Bundesgerichtshof Urteil, 14. Dez. 2006 - I ZR 11/04

bei uns veröffentlicht am14.12.2006
vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 4 O 377/01, 06.12.2002
Oberlandesgericht Düsseldorf, 20 U 36/03, 16.12.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 11/04 Verkündet am:
14. Dezember 2006
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Aufarbeitung von Fahrzeugkomponenten
GMV Art. 9 Abs. 1, Art. 12 lit. b, 90 Abs. 1 und 2, Art. 92 lit. a; Brüssel-I-VO

a) Werden mehrere Konzernunternehmen mit Sitz in verschiedenen Mitgliedstaaten
mit der Begründung in Anspruch genommen, sie hätten auf verschiedenen
Absatzstufen in einer "Verletzerkette" (hier: Aufarbeitung und
Vertrieb von Komponenten der Brems- und Fahrwerkssteuerung für Lkw) zusammengewirkt
und dabei eine Markenverletzung begangen, ist der besondere
Gerichtsstand der Streitgenossenschaft nach Art. 6 Nr. 1 Brüssel-I-VO
begründet.

b) Befindet sich auf aufgearbeiteten Fahrzeugkomponenten neben der Marke
des Herstellers die Marke des aufarbeitenden Unternehmens, deutet dies für
den gewerblichen Nachfrager solcher Austauschteile darauf hin, dass sich
die Herstellermarke nicht auf den Aufarbeitungsvorgang bezieht.
BGH, Urt. v. 14. Dezember 2006 - I ZR 11/04 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Bergmann und Gröning

