Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 22. Mai 2017 - 10 B 17.83

bei uns veröffentlicht am22.05.2017

Tenor

I. Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. Dezember 2014 wird die Klage auch insoweit abgewiesen, soweit der Beklagte in Nr.

I. Satz 1 des Urteils zur Herausgabe des sichergestellten Bargeldbetrags in Höhe von 13.200 Euro und 100 US Dollar an den Kläger verpflichtet wurde.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Herausgabe bei ihm sichergestellten Bargelds in Höhe von 13.200 Euro und 100 US Dollar.

Der Kläger ist nigerianischer Staatsangehöriger und bereits mehrfach, unter anderem wegen Betäubungsmitteldelikten, vorbestraft. Wegen unerlaubten Erwerbs bzw. Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilte ihn das Amtsgericht M. am 6. November 2008 und 12. Juli 2011 jeweils zu einer Geldstrafe von 60 bzw. 50 Tagessätzen. Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts K. vom 20. September 2011 wurde er wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach den Feststellungen des Strafgerichts war der Kläger am 6. Februar 2011 mit dem ICE aus den Niederlanden in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und hatte dabei 992,5 g Marihuana mit sich geführt, das er als Kurier gegen Lohn für einen unbekannt gebliebenen Auftraggeber transportierte. Mit Urteil des Amtsgerichts M. vom 14. Februar 2014, rechtskräftig seit 22. Februar 2014, wurde er wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger zusammen mit einem weiteren Angeklagten im Januar 2013 Handel mit Marihuana in einer Menge von 1,7 kg betrieben hatte. Auch aufgrund dieser Verurteilung befand sich der Kläger bis 9. Dezember 2015 in Haft.

Bei einer Kontrolle am 7. September 2011 in München wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit (Rotlichtverstoß) stellten die Polizeibeamten bei einer INPOL-Abfrage fest, dass der Kläger in der Vergangenheit im Bundesgebiet unter verschiedenen Aliasnamen aufgetreten ist. Bei einer mit Einwilligung des Klägers durchgeführten Durchsuchung des auf eine andere Person zugelassenen Fahrzeugs fanden die Polizeibeamten im Handschuhfach einen Geldbeutel mit insgesamt 10.200 Euro (Stückelung: 20 × 500 Euro, 1 x 100 Euro, 2 × 50 Euro), in einer Fototasche weitere 3.000 Euro (Stückelung: 6 × 100 Euro, 48 × 50 Euro) sowie 100 US Dollar. Zur Herkunft des Bargeldes gab der Kläger an, dass er es von Leuten aus Nigeria bekommen hätte, um in Deutschland ein Fahrzeug für seinen Onkel zu kaufen. Weitere Angaben wollte der ersichtlich nervöse und zunehmend aggressive Kläger nicht machen. Nachdem die Polizeibeamten im Handschuhfach des Fahrzeugs eine Ladung des Amtsgerichts K. sowie eine Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vom 23. März 2011 jeweils wegen unerlaubter Einfuhr und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gefunden hatten, beschlagnahmten sie das beim Kläger gefundene Bargeld (sowie zwei nicht mehr streitgegenständliche Handys) nach §§ 111b ff. StPO.

Der Bevollmächtigte des Klägers forderte am 20. September 2011 vom Beklagten das beschlagnahmte Bargeld heraus und machte geltend, das Geld sei dem Kläger von Herrn P. A. in Aachen in bar übergeben worden mit dem Auftrag, dieses Geld bei der Firma H. T. GmbH in Bogen-Furth abzuliefern, um damit ein Handelsgeschäft mit einem Volumen von 575.000 Euro anzubahnen. Zum Beweis wurden eine eidesstattliche Versicherung des Herrn P. A., eine „Proforma-Rechnung“ der Firma H. T. GmbH über 575.000 Euro an die Firma L. S. Company Ltd. in Nigeria, eine E-Mail der Firma H. T. GmbH an Herrn P. A. mit der Aufforderung zur Überweisung von 20.000 Euro auf ein angegebenes Konto sowie ein Flugticket des Herrn P. A. von Frankfurt am Main nach Lagos/Nigeria und zurück (Ankunft in Frankfurt am 29.7.2011) vorgelegt.

Die strafprozessuale Beschlagnahme wurde mit Beschluss des Amtsgerichts M. vom 8. November 2011 bestätigt (§ 94 Abs. 2, § 98 Abs. 2, § 111b Abs. 1 Satz 1, § 111e Abs. 2 StPO), weil der Kläger unter Verdacht stehe, am 7. September 2011 als Kurier für einen Rauschgifthändler tätig gewesen zu sein. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft M. I vom 27. August 2012 gemäß § 154 Abs. 1 StPO eingestellt, da die zu erwartende Strafe angesichts der in diesem Verfahren verfolgten Tat und der rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung durch das Amtsgericht K. vom 20. Dezember 2011 nicht erheblich ins Gewicht falle.

Mit Bescheid vom 3. August 2012 ordnete das Polizeipräsidium M. für den Fall der Aufhebung der Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft die präventive Sicherstellung des beschlagnahmten Bargelds in Höhe von 13.200 Euro und 100 US Dollar (sowie der zwei Mobiltelefone) gemäß Art. 25 Nr. 1 und 2 PAG und die öffentliche Verwahrung des Geldes verbunden mit einem Veräußerungs- und Verfügungsverbot an. Es bestehe die gegenwärtige Gefahr im Sinne von Art. 25 Nr. 1 PAG, dass der Kläger mit dem Geld weitere Straftaten wie illegalen Handel mit Betäubungsmitteln begehen werde. Der Nachweis der rechtmäßigen Erlangung des Geldes sei ihm nicht gelungen. Er sei bereits mehrfach einschlägig wegen Handels mit Betäubungsmitteln in Erscheinung getreten. Die von ihm zur Herkunft und beabsichtigten Verwendung des Geldes gemachten Angaben seien weder nachvollziehbar noch glaubhaft.

Die Staatsanwaltschaft teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 7. September 2012 mit, dass sie das sichergestellte Bargeld (sowie die Mobiltelefone) freigeben werde.

Gegen den Bescheid vom 3. August 2012 erhob der Kläger Klage mit dem Antrag, den Bescheid aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, das sichergestellte Bargeld in Höhe von 13.200 Euro und 100 US Dollar an ihn bzw. seinen Vertreter herauszugeben.

Die Sicherstellung der beiden Mobiltelefone wurde vom Beklagten mit Schreiben vom 8. Januar 2013 aufgehoben und das Verfahren vom Verwaltungsgericht insoweit abgetrennt.

Mit Urteil vom 10. Dezember 2014 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, das sichergestellte Bargeld in Höhe von 13.200 Euro und 100 US Dollar an den Kläger herauszugeben, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Klage sei unbegründet, soweit der Kläger die Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 3. August 2012 begehre, da er hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt werde. Das Gericht sei davon überzeugt, dass die Voraussetzungen für die Sicherstellung des Bargelds zum Zeitpunkt ihrer Anordnung vorgelegen hätten, weil zum Zeitpunkt dieser Verfügung hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr bestanden hätten, der Kläger werde das beschlagnahmte Geld im Fall einer Herausgabe unmittelbar zur Begehung von Betäubungsmittelstraftaten verwenden. Diese Gefahr bestehe jedoch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht mehr. Die Sicherstellungsanordnung könne aktuell auch nicht auf Art. 25 Nr. 2 PAG gestützt werden.

Die präventive Sicherstellung einer Sache nach Art. 25 Nr. 1 PAG sei möglich, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass mit dem Geld Straftaten vorbereitet oder gefördert werden sollen. Zum Zeitpunkt der Sicherstellungsanordnung habe der Beklagte zu Recht angenommen, beim Kläger bestehe die gegenwärtige Gefahr, dass er das beschlagnahmte Geld im Fall einer Herausgabe unmittelbar zur Begehung von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz verwenden werde. Nach polizeilichen Erkenntnissen sei der Kläger seit einigen Jahren im Drogenmilieu aufgefallen, habe intensiv Marihuana und Kokain konsumiert und sei deshalb auch schon in stationärer Entgiftungsbehandlung (2010) gewesen. Er sei - neben früheren Verurteilungen wegen unerlaubten Erwerbs und Besitzes von Betäubungsmitteln (2008 und 2011) - als Rauschgiftkurier tätig gewesen und deswegen mit Urteil des Amtsgerichts K. vom 20. September 2011 zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Auch im Zuge der Beschlagnahme des streitgegenständlichen Bargelds am 7. September 2011 sei gegen den Kläger wegen des Verdachts einer Kuriertätigkeit für einen Rauschgifthändler strafrechtlich ermittelt worden. Dieses Strafverfahren sei schließlich aufgrund der Regelung des § 154 Abs. 1 StPO eingestellt worden, die einen hinreichenden Tatverdacht beim Beschuldigten voraussetze. Die Annahme des Beklagten, das beim Kläger aufgefundene Geld stamme aus dem Betäubungsmittelhandel und solle hierfür wieder eingesetzt werden, werde durch dessen aktuelle Verurteilung durch das Amtsgericht M. vom 14. Februar 2014 bestätigt. Schließlich rechtfertige auch die Stückelung des beim Kläger aufgefundenen Bargelds den Verdacht der Herkunft aus dem Drogenhandel. Für eine Kuriertätigkeit des Klägers spreche zudem, dass dieser bereits am 25. Juni 2011 bei einer polizeilichen Kontrolle in einem Personenzug einen Geldbetrag in Höhe von 11.000 Euro mit sich geführt habe, der nicht aus eigenen Ersparnissen oder Geldmitteln gestammt haben könne. Der Vortrag des Klägers zum Mitführen des hohen Geldbetrags am 7. September 2011 sei weder nachvollziehbar noch schlüssig.

Die zum Zeitpunkt der Sicherstellungsanordnung (noch) vorliegende gegenwärtige Gefahr der Verwendung des Geldes für erneute Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz bestehe jedoch zur Überzeugung des Gerichts zum aktuellen Zeitpunkt nicht mehr. Das sichergestellte Geld sei demgemäß nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG an den Kläger herauszugeben, da die Voraussetzungen für die Sicherstellung (nachträglich) weggefallen seien. Der Kläger befinde sich derzeit in Strafhaft, die auch noch längere Zeit (bis Mitte 2016) andauern werde. Die nach Art. 25 Nr. 1 PAG erforderliche gegenwärtige Gefahr verlange eine besondere zeitliche Nähe und einen besonders hohen Grad an Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Eine derartige Gefährdungsprognose sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gerechtfertigt. Die bloße (theoretische) Möglichkeit, dass der Kläger mit dem Geld, obwohl er in Strafhaft sitze, Betäubungsmittel erwerben und mit diesen handeln werde, sei hierfür nicht ausreichend. Zugunsten des Klägers sei weiter zu berücksichtigen, dass er bereits in der Vergangenheit versucht habe, vom Drogenkonsum wegzukommen. Auch die Tatsache, dass der Kläger erstmals zu einer längeren Freiheitsstrafe verurteilt worden sei, werde nicht ohne Einfluss auf ihn bleiben. Weiter spreche gegen eine Reinvestition des Geldes in Betäubungsmittelgeschäfte, dass der Kläger einen ganz erheblichen Teil davon seinem Strafverteidiger versprochen habe, der diesen mit Nachdruck fordere. Zudem habe der Kläger noch nicht beglichene Schulden aus dem strafgerichtlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger das Geld an andere Personen zur deliktischen Verwendung weiterleite, fehlten. Auch die Voraussetzungen einer Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG lägen aktuell nicht vor. Voraussetzung für den Schutz privater Rechte sei nämlich, dass die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 2 PAG vorlägen. Drogenkonsumenten, die den gewünschten Stoff erhalten hätten, würden aber kein Rückgaberecht und keine Rückzahlung des Geldes geltend machen und bedürften dazu auch nicht der polizeilichen Hilfe. Bei Erlösen aus dem Betäubungsmittelhandel gehe das Gericht davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG dann entfallen seien, wenn Ansprüche Berechtigter - wie vorliegend - über einen langen Zeitraum nicht geltend gemacht worden seien.

Das Gericht teile im Übrigen die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Bremen (U.v. 24.6.2014 - 1 A 255/12 - juris Rn. 26), dass die dauerhafte Einziehung deliktisch erlangter Vermögensgegenstände und die Übertragung des Eigentums an diesen Gegenständen an den Staat allein Gegenstand der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung in Gestalt des einfachen und erweiterten Verfalls (§§ 73 ff. StGB) sein könne und daneben eine präventiv-polizeiliche Gewinnabschöpfung weder notwendig noch rechtlich zulässig sei.

Die vom Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Herausgabeverpflichtung zugelassene Berufung begründet der Beklagte im Wesentlichen wie folgt: Einen Anspruch auf Herausgabe des sichergestellten Bargeldbetrags gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG habe der Kläger nicht. Seine Klage sei auch insoweit unbegründet. Der Kläger sei am 9. Dezember 2015 aus der Strafhaft entlassen worden. Das Verwaltungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass bei Erlass der Sicherstellungsanordnung am 3. August 2012 die konkrete Gefahr bestanden habe, der Kläger werde das beschlagnahmte Geld im Fall einer Herausgabe unmittelbar zur Begehung von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz verwenden. Soweit das Verwaltungsgericht die gegenwärtige Gefahr allerdings im Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht mehr als gegeben ansehe, stelle es zu hohe Anforderungen an die Gefahrenprognose. Es hätte hinreichend konkreter Umstände für die Annahme bedurft, dass die (zunächst) zu Recht bejahte gegenwärtige Gefahr nachfolgend entfallen sei. Schon mit Blick auf die Regelung des Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG verbiete sich eine zu enge Auslegung des Tatbestandsmerkmals „gegenwärtig“, da nach dieser Regelung eine gegenwärtige Gefahr für einen erheblichen Zeitraum fortbestehen und damit naturgemäß nicht in jedem Augenblick mit gleicher Aktualität drohen könne. Auch habe das Verwaltungsgericht die tatsächlichen Umstände verkannt, da es dem Kläger in der Justizvollzugsanstalt jederzeit möglich gewesen sei, über das Geld zu bestimmen oder zu verfügen. Auch während dieser Zeit habe - wenn auch gegebenenfalls unter erschwerten Bedingungen - die gegenwärtige Gefahr der Reinvestition des sichergestellten Geldbetrags in Betäubungsmittelgeschäfte oder eine Zurückführung in den kriminellen Kreislauf gedroht. Die diesbezüglichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts, die Freiheitsstrafe werde nicht ohne Einfluss auf den Kläger bleiben, dieser habe bereits in der Vergangenheit versucht, vom Drogenkonsum wegzukommen, und einen ganz erheblichen Teil des Geldes seinem Strafverteidiger versprochen, reichten nicht aus, von der Annahme einer gegenwärtigen Gefahr Abstand zu nehmen. Aufgrund der erheblichen schädigenden Wirkung von Betäubungsmitteldelikten dürften die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit bei der Beurteilung der gegenwärtigen Gefahr ohnehin nicht zu hoch angesetzt werden. Der Kläger gehöre selbst der organisierten Kriminalität im Drogenmilieu an und sei wiederholt als Kurier tätig gewesen. Aufgrund des hohen Organisationsgrades innerhalb dieses Milieus sei davon auszugehen, dass die Auftraggeber des Klägers weiterhin ein großes Interesse an der Übergabe des Geldes hätten. Frühere Strafverfahren und bereits verhängte strafrechtliche Sanktionen hätten bisher keinen positiven Einfluss auf das Verhalten des Klägers bewirkt, der selbst während des Laufs einer offenen Bewährung erneut eine Betäubungsmittelstraftat begangen habe. Zudem sei gerade im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln die Rückfallquote sehr hoch. Selbst ein (unterstelltes) Versprechen des Geldes an den Rechtsanwalt bedeute nicht, dass dieser das Geld auch tatsächlich erhalten werde. Die Herausgabe sei zudem nach Art. 28 Abs. 1 PAG ausgeschlossen, da der Kläger Nicht-Berechtigter im Sinne dieser Bestimmung sei. Zwar handle es sich bei dem Geld nicht um abhanden gekommene Sachen im Zusammenhang mit Straftaten wie Diebstahl, Hehlerei etc. Stamme das Geld jedoch wie vorliegend aus einer erheblichen Straftat, insbesondere aus dem Bereich der Betäubungsmitteldelikte, bestehe aber Raum für eine „präventive polizeiliche Gewinnabschöpfung“, weil damit sichergestelltes Geld aus erheblichen Straftaten dem kriminellen Kreislauf entzogen werde. Im Übrigen sei die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs durch den Kläger rechtsmissbräuchlich, da er das Geld aus sittenwidrigen strafbaren Geschäften erlangt habe.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. Dezember 2014 die Klage auch insoweit abzuweisen, soweit der Beklagte in Nr. I. Satz 1 des Urteils zur Herausgabe des sichergestellten Bargeldbetrags in Höhe von 13.200 Euro und 100 US Dollar an den Kläger verpflichtet wurde.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, eine gegenwärtige Gefahr im Sinne von Art. 25 Nr. 1 PAG und damit ein Fortbestehen dieser Sicherstellungsvoraussetzung könne schon mit Blick auf seine Entwicklung und Resozialisierung nach der Haftentlassung (Ende 2015) nicht mehr festgestellt werden. Aber auch im Hinblick auf seine erheblichen Schulden aus vorangegangenen Rechtsstreitigkeiten und die erfolgte Forderungsabtretung an seinen Bevollmächtigten (wegen dessen Honorarforderungen) bestehe nun nicht mehr die Gefahr, dass er das beschlagnahmte Geld im Fall einer Herausgabe unmittelbar zur Begehung von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz verwenden werde.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof wurden mit den Parteien unter anderem die Entwicklung des Klägers seit seiner Haftentlassung und in die aktuelle Gefahrenprognose möglicherweise einzustellende Umstände erörtert; auf die Sitzungsniederschrift wird insoweit Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Der vom Kläger mit der Leistungsklage gegen den Beklagten verfolgte Anspruch nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG auf Herausgabe des sichergestellten Bargelds besteht nicht, weil die Voraussetzungen für die Sicherstellung nicht (nachträglich) weggefallen sind. Daher ist das vom Beklagten (teilweise) angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit abzuändern und die Klage auch bezüglich dieses hilfsweise geltend gemachten Anspruchs abzuweisen.

Die allgemeine Leistungsklage (s. § 43 Abs. 2 VwGO), mit der der Kläger trotz bestandskräftig gewordener Sicherstellungsanordnung des Beklagten vom 3. August 2012 (durch rechtskräftige Abweisung seiner diesbezüglichen Anfechtungsklage durch das Erstgericht) prozessual in zulässiger Weise den Herausgabeanspruch gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG wegen nachträglichen Wegfalls der Voraussetzungen für die Sicherstellung geltend macht (vgl. dazu BayVGH, U. v. 15.11.2016 - 10 BV 15.1049 - juris Rn. 35; Senftl in Beck‘scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Möstl/Schwabenbauer, Stand 20.4.2017, PAG Art. 28 Rn. 23 ff.), ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sind die Voraussetzungen für die Sicherstellung des - in öffentlich-rechtliche Verwahrung genommenen - Bargelds nicht im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG nachträglich weggefallen. Die dafür erforderliche maßgebliche Änderung der Sachlage in Form des Wegfalls der gegenwärtigen Gefahr nach Art. 25 Nr. 1 PAG ist weder aufgrund der inzwischen ohnehin beendeten Strafhaft noch der persönlichen Entwicklung und der aktuellen Lebensumstände des Klägers festzustellen (nachfolgend 1.). Auch sonstige Umstände wie die unstreitig beim Kläger noch bestehenden erheblichen Schulden oder etwa der durch das Amtsgericht M. mit Beschluss vom 6. Juni 2013 angeordnete dingliche Arrest in das Vermögen des Klägers in Höhe von 15.000 Euro lassen die tatbestandsmäßige Gefahr nach Art. 25 Nr. 1 PAG nicht entfallen (nachfolgend 2.). Nichts anderes gilt schließlich bezüglich des klägerischen Einwands, aufgrund der bereits im Februar 2014 erfolgten „Forderungsabtretung“ an seinen Bevollmächtigten wegen erheblicher Honorarforderungen (aus Prozessvertretungen) erhalte er das herauszugebende Bargeld gar nicht erst, weshalb er dieses auch nicht zur Begehung von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz verwenden könne (nachfolgend 3.).

1. Gemäß Art. 25 Nr. 1 PAG kann die Polizei eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die Sicherstellung von Bargeld zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr insbesondere auch dann in Betracht kommt, wenn das Bargeld zur Begehung von Straftaten verwendet werden soll, wobei sowohl die besondere zeitliche Nähe als auch ein besonders hoher Grad an Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts erforderlich ist. Dies bedingt eine entsprechend abgesicherte Prognose, das heißt, es müssen hinreichend konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Geld unmittelbar oder in allernächster Zeit zur Vorbereitung oder Begehung von Straftaten verwendet werden wird. Ein bloßer Gefahrenverdacht oder bloße Vermutungen reichen dafür nicht aus; allerdings gilt ein mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 17.9.2015 - 10 CS 15.1435, 10 C 1510 C 15.1434 - juris Rn. 21 m.w.N.).

Während für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer polizeilichen Sicherstellungsanordnung (hier: der vom 3. August 2012) im Rahmen einer Anfechtungsklage und die dabei anzustellende Gefahrenprognose grundsätzlich die konkreten Verhältnisse bzw. Gegebenheiten zum Zeitpunkt der angefochtenen Maßnahme maßgeblich sind (ex-ante Betrachtung, vgl. Senftl in Beck‘scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Möstl/Schwabenbauer, Stand 20.4.2017, PAG Art. 25 Rn. 17), ist bei der in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG geregelten (speziellen) gesetzlichen Herausgabepflicht der Polizei und dem korrespondierenden Herausgabeanspruch (bei nachträglichem Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen) nach zutreffender Auffassung des Verwaltungsgerichts schon aus materiellen Gründen auf die Sachlage abzustellen, wie sie im Zeitpunkt der (letzten) gerichtlichen Entscheidung besteht.

Zum danach maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs besteht aber weiterhin die gegenwärtige Gefahr, dass das sichergestellte Bargeld im Fall einer Herausgabe an den Kläger, bei dem es sichergestellt worden ist, zur Begehung von Betäubungsmittelstraftaten verwendet wird. Das ergibt sich aus Folgendem: Das Verwaltungsgericht hat in seinem insoweit rechtskräftig gewordenen Urteil vom 10. Dezember 2014 die Anfechtungsklage des Klägers gegen die polizeiliche Sicherstellungsanordnung vom 3. August 2012 abgewiesen. Damit steht rechtskräftig fest, dass die angefochtene Verfügung auf der Grundlage des Art. 25 Nr. 1 PAG nicht rechtswidrig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat bei seiner Gesamtwürdigung (§ 108 Abs. 1 VwGO) aller Umstände hinreichend konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme festgestellt, dass die beim Kläger sichergestellten Bargeldmittel aus dem Betäubungsmittelhandel stammen und dass sie zu diesem Zweck auch wieder eingesetzt werden sollten. Weder die seit Ende 2015 ohnehin beendete Strafhaft noch die persönliche Entwicklung des Klägers nach Haftende und seine aktuellen Lebensumstände ergeben Gesichtspunkte, aufgrund derer von einer maßgeblichen Änderung dieses - rechtskräftig festgestellten - Sachverhalts und einem nachträglichen Wegfall der Voraussetzungen für die Sicherstellung ausgegangen werden könnte.

Auch wenn der Kläger inzwischen aus der Strafhaft entlassen worden ist, ist hier zunächst klarzustellen, dass nach Auffassung des Senats schon die Annahme des Verwaltungsgerichts, es bestehe lediglich die (bloße) Möglichkeit, dass der (damals noch) in Strafhaft befindliche Kläger im Fall der Herausgabe mit dem Geld Betäubungsmittel erwerbe oder mit diesen handle, da dazu Erkenntnisse „empirisch wenig gesichert“ seien und „keine belastbaren Zahlen“ existierten, nicht überzeugt. Denn der Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger auch nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts bereits mehrfach im Rahmen organisierter Drogenkriminalität als Kurier für den Transport von Rauschgift bzw. von Geldmitteln für den Betäubungsmittelhandel tätig geworden ist, selbst mit Betäubungsmitteln in erheblicher Menge gehandelt hat und dass trotz möglicher Beschränkungen der freien Verfügbarkeit über Bargeld und Eigengeldguthaben bei Strafgefangenen jedenfalls die Weiterleitung und Zuführung des - nicht dem Kläger, sondern Dritten gehörenden - Drogengeldes wieder in den Kreislauf der organisierten Drogenkriminalität und erneuter Betäubungsmittelgeschäfte besonders naheliegend ist. Wenn das Verwaltungsgericht bei dieser Ausgangslage nur die Wahrscheinlichkeit des Erwerbs von Betäubungsmitteln oder den Handel mit Betäubungsmitteln durch den Kläger in der Haft selbst in den Blick nimmt und insoweit empirisch gesicherte Erkenntnisse und belastbare Zahlen verlangt, stellt es letztlich zu hohe Anforderungen an den Prognosemaßstab. Denn dabei ist zu berücksichtigen, dass die Gefahren, die vom illegalen Handel mit Betäubungsmittel ausgehen, schwerwiegend sind und ein Grundinteresse der Gesellschaft berühren; die betroffenen Schutzgüter des Lebens und der Gesundheit der Bürger nehmen in der Hierarchie der in den Grundrechten enthaltenen Werteordnung einen besonders hohen Rang ein (stRspr im Aufenthaltsrecht; vgl. z.B. BVerwG, U.v. 14.5.2013 - 1 C 13.12 - juris Rn. 12 m.w.N.). Schon mit Blick auf den nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts auch bei dieser tatrichterlichen Gefahrenprognose geltenden differenzierenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab dürfen insoweit an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts keine zu hohen Anforderungen gestellt werden.

