsächlich zugemutet wird.

60

Deshalb kommt auch eine Vorabentscheidung nach § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG nicht in Betracht, da die Tatsachengrundlage in Bezug auf die verschiedenen Beschwerdeführer nicht geklärt ist und es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass ihnen eine Verweisung auf den Rechtsweg nicht zugemutet werden könnte.

61

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Detmold vom 22. Februar 2010 für den Neubau einer 110-/380-kV-Hochspannungsfreileitung von der Umspannanlage Gütersloh zum Punkt Friedrichsdorf.

2

Die Kläger zu 1 und 2 sind Miteigentümer des Flurstücks Nr. ... der Flur ... der Gemarkung A.; die Flurstücke Nr. ... und ... stehen im Eigentum der Klägerin zu 1. Das Flurstück Nr. ... sowie das darauf stehende, von den Klägern zu 1 und 2 mit ihren Kindern bewohnte Haus (...) werden in Ost-West-Richtung von einer bereits vor der Bebauung errichteten, von Gütersloh zum Punkt Sende führenden 220-kV-Freileitung überspannt. Sowohl an diesem als auch an den übrigen, unbebauten Grundstücken besteht seit 1956 zu Gunsten der Beigeladenen eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit des Inhalts, eine 220-kV-Freileitung führen, die dazu erforderlichen Masten errichten sowie die Grundstücke betreten zu dürfen; zugleich beinhaltet sie eine Bau- und Aufwuchsbeschränkung in einem Schutzstreifen von 60 m. An dem Flurstück Nr. ... besteht zusätzlich seit 1969 folgende Belastung zu Gunsten der Beigeladenen: "Beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Recht auf Legung und Unterhaltung von Höchstspannungsleitungen und in Verbindung damit ein Betretungsrecht sowie eine Bau- und Aufwuchsbeschränkung) ...". Etwa 30 m nördlich verläuft parallel zu der 220-kV-Leitung eine Gütersloh und Schloss Holte verbindende 110-kV-Freileitung.

3

Der Kläger zu 3 ist Miteigentümer der landwirtschaftlich genutzten, unbebauten Flurstücke Nr. ... und ... der Flur ... der Gemarkung A. Er ist außerdem Eigentümer des seit einigen Jahren bebauten und von ihm bewohnten Hausgrundstücks Flurstück Nr. ... Die beiden erstgenannten Grundstücke werden gleichfalls in West-Ost-Richtung von der bestehenden 220-kV-Freileitung überspannt, sämtliche Grundstücke liegen zu großen Teilen in deren Schutzstreifen und sind mit einer Dienstbarkeit belastet. Die Flurstücke Nr. ... und ... sind zudem mit einer Dienstbarkeit belastet, die mit der oben genannten aus dem Jahr 1969 übereinstimmt.

4

Die Beigeladene beabsichtigt, die bestehende 220-kV-Verbindung zwischen den Punkten Walstedde im Raum Hamm und Bechterdissen bei Bielefeld durch eine 380-kV-Freileitung zu ersetzen. Zwischen Walstedde und Gütersloh ist dies bereits geschehen. Die verbleibende Lücke soll in zwei Abschnitten geschlossen werden, von denen das angegriffene Vorhaben den ersten, 11,25 km langen Abschnitt bildet. Zugleich ist geplant, die 110-kV-Freileitung zwischen den Punkten Gütersloh-Ost und Friedrichsdorf-Süd auf das Gestänge der 380-kV-Leitung aufzunehmen und die überflüssig gewordenen Masten ebenso abzubauen wie eine dann entbehrliche 220-kV-Freileitung von Ummeln nach Friedrichsdorf. Die für die 380-kV-Freileitung vorgesehene Trasse deckt sich in weiten Teilen und insbesondere auf den Grundstücken der Kläger mit derjenigen der 220-kV-Leitung. Geführt werden soll sie über den westlich der dichteren Bebauung stehenden, 69,25 m hohen Mast Nr. 17 sowie den auf dem Flurstück Nr. ... des Klägers zu 3 zu errichtenden 66,75 m hohen Mast Nr. 18. Diese verfügen über jeweils drei Traversen und sollen jeweils zwei 380-kV- und zwei 110-kV-Stromkreise aufnehmen. Der beantragte Schutzstreifen ist auf beiden Seiten der Leitungsachse jeweils 30 m breit.

5

Auf Antrag der Beigeladenen leitete die Bezirksregierung Detmold das Planfeststellungsverfahren ein. In der Stadt Gütersloh erfolgte die Auslegung des Plans vom 27. August 2008 bis zum 26. September 2008, nachdem sie gemäß § 18 Abs. 1 der Hauptsatzung der Stadt Gütersloh in ihrem Amtsblatt vom 19. August 2008 unter Hinweisen gemäß § 73 Abs. 5 Satz 1, § 73 Abs. 4 Satz 5 VwVfG NRW bekannt gemacht worden war. Mit Schreiben vom 15. Juli 2008 wandten die Kläger zu 1 und 2 Gesundheitsgefahren durch elektrische Strahlungen und deren mögliche Vermeidung bei einer Umgehung der Bebauung ein. Die Linienbestimmung beruhe zudem auf einem seinerseits auf unzureichenden Tatsachen und sachwidrigen Erwägungen gründenden Votum der Stadt Gütersloh gegen die Umgehung. Der Kläger zu 3 wandte mit Schreiben vom 24. Oktober 2008 gleichfalls Gesundheitsgefahren ein, verwahrte sich gegen die Inanspruchnahme seines Grundes, verwies auf eine Erforderlichkeit der Trennung von Netz und Betrieb und rügte Voreingenommenheit und mangelnde Information des Planungsausschusses der Stadt Gütersloh bei Abgabe seiner Stellungnahme. Es gebe genügend Alternativen.

6

Mit Planfeststellungsbeschluss vom 22. Februar 2010 stellte die Beklagte den vorgenannten Plan fest und wies die Einwendungen der Kläger zurück. Gerechtfertigt sei der Plan bereits durch die Aufnahme des Vorhabens in Nr. 17 des Bedarfsplans nach § 1 Abs. 1 EnLAG. Auch unabhängig davon sei das Vorhaben zur Erreichung der Ziele des § 1 EnWG vernünftigerweise geboten. Die Aufteilung des Gesamtvorhabens in zwei Abschnitte diene angesichts des Umfangs des Gesamtvorhabens und der Unterschiedlichkeit der sich südlich und nördlich von Friedrichsdorf stellenden Konflikte - solche mit der Wohnbebauung einerseits, naturschutz- und landschaftsschutzrechtlicher Art andererseits - der Planbewältigung. Ein funktionsloser "Planungstorso" drohe nicht. Die Leitung könne - und werde bis zur Vollendung des Lückenschlusses - mit einer Spannung von 220 kV betrieben und sei in das bestehende Netz eingebunden. Unüberwindbare Hindernisse für den zweiten Abschnitt seien nicht erkennbar. § 22 BImSchG werde beachtet. Die höchste Belastung durch elektromagnetische Felder sei auf dem Wohngrundstück der Kläger zu 1 und 2 zu erwarten. Sie liege selbst bei Volllast mit einer elektrischen Feldstärke von 1,7 kV/m und einer magnetischen Flussdichte von 19 µT weit unter den Grenzwerten nach Anhang 2 zu § 3 der 26. BImSchV (5 kV/m bzw. 100 µT). Die nicht spannungsabhängige magnetische Flussdichte werde im Regelbetrieb noch darunter liegen. Gesundheitliche Beeinträchtigungen seien damit sicher auszuschließen. Belastbare Erkenntnisse zur Fehlerhaftigkeit der Grenzwerte bestünden nach der Empfehlung der Strahlenschutzkommission des Bundes aus dem Jahr 2008 nicht. Großräumige Alternativen kämen nicht ernsthaft in Betracht und seien daher in die Abwägung nicht eingestellt worden. Einer vollständigen Neutrassierung stünden naturschutzrechtliche Belange sowie das raumordnerische Anliegen der Trassenbündelung entgegen. Eine Mitnutzung bestehender 380-kV-Freileitungen sei nicht möglich. Eine Umgehung der Bebauung von Avenwedde sei geprüft, aber letztlich im Wege der Abwägung verworfen worden. Einer Linienführung, die am Mast Nr. 14 des Neubaus beginne und unter streckenweiser Nutzung der von dort zur Umspannanlage Avenwedde führenden Trasse südlich an Avenwedde vorbeilaufe, stünden Festsetzungen des Flächennutzungsplans sowie landschafts- und naturschutzrechtliche Bedenken entgegen; sie sei auch aufgrund des Votums der Stadt Gütersloh ausgeschlossen worden. Die zweite, ab Mast Nr. 15 nördlich Avenwedde-Mitte über unbebautes Gebiet zum Avenwedder See und von dort nach Osten auf die planfestgestellte Trasse zurückführende Variante erfordere einen zusätzlichen Mast, sei rund 400 m länger und koste damit rund 400 000 € mehr, führe zu einer stärkeren Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, zertrenne eine bislang unvorbelastete Landschaft und bringe auch durch Schutzmarkierungen nicht vollständig auszuräumende Gefahren für die im Bereich des Avenwedder Sees lebenden besonders kollisionsanfälligen Wasservögel mit sich. Diese Belange überwögen angesichts der deutlich unterschrittenen Grenzwerte das Interesse an einer vollständigen Befreiung der Wohnbebauung von elektromagnetischen Feldern; der Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG könne in einer solchen Konstellation zu keiner anderen Bewertung führen. Die Planfeststellungsfähigkeit einer Erdverkabelung als technischer Alternative sei in § 2 EnLAG abschließend geregelt und hier nicht gegeben. Zudem seien 380-kV-Erdkabel teurer und technisch noch nicht zuverlässig. Zu den Einwendungen des Klägers zu 3 heißt es ergänzend, auf seinen landwirtschaftlich genutzten Flurstücken lägen keine schutzwürdigen Immissionsorte. Die Aufstellung des Mastes Nr. 18 auf dem Flurstück Nr. ... sei erforderlich, um den Bereich der überspannten Bebauung von Masten freizuhalten.

7

Die Kläger haben am 25. März 2010 Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss erhoben und gleichzeitig einen Antrag nach § 80 Abs. 5, § 80a VwGO gestellt. Dem Vorhaben fehle bereits die Planrechtfertigung. Es falle nicht unter Nr. 17 der Anlage zu § 1 EnLAG; das Gesetz spreche von einem Neubau, der Planfeststellungsbeschluss hingegen von einem Ersatzneubau. Auch könne die Beigeladene als Tochtergesellschaft der RWE AG das Vorhaben nicht verwirklichen, Netz und Betrieb seien eigentumsrechtlich zu trennen. Die Abschnittsbildung sei nicht gerechtfertigt; sich aufgrund andersartig geprägter Räume ergebende unterschiedliche Konflikte seien linienförmigen Vorhaben immanent. Zudem habe der streitige Abschnitt keine eigenständige Funktion und stelle damit einen unzulässigen Torso im Sinne der Rechtsprechung dar. Alternative Linienführungen seien unzureichend geprüft und eindeutig vorzugswürdige seien verkannt worden, was zu einem Abwägungsfehler führe. Vorbelastungen dürfe keine Bedeutung beigemessen werden; der Entschluss zu einer grundsätzlichen Nutzung der bestehenden Trasse und gegen eine Neutrassierung sei daher rechtswidrig. Die bisherige Streckenführung quere Wohnbebauung, Biotope und ein Landschaftsschutzgebiet. Ein Konflikt der (oben beschriebenen) ersten Variante einer Umgehung von Avenwedde mit dem Flächennutzungsplan sei nicht erkennbar. Auch diese Alternativtrasse sei vorbelastet. Hinsichtlich der zweiten Umgehungsvariante sei verkannt worden, dass Eingriffe in die Natur am Avenwedder See durch eine leichte Verschiebung des Mastes zu vermeiden seien. Hinsichtlich beider Varianten habe die Beklagte Immissionen durch elektromagnetische Felder unterhalb der Grenzwerte und daraus resultierende Gesundheitsgefahren fehlerhaft gar nicht in die Abwägung eingestellt und den immissionsschutzrechtlichen Trennungsgrundsatz missachtet. Zudem sei verkannt worden, dass gerade die Linienführung über die Bebauung höhere Masten und damit stärkere Eingriffe in das Landschaftsbild bedinge. Mehrkosten einer alternativen Trassenführung seien fehlgewichtet worden; angesichts der Gesamtkosten fielen sie nicht ins Gewicht. Eine Erdverkabelung sei aufgrund eines Fehlverständnisses der § 43 EnWG, § 2 EnLAG unzureichend geprüft worden.

8

Die Kläger beantragen,

den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 22. Februar 2010 für den 1. Abschnitt vom Umspannwerk Gütersloh bis zum Punkt Friedrichsdorf in Bielefeld Senne der 110-/380-kV-Hochspannungsfreileitung von der Umspannanlage Gütersloh über die Umspannanlage Bielefeld-Ost zur Umspannanlage in Bechterdissen/Gemeinde Leopoldshöhe als Ersatzneubau für 110-/220-kV-Hochspannungsfreileitungen aufzuheben,

hilfsweise,

die Beklagte - ggf. unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 22. Februar 2010 - zu verpflichten, die Ansprüche der Kläger auf Schutz vor Immissionen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

9

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

10

Zur Begründung nimmt sie auf den angegriffenen Planfeststellungsbeschluss Bezug. Hinsichtlich der beiden Ortsumgehungsvarianten wird Folgendes ergänzt: Die erste diskutierte Trasse sei lediglich in einem kurzen Abschnitt - und nur mit einem schmaleren Schutzstreifen als für eine 380-kV-Trasse erforderlich - durch die 110-kV-Leitung belastet. Ihr ganz überwiegender Teil sei unvorbelastet. Der Flächennutzungsplan der Stadt Gütersloh weise in Übereinstimmung mit der tatsächlichen Biotopstruktur südlich von Mast Nr. 14 Flächen zur Entwicklung der Landschaft aus. Eine geringfügige Verschiebung der Linienführung der zweiten Variante im Bereich des Avenwedder Sees ändere an dem Vogelschlagrisiko nichts. Im Rahmen der Abwägung sei es zulässig, die Vorbelastungen durch den vorhandenen Leitungsbestand zu würdigen, zumal die Bebauung unstreitig erst nach der 220-kV-Freileitung errichtet worden sei.