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16. Dezember 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin produziert und vertreibt Komponenten der Brems- und Fahrwerksteuerung für Nutzfahrzeuge, darunter Motorwagen- und Anhängerbremsventile , Bremskraft- und Druckregler, Relais- und Luftfederventile, Kupplungskraftverstärker und Lufttrockner. Sie ist Inhaberin der nachfolgend abgebildeten Gemeinschaftsmarke Nr. 00226738 und der identischen nationalen Marke Nr. 991110 (Wort-/Bildmarke), die unter anderem für Fahrzeugbremsen und deren Einzelteile, Luftfederungen für Kraftfahrzeuge und deren Teile, Geräte , Apparate und daraus zusammengesetzte Anlagen zur Steuerung, Regelung, Beeinflussung und/oder Überwachung von Fahrzeugbremsen, für Teile solcher Geräte und Apparate sowie für selbsttätige und nicht selbsttätige Kupplungen für Schienen- und Straßenfahrzeuge eingetragen ist:
2
Diese Marke ist regelmäßig, aber nicht ausnahmslos in die Metallkörper der genannten Komponenten eingeprägt; ansonsten ist sie auf PlastikVerschlusskappen aufgeformt, mit denen Öffnungen dieser Teile verschlossen werden.
3
Die Beklagten zu 1 und 2 gehören zur spanischen JALAIR-Unternehmensgruppe. Die Beklagte zu 1 beschäftigt sich mit der Wiederaufarbeitung von Teilen der Fahrwerk- und Bremssteuerung verschiedener Hersteller, darunter auch der eingangs genannten Produkte der Klägerin; sie hat ihren Geschäftssitz in Spanien und ist dort auch registriert. Die Beklagte zu 2 hat ihren Geschäftssitz in Mülheim an der Ruhr; sie vertreibt die von der Beklagten zu 1 aufgearbeiteten, u. a. ursprünglich von der Klägerin stammenden Teile in Deutschland, und zwar im so genannten Austauschgeschäft. Dabei geben die Käufer wiederaufgearbeiteter Stücke im Gegenzug die von ihnen ausgebauten und zu ersetzenden Teile zur anderweitigen Aufarbeitung ab. Der Beklagte zu 3 war bis zum 28. Januar 2003 gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu 1 und bis zum 13. Juni 2002 Geschäftsführer der Beklagten zu 2.
4
Bei der Wiederaufarbeitung werden die aufzuarbeitenden Stücke komplett zerlegt und gereinigt; Verschleiß- und defekte Einzelteile werden ersetzt, Kunststoffteile mit begrenzter Lebensdauer erneuert. Die ins Metall eingepräg- ten Klagemarken verbleiben auf den Metallkörpern; soweit die Marke lediglich auf Verschlusskappen angebracht ist, ist streitig geblieben, ob diese stets durch eigene, neutrale Kappen in roter Farbe ersetzt werden. Die Beklagte zu 1 bringt an den von ihr wiederaufgearbeiteten Teilen Blechschilder an, die ein Kennzeichen der JALAIR-Gruppe tragen und in die die Daten des betreffenden Geräts eingestanzt sind. Ein Beispiel für ein solches Schild ist nachstehend wiedergegeben :
5
Die Klägerin hat in der Wiederaufarbeitung und dem anschließenden Vertrieb der auf diese Weise gekennzeichneten überarbeiteten Teile eine Verletzung der ihr aus den Klagemarken zustehenden Schutzrechte gesehen und Unterlassungs-, Auskunfts- sowie Schadensersatz-Feststellungsklage erhoben, der die Beklagten entgegengetreten sind.
6
Das Landgericht hat die Beklagten zu 1 und 3 unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, im Einzelnen spezifizierte gebrauchte Geräte für Bremssysteme in Nutzfahrzeugen, auf denen die Gemeinschaftsmarke der Klägerin angebracht ist, wiederaufzuarbeiten und diese Geräte unter dieser Gemeinschaftsmarke ohne Zustimmung der Klägerin im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Gemeinschaft anzubieten, solche Geräte in den Verkehr zu bringen oder zu diesen Zwecken zu besitzen, auszuführen oder für solche Geräte unter dieser Gemeinschaftsmarke zu werben. Die Beklagte zu 2 ist bis auf den Tatbestand des Wiederaufarbeitens gleichlautend verurteilt worden. Des Weiteren hat das Landgericht die Verurteilung der Beklagten zu 2 und 3 zur Auskunftserteilung über Namen und Anschrift ihrer gewerblichen Abnehmer , der Menge der in Deutschland ausgelieferten besagten Geräte und über die damit in Deutschland erzielten Umsätze ausgesprochen und festgestellt , dass die Beklagten zu 2 und zu 3 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus den untersagten, in Deutschland begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.
7
Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.
8
Hiergegen richtet sich die (vom Berufungsgericht zugelassene) Revision, mit der die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht. Es hat sich dabei hinsichtlich der gegen die Beklagten zu 1 und 3 gerichteten Klage aus der Gemeinschaftsmarke auf Art. 90 Abs. 1 GMV i. V. mit - je nach Zeitpunkt der Klagezustellung - Art. 6 Nr. 1 Brüssel-I-VO bzw. Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ gestützt. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen , dass die Klage auch auf die nationale Marke gestützt ist, und hat die internationale Zuständigkeit insoweit aus Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO bzw. Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ begründet.
10
Die von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche hat das Berufungsgericht als unbegründet angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
11
Der Klägerin stünden keine Ansprüche auf Unterlassung wegen Verletzung der Gemeinschaftsmarke aus Art. 9 Abs. 1, Art. 98 Abs. 1 GMV zu. Auch wenn sich die Klagemarke nach der Wiederaufarbeitung noch auf den Geräten befinde und eine Erschöpfung wegen der mit der Wiederaufarbeitung verbundenen Veränderung der Ware nicht in Betracht komme, sei die Gemeinschaftsmarke nicht verletzt, weil die Beklagte zu 1 auf den aufgearbeiteten Teilen gut sichtbar ihre eigene Kennzeichnung anbringe. Die maßgeblichen Verkehrskreise - Personen, die die fraglichen Erzeugnisse gewerbsmäßig und damit häufiger nachfragten - verstünden diese Aufmachung als unmissverständlichen Hinweis darauf, dass die Teile nur im ursprünglichen Zustand von der Klägerin stammten und später eine - mehr oder weniger tiefgreifende - Aufarbeitung durch ein anderes Unternehmen erfahren hätten. Es sei daher davon auszugehen, dass der Verkehr die Ware ihrer Herkunft nach richtig zuordne, und zwar infolge der festen Anbringung des Kennzeichens auf den Geräten auch bei nachgeordneten Vertriebsvorgängen und unabhängig davon, ob die Verpackung der wiederaufgearbeiteten Geräte zusätzlich auf die JALAIRGruppe hinweise. Damit sei eine Verletzung der Gemeinschaftsmarke aus Rechtsgründen ausgeschlossen. Entsprechendes gelte für die nationale Marke.
12
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
13
1. Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (BGHZ 153, 82, 84 f.; BGH, Urt. v.
13.10.2004 - I ZR 163/02, WRP 2005, 493 f. - HOTEL MARITIME; BGHZ 167, 91 Tz 20 - Arzneimittelwerbung im Internet; BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 96/03, WRP 2006, 1235 Tz 10 - TOSCA BLU), entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung zu Recht bejaht.
14
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folgt aus Art. 90 Abs. 1, Art. 92 lit. a GMV i. V. mit Art. 6 Nr. 1 Brüssel-I-VO bzw. Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ. Die Anwendung dieser Gerichtsstandsregelungen ist in Klageverfahren wegen (drohender) Verletzung einer Gemeinschaftsmarke nicht ausgeschlossen (vgl. Art. 90 Abs. 2 GMV). Danach können mehrere Personen mit Wohnsitz in verschiedenen Vertrags- bzw. Mitgliedstaaten gemeinsam vor dem Wohnsitzoder Sitzgericht (vgl. Art. 53 EuGVÜ, Art. 60 Abs. 1 Brüssel-I-VO) eines Streitgenossen verklagt werden, wenn zwischen den Klagen eine so enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren bei derselben Sachund Rechtslage widersprechende Entscheidungen ergehen (Konnexität, vgl. EuGH, Urt. v. 13.7.2006 - C-539/03, GRUR Int. 2006, 836 Tz 19 ff. - Roche Nederland BV/Primus u. a.). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.
15
a) Die Beklagte zu 2 hat ihren Sitz (Art. 2, 53 EuGVÜ, Art. 2 Abs. 1, Art. 60 Abs. 1 Brüssel-I-VO) in Deutschland. Die Beklagten zu 1 und 3 haben ihren Wohnsitz bzw. Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats. Damit besteht ein Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ bzw. Art. 6 Nr. 1 Brüssel-I-VO für die Verfahren gegen die Beklagte zu 1 und den Beklagten zu 3.
16
b) aa) Im markenrechtlichen Schrifttum wird Konnexität i. S. von Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ und Art. 6 Nr. 1 Brüssel-I-VO bei der Verletzung von Gemeinschaftsmarken etwa in Fällen so genannter Verletzerketten bejaht, wenn an der Markenverletzung beteiligte Hersteller, Importeure, Lieferanten bzw. Groß- und Einzelhändler in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind (vgl. Kouker, Mitt. 2000, 241, 246; Bumiller, Durchsetzung der Gemeinschaftsmarke in der Europäischen Union, 1997, Rdn. 72; von Kapff in: Heidelberger Kommentar zum Markenrecht, Art. 93 GMV Rdn. 73 f.; weitergehend Knaak, GRUR 2001, 21, 25). Dagegen begründen gleichartige Verletzungen eines europäischen Patents , die von den Mitarbeitern verschiedener, zum selben Konzern gehörender Unternehmen begangen worden sind, keine Konnexität i. S. von Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ (EuGH GRUR Int. 2006, 836 Tz 25 ff. - Roche Nederland BV/Primus u. a.).
17
bb) Im Streitfall ist Konnexität zu bejahen. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen vertreibt die Beklagte zu 1 die von ihr aufgearbeiteten Teile über die Beklagte zu 2 in Deutschland, wobei der Beklagte zu 3 zeitweilig gesetzlicher Vertreter beider Unternehmen war. Beim Zusammenwirken von Konzernunternehmen in einer solchen Verletzerkette - dass es sich bei dem beanstandeten Verhalten um eine Markenverletzung handelt, ist in diesem Zusammenhang zu unterstellen - ist die gemeinsame Verhandlung und Entscheidung aller Klagen geboten, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren trotz gleicher Sach- und Rechtslage (vgl. EuGH GRUR Int. 2006, 836 Tz 26 - Roche Nederland BV/Primus u. a.) widersprechende Entscheidungen ergehen.
18
Der Bejahung von Konnexität im Streitfall steht deren Verneinung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Falle der Verletzung des europäischen Patents nicht entgegen (vgl. dazu EuGH GRUR Int. 2006, 836 Tz 27 ff. - Roche Nederland BV/Primus u. a.). Das europäische Patent stellt ein Bündel nationaler Schutzrechte dar, die in jedem Vertragsstaat, für den sie erteilt worden sind, dieselbe Wirkung haben und denselben Vorschriften unterlie- gen wie ein in diesem Staat erteiltes nationales Patent. In einer solchen Situation besteht eine geringere Gefahr sich widersprechender Entscheidungen als im Falle der - hier in Rede stehenden - Verletzung eines einheitlichen Gemeinschaftsschutzrechts , zumal es im Falle der "Verletzerkette" auch nicht um parallele Verletzungshandlungen, sondern um die Beteiligung an einer einheitlichen Schutzrechtsverletzung geht. Zwar sind mit den Beklagten zu 1 bis 3 mehrere Personen beteiligt. Das ist aber bestimmungsgemäße Voraussetzung für die Anwendung von Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ bzw. Art. 6 Nr. 1 Brüssel-I-VO. Die Klägerin erstrebt mit der Unterlassungsklage - abgesehen von der allein die Beklagte zu 1 betreffenden Wiederaufarbeitung - ein gemeinschaftsweites Verbot identischer Handlungen (Angebot, In-Verkehr-Bringen, Besitz und Ausfuhr der aufgearbeiteten Teile sowie Werbung dafür). Dieses Klagebegehren bezieht sich somit bezüglich aller Beklagter im Wesentlichen auf die identische Sachlage.
19
Die Entscheidung ergeht, in Anbetracht der Einheitlichkeit des Schutzrechts , auf einer gegenüber allen Beklagten identischen Rechtslage. Die Gemeinschaftsmarke stellt anders als das europäische Bündelpatent ein supranationales , EU-weit einheitlich geltendes Schutzrecht dar (vgl. Eisenführ/ Schennen, Komm. zur GMV, Art. 1 Rdn. 22; von Kapff aaO Art. 1 GMV Rdn. 57). Sie hat einheitliche Wirkung für die gesamte Gemeinschaft und kann nur für dieses gesamte Gebiet eingetragen oder übertragen werden oder Gegenstand eines Verzichts oder einer Entscheidung über den Verfall der Rechte des Inhabers oder die Nichtigkeit sein. Ihre Benutzung kann nur für die gesamte Gemeinschaft untersagt werden, sofern nicht in der Gemeinschaftsmarkenverordnung etwas Abweichendes bestimmt ist (Art. 1 Abs. 2 GMV; zu den Ausnahmen vgl. Eisenführ/Schennen aaO Art. 1 Rdn. 45 ff.).
20
c) Offenbleiben kann, ob das Berufungsgericht seine internationale Zuständigkeit für die auf die nationale Marke gestützte Klage gegen die Beklagte zu 1 und den Beklagten zu 3 auch wegen der allein in Spanien vorgenommenen Handlungen auf Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ bzw. Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO stützen konnte. Die Zuständigkeit aus Art. 90 Abs. 1 GMV, Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ, Art. 6 Nr. 1 Brüssel-I-VO besteht umfassend für alle in jedem Mitgliedstaat begangenen oder drohenden Verletzungshandlungen (vgl. Art. 93 Abs. 1, Art. 94 Abs. 1, 1. Spiegelstrich GMV). Das Klageziel wird deshalb umfassend von den Rechten aus der Gemeinschaftsmarke abgedeckt.
21
2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Klägerin keine Ansprüche aus Art. 9 Abs. 1, Art. 98 GMV zustehen, greift die Revision ohne Erfolg an. Dabei kann offenbleiben, ob schon kein markenmäßiger, weil nur beschreibender Gebrauch vorliegt. Denn jedenfalls bewegt sich dieser in den Schranken von Art. 12 lit. b GMV, § 23 Nr. 2 MarkenG.
22
a) Die Annahme des Berufungsgerichts, dass markenrechtliche Ansprüche der Klägerin nicht erschöpft sind (Art. 13 Abs. 2 GMV, § 24 Abs. 2 MarkenG ), nimmt die Revision als ihr günstig hin; Rechtsfehler sind insoweit auch nicht zu erkennen.
23
b) Der von der Revision ebenfalls nicht beanstandete Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, es sei ein unmissverständlicher Hinweis auf die Wiederaufarbeitung der weiterhin mit der Klagemarke versehenen Teile erforderlich , um eine Verletzung der Markenrechte des Herstellers des Originalprodukts auszuschließen, entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die herkunftshinweisende Funktion einer Marke kann dadurch teilweise aufgehoben werden, dass unter Beibehaltung der Marke auf der vom Markeninhaber in Verkehr gebrachten Ware ein weiteres Zeichen angebracht und damit deutlich gemacht wird, dass die herkunftshinweisende Wirkung der ursprünglichen Marke beschränkt ist (BGH, Urt. v. 24.6.2004 - I ZR 44/02, GRUR 2005, 162 = WRP 2005, 222 - SodaStream). Wird auf einer umgebauten Ware der ursprünglichen Herstellerbezeichnung die für das umgebaute Gerät benutzte eigene Marke gegenübergestellt und auf den Umbau hingewiesen, wird dem Verkehr deutlich gemacht, dass die ursprüngliche Herstellerbezeichnung ein fremdes Zeichen ist, nämlich zur Kennzeichnung des Geräts in seinem Ursprungszustand. Durch die Gegenüberstellung der eigenen Marke als neue Kennzeichnung des umgebauten Geräts ist es der Lebenserfahrung nach ausgeschlossen, dass der Verkehr die ursprüngliche Herstellermarke als Mittel der Kennzeichnung des nunmehr in Verkehr gebrachten umgebauten Erzeugnisses ansieht. Die Erwähnung der ursprünglichen Herstellermarke hält sich dann im Rahmen der vom markenrechtlichen Schutz freistellenden Schrankenbestimmung des § 23 Nr. 2 MarkenG (BGH, Urt. v. 15.1.1998 - I ZR 259/95, GRUR 1998, 697 ff. = WRP 1998, 763 ff. - VENUS MULTI; vgl. auch RGZ 161, 29, 43 f.).
24
c) Die Beurteilung des Streitfalls in der Sache hängt danach davon ab, ob die angesprochenen Verkehrskreise allein aufgrund der von der Beklagten zu 1 angebrachten Kennzeichnung an den weiterhin mit der Klagemarke versehenen Erzeugnissen ohne zusätzliche Informationen erkennen, dass die Produkte nur ursprünglich von der Klägerin stammen und unabhängig von ihrer Produktverantwortung wiederaufgearbeitet worden sind. Das hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejaht.
25
aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es in diesem Zusammenhang darauf ankommt, ob die angesprochenen Verkehrskreise die Wiederaufarbeitung einem von der Klägerin unabhängigen Unternehmen zuordnen.
26
Der Einwand der Klägerin, die Anbringung der Blechschilder neben der Klagemarke könne dahin verstanden werden, dass die Teile von ihr selbst auf- gearbeitet worden seien und unter einer Zweitmarke vertrieben würden, geht fehl. Er berücksichtigt nicht hinreichend, dass sich das Angebot der Beklagten an Fachkreise richtet, nämlich an Personen, welche die angebotenen Produkte gewerbsmäßig für den Reparaturbetrieb von Nutzfahrzeugen nachfragen, insbesondere Kfz-Techniker und Monteure. Sie sind erfahrungsgemäß im Interesse der eigenen optimalen Nachfrage über das am Markt erhältliche Angebot im Einzelnen unterrichtet und sehen "JALAIR" schon deshalb nicht als Zweitmarke der Klägerin an, weil die Klägerin selbst einzelne der streitgegenständlichen Komponenten nicht nur als fabrikneue Ersatzteile anbietet, sondern auch als wiederaufgearbeitete Ware. Dass die Klägerin diese und ähnliche Produkte zusätzlich unter einer Zweitmarke anbietet, erwartet der Verkehr erfahrungsgemäß nicht.
27
Es spricht auch kein Erfahrungssatz dafür, nicht unerhebliche Teile des angesprochenen Verkehrs könnten der Gegenüberstellung von Klagemarke und "JALAIR"-Zeichen entnehmen, die betreffenden Geräte seien zumindest unter der Kontrolle der Klägerin, jedenfalls mit ihrer Zustimmung oder technischen Unterstützung aufgearbeitet worden. Die Wiederaufarbeitung setzt allgemein keine Gestattung durch die Hersteller der Originalteile voraus. Eine Verpflichtung oder wenigstens Übung der wiederaufarbeitenden Unternehmen, sich für das Austauschgeschäft ihrer Kontrolle zu unterwerfen oder sich ihrer Zustimmung zu versichern, besteht ersichtlich nicht. Die Revision vermag auch sonst keine Umstände aufzuzeigen, die das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise in diesem Sinne geprägt haben könnten und die das Berufungsgericht bei der Feststellung der Verkehrsauffassung vernachlässigt hätte. Zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr bedarf es deshalb entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht auch nicht des ergänzenden Hinweises "remanufactured by…"/"wiederaufgearbeitet durch…" (vgl. Riehle, Trade Mark Rights and Remanufacturing in the European Community, 2003, S. 63 f.).

