Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Nov. 2014 - XII ZB 599/13

bei uns veröffentlicht am05.11.2014
vorgehend
Amtsgericht Bremen-Blumenthal, 76 F 343/12, 28.11.2012
Landgericht Bremen, 4 UF 9/13, 17.05.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X I I Z B 5 9 9 / 1 3
Verkündet am:
in der Familiensache 5. November 2014
Küpferle
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die im Rahmen eines Wechselmodells von einem Elternteil geleistete Kinderbetreuung
kann nicht zur Befreiung von seiner Barunterhaltspflicht führen.

b) Im Fall des Wechselmodells haben beide Elternteile für den Barunterhalt einzustehen.
Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach dem beiderseitigen Einkommen
der Eltern und umfasst außerdem die infolge des Wechselmodells
entstehenden Mehrkosten (vor allem Wohn- und Fahrtkosten).

c) Ob ein Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt und damit seine
Unterhaltspflicht im Sinne des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB bereits durch Erziehung
und Pflege erfüllt, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung. Dabei
kommt der zeitlichen Komponente der von ihm übernommenen Betreuung
zwar eine Indizwirkung zu, ohne dass sich allerdings die Beurteilung allein
hierauf zu beschränken braucht (im Anschluss an Senatsbeschluss vom
12. März 2014 - XII ZB 234/13 - FamRZ 2014, 917).
BGH, Beschluss vom 5. November 2014 - XII ZB 599/13 - OLG Bremen
AG Bremen-Blumenthal
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. November 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling

