Bundesgerichtshof Urteil, 16. Okt. 2015 - V ZR 240/14

bei uns veröffentlicht am16.10.2015
vorgehend
Landgericht Ravensburg, 4 O 260/12, 30.01.2014
Oberlandesgericht Stuttgart, 12 U 28/14, 28.10.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 240/14
Verkündet am:
16. Oktober 2015
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Für wen eine Übereignungsofferte „an den, den es angeht“ angenommen werden
soll, bestimmt sich allein nach dem Willen des Empfängers der Erklärung. Will dieser
selbst Eigentum erwerben, scheidet ein Eigentumserwerb eines anderen auch dann
aus, wenn der Eigenerwerbswille im Innenverhältnis zu diesem pflichtwidrig ist.
BGH, Urteil vom 16. Oktober 2015 - V ZR 240/14 - OLG Stuttgart
LG Ravensburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Oktober 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die
Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richter Dr. Czub, Dr. Kazele und
Dr. Göbel

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 28. Oktober 2014 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um die Eigentumsverhältnisse an gebrauchten Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Kartonage (im Folgenden: PPKVerpackungen ). Der beklagte Landkreis ist in seinem Gebiet der zuständige öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger. Die Klägerin betreibt seit Einführung der Verpackungsverordnung im Jahre 1991 als sogenannte „Systembetreiberin“ gemäß § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung (VerpackV) bundesweit ein duales Entsorgungssystem, welches der flächendeckenden und regelmäßigen Abholung gebrauchter Verbrauchsverpackungen beim privaten Endverbraucher dient. An einem solchen System haben sich Hersteller und Vertreiber, die mit Ware befüllte Verkaufspackungen, welche typischerweise beim privaten Endverbraucher anfallen, erstmals in den Verkehr bringen, gemäß § 6 Abs. 1 VerpackV grundsätzlich zu beteiligen.
2
Die Klägerin führte und führt die Erfassung, also das Einsammeln der Verkaufsverpackungen und deren Verwertung, nicht selbst durch, sondern beauftragt (e) hierzu öffentliche und private Entsorgungsunternehmen. Hinsichtlich der PPK-Verpackungen bestand die Besonderheit, dass diese bereits vor Einführung der Verpackungsverordnung als Papierabfälle im gesamten Bundesgebiet von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern - auch von dem Beklagten - gesondert gesammelt wurden. Deshalb vereinbarte die Klägerin mit den jeweiligen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern, dass diese weiterhin mittels der bereits vorhandenen Sammeleinrichtungen die gesamten Papierabfälle erfassen sollten. Die Mengenanteile sowie die anteilige Kostentragung für die Erfassung von „normalem“, so genanntem graphischen Altpapier (Zeitungen, Zeitschriften etc.) einerseits und den PPK-Verpackungen andererseits sollten auf Basis von Schätzungen festgelegt werden. Die Erfassung des Altpapiers im Gebiet des Beklagten erfolgt(e) unter anderem durch sogenannte Bündelsammlungen. Die Endverbraucher legen hierzu das von ihnen gebündelte Altpapier zu bestimmten Terminen am Straßenrand zur Abholung bereit. Dort wird es von Vereinen eingesammelt, die der Beklagte hiermit beauftragt hat.
3
Die einheitliche Erfassung des Altpapiers (unter Einschluss der PPKVerpackungen ) durch den Beklagten war Gegenstand mehrerer zwischen den Parteien getroffener Vereinbarungen. Zuletzt schlossen sie 2011 einen Vertrag, nach dem der Beklagte die Verpackungen weiterhin im Auftrag der Klägerin gemeinsam mit dem übrigen Papierabfall erfassen sollte. Eine bestimmte Menge an Altpapier sollte er der Klägerin monatlich zur Abholung bereitstellen. Der Vertrag wurde von dem Beklagten fristgerecht gekündigt und endete mit Ablauf des Jahres 2011. Eine Einigung über einen Nachfolgevertrag kam nicht zustande. Seit Beginn des Jahres 2012 erhält der Beklagte von der Klägerin für die Erfassung der PPK-Verpackungen durch die von ihm beauftragten Vereine kei- ne Entgelte mehr; umgekehrt wird kein Altpapier aus den Vereinssammlungen mehr für die Klägerin bereitgestellt.
4
Die Klägerin verlangt mit der Klage - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - die Feststellung, dass sie ab dem 1. Januar 2012 in Höhe eines näher bestimmten Anteils Miteigentümerin des von dem Beklagten im Rahmen der sogenannten Vereinssammlung erfassten Altpapiers ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den Feststellungsantrag weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe kein (Mit-)Eigentum an dem im Rahmen der Vereinssammlungen erfassten Altpapier erworben. Es liege keine Eigentumsaufgabe durch den Endverbraucher vor, so dass nur ein rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb in Frage komme. Ein solcher finde jedoch nicht statt, da es bereits an einer Einigung über den Übergang des Eigentums zwischen dem Endverbraucher und der Klägerin fehle. Es könne zwar erwogen werden, in der Bereitstellung des Papierabfalls ein konkludentes Angebot des Endverbrauchers auf Übereignung „an den, den es angeht“ anzunehmen , das nicht nur an den sammelnden Verein und den Beklagten, sondern auch an die Klägerin als Systembetreiberin gerichtet sei. Es liege aber keine Annahmeerklärung der Klägerin vor, da sie am Erfassungsvorgang nicht beteiligt sei und weder der sammelnde Verein noch der Beklagte eine Einigungserklärung als Stellvertreter der Klägerin abgebe. Aus der Verpackungsverordnung ergebe sich nichts anderes, weil hierin die Frage der Eigentumsverhältnisse am erfassten PPK-Material nicht geregelt sei. Ein Eigentumserwerb der Klägerin scheitere im übrigen auch daran, dass es an der gemäß § 929 Satz 1 BGB neben der Einigung erforderlichen Übergabe fehle.

II.

6
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.
7
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass die Eigentumsverhältnisse an dem eingesammelten Altpapier einschließlich der PPKVerpackungen mangels besonderer abfallrechtlicher Sondervorschriften nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zu beurteilen sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Dezember 2004 - VI-Kart 17/04 (V), juris Rn. 58; VGH Mannheim, ZUR 2012, 685, 690; Schomerus in Versteyl/ Mann/Schomerus, KrWG, 3. Aufl., § 17 Rn. 12; Gruneberg in Jahn/DeifußKruse /Brandt, KrWG, § 17 Rn. 7; Scharnewski, AbfallR 2012, 102, 105; Schink, AbfallR 2013, 221, 228). Abfallrechtliche Wertungen können allenfalls - insbesondere wenn sich der Eigentumsübergang durch konkludentes Verhalten vollzieht - bei der Auslegung der dem Eigentumsübergang zugrunde liegenden Willenserklärungen berücksichtigt werden (vgl. Schink, AbfallR 2013, 221, 228; Scharnewski, AbfallR 2012, 102, 105).
8
2. Ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht einen rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerb der Klägerin an dem PPK-Material. Auf der Grundlage seiner Feststellungen fehlt es sowohl an der nach § 929 Satz 1 BGB erforderlichen dinglichen Einigung als auch an einer Übergabe an die Klägerin. Deshalb entsteht durch die Vermischung der Verkaufsverpackungen mit dem sonstigen Altpapier kein Miteigentum der Klägerin an dem insgesamt eingesammelten Altpapier gemäß §§ 947, 948 Abs. 1 und 2 BGB.
9
a) Die Einigung über den Eigentumsübergang ist ein dinglicher Vertrag, dessen Zustandekommen sich nach den allgemeinen für Rechtsgeschäfte gel- tenden Regeln richtet (vgl. Senat, Urteil vom 9. Mai 2014 - V ZR 305/12, NJW 2014, 2790 Rn. 9; Staudinger/Wiegand, BGB [2011], § 929 Rn. 9). Erforderlich sind deshalb zum einen ein Übereignungsangebot des bisherigen Eigentümers und zum anderen eine Annahme dieses Angebots durch den Erwerber. Ob der Einigungswille vorhanden ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen der Auslegung von Rechtsgeschäften (BGH, Urteil vom 29. März 1990 - IX ZR 134/89, NJW 1990, 1913). Weder der bisherige Eigentümer noch der Erwerber müssen persönlich handeln, vielmehr können bei der Einigung i.S.d. § 929 Satz 1 BGB auf beiden Seiten Vertreter (§§ 164 ff. BGB) auftreten.
10
Zu berücksichtigen sind hierbei auch die Grundsätze des so genannten Geschäfts für den, den es angeht. Ein solches Geschäft ist dadurch gekennzeichnet , dass der handelnde Bevollmächtigte nicht zu erkennen gibt, ob er für sich oder einen anderen handelt, aber für einen anderen aufgrund einer erteilten Vollmacht handeln will und es dem Geschäftsgegner gleichgültig ist, mit wem das Geschäft zustande kommt (BGH, Urteil vom 25. März 2003 - XI ZR 224/02, BGHZ 154, 276, 279). Anerkannt ist dieses durch teleologische Reduktion des Offenheitsgrundsatzes (§ 164 Abs. 2 BGB) entwickelte Rechtsinstitut insbesondere bei Bargeschäften des täglichen Lebens, und zwar vor allem beim dinglichen Rechtserwerb (BGH, Urteil vom 15. Mai 1991 - VIII ZR 212/90, NJW 1991, 2958, 2959; Urteil vom 25. März 2003 - XI ZR 224/02, BGHZ 154, 276, 279). Für wen eine Übereignungsofferte „an den, den es angeht“ angenommen werden soll, bestimmt sich hierbei allein nach dem Willen des Empfängers der Erklärung (vgl. RGZ 140, 223, 229 f.; Soergel/Henssler, BGB, 13. Aufl., § 929 Rn. 45; RGRK/Pikart, BGB, 12. Aufl., § 929 Rn. 56). Will dieser nicht für einen anderen, sondern für sich selbst Eigentum erwerben, scheidet ein Eigentumserwerb des anderen aus (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl., § 929 Rn. 25).
11
b) Hieran gemessen fehlt es an einer Einigung zwischen dem Endverbraucher und der Klägerin.
12
aa) Allerdings scheitert dies nicht bereits an einem Übereignungsangebot des Endverbrauchers. Zwar kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht davon ausgegangen werden, dass die PPK-Verpackungen speziell an die Klägerin zu Eigentum übertragen werden sollen. Die Klägerin tritt hiernach nämlich bei der Entsorgung in keiner Weise gegenüber dem Verbraucher oder sonst nach außen auf. Nicht ausgeschlossen ist es aber, die Bereitstellung der PPK-Verpackungen nach den Grundsätzen des Geschäfts für den, den es angeht als ein Angebot auf Übereignung an eine dem Verbraucher nicht bekannte Person anzusehen, so dass auch die Klägerin als Systembetreiberin gemäß § 6 Abs. 3 VerpackV Adressat eines solchen Angebots sein könnte. Dies liegt nicht fern, wenn es dem Verbraucher in erster Linie darauf ankommt, dass seine Abfälle ordnungsgemäß verwertet werden und es ihm gleichgültig ist, wer dabei zivilrechtlich Eigentum erwirbt. Allgemeingültige Aussagen lassen sich insoweit nicht treffen, vielmehr hängt es von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab, welcher Erklärungsgehalt dem Verhalten des Endverbrauchers zukommt (vgl. zu der Anwendung der Grundsätze des Geschäfts für den, den es angeht im Zusammenhang mit der Erfassung von Papierabfällen - bejahend - OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Dezember 2004 - VI-Kart 17/04 (V), juris Rn. 58 f.; Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster, Beschluss vom 22. September 2009 - VK 16/09, juris Rn. 100 ff.; ablehnend demgegenüber VG Köln, Urteil vom 2. August 2012 - 13 K 3234/11, juris Rn. 58 f.; LG Hildesheim, Teilurteil vom 29. August 2014 - 4 O 247/13, juris Rn. 22 ff.; Schink, AbfallR 2013, 221, 236 ff.; Frenz, AbfallR 2009, 121 f.; Scharnewski, AbfallR 2012, 102, 105 ff.; Hartwig, VKS-News, April 2011, 5 ff). Das Berufungsgericht hat das Vorliegen eines entsprechenden Übereignungsangebots des Endverbrauchers ebenfalls erwogen, die Frage aber offengelassen, ohne hierzu abschließende Fest- stellungen zu treffen. Revisionsrechtlich ist deshalb zu unterstellen, dass die Endverbraucher im Rahmen der sog. Vereinssammlungen im Erfassungsgebiet des Beklagten bezogen auf die PPK-Verpackungen eine Übereignungsofferte nach den Grundsätzen des Geschäfts für den, den es angeht, abgeben.
13
bb) Es fehlt aber an einer Annahme dieses Angebots zu Gunsten der Klägerin. Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts haben weder die das Altpapier sammelnden Vereine noch der Beklagte den Willen, die Klägerin bei der dinglichen Einigung zu vertreten und das Eigentum für sie zu erwerben. Damit scheidet ein Eigentumserwerb der Klägerin nach den Grundsätzen eines Geschäfts für den, den es angeht aus.
14
(1) Soweit es um die sammelnden Vereine geht, folgt dies bereits daraus , dass sie in keiner Vertragsbeziehung zu der Klägerin stehen, sondern nur aufgrund von Absprachen mit dem Beklagten handeln, und dass ein verständiger Beobachter nicht davon ausgeht, dass die Vereine ihre Tätigkeit unentgeltlich erbringen. Hieraus schließt das Berufungsgericht zutreffend, dass der Verein entweder selbst Eigentum erwerben wolle, um sodann das Eigentum am Abfall an den Beklagten als seinem Auftraggeber gegen Entgelt weiter zu übereignen , oder aber bei dem Eigentumserwerb im Namen seines Auftraggebers, des Beklagten, handeln wolle.
15
(2) Auch wenn die Vereine bei der dinglichen Einigung als Stellvertreter des Beklagten auftreten, weil sie in dessen Auftrag die Sammlungen durchführen , führt dies nicht zu einem Eigentumserwerb der Klägerin. Denn hierfür müsste der Beklagte seinerseits das Eigentum für die Klägerin erwerben wollen. Dies ist nicht der Fall.
16
(aa) Anders als die Klägerin meint, ergibt sich ein solcher Wille insbesondere nicht aus den zwischen den Parteien eingegangenen Vertragsbeziehungen. Diese Annahme scheitert bereits im Ausgangspunkt daran, dass der Beklagte den zuletzt mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrag über die Erfassung gebrauchter PPK-Verpackungen gekündigt hat und diesbezüglich zwischen den Parteien seit dem 1. Januar 2012 keine vertraglichen Vereinbarungen mehr bestehen.
17
(bb) Ebensowenig ergibt sich ein Fremderwerbswille des Beklagten aus dem System der Verpackungsverordnung. Richtig ist, dass der Verordnungsgeber die Aufgabe, gebrauchte Verkaufsverpackungen zu entsorgen, aus dem Bereich der öffentlichen Abfallentsorgung herausgenommen und auf die beteiligten Hersteller und Vertreiber übertragen hat (vgl. hierzu OLG Köln, Urteil vom 12. Juni 2007 - 24 U 4/06, juris Rn. 56; VGH Mannheim, Urteil vom 24. Juli 2012 - 10 S 2554/10, juris Rn. 85 mwN [insoweit in ZUR 2012, 685 nicht abgedruckt]). Aus diesem Umstand kann die Klägerin aber nichts zu ihren Gunsten herleiten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte ungeachtet dieser Regelungen den - auch in diesem Rechtstreit eindeutig dokumentierten - Willen, selbst Eigentum an den eingesammelten PPKVerpackungen zu erwerben. Ein Eigenerwerbswille des Erklärungsempfängers schließt einen Eigentumserwerb eines anderen aber selbst dann aus, wenn ein solcher Eigenerwerbswille sich im Innenverhältnis zu diesem als pflichtwidrig darstellen würde. Dies ist eine Folge des dem Eigentumserwerb gemäß §§ 929 ff. BGB zugrundeliegenden Abstraktionsprinzips (vgl. Senat, Urteil vom 12. Januar 1989 - V ZR 1/88, BGHZ 106, 253, 257 f.; MüKoBGB/Oechsler, 6. Aufl., § 929 Rn. 8 ff.). Deshalb lässt sich der tatsächlich nicht vorhandene Wille des Beklagten, Eigentum für die Klägerin zu erwerben, entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht mit der Überlegung begründen, bei dem Eigen- erwerbswillen des Beklagten handele es sich um eine protestatio facto contraria oder um ein treuwidriges Verhalten.
18
(3) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, selbst bei Verneinung einer entsprechenden vertraglichen Verpflichtung habe der Beklagte zumindest im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag die Annahme der Übereignung mit Wirkung für die Klägerin erklärt. Denn eine Geschäftsführung für einen anderen setzt voraus, dass der Geschäftsführer das Geschäft nicht (nur) als eigenes , sondern (auch) als fremdes führt, dass er also in dem Bewusstsein und mit dem Willen handelt, zumindest auch im Interesse eines anderen tätig zu werden (BGH, Urteil vom 25. April 1991 - III ZR 74/90, BGHZ 114, 248, 249 f.; RGZ 84, 390; RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl., vor § 677 Rn. 38; Soergel/Beuthien, BGB, 13. Aufl., § 677 Rn. 4; MüKoBGB/Seiler, 6. Aufl., § 677 Rn. 6). Der Fremdgeschäftsführungswille fehlt, wenn der Geschäftsführer die Angelegenheit ausschließlich als eigene wahrnehmen will (RGZ 130, 310, 311; RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl., vor § 677 Rn. 38; Erman/Dornis, BGB, 14. Aufl., § 677 Rn. 7). So liegt der Fall hier. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der - auch nach außen hin geäußerte - Wille des Beklagten jedenfalls seit dem 1. Januar 2012, als die vertragliche Zusammenarbeit der Parteien bezüglich der einheitlichen Altpapiererfassung endete, darauf gerichtet, selbst Eigentum zu erwerben. Dieser erklärte Eigenerwerbswille des Beklagten schließt einen Fremdgeschäftsführungswillen aus.
19
(4) Ob der Beklagte durch den Eigentumserwerb und die Entsorgung der PPK-Verpackungen ein Geschäft der Klägerin führt, muss nicht entschieden werden. Etwaige hieraus resultierende Ansprüche wegen angemaßter Eigengeschäftsführung gemäß § 687 Abs. 2 Satz 1, § 681 Satz 2, § 667 BGB (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4. Februar 2015 - VI-U (Kart) 16/14, Rn. 22) sind nicht Gegenstand der Klage.
20
c) Unabhängig von der fehlenden Einigung liegt auch die für einen Eigentumserwerb der Klägerin nach § 929 Satz 1 BGB zusätzlich erforderliche Übergabe nicht vor.
21
aa) Eine Übergabe setzt unter anderem voraus, dass der Erwerber unmittelbaren (§ 854 BGB) oder mittelbaren (§ 868 BGB) endgültigen Besitz an der Sache erlangt (vgl. Bamberger/Roth/Kindl, BGB, 3. Aufl., § 929 Rn. 26 ff.; jurisPK-BGB/Beckmann, 7. Aufl., § 929 BGB, Rn. 39). Da es sich hierbei um einen rein tatsächlichen Vorgang handelt, ist - anders als bei der Einigung - eine Stellvertretung nicht möglich (Senat, Beschluss vom 16. September 2015 - V ZR 8/15, Rn. 21 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGH, Urteil vom 9. Februar 1955 - IV ZR 188/54, BGHZ 16, 259, 263). Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei der Übergabe der Sache an einen Dritten eine Übereignung gemäß § 929 Satz 1 BGB von vorneherein ausgeschlossen ist. Wenn der Dritte Besitzdiener (§ 855 BGB), Geheißperson oder Besitzmittler des Erwerbers ist, gilt die Sache als vom Veräußerer an den Erwerber übergeben (vgl. speziell zu dem Geheißerwerb BGH, Urteil vom 8. November 1972 - VIII ZR 79/71, NJW 1973, 141, 142; Urteil vom 9. November 1998 - II ZR 144/97, NJW 1999,

425).

22
bb) Da es sich weder bei dem Beklagten noch den in seinem Auftrag die Erfassung des Altpapiers vollziehenden Vereinen um Besitzdiener oder Geheißpersonen der Klägerin handelt und sie selbst keinen unmittelbaren Besitz an dem Altpapier erlangt, käme eine Übergabe an die Klägerin nur in Betracht, wenn der Beklagte oder der sammelnde Verein als Besitzmittler der Klägerin anzusehen wäre. Dies scheitert indes an dem fehlenden Besitzmittlungswillen.
23
Voraussetzung für mittelbaren Besitz ist nämlich, dass der unmittelbare Besitzer seinen Besitz in Anerkennung eines Herausgabeanspruchs des mittelbaren Besitzers ausübt (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2004 - VIII ZR 186/03, BGHZ 161, 90, 112; BGH, Urteil vom 19. Januar 1955 - IV ZR 135/54, NJW 1955, 499; MüKoBGB/Joost, 6. Aufl., § 868 Rn. 17; Staudinger/Gutzeit, BGB [2012], § 868 Rn. 24; RGRK/Kregel, BGB, 12. Aufl., 868 Rn. 9). Dieser Besitzmittlungswille ist kein rechtsgeschäftlicher, sondern ein natürlicher Wille. Fehlt es an einer entsprechenden Willensrichtung des unmittelbaren Besitzers, scheidet mittelbarer Besitz aus (vgl. Soergel/Stadler, BGB, 13. Aufl., § 868 Rn. 4; MüKoBGB/Joost, 6. Aufl., § 868 Rn. 17).
24
So liegt der Fall hier. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der sammelnde Verein entweder Eigenbesitzwillen oder er will für den Beklagten besitzen. Der Beklagte seinerseits will Eigenbesitz begründen und nicht Fremdbesitz zu Gunsten der Klägerin.
25
3. Ein (Mit-)Eigentumserwerb der Klägerin an dem eingesammelten Altpapier durch Aneignung gemäß § 958 Abs. 1 BGB scheidet ebenfalls aus. Es spricht viel für die Auffassung des Berufungsgerichts, dass das Altpapier einer Aneignung bereits deshalb nicht zugänglich ist, weil der Endverbraucher durch das Bereitstellen des Altpapiers zur Abholung sein Eigentum hieran nicht gemäß § 959 BGB aufgeben möchte (vgl. auch Bamberger/Roth/Kindl, BGB, 3. Aufl., § 959 Rn. 2; Grziwotz, MDR 2008, 726, 727). Dies kann im Ergebnis dahinstehen, weil es jedenfalls an einer Aneignung durch die Klägerin fehlt. Ein solcher Eigentumserwerb ist zwar auch durch den Einsatz eines Besitzmittlers möglich (vgl. BeckOGKBGB/Schermaier, Stand: 15.06.2015, § 958 Rn. 14). Weder der Beklagte noch die sammelnden Vereine haben jedoch den Willen, das eingesammelte Papier für die Klägerin zu besitzen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Schmidt-Räntsch Czub Kazele Göbel

Vorinstanzen:
LG Ravensburg, Entscheidung vom 30.01.2014 - 4 O 260/12 -
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Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 16. Okt. 2015 - V ZR 240/14

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weitere Fundstellen ... Tenor Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 15. Mai 2017 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die wei

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 15. Mai 2017 - 4 K 1055/16.NW

bei uns veröffentlicht am 15.05.2017

weitere Fundstellen ... Tenor Der Rechtsweg zu den Gerichten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit ist eröffnet. Gründe I. 1 Die Klägerinnen sind Betreiber dualer Systeme nach § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung – VerpackV – und als sol

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Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

(1) Werden bewegliche Sachen miteinander dergestalt verbunden, dass sie wesentliche Bestandteile einer einheitlichen Sache werden, so werden die bisherigen Eigentümer Miteigentümer dieser Sache; die Anteile bestimmen sich nach dem Verhältnis des Wertes, den die Sachen zur Zeit der Verbindung haben.

(2) Ist eine der Sachen als die Hauptsache anzusehen, so erwirbt ihr Eigentümer das Alleineigentum.

(1) Werden bewegliche Sachen miteinander untrennbar vermischt oder vermengt, so finden die Vorschriften des § 947 entsprechende Anwendung.

(2) Der Untrennbarkeit steht es gleich, wenn die Trennung der vermischten oder vermengten Sachen mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sein würde.

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b) Die Parteien haben sich auch über den Übergang des Eigentums geeinigt. Die Klägerin wurde bei dem Abschluss der dinglichen Verträge durch den Streithelfer nach § 164 Abs. 1, 3 BGB vertreten.