28
Ansprüche der Klägerin aus Art. 9 Abs. 1, Art. 98 GMV ergeben sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin bei zwei von den Beklagten zu den Akten gereichten Teilen Abweichungen von den Sicherheitsvorgaben gemessen hat, welche die Toleranzen ihrer unternehmensinternen Herstellerprüfvorschriften überschritten. Da die angesprochenen Verkehrskreise in der Klagemarke nur noch den Hinweis auf die ursprüngliche Herkunft der Produkte sehen, werden eventuelle qualitative Mängel der aufgearbeiteten Teile dem wiederaufarbeitenden Unternehmen zugerechnet und nicht auf den Hersteller der Originalteile zurückgeführt. Eine Schädigung des Rufs der Klagemarke hat die Klägerin schon deshalb nicht zu befürchten. Es sprechen im Übrigen entgegen der Revision keine Erfahrungssätze dafür, dass der Verkehr mit den aufgearbeiteten Erzeugnissen gedanklich die Sicherheitsvorgaben der Klägerin in Verbindung bringt, zumal diese - laufend überarbeiteten und aktualisierten - Werte nicht publik gemacht werden. Einen Hinweis im Zusammenhang mit der von der Beklagten zu 1 angebrachten Kennzeichnung darauf, dass die Herstellerprüfvorschriften für die Dichtigkeits- und Funktionsprüfungen nicht berücksichtigt sind, kann die Klägerin vom wiederaufarbeitenden Unternehmen deshalb nicht verlangen.
29
bb) Ohne Erfolg wendet die Revision des Weiteren ein, die angebrachten Blechetikette wiesen gar nicht auf die Beklagte zu 1 hin, weil sie nur das "JALAIR"-Logo enthielten. Markenrechtlich entscheidend ist allein, dass die Funktion der Klagemarke als Hinweis auf den Herstellerbetrieb neutralisiert ist. Dass die von der Beklagten zu 1 angebrachten Etiketten nicht auf sie selbst hinweisen, sondern auf die Unternehmensgruppe, zu der sie gehört, ist im Streitfall nicht von Bedeutung.
30
cc) Das Berufungsgericht hat sich auch nicht in Widerspruch zu der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften begeben, wonach die Marke Gewähr dafür bieten soll, dass alle von ihr gekennzeichneten Waren als unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt erkannt werden, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann (EuGH, Urt. v. 12.11.2002 - C-206/01, Slg. 2002, I-10273 = GRUR 2003, 55 Tz 48, 58 - Arsenal FC). Bei wiederaufgearbeiteten Fahrzeugersatzteilen wird, wie ausgeführt , das aufarbeitende Unternehmen für die Qualität der Teile verantwortlich gemacht. Die Markenrechte des Original-Herstellers werden deshalb nicht verletzt , wenn die Kennzeichnung eine vom ursprünglichen Teilehersteller autonome Wiederaufarbeitung erkennen lässt, was im Streitfall, wie ebenfalls ausgeführt , der Fall ist.
31
3. Für die Rechte aus der nationalen Marke gilt das vorstehend Ausgeführte entsprechend.
32
III. Die Revision ist daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm v.Ungern-Sternberg Pokrant
Bergmann Gröning
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.12.2002 - 4 O 377/01 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 16.12.2003 - 20 U 36/03 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 14. Dez. 2006 - I ZR 11/04

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 14. Dez. 2006 - I ZR 11/04

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Markengesetz - MarkenG | § 14 Ausschließliches Recht des Inhabers einer Marke, Unterlassungsanspruch, Schadensersatzanspruch


(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht. (2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen 1. ein mi

Zivilprozessordnung - ZPO | § 545 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht. (2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen

Markengesetz - MarkenG | § 23 Benutzung von Namen und beschreibenden Angaben; Ersatzteilgeschäft


(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung darf einem Dritten nicht untersagen, im geschäftlichen Verkehr Folgendes zu benutzen: 1. den Namen oder die Anschrift des Dritten, wenn dieser eine natürliche Person ist,2. ein mit der
Bundesgerichtshof Urteil, 14. Dez. 2006 - I ZR 11/04 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Markengesetz - MarkenG | § 14 Ausschließliches Recht des Inhabers einer Marke, Unterlassungsanspruch, Schadensersatzanspruch


(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht. (2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen 1. ein mi

Zivilprozessordnung - ZPO | § 545 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht. (2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen

Markengesetz - MarkenG | § 23 Benutzung von Namen und beschreibenden Angaben; Ersatzteilgeschäft


(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung darf einem Dritten nicht untersagen, im geschäftlichen Verkehr Folgendes zu benutzen: 1. den Namen oder die Anschrift des Dritten, wenn dieser eine natürliche Person ist,2. ein mit der

Markengesetz - MarkenG | § 24 Erschöpfung


(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke oder dieser geschäftlichen Bezeichnung von

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Dez. 2006 - I ZR 11/04 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Dez. 2006 - I ZR 11/04 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Juni 2004 - I ZR 44/02

bei uns veröffentlicht am 24.06.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 44/02 Verkündet am: 24. Juni 2004 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2006 - I ZR 96/03

bei uns veröffentlicht am 30.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 96/03 Verkündet am: 30. März 2006 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja TOSC

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Okt. 2004 - I ZR 163/02

bei uns veröffentlicht am 13.10.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 163/02 Verkündet am: 13. Oktober 2004 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 14. Dez. 2006 - I ZR 11/04.

Bundesgerichtshof Urteil, 27. März 2013 - I ZR 100/11

bei uns veröffentlicht am 27.03.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 100/11 Verkündet am: 27. März 2013 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Jan. 2018 - I ZR 187/16

bei uns veröffentlicht am 11.01.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 187/16 Verkündet am: 11. Januar 2018 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Nov. 2017 - I ZR 164/16

bei uns veröffentlicht am 09.11.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 164/16 Verkündet am: 9. November 2017 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 07. Jan. 2016 - I-20 U 226/13

bei uns veröffentlicht am 07.01.2016

Tenor I. Das Verfahren wird ausgesetzt. II. Das Oberlandesgericht Düsseldorf legt dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Auslegung von Unionsrecht zur Vorabentscheidung vor: 1. Kann im Rahmen eines Prozesses zur Durchsetzung von

Referenzen

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung darf einem Dritten nicht untersagen, im geschäftlichen Verkehr Folgendes zu benutzen:

1.
den Namen oder die Anschrift des Dritten, wenn dieser eine natürliche Person ist,
2.
ein mit der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung identisches Zeichen oder ähnliches Zeichen, dem jegliche Unterscheidungskraft fehlt, oder ein identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen, wie insbesondere deren Art, Beschaffenheit, Bestimmung, Wert, geografische Herkunft oder die Zeit ihrer Herstellung oder ihrer Erbringung, oder
3.
die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung zu Zwecken der Identifizierung oder zum Verweis auf Waren oder Dienstleistungen als die des Inhabers der Marke, insbesondere wenn die Benutzung der Marke als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil oder einer Dienstleistung erforderlich ist.

