Bundesfinanzhof Beschluss, 09. Dez. 2011 - III B 25/11

bei uns veröffentlicht am09.12.2011

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) begehrt für ihre am 19. Januar 1984 geborene Tochter T Kindergeld für den Zeitraum September 2006 bis April 2007. Die Ehe zwischen der Klägerin und dem beigeladenen Vater (Beigeladener) der T wurde am 15. September 2009 rechtskräftig geschieden.

2

Im Juli 2002 trennten sich die Eltern und der Beigeladene verließ den gemeinsamen Haushalt in S. T blieb im Haushalt der Klägerin. Am 10. November 2002 nahm T ein Studium in X/Griechenland auf, das jedenfalls bis zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung am 11. Oktober 2010 noch andauerte und voraussichtlich im November 2010 beendet werden sollte. Seit Aufnahme des Studiums bewohnte T in X gemeinsam mit ihrer ebenfalls dort studierenden Schwester eine der Klägerin gehörende Sechs-Zimmer-Wohnung mit 120 qm Wohnfläche (vier Schlafzimmer, Esszimmer, Wohnzimmer, Küche, Bad).

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Die Klägerin bezog Ende Oktober 2003 in S eine 60 qm große Zwei-Zimmer-Wohnung und wechselte im März 2006 in eine Drei-Zimmer-Wohnung mit 80 qm Wohnfläche (zwei große Schlafzimmer, Wohn-/Esszimmer, Küche, Bad). T hielt sich in der jeweiligen Wohnung der Klägerin an 41 Tagen (2003), 34 Tagen (2004), 53 Tagen (2005), 16 Tagen (2006) und 24 Tagen (2007) auf.

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Aufgrund einer polizeilichen Wohnsitzummeldung der T im Mai 2006 von einer Wohnung des Beigeladenen in die Wohnung der Klägerin setzte die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) ab Juli 2006 das Kindergeld für T gegenüber der Klägerin fest. Nach Anhörung des Beigeladenen hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung gegenüber der Klägerin ab September 2006 auf, da sie davon ausging, dass T weder in den Haushalt der Klägerin noch in den des Beigeladenen aufgenommen sei und daher der Beigeladene wegen seiner unstrittig überwiegenden Barunterhaltsleistungen vorrangig kindergeldberechtigt sei. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.

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Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage nach Beiladung des Vaters der T als unbegründet ab. Zur Begründung verwies es im Wesentlichen darauf, dass der Beigeladene vorrangig vor der Klägerin für T kindergeldberechtigt sei, da T im Streitzeitraum weder in den Haushalt der Klägerin aufgenommen gewesen sei noch von ihr die höhere Unterhaltsrente erhalten habe. Die fehlende Haushaltsaufnahme bei der Klägerin leitete das FG aus einer Gesamtwürdigung der Umstände ab. In diese bezog es vor allem mit ein die eigenen Erklärungen der T, die Größe der Wohnung in X und der Wohnungen der Klägerin in S, die Haushaltsaufnahme einer weiteren Tochter der Klägerin in die Zwei-Zimmer-Wohnung der Klägerin, die Aufbewahrung persönlicher Dinge der T (insbesondere Musikinstrument) in der Wohnung in X, die eigenen Angaben der Klägerin in einem Kindergeldantrag vom 17. Mai 2004, das Vorhandensein einer Bezugsperson (Schwester) in der Wohnung in X, die Zeitdauer der Aufenthalte der T in Deutschland und die entfernungsbedingte Aufgabe des Lebensmittelpunkts im Haushalt der Klägerin. Danach kam das FG zu dem Ergebnis, dass die Aufenthalte der T bei der Klägerin nur Besuchscharakter hatten.

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Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO) begehrt.

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Das angefochtene Urteil und die bisherige Rechtsprechung des Senats wichen von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ab. Das angefochtene Urteil stütze sich auf die Erwägung, wonach Kindergeld nur gezahlt werden darf, wenn der Berechtigte mit dem Kind in seinem Haushalt örtlich gebunden zusammenlebt. Gerade in diesem Punkt sei indes das Recht fortzubilden und die Einheit der Rechtsprechung mit dem EuGH herzustellen. Das FG stütze sich auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (Urteil vom 15. Juli 2010 III R 6/08, BFHE 230, 545; Beschluss vom 18. Februar 2008 III B 69/07, BFH/NV 2008, 948). Diese habe mit der Annahme, dass das Kriterium eines ausländischen Wohnsitzes objektive Leistungsunterschiede rechtfertige, eine (verschleierte) Diskriminierung von Angehörigen anderer EU-Mitgliedstaaten gebilligt. Dagegen habe der EuGH mit Urteil vom 15. Januar 1986 C-41/84, Pinna (Slg. 1986, 1) entschieden:

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"Soweit es um die Gültigkeit des Artikels 73 Absatz 2 selbst geht, ist darauf hinzuweisen, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur offenkundige Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle verschleierten Formen der Diskriminierung verbietet, die mit Hilfe der Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu demselben Ergebnis führen."

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Der Senat habe bislang übersehen, dass eine Unterscheidung nach dem Wohnsitz eine solche gegen die EuGH-Rechtsprechung verstoßende Diskriminierung enthalte. Das Abstellen auf die Entfernung des Studienorts vom Lebensmittelpunkt der Eltern könne die Mobilität der Studenten in Europa behindern. Es verstoße gegen Art. 18 Abs. 1, 45 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), da es sich hauptsächlich zum Nachteil der Angehörigen anderer Mitgliedstaaten auswirke. Der EuGH habe auch wiederholt verdeutlicht, dass im Ausland lebende Kinder nicht vom Leistungsbezug ausgeschlossen werden dürften. Ein Allgemeininteresse zur Rechtfertigung der Diskriminierung habe der EuGH in all diesen Fällen verneint. Die entgegengesetzte Annahme des Senats habe sich mit dieser Rechtsprechung nicht auseinandergesetzt und erfordere zumindest die Einholung einer Vorabentscheidung. Werde entgegen dem angefochtenen Urteil die Zulässigkeit des Kriteriums verneint, dass der Berechtigte mit dem Kind in seinem Haushalt örtlich gebunden zusammenleben muss, wenn das Kind in einem anderen Mitgliedstaat studiert, sei das angefochtene Urteil abzuändern. Der Klägerin stehe dann gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Kindergeld für T zu.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen, soweit ihre Darlegung den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht, nicht vor.

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1. Die Zulassung der Revision ist nicht zur Fortbildung des Rechts --als einem Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (z.B. Senatsbeschluss vom 6. Juni 2006 III B 202/05, BFH/NV 2006, 1653)-- erforderlich. Dieser Zulassungsgrund ist nur gegeben, wenn die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den BFH geboten erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 29. April 2010 VI B 153/09, BFH/NV 2010, 1442, m.w.N.). So verhält es sich hier.

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a) Nach dem Vortrag der Klägerin müsse zur Fortbildung des Rechts die Frage geklärt werden, ob Kindergeld nur gezahlt werden dürfe, wenn der Berechtigte mit dem Kind in seinem Haushalt örtlich gebunden zusammenlebt. Denn die Annahme, dass das Kriterium eines ausländischen Wohnsitzes objektive Leistungsunterschiede rechtfertige, enthalte eine (verschleierte) Diskriminierung von Angehörigen anderer Mitgliedstaaten der EU. Zudem könne dieses Kriterium Kinder hindern, ihre Freizügigkeitsrechte bei der Auswahl ihres Studienortes wahrzunehmen.

