Bundesgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2013 - IX ZR 65/12

bei uns veröffentlicht am25.04.2013
vorgehend
Amtsgericht Cloppenburg, 21 C 756/10, 12.04.2011
Landgericht Oldenburg (Oldenburg), 16 S 222/11, 06.03.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 65/12
Verkündet am:
25. April 2013
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BRAO § 51b aF
Zum Beginn des Laufs der Verjährung bei Versäumung einer Ausschlussfrist infolge
unterlassener anwaltlicher Beratung.
BGH, Urteil vom 25. April 2013 - IX ZR 65/12 - LG Oldenburg
AG Cloppenburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren
aufgrund der bis zum 4. April 2013 eingereichten Schriftsätze durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Raebel und Vill, die Richterin
Lohmann und den Richter Dr. Pape

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden die Urteile der 16. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 6. März 2012 und des Amtsgerichts Cloppenburg vom 12. April 2011 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Wert des Revisionsverfahrens wird auf 2.889,24 € festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt den beklagten Rechtsanwalt auf Schadensersatz wegen der Verletzung einer Hinweispflicht in Anspruch. Der Beklagte hatte den Kläger im Jahre 2000 in einem Kündigungsschutzprozess gegen seine ehemalige Arbeitgeberin, die Firma B. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) vertreten. Mit rechtskräftigem Versäumnisurteil vom 8. August 2000 verurteilte das Arbeitsgericht die Schuldnerin zur Zahlung rückständigen Arbeitsentgelts in Höhe von 11.364,16 DM. Nach Erlass dieser Entscheidung beauftragte der Kläger gemeinsam mit zwei weiteren Arbeitnehmern, die ebenfalls erfolgreich gegen die Schuldnerin geklagt hatten, den Beklagten mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil. Nachdem der Gerichtsvollzieher mehrere Teilbeträge beigetrieben hatte, teilte er dem Beklagten am 25. Januar 2002 mit, Anhaltspunkte dafür zu haben, dass die Mobiliarvollstreckung erfolglos verlaufen werde. In der letzten Zeit vorgenommene Vollstreckungen seien ohne greifbares Ergebnis geblieben und die Schuldnerin habe die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Auch nach dieser Mitteilung erreichte der Beklagte noch Teilzahlungen von 201,53 € am 6. Februar 2002, 166,67 € am 8. Mai 2002 und 333,33 € am 19. September 2002. Ein Restbetrag von 3.645,81 € blieb offen.
2
Mit Schreiben vom 1. April 2009 teilte der Beklagte dem Kläger unter Beifügung des Vollstreckungstitels und einer Forderungsabrechnung mit, dass er in der Sache nichts weiter veranlassen werde. Danach erfuhr der Kläger, dass die Bundesagentur für Arbeit für den 31. August 2003 die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit der Schuldnerin festgestellt hatte. Er beantragte daraufhin die Zahlung von Insolvenzgeld in Höhe von 3.611,55 € für die letzten drei Monate seiner Tätigkeit vor der fristlosen Kündigung. Diesen Antrag wies die Bundesagentur mit Bescheid vom 15. April 2009 zurück, weil der Kläger sich nicht ausreichend um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht und deshalb die Ausschlussfrist zur Geltendmachung des Insolvenzgeldes nicht schuldlos versäumt habe. Ein Widerspruch des Klägers gegen diese Entscheidung blieb erfolglos. Eine dagegen gerichtete Klage ist beim Sozialgericht anhängig.
3
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, den ihm aufgrund der verspäteten Antragstellung möglicherweise entstehenden Schaden zu ersetzen. Das Amtsgericht hat dem Feststellungsbegehren des Klägers stattgegeben. Die vom Beklagten eingelegte Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision strebt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage an.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und zur Abweisung der Klage.

I.


5
Das Berufungsgericht hat - teils unter Bezugnahme auf das Urteil des Amtsgerichts - ausgeführt: Der Feststellungsantrag sei gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig, denn der Kläger könne mangels bestandskräftiger Entscheidung über die Gewährung von Insolvenzgeld seinen Schaden noch nicht beziffern. Sofern dem Kläger kein Insolvenzgeld gewährt werde, hafte ihm der Beklagte auf Ersatz des entsprechenden Schadens gemäß § 675 Abs. 1, § 280 Abs. 1, §§ 249, 251 BGB. Der Anspruch sei nicht verjährt. Zwar richte sich die Verjährung noch nach § 51b BRAO aF. Der Schaden des Klägers sei aber nach der Risiko-Schaden-Formel des Bundesgerichtshofs erst mit Erlass des ablehnenden Bescheids der Bundesagentur für Arbeit im Jahre 2009 eingetreten. Von einem Eintritt des Schadens schon mit Ablauf der zweimonatigen Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Insolvenzgeldansprüchen ab Feststellung des Insolvenzereignisses auf den 31. August 2003 könne nicht ausgegangen werden , weil zur Feststellung des Insolvenzereignisses weitere Ermittlungen der Bundesagentur erforderlich gewesen seien.

II.