(2) Absatz 1 findet nur dann Anwendung, wenn die Benutzung durch den Dritten den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.

(2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 163/02 Verkündet am:
13. Oktober 2004
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
HOTEL MARITIME
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2; § 15 Abs. 2; EuGVÜ Art. 5 Nr. 3

a) Zur Begründung der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte nach
Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ reicht es aus, daß die Verletzung des geschützten
Rechtsguts im Inland behauptet wird und diese nicht von vornherein ausgeschlossen
ist. Die Zuständigkeit ist nicht davon abhängig, daß eine Rechtsverletzung
tatsächlich eingetreten ist.

b) Nicht jedes im Inland abrufbare Angebot ausländischer Dienstleistungen im
Internet kann bei Verwechslungsgefahr mit einem inländischen Kennzeichen
i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kennzeichenrechtliche Ansprüche auslösen.
Erforderlich ist, daß das Angebot einen wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug
aufweist.
BGH, Urt. v. 13. Oktober 2004 - I ZR 163/02 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und
Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 2. Mai 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, die seit Anfang der 70er Jahre die Angabe "MARITIM" zur Bezeichnung ihres Geschäftsbetriebs verwendet, betreibt in Deutschland 40 Hotels.
Sie ist Inhaberin der am 8. November 1991 und am 6. Februar 1992 u.a. für "Betrieb von Hotels, gastronomischen Betrieben" eingetragenen Marken Nr. 1 182 140 und Nr. 2 009 048 "MARITIM".
Die Beklagte führt seit 1994 in Kopenhagen ein Hotel-Garni mit der Bezeichnung "HOTEL MARITIME". Seit 1996 unterhält sie die Domain "www.hotelmaritime.dk". Auf ihrer Homepage stellt sie in dänischer, englischer und deutscher Sprache ihr Hotel dar und bietet die Möglichkeit zu Online-Hotelreservierungen und -buchungen in deutscher Sprache. Für ihr Hotel wirbt sie mit einem mehrsprachigen, auch in deutscher Sprache verfaßten Hotelprospekt, den sie auf Anfrage nach Deutschland versendet.
Die Beklagte ist Inhaberin der für "Hotel- und Gastronomiebetrieb, Vermietung von Versammlungslokalen" mit Priorität vom 4. November 1999 eingetragenen dänischen Marke Nr. VB 2000 00763 "HOTEL MARITIME".
Die Klägerin sieht eine Verletzung ihrer Kennzeichenrechte und eine wettbewerbswidrige Ausnutzung ihres guten Rufs in der Werbung der Beklagten im Internet und der Versendung des Hotelprospekts nach Deutschland.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,

a) im kaufmännischen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland sich zur Bezeichnung des von ihr betriebenen Hotels der Bezeichnung "HOTEL MARITIME" zu bedienen,

b) sich der Internet-Domain www.hotel-maritime.dk zu bedienen , soweit unter diesem Domain-Namen in deutscher Sprache für das "HOTEL MARITIME" in Kopenhagen geworben wird.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat wegen des Antrags zu b) die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gerügt und die Ansicht vertreten, ihr von der Klägerin beanstandetes Verhalten weise keinen ausreichenden Inlandsbezug auf.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Hamburg GRUR Int. 2002, 163). Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen (OLG Hamburg Mitt. 2003, 39).
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie weiterhin eine Verurteilung der Beklagten nach den Klageanträgen erstrebt. Die Beklagte beantragt , die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht, die von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsansprüche jedoch als unbegründet angesehen. Hierzu hat es ausgeführt:
Nach dem Schutzlandprinzip, nach dem bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten das Recht des Staates anwendbar sei, für dessen Gebiet Schutz in Anspruch genommen werde, sei deutsches Recht anwendbar. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch stehe der Klägerin jedoch weder nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 oder § 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG noch nach §§ 1, 3 UWG a.F. zu, weil es an einem hinreichenden Inlandsbezug fehle. Die Beklagte könne
ihre Dienstleistungen nur am Standort ihres Hotels in Kopenhagen erbringen und nicht im räumlichen Schutzbereich der Kennzeichenrechte der Klägerin. Zwar könnten auch werbliche Aktivitäten im Inland zu einer Verletzung inländischer Kennzeichenrechte führen. Wegen der Möglichkeit des weltweiten Abrufs der Informationen aus dem Internet sei zur räumlichen Beschränkung des ansonsten unbegrenzten Kennzeichenschutzes eine Abwägung der wechselseitigen Interessen erforderlich. Dabei sei auf die Schutzbedürftigkeit des Kennzeicheninhabers und die Intensität des Inlandsbezugs abzustellen. Auch wenn die Werbung der Beklagten in deutscher Sprache verfaßt sei, spreche gegen einen ausreichenden Inlandsbezug, daß die Beklagte ihre Dienstleistungen nur in Kopenhagen erbringen könne und die wirtschaftlichen Auswirkungen der angegriffenen Verhaltensweisen auf die geschäftliche Tätigkeit der Klägerin in Deutschland nur marginal seien.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei von der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte ausgegangen. Die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte (vgl. BGHZ 153, 82, 84 f.; BGH, Urt. v. 20.11.2003 - I ZR 102/02, TranspR 2004, 74, 75 = MDR 2004, 761) folgt aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ. Das EuGVÜ ist im Streitfall auch nach dem Inkrafttreten der EuGVVO im Verhältnis der übrigen Mitgliedsstaaten zu Dänemark unabhängig vom Zeitpunkt der Klageerhebung anwendbar, weil Dänemark sich an der EuGVVO nicht beteiligt hat (Erwägungsgründe Nr. 21, Art. 1 Abs. 3 EuGVVO, Art. 1 EuGVÜ).
Nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichsteht, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Unter die Zuständigkeit des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ fallen Klagen, die Unterlassungsansprüche wegen Kennzeichenverletzung zum Gegenstand haben (Staudinger/Fezer, Internationales Wirtschaftsrecht, Rdn. 789; Stauder, GRUR Int. 1976, 465, 473; Kieninger, GRUR Int. 1998, 280, 282), und Klagen aufgrund unerlaubter Wettbewerbshandlungen (BGH, Urt. v. 11.2.1988 - I ZR 201/86, GRUR 1988, 483, 485 - AGIAV; Harte/Henning/Retzer, UWG, § 14 Rdn. 79; Baumbach/Hefermehl/Köhler, UWG, 23. Aufl., Einl. Rdn. 5.32). Der Ort des schädigenden Ereignisses i.S. von Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ liegt in Deutschland, weil hier die (behauptete) Verletzung des geschützten Rechtsguts eingetreten ist. Ob für die Begründung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ - gleiches würde für Art. 5 Nr. 3 EuGVVO gelten - aufgrund einer Kennzeichenverletzung im Internet erforderlich ist, daß sich der Internetauftritt bestimmungsgemäß auch auf das Inland richtet, ist umstritten (bejahend Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., Einl. Rdn. 216; v. Schultz, Markenrecht , Anh. zu § 5 Rdn. 21; Baumbach/Hefermehl/Köhler aaO § 14 Rdn. 16; Ubber, Markenrecht im Internet, S. 210; Hoeren, NJW 1998, 2849, 2851; zu § 32 ZPO, § 24 UWG a.F.: OLG Frankfurt CR 1999, 450; OLG Bremen CR 2000, 770, 771; LG Düsseldorf GRUR 1998, 159, 160; a.A. OLG Karlsruhe MMR 2002, 814, 815 - Intel; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., Einl. Rdn. 48; Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 141 Rdn. 8; Bettinger /Thum, GRUR Int. 1999, 659, 669; zu § 32 ZPO, § 24 UWG a.F.: KG NJW 1997, 3321; OLG München CR 2002, 449, 450). Die Frage braucht im Streitfall
nicht abschließend entschieden zu werden, obwohl viel für eine Begrenzung einer ansonsten bestehenden Vielzahl von Gerichtsständen auf diejenigen spricht, in deren Zuständigkeitsbereich eine Interessenkollision tatsächlich eingetreten sein kann. Denn die unter der Internet-Domain abrufbare Homepage der Beklagten richtet sich auch inhaltlich bestimmungsgemäß an die Verkehrskreise im Inland. Die Beklagte wirbt in ihrem Internetauftritt in deutscher Sprache für ihr Hotel und wendet sich mit der Werbung daher auch an das deutsche Publikum, für das sie zusätzlich eine Online-Reservierungs- und Buchungsmöglichkeit bereithält.
Die Zuständigkeit ist nicht davon abhängig, daß durch die Benutzung eines Kennzeichens im Internet tatsächlich eine Verletzung des nationalen Rechts erfolgt. Es reicht vielmehr aus, daß eine Verletzung behauptet wird und diese nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann (vgl. Bettinger/Thum, GRUR Int. 1999, 659, 665; Kur, WRP 2000, 935, 936).
Soweit der Unterlassungsanspruch zu a) auch an die Versendung des Hotelprospekts anknüpft, ist die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ebenfalls gegeben. Der in deutscher Sprache gehaltene Hotelprospekt, den die Beklagte auf Anfrage nach Deutschland versendet, wird bestimmungsgemäß im Inland verbreitet (vgl. BGH, Urt. v. 3.5.1977 - VI ZR 24/75, GRUR 1978, 194, 195 = WRP 1977, 487 - profil; Großkomm.UWG/Erdmann, § 24 Rdn. 31; Harte/ Henning/Retzer aaO § 14 Rdn. 62).
2. Das Berufungsgericht hat zu Recht Unterlassungsansprüche der Klägerin aus ihren Marken nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG und ihrem Unternehmenskennzeichen nach § 5 Abs. 2, § 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG gegen den Auftritt der Beklagten unter der Internet-Domain "www.hotel-maritime.dk"
und gegen die Verwendung der Bezeichnung "HOTEL MARITIME" verneint, weil es an einer relevanten Verletzungshandlung im Inland fehle. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg mit der Begründung, das Berufungsgericht habe zu hohe Anforderungen an den Inlandsbezug gestellt.