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b) Dieses Vorbringen rechtfertigt keine Zulassung der Revision. Der Gesetzgeber hat bei der Ermittlung der Vorrangstellung eines Kindergeldberechtigten im Rahmen des § 64 EStG der Haushaltsaufnahme unabhängig davon ein ausschlaggebendes Gewicht beigemessen, wie hoch die Barunterhaltsleistung des anderen Berechtigten ist. Dies beruht auf der typisierenden Annahme, dass in erster Linie die größeren Lasten derjenige Kindergeldberechtigte trägt, der das Kind in seinem Haushalt versorgt und betreut (vgl. BTDrucks 13/1558, S. 165, zu § 3 Abs. 2 des Bundeskindergeldgesetzes), und nur nachrangig derjenige, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahlt (vgl. § 64 Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG). Der insoweit maßgebliche Begriff der Haushaltsaufnahme i.S. des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG ist bereits geklärt. Nach dieser Vorschrift wird bei mehreren Berechtigten das Kindergeld nach dem sog. Obhutsprinzip demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH liegt eine Haushaltsaufnahme vor, wenn das Kind in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis aufgenommen worden ist. Neben dem örtlich gebundenen Zusammenleben müssen Voraussetzungen materieller Art (Versorgung, Unterhaltsgewährung) und immaterieller Art (Fürsorge, Betreuung) erfüllt sein (z.B. BFH-Urteil vom 26. August 2003 VIII R 91/98, BFH/NV 2004, 324; Senatsbeschlüsse vom 24. Oktober 2006 III S 3/06 (PKH), BFH/NV 2007, 238, und in BFH/NV 2008, 948). Eine zeitweilige auswärtige Unterbringung des Kindes zum Studium unterbricht die Haushaltszugehörigkeit nach der Senatsrechtsprechung in der Regel nicht (vgl. etwa BFH-Beschlüsse vom 16. April 2008 III B 36/07, BFH/NV 2008, 1326, und in BFH/NV 2008, 948). Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzukommen, die auf eine dauerhafte Trennung vom elterlichen Haushalt schließen lassen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 948). In diesem Zusammenhang hat der BFH zur Abgrenzung zwischen einer Haushaltsaufnahme und bloßen, den Anforderungen des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG nicht genügenden Besuchsaufenthalten vor allem dem zeitlichen Umfang der Aufenthalte des Kindes im Haushalt der Eltern bzw. des einzelnen Elternteils besondere Bedeutung beigemessen (BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 324, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 14. Januar 2011 III B 96/09, BFH/NV 2011, 788). Demgegenüber stellt das Vorhandensein eines Wohnsitzes des Kindes im Ausland --anders als die Klägerin meint-- kein Ausschlusskriterium für die Haushaltsaufnahme dar. Vielmehr ist das Fortbestehen einer Haushaltsaufnahme in der elterlichen Wohnung --in den Grenzen des § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG-- auch bei Vorhandensein eines Wohnsitzes des Kindes im Ausland möglich. Auch die Entfernung zwischen der elterlichen Wohnung und dem Ort der auswärtigen Unterbringung des Kindes kann zwar möglicherweise den Umfang der Aufenthalte in der elterlichen Wohnung beeinflussen, bildet jedoch für sich kein Abgrenzungskriterium für die Bestimmung der Haushaltsaufnahme. Diese Regelungen gelten unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Kindergeldberechtigten und treffen daher deutsche Kindergeldberechtigte ebenso wie Kindergeldberechtigte aus anderen Mitgliedstaaten der EU. Aus diesen Gründen können die Kriterien des Wohnsitzes des Kindes im Ausland und der Entfernung zwischen der elterlichen Wohnung und dem Ort der auswärtigen Unterbringung auch nicht zu einer nach Art. 12 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft --EG-- (jetzt: Art. 18 AEUV) verbotenen Diskriminierung der Angehörigen anderer Mitgliedstaaten führen.

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Zudem stellt das Kriterium der Haushaltsaufnahme im Rahmen des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG auch kein Kriterium dar, das den Anspruch auf Kindergeld für ein bestimmtes Kind generell ausschließt. Vielmehr führt die Verneinung der Haushaltsaufnahme nur dazu, dass nach den in § 64 Abs. 3 EStG enthaltenen Regelungen zu bestimmen ist, welcher der mehreren Kindergeldberechtigten den vorrangigen Anspruch auf Kindergeld hat. Da § 64 Abs. 3 EStG sicher stellt, dass jedenfalls einer der mehreren dem Grunde nach Kindergeldberechtigten das Kindergeld für das im Ausland studierende Kind erhält, ist auch nicht ersichtlich, dass die Freizügigkeitsrechte des studierenden Kindes beeinträchtigt sein könnten (vgl. hierzu bereits BFH-Urteil vom 19. August 2003 VIII R 60/99, BFH/NV 2004, 320).

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Vor diesem Hintergrund sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die eine erneute Prüfung und Entscheidung über die Rechtsfrage, ob die Vorrangbestimmung nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG nach dem Kriterium der Haushaltsaufnahme zu erfolgen hat und unter welchen Voraussetzungen eine solche Haushaltsaufnahme anzunehmen ist, durch den BFH geboten erscheinen lassen. Ebenso ergeben sich aus dem Vortrag der Klägerin keine Zweifelsfragen hinsichtlich der Auslegung von Gemeinschaftsrecht, die in dem angestrebten Revisionsverfahren nach Art. 267 AEUV zu einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH führen könnten.

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2. Die Revision ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO) zuzulassen.

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Die Klägerin hat nicht --wie erforderlich-- die behauptete Abweichung durch das Gegenüberstellen einander widersprechender abstrakter Rechtssätze aus der Entscheidung der Vorinstanz einerseits und der Divergenzentscheidung andererseits i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt (vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss vom 5. Oktober 2010 X B 72/10, BFH/NV 2011, 273). Eine Abweichung kann grundsätzlich nur vorliegen, wenn die zu vergleichenden Entscheidungen dieselbe Rechtsnorm oder denselben Rechtsbegriff betreffen (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 115 FGO Rz 179). Dagegen hat die Klägerin aus dem FG-Urteil zwei Passagen wiedergegeben, die sich hinsichtlich der Bestimmung des Vorrangs zwischen mehreren Kindergeldberechtigten mit der Frage der Haushaltsaufnahme beschäftigen. Die als mutmaßliche Divergenzentscheidungen angeführten EuGH-Entscheidungen lassen hingegen keinen Bezug zu der Rechtsfrage der Vorrangbestimmung zwischen mehreren Kindergeldberechtigten oder dem Rechtsbegriff der Haushaltsaufnahme erkennen.

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Eine schlüssige Rüge setzt überdies weiter die Darlegung voraus, dass die Entscheidungen zu gleichen, vergleichbaren oder gleichgelagerten Sachverhalten ergangen sind (z.B. BFH-Beschluss vom 22. Juli 2008 II B 47/07, BFH/NV 2008, 1846). Auch dies hat die Klägerin nicht dargelegt.

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Soweit die Klägerin darüber hinaus vorträgt, dass Entscheidungen des BFH von Entscheidungen des EuGH abweichen würden, scheitert eine Zulassung der Revision bereits daran, dass es sich bei den Entscheidungen des BFH nicht um die angegriffene Entscheidung der Vorinstanz handelt.

Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Beschluss, 09. Dez. 2011 - III B 25/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesfinanzhof Beschluss, 09. Dez. 2011 - III B 25/11

Referenzen - Gesetze

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Einkommensteuergesetz - EStG | § 63 Kinder


(1) 1Als Kinder werden berücksichtigt 1. Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,2. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,3. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel. 2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.
Bundesfinanzhof Beschluss, 09. Dez. 2011 - III B 25/11 zitiert 8 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Einkommensteuergesetz - EStG | § 63 Kinder


(1) 1Als Kinder werden berücksichtigt 1. Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,2. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,3. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel. 2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Einkommensteuergesetz - EStG | § 64 Zusammentreffen mehrerer Ansprüche


(1) Für jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. (2) 1Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. 2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem

Bundeskindergeldgesetz - BKGG 1996 | § 3 Zusammentreffen mehrerer Ansprüche


(1) Für jedes Kind werden nur einer Person Kindergeld, Kinderzuschlag und Leistungen für Bildung und Teilhabe gewährt. (2) Erfüllen für ein Kind mehrere Personen die Anspruchsvoraussetzungen, so werden das Kindergeld, der Kinderzuschlag und die Leis

Referenzen - Urteile

Bundesfinanzhof Beschluss, 09. Dez. 2011 - III B 25/11 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Bundesfinanzhof Beschluss, 05. Okt. 2010 - X B 72/10

bei uns veröffentlicht am 05.10.2010

Gründe 1 Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgericht

Bundesfinanzhof Urteil, 15. Juli 2010 - III R 6/08

bei uns veröffentlicht am 15.07.2010

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) sowie seine Ehefrau sind türkischer Abstammung. Ihre drei Kinder lebten zunächst mit den Eltern in der Bundesrepu

Bundesfinanzhof Beschluss, 29. Apr. 2010 - VI B 153/09

bei uns veröffentlicht am 29.04.2010

Gründe 1 Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat --bei Zweifeln an deren Zulässigkeit-- jedenfalls in der Sache keinen Erfolg.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesfinanzhof Beschluss, 09. Dez. 2011 - III B 25/11.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 11. Okt. 2012 - 5 C 20/11

bei uns veröffentlicht am 11.10.2012

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen seine Inanspruchnahme auf Ersatz von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.

