Bundesgerichtshof Urteil, 21. Okt. 2015 - IV ZR 266/14

bei uns veröffentlicht am21.10.2015
vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 11 O 483/11, 13.12.2012
Oberlandesgericht Düsseldorf, 4 U 3/13, 27.06.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR266/14 Verkündet am:
21. Oktober 2015
Heinekamp
Amtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ARB 75 §§ 1, 2 Abs. 2; VVG § 158n Satz 3 a.F.

a) Der Anspruch des Versicherungsnehmers aus der Rechtsschutzversicherung
ist auf die Befreiung von den bei der Wahrung der rechtlichen Interessen
entstehenden Kosten gerichtet.
Der Versicherer kann diesen Befreiungsanspruch hinsichtlich der von ihm
nach § 2 Abs. 1 a ARB 75 zu tragenden gesetzlichen Vergütung eines
Rechtsanwalts auch dadurch erfüllen, dass er dem Versicherungsnehmer
Kostenschutz für einen etwaigen Gebührenprozess zwischen dem Versicherungsnehmer
und seinem Prozessbevollmächtigten zusagt.

b) § 158n Satz 3 VVG a.F. hindert den Deckungsschutz gewährenden Versicherer
nicht, eine Gebührenforderung des Anwalts mit der Begründung
abzuwehren, es handele sich um unnötige Kosten.
BGH, Urteil vom 21. Oktober 2015 - IV ZR 266/14 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, den Richter Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt,
die Richter Dr. Karczewski und Dr. Schoppmeyer auf die mündliche
Verhandlung vom 21. Oktober 2015

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. Juni 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt worden ist, den Kläger von einer Verbindlichkeit aus der Kostenrechnung der Kanzlei M. vom 8. August 2012 in Höhe von 1.094,80 € freizustellen. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 13. Dezember 2012 wird auch insoweit zurückgewiesen.
Die Anschlussrevision des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens und 32 % der Kosten der ersten und zweiten Instanz. Die übrigen Kosten trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger schloss 1974 bei der Beklagten eine Rechtsschutzversicherung ab. Vereinbart sind die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 75). Diese bestimmen unter anderem: "§ 1 Gegenstand (1) Der Versicherer sorgt nach Eintritt des Versicherungsfalles für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers, soweit sie notwendig ist, und trägt die dem Versicherungsnehmer hierbei entstehenden Kosten. Die Wahrnehmung rechtlicher Interessen ist notwendig, wenn sie hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. […] § 2 Umfang (1) Der Versicherer trägt
a) die gesetzliche Vergütung eines für den Versicherungs- nehmer tätigen Rechtsanwaltes. […] […] (2) Der Versicherer hat die Leistungen nach Absatz 1 zu erbringen, sobald der Versicherungsnehmer wegen der Kosten in Anspruch genommen wird. […] § 16 Benennung und Beauftragung des Rechtsanwaltes (1) Der Versicherungsnehmer ist berechtigt, dem Versicherer einen Rechtsanwalt zu benennen, der seine Interessen wahrnehmen soll und dessen gesetzliche Vergütung der Versicherer gemäß § 2 Absatz 1a) zu tragen hat. […] […] § 17 Prüfung der Erfolgsaussichten (1) Ist der Versicherer der Auffassung, daß die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, kann er seine Leistungspflicht verneinen. Dies hat er dem Versicherungsnehmer unter Angabe der Gründe unverzüglich schriftlich mitzuteilen. […]"
2
Der Kläger beteiligte sich 1995 und 1996 als atypischer stiller Gesellschafter an zwei Unternehmen der sog. G. G. . 2004 wandte er sich an die Anwaltskanzlei M. (fortan: Prozessbevollmächtigte ), um Ansprüche wegen dieser Beteiligungen geltend zu machen. Nachdem die Beklagte zunächst Kostenschutz für Ansprüche gegen die Anlagegesellschaften gewährte, sagte sie dem Kläger aufgrund einer Vereinbarung vom 6./8. Juli 2009 Kostenschutz im erbetenen Umfang für ein Vorgehen gegen Konzeptanten, Initiatoren und ehemalige Vorstände der G. G. wegen Betruges und anderer unerlaubter Handlungen zu. Der Rechtsstreit mit den Anlagegesellschaften endete mit einem Vergleich; jedoch wurde am 20. Juni 2007 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der am Vergleich beteiligten Anlagegesellschaften eröffnet.
3
Mit Schreiben vom 9. März 2011 rieten die Prozessbevollmächtigten des Klägers diesem, Ansprüche wegen seiner Beteiligungen gegen die Wirtschaftsprüfer geltend zu machen, die für die G. G. tätig gewesen waren. Mit Schreiben vom 28. März 2011 baten sie die Beklagte um Kostenschutz für die außergerichtliche Interessenwahrnehmung für Ansprüche aus Beihilfe zum Betrug und Kapitalanlagebetrug sowie aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gegen drei Wirtschaftsprüfungsunternehmen , die für die G. G. tätig gewesen waren. Hierbei verwiesen die Prozessbevollmächtigten des Klägers auf eine von ihnen gefertigte Stellungnahme zur Haftung der Wirtschaftsprüfungsunternehmen. Der Kläger erteilte seinen Prozessbevollmächtigten unter dem 31. März 2011 Auftrag und Vollmacht zur außergerichtlichen und gerichtlichen Vertretung wegen Schadensersatzforderungen gegen Unternehmen der S. G. und Rechtsnachfolger.
4
Im Folgenden korrespondierten die Prozessbevollmächtigten des Klägers und die Beklagte über den Deckungsschutz für die außergerichtliche Interessenwahrnehmung gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Schließlich teilte die Beklagte mit Schreiben vom 29. Juli 2011 den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass sie für eine außergerichtliche Tätigkeit gegenüber den bisher in Anspruch genommenen Beteiligten an der angeblichen Straftat bereits Kostenschutz zugesagt habe und es sich bei den Wirtschaftsprüfungsunternehmen um vermeintliche Gehilfen handele, so dass nur eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne vorliege. Der Kostenschutz für die hier behandelte außergerichtliche Angelegenheit sei daher bereits erteilt und geleistet. Mit einem weiteren Schreiben vom 29. Juli 2011 wandte sich die Beklagte an den Kläger , übermittelte ihm ihr Schreiben vom selben Tag an die Prozessbevollmächtigten und führte u.a. folgendes aus: "Für eine außergerichtliche Interessenwahrnehmung gegen potentielle Täter und Tatbeteiligte hatten wir bereits De- ckungszusage erteilt […]. Diese Zusage im außergerichtli- chen Bereich erstreckt sich (trotz größter Bedenken zur Erfolgsaussicht !!) auch auf die Wirtschaftsprüfer, denn sie haben die Prospekte testiert und kamen von vornherein als mögliche Tatbeteiligte in Betracht. Dies löst aber bei Ihren Anwälten keine gesonderte Geschäftsgebühr aus. […] Ganz wichtig: Als Ihr Vertragspartner gehört es zu unseren Pflichten, Sie von Gebührenansprüchen Ihres Anwalts frei- zustellen. "Freistellung" bedeutet bei berechtigten Gebührenforderungen Zahlung an den Anwalt und bei unberechtigten Forderungen Unterstützung bei der Abwehr dieser Gebührenforderung. Deshalb unsere dringende Bitte: Informieren Sie uns sofort, wenn Ihnen die Anwaltskanzlei für die außergerichtliche Tätigkeit gegen Wirtschaftsprüfer Kosten in Rechnung stellen sollte."
5
Der Kläger erhob sodann Ende Dezember 2011 Klage auf Feststellung , dass die Beklagte ihm Kostenschutz für die außergerichtliche Interessenwahrnehmung gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zu gewähren hat.
6
Mit Schreiben vom 19. Dezember 2011 stellten die Prozessbevollmächtigten des Klägers bei einem Rechtsanwalt in L. , den das Ministerium der Justiz des Landes Brandenburg als Gütestelle im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO anerkannt hatte, einen Antrag auf außergerichtliche Streitschlichtung gegen die drei Wirtschaftsprüfungsunternehmen. Hierüber informierten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagte erstmals mit Schreiben vom 27. März 2012. Außerdem baten sie darin um Kostenschutz für das Schlichtungsverfahren und vorsorglich für ein erstinstanzliches Gerichtsverfahren. Dem schloss sich eine Korrespondenz zwischen der Beklagten und den Prozessbevollmächtigten des Klägers an, ohne dass diese sich dabei verständigen konnten.
7
Mit Schreiben vom 10. Mai 2012 wandte sich die Beklagte unter dem Betreff "Ihre Sache gegen S. G. pp. (drei Wirtschaftsprüfer) - Güteverfahren" erneut an den Kläger. Sie meinte in dem Schreiben unter anderem, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers die behaupteten Ansprüche gegen die Wirtschaftsprüfer bisher überhaupt nicht geltend gemacht hätten und nicht einmal ein Anspruchs- schreiben existiere. Sie führte weiter aus, dass nach ihrer Ansicht das Schlichtungsverfahren nicht notwendig gewesen sei und hierdurch unnötige Mehrkosten verursacht worden seien. Sodann heißt es in diesem Schreiben: "Da wir vermuten, dass die Anwälte das Vorgehen nicht mit Ihnen abgesprochen haben, möchten wir Ihnen gleichwohl weiterhelfen. Wir sind bereit, die Kosten des Schlichters zu übernehmen. […] Bitte informieren Sie uns, wenn der Schlichter […] Ihnen eine Kostenrechnung zusendet. Wir werden diese Rechnung dann prüfen und entweder für Sie bezahlen oder anderenfalls Ihnen Kostenschutz für die Abwehr der Forderung geben. Das gleiche gilt für eine etwaige Rechnung der Anwaltskanzlei M. in J. . Für die Tätigkeit im Schlichtungsverfahren fällt dort normalerweise eine zusätzliche Geschäftsgebühr nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) an. Wir sind der Meinung, dass diese Gebühr aber von Ihnen nicht verlangt werden kann, da durch diese Vorgehensweise der Rechtsanwälte unnötige Mehrkosten entstanden sind. Wir werden Ihnen in diesem Fall daher Kostenschutz für die Abwehr der Gebührenforderung zur Verfügung stellen."
8
Am 8. August 2012 erstellten die Prozessbevollmächtigten des Klägers eine Gebührenvorschussrechnung für ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit Ansprüchen gegen die Wirtschaftsprüfungsunternehmen. Darin machten sie - jeweils nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer - eine 1,8 Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Tätigkeit nach Nr. 2300 VV RVG sowie für das Güteverfahren eine 1,5 Geschäftsgebühr nach Nr. 2303 Nr. 4 VV RVG geltend; auf letztere rechneten sie 0,75 der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG an. Insgesamt verlangten sie 3.689 €. Diese Gebührenvorschussrechnung reichten die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 17. August 2012 bei der Beklagten ein und verlangten namens und in Vollmacht des Klägers, diesen von der Kostenforderung freizustellen. Die Beklagte lehnte es ab, diese Forderung zu bezahlen, und verwies darauf, dass sie den Kläger umfassend von der geltend gemachten Vergütung freigestellt habe, nämlich in Form der Zahlung berechtigter und der Abwehr unberechtigter Ansprüche.
9
Der Kläger hat - soweit noch von Interesse - zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihn von der Gebührenforderung seiner Prozessbevollmächtigten aus der Gebührenvorschussrechnung vom 8. August 2012 freizustellen. Das Landgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht der Klage hinsichtlich der Gebührenforderung für das Güteverfahren in Höhe von 1.094,80 € stattgegeben, die Berufung des Klägers im Übrigen zurückgewiesen.
10
Die Beklagte erstrebt mit ihrer Revision die Wiederherstellung des landgerichtlichen klageabweisenden Urteils, der Kläger verfolgt mit seiner Anschlussrevision eine Verurteilung auch wegen der von seinen Prozessbevollmächtigten für die außergerichtliche Tätigkeit geltend gemachten Gebührenforderung von insgesamt 2.594,20 €.