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 224/02 Verkündet am:
25. März 2003
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB § 119 Abs. 1, § 164 Abs. 2; KAGG § 11 Abs. 2 Satz 1

a) Die als Tafelgeschäft abgewickelte Auszahlung des Rücknahmepreises an den
Inhaber von Investmentanteilen gegen Rückgabe seiner Anteilscheine ist für die
einlösende Depotbank oder inländische Zahlstelle eines ausländischen Investmentfonds
grundsätzlich kein Geschäft mit dem, den es angeht.

b) In einem solchen Fall stellt die Auszahlung eines überhöhten Rücknahmepreises
an den Anteilinhaber für das einlösende Kreditinstitut keinen
unbeachtlichen Kalkulationsirrtum dar, wenn in den Vertragsbedingungen
des Investmentfonds bereits vorab eine Regelung über die Höhe des
Rücknahmepreises getroffen worden ist.
BGH, Urteil vom 25. März 2003 - XI ZR 224/02 - LG Köln
AG Bergisch Gladbach
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 25. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Wassermann und Dr. Appl

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 22. Mai 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Bank nimmt die Beklagten als Erben des Ho. O. B. auf Ausgleich einer angeblichen Überzahlung im Zusammenhang mit der Rücknahme von Investment-Anteilscheinen in Anspruch.
Der Erblasser (im folgenden: Beklagter) löste am 23. Februar 2000 in einer Filiale der Klägerin 770 E. Investment-Anteilscheine der D. S.A., Luxemburg, ein. Die Klägerin fungierte bei der Rücknahme der Anteilscheine am Schalter in der Weise, daß sie die Auszahlung des Anteils zu
Lasten des Sondervermögens der Investmentgesellschaft übernahm. Als Gegenwert wurden dem Beklagten auf der Grundlage eines Rücknahme- !" # $ %& '%' () %* + preises von 49,83 Solidaritätszuschlag insgesamt 73.747,48 DM in bar ausgezahlt.
Die Klägerin hat den Beklagten auf Ausgleich einer Überzahlung in , - Anspruch genommen, da der Rücknahmepreis lediglich 47,33 betragen habe. Der Beklagte hat geltend gemacht, er sei der Klägerin gegenüber als Vertreter einer Frau H. U. aufgetreten, die ihn bevollmächtigt habe, ihre Investment-Anteile einzulösen, und habe auch eine entsprechende Vollmachtsurkunde vorgelegt.
Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von 2.558,29 DM nebst Zinsen verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage - soweit für die Revisionsinstanz von Interesse - im wesentlichen wie folgt begründet:
Der von der Klägerin geltend gemachte Rückzahlungsanspruch komme auf der Grundlage des § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB in Betracht. Dabei könne offenbleiben, ob bei der Rückgabe der Investmentanteile ein Geschäftsbesorgungs- oder aber ein Kaufvertrag geschlossen worden sei. Auch wenn ein Kaufvertrag gegeben sei, liege kein bloßer Kalkulationsirrtum der Klägerin vor. Bereits beim Erwerb der Fondsanteile sei eine Rückkaufvereinbarung geschlossen und aufgrund von Art. 9 Abs. 1 und Art. 18 Abs. 3 des Verwaltungsreglements des Investmentfonds als Kaufpreis der Anteilwert am Rückgabetag festgelegt worden. Eine gesonderte Einigung über den konkreten Rückgabepreis habe deshalb anläßlich des Rückkaufs nicht mehr stattgefunden. Der tatsächliche, nicht aber der von der Klägerin fehlerhaft ermittelte Kurswert stelle danach den vereinbarten Kaufpreis dar.
Der von der Klägerin geltend gemachte Bereicherungsanspruch richte sich jedoch gegen die vom Beklagten vertretene Person, nicht aber gegen ihn selbst. Es sei davon auszugehen, daß der Beklagte bei der Rückgabe der Investmentanteile in Vollmacht der Zeugin U. tätig geworden sei. Ob er dies offengelegt habe, müsse nicht geklärt werden. Bei fehlender Offenlegung sei von einem verdeckten oder echten Geschäft für den, den es angeht, auszugehen, und zwar nicht nur in Bezug auf den Eigentumserwerb an den Papieren, sondern auch hinsichtlich des zugrunde liegenden Kausalgeschäfts. Denn es sei anzunehmen, daß
es dem Inhaber eines Wertpapiers beim Verkauf gleichgültig sei, wer letztlich Eigentum daran erwerbe. Außerdem sei davon auszugehen, daß es die Bank gerade im Tafelgeschäft nicht interessiere, von wem die Wertpapiere stammten und an wen das Geld letztlich fließe. Das gelte jedenfalls dann, wenn der Austausch der Papiere gegen Bargeld wie beim klassischen Tafelgeschäft ohne Identitätsfeststellung des Vorlegers , also anonym, erfolge.
Soweit die Bank mit Rücksicht auf das Geldwäschegesetz die Identität des Kunden bzw. Handelnden festhalte, geschehe dies nicht im eigenen, sondern allein im öffentlichen Interesse. Ein eigenes privatwirtschaftliches Interesse an dieser Feststellung habe und verfolge die Klägerin nicht.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist allerdings, daß das Berufungsgericht deutsches Recht angewendet hat. Da es sich bei dem Erwerb ausländischer Investmentanteile um ein Rechtsverhältnis mit Auslandsbezug handelt, ist zwar grundsätzlich das Recht am Sitz der Investmentgesellschaft anzuwenden (Baur in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 19 Rdn. 56). Ob dies auch bei der Rückgabe von Investment-Anteilscheinen bei der inländischen Depotbank oder Zahlstelle eines ausländischen Investmentfonds gilt, bedarf
keiner Entscheidung. Die Parteien sind im Verfahren nämlich übereinstimmend von der Anwendbarkeit deutschen Rechts ausgegangen und haben damit zumindest eine stillschweigende Einigung dahingehend getroffen , daß für ihr Rechtsverhältnis deutsches Recht anwendbar sein soll (vgl. Senat, Urteil vom 23. April 2002 - XI ZR 136/01, WM 2002, 1186, 1188 m.w.Nachw.).
2. Nicht gefolgt werden kann aber den Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht die Passivlegitimation des Beklagten für den von der Klägerin geltend gemachten Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verneint hat. Der Beklagte kann nicht mit Erfolg einwenden, nach dem Rechtsinstitut des Geschäfts für den, den es angeht , sei nicht er, sondern die von ihm vertretene Zeugin U. Vertragspartnerin der Klägerin und Leistungsempfängerin geworden. Das vom Beklagten am 23. Februar 2000 mit der Klägerin abgewickelte Geschäft ist kein Geschäft, für den, den es angeht.

a) Ein solches Geschäft ist dadurch gekennzeichnet, daß der handelnde Bevollmächtigte nicht zu erkennen gibt, ob er für sich oder einen anderen handelt, aber für einen anderen aufgrund einer erteilten Vollmacht handeln will und es dem Geschäftsgegner gleichgültig ist, mit wem das Geschäft zustande kommt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1991 - VIII ZR 212/90, WM 1991, 1678, 1680; MünchKomm/Schramm, BGB 4. Aufl. § 164 Rdn. 47). Anerkannt ist dieses durch teleologische Reduktion des Offenheitsgrundsatzes (§ 164 Abs. 2 BGB) entwickelte Rechtsinstitut insbesondere bei Bargeschäften des täglichen Lebens, und zwar vor allem beim dinglichen Rechtserwerb. Bei schuldrechtlichen Geschäften finden die Grundsätze des Geschäfts für den, den es angeht,
nur in Ausnahmefällen Anwendung (vgl. Staudinger/Schilken, BGB 13. Aufl. Bearb. 2001 Vorbem. zu § 164 ff. Rdn. 54; Soergel/Leptin, BGB 13. Aufl. § 164 Rdn. 31; Erman/Palm, BGB 10. Aufl. § 164 Rdn. 9), da dem Vertragschließenden die Person seines Geschäftsgegners in der Regel nicht gleichgültig ist.

b) Letzteres ist auch hier nicht der Fall.
aa) Bei dem am 23. Februar 2000 abgewickelten Tafelgeschäft handelt es sich entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht um ein beiderseits sofort erfülltes Effektenfestpreisgeschäft. Der Beklagte hat an diesem Tage vielmehr, wie er in den Vorinstanzen in Übereinstimmung mit der Klägerin selbst vorgetragen hat, von dem Recht des Anteilinhabers Gebrauch gemacht, gegen Rückgabe der nach Art. 5 Nr. 1 des Verwaltungsreglements des E. Investmentfonds als Inhaberpapiere ausgestalteten Investment-Anteilscheine die Auszahlung der darin verbrieften Anteile an dem Investment-Sondervermögen zu verlangen (Art. 9 Nr. 1 Satz 1 des Verwaltungsreglements). Die Klägerin hat bei der Rücknahme der Anteilscheine am Schalter und der Auszahlung des Anteils am Investment-Sondervermögen als inländische Depotbank bzw. Zahlstelle der in Luxemburg ansässigen Investmentgesellschaft fungiert. Die in § 15 a Auslandinvestment-Gesetz vorgeschriebene Bestellung eines inländischen Kreditinstituts dient insbesondere dem Zweck, daß über dieses die für die Anteilinhaber bestimmten Zahlungen geleitet und die Rücknahme von Anteilen durch die ausländische Investmentgesellschaft abgewickelt werden können (§ 15 a Abs. 1 Satz 1 AuslandinvestmentGesetz ). Die Zahlstelle tritt insoweit ergänzend neben die Depotbank, zu deren Aufgaben nach deutschem Recht unter anderem die Rücknahme
von Anteilscheinen und die Zahlung des Rücknahmepreises gehören (§ 12 Abs. 1 Satz 1, § 12 a Abs. 2 KAGG).
bb) Bei der Auszahlung des Rücknahmepreises gegen Rückgabe der Anteilscheine ist die Klägerin aufgrund eines mit der Investmentgesellschaft oder der Depotbank geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages (§ 675 Abs. 1 BGB) tätig geworden (vgl. Köndgen, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 113 Rdn. 132). Aufgrund dieses Vertrages war die Klägerin unter anderem zur Berechnung des Wertes der Anteile (vgl. Baur, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 18 Rdn. 87), aber auch zur Auskunftserteilung und zur Rechenschaftslegung verpflichtet (§ 666 BGB). Den Ersatz ihrer Aufwendungen konnte die Klägerin von der Investmentgesellschaft bzw. der Depotbank nur verlangen, wenn und soweit sie sie nach den Umständen für erforderlich halten durfte (§ 670 BGB). Jedenfalls bei Einlösung ersichtlich gefälschter Anteilscheine und im Falle einer unrichtigen Berechnung des Anteilwertes und Auszahlung eines überhöhten Betrages an den Anteilinhaber bestand ein solcher Anspruch nicht.
cc) Daraus erhellt, daß der Klägerin die Person ihres Geschäftspartners bei der Rücknahme von Anteilscheinen und der Auszahlung des Rücknahmepreises entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keineswegs gleichgültig war. Wenn sie daraus keinen Aufwendungsersatzanspruch gegen die Investmentgesellschaft erlangte, blieb ihr nur die Möglichkeit , sich an ihren die Anteilscheine vorlegenden Geschäftspartner zu halten. Abgesehen davon war die Klägerin zur gehörigen Erteilung von Auskunft gemäß § 666 BGB an die Investmentgesellschaft bzw. an die
Depotbank nur in der Lage, wenn sie sich über die Person ihres Geschäftspartners bei Auszahlung des Rücknahmepreises für die zurückgegebenen Anteilscheine Gewißheit verschaffte (vgl. MünchKomm /Seiler, BGB 3. Aufl. § 666 Rdn. 5; Erman/Ehmann, BGB 10. Aufl. § 666 Rdn. 21). Dementsprechend hat die Klägerin bei dem Tafelgeschäft die Vorlage des Bundespersonalausweises des Beklagten verlangt und seinen Namen auf dem Abrechnungsbeleg über die zurückgegebenen Anteilscheine vermerkt. Daß dies nicht im Interesse der Klägerin, sondern ausschließlich im Hinblick auf das Geldwäschegesetz, das im Interesse des Staates und der Allgemeinheit dem Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten dient, geschehen ist, ist nicht ersichtlich.

III.


Die Abweisung der Klage stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Anders als die Revisionserwiderung meint, ist der Klägerin bei der angeblich unzutreffenden Ermittlung des Rückgabepreises nicht lediglich ein unbeachtlicher interner Kalkulationsirrtum unterlaufen. Ein solcher bereits im Stadium der Willensbildung unterlaufener, nicht zur Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB berechtigender Motivirrtum liegt vor, wenn ein Vertragspartner dem Geschäftsgegner im Rahmen einer Willenserklärung lediglich den geforderten Preis als Ergebnis einer Berechnung, nicht aber die Kalkulation mitteilt (vgl. BGHZ 139, 177, 180 f.). Hier fehlt es für einen solchen Kalkulationsirrtum bereits an einem Vertragsantrag der Klägerin an den Beklagten zur Einigung über den Rücknahmepreis der Investment-Anteile.
Wie oben (II. 2. b) aa) dargelegt, hat der Beklagte von der Klägerin als Depotbank bzw. Zahlstelle der Investmentgesellschaft gegen Rückgabe der Anteilscheine die Auszahlung der darin verbrieften Anteile am Investment-Sondervermögen verlangt (Art. 9 Nr. 1 Satz 1 des Verwaltungsreglements ). Eine gesonderte vertragliche Einigung der Parteien über den Preis der Anteile war dabei weder erforderlich noch ist sie getroffen worden. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, enthält bereits das als allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizierende Verwaltungsreglement des E. Investmentfonds eine für beide Parteien verbindliche Regelung des Rücknahmepreises. Nach Art. 9 Nr. 1 Satz 2 des bundesweit verwendeten und deshalb uneingeschränkt der Auslegung des erkennenden Senats unterliegenden Verwaltungsreglements erfolgt die Rücknahme von Anteilen zum Rücknahmepreis gemäß Art. 18. Rücknahmepreis ist nach Art. 18 Nr. 3 der Anteilwert. Dieser wird nach Art. 7 Nr. 1 des Verwaltungsreglements an jedem Bankarbeitstag im Wege der Teilung des Netto-Fondsvermögens durch die Zahl der am Bewertungstag im Umlauf befindlichen Anteile des Fonds berechnet. Diese - § 21 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 5 KAGG entsprechende - Regelung stellt für den Fall der Rückgabe von Investment-Anteilen eine vorab getroffene Vereinbarung des maßgeblichen Rücknahmepreises dar. Unterläuft der Depotbank oder der Zahlstelle bei der Berechnung dieses vereinbarten Rücknahmepreises ein Fehler und wird dem Inhaber der Anteilscheine deshalb ein überhöhter Betrag ausgezahlt, so liegt eine rechtsgrundlose Überzahlung vor, die nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB herauszugeben ist.

IV.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird nunmehr Feststellungen zu treffen haben, ob der Beklagte bei der Rückgabe der Anteilscheine gegenüber der Klägerin als Vertreter der Zeugin U. aufgetreten ist und gegebenenfalls ob er ausreichend bevollmächtigt war und der Klägerin bei der Berechnung des Rücknahmepreises ein Fehler unterlaufen ist.
Nobbe Bungeroth Müller
Wassermann Appl

(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll.

(2) Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 224/02 Verkündet am:
25. März 2003
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB § 119 Abs. 1, § 164 Abs. 2; KAGG § 11 Abs. 2 Satz 1

a) Die als Tafelgeschäft abgewickelte Auszahlung des Rücknahmepreises an den
Inhaber von Investmentanteilen gegen Rückgabe seiner Anteilscheine ist für die
einlösende Depotbank oder inländische Zahlstelle eines ausländischen Investmentfonds
grundsätzlich kein Geschäft mit dem, den es angeht.

b) In einem solchen Fall stellt die Auszahlung eines überhöhten Rücknahmepreises
an den Anteilinhaber für das einlösende Kreditinstitut keinen
unbeachtlichen Kalkulationsirrtum dar, wenn in den Vertragsbedingungen
des Investmentfonds bereits vorab eine Regelung über die Höhe des
Rücknahmepreises getroffen worden ist.
BGH, Urteil vom 25. März 2003 - XI ZR 224/02 - LG Köln
AG Bergisch Gladbach
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 25. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Wassermann und Dr. Appl

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 22. Mai 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Bank nimmt die Beklagten als Erben des Ho. O. B. auf Ausgleich einer angeblichen Überzahlung im Zusammenhang mit der Rücknahme von Investment-Anteilscheinen in Anspruch.
Der Erblasser (im folgenden: Beklagter) löste am 23. Februar 2000 in einer Filiale der Klägerin 770 E. Investment-Anteilscheine der D. S.A., Luxemburg, ein. Die Klägerin fungierte bei der Rücknahme der Anteilscheine am Schalter in der Weise, daß sie die Auszahlung des Anteils zu
Lasten des Sondervermögens der Investmentgesellschaft übernahm. Als Gegenwert wurden dem Beklagten auf der Grundlage eines Rücknahme- !" # $ %& '%' () %* + preises von 49,83 Solidaritätszuschlag insgesamt 73.747,48 DM in bar ausgezahlt.
Die Klägerin hat den Beklagten auf Ausgleich einer Überzahlung in , - Anspruch genommen, da der Rücknahmepreis lediglich 47,33 betragen habe. Der Beklagte hat geltend gemacht, er sei der Klägerin gegenüber als Vertreter einer Frau H. U. aufgetreten, die ihn bevollmächtigt habe, ihre Investment-Anteile einzulösen, und habe auch eine entsprechende Vollmachtsurkunde vorgelegt.
Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von 2.558,29 DM nebst Zinsen verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage - soweit für die Revisionsinstanz von Interesse - im wesentlichen wie folgt begründet:
Der von der Klägerin geltend gemachte Rückzahlungsanspruch komme auf der Grundlage des § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB in Betracht. Dabei könne offenbleiben, ob bei der Rückgabe der Investmentanteile ein Geschäftsbesorgungs- oder aber ein Kaufvertrag geschlossen worden sei. Auch wenn ein Kaufvertrag gegeben sei, liege kein bloßer Kalkulationsirrtum der Klägerin vor. Bereits beim Erwerb der Fondsanteile sei eine Rückkaufvereinbarung geschlossen und aufgrund von Art. 9 Abs. 1 und Art. 18 Abs. 3 des Verwaltungsreglements des Investmentfonds als Kaufpreis der Anteilwert am Rückgabetag festgelegt worden. Eine gesonderte Einigung über den konkreten Rückgabepreis habe deshalb anläßlich des Rückkaufs nicht mehr stattgefunden. Der tatsächliche, nicht aber der von der Klägerin fehlerhaft ermittelte Kurswert stelle danach den vereinbarten Kaufpreis dar.
Der von der Klägerin geltend gemachte Bereicherungsanspruch richte sich jedoch gegen die vom Beklagten vertretene Person, nicht aber gegen ihn selbst. Es sei davon auszugehen, daß der Beklagte bei der Rückgabe der Investmentanteile in Vollmacht der Zeugin U. tätig geworden sei. Ob er dies offengelegt habe, müsse nicht geklärt werden. Bei fehlender Offenlegung sei von einem verdeckten oder echten Geschäft für den, den es angeht, auszugehen, und zwar nicht nur in Bezug auf den Eigentumserwerb an den Papieren, sondern auch hinsichtlich des zugrunde liegenden Kausalgeschäfts. Denn es sei anzunehmen, daß
es dem Inhaber eines Wertpapiers beim Verkauf gleichgültig sei, wer letztlich Eigentum daran erwerbe. Außerdem sei davon auszugehen, daß es die Bank gerade im Tafelgeschäft nicht interessiere, von wem die Wertpapiere stammten und an wen das Geld letztlich fließe. Das gelte jedenfalls dann, wenn der Austausch der Papiere gegen Bargeld wie beim klassischen Tafelgeschäft ohne Identitätsfeststellung des Vorlegers , also anonym, erfolge.
Soweit die Bank mit Rücksicht auf das Geldwäschegesetz die Identität des Kunden bzw. Handelnden festhalte, geschehe dies nicht im eigenen, sondern allein im öffentlichen Interesse. Ein eigenes privatwirtschaftliches Interesse an dieser Feststellung habe und verfolge die Klägerin nicht.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist allerdings, daß das Berufungsgericht deutsches Recht angewendet hat. Da es sich bei dem Erwerb ausländischer Investmentanteile um ein Rechtsverhältnis mit Auslandsbezug handelt, ist zwar grundsätzlich das Recht am Sitz der Investmentgesellschaft anzuwenden (Baur in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 19 Rdn. 56). Ob dies auch bei der Rückgabe von Investment-Anteilscheinen bei der inländischen Depotbank oder Zahlstelle eines ausländischen Investmentfonds gilt, bedarf
keiner Entscheidung. Die Parteien sind im Verfahren nämlich übereinstimmend von der Anwendbarkeit deutschen Rechts ausgegangen und haben damit zumindest eine stillschweigende Einigung dahingehend getroffen , daß für ihr Rechtsverhältnis deutsches Recht anwendbar sein soll (vgl. Senat, Urteil vom 23. April 2002 - XI ZR 136/01, WM 2002, 1186, 1188 m.w.Nachw.).
2. Nicht gefolgt werden kann aber den Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht die Passivlegitimation des Beklagten für den von der Klägerin geltend gemachten Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verneint hat. Der Beklagte kann nicht mit Erfolg einwenden, nach dem Rechtsinstitut des Geschäfts für den, den es angeht , sei nicht er, sondern die von ihm vertretene Zeugin U. Vertragspartnerin der Klägerin und Leistungsempfängerin geworden. Das vom Beklagten am 23. Februar 2000 mit der Klägerin abgewickelte Geschäft ist kein Geschäft, für den, den es angeht.

a) Ein solches Geschäft ist dadurch gekennzeichnet, daß der handelnde Bevollmächtigte nicht zu erkennen gibt, ob er für sich oder einen anderen handelt, aber für einen anderen aufgrund einer erteilten Vollmacht handeln will und es dem Geschäftsgegner gleichgültig ist, mit wem das Geschäft zustande kommt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1991 - VIII ZR 212/90, WM 1991, 1678, 1680; MünchKomm/Schramm, BGB 4. Aufl. § 164 Rdn. 47). Anerkannt ist dieses durch teleologische Reduktion des Offenheitsgrundsatzes (§ 164 Abs. 2 BGB) entwickelte Rechtsinstitut insbesondere bei Bargeschäften des täglichen Lebens, und zwar vor allem beim dinglichen Rechtserwerb. Bei schuldrechtlichen Geschäften finden die Grundsätze des Geschäfts für den, den es angeht,
nur in Ausnahmefällen Anwendung (vgl. Staudinger/Schilken, BGB 13. Aufl. Bearb. 2001 Vorbem. zu § 164 ff. Rdn. 54; Soergel/Leptin, BGB 13. Aufl. § 164 Rdn. 31; Erman/Palm, BGB 10. Aufl. § 164 Rdn. 9), da dem Vertragschließenden die Person seines Geschäftsgegners in der Regel nicht gleichgültig ist.

b) Letzteres ist auch hier nicht der Fall.
aa) Bei dem am 23. Februar 2000 abgewickelten Tafelgeschäft handelt es sich entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht um ein beiderseits sofort erfülltes Effektenfestpreisgeschäft. Der Beklagte hat an diesem Tage vielmehr, wie er in den Vorinstanzen in Übereinstimmung mit der Klägerin selbst vorgetragen hat, von dem Recht des Anteilinhabers Gebrauch gemacht, gegen Rückgabe der nach Art. 5 Nr. 1 des Verwaltungsreglements des E. Investmentfonds als Inhaberpapiere ausgestalteten Investment-Anteilscheine die Auszahlung der darin verbrieften Anteile an dem Investment-Sondervermögen zu verlangen (Art. 9 Nr. 1 Satz 1 des Verwaltungsreglements). Die Klägerin hat bei der Rücknahme der Anteilscheine am Schalter und der Auszahlung des Anteils am Investment-Sondervermögen als inländische Depotbank bzw. Zahlstelle der in Luxemburg ansässigen Investmentgesellschaft fungiert. Die in § 15 a Auslandinvestment-Gesetz vorgeschriebene Bestellung eines inländischen Kreditinstituts dient insbesondere dem Zweck, daß über dieses die für die Anteilinhaber bestimmten Zahlungen geleitet und die Rücknahme von Anteilen durch die ausländische Investmentgesellschaft abgewickelt werden können (§ 15 a Abs. 1 Satz 1 AuslandinvestmentGesetz ). Die Zahlstelle tritt insoweit ergänzend neben die Depotbank, zu deren Aufgaben nach deutschem Recht unter anderem die Rücknahme
von Anteilscheinen und die Zahlung des Rücknahmepreises gehören (§ 12 Abs. 1 Satz 1, § 12 a Abs. 2 KAGG).
bb) Bei der Auszahlung des Rücknahmepreises gegen Rückgabe der Anteilscheine ist die Klägerin aufgrund eines mit der Investmentgesellschaft oder der Depotbank geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages (§ 675 Abs. 1 BGB) tätig geworden (vgl. Köndgen, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 113 Rdn. 132). Aufgrund dieses Vertrages war die Klägerin unter anderem zur Berechnung des Wertes der Anteile (vgl. Baur, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 18 Rdn. 87), aber auch zur Auskunftserteilung und zur Rechenschaftslegung verpflichtet (§ 666 BGB). Den Ersatz ihrer Aufwendungen konnte die Klägerin von der Investmentgesellschaft bzw. der Depotbank nur verlangen, wenn und soweit sie sie nach den Umständen für erforderlich halten durfte (§ 670 BGB). Jedenfalls bei Einlösung ersichtlich gefälschter Anteilscheine und im Falle einer unrichtigen Berechnung des Anteilwertes und Auszahlung eines überhöhten Betrages an den Anteilinhaber bestand ein solcher Anspruch nicht.
cc) Daraus erhellt, daß der Klägerin die Person ihres Geschäftspartners bei der Rücknahme von Anteilscheinen und der Auszahlung des Rücknahmepreises entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keineswegs gleichgültig war. Wenn sie daraus keinen Aufwendungsersatzanspruch gegen die Investmentgesellschaft erlangte, blieb ihr nur die Möglichkeit , sich an ihren die Anteilscheine vorlegenden Geschäftspartner zu halten. Abgesehen davon war die Klägerin zur gehörigen Erteilung von Auskunft gemäß § 666 BGB an die Investmentgesellschaft bzw. an die
Depotbank nur in der Lage, wenn sie sich über die Person ihres Geschäftspartners bei Auszahlung des Rücknahmepreises für die zurückgegebenen Anteilscheine Gewißheit verschaffte (vgl. MünchKomm /Seiler, BGB 3. Aufl. § 666 Rdn. 5; Erman/Ehmann, BGB 10. Aufl. § 666 Rdn. 21). Dementsprechend hat die Klägerin bei dem Tafelgeschäft die Vorlage des Bundespersonalausweises des Beklagten verlangt und seinen Namen auf dem Abrechnungsbeleg über die zurückgegebenen Anteilscheine vermerkt. Daß dies nicht im Interesse der Klägerin, sondern ausschließlich im Hinblick auf das Geldwäschegesetz, das im Interesse des Staates und der Allgemeinheit dem Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten dient, geschehen ist, ist nicht ersichtlich.

III.


Die Abweisung der Klage stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Anders als die Revisionserwiderung meint, ist der Klägerin bei der angeblich unzutreffenden Ermittlung des Rückgabepreises nicht lediglich ein unbeachtlicher interner Kalkulationsirrtum unterlaufen. Ein solcher bereits im Stadium der Willensbildung unterlaufener, nicht zur Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB berechtigender Motivirrtum liegt vor, wenn ein Vertragspartner dem Geschäftsgegner im Rahmen einer Willenserklärung lediglich den geforderten Preis als Ergebnis einer Berechnung, nicht aber die Kalkulation mitteilt (vgl. BGHZ 139, 177, 180 f.). Hier fehlt es für einen solchen Kalkulationsirrtum bereits an einem Vertragsantrag der Klägerin an den Beklagten zur Einigung über den Rücknahmepreis der Investment-Anteile.
Wie oben (II. 2. b) aa) dargelegt, hat der Beklagte von der Klägerin als Depotbank bzw. Zahlstelle der Investmentgesellschaft gegen Rückgabe der Anteilscheine die Auszahlung der darin verbrieften Anteile am Investment-Sondervermögen verlangt (Art. 9 Nr. 1 Satz 1 des Verwaltungsreglements ). Eine gesonderte vertragliche Einigung der Parteien über den Preis der Anteile war dabei weder erforderlich noch ist sie getroffen worden. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, enthält bereits das als allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizierende Verwaltungsreglement des E. Investmentfonds eine für beide Parteien verbindliche Regelung des Rücknahmepreises. Nach Art. 9 Nr. 1 Satz 2 des bundesweit verwendeten und deshalb uneingeschränkt der Auslegung des erkennenden Senats unterliegenden Verwaltungsreglements erfolgt die Rücknahme von Anteilen zum Rücknahmepreis gemäß Art. 18. Rücknahmepreis ist nach Art. 18 Nr. 3 der Anteilwert. Dieser wird nach Art. 7 Nr. 1 des Verwaltungsreglements an jedem Bankarbeitstag im Wege der Teilung des Netto-Fondsvermögens durch die Zahl der am Bewertungstag im Umlauf befindlichen Anteile des Fonds berechnet. Diese - § 21 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 5 KAGG entsprechende - Regelung stellt für den Fall der Rückgabe von Investment-Anteilen eine vorab getroffene Vereinbarung des maßgeblichen Rücknahmepreises dar. Unterläuft der Depotbank oder der Zahlstelle bei der Berechnung dieses vereinbarten Rücknahmepreises ein Fehler und wird dem Inhaber der Anteilscheine deshalb ein überhöhter Betrag ausgezahlt, so liegt eine rechtsgrundlose Überzahlung vor, die nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB herauszugeben ist.