für Recht erkannt:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Hanseatischen Oberlandesgerichts Bremen vom 17. Mai 2013 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Die Antragstellerin macht als Trägerin der Unterhaltsvorschusskasse Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht gegen den Antragsgegner geltend.
2
Der Antragsgegner ist der Vater der minderjährigen Kinder F. (geb. im November 2004) und J. (geb. im November 2006). Seine Ehe mit der Mutter ist inzwischen geschieden. Die Antragstellerin erbringt für die Kinder seit Januar 2011 Unterhaltsvorschussleistungen.
3
Der 1968 geborene Antragsgegner ist Diplom-Ökonom und war in der Vergangenheit mit verschiedenen Unternehmen, unter anderem als Wirtschaftsberater und Versicherungsmakler, selbständig. Über das Vermögen mehrerer Unternehmen wurden von 2009 bis 2011 wie auch anschließend über das Privatvermögen des Antragsgegners Insolvenzverfahren eröffnet. Der Antragsgegner übte zuletzt eine Erwerbstätigkeit in einem Call-Center im Umfang von 30 Wochenstunden und mit einem monatlichen Bruttogehalt von 1.150 € aus. Zur Zeit ist er arbeitslos. Nach einer von den Eltern getroffenen Vereinbarung betreut der Antragsgegner die Kinder an sechs von 14 Tagen. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Voraussetzungen eines Wechselmodells erfüllt sind.
4
Die Antragstellerin hat für die Kinder beginnend ab Juli 2011 den Mindestunterhalt geltend gemacht, jeweils abzüglich des vollen Kindergelds, das die Mutter bezieht. Das Amtsgericht hat den Antragsgegner antragsgemäß zum Unterhalt verpflichtet. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht den monatlichen Unterhalt für die Zeit von Juli 2011 bis Oktober 2012 auf 97 € für F. und 72 € für J. festgesetzt, für November und Dezember 2012 auf je 85 € und für die Zeit ab Januar 2013 auf je 60 €.
5
Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner - zugelasse-nen - Rechtsbeschwerde, mit welcher er die Abweisung der Unterhaltsanträge erstrebt.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
7
1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist der Antragsgegner allerdings für den Mindestunterhalt der Kinder nicht hinreichend leistungsfähig. Die vom Antragsgegner erhobenen Einwände, er sei wegen des nach seinem Vortrag praktizierten Wechselmodells überhaupt nicht barunterhaltspflichtig und im Übrigen jedenfalls vollständig leistungsunfähig, seien aber nicht begründet.
8
Ein Wechselmodell liege nur bei einer (fast) hälftigen Teilung der Kindesbetreuung vor, während der zeitlichen Komponente nur indizielle Bedeutung dafür zukomme, ob ein Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trage. Für die restriktive Annahme eines Wechselmodells sprächen auch verfahrensökonomische Erwägungen. Die Annahme eines Wechselmodells habe nämlich zur Folge, dass kein Elternteil das Kind mehr im Sinn von § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB in Obhut habe und zur Geltendmachung des Kindesunterhalts ein Pfleger bestellt werden müsste. Auch der Bezug von Unterhaltsvorschussleistungen sei dann nicht möglich, außerdem seien Schwierigkeiten bei der Bezugsberechtigung für das Kindergeld zu erwarten. Hinzu kämen Ungewissheiten und Unklarheiten bei der Berechnung des Kindesunterhalts, weil nun beide Eltern barunterhaltspflichtig seien, ein Mehrbedarf wegen des mit dem Wechselmodell verbundenen erhöhten Aufwands hinzugerechnet werden müsse und der Barunterhalt sich wegen der als Naturalleistung erbrachten Betreuung mindere. Die großzügige Annahme eines Wechselmodells könne zu einem Rückgang der Bereitschaft zur Einräumung weitreichender Umgangskontakte führen. Dagegen könne ein Mehraufwand, der dem Kindesvater aufgrund des erhöhten Betreuungsaufwands anfalle, auch bei enger Auslegung des Wechselmodellbegriffs berücksichtigt werden. Das ermögliche eine großzügigere unterhaltsrechtliche Berücksichtigung von Mehrkosten, welche allerdings konkret geltend zu machen seien.
9
Im vorliegenden Fall sei ein Wechselmodell nicht gegeben. Dabei sei nicht auf die vom Antragsgegner aufgestellte stunden- bzw. minutengenaue Berechnung der Betreuungsanteile abzustellen. Dadurch werde eine Exaktheit suggeriert, die mit der Lebenswirklichkeit wenig zu tun haben dürfte. Es sei auch nicht zu berücksichtigen, ob die Betreuung an Werktagen oder Feiertagen erfolge, weil anderenfalls eine Unterhaltsberechnung für die Zukunft nicht möglich sei. Die seit der Trennung praktizierte Kinderbetreuung an sechs von 14 Tagen bedeute einen Betreuungsanteil des Antragsgegners von 43%. Da somit der Anteil der Mutter 57% betrage, liege der Schwerpunkt der Betreuung weiterhin bei dieser.
10
Dem Antragsgegner sei ein fiktives Einkommen zuzurechnen, weil er seine erhöhte Erwerbsobliegenheit nicht erfüllt habe. Allerdings sei er auch aufgrund dessen nur zur Zahlung eines Teils des Mindestunterhalts in der Lage. In Anbetracht der zu berücksichtigenden Betreuungszeiten sei dem Antragsgegner neben der Tätigkeit im Umfang von 30 Wochenstunden entsprechend seiner früheren Tätigkeit im Call-Center eine zusätzliche Tätigkeit an Montag- und Dienstagvormittagen zumutbar, aus der er weitere 295 € und insgesamt mithin ein monatliches Nettoeinkommen von 1.173 € erzielen könne. Abzüglich der Kosten einer Monatskarte für öffentliche Verkehrsmittel belaufe sich das erzielbare bereinigte Einkommen auf 1.119 €. Mehrkosten des Antragsgegners wegen der von ihm übernommenen Kindesbetreuung seien davon nicht abzuziehen. Denn der Antragsgegner habe zu solchen Kosten trotz mehrerer Hinweise nichts vorgetragen und damit auch eine großzügige Schätzung eventueller Mehrkosten nicht ermöglicht.
11
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
12
Der Antragsgegner ist seinen Kindern zumindest im zugesprochenen Umfang nach § 1601 BGB zum Barunterhalt verpflichtet. Die Ansprüche der Kinder sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG kraft Gesetzes auf die Antragstellerin übergegangen.
13
a) Die Antragstellerin verfolgt lediglich den Mindestunterhalt nach § 1612 a Abs. 1 BGB, so dass der Unterhaltsbedarf der Kinder nach § 1610 BGB keine besondere Darlegung erfordert (vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 2 Rn. 224). Die Unterhaltsbedürftigkeit der Kinder nach § 1602 BGB steht außer Streit.
14
Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts ist der Antragsgegner im Rahmen der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB unter Wahrung des hierfür von der Düsseldorfer Tabelle und den Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen notwendigen Selbstbehalts (bis Dezember 2012: 950 €, ab Januar 2013: 1.000 €) im Umfang der zugesprochenen Beträge leistungsfähig. Dass das Oberlandesgericht trotz gesteigerter Unterhaltspflicht keine zusätzliche, über den Umfang einer vollschichtigen Tätigkeit hinausgehende Nebentätigkeit des Antragsgegners für erforderlich gehalten hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 22. Januar 2014 - XII ZB 185/12 - FamRZ 2014, 637 Rn. 18 und vom 24. September 2014 - XII ZB 111/13 - juris Rn. 19, 23), nimmt auf die vom Antragsgegner geleistete Kinderbetreuung Rücksicht und ist - abgesehen davon, dass dies für den Antragsgegner günstig ist - aus Rechtsgründen daher nicht zu beanstanden.
15
b) Der Antragsgegner wird nach § 1606 Abs. 3 BGB jedenfalls von einem Unterhalt in der zugesprochenen Höhe nicht befreit.
16
aa) Eine Befreiung vom Barunterhalt nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB ist nicht eingetreten. Das gilt unabhängig davon, ob die Eltern ein Wechselmodell praktizieren. Denn bei einem Wechselmodell wird kein Elternteil vom Barunterhalt für das Kind befreit.
17
Nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB erfüllt der Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes. Die gesetzliche Regelung betrifft den Fall des sogenannten Residenzmodells und der damit verbundenen herkömmlichen Aufteilung von Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung. Sie stellt den kinderbetreuenden Elternteil in diesem Fall vom Barunterhalt frei. Entgegen der vom Antragsgegner in den Vorinstanzen vertretenen Auffassung kann hingegen die im Rahmen eines Wechselmodells geleistete Kinderbetreuung nicht zur Befreiung von seiner Barunterhaltspflicht führen. Dies muss schon deshalb gelten, weil anderenfalls beide Elternteile vom Barunterhalt befreit wären, obwohl nur der Betreuungsbedarf des Kindes gedeckt wäre. Demgegenüber bliebe der in § 1612 a Abs. 1 BGB und den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesene sächliche (Regel-)Bedarf offen.
18
Das Oberlandesgericht hat daher zu Recht hervorgehoben, dass im Fall des Wechselmodells beide Elternteile für den Barunterhalt einzustehen haben. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich in diesem Fall nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst neben dem sich daraus ergeben-den - erhöhten - Bedarf insbesondere die Mehrkosten des Wechselmodells (vor allem Wohn- und Fahrtkosten), so dass der von den Eltern zu tragende Bedarf regelmäßig deutlich höher liegt als beim herkömmlichen Residenzmodell.
19
bb) Das Oberlandesgericht hat ein Wechselmodell zu Recht verneint und demzufolge auch eine Reduzierung der Unterhaltspflicht des Antragsgegners wegen anteiliger Haftung der Mutter nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB abgelehnt.
20
(1) Nach der Rechtsprechung des Senats ist die auf dem Residenzmodell beruhende und § 1606 Abs. 3 BGB tragende gesetzliche Beurteilung solange nicht in Frage zu stellen, wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt. Denn dann ist die Annahme gerechtfertigt, dass dieser Elternteil die Hauptverantwortung für das Kind trägt und dadurch den Betreuungsunterhalt leistet, während der andere Elternteil - auf der Grundlage nur seiner eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse - zum Barunterhalt verpflichtet ist. Deshalb ändert sich an der aus dem Schwergewicht der Betreuung durch einen Elternteil folgenden Aufteilung zwischen Bar- und Betreuungsunterhalt nichts, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seinerseits Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbringt, selbst wenn dies im Rahmen eines über das übliche Maß hinaus wahrgenommenen Umgangsrechts erfolgt, dessen Ausgestaltung sich bereits einer Mitbetreuung annähert. Wenn und soweit der andere Elternteil gleichwohl die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, muss es dabei bleiben, dass dieser Elternteil seine Unterhaltspflicht im Sinne des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt (Senatsbeschluss vom 12. März 2014 - XII ZB 234/13 - FamRZ 2014, 917 Rn. 28; Senatsurteile vom 21. Dezember 2005 - XII ZR 126/03 - FamRZ 2006, 1015, 1017 und vom 28. Februar 2007 - XII ZR 161/04 - FamRZ 2007, 707 Rn. 16; aA Schürmann FamRZ 2014, 921; Sünderhauf NZFam 2014, 585).
21
Anders ist es nur zu beurteilen, wenn die Eltern sich in der Betreuung eines Kindes abwechseln, so dass jeder von ihnen etwa die Hälfte der Versorgungs - und Erziehungsaufgaben wahrnimmt (Senatsbeschluss vom 12. März 2014 - XII ZB 234/13 - FamRZ 2014, 917 Rn. 29). Ob ein Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt und damit seine Unterhaltspflicht im Sinne des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB bereits durch Erziehung und Pflege erfüllt, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung. Dabei kommt der zeitlichen Komponente der von ihm übernommenen Betreuung zwar eine Indizwirkung zu, ohne dass sich allerdings die Beurteilung allein hierauf zu beschränken braucht (Senatsbeschluss vom 12. März 2014 - XII ZB 234/13 - FamRZ 2014, 917 Rn. 30 mwN).
22
Ergibt sich hingegen auch bei annähernd hälftiger Mitbetreuung ein deutliches Schwergewicht der Betreuungsverantwortung bei einem Elternteil, so ist von der regelmäßigen gesetzlichen Verteilung der Unterhaltsanteile nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB auszugehen. Der den anderen Elternteil infolge des erweiterten Umgangsrechts treffenden finanziellen Mehrbelastung kann dadurch Rechnung getragen werden, dass im Hinblick auf die von ihm getätigten Aufwendungen eine Herabstufung um eine oder mehrere Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle erfolgt. Der Unterhalt kann zudem weitergehend gemindert sein, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil dem Kind im Zuge seines erweiterten Umgangsrechts Leistungen erbringt, mit denen er den Unterhaltsbedarf des Kindes auf andere Weise als durch Zahlung einer Geldrente teilweise deckt (Senatsbeschluss vom 12. März 2014 - XII ZB 234/13 - FamRZ 2014, 917 Rn. 37 f.).
23
(2) Dass das Oberlandesgericht im vorliegenden Fall ein Wechselmodell verneint hat, steht mit den aufgeführten Grundsätzen im Einklang.
24
Aufgrund der Betreuung der unterhaltsberechtigten Kinder durch den Antragsgegner an sechs von 14 Tagen hat das Oberlandesgericht übereinstimmend mit dem Amtsgericht den Schwerpunkt noch auf Seiten der Mutter gese- hen. Es hat dabei maßgeblich auf die entsprechende Vereinbarung der Eltern abgestellt. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats und ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
25
Die von der Rechtsbeschwerde erhobene Rüge, der Antragsgegner habe durch detaillierte Berechnung dargelegt, dass sein Betreuungsanteil nicht bei 43%, sondern bei 46,67% liege, vermag einen Verfahrensfehler nicht aufzuzeigen. Denn das Oberlandesgericht ist insoweit übereinstimmend mit dem Amtsgericht davon ausgegangen, dass die vom Antragsgegner vorgetragenen Zeiten auf vorübergehenden Abweichungen beruhten, die sich etwa aus beruflich stärkerer Belastung eines Elternteils ergaben, und eine Orientierung an der von den Eltern getroffenen Vereinbarung, die bewusst nicht auf genau hälftige Anteile ausgerichtet gewesen sei, nicht in Frage stellen. Das hält sich im Rahmen zulässiger tatrichterlicher Würdigung und ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
26
(3) Im Übrigen dürfte auch ein unterstelltes Wechselmodell den Antragsgegner nicht weiter entlasten, als ihm infolge der Unterhaltskürzung wegen eingeschränkter Leistungsfähigkeit bereits zugutegekommen ist. Zwar hat das Oberlandesgericht keine Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Mutter getroffen. Es ist aber davon ausgegangen, dass auf Seiten des Antragsgegners die gesteigerte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB eingreift, was wiederum voraussetzt, dass die Mutter kein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB ist (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Juli 2013 - XII ZB 297/12 - FamRZ 2013, 1558 Rn. 26 mwN). Da der Antragsgegner aufgrund der angefochtenen Entscheidung für die Zeit bis Dezember 2012 nur rund ein Drittel und für die Folgezeit sogar unter einem Viertel des gesetzlichen Mindestunterhalts zu tragen hat, dürfte sich demnach aus einem - unterstellten - Wechselmodell kein geringerer Unterhaltsanteil des Antragsgegners ergeben.
27
c) Eine teilweise Erfüllung des Barunterhaltsanspruchs hat das Oberlandesgericht zu Recht mangels konkreten Vorbringens des Antragsgegners verneint.
28
Durch die von ihm übernommene Kinderbetreuung konnte eine Teilerfüllung abweichend von der vom Oberlandesgericht insoweit zum Wechselmodell angestellten Überlegung von vornherein nicht eintreten, weil mit dem Mindestunterhalt nach § 1612 a Abs. 1 BGB lediglich der sächliche Bedarf geltend gemacht wird, der vom Betreuungsbedarf zu unterscheiden ist (vgl. § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG sowie Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 2 Rn. 19).
29
d) Das Oberlandesgericht ist schließlich zutreffend von einem gesetzlichen Übergang des Anspruchs auf die Antragstellerin nach § 7 Abs. 1 UVG ausgegangen. Dass der Unterhaltsanspruch wegen Verletzung der Erwerbsobliegenheit aufgrund fiktiven Einkommens bemessen worden ist, hindert den Anspruchsübergang nach der Rechtsprechung des Senats nicht (Senatsurteile vom 27. September 2000 - XII ZR 174/98 - FamRZ 2001, 619 und vom 14. März 2001 - XII ZR 57/99 - JAmt 2001, 241).
Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Bremen-Blumenthal, Entscheidung vom 28.11.2012 - 76 F 343/12 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 17.05.2013 - 4 UF 9/13 -