Entscheidungsgründe:


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Die Revision der Beklagten hat Erfolg, die Anschlussrevision des Klägers hat keinen Erfolg.
12
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von der Honorarrechnung seiner Prozessbevollmächtigten in dem Umfang, in dem die Honorarforderung der Prozessbevollmächtigten begründet sei. Diesen Anspruch habe die Beklagte nicht dadurch erfüllt, dass sie dem Kläger Kostenschutz für eine Abwehr dieser anwaltlichen Gebührenforderung zugesagt habe.
13
Es sei allein Bestandteil der Haftpflicht-, nicht aber der Rechtsschutzversicherung , dem Versicherungsnehmer Abwehrdeckung zu gewähren. Aus dem Versicherungsvertrag folge nichts anderes. Die Regelung in §§ 1, 2 ARB 75 könne ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs nur so verstehen, dass der Rechtsschutzversicherer die gesetzliche Vergütung des vom Versicherungsnehmer ausgewählten Anwalts zu tragen habe. Ein Wahlrecht des Versicherers, den Versicherungsnehmer unter Übernahme der hierfür anfallenden Kosten auf die Abwehr von Gebührenansprüchen zu verweisen , sähen die Versicherungsbedingungen nicht vor. Deshalb komme es nicht darauf an, dass eine Freistellungsverpflichtung auch die Pflicht umfasse, unbegründete Ansprüche abzuwehren. In der Rechtsschutzversicherung leiste der Versicherer nicht schuldbefreiend, wenn er den Versicherungsnehmer darauf verweise, sich auf Kosten des Versicherers gegen die Gebührenforderung des Anwalts zu verteidigen. Denn damit biete der Versicherer dem Versicherungsnehmer eine Leistung für einen tatsächlich noch nicht eingetretenen Versicherungsfall an, nämlich die Abwehr von Gebührenansprüchen des Rechtsanwalts. Der Versicherungsnehmer sei jedoch nicht verpflichtet, einen solchen Versicherungsfall zu verfolgen. Halte der Versicherungsnehmer die Gebührenforderung seines Anwalts für begründet, könne der Versicherer daher nur noch wählen, ob er die Gebührenforderung begleiche oder dies - ganz oder teilweise - ablehne.
14
Jedoch sei nur ein Teil der von den Prozessbevollmächtigten des Klägers geltend gemachten Gebühren angefallen. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG entstanden sei. Aus dem Auftrag vom März 2011 lasse sich nicht sicher entnehmen , dass der Kläger seine Prozessbevollmächtigten mit einer umfassenden Geschäftsbesorgung beauftragt habe. Der Kläger habe zu einer umfassenden, nach außen gerichteten Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten nicht ausreichend vorgetragen. Es liege daher allenfalls eine Beratung nach § 34 RVG vor; diese sei aber in der Honorarrechnung nicht abgerechnet.
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Freistellung könne der Kläger aber hinsichtlich der Gebührenforderung seiner Prozessbevollmächtigten für das Güteverfahren verlangen. Die Gebühr nach Nr. 2303 Nr. 4 VV RVG sei entstanden, weil die Prozessbevollmächtigten des Klägers eine Antragsschrift erstellt hätten. Ungeachtet des unter der Bedingung von Deckungsschutz erteilten Auftrags sei anzunehmen, dass der Kläger ein solches Kosten auslösendes Verhalten gebilligt habe, weil das Schlichtungsverfahren grundsätzlich geeignet gewesen sei, bei Eilbedürftigkeit Risiken und Gefahren abzuwehren. Die Gebühr nach Nr. 2303 Nr. 4 VV RVG sei auch eine gesetzliche Gebühr im Sinne von § 2 Abs. 1 a) ARB 75.
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Die Beklagte könne nicht geltend machen, es handele sich bei der Vergütung für die Tätigkeit im Schlichtungsverfahren um unnötige Kosten. Denn dies betreffe den Einwand der Mutwilligkeit. Diesen müsse der Versicherer unverzüglich schriftlich erheben und zudem den Versiche- rungsnehmer nach § 158n VVG a.F. belehren. Daran fehle es, so dass die Beklagte mit diesem Einwand gemäß § 158n VVG a.F. ausgeschlossen sei.
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II. Das hält rechtlicher Überprüfung nur teilweise stand.
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1. Revision der Beklagten
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Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Wiederherstellung des klageabweisenden landgerichtlichen Urteils. Die Klage auf Freistellung von der Gebührenforderung der Prozessbevollmächtigten des Klägers für das Güteverfahren in Höhe von 1.094,80 € ist derzeit unbegründet. Die Beklagte hat den bezüglich dieser Forderung im Streitfall bestehenden Anspruch des Klägers auf Kostenbefreiung erfüllt, weil sie ihm Kostenschutz zur Abwehr dieser Gebührenforderung zugesagt hat.
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a) Für den Versicherungsfall ist das Gesetz über den Versicherungsvertrag (VVG) in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung anzuwenden, Art. 1 Abs. 2 EGVVG, weil der Versicherungsfall vor dem 1. Januar 2009 eingetreten ist.
21
Nach den im Streitfall vereinbarten ARB 75 ist Versicherungsfall beim Schadensersatzrechtsschutz der Eintritt des dem Anspruch zugrunde liegenden Schadenereignisses (§ 14 Abs. 1 Satz 1 ARB 75). Dabei kommt es darauf an, mit welchem Tatsachenvortrag der Versicherungsnehmer den Schadensersatzanspruch begründet; als frühestmöglicher Zeitpunkt kommt das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten in Betracht, aus dem der Versicherungsnehmer den Anspruch herleitet (Senatsurteile vom 19. März 2003 - IV ZR 139/01, VersR 2003, 638 unter 1 a zu § 14 Abs. 1 ARB 75; vom 30. April 2014 - IV ZR 47/13, BGHZ 201, 73 Rn. 16 zu § 4 (1) Satz 1 a ARB 94). Dies ist hier die Behauptung des Klägers, die Wirtschaftsprüfer hätten Beihilfe zu vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, Betrug und Kapitalanlagebetrug der für das Anlagekonzept Verantwortlichen geleistet; diese Beihilfe hat ihre anspruchsbegründende Wirkung erst bei Begehung der Haupttat, mithin im Zeitpunkt der Anlageentscheidung des Klägers entfaltet (Senatsurteil vom 30. April 2014 aaO Rn. 21 f.). Dies war 1995 bzw. 1996.
22
b) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, die Beklagte sei schon im Hinblick auf § 158n Satz 3 VVG a.F. mit dem Einwand ausgeschlossen , der Kläger sei nicht verpflichtet, seinen Prozessbevollmächtigten die Gebühren für das Güteverfahren zu bezahlen. § 158n Satz 3 VVG a.F. hindert den Deckungsschutz gewährenden Versicherer nicht, eine Gebührenforderung des Anwalts mit der Begründung abzuwehren, es handele sich um unnötige Kosten.
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aa) § 158n VVG a.F. erfasst nur den Fall, dass der Versicherer Deckungsschutz für eine bestimmte Interessenwahrnehmung versagt, also erklärt, dass keine Leistungspflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer bestehe. Hingegen befasst sich § 158n VVG a.F. nicht mit der Frage, welche Leistungen der Versicherer im Rahmen eines zugesagten Deckungsschutzes zu erbringen hat, insbesondere unter welchen Voraussetzungen der Versicherer welche Gebühren des vom Versicherungsnehmer beauftragten Anwalts zu bezahlen hat. Ebenso wenig regelt § 17 ARB 75 diese Frage.
24
Dies ergibt sich aus einer Auslegung der Normen. Beide sprechen davon, dass der Versicherer seine Leistungspflicht verneint; inhaltlich beziehen sie sich auf die Interessenwahrnehmung sowie auf Erfolgsaussicht und Mutwilligkeit. Die Überschrift von § 17 ARB nennt ausdrücklich die Prüfung der Erfolgsaussichten. Beide Bestimmungen betreffen damit die Frage, ob die Rechtsverfolgung als solche Aussicht auf Erfolg hat oder mutwillig ist (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. § 1 ARB 2010 Rn. 14; MünchKomm-VVG/Richter, § 128 Rn. 13; Harbauer/ Bauer, Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 128 VVG Rn. 5). Darum geht es im Streitfall nicht. Vielmehr streiten die Parteien darum, ob die aufgrund der Einleitung des Güteverfahrens entstandenen Anwaltskosten - bei von der Beklagten anerkannter Pflicht, Versicherungsschutz zu gewähren - notwendig waren oder die hierdurch entstandenen Kosten bei einem kostensparenden Vorgehen vermeidbar gewesen wären.
25
bb) Das Berufungsgericht verkennt zudem, dass die Beklagte im Rechtsstreit von Anfang an zugestanden hat, dem Kläger zu Deckungsschutz für die außergerichtliche Interessenwahrnehmung gegen die Wirtschaftsprüfungsunternehmen verpflichtet zu sein.
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Diesen Deckungsschutz hat die Beklagte dem Kläger bereits vorprozessual gewährt. Unabhängig von ihrem übrigen Verhalten hat sie dem Kläger spätestens mit ihrem Schreiben vom 29. Juli 2011 umfassenden Deckungsschutz für die "außergerichtliche Interessenwahrnehmung" gegenüber den Wirtschaftsprüfungsunternehmen zugesagt. So ist das Schreiben der Beklagten vom 29. Juli 2011 nach objektivem Empfängerhorizont zu verstehen. Denn die Beklagte teilt dem Kläger darin mit, dass sie bereits eine Deckungszusage für die außergerichtliche Interessenwahrnehmung gegen potentielle Täter und Tatbeteiligte erteilt ha- be und sich diese Zusage im außergerichtlichen Bereich auch auf die Wirtschaftsprüfer erstrecke. Dies darf und muss ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer nach objektivem Empfängerhorizont dahin verstehen , dass die Beklagte ihm auch für eine außergerichtliche Interessenwahrnehmung gegenüber den Wirtschaftsprüfern Deckungsschutz zusagt.
27
Diese Deckungszusage umfasst auch die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegenüber einer staatlich anerkannten Gütestelle im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Denn als außergerichtliche Interessenwahrnehmung sind nach objektivem Empfängerhorizont sämtliche Handlungen zu verstehen, die dazu dienen, die Interessen des Versicherungsnehmers ohne Einschaltung eines Gerichts zu wahren. Wie auch das Berufungsgericht erkennt, handelt es sich bei der Anrufung einer anerkannten Gütestelle um einen solchen außergerichtlichen Schritt. Eine Gütestelle ist schon deshalb kein Gericht, weil sie keine verbindliche Entscheidung gegen den Willen einer der Parteien treffen kann.
28
c) Die Beklagte hat den bestehenden Freistellungsanspruch des Klägers im Hinblick auf die Gebührenforderung - anders als das Berufungsgericht meint - erfüllt, indem sie dem Kläger zugesagt hat, ihm Kostenschutz zu gewähren, falls sein Prozessbevollmächtigter die Gebührenforderung klageweise geltend machen sollte.
29
aa) Der Rechtsschutzversicherer ist verpflichtet, im Versicherungsfall den Versicherungsnehmer von Gebührenansprüchen seiner Anwälte freizustellen. Dies folgt aus § 2 Abs. 1 a, Abs. 2 ARB 75, der bestimmt, dass der Versicherer die gesetzliche Vergütung eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwalts trägt.