IV.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird nunmehr Feststellungen zu treffen haben, ob der Beklagte bei der Rückgabe der Anteilscheine gegenüber der Klägerin als Vertreter der Zeugin U. aufgetreten ist und gegebenenfalls ob er ausreichend bevollmächtigt war und der Klägerin bei der Berechnung des Rücknahmepreises ein Fehler unterlaufen ist.
Nobbe Bungeroth Müller
Wassermann Appl

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. September 2010 – 2 K 639/09 – geändert.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit insbesondere bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtung des Klägers bereitgehalten werden, sowie den dazu gehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen und hierfür ein angemessenes Entgelt zu entrichten, das in entsprechender Anwendung der vom Kläger ansonsten anzuwendenden kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätze und unter Berücksichtigung des dem § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 zugrunde liegenden Kooperationsprinzips zu ermitteln ist.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. September 2010 – 2 K 639/09 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt 1/3, die Beklagte 2/3 der Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Mitbenutzung seiner Entsorgungseinrichtungen für bestimmte Verpackungsabfälle und den Abschluss einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung.
Der Kläger ist in seinem Landkreisgebiet öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger im Sinne des Abfallrechts. Die Beklagte betreibt nach Maßgabe der Verpackungsverordnung im Land Baden-Württemberg ein System zur regelmäßigen Abholung gebrauchter, restentleerter Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher oder in der Nähe des Endverbrauchers. Die Systemfeststellung erfolgte durch Bescheid des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 22. Dezember 1992; dieser Bescheid ist bislang weder ganz noch teilweise widerrufen worden, entsprechenden Anregungen des Klägers ist das Umweltministerium des Landes bisher nicht nachgekommen.
Die Beteiligten streiten über die kostenpflichtige Mitbenutzung von Einrichtungen des Abfallwirtschaftsbetriebs des Klägers durch die Beklagte, soweit es um Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton (PPK) geht. In dem Zeitraum von 1992 bis Mitte 2008 kooperierten die Beteiligten. Grundlage der Zusammenarbeit waren eine – unverändert fortbestehende – Abstimmungsvereinbarung vom 2./14. Juli 1992, von den Beteiligten als „Abstimmungserklärung“ bezeichnet, sowie ein Leistungsvertrag; dieser Vertrag wurde mit Ablauf des Jahres 2003 beendet, nachdem die EU-Kommission wettbewerbsrechtliche Bedenken geäußert hatte. Tatsächlich erfolgt(e) die operative Wahrnehmung der Entsorgungsaufgabe, d. h. die PPK-Sammlung, nicht durch die Beklagte selbst, sondern durch den Eigenbetrieb (Abfallwirtschaftsbetrieb) des Klägers; das gilt auch in Bezug auf die zum 1. Juli 2008 erfolgte Einführung der „Blauen Tonnen“, der die Beklagte nicht widersprochen hat.
Ab dem Jahr 2004 beauftragte die Beklagte den Kläger mehrfach (befristet und vorläufig) mit der Sammlung und Verwertung von PPK-Abfällen aus Verkaufsverpackungen. Operativ tätig wurde (und wird) stets der Abfallwirtschaftsbetrieb des Klägers. Die Beauftragungen waren der Beklagten vom Bundeskartellamt gestattet worden. Die letzte „Vorläufige Beauftragung zur Entsorgung von PPK-Verkaufsverpackungen“ im „Vertragsgebiet: LK ...“ datiert vom 18. September 2007 und wurde mit Schreiben vom 12. Juni 2008 zum 30. Juni 2008 gekündigt. In der Sache wurde dem Kläger seitens der Beklagten aufgegeben, die Verkaufsverpackungen aus PPK, die am System der Beklagten teilnehmen, zu erfassen, zu sortieren und im eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung und Gefahr zu verwerten. Dabei wurde der Massenanteil der Verkaufsverpackungen aus PPK an der gesamten erfassten Papiermenge auf 3.578 Tonnen/Jahr fixiert (vorbehaltlich eventuell eintretender Änderungen). Ferner setzte die Beklagte für den Kläger eine monatliche Vergütung in Höhe von 29.267,20 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer an.
Mit Schreiben vom 7. April 2008 unterbreitete die Beklagte dem Kläger ein Angebot für einen Vertragsschluss („Vertrag über die Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen aus Papier/Pappe/Karton“); der Vertrag sollte rückwirkend zum 1. Januar 2008 in Kraft treten (ggf. am 1. Juli 2008) und für die Jahre 2008 und 2009 gelten. Zur Erläuterung der vorgeschlagenen Regelungen hob die Beklagte hervor, dass sie in den zurückliegenden Jahren finanzielle Verluste erlitten habe, da die Papiervermarktung nur gegen Zuzahlung möglich gewesen sei; nun sei es angemessen und billig, dass sie, die Beklagte, an den Erlösen der Papiervermarktung teilhaben könne. Die Beklagte schlug dem Kläger vor, dass dieser zur Abgeltung aller von ihm vertragsgemäß zu erbringenden Leistungen eine Pauschalvergütung in Höhe von 29.267,20 Euro pro Monat zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer erhalten sollte; demgegenüber sollte der Kläger die Beklagte in Höhe von 50 % an den Verwertungserlösen der PPK-Verkaufsverpackungen beteiligen. Der Kläger lehnte das Vertragsangebot der Beklagten mit Schreiben vom 5. Juni 2008 ab, da es kein angemessenes Entgelt für die Mitbenutzung der Erfassungs- und Verwertungsinfrastruktur des Klägers für PPK-Abfälle enthalte. Zugleich hob der Kläger in dem Schreiben hervor, er sehe die Beklagte nach der Verpackungsverordnung zur Mitbenutzung seines Entsorgungssystems für verpflichtet an, und zwar gegen die Entrichtung eines angemessenen Entgelts. Mit Schreiben ebenfalls vom 5. Juni 2008 bestritt die Beklagte gegenüber dem Kläger, dass es sich bei seiner PPK-Erfassungsinfrastruktur um eine mitbenutzungspflichtige Einrichtung zur Sammlung gebrauchter Verkaufsverpackungen im Sinne der Verpackungsverordnung handele.
Mit Schreiben vom 27. Juni 2008 bot die Beklagte dem Kläger – beginnend mit dem 1. Juli 2008 – eine „Vorläufige Beauftragung zur Entsorgung von PPK-Verkaufsverpackungen im Vertragsgebiet BW018 LK ...“ an. Als Vergütung wurde nun ein Betrag von 24.886,27 Euro pro Monat zuzüglich Mehrwertsteuer vorgeschlagen, ergänzt um Klauseln zur Anpassung der Vergütung. Außerdem beanspruchte die Beklagte, dass ihr 1/12 der Auftragsmenge des PPK-Abfalls von dem Kläger zur Abholung bereitgestellt werde. Das neue Angebot der Beklagten lehnte der Kläger mit Schreiben vom 22. Juli 2008 als „Provokation“ und als „sittenwidrig“ ab, da es noch schlechtere Konditionen als das Vertragsangebot vom 7. April 2008 enthalte. Zugleich machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Mitbenutzungsanspruch nach der Verpackungsverordnung geltend und präsentierte eine nach dem Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg (KAG BW) vorgenommene Kalkulation mit einem Jahresgebietspreis für das Mitbenutzungsentgelt in Höhe von 613.331,00 Euro. Dieses als angemessen zu erachtende Entgelt umfasse die Erfassungskosten für die PPK-Abfälle und enthalte einen Ausgleich für die Mindererlöse auf Grund der Verschlechterung der Papierqualität durch die Beimischung von Verpackungen aus PPK.
Mit Anwaltsschreiben vom 30. Dezember 2008 machte der Kläger gegenüber der Beklagten erneut einen Mitbenutzungsanspruch nach der Verpackungsverordnung geltend, fügte einen Vertragsentwurf bei, forderte die Beklagte zur Anerkennung des Mitbenutzungsanspruchs und zur Annahme des Vertragsangebots auf und übermittelte der Beklagten den Entwurf einer Klageschrift. Mit Schreiben vom 26. Januar 2009 wies die Beklagte sowohl den geltend gemachten Mitbenutzungsanspruch als auch die Zahlung des geforderten Mitbenutzungsentgelts in Höhe von monatlich 101.325,49 Euro zurück.
Am 20. Februar 2009 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben. Der Klage war ein Vertragsentwurf beigefügt. Mit seiner Klage machte der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Vertragsschluss geltend, hilfsweise suchte er einen Mitbenutzungsanspruch nach der Verpackungsverordnung durchzusetzen. Der Kläger trug vor, er habe einen Anspruch darauf, dass die Beklagte seine Entsorgungseinrichtungen zur Erfassung der PPK-Abfälle mitbenutze und ein angemessenes Entgelt dafür entrichte. Die Einrichtungen umfassten PPK-Container auf den Wertstoffhöfen des Abfallwirtschaftsbetriebs, ferner die „Blauen Tonnen“ sowie Fahrzeuge und Mitarbeiter, die zur Entleerung der Sammelbehälter und zum Transport der PPK-Abfälle eingesetzt würden. Diese tatsächlich zur Verfügung stehende und von der Beklagten genutzte Entsorgungsinfrastruktur, die rechtlich Eingang in den Vertragsentwurf gefunden habe, sei für die Sammlung der PPK-Abfälle schon deshalb erforderlich, weil die Beklagte im operativen Sinne kein eigenes Rücknahmesystem für die PPK-Abfälle betreibe. Das angemessene Entgelt für die Mitbenutzung der kreiseigenen Entsorgungsinfrastruktur sei anhand der Parameter des Kommunalabgabenrechts zu ermitteln. Zur Berechnung der tatsächlich angefallenen bzw. anfallenden Anteile von PPK-Abfällen biete ein im Auftrag der Beklagten im September 2003 erstelltes Gutachten des Instituts für Abfall-, Abwasser- und Infrastrukturmanagement die Grundlage.
Der Kläger hat beantragt:
10 
Die Beklagte zu verurteilen, mit dem Kläger den als Anlage 1 zur Klageschrift beigefügten Vertrag über die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe, Karton zu schließen,
11 
hilfsweise
12 
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtung des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe, Karton mitzubenutzen.
13 
Die Beklagte hat beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Sie hat vorgetragen, sie sei bezüglich der Entsorgung der PPK-Abfälle nicht selbst operativ tätig, sondern beauftrage mittels privatrechtlicher Verträge Entsorgungsunternehmen zur Erbringung der notwendigen Dienstleistungen; im Gebiet des Klägers sei dessen Abfallwirtschaftsbetrieb für sie, die Beklagte, operativ tätig. Da es sich vor diesem Hintergrund um eine privatrechtliche Streitigkeit handele, sei der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben. Außerdem sei das vom Kläger angerufene Verwaltungsgericht Stuttgart örtlich nicht zuständig. Jedenfalls fehle das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage. Die unzulässige Klage sei zudem unbegründet. Eine Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers gebe es nicht. Soweit die Verpackungsverordnung die Mitbenutzung von Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers regele, betreffe dies nur die bei Inkrafttreten der Verordnung existenten Einrichtungen, da es lediglich um Investitionsschutz gehe; das treffe auf die PPK-Entsorgungsinfrastruktur des Klägers nicht zu. Der Kläger könne nach der Verpackungsverordnung auch nicht den Abschluss des von ihm entworfenen Vertrages verlangen; eine derartige einseitige Bestimmung sei mit dem Kooperationsprinzip, das die Verordnung präge, nicht vereinbar. Die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers sei im Rechtssinne nicht erforderlich, da sie, die Beklagte, die Sammlung der PPK-Abfälle auch selbst durchführen könne. Das vom Kläger für die geforderte Mitbenutzung verlangte Entgelt sei unangemessen, da deutlich überhöht. Letztlich ziele das Begehren des Klägers auf eine – rechtlich nicht zulässige – Rekommunalisierung der Entsorgung von Verpackungsabfällen.
16 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage teilweise für begründet erachtet, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet; das klägerische Begehren – Durchsetzung der Mitbenutzungspflicht bezüglich Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach der Verpackungsverordnung – wurzele auf der ersten Stufe des rechtlichen Verhältnisses zwischen dem Entsorgungsträger und dem privaten System, so dass eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben sei. Das Verwaltungsgericht Stuttgart sei nach § 52 Nr. 1 VwGO örtlich zuständig. Die mit dem Hauptantrag erhobene allgemeine Leistungsklage sei statthaft, da sie auf den Abschluss eines Vertrages ziele. Der hilfsweise erhobene Feststellungsantrag sei nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft; das Feststellungsinteresse ergebe sich aus der wirtschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten sowie auf Grund des Scheiterns der Verhandlungen zur einvernehmlichen Regelung der Mitbenutzung von Entsorgungseinrichtungen des Klägers durch die Beklagte. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse sei ebenfalls zu bejahen, da dem Kläger das Bedürfnis nach gerichtlichem Rechtsschutz nicht abgesprochen werden könne.
17 
Die Klage sei mit dem Hilfsantrag begründet. Solange die Beklagte kein eigenes System zur Sammlung der PPK-Abfälle errichte, habe der Kläger nach der Verpackungsverordnung ein Recht auf Mitbenutzung seiner Sammeleinrichtungen für die PPK-Abfälle durch die Beklagte. Die nach jener Verordnung erforderliche Abstimmung sei nicht als einmaliger Vorgang anzusehen, sondern stelle einen dauerhaften Prozess dar. Die zwischen den Beteiligten nach wie vor geltende Abstimmungserklärung sehe vor, dass es im Gebiet des Klägers nur ein einheitliches Wertstofferfassungssystem gebe und dass die Beklagte alle gebrauchten Verkaufsverpackungen sammele. Mangels eines eigenen operativ agierenden Systems der Beklagten nutze diese die Sammel-einrichtungen des Klägers; die Mitbenutzungspflicht ergebe sich nicht nur aus der Verpackungsverordnung, sondern – bei richtigem Verständnis – auch aus der vorhandenen Abstimmungserklärung. Mit ihrem Hauptantrag sei die Klage jedoch unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Abschluss des konkret von ihm vorgeschlagenen Vertrages habe. Der umfang- und detailreiche Vertragsentwurf sei auf der zweiten, zivilrechtlichen Ebene anzusiedeln. Da die – zu bejahende – Mitbenutzungspflicht eine öffentlich-rechtliche Pflicht auf der ersten Stufe der rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten sei, müssten sich die Details der verlangten Mitbenutzung im Rahmen des öffentlich-rechtlich Zulässigen halten; das sei insbesondere bezüglich der verlangten Dauer der Verpflichtung der Beklagten und hinsichtlich der Bestimmung des zu zahlenden Entgelts nicht der Fall. Die grundsätzlich unbefristete Dauer der Verpflichtung der Beklagten hindere diese rechtswidrig an der Einrichtung eines eigenen Systems, laufe dem System der Verpackungsverordnung zuwider und widerspreche letztlich der verordnungsrechtlichen Privatisierung der Rücknahme und Verwertung gebrauchter Verkaufsverpackungen. Die vom Kläger angestrebte Vergütungsregelung sei zwar anhand des Kommunalabgabenrechts zu entwickeln, die konkret vorgenommene Kalkulation sei jedoch rechtswidrig, weil ein Kalkulationsposten „Mindererlöse“ wegen Mischpapier nach dem Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg ausgeschlossen sei.
18 
Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung wendet sich der Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil, soweit dieses die Klage abgewiesen hat. Der Hauptantrag ziele auf die Abgabe einer Willenserklärung zum Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrages über die Mitbenutzung der PPK-Entsorgungsinfrastruktur des Klägers seitens der Beklagten. Auf den Abschluss dieses Vertrags habe der Kläger nach der Verpackungsverordnung einen Anspruch, weil der – auch vom Verwaltungsgericht anerkannte – Mitbenutzungsanspruch nach dem der Verordnung zu Grunde liegenden Kooperations- und Konsensprinzip nur durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durchgesetzt werden könne. Zu Unrecht beanstande das Verwaltungsgericht die vertraglich vorgesehene zeitlich unbefristete Verpflichtung der Beklagten zur Mitbenutzung von Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von PPK-Verkaufsverpackungen; denn der Mitbenutzungsanspruch des Klägers sei ein Daueranspruch. Die im Vertragsentwurf enthaltene Vergütungsregelung zum „angemessenen Entgelt“ unterliege verwaltungsgerichtlicher Kontrolle, gegebenenfalls durch entsprechende Anwendung der §§ 315 ff. BGB. Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit des Entgelts für die Mitwirkung der Entsorgungseinrichtungen des Klägers seien die Kalkulationsgrundsätze, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auch sonst bei der Erfüllung seiner eigenen Aufgaben vorgegeben seien; diese ergäben sich aus dem Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg. In Ansatz zu bringen seien alle Kosten, die dem Kläger für die Mitbenutzung seiner PPK-Entsorgungsinfrastruktur durch das Rücknahme- und Verwertungssystem der Beklagten entstünden. Auf Grund des Urteils des Verwaltungsgerichts werde allerdings nicht daran festgehalten, Mindererlöse als Kalkulationskostenansatz bei der Ermittlung des angemessenen Entgelts zu berücksichtigen.
19 
Im Berufungsverfahren stellt der Kläger einen Hauptantrag und fünf Hilfsanträge. Darin sei keine Klageänderung zu sehen, weil der Klagegrund nicht verändert werde. Der Hauptantrag erfahre nunmehr eine Beschränkung, weil der Vertragsentwurf auf wesentliche Regelungen begrenzt sei und im Übrigen auf ergänzende Vereinbarungen verwiesen werde; die Hilfsanträge stellten Klarstellungen des Klagebegehrens dar. Werde die Neuformulierung der Anträge als Klageänderung gewertet, sei diese, da sachdienlich, zulässig.
20 
Der Kläger beantragt mit dem
21 
Hauptantrag,
22 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. September 2010 – 2 K 639/09 – zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, mit dem Kläger den als Anlage 1 zur Berufungsbegründung beigefügten Vertrag über die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe, Karton zu schließen.
23 
1. Hilfsantrag:
24 
Es wird festgestellt,
25 
(1) dass die Beklagte verpflichtet ist,
26 
(a) die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit insbesondere bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtung des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen
27 
und
28 
(b) hierfür ein angemessenes Entgelt an den Kläger zu bezahlen, das entsprechend dem Muster der Kalkulation in Anlage 2 zur Berufungsbegründung und den in dieser Anlage niedergelegten Maßgaben berechnet wird
29 
und
30 
(2) dass der Kläger nur verpflichtet ist, der Beklagten einen Teil des sortierten Sammelgemisches aus Papier, Pappe und Karton herauszugeben, der den Wert der Verkaufsverpackungen im Verhältnis zum Wert des kommunalen Altpapiers und dem Anteil der Lizenzmengen des Beklagten an der Gesamtmenge aller Lizenzmengen von im Entsorgungsgebiet des Klägers festgestellten Systembetreibern entspricht.
31 
2. Hilfsantrag:
32 
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
33 
(1) die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit insbesondere bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtung des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen
34 
und
35 
(2) hierfür ein angemessenes Entgelt an den Kläger zu bezahlen, das entsprechend dem Muster der Kalkulation in Anlage 2 zur Berufungsbegründung und den in dieser Anlage niedergelegten Maßgaben berechnet wird.
36 
3. Hilfsantrag:
37 
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit insbesondere bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtungen des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen und hierfür ein angemessenes Entgelt zu entrichten hat, das in entsprechender Anwendung der vom Kläger ansonsten anzuwendenden kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätze zu berechnen ist.
38 
4. Hilfsantrag:
39 
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit insbesondere bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtungen des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen und hierfür ein angemessenes Entgelt zu entrichten hat, das in entsprechender Anwendung der vom Kläger ansonsten anzuwendenden kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätze und unter Berücksichtigung des dem § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 zugrunde liegenden Kooperationsprinzips zu berechnen ist.
40 
5. Hilfsantrag:
41 
(1) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit insbesondere bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtungen des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen.
42 
(2) Es wird beantragt, das angemessene Entgelt in entsprechender Anwendung von § 315 Abs. 3 BGB durch Urteil zu bestimmen.
43 
Ferner beantragt der Kläger, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
44 
Die Beklagte hat ebenfalls, vom Verwaltungsgericht zugelassen, Berufung eingelegt und beantragt,
45 
das angefochtene Urteil insoweit abzuändern, als darin festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtungen des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen, und die Klage in vollem Umfang abzuweisen,
46 
hilfsweise
47 
das angefochtene Urteil abzuändern und unter Teilabweisung des Hilfsantrags festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton, derzeit bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die von den Benutzern der Abfallentsorgungseinrichtungen des Klägers bereitgehalten werden, und den dazugehörigen Sammelfahrzeugen für die Sammlung von Verkaufsver-packungen aus Papier, Pappe und Karton mitzubenutzen, solange die Beklagte kein eigenes System zur Sammlung von Verpackungsabfällen aus Papier, Pappe und Karton aufgebaut oder sonst errichtet hat, und die Klage im Übrigen abzuweisen.
48 
Ferner beantragt die Beklagte, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
49 
Zur Begründung macht die Beklagte geltend, die Klage sei unzulässig, jedenfalls unbegründet. Dem Feststellungsantrag fehle schon das Feststellungsinteresse. Das Rechtsschutzziel des Klägers sei darauf gerichtet, von der Beklagten das nach Kommunalabgabenrecht berechnete Entgelt zu erhalten; da die Höhe des angemessenen Entgelts wegen des abfallrechtlichen Konsensualprinzips nicht gerichtlich festgestellt werden könne, folge daraus zwingend, dass der Kläger an der begehrten Feststellung kein schützenswertes Interesse haben könne. Der Klage fehle auch das Rechtsschutzbedürfnis; da der Schwerpunkt des Rechtsstreits auf einem zivilrechtlichen Entgeltanspruch liege, könne der Kläger sein Rechtsschutzziel mit einer Leistungsklage bei den Zivilgerichten verfolgen.
50 
Die Klage sei jedenfalls unbegründet, so dass sie auch hinsichtlich des Feststellungsantrags habe abgewiesen werden müssen. Der Kläger habe keinen Mitbenutzungsanspruch nach der Verpackungsverordnung, da es schon an der Anspruchsgrundlage fehle. Unabhängig davon seien die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung der PPK-Verpackungsabfälle nicht erforderlich, da die Beklagte die Sammlung der PPK-Fraktion auch selbst durchführen könne. Aus der Abstimmungserklärung folge nichts anderes; diese beziehe sich nur auf das Duale System der Beklagten, während die operative Tätigkeit des Abfallwirtschaftsbetriebs des Klägers auf einem privatrechtlichen Vertrag und später auf Beauftragungen seitens der Beklagten beruht habe.
51 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen, insbesondere auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten.