6
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand. Der Anspruch des Klägers ist jedenfalls verjährt.
7
1. Die Verjährung des Anspruchs des Klägers richtet sich gemäß Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 3, Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB nach der durch das Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3214) mit Wirkung zum 15. Dezember 2004 aufgehobenen Vorschrift des § 51b BRAO aF.
8
2. Nach § 51b Satz 1 BRAO aF verjährte der Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz aus dem zwischen ihm und dem Rechtsanwalt bestehenden Vertragsverhältnis in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden war.
9
a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Schaden, der neben der Pflichtverletzung Anspruchsvoraussetzung ist, nicht erst mit dem Bescheid der Bundesagentur vom 15. April 2009, mit dem der Antrag auf Insolvenzgeld abgelehnt worden ist, eingetreten. Maßgeblich für die Entstehung des Schadens ist vielmehr der Ablauf der Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 SGB III aF in der bis zum 31. Dezember 2003 gültigen Fassung.
10
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsteht der Schaden dann, wenn sich die Vermögenslage des Betroffenen durch die Pflichtverletzung des Beraters im Vergleich zu seinem früheren Vermögensstand objektiv verschlechtert hat. Dafür genügt es, dass der Schaden wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist, mag auch seine Höhe noch nicht beziffert werden können. Es muss nicht feststehen, dass die Vermögenseinbuße bestehen bleibt und damit endgültig wird, vielmehr reicht es aus, dass ein endgültiger Teilschaden entstanden ist und mit weiteren adäquat verursachten Nachteilen gerechnet werden muss (BGH, Urteil vom 4. April 1991 - IX ZR 215/90, BGHZ 114, 150, 152 f; vom 2. Juli 1992 - IX ZR 268/91, BGHZ 119, 69, 70 f; vom 13. Dezember 2007 - IX ZR 130/06, WM 2008, 611 Rn. 10; vom 29. Mai 2008 - IX ZR 222/06, WM 2008, 1416 Rn. 14; vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 135/07, WM 2008, 2307 Rn. 12; Chab in Zugehör/G. Fischer/ Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 3. Aufl., Rn. 1352 f). Die Unkenntnis des Schadens und damit des Ersatzanspruchs hindert den Beginn der Verjährung nicht. Eine bloße Vermögensgefährdung reicht für die Annahme eines Schadens dagegen nicht aus. Ein Schaden ist nicht eingetreten , solange nur das Risiko eines Vermögensnachteils besteht, bei der gebotenen wertenden Betrachtung allenfalls eine Vermögensgefährdung vorliegt , es also noch nicht klar ist, ob es wirklich zum Schaden kommt (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008, aaO).
11
bb) Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend der Schaden des Klägers am 31. Oktober 2003 eingetreten, weil nach den Feststellungen der Bundesagentur für Arbeit das Insolvenzereignis am 31. August 2003 eingetreten ist. Ende Oktober 2003 war die in § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III aF normierte Ausschlussfrist abgelaufen, innerhalb derer der Kläger den Anspruch auf Insolvenzgeld nach Feststellung des Insolvenzereignisses gemäß dem seinerzeit gültigen § 183 Abs. 1 Nr. 3 SGB III (in der Fassung des Gesetzes vom 10. Dezember 2001, BGBl. I S. 3443) gestellt haben musste.
12
Gemäß § 183 Abs. 1 Nr. 3 SGB III aF hatten Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren, bei vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden war und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kam. In diesem Fall konnten sie gemäß § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III aF innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis die Zahlung von Insolvenzgeld beantragen. Bei der Versäumung dieser Frist aus Gründen, die der Arbeitnehmer nicht zu vertreten hatte, kam gemäß § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III aF die nachträgliche Zahlung von Insolvenzgeld in Betracht. Eine schuldhafte Versäumung der Frist lag gemäß Satz 3 der Regelung vor, wenn der Arbeitnehmer sich nicht mit der hinreichenden Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hatte.
13
Aufgrund dieser Regelungen kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht davon ausgegangen werden, dass es für die Entstehung des Schadens darauf ankam, zu welchem Zeitpunkt die Bundesagentur einen nachträglich von dem Arbeitnehmer gemäß § 324 Abs. 3 Satz 2 und 3 InsO gestellten Antrag auf Zahlung von Insolvenzgeld abgelehnt hatte. Vielmehr trat eine objektive Verschlechterung der Vermögenslage des Arbeitnehmers bereits dann ein, als er die Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III aF versäumt hatte (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 135/07, WM 2008, 2307 Rn. 14 mwN), ohne einen entsprechenden Antrag gestellt zu haben.
14
c) Im Streitfall geht es um den Ablauf einer materiellen Ausschlussfrist, bei deren Versäumung der Mandant zwar unter bestimmten Voraussetzungen, die denen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nahe kommen, den Schaden nachträglich entfallen lassen kann. Dies ändert aber nichts daran, dass für die verjährungsrechtliche Schadensentstehung der Zeitpunkt maßgeblich ist, zu dem die Ausschlussfrist verstrichen ist. Anders als bei der Haftung des Steuerberaters, bei welcher der Schaden regelmäßig erst mit Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheids eintritt, weil bis dahin offen ist, ob die Finanzbehörde den für den Mandanten steuerlich ungünstigen Sachverhalt mit der Folge aufgreift, dass die Pflichtverletzung des Beraters zu einer steuerlichen Belastung des Mandanten führt (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 2011 - IX ZR 208/04, WM 2006, 590, 591), gilt dies für die Haftung des Rechtsanwalts , der aufgrund einer fehlerhaften oder unterbliebenen Belehrung die Versäumung einer Ausschlussfrist verursacht, nicht. Hier ist der Schaden schon mit dem Ablauf der Ausschlussfrist eingetreten. Ob es eine Möglichkeit gibt, diesen Schadenseintritt dadurch aufzufangen, dass sich der Mandant nachträglich wegen der Fristversäumnis entschuldigen kann, ändert nichts an der Tatsache, dass sich der Vermögensbestand des Mandanten objektiv verschlechtert hat und keine bloße Vermögensgefährdung vorliegt.
15
aa) Ebenso wie im Fall einer durch das pflichtwidrige Verhalten des Rechtsanwalts verursachten, für den Mandanten nachteiligen Entscheidung eines Gerichts der Schaden schon mit der Entscheidung eingetreten ist und es nicht darauf ankommt, ob eine Änderung der Entscheidung in einem weiteren Rechtszug zugunsten des Mandanten erfolgen könnte (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 354/98, WM 2000, 969, 970), kommt es auch nicht darauf an, ob es dem Mandanten gelingen könnte, den durch den Ablauf der Ausschlussfrist eingetretenen Schaden durch einen später gestellten Antrag nach § 324 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB III aF noch abzuwenden. Anderenfalls müsste auch die erfolgversprechende Möglichkeit einer Wiedereinsetzung nach den §§ 233 ff ZPO im Fall der Versäumung einer prozessualen Frist dazu führen, dass der Eintritt des Schadens gehindert ist, solange die durch die Fristversäumung eingetretenen Nachteile rückwirkend in einem Wiedereinsetzungsverfahren wieder beseitigt werden können. Einer solchen Betrachtungsweise steht aber die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entgegen, nach der ein infolge der Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde eingetretener Schaden auch dann bestehen bleibt, wenn im Nachhinein versucht wird, Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu erlangen. Die Schädigung des Mandanten durch eine nachteilige Gerichtsentscheidung, die auf einem fehlerhaften Prozessverhalten des Rechtsberaters beruht, entfällt nicht wegen der Unsicherheit, ob der Schaden bestehen bleibt und endgültig wird und damit auch nicht wegen eines Wiedereinsetzungsantrags des Mandanten (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1999 - IX ZR 129/99, WM 2000, 959, 960; Beschluss vom 28. März 1996 - IX ZR 197/95, WM 1996, 1108, 1109).
16
bb) Die Auffassung des Berufungsgerichts, der vorliegende Fall sei anders zu beurteilen, als die sonstigen Fälle der Versäumung prozessualer oder materieller Ausschlussfristen, weil die Bundesagentur noch Ermittlungen durchzuführen gehabt habe, um den Zeitpunkt der Betriebseinstellung festzulegen, rechtfertigten keine andere Betrachtung. Die Erforderlichkeit von Nachforschungen zur Bestimmung des Zeitpunkts der endgültigen Betriebseinstellung im Sinne des § 183 Abs. 1 Nr. 3 SGB III aF ändert nichts an dem Umstand, dass die Ausschlussfrist von dem Zeitpunkt der später festgestellten Betriebseinstellung an zu berechnen ist. Der Ablauf einer prozessualen Frist kann ebenfalls aufklärungsbedürftig sein.
17
cc) Ebenfalls keine entscheidende Bedeutung hat es entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung, dass der Bundesagentur bei der Beurteilung der Frage, ob sich der Antragsteller mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat, ein Beurteilungsermessen zusteht. Dieses Beurteilungsermessen bezieht sich nur auf die nachträgliche Feststellung der Voraussetzungen, unter denen der Schaden wieder entfällt, weil der Arbeitnehmer mit seinem verspätet gestellten Antrag ausnahmsweise Erfolg hat. Die Härtefallregelung des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III aF war auf den Fall der Versäumung der Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III aF nicht anwendbar (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 12. April 2012 - L 12 AL 5192/11, Rn. 24 mwN). Bei der Regelung des § 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III aF, bei der es sich um eine spezialgesetzliche Ausprägung des Rechtsinstituts der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand handelte (vgl. BSGE 71, 213, 214; LSG Baden-Württemberg, aaO Rn. 23; LSG Nordrhein-Westfalen, ZInsO 2013, 36, 39), ging es nicht um die Beurteilung der Frage, ob der Arbeitnehmer den Antrag auf Insolvenzgeld rechtzeitig gestellt hatte. Vielmehr war festzustellen, ob er die materielle Ausschlussfrist, deren Versäumnis unumstößlich war, unverschuldet nicht wahrgenommen hatte. Damit gelten die allgemeinen Grundsätze, nach denen die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung nichts daran ändert, dass der Schaden schon mit Versäumung der Frist eingetreten ist.
18
3. Die Folgen des Eintritts der Verjährung können auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Sekundäranspruchs abgewendet werden. Dieser begann mit Vollendung der Primärverjährung, also spätestens im Jahr 2006, und war deshalb im Jahr 2009 verjährt. Die Klage ist im Juli 2010 beim Amtsgericht eingereicht worden und konnte deshalb die Verjährung nicht hemmen.

