Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2013 - II ZR 54/12

bei uns veröffentlicht am26.02.2013
vorgehend
Landgericht Hannover, 1 O 28/09, 04.04.2011
Oberlandesgericht Celle, 9 U 65/11, 11.01.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 54/12
vom
26. Februar 2013
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Februar 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und die Richterin Caliebe sowie die
Richter Dr. Drescher, Born und Sunder

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 11. Januar 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.300.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der i. GmbH (Schuldnerin), das auf Eigenantrag vom 25. Mai 2005 am 1. August 2005 eröffnet wurde. Er nimmt den Beklagten als Geschäftsführer der Schuldnerin auf Ersatz von 1.300.000 € nebst Zinsen wegen Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch (§ 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG in der bis zum 31. Oktober 2008 geltenden Fassung). In erster Linie stützt er seine Klage auf Zahlungen im Zeitraum vom 6. Oktober 2004 bis zum 24. Mai 2005 i.H.v. 1.075.926,30 € und von August bis September 2004 i.H.v. 224.073,70 €. Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Frage, ob und gegebenenfalls wann die Schuldnerin bereits vor Stellung des Insolvenzantrags zahlungsunfähig i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO war.
2
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers.
3
II. Die Beschwerde ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt (§ 544 Abs. 7 ZPO).
4
1. Das Berufungsgericht hat Vorbringen des Klägers zu Tatsachen, die auf eine die Vermutung der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin begründende Zahlungseinstellung i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO hindeuten, in seiner Entscheidung nicht gewürdigt, was den Umständen nach darauf schließen lässt, dass es dieses Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und erwogen hat.
5
a) Das Berufungsgericht hat seine Würdigung, nach der die Klage bereits unschlüssig ist, darauf gestützt, dass der Kläger eine schon vor dem tatsächlichen Insolvenzantrag eingetretene Zahlungsunfähigkeit nicht dargelegt habe. Dabei hat es sich ausschließlich mit dem umfangreichen Vorbringen des Klägers zur Darlegung der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO anhand einer Liquiditätsbilanz zu den Stichtagen 1. Februar und 1. September 2004 auseinandergesetzt. Dies deutet darauf hin, dass das Berufungsgericht ein nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entscheidungserhebliches Vorbringen des Klägers übersehen hat.
6
Die Darlegung der Zahlungsunfähigkeit anhand einer Liquiditätsbilanz ist entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 184 f.; Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 28; Urteil vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, ZIP 2007, 1469 Rn. 27). Zahlungseinstellung ist dasjenige äußere Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise eine Zahlungsunfähigkeit ausdrückt. Es muss sich also mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seinen fälligen, eingeforderten Zahlungsverpflichtungen zu genügen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für die Annahme einer Zahlungseinstellung aus, auch wenn noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen. Sogar die Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit kann eine Zahlungseinstellung begründen, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rn. 12, 15; Urteil vom 24. Januar 2012 - II ZR 119/10, ZIP 2012, 723 Rn. 13; Urteil vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174 Rn. 25; Urteil vom 29. März 2012 - IX ZR 40/10, WM 2012, 998 Rn. 15; Versäumnisurteil vom 19. Juni 2012 - II ZR 243/11, ZIP 2012, 1557 Rn. 24; Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 Rn. 16 - Göttinger Gruppe).
7
b) Der Kläger hat bereits im Verfahren erster Instanz vorgetragen, dass im Zeitraum der streitgegenständlichen Zahlungen fällige Verbindlichkeiten erhebli- chen Umfangs bestanden hätten, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht ausgeglichen worden seien. Dieses Vorbringen hat der Kläger auf den Hinweis des Berufungsgerichts vom 5. September 2011 hin zumindest im Hinblick auf die bis einschließlich September 2004 fälligen Verbindlichkeiten wiederholt. Mit diesem Vorbringen setzt sich das Urteil nicht auseinander. Aus dem Berufungsurteil wird auch nicht deutlich, dass das Vorbringen vom Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus betrachtet unerheblich war.
8
2. Der Verfahrensfehler ist entscheidungserheblich. Der Kläger hat unter Angabe des jeweiligen Gläubigers, des Rechnungsdatums und des Fälligkeitsdatums bis August 2004 fällige Verbindlichkeiten in Höhe von mehr als 15.000 € behauptet, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht ausgeglichen wurden. Diese Verbindlichkeiten wuchsen nach den Angaben des Klägers bis Ende September 2004 auf ca. 25.000 € und bis Ende Oktober 2004 auf über 43.000 € an. Diese Beträge können angesichts der vom Berufungsgericht festgestellten Gesamtverbindlichkeiten von rund 400.000 € zum 1. September 2004 nicht als unerheblich angesehen werden.
9
III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
10