Entscheidungsgründe

 
52 
Die zulässige Berufung des Klägers ist mit dem Feststellungsbegehren im 4. Hilfsantrag begründet, im Übrigen ist sie unbegründet (A). Die ebenfalls zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet (B).
A.
I.
53 
Die Klage ist zulässig. Das gilt auch in Bezug auf die Modifizierung der Anträge durch die Klägerin im Berufungsverfahren; es kann dahinstehen, ob im Rechtssinne eine Klageänderung vorliegt und diese sachdienlich wäre (§ 91 Abs. 1 VwGO), da sich die Beklagte im Sinne des § 91 Abs. 2 VwGO auf die Klage mit den modifizierten Anträgen eingelassen hat, ohne zu widersprechen.
54 
1. Der Verwaltungsrechtsweg ist für die vorliegende Streitigkeit gegeben. Das Verwaltungsgericht hat die Rechtswegfrage im angefochtenen Urteil geprüft und bejaht, aber keine Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 GVG (i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO) getroffen, obwohl die Beklagte Bedenken gegenüber einer Bejahung des Verwaltungsrechtswegs geäußert hatte. Wären die von der Beklagten bekundeten Zweifel nicht als „Rüge“ im Sinne des § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG zu werten, hätte das Verwaltungsgericht keine Vorabentscheidung zum zulässigen Rechtsweg treffen müssen, so dass im Berufungsverfahren nicht mehr geprüft würde, ob der beschrittene (Verwaltungs-)Rechts-weg zulässig ist (§ 17a Abs. 5 GVG).
55 
Greift § 17a Abs. 5 GVG, wovon hier auszugehen ist, nicht ein, weil die Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 GVG trotz einer Rüge der Beklagten (vgl. Bl. 341 d. A. des VG) – zu Unrecht – unterblieben ist, ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn sich die Beteiligten um die Rechtsfolgen aus der Anwendung von Vorschriften des Öffentlichen Rechts streiten; maßgebend ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (Ehlers, in: ders./Schoch, Rechtsschutz im Öffentlichen Recht, 2009, § 21 RdNr. 66, m. w. Nachw.). Der Kläger stützt seinen Anspruch gegen die Beklagte auf Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen seines Abfallwirtschaftsbetriebs auf § 6 Abs. 4 Satz 5 der Verpackungsverordnung in der Fassung der Fünften Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung vom 2. April 2008 (BGBl I S. 531) – VerpackV 2008 –, der im wesentlichen § 6 Abs. 3 Satz 8 der Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung – VerpackV) vom 21. August 1998 (BGBl I S. 2379) – VerpackV 1998 – entspricht. Bei diesen Bestimmungen handelt es sich, ebenso wie bei § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008 (Recht der Systembetreiber auf Mitbenutzung von Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers), um Regelungen des Öffentlichen Rechts (OVG NW, Urteil vom 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – UA S. 11 f.; Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15). Berechtigtes Zuordnungssubjekt des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 ist ausschließlich der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und damit ein Träger von Hoheitsgewalt als solcher. Der Kläger nimmt damit das „Amtsrecht des Staates als Sonderrecht“ für sich in Anspruch (vgl. zu diesem Aspekt Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 77), stützt das Klagebegehren und den Klagegrund also nicht auf eine „Jedermann“ (als Privatrechtssubjekt) berechtigende Norm, so dass der Streit der Beteiligten um den geltend gemachten Mitbenutzungsanspruch als öffentlich-rechtliche Streitigkeit (nichtverfassungsrechtlicher Art) im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist (zur öffentlich-rechtlichen Natur des Mitbenutzungsanspruchs vgl. Roder, Die Verpackungsverordnung, 2009, § 6 RdNr. 58). Nichts anderes ergibt sich, falls als streitentscheidende Regelung zusätzlich die zwischen den Beteiligten bestehende „Abstimmungserklärung“ heranzuziehen sein sollte. Sie begründet ein Verwaltungsrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten als Voraussetzung für die Systemfeststellung nach § 6 Abs. 5 Satz 1 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 11 VerpackV 1998).
56 
Ebenfalls eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit (nichtverfassungsrechtlicher Art) im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, soweit die Beteiligten um den Abschluss eines Mitbenutzungsvertrages und insbesondere die Vereinbarung eines angemessenen Entgelts für die Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen des Klägers streiten. Der Kläger stützt auch den – von der Beklagten in Abrede gestellten – Anspruch auf Abschluss eines Mitbenutzungsvertrages auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, weil seiner Ansicht nach der Mitbenutzungsanspruch nur durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durchgesetzt werden kann. Streitentscheidende Norm ist demnach auch insoweit eine solche des Öffentlichen Rechts.
57 
Ob § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 tatsächlich die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche gewährt, ist eine Frage der Begründetheit der Klage. Selbst wenn die Bestimmung nicht als Anspruchsgrundlage qualifiziert werden könnte oder die Voraussetzungen der Norm nicht erfüllt sein sollten, änderte dies im Rahmen der Rechtswegprüfung nichts daran, dass der vorliegende Streit um die Auslegung und Anwendung des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 als öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist.
58 
2. Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil zu Recht seine örtliche Zuständigkeit gemäß § 52 Nr. 1 VwGO bejaht. Da sich das nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zu bestimmende Rechtsverhältnis immer auf eine konkrete Entsorgungsinfrastruktur eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in einem bestimmten (Kreis-)Gebiet bezieht, ist der Streit der Beteiligten mit einem ortsgebundenen Rechtsverhältnis im Sinne des § 52 Nr. 1 VwGO verknüpft.
59 
Sollten die im erstinstanzlichen Verfahren seitens der Beklagten geäußerten Bedenken gegenüber der örtlichen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Stuttgart nicht als „Rüge“ im Sinne des § 17a Abs. 3 Satz 2 VwGO (i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO) zu deuten sein, stellte sich die Zuständigkeitsfrage im Berufungsverfahren erst gar nicht (§ 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 5 GVG). Jedenfalls hat die Beklagte in der Berufungsinstanz ihre erstinstanzlich geäußerten Zweifel an der örtlichen gerichtlichen Zuständigkeit nicht wiederholt.
60 
3. Die Klage ist sowohl mit ihrem Hauptantrag als auch mit den Hilfsanträgen statthaft.
61 
a) Der Hauptantrag ist auf den Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrages gerichtet. Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe einer Willenserklärung, die zum Abschluss des der Berufungsbegründung vom Kläger beigefügten Vertrages über die Mitbenutzung der PPK-Entsorgungsinfrastruktur führt. Für ein derartiges Begehren ist die allgemeine Leistungsklage die statthafte Rechtsschutzform (Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Januar 2012, § 42 Abs. 1 RdNr. 153).
62 
b) Die Hilfsanträge sind in Gestalt der Feststellungsklage zulässig. Unter einem nach § 43 Abs. 1 VwGO feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (BVerwG, Urt. v. 28.1.2010 – 8 C 19/09 – E 136, 54, 57 RdNr. 24). Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein; für abstrakte, „gutachtliche“ Klärungen einer Rechtsfrage steht die Feststellungsklage nicht zur Verfügung. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis setzt zudem voraus, dass zwischen den Beteiligten des Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können (BVerwG, Urt. vom 25.3.2009 – 8 C 1/09 – NVwZ 2009, 1170).
63 
Diese Anforderungen des § 43 Abs. 1 VwGO sind hier erfüllt. Seit dem Jahr 2008 streiten die Beteiligten darüber, ob die Beklagte zur Mitbenutzung von Einrichtungen des Klägers zwecks Entsorgung von PPK-Abfällen verpflichtet ist und – gegebenenfalls – zu welchen Konditionen die Mitbenutzung erfolgt. Damit liegt ein Streit auf Grund eines konkreten Sachverhalts vor. Dieser Streit ist rechtlich nach Maßgabe des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zu beurteilen. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis besteht somit.
64 
Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert nicht etwa an § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Subsidiaritätsklausel steht im Dienste der Prozessökonomie und will unnötige Feststellungsklagen vermeiden, wenn für die Rechtsverfolgung eine andere sachnähere und wirksamere Klageart zur Verfügung steht, zumal der Feststellungsklage die Vollstreckbarkeit fehlt (BVerwG, Urt. v. 12.7.2000 – 7 C 3/00 – E 111, 306, 308; Senat, Urt. v. 24.4.1990 – 10 S 560/89 – NJW 1990, 2145). Andererseits ist § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO einschränkend auszulegen und anzuwenden; droht keine Umgehung der für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltenden Bestimmungen über Fristen und Vorverfahren, steht die Subsidiaritätsklausel der Feststellungsklage ebenso wenig entgegen wie in Fällen, in denen diese den effektiveren Rechtsschutz bietet (BVerwG, Urt. v. 5.12.2000 – 11 C 6/00 – E 112, 253, 256). So liegt der Fall hier: Eine Umgehungsgefahr in Bezug auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklage besteht von vornherein nicht, weil eine dieser Klagen für das Begehren des Klägers nicht in Betracht kommt. Die allgemeine Leistungsklage ist nicht die sachnähere und wirksamere Klageart zur Durchsetzung des vom Kläger geltend gemachten Mitbenutzungsanspruchs. Im Gegenteil, die Beteiligten, die in einem Dauerrechtsverhältnis zueinander stehen, sehen in dem vorliegenden Rechtsstreit – mit Blick auf andernorts geführte ähnliche Streitigkeiten zwischen der Beklagten und öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern – ein „Musterverfahren“ (Bl. 499 d. A. des VG). Angesichts der konkreten Umstände kann mit der Feststellungsklage der zwischen den Beteiligten seit mehreren Jahren anhaltende Streit am wirksamsten, da dauerhaft und nachhaltig, geklärt werden.
65 
Dem Kläger fehlt auch nicht das Feststellungsinteresse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Dafür genügt jedes anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, das hinreichend gewichtig ist, um die Position des Klägers zu verbessern (BVerwG, Urt. v. 27.6.1997 – 8 C 23/96 – NJW 1997, 3257, 3258). Das Gesetz verlangt, dass im konkreten Fall ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Bestehens des Rechtsverhältnisses zu bejahen ist (Senat, Urt. v. 9.1.2007 – 10 S 1386/06 – NJW 2007, 1706, 1708). Am Vorliegen dieser Voraussetzungen besteht kein Zweifel. Der Kläger hat sowohl ein rechtliches als auch ein wirtschaftliches Interesse an der autoritativ verbindlichen gerichtlichen Klärung der mit der Beklagten bestehenden Streitfragen. Dass das Interesse an der „baldigen“ Feststellung des Rechtsverhältnisses anzuerkennen ist, liegt angesichts des nun bereits über mehr als vier Jahre währenden Streits zwischen den Beteiligten auf der Hand.4. Der Kläger ist analog § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Dafür genügt die Möglichkeit, dass der Kläger von der Beklagten das verlangte Verhalten (Abgabe der Willenserklärung zum Vertragsschluss, Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen zu den gewünschten Bedingungen) rechtlich einfordern kann. Diese Möglichkeit ergibt sich aus Bundesrecht, nämlich der in § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 getroffenen Regelung. Danach kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass dem Kläger die von ihm geltend gemachten subjektiven Rechte zustehen. Weitergehende Anforderungen an die Klagebefugnis bestehen nicht.
66 
5. Dem Kläger ist schließlich das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm erhobene Klage zuzuerkennen. An der „Inanspruchnahme der falschen Gerichtsbarkeit“ (dazu Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 191) scheitert das Rechtsschutzbedürfnis entgegen der Auffassung der Beklagten schon deshalb nicht, weil der Kläger die von ihm geltend gemachten Rechte aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nur im Verwaltungsrechtsweg verfolgen kann; der Zivilrechtsweg (§ 13 GVG) steht insoweit von vornherein nicht offen. Ob es dem Kläger „eigentlich“ um ein bestimmtes Entgelt für die Mitbenutzung seiner Entsorgungseinrichtungen durch die Beklagte geht, ist in diesem Rechtsstreit ohne Bedeutung. Der Kläger hat eine Zahlungsklage gegen die Beklagte nicht erhoben. Der Gegenstand der Klage wird vom Kläger bestimmt (§ 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies ist – auch – vom Gericht zu respektieren (vgl. § 88 VwGO).
67 
Das Rechtsschutzbedürfnis scheitert nicht daran, dass der Kläger sein Rechtsschutzziel auf andere Weise schneller, günstiger, einfacher durchsetzen könnte. Das wäre der Fall, wenn der Kläger seine auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 gestützten Ansprüche durch Erlass eines Verwaltungsakts titulieren und erforderlichenfalls im Wege der Verwaltungsvollstreckung realisieren könnte (vgl. Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 189). Ein derartiges Vorgehen setzt allerdings voraus, dass die maßgebliche Rechtsnorm, hier also § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, oder eine spezielle Regelung zur behördlichen Handlungsform dem Verwaltungsträger die Befugnis einräumt, ein von ihm geltend gemachtes Recht einseitig durch Verwaltungsakt geltend machen und durchsetzen zu können (Senat, Beschl. v. 29.12.1989 – 10 S 2252/89 – VBlBW 1990, 225, 226; OVG LSA, Urt. v. 29.3.2006 – 1 L 149/03LKV 2006, 520, 521). Dem Wortlaut des § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 VerpackV 1998) wird unter Hinweis auf die verordnungsrechtlich mehrfach eingeforderte „Abstimmung“ von Verhaltensweisen („Kooperationsprinzip“) eine derartige Verwaltungsakt-Befugnis des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers abgesprochen (ausführlich VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 – 17 L 3190/04 – juris RdNr. 66 ff.; ferner Müller/Rindfleisch, LKV 2006, 399, 401; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 58). Die Beklagte selbst stellt einseitige Regelungsbefugnisse des Klägers nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 in Abrede. Auch Sinn und Zweck der Bestimmung – Schutz der kommunalen Abfallwirtschaft gegenüber Nachteilen (BR-Drucks. 236/91 S. 16 zu der Vorgängerregelung in § 6 Abs. 3 Satz 5 VerpackV 1991) – kann nicht entnommen werden, dass der Verwaltungsträger befugt sein soll, einen Mitbenutzungsvertrag mit dem Dualen System durch Verwaltungsakt zu dekretieren.
68 
Entgegen der Ansicht der Beklagten scheitert das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers auch nicht an der „Nutzlosigkeit des Rechtsschutzes“ (zu dieser Kategorie Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 195). Das wäre nur der Fall, wenn sich die Rechtsstellung des Rechtsschutzsuchenden selbst im Falle eines Klageerfolges nicht verbessern würde. Davon kann hier keine Rede sein. Schon wenn einer der Hilfsanträge erfolgreich wäre, träte beim Kläger eine Verbesserung seiner rechtlichen Position ein, weil die von der Beklagten bestrittene Mitbenutzungspflicht gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 gerichtlich festgestellt wäre. Hätte sogar der Hauptsacheantrag Erfolg, würde sich die Stellung des Klägers außerdem dadurch verbessern, dass er seinen Vertragsentwurf durchgesetzt hätte und die Beklagte verpflichtet wäre, fortan nach den vom Kläger entworfenen vertraglichen Regeln zu handeln. Der angestrebte Rechtsschutz kann dem Kläger demnach im Erfolgsfall in doppelter Hinsicht von Nutzen sein.
II.
69 
Die Klage ist (nur) begründet, soweit der Kläger die gerichtliche Feststellung zur Mitbenutzung seiner Entsorgungseinrichtungen und zur Entrichtung eines angemessenen Entgelts nach näherer Maßgabe des 4. Hilfsantrags begehrt; im Übrigen ist die Klage unbegründet.
70 
1. Die auf den Abschluss eines Mitbenutzungsvertrags – im Sinne des vom Kläger mit der Berufungsbegründung vorgelegten Entwurfs – zielende Leistungsklage ist unbegründet. Zwar scheitert der mit der Klage gerichtlich geltend gemachte Anspruch nicht schon daran, dass überhaupt keine Anspruchsgrundlage existierte (a); jedoch ist der vom Kläger vorgelegte Vertrag(sentwurf) von der ihn begünstigenden Regelung der Verpackungsverordnung nicht dergestalt gedeckt, dass von der Beklagten die Abgabe der zum Vertragsschluss notwendigen Willenserklärung verlangt werden kann (b).
71 
a) Zur Herleitung des von ihm geltend gemachten Anspruchs beruft sich der Kläger auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008. Danach kann ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger – von dem System(betreiber) gemäß § 6 Abs. 3 VerpackV 2008 – die Mitbenutzung der Einrichtungen, die für die Sammlung von Materialien der im Anhang I (zu § 6) genannten Art erforderlich sind, gegen ein angemessenes Entgelt verlangen. Diese Bestimmung entspricht § 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998, mit dem einzigen Unterschied, dass sich die Erforderlichkeit nach dieser früheren Fassung nicht nur auf die „Sammlung von Materialien“, sondern auch noch auf die „Sortierung von Materialien“ bezogen hatte. Zu erklären ist die Streichung der „Sortierung“ aus dem Verordnungstext mit der Herausnahme von Verwertungssystemen aus der Abstimmungsverpflichtung (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14), die § 6 Abs. 3 Satz 4 VerpackV 1998 – anders als § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 – noch vorgesehen hatte. Die Rechtsqualität der alten wie der geltenden Norm als subjektives öffentliches Recht bleibt davon unberührt.
72 
aa) Schon der Wortlaut „können … verlangen“ macht deutlich, dass § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998) den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern eine subjektive Rechtsstellung einräumt, die einen Anspruch begründet (Hendler/Belz, GewArch 2009, 5, 8; Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14; Bonk, Die Rechtsstellung der Kommunen nach der Verpackungsverordnung vom 21. August 1998 (BGBl I S. 2379), VKS Dokumentation 2/99, S. 27 f.; Flanderka/Stroetmann/Sieberger, Verpackungsverordnung, 3. Aufl. 2009, § 6 RdNr. 72; ebenso zu § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008/§ 6 Abs. 3 Satz 4 VerpackV 1998 OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1426; ferner VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 – 17 L 3190/04 – juris RdNr. 66). Dass das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, als „Anspruch“ zu qualifizieren ist, macht § 194 Abs. 1 BGB – für die gesamte Rechtsordnung – unmissverständlich deutlich. Im Rechtssinne stellt § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998) demnach eine Anspruchsgrundlage dar.
73 
bb) Die Entstehungsgeschichte bestätigt den Schutznormcharakter der Regelung zu Gunsten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Ein subjektives Recht ist gegeben, wenn eine Norm nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern – zumindest auch – dem Interesse Einzelner zu dienen bestimmt ist; über die Gewährung subjektiver Rechte entscheidet der Normgeber (Masing, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2. Aufl. 2012, § 7 RdNr. 106 f.). Der Mitbenutzungsanspruch entsorgungspflichtiger Körperschaften hatte bereits Eingang in die Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung – VerpackV) vom 12. Juni 1991 (BGBl I S. 1234) gefunden (§ 6 Abs. 3 Satz 5 VerpackV 1991). Im Verordnungsentwurf der Bundesregierung war die Regelung noch nicht enthalten (vgl. BR-Drucks. 817/90 S. 7); sie ist erst auf Grund eines Vorstoßes des Bundesrates in die Verpackungsverordnung aufgenommen worden, und zwar mit der Begründung: „Die Regelung ist geboten, um wirtschaftliche Nachteile zulasten derjenigen kommunalen Gebietskörperschaften zu verhindern, die die genannten Systeme der kommunalen Abfallwirtschaft eingerichtet haben.“ (BR-Drucks. 236/91 S. 16). Der Schutzzweck der Mitbenutzungsvorschrift (§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, § 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998, § 6 Abs. 3 Satz 5 VerpackV 1991) zu Gunsten kommunaler Entsorgungsträger liegt danach auf der Hand.
74 
cc) Die systematische Auslegung bestätigt den Befund. Erstmals mit der Fünften Novelle der Verpackungsverordnung ist auch dem Systembetreiber ein Mitbenutzungsanspruch eingeräumt worden. Nach § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008 können Systembetreiber von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern verlangen, ihnen die Mitbenutzung ihrer Einrichtung gegen ein angemessenes Entgelt zu gestatten (vgl. zur Funktion dieser Neuregelung BT-Drucks. 16/7954 S. 21). Im Rechtssinne handelt es sich bei dieser Bestimmung um einen Mitbenutzungsanspruch des Systembetreibers (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 60). Angesichts des „Komplementärcharakters“ der Neuregelung zur vorausgegangenen Vorschrift (so Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 73) gibt es keinen vernünftigen Zweifel daran, dass beide Bestimmungen dieselbe rechtliche Qualität aufweisen: § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998) und § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008 stellen im Rechtssinne Anspruchsgrundlagen dar.
75 
b) Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Abschluss des mit der Berufungsbegründung vorgelegten Mitbenutzungsvertrages besteht – jedenfalls deshalb – nicht, weil er von § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht gedeckt ist (bb). Zweifel bestehen allerdings bereits in Bezug auf den geforderten Vertragsabschluss als solchen (aa).
76 
aa) Der Anspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zielt auf die „Mitbenutzung“ bestimmter kommunaler Entsorgungseinrichtungen und auf ein „angemessenes Entgelt“, das der Systembetreiber (§ 6 Abs. 3 VerpackV 2008) dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die Mitbenutzung der Einrichtungen leistet. Der Kläger begehrt indes auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 den Abschluss eines Vertrages. Diesen Anspruchsinhalt kennt die Bestimmung nicht. Das Begehren liegt deshalb außerhalb der im Verordnungstext vorgesehenen Rechtsfolge und ist vom Wortlaut der Bestimmung nicht gedeckt.
77 
Der Kläger meint, der Mitbenutzungsanspruch könne nur durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durchgesetzt werden; zudem sei die Angemessenheit des Entgelts für die Benutzung der kommunalen Entsorgungseinrichtungen ein untrennbarer Bestandteil des Mitbenutzungsanspruchs. Zwingend ist das nicht. Die Systematik des § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 lässt auch die Deutung zu, dass die Mitbenutzung der kommunalen Entsorgungseinrichtungen – ohne gesonderten Vertrag – durch den Systembetreiber rein tatsächlich erfolgt oder, sofern eine rechtliche Absicherung des Realgeschehens vorgenommen wird, die entsprechende Regelung in der Abstimmungsvereinbarung (§ 6 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 VerpackV 2008) getroffen wird. Dem Verordnungstext lässt sich auch kaum ein Junktim zwischen der „Mitbenutzung“ und dem „angemessenen Entgelt“ entnehmen. Indem nach Ermessen („können“) zu entscheiden ist, ob die Mitbenutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen vom Systembetreiber verlangt wird und ob dafür ein (vertraglich vereinbartes) angemessenes Entgelt eingefordert werden soll, eröffnet § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Auf einen gesonderten Vertragsabschluss ist die Bestimmung nicht unbedingt ausgerichtet. In den Materialien findet sich dazu kein Hinweis (vgl. BR-Drucks. 236/91 S. 16 zur VerpackV 1991; BT-Drucks. 13/10943 S. 19, 26 und 34 zur VerpackV 1998; BT-Drucks. 16/7954 S. 15 und 21 zur VerpackV 2008).
78 
Der Senat verkennt nicht, dass die skizzierte Rechtslage unbefriedigend und die Verpackungsverordnung in dem hier relevanten Punkt wenig anwendungsfreundlich ausgestaltet ist, weil der Abschluss eines Vertrages, der – sofern zur Rechtsnatur nichts anderes vereinbart würde – öffentlich-rechtlicher Natur wäre (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15), für die praktische Handhabung des § 6 Abs. 4 Satz 5 (und Satz 6) VerpackV 2008 zweckmäßig sein könnte und zur Rechtssicherheit beitrüge. Die Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 25 Abs. 2 LV BW) erlaubt es dem Senat jedoch nicht, in § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 ein bestimmtes Handlungsformgebot hineinzuinterpretieren, für das es keinen rechtlichen Anhaltspunkt in der Verpackungsverordnung bzw. in den Materialien gibt. Das gilt umso mehr, als der Verordnungsgeber ausweislich der in § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 zur „Abstimmung“ getroffenen Vorschriften deutlich gemacht hat, wann welche formalen Vorgaben im Verhältnis zwischen dem Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger einzuhalten sind.
79 
bb) Die Frage des Vertragsschlusses (in der Form des § 57 LVwVfG) kann letztlich offen bleiben, da der Kläger einen Vertrag einfordert, der inhaltlich über die Maßgaben des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 hinausgeht. Auf freiwilliger Basis können die Beteiligten eine derartige Vereinbarung als Austauschvertrag (§ 56 LVwVfG) treffen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen (§ 54 Satz 1 LVwVfG). Beanspruchen kann der Kläger nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 jedoch nur eine solche Übereinkunft, die sich im Rahmen der Verordnungsbestimmung hält und bezüglich derer die Verhandlungen und Gestaltungsspielräume (mit dem potentiellen Vertragspartner) dergestalt eingeschränkt sind, dass allein die begehrte Vereinbarung den widerstreitenden Interessen angemessen Geltung (vgl. § 56 Abs. 1 S. 2 LVwVfG) verschafft (ebenso zum Anspruch auf Abschluss einer Abstimmungsvereinbarung zur Mitbenutzung der „Blauen Tonnen“ OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1428). Davon kann hier keine Rede sein. Der Senat konzentriert seine Ausführungen auf einige wesentliche Punkte.
80 
(1) Nach § 2 Abs. 4 des vom Kläger vorgelegten Vertragsentwurfs liegt die Ausgestaltung des Erfassungssystems im alleinigen Ermessen des Landkreises, also des Klägers. Es erschließt sich nicht von selbst, warum in diesem wichtigen Punkt nicht das Einvernehmen oder wenigstens das Benehmen mit dem Vertragspartner, d. h. der Beklagten, hergestellt werden muss. Der Senat vermag nicht zu erkennen, zumal zu diesem Regelungsvorschlag keine Begründung ersichtlich ist, warum von der Beklagten das Einverständnis mit einem so einseitigen „Bestimmungsrecht“ des Klägers nach §§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 geschuldet sein soll.
81 
(2) Die Regelung (§ 3 des Vertragsentwurfs) zur Überlassung eines Teils des unsortierten Sammelgemischs an die..., also die Beklagte, könnte auf freiwilliger Basis getroffen werden. Aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 lässt sich der Vorschlag des Klägers nicht ohne weiteres und schon gar nicht zwingend ableiten; das betrifft sowohl Inhalt und Umfang der Überlassung als auch deren Modalitäten. Denkbar ist zudem auch eine Vereinbarung, die die Abfallverwertung bezüglich der PPK-Abfälle zu 100% dem Kläger überlässt und die Beklagte zu einem bestimmten Prozentsatz am Verwertungserlös beteiligt.
82 
Damit ist nichts zur Zweckmäßigkeit oder Vernünftigkeit der vom Kläger vorgeschlagenen Regelung ausgesagt. Dies zu beurteilen, ist nicht die Aufgabe des Senats im vorliegenden Rechtsstreit, sondern Angelegenheit der (potentiellen) Vertragspartner. Da der Kläger jedoch die Verurteilung der Beklagten zum Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrages begehrt, so dass bei einer erfolgreichen Leistungsklage der Beklagten ein Vertrag mit einem bestimmten Inhalt aufgezwungen würde, muss zur Überzeugung des Senats zweifelsfrei feststehen, dass zur Ausbalancierung der konfligierenden Interessen allein die vom Kläger vorgeschlagene Regelung in Betracht kommt. Derartiges lässt sich in Bezug auf § 3 des Vertragsentwurfs § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht entnehmen.
83 
(3) Der Vertrag soll nach den Vorstellungen des Klägers unbefristet geschlossen werden; ein Kündigungsrecht wird nur dem Landkreis, also dem Kläger, eingeräumt (§ 5 des Vertragsentwurfs), nicht jedoch der... (d. h. der Beklagten). Eine solche Verteilung von Rechten und Pflichten in Bezug auf die Vertragsdauer lässt sich – gleichsam alternativlos – aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht herleiten, so dass auch von daher die begehrte Abgabe der Willenserklärung der Beklagten zum Vertragsschluss nicht verlangt werden kann. Zwar wendet der Kläger – insoweit zutreffend (vgl. unten II. 2. a cc (2) und ee) – ein, dass die Abstimmung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008) eine Dauerpflicht sei; daraus folgt aber nicht zwingend, dass die Mitbenutzung im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 ebenfalls als eine auf Dauer angelegte, unbefristete und ohne Kündigungsrecht des Systembetreibers ausgestaltete Pflicht reglementiert werden muss. Ein derartiges Junktim, das der Kläger postuliert, ist weder von der Verpackungsverordnung vorgegeben (a) noch ohne weiteres mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen des Verwaltungsvertragsrechts zu vereinbaren (b).
84 
(a) § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 unterscheidet rechtlich eindeutig zwischen „Abstimmung“ (bezogen auf das Verhältnis zwischen dem Dualen System im Sinne des § 6 Abs. 3 VerpackV 2008 und vorhandenen Sammelsystemen öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) und „Mitbenutzung“ (jener Sammelsysteme durch den privaten Systembetreiber). Ob diese Differenzierung zweckmäßig ist und die Ebene der „Mitbenutzung“ vom Verordnungsgeber sachlich sinnvoll und praktisch handhabbar ausgestaltet worden ist, hat der Senat nicht zu entscheiden; dass Zweifel insoweit angebracht sind, zeigt der vorliegende Rechtsstreit.
85 
Hintergrund des geltenden Rechts ist die mit der Verpackungsverordnung getroffene konzeptionelle Entscheidung, die Aufgabe der Entsorgung gebrauchter Verpackungen aus dem Bereich der öffentlichen Abfallentsorgung herauszunehmen und der Privatwirtschaft zuzuordnen, die die Erfassung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher (sowie die Verwertung der Abfälle) einem behördlich festgestellten System überträgt, das verordnungsrechtlich einem abfallrechtlichen Sonderregime untersteht (HessVGH, Beschl. v. 20.8.1999 – 8 TG 3140/98 – NVwZ 2000, 92, 94 und 95; HessVGH, Urt. v. 16.7.2003 – 6 UE 3127/01 – GewArch 2004, 36, 37 = ZUR 2004, 42, 43). Diese Systementscheidung hat der (Gesetz- bzw.) Verordnungsgeber jedoch nicht mit einem Wegfall der Zuständigkeit öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für die Entsorgung verwertbarer Verkaufsverpackungen aus privaten Haushalten verknüpft. Im Gegenteil, mangels Einführung eines Anschluss- und Benutzungszwangs hinsichtlich des privatwirtschaftlich organisierten Dualen Systems bleiben die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die nicht an das private System zurückgegebenen Verpackungsabfälle nach § 20 Abs. 1 KrWG n. F. (subsidiär) zuständig und müssen insoweit ihrer gesetzlichen Entsorgungspflicht nachkommen (VG Gießen, Urt. v. 31.1.2001 – 6 E 1972/97 – NVwZ 2002, 238, 239; Baars, NVwZ 2000, 42, 44; ders., NVwZ 2002, 309; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 50). Diese „latente“ Entsorgungspflicht der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (so Baars, in: Fluck, KrW-/AbfG, 63. Lfg. Mai 2006, § 6 VerpackV RdNr. 105) bedingt die Vorhaltung eigener kommunaler Sammelsysteme. Idealtypisch ist in der Verpackungsverordnung das Nebeneinander von privater und öffentlicher Abfallwirtschaft angelegt, so dass zwei operativ agierende Systeme bestehen könn(t)en. Selbst der Kläger hat noch in der Klageschrift – allerdings überspitzt und in der Absolutheit, wie dargestellt, unzutreffend – die „alleinige Verantwortlichkeit der Systembetreiber für die in der Entsorgungsinfrastruktur erfassten Verkaufsverpackungen“ sowie „keine Entsorgungsverantwortlichkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers“ postuliert (Bl. 55 d. A. des VG). Operativ tätig werdende Sammelsysteme privater Systembetreiber sind in der Verpackungsverordnung angelegt und durch § 6 Abs. 3 VerpackV sogar nahegelegt. Vor diesem Hintergrund ist die beinahe „absolute“ Bindung an die Entsorgungsinfrastruktur des Klägers, die § 5 des Vertragsentwurfs versucht, im Sinne einer rechtlich gebotenen Pflichtigkeit der Beklagten mit der Verpackungsverordnung kaum zu vereinbaren, jedenfalls aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht herzuleiten.
86 
Die Abstimmungspflicht nach § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 besteht unabhängig davon, ob der Systembetreiber selbst mit einem eigenen Sammelsystemen operativ tätig wird oder die vorhandene kommunale Entsorgungsinfrastruktur mitbenutzt. Das aber bedeutet, dass der Systembetreiber verordnungsrechtlich frei darin ist, ein eigenes Sammelsystem einzurichten oder Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers mitzubenutzen (vgl. § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008, der jene Option voraussetzt, weil das in der Bestimmung normierte Wahlrecht ansonsten keinen Sinn macht). Ob und wie sich der Systembetreiber durch die Abstimmung (Abstimmungserklärung oder Abstimmungsvereinbarung, dazu unten II. 2. a dd) an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bindet (dazu unten II. 2. a ee), ist auf einer anderen rechtlichen Ebene angesiedelt. § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass der Systembetreiber seine verordnungsrechtlich begründete Wahlfreiheit aufgeben und in einemMitbenutzungsvertrag eine Vereinbarung eingehen muss, wie sie der Kläger in § 5 seines Vertragsentwurfs vorschlägt.
87 