11

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

12

Die Kläger seien mit ihrem Vortrag bereits weitgehend präkludiert. Darüber hinaus tritt die Beigeladene weitgehend der Argumentation der Beklagten bei und führt ergänzend aus, eine Verpflichtung, Übertragungsnetzbetreiber von Energieversorgungsunternehmen eigentumsrechtlich zu entflechten, ergebe sich weder aus den §§ 6 bis 10 EnWG noch aus der bis 2011 umzusetzenden Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (RL 2009/72/EG). Die dort genannten Voraussetzungen an einen unabhängigen Übertragungsnetzbetreiber erfülle die Beigeladene. Die Kläger hätten auch kein Recht auf Prüfung einer Verletzung des objektiven Rechts. Das planfestgestellte Vorhaben sei bereits von den bestehenden persönlichen Dienstbarkeiten umfasst.

13

Der Berichterstatter hat am 7. Juli 2010 die betroffenen Grundstücke in Augenschein genommen und die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten ausführlich erörtert.

14

Mit Beschluss vom 22. Juli 2010 (BVerwG 7 VR 4.10) hat der Senat den Antrag der Kläger auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 22. Februar 2010 abgelehnt.

15

Anschließend hat der Senat den Beteiligten mitgeteilt, dass er beabsichtigt, über die Klage durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat mitgeteilt, der Kläger zu 3 sei mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht einverstanden. Jedenfalls im Hinblick auf die Frage der sachgerechten Abschnittsbildung weise die Sache besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art auf. Sie sei geeignet, die grundsätzliche Frage zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Abschnittsbildung im Fachplanungsrecht auf den Bau von Hochspannungsleitungen anzuwenden sei.

Entscheidungsgründe

16

Das Bundesverwaltungsgericht kann nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

17

1. Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrags zulässig, aber unbegründet. In seinem Beschluss vom 22. Juli 2010 (BVerwG 7 VR 4.10) hat der Senat hierzu Folgendes ausgeführt:

"1. Zu Gunsten der Antragsteller kann dabei davon ausgegangen werden, dass sie eine umfassende Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. a) und ihrer im gerichtlichen Verfahren erhobenen Einwendungen gegen dessen Rechtmäßigkeit (vgl. b) beanspruchen können.

a) Es kann angenommen werden, dass die Antragsteller einen Anspruch auf umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses haben. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 EnWG hat der Planfeststellungsbeschluss enteignungsrechtliche Vorwirkung. Deswegen haben die betroffenen Eigentümer einen Anspruch aus Art. 14 Abs. 1 GG, von einer nicht dem Wohl der Allgemeinheit dienenden, insbesondere nicht gesetzmäßigen Entziehung ihres Grundeigentums verschont zu werden; sie können grundsätzlich eine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses beanspruchen (stRspr, vgl. Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308). Etwas anderes könnte allein dann gelten, wenn die bestehenden Dienstbarkeiten, wie von der Beigeladenen vorgetragen, zivilrechtlich bereits die Inanspruchnahme der Grundstücke der Antragsteller für das Vorhaben erlaubten. Zumindest auf dem Flurstück Nr. ... ist dies aber nicht der Fall. Dieses Grundstück soll direkt überspannt werden. Die eingetragene Dienstbarkeit erlaubt aber nach ihrem klar umrissenen Inhalt nur die Unterhaltung einer 220-kV-Leitung. Ein erweiterndes Verständnis im Hinblick auf die geänderten Bedürfnisse der Beigeladenen kommt nicht in Betracht. Bei genau fixiertem Inhalt ist eine inhaltliche Ausweitung der Dienstbarkeit durch Auslegung grundsätzlich nicht möglich (Bassenge, in: Palandt, BGB, 68. Aufl. 2009, § 1018 Rn. 10, § 1090 Rn. 7). Zumindest der Antragsteller zu 3 hat damit einen Anspruch auf eine vollinhaltliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses. Ob für die Antragsteller zu 1 und 2 etwas anderes gilt, kann dahinstehen.

b) Einwendungen der Antragsteller sind nicht in entscheidungserheblicher Weise präkludiert (§ 43a EnWG i.V.m. § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG NRW). Fristgerecht haben sowohl die Antragsteller zu 1 und 2 als auch der Antragsteller zu 3 Einwendungen vorgebracht. Diese müssen lediglich in groben Zügen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82) erkennen lassen, welche Beeinträchtigungen befürchtet werden und in welcher Hinsicht die Planfeststellungsbehörde bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll (Urteil vom 30. Januar 2008 - BVerwG 9 A 27.06 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 195; zu Laieneinwendungen vgl. auch Urteil vom 3. März 2004 - BVerwG 9 A 15.03 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 40). Nach diesen Maßstäben sind die Antragsteller mit ihren im Klageverfahren erhobenen Einwendungen überwiegend nicht präkludiert.

2. Bei überschlägiger Prüfung ist die Klage unbegründet, weil der angefochtene Planfeststellungsbeschluss an keinem Rechtsfehler leidet, der die Antragsteller in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und zur Folge hat, dass der Planfeststellungsbeschluss ganz oder teilweise aufzuheben oder zumindest seine Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit festzustellen wäre.

a) Die Planrechtfertigung für das Vorhaben der Beigeladenen ist gegeben. Der Neubau der Höchstspannungsleitung Gütersloh - Bechterdissen ist unter Nr. 17 des § 1 Abs. 1 EnLAG als Anlage beigefügten Bedarfsplans aufgeführt. Davon wird auch das verfahrensgegenständliche Vorhaben in dem Abschnitt Gütersloh - Friedrichsdorf umfasst. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 und 3 EnLAG stehen für die im Bedarfsplan genannten Vorhaben, die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf für die Planfeststellung verbindlich fest. Diese Bedarfsfestlegung bindet auch das erkennende Gericht. Dass das Vorhaben der Beigeladenen in dem Planfeststellungsbeschluss als 'Ersatzneubau' und nicht als 'Neubau' bezeichnet wird, ist - entgegen der Meinung der Antragsteller - bei gleichbleibender Zielbeschreibung ohne Bedeutung.

Die Planrechtfertigung entfällt auch nicht deshalb, weil die Beigeladene das Vorhaben nicht realisieren könnte. Die Antragsteller meinen, das Energiewirtschaftsgesetz und die bis zum 3. März 2011 umzusetzende Richtlinie 2009/72/EG vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt stünden einer Verbindung des Energieerzeugers und des Inhabers des Übertragungsnetzes in einem integrierten Unternehmen, wie die RWE AG und die Beigeladene es sind, entgegen (vgl. §§ 7, 8 EnWG, Art. 9 Abs. 8, Art. 17 f. RL 2009/72/EG). Dieser Einwand lässt jedoch die Planrechtfertigung nicht entfallen. Diese bestünde nur dann nicht, wenn die Verwirklichung des Vorhabens bereits im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses ausgeschlossen werden könnte, weil sie nicht beabsichtigt oder objektiv ausgeschlossen wäre (vgl. Urteil vom 24. November 1989 - BVerwG 4 C 41.88 - BVerwGE 84, 123 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 85). Dies ist aber nicht der Fall. Denn ein Rechtsnachfolger der Beigeladenen könnte in die Rechte und Pflichten aus dem Plan eintreten und das Vorhaben verwirklichen (vgl. Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 77 Rn. 8a).

b) Im Wege der Abwägung nicht überwindbare zwingende Vorschriften des Immissionsschutzrechts stehen dem Vorhaben nicht entgegen:

Der rechtliche Maßstab für den Nachbarschutz, den die Antragsteller gegenüber dem planfestgestellten Vorhaben beanspruchen können, ist im vorliegenden Fall im Wesentlichen § 22 Abs. 1 BImSchG zu entnehmen. Denn eine Hochspannungsfreileitung - als sonstige ortsfeste Einrichtung im Sinne von § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG - bedarf keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 BImSchG (Beschluss vom 9. Februar 1996 - BVerwG 11 VR 46.95 - Buchholz 406.25 § 22 BImSchG Nr. 13). An den Betreiber einer solchen, gewerblichen Zwecken dienenden Anlage richtet § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG das Gebot, die nach dem Stand der Technik vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen zu verhindern (Nr. 1) und unvermeidbare schädliche Umweltauswirkungen auf ein Mindestmaß zu beschränken (Nr. 2). Konkretisiert werden die Anforderungen des § 22 BImSchG für die hier in Rede stehenden elektrischen und magnetischen Felder als Immissionen im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG durch die aufgrund von § 23 BImSchG erlassene 26. BImSchV. Die verfahrensgegenständliche Leitung ist eine Niederfrequenzanlage gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) 26. BImSchV. Gemäß §§ 3, 4 der 26. BImSchV i.V.m. Anhang 2 zur 26. BImSchV ist sie so zu betreiben, dass im Bereich von Gebäuden und Grundstücken, die nicht zum nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, die elektrische Feldstärke einen Grenzwert von 5 kV/m und die magnetische Flussdichte einen Grenzwert von 100 µT nicht überschreiten. Diese Werte werden hier deutlich unterschritten.

Soweit die Antragsteller die Grenzwerte als zu hoch angreifen und auf die wissenschaftliche Diskussion über Gesundheitsgefahren durch elektrische und magnetische Felder unter den Grenzwerten verweisen, ist dem im gerichtlichen Verfahren nicht zu folgen. Die Werte sind zwar nicht abschließend, wie sich aus § 6 der 26. BImSchV ergibt. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber in seinem vor Erlass der 26. BImSchV ergangenen, eine Hochspannungsleitung betreffenden Beschluss vom 9. Februar 1996 (a.a.O.) die Grenzwertempfehlung der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierenden Strahlen herangezogen (ebenso Beschluss vom 2. August 1994 - BVerwG 7 VR 3.94 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 2), die auch der zum 1. Januar 1997 in Kraft getretenen 26. BImSchV zugrunde liegt. Dass diese Erkenntnisse mittlerweile überholt sein sollten, hat die Strahlenschutzkommission des Bundes in ihrer Empfehlung vom 21./22. Februar 2008 unter Auseinandersetzung mit internationalen Standards nicht feststellen können. Bei Einhaltung der Grenzwerte besteht deshalb in der Regel keine Gefahr (Jarass, BImSchG, 8. Aufl. 2010, § 23 Rn. 33).

Das Bundesverfassungsgericht hat zu dem gleichgelagerten Problem der Belastungen durch Hochfrequenzanlagen (Mobilfunkanlagen) festgestellt, auch aus der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergäben sich keine weitergehenden Anforderungen. Dem Verordnungsgeber komme ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsbereich zu. Alle nur denkbaren Schutzmaßnahmen müsse er nicht treffen. Eine Verletzung der Schutzpflicht könne erst festgestellt werden, wenn Vorkehrungen überhaupt nicht getroffen, gänzlich ungeeignet oder unzulänglich seien. Ohne verlässliche wissenschaftliche Erkenntnisse über komplexe Gefährdungslagen sei es nicht Sache der Gerichte, sondern des Verordnungsgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln zu beobachten und zu bewerten. Verletzt sei diese Pflicht erst, wenn eine ursprünglich rechtmäßige Regelung aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation verfassungsrechtlich evident untragbar geworden sei (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. Januar 2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805). Letzteres ist hier nicht der Fall. Die Bundesstrahlenschutzkommission beobachtet die Grenzwerte fortlaufend. Wie sich aus ihrer Empfehlung ergibt, hält sie die Grenzwerte nicht für zu hoch. Die in dem Parallelverfahren BVerwG 7 A 6.10 angesprochene Studie der Universität Bern zu einem Zusammenhang zwischen einer erhöhten Alzheimerprävalenz und elektromagnetischen Feldern unter Hochspannungsleitungen begründet dem vorgelegten Exposé nach eine bloße Vermutung und stellt die genannten Richtwerte damit nicht im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung in Frage.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 3. Juli 2007 - 32015/02 - (NVwZ 2008, 1215) eine Verletzung von Art. 8 (Achtung des Privat- und Familienlebens), Art. 2 (Recht auf Leben) der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und des Protokolls Nr. 1 zur Konvention (Schutz des Eigentums) durch die Anwendung der Grenzwerte der 26. BImSchV auf von Hochfrequenzanlagen ausgehende elektromagnetische Strahlung ebenfalls nicht erkennen können.

c) Hinsichtlich der Abschnittsbildung, die eine richterrechtliche Ausprägung des Abwägungsgebots darstellt (Beschluss vom 5. Juni 1992 - BVerwG 4 NB 21.92 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG/BauBG Nr. 55), leidet der Planfeststellungsbeschluss an keinem Abwägungsfehler (vgl. § 43 Satz 2 EnWG). Die Zulässigkeit einer planungsrechtlichen Abschnittsbildung ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich anerkannt. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, dass angesichts vielfältiger Schwierigkeiten, die mit einer detaillierten Streckenplanung verbunden sind, die Planfeststellungsbehörde ein planerisches Gesamtkonzept häufig nur in Teilabschnitten verwirklichen kann. Dritte haben deshalb grundsätzlich kein Recht darauf, dass über die Zulassung eines Vorhabens insgesamt, vollständig und abschließend in einem einzigen Bescheid entschieden wird. Jedoch kann eine Abschnittsbildung Dritte in ihren Rechten verletzen, wenn sie deren durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleisteten Rechtsschutz faktisch unmöglich macht oder dazu führt, dass die abschnittsweise Planfeststellung dem Grundsatz umfassender Problembewältigung nicht gerecht werden kann, oder wenn ein dadurch gebildeter Streckenabschnitt der eigenen sachlichen Rechtfertigung vor dem Hintergrund der Gesamtplanung entbehrt (Gerichtsbescheid vom 3. Juli 1996 - BVerwG 11 A 64.95 - Buchholz 442.09 § 30 AEG Nr. 7). Zudem dürfen nach summarischer Prüfung der Verwirklichung des Gesamtvorhabens auch im weiteren Verlauf keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308).