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(1) Kinder sind1.im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,2.Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken i

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1603 Leistungsfähigkeit


(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. (2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren min

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1629 Vertretung des Kindes


(1) Die elterliche Sorge umfasst die Vertretung des Kindes. Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich; ist eine Willenserklärung gegenüber dem Kind abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil. Ein Elternteil vertritt das Kind alle

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1601 Unterhaltsverpflichtete


Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.
Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Nov. 2014 - XII ZB 599/13 zitiert 8 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1601 Unterhaltsverpflichtete


Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1610 Maß des Unterhalts


(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt). (2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1606 Rangverhältnisse mehrerer Pflichtiger


(1) Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig. (2) Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren. (3) Mehrere gleich nahe Verwandte ha

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1602 Bedürftigkeit


(1) Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. (2) Ein minderjähriges Kind kann von seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung des Unterhalts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens

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Referenzen

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

(1) Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig.

(2) Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren.

(3) Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Der Elternteil, der ein minderjähriges Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.

(1) Die elterliche Sorge umfasst die Vertretung des Kindes. Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich; ist eine Willenserklärung gegenüber dem Kind abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil. Ein Elternteil vertritt das Kind allein, soweit er die elterliche Sorge allein ausübt oder ihm die Entscheidung nach § 1628 übertragen ist. Bei Gefahr im Verzug ist jeder Elternteil dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind; der andere Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten.

(2) Der Vater und die Mutter können das Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1824 ein Betreuer von der Vertretung des Betreuten ausgeschlossen ist. Steht die elterliche Sorge für ein Kind den Eltern gemeinsam zu, so kann der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen. Das Familiengericht kann dem Vater und der Mutter nach § 1789 Absatz 2 Satz 3 und 4 die Vertretung entziehen; dies gilt nicht für die Feststellung der Vaterschaft.

(2a) Der Vater und die Mutter können das Kind in einem gerichtlichen Verfahren nach § 1598a Abs. 2 nicht vertreten.

(3) Sind die Eltern des Kindes miteinander verheiratet oder besteht zwischen ihnen eine Lebenspartnerschaft, so kann ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen, solange

1.
die Eltern getrennt leben oder
2.
eine Ehesache oder eine Lebenspartnerschaftssache im Sinne von § 269 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zwischen ihnen anhängig ist.
Eine von einem Elternteil erwirkte gerichtliche Entscheidung und ein zwischen den Eltern geschlossener gerichtlicher Vergleich wirken auch für und gegen das Kind.

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).

(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.

(1) Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

(2) Ein minderjähriges Kind kann von seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung des Unterhalts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens und der Ertrag seiner Arbeit zum Unterhalt nicht ausreichen.

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

18
Sollte dem Antragsgegner der entsprechende Nachweis nicht gelingen, so wird bei einem für den Mindestunterhalt (auch im Hinblick auf das 2008 geborene weitere Kind des Antragsgegners) weiterhin unzureichenden Einkommen zu prüfen sein, ob und inwiefern dem Antragsgegner eine zusätzliche Nebentätigkeit zumutbar ist (vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 2 Rn. 370 mwN). Auch wenn der Unterhalt aufgrund eines - wegen Verletzung der Erwerbsobliegenheit - lediglich fiktiven Einkommens festzusetzen ist, trifft den Antragsgegner eine Obliegenheit zur Ausübung einer Nebentätigkeit im selben Umfang wie einen seine Erwerbsobliegenheit erfüllenden Unterhaltsschuldner.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 23. Januar 2013 aufgehoben, soweit die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ahrensburg vom 5. Oktober 2012 zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe

I.

1

Die 2004 geborene Antragstellerin nimmt den Antragsgegner, ihren Vater, für die Zeit ab März 2012 auf Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhalts in Anspruch.

2

Der Antragsgegner hat sich auf mangelnde Leistungsfähigkeit berufen. Er ist Vater von drei weiteren minderjährigen Kindern und lebt mit deren Mutter und deren drei weiteren Kindern aus früheren Beziehungen zusammen. Der Antragsgegner hat ein Schlagzeugstudium absolviert. Er erteilt Schlagzeugunterricht und arbeitet in einem Restaurant; daraus erzielt er nach seinen Angaben Gesamteinkünfte von ca. 700 € netto monatlich. Das Amtsgericht hat den Antrag abgewiesen, weil der Antragsgegner auch bei einem fiktiven Einkommen aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit nur wenige Euro über dem - seinerzeitigen - notwendigen Selbstbehalt von 950 € verdienen könne. Da die Einkünfte auf insgesamt vier minderjährige Kinder zu verteilen seien, komme eine Unterhaltsverpflichtung wegen Geringfügigkeit nicht in Betracht.

3

Die Antragstellerin hat dagegen Beschwerde eingelegt und ihr Unterhaltsbegehren aufrechterhalten. Der Antragsgegner hat im Beschwerdeverfahren keine Stellung genommen. Das Oberlandesgericht hat über die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung entschieden. Es hat den Antragsgegner unter teilweiser Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses zu monatlichen Unterhaltszahlungen von 36 € von März 2012 bis Dezember 2012 und 21 € ab Januar 2013 verpflichtet und die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen.

4

Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, die ihr Unterhaltsbegehren, soweit noch nicht zuerkannt, weiterverfolgt.

II.

5

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

6

1. Das Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts zugelassen, weil es in der Sache entschieden habe, obwohl der Antragsgegner sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und insbesondere keinen Antrag gestellt habe. Eine Säumnisentscheidung, die die Möglichkeit des Einspruchs für den Antragsgegner eröffnet hätte, habe nicht getroffen werden können, da eine Säumnissituation im Sinne der §§ 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG, 539 Abs. 2 ZPO im Verfahren nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG nicht gegeben sei.

7

In der Sache hat das Oberlandesgericht die Verpflichtung zur Unterhaltszahlung im ausgesprochenen Umfang darauf gestützt, dass der Antragsgegner seiner gesteigerten Unterhaltspflicht nicht hinreichend nachgekommen sei. Anstelle des unzureichenden Einkommens aus seiner Tätigkeit als Musiklehrer und im Schichtbetrieb in einem Restaurant sei er verpflichtet, sich nach einer besser bezahlten Vollzeitstelle umzusehen. Trotz seines abgeschlossenen Studiums als Schlagzeuger komme aber nur eine ungelernte Tätigkeit in Betracht. Ein Stundenlohn von brutto 9 € sei entsprechend den tariflichen Mindestlöhnen gemäß dem Arbeitnehmerentsendegesetz, z.B. für Tätigkeiten im Gebäudereinigerhandwerk, erzielbar. Mehr als ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.071,58 € könne der Antragsgegner hingegen auch daraus nicht erzielen, was zu einer Deckungsquote von 12,92 % (bis Dezember 2012) und 7,61 % (ab 2013) und dementsprechendem Unterhalt von monatlich 36 € (März 2012 bis Dezember 2012) und 21 € (ab Januar 2013) führe.

8

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.

9

a) Die Wahl des schriftlichen Verfahrens durch das Oberlandesgericht und die Entscheidungsform als streitiger Endbeschluss statt als Versäumnisbeschluss sind nicht zu beanstanden.

10

aa) Das Oberlandesgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Erlass eines Versäumnisbeschlusses im schriftlichen Beschwerdeverfahren nicht zulässig ist. Ein Versäumnisbeschluss gegen den Beschwerdegegner ist vom Gesetz zwar in § 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG iVm § 539 Abs. 2 Satz 1 ZPO für Familienstreitsachen vorgesehen. Er setzt indessen nach § 539 Abs. 2 ZPO voraus, dass der Beschwerdegegner im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erscheint. Ein Versäumnisbeschluss kann demnach nur erlassen werden, wenn das Beschwerdegericht eine mündliche Verhandlung durchführt. Für den Erlass eines Versäumnisbeschlusses besteht also kein Raum, wenn das Beschwerdegericht nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absieht.