(b) Angesichts der Lückenhaftigkeit des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 in Bezug auf Mitbenutzungsregelungen, die der Systembetreiber und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger vereinbaren (können), ist zur Vervollständigung der rechtlichen Rahmenbedingungen ergänzend auf §§ 54 ff. LVwVfG zurückzugreifen. Der Senat lässt offen, ob der Kläger mit seinem Vertragsentwurf die Anforderungen des § 56 LVwVfG (hinreichend) beachtet hat. Der Regelungsvorschlag des Klägers zu Vertragsdauer und Kündigung (§ 5 des Entwurfs) steht jedenfalls nicht in Einklang mit § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG, der jeder Vertragspartei ein Kündigungsrecht einräumt. Diese Bestimmung enthält zwingendes Recht, das durch Vertrag nicht abbedungen werden kann und nur durch vorrangige Spezialregelungen verdrängt wird (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 60 RdNr. 6; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 60 RdNr. 1). Eine derartige Spezialbestimmung kann (möglicherweise) in § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008 gesehen werden. Diese Vorschrift betrifft indes allein die Abstimmung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008), nicht aber dieMitbenutzung (§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008), um die allein es im vorliegenden Zusammenhang geht. Auch vor dem Hintergrund des § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG ist demnach nicht zu erkennen, wie die Beklagte gegen ihren Willen zu der vom Kläger vorgeschlagenen Regelung in § 5 des Vertragsentwurfs gezwungen werden kann.
88 
(4) Der Senat kann offen lassen, wie weitere der vom Kläger angestrebten vertraglichen Regelungen rechtlich zu beurteilen sind. Am Beispiel von drei Einzelregelungen hat die Prüfung ergeben, dass diese (Entwurfs-)Be-stimmungen auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht eingefordert werden können. Da mit dem Hauptantrag die Verurteilung der Beklagten begehrt wird, „den“ als Anlage 1 zur Berufungsbegründungsschrift vorgelegten Vertrag zu schließen, genügt zur Abweisung der Klage insoweit, dass eine bestimmte vertragliche Regelung von der Beklagten nicht geschuldet ist. Dieser Befund hat sich hier gleich in drei Punkten herausgestellt. Der Kläger kann daher von der Beklagten die Abgabe der eingeforderten Willenserklärung zum Vertragsschluss nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht beanspruchen. Der Hauptantrag ist unbegründet.
89 
2. Die Klage ist begründet, soweit der Kläger mit dem 4. Hilfsantrag die Mitbenutzung der in dem Antrag aufgelisteten Entsorgungseinrichtungen und die Pflicht der Beklagten zur Entrichtung eines in Anlehnung an kommunalabgabenrechtliche Kalkulationsgrundsätze und unter Berücksichtigung des Kooperationsprinzips zu berechnenden angemessenen Entgelts festgestellt wissen will. Den ersten drei Hilfsanträgen muss der Erfolg versagt bleiben. Der 5. Hilfsantrag ist nicht zu bescheiden, da der 4. Hilfsantrag Erfolg hat.
90 
a) Die Pflicht der Beklagten zur Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen des Klägers für die PPK-Abfälle ergibt sich aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008.
91 
aa) Der Kläger ist berechtigt, die Mitbenutzungspflicht einzufordern. Er ist in seinem Landkreisgebiet „öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger“. Dies ergibt sich aus § 20 i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG und § 6 Abs. 1 LAbfG.
92 
bb) Die Mitbenutzungspflicht trifft das „System“ im Sinne des § 6 Abs. 3 VerpackV 2008, also den Systembetreiber (vgl. Satz 2). Das ist die Beklagte. Die am 22. Dezember 1992 vom Umweltministerium Baden-Württemberg nach § 6 Abs. 3 VerpackV 1991 getroffene Systemfeststellung („regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim Endverbraucher oder in der Nähe des Endverbrauchers in ausreichender Weise gewährleistet“) gilt nach wie vor. Die Feststellung der „Rechtstatsache“ (so Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 82) hat bislang keine Änderung erfahren. Die Systemfeststellung, die rechtsdogmatisch einen begünstigenden Verwaltungsakt darstellt (HessVGH, Beschl. v. 20.8.1999 – 8 TG 3140/98 – NVwZ 2000, 92, 93 f.; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 70), bleibt wirksam (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), solange sie nicht widerrufen ist (vgl. § 6 Abs. 6 VerpackV 2008). Ein Widerruf ist bislang nicht ausgesprochen worden. Dies hat das Landesumweltministerium (gegenüber dem Kläger) ausdrücklich bestätigt.
93 
cc) Gegenstand der Mitbenutzung sind gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 „Einrichtungen“ des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Die vom Kläger im 4. Hilfsantrag vorgenommene Auflistung (Container, Müllgroßbehälter, Sammelfahrzeuge – jeweils mit genauer Spezifizierung) erfüllt diese Voraussetzung.
94 
(1) Die von der Beklagten erhobenen Einwände, die darauf hinauslaufen, nur die Erfassungsgefäße dem Begriff der Einrichtung zuzuordnen, überzeugen nicht. Der Begriff „Einrichtungen“ ist in einem weiten Sinne zu verstehen und umfasst als Sachgesamtheit sächliche und personelle Substrate, die in einem funktionalen Sinne der „Sammlung“ gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 dienen (Bonk a.a.O. S. 28). Es geht um Einrichtungen der Kommune als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger. Folglich ist zur Begriffsbestimmung, da die Verpackungsverordnung dazu nichts sagt, auf das kommunalrechtliche Verständnis des Begriffs „Einrichtung“ (§ 10 Abs. 2 S. 1 GemO, § 2 Abs. 2 LKrO) zurückzugreifen. Darunter ist eine organisatorische Zusammenfassung sächlicher und personeller Mittel zu verstehen, welche die kommunale Körperschaft im Rahmen ihrer Aufgaben geschaffen hat und Berechtigten zur unmittelbaren Benutzung zur Verfügung stellt (VGH BW, Urt. v. 9.1.1996 – 2 S 2757/95 – NVwZ-RR 1997, 123).
95 
Abfallrechtlich korrespondiert mit diesem weiten Begriffsverständnis am ehesten der Begriff „Sammelsysteme“ (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008), der offenbar in der Sache nichts anderes meint als der Begriff „Einrichtungen“. Zutreffend wird im Schrifttum betont, dass „Einrichtungen“ nach der Systematik der Verpackungsverordnung alle Bestandteile des öffentlichen Sammelsystems im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 sind (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14). Es ist vor diesem Hintergrund nicht zweifelhaft, dass die vom Kläger aufgelisteten Vorrichtungen (Container, Müllgroßbehälter, Sammelfahrzeuge) und die zur Sammlung der PPK-Abfälle einzusetzenden Personen „Einrichtungen“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 sind. Davon geht letztlich auch die Beklagte in ihrem im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Antrag (Bl. 159 f. d. A.) aus. Unberührt von der Begriffsbestimmung bleibt die – eigenständig zu beantwortende (vgl. unten II. 2. a dd) – Frage nach der „Erforderlichkeit“ der Mitbenutzung.
96 
(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht etwa „einrichtungsbezogen“ dergestalt restriktiv zu deuten, dass tatbestandlich nur solche „Einrichtungen“ erfasst würden, in die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger schonvor Einrichtung eines Dualen Systems investiert hatte. Diese Ansicht wird – unter Hinweis auf den Wortlaut des § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 („vorhandene“ Sammelsysteme) und den vom Bundesrat 1991 intendierten Investitionsschutz der Kommunen (BR-Drucks. 236/91 S. 16) – zur gebotenen Abstimmung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008) in Rechtsprechung und Schrifttum ebenfalls vertreten (VG Würzburg, Urt. v. 25.10.2005 – W 4 K 05.411 – juris RdNr. 58, 60; Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 68; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 57). Dieser Prämisse folgt die These, da der Mitbenutzungsanspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht weiter gehen könne als die Abstimmungsverpflichtung nach § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008, sei sie grundsätzlich auf die im Zeitpunkt der Systemeinrichtung vorhandenen Sammeleinrichtungen beschränkt (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 58, mit Relativierung zur Erneuerung von Sammelbehältnissen). Nach diesem restriktiven Verständnis könnte die Mitbenutzungspflicht bezüglich der im Jahr 2008 vom Kläger eingeführten „Blauen Tonnen“ in Frage gestellt werden.
97 
Diese Auffassung verkennt, dass es sich bei dem Rechtsverhältnis zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem Systembetreiber um ein Dauerrechtsverhältnis handelt, so dass sich eine statische Betrachtung von vornherein verbietet (OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1427). Dass die Verpackungsverordnung selbst von einer Dauerrechtsbeziehung ausgeht, ergibt sich unzweideutig aus § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008; denn die Anpassungsklausel macht nur Sinn, wenn und weil die Abstimmung kein punktuelles Ereignis ist. Es macht auch wenig Sinn, der Fünften Novelle zur Verpackungsverordnung von 2008 zu unterstellen, der Begriff „vorhanden“ beziehe sich auf die Anfang der 1990er Jahre existenten Sammelsysteme (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14, nennt eine solche Deutung „unsinnig“). Der Begriff „vorhanden“ lässt sich in zeitlicher Hinsicht sinnvoll nur so verstehen, dass es auf den Zeitpunkt und Zeitraum der Abstimmung bzw. (im vorliegenden Zusammenhang) der Mitbenutzung(sregelung) ankommt. Beim Neuerlass der Verpackungsverordnung 1998 hat der Bundesrat zur Begründung der von ihm durchgesetzten Einfügung der Sätze 3 bis 8 in § 6 Abs. 3 VerpackV 1998 zutreffend die „ständige Abstimmung zwischen einem privaten Systembetreiber und der Kommune“ eingefordert, weil nur so eine ordnungsgemäße Entsorgung von Verpackungsabfällen gewährleistet werden könne (BT-Drucks. 13/10943 S. 34). Dies macht deutlich, dass der entstehungsgeschichtliche Hinweis zur Verpackungsverordnung 1991 Sinn und Zweck der Abstimmung nach den Verpackungsverordnungen 1998 und 2008 nicht vollständig erfasst (OVG NW a.a.O.; ferner Bonk a.a.O. S. 26: „kein bundesrechtliches Verbot zum Ausbau und zur Neugründung bisher nicht vorhandener öffentlich-rechtlicher Entsorgungssysteme“). Nichts anderes gilt für die Mitbenutzung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, zumal der Verordnungstext dazu nicht einmal die Einschränkung „vorhandene“ Einrichtungen vornimmt.
98 
dd) Die vom Kläger verlangte Mitbenutzung seiner Einrichtungen ist im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 für die Sammlung von Materialien der in Anhang I zu § 6 genannten Art auch „erforderlich“. Die Mitbenutzung muss nicht etwa, wie die Beklagte meint, „unerlässlich“ sein. Dies fordert der Verordnungstext gerade nicht. Zudem kommt es bei der Beurteilung dessen, was „erforderlich“ ist, nicht einseitig auf die Sicht des Systembetreibers an; zur Beurteilung ist ein objektiver Maßstab heranzuziehen (Bonk a.a.O. S. 28). Danach ist die „Erforderlichkeit“ – jedenfalls – dann zu bejahen, wenn die Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers für die (Mit-)Er-fassung von Verkaufsverpackungen tatsächlich benötigt werden (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15). Das ist hier schon deshalb der Fall, weil die Beklagte im Entsorgungsgebiet des Klägers über ein eigenes, operativ agierendes PPK-Erfassungssystem nicht verfügt. Die Beklagte ist auf die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers daher angewiesen.
99 
Hiergegen verfängt der Einwand der Beklagten, sie könne ein eigenes Sammelsystem aufbauen und die Sammlung der PPK-Fraktion selbst durchführen, nicht. Das mag technisch möglich sein. Um die „Erforderlichkeit“ gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 verneinen zu können, muss die Einrichtung eines eigenen Sammelsystems der Beklagten jedoch auch rechtlich möglich sein. Daran fehlt es hier. In der „Abstimmungserklärung“ der Beteiligten vom 2./14. Juli 1992 ist unter III. 1. in Satz 1 und 2 bestimmt:
100 
„Für den Bürger gibt es nur ein einheitliches Wertstofferfassungssystem. Das Duale System sammelt alle gebrauchten Verkaufsverpackungen unabhängig von der Kennzeichnung mit dem Lizenzzeichen ‘Grüner Punkt‘ ein sowie nach näherer Absprache zwischen dem Landkreis ... und der ..., die auch einen Kostenausgleich erhält, auch alle anderen Wertstoffe, die für den gleichen Verwertungsweg wie die einschlägigen Verpackungsmaterialien geeignet sind.“
101 
Der Senat kann unentschieden lassen, wie diese „Abstimmungserklärung“, die von Vertretern beider Seiten unterzeichnet worden ist (Landrat für den Kläger, Geschäftsführer für die Beklagte), rechtsdogmatisch einzuordnen ist. Die Verpackungsverordnung normiert für die „Abstimmung“ keine bestimmte (verwaltungsrechtliche) Handlungsform (vgl. § 6 Abs. 4 S. 1 bis 3 VerpackV 2008); damit besteht Wahlfreiheit zwischen einem Abstimmungsvertrag und einer einseitigen Abstimmungserklärung (Müller/Rindfleisch, LKV 2006, 399, 400; Bonk a.a.O. S. 24 f.). In jedem Fall führt die getroffene „Abstimmung“ zu einer verwaltungsrechtlichen Sonderverbindung („verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis“), die ein Dauerrechtsverhältnis darstellt (OVG NW a.a.O.; Baars, NVwZ 2000, 42, 43; Bonk a.a.O. S. 33 und S. 44). Solange eine getroffene „Abstimmung“ nicht geändert, gekündigt oder auf andere Weise aufgehoben worden ist, gilt sie fort und bestimmt die Rechte und Pflichten der Beteiligten im betroffenen Entsorgungsgebiet (VG Würzburg, Urt. v. 25.10.2005 – W 4 K 05.411 – juris RdNr. 55).
102 
An die in der „Abstimmungserklärung“ getroffene Festlegung auf „nur ein einheitliches Wertstofferfassungssystem“ im Landkreisgebiet des Klägers ist die Beklagte nach wie vor rechtlich gebunden. Dass sie nach der Verpackungsverordnung an sich ein eigenes PPK-Sammelsystem aufbauen könnte, führt hier nicht weiter, solange die mit dem Kläger getroffene „Abstimmung“ rechtlich Bestand hat. Das ist unstreitig der Fall. Die Absichtsbekundung der Beklagten vom 7. Februar 2011, ein eigenes System zur Sammlung von PPK-Verkaufsverpackungen im Entsorgungsgebiet des Klägers aufbauen zu wollen, hat dieser zurückgewiesen. Eine Änderung der „Abstimmungserklärung“ hat demnach bislang nicht stattgefunden. Auch eine Anpassung der „Abstimmung“ auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008 ist bisher nicht vorgenommen worden. Ist demnach die „Abstimmungserklärung“ von 1992 in Bezug auf das eine Sammelsystem im Entsorgungsgebiet des Klägers unverändert bestimmend, ist die Beklagte am Aufbau eines eigenen Sammelsystems rechtlich gehindert. Folglich ist die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nach wie vor „erforderlich“.
103 
Die rechtliche Bindung der Beklagten an die „Abstimmungserklärung“ von 1992 – mit der Folge der „erforderlichen“ Mitbenutzung von Einrichtungen des Klägers – entfällt nicht etwa deshalb, weil jene Abstimmungserklärung auch Sachverhalte regelt, die über die verordnungsrechtlich gebotenen Mindestanforderungen hinausgehen. Die Verpackungsverordnung unterscheidet seit jeher zwischen notwendigen und sonstigen Inhalten der Abstimmung. Die notwendigen Inhalte (§ 6 Abs. 3 Satz 2 und 4 VerpackV 1991, § 6 Abs. 3 Satz 4 und 7 VerpackV 1998, § 6 Abs. 4 Satz 1 und 4 VerpackV 2008) sind Voraussetzung für die Systemfeststellung (§ 6 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Satz 6 VerpackV 1991, § 6 Abs. 3 Satz 6 i. V. m. Satz 11 VerpackV 1998, § 6 Abs. 4 Satz 2 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 VerpackV 2008). Den Beteiligten steht es aber frei, in die Abstimmung weitere Punkte einzubeziehen und diese zu regeln (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 56). Zulässig ist insbesondere die Verständigung auf ein Erfassungssystem in dem betreffenden Entsorgungsgebiet. Dadurch kann – im beiderseitigen Interesse – die Zerschlagung bestehender Entsorgungsstrukturen verhindert und der Aufbau – kostspieliger – Doppelstrukturen vermieden werden (Bonk a.a.O. S. 26).
104 
Die Beklagte musste sich demnach nicht auf die Regelung einlassen, dass im Entsorgungsgebiet des Klägers nur ein Erfassungssystem für die PPK-Verpackungsabfälle vorgehalten wird, aber sie durfte diese Regelung eingehen. Dann aber ist sie, solange die getroffene Abstimmung Bestand hat, rechtlich gebunden. Dass eine Vereinbarung über die Entgelthöhe in der „Abstimmungserklärung“ nicht getroffen worden ist, ist rechtlich unerheblich; denn die Festlegung der Höhe von Mitbenutzungsentgelten ist nicht notwendiger Bestandteil der Abstimmung (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 56 und RdNr. 61). Das zeigt nicht nur der Vergleich zwischen § 6 Abs. 4 Satz 1 und Satz 5 VerpackV 2008, sondern auch die in Abs. 4 Satz 7 getroffene Bestimmung; der Verordnungsgeber gibt danach unmissverständlich zu erkennen, wann die „Abstimmung“ mit der Entgeltfrage verkoppelt ist und wann die Entgeltregelung erst auf der Ebene der „Mitbenutzung“ relevant wird. Ob diese Differenzierung zweckmäßig ist, hat der Senat nicht zu entscheiden. Hier geht es nur um die – zu bejahende – Frage der Bindung der Beklagten an die 1992 getroffene „Abstimmungserklärung“.
105 
ee) Das Verlangen des Klägers nach Mitbenutzung eigener Entsorgungseinrichtungen durch die Beklagte leidet schließlich auch nicht an einem Ermessensfehler. Während die „Abstimmung“ mit den verordnungsrechtlich vorgeschriebenen Mindestgehalten geboten und Voraussetzung für die Systemfeststellung ist, hat der Verordnungsgeber die „Mitbenutzung“ einer bloßen „kann“-Regelung unterworfen. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ist folglich nicht verpflichtet, den Mitbenutzungsanspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 geltend zu machen; ihm ist verordnungsrechtlich eine Befugnis hierzu eingeräumt. Von dieser Berechtigung des Hoheitsträgers muss insbesondere willkürfrei Gebrauch gemacht werden; auch das Übermaßverbot ist zu beachten, soweit ihm jenseits des Merkmals „erforderlich“ in § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 noch eine Direktionskraft zukommt.
106 
Die über die bloße „Abstimmung“ von nebeneinander bestehenden Sammelsystemen hinausgehende „Mitbenutzung“ eines vorhandenen Systems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wird insbesondere dann rechtsfehlerfrei verlangt, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger für eine bestimmte Entsorgungsaufgabe (wie bei der PPK-Fraktion) ohnehin zuständig bleibt (dazu oben II. 1. b bb (3) (a)), so dass (an sich) in einem bestimmten Entsorgungsgebiet die Entsorgung durch einen privaten Systembetreiber und die kommunale PPK-Entsorgung aufeinandertreffen (VG Würzburg, Urt. v. 25.10.2005 – W 4 K 05.411 – juris RdNr. 53 unter Hinweis auf Bundeskartellamt, Beschl. v. 6.5.2004, Az.: B 10-37202-N-97/02-1, RdNr. 72). In einer solchen Konstellation kann in dem Dauerrechtsverhältnis der Verzicht auf eine Errichtung von Doppelstrukturen, obwohl von der Verpackungsverordnung nicht verboten, in hohem Maße sachangemessen sein, da der Sorge des Verordnungsgebers, dass sich „ein nicht abgestimmtes Nebeneinander von Erfassungssystemen“ negativ auf die ordnungsgemäße Abfallentsorgung auswirken kann (BT-Drucks. 13/10943 S. 34), von vornherein die Grundlage entzogen wird. Der Einwand der Beklagten, es finde eine unzulässige „Rekommunalisierung“ der Entsorgung von PPK-Abfällen statt, geht folglich ins Leere – abgesehen davon, dass es sich dabei um keinen von der Verpackungsverordnung verwendeten Rechtsbegriff handelt.
107 
Im vorliegenden Streitfall kommt hinzu, dass die vom Kläger verlangte Mitbenutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen nicht nur „erforderlich“, sondern – da die Beklagte über ein eigenes operativ agierendes System nicht verfügt – sogar unabweisbar ist. Die Geltendmachung des Mitbenutzungsanspruchs gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 durch den Kläger ist daher angesichts der gegebenen Sach- und Rechtslage (insbesondere „Abstimmungserklärung“) in jeder Hinsicht (sach)angemessen.
108 
b) Die von dem Kläger begehrte gerichtliche Entscheidung zur Herausgabe von Abfällen an die Beklagte findet in der Verpackungsverordnung keine Grundlage. Die rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten werden verordnungsrechtlich durch § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 geprägt; Regelungsgegenstände sind die Abstimmung (Satz 1 bis 4, Satz 9 und 11), die Übernahme bzw. Mitbenutzung von Einrichtungen (Satz 5 und 6), die Erfassung stoffgleicher Nicht-Verpackungsabfälle (Satz 7), die Mitfinanzierung spezifischer kommunaler Angebote durch den Systembetreiber (Satz 8) und die Unterwerfung unter eine Abstimmung (Satz 10). Die Aufteilung von PPK-Abfällen zwischen dem privaten Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ist in der Verpackungsverordnung keiner Regelung unterzogen und damit der Vereinbarung der Beteiligten überlassen. Mangels rechtlicher Grundlage kann der Kläger daher eine bestimmte Aufteilung der PPK-Verkaufsverpackungen nicht beanspruchen. Schon aus diesem Grunde ist der 1. Hilfsantrag unbegründet.
109 
c) Der Kläger hat jedoch gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 einen Anspruch darauf, dass das von der Beklagten für die Mitbenutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen zu leistende „angemessene Entgelt“ in Orientierung an kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätzen sowie unter Berücksichtigung des dem § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 zugrunde liegenden Kooperationsprinzips ermittelt wird. Dies muss allerdings nicht zwingend nach dem Muster der Kalkulation in Anlage 2 zu der Berufungsbegründungsschrift geschehen. Der 2. Hilfsantrag ist demnach unbegründet, ebenso der das Kooperationsprinzip ausblendende 3. Hilfsantrag, der 4. Hilfsantrag ist hingegen begründet; der 5. Hilfsantrag ist nicht mehr zu bescheiden.
110 
aa) Der Verordnungsgeber hat keine Begriffsbestimmung zu dem Merkmal „angemessenes Entgelt“ vorgenommen. Er hat nicht einmal Parameter aufgezeigt, anhand derer die Rechtsanwendung eine Orientierung finden könnte. Auch die Materialien geben keinen Aufschluss darüber, wie die „Angemessenheit“ des Entgelts ermittelt werden soll (vgl. BR-Drucks. 236/91 S. 16 zur VerpackV 1991, BT-Drucks. 13/10943 S. 26 und S. 34 zur VerpackV 1998, BT-Drucks. 16/7954 S. 21 zur VerpackV 2008). Sicherlich zutreffend ist der Hinweis, dass auf den Einzelfall abzustellen und nach Maßgabe der für die Schaffung und Unterhaltung der mitbenutzten Einrichtungen entstehenden Kosten und des Maßes der Inanspruchnahme zu urteilen ist (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15). Damit ist aber lediglich eine erste Groborientierung gegeben, die noch keine in Zahlen auszudrückende Ermittlung des Entgelts erlaubt.
111 
Ein einseitiges Bestimmungsrecht ist keinem der Beteiligten durch die Verpackungsverordnung eingeräumt. Der Rückgriff auf § 315 Abs. 3 BGB (OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1428: Rechtsgedanke von § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kann herangezogen werden) ist schon im Zivilrecht nicht voraussetzungslos möglich; denn die §§ 315 ff. BGB sind nicht anwendbar, soweit die Leistung durch ergänzende Vertragsauslegung bestimmt werden kann (BGH, Urt. v. 4.4.2006 – XZR 122/05 – NJW 2006, 2472; Stadler, in: Jauernig, BGB, 14. Aufl. 2011, § 315 RdNr. 3 m. w. Nachw.). Für die Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 bedeutet dies, dass eine Entscheidung nach „billigem Ermessen“ nur in Betracht kommt, wenn andere, näherliegende Methoden zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ nicht zur Verfügung stehen. Das trifft nicht zu. Jedenfalls das Kommunalabgabenrecht bietet maßgebliche Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Frage. Ähnliches könnte für ein strukturiertes und systematisch aufbereitetes Preisbildungsmodell nach Wettbewerbsgesichtspunkten gelten, dessen Entwicklung der Beklagten obliegt.
112 
bb) Soweit der Kläger die Entsorgungsverantwortlichkeit für PPK-Abfälle nach § 20 KrWG behält, erfolgt die Gebührenberechnung nach dem Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg (KAG BW). Es liegt daher nahe, im Rahmen des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ jedenfalls auch auf die kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätze zurückzugreifen (Bonk a.a.O. S. 29). Denn wenn ein bestimmtes Sammelsystem sowohl vom privaten Systembetreiber (§ 6 Abs. 3 VerpackV 2008) als auch von Abfallerzeugern und Abfallbesitzern (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG) genutzt wird bzw. genutzt werden kann, spricht zunächst alles dafür, dass die Zahlungspflichten der einzelnen Nutzer nach denselben Kalkulationsgrundsätzen ermittelt werden. Im eigenverantwortlichen Entsorgungsbereich des Klägers sind §§ 13 ff., 18 KAG BW maßgebend.
113 
Die Heranziehung der kommunalabgabenrechtlichen Vorgaben kann im vorliegenden Zusammenhang aber nicht gleichsam „eins zu eins“ erfolgen. Denn die Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 geschieht nicht, wie im Kommunalabgabenrecht üblich, im Rahmen eines Subordinationsverhältnisses, sondern – jedenfalls dem Grunde nach – in einer Verhandlungssituation. Deshalb ist zur Bemessung des Entgelts lediglich eine Orientierung an den gebührenrechtlichen Grundsätzen (unter Einschluss des Äquivalenzprinzips und des Kostendeckungsprinzips) angezeigt (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15; Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 72; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 61). Das § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 prägende Kooperationsprinzip darf daneben nicht unberücksichtigt bleiben.
114 
Schon diese Relativierung entkräftet den Einwand der Beklagten, auf das (hoheitliche) Kommunalabgabenrecht dürfe wegen des hier geltenden verpackungsrechtlichen Konsensualprinzips nicht zurückgegriffen werden. Denn die bloße Orientierung am Kommunalabgabenrecht verleiht der Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ einerseits zwar System, Kontur und Substanz (und ist damit der bloßen „Billigkeit“ entsprechend § 315 Abs. 3 BGB deutlich überlegen), lässt andererseits jedoch Raum für Verhandlungen, Abweichungen und Kompromisse (in diesem Sinne versteht der Senat die zuletzt nochmals von dem Kläger präzisierte Haltung, Bl. 625 d. A.). Unabhängig davon wäre die Einlassung der Beklagten mindestens missverständlich, wenn sie das „Konsensualprinzip“ im Sinne einer strikten Rechtsregel verstanden wissen wollte. Im Rechtssinne wird das auf die Verpackungsverordnung gemünzte „Kooperationsprinzip“ seit jeher als generelles Leitbild und allgemeine Ordnungsidee verstanden (vgl. BVerfG, Urt. v. 7.5.1998 – 2 BvR 1991, 2004/95 – E 98, 106, 130 f.; VG Gießen, Urt. v. 31.1.2001 – 6 E 1972/97 – NVwZ 2002, 238, 239); das gilt ebenso für § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 (vgl. HessVGH, Beschl. v. 20.8.1999 – 8 TG 3140/98 – NVwZ 2000, 92, 97). Im Übrigen schließt das grundsätzlich vom Gedanken der Kooperation und des Konsenses geprägte Verhältnis zwischen dem privaten Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger den Rückgriff auf das Ordnungsrecht bei fehlendem oder ungenügendem Zusammenwirken der Kooperationspartner keineswegs aus (VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 – 17 L 3190/04 – juris RdNr. 69). Folgerichtig betont der Verordnungsgeber, dass sich der ordnungsrechtliche Ansatz und das Kooperationsprinzip in der konkreten positivrechtlichen Ausprägung ergänzten (BT-Drucks. 13/10943 S. 19 zu § 6 Abs. 3 VerpackV 1998; zuvor ebenso BT-Drucks. 13/5999 S. 14 und BT-Drucks. 13/7761 S. 17). Ausweislich des geltenden Rechts ist es daher nicht zutreffend, einseitig das Kooperations- oder Konsensualprinzip als Leitmaxime in den Vordergrund zu schieben (Koch, NVwZ 1998, 1155, 1157; Sproll, UPR 1999, 129, 132).
115 
Erfolgt die Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV somit in Orientierung an kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätzen, kann nur dem 4. Hilfsantrag stattgegeben werden, während dem 3. Hilfsantrag der Erfolg versagt bleiben muss. Denn dieser Antrag will das Entgelt nach einem bestimmten Kalkulationsmuster ermitteln. Konsensuale Elemente in dem hier skizzierten Sinne werden – zu Unrecht – nicht berücksichtigt.
116 
cc) Der Senat weist abschließend darauf hin, dass eine Einigung zwischen den Beteiligten auf der Grundlage dieses Urteils möglich, auf Grund der bestehenden Sach- und Rechtslage geboten und im Interesse der ordnungsgemäßen Abfallentsorgung wünschenswert ist. Das betrifft insbesondere die Methodik, also die Berechnungsschritte, sowie die Maßstäblichkeit des Volumen- bzw. Masseanteils der PPK-Fraktion. Die anzustrebende vertragliche Übereinkunft setzt allerdings eine echte Verständigungsbereitschaft und einen wirklichen Einigungswillen voraus. Beides ist seit etwa vier Jahren nicht in dem notwendigen (Mindest-)Maß ausgeprägt. Könnte nun auch nach der Durchführung dieses „Musterverfahrens“ eine Mitbenutzungsvereinbarung zwischen den Beteiligten nicht erreicht werden, müsste nach Überzeugung des Senats der Verordnungsgeber im Rahmen des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 „nachsteuern“. Ob dies für die Beteiligten die bessere Lösung wäre, mag dahinstehen.
117 
Der Kläger hat auf der Grundlage des Kommunalabgabenrechts ein strukturiertes, methodisch reflektiertes und mit inhaltlicher Substanz angereichertes Berechnungsmodell zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ vorgelegt. Dadurch wird die öffentlich-rechtliche Rationalität der Preisbildung zum Ausdruck gebracht. Die Beklagte hat ein vergleichbares privatwirtschaftlich geprägtes „Gegenmodell“ bislang nicht präsentiert; wird das Kooperationsprinzip ernst genommen, obliegt es der Beklagten, nicht nur punktuell zur Entgeltermittlung Stellung zu nehmen, sondern einen ausgearbeiteten Vorschlag dem Modell des Klägers entgegenzustellen. In der mündlichen Verhandlung ist seitens der Beklagten pointiert zum Ausdruck gebracht worden, dass sie klare Vorstellungen zum „angemessenen Entgelt“ habe, die im Wettbewerb erzielbaren Entgelte kenne und über Expertise zur Preisbildung nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen verfüge. Auf dieser Grundlage sollte es der Beklagten möglich sein, zwecks Aktualisierung des Kooperationsprinzips ein kohärentes Gesamtkonzept zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ vorzulegen; andernfalls müsste es mit der Orientierung am Kommunalabgabenrecht sein Bewenden haben.
118 
Zu einem Streitpunkt zwischen den Beteiligten ist die Frage nach dem Umfang der Verantwortlichkeit der Beklagten für die PPK-Fraktion im Entsorgungsgebiet geworden. Die Beklagte sieht ihre Verantwortlichkeit begrenzt auf die von ihr lizenzierten Verkaufsverpackungen. Diese Sichtweise wird in der Rechtsprechung – in Bezug auf eine Abstimmungsvereinbarung – geteilt (OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1429). Demgegenüber wird betont, angesichts der umfassenden Verwertungspflicht nach § 6 Abs. 3 Satz 2 VerpackV 2008 sei es als angemessen anzusehen, wenn von den dualen Systemen auch eine Kostenbeteiligung für die Miterfassung nicht lizenzierter Verpackungen verlangt werde (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 61). Der Senat weist darauf hin, dass diese Frage für die Beteiligten geklärt ist. Nicht nur die „Abstimmungserklärung“ schreibt unter III. 1. Satz 2 fest, dass das Duale System, also die Beklagte, alle gebrauchten Verkaufsverpackungen unabhängig von der Kennzeichnung mit dem Lizenzzeichen „Grüner Punkt“ einsammelt, auch die Systemfeststellung des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 22. Dezember 1992 trifft dazu eine eindeutige Regelung. Dort heißt es (S. 13 sub 5.): „Das System muß dabei alle Verkaufsverpackungen erfassen, unabhängig ob sie den 'Grüner Punkt' tragen“; ausdrücklich ausgenommen werden lediglich „Verpackungen, die üblicherweise und typischerweise nur bei industriellen und gewerblichen Endverbrauchern anfallen“. Diese Rechtsfolge der Systemfeststellung gilt uneingeschränkt. Weder hat bislang eine Anpassung der Abstimmungserklärung an veränderte Rahmenbedingungen (§ 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008) stattgefunden, noch ist die Systemfeststellung verändert worden. Die Beklagte ist folglich nach wie vor in der umfassenden Verantwortlichkeit für die Einsammlung der PPK-Abfälle im Entsorgungsgebiet des Klägers.
B.
119 
Die Berufung der Beklagten kann in der Sache keinen Erfolg haben.
120 
Dies ergibt sich für ihren Hauptantrag ohne Weiteres aus den obigen Ausführungen zur Begründetheit des hinsichtlich der Mitbenutzungspflicht im Wesentlichen spiegelbildlichen 4. Hilfsantrags des Klägers (s.o. II.2.). In Bezug auf den Hilfsantrag der Beklagten, mit dem sie ihre etwaige Mitbenutzungspflicht unter den („Solange“-) Vorbehalt des Aufbaus einer eigenen Sammlungsinfrastruktur stellen will, folgt dies aus den obigen Darlegungen zur auf unabsehbare Zeit bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Erforderlichkeit der Mitbenutzung (s.o. II.2.a)dd)).
121 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. In der Sache hat der Kläger überwiegend obsiegt; er ist mit der Durchsetzung des von ihm geltend gemachten Mitbenutzungsanspruchs erfolgreich gewesen und hat außerdem erreicht, dass die Beklagte für die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers ein jedenfalls auch nach kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätzen zu ermittelndes angemessenes Entgelt zu entrichten hat.
122 
Die Zulassung der Revision stützt sich auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil zentrale Rechtsfragen zu § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht geklärt sind und daher höchstrichterlich entschieden werden müssen. Der Rechtsstreit ist von den Beteiligten als „Musterverfahren“ angelegt und geführt worden; ihm kommt eine überregionale Bedeutung zu.
123 
Beschluss vom 24. Juli 2012
124 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 45 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1 und 2 sowie 52 Abs. 1 GKG auf1.200.000,00 EUR festgesetzt.
125 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
52 