30
Der Anspruch aus der Rechtsschutzversicherung ist nach gefestigter Rechtsprechung des Senats auf die Befreiung von den bei der Wahrung der rechtlichen Interessen entstehenden Kosten gerichtet (Senatsurteile vom 16. Juli 2014 - IV ZR 88/13, BGHZ 202, 122 Rn. 28 m.w.N. und - zu § 2 ARB 75 - vom 14. April 1999 - IV ZR 197/98, VersR 1999, 706 unter 2 b). Der Versicherer verspricht, den Versicherungsnehmer vor konkreten Vermögensnachteilen zu schützen, so dass dieser im Rechtsschutzfall nicht mit Kosten belastet wird. Diese Kosten bilden den Schaden , dessen Deckung der Rechtsschutzversicherer vertraglich übernommen hat (Senatsurteil vom 14. April 1999 - IV ZR 197/98, VersR 1999, 706 unter 2 c; BGH, Urteil vom 24. April 1967 - II ZR 229/64, VersR 1967, 774 unter II 2) und von denen der Versicherer den Versicherungsnehmer nach den Regelungen der ARB freizustellen hat.
31
Eine vertraglich zugesagte Freistellungsverpflichtung umfasst nach allgemeinen Regeln auch die Verpflichtung des Versicherers, den Versicherungsnehmer von unbegründeten Ansprüchen freizustellen (für das allgemeine Zivilrecht BGH, Urteile vom 15. Dezember 2010 - VIII ZR 86/09, NJW-RR 2011, 479 Rn. 12; vom 19. April 2002 - V ZR 3/01, NJW 2002, 2382 unter II 3; Senatsurteil vom 19. Januar 1983 - IVa ZR 116/81, NJW 1983, 1729 unter 1 b; BGH, Urteil vom 24. Juni 1970 - VIII ZR 268/67, NJW 1970, 1594 unter II 1 b). Es handelt sich dabei um einen allgemeinen Grundsatz vertraglicher Freistellungsansprüche. Er gilt auch für die Rechtsschutzversicherung (Wendt, r+s 2012, 209, 212; ders., r+s 2010, 221, 229).
32
bb) Der Versicherer kann diesen Befreiungsanspruch hinsichtlich der von ihm nach § 2 Abs. 1 a ARB 75 zu tragenden gesetzlichen Vergü- tung eines Rechtsanwalts auch dadurch erfüllen, dass er dem Versicherungsnehmer Kostenschutz für einen etwaigen Gebührenprozess zwischen dem Versicherungsnehmer und seinem Prozessbevollmächtigten zusagt (Abwehrdeckung; Wendt, r+s 2010, 221, 229). Denn auf welche Art und Weise der Versicherer den Kostenbefreiungsanspruch erfüllt, richtet sich nach den allgemein für einen Freistellungsanspruch geltenden Regeln (unter 1). Weder die ARB noch das Gesetz enthalten vorrangige Bestimmungen (unter 2). Es stimmt zudem mit der in der Rechtsschutzversicherung angelegten Trennung zwischen Versicherungsvertrag und Mandatsverhältnis überein (unter 3) und benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht unangemessen (unter 4).
33
(1) Auf welche Weise der Rechtsschutzversicherer den Versicherungsnehmer von einer Gebührenforderung befreit, steht ihm grundsätzlich frei (Senatsurteile vom 14. März 1984 - IVa ZR 24/82, VersR 1983, 530 unter II; vom 16. Juli 2014 - IV ZR 88/13, BGHZ 202, 122 Rn. 27; Böhm, ARB 12. Aufl. § 2 Rn. 36; Harbauer/Bauer, Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 5 ARB 2000 Rn. 169). Entscheidend ist nur, dass das Ergebnis - Befreiung des Versicherungsnehmers von der Verbindlichkeit - erreicht wird (Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 88/13, aaO Rn. 27 m.w.N.).
34
Schon nach allgemeinen Regeln steht dem Schuldner des Befreiungsanspruchs ein Wahlrecht zu (BGH, Urteil vom 17. Februar 2011 - III ZR 144/10, NJW-RR 2011, 910 Rn. 21; Staudinger/Bittner, BGB Neubearbeitung 2014 § 257 Rn. 7; MünchKomm-BGB/Krüger, 6. Aufl. § 257 Rn. 4). Der Versicherer kann mithin entscheiden, ob er die Gebührenforderung als Dritter gemäß § 267 BGB bezahlt, ob er mit dem Prozessbevollmächtigten eine (befreiende) Schuldübernahme vereinbart oder ob er in anderer Weise erreicht, dass der Versicherungsnehmer nicht mehr der Gefahr ausgesetzt ist, Gebührenansprüche seines Prozessbevollmächtigten erfüllen zu müssen. Hält der Versicherer die Gebührenansprüche für unbegründet, muss er dem Versicherungsnehmer deshalb bei deren Abwehr zur Seite stehen.
35
In diesem Fall erfüllt der Versicherer seine vertragliche Leistungspflicht auch, wenn er den Versicherungsnehmer gegen einen Honoraranspruch seines Rechtsanwalts verteidigt und die Kosten eines Honorarstreits übernimmt (Harbauer/Bauer, Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 5 ARB 2000 Rn. 10; ders. NJW 2015, 1329, 1330 f.; ders. r+s 2013, 131; in dieser Richtung auch Buschbell/Hering, Handbuch Rechtsschutzversicherung 6. Aufl. § 37 Rn. 5; BGH, Urteil vom 14. Juli 1972 - VII ZR 41/71, VersR 1972, 1141 unter 3 d; LG Dortmund JurBüro 1988, 907; a.A. OLG Köln, Urteil vom 4. August 2015 - 9 U 82/14, n.v.; AG München r+s 2013, 129, 131). Sinn einer vertraglichen Freistellungsvereinbarung ist, dass der Freistellungsschuldner sich um die Abwehr der Ansprüche kümmert und jegliche Nachteile vom Freistellungsgläubiger abhält (Schweer/Todorow, NJW 2013, 2072, 2076). Deshalb kann eine Freistellung auch in der Weise erfolgen, dass der Versicherer verspricht, die Kosten für einen Prozess zu übernehmen (vgl. für den allgemeinen zivi lrechtlichen Befreiungsanspruch Senatsurteil vom 19. Januar 1983 - IVa ZR 116/81, NJW 1983, 1729 unter 2 c) und der Prozess auf seine Kosten und sein Risiko geführt wird.
36
(2) Weder die Vorschriften über die Rechtsschutzversicherung (§§ 158l bis 158o VVG a.F. bzw. §§ 125 ff. VVG n.F.) noch der Versicherungsvertrag oder die einbezogenen ARB enthalten in dieser Hinsicht von den allgemeinen Regeln abweichende Bestimmungen, die es aus- schließen, dass der Versicherer seine Freistellungsverpflichtung hinsichtlich der gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwalts erfüllt, indem er dem Versicherungsnehmer Abwehrdeckung gewährt.
37
Den §§ 158l bis 158o VVG a.F. bzw. § 125 VVG n.F. lässt sich nichts für die Frage entnehmen, auf welche Weise der Versicherer den Versicherungsnehmer von Gebührenansprüchen freizustellen hat. Versicherungsvertrag und ARB enthalten ebenfalls keine Bestimmungen, aufgrund derer der Versicherer gehindert wäre, den Befreiungsanspruch durch die nach allgemeinen Regeln mögliche Abwehrdeckung zu erfüllen. Die allgemeinen Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (ständige Rechtsprechung , jüngst etwa Senatsurteil vom 1. April 2015 - IV ZR 104/13, VersR 2015, 617 Rn. 13).
38
Gemäß § 1 Abs. 1 ARB 75 trägt der Versicherer die dem Versicherungsnehmer entstehenden Kosten; § 2 ARB 75 legt fest, welche Kosten hiervon erfasst werden (ebenso § 5 ARB 2010). § 2 Abs. 2 ARB 75 bestimmt , dass der Versicherer die Leistungen nach § 2 Abs. 1 ARB 75 zu erbringen hat, sobald der Versicherungsnehmer wegen der Kosten in Anspruch genommen wird. Daraus entnimmt der durchschnittliche Versicherungsnehmer , dass der Versicherer verspricht, ihn von den Kosten der Rechtsverfolgung und insbesondere den Gebühren des eigenen Anwalts freizustellen. Es erschließt sich dabei dem durchschnittlichen Ver- sicherungsnehmer aus § 2 Abs. 1 a, b ARB 75, dass der Versicherer nur bereit ist, solche Gebühren eines Rechtsanwalts zu bezahlen, die der Versicherungsnehmer nach Recht und Gesetz schuldet, die also tatsächlich entstanden sind und die sich sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach aus den gesetzlichen Bestimmungen über die anwaltliche Vergütung ergeben. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird dem Rechtsschutzversprechen des Versicherers weiter entnehmen, dass der Versicherer ihn auch vor überhöhten Forderungen seines Rechtsanwalts schützen und unberechtigte oder aus anderen Gründen nicht zu erfüllende Gebührenforderungen des Rechtsanwalts abwehren wird.
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Hingegen enthalten die Versicherungsbedingungen keine Regelung , auf welche Weise der Versicherer diese Leistungen zu erbringen hat. Ebenso wenig bestimmen die Versicherungsbedingungen, auf welchem Weg zu entscheiden ist, wenn Versicherungsnehmer und Versicherer über Entstehung oder Höhe der gesetzlichen Gebühren unterschiedlicher Ansicht sind. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird daher den Bedingungen nur entnehmen, dass der Versicherer die Befreiung in der nach den gesetzlichen Regeln geschuldeten Art und Weise erbringen wird.
40
(3) Dies ergibt sich weiter aus der Trennung zwischen dem Versicherungsvertrag und dem Mandatsverhältnis.
41
Die Frage, ob und in welcher Höhe die vom Versicherer nach § 2 Abs. 1 a ARB 75 zu tragende gesetzliche Vergütung des Rechtsanwalts entstanden ist und ob dem Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts Einreden entgegenstehen, richtet sich - wie auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer erkennt - nicht nach dem Rechtsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer, sondern ausschließlich nach dem Mandatsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Versicherungsnehmer. Über die Höhe der gesetzlichen Vergütung eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwalts nach § 2 Abs. 1 a ARB 75 kann verbindlich nur im Verhältnis zwischen Anwalt und Versicherungsnehmer entschieden werden (LG Trier r+s 1988, 16, 17). Dies ist auch erforderlich und geboten, wenn Streit besteht, ob die Gebührenforderung des Anwalts berechtigt ist, weil der Versicherer in § 2 Abs. 1 a ARB 75 nur verspricht , solche gesetzlichen Gebühren zu tragen, die tatsächlich entstanden sind. Ein Urteil im Prozess zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer bindet den Anwalt nach allgemeiner Meinung nicht (LGTrier r+s 1988, 16, 17 f.; Harbauer/Bauer aaO § 5 ARB 2000 Rn. 99; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. § 5 ARB 2010 Rn. 20). Der Prozessbevollmächtigte wäre also trotz eines klageabweisenden Urteils in jenem Prozess nicht gehindert, seine Gebührenforderungen in einem Prozess gegen seinen Mandanten durchzusetzen. Die Versicherungsbedingungen geben einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer keinen Anhaltspunkt , aufgrund dessen er erwarten könnte, dass ein Rechtsstreit mit dem Versicherer Bindungswirkung für das Mandatsverhältnis haben könnte. Gegenstand der Deckungsklage ist grundsätzlich nur die Frage, ob der Versicherer für den betreffenden Vorgang bzw. das jeweilige Verfahren Deckungsschutz zu gewähren hat.
42
Der durchschnittliche Versicherungsnehmer erkennt daher, dass stets dann, wenn der Versicherer einwendet, die vom Rechtsanwalt geforderte Vergütung stehe diesem nicht zu, dies verbindlich nur in einem Rechtsstreit mit dem Anwalt entschieden werden kann. Ihm ist klar, dass gebührenrechtliche Fragen nicht Gegenstand des Versicherungsverhältnisses sind. Bestreitet der Versicherer, dass die Gebührenforderung des Rechtsanwalts berechtigt ist, ist dies im Mandatsverhältnis zu klären. Ist der Versicherer nicht bereit, die Gebührenforderung zu bezahlen, ist er verpflichtet, dem Versicherungsnehmer Kostenschutz für einen etwaigen Gebührenprozess zu gewähren (Wendt, r+s 2010, 221, 229); eine im Mandatsverhältnis ergangene Entscheidung über die Gebührenansprüche des Prozessbevollmächtigten bindet den Versicherer. Nach dem Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist insoweit entscheidend, dass das vom Versicherer geschuldete Ergebnis - Befreiung von der Verbindlichkeit - eintritt (Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 88/13, BGHZ 202, 122 Rn. 27 m.w.N.).
43
(4) Die Interessen des Versicherungsnehmers werden bei einem Streit, ob und in welcher Höhe die Gebührenansprüche des Rechtsanwalts berechtigt sind, durch eine Abwehrdeckung nicht in unangemessener Weise beeinträchtigt.
44
Besteht Streit, ob und in welcher Höhe der Prozessbevollmächtigte Anspruch auf Gebühren hat, ist der Versicherungsnehmer in jedem Fall gezwungen, sich auf eine streitige Auseinandersetzung einzulassen, sei es im Verhältnis zu seinem Prozessbevollmächtigten, sei es in einem Rechtsstreit mit dem Versicherer. Letzteren hat der Versicherungsnehmer auf eigene Kosten und eigenes Risiko zu führen, weil für Streitigkeiten mit dem Rechtsschutzversicherer bedingungsgemäß kein Versicherungsschutz besteht (§ 4 Abs. 1 h ARB 75; § 3 Abs. 2 h ARB 2010); dies birgt zudem die Gefahr, dass der Prozessbevollmächtigte in einem weiteren Prozess die Gebührenforderung gegen den Versicherungsnehmer durchsetzt und der Versicherungsnehmer - nach rechtskräftiger Abweisung seines Freistellungsanspruchs - hierfür keinen Versicherungsschutz genießt (vgl. Bauer, r+s 2013, 131, 132). Im anderen Fall trägt der Versi- cherer Kosten und Risiko des Prozesses; das Ergebnis bindet ihn. Außerdem besteht nur im Mandatsverhältnis die Möglichkeit, in bestimmten Fallgestaltungen einfach und kostengünstig Streitigkeiten über Grund und Höhe der gesetzlichen Vergütung zu entscheiden wie etwa im Verfahren nach § 11 RVG; auch diese Entscheidungen sind für den Versicherer bindend.
45
Da die vom Versicherer gewährte Abwehrdeckung dem Versicherungsnehmer bei Gebührenforderungen seines Rechtsanwalts mithin wesentliche Vorteile bietet, fällt der dabei bestehende Nachteil, eine streitige Auseinandersetzung mit seinem Rechtsanwalt führen zu müssen, nicht entscheidend ins Gewicht. Es ist sowohl für den Rechtsanwalt als auch den durchschnittlichen Versicherungsnehmer offensichtlich, dass diese Auseinandersetzung nicht auf einem Misstrauen des Versicherungsnehmers beruht, sondern allein auf die Haltung des Versicherers zurückgeht, der die jeweilige Gebührenforderung für unberechtigt hält. Hingegen ist eine mögliche finanzielle Belastung des Versicherungsnehmers durch die Gebührenforderung - etwa wenn der Rechtsanwalt seine Tätigkeit von entsprechenden Vorschüssen abhängig macht - unerheblich ; sie tritt in beiden Fällen gleichermaßen auf, weil der nicht zur Zahlung bereite Versicherer stets nur leisten wird, nachdem die Leistungspflicht geklärt ist.
46
Es ist schließlich - anders als das Berufungsgericht annimmt - gleichgültig, ob der im Rahmen eines Versicherungsfalls entstehende Streit über Höhe oder Berechtigung der anwaltlichen Gebührenforderung einen weiteren Versicherungsfall darstellen könnte. Liegt ursprünglich ein Versicherungsfall vor, schuldet der Versicherer bedingungsgemäßen Versicherungsschutz. In welchem Umfang und auf welche Art und Weise der Versicherer diesen Versicherungsschutz zu gewähren hat, hängt nicht davon ab, ob die Leistung des Versicherers unter Umständen erfolgt , die für sich genommen als Versicherungsfall nach den ARB einzuordnen wären. Entscheidend ist allein, ob es sich um eine vom Versicherer nach den Versicherungsbedingungen und dem Gesetz geschuldete Leistung handelt, weil der bedingungsgemäße Versicherungsschutz Teil der für den jeweiligen Versicherungsfall bestehenden Leistungspflicht des Versicherers ist. Hierzu gehört auch die Abwehrdeckung.
47
2. Anschlussrevision des Klägers
48
Die Anschlussrevision des Klägers ist unbegründet. Die Klageabweisung im Hinblick auf die Gebührenforderung der Prozessbevollmächtigten des Klägers für ihre außergerichtliche Tätigkeit nach Nr. 2300 VV RVG hält im Ergebnis der Rechtsüberprüfung stand.
49
a) Die Klage ist hinsichtlich der geforderten Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG schon deshalb unbegründet, weil die Beklagte dem Kläger auch insoweit Kostenschutz für einen Gebührenprozess zugesagt hat. Ob die von den Prozessbevollmächtigten des Klägers verlangte Gebühr tatsächlich entstanden ist, in welcher Höhe sie berechtigt ist und ob es sich bei der Rechtsverfolgung gegenüber den Vorständen als Haupttätern und den Wirtschaftsprüfern als Gehilfen gebührenrechtlich um eine Angelegenheit handelt, ist nicht Gegenstand des Versicherungsverhältnisses zwischen Kläger und Beklagter, sondern allein Frage des Mandatsverhältnisses. In einem solchen Fall kann der Versicherer Versicherungsschutz auch dadurch leisten, dass er dem Versicherungsnehmer verspricht , ihm in einem etwaigen Gebührenprozess Kostenschutz zu gewähren und damit im Falle eines Unterliegens verpflichtet ist, die Kosten dieses Gebührenprozesses zu erstatten und die Forderung zu bezahlen (vgl. oben unter 1 c) bb).
50
b) Auf die Frage, ob die Forderung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstanden ist, kommt es daher im vorliegenden Rechtsstreit nicht an.
Mayen Felsch Harsdorf-Gebhardt
Dr.Karczewski Dr.Schoppmeyer
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 13.12.2012- 11 O 483/11 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.06.2014- I-4 U 3/13 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Okt. 2015 - IV ZR 266/14