11

bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das Verfahren nicht mit dem sogenannten Bagatellverfahren nach § 495 a ZPO vergleichbar. Ob in diesem Verfahren der Erlass eines Versäumnisurteils ohne mündliche Verhandlung zulässig und geboten ist (dagegen MünchKommZPO/Deubner 4. Aufl. § 495 a Rn. 45; dafür Peglau NJW 1997, 2222; vgl. auch BVerfG NJW 2007, 3486), kann hier offen bleiben. Denn es mangelt bereits an der Vergleichbarkeit der beiden Verfahrensarten. Anders als beim Verfahren nach § 495 a ZPO ist dem Beschwerdeverfahren bereits ein streitiges Verfahren vorausgegangen. Der Beschwerdegegner ist in diesem Verfahren nicht untätig geblieben, sondern hat in der Sache vorgetragen und einen Antrag gestellt, was vom erstinstanzlichen Gericht in seiner Entscheidung auch berücksichtigt worden ist.

12

Für zivilprozessuale Familiensachen bestand im Berufungsverfahren bis zu der am 1. September 2009 in Kraft getretenen Reform des Familienverfahrensrechts (FGG-Reformgesetz vom 17. Dezember 2008; BGBl. I S. 2586) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO die Möglichkeit, eine unbegründete Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Die Zurückweisung erfolgte unabhängig davon, ob der Berufungsbeklagte in der Berufungsinstanz in der Sache vorgetragen oder einen Antrag angekündigt hatte. Ein Versäumnisurteil konnte im schriftlichen (Beschluss-)Verfahren nicht erlassen werden. Vielmehr entschied das Gericht auf der Grundlage der erstinstanzlichen Feststellungen unter Berücksichtigung der hiergegen in der Berufungsinstanz vorgebrachten Angriffe nach §§ 513 Abs. 1, 529 ZPO (vgl. BGH Urteil vom 28. Juli 2011 - VII ZR 180/10 - NJW-RR 2011, 1528 Rn. 13 zum anstelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung maßgeblichen Zeitpunkt).

13

Die Zurückweisung der Beschwerde entsprechend § 522 Abs. 2 ZPO ist seit dem 1. September 2009 in Familiensachen nicht mehr vorgesehen. An deren Stelle ist die Regelung des § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG getreten (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 225, 412), die dem Beschwerdegericht ebenfalls ermöglicht, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, und hierfür voraussetzt, dass von einer erneuten Verhandlung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Dem gesetzlich vorgeschriebenen Hinweis des Gerichts gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO entspricht in Familienstreitsachen nunmehr der Hinweis nach § 117 Abs. 3 FamFG (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 225).

14

Die Vorschrift des § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG dient nach der Begründung des zugrunde liegenden Gesetzentwurfs der effizienten Nutzung gerichtlicher Ressourcen in der Beschwerdeinstanz. Hierdurch sollen etwa unnötige doppelte Beweisaufnahmen verhindert werden; des Weiteren werde die Durchführung eines Termins entbehrlich, wenn die Sache bereits in der ersten Instanz im erforderlichen Umfang mit den Beteiligten erörtert worden sei (BT-Drucks. 16/6308 S. 167, 207). Dementsprechend entscheidet das Beschwerdegericht bei - ermessensfehlerfreier - Wahl des schriftlichen Verfahrens nach Lage der Akten unter Berücksichtigung der Feststellungen des Vorgerichts. Dass das schriftliche Verfahren zu einer anderen Entscheidungsform führt als eine mündliche Verhandlung, welche beiden Beteiligten auch den Erlass eines Versäumnisbeschlusses eröffnen würde, ist die Folge der vom Gesetzgeber mit der Regelung in § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ermöglichten flexibleren Verfahrenshandhabung durch das Beschwerdegericht. Sie stimmt im Übrigen mit dem allgemeinen Zivilprozessrecht überein, wenn etwa - wie ausgeführt - im Berufungsverfahren durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO oder (in erster oder zweiter Instanz) im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO entschieden wird. Das schriftliche Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO ermöglicht - im Gegensatz zum schriftlichen Vorverfahren (§§ 276 Abs. 1 Satz 1, 331 Abs. 3 ZPO) - ebenfalls nicht den Erlass eines Versäumnisurteils (Thomas/Putzo/Reichold ZPO 35. Aufl. § 128 Rn. 34).

15

Die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG bleibt ferner nicht auf den Fall beschränkt, dass die Beschwerde insgesamt zurückzuweisen ist. Denn das Absehen von einer mündlichen Verhandlung setzt lediglich voraus, dass von einer erneuten Verhandlung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind, weil die vom erstinstanzlichen Gericht getroffenen Feststellungen auch unter Berücksichtigung der vorgebrachten Beschwerdegründe ausreichend sind. Dementsprechend ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Zurückweisung eines insgesamt erfolglosen Rechtsmittels nur einen Teil der § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG unterfallenden Fallgestaltungen ausmacht (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 412).

16

cc) Die angefochtene Entscheidung erweist sich schließlich auch nicht deswegen als verfahrensfehlerhaft, weil das Oberlandesgericht im schriftlichen Verfahren entschieden hat. Die Rechtsbeschwerde erhebt dagegen keine Einwände. Die von der Rechtsbeschwerde erhobenen Sachrügen betreffen ausschließlich die Anwendung des materiellen Rechts und sind daher im Rahmen der Begründetheit zu prüfen.

17

b) In der Sache begegnet der angefochtene Beschluss indessen durchgreifenden Bedenken. Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass das Oberlandesgericht zu geringe Anforderungen an die Darlegung einer begrenzten Leistungsfähigkeit des Antragsgegners gestellt hat.

18

aa) Nach § 1603 Abs. 1 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Eltern, die sich in dieser Lage befinden, sind gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (sog. gesteigerte Unterhaltspflicht). Darin liegt eine Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Unterhaltsrecht. Aus diesen Vorschriften und aus Art. 6 Abs. 2 GG folgt auch die Verpflichtung der Eltern zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft. Wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte, können deswegen nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht nur die tatsächlichen, sondern auch fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden. Die Zurechnung fiktiver Einkünfte, in die auch mögliche Nebenverdienste einzubeziehen sind, setzt neben den nicht ausreichenden Erwerbsbemühungen eine reale Beschäftigungschance des Unterhaltspflichtigen voraus (Senatsurteile BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011, 1041 Rn. 29 ff. und vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 - FamRZ 2009, 314 Rn. 20, 28; Senatsbeschlüsse vom 22. Januar 2014 - XII ZB 185/12 - FamRZ 2014, 637 Rn. 9 und vom 19. Juni 2013 - XII ZB 39/11 - FamRZ 2013, 1378 Rn. 17 f. mwN). Schließlich darf dem Unterhaltspflichtigen auch bei einem Verstoß gegen seine Erwerbsobliegenheit nur ein Einkommen zugerechnet werden, welches von ihm realistischerweise zu erzielen ist (BVerfG FamRZ 2010, 793, 794; Senatsurteil vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 - FamRZ 2009, 314 Rn. 24 ff. und Senatsbeschluss vom 22. Januar 2014 - XII ZB 185/12 - FamRZ 2014, 637 Rn. 14).

19

Auch wenn der Unterhalt aufgrund eines - wegen Verletzung der Erwerbsobliegenheit - lediglich fiktiven Einkommens aus einer Vollzeiterwerbstätigkeit festzusetzen ist, trifft den Antragsgegner grundsätzlich zudem eine Obliegenheit zur Ausübung einer Nebentätigkeit im selben Umfang wie einen seine Erwerbsobliegenheit erfüllenden Unterhaltsschuldner (Senatsbeschluss vom 22. Januar 2014 - XII ZB 185/12 - FamRZ 2014, 637 Rn. 18). Trotz der gesteigerten Unterhaltspflicht ergeben sich die Grenzen der vom Unterhaltspflichtigen zu verlangenden Tätigkeiten aus den Vorschriften des Arbeitsschutzes und den Umständen des Einzelfalls. Die Anforderungen dürfen nicht dazu führen, dass eine Tätigkeit trotz der Funktion des Mindestunterhalts, das Existenzminimum des Kindes zu sichern, unzumutbar erscheint (vgl. Senatsurteile BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011, 1041 Rn. 29 ff. und vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 - FamRZ 2009, 314 Rn. 20, 28).

20

bb) Diesen Grundsätzen genügt die angefochtene Entscheidung nicht in vollem Umfang.

21

Zwar ist das Oberlandesgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsgegner in Anbetracht des von ihm vorgetragenen - und vom Oberlandesgericht unterstellten - Einkommens (monatlich 568 € brutto aus seiner Tätigkeit im Restaurant mit einem rechnerischen Stundenlohn von ca. 4,70 € und 240 € aus Schlagzeugunterricht) durch die bisher ausgeübten Tätigkeiten seiner Obliegenheit zur bestmöglichen Ausnutzung seiner Erwerbsfähigkeit nicht genügt hat.