Auch eine grundlegende Verhaltensänderung des Klägers insbesondere beim Drogenkonsum und eine gelungene Resozialisierung nach Beendigung seiner Strafhaft vermag der Senat nicht zu erkennen. Der Kläger, der nach den Angaben seiner Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung wieder bei seiner Ehefrau in Aachen lebt und (weiterhin) Sozialleistungen bezieht, konsumiert offensichtlich nach wie vor Drogen. Auch wenn er diesbezüglich bisher strafrechtlich nicht erneut verurteilt worden ist, ergibt sich dies zur Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs aus den durch den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Eintragungen in der Vorgangsverwaltung der nordrhein-westfälischen Polizei über zwei Vorfälle im Jahr 2016 wegen vorsätzlicher Körperverletzung gegenüber einer Prostituierten unter Drogeneinfluss (Kokain) und häuslicher Gewalt bzw. Sachbeschädigung (ebenfalls unter wahrscheinlichem Drogeneinfluss). Nachvollziehbare Anhaltspunkte für eine Bewältigung der langjährigen Drogenproblematik beim Kläger sind dagegen nicht erkennbar. Vor diesem Hintergrund erweisen sich die vom Verwaltungsgericht angestellten Erwägungen, der Kläger habe bereits in der Vergangenheit versucht, vom Drogenkonsum wegzukommen, und die erstmalige längere Freiheitsstrafe werde nicht ohne (positiven) Einfluss auf ihn bleiben, im Rahmen der angestellten Gefahrenprognose als nicht tragfähig. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass der Kläger nach wie vor Teil des Drogenmilieus und auch insoweit eine maßgebliche Änderung der Sachlage gerade nicht eingetreten ist.

2. Der vom Verwaltungsgericht bei seiner Gefahrenprognose weiter berücksichtigte Umstand, dass der Kläger noch erhebliche Schulden insbesondere aus früheren Gerichtsverfahren hat, bewirkt ebenso wenig einen nachträglichen Wegfall der gegenwärtigen Gefahr im Sinne des Art. 25 Nr. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG wie der von den Klägerbevollmächtigten unter anderem angeführte, mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 6. Juli 2013 verfügte dingliche Arrest in Höhe von 15.000 Euro in das Vermögen des Klägers.

Für den Senat sind vor dem Hintergrund des langjährigen intensiven Betäubungsmittelkonsums und der einschlägigen kriminellen Vergangenheit und Einbindung in die organisierte Drogenkriminalität keine nachvollziehbaren und überzeugenden Gründe ersichtlich, warum der Kläger im Fall der Herausgabe das sichergestellte Bargeld, das ihm von Dritten für Betäubungsmittelgeschäfte überlassen worden ist, nunmehr zur Tilgung seiner (sonstigen) Schulden und nicht wie in der Vergangenheit wieder für kriminelle Zwecke, d.h. einen erneuten Erwerb von Betäubungsmitteln oder das Handeltreiben mit Drogen, verwenden sollte.

Der angeführte dingliche Arrest in das Vermögen des Klägers wurde vom Amtsgericht M. wegen der zu erwartenden Anordnung des Verfalls von Wertersatz (§ 73a StGB) im Strafverfahren gegen den Kläger (vor dem Amtsgericht M.) wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gerichtlich verfügt (s. § 111d StPO). Eine gerichtliche Anordnung von Wertersatzverfall erfolgte beim Kläger jedoch im Urteil des Amtsgerichts M. vom 14. Februar 2014 nicht, weshalb dieser Einwand schon deshalb ins Leere läuft.

3. Nicht durchgreifend ist schließlich der Einwand, aufgrund der bereits im Februar 2014 erfolgten „Forderungsabtretung“ an seinen Bevollmächtigten wegen erheblicher Honorarforderungen (aus Prozessvertretungen) erhalte der Kläger das herauszugebende Bargeld gar nicht erst, weshalb er dieses auch nicht zur Begehung von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz verwenden könne. Denn dabei wird schon verkannt, dass eine wirksame Abtretung des Herausgabeanspruchs bezüglich des (bestandskräftig) sichergestellten und in behördliche Verwahrung genommenen Bargelds hier rechtlich gar nicht möglich war. Misst man (auch) der polizeilichen präventiven Sicherstellung die Wirkung eines Veräußerungs- bzw. Verfügungsverbots zu (zur entsprechenden ausdrücklichen Klarstellung für die strafprozessuale Beschlagnahme vgl. § 111c Abs. 5 StPO: relatives Veräußerungsverbot nach § 136 BGB; vgl. Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, Kommentar, 60. Aufl. 2017, § 111c Rn. 10 auch unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/700 S. 17), entsteht das Veräußerungsverbot bereits mit dem Vollzug der Sicherstellung. Zum gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man die in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG begründete Herausgabepflicht und den damit korrespondierenden Herausgabeanspruch als (rein) persönliche Forderung des früheren Gewahrsamsinhabers verbunden mit einem Abtretungsverbot versteht (vgl. Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, Bayrisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Aufl. 2014, PAG Art. 28 Rn. 8; vgl. insoweit auch die Begründung zu § 24 Abs. 1 MEPolG in v. Brauchitsch, Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder, Bd. III: Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl. 1982, Teil A Musterentwurf § 24 Rn. 1, wonach der Polizei nicht zugemutet werden kann, die Berechtigung an der Sache zu prüfen). Unabhängig davon hat der Beklagte im bestandskräftig gewordenen Sicherstellungsbescheid vom 3. August 2012 in Nr. 2. verbindlich festgestellt, dass die verfügte Sicherstellung und die Überführung des sichergestellten Gegenstands in ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis gleichzeitig ein Veräußerungsverbot umfasst, das auch andere Verfügungen als Veräußerungen ausschließt. Damit konnte der Kläger aber eine wirksame „Forderungsabtretung“ gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten nach erfolgter Sicherstellung des Bargelds nicht vornehmen.

Im Übrigen ist es schon aus systematischen Gründen nicht möglich, den Wegfall der Voraussetzungen für die Sicherstellung im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG allein durch eine entsprechende Verfügung wie die Abtretung des Herausgabeanspruchs herbeizuführen mit der Begründung, damit sei die im Fall der Herausgabe der Sache an den Betroffenen der Sicherstellung (hier: Kläger) andernfalls anzunehmende gegenwärtige Gefahr im Sinne des Art. 25 Nr. 1 PAG nicht mehr gegeben. Denn nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG sind die Sachen, sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind, an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind. Eine Herausgabe an eine andere Person kommt gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG überhaupt nur dann in Betracht, wenn die Herausgabe an die in Satz 1 der Vorschrift bezeichnete Person nicht möglich ist. Die Herausgabepflicht ist also die (gesetzlich angeordnete) Folge des Wegfalls der Voraussetzungen für die Sicherstellung gegenüber dem von der Maßnahme Betroffenen, umfasst aber gerade nicht den Fall, in dem wie hier der ursprüngliche Sicherstellungzweck unter Umständen erst bei einer Herausgabe der Sache an einen vom Betroffenen „ermächtigten“ Dritten wegfallen würde.

Diese Auslegung der Vorschriften der präventiven polizeilichen Sicherstellung nach Art. 25 ff. PAG steht entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht im Widerspruch zu den Regelungen der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung nach den §§ 73 ff. StGB. Der Senat hat bereits wiederholt auf die unterschiedliche Zielrichtung der Regelungen in §§ 73 ff. StGB einerseits und der ordnungsrechtlichen polizeilichen Eingriffsermächtigungen zur Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung aufgrund des landesrechtlichen Polizeiaufgabengesetzes hingewiesen (vgl. zuletzt U.v. 15.11.2016 - 10 BV 15.1049 - juris Rn. 49; so auch VG Hamburg, B.v. 9.2.2017 - 17 E 7585/16 - juris Rn. 44 ff.). Beim Kläger wird nicht Vermögen „abgeschöpft“. Vielmehr ist Zweck und Zielrichtung dieser präventiven polizeilichen Sicherstellung die - unter Umständen auch dauerhafte - Verhinderung, dass er das bei ihm sichergestellte Drogengeld alsbald nach der Herausgabe wieder für Drogengeschäfte verwendet bzw. das ihm als Kurier der organisierten Drogenkriminalität überlassene Bargeld wieder in diesen Kreislauf zurückführt.

Nach alledem kommt es nicht mehr entscheidungserheblich auf die weitere vom Beklagten noch aufgeworfene Frage an, ob der Kläger überhaupt als „Berechtigter“ im Sinne der Rechtsprechung des Senats (vgl. U.v. 15.11.2016 - 10 BV 15.1049 - juris), wonach ein Herausgabeanspruch nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG nur von demjenigen geltend gemacht werden kann, dem ein Recht an der Sache zusteht, anzusehen ist.

Dahinstehen kann ferner, ob die Sicherstellung des Bargelds zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung neben Art. 25 Nr. 1 PAG auch auf Art. 25 Nr. 2 PAG gestützt werden könnte, weil - wie der Beklagte meint - die Sicherstellung des Drogengelds in Konstellationen wie der Vorliegenden auch dem Schutz privater Rechte dient.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 22. Mai 2017 - 10 B 17.83

Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 22. Mai 2017 - 10 B 17.83

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 22. Mai 2017 - 10 B 17.83 zitiert 19 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafgesetzbuch - StGB | § 73a Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind. (2) Hat sich de

Strafprozeßordnung - StPO | § 98 Verfahren bei der Beschlagnahme


(1) Beschlagnahmen dürfen nur durch das Gericht, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Die Beschlagnahme nach § 97 Abs. 5 Satz 2 in den Räumen ei

Strafprozeßordnung - StPO | § 94 Sicherstellung und Beschlagnahme von Gegenständen zu Beweiszwecken


(1) Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen. (2) Befinden sich die Gegenstände in dem Gewahrsam einer Person und werden sie nicht freiwil

Strafprozeßordnung - StPO | § 111b Beschlagnahme zur Sicherung der Einziehung oder Unbrauchbarmachung


(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung oder Unbrauchbarmachung eines Gegenstandes vorliegen, so kann er zur Sicherung der Vollstreckung beschlagnahmt werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll die B

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 136 Behördliches Veräußerungsverbot


Ein Veräußerungsverbot, das von einem Gericht oder von einer anderen Behörde innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassen wird, steht einem gesetzlichen Veräußerungsverbot der in § 135 bezeichneten Art gleich.

Strafprozeßordnung - StPO | § 111d Wirkung der Vollziehung der Beschlagnahme; Rückgabe beweglicher Sachen


(1) Die Vollziehung der Beschlagnahme eines Gegenstandes hat die Wirkung eines Veräußerungsverbotes im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Wirkung der Beschlagnahme wird von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Be

Strafprozeßordnung - StPO | § 111c Vollziehung der Beschlagnahme


(1) Die Beschlagnahme einer beweglichen Sache wird dadurch vollzogen, dass die Sache in Gewahrsam genommen wird. Die Beschlagnahme kann auch dadurch vollzogen werden, dass sie durch Siegel oder in anderer Weise kenntlich gemacht wird. (2) Die Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 111e Vermögensarrest zur Sicherung der Wertersatzeinziehung


(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen, so kann zur Sicherung der Vollstreckung der Vermögensarrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Betroffenen angeordnet werden. Liegen dringen

Referenzen - Urteile

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 22. Mai 2017 - 10 B 17.83 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 22. Mai 2017 - 10 B 17.83 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 15. Nov. 2016 - 10 BV 15.1049

bei uns veröffentlicht am 15.11.2016

Tenor I. Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 wird die Klage abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. III. Die

Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss, 09. Feb. 2017 - 17 E 7585/16

bei uns veröffentlicht am 09.02.2017

Tenor Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Sicherstellungsverfügung der Antragsgegnerin vom 5. Dezember 2016 wird wiederhergestellt. Der Antrag auf Herausgabe des aufgrund der Sicherstellungsverfügung der.

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 25. Nov. 2014 - 1 A 255/12

bei uns veröffentlicht am 25.11.2014

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung der Gefährlichkeit seines Hundes durch die Beklagte und deren Anordnung, den Hund außerhalb ausbruchssicherer Grundstücke nur an der Leine und mit einem Maulkorb versehen, zu führen.
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 22. Mai 2017 - 10 B 17.83.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2018 - 10 ZB 18.3

bei uns veröffentlicht am 29.11.2018

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 36.280 Euro festgesetzt. Gründe

Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 03. Juli 2018 - 1 K 1228/17.MZ

bei uns veröffentlicht am 03.07.2018

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen die polizeiliche Sicherstellung von Bargeld in

Referenzen

(1) Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen.

(2) Befinden sich die Gegenstände in dem Gewahrsam einer Person und werden sie nicht freiwillig herausgegeben, so bedarf es der Beschlagnahme.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Führerscheine, die der Einziehung unterliegen.

(4) Die Herausgabe beweglicher Sachen richtet sich nach den §§ 111n und 111o.

(1) Beschlagnahmen dürfen nur durch das Gericht, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Die Beschlagnahme nach § 97 Abs. 5 Satz 2 in den Räumen einer Redaktion, eines Verlages, einer Druckerei oder einer Rundfunkanstalt darf nur durch das Gericht angeordnet werden.

(2) Der Beamte, der einen Gegenstand ohne gerichtliche Anordnung beschlagnahmt hat, soll binnen drei Tagen die gerichtliche Bestätigung beantragen, wenn bei der Beschlagnahme weder der davon Betroffene noch ein erwachsener Angehöriger anwesend war oder wenn der Betroffene und im Falle seiner Abwesenheit ein erwachsener Angehöriger des Betroffenen gegen die Beschlagnahme ausdrücklichen Widerspruch erhoben hat. Der Betroffene kann jederzeit die gerichtliche Entscheidung beantragen. Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich nach § 162. Der Betroffene kann den Antrag auch bei dem Amtsgericht einreichen, in dessen Bezirk die Beschlagnahme stattgefunden hat; dieses leitet den Antrag dem zuständigen Gericht zu. Der Betroffene ist über seine Rechte zu belehren.

(3) Ist nach erhobener öffentlicher Klage die Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft oder eine ihrer Ermittlungspersonen erfolgt, so ist binnen drei Tagen dem Gericht von der Beschlagnahme Anzeige zu machen; die beschlagnahmten Gegenstände sind ihm zur Verfügung zu stellen.

(4) Wird eine Beschlagnahme in einem Dienstgebäude oder einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr um ihre Durchführung ersucht. Die ersuchende Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. Des Ersuchens bedarf es nicht, wenn die Beschlagnahme in Räumen vorzunehmen ist, die ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.

(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung oder Unbrauchbarmachung eines Gegenstandes vorliegen, so kann er zur Sicherung der Vollstreckung beschlagnahmt werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll die Beschlagnahme angeordnet werden. § 94 Absatz 3 bleibt unberührt.

(2) Die §§ 102 bis 110 gelten entsprechend.

(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen, so kann zur Sicherung der Vollstreckung der Vermögensarrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Betroffenen angeordnet werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll der Vermögensarrest angeordnet werden.

(2) Der Vermögensarrest kann auch zur Sicherung der Vollstreckung einer Geldstrafe und der voraussichtlichen Kosten des Strafverfahrens angeordnet werden, wenn gegen den Beschuldigten ein Urteil ergangen oder ein Strafbefehl erlassen worden ist.

(3) Zur Sicherung der Vollstreckungskosten ergeht kein Arrest.

(4) In der Anordnung ist der zu sichernde Anspruch unter Angabe des Geldbetrages zu bezeichnen. Zudem ist in der Anordnung ein Geldbetrag festzusetzen, durch dessen Hinterlegung der Betroffene die Vollziehung des Arrestes abwenden und die Aufhebung der Vollziehung des Arrestes verlangen kann; § 108 Absatz 1 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Die §§ 102 bis 110 gelten entsprechend.

(6) Die Möglichkeit einer Anordnung nach § 324 der Abgabenordnung steht einer Anordnung nach Absatz 1 nicht entgegen.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung der Gefährlichkeit seines Hundes durch die Beklagte und deren Anordnung, den Hund außerhalb ausbruchssicherer Grundstücke nur an der Leine und mit einem Maulkorb versehen, zu führen.

2

Der Kläger ist Halter eines männlichen Border Collie-Mischlings mit dem Namen „R.“, geb. am 22.04.2008. Die als Zeugin geladene Frau D. ist Halterin eines Chihuahua-Dackel-Mischlings, geb. am 19.03.2008 namens „T.“.

3

Am 19.08.2011 hielten sich der Zeuge E. mit dem Hund des Klägers sowie die Zeugin D. mit ihrem Hund im Bereich der Grünanlage „Schroteanlage südlich des GuthsMuths-Stadions“ im Stadtteil Stadtfeld West in der Landeshauptstadt A-Stadt auf. Die Grünanlage ist unter Nr. 15 in der Anlage 3 zu § 2 Abs. 3 der Grünanlagensatzung der Beklagten vom 11.11.2010 als Anlage aufgenommen, die vom Leinenzwang für Hunde ausgenommen ist.

4

Gegen 18.30 Uhr kam es zwischen den beiden Hunden zu einer Rangelei im Bereich der so genannten Hundeauslaufwiese, in deren Folge der Hund der Zeugin D. nach deren Beobachtung eine Verletzung am linken Ohr erlitt. Ausweislich des tierärztlichen Berichts der Tierärztlichen Klinik für Kleintiere, Dr. N. und Dr. L. vom 19.08.2011 wurde eine Bissverletzung am linken Ohr festgestellt und eine Wundbehandlung durchgeführt. Die Zeugin D. zeigte der Beklagten am 23.08.2011 den Vorfall vom 19.08.2011 u. a. mit der Erklärung an, der Hund des Klägers habe ihrem Hund die Verletzung zugefügt. Zeugen des Vorfalls seien F. und G. gewesen.

5

Die Beklagte teilte hierauf dem Kläger mit Schreiben vom 05.09.2011 ihre Absicht mit, die Gefährlichkeit des Hundes festzustellen und gab ihm Gelegenheit, sich hierzu zu äußern. Von dieser Möglichkeit machte der Kläger mit Schreiben vom 23.09.2011 Gebrauch. Dabei teilte er u. a. mit, der Sohn seiner Lebensgefährtin habe zum maßgeblichen Zeitpunkt den Hund ausgeführt. Was er und auch die Halterin von „T.“ gemerkt hätten, sei gewesen, dass sich eine läufige Hündin auf der Hundelaufwiese befunden habe. Das habe unter den anwesenden Tieren, vor allem unter den Rüden, Erregung und Unruhe ausgelöst. So sei es auch zu einer Rangordnungsrangelei zwischen „R.“ und „T.“ mit der Folge einer Verletzung des kleinen Rüden „nach Angaben der Halterin“ gekommen. Einen gezielten Biss von „R.“ oder gar mehrerer glaube er nicht, diese hätte schwerwiegende Folgen gehabt. (der Sohn der Lebensgefährtin) habe ihm gesagt, die Wunde habe nicht mehr geblutet, als die Halterin mit „T.“ den Platz verlassen habe. Der Aufforderung zu einer Zeugenbefragung durch die Beklagte kam Herr F. nicht nach.

6

Mit Bescheid vom 24.11.2011, dem Kläger zugestellt am 26.11.2011, stellte die Beklagte die Gefährlichkeit des Hundes des Klägers fest (Ziffer 1) und gab dem Kläger auf, bis zur Entscheidung über den Antrag auf Erlaubnis zur Haltung des Hundes, den Hund außerhalb ausbruchssicherer Grundstücke nur von dem Kläger persönlich an einer Leine und mit Maulkorb versehen zu führen (Ziffer 2).

7

Am 22.12.2011 suchte der Kläger bezüglich der streitbefangenen Verfügung wegen darin enthaltenen Sofortvollzuges das Gericht um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach. Den Eilrechtsschutzantrag lehnte das Gericht mit Beschluss 1 B 404/11 MD vom 16. Januar 2012 als unbegründet ab, da sich der von dem Kläger angefochtene Bescheid der Beklagten vom 24.11.2011 als rechtmäßig erweise.

8

Am 17.04.2012 stellte der Kläger gegenüber der Beklagten den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes und teilte diesbezüglich u. a. mit, „R.“ werde vier Jahre alt und sei mindestens 2.000 Mal auf diesem Hundeplatz ausgelaufen. Der einmalige und ohne größere Schäden (6,81 Euro Wundbehandlungskosten) verlaufende Vorfall rechtfertige nicht derartige massive Übergriffe durch das Magdeburger Ordnungsamt.

9

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2012 wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt den gegen den streitbefangenen Bescheid der Beklagten gerichteten Widerspruch vom 18.05.2012 als unbegründet zurück.

10

Am 25.08.2012 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor: Es beständen berechtigte Zweifel an den Angaben der Hundehalterin von „T.“. Als „T.“ auf die Hundelaufwiese gekommen sei, hätten die Hunde „P.“, eine französische Bulldogge, und „R.“ miteinander gespielt. „T.“ habe „P.“ unablässig verfolgt und bedrängt. „R.“ habe „T.“ nicht ohne Vorwarnung angegriffen, sondern „T.“ sei auf „R.“ losgegangen, indem er in Richtung „R.“ gesprungen sei und diesen zu beißen versucht habe, wobei „T.“ dem „R.“ leicht an dessen Maul verletzt habe, wodurch „R.“ leicht am Maul geblutet habe. „R.“ habe dann „T.“ gedroht, wie es unter Rüden nicht unüblich sei, indem er „T.“ zurückgedrängt und diesen angeknurrt, sowie sich über den körperlich kleinen Hund gestellt habe, ohne jedoch „T.“ zu beißen, wie von der Hundehalterin behauptet.

11

Zudem sei das Gesetz zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren verfassungswidrig, und werde diesbezüglich darauf hingewiesen, dass wegen der „verfassungswidrigen Anwendung“ des Hundegesetzes in Sachsen-Anhalt mehrere Tierschutzvereine Protest im Landtag eingelegt hätten. Der Kläger hat Frau F. und Frau H. als Zeugen des Vorfalls benannt.

12

Der Kläger beantragt,

13

wie erkannt.

14

Die Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.

17

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, den in der Sache ergangenen Eilbeschluss 1 B 404/11 MD vom 16.01.2012, den von der Beklagten übersandten Verwaltungsvorgang sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 25.11.2014.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässige Klage ist begründet.

19

Der Bescheid der Beklagten vom 24.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 25.07.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

20

Im Ergebnis der mündlichen Verhandlung einschließlich der Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen D., F., H. und E. ist nicht erwiesen, dass der Hund des Klägers den Hund der Zeugin D. gebissen oder sonst ein verhalten gezeigt hat, welches auf eine über das natürliche Maß hinausgehende Aggressivität hinweist.

21

Nach § 4 Abs. 4 GefHuG LSA hat die zuständige Behörde, die einen Hinweis darauf erhält, dass ein Hund eine gesteigerte Aggressivität aufweist, insbesondere Menschen oder Tiere gebissen oder sonst eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Aggressivität gezeigt hat, diesen Hinweis von Amts wegen zu prüfen (Satz 1). Ergibt die Prüfung Tatsachen, die den Verdacht rechtfertigen, dass von dem Hund eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, so stellt die Behörde fest, dass der Hund gefährlich ist (Satz 2).