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Versicherungsrecht: Zum Anspruch aus der Rechtsschutzversicherung

10.12.2015

Der Anspruch des Versicherungsnehmers aus der Rechtsschutzversicherung ist auf die Befreiung von den bei der Wahrung der rechtlichen Interessen entstehenden Kosten gerichtet.
Versicherungsrecht
1 Artikel zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 21. Okt. 2015 - IV ZR 266/14.

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10.12.2015

Der Anspruch des Versicherungsnehmers aus der Rechtsschutzversicherung ist auf die Befreiung von den bei der Wahrung der rechtlichen Interessen entstehenden Kosten gerichtet.
Versicherungsrecht

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 794 Weitere Vollstreckungstitel


(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:1.aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vo
Bundesgerichtshof Urteil, 21. Okt. 2015 - IV ZR 266/14 zitiert 9 §§.

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 794 Weitere Vollstreckungstitel


(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:1.aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vo

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 11 Festsetzung der Vergütung


(1) Soweit die gesetzliche Vergütung, eine nach § 42 festgestellte Pauschgebühr und die zu ersetzenden Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, werden sie auf Antrag des Rechtsanwalts oder

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 267 Leistung durch Dritte


(1) Hat der Schuldner nicht in Person zu leisten, so kann auch ein Dritter die Leistung bewirken. Die Einwilligung des Schuldners ist nicht erforderlich. (2) Der Gläubiger kann die Leistung ablehnen, wenn der Schuldner widerspricht.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 34 Beratung, Gutachten und Mediation


(1) Für einen mündlichen oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft (Beratung), die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängen, für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens und für die Tätigkeit als Mediator soll der R

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 125 Leistung des Versicherers


Bei der Rechtsschutzversicherung ist der Versicherer verpflichtet, die für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers oder des Versicherten erforderlichen Leistungen im vereinbarten Umfang zu erbringen.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Okt. 2015 - IV ZR 266/14 zitiert oder wird zitiert von 17 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Okt. 2015 - IV ZR 266/14 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Apr. 2002 - V ZR 3/01

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Bundesgerichtshof Urteil, 17. Feb. 2011 - III ZR 144/10

bei uns veröffentlicht am 17.02.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 144/10 Verkündet am: 17. Februar 2011 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 675 Ein.

Bundesgerichtshof Urteil, 19. März 2003 - IV ZR 139/01

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Bundesgerichtshof Urteil, 15. Dez. 2010 - VIII ZR 86/09

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Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 22. Februar 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage auf weitere Invalidi

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Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Hof vom 04.10.2016, Az. 17 C 1496/15, wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. 3. Das Urteil ist vorläufig vo

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2018 - IV ZR 215/16

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 215/16 Verkündet am: 11. April 2018 Heinekamp Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 3

Referenzen

(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:

1.
aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vor einem deutschen Gericht oder vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind, sowie aus Vergleichen, die gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 492 Abs. 3 zu richterlichem Protokoll genommen sind;
2.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen;
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
aus Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet;
3a.
(weggefallen)
4.
aus Vollstreckungsbescheiden;
4a.
aus Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären, sofern die Entscheidungen rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind;
4b.
aus Beschlüssen nach § 796b oder § 796c;
5.
aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der einer vergleichsweisen Regelung zugänglich, nicht auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist und nicht den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft, und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat;
6.
aus für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehlen nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006;
7.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt worden sind;
8.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, ergangen sind;
9.
aus Titeln eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind.

(2) Soweit nach den Vorschriften der §§ 737, 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Verurteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, dass der Beteiligte in einer nach Absatz 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Recht unterworfenen Gegenstände bewilligt.

(1) Für einen mündlichen oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft (Beratung), die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängen, für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens und für die Tätigkeit als Mediator soll der Rechtsanwalt auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken, soweit in Teil 2 Abschnitt 1 des Vergütungsverzeichnisses keine Gebühren bestimmt sind. Wenn keine Vereinbarung getroffen worden ist, erhält der Rechtsanwalt Gebühren nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Ist im Fall des Satzes 2 der Auftraggeber Verbraucher, beträgt die Gebühr für die Beratung oder für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens jeweils höchstens 250 Euro; § 14 Absatz 1 gilt entsprechend; für ein erstes Beratungsgespräch beträgt die Gebühr jedoch höchstens 190 Euro.

(2) Wenn nichts anderes vereinbart ist, ist die Gebühr für die Beratung auf eine Gebühr für eine sonstige Tätigkeit, die mit der Beratung zusammenhängt, anzurechnen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 139/01 Verkündet am:
19. März 2003
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
AVB f. Rechtsschutzvers. (ARB 75) §§ 14 Abs. 1, 17

a) Unter einem den Versicherungsfall nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 auslösenden
Schadenereignis ist nur ein solches zu verstehen, für das derjenige, der auf
Schadensersatz in Anspruch genommen wird, in haftungsrechtlich zurechenbarer
Weise verantwortlich sein soll.

b) Der Versicherer verliert das Recht, die Leistung wegen fehlender Erfolgsaussicht
oder Mutwilligkeit abzulehnen, wenn er dies dem Versicherungsnehmer
entgegen § 17 Abs. 1 Satz 2 ARB 75 nicht unverzüglich schriftlich mitteilt. Er
kann sich dieses Recht auch dann nicht wirksam vorbehalten, wenn er die Leistung
aus anderen Gründen ablehnt (Aufgabe von BGH VersR 1986, 132).
BGH, Urteil vom 19. März 2003 - IV ZR 139/01 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert und Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 19. März 2003

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 29. März 2001 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger unterhält bei der Beklagten seit dem 1. Dezember 1983 eine Rechtsschutzversicherung, die Familien- und Verkehrs-Rechtsschutz umfaßt. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 75) zugrunde.
Der Kläger begehrt Rechtsschutz für eine Klage auf Schadensersatz gegen den Zigarettenhersteller R. . Seit 1964 raucht der Kläger, und zwar ausschließlich Zigaretten der von der Firma R. hergestellten Marke "E. ". Im Jahr 1993 erlitt er einen Herzinfarkt. Danach mußte er mehrere operative Eingriffe vornehmen lassen, unter anderem eine Bypass-Operation im März 1999.

Mit der beabsichtigten Klage gegen die Firma R. sollen An- sprüche aus § 823 BGB und nach dem Produkthaftungsgesetz geltend gemacht werden. Der Kläger lastet der Firma R. an, keine Warnhinweise auf ihren Produkten angebracht zu haben, obwohl ihr aufgrund von Forschungsergebnissen eines amerikanischen Tabakkonzerns aus dem Jahr 1983 seit 1984 bekannt gewesen sei, daß beim Rauchen der suchterregende Wirkstoff Acetaldehyd freigesetzt werde. Außerdem seien dem Zigarettentabak seit 1984 Ammoniak und andere Zusatzstoffe beigemischt worden, um dadurch die Suchterzeugung zu verstärken und eine Suchtverhaftung auszulösen. Ohne diese Beimischung und bei rechtzeitigem Hinweis auf die suchterregende Wirkung von Acetaldehyd wäre es ihm - dem Kläger - gelungen, sich das Rauchen rechtzeitig abzugewöhnen. Dann wäre es nicht zu der erst 1989/1990 aufgetretenen kardiovaskulären Erkrankung und dem späteren Herzinfarkt gekommen.
Die Beklagte hat die erbetene Kostenzusage für die erste Instanz im beabsichtigten Schadensersatzprozeß gegen die Firma R. abgelehnt , weil das den Versicherungsfall im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 darstellende Schadenereignis schon vor Beginn des Rechtsschutzversicherungsvertrages eingetreten sei. Die Beklagte sieht als Schadenereignis die Nikotinsucht des Klägers an, die bereits seit 1975 bestanden habe. Zu den Erfolgsaussichten der Klage gegen die Firma R. hat sie in den vorgerichtlichen Ablehnungsschreiben vom 2. August und 10. September 1999 Bedenken und Zweifel geäußert, die abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten jedoch im zuletzt genannten Schreiben ausdrücklich offengelassen. Im Deckungsprozeß hat sie ihre Ablehnung in der Berufungsinstanz auch auf fehlende Erfolgsaussicht gestützt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht (VersR 2002, 91) hat ihr stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg. Die Beklagte hat dem Kläger im beantragten Umfang Rechtsschutz zu gewähren.
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, daß der Versicherungsfall erst während der Dauer des Versicherungsschutzes eingetreten ist, der gemäß § 5 ARB 75 hier am 1. Dezember 1983 begonnen hat.

a) Der Familien- und Verkehrs-Rechtsschutz umfaßt nach § 26 Abs. 3 a ARB 75 die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen im Rahmen des § 14 Abs. 1 ARB 75. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 gilt bei Schadensersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen als Versicherungsfall der Eintritt des dem Anspruch zugrunde liegenden Schadenereignisses. Als ein dem Anspruch zugrunde liegendes Schadenereignis kann bei der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach dem Wortlaut und dem Sinn der Bestimmung von vornherein nur ein Ereignis in Betracht kommen, das geeignet ist, den Anspruch rechtlich zu begründen. Auf eigenes Verhalten des Versicherungsnehmers und in seiner Person liegende Umstände, die für den Schaden mitur-

sächlich waren, kann der Anspruch gegen den Schädiger nicht gestützt werden. Sie sind kein dem geltend gemachten Anspruch zugrunde liegendes Schadenereignis und damit kein Versicherungsfall im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 ARB 75. Der verständige Versicherungsnehmer wird deshalb unter dem Schadenereignis nur ein solches verstehen, für das der Schadensersatzpflichtige, gegen den er Ansprüche erhebt, in haftungsrechtlich zurechenbarer Weise verantwortlich ist (vgl. zu § 4 (1) a ARB 94 Senatsurteil vom 25. September 2002 - IV ZR 248/01 - VersR 2002, 1503 unter 2 b bb).
Demgemäß kommt es für den Eintritt des Versicherungsfalls darauf an, mit welchem Tatsachenvortrag der Versicherungsnehmer den Schadensersatzanspruch begründet. Als frühest möglicher Zeitpunkt kommt das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten in Betracht , aus dem der Anspruch hergeleitet wird. Ob der Tatsachenvortrag des Versicherungsnehmers schlüssig und beweisbar ist, ist für den Eintritt des Versicherungsfalls nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 unerheblich. Diese Frage ist nur für die Erfolgsaussicht im Sinne von §§ 1 Abs. 1 Satz 2, 17 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 von Bedeutung.