22

Die Rechtsbeschwerde rügt aber insoweit zu Recht, dass das Oberlandesgericht auf das Vorbringen der Antragstellerin, der Antragsgegner habe zu Zeiten des Zusammenlebens mit ihrer Mutter aus seiner Tätigkeit in der Gastronomie ein wesentlich höheres Einkommen erzielt, nicht eingegangen ist. Damit hat die Antragstellerin hinreichend bestritten, dass der Antragsgegner in der Gastronomie jedenfalls nicht deutlich mehr als den vorgetragenen Lohn von nur 568 € brutto bei 28 Wochenstunden erzielen kann. Da der Mindestunterhalt in § 1612 a Abs. 1 BGB gesetzlich festgelegt ist, liegt die Darlegungs- und Beweislast für seine mangelnde oder eingeschränkte Leistungsfähigkeit beim Antragsgegner als Unterhaltsschuldner.

23

Abgesehen von der Frage, ob der Antragsgegner aus seiner Tätigkeit im Restaurant und als Musiker nicht ein höheres Einkommen erzielt oder erzielen kann, hätte das Oberlandesgericht jedenfalls erwägen müssen, ob ihm neben der unterstellten Vollzeittätigkeit auch die Ausübung einer Nebentätigkeit möglich ist, die vom Unterhaltspflichtigen im Rahmen der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB zur Sicherung des Existenzminimums seines Kindes grundsätzlich zu verlangen ist (Senatsbeschluss vom 22. Januar 2014 - XII ZB 185/12 - FamRZ 2014, 637 Rn. 18). Auch die Unzumutbarkeit einer Nebentätigkeit fällt in die Darlegungs- und Beweislast des Antragsgegners. Allein aus der Tatsache, dass er mit weiteren eigenen Kindern und Kindern seiner Partnerin zusammenlebt, folgt für sich genommen noch nicht, dass ihm eine Nebentätigkeit nicht zumutbar sei. Demnach ist nicht ausgeschlossen, dass der Antragsgegner das bislang bezogene Einkommen etwa aus Schlagzeugunterricht auch neben einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit weiter erzielen kann.

24

Die vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen tragen die von ihm angenommene eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Antragsgegners somit nicht.

25

3. Der angefochtene Beschluss ist im angegriffenen Umfang aufzuheben. Der Senat ist gehindert, in der Sache abschließend zu entscheiden, weil - nach einer den Beteiligten noch einzuräumenden Möglichkeit ergänzenden Vortrags - weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind. Die Sache ist daher an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.

Dose                 Weber-Monecke                      Klinkhammer

          Günter                                Guhling

(1) Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig.

(2) Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren.

(3) Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Der Elternteil, der ein minderjähriges Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.

28
Diese Beurteilung ist solange nicht in Frage zu stellen, wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt. Denn dann ist die Annahme gerechtfertigt, dass dieser Elternteil die Hauptverantwortung für das Kind trägt und dadurch den Betreuungsunterhalt leistet, während der andere Elternteil - auf der Grundlage nur seiner eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse - zum Barunterhalt verpflichtet ist. Deshalb ändert sich an der aus dem Schwergewicht der Betreuung durch einen Elternteil folgenden Aufteilung zwischen Bar- und Betreuungsunterhalt nichts, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seinerseits Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbringt, selbst wenn dies im Rahmen eines über das übliche Maß hinaus wahrgenommenen Umgangsrechts erfolgt, dessen Ausgestaltung sich bereits einer Mitbetreuung annähert. Wenn und soweit der andere Elternteil gleichwohl die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, muss es dabei bleiben, dass dieser Elternteil seine Unterhaltspflicht im Sinne des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt (Senatsurteile vom 21. Dezember 2005 - XII ZR 126/03 - FamRZ 2006, 1015, 1017 und vom 28. Februar 2007 - XII ZR 161/04 - FamRZ 2007, 707 Rn. 16).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 126/03 Verkündet am:
21. Dezember 2005
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 1601 ff., 1606 Abs. 3 Satz 2, 1629 Abs. 2 Satz 2

a) Ein Kind lebt im Sinne des § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB in der Obhut desjenigen
Elternteils, bei dem das Schwergewicht der tatsächlichen Betreuung
liegt.