22

Nach der gesetzlichen Wertung ist dabei für ein Einschreiten der zuständigen Behörde nicht erforderlich, dass bereits Tatsachen vorliegen, welche die Gefährlichkeit eines Hundes i. S. d. § 3 Abs. 3 GefHuG LSA belegen. Dies betrifft vorliegend insbesondere die Voraussetzungen von Ziffer 2) der vorgenannten Regelung, wonach im Einzelfall gefährliche Hunde insbesondere Hunde sind, die sich als bissig erwiesen haben. Es reicht hierzu aus, wenn aufgrund von Tatsachen lediglich ein „Verdacht“ auf die Gefährlichkeit des Hundes im vorgenannten Sinn besteht. Denn nach Sinn und Zweck des Gesetzes zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren vom 23.01.2009 (BVBl. LSA 2009, 22 - vgl. § 1 GefHuG LSA) soll den zuständigen Behörden eine wirksame Vorsorge gegen durch Hundeangriffe drohende Schäden für Menschen oder Tiere ermöglicht werden. Hintergrund dieses Gesetzes sind immer wieder in den Blick der Öffentlichkeit geratene bundesweit aufgetretene Unglücksfälle mit Hunden, bei denen Menschen oder Tiere zum Teil schwere Verletzungen erlitten haben und es auch zu Todesfällen gekommen ist. Im Gemeinwohlinteresse an einer effektiven Gefahrenvorsorge im Hinblick auf die von Hunden ausgehenden potentiellen Gefahren hat der Landesgesetzgeber dementsprechend mit § 4 Abs. 4 GefHuG LSA eine Rechtsgrundlage geschaffen, mit der bereits bloße Risiken zukünftiger Schädigungen durch Hunde vermieden werden sollen (vgl. Nds. OVG, B. v. 12.05.2005 - 11 ME 92/05 -, zitiert nach juris, zur insoweit wortgleichen Regelung des § 3 Abs. 2 Nds. Gesetz über das Halten von Hunden vom 12.12.2002, Nds. GVBl. 2003, 2). Der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt hat eine niedrige ordnungsrechtliche Eingriffsschwelle bestimmt, indem er für die Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes im Einzelfall im Sinne einer Gefahrenvorsorge einen bloßen Gefahrenverdacht ausreichen lässt. Erhält die zuständige Behörde, etwa durch die Anzeige eines betroffenen Hundehalters, aufgrund einer Information der Fachaufsichtsbehörde, Presseberichten oder allgemeinen polizeilichen Hinweisen, die Kenntnis auf eine gesteigerte Aggressivität eines Hundes, so hat sie dem von Amts wegen nachzugehen (§ 4 Abs. 4 S. 1 GefHuG LSA). Ergeben sich hiernach Tatsachen, die den Verdacht rechtfertigen, dass von dem Hund eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, so stellt die Behörde dessen Gefährlichkeit fest (§ 4 Abs. 4 S. 2 GefHuG LSA). Ein ordnungsbehördliches Einschreiten ist demnach bereits dann gerechtfertigt, wenn aufgrund der festgestellten Tatsachen zwar nicht gewiss ist, es aber zumindest als möglich erscheint, dass der Hund zukünftig ein Rechtsgüter Dritter schädigendes Verhalten zeigt (vgl. zum Begriff des Gefahrenverdachts: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Auflage 2007, Kapitel E, Rn. 48). Der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt wollte ein möglichst frühzeitiges ordnungsbehördliches Einschreiten ermöglichen, um dadurch künftige Beißvorfälle mit Hunden weitgehend zu minimieren und Gefahren für die öffentliche Sicherheit wirksam vorzubeugen, die mit dem Halten und Führen von Hunden verbunden sein können (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs in LT-Drs. 5/1011, S. 11; Pietzsch, LKV 2010, 241). Die Fähigkeit eines Hundes zu sozialverträglichem Verhalten ist nach Feststellung der Gefährlichkeitsvermutung allein im Rahmen eines Wesenstests i. S. v. § 10 Abs. 1 GefHuG LSA nachzuweisen (OVG LSA, B. v. 29.11.2011 - 3 M 484/11 -, zitiert nach juris, Rn. 5 m. w. N.).

23

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben, denn ungeachtet der zu treffenden Prognoseentscheidung setzt diese eine Tatsachenermittlung durch die Behörde voraus. Erst wenn die Behörde ihrer Pflicht aus §§ 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA, 24 VwVfG (Untersuchungsgrundsatz) hinreichend nachgekommen ist, eröffnet sich der Raum für die Gefährlichkeitsprognose. Letzteres war weder im Zeitpunkt des Erlasses des hier angefochtenen Bescheides, noch bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2012 der Fall. Zwar hatte die Zeugin D. einen Vorfall bei der Beklagten am 23.08.2011 angezeigt und erklärt, dass der Hund des Klägers ihren eigenen Hund in das linke Ohr gebissen habe. Dagegen hatte der Kläger indes erklärt, dass er nicht glaube, dass es sich um einen gezielten Biss gehandelt habe, sondern vielmehr um die Folge einer Rangordnungsrangelei. Ausgehend hiervon hätte die anschließende Gefährlichkeitsprognose einer weiteren Sachverhaltsermittlung von Amts wegen, etwa durch Befragung aller von der Anzeigenerstatterin angegebenen Zeugen bedurft.

24

Im Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Kammer konnte nicht mit der hierfür nötigen Überzeugungsgewissheit des Gerichts aufgeklärt werden, dass der Hund des Klägers den Hund der Zeugin D. gebissen hat. Die Zeugin erklärte, sie habe die Rangelei der Hunde erst gesehen, als ihr Hund aufjaulte. Hier habe sich der Hund des Klägers bereits über ihrem Hund befunden und Kopfbewegungen nach unten in Richtung ihres Hundes gemacht. Hieraus habe sie geschlossen, dass es sich um Beißversuche handelte. Später habe sich die Verletzung am Ohr und Blut bei ihrem Hund gesehen. Hiermit stimmt im Wesentlichen die Aussage des Zeugen E. überein, nur dass dieser keine „Beißbewegungen“ des klägerischen Hundes gesehen hat. Alle weiteren durch das Gericht vernommenen Zeugen schilderten die Begleitumstände des Vorfalls unterschiedlich, haben aber – insoweit übereinstimmend – ebenfalls keinen Beißvorgang im Sinne des Zusammenklappens beider Kiefer des Hundes mit einer hierdurch verursachten Verletzung gesehen. Übereinstimmend erklärten der Zeuge F. und die Zeugin H. allerdings, dass es eine Rangordnungsstreitigkeit zwischen den Hunden wegen einer läufigen Hündin gegeben habe. Ob es im Zuge dieser Rangelei bereits zu der Verletzung des Hundes der Zeugin D. gekommen ist, konnte nicht geklärt werden und kann auch dahinstehen. Denn ob ein Hund im Rahmen eines artgerechten Verteidigungsverhaltens gebissen hat (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.11.2013 – 11 LA 100/13 -, n. juris), bedarf erst der näheren Aufklärung, wenn feststeht, dass er überhaupt gebissen hat. Letzteres ist vorliegend indes nicht feststellbar.

25

Mithin rechtfertigt das Vorkommnis am 19.08.2011 nicht den Verdacht, dass von dem Hund des Klägers eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren reicht dieser Vorfall für die streitgegenständliche Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes „R.“ nicht aus.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

27

Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

28

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Die Vollziehung der Beschlagnahme eines Gegenstandes hat die Wirkung eines Veräußerungsverbotes im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Wirkung der Beschlagnahme wird von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betroffenen nicht berührt; Maßnahmen nach § 111c können in einem solchen Verfahren nicht angefochten werden.

(2) Eine beschlagnahmte bewegliche Sache kann dem Betroffenen zurückgegeben werden, wenn er einen den Wert der Sache entsprechenden Geldbetrag beibringt. Der beigebrachte Betrag tritt an die Stelle der Sache. Sie kann dem Betroffenen auch unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs zur vorläufigen weiteren Benutzung bis zum Abschluss des Verfahrens überlassen werden; die Maßnahme kann davon abhängig gemacht werden, dass der Betroffene Sicherheit leistet oder bestimmte Auflagen erfüllt.

(3) Beschlagnahmtes Bargeld kann hinterlegt oder auf ein Konto der Justiz eingezahlt werden. Der mit der Einzahlung entstandene Auszahlungsanspruch tritt an die Stelle des Bargeldes.

(1) Die Beschlagnahme einer beweglichen Sache wird dadurch vollzogen, dass die Sache in Gewahrsam genommen wird. Die Beschlagnahme kann auch dadurch vollzogen werden, dass sie durch Siegel oder in anderer Weise kenntlich gemacht wird.

(2) Die Beschlagnahme einer Forderung oder eines anderen Vermögensrechtes, das nicht den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegt, wird durch Pfändung vollzogen. Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte sind insoweit sinngemäß anzuwenden. Die Aufforderung zur Abgabe der in § 840 Absatz 1 der Zivilprozessordnung bezeichneten Erklärungen ist in den Pfändungsbeschluss aufzunehmen.

(3) Die Beschlagnahme eines Grundstücks oder eines Rechts, das den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegt, wird durch ihre Eintragung im Grundbuch vollzogen. Die Vorschriften des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung über den Umfang der Beschlagnahme bei der Zwangsversteigerung gelten entsprechend.

(4) Die Beschlagnahme eines Schiffes, eines Schiffsbauwerks oder eines Luftfahrzeugs wird nach Absatz 1 vollzogen. Ist der Gegenstand im Schiffs- oder Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen, ist die Beschlagnahme in diesem Register einzutragen. Zu diesem Zweck können eintragungsfähige Schiffsbauwerke oder Luftfahrzeuge zur Eintragung angemeldet werden; die Vorschriften, die bei der Anmeldung durch eine Person, die auf Grund eines vollstreckbaren Titels eine Eintragung im Register verlangen kann, anzuwenden sind, gelten hierbei entsprechend.

Ein Veräußerungsverbot, das von einem Gericht oder von einer anderen Behörde innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassen wird, steht einem gesetzlichen Veräußerungsverbot der in § 135 bezeichneten Art gleich.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Herausgabe von sichergestellten Schmuckstücken.

Am 24. Mai 2007 wurde die Wohnung des Klägers, der seit 1977 gewerblich als Wohnungsentrümpler, Aufkäufer von Haushaltsgegenständen und Flohmarkthändler tätig war, im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Raubes und Wohnungseinbrüchen durchsucht und dabei unter anderem eine große Menge Schmuck aufgefunden, der zum Teil beschlagnahmt wurde. Daneben wurden eine halbautomatische Pistole mit eingeführtem Magazin, ein ebenfalls geladener Trommelrevolver und verschiedene Munition gefunden. Nachfolgend wurde gegen den Kläger wegen gewerbsmäßiger Hehlerei und unerlaubten Waffen- und Munitionsbesitzes ermittelt und er mit Urteil des Amtsgerichts München vom 7. Oktober 2008 wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Das Verfahren wegen Hehlerei wurde im Hinblick auf die wegen unerlaubten Waffenbesitzes verhängte Strafe gemäß § 154 Abs. 2 StPO unter der Auflage eingestellt, an eine Geschädigte einen Geldbetrag von 2.500,- Euro zu leisten.

Mit Bescheid vom 17. Februar 2009 stellte das Kriminalfachdezernat 3 die am 24. Mai 2007 anlässlich der Durchsuchung der klägerischen Wohnung beschlagnahmten Schmuckgegenstände im Falle der Aufhebung der Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft gemäß Art. 25 Nr. 2 PAG sicher. In den Gründen ist u. a. ausgeführt, dass der Kläger teilweise als Hehler für eine überwiegend in München lebende, aus dem ehemaligen Jugoslawien stammende Einbrecher- und Räuberbande fungiert habe. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung im Mai 2007 sei eine große Menge Schmuck beschlagnahmt worden, der in verschiedenen Taschen von Kleidungsstücken, zwischen der Wäsche, in einer Aktentasche, im Keller und in einem Verkaufsanhänger aufgefunden worden sei, außerdem Bargeld. Bisher hätten fünf Schmuckstücke zugeordnet bzw. durch Geschädigte identifiziert werden können. Eine goldene Damenarmbanduhr stamme aus einem Einbruchdiebstahl vom 14. Mai 1999 in Düsseldorf; die im Sicherstellungsverzeichnis unter Nummern 2 bis 5 beschriebenen Schmuckstücke stammten aus einem Wohnungsraub vom 9. Juni 2006 in München. Der Kläger habe bei seiner Vernehmung am 24. Mai 2007 zunächst den ihn belastenden Aussagen der dieser Tat Beschuldigten widersprochen und angegeben, diese nicht zu kennen, am 23. Oktober 2007 indes eingeräumt, vier Schmuckstücke, die nachweislich aus einem Wohnungsraub stammten, von dem Beschuldigten Z. erworben zu haben. Die Eigentumsvermutung gemäß § 1006 BGB sei widerlegt durch die Angaben der beiden Beschuldigten - einer von ihnen sei mittlerweile zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten verurteilt worden - und den Umstand, dass der Kläger weder Eigentumsnachweise habe vorlegen können noch glaubhafte Angaben zur Herkunft des Schmuckes habe machen können. Es sei nicht erforderlich, dass der rechtmäßige Eigentümer oder Besitzer bekannt sei.

Diesen Bescheid ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigten am 19. März 2009 vor dem Verwaltungsgericht anfechten (M 7 K 09.1188), mit der Begründung, er sei - mit Ausnahme der im Bescheid unter Nummern 1 bis 5 bezeichneten Gegenstände - Eigentümer der im Sicherstellungsverzeichnis aufgeführten Gegenstände. Es handele sich um Familienschmuck mit hohem materiellem und ideellem Wert bzw. um Schmuck, den der Kläger in Ausübung seines Gewerbes als Wohnungsentrümpler, Aufkäufer von Haushaltsgegenständen und Schmuck sowie Flohmarkthändler rechtmäßig erworben habe. Für den Kläger spreche die gesetzliche Vermutung des § 1006 BGB, die auch nicht durch die Angaben der Beschuldigten widerlegt werde. Allenfalls für die aus einem Wohnungsraub stammenden Schmuckstücke Nummern 2 bis 5 könne die Vermutung widerlegt sein. Nicht der Kläger sei verpflichtet, sein Eigentum im Einzelnen nachzuweisen. Dies obliege vielmehr der Polizei, die jedoch seit der Beschlagnahme im Mai 2007 keine Geschädigten habe ermitteln können. Wenn die Staatsanwaltschaft den Vorwurf hätte nachwiesen können, wäre es nicht zu Einstellung des Strafverfahrens wegen Hehlerei gemäß § 154 StPO gekommen. Im Übrigen sei die Sicherstellung knapp zwei Jahre nach der Beschlagnahme unverhältnismäßig.

In der (ersten) mündlichen Verhandlung am 10. Februar 2010 erklärte der Beklagte, eine Anzahl der im Sicherstellungsverzeichnis aufgeführten Gegenstände an den Kläger aushändigen zu wollen; insoweit wurde die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Mit Änderungsbescheid vom 6. August 2010 änderte das Kriminalfachdezernat 3 den Bescheid vom 17. Februar 2009 dahin ab, dass die Sicherstellung der im Sicherstellungsverzeichnis vom 24. Mai 2007 unter Nr. 12 sowie Nrn. 32.4 bis durchgehend 34.16 aufgeführten Gegenstände aufgehoben wurde.

Mit Urteil vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) stellte das Gericht das Verfahren ein, soweit die Beteiligten die Streitsache für erledigt erklärt hatten, und wies die Klage im Übrigen ab.

Rechtsgrundlage der Sicherstellung sei Art. 25 Nr. 2 PAG. Dessen Voraussetzungen seien bereits im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung erfüllt gewesen. Aufgrund der Indizienlage sei das Eigentum Dritter an den sichergestellten Schmuckstücken wesentlich wahrscheinlicher als das vom Kläger behauptete Eigentum an den in seinem unmittelbaren Besitz befindlichen Gegenständen gewesen. Somit sei die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB nach Satz 2 dieser Vorschrift als widerlegt und der Kläger nicht als Eigentümer oder rechtmäßiger Besitzer des sichergestellten Schmucks anzusehen. An dieser polizeilichen Einschätzung sei unter Berücksichtigung der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse auch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung festzuhalten.

Gegen das Urteil wurde kein Rechtsmittel eingelegt.

Eine zwischen dem 30. Juni und 12. August 2011 ausgehängte öffentliche Bekanntmachung des Polizeipräsidiums München, mit der die tatsächlichen Eigentümer der Schmuckstücke aufgefordert wurden, die ihnen gehörenden Gegenstände abzuholen, blieb ohne Erfolg.

Mit anwaltlichen Schreiben vom 1. Februar 2012 und 11. Juli 2013 ließ der Kläger beim Kriminalfachdezernat 3 die Aufhebung der Sicherstellung und die Herausgabe der sichergestellten Schmuckstücke nach Art. 28 Abs. 1 PAG bzw. die Freigabe der sichergestellten Schmuckstücke beantragen.

Mit Schreiben vom 22. Januar 2014 hörte das Kriminalfachdezernat 3 den Kläger zu der beabsichtigten Verwertung der Schmuckstücke an. Durch Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 19. Februar 2014 und 14. März 2014 widersprach der Kläger dieser Absicht.

Mit Bescheid vom 31. März 2014 ordnete das Kriminalfachdezernat 3 bezüglich der am 24. Mai 2007 beschlagnahmten und mittels Bescheid vom 17. Februar 2009 in Verbindung mit dem Abänderungsbescheid vom 6. August 2010 sichergestellten Schmuckgegenstände (aufgeführt im Sicherstellungsverzeichnis vom 24. Mai 2007) die Verwertung dieser sich noch in amtlicher Verwahrung befindlichen Schmuckstücke an. In den Gründen ist angegeben, eine Herausgabe der sichergestellten Gegenstände komme nicht in Betracht. Die Voraussetzungen der Sicherstellung seien nicht entfallen und es sei keineswegs eine „Verfestigung“ der Eigentumsvermutung gemäß § 1006 BGB zugunsten des Klägers erfolgt. Es bestehe keine Herausgabepflicht der Polizei hinsichtlich der sichergestellten Sachen nach Art. 28 Abs. 1 PAG. Zum einen sei der Zweck der polizeilichen Sicherstellung der betreffenden Gegenstände - der Schutz privater Rechte - nicht dadurch entfallen, dass ein berechtigter Dritter bisher nicht ermittelt werden konnte. Zum anderen bestehe die Herausgabepflicht der Polizei nach Art. 28 Abs. 1 PAG nur gegenüber einem Berechtigten; eine Herausgabe abhanden gekommener Sachen an den Dieb oder Hehler oder sonst unrechtmäßigen Besitzer sei somit ausgeschlossen (BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707). Auch bei Erfolglosigkeit weiterer Ermittlungen zu den Eigentümern der sichergestellten Sachen sei nicht ohne weiteres auf den Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen zu schließen. Vielmehr dauere der Schutzzweck der Sicherstellung fort, weil es dem mutmaßlichen Willen des unbekannt bleibenden Geschädigten entspreche, einen zu seinem Nachteil eingetretenen Verstoß gegen die Eigentumsordnung weiterhin im Wege der Sicherstellung zu unterbinden (OVG NW, B. v. 12.7.2007 - 5 A 1056/06). Rechtsgrundlage für die Anordnung der Verwertung sei Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG. Nach der Feststellung des Verwaltungsgerichts sei aufgrund der Indizienlage das Eigentum Dritter an den sichergestellten Schmuckstücken wesentlich wahrscheinlicher als das vom Kläger behauptete Eigentum. Somit sei die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB nach Satz 2 dieser Vorschrift widerlegt, und der Kläger sei nicht als Eigentümer oder rechtmäßiger Besitzer des sichergestellten Schmucks anzusehen. Bei einer Herausgabe der Schmuckstücke an den Kläger würden die Voraussetzungen für die Sicherstellung erneut eintreten, womit diese gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 3 PAG ausgeschlossen sei. Die Verwertungsanordnung sei auch verhältnismäßig und ermessensgerecht.

Mit Urteil vom 8. April 2015 hob das Verwaltungsgericht München den Bescheid des Kriminalfachdezernats 3 vom 31. März 2014 auf und verpflichtete den Beklagten, die in der Anlage K 2 zur Klageschrift aufgeführten Schmuckgegenstände an den Kläger herauszugeben.

In den Entscheidungsgründen ist im Wesentlichen ausgeführt: Nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG könnten sichergestellte Sachen verwertet werden, wenn sie nach einer Frist von einem Jahr nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden könnten, ohne dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden. Die Jahresfrist, die mit der Sicherstellung am 19. Februar 2009 zu laufen begonnen habe, sei abgelaufen. Streitig sei allein, ob die Schmuckstücke nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden könnten, ohne dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden. Aus dem letzten Halbsatz dieser Bestimmung sei zu schließen, dass die Voraussetzungen für eine Sicherstellung im Zeitpunkt des Erlasses der Verwertungsanordnung noch vorliegen müssten.

Das Gericht gehe sowohl davon aus, dass der Kläger als Berechtigter im Sinne des Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG anzusehen sei, als auch davon, dass die Voraussetzungen für eine Sicherstellung bei Erlass der Verwertungsanordnung entfallen gewesen seien.

Nach dem Vollzugshinweis zum Polizeiaufgabengesetz Nr. 27.3 sei Berechtigter jeder, der Eigentümer der Sache sei oder ein Recht zum Besitz der Sache habe. Davon, dass dem Kläger ein derartiges Recht zustehe, sei das Gericht aus den im Urteil vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) bereits dargelegten Gründen indes nicht überzeugt, vielmehr davon, dass er den sichergestellten Schmuck nicht rechtmäßig erworben habe. Allerdings könne er im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts einen Herausgabeanspruch gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG geltend machen. Um einen Wertungswiderspruch zwischen Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG zu vermeiden - nämlich die Anordnung der Verwertung trotz Bestehens eines Herausgabeanspruchs -, sei nach Auffassung des Gerichts der Begriff des „Berechtigten“ in Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG im Sinne des Art. 28 Abs. 1 auszulegen.

Danach seien die Sachen zunächst an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG), und nur, wenn dies nicht möglich ist, an eine andere Person (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG). Auch seien die Voraussetzungen für die Sicherstellung vorliegend entfallen. Denn trotz der Bemühungen des Beklagten habe sich kein früherer Besitzer der schon seit Mai 2007 in amtlichem Gewahrsam befindlichen Schmuckstücke gefunden (§ 1006 Abs. 1 Satz 2 BGB), der als wahrer Eigentümer oder Berechtigter in Betracht käme, so dass davon auszugehen sei, dass endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden könne. Damit sei für die Aufrechterhaltung der Sicherstellung gemäß Art. 25 Nr. 2 PAG kein Raum mehr. Die Polizei schütze nach Art. 2 Abs. 2 PAG Rechte Privater nur unter der Voraussetzung, dass gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen sei und ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert würde (vgl. BayVGH, B. v. 17.3.2010 - 10 C 09.3011, 10 C 0910 C 09.3012 - juris Rn. 15). Im Rahmen der Ermessensausübung sei der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Berechtigten maßgebend. Ferner fehle es an der Verhältnismäßigkeit; nach Art. 4 Abs. 3 PAG sei eine Maßnahme nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht sei oder sich zeige, dass er nicht erreicht werden könne.

Allein der zu vermutende deliktische Ursprung der Gegenstände reiche für eine Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG nicht aus. Ihre Rechtmäßigkeit werde zwar grundsätzlich nicht dadurch berührt, dass im Zeitpunkt ihrer Anordnung der Eigentümer oder rechtmäßige Inhaber, zu dessen Schutz die Maßnahme erfolge, noch unbekannt sei. Insoweit genüge, dass eine spätere Ermittlung des Eigentümers nicht auszuschließen sei. In diesem Fall diene die Sicherstellung dem Schutz des noch unbekannten Eigentümers vor dem Verlust seines Eigentums. Davon könne aber dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn aufgrund des Zeitablaufs und der behördlichen Bemühungen zur Ermittlung eines anderweitigen Berechtigten der Schmuckstücke ein solcher endgültig nicht zu ermitteln sei. Dem Herausgabebegehren lasse sich dann nicht entgegenhalten, dass im Rückschluss aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG davon auszugehen sei, dass nach dem Willen des Gesetzgebers nur an einen Berechtigten herausgegeben werden dürfe. Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Satz geprägt habe, eine Herausgabe an den Dieb oder Hehler sei ausgeschlossen (vgl. BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 10), sei er davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Sicherstellung im Entscheidungszeitpunkt noch vorgelegen hätten. Dasselbe gelte für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen in dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof - nicht entscheidungserheblich - in Bezug genommenen Beschluss vom 11. August 2010 (5 A 298/09 - juris Rn. 45), in dem ein derartiges Herausgabeverlangen als rechtsmissbräuchlich qualifiziert worden sei. Die Kammer sei der Auffassung, dass bei Herausgabeverlangen eines mutmaßlichen Diebs oder Hehlers eine dauerhafte Einziehung deliktisch erlangter Vermögensgegenstände auf der Grundlage von Art. 25 Nr. 2 PAG nicht in Betracht komme. Dies sowie die Übertragung des Eigentums an diesen Gegenständen auf den Staat sei Gegenstand der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung in Gestalt des einfachen und erweiterten Verfalls (§§ 73 ff. StGB) und habe in diesen Vorschriften eine abschließende Regelung gefunden. Neben diesen geltenden strafrechtlichen Vorschriften über die Gewinnabschöpfung sei eine präventivpolizeiliche Gewinnabschöpfung weder notwendig noch zulässig. Vor diesem Hintergrund sei ein Herausgabeverlangen des von der Sicherstellung Betroffenen auch nicht als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren. Da die streitgegenständlichen Schmuckstücke beim Kläger sichergestellt worden seien und ausgeschlossen werden könne, dass sich noch ein anderweitiger Berechtigter finde, seien sie nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG auch an ihn wieder herauszugeben. Damit aber hätten im maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses die Voraussetzungen für eine Verwertungsanordnung nicht mehr vorgelegen, so dass diese aufzuheben gewesen sei.