b) Der Versicherungsfall ist hier nicht vor dem 1. Dezember 1983 und damit in versicherter Zeit eingetreten. Der Kläger lastet der Firma R. als schadenursächliches Verhalten an, sie habe ab 1984 Warnhinweise auf die ihr bekannte suchterregende Wirkung von Acetaldehyd pflichtwidrig unterlassen und dem Zigarettentabak bewußt suchtsteigernde Stoffe beigemischt. Mit einem früheren pflichtwidrigen Verhalten der Firma R. begründet er die beabsichtigte Klage nicht. Deshalb kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten nicht darauf an, ob der Kläger

schon seit 1975 nikotinsüchtig war. Dies ist gegebenenfalls im Schadensersatzprozeß gegen die Firma R. zu klären und rechtlich zu würdigen. Ebenso bedarf es keiner Stellungnahme dazu, ob bei § 14 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 das Kausalereignis oder das Folgeereignis maßgebend und welcher sinnfällige objektive Vorgang hier als Folgeereignis anzusehen ist. Es wäre jedenfalls nach Vertragsbeginn eingetreten.
2. Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß die Beklagte sich nicht mehr darauf berufen kann, die beabsichtigte Klage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das ist ihr verwehrt, weil sie dem Kläger diesen Ablehnungsgrund entgegen § 17 Abs. 1 Satz 2 ARB 75 nicht unverzüglich schriftlich mitgeteilt hat.

a) Die Auslegung dieser Bestimmung ergibt nach den Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Versicherungsnehmers (vgl. dazu BGHZ 123, 83, 85), daß sich der Versicherer bei Verletzung der Mitteilungspflicht im Deckungsprozeß nicht mehr auf die fehlende Erfolgsaussicht berufen kann. Dies entspricht auch der ganz überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (OLG Düsseldorf VersR 2001, 233 unter II 2, OLG Hamm VersR 1999, 1362 unter II 2, OLG Köln r+s 1991, 419, 420 f., jeweils mit Hinweisen auf frühere Rechtsprechung; OLG Frankfurt VersR 1984, 857 unter II; a.A. OLG Karlsruhe VersR 1999, 613 unter I 1 b).
aa) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 kann der Versicherer seine Leistungspflicht verneinen, wenn er der Auffassung ist, die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg oder erscheine mutwillig. Macht er von

seinem Ablehnungsrecht Gebrauch, hat der dies nach Satz 2 der Be- stimmung dem Versicherungsnehmer unter Angabe der Gründe unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Schon dieser Zusammenhang zwischen Satz 1 und Satz 2 legt es nahe, daß die Ablehnung innerhalb des Zeitraums erfolgen muß und auch nur erfolgen kann, den der Versicherer bei sachgerechter, nicht schuldhaft verzögerter Prüfung für seine Entschließung benötigt. Die Prüfungspflicht des Versicherers beginnt, sobald der Versicherungsnehmer seine Obliegenheit nach § 15 Abs. 1 a ARB 75 erfüllt hat, den Versicherer unverzüglich vollständig und wahrheitsgemäß über sämtliche Umstände des Versicherungsfalles zu unterrichten sowie Beweismittel und Unterlagen anzugeben und auf Verlangen zur Verfügung zu stellen (Prölss in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 17 ARB 75 Rdn. 5). Bei Verletzung dieser Obliegenheit hat sich der Versicherer Leistungsfreiheit nach Maßgabe von § 15 Abs. 2 ARB 75 ausbedungen (vgl. dazu Harbauer, Rechtsschutzversicherung 6. Aufl. § 15 ARB 75 Rdn. 79 ). Beim Blick auf den Anspruchsverlust bei Verletzung der Obliegenheit zur unverzüglichen vollständigen und wahrheitsgemäßen Unterrichtung des Versicherers drängt es sich auf, daß der Versicherer seinerseits nicht nur gehalten ist, die Leistungsablehnung wegen fehlender Erfolgsaussicht oder Mutwilligkeit dem Versicherungsnehmer unverzüglich mitzuteilen, sondern auch die Prüfung der Erfolgsaussicht unverzüglich vorzunehmen, und daß ein Verstoß dagegen auf seiten des Versicherers den Verlust dieses Ablehnungsrechts zur Folge hat. Denn der verständige Versicherungsnehmer kann nicht davon ausgehen, daß ihm selbst mit der Sanktion des Leistungsverlustes verknüpfte unverzüglich zu erfüllende Aufklärungsobliegenheiten aufgegeben werden, der Versicherer aber seine Entschließung über das Vorliegen von Ablehnungsgründen beliebig - und ohne gleichzeitigen Verlust des Ablehnungsrechts - hinausschie-

ben kann. Was insoweit für den Versicherungsnehmer gilt, muß in entsprechender Weise für den Versicherer gelten.
bb) Die Regelungen in § 17 Abs. 2 und 3 ARB 75 bestätigen dieses Auslegungsergebnis.
Gegen diese Ablehnung kann der Versicherungsnehmer, anders als bei sonstigen Ablehnungsgründen, nicht nur mit der Deckungsklage vorgehen. Er hat vielmehr nach § 17 Abs. 2 ARB 75 - allerdings erst nach einer Leistungsablehnung gemäß Abs. 1 - das Recht, auf Kosten des Versicherers einen sogenannten Stichentscheid des für ihn tätigen oder noch zu beauftragenden Rechtsanwalts herbeizuführen. Dessen Entscheidung ist für beide Teile bindend, sofern sie nicht offenbar von der wirklichen Sach- oder Rechtslage erheblich abweicht. Damit wird dem Versicherungsnehmer ein schnelles, einfaches und für ihn nicht mit Kosten verbundenes Verfahren an die Hand gegeben, die Notwendigkeit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen (vgl. § 1 Abs. 1 ARB 75) verbindlich klären zu lassen. Eine solche rasche Klärung ist insbesondere dann geboten, wenn bei einer Verzögerung der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Nachteile drohen. Diesem Zweck des Verfahrens nach § 17 Abs. 1 ARB 75 widerspräche es, wenn der Versicherer sich trotz schuldhaft verzögerter Prüfung der Erfolgsaussicht und der Mitteilung der Leistungsablehnung noch auf diesen Ablehnungsgrund berufen könnte.
Mit § 17 Abs. 3 ARB 75 hat sich der Versicherer schließlich ausbedungen , dem Versicherungsnehmer zur Beschleunigung des Verfahrens nach Absatz 2 eine Frist dafür zu setzen, den mit dem Stichent-

scheid beauftragten Rechtsanwalt vollständig zu unterrichten. Die Versäumung der Frist führt nach Absatz 3 Satz 2 zum Entfallen des Versicherungsschutzes. Wiederum wird also mit der Androhung des Leistungsverlustes darauf hingewirkt, eine schnelle abschließende Entscheidung herbeizuführen. Das muß nach dem Gesamtzusammenhang dann aber auch für die vom Versicherer zu treffende Entscheidung nach Absatz 1 gelten. Trifft sie der Versicherer nicht ohne schuldhaftes Zögern , verliert er das Ablehnungsrecht.
cc) Der bei nicht unverzüglicher Prüfung und schriftlicher Ablehnung eintretende Verlust des Ablehnungsrechts wegen fehlender Erfolgsaussicht oder Mutwilligkeit hat zur Folge, daß der Versicherer sich die spätere Berufung auf diese Ablehnungsgründe auch dann nicht wirksam vorbehalten kann, wenn er die Leistung aus anderen Gründen ablehnt. An der im Senatsurteil vom 16. Oktober 1985 (IVa ZR 49/84 - VersR 1986, 132 unter 1) vertretenen gegenteiligen Ansicht wird nicht festgehalten.

b) Die Beklagte hat die Leistung wegen fehlender Erfolgsaussicht erst im hier zu entscheidenden Deckungsprozeß und damit nicht unverzüglich abgelehnt. Die Auslegung des Berufungsgerichts, die Schreiben der Beklagten vom 2. August und 10. September 1999 enthielten keine Ablehnung wegen fehlender Erfolgsaussicht, ist richtig. Die Prüfungspflicht der Beklagten begann mit Zugang des Schreibens des für den Kläger tätigen Rechtsanwalts Dr. O. vom 19. Juli 1999. Dem Schreiben waren der Entwurf der Klageschrift und Kopien sämtlicher darin erwähnter Unterlagen beigefügt. Die Beklagte hat mit Recht nicht geltend

gemacht, der Kläger habe damit seine Obliegenheit nach § 15 Abs. 1 a ARB 75 nicht erfüllt gehabt.

Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch
16
aa) Bei wortlautkonformer Anwendung birgt dies die Gefahr einer uferlosen Rückverlagerung in sich, die den berechtigten Interessen des Versicherungsnehmers widerspricht (statt aller Looschelders/Paffenholz, ARB [2014] § 4 ARB 2010 Rn. 14). Dieser wird daher nach gefestigter Rechtsprechung des Senats nur solche Ursachen als für den Beginn des Versicherungsschutzes maßgebende Ereignisse verstehen, die der Schadensersatzpflichtige, gegen den er Ansprüche erhebt, zurechenbar gesetzt hat und die den Eintritt irgendeines Schadens, den er von diesem ersetzt bekommen will, nach der Lebenserfahrung hinreichend wahrscheinlich machen (grundlegend Senatsurteil vom 25. September 2002 - IV ZR 248/01, VersR 2002, 1503 unter 2 b bb = juris Rn. 15, 16). Für den Eintritt des Versicherungsfalles ist danach auf den Tatsachenvortrag abzustellen, mit dem der Versicherungsnehmer seinen Schadensersatzanspruch begründet. Frühester Zeitpunkt ist das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten ihm gegenüber, auf das er sein Ersatzverlangen stützt (Senatsurteil vom 19. März 2003 - IV ZR 139/01, VersR 2003, 638 unter 1 a = juris Rn. 8). Nicht die objektiven Gegebenheiten bilden mithin das den Rechtsschutzfall auslösende Kausalereignis , sondern die vom Versicherungsnehmer behaupteten Vorgänge , für die der Anspruchsgegner ihm gegenüber haftungsrechtlich verantwortlich sein und durch die er ihn geschädigt haben soll; auf Schlüssigkeit und Beweisbarkeit dieses Vortrages kommt es dabei nicht an (Senatsurteil aaO Rn. 9; Looschelders/Paffenholz aaO Rn. 18 m.w.N.).

(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:

1.
aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vor einem deutschen Gericht oder vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind, sowie aus Vergleichen, die gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 492 Abs. 3 zu richterlichem Protokoll genommen sind;
2.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen;
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
aus Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet;
3a.
(weggefallen)
4.
aus Vollstreckungsbescheiden;
4a.
aus Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären, sofern die Entscheidungen rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind;
4b.
aus Beschlüssen nach § 796b oder § 796c;
5.
aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der einer vergleichsweisen Regelung zugänglich, nicht auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist und nicht den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft, und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat;
6.
aus für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehlen nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006;
7.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt worden sind;
8.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, ergangen sind;
9.
aus Titeln eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind.

(2) Soweit nach den Vorschriften der §§ 737, 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Verurteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, dass der Beteiligte in einer nach Absatz 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Recht unterworfenen Gegenstände bewilligt.