b) Zur anteiligen Barunterhaltspflicht von Eltern, die sich in der Betreuung eines
Kindes abwechseln.
BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - XII ZR 126/03 - OLG Stuttgart
AG Schwäbisch-Gmünd
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Dezember 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter
Sprick, die Richterin Weber-Monecke, den Richter Fuchs und die Richterin
Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 15. Mai 2003 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um Kindesunterhalt.
2
Der am 24. Mai 1991 geborene Kläger ist der Sohn des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe. Die elterliche Sorge steht den Eltern, die beide berufstätig sind, gemeinsam zu. Der Kläger lebt überwiegend bei seiner Mutter.
3
Mit der vorliegenden Klage hat er beantragt, den Beklagten zur Zahlung eines Unterhaltsrückstands für die Zeit von Januar bis August 2002 von 1.080,40 € sowie laufenden Unterhalts ab September 2002 in Höhe von monatlich 314 € zu verurteilen. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat zum einen geltend gemacht, sein Einkommen sei niedriger anzusetzen als es der Unterhaltsberechnung durch den Kläger zugrunde gelegt worden sei. Zum anderen hat er die Auffassung vertreten, bei der Bemessung des Barunterhalts sei zu berücksichtigen, dass der Kläger sich im Durchschnitt an 13 Tagen im Monat bei ihm aufhalte.
4
Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, ab März 2003 monatlichen Unterhalt von 165 € zu zahlen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass der Beklagte aufgrund seiner Mitbetreuung des Klägers, der sich an neun bis elf Tagen im Monat bei ihm aufhalte, nur 2/3 des (aus Gruppe 7 der Düsseldorfer Tabelle abzüglich des hälftigen Kindergeldes) ermittelten Zahlbetrages schulde. Im Hinblick auf die für die Vergangenheit geleisteten Zahlungen ergebe sich deshalb kein Unterhaltsrückstand.
5
Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, mit der sie jeweils ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt haben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und diesen auf die Berufung des Klägers - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - verurteilt, für die Zeit von Januar 2002 bis April 2003 (unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen) insgesamt 888,57 € sowie ab Mai 2003 monatlich 287 € an Unterhalt zu zahlen. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Beklagten, mit der er Klageabweisung erstrebt, soweit er zu Unterhaltszahlungen für die Zeit von Januar 2002 bis April 2003 sowie zu höherem Unterhalt als monatlich 191,33 € für die Zeit ab Mai 2003 verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist nicht begründet.
7
1. Das Oberlandesgericht hat die Zulässigkeit der von dem Kläger, gesetzlich vertreten durch seine Mutter, erhobenen Klage ohne nähere Ausführungen bejaht. Das ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
8
Nach § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB kann bei gemeinsamer elterlicher Sorge der geschiedene Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, dieses bei der Geltendmachung seiner Unterhaltsansprüche gesetzlich vertreten. Der Begriff der Obhut stellt auf die tatsächlichen Betreuungsverhältnisse ab. Ein Kind befindet sich in der Obhut desjenigen Elternteils, bei dem der Schwerpunkt der tatsächlichen Fürsorge und Betreuung liegt, der sich also vorrangig um die Befriedigung der elementaren Bedürfnisse des Kindes kümmert (MünchKomm /Huber 4. Aufl. § 1629 Rdn. 87; Johannsen/Henrich/Jaeger Eherecht 4. Aufl. § 1629 Rdn. 6; Staudinger/Peschel-Gutzeit BGB [2002] § 1629 Rdn. 335; Palandt/Diederichsen BGB 65. Aufl. § 1629 Rdn. 31; Erman/Michalski BGB 11. Aufl. § 1629 Rdn. 20; Weinreich/Ziegler Familienrecht 3. Aufl. § 1629 Rdn. 17; Büttner FamRZ 1998, 585, 593; Roth JZ 2002, 651, 655; OLG Frankfurt FamRZ 1992, 575 f.; OLG Stuttgart NJW-RR 1996, 67). Leben die Eltern in verschiedenen Wohnungen und regeln sie den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes in der Weise, dass es vorwiegend in der Wohnung eines Elternteils - unterbrochen durch regelmäßige Besuche in der Wohnung des anderen Elternteils - lebt, so ist die Obhut im Sinne des § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB deshalb dem erstgenannten Elternteil zuzuordnen.
9
An einer solchen eindeutigen Zuordnungsmöglichkeit fehlt es nicht bereits dann, wenn die Eltern die Betreuung eines Kindes dergestalt aufteilen, dass es sich zu 2/3 der Zeit bei einem Elternteil und zu 1/3 der Zeit bei dem anderen Elternteil aufhält. Denn auch in einem derartigen Fall liegt der Schwerpunkt der tatsächlichen Betreuung regelmäßig bei dem Elternteil, der sich überwiegend um die Versorgung und die sonstigen Belange des Kindes kümmert (a.A. Kammergericht FamRZ 2003, 53). Betreuen die Eltern ihr Kind dagegen in der Weise, dass es in etwa gleichlangen Phasen abwechselnd jeweils bei dem einen und dem anderen Elternteil lebt (sog. Wechselmodell), so lässt sich ein Schwerpunkt der Betreuung nicht ermitteln. Das hat zur Folge, dass kein Elternteil die Obhut im Sinne des § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB innehat. Dann muss der Elternteil, der den anderen für barunterhaltspflichtig hält, entweder die Bestellung eines Pflegers für das Kind herbeiführen, der dieses bei der Geltendmachung seines Unterhaltsanspruchs vertritt, oder der Elternteil muss beim Familiengericht beantragen, ihm gemäß § 1628 BGB die Entscheidung zur Geltendmachung von Kindesunterhalt allein zu übertragen (MünchKomm/Huber aaO § 1629 Rdn. 88; Johannsen/Henrich/Jaeger aaO § 1629 Rdn. 6; Weinreich /Ziegler aaO § 1629 Rdn. 17; vgl. auch Staudinger/Peschel-Gutzeit aaO § 1629 Rdn. 336).
10
Im vorliegenden Fall ist nach der Auffassung der Revision davon auszugehen , dass der Kläger zu 1/3 durch den Beklagten mitbetreut wird. Liegt die Betreuung demzufolge aber zu 2/3 bei der Mutter, so befindet sich der Kläger in ihrer Obhut, weil das Schwergewicht der tatsächlichen Betreuung bei ihr liegt. Daher ist sie auch berechtigt, den Kläger im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits gesetzlich zu vertreten.
11
2. a) Die sich aus den §§ 1601 ff. BGB ergebende Unterhaltspflicht des Beklagten für den Kläger steht zwischen den Parteien dem Grunde nach nicht im Streit. Das gilt gleichermaßen für das der Unterhaltsbemessung zugrunde zu legende Einkommen des Beklagten, das das Berufungsgericht mit ca. 1.870 € für die Jahre 2002 und 2003 ermittelt hat. Dagegen haben weder die Revision noch die Revisionserwiderung Einwendungen erhoben. Unterschiedlich beurteilt wird von den Parteien allein die Frage, ob sich die Barunterhaltspflicht des Beklagten mit Rücksicht darauf reduziert, dass der Kläger dem Beklagtenvortrag zufolge zu 1/3 von diesem mitbetreut wird.
12
b) Das Berufungsgericht hat eine solche quotenmäßige Kürzung des geschuldeten Barunterhalts abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Dem Streit darüber, an wie vielen Tagen der Beklagte das Kind mitbetreue, sei nicht im Einzelnen nachzugehen. Zwar gehe der Umgang des Vaters mit seinem Sohn weit über das übliche Maß hinaus und entlaste die Mutter teilweise von der Betreuung, insbesondere während ihrer beruflichen Tätigkeit als Krankenschwester. Es sei allerdings zum einen zu berücksichtigen, dass der große Teil der Festkosten für den Unterhalt des Klägers (Kleidung, Wohnung) gleichwohl von der Mutter zu tragen sei. Der üblicherweise stattfindende Wochenend- und Ferienumgang habe zum anderen bereits in den Tabellen Beachtung gefunden. Beiden Umständen werde am Besten dadurch Rechnung getragen, dass bei der Eingruppierung des Beklagten in die Düsseldorfer Tabelle ein Abschlag von mindestens einer Einkommensgruppe vorgenommen werde. Der Beklagte sei nach seinem Einkommen an sich in Gruppe 4 der Düsseldorfer Tabelle einzustufen. Da er nur einem Kind gegenüber unterhaltspflichtig sei, mithin eine unterdurchschnittliche Unterhaltsbelastung bestehe, sei nach Anmerkung 1 der Düsseldorfer Tabelle eine Höherstufung um zwei Einkommensgruppen vorzunehmen. Sodann sei ein Abschlag um mindestens eine Einkommensgruppe wegen der Mitbetreuung des Klägers durch den Beklagten vorzunehmen. Dies führe höchstens zu der Einkommensgruppe 5 der Düsseldorfer Tabelle. Danach habe der Kläger in der zweiten Altersstufe einen Barunterhaltsbedarf von 292 €, auf den das Kindergeld gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB in Höhe von 61 € anzurechnen sei, so dass ein Zahlbetrag von 231 € verbleibe. Ab Mai 2003 sei der Unterhalt der dritten Altersstufe zu entnehmen. Der Zahlbetrag belaufe sich von da an auf (345 € abzüglich anteiliges Kindergeld von 58 €) 287 €. Dieselben Beträge seien aber auch dann zu entrichten, wenn der Beklagte nur in die Einkommensgruppe 2 (4 + 2 - 4) der Düsseldorfer Tabelle einzustufen wäre.
13
Das hält der rechtlichen Nachprüfung zwar nicht in der Begründung, wohl aber im Ergebnis stand.
14
3. Mehrere gleichnahe Verwandte haften nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB für den Unterhalt eines Berechtigten anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Nach Satz 2 der Bestimmung erfüllt der Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch dessen Pflege und Erziehung. Der andere, nicht betreuende Elternteil hat den Unterhalt durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren (§ 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die gesetzliche Regelung geht mithin davon aus, dass ein Elternteil das Kind betreut und versorgt und der andere Elternteil die hierfür erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen hat. Dabei bestimmt sich das Maß des zu gewährenden Unterhalts nach der Lebensstellung des Bedürftigen (§ 1610 Abs. 1 BGB). Soweit dieser allerdings noch keine eigenständige Lebensstellung erlangt hat, wie dies bei unterhaltsbedürftigen minderjährigen Kindern der Fall ist, leitet sich seine Lebensstellung von derjenigen der unterhaltspflichtigen Eltern ab. Wird das Kind von einem Elternteil versorgt und betreut und leistet der andere Teil Barunterhalt, so bestimmt sich die Lebensstellung des Kindes grundsätzlich nach den Einkommens - und Vermögensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils (Senatsurteil vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 - FamRZ 2002, 536, 537).
15
Das ist - in Fällen der vorliegenden Art - so lange nicht in Frage zu stellen , wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt. So lange ist es gerechtfertigt, davon auszugehen, dass dieser Elternteil die Hauptverantwortung für das Kind trägt und dadurch den Betreuungsunterhalt leistet, während der andere Elternteil zum Barunterhalt - auf der Grundlage nur seiner eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse - verpflichtet ist. Deshalb ändert sich an der aus dem Schwergewicht der Betreuung durch einen Elternteil folgenden Aufteilung zwischen Bar- und Betreuungsunterhalt nichts, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seinerseits Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbringt, sei es im Rahmen eines Aufenthalts des Kindes bei ihm entsprechend einem nach den weitgehend üblichen Maßstäben gestalteten Umgangsrecht (z.B. bei einem oder zwei Wochenendbesuchen im Monat), sei es aber auch im Rahmen eines Aufenthalts entsprechend einem großzügiger gehandhabten Umgangsrecht, dessen Ausgestaltung sich bereits einer Mitbetreuung annähert. Wenn und soweit der andere Elternteil gleichwohl die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, wofür der zeitlichen Komponente der Betreuung indizielle Bedeutung zukommen wird, ohne dass die Beurteilung sich allein hierauf zu beschränken braucht, muss es dabei bleiben, dass dieser Elternteil seine Unterhaltspflicht i.S. des § 1603 Abs. 3 Satz 2 BGB durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt (ebenso Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 Rdn. 316 b).
16
Anders wird es allerdings zu beurteilen sein, wenn die Eltern sich in der Betreuung eines Kindes abwechseln, so dass jeder von ihnen etwa die Hälfte der Versorgungs- und Erziehungsaufgaben wahrnimmt. In solchen Fällen wird eine anteilige Barunterhaltspflicht der Eltern in Betracht kommen, weil sie auch für den Betreuungsunterhalt nur anteilig aufkommen (OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 74, 75 und NJW 2001, 3344, 3345; Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 226 und 316 b; MünchKomm/Luthin aaO § 1606 Rdn. 34; Büttner NJW 1999, 2315, 2322 f.; Luthin/Schumacher Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. Rdn. 3174; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 148; Scholz/Stein/Erdrich Familienrecht Teil I Rdn. 155; Eschenbruch/Wohlgemuth Der Unterhaltsprozess 3. Aufl. Rdn. 3135; Gerhardt in Handbuch des Fachanwalts Familienrecht 5. Aufl. 6. Kap. Rdn. 154; Weinreich /Klein aaO § 1606 Rdn. 42; Hoppenz/Hülsmann Familiensachen 8. Aufl. § 1606 Rdn. 15; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Kap. V Rdn. 58; Erman/Hammermann aaO § 1606 Rdn. 11).
17
Ein solcherart von den Eltern praktiziertes Wechselmodell bleibt allerdings auch auf die Bedarfsbemessung nicht ohne Einfluss. Wenn beide Elternteile über Einkommen verfügen, ist der Unterhaltsbedarf des Kindes an den beiderseitigen - zusammengerechneten - Einkünften auszurichten. Hinzuzurechnen sind die Mehrkosten (z.B. Wohn- und Fahrtkosten), die dadurch entstehen , dass das Kind nicht nur in einer Wohnung, sondern in getrennten Haushalten versorgt wird. Für den so ermittelten Bedarf haben die Eltern anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen und unter Berücksichtigung der erbrachten Naturalunterhaltsleistungen aufzukommen (vgl. zur Berechnung etwa OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 74 ff. und NJW 2001, 3344 ff.; Eschenbruch /Wohlgemuth aaO Rdn. 3135).
18
4. Im vorliegenden Fall übernimmt der Beklagte nach seinem für das Revisionsverfahren zu unterstellenden Vorbringen ein Drittel der für den Kläger anfallenden Betreuung. Ob damit - über den zeitlichen Einsatz hinaus - bei ihm auch ein Drittel der insgesamt anfallenden Betreuungsleistungen liegt, wird daraus indessen nicht ersichtlich. Aber selbst wenn letzteres der Fall sein sollte, würde das nicht ausreichen, um von einer in etwa hälftigen Aufteilung der Versorgungs - und Erziehungsaufgaben auszugehen. Vielmehr läge auch dann das Schwergewicht der Betreuung eindeutig bei der Mutter. Damit praktizieren die Parteien aber keine Betreuung in einem Wechselmodell mit im Wesentlichen gleichen Anteilen. Mit Rücksicht darauf kommt die Mutter ihrer Unterhaltspflicht gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB durch die Betreuung des Kindes nach. Eine anteilige Barunterhaltspflicht ergibt sich für sie - entgegen der Auffassung der Revision - nicht.
19
5. Demgemäß hat das Berufungsgericht den Bedarf des Klägers zu Recht allein auf der Grundlage des Einkommens des Beklagten anhand der Düsseldorfer Tabelle ermittelt. Allerdings kann auch der auf diesem Weg bestimmte Bedarf eines unterhaltsberechtigten Kindes gemindert sein, wenn er zu einem Teil anderweitig gedeckt wird. Dies führt im Grundsatz zu einer entsprechenden Verringerung seines Unterhaltsanspruchs (§ 1602 Abs. 1 BGB). Wird mithin das Unterhaltsbedürfnis des Kindes, etwa durch Gewährung von Bekleidung und Verpflegung, unentgeltlich erfüllt, so kann das die Höhe des Barunterhaltsanspruchs verringern. Diese Folge kann auch dann eintreten, wenn es der barunterhaltspflichtige Elternteil selbst ist, der den Unterhalt des minderjährigen Kindes zu einem Teil in anderer Weise als durch die Zahlung einer Geldrente nach § 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB befriedigt (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Februar 1984 - IVb ZB 49/83 - FamRZ 1984, 470, 472).
20
Von einer teilweisen Bedarfsdeckung kann im vorliegenden Fall indessen ebenfalls nicht ausgegangen werden. Dass der Beklagte seinerseits den Wohnbedarf des Kindes in der Zeit, in der es sich bei ihm aufhält, bestreitet, mindert dessen - ohne Berücksichtigung dieser Mehrkosten ermittelten - Bedarf nicht. Denn in den Tabellensätzen sind nur die bei einem Elternteil anfallenden Wohnkosten enthalten. Von einer - unterhaltsrechtlich erheblichen - teilweisen Bedarfsdeckung durch die Verpflegung des Klägers seitens des Beklagten kann ebenso wenig ausgegangen werden. Da die im Rahmen üblicher Umgangskontakte von etwa fünf bis sechs Tagen monatlich gewährte Verpflegung nicht zu Erstattungsansprüchen des besuchten Elternteils führt, sondern dieser die üblichen Kosten, die ihm bei der Ausübung des Umgangsrechts entstehen, grundsätzlich selbst zu tragen hat (vgl. Senatsurteil vom 23. Februar 2005 - XII ZR 56/02 - FamRZ 2005, 706, 707 f. m.w.N.), führt die Verpflegung während weiterer vier bis fünf Tage nicht zu nennenswerten Ersparnissen des anderen Elternteils (vgl. Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 316 b ). Sonstige den Bedarf des Klägers teilweise deckenden konkreten Aufwendungen des Beklagten hat dieser nicht vorgetragen.
21
6. Auch unter dem Gesichtspunkt, dass das Unterhaltsrecht dem Unterhaltspflichtigen nicht die Möglichkeit nehmen darf, sein Umgangsrecht zur Erhaltung der Eltern-Kind-Beziehung auszuüben, und deshalb die damit verbundenen Kosten unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen sind, wenn und soweit sie nicht anderweitig, insbesondere nicht aus dem anteiligen Kindergeld, bestritten werden können (vgl. Senatsurteil vom 23. Februar 2005 aaO S. 708), ergibt sich im vorliegenden Fall keine Reduzierung des dem Kläger geschuldeten Unterhalts. Denn der Beklagte ist wirtschaftlich so gestellt, dass er aus dem ihm unter Berücksichtigung seines Selbstbehalts verbleibenden Einkommen neben dem Kindesunterhalt auch die durch den zeitweiligen Aufenthalt des Klägers bei ihm anfallenden Kosten bestreiten kann.
22
7. Die Unterhaltsberechnung des Berufungsgerichts ist nach alledem nicht zum Nachteil des Beklagten zu beanstanden, ohne dass es darauf ankommt , ob er in Gruppe 5 oder nur in Gruppe 2 der Düsseldorfer Tabelle einzustufen ist.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Vézina