Referenzen

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) sowie seine Ehefrau sind türkischer Abstammung. Ihre drei Kinder lebten zunächst mit den Eltern in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland). Im Sommer 1997 erwarben alle Familienmitglieder die deutsche Staatsangehörigkeit; die türkische Staatsangehörigkeit wurde aufgegeben.

2

Nach einem Urlaub im Sommer 1998 in der Türkei kehrte nur der Kläger nach Deutschland zurück. Seine Familie blieb in der Türkei, wo die Kinder ab September 1998 die Schule besuchten. Der Kläger, der im Herbst 1998 in eine 1 1/2 Zimmer-Wohnung umzog, fuhr alle drei Monate jeweils für drei Monate zu seiner Familie in die Türkei. Seine drei Kinder hielten sich während der türkischen Sommerferien in den Jahren 2000 und 2001 in Deutschland auf und besuchten in dieser Zeit von Ende Juni bis Ende Juli die Schule. Sie wohnten in dieser Zeit in der Wohnung eines Bekannten des Klägers, der sich im Heimaturlaub befand. Seit August 2003 lebt die Familie des Klägers wieder in Deutschland; seitdem erhält der Kläger für die Kinder Kindergeld in Höhe der Beträge des § 66 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

3

Auf den Antrag des Klägers vom … 1998, ihm Kindergeld für seine drei Kinder in Höhe von 740 DM monatlich (220 DM für das erste, 220 DM für das zweite und 300 DM für das dritte Kind) zu gewähren, setzte die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) mit Bescheid vom … 1999 Kindergeld ab Oktober 1998 fest, jedoch nur in Höhe des niedrigeren sog. Abkommenskindergeldes von 95 DM monatlich (10 DM für das erste, 25 DM für das zweite und 60 DM für das dritte Kind) gemäß Art. 46 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Einkommensteuerreformgesetz (EG-EStRG) i.V.m. Art. 33 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit --deutsch-türkisches Abkommen-- (BGBl II 1965, 1169, BGBl II 1972, 1, BGBl II 1975, 373, BGBl II 1986, 1038). Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.

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Mit Bescheid vom … 2001 lehnte die Familienkasse den erneuten Antrag des Klägers vom … 2001 auf Zahlung von Kindergeld in Höhe der Beträge des § 66 Abs. 1 EStG ab. Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos.

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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage, mit der der Kläger Kindergeld in Höhe der Beträge des § 66 Abs. 1 EStG für die Monate Mai 1999 bis Juli 2003 begehrte, mit Urteil vom 13. Juli 2007  9 K 153/02 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1216) als unbegründet ab. Da die Kinder im Streitzeitraum im Inland keinen Wohnsitz gehabt hätten, bestehe kein Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 3 EStG. Ein solcher Anspruch ergebe sich auch nicht aus den im europäisch-türkischen Assoziationsrecht enthaltenen Diskriminierungsverboten. Art. 9 des Assoziierungsabkommens vom 12. September 1963 zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei --Assoziierungsabkommen EWG/Türkei-- (BGBl II 1964, 509, 1959) wirke als reiner Programmsatz nicht unmittelbar. Der Kläger könne auch keine Rechte aus Art. 37 des Zusatzprotokolls vom 23. November 1970 zu diesem Abkommen --Zusatzprotokoll-- (BGBl II 1972, 385, BGBl II 1973, 113) und aus Art. 10 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19. September 1980 --ARB 1/80-- (nicht veröffentlicht) herleiten, die hinsichtlich der Arbeitsbedingungen eine auf der Staatsangehörigkeit beruhende Diskriminierung ausschlössen. Denn der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit führe auch für türkischstämmige Arbeitnehmer zum Verlust des Rechts aus dem Assoziationsstatus. Im Übrigen hätte der Kläger selbst dann keinen Anspruch auf Kindergeld in Höhe der Beträge des § 66 Abs. 1 EStG, wenn er die türkische Staatsangehörigkeit behalten hätte. Denn der als speziellere Vorschrift vorrangige Beschluss Nr. 3/80 des Assoziationsrats vom 19. September 1980 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften auf die türkischen Arbeitnehmer und auf deren Familienangehörige --ARB 3/80-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- 1983, Nr. C 110/60) beschränke den Anspruch auf Familienleistungen gemäß Art. 2, Art. 4 Abs. 1 und Art. 18 ausdrücklich auf die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnenden Familienangehörigen.

6

Mit seiner Revision trägt der Kläger im Wesentlichen vor, die Einbürgerung führe nicht zum Untergang seiner zuvor durch Migration erworbenen Rechte. Ein Anspruch ergebe sich aber jedenfalls aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Wenn ein türkischer Staatsangehöriger für seine in der Türkei lebenden Kinder Anspruch auf Kindergeld in Höhe der Beträge des § 66 Abs. 1 EStG habe, gebiete Art. 3 Abs. 1 GG, dass deutsche Staatsangehörige gleich behandelt würden. Der Anspruch eines türkischen Staatsangehörigen ergebe sich aus den assoziationsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere aus Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80, Art. 37 Zusatzprotokoll und Art. 9 Assoziierungsabkommen EWG/Türkei.

7

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG, den Bescheid vom … 2001 sowie die Einspruchsentscheidung vom … 2002 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für den Zeitraum Mai 1999 bis Juli 2003 unter Berücksichtigung des bereits gewährten Abkommenskindergeldes in Höhe der Beträge des § 66 Abs. 1 EStG festzusetzen,

hilfsweise, die Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) einzuholen.

8

Die Familienkasse beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist unbegründet und wird zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

10

1. Nach zutreffender Entscheidung des FG hat der Kläger für den Zeitraum Mai 1999 bis Juli 2003 keinen Anspruch auf Kindergeld nach den §§ 62 ff. EStG, da die Kinder in diesem Zeitraum im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten.

11

a) Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 3 EStG steht demjenigen, der --wie der Kläger-- einen inländischen Wohnsitz hat, Kindergeld nur für die Kinder zu, die im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die Türkei zählt nicht zu den in § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG genannten Staaten.

12

b) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird (§ 8 der Abgabenordnung --AO--). Das setzt neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumen insbesondere das Innehaben der Wohnung in dem Sinne voraus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig nutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit --wenn auch in größeren Zeitabständen-- aufsucht. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Erholungs- bzw. Besuchszwecken reicht nicht aus (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564, und vom 28. April 2010 III R 52/09, BFHE 229, 270, jew. m.w.N.).

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c) Die Beurteilung, ob ein inländischer Wohnsitz anzunehmen ist, liegt weitgehend auf tatsächlichem Gebiet. Der Bundesfinanzhof (BFH) kann die Entscheidung des FG nur eingeschränkt überprüfen. Ist die tatsächliche Würdigung des FG verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen und verstößt sie auch nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, ist sie für den BFH als Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 FGO bindend, selbst wenn die Wertung des FG nicht zwingend, sondern lediglich möglich ist (Senatsurteil in BFH/NV 2009, 564, m.w.N.).

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Die Würdigung des FG, dass die Kinder im Zeitraum Mai 1999 bis Juli 2003 keinen Wohnsitz im Inland hatten, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Kinder sind erst nach fünf Jahren dauerhaft wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Sie haben sich in dieser Zeit lediglich zweimal während der türkischen Schulferien im Inland aufgehalten. Diese Aufenthalte hatten keinen Wohncharakter, sondern lediglich Besuchscharakter, denn die Kinder hatten keine dauerhafte Unterkunft im Inland, sondern waren jeweils nur vorübergehend in der Wohnung eines Bekannten untergebracht.

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d) Die Voraussetzungen des § 9 AO für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts der Kinder im Inland lagen ebenfalls nicht vor.