28
b) Der Anspruch aus der Rechtsschutzversicherung ist auf die Befreiung von den bei der Wahrung der rechtlichen Interessen entstehenden Kosten gerichtet (vgl. Senatsurteil vom 4. Dezember 2013 - IV ZR 215/12, VersR 2014, 98 Rn. 24); der Schuldbefreiungsanspruch ist einem Zahlungsanspruch nicht gleichartig (Senatsurteile vom 14. April 1999 - IV ZR 197/98, VersR 1999, 706 unter 2 b; vom 14. März 1984 - IVa ZR 24/82, VersR 1984, 530 unter II).
12
2. Es entspricht einer gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass zum Wesen einer auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage bestehenden Freistellungspflicht nicht nur die Befriedigung begründeter Ansprüche gehört, die Dritte gegen den Freizustellenden erheben. Vielmehr gehört zu einer Freistellungspflicht nach der hierbei bestehenden Interessenlage grundsätzlich auch die Pflicht zur Abwehr unbegründeter Ansprüche Dritter (Senatsurteil vom 24. Juni 1970 - VIII ZR 268/67, NJW 1970, 1594 unter II 1 b; BGH, Urteile vom 19. Januar 1983 - IVa ZR 116/81, WM 1983, 387 unter 2 a; vom 19. April 2002 - V ZR 3/01, WM 2002, 1358 unter II 3; vom 24. Oktober 2002 - IX ZR 355/00, BGHZ 152, 246, 255). Denn mit der Übernahme einer Freistellungspflicht soll der Freizustellende typischerweise jeglichen Risikos einer Inanspruchnahme durch Dritte enthoben werden und insbesondere nicht der Gefahr ausgesetzt sein, wegen einer begründeten Forderung Dritter mit einer Klage überzogen zu werden oder in Fehleinschätzung der Sach- und Rechtslage eine unbegründete Forderung zu erfüllen und sich dies als eigenes Fehlverhalten entgegenhalten lassen zu müssen (Senatsurteil vom 24. Juni 1970 - VIII ZR 268/67, aaO unter II 1 b, 2; BGH, Urteil vom 19. April 2002 - V ZR 3/01, aaO). Das gilt in gleicher Weise auch für Freistellungserklärungen in Bezug auf Schutzrechte Dritter, die - wie hier - im Rahmen bestehender Lieferbeziehungen von Lieferanten für zugelieferte Teile einschränkungslos abgegeben werden und dadurch in der Regel zugleich dessen gemäß § 435 BGB bestehende Rechtsmängelhaftung zu einer verschuldensunabhängigen Einstandspflicht erweitern (vgl. Wellenhofer-Klein, BB 1999, 1121, 1124; ferner Staudinger/Matusche -Beckmann, BGB, Neubearbeitung 2004, § 435 Rn. 40 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 3/01 Verkündet am:
19. April 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB a.F. §§ 241, 305

a) Die vertragliche Verpflichtung zur Freistellung umfaßt auch die Verpflichtung, unbegründete
Ansprüche Dritter vom Freistellungsberechtigten abzuwehren.

b) Die Nichterfüllung der Abwehrpflicht hat nur unter den Voraussetzungen des Verzugs
oder der positiven Forderungsverletzung einen Schadensersatzanspruch zur
Folge. Gegenüber diesem Anspruch kann der Freistellungsschuldner nicht mehr
einwenden, daß der Gläubiger die Forderung des Dritten zu Unrecht befriedigt
habe.

c) Hat der Freistellungsberechtigte den Dritten befriedigt, ohne dem Freistellungsschuldner
Gelegenheit zur Freistellung zu geben, kann er Ersatz seiner Aufwen-
dungen nur unter den von ihm zu beweisenden Voraussetzungen eines Anspruchs
aus Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen.
BGH, Urt. v. 19. April 2002 - V ZR 3/01 - KG
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Tropf, Schneider, Dr. Klein und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 28. November 2000 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger undJ. R. verkauften als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein ihnen gehörendes Grundstück in B. - S. mit notariell beurkundetem Vertrag vom 24. Juli 1998 an den Beklagten. Das Grundstück war in Abteilung III des Grundbuchs zugunsten der Bayerischen Handelsbank AG mit einer Grundschuld über 1.950.000 DM belastet. Der Kaufpreis in Höhe von 1.300.000 DM sollte vollständig durch Übernahme der der Grundschuld zugrunde liegenden Verbindlichkeit beglichen werden. Im Fall eines Scheiterns der Schuldübernahme und der dann nach Maûgabe von § 2 Abs. 4 des Kaufvertrages vereinbarten Fälligkeit des Kaufpreises sollte der Beklagte die Verkäufer gegenüber der Bayerischen Handels-
bank AG hinsichtlich etwaiger Ansprüche auf Vorfälligkeitsentschädigung - bezogen auf den Valutenstand bei Vertragsabschluû - freistellen, sofern die Bank die Schuldübernahme aus Gründen ablehnt, die in der Person des Käufers liegen. Die Bank lehnte eine Schuldübernahme durch den Beklagten ab und berechnete die Vorfälligkeitsentschädigung für einen Betrag von 1.300.000 DM mit 83.634,83 DM. Mit anwaltlichem Schreiben vom 26. Mai 1999 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 11. Juli 1999 zur Zahlung dieses Betrages auf. Der Beklagte lehnte dies ab, weil die Berechnung nicht prüffähig sei.
Mit der Behauptung, die Bayerische Handelsbank AG habe die Übernahme des Darlehens aufgrund der erfolgten Bonitätsprüfung abgelehnt, worauf er an sie zur Ablösung 83.634,38 DM gezahlt habe, hat der Kläger auch aus abgetretenem Recht des Mitgesellschafters R. beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 83.634,38 DM nebst Zinsen zu verurteilen. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht meint, es könne dahinstehen, ob dem Kläger dem Grunde nach ein Anspruch auf Erstattung der Vorfälligkeitszinsen zustehe. Jedenfalls habe er einen solchen Anspruch nicht schlüssig dargetan. Der Beklagte sei nach § 11 Abs. 2 des Vertrages nur verpflichtet, den Kläger von begründeten Ansprüchen der Bank auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung
freizustellen. Den geltend gemachten Betrag in Höhe von 83.634,38 DM habe der Kläger indes nicht nachvollziehbar dargetan. Die Bezugnahme auf die Aufstellung der Bank vom 16. April 1999 sei dafür unzureichend. Aus ihr ergebe sich die Berechnungsweise nicht und die Berechnung könne aufgrund der angegebenen Zinsen, Abzinsungstage und Abzinsungssätze auch nicht nachvollzogen werden. Dies ergebe sich auch daraus, daû die von der Bank vorgenommene Berechnung sich auf den 20. Dezember 1998 beziehe, während der Beklagte nach dem Vertrag eine auf den 24. Juli bezogene Vorfälligkeitsentschädigung schulde.

II.


Die Revision hat Erfolg.
1. Das Berufungsgericht läût offen, ob dem Kläger gegen den Beklagten grundsätzlich ein Anspruch auf Erstattung von an die Bank gezahlten Vorfälligkeitszinsen zusteht. Es unterstellt damit, daû die Bank die Genehmigung zur befreienden Schuldübernahme aus Gründen verweigert hat, die in der Person des Beklagten liegen, und daû der Kläger die geltend gemachte Vorfälligkeitsentschädigung an die Bank gezahlt hat. Hiervon ist demnach bei der revisionsgerichtlichen Prüfung auszugehen.
2. Fehlerfrei legt das Berufungsgericht § 11 des Kaufvertrages auûerdem dahin aus, daû von der Freistellungsverpflichtung nur begründete Ansprüche der Bank auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung erfaût werden.
3. Nicht zu folgen ist dem Berufungsgericht dagegen darin, daû bei einem möglichen Schadensersatzanspruch die Darlegungslast dafür, daû der von der Bank geltend gemachte Vorfälligkeitsentschädigungsanspruch der Höhe nach begründet ist, bei dem Kläger liege. Denn eine Verletzung der Freistellungsverpflichtung führt nicht dazu, daû der Freizustellende auf seine Gefahr zu prüfen hat, ob die Ansprüche des Drittgläubigers zu Recht bestehen. Der Gefahr, entweder eine unbegründete Forderung zu erfüllen oder sich wegen einer begründeten Forderung mit Klage überziehen zu lassen, soll der Freizustellende nach dem Sinn der Freistellung gerade enthoben sein. Verweigert der Freistellungsschuldner daher die Freistellung und stellt der Freistellungsgläubiger den Dritten deswegen selbst frei, so kann der Freistellungsschuldner gegenüber dem Schadensersatzanspruch des Freistellungsgläubigers nicht mehr einwenden, daû dieser die Forderung des Dritten zu Unrecht befriedigt habe (BGH, Urt. v. 24. Juni 1970, VIII ZR 268/67, NJW 1970, 1594, 1596). Dies setzt allerdings voraus, daû dem Freistellungsschuldner Gelegenheit gegeben wurde, seiner Freistellungsverpflichtung durch Verhandlungen mit dem Drittgläubiger nachzukommen. Denn für den Freistellungsanspruch ist es gerade typisch, daû der gegen den Freistellungsgläubiger erhobene Anspruch abgewehrt werden soll. Die Nichterfüllung der Abwehrpflicht hat daher grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des Verzugs oder der positiven Forderungsverletzung einen Schadensersatzanspruch zur Folge (BGH, Urt. v. 19. Januar 1983, IVa ZR 116/81, NJW 1983, 1729, 1730). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Wenn der Kläger dem Beklagten aber keine Gelegenheit eingeräumt hat, ihn von dem Anspruch auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung gemäû der Berechnung der Bank freizustellen, der Kläger den ihm von der Bank berechneten Betrag vielmehr selbst an diese gezahlt und den Beklagten mit Schreiben vom 26. Mai 1999 auf
Erstattung dieses Betrages in Anspruch genommen hat, kommt als Anspruchsgrundlage nicht ein Schadensersatzanspruch, sondern nur ein Aufwendungsersatz - oder Bereicherungsanspruch wegen berechtigter oder unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht (§§ 683, 667 oder 684, 812 BGB). Für einen solchen Anspruch verbleibt es dann allerdings bei der von dem Berufungsgericht angenommenen Darlegungslast des Klägers. Er muû also darlegen , daû ein Vorfälligkeitsentschädigungsanspruch in der geltend gemachten Höhe entstanden ist, weil nur insoweit dessen Tilgung dem mutmaûlichen Willen des Beklagten entsprach oder dieser hierdurch bereichert ist. Das hat er durch Bezugnahme auf die KAPO - Berechnung der Bank vom 16. April 1999 ausreichend getan. Daû das Berufungsgericht diese Berechnung nicht nachvollziehen kann, läût sie noch nicht hinreichend als unschlüssig erscheinen. Etwas anderes hätte nur dann zu gelten, wenn sich auch mit sachverständiger Hilfe nicht hätte klären lassen, ob und inwieweit das für die Berechnung grundsätzlich geeignete KAPO – Programm (BGH Urt. v. 7. November 2000, XI ZR 27/00, WM 2001, 20, 24) richtig angewendet wurde. Das hat das Berufungsgericht aber nicht dargelegt. Daû sich die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht auf den Valutenstand zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses (20. Juli 1998), sondern auf den 20. Dezember 1998 bezieht, reicht nicht aus, um die Berechnung als unschlüssig erscheinen zu lassen. Denn insoweit hätte das Berufungsgericht von der ihm durch § 287 Abs. 2 ZPO eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machen können, wenn es nicht einen entsprechenden Hinweis an den Kläger für erforderlich hielt.
Da das angefochtene Urteil nach alledem mit der gegebenen Begründung keinen Bestand hat, ist es aufzuheben und die Sache zwecks weiterer Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Wenzel Tropf Schneider Klein Lemke
28
b) Der Anspruch aus der Rechtsschutzversicherung ist auf die Befreiung von den bei der Wahrung der rechtlichen Interessen entstehenden Kosten gerichtet (vgl. Senatsurteil vom 4. Dezember 2013 - IV ZR 215/12, VersR 2014, 98 Rn. 24); der Schuldbefreiungsanspruch ist einem Zahlungsanspruch nicht gleichartig (Senatsurteile vom 14. April 1999 - IV ZR 197/98, VersR 1999, 706 unter 2 b; vom 14. März 1984 - IVa ZR 24/82, VersR 1984, 530 unter II).
21
Allerdings geht, soweit ein Schaden in der Belastung mit einer Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten besteht, der Anspruch auf Schadensersatz nach § 249 Abs. 1 BGB auf Schuldbefreiung (vgl. nur BGH, Urteile vom 29. Juni 1972 - II ZR 123/71, BGHZ 59, 148, 149 ff; vom 11. Juni 1986 - VIII ZR 153/85, NJW-RR 1987, 43, 44; vom 26. Oktober 1988 - VIII ZR 230/87, NJW-RR 1989, 211, 213 und vom 14. Juni 1989 - VIII ZR 132/88, NJW-RR 1989, 1043, 1044). Ein Zahlungsanspruch des Gläubigers gegen den Schuldner besteht grundsätzlich nicht. Vielmehr steht es dem Schuldner frei, wie er den Befreiungsanspruch erfüllt. Entscheidend ist nur, dass das Ergebnis - Befreiung von der Verbindlichkeit - eintritt; ob zum Beispiel durch Erfüllung, befreiende Schuldübernahme nach §§ 414, 415 BGB oder auf andere Weise, ist dem Schuldner überlassen (siehe auch Staudinger/Bittner, BGB, Neubearbeitung 2004, § 257 Rn. 7; MünchKommBGB/Krüger, 5. Aufl., § 257 Rn. 4, jeweils m.w.N.). Dies übersieht die Revision, soweit sie darauf abstellt, dass der Kläger nur dann von seiner Verpflichtung gegenüber der Bank, den Kredit fortlaufend mit Zins und Tilgung zu bedienen, frei werde, wenn das Darlehen insgesamt getilgt sei und es ihm nicht zugemutet werden könne abzuwarten, ob der Beklagte dies in Zukunft regelmäßig tue, so dass von vorneherein als geschuldete Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1 BGB) nur die Zurverfügungstellung der Mittel zur sofortigen Kreditablösung einschließlich einer Vorfälligkeitsentschädigung angesehen werden könne.