Nach diesen Vorgaben ist die Abschnittsbildung hier nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat nachvollziehbar auf den Umfang des Gesamtvorhabens und eine Unterschiedlichkeit der sich südlich und nördlich von Friedrichsdorf stellenden Konflikte hingewiesen. Soweit die Antragsteller rügen, das verfahrensgegenständliche Vorhaben habe keine eigenständige Funktion und stelle einen unzulässigen Planungstorso dar, ist in tatsächlicher Hinsicht auf die von der Antragsgegnerin dargestellte Einbindung in das bestehende Netz und den möglichen Betrieb mit einer Spannung von 220 kV zu verweisen. Danach erfüllte das planfestgestellte Vorhaben auch dann eine (eingeschränkte) eigenständige Funktion, wenn sich der geplante zweite Abschnitt nicht verwirklichen ließe. Der Frage, ob für den Neubau von Hochspannungsfreileitungen überhaupt gefordert werden kann, dass dem jeweiligen Planungsabschnitt eine selbstständige Funktion zukommen muss (verneint für schienengebundene Anlagen durch Beschlüsse vom 21. Dezember 1995 - BVerwG 11 VR 6.95 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 8 und vom 30. Dezember 1996 - BVerwG 11 VR 25.95 - NVwZ-RR 1997, 525), muss daher nicht weiter nachgegangen werden.

d) Auch die Behandlung der räumlichen Planungsalternativen ist frei von durchgreifenden Abwägungsmängeln (vgl. § 43 Satz 2 EnWG):

Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit ist erst dann überschritten, wenn eine alternative Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange als eindeutig vorzugswürdig aufdrängt (vgl. Urteil vom 12. August 2009 a.a.O. S. 332 m.w.N.) oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 <160 ff.> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23). Erheblich sind Abwägungsmängel dabei nach § 43e Abs. 4 EnWG nur, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

Die Entscheidung der Antragsgegnerin, eine großräumige vollständige Neutrassierung nicht in die Abwägung einzustellen, begegnet keinen Bedenken. Näher zu prüfen hatte sie nur sich aufdrängende alternative Streckenführungen (Urteil vom 27. Juli 1990 - BVerwG 4 C 26.87 - Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 18). Hier drängte es sich - aus den von der Antragsgegnerin genannten Gründen - nicht auf, sich nicht zumindest im Grundsatz an den Trassen der bestehenden 220- und 110-kV-Freileitungen zu orientieren. Es liegt auf der Hand, dass eine vollkommene Neutrassierung Konflikte nur verlagern, neue Konflikte schaffen und, da Einwirkungen der bisherigen Trasse in Natur und Landschaft auch nach deren Abbau zumindest eine geraume Zeit fortwirken, in gewissem Umfang verdoppeln würde.

Das von der Antragsgegnerin verfolgte Anliegen, Trassen nach Möglichkeit zu bündeln, ist nicht zu beanstanden (vgl. dazu Beschluss vom 15. September 1995 - BVerwG 11 VR 16.95 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 6). Die Erwägung der Antragsgegnerin dazu, die bestehende 110-kV-Freileitung könne bei einer vollständig anderen Streckenführung nicht zurückgebaut werden, leuchtet ohne Weiteres ein.

Im Übrigen wenden sich die Antragsteller in erster Linie nicht gegen die unterbliebene Prüfung einer großräumigen alternativen Trassenführung. Vielmehr meinen sie insbesondere, die Antragsgegnerin habe die von ihr im Bereich des Ortsteils Avenwedde der Stadt Gütersloh geprüften Varianten zu Unrecht verworfen. Dies trifft jedoch nicht zu. Auch insoweit ist die Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin frei von erheblichen Rechtsfehlern. Sie hat die ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen im Verhältnis zueinander gewichtet. Die Bevorzugung der gewählten Lösung beruht nicht auf einer Bewertung, die zur objektiven Gewichtigkeit der von den möglichen Alternativen betroffenen Belange außer Verhältnis steht (vgl. dazu Urteil vom 9. April 2003 - BVerwG 9 A 37.02 - NVwZ 2003, 1393).

Die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss zu den beiden geprüften und verworfenen Trassenalternativen sind ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Hinsichtlich einer Linienführung, die am Mast Nr. 14 des Neubaus beginnt und unter streckenweiser Nutzung der von dort zur Umspannanlage Avenwedde führenden Trasse südlich an Avenwedde vorbeiläuft, hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar darauf verwiesen, dass sich südlich des geplanten Mastes Nr. 14 ein geschütztes Biotop mit Feuchtgebieten und Gewässern befindet, in die durch die 380-kV-Leitung erheblich eingegriffen würde. Das genannte Biotop ist aus dem vorgelegten Kartenmaterial ersichtlich (Planunterlagen Bd. 4 Karte 7.2 - 1 Bl. 3, Karte 7.2 - 3 Bl. 1). Bisher verläuft dort zwar eine 110-kV-Leitung, die aber im Zuge des Neubaus nach Westen verlegt werden soll, wodurch das Biotop entlastet wird. Dass die 380-kV-Leitung mit ihren höheren Masten und einem breiteren Schutzstreifen hier stärker eingriffe, liegt nahe. Zudem könnte auch diese Trasse, wie von der Antragsgegnerin im Klageverfahren ergänzt, nur zu einem geringen Teil vorbelastetes Areal nutzen.

Gleichermaßen nachvollziehbar sind die Ausführungen zu der zweiten, ab Mast Nr. 15 nördlich Avenwedde-Mitte über unbebautes Gebiet zum Avenwedder See und von dort nach Osten auf die festgestellte Trasse zurückführenden Variante. Für die untersuchte Variante hat die Antragsgegnerin in die Abwägung eingestellt, dass sie jegliche Belastung der Wohnbebauung durch Immissionen vermiede. Dieses Interesse hat sie aber - wie dargelegt vertretbar - geringer gewichtet als Belastungen der Natur und des Landschaftsbildes durch die Umgehungsvariante. Insoweit ist nachvollziehbar dargelegt, dass diese unvorbelastete Landschaft in Anspruch nähme, erstmalige Eingriffe durch den Schutzstreifen erforderte und Gefahren für Vögel am Avenwedder See mit sich brächte. Soweit den Antragstellern eine leichte Modifikation der Trasse vor Augen steht, musste diese sich jedenfalls nicht aufdrängen, weil sie keine erhebliche Änderung mit sich brächte, insbesondere das Vogelschlagrisiko sich dabei nicht anders darstellte und gleichfalls auf unvorbelastete Flächen zurückgegriffen werden müsste. Wenn man annimmt, die Modifikation hätte - weil im Planfeststellungsverfahren vorgeschlagen (vgl. Behördenakte Bd. I Bl. 348) - dennoch auch im Planfeststellungsbeschluss behandelt werden müssen (Ziekow, in: Ziekow, Praxis des Fachplanungsrechts, S. 226), wäre dieser Fehler zumindest nicht offensichtlich und hätte keinen Einfluss auf das Abwägungsergebnis.

e) Die Antragsgegnerin hat alle weiteren erheblichen Belange in die Abwägung eingestellt. Dazu gehört insbesondere das Interesse der Antragsteller an jeglicher Verschonung von elektromagnetischen Feldern (S. 106 des Planfeststellungsbeschlusses). Der Vorwurf dies nicht berücksichtigt zu haben, geht fehl. Auch die Rüge, die Antragsgegnerin habe verkannt, dass die Masten über dem Wohngebiet höher seien als über unbebautem Areal, trifft nicht zu. Auswirkungen auf das Landschaftsbild werden auf Seite 85 des Planfeststellungsbeschlusses ausführlich diskutiert, unterschiedliche Masthöhen in der zugrunde liegenden Umweltstudie ausdrücklich benannt (Bericht 4-4). Gleiches gilt für den Vorwurf der Verkennung, dass die planfestgestellte Trasse ebenfalls mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden ist. Die Umweltauswirkungen des Vorhabens sind ausführlich beschrieben (S. 48 ff. des Planfeststellungsbeschlusses).

Dass die Antragsgegnerin sich an das zitierte Votum der Stadt Gütersloh gebunden sah und keine eigenständige, die Planung der Vorhabenträgerin nachvollziehende Entscheidung getroffen hat, ist ebenfalls nicht erkennbar.

f) Eine Fehlgewichtung einzelner Belange ist gleichfalls nicht festzustellen:

Angesichts des oben dargestellten wissenschaftlichen Erkenntnisstandes war das Interesse der Antragsteller, keinerlei Immissionen durch elektromagnetische Strahlen ausgesetzt zu werden, nicht höher zu bewerten. In ihrer oben genannten Empfehlung wendet sich die Strahlenschutzkommission nicht gegen jegliche Überspannung von Bebauung, sondern empfiehlt allein, Grenzwerte nicht auszuschöpfen und Expositionen im Rahmen des technisch und wirtschaftlich sinnvoll Möglichen zu minimieren. Daran hat sich auch die Antragsgegnerin orientiert; die Grenzwerte werden hier bei Weitem nicht ausgeschöpft. Ein Vorrang der Vorsorge vor den von der Antragsgegnerin bevorzugten Belangen kommt in der Empfehlung nicht zum Ausdruck. Die landwirtschaftlich genutzten Grundstücke des Antragstellers zu 3 dienen überdies nur einem vorübergehenden Aufenthalt von Menschen und sind insoweit weniger schutzbedürftig. Zudem kommt hier der Grundsatz zum Tragen, dass der Außenbereich weniger schutzwürdig, weil generell für eine Bebauung nicht bestimmt ist (Urteil vom 1. Oktober 1997 - BVerwG 11 A 10.96 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 32).

Die Vorbelastungen durch die bestehenden Leitungen hat die Antragsgegnerin fehlerfrei in die Abwägung eingestellt. Vorbelastungen prägen in ihrem Einwirkungsbereich liegende Grundstücke und mindern im Grundsatz ihre Schutzwürdigkeit (Urteile vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 - BVerwGE 56, 110 <131 f.> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 2 und vom 28. Oktober 1998 - BVerwG 11 A 3.98 - BVerwGE 107, 350 <356 f.> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 23). Eine Grenze der Berücksichtigung von Vorbelastungen wird erst durch rechtswidrige Eigentums- und Gesundheitsbeeinträchtigungen gezogen (Urteil vom 28. Oktober 1998 a.a.O. S. 357). Davon kann hier nicht ausgegangen werden, weil die betroffenen Grundstücke bereits mit Grunddienstbarkeiten in Form von Leitungsrechten belastet waren und Gesundheitsgefahren - wie bereits ausgeführt - nicht zu befürchten sind.

Allgemein musste die Antragsgegnerin die Eigentumsinteressen der Antragsteller vor diesem Hintergrund nicht höher gewichten. Ob die bestehenden Dienstbarkeiten, wie von der Beigeladenen vertreten, (teilweise) bereits die Inanspruchnahme des Grundes für eine 380-kV-Leitung ermöglichen, bedarf dabei keiner näheren Erörterung. Maßgeblich ist vielmehr die beschriebene tatsächliche Vorbelastung. Einschränkungen durch höhere Masten, breitere Leiterseilführungen und - soweit der Antragsteller zu 3 betroffen ist - die Aufstellung eines Mastes stellen sich demgegenüber nicht als erhebliche weitere Beschwer dar.

Die Schutzwürdigkeit des Grundstücks der Antragsteller zu 1 und 2 ist zusätzlich dadurch erheblich gemindert, dass sie ihr Wohnhaus erst nach der Errichtung der Anlage gebaut und sich der Belastung damit selber ausgesetzt haben (Beschluss vom 1. April 1998 - BVerwG 11 VR 13.97 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 63). Wie bei dem Ortstermin des Berichterstatters auf dem Grundstück der Antragsteller zu 1 und 2 am 7. Juli 2010 festgestellt wurde, steht deren Wohnhaus unter - nur einige Meter über dessen First hängenden - Hochspannungsleitungen. Dadurch ist bereits heute die Wohnqualität beeinträchtigt. Die Antragsteller zu 1 und 2 haben sich aber für ein Wohnen unter Hochspannungsleitungen aus freien Stücken entschieden. Sie können deshalb mit ihrem - im Erörterungstermin am 7. Juli 2010 auch mündlich vertieften - Einwand, ein Wohnen unter Hochspannungsleitungen sei allgemein unzumutbar, nicht gehört werden. Abwägungsrelevant war vielmehr in erster Linie die Mehrbelastung ihres Grundstücks, die nach dem Bau der 380-kV-Leitung und dem Abbau der 110-kV- sowie der 220-kV-Leitung bestehen wird. Zu einer solchen Mehrbelastung wird es zwar kommen. Die Antragsgegnerin durfte aber - angesichts einer fehlenden gesundheitlichen Beeinträchtigung - anderen abwägungsrelevanten Belangen gegenüber einer Vermeidung dieser Mehrbelastung den Vorrang einräumen. Hinzu kommt, dass die "optische" Mehrbelastung des Grundstücks durch die 380-kV-Leitung - wie bei dem Ortstermin ebenfalls festgestellt wurde - dadurch gemindert werden wird, dass die neuen Leitungen einige Meter höher verlaufen werden als die bisherigen.

Dem in § 50 BImSchG niedergelegten Optimierungsgebot, wonach bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen so zuzuordnen sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete soweit wie möglich vermieden werden, kommt vor diesem Hintergrund keine eigene Bedeutung zu. Die Antragsteller können sich zwar zumindest unter dem Gesichtspunkt der gerechten Abwägung auf diese Norm berufen (vgl. Jarass, BImSchG, 8. Aufl. 2010, § 50 Rn. 26 ff.). Schädliche Umwelteinwirkungen stehen hier jedoch - wie dargelegt - nicht in Rede. Zudem normiert die Vorschrift nur eine Abwägungsdirektive. Immissionsschutzrechtliche Belange können zu Gunsten entgegenstehender Belange von hohem Gewicht zurückgestellt werden (Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 <171 f.> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23).