Zur Begründung seiner fristgerecht eingelegten Berufung führt der Beklagte im Wesentlichen aus: Die Voraussetzungen für eine Verwertung der sichergestellten Schmuckstücke nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG lägen vor; die Sicherstellungsvoraussetzungen seien weiterhin gegeben. Das Verwaltungsgericht gehe zu Recht gerade nicht davon aus, dass dem Kläger ein Recht zum Besitz der Sachen zustehe, da es überzeugt sei, dass der Kläger den sichergestellten Schmuck nicht rechtmäßig erworben habe. Es verhalte sich aber widersprüchlich, wenn es annehme, der Kläger sei als Berechtigter im Sinn des Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG anzusehen, aber gleichzeitig davon überzeugt sei, dem Kläger stehe kein derartiges Recht zu. Soweit das Verwaltungsgericht dies mit einem zu vermeidenden Wertungswiderspruch zwischen Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG begründe, weshalb der Begriff des „Berechtigten“ in Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG im Sinne des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG auszulegen sei, verstehe das Gericht den Begriff des Berechtigten über die eigentliche Definition hinausgehend. Hierfür gebe es jedoch weder eine rechtliche Grundlage noch bedürfe es einer erweiterten Auslegung; ein Wertungswiderspruch zwischen diesen Normen existiere nicht, der Begriff des Berechtigten sei in Art. 28 ebenso wie in Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG auszulegen. Es sei vielmehr zu differenzieren zwischen dem von der Sicherstellung „Betroffenen“ und dem „Berechtigten“. Einen Herausgabeanspruch habe ein von der Sicherstellung „Betroffener“, bei dem die Sache sichergestellt wurde, nur dann, wenn er auch „Berechtigter“ sei. Dies ergebe sich aus dem Sinn und zugleich aus dem Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG, aus der dem Art. 28 Abs. 1 Satz 3 PAG zugrundeliegenden Logik und aus dem systematischen Zusammenhang des Art. 28 Abs. 1 PAG mit Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 (und 5) sowie Abs. 2 PAG. Dem Betroffenen im Sinn des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG müsse ein Recht an der Sache zustehen, er dürfe gerade nicht den Besitz durch eine Straftat wie Diebstahl oder Hehlerei erlangt haben (BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 20). Zwar bleibe in dieser Entscheidung die Frage offen, ab welchem Zeitpunkt ein Berechtigter endgültig nicht mehr ermittelt werden könne. Jedoch sei nicht nachvollziehbar, warum sich an dieser Auslegung allein aus Gründen des Zeitablauf etwas ändern sollte. Diese Argumentation finde auch weitere Unterstützung in der Rechtsprechung. Es bedürfe somit für den Begriff des Berechtigten im Sinn des Herausgabeanspruchs nach Art. 28 keiner anderen Definition als im Art. 27 PAG. Berechtigter im Sinn beider Vorschriften sei der, der Eigentümer der Sache sei oder ein Recht zum Besitz der Sache habe. Eigentum und Recht zum Besitz an den sichergestellten Gegenständen habe das Verwaltungsgericht aber in Bezug auf den Kläger eindeutig und fehlerfrei verneint.

Die Voraussetzungen der Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG würden zudem bei Herausgabe an den Kläger erneut eintreten und seien nicht entfallen. Das Vorliegen der Sicherstellungsvoraussetzungen nach Art. 25 Nr. 2 PAG sei zunächst rechtskräftig mitUrteil vom 16. November 2011 (M 7 K 09.1188) für den damaligen Zeitpunkt festgestellt worden. Notwendig für den Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen sei regelmäßig eine Änderung des zugrunde liegenden Sachverhalts. Allein das zeitliche Moment stelle insoweit noch keine ausreichende Änderung dar. Aus dem Umstand, dass bislang keine weiteren tatsächlichen Eigentümer oder sonst Berechtigte hätten ermittelt werden können, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden könne. Unzweifelhaft bestünden noch - nicht ermittelte - Berechtigte, deren Eigentum bzw. Besitzrecht durch Art. 25 Nr. 2 PAG geschützt werden könne. So gehe auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (a. a. O.) davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Sicherstellung nicht weggefallen seien, solange die Eigentumsfrage nicht geklärt sei.

Die polizeiliche Sicherstellung einer Sache zum Eigentumsschutz nach Art. 25 Nr. 2 PAG sei in Anlehnung an die zivilrechtlichen Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 766 ff. BGB) gerechtfertigt, wenn diese dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Eigentümers entspreche. Bei einem Fehlen einer ausdrücklichen oder konkludenten Willensäußerung entscheide der mutmaßliche Wille und mangels Anhaltpunkten hierfür der Wille, der dem Interesse des Berechtigten entspreche. Der mutmaßliche Wille sei nicht derjenige, den der Geschäftsführer subjektiv annehme, sondern derjenige, den der Geschäftsherr bei objektiver Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Geschäftsübernahme geäußert haben würde. Mit der Unverbrüchlichkeit und Gerechtigkeit der Rechtsordnung sei es nicht zu vereinbaren, dass eine Rückgabe der Gegenstände an denjenigen erfolge, der sie unrechtmäßig erworben habe. Vielmehr sei es sachgerecht, dass in dem Fall, dass der wahre Eigentümer/Berechtigte einer Sache nicht mehr zu ermitteln sei, eine Verwertung der Sache zu erfolgen habe. Diese Auffassung entspreche auch dem mutmaßlichen Willen bzw. dem Interesse des wahren Eigentümers/Berechtigten.

Die Verwertungsanordnung sei auch nach Art. 4 PAG geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne. Der Begriff der „Präventiven Gewinnabschöpfung“ passe in Konstellationen wie der vorliegenden nicht. Zielrichtung der Aufrechterhaltung der Sicherstellung statt der Herausgabe sei nicht, etwas beim Kläger abzuschöpfen, sondern eine Perpetuierung einer feststehenden Rechtsgutsverletzung beim wahren Eigentümer zu vermeiden. Aus der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Freistaats Bayern für präventivpolizeiliche Maßnahmen folge, dass die Vorschriften der bundesgesetzlichen §§ 73 ff. StGB keine Sperrwirkung gegenüber dem PAG entfalten könnten.

Der Beklagte stellt den Antrag,

unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 die Klage abzuweisen.

Der Kläger stellt den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei rechtmäßig, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Herausgabe der noch sichergestellten Schmuckstücke zu.

Der Herausgabeanspruch nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG habe Vorrang gegenüber einer Verwertung nach Art. 27 PAG. Die Voraussetzungen für die Sicherstellung seien weggefallen. Das Verwaltungsgericht habe richtig festgestellt, dass trotz der Bemühungen des Beklagten sich kein früherer Besitzer der schon seit Mai 2007 in amtlichem Gewahrsam befindlichen Schmuckstücke, der als wahrer Eigentümer oder Berechtigter in Betracht käme, gefunden habe. Es sei daher davon auszugehen, dass endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden könne.

Auch die Herausgabe an den Kläger sei möglich. Er sei sowohl Betroffener als auch Berechtigter. Der Beklagte habe bisher nicht nachweisen können, dass eine Drittberechtigung anderer Personen vorliegen könne. Die Feststellungslast trage der Beklagte. Der Kläger sei Eigentümer der sichergestellten Gegenstände (mit Ausnahme der seinerzeit unter Nrn. 1 bis 5 des Sicherstellungsverzeichnisses aufgeführten Gegenstände). Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) ändere daran nichts. Damals sei die Eigentumslage noch nicht geklärt gewesen. Jetzt handele es sich um die Herausgabe der damals sichergestellten Gegenstände nach über sechs Jahren. Es habe kein wahrer Eigentümer der Schmuckstücke ermittelt werden können. Nach alldem stehe nach jetziger Sachlage fest, dass der Kläger der wahre Eigentümer der streitgegenständlichen sichergestellten Schmuckstücke sei. Die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB sei nach jetziger Sach- und Rechtslage gegeben. Es sei nämlich nicht erwiesen, dass die sichergestellten Schmuckstücke gestohlen worden, verloren gegangen oder einem sonstigen früheren Besitzer abhanden gekommen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und der Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 ist begründet.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Herausgabe der sichergestellten Schmuckgegenstände gegen den Beklagten zu (1.), und durch die Anordnung der Verwertung der sichergestellten Schmuckgegenstände wird der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (2.). Daher war das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.

1. Die Klage auf Herausgabe der sichergestellten Schmuckgegenstände ist zulässig, aber unbegründet.

1.1 Die Klage ist zulässig. Da aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) feststeht, dass die Sicherstellung der streitgegenständlichen Schmuckstücke jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der Maßnahme rechtmäßig war, kann der Kläger nicht mehr im Wege einer Anfechtungsklage gegen die Sicherstellungsverfügung deren Aufhebung (ex tunc) und unter Anwendung des in § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO enthaltenen Folgenbeseitigungsanspruchs die Herausgabe verlangen (vgl. BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 20; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 28 Rn. 10). Er hat daher zu Recht eine allgemeine Leistungsklage erhoben (Schmidbauer/Steiner, a. a. O.; allgemein Pietzker in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2016, § 42 Rn. 150). Unschädlich ist, dass das Verwaltungsgericht die Klage insoweit (offenbar) als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO) angesehen hat (vgl. UA S. 8 mit dem Verweis auf § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); Zulässigkeitsbedenken wären im Übrigen auch in diesem Fall nicht erkennbar.

1.2. Die Klage ist nicht begründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die Herausgabe der streitgegenständlichen Schmuckstücke hat.

a) Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG sind, sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind, die Sachen an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 3 PAG ist die Herausgabe jedoch ausgeschlossen, wenn dadurch erneut die Voraussetzungen für die Sicherstellung eintreten würden.

b) Die begehrte Herausgabe der sichergestellten Schmuckstücke an den Kläger kommt vorliegend nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen der Sicherstellung noch nicht weggefallen sind und weil der Kläger auch kein Berechtigter im Sinn dieser Vorschrift ist.

Die Sicherstellung der Schmuckstücke durch Bescheid vom 17. Februar 2009 erfolgte auf der Grundlage von Art. 25 Nr. 2 PAG, um deren Eigentümer oder rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor deren Verlust zu schützen. Die Sicherstellungsverfügung wurde durch das rechtskräftig gewordene Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) für die hier noch streitgegenständlichen Schmuckstücke bestätigt. Das Gericht hat dabei die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 BGB als widerlegt und den Kläger somit nicht als Eigentümer oder rechtmäßigen Besitzer der Schmuckstücke angesehen. Als Indizien für die Widerlegung der Eigentumsvermutung hat das Gericht damals die nachweisbare Herkunft eines Teils der aufgefundenen Schmuckstücke aus einem Raub bzw. Diebstahl, den Kontakt des Klägers zu den Tätern und deren Aussagen zum Kläger, das Missverhältnis des hohen Wertes der Schmuckstücke zur Einkommenssituation des Klägers, den Umstand, dass der Kläger keinerlei Herkunftsbelege gerade für die hochwertigen Stücke besaß, den Umstand, dass der Kläger zur Herkunft gar keine oder nur vage und widersprüchliche Angaben machen konnte, sowie die Auffindungssituation der Schmuckstücke herangezogen.

Die Rechtskraft des Urteils (§ 121 VwGO) vom 16. März 2011 muss sich der Kläger entgegenhalten lassen; damit steht fest, dass die angefochtene Sicherstellung nicht rechtswidrig erfolgte und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzte. Die dabei getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Sicherstellung vorgelegen haben, ist für die vorliegende Entscheidung präjudiziell (Clausing in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Juni 2016, § 121 Rn. 24; Lindner in Posser/Wolff, Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand Oktober 2016, § 121 Rn. 19).

Insoweit sind seither auch keine Änderungen des Sachverhalts eingetreten, die den von der Rechtskraft erfassten Streitgegenstand verändern und den nachträglichen Wegfall der anfänglich vorliegenden Voraussetzungen für die Sicherstellung begründen würden (vgl. Clausing in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Juni 2016, § 121 Rn. 72; Lindner in Posser/Wolff, Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: Oktober 2016, § 121 Rn. 54). Zu keinem der Gesichtspunkte, die im Urteil vom 16. März 2011 für die Überzeugung des Verwaltungsgerichts leitend waren, dass der Kläger nicht Eigentümer oder berechtigter Besitzer sei, hat der Kläger etwas vorgetragen, das die damalige Würdigung nunmehr in neuem Licht erscheinen lassen könnte, noch ist sonst etwas für eine dahingehende Änderung der Sach- und Rechtslage ersichtlich. Allein der Zeitablauf von (weiteren) fünf Jahren, ohne dass die Polizei seither (weitere) Eigentümer oder rechtmäßige Besitzer der Schmuckstücke ausfindig machen konnte, rechtfertigt es nicht, nunmehr den Kläger trotz fortbestehender gegensätzlicher Indizienlage unter Heranziehung von § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB gemäß seiner bloßen Behauptung als Eigentümer anzusehen. Auch das Verwaltungsgericht war im Übrigen in der angefochtenen Entscheidung vom 8. April 2015 weiterhin davon überzeugt, dass der Kläger den sichergestellten Schmuck nicht rechtmäßig erworben hat (UA S. 9).

Nach Überzeugung des Senats (§ 108 Abs. 1 VwGO) kann nicht, wie das Verwaltungsgericht annimmt, von einem Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen ausgegangen werden, weil nicht mehr erwartet werden könne, in Bezug auf die hier noch streitgegenständlichen Schmuckstücke einen Eigentümer oder rechtmäßigen Besitzer ausfindig zu machen. Es ist zunächst keineswegs ausgeschlossen, dass auch nach mehr als 9 Jahren noch ein solcher Berechtigter ermittelt werden kann. Insoweit hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass eine am 24. Mai 2007 beim Kläger aufgefundene goldene Armbanduhr einem Einbruchdiebstahl vom 14. Mai 1999, also 8 Jahre vorher, zugeordnet werden konnte.

Solange jedoch somit die Eigentumsfrage nicht geklärt und der wahre Berechtigte gefunden ist, sind die Voraussetzungen der auf Art. 25 Nr. 2 PAG gestützten Sicherstellung nicht weggefallen, sie würden vielmehr bei einer Herausgabe an den Kläger wieder eintreten (BayVGH, B. v. 11.2.2009 - 10 CE 08.3393 - BayVBl 2009, 569, Rn. 16; ähnlich BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 18; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 28 Rn. 7). Dem steht nicht entgegen, dass die Polizei nach Art. 25 Nr. 2 PAG zum Schutz privater Rechte tätig wurde und ihr nach Art. 2 Abs. 2 PAG der Schutz privater Rechte nur dann obliegt, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Die Sicherstellung ist danach (weiterhin) zulässig, wenn sie dem mutmaßlichen Willen des Berechtigten entspricht, was dann der Fall ist, wenn die Sicherstellung bei der maßgeblichen objektiven Betrachtung in dessen Interesse erfolgt. Dem mutmaßlichen Willen des Eigentümers einer Sache entspricht es regelmäßig, einen zu seinem Nachteil eingetretenen und andauernden Verstoß gegen die Eigentumsordnung weiterhin im Wege der Sicherstellung zu unterbinden, auch wenn er bisher nicht als Berechtigter ermittelt worden ist bzw. ermittelt werden konnte (vgl. OVG NW, B. v. 13.9.2016 - 5 A 667/16 - juris, Rn. 38 ff.; OVG NW, B. v. 12.2.2007 - 5 A 1056/06 - juris Rn. 7).

Selbst wenn man jedoch davon ausginge, dass die Sicherstellungsvoraussetzungen weggefallen sind, weil kein Eigentümer oder rechtmäßiger Inhaber der tatsächlichen Gewalt, zu dessen Schutz gemäß Art. 25 Abs. 2 PAG die Sicherstellung erfolgt ist, mehr ermittelt werden kann, kann jedenfalls der Kläger nicht die Herausgabe der sichergestellten Gegenstände an sich verlangen. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung von Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG hält einer Überprüfung nicht stand.

Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG sind die sichergestellten Sachen zwar grundsätzlich „an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind“. Jedoch besteht die Herausgabepflicht der Polizei nach richtigem Verständnis dieser Bestimmung nur gegenüber einem Berechtigten; eine Herausgabe abhanden gekommener Sachen an den Dieb oder Hehler oder sonst unrechtmäßigen Besitzer ist somit ausgeschlossen. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG regelt die Herausgabe der sichergestellten Sache nach der Beendigung des polizeilichen Gewahrsams und der amtlichen Verwahrung an den Betroffenen, dessen Rechte durch den hoheitlichen Eingriff der Sicherstellung beeinträchtigt wurden bzw. werden. Wie sich insbesondere aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG, aber auch aus dem systematischen Zusammenhang dieser Bestimmung mit Art. 27 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 sowie Abs. 2 PAG ergibt, muss dem von der Sicherstellung Betroffenen für einen Herausgabeanspruch nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG ein Recht an der Sache zustehen, er muss „Berechtigter“ sein, also Eigentümer oder berechtigter Besitzer. Die Herausgabe an jemanden, der den Besitz an der Sache durch eine Straftat wie Diebstahl oder Hehlerei erlangt hat, kann nach dieser Rechtsgrundlage nicht gefordert werden (so schon BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 20; ähnlich OVG Berlin-Bbg, B. v. 15.6.2016 - OVG 1 S 21.16 - juris Rn. 14; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 28 Rn. 12; Berner/Köhler/Käß, Polizeiaufgabengesetz. Handkommentar, 20. Auflage 2010, Art. 28 Rn. 3; Senftl in Möstl/Schwabenbauer, Beck’scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand: Juni 2016, Art. 28 Rn. 9).

Der Umstand, dass die Polizei bisher trotz entsprechender Bemühungen keinen „Berechtigten“ für die streitgegenständlichen Schmuckstücke ausfindig machen konnte und dass dies (möglicherweise) endgültig nicht mehr möglich ist, führt nicht dazu, dass der Kläger, der zur vollen Überzeugung des Verwaltungsgerichts wie auch des erkennenden Senats nicht der Eigentümer oder berechtigte Besitzer ist, allein aus diesem Grund zum „Berechtigten“ wird. Dies hat auch nicht zur Folge - wie das Verwaltungsgericht meint - dazu, dass deswegen „endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden kann“ (UA S. 9), sondern lediglich dazu, dass die Identität des zu Schützenden unbekannt bleibt. Dass der Berechtigte (noch) nicht bekannt ist, steht jedoch einer Sicherstellung und deren Aufrechterhaltung grundsätzlich nicht entgegen (BayVGH, B. v. 6.2.2014 - 10 CS 14.47 - NVwZ-RR 2014, 522 - Rn. 17; BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 15; teilw. noch offen lassend: BayVGH, B. v. 17.3.2010 - 10 C 09.3011, 10 C 0910 C 09.3012 - juris, Rn. 15; BayVGH, B. v. 6.2.2014 - 10 CS 14.47 - NVwZ-RR 2014, 522 - Rn. 17).

Insoweit besteht auch kein Wertungswiderspruch zwischen Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG, „nämlich die Anordnung der Verwertung trotz Bestehens eines Herausgabeanspruchs“, wie das Verwaltungsgericht meint (UA. S. 9). Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG setzt nämlich gerade voraus, dass die sichergestellte Sache nicht herausgegeben werden kann, mithin dass die Sicherstellungsvoraussetzungen noch fortbestehen (Senftl in Möstl/Schwabenbauer, Beck’scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand: Juni 2016, Art. 27 Rn. 6; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 27 Rn. 2 u. 4). Entsteht ein Herausgabeanspruch erst nach der Verwertung, ist nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 PAG der Erlös herauszugeben. Ist ein Berechtigter nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, so ist der Erlös gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 2 PAG nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zu hinterlegen. Angesichts dieser gesetzlichen Regelungssystematik besteht kein Grund, einen Nicht-Berechtigten im Sinn des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG doch als Berechtigten anzusehen, wenn ein „wahrer“ Berechtigter „endgültig“ nicht mehr ermittelt werden kann.

Im Übrigen ist das Herausgabeverlangen des Klägers auch rechtsmissbräuchlich. Da weiterhin nicht davon ausgegangen werden kann, dass er Eigentümer oder berechtigter Besitzers der sichergestellten Gegenstände ist, kann er sich zur Begründung seines Herausgabeverlangens nicht darauf berufen, dass ein Berechtigter bislang nicht ermittelt worden ist (vgl. OVG NW, B. v. 13.9.2016 - 5 A 667/16 - juris, Rn. 46 ff.; OVG NW, B. v. 11.8.2010 - 5 A 298/09 - juris Rn. 45; OVG NW, B. v. 12.2.2007 - 5 A 1056/06 - juris Rn. 9).

Diese Auslegung der Vorschriften der präventivpolizeilichen Sicherstellung steht auch nicht im Konflikt mit der Regelung der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung in §§ 73 ff. StGB, insbesondere dem erweiterten Verfall gemäß § 73d StGB. Zwar verfolgt auch diese Vorschrift einen präventiven Zweck: Der betroffene Straftäter soll deliktisch erlangte Gegenstände nicht behalten; die mit der Bereicherung des Täters verbundene Störung der Rechtsordnung soll nicht auf Dauer bestehen bleiben; die Gewinnabschöpfung soll verhindern, dass die bereits eingetretene Störung der Vermögensordnung auch zukünftig fortdauert (so BVerfG, B. v. 14.1.2004 - 2 BvR 564/95 - BVerfGE 110, 1, Rn. 70). § 73d StGB ermöglicht es, dem Betroffenen einen Teil seines Vermögens wegzunehmen, soweit es deliktisch erlangt worden ist, und zwar auch dann, wenn es der Betroffene zivilrechtlich wirksam erlangt hat (BVerfG, a. a. O., Rn. 71, 88). Der Grundsatz, sichergestellte Gegenstände nicht an einen Nicht-Berechtigten herausgeben, hat dagegen eine andere Zielrichtung: es wird damit verhindert, dass eine Person, die nicht Eigentümer oder berechtigter Besitzer ist, eine Sache allein deswegen (zurück-) erhält, weil der wahre Berechtigte nicht ausfindig gemacht werden konnte bzw. kann, und dass damit der nicht der Rechtsordnung entsprechende Zustand wiederhergestellt oder verlängert wird. Es wird damit nicht etwas bei einem Betroffenen „abgeschöpft“, sondern er erhält etwas nicht zurück, was ihm nicht zusteht. Die Regelung im Strafgesetzbuch „sperrt“ damit nicht eine entsprechende Regelung präventivpolizeilicher Eingriffsermächtigungen zur Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung aufgrund des landesrechtlichen Polizeiaufgabengesetzes. Bei der vom Kläger gerügten Anwendung dieser Bestimmungen in seinem Fall handelt es sich im Ergebnis letztlich ebenfalls um eine systemkonforme Auswirkung des „alle Rechtsgebiete übergreifenden Grundsatzes, wonach eine mit der Rechtsordnung nicht übereinstimmende Vermögenslage auszugleichen ist“ (BVerfG, a. a. O., Rn. 76).

2. Die Klage gegen die Anordnung der Verwertung der sichergestellten Schmuckstücke in dem Bescheid vom 31. März 2014 ist zulässig, aber unbegründet.

2.1 Die Anfechtungsklage ist zulässig, insbesondere liegt beim Kläger eine Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) vor, da der Bescheid an ihn gerichtet ist und er geltend macht, der Eigentümer der Schmuckstücke zu sein; die abschließende Bewertung der Eigentumslage ist Sache der Begründetheit.