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2. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass dem Kläger kein Anspruch auf Kindergeld in Höhe der Beträge des § 66 Abs. 1 EStG aufgrund der Diskriminierungsverbote des europäisch-türkischen Assoziationsrechts zusteht.

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a) Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus Art. 3 Abs. 1 ARB 3/80.

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aa) Nach dieser Bestimmung haben Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen und für die der ARB 3/80 gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit dieser Beschluss nichts anderes bestimmt.

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Art. 3 Abs. 1 ARB 3/80 konkretisiert das in Art. 9 Assoziierungsabkommen EWG/Türkei verankerte allgemeine Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit für den besonderen Bereich der sozialen Sicherheit (z.B. EuGH-Urteile vom 4. Mai 1999 C-262/96, Sürül, Slg. 1999, I-2685; vom 14. März 2000 C-102/98 und C-211/98, Kocak und Örs, Slg. 2000, I-1287; vom 28. April 2004 C-373/02, Öztürk, Slg. 2004, I-3605). Diese Norm gilt nach der Rechtsprechung des EuGH unmittelbar in den Mitgliedstaaten; der Einzelne kann sich unmittelbar darauf berufen (EuGH-Urteile Sürül in Slg. 1999, I-2685; Kocak und Örs in Slg. 2000, I-1287). In ihrem Anwendungsbereich gewährt sie den in einem Mitgliedstaat wohnenden türkischen Staatsangehörigen einen individuellen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen dieses Staates. Verboten sind nicht nur offene Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle verschleierten Formen der Diskriminierung, die bei Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu demselben Ergebnis führen (z.B. EuGH-Urteil Öztürk in Slg. 2004, I-3605).

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bb) Zwar ist der sachliche Anwendungsbereich des ARB 3/80 im Streitfall gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. h ARB 3/80 eröffnet, denn das Kindergeld gehört zu den Familienleistungen im Sinne dieser Norm (EuGH-Urteil Sürül in Slg. 1999, I-2685).

21

Der Kläger fällt jedoch nicht in den persönlichen Anwendungsbereich des ARB 3/80. Gemäß Art. 2 ARB 3/80 gilt dieser Beschluss für Arbeitnehmer, für welche die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, und die türkische Staatsangehörige sind, ferner für die Familienangehörigen dieser Arbeitnehmer, die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen, und für Hinterbliebene dieser Arbeitnehmer. Keiner dieser Tatbestände ist erfüllt; insbesondere war der Kläger im Streitzeitraum kein türkischer Staatsangehöriger mehr.

22

b) Ebenso wenig ergibt sich aus Art. 37 Zusatzprotokoll und Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 ein Anspruch des Klägers auf Kindergeld in Höhe der Beträge des § 66 Abs. 1 EStG.

23

aa) Nach Art. 37 Zusatzprotokoll sieht jeder Mitgliedstaat für die in der Gemeinschaft beschäftigten Arbeitnehmer türkischer Staatsangehörigkeit eine Regelung vor, die in Bezug auf die Arbeitsbedingungen und das Entgelt keine auf der Staatsangehörigkeit beruhende Diskriminierung gegenüber Arbeitnehmern enthält, die Staatsangehörige der anderen Mitgliedstaaten sind. Gemäß Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 räumen die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft den türkischen Arbeitnehmern, die ihrem regulären Arbeitsmarkt angehören, eine Regelung ein, die gegenüber den Arbeitnehmern aus der Gemeinschaft hinsichtlich des Arbeitsentgelts und der sonstigen Arbeitsbedingungen jede Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit ausschließt.

24

Beide Vorschriften gelten unmittelbar in den Mitgliedstaaten (z.B. EuGH-Urteil vom 8. Mai 2003 C-171/01, Wählergruppe Gemeinsam, Slg. 2003, I-4301; EuGH-Beschluss vom 25. Juli 2008 C-152/08, Real Sociedad de Fútbol, Slg. 2008, I-6291). Sie konkretisieren für den besonderen Bereich des Arbeitsentgelts und der sonstigen Arbeitsbedingungen das in Art. 9 Assoziierungsabkommen EWG/Türkei verankerte allgemeine Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit (z.B. EuGH-Urteile Kocak und Örs in Slg. 2000, I-1287; Wählergruppe Gemeinsam in Slg. 2003, I-4301).

25

bb) Dahinstehen kann, ob das Kindergeld nach den §§ 62 ff. EStG in den sachlichen Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 fällt, der sich --ebenso wie Art. 37 Zusatzprotokoll ("Arbeitsbedingungen und das Entgelt")-- lediglich auf "das Arbeitsentgelt und die sonstigen Arbeitsbedingungen" bezieht, oder als Familienleistung allein in den Anwendungsbereich des insbesondere auf Art. 39 Zusatzprotokoll gestützten ARB 3/80 (so z.B. Urteil des Bundessozialgerichts --BSG-- vom 29. Januar 2002 B 10/14 EG 8/99 R, SozR 3-7833 § 1 Nr 27 für das Erziehungsgeld). Der Kläger fällt jedenfalls nicht in den persönlichen Anwendungsbereich des Art. 37 Zusatzprotokoll und des Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80, denn beide Normen begünstigen ausschließlich türkische Arbeitnehmer. Der Kläger hatte im Streitzeitraum aber bereits die deutsche Staatsangehörigkeit erworben und die türkische Staatsangehörigkeit verloren.

26

c) Aus Art. 9 Assoziierungsabkommen EWG/Türkei lässt sich der vom Kläger geltend gemachte Kindergeldanspruch ebenfalls nicht herleiten.

27

Nach dieser Bestimmung erkennen die Vertragsparteien an, dass für den Anwendungsbereich des Abkommens unbeschadet der besonderen Bestimmungen, die möglicherweise auf Grund von Art. 8 Assoziierungsabkommen EWG/Türkei noch erlassen werden, dem in Art. 7 des Vertrags zur Gründung der Gemeinschaft verankerten Grundsatz entsprechend jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten ist.

28

Dahinstehen kann, ob diese Bestimmung unmittelbar gilt. Denn der Kläger war im Streitzeitraum bereits deutscher Staatsangehöriger und wird daher im Hinblick auf den streitigen Kindergeldanspruch wie andere deutsche Staatsangehörige behandelt, so dass keine unzulässige Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gegeben ist.

29

d) Auch Sinn und Zweck der Diskriminierungsverbote nach dem Assoziationsrecht EWG/Türkei gebieten keine Einbeziehung des Klägers für die Zeit nach seinem freiwilligen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit.

30

Wie sich aus Art. 2 Abs. 1 Assoziierungsabkommen EWG/Türkei ergibt, hat das Abkommen das Ziel, schrittweise die Freizügigkeit der Arbeitnehmer herzustellen und die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit sowie des freien Dienstleistungsverkehrs aufzuheben, um die Lage der türkischen Staatsangehörigen an die Lage der Unionsbürger anzunähern (z.B. EuGH-Urteil vom 29. April 2010 C-92/07, Kommission/Niederlande, Informationsbrief Ausländerrecht --InfAuslR-- 2010, 270). Die Diskriminierungsverbote sehen in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich vor, türkische Staatsangehörige hinsichtlich der Rechte und Pflichten mit den Staatsangehörigen des Mitgliedstaats gleichzustellen, in dem der betreffende türkische Staatsangehörige wohnt. Wenn ein ehemals türkischer Staatangehöriger aber die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats erworben hat, ist er bereits in die damit verbundene Rechts- und Pflichtenstellung eingerückt. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats führt dann zum Verlust des Rechts, sich auf die Bestimmungen des Assoziationsrechts zu berufen (vgl. BSG-Urteil vom 31. März 1998 B 8 KN 5/95 R, SozR 3-1200 § 33a Nr. 1 Rz 32; vgl. auch EuGH-Urteil vom 11. November 1999 C-179/98, Mesbah, Slg. 1999, I-7955, zum Kooperationsabkommen EWG-Marokko; ferner Hänlein, Sozialrechtliche Probleme türkischer Staatsangehöriger in Deutschland, S. 27). Ein freiwilliger Wechsel der Staatsangehörigkeit kann neben Vorteilen auch Rechtsverluste mit sich bringen (z.B. EuGH-Urteil vom 20. Februar 1975 C-37/74, Van den Broeck, Slg. 1975, 235).