III.


19
Der Bundesgerichtshof kann in der Sache selbst entscheiden, weil der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Klage ist wegen Ablaufs der Verjährungsfrist auf die von dem Beklagten erhobene Einrede abzuweisen.
Kayser Raebel Vill
Lohmann Pape

Vorinstanzen:
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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.

(2) Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

14
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass ein Schaden (erst) dann entstanden ist, wenn sich die Vermögenslage des Betroffenen durch die Pflichtwidrigkeit des Beraters gegenüber seinem früheren Ver- mögensstand objektiv verschlechtert hat. Dafür genügt, dass der Schaden dem Grunde nach erwachsen ist, mag auch die Höhe noch nicht beziffert werden können. Es muss nicht feststehen, dass eine Vermögenseinbuße bestehen bleibt und damit endgültig wird (BGHZ 114, 150, 152 f; 119, 69, 70 ff; BGH, Urt. v. 12. Februar 2004 - IX ZR 246/02, WM 2004, 2034, 2037; Beschl. v. 29. März 2007 - IX ZR 102/05, Rn. 2 n.V.). Ist dagegen - objektiv betrachtet - noch offen, ob ein pflichtwidriges, mit einem Risiko behaftetes Verhalten zu einem Schaden führt, ist ein Ersatzanspruch noch nicht entstanden, so dass die Verjährungsfrist noch nicht in Lauf gesetzt wird (BGHZ 119, 69, 71; BGH, Urt. v. 12. Februar 2004 aaO). Unkenntnis des Schadens und des Ersatzanspruchs hindern den Verjährungsbeginn nach § 68 StBerG nicht (BGHZ 114, 150, 151; BGH, Urt. v. 12. Februar 2004 aaO).

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

(1) Die Agentur für Arbeit kann die Durchführung einer Maßnahme nach § 176 Absatz 2 prüfen und deren Erfolg beobachten. Sie kann insbesondere

1.
von dem Träger der Maßnahme sowie den Teilnehmenden Auskunft über den Verlauf der Maßnahme und den Eingliederungserfolg verlangen und
2.
die Einhaltung der Voraussetzungen für die Zulassung des Trägers und der Maßnahme prüfen, indem sie Einsicht in alle die Maßnahme betreffenden Unterlagen des Trägers nimmt.

(2) Die Agentur für Arbeit ist berechtigt, zum Zweck nach Absatz 1 Grundstücke, Geschäfts- und Unterrichtsräume des Trägers während der Geschäfts- oder Unterrichtszeit zu betreten. Wird die Maßnahme bei einem Dritten durchgeführt, ist die Agentur für Arbeit berechtigt, die Grundstücke, Geschäfts- und Unterrichtsräume des Dritten während dieser Zeit zu betreten. Stellt die Agentur für Arbeit bei der Prüfung der Maßnahme hinreichende Anhaltspunkte für Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften fest, soll sie die zuständige Kontrollbehörde für den Datenschutz hiervon unterrichten.

(3) Die Agentur für Arbeit kann vom Träger die Beseitigung festgestellter Mängel innerhalb einer angemessenen Frist verlangen. Die Agentur für Arbeit kann die Geltung des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins oder des Bildungsgutscheins für einen Träger ausschließen und die Entscheidung über die Förderung aufheben, wenn

1.
der Träger dem Verlangen nach Satz 1 nicht nachkommt,
2.
die Agentur für Arbeit schwerwiegende und kurzfristig nicht zu behebende Mängel festgestellt hat,
3.
die in Absatz 1 genannten Auskünfte nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erteilt werden oder
4.
die Prüfungen oder das Betreten der Grundstücke, Geschäfts- und Unterrichtsräume durch die Agentur für Arbeit nicht geduldet werden.

(4) Die Agentur für Arbeit teilt der fachkundigen Stelle und der Akkreditierungsstelle die nach den Absätzen 1 bis 3 gewonnenen Erkenntnisse mit.

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

(1) Masseverbindlichkeiten sind außer den in den §§ 54, 55 bezeichneten Verbindlichkeiten:

1.
die Aufwendungen, die dem Erben nach den §§ 1978, 1979 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aus dem Nachlaß zu ersetzen sind;
2.
die Kosten der Beerdigung des Erblassers;
3.
die im Falle der Todeserklärung des Erblassers dem Nachlaß zur Last fallenden Kosten des Verfahrens;
4.
die Kosten der Eröffnung einer Verfügung des Erblassers von Todes wegen, der gerichtlichen Sicherung des Nachlasses, einer Nachlaßpflegschaft, des Aufgebots der Nachlaßgläubiger und der Inventarerrichtung;
5.
die Verbindlichkeiten aus den von einem Nachlaßpfleger oder einem Testamentsvollstrecker vorgenommenen Rechtsgeschäften;
6.
die Verbindlichkeiten, die für den Erben gegenüber einem Nachlaßpfleger, einem Testamentsvollstrecker oder einem Erben, der die Erbschaft ausgeschlagen hat, aus der Geschäftsführung dieser Personen entstanden sind, soweit die Nachlaßgläubiger verpflichtet wären, wenn die bezeichneten Personen die Geschäfte für sie zu besorgen gehabt hätten.

(2) Im Falle der Masseunzulänglichkeit haben die in Absatz 1 bezeichneten Verbindlichkeiten den Rang des § 209 Abs. 1 Nr. 3.