2.2 Die Klage ist jedoch nicht begründet, weil die Anordnung der Verwertung jedenfalls den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG ist die Verwertung einer sichergestellten Sache zulässig, wenn sie nach einem Jahr nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden kann, ohne dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden. Die Vorschrift geht davon aus, dass die Sicherstellungsgründe fortbestehen, weil nur dann eine Herausgabe ausscheidet (Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 27 Rn. 2 u. 4; Senftl in Möstl/Schwabenbauer, Beck’scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand Juni 2016, Art. 27 Rn. 6).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Wie oben dargelegt, können die sichergestellten Schmuckstücke nicht herausgegeben werden, weil der Kläger nicht Berechtigter ist und ein anderer Berechtigter nicht bekannt ist. Da der Kläger nicht Berechtigter (Eigentümer oder berechtigter Besitzer) ist, kann er auch nicht eigenen Rechten verletzt sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Sicherstellungsverfügung der Antragsgegnerin vom 5. Dezember 2016 wird wiederhergestellt.

Der Antrag auf Herausgabe des aufgrund der Sicherstellungsverfügung der Antragsgegnerin vom 5. Dezember 2016 sichergestellten Geldbetrags „zu treuen Händen“ des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

Der Streitwert wird auf EUR 57.020 festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller, der sowohl die deutsche als auch die nigerianische Staatsangehörigkeit besitzt, wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Sicherstellungsverfügung, mit der bei ihm aufgefundenes Bargeld in Höhe von EUR 114.040,00 sichergestellt worden ist.

2

Am 21. März 2016 wurde im Rahmen einer Sicherheitskontrolle am Flughafen Hamburg durch Mitarbeiter des Hauptzollamts im unmittelbaren Besitz des Antragstellers - konkret in seinen Reisekoffern, seinem Handgepäck und seiner Kleidung - ein Bargeldbetrag in Höhe von EUR 115.540,00 festgestellt (insgesamt 2.751 Banknoten, überwiegend 10-, 20-, 50- und 100-EUR-Banknoten), nachdem der Antragsteller zuvor auf Nachfrage der Mitarbeiter des Hauptzollamts lediglich einen Bargeldbetrag von ca. EUR 4.000 bis EUR 6.000 angegeben hatte. Der Antragsteller befand sich ausgehend von seinen Reisedokumenten bei der Ausreise von Hamburg über Brüssel nach Accra (Ghana). Er machte weder Angaben zur Herkunft und zum Verwendungszweck des Bargelds noch dazu, wem es gehöre.

3

Seitens des Hauptzollamts wurde ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Der Antragsteller berief sich in diesem Verfahren auf sein Schweigerecht. Er erhielt von dem Bargeldbetrag lediglich einen Betrag in Höhe von EUR 1.500,00 zurück. Der Restbetrag von EUR 114.040,00 wurde sichergestellt und in zollamtliche Verwahrung genommen. Mit Beschluss vom 23. März 2016 verlängerte das Amtsgericht Hamburg die Maßnahme bis zum 24. April 2016.

4

Am 5. April 2016 leitete die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen den Antragsteller ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche ein. Auch in diesem Verfahren berief sich der Antragsteller auf sein Schweigerecht.

5

Am 25. April 2016 ordnete das Amtsgericht Hamburg auf Antrag der Staatsanwaltschaft Hamburg die strafprozessuale Beschlagnahme des Bargeldbetrags gemäß § 111b Abs.1, 111c Abs. 3, 111e Abs. 1 StPO i.V.m. § 261 Abs. 7 StGB an. Zur Begründung führte das Amtsgericht im Wesentlichen an, es seien Gründe für die Annahme vorhanden, dass hinsichtlich des Bargeldbetrags die Voraussetzungen für eine Einziehung nach § 261 Abs. 7 StGB vorliegen. Es bestehe der Anfangsverdacht, dass das von dem Antragsteller anlässlich seines Ausreiseversuchs mitgeführte Bargeld aus einer der in § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB genannten rechtswidrigen Taten herrühre, wahrscheinlich einem gewerbsmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln. Diesen Anfangsverdacht begründete das Amtsgericht mit mehreren Indizien: Die bislang festgestellte intensive Reisetätigkeit des Antragstellers mit den vornehmlichen Zielen Accra und Dubai begründeten den Verdacht einer Kuriertätigkeit. Der bloße Umstand der Mitnahme eines derart hohen Bargeldbetrags in einen Staat mit funktionierendem Bankwesen sowie die auffällig gemischte Stückelung des Geldes und dessen einfache Bündelung und Verpackung seien typische Anzeichen für eine illegale Herkunft. Der Umstand, dass der Antragsteller neben den am Körper und im Handgepäck befindlichen Bargeldbetrag noch Bargeld in sechsstelliger Höhe unbeaufsichtigt in den aufgegebenen Gepäckstücken habe transportieren wollen, gebe deutlichen Anlass zu der Annahme, dass die Herkunft dieses Geldes nicht auf einer legalen Basis fuße. Ohnehin lägen nach den bislang bekannt gewordenen persönlichen wie wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers keine Anzeichen für die Möglichkeit einer legalen Herkunft des Geldes vor. Die Beschlagnahme wurde vom Amtsgericht gemäß § 111b Abs. 3 Satz 1 StPO bis zum 25. Oktober 2016 befristet, da nach Aktenlage zumindest keine dringenden Gründe für die Annahme eines späteren Verfalls bzw. der Einziehung vorhanden seien.

6

Im Auftrag der Staatsanwaltschaft Hamburg übernahm das Landeskriminalamt (LKA 66) der Polizei Hamburg in Zusammenarbeit mit dem Zollfahndungsamt die Ermittlungen. Diese Ermittlungen ergaben, dass der Antragsteller nicht vorbestraft ist. Lediglich im Jahr 2012 ist gegen den Antragsteller wegen Betrugs polizeilich ermittelt worden. Nach Auskunft der britischen Ermittlungsbehörde National Crime Agency (NCA) habe im Jahr 2013 ein Verdacht wegen der Beteiligung an einem Drogenhandel nach Deutschland bestanden, wobei auf die umfangreiche Reisetätigkeit des Antragstellers hingewiesen wurde.

7

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2016 beantragte der Antragsteller gegenüber dem Amtsgericht Hamburg, die Beschlagnahme des gegenständlichen Bargeldbetrags mit Fristablauf aufzuheben und ihn zu treuen Händen seines derzeitigen Prozessbevollmächtigten herauszugeben. Der Staatsanwaltschaft Hamburg wurde das Schreiben am selben Tag zur Kenntnisnahme übersandt.

8

Mit Schreiben vom 1. November 2016 bat der Antragsteller die Staatsanwaltschaft Hamburg um die erforderliche Freigabeerklärung.

9

Daraufhin stellte die Staatsanwaltschaft Hamburg am 4. November 2016 einen Verlängerungsantrag hinsichtlich der Beschlagnahme. Der Antragsteller habe keine Angaben zur Herkunft des Bargeldes gemacht. Das Fehlen einer schlüssigen Erklärung zur Herkunft und zum Verwendungszweck des Geldes sowie zum Zweck der Reise böten weitere Anhaltspunkte dafür, dass das Geld aus Straftaten herrühre. Anzeichen für die Möglichkeit einer legalen Herkunft lägen demgegenüber nicht vor. Die weiteren Ermittlungen hätten ergeben, dass der Antragsteller offiziell über kein nennenswertes Einkommen verfüge. Kontoauswertungen hätten ergeben, dass das im Wesentlichen in dem Gehalt der Ehefrau und dem Kindergeld bestehende Familieneinkommen für den Lebensunterhalt aufgebraucht werde. Es seien jedoch auf die Konten der Eheleute regelmäßig Bareinzahlungen erfolgt, im Betrachtungszeitraum von Januar 2013 bis August 2016 in Gesamthöhe von EUR 192.530. Die Ermittlungen hätten zu keinem Hinweis der Herkunft dieser Bargelder aus legalen Geschäften geführt. Die NCA habe mitgeteilt, dass der Antragsteller im Verdacht stehe, sich mit der Einfuhr von Drogen nach Deutschland durch als Flugreisende eingesetzte Kuriere zu befassen und bereits im Jahr 2011 inhaftiert worden sei, jedoch wegen Mangels an Beweisen wieder freigelassen habe werden müssen. Die Stückelung des beschlagnahmten Bargelds (überwiegend 10, 20 und 50-EUR-Banknoten) sei typisch für die Herkunft aus dem Drogenhandel. Eine Inaugenscheinnahme der Geldscheine habe zudem ergeben, dass diese mit einem handgemalten Totenkopf auf der weißen Fläche an deren rechter Seite versehen seien. Es dränge sich auf, dass diese Markierungen geheime Zeichen seien, die im Drogenhandel gebräuchlich seien. So könnte damit eine bestimmte Handelslinie vom Geldgeber bis hin zur Produktion verbunden und beabsichtigt gewesen sein.

10

Mit Schriftsatz vom 15. November 2016 nahm der Antragsteller zum Verlängerungsantrag Stellung. Er führte im Wesentlichen aus, dass dringende Gründe i.S.v. § 111b Abs. 3 Satz 1 StPO für die Annahme, dass das beschlagnahmte Bargeld aus einem gewerbsmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln stamme, nicht vorlägen. Auch hätten die Ermittlungen durchaus Ansatzpunkte für eine legale Herkunft des Bargeldbetrags ergeben. Diese hätten nämlich ergeben, dass von seinem Konto im Jahr 2013 ein Betrag in Höhe von EUR 3.352 zugunsten der Firma … abgebucht worden sei. Diese Firma sei am 7. Mai 2013 als Ausführer eines Baggers auf Gleisketten, Rechnungsbetrag EUR 77.000, an den Empfänger … in Accra (Ghana) aufgetreten.

11

Am 23. November 2016 nahm die Staatsanwaltschaft Hamburg ihren Verlängerungsantrag zurück, nachdem festgestellt worden war, dass es sich bei den auf den Geldscheinen festgestellten „Markierungen“ auch um das bei künstlichem Licht nur unvollständig sichtbare Wasserzeichen handeln könnte. Zeitgleich übersandte der zuständige Dezernent der Staatsanwaltschaft ein Fax an das Zollfahndungsamt/LKA 66, in dem er verfügte, dass der beschlagnahmte Bargeldbetrag an den Antragsteller herauszugeben sei, sofern keine aussagekräftigen Falzungen an dem überwiegenden Teil der Scheine festgestellt werden könnten. Am 25. November 2016 teilte das Zollfahndungsamt/LKA 66 der Staatsanwaltschaft Hamburg mit, dass auf dem beschlagnahmten Geldscheinen keine szenetypischen Falzungen oder nachträglich angebrachte Markierungen festgestellt hätten werden können.

12

Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers aufgrund einer in der Zwischenzeit genommenen Akteneinsicht von der Freigabeerklärung der Staatsanwaltschaft erfahren hatte, meldete er sich am 2. Dezember 2016 direkt beim Zollfahndungsamt/LKA 66 bezüglich der Modalitäten der Herausgabe. Noch am selben Tag erhielt er die Mitteilung, dass das Bargeld nach terminlicher Abstimmung im Polizeipräsidium in Empfang genommen werden könne.

13

Mit an den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers adressierter Sicherstellungsverfügung vom 5. Dezember 2016 stellte das LKA 66 der Polizei Hamburg das seitens der Staatsanwaltschaft Hamburg freigegebene Bargeld nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Buchs. c HmbSOG sicher. Zugleich verfügte es die Verwahrung des Bargeldbetrags und sprach ein diesbezügliches Verfügungsverbot aus. Schließlich ordnete es gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung der Anordnung der Sicherstellung und des Verfügungsverbots an. Zur Begründung führte das LKA 66 im Wesentlichen aus: Die Voraussetzungen für eine Sicherstellung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c HmbSOG lägen vor. Die Ergebnisse der Ermittlungen zeigten, dass der beim Antragsteller aufgefundene Bargeldbetrag ganz offensichtlich nicht in seinem Eigentum stehe. Der Antragsteller habe in den letzten Jahren zahlreiche Reisen nach Accra und Dubai unternommen, die mit erheblichen Kosten verbunden gewesen seien. Die kleine Stückelung des Bargeldbetrags spreche gegen eine gewerbliche Verwendung oder Herkunft. Auf den Namen des Antragstellers seien keine Einfuhren beim Zoll registriert. Ausfuhren auf seinen Namen seien ebenfalls nicht festgestellt worden. Erfahrungsgemäß könnte es sich aufgrund der szenetypischen Stückelung um Erlöse aus Drogenverkäufen handeln. Gegen den Antragsteller seien im Jahr 2013 polizeiliche Ermittlungen wegen Drogenschmuggels nach Deutschland durch die National Crime Agency geführt worden, wobei über den Stand dieser Ermittlungen nichts weiter bekannt sei. Im Jahr 2012 sei gegen den Antragsteller wegen Betrugs ermittelt worden. Auf die Bankkonten des Antragstellers und seiner Ehefrau seien im Jahr 2013 EUR 43.220, im Jahr 2014 EUR 12.930 und im Jahr 2015 EUR 62.900 eingezahlt worden. Die gegenüber der Steuer erklärten Einkünfte des Antragstellers aus gewerblicher Tätigkeit (Einzelhandel mit Kfz-Teilen und Zubehör) hätten im Jahr 2013 insgesamt EUR 3.641 betragen. In den Jahren 2014 und 2015 hätte der Antragsteller keine Einkünfte erzielt. Seine Ehefrau habe in den Jahren 2013 bis 2015 Bruttoeinkünfte von jeweils ca. EUR 32.000 erklärt. Zudem beziehe das Ehepaar Kindergeld für zwei Kinder. Die erheblichen Bareinzahlungen auf den Konten korrespondierten keinesfalls mit den erklärten Einkünften. Die Herkunft der Bargelder habe nicht ermittelt werden können. Zudem sei festgestellt worden, dass der Antragsteller am 18. Juli 2013 einen Betrag in Höhe von EUR 41.195 über die Firma … an eine Frau … nach Nigeria transferiert habe. Aufgrund all dieser Umstände sei davon auszugehen, dass das Bargeld im Eigentum einer anderen unbekannten Person stehe. Auf die Eigentumsvermutung nach § 1006 BGB könne sich der Antragsteller nicht berufen. Der Antragsteller habe bisher keinen Eigenbesitz bzw. kein Eigentum an dem Bargeldbetrag geltend gemacht. § 1006 BGB greife jedoch nicht im Falle des Fremdbesitzes. Selbst im Falle der Annahme von Eigenbesitz sei die Eigentumsvermutung vorliegend jedoch aufgrund der dargestellten Umstände widerlegt. Der Geldbetrag sei daher zum Schutz der Eigentumsrechte der bisher unbekannten Eigentümer sicherzustellen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei notwendig, da das Bargeld ansonsten dem Zugriff der rechtmäßigen Eigentümer auf Dauer entzogen würde. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Sicherstellungsverfügung vom 5. Dezember 2016 (Bl. 142 ff. d.A.) verwiesen.

14

Ebenfalls am 5. Dezember 2016 verfügte die Staatsanwaltschaft Hamburg die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen den Antragsteller mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Herkunft des beschlagnahmten Bargeldbetrags sowie der in der Vergangenheit laufend auf das Konto bar eingezahlten Gelder habe sich nicht klären lassen. Eine Herkunft der Mittel aus legaler Erwerbstätigkeit des Antragstellers oder seiner Ehefrau sei ausgeschlossen. Zudem weise die kleine Stückelung des beschlagnahmten Geldes auf einen deliktischen Hintergrund hin. Derzeit seien jedoch keine erfolgversprechenden Ansätze zur Aufhellung der Mittelherkunft ersichtlich, die zu einer hinreichenden Eingrenzung einer Vortat zumindest nach dem Deliktsbereich führen könnte.

15

Am 9. Dezember 2016 hat der Antragsteller gegen die Sicherstellungsverfügung Widerspruch eingelegt und gleichzeitig vor dem beschließenden Gericht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung trägt er vor: Es bestünden bereits Zweifel, ob das LKA 66 der Polizei Hamburg formal zuständig gewesen sei für die Sicherstellungsanordnung, da die Polizei gemäß § 3 Abs. 2 Buchst. a HmbSOG in allen Fällen der Gefahrenabwehr nur für unaufschiebbare Maßnahmen zuständig sei, die streitgegenständliche Sicherstellungsanordnung jedoch keine unaufschiebbare Maßnahme gewesen sei. Die Sicherstellungsanordnung sei aber jedenfalls materiell rechtswidrig. Die Sicherstellung sei nicht zum Schutz des Eigentümers oder des rechtmäßigen Inhabers der tatsächlichen Gewalt erforderlich. Selbst wenn das Bargeld aus Drogenverkäufen stammte, würden sich die Drogenkäufer als Eigentümer des Bargelds in keinem Fall bei der Polizei Hamburg zwecks Herausgabe melden, so dass die Sicherstellung in diesem Fall ermessensfehlerhaft wäre. Des Weiteren sei der Rückgriff der Polizei auf die gefahrenabwehrrechtliche Sicherstellung unter bloßem Verweis auf die Ergebnisse eines durchgeführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens in Fällen, in denen zuvor eine strafprozessuale Beschlagnahme erfolgt sei, die wegen der nicht mehr vorliegenden strengen Voraussetzungen an die Verdachtslage aufgehoben worden sei, verfassungswidrig. Durch die Sicherstellung werde faktisch die Beschlagnahme auf unabsehbare Zeit aufrechterhalten, ohne dass deren Voraussetzungen noch vorliegen würden. Dadurch würde das ausdifferenzierte und abschließende Regelungssystem der Strafprozessordnung in verfassungswidriger Weise umgangen. Schließlich würden die Voraussetzungen für eine Sicherstellung auch nicht vorliegen. Die von der Antragsgegnerin angeführten Umstände genügten nicht für den Nachweis seiner fehlenden Eigentümerstellung bzw. für die Widerlegung der Eigentumsvermutung aus § 1006 BGB. Nach § 1006 BGB werde für den unmittelbaren Besitzer eine Sache sowohl der Eigenbesitz als auch das Eigentum vermutet. Ihn treffe daher weder eine Darlegungs- noch Beweislast hinsichtlich seines Eigenbesitzes bzw. seiner Eigentümerstellung. Im Übrigen trüge die Antragsgegnerin auch ohne Anwendbarkeit des § 1006 BGB die Beweislast dafür, dass er nicht Eigentümer sei, weil sie auf diese Tatsache ihre Befugnis zur Sicherstellung des Bargelds stütze. Die Antragsgegnerin habe seine fehlende Eigentümerstellung nicht nachgewiesen bzw. die Eigentumsvermutung nach § 1006 BGB nicht widerlegt. Zwar könnten im Falle der Herkunft der Gelder aus Drogenschäften die Drogenkäufer noch Eigentümer der Gelder sein. Die Herkunft der Gelder aus Drogengeschäften sei jedoch nicht nachgewiesen und auch die Antragsgegnerin behaupte nicht, dass sie einen solchen Nachweis erbracht habe. Auch bei Unterstellung einer (nicht näher einschränkbaren) deliktischen Herkunft des Bargeldes wäre seine Eigentümerstellung nicht erschüttert, da diese Herkunft nach dem Abstraktionsprinzip im Regelfall keine Auswirkungen auf die Eigentümerposition hat. Rein vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass auch § 14 Abs. 1 S. 1 Buchst. a HmbSOG die Sicherstellung nicht zu rechtfertigen vermag, da keine Gefahr der Verwendung der Gelder für strafbare Zwecke bestehe.

16

Der Antragsteller beantragt,

17

1. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 9. Dezember 2016 gegen die Sicherstellungsverfügung vom 5. Dezember 2016 wiederherzustellen, sowie
2. die Herausgabe des sichergestellten Geldbetrags in Höhe von EUR 114.040,00 zu treuen Händen seines Prozessbevollmächtigten anzuordnen.

18

Die Antragsgegnerin stellt keinen ausdrücklichen Antrag, führt in der Sache jedoch aus, dass der Antrag des Antragstellers unbegründet sei. Der Antragsteller sei nicht in seinen Rechten verletzt, da er nicht Eigentümer des sichergestellten Bargeldes sei. Zudem sei die Sicherstellung rechtmäßig erfolgt. Die Polizei sei formell zuständig gewesen, da sie nach § 3 Abs. 1 HmbSOG zuständige Verwaltungsbehörde sei. Der durch § 14 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c HmbSOG bezweckte Schutz des Eigentümers der sichergestellten Geldscheine rechtfertige deren Sicherstellung. Der Antragsteller sei nämlich nicht Eigentümer des Geldbetrags. Auf die Eigentumsvermutung nach § 1006 Abs. 1 BGB könne er sich nicht berufen. Zwar habe der Antragsteller im Sinne von § 854 Abs. 1 BGB die tatsächliche Gewalt über das sichergestellte Bargeld innegehabt. Er sei jedoch nicht Eigenbesitzer im Sinne von § 872 BGB, da er zu keinem Zeitpunkt behauptet habe, dies zu sein bzw. das Eigentum an dem Bargeldbetrag zu haben. Die Eigentumsvermutung nach § 1006 Abs. 1 BGB gelte jedoch im Hinblick auf § 1006 Abs. 3 BGB nicht im Falle von Fremdbesitz. Vermutungsgrundlage sei der gegenwärtige Eigenbesitz, d.h., es werde zugunsten des Eigenbesitzers vermutet, dass er das unbedingte Eigentum zugleich mit dem Besitz erworben habe. Der Umstand, dass der Antragsteller über den Eigenbesitzwillen schweige, führe nicht zu einer anderen Bewertung. Im Übrigen könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller nur Besitzdiener und nicht (Eigen-)Besitzer gewesen sei. Selbst wenn jedoch von einem Eigenbesitz und damit der Anwendbarkeit der Eigentumsvermutung nach § 1006 Abs. 1 BGB auszugehen sei, wäre diese im konkreten Fall widerlegt. Dafür sprächen die widersprüchlichen und unwahren Angaben über die Höhe des mitgeführten Bargelds, der Umstand, dass weder der Antragsteller noch seine Ehefrau über entsprechend hohe legale Einnahmequellen verfügten, die hohen Bareinzahlungen auf dem Konto des Antragsstellers, die diversen mit hohen Kosten verbundenen Reisen, sowie die Ermittlungen der NCA im Jahr 2013. Die im Mai 2013 ausgestellte Rechnung über EUR 77.000 ggf. aus gewerblicher Tätigkeit könne den mitgeführten Bargeldbetrag ebenfalls nicht erklären, da die Rechnung bereits über drei Jahre alt sei und die Rechnungssumme auch mit der Leistung (ein Bagger) gegengerechnet werden müsste, der mit dem Betrag hätte bezahlt werden müssen. Es sei unerheblich, dass der Eigentümer derzeit noch unbekannt sei, da die Sicherstellung dessen mutmaßlichen Willen entspreche und nicht auszuschließen sei, dass der wahre Eigentümer noch ermittelt werden könne. Die Sicherstellung auf gefahrenabwehrrechtlicher Grundlage sei schließlich auch nicht deshalb unzulässig, weil die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen durch Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO beendet worden seien. Die Sicherstellungsverfügung erweise sich nach alledem auch als ermessensfehlerfrei. Im Übrigen wäre auch ein Vorgehen nach § 983 BGB möglich gewesen. Da durchgreifende Zweifel an der Eigentümerstellung des Antragstellers bestünden bzw. dieser selbst bisher nicht geltend gemacht habe, Eigentümer zu sein, komme eine Herausgabe des Bargelds an den Antragsteller nicht in Betracht. Das Bargeld könnte als Fund öffentlich bekannt gemacht und abgewartet werden, ob sich der tatsächliche Eigentümer melde.

II.

1.

19

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Sicherstellungsverfügung wiederherzustellen, ist zulässig und begründet (hierzu a)). Hingegen ist der Antrag auf Herausgabe des sichergestellten Geldbetrags zwar zulässig; in der Sache bleibt er jedoch ohne Erfolg (hierzu b)).

a)

20

Der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Sicherstellungsverfügung hat in der Sache Erfolg. Zwar hat die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der angefochtenen Sicherstellungsverfügung formell rechtmäßig angeordnet. Insbesondere genügt die Begründung für die sofortige Vollziehung den gesetzlichen Anforderungen nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Doch dürfte das private Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung das öffentliche Interesse an der Vollziehung überwiegen, da die Sicherstellungsverfügung nach der im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Prüfung rechtswidrig sein (hierzu aa)) und den Antragsteller in seinen Rechten verletzen dürfte (hierzu bb)).

aa)

21

Die Sicherstellungsverfügung vom 5. Dezember 2016 dürfte rechtswidrig sein. Rechtsgrundlage für die angefochtene Sicherstellungsverfügung ist § 14 Absatz 1 Satz 1 Buchst. c HmbSOG. Nach dieser Vorschrift dürfen Sachen sichergestellt werden, wenn dies zum Schutz des Eigentümers oder des rechtmäßigen Inhabers der tatsächlichen Gewalt vor dem Verlust oder der Beschädigung der Sache erforderlich ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift dürften im vorliegenden Fall nicht gegeben sein.