31

e) In der Rechtsprechung des EuGH ist zwar anerkannt, dass im Bereich der sozialen Sicherheit erworbene Rechte oder Anwartschaften durch einen Wechsel der Staatsangehörigkeit nicht zwingend verloren gehen (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 12. Oktober 1978 C-10/78, Belbouab, Slg. 1978, 1915). Weder der Kläger noch seine Familie haben jedoch im Hinblick auf den hier streitigen Kindergeldanspruch im Streitzeitraum eine entsprechende Rechtsposition in der Zeit ihrer türkischen Staatsangehörigkeit erworben. Denn der Anspruch auf Kindergeld nach den §§ 62 ff. EStG knüpft nicht an in der Vergangenheit zurückgelegte Versicherungs-, Wohn- oder Beschäftigungszeiten an, sondern ist allein davon abhängig, ob im konkreten Streitzeitraum die Voraussetzungen der §§ 62 ff. EStG erfüllt sind.

32

Insofern beruft sich der Kläger auch ohne Erfolg auf das Urteil des EuGH vom 23. Februar 1994 C-419/92, Scholz (Slg. 1994, I-505). Der EuGH hatte die Frage zu beantworten, ob nach Art. 48 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (jetzt: Art. 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union -AEUV--) bei der Besetzung von Stellen im öffentlichen Dienst, bei der eine frühere Berufstätigkeit innerhalb der öffentlichen Verwaltung berücksichtigt wird, auch die Berufstätigkeit in der öffentlichen Verwaltung eines anderen Mitgliedstaats einzubeziehen ist. Für die Entscheidung dieser Frage kam es aber auf den Umstand, dass Frau Scholz, eine gebürtige Deutsche, durch Eheschließung die italienische Staatsangehörigkeit erworben hatte, nicht an.

33

Der Hinweis des Klägers auf die Vorabentscheidungsersuchen C-7/10 und C-9/10, Kahveci und Inan (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- 2010, Nr. C 63, 37,) führt ebenfalls zu keiner abweichenden Beurteilung. Vorgelegt ist dort die Frage, "ob Art. 7 ARB 1/80 so auszulegen ist, dass ein Familienangehöriger eines türkischen Arbeitnehmers, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört, sich auf diese Bestimmung nicht berufen kann, nachdem der Arbeitnehmer unter Beibehaltung der türkischen Staatsangehörigkeit die Staatsangehörigkeit des Aufnahmemitgliedstaats erhalten hat". Diese Frage stellt sich jedoch im vorliegenden Fall nicht. Weder hat der Kläger die türkische Staatsangehörigkeit beibehalten noch geht es um abgeleitete Rechte eines Familienangehörigen.

34

3. Auch aus dem Gleichbehandlungsgebot des Vorläufigen Europäischen Abkommens über soziale Sicherheit unter Ausschluss der Systeme für den Fall des Alters, der Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen --Vorläufiges Europäisches Abkommen (VEA)-- vom 11. Dezember 1953 (BGBl II 1956, 507 und 528, BGBl II 1958, 18, BGBl II 1972, 175, BGBl II 1985, 311) ergibt sich kein Anspruch auf Festsetzung des begehrten höheren Kindergeldes.

35

a) Art. 2 Abs. 1 Buchst. d VEA räumt den Staatsangehörigen eines Vertragsstaats, die auf dem Gebiet eines anderen Vertragsstaats mindestens seit sechs Monaten wohnen, bezüglich der nicht auf Beiträgen beruhenden Leistungen einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen dieses anderen Vertragsstaats ein.

36

b) Das VEA erstreckt sich zwar sachlich auf das Kindergeld (Art. 1 Abs. 1 Buchst. d, Art. 7 Abs. 1 VEA i.V.m. Anhang I für die Bundesrepublik Deutschland). Jedoch gehört der Kläger nicht zu dem von Art. 2 Abs. 1 Buchst. d VEA begünstigten Personenkreis, denn er war im Streitzeitraum nicht mehr Staatsangehöriger des Vertragsstaats Türkei i.S. des Art. 2 Abs. 1 Buchst. d VEA.

37

Gemäß Art. 1 Abs. 4 VEA wird der Ausdruck "Staatsangehöriger" durch eine förmliche Erklärung des jeweiligen Vertragsstaats festgelegt. Die Türkei hat in ihrer Erklärung zum VEA als "Staatsangehörige" nur diejenigen Personen bezeichnet, die die türkische Staatsbürgerschaft haben (abrufbar auf der Homepage des Europarats unter http://www.conventions.coe.int/Treaty/Commun/ListeDeclarations.asp?N T=013&CM=8&DF=12/11/2009&CL=GER&VL=1). Demnach bezeichnet der Ausdruck "Staatsangehörige" aus Sicht der Türkei nur solche Personen, die im maßgeblichen Zeitraum türkische Staatsbürger sind.

38

4. Wie das FG zutreffend entschieden hat, hätte dem Kläger selbst dann kein Kindergeld in Höhe der Beträge des § 66 Abs. 1 EStG zugestanden, wenn er im Streitzeitraum weiterhin türkischer Staatsangehöriger gewesen wäre. Schon deshalb kann er sein Begehren nicht auf einen Anspruch auf Gleichbehandlung von deutschen mit türkischen Staatsangehörigen gemäß Art. 3 Abs. 1 GG stützen.

39

a) Ein türkischer Staatsangehöriger in der Situation des Klägers hat für seine in der Türkei lebenden Kinder aus Art. 3 Abs. 1 ARB 3/80 keinen Anspruch auf Kindergeld in Höhe der Beträge des § 66 Abs. 1 EStG.

40

Zwar ist der sachliche Anwendungsbereich des ARB 3/80 eröffnet, denn das Kindergeld gehört zu den Familienleistungen i.S. des Art. 4 Abs. 1 Buchst. h ARB 3/80 (EuGH-Urteil Sürül in Slg. 1999, I-2685). Die Reichweite des in Art. 3 ARB 3/80 geregelten Diskriminierungsverbotes wird jedoch durch Art. 59 Zusatzprotokoll eingeschränkt.

41

Nach Art. 59 Zusatzprotokoll darf der Türkei in den vom Zusatzprotokoll erfassten Bereichen keine günstigere Behandlung gewährt werden als diejenige, die sich die Mitgliedstaaten untereinander auf Grund des Vertrags zur Gründung der Gemeinschaft einräumen.

42

aa) Art. 59 Zusatzprotokoll ist anwendbar, weil der ARB 3/80 einen der vom Zusatzprotokoll erfassten Bereiche betrifft. Nach Art. 39 Abs. 1 Zusatzprotokoll erlässt der Assoziationsrat Bestimmungen auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit. Ausweislich der Präambel zu ARB 3/80 stützt sich dieser auf das Zusatzprotokoll und insbesondere auf dessen Art. 39.

43

bb) Nach Art. 59 Zusatzprotokoll darf ein türkischer Staatsangehöriger, der unter das Diskriminierungsverbot fällt, nicht günstiger gestellt werden als Unionsbürger, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden (z.B. EuGH-Urteile vom 19. Februar 2009 C-228/06, Soysal und Savatli, Slg. 2009, I-1031; vom 17. September 2009 C-242/06, Sahin, Slg. 2009, I-8465; Kommission/Niederlande in InfAuslR 2010, 270; ebenso Rittstieg/Gutmann, InfAuslR 2000, 59). Entscheidend ist allein, wie sich die Rechtslage im Verhältnis zu anderen Mitgliedstaaten nach EU-Recht darstellt. Zu vergleichen ist danach die rechtliche Situation eines türkischen Staatsangehörigen, dessen Kinder in der Türkei leben, (nur) mit der Situation eines Staatsangehörigen eines EU-Mitgliedstaats, dessen Kinder ebenfalls in der Türkei leben - und nicht mit der Situation eines solchen Staatsangehörigen, dessen Kinder in diesem Mitgliedstaat leben.

44

cc) Staatsangehörige der EU-Mitgliedstaaten sind für Kinder, die in einem EU-Mitgliedstaat leben, nach § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG --bei Vorliegen der weiteren Anspruchsvoraussetzungen-- kindergeldberechtigt. Leben die Kinder dagegen in der Türkei, besteht nach § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG kein Kindergeldanspruch.