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

14
cc) Der vorliegende Fall liegt anders. Der Beklagte hat jeweils die (mittlerweile durch Gesetz vom 20. Dezember 2007, BGBl. I 3150, aufgehobene) Ausschlussfrist für die Antragsveranlagung von Arbeitnehmern gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG in der bis zum 28. Dezember 2007 geltenden Fassung verstreichen lassen, ohne eine Einkommensteuererklärung einzureichen. Mit Ablauf der jeweiligen Frist kam die Durchführung eines Veranlagungsverfahrens nicht mehr in Betracht. Einer gesonderten Entschließung der zuständigen Finanzbehörde bedurfte es nicht mehr. Die von den Klägern errechneten Rückerstattungen waren unabhängig davon verloren, ob - wie geschehen - überhaupt noch ein verspäteter und daher abschlägig zu bescheidender Antrag gestellt wurde. Obwohl es hier um eine Hilfeleistung in Steuerangelegenheiten geht, sind daher die Grundsätze anzuwenden, die allgemein für die Versäumung einer Einspruchs-, Klage- oder Rechtsmittelfrist durch den Berater gelten. Hier ist der Mandant regelmäßig bereits im Augenblick des Fristablaufs geschädigt (vgl. BGH, Beschl. v. 28. März 1996 - IX ZR 197/95, WM 1996, 1108, 1109 zur Versäumung der Frist zur Beantragung einer Investitionszulage; Urt. v. 3. November 2005, aaO; vgl. weiter Rinsche/Fahrendorf, aaO Rn. 1035 mit weiteren Nachweisen, etwa zur Versäumung der Klagefristen aus § 12 Abs. 3 VVG a.F. oder aus § 4 KSchG).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 354/98 Verkündet am:
27. Januar 2000
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BRAO § 51 a.F. (§ 51 b F.: 2. September 1994)

a) Die sekundäre Hinweispflicht des Rechtsanwalts, der sich gegenüber dem
Mandanten möglicherweise schadensersatzpflichtig gemacht hat, hat sich
zumindest in allgemeiner Form auf die kurze Verjährung des § 51 BRAO a.F.
(§ 51 b BRAO n.F.) zu erstrecken.

b) Der Umstand allein, daß der Mandant den Rechtsanwalt um Verzicht auf die
Einrede der Verjährung bittet, läßt nicht den Schluß zu, der Mandant brauche
über die kurze Verjährungsfrist des § 51 BRAO a.F. (§ 51 b BRAO n.F.) nicht
belehrt zu werden.
BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 354/98 - OLG München
LG München I
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die
Richter Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Zugehör und Dr. Ganter

für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. Juli 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger beauftragte den verklagten Rechtsanwalt mit der Durchführung der Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts München I, mit dem eine Schadensersatzklage des Klägers überwiegend abgewiesen worden war. Der Beklagte versäumte die am 24. Mai 1994 ablaufende Berufungsbegründungsfrist. Seinen Wiedereinsetzungsantrag lehnte das Oberlandesgericht München mit Beschluß vom 27. Juni 1994 ab; gleichzeitig verwarf es die Berufung. Der Beschluß wurde dem Kläger am 7. Juli 1994 zugestellt. Dessen sofortige Beschwerde wies der Bundesgerichtshof mit Beschluß vom 8. November 1994
zurück. Bereits mit Schreiben vom 19. Juli 1994 hatte der Beklagte dem Kläger folgendes mitgeteilt:
"Pflichtgemäß mache ich Sie darauf aufmerksam, daß Sie mich wegen eines etwaigen Schadens, der durch ein Verschulden der Kanzlei entstehen sollte, haftbar machen können." Mit der am 14. Juli 1997 eingereichten und am 23. Juli 1997 zugestellten Klage hat der Kläger den Beklagten auf Schadensersatz wegen der Verletzung anwaltlicher Pflichten in Anspruch genommen. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der primäre Schadensersatzanspruch des Klägers wegen Schlechterfüllung des Anwaltsvertrags sei gemäß § 51 b BRAO (in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2. September 1994) verjährt.
Mit Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO, spätestens aber mit der am 7. Juli 1994 erfolgten Zustellung des die Wiedereinsetzung versagenden Beschlusses des Oberlandesgerichts, sei der geltend gemachte Schaden entstanden und habe der Lauf der Verjährungsfrist begonnen. Drei Jahre später, am 7. Juli 1997, sei Verjährung eingetreten. Die Klageerhebung sei zu spät gekommen. Ein Sekundäranspruch, der gegebenenfalls den Beklagten daran hindere, die Einrede der Verjährung zu erheben, stehe dem Kläger nicht zu. Denn der Beklagte habe in seinem Schreiben vom 19. Juli 1994 den Kläger darauf aufmerksam gemacht, daß er ihm möglicherweise wegen Anwaltsverschuldens haftbar sei. Damit sei der Kläger ausreichend über seine Rechte unterrichtet gewesen. Einer von ihm selbst - "zur Vermeidung der Verjährung" - eingereichten "Klage" vom 30. Dezember 1995 und der am 3. März 1997 telefonisch geäußerten Bitte, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, habe sich immerhin entnehmen lassen, daß dem Kläger die Verjährungsproblematik als solche bekannt gewesen sei. Ein Hinweis auf die Dauer der Verjährungsfrist sei nicht erforderlich gewesen.

II.


Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
1. Unbegründet sind allerdings die von der Revision erhobenen Bedenken gegen die Annahme, der Primäranspruch sei verjährt.
Im vorliegenden Fall ist der Schaden in jedem Falle vor der Beendigung des dem Beklagten erteilten Mandats eingetreten. Zwar ist nicht festgestellt, wann das Mandat geendet hat. Es hat aber jedenfalls bei der Zurückweisung der sofortigen Beschwerde durch Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 8. November 1994 noch bestanden, weil der Beklagte im Rubrum dieses Beschlusses als Bevollmächtigter des Klägers aufgeführt ist [Anl. K 3 zu GA 1/21]. Gemäß § 51 BRAO a.F. verjährte der Primäranspruch deshalb in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Schaden entstanden ist.
Nach Meinung der Revision ist der Schaden erst mit der Zurückweisung der sofortigen Beschwerde gegen die Verwerfung der Berufung eingetreten. Dieser Meinung kann nicht gefolgt werden. Die früher geäußerte Meinung, daß durch ein fehlerhaftes Prozeßverhalten eines Rechtsanwalts, das zu einer für den Mandanten nachteiligen Gerichtsentscheidung führe, ein Schaden regelmäßig nicht eintrete, solange eine Ä nderung der Entscheidung in einem weiteren Rechtszug zugunsten des Mandanten nicht auszuschließen sei (BGH, Urt. v. 9. Juli 1992 - IX ZR 50/91, NJW 1992, 2828, 2829), hat der Senat aufgegeben. Er hat vielmehr angenommen, daß sich die Vermögenslage des Auftraggebers in der Regel bereits mit der ersten ihm nachteiligen Gerichtsentscheidung infolge des Fehlverhaltens seines Beraters verschlechtere. Eine Unsicherheit , ob der Schaden bestehenbleibe und endgültig werde, sei dafür unerheblich (so zur Steuerberaterhaftung: BGH, Urt. v. 12. Februar 1998 - IX ZR 190/97, WM 1998, 786, 788; zur Anwaltshaftung: Urt. v. 9. Dezember 1999 - IX ZR 129/99, z.V.b.). Es spricht viel dafür, daß im vorliegenden Fall ein Schaden des Klägers bereits mit dem Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingetreten ist (dafür OLG Karlsruhe MDR 1990, 336, 337; Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung 1999 Rdnr. 1236; Borgmann/Haug, Anwaltshaftung 3. Aufl.
Kap. X Rdnr. 17, 19 u. 20; Feuerich/Braun, BRAO 4. Aufl. § 51 b Rdnr. 20; Henssler/Prütting, BRAO § 51 b Rdnr. 43; vgl. auch für die Versäumung der Frist zum Einspruch gegen ein Versäumnisurteil BGH, Urt. v. 21. September 1995 - IX ZR 228/94, NJW 1996, 48, 50). Das braucht hier aber nicht entschieden zu werden. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung ist der Kläger spätestens geschädigt worden, als die Berufung mit Beschluß vom 27. Juni 1994 verworfen wurde. Diese Schädigung entfiel nicht wegen der Möglichkeit, daß der sofortigen Beschwerde gegen die Ablehnung des Wiedereinsetzungsantrags stattgegeben werden konnte (vgl. BGH, Urt. v. 9. Dezember 1999 - IX ZR 129/99, z.V.b. m.w.N.).
Die ab 7. Juli 1994 (Tag der Zustellung des Verwerfungsbeschlusses) laufende Verjährungsfrist ist nicht durch die "Klage" vom 30. Dezember 1995 unterbrochen worden. Es handelte sich nicht um eine wirksame Klage, weil sie weder einen bestimmten Antrag enthielt, noch den Klagegrund erkennen ließ, noch - weil der Kläger auch keinen Vorschuß einzahlte - der Gegenseite zugestellt wurde.
2. Zu Recht rügt die Revision die Ablehnung eines Sekundäranspruchs als rechtsfehlerhaft.

a) Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß der Beklagte vor Beendigung des Mandats spätestens aufgrund der Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs und der Verwerfung der Berufung begründeten Anlaß hatte zu prüfen, ob er durch eine Pflichtverletzung den Kläger geschädigt hat, und diesen entsprechend zu informieren.

b) Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht indes in der Ansicht, mit der Bemerkung in dem Schreiben vom 19. Juli 1994 habe der Beklagte seiner sekundären Hinweispflicht genügt. Zur Erfüllung dieser Pflicht gehört nicht nur, daß der Rechtsanwalt offenlegt, er habe möglicherweise seine Pflichten verletzt und könne von dem Mandanten deswegen in Anspruch genommen werden. Der Anwalt schuldet auch einen Hinweis darauf, daß der Anspruch einer Verjährungsfrist von drei Jahren, gerechnet ab Schadensentstehung, unterliegt (BGHZ 94, 380, 386; BGH, Urt. v. 20. Mai 1975 - VI ZR 138/74, NJW 1975, 1655, 1656 f; v. 18. September 1986 - IX ZR 204/85, NJW 1987, 326; v. 14. November 1991 - IX ZR 31/91, NJW 1992, 836, 837; v. 21. September 1995 - IX ZR 228/94, aaO). Ob der Rechtsanwalt regelmäßig gehalten ist oder zumindest im Einzelfall gehalten sein kann, nähere Angaben zum Beginn oder Ende der Verjährung zu machen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 18. September 1986 - IX ZR 204/85, aaO S. 327; Zugehör, aaO Rdnr. 1253), braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. Denn hier ist der Beklagte auf die Verjährungsfrist überhaupt nicht eingegangen.
Zwar entfällt die Pflicht zum Hinweis auf die kurze Verjährungsfrist, wenn der Anwalt davon ausgehen darf, daß der Mandant die entsprechende Kenntnis hat (BGH, Urt. v. 21. September 1995 - IX ZR 228/94, aaO; v. 15. April 1999 - IX ZR 328/97, WM 1999, 1330, 1335 f). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hatte der Beklagte aber keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, daß der Kläger über die Verjährung des Schadensersatzanspruchs Bescheid wisse. Aus der Einreichung der "Klageschrift" vom 30. Dezember 1995 - die zeitlich später liegt als das Schreiben vom 19. Juli 1994, die also für den vom Beklagten bei Abfassung dieses Schreibens zu berücksichtigenden Kenntnisstand des Klägers unmittelbar nicht von Bedeutung ist -
ergibt sich mit hinlänglicher Sicherheit nur, daß der Kläger damit rechnete, sein Ersatzanspruch unterliege grundsätzlich einer Verjährung. Daß er die Kürze der Verjährungsfrist gekannt habe, folgt daraus nicht. Nach Ansicht des Berufungsgerichts läßt die versuchte Klageerhebung des Klägers erkennen, er habe "sogar mit einer kürzeren Verjährungsfrist, als in § 51 b BRAO bestimmt", gerechnet; dieser Ansicht ist jedoch nicht zuzustimmen, weil allein das Datum des Klageversuchs keine sicheren Rückschlüsse auf den Kenntnisstand des Klägers erlaubt und dieser im folgenden auch untätig geblieben ist. Die Kenntnis des Klägers von der kurzen Verjährung folgte aus der Sicht des Beklagten ferner nicht aus der am 3. März 1997 - also wiederum erst nach dem Schreiben vom 19. Juli 1994 - telefonisch geäußerten Bitte, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Daß der Kläger nach Erhalt des abschlägigen Schreibens des Beklagten vom 4. März 1997 nicht sogleich die notwendigen rechtlichen Schritte einleitete, legte vielmehr das Gegenteil nahe. Der Bildungsstand des Klägers, eines Diplom-Chemikers, durfte - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - dem Beklagten ebenfalls nicht die Überzeugung vermitteln, jener sei über die Verjährungsregelung des § 51 BRAO a.F. im Bilde.
Für die Verletzung der sekundären Hinweispflicht genügt jedes Verschulden , also auch leichte Fahrlässigkeit (BGHZ 94, 380, 387). Von ihr ist auszugehen: Dem Beklagten mußte Bestehen und Umfang seiner Hinweispflicht bekannt sein. Bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt hätte er zudem erkennen können, daß das Verhalten des Klägers keine sicheren Rückschlüsse auf seine Kenntnis von der kurzen Verjährungsfrist zuließ. Unter solchen Umständen entfällt der Sekundäranspruch des Mandanten nicht schon dann, wenn dieser nach seinen - hier nicht einmal festgestellten - Rechtskenntnissen den Zeitpunkt der Verjährung hätte erkennen können; das würde
nicht einmal für die Annahme eines Mitverschuldens ausreichen (BGH, Urt. v. 15. April 1999 - IX ZR 328/97, aaO S. 1336 m.w.N.).