22

Allerdings dürfte die Polizei Hamburg, die ein Amt innerhalb der Behörde für Inneres und Sport der Beklagten bildet, gemäß § 3 Abs. 1 HmbSOG für die Anordnung der Sicherstellung zuständig gewesen sein. Nach dieser Vorschrift treffen die Verwaltungsbehörden im Rahmen ihres Geschäftsbereichs nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall zum Schutz der Allgemeinheit oder des Einzelnen erforderlichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr. Ungeachtet der Tatsache, dass eine konkrete Zuständigkeitsanordnung für Sicherstellungen der vorliegenden Art - soweit bei summarischer Prüfung ersichtlich - nicht vorhanden ist, dürfte die streitgegenständliche Sicherstellung in den Geschäftsbereich der bei der Behörde für Inneres und Sport der Beklagten angesiedelten Polizei Hamburg fallen. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil das sichergestellte Bargeld zum Zeitpunkt der Sicherstellung aufgrund der vorangegangenen strafrechtlichen Beschlagnahme in ihrem Besitz war.

23

Ob die Sicherstellungsverfügung schon deshalb rechtswidrig und aufzuheben ist, weil der Antragsteller vor der Sicherstellung nicht gemäß § 28 Abs. 1 HmbVwVfG angehört worden ist (zur Frage einer Heilung gemäß § 45 HmbVwVfG vgl. BVerwG, Urt. v. 17. Dezember 2015, 7 C 5.14, juris, Rn. 17 m.w.N.), kann dahinstehen.

24

Denn jedenfalls ist die Sicherstellungsverfügung materiell rechtswidrig. Die Voraussetzungen für eine Sicherstellung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c HmbSOG lagen nicht vor, ohne dass an dieser Stelle geprüft werden müsste, ob der Antragsteller Eigentümer des sichergestellten Bargeldbetrags ist oder ein Recht zum Besitz daran hat. Dies ergibt sich aus den folgenden Überlegungen:

25

Sollte der Antragsteller Eigentümer des sichergestellten Bargelds sein – wobei unerheblich wäre, ob er das Eigentum in deliktischer Weise erlangt hat oder nicht – oder ein vom Eigentümer abgeleitetes Recht zum Besitz an dem sichergestellten Bargeld haben, so wäre die Sicherstellung von vornherein rechtswidrig, da die Sicherstellung nicht dem Schutz des Eigentümers oder des rechtmäßigen Inhabers der tatsächlichen Gewalt diente.

26

Sollte der Antragsteller hingegen weder Eigentümer sein noch ein vom Eigentümer abgeleitetes Recht zum Besitz haben, wäre die Sicherstellung gleichfalls aufgrund fehlerhafter Ermessensausübung der Antragsgegnerin rechtswidrig. § 14 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c HmbSOG dient ausschließlich dem Schutz privater Rechte (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 28. Juni 2016, 15 K 1005/13; vgl. auch OVG Niedersachen, Beschl. v. 20.09.2010, 11 ME 32/10, juris, Rn. 18 [zu § 26 Nr. 2 Nds. SOG]). Ist der Eigentümer einer sichergestellten Sache unbekannt, ist die Sicherstellung demzufolge nur dann rechtmäßig bzw. kann sie nur dann als zum Schutz privater Rechte erfolgt angesehen werden, wenn eine spätere Ermittlung des Eigentümers nicht ausgeschlossen ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 22.02.2010, 5 A 1189/08, juris, Rn. 15; VG München, Urt. v. 14.01.2015, M 7 K 13.3043, juris, Rn. 39; VG Köln, Urt. v. 26.02.2015, 20 K 2777/13, juris, Rn. 44). Ist eine spätere Ermittlung des Eigentümers ausgeschlossen, ist eine Sicherstellung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c HmbSOG mithin ermessensfehlerhaft (Ermessensfehlgebrauch). Von einem solchen Fall ist vorliegend auszugehen. Bei summarischer Prüfung ist das Gericht davon überzeugt, dass die Antragsgegnerin die Sicherstellung nicht zum Schutz privater Rechte angeordnet hat, sondern ausschließlich zur Abschöpfung vermuteter rechtswidriger Gewinne. Die Antragsgegnerin konnte (auch) bereits zum Zeitpunkt der Anordnung der Sicherstellung selbst bei Zugrundelegung eines großzügigen Maßstabs nicht davon ausgehen, dass der bzw. die wahren Eigentümer bzw. Besitzberechtigten noch ermittelt werden können. Das (später) sichergestellte Bargeld wurde dem Antragsteller am 21. März 2016 abgenommen. Bis zum Erlass der Sicherstellungsverfügung am 5. Dezember 2016 sind mehr als acht Monate vergangen, ohne dass sich ein (vermeintlicher) Eigentümer gemeldet hätte oder von der Antragsgegnerin ermittelt werden konnte. Auch bis zum Zeitpunkt des Erlasses der vorliegenden Entscheidung konnte kein Eigentümer ermittelt werden. Das Gericht hält es auch für ausgeschlossen, dass dies in Zukunft noch geschehen wird. Dies gilt zunächst für den wahrscheinlichen (s.u., b)) Fall, dass das Bargeld aus Drogengeschäften stammt. Ein Eigentumserwerb der Drogendealer an den von den Drogenkonsumenten zur Zahlung verwendeten Geldscheinen kommt nicht in Betracht, da aus dem Verbot des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln auch die Nichtigkeit der Übereignung des als Kaufpreis gezahlten Geldes folgt (vgl. BGH, Urt. v. 4. November 1982, 4 StR 451/82, juris, Leitsatz). Auch eine Weiterreichung dieses Geldes an den bzw. bis zum Antragsteller dürfte keinen Eigentumserwerb des Antragstellers zur Folge gehabt haben. Denn jedenfalls dürften der Antragsteller und etwaige Mittelsmänner, sofern sie mit der Weiterreichung überhaupt einen Eigentumsübergang bezweckt hätten, hinsichtlich des Eigentums an dem Geld nicht gutgläubig im Sinne von § 932 BGB gewesen sein. Die Erwerber der Betäubungsmittel, die demnach weiterhin Eigentümer des sichergestellten Bargeldbetrags wären, werden sich nach der Überzeugung des Gerichts jedoch nicht von sich aus bei der Antragsgegnerin melden. Dies haben sie bisher nicht getan und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sie dies in Zukunft tun werden. Sie werden von der Antragsgegnerin auch nicht ermittelt werden können. Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin diesbezüglich Erfolg versprechende Ermittlungsansätze hätte. Es dürfte unmöglich sein, das sichergestellte Bargeld, das im Falle der Herkunft aus Drogengeschäften aus einer Vielzahl von einzelnen Drogenkaufvorgängen mit unterschiedlichen Beteiligten herrühren dürfte, bestimmten Drogenkäufen bzw. -käufern zuzuordnen. Im Übrigen wäre ohnehin zweifelhaft, ob die Drogenkäufer überhaupt ein Interesse daran hätten, das zum Erwerb der Betäubungsmittel geleistete Bargeld zurückzuerhalten (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 28. Juni 2016, 15 K 1005/13; VG München, Urt. v. 10. Dezember 2014, M 7 K 12.4367, juris, Rn. 31; VG Braunschweig, Urt. v. 2. Dezember 2009, 5 A 238/08, juris, Rn. 32).

27

Stammte das sichergestellte Bargeld hingegen aus einem, mehreren oder gar zahlreichen Eigentumsdelikten (z.B. Sprengung von Geldautomaten, Diebstahl einer größeren in bar aufbewahrten Geldsumme bei einer oder mehreren Privatpersonen) oder sonstigen Delikten, die nicht zum Eigentumserwerb des Antragstellers geführt hätten, so wäre ebenfalls nicht zu erwarten, dass der bzw. die Eigentümer noch ermittelt werden können, wenn er bzw. sie sich bisher nicht gemeldet haben bzw. ermittelt werden konnten. Anders als bei bestimmten Gegenständen wie z.B. Schmuck, Uhren oder anderen Wertsachen, ist es bei Geldnoten nur sehr schwer möglich, im Nachhinein deren Herkunft zu klären. Im täglichen Leben wechseln Banknoten schnell ihren Besitzer, die Nummer der Banknote wird grundsätzlich nicht notiert, und die einzelne Banknote ist mehr oder weniger belanglos, da es lediglich auf deren Nennwert ankommt. Vor diesem Hintergrund sind weitere Ansätze zur Ermittlung des bzw. der Eigentümer des sichergestellten Bargelds auch für den Fall, dass das Geld nicht aus Drogengeschäften stammen sollte, nicht zu erkennen.

28

Soweit in der Rechtsprechung vertreten wird, dass es dem mutmaßlichen Willen des Eigentümers einer Sache regelmäßig entspricht, einen zu seinem Nachteil eingetretenen und andauernden Verstoß gegen die Eigentumsordnung weiterhin im Wege der Sicherstellung zu unterbinden, auch wenn er nicht als Berechtigter ermittelt wird bzw. ermittelt werden kann (so OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 13. September 2016, 5 A 667/16, juris, Rn. 40; wohl auch BayVGH, Urt. v. 15. November 2016, 10 BV 15.1049, juris, Rn. 43), so stimmt das Gericht dieser Aussage zwar grundsätzlich zu. Der daraus von der zitierten Rechtsprechung (wohl) gezogene Schluss, dass eine Sicherstellung auch dann rechts- bzw. ermessensfehlerfrei erfolgen kann, wenn feststeht, dass der wahre Eigentümer nicht mehr ermittelt wird bzw. werden kann, vermag das beschließende Gericht allerdings nicht zu überzeugen. Zwar mag es z.B. im Falle eines Diebstahls dem mutmaßlichen Willen des Eigentümers entsprechen, dass zumindest der Dieb von der Nutzung ausgeschlossen wird. Dementsprechend mag eine Sicherstellung in bestimmten Fällen durchaus geeignet sein, das Recht des Eigentümers, nach seinem Belieben (bestimmte) andere von der Nutzung auszuschließen (vgl. § 903 Satz 1 BGB), zu schützen. § 14 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b HmbSOG bezweckt jedoch keinen umfassenden Schutz des Eigentümers. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b HmbSOG darf eine Sicherstellung nur zum Schutz des Eigentümers "vor dem Verlust oder der Beschädigung der Sache" erfolgen. Ist jedoch ausgeschlossen, dass der Eigentümer sein Eigentum zurückerhält, kann die Sicherstellung nicht vor dem bereits endgültig eingetretenen Verlust des Eigentums schützen. Im Übrigen kann für den hier wahrscheinlichen Fall, dass das sichergestellte Bargeld aus Drogengeschäften kommt, ohnehin nicht angenommen werden, dass der mutmaßliche Wille der Drogenkäufer dahin geht, dass jedenfalls die Drogendealer bzw. ihre Hintermänner das zur Zahlung verwendete Geld nicht behalten. Denn den Drogenkäufern ist ihr Geld nicht abhandengekommen; sie haben es den Drogendealern freiwillig übergeben.

bb)

29

Der Antragsteller wird durch die rechtswidrige Sicherstellungsverfügung auch in seinen Rechten verletzt i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dabei kann (auch) an dieser Stelle dahinstehen, ob die Sicherstellungsverfügung den Antragsteller in seinem Eigentums- oder Besitzrecht verletzt. Denn jedenfalls verletzt die Sicherstellungsverfügung den Antragsteller in seiner durch Art. 2 Abs. 1 GG garantierten allgemeinen Handlungsfreiheit. Die durch Art. 2 Abs. 1 GG garantierte Handlungsfreiheit ist umfassend zu verstehen und enthält auch die Gewährleistung, nur auf Grund solcher Vorschriften mit einem Nachteil belastet zu werden, die formal und materiell der Verfassung gemäß sind (BVerwG, Beschl. v. 19.07.2010, 6 B 20/10, juris, Rn. 16; BVerfG, Entsch. v. 08.01.1959, 1 BvR 425/52, juris, Rn. 25). Weil der Adressat eines belastenden Verwaltungsakts stets einem staatlichen Freiheitseingriff unterliegt, muss eine behördliche Verfügung regelmäßig nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufgehoben werden, wenn die Sach- und Rechtsprüfung ergibt, dass der grundrechtliche Anspruch auf Gesetzmäßigkeit durch die Eingriffsverwaltung verletzt wurde, denn der Eingriff ist dann nicht durch die Ermächtigungsgrundlage gedeckt (BVerwG, Beschl. v. 19.07.2010, 6 B 20/10, juris, Rn. 16). Dementsprechend ist der Antragsteller bereits deshalb in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit verletzt, weil die an ihn adressierte und ihn als vormaligen Besitzer des sichergestellten Bargelds belastende Sicherstellungsverfügung nicht durch die Rechtsgrundlage des § 14 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c) HmbSOG gedeckt war (vgl. BVerwG, aaO; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 36).

b)

30

Der Antrag auf Herausgabe des sichergestellten Bargeldbetrags ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO zulässig, in der Sache bleibt er jedoch ohne Erfolg.

31

Bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung steht dem Antragsteller kein Anspruch auf Herausgabe des sichergestellten Bargeldbetrags zu.

32

§ 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO sieht vor, dass das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen kann, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen ist. Die Vorschrift stellt nach überwiegender Meinung, der sich das beschließende Gericht anschließt, keine eigenständige Rechtsgrundlage für die gerichtliche Anordnung zur Aufhebung der Vollziehung dar. Die Vorschrift trifft lediglich eine verfahrensrechtliche Regelung. Sie räumt dem Gericht im Aussetzungsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prozessual die Befugnis ein, zusammen mit der Herstellung der aufschiebenden Wirkung die Rückgängigmachung einer bereits erfolgten Vollziehung zu bewirken. Erfolg kann ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO indes nur haben, wenn der Antragsteller auch materiell-rechtlich einen Anspruch auf Aufhebung der Vollziehung hat (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 9. März 2007, 17 B 2533/06, juris, Rn. 12 ff.; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 12. Mai 2005, 13 S 195/05, juris, Rn. 4; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 24 Juni 2008, 11 S 1136/07, juris, Rn. 21; VGH Hessen, Beschl. v. 12. April 1995, 3 TH 2470/94, juris, Rn. 32; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 22. August 1995, 21 M 62/95, juris, Rn. 13; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 80 Rn. 176; ausführlich und überzeugend Brosius-Gersdorf, JA 2010, 41, 43 ff.; a.A. Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 31. EL Juni 2016, § 80 Rn. 343; Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 92; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 6. Aufl. 2015, § 80 Rn. 115; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 80 Rn. 163).

33

Bei der allein möglichen summarischen Prüfung ist indes davon auszugehen, dass dem Antragsteller kein materiell-rechtlicher Anspruch auf Aufhebung der Vollziehung der Sicherstellungsverfügung vom 5. Dezember 2016 zusteht. Ein solcher Anspruch dürfte sich weder aus dem öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch (hierzu aa)) noch aus § 14 Abs. 3 Satz 1 HmbSOG (hierzu bb)) ergeben. Selbst wenn dem Antragsteller entgegen der hier vertretenen Auffassung jedoch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Herausgabeanspruch aufgrund des öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs oder aufgrund von § 14 Abs. 3 Satz 1 HmbSOG zustehen sollte, wäre dem prozessual auf § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO gestützten Herausgabeverlangen indes nicht zu entsprechen (hierzu cc).

aa)

34

Der Antragsteller dürfte sich nicht mit Erfolg auf den öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch berufen können. Ein solcher Anspruch entsteht, wenn durch öffentlich-rechtliches Verwaltungshandeln eine subjektive Rechtsposition verletzt und dadurch ein andauernder rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist (BVerwG, Beschl. v. 02.12.2015,6 B 33/15, juris, Rn. 14). Der im verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Anspruch dient dem Ausgleich erlittenen und weiterhin andauernden Unrechts durch die Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustands (vgl. BVerwG, aaO). Daraus ergibt sich, dass Folgenbeseitigung nicht beansprucht werden kann, wenn der hiermit angestrebte Zustand seinerseits der Rechtsordnung widerspräche. Der Anspruch auf Folgenbeseitigung kann mithin nicht auf die Herstellung eines rechtswidrigen Zustands gerichtet sein; hier steht dem Anspruch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen (BVerwG, aaO; VG Hamburg, Beschl. v. 11.01.2017, 17 E 6837/16; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 13. September 2016, 5 A 667/16, juris, Rn. 46; BayVGH, Urt. v. 15. November 2016, 10 BV 15.1049, juris, Rn. 48 [jeweils Rechtsmissbräuchlichkeit des Herausgabeverlangen einer Person, bei der ein Geldbetrag sichergestellt wurde, wenn diese zur richterlichen Überzeugung nicht Eigentümer bzw. Besitzberechtigter ist]; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15.06.2016, OVG 1 S 21.16, juris, Rn. 14 [rechtliche Unmöglichkeit der Herausgabe an die Person, bei der die Sache sichergestellt wurde, wenn diese erwiesenermaßen nicht Eigentümer ist]).

35

Nach Maßgabe dieser Vorgaben dürfte der Antragsteller keinen Anspruch auf Herausgabe des sichergestellten Bargeldbetrags haben. Denn bei der im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass der Antragsteller weder Eigentümer des sichergestellten Bargelds ist (hierzu (1)) noch ein vom Eigentümer abgeleitetes Recht zum Besitz an diesem Bargeld hat (hierzu (2)), so dass durch die Herausgabe des Bargelds an den Antragsteller ein rechtswidriger Zustand herbeigeführt werden würde (hierzu 3)). Die Verneinung eines öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch im vorliegenden Fall steht auch nicht im Widerspruch zu der Regelung der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung in §§ 73 ff. StGB (hierzu 4)).

(1)

36

Das Gericht geht davon aus, dass der Antragsteller nicht Eigentümer des sichergestellten Bargeldbetrags ist.

37

Der Antragsteller kann sich nicht auf die Eigentumsvermutung aus § 1006 Abs. 1 BGB berufen, wonach zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache vermutet wird, dass er Eigentümer der Sache ist. Dabei kann das Gericht unterstellen, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Beschlagnahme des später sichergestellten Bargeldbetrags Besitzer (und nicht lediglich Besitzdiener im Sinne von § 855 BGB) war. Unerheblich ist ebenfalls, ob der Antragsteller, um sich auf die Eigentumsvermutung aus § 1006 Abs. 1 BGB berufen zu können, zumindest sein Eigentum bzw. seinen Eigenbesitz behaupten muss (vgl. hierzu Laumen, Die sekundäre Behauptungslast im Rahmen der Eigentumsvermutung, MDR 2016, S. 370 ff.; Gursky, in: Staudinger, Neub. 2012, § 1006 BGB Rn. 6). Ebenfalls unerheblich ist, ob den Antragsteller ggf. eine sekundäre Behauptungs- bzw. Darlegungslast zu den Umständen seines Eigentums- bzw. Besitzerwerbs trifft (vgl. wiederum Laumen, Die sekundäre Behauptungslast im Rahmen der Eigentumsvermutung, MDR 2016, S. 370 ff.; siehe auch OLG Hamm, Beschl. v. 01.02.2013, I-9 U 238/12, juris, Rn. 5). Denn jedenfalls ist die Eigentumsvermutung bei summarischer Prüfung und aufgrund der derzeit dem Gericht bekannten Umstände als widerlegt anzusehen. Ob die Eigentumsvermutung widerlegt ist, entscheidet das Gericht nach seiner aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen freien Überzeugung (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 122 Abs. 1 VwGO). Wegen der Unzuverlässigkeit des Schlusses vom Besitz auf das Eigentum dürfen an die Widerlegung der Vermutung keine hohen Anforderungen gestellt werden. Danach kann die Eigentumsvermutung mit Hilfe von Indizien und Erfahrungssätzen widerlegt werden, wenn diese mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit das Eigentum des gegenwärtigen Besitzers weniger wahrscheinlich erscheinen lassen als das Eigentum eines Dritten (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.04.2002, 8 C 9.01, juris, Rn. 15; BayVGH, Urt. v. 01.12.2011, 10 B 11.480, juris, Rn. 32). Dies ist hier der Fall.

38

Nach Auffassung des beschließenden Gerichts ist es überwiegend wahrscheinlich, dass das sichergestellte Bargeld aus Drogengeschäften stammt und der Antragsteller damit nicht Eigentümer geworden ist (siehe zum fehlenden Eigentumserwerb im Falle von Drogengeschäften bereits oben). Die Stückelung des beschlagnahmten Bargelds (überwiegend 10, 20 und 50-EUR-Banknoten) ist nach den kriminalistischen Erkenntnissen der Antragsgegnerin, deren Richtigkeit das Gericht nicht bezweifelt, typisch für die Herkunft aus dem Drogenhandel. Zulasten des Antragstellers ist zudem zu berücksichtigen, dass die britische Ermittlungsbehörde NCA im Jahr 2013 bereits wegen des Verdachts der Beteiligung an einem Drogenhandel nach Deutschland gegen ihn ermittelt hat. Für eine illegale Herkunft des Bargelds spricht auch, dass keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass es aus legalen Quellen bzw. einer legalen Erwerbstätigkeit des Antragstellers oder seiner Ehefrau stammen könnte. Eine legale Erwerbstätigkeit, die es dem Antragsteller ermöglicht hätte, einen derart hohen Geldbetrag anzusparen, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Antragsteller hat gegenüber dem Finanzamt in den Jahren 2014 und 2015 keine Einkünfte und im Jahr 2013 lediglich Einkünfte in Höhe von EUR 3.641 (aus Einzelhandel mit KFZ-Teilen und Zubehör) erklärt. Seine Ehefrau verdiente in den Jahren 2013 bis 2015 lediglich ca. EUR 32.000 p.a. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller oder seine Ehefrau in davorliegenden Zeiträumen wesentlich höhere Einkünfte erzielt hätten, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Für die illegale Herkunft spricht ferner die Mitnahme eines derart hohen Bargeldbetrags in einen Staat mit funktionierendem Bankwesen sowie dessen einfache Bündelung und Verpackung. Zulasten des Antragstellers ist weiterhin dessen intensive Reisetätigkeit mit den vornehmlichen Zielen Accra und Dubai zu berücksichtigen, ohne dass hierfür berufliche oder private Gründe ersichtlich sind.

39

Die dargestellten Umstände widerlegen die Eigentumsvermutung aus § 1006 Abs. 1 BGB und lassen es nach der freien Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 122 Abs. 1 VwGO) überwiegend wahrscheinlich erscheinen, dass der Antragsteller nicht Eigentümer des sichergestellten Bargelds ist.

40

Diese Wertung steht auch nicht im Widerspruch zu der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft. Dies zum einen schon deshalb, weil die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft sich mit der Frage des Eigentums an dem sichergestellten Bargeld nicht befasst. Zum anderen kommt der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft von vornherein keine Rechtskraftwirkung zu und begründet sie keinen Vertrauensschutz zugunsten des Antragstellers (vgl. nur Moldenhauer, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Aufl. 2013, § 170 Rn. 23).

41

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es nicht ausgeschlossen erscheint, dass im Hauptsacheverfahren weitere Erkenntnisse gewonnen werden können, die dem Gericht bei der Bildung der Überzeugung, wer Eigentümer des sichergestellten Bargelds ist, dienlich sein können. So kann etwa der Antragsteller persönlich angehört oder seine Ehefrau als Zeugin vernommen werden. Auch kann das Landeskriminalamt der Antragsgegnerin oder der Zoll um weitere Auskünfte gebeten werden, etwa hinsichtlich der Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit nach ihren Lageerkenntnissen andere Gründe für eine Reise des Antragstellers nach Ghana mit einem derart hohen Bargeldbetrag in kleiner Stückelung in Betracht kommen als eine Geldkuriertätigkeit im Drogenhandel. Das Landeskriminalamt kann weiterhin um Auskunft hinsichtlich der Frage gebeten werden, ob der Kläger, z.B. aufgrund seiner Nationalität und/oder anderer Merkmale zu einer Personengruppe gehört, deren Mitglieder nach kriminalistischer Erfahrung überproportional häufig im Drogengeschäft tätig sind. Auch kann die britische Ermittlungsbehörde NCA ggf. um weitere Auskünfte in Bezug auf ihre Ermittlungen gegen den Antragsteller im Jahr 2013 wegen des Verdachts der Beteiligung an einem Drogenhandel nach Deutschland gebeten werden.

(2)

42

Aus den unter (1) dargestellten Gründen ist ferner davon auszugehen, dass der Antragsteller kein vom Eigentümer abgeleitetes Recht zum Besitz am sichergestellten Bargeld hat.