45

Diese Regelung ist verfassungsgemäß (z.B. BFH-Urteil vom 26. Februar 2002 VIII R 85/98, BFH/NV 2002, 912; Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Februar 1994  1 BvR 1105/91, nicht veröffentlicht) und gemeinschaftsrechtskonform (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Februar 2006 III B 170/05, BFH/NV 2006, 1090). Da sie die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten weder unmittelbar noch mittelbar gegenüber deutschen Staatsangehörigen schlechter stellt, handelt es sich nicht um eine gemeinschaftsrechtlich verbotene Diskriminierung. Sie beschränkt die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten auch nicht in einer Grundfreiheit, insbesondere nicht in der Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 AEUV). Die Arbeitnehmerfreizügigkeit erstreckt sich nach Art. 45 Abs. 1 AEUV räumlich auf die Hoheitsgebiete der EU-Mitgliedstaaten (vgl. auch EuGH-Urteile vom 15. Januar 1986 C-41/84, Pinna, Slg. 1986, 1; vom 22. Februar 1990 C-228/88, Bronzino, Slg. 1990, I-531 Rz 12), jedoch grundsätzlich nicht auf Drittstaaten wie die Türkei (vgl. zu Ausnahmen EuGH-Urteil vom 30. April 1996 C-214/94, Boukhalfa, Slg. 1996, I-2253, m.w.N.).

46

Würde ein türkischer Staatsangehöriger, dessen Kinder in der Türkei leben, Kindergeld in Höhe der Beträge des § 66 Abs. 1 EStG erhalten, würde er demnach --entgegen dem Verbot des Art. 59 Zusatzprotokoll-- besser gestellt als die Staatsangehörigen der EU-Mitgliedstaaten, denn diese erhalten kein entsprechendes Kindergeld für ihre in der Türkei lebenden Kinder.

47

dd) Auch aus dem Regelungszusammenhang der Bestimmungen des ARB 3/80 folgt, dass ein in Deutschland lebender türkischer Staatsangehöriger, dessen Kinder in der Türkei leben, nach Art. 3 Abs. 1 ARB 3/80 kein Kindergeld nach den §§ 62 ff. EStG beanspruchen kann.

48

In Titel III Kapitel 6 des ARB 3/80, der die speziellen Regelungen zu Familienleistungen und -beihilfen enthält, verweist Art. 18 ARB 3/80 für den Erwerb des Leistungsanspruchs lediglich auf Art. 72 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71). Diese Vorschrift betrifft die Zusammenrechnung von Beschäftigungszeiten. Die weiteren Vorschriften des Titels III Kapitel 7 der VO Nr. 1408/71, das Familienleistungen und -beihilfen zum Gegenstand hat, werden dagegen nicht in Bezug genommen. Insbesondere verweist ARB 3/80 nicht auf Art. 73 und Art. 74 VO Nr. 1408/71. Diese Regelungen stellen den Wohnsitz von Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnen, einem inländischen Wohnsitz gleich. Dadurch wird verhindert, dass ein Mitgliedstaat die Gewährung von Familienleistungen deshalb ablehnen kann, weil die Familienangehörigen des Arbeitnehmers in einem anderen als dem diese Leistungen erbringenden Mitgliedstaat wohnen, was die Arbeitnehmerfreizügigkeit beeinträchtigen könnte (ständige EuGH-Rechtsprechung, z.B. Urteile vom 7. November 2002 C-333/00, Maaheimo, Slg. 2002, I-10087; Bronzino in Slg. 1990, I-531, jew. zu Art. 73 VO Nr. 1408/71; vom 22. Februar 1990 C-12/89, Gatto, Slg. 1990, I-557, zu Art. 74 VO Nr. 1408/71; vom 5. Februar 2002 C-255/99, Humer, Slg. 2002, I-1205, zu Art. 73 und Art. 74 VO Nr. 1408/71).

49

Da der ARB 3/80 die Art. 73 und Art. 74 VO Nr. 1408/71 gerade nicht für anwendbar erklärt, sind diese Vorschriften auf türkische Staatsangehörige nicht anzuwenden. Es wird daher kein inländischer Wohnsitz von im EU-Ausland bzw. in der Türkei lebenden Kindern türkischer Staatsangehöriger fingiert. Eine Ausdehnung von Familienleistungen, die nach nationalem Recht auf im Inland wohnende Familienmitglieder begrenzt ist, auf im Ausland lebende Familienangehörige ist nach den Bestimmungen des ARB 3/80 über Familienleistungen und -beihilfen also nicht vorgesehen.

50

Dieses Ergebnis wird bestätigt durch das Zusatzprotokoll. Nach Art. 39 Abs. 3 Zusatzprotokoll müssen die auf seiner Grundlage erlassenen Bestimmungen auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit --wie insbesondere die Bestimmungen des ARB 3/80-- die Zahlung der Familienzulagen lediglich für den Fall sicherstellen, dass die Familie des Arbeitnehmers in der Gemeinschaft wohnhaft ist. Auch dürfen die EU-Mitgliedstaaten durch die auf der Grundlage des Art. 39 Zusatzprotokoll erlassenen Bestimmungen nach Art. 39 Abs. 2 Satz 2 Zusatzprotokoll nicht verpflichtet werden, in der Türkei zurückgelegte Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten in Bezug auf Alters-, Hinterbliebenen- und Invaliditätsrenten sowie auf die Krankheitsfürsorge zu berücksichtigen. Auch aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass durch die assoziationsrechtlichen Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit keine vollständige Gleichstellung der türkischen Staatsangehörigen mit Staatsangehörigen der EU-Mitgliedstaaten beabsichtigt ist und ein in Deutschland lebender türkischer Staatsangehöriger aus dem ARB 3/80 keinen Anspruch auf Kindergeld für seine in der Türkei lebenden Kinder herleiten kann.

51

Vor diesem Hintergrund stellt der Ausschluss von Kindergeld für in der Türkei lebende Kinder gemäß § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG keine nach Art. 3 ARB 3/80 verbotene (mittelbare) Diskriminierung von türkischen Staatsangehörigen dar.

52

b) Ein türkischer Staatsangehöriger in der Situation des Klägers hat für seine in der Türkei lebenden Kinder auch aus Art. 37 Zusatzprotokoll oder aus Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 keinen Anspruch auf Kindergeld in Höhe der Beträge des § 66 Abs. 1 EStG. Denn ungeachtet der Frage, ob Kindergeld nach den §§ 62 ff. EStG überhaupt zu den "Arbeitsbedingungen und dem Entgelt" i.S. des Art. 37 Zusatzprotokoll bzw. zu "Arbeitsentgelt und den sonstigen Arbeitsbedingungen" i.S. des Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 gehört (vgl. bereits oben unter II.2. b bb), gewährleisten auch diese Bestimmungen lediglich ein eingeschränktes Diskriminierungsverbot; auch die in diesen Bestimmungen enthaltenen Diskriminierungsverbote werden insbesondere durch Art. 59 Zusatzprotokoll eingeschränkt.

53

Art. 59 Zusatzprotokoll, der auch für die in dem ARB 1/80 geregelten Bereiche gilt (vgl. EuGH-Urteile Sahin in Slg. 2009, I-8465; Kommission/Niederlande in InfAuslR 2010, 270), steht --wie unter II.4.a dargelegt-- einer Besserstellung türkischer Staatsangehöriger im Vergleich zu den Staatsangehörigen der EU-Mitgliedstaaten entgegen. Da einem Staatsangehörigen eines EU-Mitgliedstaats für ein Kind, das seinen Wohnsitz und seinen gewöhnlichen Aufenthalt ausschließlich in der Türkei hat, aber kein Anspruch auf Kindergeld gemäß den §§ 62 ff. EStG zusteht, kann ein türkischer Staatsangehöriger in derselben Situation dieses Kindergeld ebenfalls nicht beanspruchen.