1. Das Berufungsgericht wird sich mit der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung der Geschäftsbeziehung durch die D. Bank mit Schreiben vom 27. Februar 2003 auseinandersetzen müssen. Kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Kündigung berechtigt war, können die Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der D. Bank nicht deswegen unberücksichtigt bleiben, weil der Kläger die Saldenstände zu den einzelnen Darlehen nicht ausreichend dargelegt hat oder nicht erkennbar ist, ob und in welchem Umfang die mit der Kündigung fälligen Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch offen waren. Nach den oben dargestellten Grundsätzen ist allein der Umstand, dass ein wesentlicher Teil der zum Jahresende 2003 bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber der D. Bank nicht (vollständig) ausgeglichen wurde, ein erhebliches Indiz für eine Zahlungseinstellung.
11
Nach der Bilanz der Schuldnerin zum 31. Dezember 2003, vorgelegt als Anlage K 24, bzw. den Vorjahreszahlen der vom Beklagten als Anlage B 14 vorgelegten Bilanz zum 31. Dezember 2004 haben zum Jahresende 2003 Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der D. Bank im Umfang von rund 310.000 € bestanden. Die vom Kläger unter Bezugnahme auf die Anlage BB 10 behaupteten Kreditsalden zum 1. Januar 2004 weichen hiervon zwar geringfügig ab. Aus dem Gesamtzusammenhang ist jedoch zu ersehen, dass ein wesentlicher Teil der zum Jahresende 2003 fälligen Kreditsalden bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zurückgezahlt wurde. Dies gilt insbesondere für den auf dem Konto Nr. …1 eingeräumten Kredit, der am 1. Januar 2004 i.H.v. 170.324,12 € zur Rückzahlung fällig war und zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung noch i.H.v. 131.018,57 € bestand.
12
2. Für die Frage der Zahlungseinstellung kommt es daher auch nicht entscheidend auf den im Februar 2004 gewährten Zahlungsaufschub an, weil die Verbindlichkeiten zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als drei Wochen offen standen. Im Zusammenhang mit dem Zahlungsaufschub hat das Berufungsgericht im Übrigen verkannt, dass es für die Fälligkeit der Verbindlichkeiten im insolvenzrechtlichen Sinne nach Ablauf des 30. Juni 2004 keiner erneuten Zahlungsaufforderung bedurfte. Von der Nichtzahlung einer nach § 271 Abs. 1 BGB fälligen Forderung darf zwar nicht schematisch auf die Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden. Eine Forderung ist vielmehr nur dann zu berücksichtigen, wenn eine Gläubigerhandlung feststeht, aus der sich der Wille, vom Schuldner Erfüllung zu verlangen, im Allgemeinen ergibt. Hierfür genügen sämtliche fälligkeitsbegründenden Handlungen des Gläubigers, gleich ob die Fälligkeit aus der ursprüng- lichen Vertragsabrede oder aus einer nach Erbringung der Leistung übersandten Rechnung herrührt. Eine zusätzliche Rechtshandlung im Sinne eines Einforderns ist daneben entbehrlich. Dieses Merkmal dient allein dem Zweck, solche fälligen Forderungen bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit auszuschließen, die rein tatsächlich - also auch ohne rechtlichen Bindungswillen oder erkennbare Erklärung - gestundet sind (BGH, Beschluss vom 19. Juli 2007 - IX ZB 36/07, BGHZ 173, 286 Rn. 18 f.; Urteil vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420 Rn. 25 f.; Urteil vom 14. Mai 2009 - IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 Rn. 22; Beschluss vom 14. Juli 2011 - IX ZB 57/11, ZIP 2011, 1875 Rn. 9; Urteil vom 22. November 2012 - IX ZR 62/10, ZIP 2013, 79 Rn. 8).
13
Die D. Bank hatte sich bereits mit Schreiben vom 2. März 2004 alle Maßnahmen zur Beitreibung ihrer Forderungen nach Ablauf des 30. Juni 2004 vorbehalten und damit ihren Willen, Zahlung zu verlangen, unmissverständlich bekundet. Dies wird das Berufungsgericht in seiner tatrichterlichen Würdigung zu berücksichtigen haben. Zu würdigen ist - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - auch, dass die Ausführung weiterer Überweisungen und die Zulassung von Kontobelastungen ein Anhaltspunkt dafür sind, dass die D. Bank der Schuldnerin wieder Kredit eingeräumt hat und damit zugleich von ihrem Erfüllungsverlangen Abstand genommen haben könnte. In Widerspruch dazu steht es allerdings, dass die D. Bank das Kontokorrentverhältnis ungeachtet dessen nicht fortgesetzt hat, sondern - wie aus der Anlage BB 10 zu ersehen - weiter vom Verzug der Schuldnerin ausgegangen ist (vgl. zur Fortsetzung eines Kontokorrentverhältnisses: BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 235/02, ZIP 2003, 1435, 1436). Näher zu begründen wäre auch, warum einzelne weitere Belastungen auf dem Konto Nr. …0 die Fälligkeit sämtlicher Verbindlichkeiten aus der Geschäftsverbindung in Frage stellen sollen.
14
3. Sollte das Berufungsgericht die Überzeugung von einer Zahlungseinstellung i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO gewinnen, steht es dem Beklagten offen, die Vermutung der Zahlungsunfähigkeit zu widerlegen, indem er etwa konkret vorträgt und gegebenenfalls beweist, dass eine Liquiditätsbilanz im maßgebenden Zeitraum für die Schuldnerin eine Deckungslücke von weniger als 10 % ausgewiesen hat (BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 144 ff.; Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rn. 20; Urteil vom 15. März 2012 - IX ZR 239/09, ZIP 2012, 735 Rn. 18).
Bergmann Caliebe Drescher Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Hannover, Urteil vom 4. April 2011 - 1 O 28/09
OLG Celle, Urteil vom 11. Januar 2012 - 9 U 65/11