Die Antragsgegnerin durfte grundsätzlich auch die Mehrkosten einer alternativen Streckenführung in die Abwägung einstellen (vgl. Beschluss vom 15. April 1999 - BVerwG 4 VR 18.98 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 151). Ob, wie hier die Mehrkosten zutreffend gewichtet sind, kann dahinstehen. Selbst wenn dies ein Mangel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten Belange sein sollte, ist dieser nicht erheblich, weil er nicht offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist (vgl. § 43e Abs. 4 Satz 1 EnWG).

g) Hinsichtlich der technischen Alternative einer Erdverkabelung hat die Antragsgegnerin ihre Abwägungsentscheidung rechtmäßig auf die Erwägung gestützt, sie sei hier aus technischen und finanziellen Gründen nicht vorzuziehen.

h) Die Entscheidung für den Standort des Mastes Nr. 18 auf dem Flurstück Nr. ... des Antragstellers zu 3 begründet ebenfalls keinen Abwägungsfehler. Die Antragsgegnerin hat den Standort nachvollziehbar begründet (S. 193 des Planfeststellungsbeschlusses). Eine Möglichkeit, das Eigentum etwa durch Verschiebung des Mastes in der Leitungsachse schonender in Anspruch zu nehmen, ist nicht erkennbar. Auch hat der Antragsteller zu 3 in dem Ortstermin des Gerichts ausgeführt, eine Verschiebung des Mastes sei für ihn ohne Interesse."

18

Daran hält der Senat in vollem Umfang fest und führt ergänzend aus:

Die von den Klägern in ihrem letzten Schriftsatz erneut angesprochene Abschnittsbildung ist rechtmäßig (vgl. Beschluss vom 22. Juli 2010 - BVerwG 7 VR 4.10 - Rn. 27 und 28). Der Betrieb einer auf 380 kV ausgelegten Freileitungstrasse mit einer 220-kV-Leitung hätte eine eingeschränkte eigenständige Funktion. Selbst wenn man die in der Rechtsprechung für Straßenbauvorhaben entwickelten Grundsätze entgegen den zu schienengebundenen Anlagen ergangenen Beschlüssen vom 21. Dezember 1995 - BVerwG 11 VR 6.95 - (Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 8) und vom 30. Dezember 1996 - BVerwG 11 VR 25.95 - (NVwZ-RR 1997, 525) auf die Planfeststellung von Freileitungen übertragen würde, genügte dies. Die von den Klägern aufgeworfene Frage ist somit nicht entscheidungserheblich. Deshalb weist die Sache keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art auf. Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Abschnittsbildung.

19

2. Hinsichtlich des Hilfsantrags ist die Klage bereits unzulässig. Der Hilfsantrag ist auf Schutzauflagen (vgl. § 43b EnWG i.V.m. § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW) gerichtet. Die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) setzt insoweit voraus, dass nach dem klägerischen Vortrag ein Anspruch auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um konkrete Schutzauflagen als möglich erscheint. Daran fehlt es hier. Die Kläger haben nicht dargelegt, um welche Schutzmaßnahmen der Plan ergänzt werden könnte und sollte. Auch von Amts wegen ist keine greifbare Möglichkeit ersichtlich, wie die Immissionen bei gleichzeitiger Verwirklichung der 380-kV-Freileitung technisch beschränkt werden könnten.

20

Die Klage wäre im Hilfsantrag auch unbegründet. Erforderlich sind Schutzmaßnahmen, wenn von dem Vorhaben nachteilige Auswirkungen ausgehen, die durch eine gerechte Abwägung nicht zu überwinden sind. Dies ist hier, wie oben dargelegt, nicht der Fall.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Antragstellerin zu 1 zu 2/3 sowie die Antragstellerin zu 2 und der Antragsteller zu 3 zu je 1/6.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 45 000 € festgesetzt, hiervon entfallen

auf die Antragstellerin zu 1  30 000 €

auf die Antragstellerin zu 2  7 500 €

und den Antragsteller zu 3  7 500 €.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller begehren Eilrechtsschutz gegen einen Planfeststellungsbeschluss zum Bau einer Teilstrecke der Höchstspannungsleitung Hamburg/Nord - Dollern.

2

Mit Beschluss vom 19. April 2013 stellte die Antragsgegnerin den Plan für den Neubau einer 380 kV-Freileitung zwischen dem Umspannwerk Hamburg/Nord und der 380 kV-Freileitung Dollern-Wilster Nr. 307 mit gleichzeitigem Rückbau einer bestehenden 220 kV-Freileitung fest. Die Ausführung erfolgt überwiegend mit Zweiebenenmasten mit Donaumastgestänge mit einer durchschnittlichen Höhe von 54 m, die einen Schutzstreifen von etwa 50 m in Anspruch nehmen.

3

Die Trasse verläuft auf dem Gebiet der Antragstellerin zu 1, einer kreisangehörigen Gemeinde, auf der Trasse der zwischen 1960 und 1962 errichteten 220 kV-Freileitung. Zwischen den Masten 4 und 6 - auf einer Strecke von rund 650 m - verläuft die Trasse entlang einer im Flächennutzungsplan der Antragstellerin zu 1 als Gewerbegebiet ausgewiesenen Fläche. Da die Masten 5 und 6 als Einebenenmasten errichtet werden, wird der Schutzstreifen dort auf 60 m verbreitert. Beginnend zwischen Mast 16 und 17 und endend zwischen Mast 20 und 21 soll die Trasse auf etwa 1 500 m Länge am südlichen Siedlungsrand der Antragstellerin zu 1 vorbeigeführt werden; dabei nähert sich die Trasse, gemessen von ihrer Mitte, von 80 m bis auf rund 30 m an den Siedlungsrand an. In diesem Bereich befinden sich die Grundstücke der Antragsteller zu 2 und 3. Der Mast 20 wird auf einem Grundstück im Eigentum der Antragstellerin zu 1 errichtet. Der hier überspannte Sportplatz gehört zu einer Schule, deren Trägerin die Antragstellerin zu 1 ist. Westlich von Mast 22 bis zur T. Straße verläuft die Trasse auf einer Länge von etwa 320 m in einer Entfernung von weniger als 100 m entlang einer im Flächennutzungsplan der Antragstellerin zu 1 für das Wohnen ausgewiesenen, derzeit unbebauten Fläche.

4

Die Antragstellerin zu 2 ist Miteigentümerin eines seit 1928 mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks (Gemarkung …, Flur 31, Flurstück 43/6), das mit einer vertraglich begründeten beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zur Errichtung und Unterhaltung elektrischer Anlagen zu Gunsten einer Rechtsvorgängerin der Beigeladenen belastet ist und von der Bestandstrasse überspannt wird. Auch die planfestgestellte 380 kV-Leitung überspannt das Grundstück. Das Wohnhaus befindet sich etwa 30 m von der Trassenmitte entfernt. Für den Fall eines Betriebes beider Stromkreise mit einem Betriebsstrom von 4 000 A wird als Immission auf dem Grundstück der Antragstellerin zu 2 auf 1 m EOK ein Feld mit einer elektrischen Feldstärke von 0,625 kV/m und ein Feld mit einer magnetischen Flussdichte von 4,96 µT berechnet.

5

Der Antragsteller zu 3, Träger eines Herzschrittmachers, ist Miteigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Gemarkung …, Flur 31, Flurstück 43/5. Das Wohnhaus befindet sich in einer Entfernung von etwa 51,1 m zur Trassenmitte. Eigentumsrechte werden für die Trasse nicht in Anspruch genommen. Bei einem Betriebsstrom von 3 600 A wird auf dem Grundstück auf 1 m EOK ein elektrisches Feld von 0,210 kV/m und ein magnetisches Feld von 2,31 µT erzeugt.

6

Mit ihrem Antrag begehren die Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer gegen den Planfeststellungsbeschluss erhobenen Klage. Sie halten die vom Verordnungsgeber gesetzten Grenzwerte für elektromagnetische Strahlung für wissenschaftlich überholt und niedrigere Grenzwerte für geboten. Aspekte der Gesundheitsvorsorge bei einer Belastung unterhalb dieser Grenzwerte lasse der Planfeststellungsbeschluss unbeachtet; dies gelte insbesondere für den Antragsteller zu 3 als Träger eines Herzschrittmachers. Die Ablehnung einer Erdverkabelung sowie einer Verschwenkung der Trasse im südlichen Siedlungsbereich der Antragstellerin zu 1 sei abwägungsfehlerhaft, was sowohl für den rechtlichen Maßstab als auch für Einzelfragen gelte. Sie bemängeln, dass weder die Umweltverträglichkeitsprüfung noch der Planfeststellungsbeschluss das Zusammenwirken mit anderen elektromagnetischen Feldern betrachten, insbesondere im Hinblick auf einen in der Nähe von Mast 18 stehenden Mobilfunkmast.

7

Der Antragsgegner und die Beigeladene treten dem Antrag entgegen und verteidigen den Planfeststellungsbeschluss.

II.

8

Der Antrag ist zulässig (A.), aber unbegründet (B.).

9

A. 1. Das Bundesverwaltungsgericht ist als Gericht der Hauptsache zuständig nach § 1 Abs. 3 EnLAG i.V.m. § 50 Abs. 1 Nr. 6, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Das planfestgestellte Vorhaben ist Teil des Neubaus der Höchstspannungsleitung Kassø (DK) - Hamburg Nord - Dollern mit einer Nennspannung von 380 kV und damit in den Bedarfsplan nach § 1 Abs. 1 EnLAG i.V.m. der Anlage aufgenommen.

10

Die Zuweisung der erstinstanzlichen Zuständigkeit an das Bundesverwaltungsgericht ist verfassungsgemäß. Dies hat der 7. Senat für andere Vorhaben nach dem Bedarfsplan des EnLAG angenommen (Beschlüsse vom 9. Oktober 2012 - BVerwG 7 VR 10.12 - Buchholz 310 § 50 VwGO Nr. 31 Rn. 4, vom 24. Mai 2012 - BVerwG 7 VR 4.12 - ZUR 2012, 499 = juris Rn. 6 und vom 28. Februar 2013 - BVerwG 7 VR 13.12 - ER 2013, 119 = juris Rn. 6) und gilt auch für das planfestgestellte Vorhaben.

11

Aus Art. 92, 95 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG folgt, dass das Bundesverwaltungsgericht als oberster Gerichtshof des Bundes grundsätzlich als Rechtsmittelgericht errichtet werden muss. Der Gesetzgeber kann ihm aus sachlich einleuchtenden Gründen ausnahmsweise auch erstinstanzliche Zuständigkeiten übertragen (BVerfG, Entscheidung vom 10. Juni 1958 - 2 BvF 1/56 - BVerfGE 8, 174 <177> und Urteil vom 4. Juli 1995 - 1 BvF 2/86 u.a. - BVerfGE 92, 365 <410>; BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 32.02 - BVerwGE 120, 87 <93 f.>). Allerdings rechtfertigt nicht jeder beliebige Grund eine solche Zuständigkeitsbestimmung. Zugewiesen werden dürfen nur Streitigkeiten, bei denen ein gesamtstaatliches oder bundesstaatliches Interesse an einer raschen (rechtskräftigen) Entscheidung besteht. Ferner muss eine solche Zuständigkeitsbestimmung die Ausnahme bleiben. Die Zuweisungen dürfen quantitativ und qualitativ nach ihrem Anteil an der gesamten Geschäftslast des Gerichts keine solche Größenordnung erreichen, dass nicht mehr von einer ausnahmsweisen Zuständigkeit gesprochen werden kann. Ferner müssen auch den Gerichten der Länder in wesentlichen Rechtsmaterien, insbesondere mit raumbedeutsamem Inhalt, substanzielle Zuständigkeiten verbleiben. Dem Gesetzgeber steht bei dieser Entscheidung ein weiter Einschätzungsspielraum zu. Weist er Rechtsstreitigkeiten über bestimmte, im Einzelnen aufgelistete Infrastrukturvorhaben einem obersten Gerichtshof zu, muss jedes Einzelprojekt den genannten Anforderungen genügen (Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 30 ff.).

12

Das planfestgestellte Vorhaben soll dazu beitragen, die Sicherheit der Versorgung mit Energie in Deutschland langfristig zu gewährleisten. Nach Einschätzung des Gesetzgebers würden ohne die Trasse Hamburg/Nord - Dollern bei Ausfall des 220 kV-Stromkreises Hamburg/Nord-Stade oder bei Ausfall eines 380 kV-Stromkreises Hamburg/Nord - Hamburg/Ost die jeweils parallel laufenden Stromkreise überlastet (BTDrucks 16/10491 S. 10). Diese Einschätzung stützt sich auf die Studie der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) "Energiewirtschaftliche Planung für die Netzintegration von Windenergie in Deutschland an Land und Offshore bis zum Jahr 2020" vom 24. Februar 2005 (dena-Netzstudie I), die den Ausbau einer 380 kV-Leitung Hamburg/Nord - Dollern bis zum Jahr 2010 für erforderlich hielt (S. 118), sowie auf die Entscheidung Nr. 1364/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 zur Festlegung von Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze und zur Aufhebung der Entscheidung 96/391/EG und der Entscheidung 1229/2003/EG (ABl L 262/1). Diese bestimmt die Verbindungsleitung Kassø (DK) - Hamburg/Dollern zu einem Vorhaben von europäischem Interesse, das nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 der Entscheidung Nr. 1364/2006/EG zügig durchgeführt werden soll (vgl. BTDrucks 17/11871 S. 1). Dies sind sachliche Gründe, welche die erstinstanzliche Zuweisung an ein oberstes Bundesgericht tragen können (so auch die Einschätzung der Bundesregierung, BTDrucks 16/10491 S. 23). Der Gesetzgeber durfte die erstinstanzliche Zuständigkeit mit der Erwartung verbinden, dass gerichtliche Verfahren bei der Beschränkung auf eine Instanz schneller abgeschlossen werden können. Diese Erwartung hat sich bisher nicht als offensichtlich fehlerhaft erwiesen, auch wenn es kritische Stimmen geben mag.