54

c) Aus denselben Gründen ergibt sich ein Anspruch auf Kindergeld nach den §§ 62 ff. EStG für in der Türkei lebende Kinder eines in Deutschland lebenden türkischen Staatsangehörigen auch nicht aus Art. 9 Assoziierungsabkommen EWG/Türkei. Dabei kann dahinstehen, ob der Anwendungsbereich dieser Vorschrift im Hinblick auf die spezielleren Diskriminierungsverbote der Art. 3 Abs. 1 ARB 3/80, Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 und Art. 37 Zusatzprotokoll überhaupt eröffnet ist (vgl. z.B. EuGH-Urteile Kocak und Örs in Slg. 2000, I-1287; Öztürk in Slg. 2004, I-3605, und Kommission/Niederlande in InfAuslR 2010, 270). Denn auch dieses Diskriminierungsverbot wird durch Art. 59 Zusatzprotokoll beschränkt; da das Zusatzprotokoll nach seinem Art. 62 Bestandteil des Assoziierungsabkommens EWG/Türkei ist, gilt Art. 59 Zusatzprotokoll auch für Art. 9 des Assoziierungsabkommens EWG/Türkei.

55

d) Schließlich ergibt sich für einen türkischen Staatsangehörigen auch aus dem Gleichbehandlungsgebot gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. d VEA kein Anspruch auf Kindergeld in Höhe der in § 66 Abs. 1 EStG vorgesehenen Sätze für seine in der Türkei lebenden Kinder. Denn das einkommensteuerrechtliche Kindergeld, insbesondere § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG, sieht keine Ungleichbehandlung vor, die an die Staatsangehörigkeit der Eltern bzw. des Kindes knüpft.

56

5. Der Senat sieht davon ab, den EuGH nach Art. 267 Abs. 3 AEUV um eine Vorabentscheidung zu ersuchen. Denn soweit die entscheidungserheblichen Bestimmungen nicht bereits Gegenstand einer Auslegung des EuGH waren, ist ihre richtige Anwendung offenkundig, so dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt (z.B. EuGH-Urteil vom 6. Dezember 2005 C-461/03, Gaston Schul Douane-expediteur, Slg. 2005, I-10513). Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind nach Wortlaut und Systematik sowie nach Sinn und Zweck der assoziationsrechtlichen Diskriminierungsverbote eindeutig zu beantworten.

57

Ein Vorabentscheidungsersuchen betreffend die Anwendung des VEA kommt darüber hinaus auch deshalb nicht in Betracht, weil sich die Jurisdiktion des EuGH auf diesen völkerrechtlichen Vertrag, der zwischen Mitgliedern des Europarats geschlossen wurde, nicht erstreckt.

(1) Für jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt.

(2)1Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten.3Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten.4Den Antrag kann stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Zahlung des Kindergeldes hat.5Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, so wird das Kindergeld vorrangig einem Elternteil gezahlt; es wird an einen Großelternteil gezahlt, wenn der Elternteil gegenüber der zuständigen Stelle auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat.

(3)1Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt.2Zahlen mehrere Berechtigte dem Kind Unterhaltsrenten, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahlt.3Werden gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berechtigten untereinander, wer das Kindergeld erhalten soll.4Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

Gründe

1

Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat --bei Zweifeln an deren Zulässigkeit-- jedenfalls in der Sache keinen Erfolg.

2

Der nach der Beschwerdeschrift des Klägers allein in Betracht kommende Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) liegt nicht vor.

3

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 2005 II B 37/04, BFH/NV 2005, 1116). Vorliegend ist die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, "ob die Anwendungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b) EStG auf die mit dem Steuerpflichtigen im Haushalt lebenden von dem Steuerpflichtigen angestellten Angehörigen genutzten Räume eine unzulässige Benachteiligung bzw. Diskriminierung der Ehe darstellt", nicht klärungsbedürftig. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es unter anderem dann, wenn die Rechtsfrage durch höchstrichterliche Rechtsprechung bereits geklärt ist und neue Gesichtspunkte, die eine erneute höchstrichterliche Prüfung erfordern, nicht erkennbar sind (BFH-Beschlüsse vom 29. Juni 2006 VII B 19/06, BFH/NV 2006, 1795; vom 14. November 2006 IV B 13/04, BFH/NV 2007, 728).

4

b) Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die Abzugsbeschränkung für das häusliche Arbeitszimmer auch auf den vom --den Abzug begehrenden-- Arbeitnehmer wirksam angestellten Ehegatten anzuwenden ist, wenn dieser das Büro im gemeinsamen Wohnhaus zur Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten nutzt, ist eindeutig zu bejahen und bereits durch den BFH geklärt.

5

aa) Der BFH hat bereits mehrfach entschieden, dass die Abzugsbegrenzung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Fällen anwendbar ist, in denen der Arbeitnehmer-Ehegatte beim Arbeitnehmer beschäftigt ist und das Büro zur Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nutzt (BFH-Entscheidungen vom 9. November 2006 IV R 2/06, BFH/NV 2007, 677; vom 27. August 2002 XI B 9/02, BFH/NV 2003, 151; vom 12. Juli 2002 IV B 36/01, BFH/NV 2002, 1570; vom 21. Juni 2002 XI B 190/01, BFH/NV 2003, 146). Die gesetzliche Abzugsbegrenzung für das häusliche Arbeitszimmer verfolgt den Zweck, die betriebliche von der privaten Sphäre des Steuerpflichtigen abzugrenzen und den Verwaltungsvollzug zu vereinfachen (BTDrucks 13/1686, S. 16). Dieser Zweck schließt es aus, für die Frage, ob es sich um ein häusliches Arbeitszimmer handelt, danach zu differenzieren, ob der Steuerpflichtige selbst oder dessen angestellter Ehegatte das Büro tatsächlich nutzt. Genau wie beim Steuerpflichtigen selbst ist das Büro Teil der durch Art. 13 des Grundgesetzes (GG) geschützten Privatsphäre des im Haushalt lebenden Ehegatten. Die Kontrollmöglichkeiten der Verwaltung, welcher Sphäre des Steuerpflichtigen das Büro zuzurechnen ist, sind sehr begrenzt. Bei einer familien- oder haushaltsfremden Arbeitskraft stellt sich die Frage der Sphärenabgrenzung nicht. Es kann davon ausgegangen werden, dass in solchen Fällen die berufliche Sphäre des Arbeitgebers betroffen ist. Dies macht eine Kontrolle der Verwaltung entbehrlich.

6

bb) Entgegen der Ansicht des Klägers verstößt die vom BFH vorgenommene Auslegung der Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG auch nicht gegen Art. 6 oder Art. 3 GG. Die Vereinbarkeit mit der Verfassung ist zu bejahen und ebenfalls bereits durch den BFH geklärt (Beschluss vom 26. September 2005 XI B 57/04, BFH/NV 2006, 517). Folglich ist die vom Kläger gestellte Rechtsfrage auch hinsichtlich dieses Teilaspekts nicht klärungsbedürftig. Der Arbeitnehmer-Ehegatte, der das Büro für seine Arbeitnehmertätigkeit nutzt, nimmt an der privaten Haushaltsführung des Steuerpflichtigen teil. Dies ist insofern entscheidend, als dass sich dieselben Abgrenzungsprobleme ergeben wie bei einer Nutzung durch den Arbeitgeber selbst. Es liefe dem Gesetzeszweck zuwider, wenn allein die Anstellung, der mit dem Kläger zusammenlebenden Ehefrau, die Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ausschließen würde (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 517). Die Anknüpfung an die Familien- oder die Haushaltszugehörigkeit ist zudem ein sachlicher Grund, der im Hinblick auf den Zweck des Gesetzes eine Ungleichbehandlung mit familien- oder haushaltsfremden Beschäftigten i.S. des Art. 3 GG rechtfertigt.

(1) Für jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt.

(2)1Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten.3Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten.4Den Antrag kann stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Zahlung des Kindergeldes hat.5Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, so wird das Kindergeld vorrangig einem Elternteil gezahlt; es wird an einen Großelternteil gezahlt, wenn der Elternteil gegenüber der zuständigen Stelle auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat.

(3)1Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt.2Zahlen mehrere Berechtigte dem Kind Unterhaltsrenten, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahlt.3Werden gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berechtigten untereinander, wer das Kindergeld erhalten soll.4Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.

(1) Für jedes Kind werden nur einer Person Kindergeld, Kinderzuschlag und Leistungen für Bildung und Teilhabe gewährt.