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2013 - II ZR 54/12

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2013 - II ZR 54/12

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Insolvenzordnung - InsO | § 17 Zahlungsunfähigkeit


(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit. (2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner sei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 271 Leistungszeit


(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken. (2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläu
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2013 - II ZR 54/12 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Insolvenzordnung - InsO | § 17 Zahlungsunfähigkeit


(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit. (2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner sei

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(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken. (2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläu

Referenzen - Urteile

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(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

25
Der Senat weist darauf hin, dass bei dem vom Berufungsgericht angenommenen Sachverhalt auch eine Zahlungseinstellung vorliegen könnte. Haben fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (BGH, Urteil vom 24. Januar 2012 - II ZR 119/10, ZIP 2012, 723 Rn. 13 m.w.N.). Lag eine Zahlungseinstellung vor, wird gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO gesetzlich vermutet, dass Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Keine Zahlungseinstellung liegt vor, wenn der Schuldner die Zahlungen verweigert hat, weil er die Forderungen für unbegründet hält (BGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - IX ZR 188/98, ZIP 2001, 1155). Die Behauptung des Geschäftsführers, die Gesellschaft sei lediglich zahlungsunwillig, genügt aber nicht, um die Vermutung der Zahlungsunfähigkeit entfallen zu lassen. Die Zahlungsunwilligkeit ist vielmehr von dem Geschäftsführer zu beweisen. Dieser muss dann auch beweisen, dass die Gesellschaft zahlungsfähig war (BGH, Urteil vom 15. März 2012 - IX ZR 239/09, ZIP 2012, 735 Rn. 18).
16
bb) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit seit Mitte November 2005 bejaht. Die Revision greift diese Wertung auch nicht an. Eine Gesamtwürdigung der hier zu beachtenden Indizien gestattet den Schluss auf eine Zahlungseinstellung ab Mitte November 2005. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt allein den von den Anwälten vertretenen Anlegern runde 146.000 € Schadensersatz und einer Gläubigerin - tituliert seit dem 1. November 2005 - 1,3 Millionen € und einer weiteren 87.000 € aus Lieferung und Leistung schuldete und diese Forderungen bis zur Insolvenzeröffnung nicht beglich. Zum 31. Oktober 2006 schuldete die Schuldnerin allein den von den Anwälten vertretenen Anlegern Schadensersatz in Höhe von 1.375.420,73 € und anderen Gläubigern 3.230.242,36 € aus Lieferung und Leistung und beglich diese Forderungen bis zur Insolvenzeröffnung nicht. Haben im für die Anfechtung maßgeblichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, WM 2006, 2312 Rn. 28; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 12). Eine bloß vorübergehende Zahlungsstockung liegt nicht vor, wenn es dem Schuldner über mehrere Monate nicht gelingt, seine fälligen Verbindlichkeiten spätestens innerhalb von drei Wochen auszugleichen und die rückständigen Beträge insgesamt so erheblich sind, dass von lediglich geringfügigen Liquiditätslücken keine Rede sein kann (BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 43; vom 30. Juni 2011, aaO). Dass es sich bei den genannten Beträgen nicht um lediglich geringfügige Liquiditätslücken gehandelt hat, hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler daraus geschlossen , dass in die Grundbücher der der Schuldnerin gehörenden Immobilien ab Ende Mai 2005 Zwangshypotheken in einem Umfang von 756.000 € und bis Ende 2005 in einem Umfang von runden 4,4 Millionen € eingetragen worden sind, eine Bank Ende Dezember 2005 das Kreditengagement über runde 5,3 Millionen € gekündigt und fällig gestellt hat und ab Juli 2006 der Gerichtsvollzieher wegen Forderungen in einem Umfang von 5,9 Millionen € mit nur teilweisem Erfolg bei der Schuldnerin regelmäßig vollstreckte.