13

Die Zuweisung wahrt die gebotenen quantitativen und qualitativen Grenzen. Zum Stichtag am 31. Juli 2013 machten - ohne Berücksichtigung der Disziplinarsachen, der Wehrbeschwerde- und Wehrdisziplinarsachen - sämtliche erstinstanzliche Verfahren 9,5 % des Gesamtbestandes der beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren aus, darunter Streitigkeiten nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO 5,6 % des Gesamtbestandes und Verfahren nach § 5 Abs. 1 VerkPBG 1,8 %. Auch unter Berücksichtigung des häufig umfangreichen Streitstoffs und der besonderen Komplexität der Verfahren hat das Gericht schon einen quantitativ höheren Anteil erstinstanzlicher Verfahren nicht beanstandet (Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 39 auf der Grundlage der Zahlen zum 30. Juni 2008). Hieran ist festzuhalten ebenso wie an der Einschätzung, dass den Gerichten der Länder im Recht der raumbedeutsamen Infrastrukturvorhaben und speziell im Bereich der Energieleitungen nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 VwGO noch hinreichend substanzielle Zuständigkeiten verbleiben.

14

Die mit der Zuweisung an ein oberstes Bundesgericht verbundene Verkürzung des Rechtswegs auf eine Instanz verstößt ferner nicht gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Die Grundrechtsbestimmung garantiert den Zugang zum Gericht, gewährt aber ebenso wenig einen Instanzenzug wie das allgemeine Rechtsstaatsprinzip (BVerfG, Beschlüsse vom 11. Juni 1980 - 1 PBvU 1/79 - BVerfGE 54, 277 <291> und vom 7. Juli 1992 - 2 BvR 1631/90 u.a. - BVerfGE 87, 48 <61> sowie Urteil vom 4. Juli 1995 a.a.O.).

15

2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist statthaft. Denn die fristgerechte Anfechtungsklage zum Aktenzeichen BVerwG 4 A 3.13 hat nach § 43e Abs. 1 Satz 1 EnWG keine aufschiebende Wirkung.

16

3. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen sind die Antragsteller auch entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt.

17

a) Die Antragstellerin zu 1 ist Eigentümerin von Grundstücken, auf denen Masten errichtet oder die vom Schutzstreifen des Vorhabens erfasst werden, so etwa die für Mast 20 vorgesehenen Grundstücke Gemarkung …, Flur 32, Flurstücke 8 und 11/1. Auch wenn die Antragstellerin zu 1 als kommunale Gebietskörperschaft nicht Trägerin des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist (BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82 <100 ff.>), kann sie dennoch wie ein privater Grundstückseigentümer geltend machen, die Inanspruchnahme der Grundstücke verletze das Gebot der gerechten Abwägung ihrer eigenen Belange (Urteil vom 27. März 1992 - BVerwG 7 C 18.91 - BVerwGE 90, 96 <101> und Beschluss vom 13. März 1995 - BVerwG 11 VR 2.95 - Buchholz 445.5 § 14 WaStrG Nr. 3). Die Beigeladene hält dem zwar entgegen, das Eigentum der Antragstellerin zu 1 sei schon durch die bestehende Trasse beschränkt. Es fehlt indes an Vortrag, welche zivilrechtlichen Positionen die Beigeladene berechtigen könnten, Eigentum der Antragstellerin zu 1 für das Vorhaben in Anspruch zu nehmen. Hiervon unabhängig verfehlt der Hinweis auf bestehende Beschränkungen den Gegenstand der Planfeststellung, die auf ein neues Gesamtvorhaben, nämlich die Errichtung einer 380 kV-Freileitung bei gleichzeitigem Rückbau der bestehenden 220 kV-Freileitung zielt. Der Antragstellerin zu 1 steht eine Antragsbefugnis zu, um den rechtlich eigenständigen Zugriff auf ihre Grundstücke durch die angegriffene Planfeststellung abzuwehren. Sie mag dies mit der Aussicht verbinden, dass bei einer veränderten Planung möglicherweise bestehende Belastungen ihres Eigentums entfallen.

18

Die Antragsbefugnis der Antragstellerin zu 1 folgt ferner aus ihrer Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG), deren Verletzung nicht von vornherein ausgeschlossen ist.

19

b) Die Antragsteller zu 2 und 3 sind antragsbefugt. Die Antragstellerin zu 2 ist durch die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses unmittelbar in ihrem Grundeigentum betroffen. Darüber hinaus kann sie ebenso wie der Antragsteller zu 3 Mängel bei der Abwägung ihrer eigenen Belange rügen (Urteile vom 14. Februar 1975 - BVerwG 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <66>, vom 24. September 1998 - BVerwG 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <221> und vom 17. Dezember 2009 - BVerwG 7 A 7.09 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 69 Rn. 18). Allerdings bleiben die auf den Grundstücken der Antragsteller erwarteten Immissionen unterhalb der Grenzwerte der Sechsundzwanzigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über elektromagnetische Felder - 26. BImSchV <1996>) in der Fassung vom 16. Dezember 1996 (BGBl I S. 1966). Dies stellt die Antragsbefugnis aber nicht in Frage. Denn die Antragsteller greifen diese Grenzwerte als überholt an und verlangen darüber hinaus die Berücksichtigung von Immissionen unterhalb dieser Grenzwerte in der Abwägung. Davon, dass die Immissionsbefürchtungen der Antragsteller ein jenseits der Schwelle praktischer Vernunft (BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. November 2008 - 1 BvR 2456/06 - BVerfGK 14, 402 <407 f.>; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 - BVerwG 4 CN 3.11 - BVerwGE 143, 24 Rn. 26) angesiedeltes, nicht mehr quantifizierbares Restrisiko darstellten, das jeder Bürger als sozial adäquate Last zu tragen hat, geht der Senat bei summarischer Prüfung nicht aus.

20

4. Das Rechtsschutzbedürfnis liegt vor. Bei Erfolg des Eilantrags wären die Grundstücke der Antragsteller für die Dauer des Klageverfahrens weiterhin nur der Immissionsbelastung durch die bestehende 220 kV-Freileitung ausgesetzt, die etwa um den Faktor 4 geringer ist als die Immissionsbelastung durch das planfestgestellte Vorhaben.

21

B. Der Antrag ist unbegründet, weil die Interessen der Antragsteller an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache gegenüber dem öffentlichen Interesse an der gesetzlich vorgesehenen sofortigen Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses (§ 43e Abs. 1 Satz 1 EnWG) nicht überwiegen. Denn nach summarischer Prüfung wird die Klage der Antragsteller aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben, soweit sie die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses und hilfsweise die Feststellung anstreben, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.

22

1. Die Einwendungen der Antragsteller sind jedenfalls zum weit überwiegenden Teil nicht präkludiert (a). Sie können im Klageverfahren eine Prüfung des Planfeststellungsbeschlusses in unterschiedlichem Umfang verlangen, jedenfalls der Antragstellerin zu 2 steht aber ein Anspruch auf Vollüberprüfung des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses zur Seite (b).

23

a) Anders als die Beigeladene meint, sind weder die Antragstellerin zu 1 mit ihren Einwendungen bezogen auf das geplante Gewerbegebiet F. Straße/N. im Bereich der Masten 4 bis 6 noch die Antragsteller zu 2 und 3 mit ihren Einwendungen betreffend die Gesundheitsvorsorge präkludiert.

24

Entsprechend § 43a EnWG i.V.m. § 140 Abs. 3 Satz 1 LVwG SH lagen die Unterlagen in der Zeit vom 25. Mai 2009 bis einschließlich 25. Juni 2009 aus, so dass die vierwöchige Einwendungsfrist nach § 43a EnWG i.V.m. § 140 Abs. 4 Satz 1 LVwG SH am 23. Juli 2009 endete. Der hieran anknüpfende Einwendungsausschluss nach § 43a EnWG i.V.m. § 140 Abs. 4 Satz 3 LVwG SH, über den ordnungsgemäß belehrt worden ist, gilt auch für das gerichtliche Verfahren (Urteile vom 23. April 1997 - BVerwG 11 A 7.97 - BVerwGE 104, 337 <343> und vom 30. Mai 2012 - BVerwG 9 A 35.10 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225 Rn. 16). Diese Regelung ist nach der bisherigen Rechtsprechung der Planungssenate des Bundesverwaltungsgerichts auch mit Gemeinschaftsrecht vereinbar (Urteile vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 107 und vom 29. September 2011 - BVerwG 7 C 21.09 - Buchholz 406.254 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz Nr. 4; Beschluss vom 11. November 2009 - BVerwG 4 B 57.09 - Buchholz 406.254 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz Nr. 1). Dabei muss die Einwendung als sachliches Gegenvorbringen so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Hinsicht sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll. Der Einwender muss daher zumindest in groben Zügen darlegen, welches Schutzgut er als gefährdet ansieht und welche Beeinträchtigungen er befürchtet, ohne dies allerdings begründen zu müssen (Urteil vom 14. Juli 2011 - BVerwG 9 A 14.10 - NVwZ 2012, 180 Rn. 17). Die Antragstellerin zu 1 machte in ihrem Einwendungsschreiben vom 14. Juli 2009 hinreichend deutlich, dass sie eine breitere Überspannung des geplanten Gewerbegebietes kritisch sah. Dies war für die Antragsgegnerin erkennbar, ungeachtet der hierzu im Widerspruch stehenden Aussage, die Trassenführung sei insoweit "grundsätzlich unbedenklich". Die Antragsteller zu 2 und 3 verlangten hinreichend deutlich eine Vorsorge gegenüber Immissionen durch elektromagnetische Felder, indem sie eine Reduzierung der Immissionsbelastung auch unterhalb der Grenzwerte der 26. BImSchV (1996) forderten.

25

Nach nationalem Recht sind die Antragsteller mit der Einwendung ausgeschlossen, die Gefahren durch Blitzschlag seien nicht hinreichend beachtet. Solche Gefahren rügten sie in ihren Einwendungsschreiben im Juli 2009 nicht. Die Antragstellerin zu 2 erhob diese Einwendung erstmals mit Schreiben vom 24. März 2012. Die Einwendung war zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeschlossen, ungeachtet der laufenden Einwendungsfrist für die 1. Planänderung. Denn bei einer Planänderung bleibt es hinsichtlich der von der Änderung nicht berührten Teile des Plans bei der einmal eingetretenen Präklusion (Beschluss vom 23. Juni 2009 - BVerwG 9 VR 1.09 - NVwZ-RR 2009, 753 Rn. 6). Hiervon unabhängig spricht aber auch in der Sache nichts dafür, dass dieser Gesichtspunkt zum Erfolg des Hauptantrages oder des ersten Hilfsantrages der Klage führen wird (s.u.).

26

b) Die Antragstellerin zu 1 ist als von der Fachplanung betroffene Gemeinde auf die Rüge von Vorschriften beschränkt, die ihrem Schutz dienen. Weder die in Art. 28 Abs. 2 GG verbürgte Selbstverwaltungsgarantie und Planungshoheit noch das zivilrechtliche Eigentum an den Grundstücken, die durch die Planfeststellung in Anspruch genommen werden, vermitteln ihr einen Anspruch auf Vollüberprüfung des Planfeststellungsbeschlusses (Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388 <391 f.> und Beschluss vom 28. Februar 2013 - BVerwG 7 VR 13.12 - ER 2013, 119 = juris Rn. 10). Die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses zu Lasten der Antragstellerin zu 1 führt nicht zu dem aus Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG hergeleiteten Anspruch auf vollumfängliche Prüfung des Planfeststellungsbeschlusses, da die Antragstellerin zu 1 nicht Trägerin des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG ist (BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82 <100 ff.>).

27

Die Antragstellerin zu 2 wird nach § 45 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 EnWG mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung von dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss betroffen und kann daher dessen Überprüfung auch anhand solcher Normen verlangen, die ihr keine subjektiven Rechte gewähren. Denn sie braucht eine Enteignung nach Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG nur hinzunehmen, wenn diese dem Wohl der Allgemeinheit dient. Die Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses oder die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit scheidet allerdings nach nationalem Recht aus, wenn der geltend gemachte Rechtsfehler für ihre Eigentumsbetroffenheit aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erheblich, insbesondere nicht kausal ist (Urteile vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 24, vom 24. November 2010 - BVerwG 9 A 13.09 - BVerwGE 138, 226 Rn. 23 f. und vom 14. November 2012 - BVerwG 9 C 14.11 - NVwZ 2013, 803 Rn. 10). Dem so skizzierten Vollüberprüfungsanspruch steht auch nicht entgegen, dass das Grundstück der Antragstellerin zu 2 bereits mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zur Errichtung und Unterhaltung elektrischer Anlagen zu Gunsten einer Rechtsvorgängerin der Beigeladenen belastet ist. Denn der hier angegriffene Planfeststellungsbeschluss hat ein neues von der bisherigen Energieleitung unabhängiges Vorhaben zum Gegenstand und greift deshalb unabhängig von der bestehenden Dienstbarkeit mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung auf das Grundstück der Antragstellerin zu 2 zu. Dies gilt umso mehr, als die Planfeststellung auch den Rückbau der Bestandstrasse umfasst. Allein der Rückbau führt zum Erlöschen der bestehenden Dienstbarkeit, weil das mit ihrer Bestellung verfolgte Interesse endgültig entfällt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2009 - V ZR 139/08 - MittBayNotK 2009, 374). Dies erkennt auch der Planfeststellungsbeschluss, welcher der Beigeladenen auferlegt, die Löschung von Zugriffsrechten für die zurückgebaute Freileitung unmittelbar nach Abschluss der Rückbauarbeiten auf ihre Kosten zu beantragen (Abschnitt 2.1.1., Auflage Nr. 16).