Vorinstanzen:
AG Schwäbisch Gmünd, Entscheidung vom 05.12.2002 - 7 F 600/02 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 15.05.2003 - 11 UF 292/02 -
16
Das ist - in Fällen der vorliegenden Art - so lange nicht in Frage zu stellen , wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt. Solange ist es gerechtfertigt, davon auszugehen, dass dieser Elternteil die Hauptverantwortung für das Kind trägt und dadurch den Betreuungsunterhalt leistet, während der andere Elternteil - auf der Grundlage nur seiner eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse - zum Barunterhalt verpflichtet ist. Deshalb ändert sich an der aus dem Schwergewicht der Betreuung durch einen Elternteil folgenden Aufteilung zwischen Bar- und Betreuungsunterhalt nichts, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seinerseits Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbringt, selbst wenn dies im Rahmen eines über das übliche Maß hinaus wahrgenommenen Umgangsrechts erfolgt, dessen Ausgestaltung sich bereits einer Mitbetreuung annähert. Wenn und soweit der andere Elternteil gleichwohl die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, muss es dabei bleiben, dass dieser Elternteil seine Unterhaltspflicht im Sinne des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt. Zur Beantwortung der Frage, ob ein Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, kommt der zeitlichen Komponente der von ihm übernommenen Betreuung indizielle Bedeu- tung zu, ohne dass die Beurteilung sich allein hierauf zu beschränken braucht (Senatsurteil vom 21. Dezember 2005 - XII ZR 126/03 - FamRZ 2006, 1015, 1016 f.).
28
Diese Beurteilung ist solange nicht in Frage zu stellen, wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt. Denn dann ist die Annahme gerechtfertigt, dass dieser Elternteil die Hauptverantwortung für das Kind trägt und dadurch den Betreuungsunterhalt leistet, während der andere Elternteil - auf der Grundlage nur seiner eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse - zum Barunterhalt verpflichtet ist. Deshalb ändert sich an der aus dem Schwergewicht der Betreuung durch einen Elternteil folgenden Aufteilung zwischen Bar- und Betreuungsunterhalt nichts, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seinerseits Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbringt, selbst wenn dies im Rahmen eines über das übliche Maß hinaus wahrgenommenen Umgangsrechts erfolgt, dessen Ausgestaltung sich bereits einer Mitbetreuung annähert. Wenn und soweit der andere Elternteil gleichwohl die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, muss es dabei bleiben, dass dieser Elternteil seine Unterhaltspflicht im Sinne des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt (Senatsurteile vom 21. Dezember 2005 - XII ZR 126/03 - FamRZ 2006, 1015, 1017 und vom 28. Februar 2007 - XII ZR 161/04 - FamRZ 2007, 707 Rn. 16).

(1) Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig.

(2) Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren.

(3) Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Der Elternteil, der ein minderjähriges Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.

28
Diese Beurteilung ist solange nicht in Frage zu stellen, wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt. Denn dann ist die Annahme gerechtfertigt, dass dieser Elternteil die Hauptverantwortung für das Kind trägt und dadurch den Betreuungsunterhalt leistet, während der andere Elternteil - auf der Grundlage nur seiner eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse - zum Barunterhalt verpflichtet ist. Deshalb ändert sich an der aus dem Schwergewicht der Betreuung durch einen Elternteil folgenden Aufteilung zwischen Bar- und Betreuungsunterhalt nichts, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seinerseits Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbringt, selbst wenn dies im Rahmen eines über das übliche Maß hinaus wahrgenommenen Umgangsrechts erfolgt, dessen Ausgestaltung sich bereits einer Mitbetreuung annähert. Wenn und soweit der andere Elternteil gleichwohl die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, muss es dabei bleiben, dass dieser Elternteil seine Unterhaltspflicht im Sinne des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt (Senatsurteile vom 21. Dezember 2005 - XII ZR 126/03 - FamRZ 2006, 1015, 1017 und vom 28. Februar 2007 - XII ZR 161/04 - FamRZ 2007, 707 Rn. 16).