Die zulässige Berufung des Klägers ist mit dem Feststellungsbegehren im 4. Hilfsantrag begründet, im Übrigen ist sie unbegründet (A). Die ebenfalls zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet (B).
A.
I.
53 
Die Klage ist zulässig. Das gilt auch in Bezug auf die Modifizierung der Anträge durch die Klägerin im Berufungsverfahren; es kann dahinstehen, ob im Rechtssinne eine Klageänderung vorliegt und diese sachdienlich wäre (§ 91 Abs. 1 VwGO), da sich die Beklagte im Sinne des § 91 Abs. 2 VwGO auf die Klage mit den modifizierten Anträgen eingelassen hat, ohne zu widersprechen.
54 
1. Der Verwaltungsrechtsweg ist für die vorliegende Streitigkeit gegeben. Das Verwaltungsgericht hat die Rechtswegfrage im angefochtenen Urteil geprüft und bejaht, aber keine Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 GVG (i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO) getroffen, obwohl die Beklagte Bedenken gegenüber einer Bejahung des Verwaltungsrechtswegs geäußert hatte. Wären die von der Beklagten bekundeten Zweifel nicht als „Rüge“ im Sinne des § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG zu werten, hätte das Verwaltungsgericht keine Vorabentscheidung zum zulässigen Rechtsweg treffen müssen, so dass im Berufungsverfahren nicht mehr geprüft würde, ob der beschrittene (Verwaltungs-)Rechts-weg zulässig ist (§ 17a Abs. 5 GVG).
55 
Greift § 17a Abs. 5 GVG, wovon hier auszugehen ist, nicht ein, weil die Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 GVG trotz einer Rüge der Beklagten (vgl. Bl. 341 d. A. des VG) – zu Unrecht – unterblieben ist, ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn sich die Beteiligten um die Rechtsfolgen aus der Anwendung von Vorschriften des Öffentlichen Rechts streiten; maßgebend ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (Ehlers, in: ders./Schoch, Rechtsschutz im Öffentlichen Recht, 2009, § 21 RdNr. 66, m. w. Nachw.). Der Kläger stützt seinen Anspruch gegen die Beklagte auf Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen seines Abfallwirtschaftsbetriebs auf § 6 Abs. 4 Satz 5 der Verpackungsverordnung in der Fassung der Fünften Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung vom 2. April 2008 (BGBl I S. 531) – VerpackV 2008 –, der im wesentlichen § 6 Abs. 3 Satz 8 der Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung – VerpackV) vom 21. August 1998 (BGBl I S. 2379) – VerpackV 1998 – entspricht. Bei diesen Bestimmungen handelt es sich, ebenso wie bei § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008 (Recht der Systembetreiber auf Mitbenutzung von Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers), um Regelungen des Öffentlichen Rechts (OVG NW, Urteil vom 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – UA S. 11 f.; Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15). Berechtigtes Zuordnungssubjekt des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 ist ausschließlich der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und damit ein Träger von Hoheitsgewalt als solcher. Der Kläger nimmt damit das „Amtsrecht des Staates als Sonderrecht“ für sich in Anspruch (vgl. zu diesem Aspekt Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 77), stützt das Klagebegehren und den Klagegrund also nicht auf eine „Jedermann“ (als Privatrechtssubjekt) berechtigende Norm, so dass der Streit der Beteiligten um den geltend gemachten Mitbenutzungsanspruch als öffentlich-rechtliche Streitigkeit (nichtverfassungsrechtlicher Art) im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist (zur öffentlich-rechtlichen Natur des Mitbenutzungsanspruchs vgl. Roder, Die Verpackungsverordnung, 2009, § 6 RdNr. 58). Nichts anderes ergibt sich, falls als streitentscheidende Regelung zusätzlich die zwischen den Beteiligten bestehende „Abstimmungserklärung“ heranzuziehen sein sollte. Sie begründet ein Verwaltungsrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten als Voraussetzung für die Systemfeststellung nach § 6 Abs. 5 Satz 1 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 11 VerpackV 1998).
56 
Ebenfalls eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit (nichtverfassungsrechtlicher Art) im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, soweit die Beteiligten um den Abschluss eines Mitbenutzungsvertrages und insbesondere die Vereinbarung eines angemessenen Entgelts für die Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen des Klägers streiten. Der Kläger stützt auch den – von der Beklagten in Abrede gestellten – Anspruch auf Abschluss eines Mitbenutzungsvertrages auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, weil seiner Ansicht nach der Mitbenutzungsanspruch nur durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durchgesetzt werden kann. Streitentscheidende Norm ist demnach auch insoweit eine solche des Öffentlichen Rechts.
57 
Ob § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 tatsächlich die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche gewährt, ist eine Frage der Begründetheit der Klage. Selbst wenn die Bestimmung nicht als Anspruchsgrundlage qualifiziert werden könnte oder die Voraussetzungen der Norm nicht erfüllt sein sollten, änderte dies im Rahmen der Rechtswegprüfung nichts daran, dass der vorliegende Streit um die Auslegung und Anwendung des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 als öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist.
58 
2. Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil zu Recht seine örtliche Zuständigkeit gemäß § 52 Nr. 1 VwGO bejaht. Da sich das nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zu bestimmende Rechtsverhältnis immer auf eine konkrete Entsorgungsinfrastruktur eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in einem bestimmten (Kreis-)Gebiet bezieht, ist der Streit der Beteiligten mit einem ortsgebundenen Rechtsverhältnis im Sinne des § 52 Nr. 1 VwGO verknüpft.
59 
Sollten die im erstinstanzlichen Verfahren seitens der Beklagten geäußerten Bedenken gegenüber der örtlichen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Stuttgart nicht als „Rüge“ im Sinne des § 17a Abs. 3 Satz 2 VwGO (i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO) zu deuten sein, stellte sich die Zuständigkeitsfrage im Berufungsverfahren erst gar nicht (§ 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 5 GVG). Jedenfalls hat die Beklagte in der Berufungsinstanz ihre erstinstanzlich geäußerten Zweifel an der örtlichen gerichtlichen Zuständigkeit nicht wiederholt.
60 
3. Die Klage ist sowohl mit ihrem Hauptantrag als auch mit den Hilfsanträgen statthaft.
61 
a) Der Hauptantrag ist auf den Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrages gerichtet. Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe einer Willenserklärung, die zum Abschluss des der Berufungsbegründung vom Kläger beigefügten Vertrages über die Mitbenutzung der PPK-Entsorgungsinfrastruktur führt. Für ein derartiges Begehren ist die allgemeine Leistungsklage die statthafte Rechtsschutzform (Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Januar 2012, § 42 Abs. 1 RdNr. 153).
62 
b) Die Hilfsanträge sind in Gestalt der Feststellungsklage zulässig. Unter einem nach § 43 Abs. 1 VwGO feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (BVerwG, Urt. v. 28.1.2010 – 8 C 19/09 – E 136, 54, 57 RdNr. 24). Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein; für abstrakte, „gutachtliche“ Klärungen einer Rechtsfrage steht die Feststellungsklage nicht zur Verfügung. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis setzt zudem voraus, dass zwischen den Beteiligten des Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können (BVerwG, Urt. vom 25.3.2009 – 8 C 1/09 – NVwZ 2009, 1170).
63 
Diese Anforderungen des § 43 Abs. 1 VwGO sind hier erfüllt. Seit dem Jahr 2008 streiten die Beteiligten darüber, ob die Beklagte zur Mitbenutzung von Einrichtungen des Klägers zwecks Entsorgung von PPK-Abfällen verpflichtet ist und – gegebenenfalls – zu welchen Konditionen die Mitbenutzung erfolgt. Damit liegt ein Streit auf Grund eines konkreten Sachverhalts vor. Dieser Streit ist rechtlich nach Maßgabe des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zu beurteilen. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis besteht somit.
64 
Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert nicht etwa an § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Subsidiaritätsklausel steht im Dienste der Prozessökonomie und will unnötige Feststellungsklagen vermeiden, wenn für die Rechtsverfolgung eine andere sachnähere und wirksamere Klageart zur Verfügung steht, zumal der Feststellungsklage die Vollstreckbarkeit fehlt (BVerwG, Urt. v. 12.7.2000 – 7 C 3/00 – E 111, 306, 308; Senat, Urt. v. 24.4.1990 – 10 S 560/89 – NJW 1990, 2145). Andererseits ist § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO einschränkend auszulegen und anzuwenden; droht keine Umgehung der für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltenden Bestimmungen über Fristen und Vorverfahren, steht die Subsidiaritätsklausel der Feststellungsklage ebenso wenig entgegen wie in Fällen, in denen diese den effektiveren Rechtsschutz bietet (BVerwG, Urt. v. 5.12.2000 – 11 C 6/00 – E 112, 253, 256). So liegt der Fall hier: Eine Umgehungsgefahr in Bezug auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklage besteht von vornherein nicht, weil eine dieser Klagen für das Begehren des Klägers nicht in Betracht kommt. Die allgemeine Leistungsklage ist nicht die sachnähere und wirksamere Klageart zur Durchsetzung des vom Kläger geltend gemachten Mitbenutzungsanspruchs. Im Gegenteil, die Beteiligten, die in einem Dauerrechtsverhältnis zueinander stehen, sehen in dem vorliegenden Rechtsstreit – mit Blick auf andernorts geführte ähnliche Streitigkeiten zwischen der Beklagten und öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern – ein „Musterverfahren“ (Bl. 499 d. A. des VG). Angesichts der konkreten Umstände kann mit der Feststellungsklage der zwischen den Beteiligten seit mehreren Jahren anhaltende Streit am wirksamsten, da dauerhaft und nachhaltig, geklärt werden.
65 
Dem Kläger fehlt auch nicht das Feststellungsinteresse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Dafür genügt jedes anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, das hinreichend gewichtig ist, um die Position des Klägers zu verbessern (BVerwG, Urt. v. 27.6.1997 – 8 C 23/96 – NJW 1997, 3257, 3258). Das Gesetz verlangt, dass im konkreten Fall ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Bestehens des Rechtsverhältnisses zu bejahen ist (Senat, Urt. v. 9.1.2007 – 10 S 1386/06 – NJW 2007, 1706, 1708). Am Vorliegen dieser Voraussetzungen besteht kein Zweifel. Der Kläger hat sowohl ein rechtliches als auch ein wirtschaftliches Interesse an der autoritativ verbindlichen gerichtlichen Klärung der mit der Beklagten bestehenden Streitfragen. Dass das Interesse an der „baldigen“ Feststellung des Rechtsverhältnisses anzuerkennen ist, liegt angesichts des nun bereits über mehr als vier Jahre währenden Streits zwischen den Beteiligten auf der Hand.4. Der Kläger ist analog § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Dafür genügt die Möglichkeit, dass der Kläger von der Beklagten das verlangte Verhalten (Abgabe der Willenserklärung zum Vertragsschluss, Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen zu den gewünschten Bedingungen) rechtlich einfordern kann. Diese Möglichkeit ergibt sich aus Bundesrecht, nämlich der in § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 getroffenen Regelung. Danach kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass dem Kläger die von ihm geltend gemachten subjektiven Rechte zustehen. Weitergehende Anforderungen an die Klagebefugnis bestehen nicht.
66 
5. Dem Kläger ist schließlich das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm erhobene Klage zuzuerkennen. An der „Inanspruchnahme der falschen Gerichtsbarkeit“ (dazu Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 191) scheitert das Rechtsschutzbedürfnis entgegen der Auffassung der Beklagten schon deshalb nicht, weil der Kläger die von ihm geltend gemachten Rechte aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nur im Verwaltungsrechtsweg verfolgen kann; der Zivilrechtsweg (§ 13 GVG) steht insoweit von vornherein nicht offen. Ob es dem Kläger „eigentlich“ um ein bestimmtes Entgelt für die Mitbenutzung seiner Entsorgungseinrichtungen durch die Beklagte geht, ist in diesem Rechtsstreit ohne Bedeutung. Der Kläger hat eine Zahlungsklage gegen die Beklagte nicht erhoben. Der Gegenstand der Klage wird vom Kläger bestimmt (§ 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies ist – auch – vom Gericht zu respektieren (vgl. § 88 VwGO).
67 
Das Rechtsschutzbedürfnis scheitert nicht daran, dass der Kläger sein Rechtsschutzziel auf andere Weise schneller, günstiger, einfacher durchsetzen könnte. Das wäre der Fall, wenn der Kläger seine auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 gestützten Ansprüche durch Erlass eines Verwaltungsakts titulieren und erforderlichenfalls im Wege der Verwaltungsvollstreckung realisieren könnte (vgl. Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 189). Ein derartiges Vorgehen setzt allerdings voraus, dass die maßgebliche Rechtsnorm, hier also § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, oder eine spezielle Regelung zur behördlichen Handlungsform dem Verwaltungsträger die Befugnis einräumt, ein von ihm geltend gemachtes Recht einseitig durch Verwaltungsakt geltend machen und durchsetzen zu können (Senat, Beschl. v. 29.12.1989 – 10 S 2252/89 – VBlBW 1990, 225, 226; OVG LSA, Urt. v. 29.3.2006 – 1 L 149/03LKV 2006, 520, 521). Dem Wortlaut des § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 VerpackV 1998) wird unter Hinweis auf die verordnungsrechtlich mehrfach eingeforderte „Abstimmung“ von Verhaltensweisen („Kooperationsprinzip“) eine derartige Verwaltungsakt-Befugnis des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers abgesprochen (ausführlich VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 – 17 L 3190/04 – juris RdNr. 66 ff.; ferner Müller/Rindfleisch, LKV 2006, 399, 401; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 58). Die Beklagte selbst stellt einseitige Regelungsbefugnisse des Klägers nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 in Abrede. Auch Sinn und Zweck der Bestimmung – Schutz der kommunalen Abfallwirtschaft gegenüber Nachteilen (BR-Drucks. 236/91 S. 16 zu der Vorgängerregelung in § 6 Abs. 3 Satz 5 VerpackV 1991) – kann nicht entnommen werden, dass der Verwaltungsträger befugt sein soll, einen Mitbenutzungsvertrag mit dem Dualen System durch Verwaltungsakt zu dekretieren.
68 
Entgegen der Ansicht der Beklagten scheitert das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers auch nicht an der „Nutzlosigkeit des Rechtsschutzes“ (zu dieser Kategorie Ehlers a.a.O. § 21 RdNr. 195). Das wäre nur der Fall, wenn sich die Rechtsstellung des Rechtsschutzsuchenden selbst im Falle eines Klageerfolges nicht verbessern würde. Davon kann hier keine Rede sein. Schon wenn einer der Hilfsanträge erfolgreich wäre, träte beim Kläger eine Verbesserung seiner rechtlichen Position ein, weil die von der Beklagten bestrittene Mitbenutzungspflicht gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 gerichtlich festgestellt wäre. Hätte sogar der Hauptsacheantrag Erfolg, würde sich die Stellung des Klägers außerdem dadurch verbessern, dass er seinen Vertragsentwurf durchgesetzt hätte und die Beklagte verpflichtet wäre, fortan nach den vom Kläger entworfenen vertraglichen Regeln zu handeln. Der angestrebte Rechtsschutz kann dem Kläger demnach im Erfolgsfall in doppelter Hinsicht von Nutzen sein.
II.
69 
Die Klage ist (nur) begründet, soweit der Kläger die gerichtliche Feststellung zur Mitbenutzung seiner Entsorgungseinrichtungen und zur Entrichtung eines angemessenen Entgelts nach näherer Maßgabe des 4. Hilfsantrags begehrt; im Übrigen ist die Klage unbegründet.
70 
1. Die auf den Abschluss eines Mitbenutzungsvertrags – im Sinne des vom Kläger mit der Berufungsbegründung vorgelegten Entwurfs – zielende Leistungsklage ist unbegründet. Zwar scheitert der mit der Klage gerichtlich geltend gemachte Anspruch nicht schon daran, dass überhaupt keine Anspruchsgrundlage existierte (a); jedoch ist der vom Kläger vorgelegte Vertrag(sentwurf) von der ihn begünstigenden Regelung der Verpackungsverordnung nicht dergestalt gedeckt, dass von der Beklagten die Abgabe der zum Vertragsschluss notwendigen Willenserklärung verlangt werden kann (b).
71 
a) Zur Herleitung des von ihm geltend gemachten Anspruchs beruft sich der Kläger auf § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008. Danach kann ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger – von dem System(betreiber) gemäß § 6 Abs. 3 VerpackV 2008 – die Mitbenutzung der Einrichtungen, die für die Sammlung von Materialien der im Anhang I (zu § 6) genannten Art erforderlich sind, gegen ein angemessenes Entgelt verlangen. Diese Bestimmung entspricht § 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998, mit dem einzigen Unterschied, dass sich die Erforderlichkeit nach dieser früheren Fassung nicht nur auf die „Sammlung von Materialien“, sondern auch noch auf die „Sortierung von Materialien“ bezogen hatte. Zu erklären ist die Streichung der „Sortierung“ aus dem Verordnungstext mit der Herausnahme von Verwertungssystemen aus der Abstimmungsverpflichtung (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14), die § 6 Abs. 3 Satz 4 VerpackV 1998 – anders als § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 – noch vorgesehen hatte. Die Rechtsqualität der alten wie der geltenden Norm als subjektives öffentliches Recht bleibt davon unberührt.
72 
aa) Schon der Wortlaut „können … verlangen“ macht deutlich, dass § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998) den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern eine subjektive Rechtsstellung einräumt, die einen Anspruch begründet (Hendler/Belz, GewArch 2009, 5, 8; Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14; Bonk, Die Rechtsstellung der Kommunen nach der Verpackungsverordnung vom 21. August 1998 (BGBl I S. 2379), VKS Dokumentation 2/99, S. 27 f.; Flanderka/Stroetmann/Sieberger, Verpackungsverordnung, 3. Aufl. 2009, § 6 RdNr. 72; ebenso zu § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008/§ 6 Abs. 3 Satz 4 VerpackV 1998 OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1426; ferner VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 – 17 L 3190/04 – juris RdNr. 66). Dass das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, als „Anspruch“ zu qualifizieren ist, macht § 194 Abs. 1 BGB – für die gesamte Rechtsordnung – unmissverständlich deutlich. Im Rechtssinne stellt § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998) demnach eine Anspruchsgrundlage dar.
73 
bb) Die Entstehungsgeschichte bestätigt den Schutznormcharakter der Regelung zu Gunsten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Ein subjektives Recht ist gegeben, wenn eine Norm nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern – zumindest auch – dem Interesse Einzelner zu dienen bestimmt ist; über die Gewährung subjektiver Rechte entscheidet der Normgeber (Masing, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2. Aufl. 2012, § 7 RdNr. 106 f.). Der Mitbenutzungsanspruch entsorgungspflichtiger Körperschaften hatte bereits Eingang in die Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung – VerpackV) vom 12. Juni 1991 (BGBl I S. 1234) gefunden (§ 6 Abs. 3 Satz 5 VerpackV 1991). Im Verordnungsentwurf der Bundesregierung war die Regelung noch nicht enthalten (vgl. BR-Drucks. 817/90 S. 7); sie ist erst auf Grund eines Vorstoßes des Bundesrates in die Verpackungsverordnung aufgenommen worden, und zwar mit der Begründung: „Die Regelung ist geboten, um wirtschaftliche Nachteile zulasten derjenigen kommunalen Gebietskörperschaften zu verhindern, die die genannten Systeme der kommunalen Abfallwirtschaft eingerichtet haben.“ (BR-Drucks. 236/91 S. 16). Der Schutzzweck der Mitbenutzungsvorschrift (§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, § 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998, § 6 Abs. 3 Satz 5 VerpackV 1991) zu Gunsten kommunaler Entsorgungsträger liegt danach auf der Hand.
74 
cc) Die systematische Auslegung bestätigt den Befund. Erstmals mit der Fünften Novelle der Verpackungsverordnung ist auch dem Systembetreiber ein Mitbenutzungsanspruch eingeräumt worden. Nach § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008 können Systembetreiber von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern verlangen, ihnen die Mitbenutzung ihrer Einrichtung gegen ein angemessenes Entgelt zu gestatten (vgl. zur Funktion dieser Neuregelung BT-Drucks. 16/7954 S. 21). Im Rechtssinne handelt es sich bei dieser Bestimmung um einen Mitbenutzungsanspruch des Systembetreibers (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 60). Angesichts des „Komplementärcharakters“ der Neuregelung zur vorausgegangenen Vorschrift (so Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 73) gibt es keinen vernünftigen Zweifel daran, dass beide Bestimmungen dieselbe rechtliche Qualität aufweisen: § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 (§ 6 Abs. 3 Satz 8 VerpackV 1998) und § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008 stellen im Rechtssinne Anspruchsgrundlagen dar.
75 
b) Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Abschluss des mit der Berufungsbegründung vorgelegten Mitbenutzungsvertrages besteht – jedenfalls deshalb – nicht, weil er von § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht gedeckt ist (bb). Zweifel bestehen allerdings bereits in Bezug auf den geforderten Vertragsabschluss als solchen (aa).
76 
aa) Der Anspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zielt auf die „Mitbenutzung“ bestimmter kommunaler Entsorgungseinrichtungen und auf ein „angemessenes Entgelt“, das der Systembetreiber (§ 6 Abs. 3 VerpackV 2008) dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die Mitbenutzung der Einrichtungen leistet. Der Kläger begehrt indes auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 den Abschluss eines Vertrages. Diesen Anspruchsinhalt kennt die Bestimmung nicht. Das Begehren liegt deshalb außerhalb der im Verordnungstext vorgesehenen Rechtsfolge und ist vom Wortlaut der Bestimmung nicht gedeckt.
77 
Der Kläger meint, der Mitbenutzungsanspruch könne nur durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durchgesetzt werden; zudem sei die Angemessenheit des Entgelts für die Benutzung der kommunalen Entsorgungseinrichtungen ein untrennbarer Bestandteil des Mitbenutzungsanspruchs. Zwingend ist das nicht. Die Systematik des § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 lässt auch die Deutung zu, dass die Mitbenutzung der kommunalen Entsorgungseinrichtungen – ohne gesonderten Vertrag – durch den Systembetreiber rein tatsächlich erfolgt oder, sofern eine rechtliche Absicherung des Realgeschehens vorgenommen wird, die entsprechende Regelung in der Abstimmungsvereinbarung (§ 6 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 VerpackV 2008) getroffen wird. Dem Verordnungstext lässt sich auch kaum ein Junktim zwischen der „Mitbenutzung“ und dem „angemessenen Entgelt“ entnehmen. Indem nach Ermessen („können“) zu entscheiden ist, ob die Mitbenutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen vom Systembetreiber verlangt wird und ob dafür ein (vertraglich vereinbartes) angemessenes Entgelt eingefordert werden soll, eröffnet § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Auf einen gesonderten Vertragsabschluss ist die Bestimmung nicht unbedingt ausgerichtet. In den Materialien findet sich dazu kein Hinweis (vgl. BR-Drucks. 236/91 S. 16 zur VerpackV 1991; BT-Drucks. 13/10943 S. 19, 26 und 34 zur VerpackV 1998; BT-Drucks. 16/7954 S. 15 und 21 zur VerpackV 2008).
78 
Der Senat verkennt nicht, dass die skizzierte Rechtslage unbefriedigend und die Verpackungsverordnung in dem hier relevanten Punkt wenig anwendungsfreundlich ausgestaltet ist, weil der Abschluss eines Vertrages, der – sofern zur Rechtsnatur nichts anderes vereinbart würde – öffentlich-rechtlicher Natur wäre (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15), für die praktische Handhabung des § 6 Abs. 4 Satz 5 (und Satz 6) VerpackV 2008 zweckmäßig sein könnte und zur Rechtssicherheit beitrüge. Die Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 25 Abs. 2 LV BW) erlaubt es dem Senat jedoch nicht, in § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 ein bestimmtes Handlungsformgebot hineinzuinterpretieren, für das es keinen rechtlichen Anhaltspunkt in der Verpackungsverordnung bzw. in den Materialien gibt. Das gilt umso mehr, als der Verordnungsgeber ausweislich der in § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 zur „Abstimmung“ getroffenen Vorschriften deutlich gemacht hat, wann welche formalen Vorgaben im Verhältnis zwischen dem Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger einzuhalten sind.
79 
bb) Die Frage des Vertragsschlusses (in der Form des § 57 LVwVfG) kann letztlich offen bleiben, da der Kläger einen Vertrag einfordert, der inhaltlich über die Maßgaben des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 hinausgeht. Auf freiwilliger Basis können die Beteiligten eine derartige Vereinbarung als Austauschvertrag (§ 56 LVwVfG) treffen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen (§ 54 Satz 1 LVwVfG). Beanspruchen kann der Kläger nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 jedoch nur eine solche Übereinkunft, die sich im Rahmen der Verordnungsbestimmung hält und bezüglich derer die Verhandlungen und Gestaltungsspielräume (mit dem potentiellen Vertragspartner) dergestalt eingeschränkt sind, dass allein die begehrte Vereinbarung den widerstreitenden Interessen angemessen Geltung (vgl. § 56 Abs. 1 S. 2 LVwVfG) verschafft (ebenso zum Anspruch auf Abschluss einer Abstimmungsvereinbarung zur Mitbenutzung der „Blauen Tonnen“ OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1428). Davon kann hier keine Rede sein. Der Senat konzentriert seine Ausführungen auf einige wesentliche Punkte.
80 
(1) Nach § 2 Abs. 4 des vom Kläger vorgelegten Vertragsentwurfs liegt die Ausgestaltung des Erfassungssystems im alleinigen Ermessen des Landkreises, also des Klägers. Es erschließt sich nicht von selbst, warum in diesem wichtigen Punkt nicht das Einvernehmen oder wenigstens das Benehmen mit dem Vertragspartner, d. h. der Beklagten, hergestellt werden muss. Der Senat vermag nicht zu erkennen, zumal zu diesem Regelungsvorschlag keine Begründung ersichtlich ist, warum von der Beklagten das Einverständnis mit einem so einseitigen „Bestimmungsrecht“ des Klägers nach §§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 geschuldet sein soll.
81 
(2) Die Regelung (§ 3 des Vertragsentwurfs) zur Überlassung eines Teils des unsortierten Sammelgemischs an die..., also die Beklagte, könnte auf freiwilliger Basis getroffen werden. Aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 lässt sich der Vorschlag des Klägers nicht ohne weiteres und schon gar nicht zwingend ableiten; das betrifft sowohl Inhalt und Umfang der Überlassung als auch deren Modalitäten. Denkbar ist zudem auch eine Vereinbarung, die die Abfallverwertung bezüglich der PPK-Abfälle zu 100% dem Kläger überlässt und die Beklagte zu einem bestimmten Prozentsatz am Verwertungserlös beteiligt.
82 
Damit ist nichts zur Zweckmäßigkeit oder Vernünftigkeit der vom Kläger vorgeschlagenen Regelung ausgesagt. Dies zu beurteilen, ist nicht die Aufgabe des Senats im vorliegenden Rechtsstreit, sondern Angelegenheit der (potentiellen) Vertragspartner. Da der Kläger jedoch die Verurteilung der Beklagten zum Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrages begehrt, so dass bei einer erfolgreichen Leistungsklage der Beklagten ein Vertrag mit einem bestimmten Inhalt aufgezwungen würde, muss zur Überzeugung des Senats zweifelsfrei feststehen, dass zur Ausbalancierung der konfligierenden Interessen allein die vom Kläger vorgeschlagene Regelung in Betracht kommt. Derartiges lässt sich in Bezug auf § 3 des Vertragsentwurfs § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht entnehmen.
83 
(3) Der Vertrag soll nach den Vorstellungen des Klägers unbefristet geschlossen werden; ein Kündigungsrecht wird nur dem Landkreis, also dem Kläger, eingeräumt (§ 5 des Vertragsentwurfs), nicht jedoch der... (d. h. der Beklagten). Eine solche Verteilung von Rechten und Pflichten in Bezug auf die Vertragsdauer lässt sich – gleichsam alternativlos – aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht herleiten, so dass auch von daher die begehrte Abgabe der Willenserklärung der Beklagten zum Vertragsschluss nicht verlangt werden kann. Zwar wendet der Kläger – insoweit zutreffend (vgl. unten II. 2. a cc (2) und ee) – ein, dass die Abstimmung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008) eine Dauerpflicht sei; daraus folgt aber nicht zwingend, dass die Mitbenutzung im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 ebenfalls als eine auf Dauer angelegte, unbefristete und ohne Kündigungsrecht des Systembetreibers ausgestaltete Pflicht reglementiert werden muss. Ein derartiges Junktim, das der Kläger postuliert, ist weder von der Verpackungsverordnung vorgegeben (a) noch ohne weiteres mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen des Verwaltungsvertragsrechts zu vereinbaren (b).
84 
(a) § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 unterscheidet rechtlich eindeutig zwischen „Abstimmung“ (bezogen auf das Verhältnis zwischen dem Dualen System im Sinne des § 6 Abs. 3 VerpackV 2008 und vorhandenen Sammelsystemen öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) und „Mitbenutzung“ (jener Sammelsysteme durch den privaten Systembetreiber). Ob diese Differenzierung zweckmäßig ist und die Ebene der „Mitbenutzung“ vom Verordnungsgeber sachlich sinnvoll und praktisch handhabbar ausgestaltet worden ist, hat der Senat nicht zu entscheiden; dass Zweifel insoweit angebracht sind, zeigt der vorliegende Rechtsstreit.
85 
Hintergrund des geltenden Rechts ist die mit der Verpackungsverordnung getroffene konzeptionelle Entscheidung, die Aufgabe der Entsorgung gebrauchter Verpackungen aus dem Bereich der öffentlichen Abfallentsorgung herauszunehmen und der Privatwirtschaft zuzuordnen, die die Erfassung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher (sowie die Verwertung der Abfälle) einem behördlich festgestellten System überträgt, das verordnungsrechtlich einem abfallrechtlichen Sonderregime untersteht (HessVGH, Beschl. v. 20.8.1999 – 8 TG 3140/98 – NVwZ 2000, 92, 94 und 95; HessVGH, Urt. v. 16.7.2003 – 6 UE 3127/01 – GewArch 2004, 36, 37 = ZUR 2004, 42, 43). Diese Systementscheidung hat der (Gesetz- bzw.) Verordnungsgeber jedoch nicht mit einem Wegfall der Zuständigkeit öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für die Entsorgung verwertbarer Verkaufsverpackungen aus privaten Haushalten verknüpft. Im Gegenteil, mangels Einführung eines Anschluss- und Benutzungszwangs hinsichtlich des privatwirtschaftlich organisierten Dualen Systems bleiben die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die nicht an das private System zurückgegebenen Verpackungsabfälle nach § 20 Abs. 1 KrWG n. F. (subsidiär) zuständig und müssen insoweit ihrer gesetzlichen Entsorgungspflicht nachkommen (VG Gießen, Urt. v. 31.1.2001 – 6 E 1972/97 – NVwZ 2002, 238, 239; Baars, NVwZ 2000, 42, 44; ders., NVwZ 2002, 309; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 50). Diese „latente“ Entsorgungspflicht der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (so Baars, in: Fluck, KrW-/AbfG, 63. Lfg. Mai 2006, § 6 VerpackV RdNr. 105) bedingt die Vorhaltung eigener kommunaler Sammelsysteme. Idealtypisch ist in der Verpackungsverordnung das Nebeneinander von privater und öffentlicher Abfallwirtschaft angelegt, so dass zwei operativ agierende Systeme bestehen könn(t)en. Selbst der Kläger hat noch in der Klageschrift – allerdings überspitzt und in der Absolutheit, wie dargestellt, unzutreffend – die „alleinige Verantwortlichkeit der Systembetreiber für die in der Entsorgungsinfrastruktur erfassten Verkaufsverpackungen“ sowie „keine Entsorgungsverantwortlichkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers“ postuliert (Bl. 55 d. A. des VG). Operativ tätig werdende Sammelsysteme privater Systembetreiber sind in der Verpackungsverordnung angelegt und durch § 6 Abs. 3 VerpackV sogar nahegelegt. Vor diesem Hintergrund ist die beinahe „absolute“ Bindung an die Entsorgungsinfrastruktur des Klägers, die § 5 des Vertragsentwurfs versucht, im Sinne einer rechtlich gebotenen Pflichtigkeit der Beklagten mit der Verpackungsverordnung kaum zu vereinbaren, jedenfalls aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht herzuleiten.
86 
Die Abstimmungspflicht nach § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 besteht unabhängig davon, ob der Systembetreiber selbst mit einem eigenen Sammelsystemen operativ tätig wird oder die vorhandene kommunale Entsorgungsinfrastruktur mitbenutzt. Das aber bedeutet, dass der Systembetreiber verordnungsrechtlich frei darin ist, ein eigenes Sammelsystem einzurichten oder Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers mitzubenutzen (vgl. § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV 2008, der jene Option voraussetzt, weil das in der Bestimmung normierte Wahlrecht ansonsten keinen Sinn macht). Ob und wie sich der Systembetreiber durch die Abstimmung (Abstimmungserklärung oder Abstimmungsvereinbarung, dazu unten II. 2. a dd) an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bindet (dazu unten II. 2. a ee), ist auf einer anderen rechtlichen Ebene angesiedelt. § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass der Systembetreiber seine verordnungsrechtlich begründete Wahlfreiheit aufgeben und in einemMitbenutzungsvertrag eine Vereinbarung eingehen muss, wie sie der Kläger in § 5 seines Vertragsentwurfs vorschlägt.
87 