III.


Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit nunmehr geprüft wird, ob der Klageanspruch begründet ist.
Paulusch Kirchhof Fischer Zugehör Ganter

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

(1) Die Agentur für Arbeit kann die Durchführung einer Maßnahme nach § 176 Absatz 2 prüfen und deren Erfolg beobachten. Sie kann insbesondere

1.
von dem Träger der Maßnahme sowie den Teilnehmenden Auskunft über den Verlauf der Maßnahme und den Eingliederungserfolg verlangen und
2.
die Einhaltung der Voraussetzungen für die Zulassung des Trägers und der Maßnahme prüfen, indem sie Einsicht in alle die Maßnahme betreffenden Unterlagen des Trägers nimmt.

(2) Die Agentur für Arbeit ist berechtigt, zum Zweck nach Absatz 1 Grundstücke, Geschäfts- und Unterrichtsräume des Trägers während der Geschäfts- oder Unterrichtszeit zu betreten. Wird die Maßnahme bei einem Dritten durchgeführt, ist die Agentur für Arbeit berechtigt, die Grundstücke, Geschäfts- und Unterrichtsräume des Dritten während dieser Zeit zu betreten. Stellt die Agentur für Arbeit bei der Prüfung der Maßnahme hinreichende Anhaltspunkte für Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften fest, soll sie die zuständige Kontrollbehörde für den Datenschutz hiervon unterrichten.

(3) Die Agentur für Arbeit kann vom Träger die Beseitigung festgestellter Mängel innerhalb einer angemessenen Frist verlangen. Die Agentur für Arbeit kann die Geltung des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins oder des Bildungsgutscheins für einen Träger ausschließen und die Entscheidung über die Förderung aufheben, wenn

1.
der Träger dem Verlangen nach Satz 1 nicht nachkommt,
2.
die Agentur für Arbeit schwerwiegende und kurzfristig nicht zu behebende Mängel festgestellt hat,
3.
die in Absatz 1 genannten Auskünfte nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erteilt werden oder
4.
die Prüfungen oder das Betreten der Grundstücke, Geschäfts- und Unterrichtsräume durch die Agentur für Arbeit nicht geduldet werden.

(4) Die Agentur für Arbeit teilt der fachkundigen Stelle und der Akkreditierungsstelle die nach den Absätzen 1 bis 3 gewonnenen Erkenntnisse mit.