(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.

(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.

22
Sinn und Zweck des § 17 InsO gebieten, in Übereinstimmung mit dem Verständnis der Konkursordnung an dem Erfordernis des "ernsthaften Einforderns" als Voraussetzung einer die Zahlungsunfähigkeit begründenden oder zu dieser beitragenden Forderung festzuhalten. Von der Nichtzahlung einer im Sinne des § 271 Abs. 1 BGB fälligen Forderung darf nicht schematisch auf die Zahlungsunfähigkeit im Sinne von § 17 InsO geschlossen werden. Eine Forderung ist vielmehr in der Regel dann im Sinne von § 17 Abs. 2 InsO fällig, wenn eine Gläubigerhandlung feststeht, aus der sich der Wille, vom Schuldner Erfüllung zu verlangen, im Allgemeinen ergibt (BGHZ 173, 286, 292 Rn. 18). Hierfür genügend, aber nicht erforderlich ist die Übersendung einer Rechnung (BGHZ 173, 286, 293 Rn. 19). Das Merkmal des "ernsthaften Einforderns" dient damit lediglich dem Zweck, solche Forderungen auszunehmen, die rein tatsächlich - also auch ohne rechtlichen Bindungswillen oder erkennbare Erklärung - gestundet sind (BGHZ 173, 286, 291 Rn. 15).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 235/02 Verkündet am:
20. Mai 2003
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
BGB a.F. § 607 Abs. 1

a) Der Ablauf der für einen Kontokorrentkredit vereinbarten Frist oder die Fälligstellung
eines solchen Kredits führt nicht ohne weiteres zur Beendigung auch
des Kontokorrentverhältnisses.

b) Entscheidend für die Frage des Fortbestehens der Kontokorrentabrede nach
Ablauf eines befristeten Kontokorrentkreditvertrages ist, was die Parteien insoweit
ausdrücklich oder stillschweigend vereinbaren.
BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 235/02 - OLG Dresden
LG Chemnitz
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 20. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Joeres, Dr. Wassermann, die Richterin Mayen und den Richter
Dr. Appl