28

Dem Antragsteller zu 3 steht kein Vollüberprüfungsanspruch zur Seite. Sein Grundstück wird nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung in Anspruch genommen. Dies bedarf indes keiner Vertiefung, weil selbst die Antragstellerin zu 2 mit ihrem weiter gehenden Überprüfungsanspruch mit dem Haupt- und ersten Hilfsantrag ihrer Klage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird.

29

2. Die Planrechtfertigung liegt vor. Das Vorhaben ist Teil des Neubaus der Höchstspannungsleitung Kassø (DK) - Hamburg Nord - Dollern mit einer Nennspannung von 380 kV und Teil eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 EnLAG. Es entspricht nach § 1 Abs. 2 Satz 1 EnLAG den Zielsetzungen des § 1 EnWG. Seine energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf stehen damit nach § 1 Abs. 2 Satz 2 EnLAG mit verbindlicher Wirkung für die Planfeststellung nach Satz 3 und für das gerichtliche Verfahren fest (Beschluss vom 24. Mai 2012 - BVerwG 7 VR 4.12 - ZUR 2012, 499 = juris Rn. 21 und Urteile vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 43 und vom 3. Mai 2013 - BVerwG 9 A 16.12 - NVwZ 2013, 1209 Rn. 17 f. ). Auf die von den Antragstellern gegen § 1 Abs. 2 EnLAG angeführten verfassungsrechtlichen und gemeinschaftsrechtlichen Bedenken kommt es insoweit nicht an, weil die Beteiligten über die Planrechtfertigung nicht streiten. Der Planfeststellungsbeschluss hat ihr Vorliegen im Einzelnen begründet (PFB S. 93 ff.), auch die Antragsteller erkennen den Bedarf für den Bau der Trasse zur Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien an.

30

3. Maßgeblich für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ist die Rechtslage bei dessen Erlass (Urteil vom 1. April 2004 - BVerwG 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <283>), soweit nicht spätere Rechtsänderungen einen vormaligen Rechtsverstoß entfallen lassen (Urteil vom 12. August 2009 a.a.O. Rn. 52). Hinsichtlich der Immissionen kommt es daher auf die 26. BImSchV in der Fassung vom 16. Dezember 1996 (BGBl I S. 1966) an, während die Änderungen durch Art. 1 der Verordnung zur Änderung der Vorschriften über elektromagnetische Felder und das telekommunikationsrechtliche Nachweisverfahren vom 14. August 2013 (BGBl I S. 3259) außer Betracht bleiben. Die Grenzwerte nach der 26. BImSchV (1996) wahrt das Vorhaben (a). Diese Grenzwerte sind rechtlich nicht zu beanstanden (b).

31

a) Die planfestgestellte Höchstspannungsleitung unterfällt als sonstige ortsfeste Einrichtung nach § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG dem BImSchG. Da sie keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 der 4. BImSchV bedarf, ist sie nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind und nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Gestützt auf § 23 Abs. 1 BImSchG konkretisiert die 26. BImSchV (1996) diese Anforderungen zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen und zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch elektromagnetische Felder (§ 1 Abs. 1 Satz 2 der 26. BImSchV <1996>).

32

Die planfestgestellte Leitung, eine Niederfrequenzanlage nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a der 26. BImSchV (1996), ist nach § 3 Satz 1 der 26. BImSchV (1996) i.V.m. Anhang 2 so zu errichten und zu betreiben, dass in ihrem Einwirkungsbereich in Gebäuden oder auf Grundstücken, die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, bei höchster betrieblicher Auslastung unter Berücksichtigung von Immissionen durch andere Niederfrequenzanlagen der Effektivwert der elektrischen Feldstärke 5 kV/m und der Effektivwert der magnetischen Flussdichte 100 µT nicht überschreitet. Zum Zwecke der Vorsorge haben nach § 4 der 26. BImSchV (1996) bei der Errichtung einer Niederfrequenzanlage in der Nähe von Wohnungen oder Schulen in diesen Gebäuden oder auf diesen Grundstücken auch die maximalen Effektivwerte diesen Anforderungen zu entsprechen. Die damit festgelegten Grenzwerte unterschreitet das Vorhaben bei Weitem.

33

b) Die Grenzwerte der 26. BImSchV (1996) sind von Rechts wegen nicht zu beanstanden (Beschlüsse vom 22. Juli 2010 - BVerwG 7 VR 4.10 - NVwZ 2010, 1486 Rn. 25 und vom 28. Februar 2013 - BVerwG 7 VR 13.12 - ER 2013, 119 = juris Rn. 20). Eine Verletzung grundrechtlicher Schutzpflichten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG kann nicht festgestellt werden.

34

Der Verordnungsgeber verfügt bei der Erfüllung seiner Schutzpflicht für die menschliche Gesundheit über einen weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum, der auch Raum lässt, konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen. Die verfassungsrechtliche Schutzpflicht wird erst verletzt, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen hat oder die getroffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen oder erheblich dahinter zurückbleiben. Von einem solchen völlig unzureichenden Schutz kann so lange keine Rede sein, als sich die Eignung und Erforderlichkeit geringerer Grenzwerte mangels verlässlicher wissenschaftlicher Erkenntnisse noch gar nicht abschätzen lässt (BVerfG, Beschlüsse vom 30. November 1988 - 1 BvR 1301/84 - BVerfGE 79, 174 <202> und vom 28. Februar 2002 - 1 BvR 1676/01 - NJW 2002, 1638 <1639> sowie Kammerbeschluss vom 24. Januar 2007 - 1 BvR 382/05 - BVerfGK 10, 208 = juris Rn. 18).

35

Die Grenzwerte der 26. BImSchV (1996) verhindern wirksam akute Beeinträchtigungen der Gesundheit. Der Verordnungsgeber hat bei der Novelle zur 26. BImSchV (Art. 1 der Verordnung vom 14. August 2013 - BGBl I S. 3259) an dem Grenzwert für die elektrische Feldstärke und die magnetische Flussdichte festgehalten (Anhang 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 26. BImSchV). Er beruft sich dabei auf Empfehlungen der 2010 veröffentlichten Guidelines der International Commission on non-Ionizing radiation protection (ICNIRP) (veröffentlicht in: Health Physics 99<6>: 818). Auch die von den Antragstellern vorgelegte Studie Dehos/Grosche/Pophof/Jung, Gesundheitliche Risiken durch die niederfrequenten Felder der Stromversorgung - Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und offene Fragen -, UMID1 2013, 47 ff. hält diese Werte für akute Beeinträchtigungen für wissenschaftlich abgesichert (a.a.O. S. 50). Dem ist auch im Ausschuss des Bundestages für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zugestimmt worden (Sachverständiger Prof. Dr. Hutter, BT, 17. WP, 92. Sitzung vom 27. Februar 2013, Protokoll 17/92 S. 12).

36

Die Kritik der Antragsteller entzündet sich an möglichen Langzeitfolgen. Die vorliegenden Erkenntnisse lassen aber nicht erkennen, dass der Verordnungsgeber insoweit seinen Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum überschritten haben könnte. Die Studie von Dehos u.a. zeigt - gerade im Hinblick auf das von den Antragstellern in den Mittelpunkt gerückte Risiko einer Leukämie bei Kindern - eine mittel- und langfristige Forschungsagenda auf (UMID1 2013, 47 <52>). Die bisherigen epidemiologischen Beobachtungen könnten zum Teil auf einer Verzerrung bei der Auswahl der Studienteilnehmer (Selektionsbias) zurückzuführen sein (a.a.O. S. 51). Die Befundlage erweist sich damit als "nicht stark genug, um einen Kausalzusammenhang zu belegen, aber ausreichend, um eine Besorgnis zu begründen" (so Sachverständiger Matthes, BT, 17. WP, 92. Sitzung vom 27. Februar 2013, Protokoll 17/92 S. 10).

37

Diese Bewertung entspricht im Kern der Einschätzung der Strahlenschutzkommission. Diese wies 2008 darauf hin, dass der festgestellte Zusammenhang auf einen Selektionsbias zurückzuführen sein könnte (Schutz vor elektrischen und magnetischen Feldern der elektrischen Energieversorgung und -anwendung, Empfehlung der Strahlenschutzkommission vom 21./22. Februar 2008, S. 19), und vertiefte diese Einschätzung in einem Bericht aus 2011 (Vergleichende Bewertung der Evidenz von Krebsrisiken durch elektromagnetische Felder und Strahlungen, Stellungnahme der Strahlenschutzkommission vom 14./15. April 2011, S. 52 ff.). Aus epidemiologischen Studien bestehe eine unvollständige Evidenz für ein erhöhtes Risiko für Leukämie im Kindesalter in Folge niederfrequenter magnetischer Felder. Dem stehe aber gegenüber, dass Daten aus in-vitro-Studien oder in-vivo-Studien ebenso fehlten wie ein biologisches Wirkmodell. Ein physikalisches Wirkmodell liefere keine bzw. eine unzureichende Evidenz für den möglichen Zusammenhang. In der Zusammenschau schätzt die Strahlenschutzkommission die Evidenz für einen Zusammenhang von Leukämie im Kindesalter infolge niederfrequenter magnetischer Felder als schwach ein (Stellungnahme, a.a.O. S. 54). Dies bedeutet, dass eine unzureichende Anzahl von Studien vorliegt, deren methodische Qualität sowie Größe häufig begrenzt ist, und ein Bias oder der Einfluss von Störgrößen (Confounding) nicht ausgeschlossen werden kann (Stellungnahme, a.a.O. S. 4). Ähnlich geht die ICNIRP in ihren Guidelines davon aus, dass es keine zwingende Evidenz gibt, dass dauerhafte Bedingungen (chronic conditions) ursächlich mit niederfrequenten elektrischen oder magnetischen Feldern zusammenhängen (Health Physics, S. 818).

38

Ob der Verordnungsgeber auf die damit verbleibende Besorgnis mit einer Absenkung der Grenzwerte reagiert, unterliegt seinem Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum. Dessen verfassungsrechtlich gezogene Grenzen sind nicht überschritten, wenn er - wie geschehen - von weitergehenden Schutzmaßnahmen absieht. Dies gilt umso mehr, als es hinsichtlich denkbarer Langzeitfolgen an Erkenntnissen zu einer Dosis-Wirkung-Beziehung fehlt.

39

4. Die getroffene Abwägungsentscheidung ist frei von im Ergebnis erheblichen Abwägungsfehlern.

40

a) Die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat offengelassen, ob die gesetzliche Bedarfsfestlegung in § 1 Abs. 1 EnLAG i.V.m. der Anlage sowie § 43 Satz 1 Nr. 1 EnWG sich auf die Ausführung als Freileitung bezieht und so die Ausführung einer Trasse durch Erdkabel ausschließt (Beschluss vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 28 und 31). Diese Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung, weil der Planfeststellungsbeschluss (PFB S. 99 bis 106) eine vollständige oder teilweise Erdverkabelung ohne Abwägungsfehler ablehnt.

41

Die Antragsteller werfen dem Planfeststellungsbeschluss vor, sich unter Verwendung eines falschen rechtlichen Maßstabs auf die Prüfung zu beschränken, ob sich Alternativen aufdrängen. Damit überlasse der Beschluss in rechtswidriger Weise dem Vorhabenträger die Planung und beschränke sich fehlerhaft auf eine Rechtskontrolle. Dieser Vortrag führt nicht auf einen erheblichen Abwägungsfehler. Es ist nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, die planerischen Erwägungen des Vorhabenträgers durch abweichende eigene Überlegungen zu ersetzen. Sie kontrolliert insoweit nur, ob die von ihm getroffene Entscheidung rechtmäßig ist. Es steht ihr allerdings die Befugnis zu, bisher noch nicht berücksichtigten abwägungsrelevanten Gesichtspunkten Rechnung zu tragen (Urteil vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <151>; vgl. auch Urteil vom 24. November 1994 - BVerwG 7 C 25.93 - BVerwGE 97, 143 <148 f.>). Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials muss sie alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen berücksichtigen und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen berührten öffentlichen und privaten Belangen einstellen (stRspr, zuletzt Urteil vom 3. Mai 2013 - BVerwG 9 A 16.12 - NVwZ 2013, 1209 Rn. 85 ). Es mag offenbleiben, ob jede einzelne Formulierung des Planfeststellungsbeschlusses diesen Maßstab zutreffend abbildet. Der Planfeststellungsbeschluss hält die Führung als Freileitung an Stelle einer Führung durch Erdkabel für "vorzugswürdig" (PFB S. 101), weil diese "insgesamt vorteilhafter" sei (PFB S. 103), und beruft sich hierzu auf eine "Abwägung aller erheblichen Gesichtspunkte" (PFB S. 106). Angesichts dieser Begründung wäre ein Abwägungsmangel, wie ihn die Antragsteller in einem fehlerhaften rechtlichen Maßstab erblicken, jedenfalls auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen (§ 43e Abs. 4 Satz 1 EnWG).

42

Der Planfeststellungsbeschluss hält ebenso wie die Antragsteller eine vollständige oder teilweise Erdverkabelung betrieblich und technisch für möglich (PFB S. 102). Gestützt auf Oswald, Vergleichende Studie zu Stromübertragungstechniken im Höchstspannungsnetz, 2005 (ForWind-Studie I) und Ergänzende Studie, 2008 (ForWind-Studie II) hat die Planfeststellungsbehörde aber angenommen, dass eine Freileitung gegenüber einem Erdkabel technisch und betrieblich insgesamt vorteilhafter ist (PFB S. 102 f.). Diese Einschätzung stützt sie ferner auf die vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit beauftragte Studie des energie-Forschungszentrums Niedersachsen, Ökologische Auswirkungen von 380-kV Erdleitungen und HGÜ-Erdleitungen (2012). Eine Freileitung habe u.a. eine längere Lebensdauer, Reparaturen seien einfacher und schneller durchzuführen, die Folgen von Fehlern bei Freileitungen seien begrenzt und ihre Belastbarkeit wegen der natürlichen Kühlung höher.