(1) Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig.

(2) Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren.

(3) Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Der Elternteil, der ein minderjähriges Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.

28
Diese Beurteilung ist solange nicht in Frage zu stellen, wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt. Denn dann ist die Annahme gerechtfertigt, dass dieser Elternteil die Hauptverantwortung für das Kind trägt und dadurch den Betreuungsunterhalt leistet, während der andere Elternteil - auf der Grundlage nur seiner eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse - zum Barunterhalt verpflichtet ist. Deshalb ändert sich an der aus dem Schwergewicht der Betreuung durch einen Elternteil folgenden Aufteilung zwischen Bar- und Betreuungsunterhalt nichts, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seinerseits Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbringt, selbst wenn dies im Rahmen eines über das übliche Maß hinaus wahrgenommenen Umgangsrechts erfolgt, dessen Ausgestaltung sich bereits einer Mitbetreuung annähert. Wenn und soweit der andere Elternteil gleichwohl die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, muss es dabei bleiben, dass dieser Elternteil seine Unterhaltspflicht im Sinne des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt (Senatsurteile vom 21. Dezember 2005 - XII ZR 126/03 - FamRZ 2006, 1015, 1017 und vom 28. Februar 2007 - XII ZR 161/04 - FamRZ 2007, 707 Rn. 16).

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

26
a) Richtig ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts. Auch der betreuende Elternteil kommt als anderer unterhaltspflichtiger Verwandter in Betracht, wenn dieser in der Lage ist, unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen neben der Betreuung des Kindes auch dessen Barunterhalt ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Selbstbehaltes aufzubringen. Um die Regel der Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) dabei nicht ins Leere laufen zu lassen, setzt die anteilige oder vollständige Haftung des betreuenden Elternteils für den Barunterhalt des minderjährigen Kindes nach ständiger Rechtsprechung des Senats zusätzlich voraus, dass ohne die Beteiligung des betreuenden Elternteils am Barunterhalt ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern entstehen würde (vgl. zuletzt Senatsurteile BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011, 1041 Rn. 41 f. und vom 31. Oktober 2007 - XII ZR 112/05 - FamRZ 2008, 137 Rn. 41 f.).

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 57/99 Verkündet am:
14. März 2001
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Krohn, Gerber, Sprick und Weber-Monecke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 10. Zivilsenats und Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 21. Dezember 1998 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt den seit Jahren von seiner Ehefrau getrennt lebenden Beklagten aus gemäß § 7 UVG übergegangenem Recht auf Unterhalt für drei der vier bei der Mutter lebenden gemeinsamen Kinder für die Zeit ab 1. August 1995 in Anspruch, und zwar für die Tochter Laila bis zur Vollendung ihres 12. Lebensjahres am 8. Januar 1996 und für die beiden 1986 und 1988 geborenen Söhne bis zum 28. Februar 1998. Für diese Kinder erbrachte der Kläger in den genannten Zeiträumen Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz in Höhe des jeweili-
gen Mindestunterhalts abzüglich des hälftigen Erstkindergeldes, insgesamt 21.424,40 DM. Von dem Umschulungsgeld, das dem Beklagten für die Zeit von Ende Oktober 1996 bis September 1997 zustand, zweigte der Kläger insgesamt 5.345,78 DM ab. Das Familiengericht sprach dem Kläger den mit der Klage geltend gemachten Restbetrag von 16.078,62 DM (1.676,40 DM Unterhalt für die Tochter Laila und je 7.201,11 DM Unterhalt für die beiden Söhne) zu. Auf die Berufung des Beklagten wies das Oberlandesgericht die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils mit der Begründung ab, ein Unterhaltsanspruch, der - wie hier - nur unter Berücksichtigung fiktiver Einkünfte des ansonsten leistungsunfähigen Unterhaltsschuldners in Betracht komme, gehe nicht nach § 7 UVG auf den Träger der öffentlichen Leistung über. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung. 1. Die auch von der Revision nicht angegriffene Beurteilung des Berufungsgerichts , der Beklagte sei im maßgeblichen Zeitraum über die von seinem Umschulungsgeld abgezweigten Unterhaltsleistungen hinaus aufgrund seines erzielten Einkommens nicht leistungsfähig gewesen, läßt Rechtsfehler nicht erkennen.
2. Zu Recht wendet sich die Revision allerdings gegen die Auffassung des Berufungsgerichts (dessen Entscheidung in FamRZ 1999, 1021 f. veröffentlicht ist), ein nach bürgerlichem Recht bestehender Unterhaltsanspruch könne nicht nach § 7 Abs. 1 UVG auf den Träger der öffentlichen Leistung übergehen, soweit er darauf beruht, daß der Unterhaltspflichtige sich fiktive Einkünfte zurechnen lassen muß, die er durch zumutbare Erwerbstätigkeit hätte erzielen können. Zwar schließt § 91 Abs. 2 Satz 1 BSHG den Übergang eines auf der Zurechnung fiktiver Einkünfte beruhenden Unterhaltsanspruchs auf den Träger der Sozialhilfe aus (vgl. Senatsurteil vom 11. März 1998 - XII ZR 190/96 - FamRZ 1998, 818, 819). Der Senat hat die umstrittene und von ihm bislang offen gelassene Frage , ob in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift auch der Forderungsübergang nach § 7 Abs. 1 UVG einer solchen Beschränkung unterliegt (vgl. Senatsurteile vom 22. September 1999 - XII ZR 250/97 - FamRZ 2000, 221, 223 m.N. und vom 31. Mai 2000 - XII ZR 119/98 - FamRZ 2000, 1358) aber inzwischen verneint (vgl. Senatsurteil vom 27. September 2000 - XII ZR 174/98 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Eine entsprechende Anwendung des § 91 Abs. 2 Satz 1 BSHG im Rahmen des Forderungsübergangs nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG würde voraussetzen , daß die letztgenannte Vorschrift, deren Wortlaut keine derartige Einschränkung vorsieht, eine im Wege der Analogie zu schließende Regelungslücke enthält. Diese Voraussetzung vermag der Senat indes nicht als gegeben anzusehen, nachdem der Gesetzgeber im Rahmen der Reform des Kindesunterhaltsrechts durch das Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 (BGBl. I 666) andere Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes, nämlich die Zuläs-
sigkeit der Rückabtretung und der Geltendmachung künftigen Unterhalts (§ 91 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 1 BSHG), ausdrücklich in das Unterhaltsvorschußgesetz aufgenommen hat (§ 7 Abs. 4 Satz 1 und 2 UVG), nicht aber die sozialhilferechtliche Schutzbestimmung des § 91 Abs. 2 Satz 1 BSHG. Da die vorliegende Problematik schon längere Zeit vor dem Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes bekannt war, muß davon ausgegangen werden, daß das Unterbleiben einer entsprechenden Regelung in diesem Gesetz nicht auf einem Versehen beruht, sondern der gesetzgeberischen Intention entspricht. Der sich daraus ergebenden Folge, daß eventuell bestehende Unterhaltsansprüche somit auf das klagende Land übergegangen sind, steht auch nicht der Grundsatz entgegen, daß eine Unterhaltspflicht nicht besteht, soweit sie dazu führen würde, daß der Unterhaltspflichtige selbst erstmals oder in erhöhtem Maße sozialhilfebedürftig wird (vgl. Senatsurteil vom 2. Mai 1990 - XII ZR 72/89 - FamRZ 1990, 849, 850; Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 5. Aufl. § 4 Rdn. 576, 525). In der vorgenannten Entscheidung hat der Senat zur Leistungsfähigkeit eines Unterhaltsverpflichteten ausgeführt, jede Unterhaltspflicht finde dort ihre Grenze, wo dem Betroffenen nicht die Mittel für den eigenen notwendigen Lebensbedarf verblieben. Diese sind aber in Fällen der vorliegenden Art allein aufgrund des Forderungsübergangs auf den Träger der öffentlichen Leistung ebensowenig in Frage gestellt wie in dem Fall, in dem der Unterhaltsberechtigte selbst Unterhaltsansprüche auf fiktiver Grundlage geltend macht. 3. Da das Berufungsgericht - aus seiner Sicht konsequent - keine Feststellungen getroffen hat, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Beklagte seine Arbeitskraft ertragreicher hätte einsetzen können und deshalb seinen Kindern aufgrund der erweiterten Unterhaltspflicht des § 1603 Abs. 2 BGB

unterhaltspflichtig war, ist die Sache unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Nachholung dieser Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Blumenröhr Krohn Bundesrichter Gerber ist im Urlaub und verhindert zu unterschreiben. Blumenröhr Sprick Weber-Monecke