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 13. Juni 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger begehrt von der beklagten Bank die Rückerstattung angeblich überzahlter Zinsen; die Beklagte fordert im Wege der Widerklage die Zahlung von Überziehungszinsen und Kontoführungsentgelten.
Der Kläger ist einer von vier Gesellschaftern der I. GbR (im folgenden : Gesellschaft). Dieser gewährte die Beklagte mit Vertrag vom
17./24. August 1993 bei Anfangszinsen von 12% einen variabel zu verzinsenden und bis zum 31. August 1994 befristeten Realkredit in laufen- der Rechnung über 200.000 DM. In dem Kreditvertrag war die ergänzende Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (im folgenden: AGB) vorgesehen, die in Nr. 12 Abs. 1 unter anderem folgende Regelungen enthalten: "Die Höhe der Zinsen und Entgelte für die im Privatkundengeschäft üblichen Kredite und Leistungen ergibt sich aus dem "Preisaushang - Regelsätze im standardisierten Privatkundengeschäft" und ergänzend aus dem "Preisverzeichnis". Wenn ein Kunde einen dort aufgeführten Kredit oder eine dort aufgeführte Leistung in Anspruch nimmt und dabei keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde, gelten die zu diesem Zeitpunkt im Preisaushang oder Preisverzeichnis angegebenen Zinsen und Entgelte." Im Dezember 1994 wurde der Kontokorrentkredit einvernehmlich auf 50.000 DM herabgesetzt und in dieser Höhe bis zum 30. August 1995 verlängert. Als die Kreditnehmerin den damaligen Debetsaldo von 49.106,82 DM nicht zurückzahlte, bat die Beklagte, die Kreditinanspruchnahme bis spätestens 8. Dezember 1995 auszugleichen. Der Kläger bekundete daraufhin mit Schreiben vom 12. Dezember 1995 das Interesse der Gesellschaft, die Bankverbindung mit der Beklagten aufrecht zu erhalten. Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 2. Januar 1996, daß eine neuerliche Kreditierung die Vorlage banküblicher Unterlagen und Sicherheiten voraussetze, führte ungeachtet dessen am 10. Januar 1996 aber zwei Überweisungsaufträge der Gesellschaft in Höhe von insgesamt 21.200 DM aus und erteilte ihr in der Folgezeit nach jedem Quartal Rechnungsabschlüsse, denen die Gesellschaft in den Jahren bis einschließlich 1998 nicht widersprach. Den Ausgleich des Debetsaldos verlangte die Beklagte nicht.

Mit Schreiben vom 8. März 1999 kündigte die Beklagte vorsorglich den Konto- und Kreditvertrag zum 9. April 1999 und forderte den Kläger auf, den sich per 3. März 1999 ergebenden Sollsaldo in Höhe von 112.578,81 DM bis zum 9. April 1999 auszugleichen. Dieser Saldo enthielt insgesamt 39.570,82 DM an Zinsen, mit denen die Beklagte das Kontokorrentkonto für den Zeitraum vom 1. September 1995 bis zum 31. Dezember 1998 belastet hatte. Am 7. April 1999 zahlte der Kläger unter Vorbehalt den verlangten Betrag an die Beklagte. Unter Berücksichtigung dieser Zahlung errechnete die Beklagte einen verbleibenden Sollsaldo von 4.304,63 DM und stellte der Gesellschaft mit einem außerordentlichen Rechnungsabschluß zum 9. April 1999 weitere 403,12 DM an Zinsen und Gebühren in Rechnung.
Der Kläger hat Klage erhoben auf Rückerstattung der berechneten Zinsen in Höhe von 39.570,82 DM nebst Verzugszinsen. Ein Anspruch hierauf stehe der Beklagten nicht zu, da das Vertragsverhältnis zwischen ihr und der Gesellschaft zum 30. August 1995 vollständig beendet worden und die Gesellschaft auch nicht in Zahlungsverzug geraten sei. Die Widerklage in Höhe von 4.707,75 DM nebst Verzugszinsen hat die Beklagte auf ihre Rechnungsabschlüsse zum 31. März und 9. April 1999 gestützt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner - zugelassenen - Revision verfolgt er seinen Klageanspruch weiter und erstrebt die Abweisung der Widerklage.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt :
Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung von Zinsen aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, da die Beklagte gemäß §§ 420, 427 BGB gegen den Kläger als Gesellschafter der Gesellschaft einen Anspruch auf Zahlung dieser Zinsen gehabt habe. Zur Begründung ihrer Zinsforderung könne sich die Beklagte allerdings nicht auf den mit der Gesellschaft abgeschlossenen Kreditvertrag stützen, denn das hierauf beruhende Darlehensverhältnis habe am 30. August 1995 geendet. Eine - stillschweigende - Verlängerung des Darlehensverhältnisses habe es nicht gegeben.
Die Beklagte könne den Zinsanspruch jedoch aus dem Kontokorrentverhältnis mit der Gesellschaft herleiten. Die Beendigung des Kredits habe nicht zu einer Beendigung des Kontokorrentverhältnisses geführt. Durch den Fristablauf habe vielmehr nur der Kreditvertrag sein Ende gefunden. Das Kontokorrentverhältnis sei erst durch die Kündigung des Kontovertrages durch die Beklagte zum 9. April 1999 beendet worden.
Das Verhalten der Parteien lasse erkennen, daß sie das Kontokorrentverhältnis nach dem 30. August 1995 fortführen wollten. So habe die Beklagte der Gesellschaft weiterhin regelmäßig vierteljährlich ihre Saldenmitteilungen übersandt, die von einer kontokorrentmäßigen Verzinsung ausgingen. Die Gesellschaft habe die zugesandten Saldomitteilungen widerspruchslos angenommen. Der Wille der Beteiligten zu einer Fortsetzung des Kontokorrentverhältnisses ergebe sich auch aus dem Briefwechsel sowie aus dem Umstand, daß die Beklagte am 10. Januar 1996 für die Gesellschaft Überweisungen in Höhe von insgesamt 21.200 DM ausgeführt habe. Der Beklagten sei es deshalb gemäß § 355 HGB unbenommen geblieben, Zinseszinsen zu berechnen.
Die Beklagte könne auch den von ihr in Ansatz gebrachten Zinssatz von bis zu 15,25% vom Kläger verlangen. Nach Beendigung des Kredits habe sich die offene Rückzahlungsforderung der Beklagten nämlich als geduldete Überziehung des Kontokorrentkontos dargestellt. Für eine solche Überziehung dürfe die Beklagte nach Nr. 12 Abs. 1 der dem Kontokorrentvertrag zugrunde liegenden AGB und dem insoweit maßgeblichen Preisaushang einen Zinssatz von 15,25% berechnen. Eine von Nr. 12 Abs. 1 der AGB der Beklagten abweichende Vereinbarung hätten die Beteiligten auch mit der Abrede eines Zinssatzes von anfänglich 12% in dem Kreditvertrag nicht getroffen, da der Kredit, auf den sich diese Vereinbarung allein bezogen habe, am 31. August 1995 geendet habe.
Der Beklagten stehe deshalb auch der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf Zinsen und Kontoführungsgebühren bis zur Beendigung des Kontokorrentverhältnisses zum 9. April 1999 zu.