43

Die Antragsteller ziehen diesen Vergleich nicht in Zweifel, bemängeln indes, das Gutachten von Brakelmann/Jarass, Erdkabellösung Quickborn, 2012, sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Antragsteller lassen aber im Dunkeln, welche Folgerungen sich hieraus ergeben sollten, insbesondere, in welchen Punkten das genannte Gutachten andere und bessere Erkenntnisse erbringen soll. Dies wird augenfällig an der von den Gutachtern und den Antragstellern selbst als zentrale Ergebnisse bezeichneten Zusammenfassung, welche die - unstreitige - Lage der Trasse im Raum und die - ebenfalls unstreitigen - Mehrkosten beschreibt und Einschätzungen zu Rechtsfragen abgibt.

44

Der Planfeststellungsbeschluss hält eine teilweise Erdverkabelung für erheblich teurer als eine Freileitung. Diese Mehrkosten eines Vorhabens sind abwägungserheblich, auch wenn sie einen privaten Vorhabenträger treffen (Beschlüsse vom 22. Juli 2010 - BVerwG 7 VR 4.10 - NVwZ 2010, 1486 Rn. 42 und vom 28. Februar 2013 - BVerwG 7 VR 13.12 - ER 2013, 119 = juris Rn. 32). Abwägungsfehlerhaft ist allein der Hinweis auf den hier nicht einschlägigen § 7 BHO und ein hieraus folgendes öffentliches Interesse, die Kosten möglichst gering zu halten (PFB S. 100). Dieser Fehler ist indes nach § 43e Abs. 4 Satz 1 EnWG nicht erheblich, weil er auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen ist. Der Beschluss erkennt im unmittelbaren Anschluss an diese Passage, dass die Mehrkosten zu Lasten der Beigeladenen und damit nicht zu Lasten des Bundeshaushalts gehen. Zur Höhe der Mehrkosten stützt sich der Planfeststellungsbeschluss auf die Berechnungen des Gutachtens der Antragstellerin zu 1, das von Mehrkosten zwischen 13 und 19 Mio. € für eine teilweise Verkabelung ausgeht, so dass die Investitionskosten das 4,5 bis 5,5-fache der Freileitung betragen (PFB S. 105 in Anschluss an Brakelmann/Jarass, Erdkabellösung Quickborn, S. 78). Dies entspricht in der Größenordnung den Berechnungen der Beigeladenen, die eine Erhöhung der Gesamtkosten um den Faktor 3,7 bis 4,5 prognostizieren (Erläuterungsbericht S. 24). Dass der Planfeststellungsbeschluss den Mehrbetrag nicht zu den Gesamtkosten ins Verhältnis setzt, ist eine Frage der Darstellung, zeigt aber keinen Abwägungsfehler auf.

45

Die Antragsteller meinen, der Planfeststellungsbeschluss blende die Vorteile einer Erdverkabelung "nahezu vollständig" aus. Dies führt auf keinen erheblichen Abwägungsfehler. Die geringere elektromagnetische Strahlung sieht der Planfeststellungsbeschluss (PFB S. 179), hält diesem Gesichtspunkt aber entgegen, die maßgeblichen Grenzwerte würden auch bei einer Freileitung weit unterschritten. Die Auswirkungen der Freileitung auf die Grundstückspreise - ein Indikator für das Wohnumfeld - sieht der Planfeststellungsbeschluss, hält sie aber für hinnehmbar (PFB S. 181). Das Landschaftsbild findet in diesem Zusammenhang keine Erwähnung, seine Beeinträchtigung durch die Freileitung hat der Planfeststellungsbeschluss aber erkannt und hingenommen (PFB S. 197 ff.). Hinsichtlich welcher konkreten städtebaulichen Entwicklungsoptionen die Antragsteller eine Abwägung vermissen, ist nicht ersichtlich. Die von ihnen in diesem Zusammenhang angeführten ForWind-Studien führen insoweit nicht weiter.

46

Der Planfeststellungsbeschluss hat auch eine von den Antragstellern angenommene bessere Akzeptanz eines Erdkabels im Ergebnis ohne Rechtsfehler nicht in die Abwägung einbezogen (PFB S. 106). Zwar darf einem Planfeststellungsverfahren ein informelles Verfahren mit dem Ziel vorgeschaltet werden, eine Empfehlung zu erarbeiten, die auf breite Akzeptanz in der Öffentlichkeit stoßen kann (Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 25). Die Akzeptanz einer Entscheidung als solche, also ihre - vermutete - Billigung durch einen wie auch immer gezogenen Kreis von Betroffenen, wird damit aber nicht selbst zum abwägungserheblichen Belang. Die Planfeststellungsbehörde ist vielmehr selbst bei einem vorhergehenden, auf Förderung von Akzeptanz gerichteten Verfahren weiter gehalten, die für eine sachgerechte Ausübung planerischer Gestaltung notwendige Distanz und Neutralität zu wahren (Urteil vom 3. März 2011 a.a.O.).

47

Die Abwägung ist nicht fehlerhaft in Hinblick auf den Grundsatz 3.5.1.8 des Landesentwicklungsplans Schleswig-Holstein in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Juli 2010 (IV 52 - 502.17) (ABl Schleswig-Holstein 2010, S. 719). Danach sind Leitungen, soweit technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar, zu verkabeln. Als Grundsatz der Raumordnung handelt es sich um eine Aussage zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgabe für nachfolgende Abwägungs- und Ermessensentscheidungen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG. Ein solcher Grundsatz ist bei Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Maßnahmen von Personen des Privatrechts, die der Planfeststellung bedürfen, in ihrer Abwägungsentscheidung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ROG zu berücksichtigen. Der Grundsatz kann aber in der Abwägung überwunden werden (Beschluss vom 15. Juni 2009 - BVerwG 4 BN 10.09 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 176). Hier nimmt der Planfeststellungsbeschluss den Grundsatz zur Kenntnis (PFB S. 179) und trägt ihm Rechnung bzw. überwindet ihn jedenfalls im Wege der Abwägung, indem er auf die "entscheidenden Gewichtungen" im Hinblick auf die Fragen der Wirtschaftlichkeit und der technischen und betrieblichen Eigenschaften von Erdkabeln verweist. Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern.

48

Schließlich war die Antragsgegnerin nicht gehalten, bei ihrer Abwägung § 2 Abs. 2 Nr. 1 EnLAG zu berücksichtigen. Die Vorschrift ist auf die in § 2 Abs. 1 EnLAG namentlich bezeichneten Vorhaben beschränkt und dient dem Zweck, den Einsatz von Erdkabeln zu testen. Sie ist als Ausnahmevorschrift nicht analogiefähig.

49

b) Der Planfeststellungsbeschluss verletzt nicht die Planungshoheit der Antragstellerin zu 1 aus Art. 28 Abs. 2 GG. Gemeinden können in ihrer Planungshoheit beeinträchtigt werden, wenn ein Vorhaben der Fachplanung eine hinreichend bestimmte Planung nachhaltig stört, wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren Planung entzieht oder wenn kommunale Einrichtungen durch das Vorhaben erheblich beeinträchtigt werden (Urteil vom 16. Dezember 1988 - BVerwG 4 C 40.86 - BVerwGE 81, 95 <106> und Beschluss vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 23). Darüber hinaus muss die Planfeststellungsbehörde auf noch nicht verfestigte, aber konkrete Planungsabsichten einer Gemeinde abwägend dergestalt Rücksicht nehmen, dass durch die Fachplanung von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötigerweise "verbaut" werden (Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388 <394>).

50

Hinsichtlich der im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Wohnfläche südlich der P. und östlich der T. Straße scheidet jedenfalls eine nachhaltige Störung aus. Die Antragstellerin zu 1 sieht die künftige Belastung in Aspekten wie der Wohnumfeldqualität, der gesundheitlichen Vorsorge und der Akzeptanz der Bevölkerung. Nachhaltige Störungen liegen aber nur vor, wenn die Zunahme von Immissionen sich nicht nur auf einzelne benachbarte Grundstücke, sondern auf wesentliche Teile eines Baugebietes auswirkt (Urteil vom 17. März 2005 - BVerwG 4 A 18.04 - BVerwGE 123, 152 <157>). Damit ist die vorliegende Situation nicht vergleichbar, in der es nicht zu einer Überspannung der Wohnbaufläche kommt, die Wohnfläche nicht im Schutzstreifen der Leitungstrasse liegt und ausgeschlossen werden kann, dass die Grenzwerte der 26. BImSchV (1996) in einem relevanten Teil des Gebiets überschritten werden. Denn selbst für den innerhalb des Schutzstreifens zwischen Mast 23 und 24 liegenden Immissionsort auf dem Grundstück Gemarkung …, Flur 28, Flurstück 2/3 wird eine magnetische Flussdichte von 11,62 µT und eine elektrische Feldstärke von 1,659 kV/m prognostiziert.

51

Es fehlt ebenso an einer nachhaltigen Störung der Planung zu einem Gewerbegebiet an der F. Straße. Allein die Verbreiterung des bestehenden Schutzstreifens auf 60 m in Folge der Ausführung durch Einebenenmasten stört die Planung nicht nachhaltig.

52

Die Planungshoheit wird auch nicht verletzt durch die Trassenführung im Bereich des Schulzentrums. Dies wird nicht in seiner Funktionsfähigkeit beeinträchtigt (vgl. Urteil vom 15. Dezember 2006 - BVerwG 7 C 1.06 - BVerwGE 127, 259 Rn. 34). Der Planfeststellungsbeschluss musste insoweit keine gesonderten Regelungen treffen. Nach § 4 der 26. BImSchV (1996) haben zum Zwecke der Vorsorge bei der Errichtung oder wesentlichen Änderung von Niederfrequenzanlagen in der Nähe von Schulen in Gebäuden und Grundstücken, die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, bei höchster betrieblicher Anlagenauslastung abweichend von § 3 Satz 2 Nr. 1 und 2 der 26. BImSchV (1996) auch die maximalen Effektivwerte der elektrischen Feldstärke und magnetischen Flussdichte den Anforderungen nach § 3 Satz 1 der 26. BImSchV (1996) zu entsprechen. Diesen Anforderungen wird genügt. Auf dem Grundstück der Schule Gemarkung …, Flur 32, Flurstück 12/1 wird eine magnetische Flussdichte von 0,58 µT und eine elektrische Feldstärke von 0,029 kV/m prognostiziert. Welche weitergehenden Schutzmaßnahmen die Antragsteller für notwendig halten, legen sie nicht dar. Deren Notwendigkeit ist auch nicht ersichtlich.

53

c) Der Planfeststellungsbeschluss hat sich ohne Rechtsfehler für den planfestgestellten Trassenverlauf entschieden.

54

Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht wegen eines fehlerhaften rechtlichen Maßstabs rechtswidrig. Der Hinweis der Antragsteller auf den Beschluss vom 24. Mai 2012 (BVerwG 7 VR 4.12 - ER 2012, 77 = juris Rn. 27) führt nicht weiter. Nach diesem Beschluss kann § 11 Abs. 1 Satz 1 EnWG, § 9 Abs. 3 EEG 2012 ein genereller Vorrang des Optimierens oder Verstärkens einer bestehenden Hochspannungsleitung vor einem Neubau nicht entnommen werden. Die Aussage bezieht sich auf die Planrechtfertigung eines Vorhabens, nicht auf die Entscheidung zwischen mehreren kleinräumigen Trassenalternativen. Auch führt die Kritik der Antragsteller, der Planfeststellungsbeschluss nehme einen allgemeinen Planungsgrundsatz an, dass ein Ausbau der Bestandsleitung die Variante mit dem geringeren Konfliktpotential im Hinblick auf die einzustellenden Abwägungskriterien darstelle, nicht auf einen erheblichen Abwägungsfehler (PFB S. 107). Allerdings geht die dortige Bezeichnung als "allgemeiner Planungsgrundsatz" zu weit, auch wenn sich im Einzelfall eine Neutrassierung bei ausreichenden vorliegenden Gründen nicht aufdrängen muss (Beschluss vom 22. Juli 2010 - BVerwG 7 VR 4.10 - NVwZ 2010, 1486 Rn. 30). Ob der Planfeststellungsbeschluss damit von einem falschen rechtlichen Obersatz ausgegangen ist, kann aber offen bleiben. Er hat - insbesondere für den im Zentrum der Auseinandersetzung stehenden Bereich am südlichen Ortsrand der Antragstellerin zu 1 - bezogen auf einzelne Schutzgüter die entstehenden und wegfallenden Konflikte einander gegenüber gestellt (PFB S. 113 ff.). Der zu pauschal formulierte Obersatz hat sich damit auf das Abwägungsergebnis nicht ausgewirkt (§ 43e Abs. 4 Satz 1 EnWG).

55

Die Ablehnung der kleinräumigen Trassenalternative V 2.1 im Bereich … begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Der Planfeststellungsbeschluss verweist insoweit auf die zusätzliche Inanspruchnahme von Waldflächen auf einer Länge von 1 100 m, eine neue Belastung des Landschaftsbildes, weiter gehende Erschwerungen bei der Agrarstruktur, die Neu-Inanspruchnahme von Landschaftsraum auf einer Länge von 3 200 m und die notwendige Inanspruchnahme von Eigentumsrechten. Die Antragsteller zeigen keine Mängel in der Abwägung auf, die diese Erwägungen ernsthaft in Zweifel ziehen.

56

Die Trassenalternative V 2.2 musste sich der Behörde jedenfalls nicht aufdrängen. Der Planfeststellungsbeschluss hält dieser Alternative eine, wenn auch deutlich geringere Inanspruchnahme von Wald auf einer Länge von 200 m entgegen, darüber hinaus neue Erschwerungen bei der Bewirtschaftung von Flächen für die Landwirtschaft. Die Variante 2.2 biete deutliche Nachteile im Hinblick auf Flächen im Privateigentum, auf die neu zugegriffen werden müsse. Schließlich weist der Planfeststellungsbeschluss auf die Mehrkosten in Folge der größeren Streckenlänge hin. Die Vorteile der Variante reichten nicht aus, um mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung erstmals auf Eigentum zuzugreifen: Der Planfeststellungsbeschluss erkennt an, dass das Wohnumfeld bei Abrücken der Trasse verbessert werde, sieht diesen Aspekt aber gemindert, weil die Bebauung in die Nähe der Freileitung hineinentwickelt worden sei. Die geringere Immissionsbelastung habe nur sehr geringes Gewicht, weil die Grenzwerte bereits deutlich unterschritten seien, so dass die Verschwenkung rechtlich nicht geboten sei. Die Sichtbarkeit der Leitung werde zwar durch eine Verschwenkung minimiert, aber nicht beseitigt.