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

 
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung von Insolvenzgeld (InsG) wegen Versäumung der Ausschlussfrist nach § 324 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).
Der 1969 geborene Kläger war ab 1. Februar 2010 bei der Firma P. Zeitarbeit GmbH als Maler und Lackierer versicherungspflichtig beschäftigt. Zum 24. März 2010 kündigte er das Arbeitsverhältnis wegen ausstehenden Lohnes und klagte beim Arbeitsgericht Stuttgart (ArbG) für den Zeitraum 1. bis 24. März 2010 ausstehenden Lohn in Höhe von insgesamt 2.050,03 EUR brutto ein am 9. Juli 2010. Über das Vermögen der Firma P. Zeitarbeit GmbH wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart (AG) vom 28. Juli 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet (8 IN 395/10). Der Insolvenzverwalter teilte dem Kläger mit Schreiben vom 9. August 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit und wies insbesondere auf die im Eröffnungsbeschluss vom Gericht bestimmten Termine und Fristen hin, zu weiteren Informationen verwies er auf ein „Merkblatt für die Insolvenzgläubiger“. Der Kläger meldete daraufhin die ihm zustehenden Vergütungsansprüche zur Insolvenztabelle an. Mit Schreiben vom 21. Oktober 2010 teilte die vom Insolvenzverwalter mit der Abwicklung der arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Vorgänge beauftragte Steuerberatungsgesellschaft A. dem Kläger mit, dass er aufgrund der nicht ausgezahlten Löhne Anspruch auf InsG habe. Zwar sei die Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits verstrichen, es gebe jedoch die Möglichkeit einer Nachfrist, sofern die Ausschlussfrist aus nicht zu vertretenden Gründen versäumt worden sei.
Am 8. November 2010 beantragte der Kläger die Gewährung von InsG bei der Beklagten. Diese lehnte mit Bescheid vom 9. November 2010 die Gewährung von InsG ab wegen Versäumung der Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III. Der Antrag hätte bis 28. September 2010 gestellt werden müssen, Gründe für die Gewährung einer Nachfrist seien nicht erkennbar. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2011 zurück. Die Ausschlussfrist habe der Kläger versäumt und eine Nachfrist könne nicht gewährt werden, da er die Versäumung der zweimonatigen Ausschlussfrist zu vertreten habe, weil er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht habe. Zu den Sorgfaltspflichten gehöre es für einen rechtsunkundigen Arbeitnehmer, sich rechtzeitig sachkundigen Rechtsrat zu verschaffen. Habe der Arbeitnehmer zwar vom Insolvenzereignis Kenntnis erhalten, einen InsG-Antrag aber deshalb nicht gestellt, weil er zunächst von der gesetzlichen Regelung bzw. der Ausschlussfrist nichts gewusst habe, könne eine Nachfrist nicht eingeräumt werden.
Hiergegen richtet sich die am 18. Februar 2011 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Zur Begründung der Klage wird vorgetragen, dass der Kläger zwar durch das Schreiben des Insolvenzverwalters Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhalten habe, jedoch über weitere relevante Fristen durch dieses Schreiben nicht informiert worden sei. Insbesondere habe das Merkblatt für Insolvenzgläubiger, anders als angegeben, dem Schreiben nicht beigelegen. Der Kläger habe sich darauf verlassen, dass die Unterrichtung durch den Insolvenzverwalter abschließend und vollständig gewesen sei. Nachdem dem Schreiben nur das Formular zur Forderungsanmeldung beigefügt gewesen sei, habe der Kläger davon ausgehen können, dass er weiter nichts veranlassen müsse. Er sei auch nicht gehalten gewesen, weitergehende Auskünfte über sachkundige Stellen einzuholen. Der Hinweis auf die Gewährung von InsG sei erst durch das Schreiben der Firma A. vom 21. Oktober 2010 erfolgt. Der Kläger habe die Versäumung der Ausschlussfrist daher nicht zu vertreten.
Mit Urteil vom 6. Oktober 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von InsG gemäß § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III erfüllt seien, der Kläger jedoch den entsprechenden Leistungsantrag zu spät gestellt habe. Nach § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III sei InsG innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Maßgebendes Insolvenzereignis sei vorliegend die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers durch Beschluss des AG vom 28. Juli 2010. Eine wirksame Antragstellung bis zum Ende dieser Ausschlussfrist am 28. September 2010 sei nicht erfolgt, der Kläger habe erstmals am 8. November 2010 - und damit verspätet - InsG beantragt. Gemäß § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III sei das Versäumen der Zweimonatsfrist jedoch unschädlich, sofern der Arbeitnehmer die Frist aus Gründen versäume, die er nicht zu vertreten habe. Ihm werde dann eine Nachfrist von zwei Monaten zur Stellung des Antrags eingeräumt. Die Unkenntnis vom Eintritt des Insolvenzereignisses, des Laufens der Antragsfrist und der sonstigen Rechtslage eröffne noch nicht die Nachfrist (unter Hinweis auf Bundessozialgericht , Urteil vom 10. April 1985 - 10 RAr 11/84 - ). Vielmehr dürfe es sich nicht um eine verschuldete Unkenntnis gehandelt haben, wobei für das Verschulden bereits leichte Fahrlässigkeit genüge. Maßgeblich sei, ob der Kläger die Antragsfrist unter Außerachtlassung derjenigen Sorgfalt, die von einem gewissenhaft Handelnden, orientiert an den Fähigkeiten und Erkenntnismöglichkeiten seiner Person, erwartet werden könne, versäumt habe. Der Kläger habe nach eigenen Angaben am 9. August 2010 von der Insolvenzeröffnung erfahren. Damit stehe fest, dass bereits innerhalb der zweimonatigen Antragsfrist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III der Antrag auf InsG hätte gestellt werden können. Die weitere Frist des § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III hätte dem Kläger nur zur Verfügung gestanden, wenn er die erste Frist aus Gründen, die von ihm nicht zu vertreten seien, versäumt habe. Dies sei nicht der Fall. Der Kläger sei mit Schreiben des Insolvenzverwalters vom 9. August 2010 über den Eröffnungsbeschluss des AG vom 28. Juli 2010 informiert worden. Zugleich habe der Insolvenzverwalter auf die vom Gericht bestimmten Termine und Fristen hingewiesen sowie auf ein Merkblatt für Insolvenzgläubiger. Auch wenn dieses Merkblatt - wie vom Kläger vorgetragen - dem Schreiben nicht beigefügt gewesen sei, hätte es dem Kläger oblegen, dieses beim Insolvenzverwalter anzufordern bzw. sich entsprechend beraten zu lassen. Dies gelte umso mehr, da er zu diesem Zeitpunkt bereits wegen des ausstehenden Arbeitsentgelts Klage gegen seine ehemalige Arbeitgeberin vor dem ArbG erhoben hatte. Zudem hätte dem Kläger klar gewesen sein müssen, dass mit der Insolvenzeröffnung der Beginn von Fristen verbunden sei, nachdem der Insolvenzverwalter explizit auf solche hingewiesen habe. Auch soweit der Kläger rechtsunkundig sei, entbinde ihn dies nicht, sich entsprechenden Rechtsrat einzuholen. Der Kläger habe sich daher nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht, so dass jedenfalls leichte Fahrlässigkeit zu bejahen sei. Die Beklagte sei auch nicht nach § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III verpflichtet gewesen, die verspätete Antragstellung wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte zuzulassen. Die Vorschrift beziehe sich nur auf § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III, d.h. auf Leistungen der Arbeitsförderung, die vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses zu beantragen seien. Eine Anwendung auf § 324 Abs. 3 SGB III komme daher nicht in Betracht.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 28. Oktober 2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 28. November 2010 eingelegte Berufung des Klägers. Er macht geltend, die Versäumung der Ausschlussfrist nicht zu vertreten zu haben. Zwar möge der Kläger sich seinerzeit nicht durch einen Rechtsanwalt bezüglich der InsG-Fristen beraten haben lassen, er habe aber versucht, sich durch eigene Recherchen im Internet rechtskundig zu machen, was ihm trotz intensiver Bemühungen nicht gelungen sei. Damit stehe fest, dass er die Versäumung der Zweimonatsfrist nicht zu vertreten habe. Jedenfalls wäre die Beklagte nach § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III verpflichtet gewesen, die verspätete Antragstellung wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte zuzulassen. Den Kläger treffe allenfalls ein ganz geringes Verschulden am Versäumen der Nachfrist, ihn träfen allerdings immense (finanzielle) Nachteile, wenn ihm kein InsG gewährt werde. Zudem sei die Auftragslage seines Auftraggebers nicht gut, weshalb die Möglichkeit bestehe, dass der Kläger unter Umständen arbeitslos werde. Ein Härtefall im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III liege deshalb vor. Entgegen der Ansicht des SG beziehe sich die Vorschrift nicht nur auf § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Zur „Begründung“ seiner Rechtsansicht zitiere das SG lediglich eine einzige Kommentarstelle. § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III finde aber auch auf den vorliegenden Fall Anwendung. § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III lege fest, dass InsG abweichend von Abs. 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen sei. Eine Abweichung von § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III schreibe § 324 Abs. 3 Satz 1SGB III ausdrücklich nicht vor. Damit sei aber doch im Umkehrschluss Satz 2 des Absatz 1 des § 324 SGB III von der Anwendung gerade nicht ausgeschlossen. Des weiteren sei § 324 SGB III so aufgebaut, dass die Absätze 1 bis 3 vom Allgemeinen ins Speziellere gingen. Abs. 1 spreche von „Leistungen der Arbeitsförderung“, in Abs. 2 der Vorschrift gehe es dann um Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld etc. und Abs. 3 regele für das InsG die „Spezialitäten“. Deshalb sei Abs. 1 des § 324 SGB III auf alle Leistungen der Arbeitsförderung, mithin also auch auf das InsG anzuwenden, da der die allgemeinere Regelung darstelle. In Abs. 3 des § 324 SGB III finde sich für das InsG dann eine speziellere Regelung, allerdings nur für die „Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand“, nicht aber für die Vermeidung unbilliger Härten, die so zusagen vor die Klammer gezogen sei und deshalb in Absatz 1, dort Satz 2 allgemein für alle Leistungen der Arbeitsförderung geregelt sei und somit auch auf die InsG-Gewährung Anwendung finde. Das der Beklagten eingeräumte Ermessen sei aufgrund der gravierenden drohenden Nachteile und des allenfalls geringen Verschuldens des Klägers auf Null reduziert und die verspätete Antragstellung deshalb zuzulassen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. Oktober 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 9. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Januar 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 1. bis 24. März 2010 Insolvenzgeld zu gewähren,
hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Das SG sei zutreffend zu der Auffassung gelangt, dass die Härtefallregelung des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III im vorliegenden Fall keine Anwendung finde. Ungeachtet der Frage, ob vorliegend überhaupt eine unbillige Härte anzuerkennen wäre, finde diese Regelung nach ihrer Stellung im Gesetz nur auf solche Fälle Anwendung, bei denen die Leistungserbringung davon abhängig gemacht werde, dass der Antrag vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses gestellt werde. Abweichend hiervon sei für das InsG in § 324 Abs. 2 Satz 3 SGB III aber geregelt, dass diese Leistung nachträglich zu beantragen sei.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
II.
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Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
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Der Senat entscheidet im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens über die Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne die Beteiligung ehrenamtlicher Richter, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu der beabsichtigten Verfahrensweise gehört worden und haben sich hiermit einverstanden erklärt.
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Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist in der Sache indes nicht begründet, denn das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von InsG, da er den entsprechenden Antrag nicht rechtzeitig gestellt hat.
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Nach § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III (in der Fassung des Gesetzes vom 2. Dezember 2006 - BGBl. I S. 2742) haben Arbeitnehmer Anspruch auf InsG, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei (1.) Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers,
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(2.) Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder
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(3.) vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt,
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(Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.
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InsG ist innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen (§ 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Hat der Arbeitnehmer die Frist aus Gründen versäumt, die er nicht zu vertreten hat, so wird InsG geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt wird. Der Arbeitnehmer hat die Versäumung der Frist zu vertreten, wenn er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat (§ 324 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB III).
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Das Insolvenzereignis im Sinne des § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III ist hier am 28. Juli 2010 eingetreten. Die zweimonatige Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III beginnt am Tag nach dem Insolvenzereignisses zu laufen ohne Rücksicht darauf, ob das Insolvenzereignis dem Arbeitnehmer bekannt ist (ständige Rechtsprechung des BSG zur insoweit wortgleichen Bestimmung des § 141 e Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz i.F. des Fünften AFG-ÄndG vom 23. Juli 1979 - BGBl. I S. 1189, vgl. BSG SozR 4100 § 141e Nrn. 5 und 8). Diese Frist ist am 28. September 2010 abgelaufen, so dass der am 8. November 2010 gestellte Antrag verspätet ist. Bei der Zweimonatsfrist zur Stellung des InsG-Antrags handelt es sich um eine materielle Ausschlussfrist, so dass der Anspruch mit der Fristsäumnis erlischt (vgl. Stratmann in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl., § 324 Rdnr. 18).
23 
Eine Nachfrist nach § 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III ist vorliegend nicht eröffnet. Diese kommt nur in Betracht, wenn der Arbeitnehmer die Versäumung der Antragsfrist nicht zu vertreten hat. Diese Vorschrift stellt eine spezialgesetzliche Ausprägung des Rechtsinstituts der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, § 67 SGG) dar (BSG, Urteil vom 4. März 1999 - B 11/10 AL 3/98 R - ; BSG SozR 3-4100 § 141e Nr. 2). Eine auf Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis der rechtserheblichen Umstände schließt den InsG-Anspruch nach zwei Monaten aus (vgl. BSG SozR 4100 § 141e Nr. 5). Hier hat der Kläger noch innerhalb der zweimonatigen Ausschlussfrist, nämlich durch das Schreiben des Insolvenzverwalters vom 9. August 2010 vom Insolvenzereignis Kenntnis erhalten. Damit kannte er sämtliche rechtserheblichen Umstände. Dass dem Kläger die Ausschlussfrist nicht bekannt war, spielt keine Rolle, denn er hätte ab Kenntnis des Insolvenzereignisses bis zum Ablauf der Frist noch die Möglichkeit gehabt, Rechtsrat einzuholen (vgl. BSG SozR 4100 § 141e Nr. 8 S. 24). Sich weiter kundig zu machen, hätte auch insoweit schon nahegelegen, als nach den Angaben des Klägers das im Schreiben des Insolvenzverwalters angekündigte Merkblatt für Insolvenzgläubiger nicht beigefügt war. Nach den Gesamtumständen konnte der Kläger nicht mehr auf Zahlungen seitens seiner Arbeitgeberin vertrauen und hat dies auch nicht, wie Anmeldung seiner Forderung zur Insolvenztabelle zeigt. Sein Untätigbleiben bezüglich weitergehender Erkundigungen ist mit vernünftigen Gründen bei der Verfolgung der eigenen Rechte und Interessen nicht erklärbar, zumal er bereits arbeitsgerichtlich den ausstehenden Arbeitslohn eingeklagt hatte. Bestätigt wird diese Beurteilung durch die eigenen Angaben des Klägers vor dem SG. Ausweislich der Niederschrift vom 6. Oktober 2011 gab der Kläger dort an: „Ich hatte damals vieles um die Ohren. Ich habe mir neben der Arbeit eine neue Stelle gesucht. Privat hatte ich ebenfalls Probleme, weil ich Abmahnungen erhalten habe. Ich war also zum damaligen Zeitpunkt überfordert. Ich habe das Schreiben des Insolvenzverwalters wahrscheinlich auch nicht richtig gelesen. Ich hatte ja auch keine Ahnung. Ich hab das Schreiben nur überflogen. Das Merkblatt war aber nicht dabei. Es war natürlich mein Fehler, dass ich nicht nach dem Merkblatt gefragt habe.“ Nach alledem hat der Kläger fahrlässig die Antragsfrist versäumt.
24 
Schließlich ist entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Klägers in Fällen der Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III die Härtefallregelung des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III nicht anwendbar. Die spezielle Härteregelung des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III bezieht sich nur auf Abs. 1 Satz 1 und nicht auf die Absätze 2 und 3 (vgl. Striebinger in Gagel, SGB III, Stand 44. Ergänzungslieferung 2012, Rdnr. 16; Stratmann in Niesel/Brand, a.a.O., § 324 Rdnr. 8). Wie der Bevollmächtige des Klägers zutreffend ausführt, gehen die Regelungen in § 324 vom Allgemeinen (Abs. 1) ins Spezielle (Abs. 2 und 3). § 324 Abs. 3 SGB III stellt insoweit sowohl nach Systematik als auch nach Sinn und Zweck der Bestimmung eine lex specialis dar, die der allgemeinen Regelung vorgeht und deren Anwendung ausschließt (ebenso Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23. April 2002 - L 10 AL 435/01 - ). Entsprechend hat auch das BSG in einer Entscheidung zum Wintergeld ausgeführt, dass sich § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III nur auf § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III bezieht, der vorsieht, dass Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht werden, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind (BSG SozR 4-4300 § 325 Nr. 1). Wie das Wintergeld ist auch das InsG eine nachträglich zu beantragende Leistung. Darüber hinaus hat das BSG auch schon zur Vorläuferregelung zum Konkursausfallgeld im AFG entschieden, dass über die spezialgesetzliche Regelung des Interessenkonfliktes - zwischen dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der Ausschlussfrist und dem Interesse des Einzelnen an ihrer Wiedereröffnung - hinaus (§ 141e Abs. 1 Satz 3 und 4 AFG, jetzt § 324 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB III) kein Bedürfnis für die Anerkennung weitergehender Ausnahmen ersichtlich sei (BSG, Urteil vom 4. März 1999, a.a.O.). Für die Anwendung des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III ist danach ebenso wenig Raum wie für die Anwendung des § 27 SGB X, wonach die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich ist. Es bleibt daher dabei, dass der Kläger wegen Versäumung der Antragsfrist keinen Anspruch auf InsG hat.
25 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
26 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.