(3)

43

Ist der Antragsteller weder Eigentümer des sichergestellten Bargelds noch steht ihm daran ein vom Eigentümer abgeleitetes Recht zum Besitz zu, so würde durch eine Herausgabe des Bargelds an ihn ein rechtswidriger bzw. der Rechtsordnung widersprechender Zustand geschaffen, der mit dem öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch nicht begehrt werden kann (s.o.). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der bzw. die Eigentümer des Bargelds bisher keine Herausgabeansprüche geltend gemacht haben und dies möglicherweise rechtlich auch nicht können, z.B. (etwa im Fall von Drogenkäufern) aufgrund der Vorschrift des § 817 Satz 2 BGB. Entscheidend ist allein, dass das sichergestellte Bargeld nach der objektiven Rechtslage nicht dem Antragsteller zugeordnet werden kann.

(4)

44

Das hier erzielte Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch mit der Regelung der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung in §§ 73 ff. StGB. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat insoweit in einem vergleichbaren Fall ausgeführt (BayVGH, Urt. v. 15. November 2016, 10 BV 15.1049, juris, Rn. 49):

45

„Diese Auslegung der Vorschriften der präventivpolizeilichen Sicherstellung steht auch nicht im Konflikt mit der Regelung der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung in §§ 73 ff. StGB, insbesondere dem erweiterten Verfall gemäß § 73d StGB. Zwar verfolgt auch diese Vorschrift einen präventiven Zweck: Der betroffene Straftäter soll deliktisch erlangte Gegenstände nicht behalten; die mit der Bereicherung des Täters verbundene Störung der Rechtsordnung soll nicht auf Dauer bestehen bleiben; die Gewinnabschöpfung soll verhindern, dass die bereits eingetretene Störung der Vermögensordnung auch zukünftig fortdauert (so BVerfG, B. v. 14.1.2004 – 2 BvR 564/95 – BVerfGE 110, 1, Rn. 70). § 73d StGB ermöglicht es, dem Betroffenen einen Teil seines Vermögens wegzunehmen, soweit es deliktisch erlangt worden ist, und zwar auch dann, wenn es der Betroffene zivilrechtlich wirksam erlangt hat (BVerfG, a.a.O., Rn. 71, 88). Der Grundsatz, sichergestellte Gegenstände nicht an einen Nicht-Berechtigten herausgeben, hat dagegen eine andere Zielrichtung: es wird damit verhindert, dass eine Person, die nicht Eigentümer oder berechtigter Besitzer ist, eine Sache allein deswegen (zurück-)erhält, weil der wahre Berechtigte nicht ausfindig gemacht werden konnte bzw. kann, und dass damit der nicht der Rechtsordnung entsprechende Zustand wiederhergestellt oder verlängert wird. Es wird damit nicht etwas bei einem Betroffenen „abgeschöpft“, sondern er erhält etwas nicht zurück, was ihm nicht zusteht. Die Regelung im Strafgesetzbuch „sperrt“ damit nicht eine entsprechende Regelung präventivpolizeilicher Eingriffsermächtigungen zur Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung aufgrund des landesrechtlichen Polizeiaufgabengesetzes. Bei der vom Kläger gerügten Anwendung dieser Bestimmungen in seinem Fall handelt es sich im Ergebnis letztlich ebenfalls um eine systemkonforme Auswirkung des „alle Rechtsgebiete übergreifenden Grundsatzes, wonach eine mit der Rechtsordnung nicht übereinstimmende Vermögenslage auszugleichen ist“ (BVerfG, a.a.O., Rn. 76).“

46

Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich das Gericht in vollem Umfang an.

bb)

47

Es kann dahinstehen, ob in Fällen wie dem vorliegenden, in denen von Anfang an die Voraussetzungen für eine Sicherstellung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c HmbSOG nicht vorlagen, neben dem öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch auch ein Herausgabeanspruch gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 HmbSOG in Betracht kommt oder ob dieser Anspruch voraussetzt, dass die Sicherstellung jedenfalls zunächst rechtmäßig war (ebenfalls dahinstehend lassend BayVGH, Urt. v. 1. Dezember 2011, 10 B 11.480, juris, Rn. 39 [zu Art. 28 Abs. 1 BayPAG]). Denn jedenfalls liegen die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 Satz 1 HmbSOG nicht vor. Nach dieser Vorschrift wird eine sichergestellte Sache amtlich oder in sonst zweckmäßiger Weise so lange verwahrt, bis sie an den Berechtigten herausgegeben werden kann, ohne dass die Voraussetzungen für eine erneute Sicherstellung eintreten würden. Wie bereits festgestellt, ist der Antragsteller bei summarischer Prüfung weder Eigentümer des sichergestellten Bargeldbetrags noch hat er ein Recht zum Besitz daran. Er kann mithin nicht als Berechtigter im Sinne von § 14 Abs. 3 Satz 1 HmbSOG angesehen werden.

cc)

48

Selbst wenn dem Antragsteller entgegen der hier vertretenen Auffassung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Herausgabeanspruch aufgrund des öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs oder aufgrund von § 14 Abs. 3 Satz 1 HmbSOG zustehen sollte, wäre dem prozessual auf § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO gestützten Herausgabeverlangen nicht zu entsprechen.

49

§ 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO stellt die Anordnung der Aufhebung der Vollziehung in das gerichtliche Ermessen (so auch VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11. März 2014, 1 S 2422/13, juris, Rn. 11; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 80 Rn. 151, 176). Vorliegend erscheint es ausnahmsweise angebracht, selbst für den Fall, dass ein materiell-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch überwiegend wahrscheinlich gegeben ist, die Aufhebung der Vollziehung nicht anzuordnen. Sollte das Bargeld an den Antragsteller nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO herausgegeben werden, ist damit zu rechnen, dass das Bargeld dann, wenn zu einem späteren Zeitpunkt im Hauptsacheverfahren festgestellt werden sollte, dass dem Antragsteller (doch) kein Herausgabeanspruch zusteht, nicht mehr auffindbar sein wird. Dafür spricht – ungeachtet der Frage der Herkunft des Geldes – bereits der Umstand, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der erstmaligen Beschlagnahme am 21. März 2016 dabei war, das Geld außer Landes zu verbringen, ohne dies ordnungsgemäß gemäß Art. 3 der Verordnung (EG) Nr.1889/2005 zu deklarieren. Das Gericht hält es für äußerst wahrscheinlich, dass der Antragsteller im Falle der Herausgabe des Bargeldbetrags weiterhin bestrebt sein wird, das Geld - wie ursprünglich beabsichtigt - außer Landes zu verbringen, ohne die zuständigen Behörden über diesen Umstand oder nähere Einzelheiten (wie z.B. den Empfänger des Bargelds) zu informieren. Durch eine Herausgabe des sichergestellten Bargelds an den Antragsteller droht damit faktisch der Eintritt eines nicht mehr rückgängig zu machenden Zustands. Ein weiterer Grund für das Gericht, von seinem Ermessen dahingehend Gebrauch zu machen, die Aufhebung der Vollziehung nicht anzuordnen, besteht darin, dass der Antragsteller nicht geltend gemacht hat, das sichergestellte Bargeld dringend, z.B. zur Bestreitung seines Lebensunterhalts oder zur Begleichung von fälligen Schulden, zu benötigen. Das Gericht sieht vor diesem Hintergrund keine Veranlassung, durch die Anordnung der Herausgabe des sichergestellten Bargeldbetrags das „Verschwinden“ des Bargelds zu riskieren. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin vor dem Hintergrund der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragsgegners gegen die angefochtene Sicherstellungsverfügung und der im Hauptsacheverfahren endgültig zu klärenden Eigentumsverhältnisse vorläufig daran gehindert ist, das sichergestellte Bargeld gemäß § 14 Abs. 4 und 5 HmbSOG oder gemäß § 983 BGB zu verwerten.

50

Der vom Gericht vorgenommenen Ermessenausübung kann auch nicht entgegengehalten werden, dass im Hauptsacheverfahren keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten sind, die der Überzeugungsbildung des Gerichts hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse an dem sichergestellten Bargeld dienlich sein könnten. Wie bereits ausgeführt, ist nicht auszuschließen, dass weitere Erkenntnisse erlangt werden können.

51

Vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass es den Antrag des Antragstellers, die Herausgabe des sichergestellten Bargeldbetrags „zu treuen Händen“ seines Prozessbevollmächtigten anzuordnen, nicht dahingehend versteht, dass sein Prozessbevollmächtigter das sichergestellte Bargeld bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens treuhänderisch verwahren soll und nicht zur Weiterleitung an ihn befugt sein soll. Der Antrag dürfte vielmehr dahingehend zu verstehen sein, dass der Prozessbevollmächtigte lediglich befugt sein soll, das Geld für ihn entgegenzunehmen. Selbst wenn dies anders zu sehen wäre, wäre der Antrag jedoch abzulehnen. Er wäre dann nämlich mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig. Da die Antragsgegnerin das sichergestellte Bargeld bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens ohnehin nicht verwerten darf (s.o.), ist nicht ersichtlich, welches rechtliche Interesse der Antragsteller daran haben könnte, dass das sichergestellte Bargeld statt durch die Antragsgegnerin durch seinen Prozessbevollmächtigten aufbewahrt wird.

2.

52

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Herausgabe von sichergestellten Schmuckstücken.

Am 24. Mai 2007 wurde die Wohnung des Klägers, der seit 1977 gewerblich als Wohnungsentrümpler, Aufkäufer von Haushaltsgegenständen und Flohmarkthändler tätig war, im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Raubes und Wohnungseinbrüchen durchsucht und dabei unter anderem eine große Menge Schmuck aufgefunden, der zum Teil beschlagnahmt wurde. Daneben wurden eine halbautomatische Pistole mit eingeführtem Magazin, ein ebenfalls geladener Trommelrevolver und verschiedene Munition gefunden. Nachfolgend wurde gegen den Kläger wegen gewerbsmäßiger Hehlerei und unerlaubten Waffen- und Munitionsbesitzes ermittelt und er mit Urteil des Amtsgerichts München vom 7. Oktober 2008 wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Das Verfahren wegen Hehlerei wurde im Hinblick auf die wegen unerlaubten Waffenbesitzes verhängte Strafe gemäß § 154 Abs. 2 StPO unter der Auflage eingestellt, an eine Geschädigte einen Geldbetrag von 2.500,- Euro zu leisten.

Mit Bescheid vom 17. Februar 2009 stellte das Kriminalfachdezernat 3 die am 24. Mai 2007 anlässlich der Durchsuchung der klägerischen Wohnung beschlagnahmten Schmuckgegenstände im Falle der Aufhebung der Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft gemäß Art. 25 Nr. 2 PAG sicher. In den Gründen ist u. a. ausgeführt, dass der Kläger teilweise als Hehler für eine überwiegend in München lebende, aus dem ehemaligen Jugoslawien stammende Einbrecher- und Räuberbande fungiert habe. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung im Mai 2007 sei eine große Menge Schmuck beschlagnahmt worden, der in verschiedenen Taschen von Kleidungsstücken, zwischen der Wäsche, in einer Aktentasche, im Keller und in einem Verkaufsanhänger aufgefunden worden sei, außerdem Bargeld. Bisher hätten fünf Schmuckstücke zugeordnet bzw. durch Geschädigte identifiziert werden können. Eine goldene Damenarmbanduhr stamme aus einem Einbruchdiebstahl vom 14. Mai 1999 in Düsseldorf; die im Sicherstellungsverzeichnis unter Nummern 2 bis 5 beschriebenen Schmuckstücke stammten aus einem Wohnungsraub vom 9. Juni 2006 in München. Der Kläger habe bei seiner Vernehmung am 24. Mai 2007 zunächst den ihn belastenden Aussagen der dieser Tat Beschuldigten widersprochen und angegeben, diese nicht zu kennen, am 23. Oktober 2007 indes eingeräumt, vier Schmuckstücke, die nachweislich aus einem Wohnungsraub stammten, von dem Beschuldigten Z. erworben zu haben. Die Eigentumsvermutung gemäß § 1006 BGB sei widerlegt durch die Angaben der beiden Beschuldigten - einer von ihnen sei mittlerweile zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten verurteilt worden - und den Umstand, dass der Kläger weder Eigentumsnachweise habe vorlegen können noch glaubhafte Angaben zur Herkunft des Schmuckes habe machen können. Es sei nicht erforderlich, dass der rechtmäßige Eigentümer oder Besitzer bekannt sei.

Diesen Bescheid ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigten am 19. März 2009 vor dem Verwaltungsgericht anfechten (M 7 K 09.1188), mit der Begründung, er sei - mit Ausnahme der im Bescheid unter Nummern 1 bis 5 bezeichneten Gegenstände - Eigentümer der im Sicherstellungsverzeichnis aufgeführten Gegenstände. Es handele sich um Familienschmuck mit hohem materiellem und ideellem Wert bzw. um Schmuck, den der Kläger in Ausübung seines Gewerbes als Wohnungsentrümpler, Aufkäufer von Haushaltsgegenständen und Schmuck sowie Flohmarkthändler rechtmäßig erworben habe. Für den Kläger spreche die gesetzliche Vermutung des § 1006 BGB, die auch nicht durch die Angaben der Beschuldigten widerlegt werde. Allenfalls für die aus einem Wohnungsraub stammenden Schmuckstücke Nummern 2 bis 5 könne die Vermutung widerlegt sein. Nicht der Kläger sei verpflichtet, sein Eigentum im Einzelnen nachzuweisen. Dies obliege vielmehr der Polizei, die jedoch seit der Beschlagnahme im Mai 2007 keine Geschädigten habe ermitteln können. Wenn die Staatsanwaltschaft den Vorwurf hätte nachwiesen können, wäre es nicht zu Einstellung des Strafverfahrens wegen Hehlerei gemäß § 154 StPO gekommen. Im Übrigen sei die Sicherstellung knapp zwei Jahre nach der Beschlagnahme unverhältnismäßig.

In der (ersten) mündlichen Verhandlung am 10. Februar 2010 erklärte der Beklagte, eine Anzahl der im Sicherstellungsverzeichnis aufgeführten Gegenstände an den Kläger aushändigen zu wollen; insoweit wurde die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Mit Änderungsbescheid vom 6. August 2010 änderte das Kriminalfachdezernat 3 den Bescheid vom 17. Februar 2009 dahin ab, dass die Sicherstellung der im Sicherstellungsverzeichnis vom 24. Mai 2007 unter Nr. 12 sowie Nrn. 32.4 bis durchgehend 34.16 aufgeführten Gegenstände aufgehoben wurde.

Mit Urteil vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) stellte das Gericht das Verfahren ein, soweit die Beteiligten die Streitsache für erledigt erklärt hatten, und wies die Klage im Übrigen ab.

Rechtsgrundlage der Sicherstellung sei Art. 25 Nr. 2 PAG. Dessen Voraussetzungen seien bereits im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung erfüllt gewesen. Aufgrund der Indizienlage sei das Eigentum Dritter an den sichergestellten Schmuckstücken wesentlich wahrscheinlicher als das vom Kläger behauptete Eigentum an den in seinem unmittelbaren Besitz befindlichen Gegenständen gewesen. Somit sei die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB nach Satz 2 dieser Vorschrift als widerlegt und der Kläger nicht als Eigentümer oder rechtmäßiger Besitzer des sichergestellten Schmucks anzusehen. An dieser polizeilichen Einschätzung sei unter Berücksichtigung der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse auch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung festzuhalten.

Gegen das Urteil wurde kein Rechtsmittel eingelegt.

Eine zwischen dem 30. Juni und 12. August 2011 ausgehängte öffentliche Bekanntmachung des Polizeipräsidiums München, mit der die tatsächlichen Eigentümer der Schmuckstücke aufgefordert wurden, die ihnen gehörenden Gegenstände abzuholen, blieb ohne Erfolg.

Mit anwaltlichen Schreiben vom 1. Februar 2012 und 11. Juli 2013 ließ der Kläger beim Kriminalfachdezernat 3 die Aufhebung der Sicherstellung und die Herausgabe der sichergestellten Schmuckstücke nach Art. 28 Abs. 1 PAG bzw. die Freigabe der sichergestellten Schmuckstücke beantragen.

Mit Schreiben vom 22. Januar 2014 hörte das Kriminalfachdezernat 3 den Kläger zu der beabsichtigten Verwertung der Schmuckstücke an. Durch Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 19. Februar 2014 und 14. März 2014 widersprach der Kläger dieser Absicht.

Mit Bescheid vom 31. März 2014 ordnete das Kriminalfachdezernat 3 bezüglich der am 24. Mai 2007 beschlagnahmten und mittels Bescheid vom 17. Februar 2009 in Verbindung mit dem Abänderungsbescheid vom 6. August 2010 sichergestellten Schmuckgegenstände (aufgeführt im Sicherstellungsverzeichnis vom 24. Mai 2007) die Verwertung dieser sich noch in amtlicher Verwahrung befindlichen Schmuckstücke an. In den Gründen ist angegeben, eine Herausgabe der sichergestellten Gegenstände komme nicht in Betracht. Die Voraussetzungen der Sicherstellung seien nicht entfallen und es sei keineswegs eine „Verfestigung“ der Eigentumsvermutung gemäß § 1006 BGB zugunsten des Klägers erfolgt. Es bestehe keine Herausgabepflicht der Polizei hinsichtlich der sichergestellten Sachen nach Art. 28 Abs. 1 PAG. Zum einen sei der Zweck der polizeilichen Sicherstellung der betreffenden Gegenstände - der Schutz privater Rechte - nicht dadurch entfallen, dass ein berechtigter Dritter bisher nicht ermittelt werden konnte. Zum anderen bestehe die Herausgabepflicht der Polizei nach Art. 28 Abs. 1 PAG nur gegenüber einem Berechtigten; eine Herausgabe abhanden gekommener Sachen an den Dieb oder Hehler oder sonst unrechtmäßigen Besitzer sei somit ausgeschlossen (BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707). Auch bei Erfolglosigkeit weiterer Ermittlungen zu den Eigentümern der sichergestellten Sachen sei nicht ohne weiteres auf den Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen zu schließen. Vielmehr dauere der Schutzzweck der Sicherstellung fort, weil es dem mutmaßlichen Willen des unbekannt bleibenden Geschädigten entspreche, einen zu seinem Nachteil eingetretenen Verstoß gegen die Eigentumsordnung weiterhin im Wege der Sicherstellung zu unterbinden (OVG NW, B. v. 12.7.2007 - 5 A 1056/06). Rechtsgrundlage für die Anordnung der Verwertung sei Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG. Nach der Feststellung des Verwaltungsgerichts sei aufgrund der Indizienlage das Eigentum Dritter an den sichergestellten Schmuckstücken wesentlich wahrscheinlicher als das vom Kläger behauptete Eigentum. Somit sei die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB nach Satz 2 dieser Vorschrift widerlegt, und der Kläger sei nicht als Eigentümer oder rechtmäßiger Besitzer des sichergestellten Schmucks anzusehen. Bei einer Herausgabe der Schmuckstücke an den Kläger würden die Voraussetzungen für die Sicherstellung erneut eintreten, womit diese gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 3 PAG ausgeschlossen sei. Die Verwertungsanordnung sei auch verhältnismäßig und ermessensgerecht.

Mit Urteil vom 8. April 2015 hob das Verwaltungsgericht München den Bescheid des Kriminalfachdezernats 3 vom 31. März 2014 auf und verpflichtete den Beklagten, die in der Anlage K 2 zur Klageschrift aufgeführten Schmuckgegenstände an den Kläger herauszugeben.

In den Entscheidungsgründen ist im Wesentlichen ausgeführt: Nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG könnten sichergestellte Sachen verwertet werden, wenn sie nach einer Frist von einem Jahr nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden könnten, ohne dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden. Die Jahresfrist, die mit der Sicherstellung am 19. Februar 2009 zu laufen begonnen habe, sei abgelaufen. Streitig sei allein, ob die Schmuckstücke nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden könnten, ohne dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden. Aus dem letzten Halbsatz dieser Bestimmung sei zu schließen, dass die Voraussetzungen für eine Sicherstellung im Zeitpunkt des Erlasses der Verwertungsanordnung noch vorliegen müssten.

Das Gericht gehe sowohl davon aus, dass der Kläger als Berechtigter im Sinne des Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG anzusehen sei, als auch davon, dass die Voraussetzungen für eine Sicherstellung bei Erlass der Verwertungsanordnung entfallen gewesen seien.

Nach dem Vollzugshinweis zum Polizeiaufgabengesetz Nr. 27.3 sei Berechtigter jeder, der Eigentümer der Sache sei oder ein Recht zum Besitz der Sache habe. Davon, dass dem Kläger ein derartiges Recht zustehe, sei das Gericht aus den im Urteil vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) bereits dargelegten Gründen indes nicht überzeugt, vielmehr davon, dass er den sichergestellten Schmuck nicht rechtmäßig erworben habe. Allerdings könne er im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts einen Herausgabeanspruch gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG geltend machen. Um einen Wertungswiderspruch zwischen Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG zu vermeiden - nämlich die Anordnung der Verwertung trotz Bestehens eines Herausgabeanspruchs -, sei nach Auffassung des Gerichts der Begriff des „Berechtigten“ in Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG im Sinne des Art. 28 Abs. 1 auszulegen.

Danach seien die Sachen zunächst an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG), und nur, wenn dies nicht möglich ist, an eine andere Person (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG). Auch seien die Voraussetzungen für die Sicherstellung vorliegend entfallen. Denn trotz der Bemühungen des Beklagten habe sich kein früherer Besitzer der schon seit Mai 2007 in amtlichem Gewahrsam befindlichen Schmuckstücke gefunden (§ 1006 Abs. 1 Satz 2 BGB), der als wahrer Eigentümer oder Berechtigter in Betracht käme, so dass davon auszugehen sei, dass endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden könne. Damit sei für die Aufrechterhaltung der Sicherstellung gemäß Art. 25 Nr. 2 PAG kein Raum mehr. Die Polizei schütze nach Art. 2 Abs. 2 PAG Rechte Privater nur unter der Voraussetzung, dass gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen sei und ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert würde (vgl. BayVGH, B. v. 17.3.2010 - 10 C 09.3011, 10 C 0910 C 09.3012 - juris Rn. 15). Im Rahmen der Ermessensausübung sei der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Berechtigten maßgebend. Ferner fehle es an der Verhältnismäßigkeit; nach Art. 4 Abs. 3 PAG sei eine Maßnahme nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht sei oder sich zeige, dass er nicht erreicht werden könne.

Allein der zu vermutende deliktische Ursprung der Gegenstände reiche für eine Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG nicht aus. Ihre Rechtmäßigkeit werde zwar grundsätzlich nicht dadurch berührt, dass im Zeitpunkt ihrer Anordnung der Eigentümer oder rechtmäßige Inhaber, zu dessen Schutz die Maßnahme erfolge, noch unbekannt sei. Insoweit genüge, dass eine spätere Ermittlung des Eigentümers nicht auszuschließen sei. In diesem Fall diene die Sicherstellung dem Schutz des noch unbekannten Eigentümers vor dem Verlust seines Eigentums. Davon könne aber dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn aufgrund des Zeitablaufs und der behördlichen Bemühungen zur Ermittlung eines anderweitigen Berechtigten der Schmuckstücke ein solcher endgültig nicht zu ermitteln sei. Dem Herausgabebegehren lasse sich dann nicht entgegenhalten, dass im Rückschluss aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG davon auszugehen sei, dass nach dem Willen des Gesetzgebers nur an einen Berechtigten herausgegeben werden dürfe. Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Satz geprägt habe, eine Herausgabe an den Dieb oder Hehler sei ausgeschlossen (vgl. BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 10), sei er davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Sicherstellung im Entscheidungszeitpunkt noch vorgelegen hätten. Dasselbe gelte für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen in dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof - nicht entscheidungserheblich - in Bezug genommenen Beschluss vom 11. August 2010 (5 A 298/09 - juris Rn. 45), in dem ein derartiges Herausgabeverlangen als rechtsmissbräuchlich qualifiziert worden sei. Die Kammer sei der Auffassung, dass bei Herausgabeverlangen eines mutmaßlichen Diebs oder Hehlers eine dauerhafte Einziehung deliktisch erlangter Vermögensgegenstände auf der Grundlage von Art. 25 Nr. 2 PAG nicht in Betracht komme. Dies sowie die Übertragung des Eigentums an diesen Gegenständen auf den Staat sei Gegenstand der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung in Gestalt des einfachen und erweiterten Verfalls (§§ 73 ff. StGB) und habe in diesen Vorschriften eine abschließende Regelung gefunden. Neben diesen geltenden strafrechtlichen Vorschriften über die Gewinnabschöpfung sei eine präventivpolizeiliche Gewinnabschöpfung weder notwendig noch zulässig. Vor diesem Hintergrund sei ein Herausgabeverlangen des von der Sicherstellung Betroffenen auch nicht als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren. Da die streitgegenständlichen Schmuckstücke beim Kläger sichergestellt worden seien und ausgeschlossen werden könne, dass sich noch ein anderweitiger Berechtigter finde, seien sie nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG auch an ihn wieder herauszugeben. Damit aber hätten im maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses die Voraussetzungen für eine Verwertungsanordnung nicht mehr vorgelegen, so dass diese aufzuheben gewesen sei.