(2) Erfüllen für ein Kind mehrere Personen die Anspruchsvoraussetzungen, so werden das Kindergeld, der Kinderzuschlag und die Leistungen für Bildung und Teilhabe derjenigen Person gewährt, die das Kind in ihren Haushalt aufgenommen hat. Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, von einem Elternteil und dessen Ehegatten oder Lebenspartner, von Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, bestimmen diese untereinander den Berechtigten. Wird eine Bestimmung nicht getroffen, bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten. Antragsberechtigt ist, wer ein berechtigtes Interesse an der Leistung des Kindergeldes hat. Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, werden das Kindergeld, der Kinderzuschlag und die Leistungen für Bildung und Teilhabe vorrangig einem Elternteil gewährt; sie werden an einen Großelternteil gewährt, wenn der Elternteil gegenüber der zuständigen Stelle auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat.

(3) Ist das Kind nicht in den Haushalt einer der Personen aufgenommen, die die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, wird das Kindergeld derjenigen Person gewährt, die dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt. Zahlen mehrere anspruchsberechtigte Personen dem Kind Unterhaltsrenten, wird das Kindergeld derjenigen Person gewährt, die dem Kind laufend die höchste Unterhaltsrente zahlt. Werden gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berechtigten untereinander, wer das Kindergeld erhalten soll. Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.

(1) Für jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt.

(2)1Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten.3Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten.4Den Antrag kann stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Zahlung des Kindergeldes hat.5Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, so wird das Kindergeld vorrangig einem Elternteil gezahlt; es wird an einen Großelternteil gezahlt, wenn der Elternteil gegenüber der zuständigen Stelle auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat.

(3)1Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt.2Zahlen mehrere Berechtigte dem Kind Unterhaltsrenten, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahlt.3Werden gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berechtigten untereinander, wer das Kindergeld erhalten soll.4Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.

(1)1Als Kinder werden berücksichtigt

1.
Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,
2.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,
3.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.
2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für die Berücksichtigung ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).4Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.5Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 vorliegen.6Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, haben, werden nicht berücksichtigt, es sei denn, sie leben im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a.7Kinder im Sinne von § 2 Absatz 4 Satz 2 des Bundeskindergeldgesetzes werden nicht berücksichtigt.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen, dass einem Berechtigten, der im Inland erwerbstätig ist oder sonst seine hauptsächlichen Einkünfte erzielt, für seine in Absatz 1 Satz 3 erster Halbsatz bezeichneten Kinder Kindergeld ganz oder teilweise zu leisten ist, soweit dies mit Rücksicht auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten für Kinder in deren Wohnsitzstaat und auf die dort gewährten dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen geboten ist.

(1) Für jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt.

(2)1Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten.3Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten.4Den Antrag kann stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Zahlung des Kindergeldes hat.5Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, so wird das Kindergeld vorrangig einem Elternteil gezahlt; es wird an einen Großelternteil gezahlt, wenn der Elternteil gegenüber der zuständigen Stelle auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat.

(3)1Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt.2Zahlen mehrere Berechtigte dem Kind Unterhaltsrenten, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahlt.3Werden gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berechtigten untereinander, wer das Kindergeld erhalten soll.4Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

Gründe

1

Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen entweder nicht vor oder sind nicht in der von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Form dargelegt worden.

2

1. Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenzrüge i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO gehört u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidungen sowie die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des Finanzgerichts (FG) einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits, um eine Abweichung deutlich erkennbar zu machen. Des Weiteren ist darzulegen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und um eine identische Rechtsfrage handelt (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2009 X B 55/09, BFH/NV 2010, 168, m.w.N.).

3

a) Im Streitfall kann offenbleiben, ob die Beschwerdebegründung diesen Anforderungen entspricht. Die behauptete Divergenz zum Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 X R 1/06 (BFHE 219, 151, BStBl II 2008, 119) allein kann die Zulassung nicht rechtfertigen. In dem Urteil setzt sich der Senat mit der Notwendigkeit der buchmäßigen Nachvollziehbarkeit einer Ansparrücklage gemäß § 7g Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der bis 2007 gültigen Fassung (EStG) auseinander, indem er ausführt, die Bildung der Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG setze nicht voraus, dass der voraussichtliche Investitionszeitpunkt in der Buchführung oder in den Aufzeichnungen für die Gewinnermittlung ausgewiesen werde.

4

Das FG hat jedoch seine Entscheidung nicht nur darauf gestützt, dass die Bildung der Rücklage in der Buchhaltung des Klägers nicht nachvollzogen werden könne (unter II. der Entscheidungsgründe), sondern auch darauf, dass der Kläger die Voraussetzungen für die Bildung der Ansparrücklage nach § 7g EStG in der im Streitjahr gültigen Fassung nicht erfüllt habe, weil er die wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht verbindlich bestellt habe (unter I. der Entscheidungsgründe).

5

b) Stützt das FG seine Entscheidung --wie im Streitfall-- kumulativ auf mehrere (hier: zwei) Gründe, von denen jeder für sich genommen das Entscheidungsergebnis trägt, so kommt eine Zulassung der Revision nur dann in Betracht, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungsstränge ein Zulassungsgrund (schlüssig) geltend gemacht wird und vorliegt (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Juni 2008 X B 210/05, BFH/NV 2008, 1649; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 28 sowie § 115 Rz 31, 60 und 97, jeweils m.w.N.). Der Kläger geht zwar in seinem Schriftsatz vom 9. September 2010 auf die finanzgerichtliche Begründung der fehlenden, aber notwendigen verbindlichen Bestellung von wesentlichen Betriebsgrundlagen bei Existenzgründern ein, indem er vorbringt, er habe seine Tätigkeit bereits ohne die Bestellung von Kücheneinrichtungen, Werkzeugen und Maschinen, Transporter etc. ausüben können und damit bereits mit geringem Aufwand wesentliche Betriebsgrundlagen geschaffen. Infolgedessen sei auch die Annahme, er habe seinen Betrieb erst im Jahr 2001 eröffnet, falsch. Hierdurch legt der Kläger jedoch nicht die Voraussetzungen eines Zulassungsgrundes i.S. von § 115 Abs. 2 FGO dar, selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt würde, das Vorbringen sei noch fristgerecht (vgl. aber § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO).

6

Der Kläger würdigt lediglich den Sachverhalt aus seiner Sicht, ohne sich mit der diesbezüglichen ausführlichen und überzeugenden Argumentation des FG unter I.3.a und b der Entscheidungsgründe auseinanderzusetzen. Er legt weder dar, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert noch dass ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

7

c) Im Kern hält der Kläger die Würdigung und Abwägung der einzelnen Indizien des Streitfalls durch das FG für fehlerhaft. Diese --vermeintlich-- falsche Rechtsanwendung wäre allenfalls ein materiell-rechtlicher Fehler, dessen Rüge die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht rechtfertigt (Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2009 X B 182/08, BFH/NV 2010, 675; vgl. auch z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 27 und 45). Zwar ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil u.a. auch dann zuzulassen, wenn das erstinstanzliche Urteil unter einem so schweren Rechtsfehler leidet, dass sein Fortbestehen das Vertrauen in die Rechtsprechung beschädigen würde (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 68). Dass dem FG ein derart schwerwiegender Rechtsfehler unterlaufen sein soll, lässt sich der Beschwerdebegründung aber nicht entnehmen und ist auch ansonsten nicht erkennbar.

8

2. Durch das Vorbringen des Klägers, das FG habe dem Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung "das Wort abgeschnitten", wird eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 119 Nr. 3 FGO) und damit ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO gerügt.

9

Für die schlüssige Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs muss der Beschwerdeführer jedoch substantiiert darlegen, welches Vorbringen bzw. welches zusätzliche Klagebegehren des Beschwerdeführers das FG bei seiner Entscheidung nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hat. Bezieht sich --wie im Streitfall-- der gerügte Verstoß nur auf einzelne Feststellungen, ist zusätzlich substantiiert darzulegen, wozu sich der Beschwerdeführer nicht hat äußern können, was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch zusätzlich vorgetragen hätte und dass bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens eine andere Entscheidung in der Sache möglich gewesen wäre (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 22. April 2008 X B 154/07, BFH/NV 2008, 1361; BFH-Beschluss vom 5. August 2004 II B 159/02, BFH/NV 2004, 1665; Gräber/ Ruban, a.a.O., § 119 Rz 14, m.w.N.). Eine solche substantiierte Darlegung eines Verfahrensverstoßes ist dem klägerischen Vorbringen nicht zu entnehmen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.