II.


Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Zu Unrecht beanstandet allerdings die Revision die Ansicht des Berufungsgerichts, bei dem Kredit- und dem Kontokorrentverhältnis handele es sich nicht um ein einziges Rechtsverhältnis, nur das Kreditverhältnis , nicht aber das Kontokorrentverhältnis habe am 30. August 1995 geendet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt der Ablauf der für einen Kontokorrentkredit vereinbarten Frist nicht ohne weiteres zur Beendigung auch des Kontokorrentverhältnisses. Entscheidend für die Frage des Fortbestehens der Kontokorrentabrede nach Ablauf eines befristeten Kontokorrentkreditvertrages ist vielmehr, was die Parteien insoweit ausdrücklich oder stillschweigend vereinbaren (BGH, Beschluß vom 18. Dezember 1986 - III ZR 56/86, WM 1987, 342, 343 und Urteil vom 21. Mai 1987 - III ZR 56/86, WM 1987, 897).
Entgegen der Auffassung der Revision und des Berufungsgerichts ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 9. Februar 1993 (XI ZR 88/92, WM 1993, 586) nichts anderes. Zwar ist dort (aaO S. 587) davon die Rede, daß das etwa vorher bestehende Giroverhältnis mit der Fälligstellung des Kredits geendet habe. Diese Ausführungen tragen jedoch lediglich besonderen Umständen des Falles, vor allem dem Willen des kündigenden Kreditinstituts Rechnung, zugleich mit der Fälligstellung des Kredits auch das Giroverhältnis zu beenden. Dieser Wille erhellt aus dem Umstand, daß die klagende Bank in dem genannten Rechtsstreit für die Zeit nach
der Kündigung des Kontokorrentkredites dem Kunden keine regelmäßigen Rechnungsabschlüsse erteilte und Verzugszinsen beanspruchte.
2. Ohne Erfolg greift die Revision auch die Feststellung des Berufungsgerichts an, das Verhalten der Vertragsparteien lasse im vorliegenden Fall deutlich erkennen, daß sie das Kontokorrentverhältnis auch nach dem 30. August 1995 fortführen wollten. Diese Feststellung verstößt weder gegen § 286 ZPO noch gegen den Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung.

a) Das Berufungsgericht durfte dem Schweigen der Gesellschaft auf die von der Beklagten regelmäßig übersandten Saldenmitteilungen durchaus Bedeutung für die Frage beimessen, ob die Vertragsparteien das Kontokorrentverhältnis auch nach dem Ablauf des bis zum 30. August 1995 befristeten Kreditvertrages fortführen wollten (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 1984 - I ZR 209/81 , WM 1984, 426, 428). Das Schweigen des Kontoinhabers auf die ihm übersandten Rechnungsabschlüsse ist schon wegen der Regelung in Nr. 7 Abs. 2 Satz 2 der AGB der Beklagten nicht ohne rechtliche Bedeutung.