Zur Begründung seiner fristgerecht eingelegten Berufung führt der Beklagte im Wesentlichen aus: Die Voraussetzungen für eine Verwertung der sichergestellten Schmuckstücke nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG lägen vor; die Sicherstellungsvoraussetzungen seien weiterhin gegeben. Das Verwaltungsgericht gehe zu Recht gerade nicht davon aus, dass dem Kläger ein Recht zum Besitz der Sachen zustehe, da es überzeugt sei, dass der Kläger den sichergestellten Schmuck nicht rechtmäßig erworben habe. Es verhalte sich aber widersprüchlich, wenn es annehme, der Kläger sei als Berechtigter im Sinn des Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG anzusehen, aber gleichzeitig davon überzeugt sei, dem Kläger stehe kein derartiges Recht zu. Soweit das Verwaltungsgericht dies mit einem zu vermeidenden Wertungswiderspruch zwischen Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG begründe, weshalb der Begriff des „Berechtigten“ in Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG im Sinne des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG auszulegen sei, verstehe das Gericht den Begriff des Berechtigten über die eigentliche Definition hinausgehend. Hierfür gebe es jedoch weder eine rechtliche Grundlage noch bedürfe es einer erweiterten Auslegung; ein Wertungswiderspruch zwischen diesen Normen existiere nicht, der Begriff des Berechtigten sei in Art. 28 ebenso wie in Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG auszulegen. Es sei vielmehr zu differenzieren zwischen dem von der Sicherstellung „Betroffenen“ und dem „Berechtigten“. Einen Herausgabeanspruch habe ein von der Sicherstellung „Betroffener“, bei dem die Sache sichergestellt wurde, nur dann, wenn er auch „Berechtigter“ sei. Dies ergebe sich aus dem Sinn und zugleich aus dem Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG, aus der dem Art. 28 Abs. 1 Satz 3 PAG zugrundeliegenden Logik und aus dem systematischen Zusammenhang des Art. 28 Abs. 1 PAG mit Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 (und 5) sowie Abs. 2 PAG. Dem Betroffenen im Sinn des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG müsse ein Recht an der Sache zustehen, er dürfe gerade nicht den Besitz durch eine Straftat wie Diebstahl oder Hehlerei erlangt haben (BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - juris Rn. 20). Zwar bleibe in dieser Entscheidung die Frage offen, ab welchem Zeitpunkt ein Berechtigter endgültig nicht mehr ermittelt werden könne. Jedoch sei nicht nachvollziehbar, warum sich an dieser Auslegung allein aus Gründen des Zeitablauf etwas ändern sollte. Diese Argumentation finde auch weitere Unterstützung in der Rechtsprechung. Es bedürfe somit für den Begriff des Berechtigten im Sinn des Herausgabeanspruchs nach Art. 28 keiner anderen Definition als im Art. 27 PAG. Berechtigter im Sinn beider Vorschriften sei der, der Eigentümer der Sache sei oder ein Recht zum Besitz der Sache habe. Eigentum und Recht zum Besitz an den sichergestellten Gegenständen habe das Verwaltungsgericht aber in Bezug auf den Kläger eindeutig und fehlerfrei verneint.

Die Voraussetzungen der Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG würden zudem bei Herausgabe an den Kläger erneut eintreten und seien nicht entfallen. Das Vorliegen der Sicherstellungsvoraussetzungen nach Art. 25 Nr. 2 PAG sei zunächst rechtskräftig mitUrteil vom 16. November 2011 (M 7 K 09.1188) für den damaligen Zeitpunkt festgestellt worden. Notwendig für den Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen sei regelmäßig eine Änderung des zugrunde liegenden Sachverhalts. Allein das zeitliche Moment stelle insoweit noch keine ausreichende Änderung dar. Aus dem Umstand, dass bislang keine weiteren tatsächlichen Eigentümer oder sonst Berechtigte hätten ermittelt werden können, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden könne. Unzweifelhaft bestünden noch - nicht ermittelte - Berechtigte, deren Eigentum bzw. Besitzrecht durch Art. 25 Nr. 2 PAG geschützt werden könne. So gehe auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (a. a. O.) davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Sicherstellung nicht weggefallen seien, solange die Eigentumsfrage nicht geklärt sei.

Die polizeiliche Sicherstellung einer Sache zum Eigentumsschutz nach Art. 25 Nr. 2 PAG sei in Anlehnung an die zivilrechtlichen Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 766 ff. BGB) gerechtfertigt, wenn diese dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Eigentümers entspreche. Bei einem Fehlen einer ausdrücklichen oder konkludenten Willensäußerung entscheide der mutmaßliche Wille und mangels Anhaltpunkten hierfür der Wille, der dem Interesse des Berechtigten entspreche. Der mutmaßliche Wille sei nicht derjenige, den der Geschäftsführer subjektiv annehme, sondern derjenige, den der Geschäftsherr bei objektiver Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Geschäftsübernahme geäußert haben würde. Mit der Unverbrüchlichkeit und Gerechtigkeit der Rechtsordnung sei es nicht zu vereinbaren, dass eine Rückgabe der Gegenstände an denjenigen erfolge, der sie unrechtmäßig erworben habe. Vielmehr sei es sachgerecht, dass in dem Fall, dass der wahre Eigentümer/Berechtigte einer Sache nicht mehr zu ermitteln sei, eine Verwertung der Sache zu erfolgen habe. Diese Auffassung entspreche auch dem mutmaßlichen Willen bzw. dem Interesse des wahren Eigentümers/Berechtigten.

Die Verwertungsanordnung sei auch nach Art. 4 PAG geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne. Der Begriff der „Präventiven Gewinnabschöpfung“ passe in Konstellationen wie der vorliegenden nicht. Zielrichtung der Aufrechterhaltung der Sicherstellung statt der Herausgabe sei nicht, etwas beim Kläger abzuschöpfen, sondern eine Perpetuierung einer feststehenden Rechtsgutsverletzung beim wahren Eigentümer zu vermeiden. Aus der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Freistaats Bayern für präventivpolizeiliche Maßnahmen folge, dass die Vorschriften der bundesgesetzlichen §§ 73 ff. StGB keine Sperrwirkung gegenüber dem PAG entfalten könnten.

Der Beklagte stellt den Antrag,

unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 die Klage abzuweisen.

Der Kläger stellt den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei rechtmäßig, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Herausgabe der noch sichergestellten Schmuckstücke zu.

Der Herausgabeanspruch nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG habe Vorrang gegenüber einer Verwertung nach Art. 27 PAG. Die Voraussetzungen für die Sicherstellung seien weggefallen. Das Verwaltungsgericht habe richtig festgestellt, dass trotz der Bemühungen des Beklagten sich kein früherer Besitzer der schon seit Mai 2007 in amtlichem Gewahrsam befindlichen Schmuckstücke, der als wahrer Eigentümer oder Berechtigter in Betracht käme, gefunden habe. Es sei daher davon auszugehen, dass endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden könne.

Auch die Herausgabe an den Kläger sei möglich. Er sei sowohl Betroffener als auch Berechtigter. Der Beklagte habe bisher nicht nachweisen können, dass eine Drittberechtigung anderer Personen vorliegen könne. Die Feststellungslast trage der Beklagte. Der Kläger sei Eigentümer der sichergestellten Gegenstände (mit Ausnahme der seinerzeit unter Nrn. 1 bis 5 des Sicherstellungsverzeichnisses aufgeführten Gegenstände). Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) ändere daran nichts. Damals sei die Eigentumslage noch nicht geklärt gewesen. Jetzt handele es sich um die Herausgabe der damals sichergestellten Gegenstände nach über sechs Jahren. Es habe kein wahrer Eigentümer der Schmuckstücke ermittelt werden können. Nach alldem stehe nach jetziger Sachlage fest, dass der Kläger der wahre Eigentümer der streitgegenständlichen sichergestellten Schmuckstücke sei. Die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB sei nach jetziger Sach- und Rechtslage gegeben. Es sei nämlich nicht erwiesen, dass die sichergestellten Schmuckstücke gestohlen worden, verloren gegangen oder einem sonstigen früheren Besitzer abhanden gekommen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und der Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 ist begründet.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Herausgabe der sichergestellten Schmuckgegenstände gegen den Beklagten zu (1.), und durch die Anordnung der Verwertung der sichergestellten Schmuckgegenstände wird der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (2.). Daher war das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. April 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.

1. Die Klage auf Herausgabe der sichergestellten Schmuckgegenstände ist zulässig, aber unbegründet.

1.1 Die Klage ist zulässig. Da aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) feststeht, dass die Sicherstellung der streitgegenständlichen Schmuckstücke jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der Maßnahme rechtmäßig war, kann der Kläger nicht mehr im Wege einer Anfechtungsklage gegen die Sicherstellungsverfügung deren Aufhebung (ex tunc) und unter Anwendung des in § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO enthaltenen Folgenbeseitigungsanspruchs die Herausgabe verlangen (vgl. BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 20; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 28 Rn. 10). Er hat daher zu Recht eine allgemeine Leistungsklage erhoben (Schmidbauer/Steiner, a. a. O.; allgemein Pietzker in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2016, § 42 Rn. 150). Unschädlich ist, dass das Verwaltungsgericht die Klage insoweit (offenbar) als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO) angesehen hat (vgl. UA S. 8 mit dem Verweis auf § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); Zulässigkeitsbedenken wären im Übrigen auch in diesem Fall nicht erkennbar.

1.2. Die Klage ist nicht begründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die Herausgabe der streitgegenständlichen Schmuckstücke hat.

a) Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG sind, sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind, die Sachen an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 3 PAG ist die Herausgabe jedoch ausgeschlossen, wenn dadurch erneut die Voraussetzungen für die Sicherstellung eintreten würden.

b) Die begehrte Herausgabe der sichergestellten Schmuckstücke an den Kläger kommt vorliegend nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen der Sicherstellung noch nicht weggefallen sind und weil der Kläger auch kein Berechtigter im Sinn dieser Vorschrift ist.

Die Sicherstellung der Schmuckstücke durch Bescheid vom 17. Februar 2009 erfolgte auf der Grundlage von Art. 25 Nr. 2 PAG, um deren Eigentümer oder rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor deren Verlust zu schützen. Die Sicherstellungsverfügung wurde durch das rechtskräftig gewordene Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 16. März 2011 (M 7 K 09.1188) für die hier noch streitgegenständlichen Schmuckstücke bestätigt. Das Gericht hat dabei die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 BGB als widerlegt und den Kläger somit nicht als Eigentümer oder rechtmäßigen Besitzer der Schmuckstücke angesehen. Als Indizien für die Widerlegung der Eigentumsvermutung hat das Gericht damals die nachweisbare Herkunft eines Teils der aufgefundenen Schmuckstücke aus einem Raub bzw. Diebstahl, den Kontakt des Klägers zu den Tätern und deren Aussagen zum Kläger, das Missverhältnis des hohen Wertes der Schmuckstücke zur Einkommenssituation des Klägers, den Umstand, dass der Kläger keinerlei Herkunftsbelege gerade für die hochwertigen Stücke besaß, den Umstand, dass der Kläger zur Herkunft gar keine oder nur vage und widersprüchliche Angaben machen konnte, sowie die Auffindungssituation der Schmuckstücke herangezogen.

Die Rechtskraft des Urteils (§ 121 VwGO) vom 16. März 2011 muss sich der Kläger entgegenhalten lassen; damit steht fest, dass die angefochtene Sicherstellung nicht rechtswidrig erfolgte und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzte. Die dabei getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Sicherstellung vorgelegen haben, ist für die vorliegende Entscheidung präjudiziell (Clausing in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Juni 2016, § 121 Rn. 24; Lindner in Posser/Wolff, Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand Oktober 2016, § 121 Rn. 19).

Insoweit sind seither auch keine Änderungen des Sachverhalts eingetreten, die den von der Rechtskraft erfassten Streitgegenstand verändern und den nachträglichen Wegfall der anfänglich vorliegenden Voraussetzungen für die Sicherstellung begründen würden (vgl. Clausing in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Juni 2016, § 121 Rn. 72; Lindner in Posser/Wolff, Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: Oktober 2016, § 121 Rn. 54). Zu keinem der Gesichtspunkte, die im Urteil vom 16. März 2011 für die Überzeugung des Verwaltungsgerichts leitend waren, dass der Kläger nicht Eigentümer oder berechtigter Besitzer sei, hat der Kläger etwas vorgetragen, das die damalige Würdigung nunmehr in neuem Licht erscheinen lassen könnte, noch ist sonst etwas für eine dahingehende Änderung der Sach- und Rechtslage ersichtlich. Allein der Zeitablauf von (weiteren) fünf Jahren, ohne dass die Polizei seither (weitere) Eigentümer oder rechtmäßige Besitzer der Schmuckstücke ausfindig machen konnte, rechtfertigt es nicht, nunmehr den Kläger trotz fortbestehender gegensätzlicher Indizienlage unter Heranziehung von § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB gemäß seiner bloßen Behauptung als Eigentümer anzusehen. Auch das Verwaltungsgericht war im Übrigen in der angefochtenen Entscheidung vom 8. April 2015 weiterhin davon überzeugt, dass der Kläger den sichergestellten Schmuck nicht rechtmäßig erworben hat (UA S. 9).

Nach Überzeugung des Senats (§ 108 Abs. 1 VwGO) kann nicht, wie das Verwaltungsgericht annimmt, von einem Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen ausgegangen werden, weil nicht mehr erwartet werden könne, in Bezug auf die hier noch streitgegenständlichen Schmuckstücke einen Eigentümer oder rechtmäßigen Besitzer ausfindig zu machen. Es ist zunächst keineswegs ausgeschlossen, dass auch nach mehr als 9 Jahren noch ein solcher Berechtigter ermittelt werden kann. Insoweit hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass eine am 24. Mai 2007 beim Kläger aufgefundene goldene Armbanduhr einem Einbruchdiebstahl vom 14. Mai 1999, also 8 Jahre vorher, zugeordnet werden konnte.

Solange jedoch somit die Eigentumsfrage nicht geklärt und der wahre Berechtigte gefunden ist, sind die Voraussetzungen der auf Art. 25 Nr. 2 PAG gestützten Sicherstellung nicht weggefallen, sie würden vielmehr bei einer Herausgabe an den Kläger wieder eintreten (BayVGH, B. v. 11.2.2009 - 10 CE 08.3393 - BayVBl 2009, 569, Rn. 16; ähnlich BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 18; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 28 Rn. 7). Dem steht nicht entgegen, dass die Polizei nach Art. 25 Nr. 2 PAG zum Schutz privater Rechte tätig wurde und ihr nach Art. 2 Abs. 2 PAG der Schutz privater Rechte nur dann obliegt, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Die Sicherstellung ist danach (weiterhin) zulässig, wenn sie dem mutmaßlichen Willen des Berechtigten entspricht, was dann der Fall ist, wenn die Sicherstellung bei der maßgeblichen objektiven Betrachtung in dessen Interesse erfolgt. Dem mutmaßlichen Willen des Eigentümers einer Sache entspricht es regelmäßig, einen zu seinem Nachteil eingetretenen und andauernden Verstoß gegen die Eigentumsordnung weiterhin im Wege der Sicherstellung zu unterbinden, auch wenn er bisher nicht als Berechtigter ermittelt worden ist bzw. ermittelt werden konnte (vgl. OVG NW, B. v. 13.9.2016 - 5 A 667/16 - juris, Rn. 38 ff.; OVG NW, B. v. 12.2.2007 - 5 A 1056/06 - juris Rn. 7).

Selbst wenn man jedoch davon ausginge, dass die Sicherstellungsvoraussetzungen weggefallen sind, weil kein Eigentümer oder rechtmäßiger Inhaber der tatsächlichen Gewalt, zu dessen Schutz gemäß Art. 25 Abs. 2 PAG die Sicherstellung erfolgt ist, mehr ermittelt werden kann, kann jedenfalls der Kläger nicht die Herausgabe der sichergestellten Gegenstände an sich verlangen. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung von Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG hält einer Überprüfung nicht stand.

Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG sind die sichergestellten Sachen zwar grundsätzlich „an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind“. Jedoch besteht die Herausgabepflicht der Polizei nach richtigem Verständnis dieser Bestimmung nur gegenüber einem Berechtigten; eine Herausgabe abhanden gekommener Sachen an den Dieb oder Hehler oder sonst unrechtmäßigen Besitzer ist somit ausgeschlossen. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG regelt die Herausgabe der sichergestellten Sache nach der Beendigung des polizeilichen Gewahrsams und der amtlichen Verwahrung an den Betroffenen, dessen Rechte durch den hoheitlichen Eingriff der Sicherstellung beeinträchtigt wurden bzw. werden. Wie sich insbesondere aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG, aber auch aus dem systematischen Zusammenhang dieser Bestimmung mit Art. 27 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 sowie Abs. 2 PAG ergibt, muss dem von der Sicherstellung Betroffenen für einen Herausgabeanspruch nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG ein Recht an der Sache zustehen, er muss „Berechtigter“ sein, also Eigentümer oder berechtigter Besitzer. Die Herausgabe an jemanden, der den Besitz an der Sache durch eine Straftat wie Diebstahl oder Hehlerei erlangt hat, kann nach dieser Rechtsgrundlage nicht gefordert werden (so schon BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 20; ähnlich OVG Berlin-Bbg, B. v. 15.6.2016 - OVG 1 S 21.16 - juris Rn. 14; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 28 Rn. 12; Berner/Köhler/Käß, Polizeiaufgabengesetz. Handkommentar, 20. Auflage 2010, Art. 28 Rn. 3; Senftl in Möstl/Schwabenbauer, Beck’scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand: Juni 2016, Art. 28 Rn. 9).

Der Umstand, dass die Polizei bisher trotz entsprechender Bemühungen keinen „Berechtigten“ für die streitgegenständlichen Schmuckstücke ausfindig machen konnte und dass dies (möglicherweise) endgültig nicht mehr möglich ist, führt nicht dazu, dass der Kläger, der zur vollen Überzeugung des Verwaltungsgerichts wie auch des erkennenden Senats nicht der Eigentümer oder berechtigte Besitzer ist, allein aus diesem Grund zum „Berechtigten“ wird. Dies hat auch nicht zur Folge - wie das Verwaltungsgericht meint - dazu, dass deswegen „endgültig niemand mehr durch den amtlichen Gewahrsam vor einem Rechtsverlust geschützt werden kann“ (UA S. 9), sondern lediglich dazu, dass die Identität des zu Schützenden unbekannt bleibt. Dass der Berechtigte (noch) nicht bekannt ist, steht jedoch einer Sicherstellung und deren Aufrechterhaltung grundsätzlich nicht entgegen (BayVGH, B. v. 6.2.2014 - 10 CS 14.47 - NVwZ-RR 2014, 522 - Rn. 17; BayVGH, B. v. 19.11.2010 - 10 ZB 10.1707 - VGH n. F. 63, 277, Rn. 15; teilw. noch offen lassend: BayVGH, B. v. 17.3.2010 - 10 C 09.3011, 10 C 0910 C 09.3012 - juris, Rn. 15; BayVGH, B. v. 6.2.2014 - 10 CS 14.47 - NVwZ-RR 2014, 522 - Rn. 17).

Insoweit besteht auch kein Wertungswiderspruch zwischen Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG, „nämlich die Anordnung der Verwertung trotz Bestehens eines Herausgabeanspruchs“, wie das Verwaltungsgericht meint (UA. S. 9). Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG setzt nämlich gerade voraus, dass die sichergestellte Sache nicht herausgegeben werden kann, mithin dass die Sicherstellungsvoraussetzungen noch fortbestehen (Senftl in Möstl/Schwabenbauer, Beck’scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand: Juni 2016, Art. 27 Rn. 6; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 27 Rn. 2 u. 4). Entsteht ein Herausgabeanspruch erst nach der Verwertung, ist nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 PAG der Erlös herauszugeben. Ist ein Berechtigter nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, so ist der Erlös gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 2 PAG nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zu hinterlegen. Angesichts dieser gesetzlichen Regelungssystematik besteht kein Grund, einen Nicht-Berechtigten im Sinn des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG doch als Berechtigten anzusehen, wenn ein „wahrer“ Berechtigter „endgültig“ nicht mehr ermittelt werden kann.

Im Übrigen ist das Herausgabeverlangen des Klägers auch rechtsmissbräuchlich. Da weiterhin nicht davon ausgegangen werden kann, dass er Eigentümer oder berechtigter Besitzers der sichergestellten Gegenstände ist, kann er sich zur Begründung seines Herausgabeverlangens nicht darauf berufen, dass ein Berechtigter bislang nicht ermittelt worden ist (vgl. OVG NW, B. v. 13.9.2016 - 5 A 667/16 - juris, Rn. 46 ff.; OVG NW, B. v. 11.8.2010 - 5 A 298/09 - juris Rn. 45; OVG NW, B. v. 12.2.2007 - 5 A 1056/06 - juris Rn. 9).

Diese Auslegung der Vorschriften der präventivpolizeilichen Sicherstellung steht auch nicht im Konflikt mit der Regelung der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung in §§ 73 ff. StGB, insbesondere dem erweiterten Verfall gemäß § 73d StGB. Zwar verfolgt auch diese Vorschrift einen präventiven Zweck: Der betroffene Straftäter soll deliktisch erlangte Gegenstände nicht behalten; die mit der Bereicherung des Täters verbundene Störung der Rechtsordnung soll nicht auf Dauer bestehen bleiben; die Gewinnabschöpfung soll verhindern, dass die bereits eingetretene Störung der Vermögensordnung auch zukünftig fortdauert (so BVerfG, B. v. 14.1.2004 - 2 BvR 564/95 - BVerfGE 110, 1, Rn. 70). § 73d StGB ermöglicht es, dem Betroffenen einen Teil seines Vermögens wegzunehmen, soweit es deliktisch erlangt worden ist, und zwar auch dann, wenn es der Betroffene zivilrechtlich wirksam erlangt hat (BVerfG, a. a. O., Rn. 71, 88). Der Grundsatz, sichergestellte Gegenstände nicht an einen Nicht-Berechtigten herausgeben, hat dagegen eine andere Zielrichtung: es wird damit verhindert, dass eine Person, die nicht Eigentümer oder berechtigter Besitzer ist, eine Sache allein deswegen (zurück-) erhält, weil der wahre Berechtigte nicht ausfindig gemacht werden konnte bzw. kann, und dass damit der nicht der Rechtsordnung entsprechende Zustand wiederhergestellt oder verlängert wird. Es wird damit nicht etwas bei einem Betroffenen „abgeschöpft“, sondern er erhält etwas nicht zurück, was ihm nicht zusteht. Die Regelung im Strafgesetzbuch „sperrt“ damit nicht eine entsprechende Regelung präventivpolizeilicher Eingriffsermächtigungen zur Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung aufgrund des landesrechtlichen Polizeiaufgabengesetzes. Bei der vom Kläger gerügten Anwendung dieser Bestimmungen in seinem Fall handelt es sich im Ergebnis letztlich ebenfalls um eine systemkonforme Auswirkung des „alle Rechtsgebiete übergreifenden Grundsatzes, wonach eine mit der Rechtsordnung nicht übereinstimmende Vermögenslage auszugleichen ist“ (BVerfG, a. a. O., Rn. 76).

2. Die Klage gegen die Anordnung der Verwertung der sichergestellten Schmuckstücke in dem Bescheid vom 31. März 2014 ist zulässig, aber unbegründet.

2.1 Die Anfechtungsklage ist zulässig, insbesondere liegt beim Kläger eine Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) vor, da der Bescheid an ihn gerichtet ist und er geltend macht, der Eigentümer der Schmuckstücke zu sein; die abschließende Bewertung der Eigentumslage ist Sache der Begründetheit.

2.2 Die Klage ist jedoch nicht begründet, weil die Anordnung der Verwertung jedenfalls den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 4 PAG ist die Verwertung einer sichergestellten Sache zulässig, wenn sie nach einem Jahr nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden kann, ohne dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden. Die Vorschrift geht davon aus, dass die Sicherstellungsgründe fortbestehen, weil nur dann eine Herausgabe ausscheidet (Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Auflage 2014, Art. 27 Rn. 2 u. 4; Senftl in Möstl/Schwabenbauer, Beck’scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand Juni 2016, Art. 27 Rn. 6).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Wie oben dargelegt, können die sichergestellten Schmuckstücke nicht herausgegeben werden, weil der Kläger nicht Berechtigter ist und ein anderer Berechtigter nicht bekannt ist. Da der Kläger nicht Berechtigter (Eigentümer oder berechtigter Besitzer) ist, kann er auch nicht eigenen Rechten verletzt sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.