a) Nach dem im Immaterialgüterrecht maßgeblichen Territorialitätsprinzip richtet sich der Schutz der inländischen Kennzeichen der Klägerin nach dem Recht des Schutzlandes und damit nach deutschem Recht (vgl. BGHZ 41, 84, 87 - Maja; zur Verfügung über eine inländische Marke: BGH, Urt. v. 2.5.2002 - I ZR 300/99, GRUR 2002, 972, 973 = WRP 2002, 1156 - FROMMIA; Fezer aaO Einl. Rdn. 80; Ingerl/Rohnke aaO Einl. Rdn. 15; v. Schultz aaO Einf. Rdn. 78; Kur, WRP 2000, 935, 936). Aufgrund des Territorialitätsprinzips ist der Schutzbereich einer inländischen Marke oder eines inländischen Unternehmenskennzeichens auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt (Fezer aaO Einl. Rdn. 80; Ingerl/Rohnke aaO § 14 Rdn. 40 und § 15 Rdn. 21; Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 5 Rdn. 76 und § 14 Rdn. 10; v. Schultz aaO Einf. Rdn. 78). Ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG oder § 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG setzt deshalb eine das Kennzeichenrecht verletzende Benutzungshandlung im Inland voraus. Diese ist regelmäßig gegeben, wenn im Inland unter dem Zeichen Waren oder Dienstleistungen angeboten werden (§ 14 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 MarkenG; vgl. auch: BGH, Urt. v. 19.1.1989 - I ZR 217/86, GRUR 1990, 361, 363 - Kronenthaler).

b) Nicht jede Kennzeichenbenutzung im Internet ist jedoch dem Schutz von Kennzeichen gegen Verwechslungen nach der nationalen Rechtsordnung unterworfen. Ansonsten würde dies zu einer uferlosen Ausdehnung des Schutzes nationaler Kennzeichenrechte und - im Widerspruch zur Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 EG (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 6.11.2003 - Rs. C-243/01, NJW
2004, 139, 140 Tz. 54 f. - Gambelli) - zu einer unangemessenen Beschränkung der Selbstdarstellung ausländischer Unternehmen führen (vgl. auch Fezer aaO Einl. Rdn. 215; Ingerl/Rohnke aaO Einl. Rdn. 54; Omsels, GRUR 1997, 328, 337; Völker/Weidert, WRP 1997, 652, 662; Kur, WRP 2000, 935, 937). Damit einhergehen würde eine erhebliche Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten von Kennzeichenrechten im Internet, weil die Inhaber verwechslungsfähiger Kennzeichenrechte, die in verschiedenen Ländern geschützt sind, unabhängig von der Prioritätslage wechselseitig beanspruchen könnten, daß die Benutzung des Kollisionszeichens unterbleibt. Die Anwendung des Kennzeichenrechts in solchen Fällen darf nicht dazu führen, daß jedes im Inland abrufbare Angebot ausländischer Dienstleistungen im Internet bei Verwechslungsgefahr mit einem inländischen Kennzeichen kennzeichenrechtliche Ansprüche auslöst. Erforderlich ist vielmehr, daß das Angebot einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug (von der WIPO als "commercial effect" bezeichnet) aufweist (vgl. OLG Karlsruhe MMR 2002, 814, 816; Bettinger/Thum, GRUR Int. 1999, 659, 673 f.; für die Notwendigkeit einer Spürbarkeit des Eingriffs: Fezer aaO Einl. Rdn. 217; Kur, WRP 2000, 935, 937).
Von einem auch die inländischen Verkehrskreise ansprechenden Angebot der Beklagten ist im Streitfall auszugehen. Die unter der beanstandeten Domain betriebene Homepage unterrichtet den Interessenten in deutscher Sprache über das Hotelangebot der Beklagten in Kopenhagen und erlaubt - ebenfalls in deutscher Sprache - Online-Reservierungen und -Buchungen.
Gleichwohl haben die Interessen der Klägerin an dem beanspruchten Verbot hinter denjenigen der Beklagten an der Werbung für ihr in Kopenhagen betriebenes Hotel unter der Domain "www.hotel-maritime.dk" zurückzutreten. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungs-
gerichts sind die wirtschaftlichen Auswirkungen der Werbung und des Angebots der Leistungen der Beklagten für ihr Stadthotel in Kopenhagen auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin in Deutschland nur geringfügig. Ist die Beeinträchtigung der Klägerin aufgrund des Angebots der ausländischen Dienstleistungen der Beklagten im Inland aber nur unwesentlich und ist deshalb von einem Fehlen wirtschaftlicher Auswirkungen auf den Schutz der Kennzeichenrechte der Klägerin auszugehen, haben ihre Interessen im Rahmen einer Gesamtabwägung zurückzutreten.

c) Die auf Einzelanfragen erfolgte Versendung von Hotelprospekten nach Deutschland begründet ebenfalls keinen ausreichenden Inlandsbezug. Insoweit gelten die vorstehenden Erwägungen entsprechend. Auch bei einem in Druckwerken enthaltenen Angebot ausländischer Dienstleistungen im Inland ist es erforderlich, daß die Beeinträchtigung des Inhabers eines inländischen Kennzeichens nicht unwesentlich ist (vgl. Ingerl/Rohnke aaO Einl. Rdn. 54; zu der gelegentlichen Verbreitung von Zeitschriften: BGH, Urt. v. 23.10.1970 - I ZR 86/69, GRUR 1971, 153, 154 - Tampax; mit Anm. Droste, GRUR 1971, 155, 156).
Nach der Art des Geschäftsbetriebs der Beklagten liegt die Annahme fern, deren werbliche Aktivitäten im Inland führten zu einem eigenen kennzeichenrechtlichen Schutz gemäß Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1, Art. 8 PVÜ, dem die prioritätsälteren Rechte der Klägerin entgegenstünden.
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch auf das UWG gegründete Ansprüche schon mangels eines hinreichenden Inlandsbezugs nicht für gegeben erachtet (vgl. BGH, Urt. v. 13.5.2004 - I ZR 264/00, WRP 2004, 1484, 1485 - Rotpreis-Revolution). Es bedarf deshalb keiner Erörterung, ob im Streitfall für
die Anwendung des UWG neben den kennzeichenrechtlichen Vorschriften Raum ist (vgl. BGHZ 149, 191, 195 - shell.de; BGHZ 153, 131, 146 ff. - Abschlußstück).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 96/03 Verkündet am:
30. März 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
TOSCA BLU
EuGVÜ Art. 16 Nr. 4 (jetzt: Brüssel-I-VO Art. 22 Nr. 4); MarkenG § 115 Abs. 1,
§ 51 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 14 Abs. 2 Nr. 2

a) Für die Klage, die auf Entziehung des für das Inland bestehenden Schutzes
aus einer IR-Marke gerichtet ist, sind die inländischen Gerichte ausschließlich
zuständig.

b) Zwischen Parfums und Lederwaren besteht keine Warenähnlichkeit.
BGH, Urt. v. 30. März 2006 – I ZR 96/03 – OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 28. März 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Inhaberin der u.a. für Parfümerien mit einem Zeitrang vom 9. Februar 1907 eingetragenen Wortmarke TOSCA sowie einer Reihe anderer identischer Wortmarken mit ähnlichen Warenverzeichnissen. Sie vertreibt unter dieser Marke seit 1921 ein Parfum und daraus entwickelte Parfümeriewaren, die in Serien mit überwiegend blauer Verpackung angeboten werden. Die Beklagte hat ihren Sitz in Bergamo/Italien. Sie vertreibt seit ei- nigen Jahren in Italien und anderen europäischen Ländern hochwertige Ledergürtel und -taschen, Lederbekleidung und Lederschuhe unter der Bezeichnung TOSCA BLU.
Sie hat für sich das Wort-/Bildzeichen

u.a. für Deutschland mit Zeitrang vom 30. Januar 2001 als IR-Marke der Klassen 18 (Lederwaren etc.) Sacs; sac à main; valises; sacs à dos; porte-feuilles; porte-monnaies; serviettes; porte-documents en peau et en succédanés de peau; pochettes; malles, peau, articles en peau; cuir et articles en cuir, imitations de peau et de cuir et articles produits en ces matières; parasols; parasols de plage; parapluies; bâtons de promenade; ornements et autres articles de sellerie und 25 (Bekleidungsstücke etc.) Vêtements pour hommes, dames et enfants en général, y compris: robes en peau; chemises; chemisettes; jupes; tailleurs; jaquettes; pantalons; shorts; maillots de corps; tricots; pyjamas; chaussettes; tricots de peau; corsages; porte-jarretelles; slips; soutiens -gorge; combinaisons; chapeaux; foulards; cravates; imperméables; pardessus; manteaux; costumes de bain; combinaisons de sport; anorak; pantalons de ski; ceintures ; fourrures; écharpes; gants; robes de chambre; chaussures en général, y compris pantoufles, chaussures, chaussures de sport, bottes et sandales registrieren lassen.
2
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, es handele sich bei „TOSCA“ um eine bekannte Marke, die durch das Zeichen der Beklagten verwässert werde. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung der Benutzung der oben wiedergegebenen IRMarke „TOSCA BLU“ sowie auf Einwilligung in die Schutzentziehung dieser Marke für Deutschland in Anspruch genommen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
3
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Köln GRUR-RR 2003, 243).
4
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer – vom Senat zugelassenen – Revision. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