(1) Hat der Schuldner nicht in Person zu leisten, so kann auch ein Dritter die Leistung bewirken. Die Einwilligung des Schuldners ist nicht erforderlich.

(2) Der Gläubiger kann die Leistung ablehnen, wenn der Schuldner widerspricht.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14.05.2014 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 20 O 296/12 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der mit Rechnung vom 13.06.2012, Rechnungsnummer 1202925, geltend gemachten Rechtsanwaltsgebührenforderung der Rechtsanwaltskanzlei T & H in Höhe eines Betrages von 5.081,20 € freizustellen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 25 % und die Beklagte zu 75 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

              Die Revision wird nicht zugelassen.


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Bei der Rechtsschutzversicherung ist der Versicherer verpflichtet, die für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers oder des Versicherten erforderlichen Leistungen im vereinbarten Umfang zu erbringen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 22. Februar 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage auf weitere Invaliditätsleistungen in Höhe von 37.940 € nebst Zinsen infolge des Unfalles vom 8. Oktober 2005 abgewiesen und die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger fordert - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - weitere Invaliditätsleistungen in Höhe von 37.940 € aus einer bei der Beklagten gehaltenen Unfallversicherung, der Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen der Beklagten (AUB 2000) zugrunde liegen. Vereinbart ist unter anderem eine Invaliditätsgrundsumme von 150.000 € und für den Fall einer Invalidität durch Unfall eine nach deren Grad aus der Grundsumme errechnete Kapitalzahlung nebst Zuschlag ("Treuebonus") von 10%.

2

Unter "2.1 Invaliditätsleistung" heißt es in den Bedingungen unter anderem:

"2.1.1 Voraussetzungen für die Leistung

2.1.1.1 Die versicherte Person ist durch den Unfall auf Dauer in ihrer körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt (Invalidität). Die Invalidität ist

- innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und

- innerhalb von fünfzehn Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und von Ihnen bei uns geltend gemacht worden.

2.1.2 Art und Höhe der Leistung

2.1.2.2.1 Bei Verlust oder völliger Funktionsunfähigkeit der nachstehend genannten Körperteile und Sinnesorgane gelten ausschließlich, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, die folgenden Invaliditätsgrade (Gliedertaxe):

Arm     

70%

Arm bis oberhalb des Ellenbogengelenks          

65%

Arm unterhalb des Ellenbogengelenks

60%

Hand   

55%

Daumen

20%

Zeigefinger

10%

anderer Finger

5%

…       

        

2.1.2.2.2 Für andere Körperteile und Sinnesorgane bemisst sich der Invaliditätsgrad danach, inwieweit die normale körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit insgesamt beeinträchtigt ist. Dabei sind ausschließlich medizinische Gesichtspunkte zu berücksichtigen.

2.1.2.2.3 Waren betroffene Körperteile oder Sinnesorgane oder deren Funktionen bereits vor dem Unfall dauernd beeinträchtigt, wird der Invaliditätsgrad um die Vorinvalidität gemindert. Diese ist nach Ziffer 2.1.2.2.1 und Ziffer 2.1.2.2.2 zu bemessen."

3

Am 8. Oktober 2005 schlug der Kläger bei einem Sturz mit der linken Schulter auf und zog sich dabei nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eine Schulterprellung sowie eine Sprengung des linken Schultereckgelenks, der Verbindung des Schlüsselbeins mit dem Schulterblatt, mit positivem Klaviertastenphänomen (im Schweregrad Tossy II) zu. Innerhalb eines Jahres nach dem Sturz traten dauerhafte Beeinträchtigungen im Bereich der linken Schulter ein, deren Umfang zwischen den Parteien streitig ist. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2006 attestierte der den Kläger behandelnde Arzt als Dauerschaden eine "Gebrauchsminderung der li. Schulter".

4

Bereits am 24. August 1999 war der Kläger auf seinen linken Arm gestürzt. Die Beklagte hatte seinerzeit unter Heranziehung der Gliedertaxe eine Invaliditätsleistung auf der Grundlage einer Invalidität von 1/7 Armwert erbracht. Für die vorgenannten Folgen des Unfalls vom 8. Oktober 2005 lehnte sie Invaliditätsleistungen ab, weil eine dauerhafte Schädigung nicht objektivierbar sei.

5

Der Kläger hat geltend gemacht, der Grad seiner Invalidität betrage mindestens 3/7 des Armwerts; er habe bei dem Unfall vom 8. Oktober 2005 auch eine Verletzung des linken Schlüsselbeins und insbesondere des Sternoklavikulargelenks, der Verbindung des Schlüsselbeins mit dem Brustbein, erlitten, die fehlverheilt sei und zur Funktionsbeeinträchtigung der Schulter beitrage. Die Beklagte schulde eine Invaliditätsleistung von 45.000 € (30% von 150.000 €) zuzüglich des Treuebonus von 10%, mithin 49.500 €.

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Das Landgericht hat den Invaliditätsgrad des Klägers nach Einholung zweier medizinischer Gutachten mit 1/10 Armwert (das entspricht einer Gesamtinvalidität von 7%) bestimmt, dem Kläger danach 10.500 € (7% von 150.000 €) zuzüglich 10% Treuebonus, zusammen 11.550 €, zugesprochen und bezüglich des Unfalls vom 8. Oktober 2005 die weitergehende Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers, der im Berufungsverfahren unter anderem geltend gemacht hatte, seine Schulterverletzung sei nicht nach der vereinbarten Gliedertaxe, sondern nach Nr. 2.1.2.2.2 AUB 2000 zu beurteilen, zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klagebegehren weiter und fordert 37.940 € als Differenz zwischen seiner ursprünglichen Klagforderung und der vom Landgericht zugesprochenen Summe.

Entscheidungsgründe

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Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit es die Folgen des Unfalls vom 8. Oktober 2005 betrifft, und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

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I. Dieses hat den Invaliditätsgrad mit Hilfe des Armwerts der Gliedertaxe bestimmt. Das Schultergelenk habe keinen funktionellen Selbstzweck, sondern diene anatomisch allein dem funktionsgerechten Einsatz des Armes. Beim Kläger bestehe die Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit in einer funktionellen Beeinträchtigung des linken Armes, so dass für die Invaliditätsbestimmung zwingend die Gliedertaxe gelte. Ohne Bedeutung sei, dass die Beeinträchtigung auf einen Sehnenschaden im Schultereckgelenk zurückzuführen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei bei Gelenkversteifungen stets der Invaliditätsgrad für den Verlust oder die Funktionsunfähigkeit der entsprechenden Gliedmaße "im Gelenk" anzunehmen. Das sachverständig beratene Landgericht habe den Invaliditätsgrad unter Berücksichtigung der erlittenen Verletzung des Schultereckgelenks zutreffend bestimmt. Der Sachverständige Prof. Dr. T.    habe überzeugend dargelegt, dass die Gebrauchsminderung des linken Arms mit insgesamt 5/20 Armwert zu bewerten sei, dabei sei einerseits die Verletzung des Schultereckgelenks zu berücksichtigen, die der Sachverständige mit 2/20 Armwert bewertet habe, andererseits die vom Sachverständigen mit 1/7 Armwert bewertete Vorinvalidität. Letztere müsse nach Nr. 2.1.2.2.3 AUB 2000 in Abzug gebracht werden.

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Den Nachweis dafür, dass bei dem Unfall vom 8. Oktober 2005 auch das linke Sternoklavikulargelenk verletzt worden sei, habe der Kläger bisher nicht erbracht. Eine weitere Sachaufklärung dazu erübrige sich, weil es für diese behauptete Verletzung an einer ärztlichen Feststellung binnen 15 Monaten nach dem Unfall fehle (Nr. 2.1.1.1 AUB 2000). Die vom Kläger vorgelegte fristgerechte Feststellung einer dauerhaften Gebrauchsminderung der linken Schulter besage nichts über eine Verletzung des Sternoklavikulargelenks. Eine solche Verletzung und ihre fehlerhafte Verheilung seien als invaliditätsbegründender Dauerschaden somit nicht fristgerecht ärztlich festgestellt.

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II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

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1. Rechtsfehlerhaft ist bereits die Bestimmung des Invaliditätsgrades anhand der Gliedertaxe der Nr. 2.1.2.2.1 AUB 2000.

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Deren Auslegung ergibt, dass die Verletzung des Schultereckgelenks vom Armwert nicht erfasst wird, so dass der Grad der Invalidität des Klägers nach Nr. 2.1.2.2.2 AUB 2000 zu bestimmen ist.

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a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (Senatsurteil vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85 und ständig). Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteil vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10, VersR 2012, 1149 Rn. 21 m.w.N.).

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b) Ein um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer entnimmt dem Leistungsversprechen aus Nr. 2.1 AUB 2000 und der in Nr. 2.1.2.2.1 AUB 2000 getroffenen Regelung über die Gliedertaxe zunächst, dass der Versicherer ihm eine Invaliditätsleistung verspricht für den Fall, dass ein Unfall zu einer dauernden Beeinträchtigung seiner körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit (Invalidität) führt. Grundlage für die Berechnung der Leistung bilden die Versicherungssumme und der Grad der unfallbedingten Invalidität. Wie sich die Höhe der Leistungen im Einzelnen bemisst, kann der Versicherungsnehmer Nr. 2.1.2.2.1 AUB 2000 für die dort genannten Körperteile und Sinnesorgane entnehmen. Die Gliedertaxe bestimmt nach einem abstrakten und generellen Maßstab feste Invaliditätsgrade bei Verlust oder diesem gleichgestellter Funktionsunfähigkeit der mit ihr benannten Glieder. Gleiches gilt bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit eines durch die Gliedertaxe abgegrenzten Teilbereichs eines Gliedes. Demgemäß beschreibt die Regelung abgegrenzte Teilbereiche eines Armes und Beines und ordnet jedem Teilbereich einen festen Invaliditätsgrad zu, der mit Rumpfnähe des Teilgliedes steigt. Die Gliedertaxe stellt damit für den Verlust und für die Funktionsunfähigkeit der in ihr genannten Gliedmaßen oder deren Teilbereiche durchgängig allein auf den Sitz der unfallbedingten Schädigung ab (vgl. zu diesem Verständnis der Gliedertaxe in den AUB 88: Senatsurteil vom 14. Dezember 2011 - IV ZR 34/11, r+s 2012, 143 Rn. 10 m.w.N.).

15

Der Systematik der Gliedertaxe kann der Versicherungsnehmer ferner entnehmen, dass für die Bereiche der mit dem Arm und dem Bein zusammenhängenden Körperteile abgestufte Invaliditätsgrade festgesetzt werden, die beim Arm mit der Bewertung der Invalidität eines Fingers mit 5% beginnen und des (gesamten) Armes mit 70% enden. Hiermit trägt die Gliedertaxe dem Umstand Rechnung, dass Gliedverluste - entsprechendes gilt für völlige oder teilweise Gebrauchsunfähigkeit - mit zunehmender Rumpfnähe der Stelle, an der das Körperglied verloren gegangen (oder die Gebrauchsbeeinträchtigungen auslösende Ursache zu lokalisieren) ist, zu wachsender Einschränkung der generellen Leistungsfähigkeit von Menschen führen (Senatsurteil vom 14. Dezember 2011 aaO Rn. 11 m.w.N.).

16

Nimmt der Versicherungsnehmer - ausgehend von dieser Systematik - den Wortlaut der in Nr. 2.1.2.2.1 AUB 2000 für Verlust oder Funktionsunfähigkeit eines Armes getroffenen Regelung in den Blick, weist ihn - anders als bei der in früheren Bedingungen gebräuchlichen Formulierung "Verlust oder Funktionsunfähigkeit … eines Armes im Schultergelenk" (vgl. zu § 7 I (2) a AUB 88: Senatsurteil vom 14. Dezember 2011 aaO Rn. 12; zu § 7 I (2) a AUB 94: Senatsurteil vom 24. Mai 2006, IV ZR 203/03, r+s 2006, 387 Rn. 19 ff.) - nichts darauf hin, dass der gesamte Schultergürtel zum Arm zählen und eine dort eintretende Gesundheitsbeeinträchtigung bei der Bestimmung des Invaliditätsgrades als bedingungsgemäße Funktionsstörung des Armes gelten soll. Vielmehr wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer der von 5% bis 70% reichenden Staffelung entnehmen, dass zum Arm nur dessen in der Gliedertaxe im Einzelnen benannte Teile, nämlich die Finger, die Hand, der Arm unterhalb und bis oberhalb des Ellenbogens, schließlich der restliche Arm zählen sollen. Teile der Schulterpartie, mögen sie auch funktionell dazu bestimmt sein, die zwischen Arm und Rumpf auftretenden Kräfte aufzunehmen und somit die Funktionsfähigkeit des Armes zu gewährleisten, wird er nicht als vom Bedingungswortlaut erfasst ansehen.