(b) Angesichts der Lückenhaftigkeit des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 in Bezug auf Mitbenutzungsregelungen, die der Systembetreiber und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger vereinbaren (können), ist zur Vervollständigung der rechtlichen Rahmenbedingungen ergänzend auf §§ 54 ff. LVwVfG zurückzugreifen. Der Senat lässt offen, ob der Kläger mit seinem Vertragsentwurf die Anforderungen des § 56 LVwVfG (hinreichend) beachtet hat. Der Regelungsvorschlag des Klägers zu Vertragsdauer und Kündigung (§ 5 des Entwurfs) steht jedenfalls nicht in Einklang mit § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG, der jeder Vertragspartei ein Kündigungsrecht einräumt. Diese Bestimmung enthält zwingendes Recht, das durch Vertrag nicht abbedungen werden kann und nur durch vorrangige Spezialregelungen verdrängt wird (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 60 RdNr. 6; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 60 RdNr. 1). Eine derartige Spezialbestimmung kann (möglicherweise) in § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008 gesehen werden. Diese Vorschrift betrifft indes allein die Abstimmung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008), nicht aber dieMitbenutzung (§ 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008), um die allein es im vorliegenden Zusammenhang geht. Auch vor dem Hintergrund des § 60 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG ist demnach nicht zu erkennen, wie die Beklagte gegen ihren Willen zu der vom Kläger vorgeschlagenen Regelung in § 5 des Vertragsentwurfs gezwungen werden kann.
88 
(4) Der Senat kann offen lassen, wie weitere der vom Kläger angestrebten vertraglichen Regelungen rechtlich zu beurteilen sind. Am Beispiel von drei Einzelregelungen hat die Prüfung ergeben, dass diese (Entwurfs-)Be-stimmungen auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht eingefordert werden können. Da mit dem Hauptantrag die Verurteilung der Beklagten begehrt wird, „den“ als Anlage 1 zur Berufungsbegründungsschrift vorgelegten Vertrag zu schließen, genügt zur Abweisung der Klage insoweit, dass eine bestimmte vertragliche Regelung von der Beklagten nicht geschuldet ist. Dieser Befund hat sich hier gleich in drei Punkten herausgestellt. Der Kläger kann daher von der Beklagten die Abgabe der eingeforderten Willenserklärung zum Vertragsschluss nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht beanspruchen. Der Hauptantrag ist unbegründet.
89 
2. Die Klage ist begründet, soweit der Kläger mit dem 4. Hilfsantrag die Mitbenutzung der in dem Antrag aufgelisteten Entsorgungseinrichtungen und die Pflicht der Beklagten zur Entrichtung eines in Anlehnung an kommunalabgabenrechtliche Kalkulationsgrundsätze und unter Berücksichtigung des Kooperationsprinzips zu berechnenden angemessenen Entgelts festgestellt wissen will. Den ersten drei Hilfsanträgen muss der Erfolg versagt bleiben. Der 5. Hilfsantrag ist nicht zu bescheiden, da der 4. Hilfsantrag Erfolg hat.
90 
a) Die Pflicht der Beklagten zur Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen des Klägers für die PPK-Abfälle ergibt sich aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008.
91 
aa) Der Kläger ist berechtigt, die Mitbenutzungspflicht einzufordern. Er ist in seinem Landkreisgebiet „öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger“. Dies ergibt sich aus § 20 i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG und § 6 Abs. 1 LAbfG.
92 
bb) Die Mitbenutzungspflicht trifft das „System“ im Sinne des § 6 Abs. 3 VerpackV 2008, also den Systembetreiber (vgl. Satz 2). Das ist die Beklagte. Die am 22. Dezember 1992 vom Umweltministerium Baden-Württemberg nach § 6 Abs. 3 VerpackV 1991 getroffene Systemfeststellung („regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim Endverbraucher oder in der Nähe des Endverbrauchers in ausreichender Weise gewährleistet“) gilt nach wie vor. Die Feststellung der „Rechtstatsache“ (so Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 82) hat bislang keine Änderung erfahren. Die Systemfeststellung, die rechtsdogmatisch einen begünstigenden Verwaltungsakt darstellt (HessVGH, Beschl. v. 20.8.1999 – 8 TG 3140/98 – NVwZ 2000, 92, 93 f.; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 70), bleibt wirksam (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), solange sie nicht widerrufen ist (vgl. § 6 Abs. 6 VerpackV 2008). Ein Widerruf ist bislang nicht ausgesprochen worden. Dies hat das Landesumweltministerium (gegenüber dem Kläger) ausdrücklich bestätigt.
93 
cc) Gegenstand der Mitbenutzung sind gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 „Einrichtungen“ des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Die vom Kläger im 4. Hilfsantrag vorgenommene Auflistung (Container, Müllgroßbehälter, Sammelfahrzeuge – jeweils mit genauer Spezifizierung) erfüllt diese Voraussetzung.
94 
(1) Die von der Beklagten erhobenen Einwände, die darauf hinauslaufen, nur die Erfassungsgefäße dem Begriff der Einrichtung zuzuordnen, überzeugen nicht. Der Begriff „Einrichtungen“ ist in einem weiten Sinne zu verstehen und umfasst als Sachgesamtheit sächliche und personelle Substrate, die in einem funktionalen Sinne der „Sammlung“ gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 dienen (Bonk a.a.O. S. 28). Es geht um Einrichtungen der Kommune als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger. Folglich ist zur Begriffsbestimmung, da die Verpackungsverordnung dazu nichts sagt, auf das kommunalrechtliche Verständnis des Begriffs „Einrichtung“ (§ 10 Abs. 2 S. 1 GemO, § 2 Abs. 2 LKrO) zurückzugreifen. Darunter ist eine organisatorische Zusammenfassung sächlicher und personeller Mittel zu verstehen, welche die kommunale Körperschaft im Rahmen ihrer Aufgaben geschaffen hat und Berechtigten zur unmittelbaren Benutzung zur Verfügung stellt (VGH BW, Urt. v. 9.1.1996 – 2 S 2757/95 – NVwZ-RR 1997, 123).
95 
Abfallrechtlich korrespondiert mit diesem weiten Begriffsverständnis am ehesten der Begriff „Sammelsysteme“ (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008), der offenbar in der Sache nichts anderes meint als der Begriff „Einrichtungen“. Zutreffend wird im Schrifttum betont, dass „Einrichtungen“ nach der Systematik der Verpackungsverordnung alle Bestandteile des öffentlichen Sammelsystems im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 sind (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14). Es ist vor diesem Hintergrund nicht zweifelhaft, dass die vom Kläger aufgelisteten Vorrichtungen (Container, Müllgroßbehälter, Sammelfahrzeuge) und die zur Sammlung der PPK-Abfälle einzusetzenden Personen „Einrichtungen“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 sind. Davon geht letztlich auch die Beklagte in ihrem im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Antrag (Bl. 159 f. d. A.) aus. Unberührt von der Begriffsbestimmung bleibt die – eigenständig zu beantwortende (vgl. unten II. 2. a dd) – Frage nach der „Erforderlichkeit“ der Mitbenutzung.
96 
(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht etwa „einrichtungsbezogen“ dergestalt restriktiv zu deuten, dass tatbestandlich nur solche „Einrichtungen“ erfasst würden, in die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger schonvor Einrichtung eines Dualen Systems investiert hatte. Diese Ansicht wird – unter Hinweis auf den Wortlaut des § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008 („vorhandene“ Sammelsysteme) und den vom Bundesrat 1991 intendierten Investitionsschutz der Kommunen (BR-Drucks. 236/91 S. 16) – zur gebotenen Abstimmung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008) in Rechtsprechung und Schrifttum ebenfalls vertreten (VG Würzburg, Urt. v. 25.10.2005 – W 4 K 05.411 – juris RdNr. 58, 60; Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 68; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 57). Dieser Prämisse folgt die These, da der Mitbenutzungsanspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht weiter gehen könne als die Abstimmungsverpflichtung nach § 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV 2008, sei sie grundsätzlich auf die im Zeitpunkt der Systemeinrichtung vorhandenen Sammeleinrichtungen beschränkt (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 58, mit Relativierung zur Erneuerung von Sammelbehältnissen). Nach diesem restriktiven Verständnis könnte die Mitbenutzungspflicht bezüglich der im Jahr 2008 vom Kläger eingeführten „Blauen Tonnen“ in Frage gestellt werden.
97 
Diese Auffassung verkennt, dass es sich bei dem Rechtsverhältnis zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem Systembetreiber um ein Dauerrechtsverhältnis handelt, so dass sich eine statische Betrachtung von vornherein verbietet (OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1427). Dass die Verpackungsverordnung selbst von einer Dauerrechtsbeziehung ausgeht, ergibt sich unzweideutig aus § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008; denn die Anpassungsklausel macht nur Sinn, wenn und weil die Abstimmung kein punktuelles Ereignis ist. Es macht auch wenig Sinn, der Fünften Novelle zur Verpackungsverordnung von 2008 zu unterstellen, der Begriff „vorhanden“ beziehe sich auf die Anfang der 1990er Jahre existenten Sammelsysteme (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 14, nennt eine solche Deutung „unsinnig“). Der Begriff „vorhanden“ lässt sich in zeitlicher Hinsicht sinnvoll nur so verstehen, dass es auf den Zeitpunkt und Zeitraum der Abstimmung bzw. (im vorliegenden Zusammenhang) der Mitbenutzung(sregelung) ankommt. Beim Neuerlass der Verpackungsverordnung 1998 hat der Bundesrat zur Begründung der von ihm durchgesetzten Einfügung der Sätze 3 bis 8 in § 6 Abs. 3 VerpackV 1998 zutreffend die „ständige Abstimmung zwischen einem privaten Systembetreiber und der Kommune“ eingefordert, weil nur so eine ordnungsgemäße Entsorgung von Verpackungsabfällen gewährleistet werden könne (BT-Drucks. 13/10943 S. 34). Dies macht deutlich, dass der entstehungsgeschichtliche Hinweis zur Verpackungsverordnung 1991 Sinn und Zweck der Abstimmung nach den Verpackungsverordnungen 1998 und 2008 nicht vollständig erfasst (OVG NW a.a.O.; ferner Bonk a.a.O. S. 26: „kein bundesrechtliches Verbot zum Ausbau und zur Neugründung bisher nicht vorhandener öffentlich-rechtlicher Entsorgungssysteme“). Nichts anderes gilt für die Mitbenutzung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008, zumal der Verordnungstext dazu nicht einmal die Einschränkung „vorhandene“ Einrichtungen vornimmt.
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dd) Die vom Kläger verlangte Mitbenutzung seiner Einrichtungen ist im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 für die Sammlung von Materialien der in Anhang I zu § 6 genannten Art auch „erforderlich“. Die Mitbenutzung muss nicht etwa, wie die Beklagte meint, „unerlässlich“ sein. Dies fordert der Verordnungstext gerade nicht. Zudem kommt es bei der Beurteilung dessen, was „erforderlich“ ist, nicht einseitig auf die Sicht des Systembetreibers an; zur Beurteilung ist ein objektiver Maßstab heranzuziehen (Bonk a.a.O. S. 28). Danach ist die „Erforderlichkeit“ – jedenfalls – dann zu bejahen, wenn die Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers für die (Mit-)Er-fassung von Verkaufsverpackungen tatsächlich benötigt werden (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15). Das ist hier schon deshalb der Fall, weil die Beklagte im Entsorgungsgebiet des Klägers über ein eigenes, operativ agierendes PPK-Erfassungssystem nicht verfügt. Die Beklagte ist auf die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers daher angewiesen.
99 
Hiergegen verfängt der Einwand der Beklagten, sie könne ein eigenes Sammelsystem aufbauen und die Sammlung der PPK-Fraktion selbst durchführen, nicht. Das mag technisch möglich sein. Um die „Erforderlichkeit“ gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 verneinen zu können, muss die Einrichtung eines eigenen Sammelsystems der Beklagten jedoch auch rechtlich möglich sein. Daran fehlt es hier. In der „Abstimmungserklärung“ der Beteiligten vom 2./14. Juli 1992 ist unter III. 1. in Satz 1 und 2 bestimmt:
100 
„Für den Bürger gibt es nur ein einheitliches Wertstofferfassungssystem. Das Duale System sammelt alle gebrauchten Verkaufsverpackungen unabhängig von der Kennzeichnung mit dem Lizenzzeichen ‘Grüner Punkt‘ ein sowie nach näherer Absprache zwischen dem Landkreis ... und der ..., die auch einen Kostenausgleich erhält, auch alle anderen Wertstoffe, die für den gleichen Verwertungsweg wie die einschlägigen Verpackungsmaterialien geeignet sind.“
101 
Der Senat kann unentschieden lassen, wie diese „Abstimmungserklärung“, die von Vertretern beider Seiten unterzeichnet worden ist (Landrat für den Kläger, Geschäftsführer für die Beklagte), rechtsdogmatisch einzuordnen ist. Die Verpackungsverordnung normiert für die „Abstimmung“ keine bestimmte (verwaltungsrechtliche) Handlungsform (vgl. § 6 Abs. 4 S. 1 bis 3 VerpackV 2008); damit besteht Wahlfreiheit zwischen einem Abstimmungsvertrag und einer einseitigen Abstimmungserklärung (Müller/Rindfleisch, LKV 2006, 399, 400; Bonk a.a.O. S. 24 f.). In jedem Fall führt die getroffene „Abstimmung“ zu einer verwaltungsrechtlichen Sonderverbindung („verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis“), die ein Dauerrechtsverhältnis darstellt (OVG NW a.a.O.; Baars, NVwZ 2000, 42, 43; Bonk a.a.O. S. 33 und S. 44). Solange eine getroffene „Abstimmung“ nicht geändert, gekündigt oder auf andere Weise aufgehoben worden ist, gilt sie fort und bestimmt die Rechte und Pflichten der Beteiligten im betroffenen Entsorgungsgebiet (VG Würzburg, Urt. v. 25.10.2005 – W 4 K 05.411 – juris RdNr. 55).
102 
An die in der „Abstimmungserklärung“ getroffene Festlegung auf „nur ein einheitliches Wertstofferfassungssystem“ im Landkreisgebiet des Klägers ist die Beklagte nach wie vor rechtlich gebunden. Dass sie nach der Verpackungsverordnung an sich ein eigenes PPK-Sammelsystem aufbauen könnte, führt hier nicht weiter, solange die mit dem Kläger getroffene „Abstimmung“ rechtlich Bestand hat. Das ist unstreitig der Fall. Die Absichtsbekundung der Beklagten vom 7. Februar 2011, ein eigenes System zur Sammlung von PPK-Verkaufsverpackungen im Entsorgungsgebiet des Klägers aufbauen zu wollen, hat dieser zurückgewiesen. Eine Änderung der „Abstimmungserklärung“ hat demnach bislang nicht stattgefunden. Auch eine Anpassung der „Abstimmung“ auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008 ist bisher nicht vorgenommen worden. Ist demnach die „Abstimmungserklärung“ von 1992 in Bezug auf das eine Sammelsystem im Entsorgungsgebiet des Klägers unverändert bestimmend, ist die Beklagte am Aufbau eines eigenen Sammelsystems rechtlich gehindert. Folglich ist die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nach wie vor „erforderlich“.
103 
Die rechtliche Bindung der Beklagten an die „Abstimmungserklärung“ von 1992 – mit der Folge der „erforderlichen“ Mitbenutzung von Einrichtungen des Klägers – entfällt nicht etwa deshalb, weil jene Abstimmungserklärung auch Sachverhalte regelt, die über die verordnungsrechtlich gebotenen Mindestanforderungen hinausgehen. Die Verpackungsverordnung unterscheidet seit jeher zwischen notwendigen und sonstigen Inhalten der Abstimmung. Die notwendigen Inhalte (§ 6 Abs. 3 Satz 2 und 4 VerpackV 1991, § 6 Abs. 3 Satz 4 und 7 VerpackV 1998, § 6 Abs. 4 Satz 1 und 4 VerpackV 2008) sind Voraussetzung für die Systemfeststellung (§ 6 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Satz 6 VerpackV 1991, § 6 Abs. 3 Satz 6 i. V. m. Satz 11 VerpackV 1998, § 6 Abs. 4 Satz 2 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 VerpackV 2008). Den Beteiligten steht es aber frei, in die Abstimmung weitere Punkte einzubeziehen und diese zu regeln (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 56). Zulässig ist insbesondere die Verständigung auf ein Erfassungssystem in dem betreffenden Entsorgungsgebiet. Dadurch kann – im beiderseitigen Interesse – die Zerschlagung bestehender Entsorgungsstrukturen verhindert und der Aufbau – kostspieliger – Doppelstrukturen vermieden werden (Bonk a.a.O. S. 26).
104 
Die Beklagte musste sich demnach nicht auf die Regelung einlassen, dass im Entsorgungsgebiet des Klägers nur ein Erfassungssystem für die PPK-Verpackungsabfälle vorgehalten wird, aber sie durfte diese Regelung eingehen. Dann aber ist sie, solange die getroffene Abstimmung Bestand hat, rechtlich gebunden. Dass eine Vereinbarung über die Entgelthöhe in der „Abstimmungserklärung“ nicht getroffen worden ist, ist rechtlich unerheblich; denn die Festlegung der Höhe von Mitbenutzungsentgelten ist nicht notwendiger Bestandteil der Abstimmung (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 56 und RdNr. 61). Das zeigt nicht nur der Vergleich zwischen § 6 Abs. 4 Satz 1 und Satz 5 VerpackV 2008, sondern auch die in Abs. 4 Satz 7 getroffene Bestimmung; der Verordnungsgeber gibt danach unmissverständlich zu erkennen, wann die „Abstimmung“ mit der Entgeltfrage verkoppelt ist und wann die Entgeltregelung erst auf der Ebene der „Mitbenutzung“ relevant wird. Ob diese Differenzierung zweckmäßig ist, hat der Senat nicht zu entscheiden. Hier geht es nur um die – zu bejahende – Frage der Bindung der Beklagten an die 1992 getroffene „Abstimmungserklärung“.
105 
ee) Das Verlangen des Klägers nach Mitbenutzung eigener Entsorgungseinrichtungen durch die Beklagte leidet schließlich auch nicht an einem Ermessensfehler. Während die „Abstimmung“ mit den verordnungsrechtlich vorgeschriebenen Mindestgehalten geboten und Voraussetzung für die Systemfeststellung ist, hat der Verordnungsgeber die „Mitbenutzung“ einer bloßen „kann“-Regelung unterworfen. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ist folglich nicht verpflichtet, den Mitbenutzungsanspruch nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 geltend zu machen; ihm ist verordnungsrechtlich eine Befugnis hierzu eingeräumt. Von dieser Berechtigung des Hoheitsträgers muss insbesondere willkürfrei Gebrauch gemacht werden; auch das Übermaßverbot ist zu beachten, soweit ihm jenseits des Merkmals „erforderlich“ in § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 noch eine Direktionskraft zukommt.
106 
Die über die bloße „Abstimmung“ von nebeneinander bestehenden Sammelsystemen hinausgehende „Mitbenutzung“ eines vorhandenen Systems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wird insbesondere dann rechtsfehlerfrei verlangt, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger für eine bestimmte Entsorgungsaufgabe (wie bei der PPK-Fraktion) ohnehin zuständig bleibt (dazu oben II. 1. b bb (3) (a)), so dass (an sich) in einem bestimmten Entsorgungsgebiet die Entsorgung durch einen privaten Systembetreiber und die kommunale PPK-Entsorgung aufeinandertreffen (VG Würzburg, Urt. v. 25.10.2005 – W 4 K 05.411 – juris RdNr. 53 unter Hinweis auf Bundeskartellamt, Beschl. v. 6.5.2004, Az.: B 10-37202-N-97/02-1, RdNr. 72). In einer solchen Konstellation kann in dem Dauerrechtsverhältnis der Verzicht auf eine Errichtung von Doppelstrukturen, obwohl von der Verpackungsverordnung nicht verboten, in hohem Maße sachangemessen sein, da der Sorge des Verordnungsgebers, dass sich „ein nicht abgestimmtes Nebeneinander von Erfassungssystemen“ negativ auf die ordnungsgemäße Abfallentsorgung auswirken kann (BT-Drucks. 13/10943 S. 34), von vornherein die Grundlage entzogen wird. Der Einwand der Beklagten, es finde eine unzulässige „Rekommunalisierung“ der Entsorgung von PPK-Abfällen statt, geht folglich ins Leere – abgesehen davon, dass es sich dabei um keinen von der Verpackungsverordnung verwendeten Rechtsbegriff handelt.
107 
Im vorliegenden Streitfall kommt hinzu, dass die vom Kläger verlangte Mitbenutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen nicht nur „erforderlich“, sondern – da die Beklagte über ein eigenes operativ agierendes System nicht verfügt – sogar unabweisbar ist. Die Geltendmachung des Mitbenutzungsanspruchs gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 durch den Kläger ist daher angesichts der gegebenen Sach- und Rechtslage (insbesondere „Abstimmungserklärung“) in jeder Hinsicht (sach)angemessen.
108 
b) Die von dem Kläger begehrte gerichtliche Entscheidung zur Herausgabe von Abfällen an die Beklagte findet in der Verpackungsverordnung keine Grundlage. Die rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten werden verordnungsrechtlich durch § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 geprägt; Regelungsgegenstände sind die Abstimmung (Satz 1 bis 4, Satz 9 und 11), die Übernahme bzw. Mitbenutzung von Einrichtungen (Satz 5 und 6), die Erfassung stoffgleicher Nicht-Verpackungsabfälle (Satz 7), die Mitfinanzierung spezifischer kommunaler Angebote durch den Systembetreiber (Satz 8) und die Unterwerfung unter eine Abstimmung (Satz 10). Die Aufteilung von PPK-Abfällen zwischen dem privaten Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ist in der Verpackungsverordnung keiner Regelung unterzogen und damit der Vereinbarung der Beteiligten überlassen. Mangels rechtlicher Grundlage kann der Kläger daher eine bestimmte Aufteilung der PPK-Verkaufsverpackungen nicht beanspruchen. Schon aus diesem Grunde ist der 1. Hilfsantrag unbegründet.
109 
c) Der Kläger hat jedoch gemäß § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 einen Anspruch darauf, dass das von der Beklagten für die Mitbenutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen zu leistende „angemessene Entgelt“ in Orientierung an kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätzen sowie unter Berücksichtigung des dem § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 zugrunde liegenden Kooperationsprinzips ermittelt wird. Dies muss allerdings nicht zwingend nach dem Muster der Kalkulation in Anlage 2 zu der Berufungsbegründungsschrift geschehen. Der 2. Hilfsantrag ist demnach unbegründet, ebenso der das Kooperationsprinzip ausblendende 3. Hilfsantrag, der 4. Hilfsantrag ist hingegen begründet; der 5. Hilfsantrag ist nicht mehr zu bescheiden.
110 
aa) Der Verordnungsgeber hat keine Begriffsbestimmung zu dem Merkmal „angemessenes Entgelt“ vorgenommen. Er hat nicht einmal Parameter aufgezeigt, anhand derer die Rechtsanwendung eine Orientierung finden könnte. Auch die Materialien geben keinen Aufschluss darüber, wie die „Angemessenheit“ des Entgelts ermittelt werden soll (vgl. BR-Drucks. 236/91 S. 16 zur VerpackV 1991, BT-Drucks. 13/10943 S. 26 und S. 34 zur VerpackV 1998, BT-Drucks. 16/7954 S. 21 zur VerpackV 2008). Sicherlich zutreffend ist der Hinweis, dass auf den Einzelfall abzustellen und nach Maßgabe der für die Schaffung und Unterhaltung der mitbenutzten Einrichtungen entstehenden Kosten und des Maßes der Inanspruchnahme zu urteilen ist (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15). Damit ist aber lediglich eine erste Groborientierung gegeben, die noch keine in Zahlen auszudrückende Ermittlung des Entgelts erlaubt.
111 
Ein einseitiges Bestimmungsrecht ist keinem der Beteiligten durch die Verpackungsverordnung eingeräumt. Der Rückgriff auf § 315 Abs. 3 BGB (OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1428: Rechtsgedanke von § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kann herangezogen werden) ist schon im Zivilrecht nicht voraussetzungslos möglich; denn die §§ 315 ff. BGB sind nicht anwendbar, soweit die Leistung durch ergänzende Vertragsauslegung bestimmt werden kann (BGH, Urt. v. 4.4.2006 – XZR 122/05 – NJW 2006, 2472; Stadler, in: Jauernig, BGB, 14. Aufl. 2011, § 315 RdNr. 3 m. w. Nachw.). Für die Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 bedeutet dies, dass eine Entscheidung nach „billigem Ermessen“ nur in Betracht kommt, wenn andere, näherliegende Methoden zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ nicht zur Verfügung stehen. Das trifft nicht zu. Jedenfalls das Kommunalabgabenrecht bietet maßgebliche Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Frage. Ähnliches könnte für ein strukturiertes und systematisch aufbereitetes Preisbildungsmodell nach Wettbewerbsgesichtspunkten gelten, dessen Entwicklung der Beklagten obliegt.
112 
bb) Soweit der Kläger die Entsorgungsverantwortlichkeit für PPK-Abfälle nach § 20 KrWG behält, erfolgt die Gebührenberechnung nach dem Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg (KAG BW). Es liegt daher nahe, im Rahmen des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ jedenfalls auch auf die kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätze zurückzugreifen (Bonk a.a.O. S. 29). Denn wenn ein bestimmtes Sammelsystem sowohl vom privaten Systembetreiber (§ 6 Abs. 3 VerpackV 2008) als auch von Abfallerzeugern und Abfallbesitzern (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG) genutzt wird bzw. genutzt werden kann, spricht zunächst alles dafür, dass die Zahlungspflichten der einzelnen Nutzer nach denselben Kalkulationsgrundsätzen ermittelt werden. Im eigenverantwortlichen Entsorgungsbereich des Klägers sind §§ 13 ff., 18 KAG BW maßgebend.
113 
Die Heranziehung der kommunalabgabenrechtlichen Vorgaben kann im vorliegenden Zusammenhang aber nicht gleichsam „eins zu eins“ erfolgen. Denn die Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 geschieht nicht, wie im Kommunalabgabenrecht üblich, im Rahmen eines Subordinationsverhältnisses, sondern – jedenfalls dem Grunde nach – in einer Verhandlungssituation. Deshalb ist zur Bemessung des Entgelts lediglich eine Orientierung an den gebührenrechtlichen Grundsätzen (unter Einschluss des Äquivalenzprinzips und des Kostendeckungsprinzips) angezeigt (Dieckmann, AbfallR 2009, 11, 15; Flanderka/Stroetmann/Sieberger a.a.O. § 6 RdNr. 72; Roder a.a.O. § 6 RdNr. 61). Das § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 prägende Kooperationsprinzip darf daneben nicht unberücksichtigt bleiben.
114 
Schon diese Relativierung entkräftet den Einwand der Beklagten, auf das (hoheitliche) Kommunalabgabenrecht dürfe wegen des hier geltenden verpackungsrechtlichen Konsensualprinzips nicht zurückgegriffen werden. Denn die bloße Orientierung am Kommunalabgabenrecht verleiht der Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ einerseits zwar System, Kontur und Substanz (und ist damit der bloßen „Billigkeit“ entsprechend § 315 Abs. 3 BGB deutlich überlegen), lässt andererseits jedoch Raum für Verhandlungen, Abweichungen und Kompromisse (in diesem Sinne versteht der Senat die zuletzt nochmals von dem Kläger präzisierte Haltung, Bl. 625 d. A.). Unabhängig davon wäre die Einlassung der Beklagten mindestens missverständlich, wenn sie das „Konsensualprinzip“ im Sinne einer strikten Rechtsregel verstanden wissen wollte. Im Rechtssinne wird das auf die Verpackungsverordnung gemünzte „Kooperationsprinzip“ seit jeher als generelles Leitbild und allgemeine Ordnungsidee verstanden (vgl. BVerfG, Urt. v. 7.5.1998 – 2 BvR 1991, 2004/95 – E 98, 106, 130 f.; VG Gießen, Urt. v. 31.1.2001 – 6 E 1972/97 – NVwZ 2002, 238, 239); das gilt ebenso für § 6 Abs. 4 VerpackV 2008 (vgl. HessVGH, Beschl. v. 20.8.1999 – 8 TG 3140/98 – NVwZ 2000, 92, 97). Im Übrigen schließt das grundsätzlich vom Gedanken der Kooperation und des Konsenses geprägte Verhältnis zwischen dem privaten Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger den Rückgriff auf das Ordnungsrecht bei fehlendem oder ungenügendem Zusammenwirken der Kooperationspartner keineswegs aus (VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.11.2004 – 17 L 3190/04 – juris RdNr. 69). Folgerichtig betont der Verordnungsgeber, dass sich der ordnungsrechtliche Ansatz und das Kooperationsprinzip in der konkreten positivrechtlichen Ausprägung ergänzten (BT-Drucks. 13/10943 S. 19 zu § 6 Abs. 3 VerpackV 1998; zuvor ebenso BT-Drucks. 13/5999 S. 14 und BT-Drucks. 13/7761 S. 17). Ausweislich des geltenden Rechts ist es daher nicht zutreffend, einseitig das Kooperations- oder Konsensualprinzip als Leitmaxime in den Vordergrund zu schieben (Koch, NVwZ 1998, 1155, 1157; Sproll, UPR 1999, 129, 132).
115 
Erfolgt die Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV somit in Orientierung an kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätzen, kann nur dem 4. Hilfsantrag stattgegeben werden, während dem 3. Hilfsantrag der Erfolg versagt bleiben muss. Denn dieser Antrag will das Entgelt nach einem bestimmten Kalkulationsmuster ermitteln. Konsensuale Elemente in dem hier skizzierten Sinne werden – zu Unrecht – nicht berücksichtigt.
116 
cc) Der Senat weist abschließend darauf hin, dass eine Einigung zwischen den Beteiligten auf der Grundlage dieses Urteils möglich, auf Grund der bestehenden Sach- und Rechtslage geboten und im Interesse der ordnungsgemäßen Abfallentsorgung wünschenswert ist. Das betrifft insbesondere die Methodik, also die Berechnungsschritte, sowie die Maßstäblichkeit des Volumen- bzw. Masseanteils der PPK-Fraktion. Die anzustrebende vertragliche Übereinkunft setzt allerdings eine echte Verständigungsbereitschaft und einen wirklichen Einigungswillen voraus. Beides ist seit etwa vier Jahren nicht in dem notwendigen (Mindest-)Maß ausgeprägt. Könnte nun auch nach der Durchführung dieses „Musterverfahrens“ eine Mitbenutzungsvereinbarung zwischen den Beteiligten nicht erreicht werden, müsste nach Überzeugung des Senats der Verordnungsgeber im Rahmen des § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 „nachsteuern“. Ob dies für die Beteiligten die bessere Lösung wäre, mag dahinstehen.
117 
Der Kläger hat auf der Grundlage des Kommunalabgabenrechts ein strukturiertes, methodisch reflektiertes und mit inhaltlicher Substanz angereichertes Berechnungsmodell zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ vorgelegt. Dadurch wird die öffentlich-rechtliche Rationalität der Preisbildung zum Ausdruck gebracht. Die Beklagte hat ein vergleichbares privatwirtschaftlich geprägtes „Gegenmodell“ bislang nicht präsentiert; wird das Kooperationsprinzip ernst genommen, obliegt es der Beklagten, nicht nur punktuell zur Entgeltermittlung Stellung zu nehmen, sondern einen ausgearbeiteten Vorschlag dem Modell des Klägers entgegenzustellen. In der mündlichen Verhandlung ist seitens der Beklagten pointiert zum Ausdruck gebracht worden, dass sie klare Vorstellungen zum „angemessenen Entgelt“ habe, die im Wettbewerb erzielbaren Entgelte kenne und über Expertise zur Preisbildung nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen verfüge. Auf dieser Grundlage sollte es der Beklagten möglich sein, zwecks Aktualisierung des Kooperationsprinzips ein kohärentes Gesamtkonzept zur Ermittlung des „angemessenen Entgelts“ vorzulegen; andernfalls müsste es mit der Orientierung am Kommunalabgabenrecht sein Bewenden haben.
118 
Zu einem Streitpunkt zwischen den Beteiligten ist die Frage nach dem Umfang der Verantwortlichkeit der Beklagten für die PPK-Fraktion im Entsorgungsgebiet geworden. Die Beklagte sieht ihre Verantwortlichkeit begrenzt auf die von ihr lizenzierten Verkaufsverpackungen. Diese Sichtweise wird in der Rechtsprechung – in Bezug auf eine Abstimmungsvereinbarung – geteilt (OVG NW, Urt. v. 14.7.2011 – 20 A 2467/08 – DVBl 2011, 1425, 1429). Demgegenüber wird betont, angesichts der umfassenden Verwertungspflicht nach § 6 Abs. 3 Satz 2 VerpackV 2008 sei es als angemessen anzusehen, wenn von den dualen Systemen auch eine Kostenbeteiligung für die Miterfassung nicht lizenzierter Verpackungen verlangt werde (Roder a.a.O. § 6 RdNr. 61). Der Senat weist darauf hin, dass diese Frage für die Beteiligten geklärt ist. Nicht nur die „Abstimmungserklärung“ schreibt unter III. 1. Satz 2 fest, dass das Duale System, also die Beklagte, alle gebrauchten Verkaufsverpackungen unabhängig von der Kennzeichnung mit dem Lizenzzeichen „Grüner Punkt“ einsammelt, auch die Systemfeststellung des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 22. Dezember 1992 trifft dazu eine eindeutige Regelung. Dort heißt es (S. 13 sub 5.): „Das System muß dabei alle Verkaufsverpackungen erfassen, unabhängig ob sie den 'Grüner Punkt' tragen“; ausdrücklich ausgenommen werden lediglich „Verpackungen, die üblicherweise und typischerweise nur bei industriellen und gewerblichen Endverbrauchern anfallen“. Diese Rechtsfolge der Systemfeststellung gilt uneingeschränkt. Weder hat bislang eine Anpassung der Abstimmungserklärung an veränderte Rahmenbedingungen (§ 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV 2008) stattgefunden, noch ist die Systemfeststellung verändert worden. Die Beklagte ist folglich nach wie vor in der umfassenden Verantwortlichkeit für die Einsammlung der PPK-Abfälle im Entsorgungsgebiet des Klägers.
B.
119 
Die Berufung der Beklagten kann in der Sache keinen Erfolg haben.
120 
Dies ergibt sich für ihren Hauptantrag ohne Weiteres aus den obigen Ausführungen zur Begründetheit des hinsichtlich der Mitbenutzungspflicht im Wesentlichen spiegelbildlichen 4. Hilfsantrags des Klägers (s.o. II.2.). In Bezug auf den Hilfsantrag der Beklagten, mit dem sie ihre etwaige Mitbenutzungspflicht unter den („Solange“-) Vorbehalt des Aufbaus einer eigenen Sammlungsinfrastruktur stellen will, folgt dies aus den obigen Darlegungen zur auf unabsehbare Zeit bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Erforderlichkeit der Mitbenutzung (s.o. II.2.a)dd)).
121 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. In der Sache hat der Kläger überwiegend obsiegt; er ist mit der Durchsetzung des von ihm geltend gemachten Mitbenutzungsanspruchs erfolgreich gewesen und hat außerdem erreicht, dass die Beklagte für die Mitbenutzung der Einrichtungen des Klägers ein jedenfalls auch nach kommunalabgabenrechtlichen Kalkulationsgrundsätzen zu ermittelndes angemessenes Entgelt zu entrichten hat.
122 
Die Zulassung der Revision stützt sich auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil zentrale Rechtsfragen zu § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV 2008 nicht geklärt sind und daher höchstrichterlich entschieden werden müssen. Der Rechtsstreit ist von den Beteiligten als „Musterverfahren“ angelegt und geführt worden; ihm kommt eine überregionale Bedeutung zu.
123 
Beschluss vom 24. Juli 2012
124 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 45 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1 und 2 sowie 52 Abs. 1 GKG auf1.200.000,00 EUR festgesetzt.
125 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die Vorschriften der §§ 677 bis 686 finden keine Anwendung, wenn jemand ein fremdes Geschäft in der Meinung besorgt, dass es sein eigenes sei.