b) Es stellt auch keinen Verstoß gegen § 286 ZPO dar, wenn sich das Berufungsgericht für seine Annahme über die Fortführung des Kontokorrentverhältnisses auf die in dem Schreiben vom 12. Dezember 1995 enthaltene Aussage stützt, die Gesellschaft sei daran interessiert, die Bankverbindung mit der Beklagten aufrecht zu erhalten. Zwar kommt darin auch der Wunsch nach der Vereinbarung eines neuen Kredits zum Ausdruck; die Verwendung der Worte "aufrecht zu erhalten" zeigt aber, daß von dem Fortbestand der Bankverbindung ausgegangen wurde. Die-
se bestand jedoch nach dem Ablauf des befristeten Kreditvertrages nur noch in dem Girovertrag und der Kontokorrentabrede.
Nicht zu beanstanden ist auch die Berücksichtigung der beiden Überweisungen über insgesamt 21.200 DM nach Beendigung des Kreditvertrages (vgl. Staudinger/Hopt/Mülbert, BGB 12. Aufl. Vorbem. zu §§ 607 ff. Rdn. 296) sowie der Schreiben des Klägers vom 20. Mai 1998 und 16. März 1999. Das nachträgliche Verhalten von Vertragspartnern kann zwar den bei Vertragsschluß zum Ausdruck gebrachten objektiven Gehalt der wechselseitigen Vertragserklärungen nicht mehr beeinflussen; es kann aber gleichwohl für die Auslegung bedeutsam sein, weil es Anhaltspunkte für den tatsächlichen Vertragswillen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses enthalten kann (BGH, Urteil vom 16. Oktober 1997 - IX ZR 164/96, WM 1997, 2305, 2306 m.w.Nachw.).
3. Nicht gefolgt werden kann jedoch der Ansicht des Berufungsgerichts , die Beklagte habe der Gesellschaft nach Beendigung des Kontokorrentkreditvertrages am 30. August 1995 bis zur Kündigung der Geschäftsbeziehung zum 9. April 1999 15,25% Überziehungszinsen in Rechnung stellen dürfen.
Das Berufungsgericht berücksichtigt nicht, daß die Gesellschaft mit Ablauf des Kontokorrentkreditvertrages am 30. August 1995 mit der Rückzahlung des damals offenen Debets von 49.106,82 DM gemäß § 284 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. ohne Mahnung in Verzug geraten ist (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2003 - XI ZR 202/02, WM 2003, 922, 924; zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Ob der Gesellschaft die genaue Höhe des Debets bei Fälligkeit bekannt war, ist entgegen der Ansicht der
Revision ohne Belang. Die Gesellschaft war ohne weiteres in der Lage, sich die erforderliche Kenntnis durch einen Kontoauszug oder eine Abfrage ihres Kontos zu verschaffen.
Für die Zeit des Verzuges der Gesellschaft kann die Beklagte nur Schadensersatz verlangen, ist aber nicht mehr berechtigt, der Gesellschaft die vertraglich vereinbarten Zinsen zuzüglich Überziehungszinsen für den Betrag, der die eingeräumte Kreditlinie überschreitet, in Rechnung zu stellen (vgl. BGHZ 104, 337, 338; 115, 268, 269; BGH, Urteile vom 7. November 1986 - III ZR 128/84, WM 1986, 8, 10 und vom 18. März 2003 - XI ZR 202/02, aaO S. 924), wie das etwa in dem von der Beklagten vorgelegten Auszug vom 29. Dezember 1995 geschehen ist. Da nach § 289 Satz 1 BGB von Zinsen keine Verzugszinsen zu entrichten sind, dürfen für die Zeit des Verzuges der Gesellschaft geschuldete Verzugszinsen, jedenfalls wenn die Zahlung der Verzugszinsen nicht angemahnt worden ist, auch nicht ins Kontokorrent eingestellt werden (Senatsurteil vom 9. Februar 1993 - XI ZR 88/92, WM 1993, 586, 587).
Über die Dauer des Verzuges, die Höhe des Verzugsschadens und eine nachfolgend etwa stillschweigend getroffene Vereinbarung über eine bis auf weiteres geduldete Inanspruchnahme des Debets auf dem fortgeführten Kontokorrentkonto hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.