17

c) Auch aus dem systematischen Zusammenhang, in den die Taxenregelung über den Arm gestellt ist, ergeben sich keine anderslautenden Hinweise. Nichts deutet in den unter Nr. 2.1.2.2.1 und Nr. 2.1.2.2.2 AUB 2000 getroffenen Regelungen zur Bestimmung des Invaliditätsgrades darauf hin, dass auch die Schädigung von nicht in der Gliedertaxe aufgeführten Körperpartien nach der Gliedertaxe eingestuft werden soll, sofern sich diese Schädigung lediglich auf den Gebrauch der in der Gliedertaxe aufgeführten Gliedmaßen auswirkt. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer erkennt vielmehr, dass die Gliedertaxe durchgängig auf den Sitz der unfallbedingten Schädigung abstellt (vgl. dazu Senatsurteil vom 14. Dezember 2011 aaO Rn. 10 m.w.N.). Anders als die Beklagte meint, gilt das nicht nur für die Einordnung einer Schädigung in die von der Gliedertaxe angeführten Teilbereiche eines Armes oder Beines, sondern auch für die Abgrenzung zu nicht in der Gliedertaxe aufgeführten Körperteilen.

18

d) Soweit sich das Berufungsgericht für seine anderslautende Auffassung auf die Senatsrechtsprechung zu früheren Fassungen der AUB stützt (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 2003 - IV ZR 74/02, r+s 2003, 427 = VersR 2003, 1163 unter II 2 c (2) - "Hand im Handgelenk"; vom 24. Mai 2006 - IV ZR 203/03, r+s 2006, 387 Rn. 19 ff. und vom 14. Dezember 2011 aaO Rn. 12 - "Arm im Schultergelenk") und meint, der Senat habe dabei letztlich für die Anwendung der Gliedertaxe auf eine Funktionsunfähigkeit im jeweiligen Gelenk abgestellt, lässt sich dies auf den hier vereinbarten Bedingungswortlaut nicht übertragen, weil in Nr. 2.1.2.2.1 AUB 2000 vom Schultergelenk im Zusammenhang mit dem Verlust oder einer Funktionsbeeinträchtigung des Armes nicht mehr die Rede ist und der Versicherungsnehmer mithin keinen Hinweis darauf erhält, dass das Schultergelenk oder gar der gesamte Schultergürtel der Gliedertaxe unterfallen soll.

19

2. Zu Unrecht hat es das Berufungsgericht für entbehrlich erachtet, weiteren Beweis darüber zu erheben, ob der Unfall des Klägers vom 8. Oktober 2005 zusätzlich zu einer - inzwischen fehlverheilten - Verletzung des linken Sternoklavikulargelenks geführt hat; anders, als das Berufungsgericht meint, wäre eine solche Verletzung von der binnen der 15-Monatsfrist der Nr. 2.1.1.1 AUB 2000 getroffenen ärztlichen Invaliditätsfeststellung vom 13. Oktober 2006 erfasst.

20

a) Seine anderslautende Auffassung kann das Berufungsgericht nicht auf die Senatsentscheidung vom 7. März 2007 (IV ZR 137/06, VersR 2007, 1114 = r+s 2007, 255 Rn. 10 ff.) stützen.

21

Der Senat (aaO Rn. 10 ff.) hat dort ausgeführt, die 15-Monatsfrist für die ärztliche Invaliditätsfeststellung diene dem berechtigten Interesse des Versicherers an der baldigen Klärung seiner Einstandspflicht und führe selbst dann zum Ausschluss von Spätschäden, wenn den Versicherungsnehmer an der Nichteinhaltung der Frist kein Verschulden treffe. Allerdings seien an die Feststellung der Invalidität keine hohen Anforderungen zu stellen. Sie müsse sich nicht abschließend zu einem bestimmten Invaliditätsgrad äußern und brauche hinsichtlich der Feststellung der Unfallbedingtheit eines bestimmten Dauerschadens noch nicht einmal richtig zu sein. Es müssten sich aus ihr aber die ärztlicherseits für einen Dauerschaden angenommene Ursache und die Art ihrer Auswirkungen ergeben, denn die Invaliditätsbescheinigung solle dem Versicherer Gelegenheit geben, dem geltend gemachten Versicherungsfall nachzugehen und seine Leistungspflicht auf Grundlage der ärztlichen Feststellung zu prüfen. Zugleich solle sie eine Ausgrenzung von Spätschäden ermöglichen, die in der Regel nur schwer abklärbar und überschaubar seien und die der Versicherer deshalb von der Deckung ausnehmen wolle. Deshalb könnten nur die in der ärztlichen Invaliditätsfeststellung beschriebenen unfallbedingten Dauerschäden Grundlage des Anspruchs auf Invaliditätsentschädigung sein.

22

b) Das lässt sich auf den Streitfall nicht in der Weise übertragen, dass die behauptete Verletzung des Sternoklavikulargelenks nicht von der hier vorgelegten ärztlichen Invaliditätsfeststellung erfasst wäre. Die ärztliche Bescheinigung über eine durch den Unfall verursachte dauerhafte "Gebrauchsminderung der li. Schulter" gab dem beklagten Versicherer ausreichenden Anlass, zur Prüfung seiner Leistungspflicht alle Körperteile im Bereich der linken Schulter in den Blick zu nehmen, die Einfluss auf diese Gebrauchsminderung haben konnten. Das sind vor allem sämtliche zum linken Schultergürtel des Klägers gehörenden knöchernen Teile, mithin auch das Sternoklavikulargelenk, zumal bereits die festgestellte Verletzung des Schultereckgelenks durch mechanische Gewalt es nicht fernliegend erscheinen ließ, dass die Unfallkräfte auch das andere Ende des linken Schlüsselbeins in Mitleidenschaft gezogen haben konnten. Die vom Senat in seinem Urteil vom 7. März 2007 formulierten Maßstäbe sind nicht dahin zu verstehen, dass bereits im Rahmen der fristgemäßen ärztlichen Invaliditätsfeststellung eine möglichst präzise Diagnose des Umfangs und der Ursachen eines Dauerschadens gefordert wäre. Gemessen am Zweck der fristgebundenen ärztlichen Feststellung genügt es vielmehr, wenn diese Feststellung die Schädigung sowie den Bereich, auf den sich diese auswirkt, ferner die Ursachen, auf denen der Dauerschaden beruht, so umreißt, dass der Versicherer bei seiner Leistungsprüfung den medizinischen Bereich erkennen kann, auf den sich die Prüfung seiner Leistungsverpflichtung erstrecken muss und vor der späteren Geltendmachung völlig anderer Gebrechen oder Invaliditätsursachen geschützt wird.

23

Im Streitfall konnte der Versicherer der ärztlichen Feststellung entnehmen, dass der Unfall, bei dem der Kläger mit der Schulter aufgeprallt war, zu deren dauerhafter Gebrauchsminderung geführt hatte. Das schließt alle Verletzungen und Schäden ein, die infolge des Aufpralls mechanisch im Bereich der linken Schulter hervorgerufen worden waren. Nicht erfasst wären hingegen Unfallschäden, die zwar aufgrund desselben Unfalls, aber entweder - wie etwa psychisch bedingte Einschränkungen - mittels einer anderen Kausalkette entstünden oder sich an anderen Körperstellen, beispielsweise der Wirbelsäule oder der Hüfte, auswirkten.

24

3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Bestimmung des Invaliditätsgrades nach den vorgenannten Maßstäben zu einem dem Kläger günstigeren Ergebnis führt. Wird sein linker Schultergürtel nach Nr. 2.1.2.2.2 AUB 2000 untersucht und dabei möglicherweise zusätzlich eine unfallbedingte Verletzung des Sternoklavikulargelenks festgestellt, deren Berücksichtigung das Berufungsgericht bisher abgelehnt hat, so ist nicht auszuschließen, dass die Einstufung des Dauerschadens höher ausfällt als bisher angenommen.

25

Es kommt hinzu, dass das Berufungsgericht einen Abzug wegen Vorinvalidität mit der bisher gegebenen Begründung nicht hätte vornehmen dürfen. Nach Nr. 2.1.2.2.3 AUB 2000 wird der Invaliditätsgrad gemindert, wenn "betroffene Körperteile oder Sinnesorgane oder deren Funktionen bereits vor dem Unfall dauernd beeinträchtigt" waren. Die Vorschädigung des Klägers aus seinem früheren Unfall vom August 1999 betrifft nach der Behauptung der Beklagten den linken Arm mit 1/7 Armwert infolge einer Teildurchtrennung der Trizepssehne im Bereich des Oberarmes. Ordnet man nach richtiger Auslegung der Gliedertaxe die nach dem Unfall vom 8. Oktober 2005 erlittene Dauerschädigung nicht dem Arm, sondern dem linken Schultergürtel zu, bedarf es nach Nr. 2.1.2.2.3 AUB 2000 besonderer Darlegungen, dass die Vorschädigung am Oberarm dem von der Invalidität "betroffenen Körperteil" im Sinne der Klausel zuzuordnen ist.

26

III. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

27

Die Jahresfrist für den Eintritt der Invalidität nach Nr. 2.1.1.1 AUB 2000 soll den Versicherer davor schützen, für dauerhafte Spätfolgen eines Unfalls eintreten zu müssen, die sich erst später als ein Jahr nach einem Unfall erstmals zeigen. Geschützt wird damit das Kalkulationsinteresse des Versicherers. Tritt ein Dauerschaden binnen der Jahresfrist ein, besagt diese Frist aber nicht, dass bei der nachfolgenden Bemessung des Invaliditätsgrades ausschließlich diejenigen Umstände herangezogen werden dürften, die innerhalb der Jahresfrist erkennbar geworden sind. Vielmehr kann der Versicherungsnehmer im Rechtsstreit um die Erstbemessung seiner Invalidität im Grundsatz alle bis zur letzten mündlichen Verhandlung eingetretenen Umstände heranziehen (Senatsbeschluss vom 22. April 2009 - IV ZR 328/07, r+s 2009, 293 = VersR 2009, 920 Rn. 19). Eine zeitliche Begrenzung für die Berücksichtigung medizinischer Umstände bei der Erstfestsetzung ist auch nicht der in Nr. 9.4 AUB 2000 gesetzten Dreijahresfrist für die Neubemessung der Invalidität zu entnehmen. Zwar wird daraus ersichtlich, dass sich nach einer Erstfestsetzung des Invaliditätsgrades gesundheitliche Veränderungen auf die Leistungspflicht des Versicherers nur dann auswirken sollen, wenn sie spätestens binnen drei Jahren nach dem Unfall eingetreten sind. Das gilt aber nur im Neufestsetzungsverfahren. Ist dieses mangels Erstfestsetzung gar nicht eröffnet, ist für die nur im Neufestsetzungsverfahren vorgesehene Befristung kein Raum.

Mayen                               Felsch                                   Harsdorf-Gebhardt

              Dr. Karczewski                    Dr. Schoppmeyer

(1) Soweit die gesetzliche Vergütung, eine nach § 42 festgestellte Pauschgebühr und die zu ersetzenden Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, werden sie auf Antrag des Rechtsanwalts oder des Auftraggebers durch das Gericht des ersten Rechtszugs festgesetzt. Getilgte Beträge sind abzusetzen.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Vor der Festsetzung sind die Beteiligten zu hören. Die Vorschriften der jeweiligen Verfahrensordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren mit Ausnahme des § 104 Absatz 2 Satz 3 der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen gelten entsprechend. Das Verfahren vor dem Gericht des ersten Rechtszugs ist gebührenfrei. In den Vergütungsfestsetzungsbeschluss sind die von dem Rechtsanwalt gezahlten Auslagen für die Zustellung des Beschlusses aufzunehmen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt; dies gilt auch im Verfahren über Beschwerden.

(3) Im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanzgerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit wird die Vergütung vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Die für die jeweilige Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren gelten entsprechend.

(4) Wird der vom Rechtsanwalt angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten, ist das Verfahren auszusetzen, bis das Gericht hierüber entschieden hat (§§ 32, 33 und 38 Absatz 1).

(5) Die Festsetzung ist abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Hat der Auftraggeber bereits dem Rechtsanwalt gegenüber derartige Einwendungen oder Einreden erhoben, ist die Erhebung der Klage nicht von der vorherigen Einleitung des Festsetzungsverfahrens abhängig.

(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend.

(7) Durch den Antrag auf Festsetzung der Vergütung wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten bei Rahmengebühren nur, wenn die Mindestgebühren geltend gemacht werden oder der Auftraggeber der Höhe der Gebühren ausdrücklich zugestimmt hat. Die Festsetzung auf Antrag des Rechtsanwalts ist abzulehnen, wenn er die Zustimmungserklärung des Auftraggebers nicht mit dem Antrag vorlegt.