(2) Behandelt jemand ein fremdes Geschäft als sein eigenes, obwohl er weiß, dass er nicht dazu berechtigt ist, so kann der Geschäftsherr die sich aus den §§ 677, 678, 681, 682 ergebenden Ansprüche geltend machen. Macht er sie geltend, so ist er dem Geschäftsführer nach § 684 Satz 1 verpflichtet.

Der Geschäftsführer hat die Übernahme der Geschäftsführung, sobald es tunlich ist, dem Geschäftsherrn anzuzeigen und, wenn nicht mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, dessen Entschließung abzuwarten. Im Übrigen finden auf die Verpflichtungen des Geschäftsführers die für einen Beauftragten geltenden Vorschriften der §§ 666 bis 668 entsprechende Anwendung.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

(1) Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben.

(2) Die Einigung des bisherigen Besitzers und des Erwerbers genügt zum Erwerb, wenn der Erwerber in der Lage ist, die Gewalt über die Sache auszuüben.

Besitzt jemand eine Sache als Nießbraucher, Pfandgläubiger, Pächter, Mieter, Verwahrer oder in einem ähnlichen Verhältnis, vermöge dessen er einem anderen gegenüber auf Zeit zum Besitz berechtigt oder verpflichtet ist, so ist auch der andere Besitzer (mittelbarer Besitz).

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

Übt jemand die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Haushalt oder Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis aus, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat, so ist nur der andere Besitzer.

(1) Wer eine herrenlose bewegliche Sache in Eigenbesitz nimmt, erwirbt das Eigentum an der Sache.

(2) Das Eigentum wird nicht erworben, wenn die Aneignung gesetzlich verboten ist oder wenn durch die Besitzergreifung das Aneignungsrecht eines anderen verletzt wird.

Eine bewegliche Sache wird herrenlos, wenn der Eigentümer in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten, den Besitz der Sache aufgibt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)