5
I. Das Berufungsgericht hat es – anders als das Landgericht – offen gelassen , ob im Streitfall die Voraussetzungen für den Schutz einer bekannten Marke vorliegen; denn der Klageanspruch ergebe sich bereits aus einer Markenverletzung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Zur Begründung hat es ausgeführt:
6
Der Vertrieb der Waren der Beklagten stelle eine Verletzung der Klagemarken nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar. Zunächst fehle es im Streitfall nicht an der Warenähnlichkeit. Vom Fehlen der Warenähnlichkeit könne nur ausgegangen werden, wenn angesichts des Abstands der Waren voneinander trotz großer Ähnlichkeit der Marken und trotz besonders hoher Kennzeichnungskraft der älteren Marke die Annahme einer Verwechslungsgefahr von vornherein ausgeschlossen sei. Damit lasse sich die Warenähnlichkeit im Streitfall nicht verneinen. Zwar stammten Lederwaren, Gürtel, modische Schuhe auf der einen und Parfums und Parfümeriewaren auf der anderen Seite im Allgemeinen von verschiedenen Herstellern , was dem durchschnittlichen Verbraucher auch bekannt sei. An der Warenähnlichkeit ändere dies aber nichts, weil es in der Modebranche einer ständi- gen Übung entspreche, die Produkte anderer Unternehmen und insbesondere Parfums markenrechtlich zu lizenzieren. Dem Verkehr sei bekannt, dass Unternehmen aus der Modebranche („JOOP“, „Hugo Boss“ und „Calvin Klein“) nicht zuletzt für Parfums Lizenzen erteilten. Der Durchschnittsverbraucher realisiere allerdings nicht, dass derartige Lizenzerteilungen stets die Verwendung von Marken aus dem Modebereich für Parfums beträfen und nicht umgekehrt.
7
Sei Warenähnlichkeit gegeben, müsse auch die Verwechslungsgefahr bejaht werden. Der Klagemarke „TOSCA“ komme von Haus aus zumindest eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Es könne dahinstehen, ob es sich bei „TOSCA“ – wie vom Bundesgerichtshof vor mehr als vierzig Jahren angenommen – um eine berühmte Marke handele. Denn jedenfalls sei es nicht zweifelhaft, dass die von Haus aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft von „TOSCA“ im Hinblick auf die über 80jährige Marktpräsenz, auf die Umsatzzahlen, Werbeaufwendungen und Marktanteile eine deutliche Steigerung erfahren habe. Schließlich seien sich die beiden Marken „TOSCA“ und „TOSCA BLU“ hochgradig ähnlich. Der Verkehr assoziiere mit „BLU“ die Farbe Blau und erkenne darin eine beschreibende Farbangabe. Außerdem bleibe der Zeichenbestandteil „BLU“ in der Darstellung so stark hinter „TOSCA“ zurück, dass er bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit letztlich außer Betracht bleibe.
8
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte sei gegeben. http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=100&G=EuGVUe&A=5 - 6 -
10
Die Revision kann auch nach dem Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes darauf gestützt werden, dass in dem angefochtenen Urteil die internationale Zuständigkeit zu Unrecht bejaht oder verneint worden sei (BGHZ 153, 82, 84 f.; BGH, Urt. v. 20.11.2003 – I ZR 102/02, TranspR 2004, 74, 75; Urt. v. 13.10.2004 – I ZR 163/02, GRUR 2005, 431, 432 = WRP 2005, 493 – HOTEL MARITIME). Das Berufungsgericht hat jedoch mit Recht die internationale Zuständigkeit bejaht.
11
Dies steht insoweit außer Frage, als die Klägerin mit ihrem Klageantrag die Einwilligung der Schutzentziehung der IR-Marke für Deutschland beansprucht (§ 115 Abs. 1, § 51 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG). Hier handelt es sich um eine Klage, die „die Eintragung oder die Gültigkeit von … Warenzeichen … zum Gegenstand“ hat (Art. 16 Nr. 4 EuGVÜ; vgl. auch Art. 22 Nr. 4 Brüssel-I-VO); eine solche Klage muss vor den Gerichten des Vertragsstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet das fragliche Schutzrecht registriert worden ist. Die internationale Zuständigkeit ist aber auch insoweit gegeben, als die Klägerin Unterlassung wegen einer drohenden Rechtsverletzung begehrt. Zwar enthielt das Brüsseler Übereinkommen (EuGVÜ), das als Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) den Ort des Schadenseintritts (und nicht den Ort des drohenden Schadenseintritts) bezeichnete, noch keine ausdrückliche Regelung für die vorbeugende Unterlassungsklage. Die an seine Stelle getretene Verordnung (EG) 44/2001 (Brüssel-I-VO), die den Ort des drohenden Schadenseintritts in Art. 5 Nr. 3 nunmehr ausdrücklich anführt, gilt erst für Klagen, die nach Inkrafttreten der Verordnung am 1. März 2002 erhoben worden sind (Art. 66 Abs. 1, Art. 76 Brüssel-I-VO). Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat jedoch entschieden , dass eine vorbeugende Unterlassungsklage i.S. von Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ eine unerlaubte Handlung oder doch zumindest eine Handlung zum Gegenstand hat, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist (EuGH, Urt. v. 1.10.2002 – C-167/00, Slg. 2002, I-8111 Tz 46 u. 50 = NJW 2002, 3617 – Verein für Konsumenteninformation /Karl Heinz Henkel).
12
2. Das Berufungsgericht hat die Warenähnlichkeit zwischen Parfum und hochwertigen Lederwaren mit der Lizenzierungspraxis, insbesondere damit begründet , dass es in der Modebranche einer ständigen Übung entspreche, für andere Produkte, vor allem für Parfums, Markenlizenzen zu vergeben. Mit einer solchen Praxis kann indessen eine an sich bestehende (absolute) Warenunähnlichkeit nicht überwunden werden.
13
a) Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere die Art der Waren, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen, weil sie in denselben Verkaufsstätten angeboten werden (BGH, Beschl. v. 16.3.2000 – I ZB 43/97, GRUR 2000, 886, 887 = WRP 2001, 37 – Bayer/BeiChem; Urt. v. 10.10.2002 – I ZR 235/00, GRUR 2003, 428, 432 = WRP 2003, 647 – BIG BERTHA). Dabei kann von Warenunähnlichkeit nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Waren von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Urt. v. 16.11.2000 – I ZR 34/98, GRUR 2001, 507, 508 = WRP 2001, 694 – EVIAN/REVIAN; Urt. v. 19.2.2004 – I ZR 172/01, GRUR 2004, 594, 596 = WRP 2004, 909 – Ferrari-Pferd). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH, Urt. v. 29.9.1998 – C-39/97, Slg. 1998, I-5507 Tz 15 = GRUR 1998, 922 – Canon) ist in diesem Zusammenhang davon auszugehen, dass es eine absolute Grenze der Warenähnlichkeit gibt (vgl. BGH, Urt. v. 24.1.2002 – I ZR 156/99, GRUR 2002, 544, 546 = WRP 2002, 537 – BANK 24, zur Ähnlichkeit von Dienstleistungen), die auch bei Identität der Zeichen nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft überschritten werden kann.
14
b) Aus den zutreffenden Erwägungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass die hier in Rede stehenden Waren an sich keine Ähnlichkeit in dem beschriebenen Sinne aufweisen. Parfums und Lederwaren stammen im Allgemeinen nicht aus denselben Herkunftsstätten und werden auch nicht unter der Qualitätskontrolle eines Unternehmens erzeugt. Auch im Vertrieb kommen sich diese Waren nicht so nahe, dass der Verkehr auf dieselbe Herkunft oder doch zumindest auf eine die Qualität des Produkts berücksichtigende Kontrolle schließen würde. Allein die vom Berufungsgericht ins Feld geführte Lizenzierungspraxis führt nicht zur Ähnlichkeit der Waren. Eine solche Praxis beruht auf der Erfahrung, dass sich die positiven Assoziationen, die bekannte, als exklusiv geltende Marken erwecken, auch für völlig andere Produkte nutzbar machen lassen. Diese Verwertungsmöglichkeit steht durchaus unter dem Schutz des Markenrechts, das die Wertschätzung und die Unterscheidungskraft bekannter Marken auch außerhalb der Warenoder Dienstleistungsähnlichkeit vor einer Ausnutzung oder Beeinträchtigung schützt (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG). Sie bestimmt aber nicht die Grenzen der Warenähnlichkeit. Durch die Erteilung von Vermarktungsrechten zum Zwecke der Verkaufsförderung bleibt der Warenähnlichkeitsbereich grundsätzlich unberührt (vgl. BGH GRUR 2004, 594, 596 – Ferrari-Pferd, m.w.N.). Dies schließt es nicht aus, dass bei funktionsverwandten Produkten, bei denen im Falle einer Lizenzierung der Verkehr nicht nur von einem Imagetransfer, sondern auch von einem Know-how-Transfer ausgeht, die Lizenzierungspraxis einen Faktor darstellt, der im Grenzbereich für die Warenähnlichkeit bzw. bei gegebener Warenähnlichkeit für die Verwechslungsgefahr sprechen kann.
15
c) Danach scheidet im Streitfall eine Markenverletzung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG aus. Ob sich das Berufungsurteil aus anderen Gründen als richtig erweist, kann aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht entschieden werden. In Betracht kommt der – vom Landgericht bejahte – Schutz der bekannten Marke (§ 14 Abs. 2 Nr. 3, § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG). Das Berufungsgericht hat zur Bekanntheit der Klagemarke jedoch keine abschließenden Feststellungen getroffen. Des Weiteren bedarf es Feststellungen dazu, dass die Beklagte die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Klagemarke in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt (vgl. BGH, Urt. v. 2.4.1987 – I ZR 27/85, GRUR 1987, 711, 713 f. = WRP 1987, 667 – Camel Tours; Urt. v. 29.4.2004 – I ZR 191/01, GRUR 2004, 779, 783 = WRP 2004, 1046 – Zwilling/Zweibrüder; Urt. v. 3.2.2005 – I ZR 159/02, GRUR 2005, 583, 584 = WRP 2005, 896 – Lila-Postkarte). Diese können auch dem landgerichtlichen Urteil nicht entnommen werden.
16
III. Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen , dass es sich bei der Klagemarke um eine bekannte Marke handelt, die durch die drohende Verwendung des angegriffenen Zeichens in ihrer Unterscheidungskraft und Wertschätzung auf unlautere Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt wird, bliebe zu prüfen, ob ein solcher Sachverhalt die beantragte umfassende Verurteilung für sämtliche Waren des Warenverzeichnisses zu rechtfertigen vermag.
Ullmann Bornkamm RiBGH Dr. Büscher ist in Urlaub und daher an der Unterschriftsleistung gehindert. Ullmann Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:

LG Köln, Entscheidung vom 16.05.2002 - 31 O 710/01 -
OLG Köln, Entscheidung vom 28.03.2003 - 6 U 113/02 -

(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung darf einem Dritten nicht untersagen, im geschäftlichen Verkehr Folgendes zu benutzen:

1.
den Namen oder die Anschrift des Dritten, wenn dieser eine natürliche Person ist,
2.
ein mit der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung identisches Zeichen oder ähnliches Zeichen, dem jegliche Unterscheidungskraft fehlt, oder ein identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen, wie insbesondere deren Art, Beschaffenheit, Bestimmung, Wert, geografische Herkunft oder die Zeit ihrer Herstellung oder ihrer Erbringung, oder
3.
die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung zu Zwecken der Identifizierung oder zum Verweis auf Waren oder Dienstleistungen als die des Inhabers der Marke, insbesondere wenn die Benutzung der Marke als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil oder einer Dienstleistung erforderlich ist.

(2) Absatz 1 findet nur dann Anwendung, wenn die Benutzung durch den Dritten den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht.

(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke oder dieser geschäftlichen Bezeichnung von ihm oder mit seiner Zustimmung im Inland, in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn sich der Inhaber der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung der Benutzung der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung im Zusammenhang mit dem weiteren Vertrieb der Waren aus berechtigten Gründen widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 44/02 Verkündet am:
24. Juni 2004
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
SodaStream

a) Eine auf Waren und Leistungen bezogene herkunftshinweisende Funktion einer
Marke kann dadurch teilweise aufgehoben werden, daß unter Beibehaltung
der Marke auf der vom Markeninhaber in Verkehr gebrachten Ware ein weiteres
Zeichen angebracht und damit deutlich gemacht wird, daß die herkunftshinweisende
Wirkung der ursprünglichen Marke beschränkt ist.

b) In dem Wiederbefüllen eines Gaszylinders zum Einsatz in einem Besprudelungsgerät
liegt der bestimmungsgemäße Gebrauch und damit keine der Erschöpfung
entgegenstehende Veränderung des mit einer Marke versehenen
Zylinders.
BGH, Urt. v. 24. Juni 2004 – I ZR 44/02 – OLG Hamm
LG Bochum
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter
Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. Dezember 2001 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin produziert und vertreibt Besprudelungsgeräte zur Aufbereitung von Leitungswasser für den Heimgebrauch. Das CO2-Gas zur Wasseraufbereitung ist in wiederbefüllbaren Gaszylindern enthalten. Die Klägerin bietet auch die Wiederbefüllung dieser Zylinder an. Sie nimmt zu diesem Zweck die Zylinder nach Verbrauch des Gases zurück und befüllt sie über Vertragsunternehmen neu mit CO2-Gas. Die Zylinder werden jeweils den Käufern der Füllung übereignet. Am Ventil ist das Zeichen „SodaStream“ eingeschlagen. Die Originalzylinder tragen ferner ein Etikett mit dem Schriftzug „SodaStream“. Die Klägerin ist Inhaberin der am 10. Dezember 1998 angemeldeten Marke „SODASTREAM“, die u.a. für Gase zur Herstellung und für die Abgabe von Getränken, für Behälter aus unedlen Me-
tallen und deren Legierungen sowie für das Befüllen von Druckbehältern mit Kohlensäure und Gasen für Dritte eingetragen ist. Nachstehend ist ein solcher „SodaStream“ -Zylinder in verkleinerter Form abgebildet:

Die Beklagte zu 1 (im folgenden: Beklagte), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2 und zu 3 sind, bietet ebenfalls das Befüllen von Gaszylindern mit CO2-Gas an. Dies geschieht in der Weise, daß sie Zylinder – auch solche, die mit dem Zeichen der Klägerin versehen sind – entgegennimmt und den Kunden im Tausch einen wiederbefüllten Zylinder übergibt, der nicht mehr mit dem Originaletikett , sondern mit ihrem Etikett versehen ist. Die ihr überlassenen leeren Zylinder werden von ihr umetikettiert, befüllt und wiederum im Tausch gegen leere Zylinder vertrieben. Soweit es sich dabei um Zylinder aus der Produktion der Klägerin handelt , tragen sie auch beim Weitervertrieb noch den am Ventil eingeschlagenen Schriftzug „SodaStream“. Ein Zylinder nach der Umetikettierung durch die Beklagte ist nachstehend verkleinert abgebildet:
Die Klägerin sieht in dem Verhalten der Beklagten eine Verletzung ihrer Marke. Der Verkehr verstehe das in das Metall geschlagene Zeichen „SodaStream“ als Herkunftshinweis, und zwar sowohl für das Behältnis wie für die Dienstleistung des Befüllens. Aufgrund der Kennzeichnung sei für den Verkehr erkennbar, daß es sich um original und damit fachmännisch abgefüllte Gaszylinder handele.
Die Klägerin hat die Beklagten dementsprechend auf Unterlassung und Auskunftserteilung in Anspruch genommen. Sie hat ferner beantragt, die Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Schadensersatz festzustellen.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben die Ansicht vertreten , die Angabe „SodaStream“ diene nicht der Kennzeichnung des Inhalts, sondern sei nur die nach der Druckbehälterverordnung erforderliche Herstellerangabe. Der Verkehr sehe darin keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Füllung. Im übrigen haben sich die Beklagten auf die Erschöpfung des Markenrechts berufen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihre Klageanträge weiterverfolgt. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat in dem beanstandeten Verhalten der Beklagten weder eine Markenverletzung noch einen Wettbewerbsverstoß gesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Eine Markenverletzung scheitere daran, daß § 14 Abs. 2 MarkenG einen kennzeichenmäßigen Gebrauch des geschützten Zeichens voraussetze. Zwar erkenne der Verkehr aufgrund des Zeichens, daß der auf diese Weise gekennzeichnete Gaszylinder aus dem Betrieb der Klägerin stamme. Dagegen sei in Fällen, in denen die Kennzeichnung auf dem Zylinderventil von der auf dem Etikett abweiche , nicht von vornherein klar, daß das Zeichen auch als Hinweis auf das Unternehmen aufgefaßt werde, das den Zylinder befüllt habe. Es gebe auch keinen Anhalt dafür, daß der Verkehr das Zeichen der Klägerin am Ventil als Hinweis darauf verstehe, daß die Klägerin für das Befüllen durch andere Unternehmen die Verantwortung übernehmen wolle. Sicherheitsbedingte Gründe hierfür seien nicht ersichtlich. Während die Klägerin die Verantwortung für eine ordnungsgemäße Herstellung der Zylinder trage, zeichne für das Befüllen das Unternehmen verantwortlich , auf das das Etikett deutlich hinweise. Diese Vorstellung liege für den Verbraucher auch deshalb nahe, weil ihm die so gekennzeichneten Zylinder nicht in einem Unternehmen der Klägerin, sondern dort begegneten, wo der Tauschhandel mit Gaszylindern betrieben werde. Insofern verhalte es sich ähnlich wie bei Mineralwasser - oder Limonadeflaschen; auch dort entnehme der Verkehr allein dem Etikett und nicht dem Flascheneinbrand die Herkunft des Getränks. Schließlich sei es auch nicht nachvollziehbar, weshalb Verbraucher aufgrund des Nebeneinanders des Zeichens auf dem Zylinder und des Zeichens auf dem Etikett auf eine wirtschaftliche Verbindung schließen sollten. Allerdings seien trotz dieser eigenen Einschätzung Zweifel nicht zuletzt deswegen angebracht, weil andere Oberlan-
desgerichte die Situation anders beurteilt hätten. Eine danach gebotene Beweisaufnahme über das Verkehrsverständnis sei jedoch nicht zustande gekommen, weil die beweisbelastete Klägerin die Einzahlung des geforderten Vorschusses von vornherein verweigert habe.
Das Verhalten der Beklagten sei auch nicht wettbewerbswidrig. Eine Irreführung liege schon deswegen nicht vor, weil der Verkehr mit der Klagemarke keine besondere Gütevorstellung verbinde. Auch ein Behinderungswettbewerb zu Lasten der Klägerin scheide aus.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zutreffend eine Verletzung der Klagemarke verneint. Auch ein Wettbewerbsverstoß scheidet im Streitfall aus.
1. Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein Anspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 und 6 MarkenG zu.

a) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht allerdings den markenmäßigen Gebrauch des Klagezeichens durch die Beklagte in Frage gestellt.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß eine Markenverletzung nach § 14 Abs. 2 MarkenG einen markenmäßigen Gebrauch voraussetzt. Dies bedeutet, daß eine Markenverletzung nur in Betracht kommt, wenn die Marke als Marke, also in der Weise verwendet wird, daß sie im Rahmen des Produktabsatzes die gekennzeichneten Waren oder Leistungen von Waren oder Leistungen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH, Urt. v. 22.2.1999 – Rs. C-63/97, Slg. 1999, I-905 Tz. 38 f. = GRUR Int. 1999, 438 = WRP 1999, 407 – BMW/Deenik; BGH, Urt. v. 6.12.2001 – I ZR 136/99, GRUR 2002, 814 f. = WRP 2002, 987 – Festspielhaus I; Urt. v. 20.12.2001 – I ZR 60/99, GRUR 2002, 809,
811 = WRP 2002, 982 – FRÜHSTÜCKS-DRINK I; Urt. v. 20.12.2001 – I ZR 135/99, GRUR 2002, 812, 813 = WRP 2002, 985 – FRÜHSTÜCKSDRINK II). Im Streitfall liegt ein solcher markenmäßiger Gebrauch vor. Selbst wenn der in die Gaszylinder geschlagene Schriftzug „SodaStream“ als Hinweis nur auf die Herkunft der Gaszylinder, nicht auf die Herkunft des eingefüllten CO2Gases und auch nicht als Hinweis auf das befüllende Unternehmen verstanden wird, ist die Benutzung eine markenmäßige, weil damit beim Absatz der wiederbefüllten Gaszylinder zum Ausdruck gebracht wird, daß diese ursprünglich aus dem Hause der Klägerin stammen.

b) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, daß die Klägerin den Vertrieb der von der Beklagten wiederbefüllten Zylinder nicht mit Hilfe des Markenrechts unterbinden kann. Dadurch, daß die Beklagte die wiederbefüllten Zylinder mit einem neuen, auf sie hinweisenden Etikett versieht, wird die am Zylinderventil angebrachte Klagemarke vom Verkehr nicht mehr als Hinweis auf den Inhalt und auch nicht als Hinweis auf das befüllende Unternehmen verstanden. Soweit sich die Marke der Klägerin auf die betriebliche Herkunft des Behältnisses bezieht, ist mit dem ersten Inverkehrbringen Erschöpfung eingetreten (§ 24 Abs. 1 MarkenG).
aa) Das Berufungsgericht hat sich – wie auch andere Gerichte, die über ähnliche Sachverhalte zu befinden hatten (vgl. OLG Düsseldorf Mitt. 2001, 377, 378 f. = OLG-Rep 2001, 458; vgl. ferner OLG Frankfurt GRUR 2000, 1062; OLG München Mitt. 1998, 378, 380) – an dem in der Rechtsprechung anerkannten Grundsatz orientiert, daß eine Markenverletzung (§ 14 Abs. 3 Nr. 2 und 3 MarkenG) immer dann vorliegt, wenn ein mit der Marke des Originalherstellers gekennzeichnetes wiederbefüllbares Behältnis mit Waren eines anderen Herstellers nachgefüllt wird und der Verkehr die Marke auf dem Behältnis als Hinweis nicht nur auf die betriebliche Herkunft des Behältnisses, sondern auch auf die betriebliche Herkunft
des Inhalts versteht (BGHZ 100, 51, 56 f. – Handtuchspender; BGH, Urt. v. 10.4.1956 – I ZR 165/54, GRUR 1957, 84, 86 – Einbrandflaschen). Die Umstände des Streitfalls legen ein solches Verständnis aber nicht nahe. Sie deuten vielmehr – wie das Berufungsgericht ebenfalls mit Recht angenommen hat – darauf hin, daß die Marke der Klägerin allein als Herkunftshinweis für das Behältnis selbst und – neben der selbständigen Kennzeichnung des wiederbefüllenden Unternehmens – nicht auch als Herkunftshinweis für den Inhalt oder für die Dienstleistung des Befüllens dient.
Dabei kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß die Klagemarke ursprünglich beim ersten Inverkehrbringen durch die Klägerin nicht nur als ein Hinweis auf die Herkunft des Behältnisses, sondern auch als Hinweis auf die Herkunft des Inhalts und auf das Unternehmen verstanden worden ist, das den Füllvorgang vorgenommen hat. Die auf verschiedene Waren oder Leistungen bezogene herkunftshinweisende Funktion einer Marke kann aber unter besonderen Umständen dadurch teilweise aufgehoben werden, daß unter Beibehaltung der Marke ein weiteres Zeichen angebracht und damit deutlich gemacht wird, daß die herkunftshinweisende Wirkung der ursprünglichen Marke beschränkt ist (vgl. BGH, Urt. v. 15.1.1998 – I ZR 259/95, GRUR 1998, 697, 698 f. = WRP 1998, 763 – VENUS MULTI, m.w.N.). So verhält es sich im Streitfall: Dadurch, daß die Beklagte das von der Klägerin angebrachte Etikett entfernt und durch ein neues, auf sie hinweisendes Etikett ersetzt, wird die von der Klagemarke ausgehende Wirkung relativiert. Da das neue Etikett auf ein anderes Unternehmen hinweist, das den Zylinder mit CO2-Gas gefüllt hat, beschränkt sich die herkunftshinweisende Funktion des ursprünglichen Zeichens auf das Behältnis, auf dem es angebracht ist. Denn aufgrund des neuen Etiketts wird deutlich, daß der ursprünglich von der Klägerin stammende Zylinder von der Beklagten mit CO2-Gas nachgefüllt worden ist.
Unter diesen Umständen kann sich eine entgegenstehende Erwartung nur einstellen, wenn der Verkehr aufgrund einer bisherigen Übung daran gewöhnt ist, daß nur das Unternehmen die Gaszylinder nachfüllt und weitervertreibt, das sie auch ursprünglich in Verkehr gebracht hat. Bestand in der Vergangenheit eine solche Übung, wird der Verkehr – wenn ihm ein gebrauchtes Produkt dieser Art angeboten wird – zunächst davon ausgehen, daß der Zylinder vom Originalhersteller nachgefüllt worden ist und das nachgefüllte CO2-Gas wiederum vom Originalhersteller stammt. Eine derartige auf mangelndem Wettbewerb beruhende Gewöhnung des Verkehrs reicht freilich nicht für die Annahme einer rechtlich relevanten Fehlvorstellung des Verkehrs dahingehend aus, daß die Herkunftsfunktion der Marke, mit der die (gebrauchte) Ware gekennzeichnet bleibt, auch die weiteren im Zusammenhang mit dem fraglichen Produkt erbrachten Dienstleistungen erfaßt oder das wiederbefüllende Unternehmen in einer besonderen geschäftlichen Beziehung zu dem Markeninhaber steht.
bb) Kann sich die Klägerin mithin nicht darauf stützen, daß der Verkehr die Marke auf den gebraucht vertriebenen Gaszylindern auch als Hinweis auf die Herkunft des Inhalts oder der Dienstleistung des Wiederbefüllens versteht, geht es allein um die Verwendung der Klagemarke als Hinweis auf die betriebliche Herkunft des Gaszylinders selbst. Insoweit steht der Geltendmachung des Markenrechts die Erschöpfung entgegen (§ 24 Abs. 1 MarkenG). In dem Wiederbefüllen der Gaszylinder liegt keine Veränderung der Ware, vielmehr gehört es zum bestimmungsgemäßen Gebrauch, daß die Zylinder nach Verbrauch des Inhalts mit CO2Gas nachgefüllt werden.
2. Soweit das Berufungsgericht wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus §§ 1 und 3 UWG verneint hat, lassen seine Ausführungen keinen Rechtsfehler erkennen. Auch die Revision erhebt insoweit keine Rügen.
III. Danach ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung darf einem Dritten nicht untersagen, im geschäftlichen Verkehr Folgendes zu benutzen:

1.
den Namen oder die Anschrift des Dritten, wenn dieser eine natürliche Person ist,
2.
ein mit der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung identisches Zeichen oder ähnliches Zeichen, dem jegliche Unterscheidungskraft fehlt, oder ein identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen, wie insbesondere deren Art, Beschaffenheit, Bestimmung, Wert, geografische Herkunft oder die Zeit ihrer Herstellung oder ihrer Erbringung, oder
3.
die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung zu Zwecken der Identifizierung oder zum Verweis auf Waren oder Dienstleistungen als die des Inhabers der Marke, insbesondere wenn die Benutzung der Marke als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil oder einer Dienstleistung erforderlich ist.

(2) Absatz 1 findet nur dann Anwendung, wenn die Benutzung durch den Dritten den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)