III.


Das angefochtene Urteil war daher, da auch die Begründetheit der Widerklage von der Höhe des Zinsanspruchs der Beklagten abhängt, aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Für das weitere Verfahren wird auf folgendes hingewiesen: Der Verzug der Gesellschaft bei der Rückzahlung des Kontokorrentkredits wird durch eine bloße Duldung - im Sinne eines tatsächlichen Hinnehmens - der fortdauernden Überziehung des Kontos nach Ablauf des Kreditvertrages am 30. August 1995 durch die Beklagte nicht beendet. Etwas anderes gilt, wenn die Beklagte mit der Gesellschaft stillschweigend eine Vereinbarung getroffen hat, daß diese trotz Ablaufs des Kreditvertrages zur vertraglichen Kapitalnutzung im bisherigen oder in einem anderen Umfang bis auf weiteres berechtigt sein sollte. Dann ist der Darlehensrückzahlungsanspruch nicht mehr fällig, die Gesellschaft vielmehr zur Nutzung der Darlehensvaluta bis zur jederzeit möglichen Kündigung berechtigt (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2003 - XI ZR 202/02, aaO S. 924). Für eine solche etwa im Januar 1996 konkludent getroffene vertragliche Vereinbarung kann unter Berücksichtigung der Fortdauer des Kontokorrentverhältnisses sprechen, daß die Gesellschaft mit Schreiben vom 12. Dezember 1995 um Aufrechterhaltung der Bankverbindung gebeten , die Beibringung von Einkommensnachweisen der Gesellschafter angeboten hat, die Beklagte am 2. Januar 1996 darauf eingegangen ist und Kreditunterlagen angefordert, am 10. Januar 1996 ohne weiteres zwei Überweisungen der Gesellschaft über insgesamt 21.200 DM aus-
geführt und das Kreditkonto der Gesellschaft alsdann mehrere Jahre kommentarlos weitergeführt hat, ohne auf die erbetenen Kreditunterlagen zurückzukommen.
Sollte eine solche Vereinbarung stillschweigend getroffen worden sein, so könnte die Beklagte nach Abschluß der Vereinbarung mangels einer vertraglichen Festlegung des Zinssatzes nur die in ihrem Preisverzeichnis jeweils ausgewiesenen Zinsen für vertraglich eingeräumte, dinglich gesicherte Kontokorrentkredite an Private beanspruchen. Höhere Überziehungszinsen etwa von 15,25% durfte sie nur berechnen, wenn sich die Parteien stillschweigend auch auf ein bestimmtes Kreditlimit etwa von 50.000 DM wie im am 30. August 1995 abgelaufenen Kreditvertrag geeinigt haben und dieses von der Gesellschaft nicht eingehalten worden ist. Sowohl die vorgenannten Vertragszinsen als auch von der Gesellschaft etwa geschuldete Überziehungszinsen sind ins Kontokorrent einzustellen.
Die Zurückweisung der Sache gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit , auch zu der in der Revisionsinstanz erstmals angesprochenen Frage der Aktivlegitimation des Klägers Feststellungen zu treffen.
Nobbe Joeres Wassermann
Mayen Appl

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

18
Eine Zahlungseinstellung kann zwar auch auf Zahlungsunwilligkeit beruhen. Die im Insolvenzrecht unerhebliche Zahlungsunwilligkeit liegt aber nur vor, wenn gleichzeitig Zahlungsfähigkeit gegeben ist (HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl. § 17 Rn. 13). Lag eine Zahlungseinstellung vor, wird gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO gesetzlich vermutet, dass nicht lediglich Zahlungsunwilligkeit, sondern Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Die Zahlungsunfähigkeit kann vom Prozessgegner widerlegt werden. Dazu ist es dem beklagten Land unbenommen, der auf eine Zahlungseinstellung gestützten Annahme der Zahlungsunfähigkeit etwa durch den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens oder auf Vernehmung vom Zeugen zum Nachweis entgegenzutreten, dass eine Liquiditätsbilanz im maßgebenden Zeitraum für den Schuldner eine Deckungslücke von weniger als 10 v.H. auswies (BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 144 ff; vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 20). Diesen Beweis hat der Beklagte angetreten. Er ist jedoch nicht erhoben worden.