57

Diese Erwägungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Berücksichtigung der Vorbelastung der Grundstücke der Antragsteller war geboten. Die Planfeststellungsbehörde ist verpflichtet, in ihrer neuen Abwägung tatsächliche und rechtliche Vorbelastungen in Blick zu nehmen und zu bewerten (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1998 - BVerwG 11 A 3.98 - BVerwGE 107, 350 <357>). Ein derart vorbelastetes Wohngrundstück kann nicht den Schutz in Anspruch nehmen, der einem Wohngrundstück ohne eine solche Vorbelastung zuzubilligen ist (Urteil vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <131 f.>). Eine Vorbelastung ist grundsätzlich auch dann zu berücksichtigen, wenn eine neue Trasse an Stelle einer bestehenden errichtet wird (Beschluss vom 28. Februar 2013 - BVerwG 7 VR 13.12 - ER 2013, 119 = juris Rn. 21; vgl. auch Urteil vom 4. April 2012 - BVerwG 4 C 8.09 - BVerwGE 142, 234 Rn. 390). Die Antragsteller wenden ein, bei Errichtung der bestehenden Leitung und der angrenzenden Bebauung seien die Gefahren elektromagnetischer Strahlung nicht bekannt gewesen und daher auch nicht "sehenden Auges" in Kauf genommen worden. Dieses Argument verfängt indes nicht. Denn der Planfeststellungsbeschluss knüpft mit seinen Überlegungen zur Immissionsbelastung an die maßgeblichen Grenzwerte der 26. BImSchV (1996) an, die weit unterschritten werden und auch nach aktuellem Kenntnisstand rechtlich nicht zu beanstanden sind. Hinsichtlich des Landschaftsbildes räumen die Antragsteller die bestehende Vorbelastung selbst ein.

58

Dass das Grundstück der Antragstellerin zu 2 bereits 1928 bebaut worden ist, begründet keinen Abwägungsfehler. Der Planfeststellungsbeschluss nimmt an, die "Bebauung" sei in die Nähe der Freileitung hineinentwickelt worden (PFB S. 116), es sei die "weit überwiegende Anzahl betroffener Immissionsorte" (PFB S. 115) nach Herstellung der bestehenden Freileitung errichtet worden. Diese Annahme ziehen die Antragsteller nicht substantiiert in Zweifel. Sie wird nicht dadurch falsch, dass einzelne Gebäude bereits vor dem Bau der bestehenden Trasse errichtet worden sind. Im Übrigen ist zu beachten, dass offenbar ein Rechtsvorgänger der Antragstellerin zu 2 der Belastung des Grundstücks durch die Bestandstrasse seinerzeit vertraglich zugestimmt hat.

59

Die Antragsteller dringen auch nicht mit ihrer Kritik durch, die Antragsgegnerin habe die Immissionsbelange unzureichend gewürdigt, weil sie die Immissionsbelastung unterhalb der Grenzwerte nicht in den Blick genommen habe. Das Ziel einer Vermeidung von Immissionen durch elektromagnetische Felder unterhalb der Grenzwerte ist ein abwägungserheblicher Belang (Beschluss vom 22. Juli 2010 a.a.O. Rn. 35). Dies erkennt der Planfeststellungsbeschluss, der das Interesse der Antragsteller an einer weiteren Verschonung von Immissionen berücksichtigt (PFB S. 115, 117). Angesichts der deutlichen Unterschreitung der Grenzwerte der 26. BImSchV (1996) und der bestehenden Vorbelastung war es aber nicht abwägungsfehlerhaft, diesem Gesichtspunkt kein durchschlagendes Gewicht beizumessen.

60

Schließlich dringen die Antragsteller nicht mit dem Argument durch, der Planfeststellungsbeschluss verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Sie rügen, dass bei gleicher Interessenlage zur Entlastung der Wohnbebauung in den Bereichen M. und K. von der Bestandstrasse abgewichen werde, eine solche Verschwenkung im Bereich der Antragstellerin zu 1 aber unterbleibt. In den Bereichen M. und K. muss indes für die Verschwenkung nicht zwangsweise auf privates Eigentum zugegriffen werden, während eine Verschwenkung der Trasse auf dem Gebiet der Antragstellerin zu 1 Enteignungen von bisher unbelastetem Privateigentum erfordert. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beigeladenen ist es dieser innerhalb von zwei Jahren nicht gelungen, eine Zustimmung der neu betroffenen Grundstückseigentümer zu erhalten. Angesichts des besonderen Gewichts des Eigentums als privatem Belang in der Abwägung (Urteil vom 11. April 2002 - BVerwG 4 A 22.01 - NuR 2002, 732 <733>) und dem Vorrang der Errichtung einer Anlage auf eigenem oder freihändig erworbenem Grund und Boden (Urteil vom 9. März 1990 - BVerwG 7 C 21.89 - BVerwGE 85, 44 <51 f.>) durfte die Planfeststellungsbehörde in diesem Gesichtspunkt einen Unterschied sehen, der die von den Antragstellern verglichenen Situationen rechtserheblich unterscheidet.

61

d) Der Antragsteller zu 3 rügt, der Planfeststellungsbeschluss trage seinen Interessen als Träger eines Herzschrittmachers nicht hinreichend Rechnung. Insoweit ist selbst dann kein Abwägungsfehler ersichtlich, wenn man - was rechtlich mindestens grundsätzlich nicht geboten ist - besondere Umstände in der Person des Antragstellers zu 3 in Rechnung stellt (vgl. Urteile vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 325 und vom 9. November 2006 - BVerwG 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 128).

62

Gestützt auf eine Empfehlung der Strahlenschutzkommission (Schutz vor elektrischen und magnetischen Feldern der elektrischen Energieversorgung und -anwendung vom 21./22. Februar 2008, S. 4) nimmt der Planfeststellungsbeschluss an, dass Induktionen in Bereichen, die Implantatträgern zugänglich sind und bei denen ein die Exposition vermeidendes Verhalten nicht möglich oder nicht zumutbar sei, 10 µT nicht überschreiten sollen, wenn mit zusätzlichen Feldquellen gerechnet werden müsse (PFB S. 134). Diesem Ausgangspunkt ist der Antragsteller zu 3 nicht entgegen getreten. Die von ihm angeführte Anweisung zu seinem Herzschrittmacher, er solle Einrichtungen meiden, die starke elektromagnetische Einwirkungen erzeugten ("… avoid devices that generate strong EMI "), zeigt nicht auf, dass dieser Herzschrittmacher Besonderheiten aufwiese, die bei Fassung der Empfehlung der Strahlenschutzkommission nicht beachtet worden seien.

63

Auf dem Grundstück des Antragstellers zu 3 ist bei maximalem Betriebsstrom eine magnetische Flussdichte von 2,306 µT (1 m EOK) bzw. 2,460 µT (4 m EOK) zu erwarten, bei dem im Regelfall zu erwartenden Betriebsstrom liegen die Werte darunter. Damit ist der gesundheitlichen Situation des Antragstellers zu 3 bezogen auf seinen Wohnbereich ausreichend Rechnung getragen. Ein Abwägungsfehler ist aber auch nicht erkennbar, soweit das planfestgestellte Vorhaben in wenigen Fällen auch im wohnumfeldnahen Bereich eine magnetische Flussdichte von mehr als 10 µT zur Folge hat. Dies ist ausweislich der Berechnungen der Beigeladenen (Anlage 5 zum Immissionsbericht, Anlage 16.1 der Planfeststellungsunterlagen) nur ganz vereinzelt und überwiegend bei nur geringer Überschreitung von 10 µT der Fall. Insoweit wird kein abwägungserhebliches Risiko begründet. Es ist dem Antragsteller zu 3 zuzumuten, insoweit eine längerfristige Exposition gegenüber dem magnetischen Feld der Freileitung zu vermeiden, wenn er das verbleibende Risiko nicht hinnehmen will.

64

e) Es bedurfte nicht der geforderten Summation verschiedener elektromagnetischer Felder.

65

§ 3 Satz 1 der 26. BImSchV (1996) fordert die Berücksichtigung von Immissionen durch andere Niederfrequenzanlagen im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 26. BImSchV (1996). Einen Verstoß gegen diese Vorschrift rügen die Antragsteller nicht. Sie verweisen pauschal auf die zivilisatorische Hintergrundbelastung, zeigen aber nicht auf, welche Besonderheiten zu einer gesonderten Betrachtung Anlass geben könnten. Für einen solchen Hinweis hätte Anlass bestanden, weil §§ 3 und 4 der 26. BImSchV (1996) Regelungen für Gebäude und Grundstücke trifft, in denen von einer Hintergrundbelastung stets ausgegangen werden kann.

66

Von Rechts wegen bedurfte es auch keiner Summation mit den Immissionen, die von dem Mobilfunkmast in der Nähe des Mastes 18 ausgehen. Die 26. BImSchV (1996) forderte eine solche Summation nicht. Dies begegnet wegen der unterschiedlichen Wirkung hochfrequenter und niederfrequenter Strahlung keinen rechtlichen Bedenken. Die Grenzwerte für die Einwirkung hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung orientieren sich an der Wärmewirkung, die Grenzwerte für die Einwirkung niederfrequenter elektromagnetischer Strahlung knüpfen an die Reizwirkung an. Diese Differenzierung liegt auch § 3 Abs. 3 der 26. BImSchV (2013) zugrunde. Die Vorschrift fordert die Berücksichtigung aller Immissionen durch Niederfrequenzanlagen sowie ortsfeste Hochfrequenzanlagen mit Frequenzen zwischen 9 kHz und 10 MHz. Eine Summation mit Immissionen aufgrund von Betriebsfrequenzen oberhalb von 800 MHz, wie sie bei dem Mobilfunkmast vorliegen, verlangt die Norm nicht. Die Antragsteller können sich auch nicht auf die von ihnen für anwendbar gehaltene DIN EN 62311 stützen. Ebenso wie die frühere DIN EN 50392 (Abschnitt 8.1) unterscheidet die vorgenannte Vorschrift ein Summationsregime für den Frequenzbereich 1 Hz bis 10 MHz und ein Summationsregime von 100 kHz bis 300 GHz und folgt damit den Empfehlungen der ICNIRP (Health Physics 99<6>: 818 <829>); ergänzend schlägt sie eine Summation innerhalb des Frequenzbereichs 0 Hz bis 5 MHz und von 3 KHz bis 300 GHz vor (Abschnitt 8.4 und 8.5), folgend einer Empfehlung des Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE). Die Summation der Immissionen eines niederfrequenten Feldes von 50 Hz mit einem hochfrequenten Feld von 800 MHz verlangt die DIN EN 62311 nicht.

67

Eine summierte Betrachtung der Immissionen war damit auch nicht nach § 6 UVPG in der Umweltverträglichkeitsprüfung gefordert. Der Kreis der Umweltauswirkungen, auf die sich die Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstrecken hat, geht nicht über die Umweltbelange hinaus, denen im Rahmen des Abwägungsgebots Rechnung zu tragen ist (Urteil vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <247>). Dementsprechend bestimmen sich Inhalt und Umfang der vorzulegenden Unterlagen nach § 6 Abs. 2 Satz 1 UVPG nach den Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens maßgebend sind.

68

f) Der Planfeststellungsbeschluss befasst sich ausreichend mit dem Risiko herabfallender Eiszapfen. Er sieht das Risiko einer Gefährdung durch Eisschlag. Es könne bei bestimmten, äußerst seltenen Witterungsverhältnissen und gleichzeitig sehr geringem Betriebsstrom zu einem Eisansatz an der Leitung kommen. Das Herabfallen von Eisbruchstücken sei nicht vollständig vermeidbar, es ergäben sich aber keine Veränderungen gegenüber der Bestandsleitung. Im Übrigen seien damit keine Risiken geschaffen, die über die normalerweise mit technischen Anlagen verbundenen Risiken hinausgehen und als unzumutbar einzustufen wären. Diese Risikoeinschätzung ist frei von Abwägungsfehlern. Weiteren Ermittlungsbedarf zeigt der pauschale Verweis der Antragsteller auf einen Hamburgischen Klimakongress im Jahr 2012 nicht auf.

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g) Die Antragsteller zeigen mit ihrem Hinweis auf Gefahren durch Stürme und Blitzschlag keinen Rechtsfehler der Planfeststellung auf. Der Planfeststellungsbeschluss setzt sich mit den Gefährdungen aufgrund außergewöhnlicher Starkwindereignisse sowie aufgrund von Überschlägen auseinander (PFB S. 192 f.). Er verweist auf die Anforderung nach § 49 Abs. 1 Satz 1 EnWG, wonach Energieanlagen so zu errichten und zu betreiben sind, dass die technische Sicherheit gewährleistet ist. Dabei sind nach Satz 2 vorbehaltlich sonstiger Rechtsvorschriften die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu beachten. Der Planfeststellungsbeschluss legt dar, dass diese Anforderungen gewahrt werden. Welche rechtlichen Gründe darüber hinausgehende Vorkehrungen fordern könnten, zeigen die Antragsteller nicht auf.

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Soweit ergänzende Schutzmaßnahmen - etwa in Hinblick auf den von den Antragstellern angesprochenen Zaun am Schulzentrum - in Betracht kommen, geht es allein um mögliche Ansprüche auf Planergänzung, die aber keinen Anlass geben, den Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses einstweilen auszusetzen. Inwieweit hier überhaupt Belange gerade der Antragsteller in Rede stehen, mag dabei offenbleiben.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 i.V.m. § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 und 2 ZPO und § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.