Bundesgerichtshof Urteil, 09. Nov. 2016 - VIII ZR 73/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:091116UVIIIZR73.16.0
bei uns veröffentlicht am09.11.2016
vorgehend
Amtsgericht München, 417 C 11029/15, 14.08.2015
Landgericht München I, 14 S 16950/15, 20.01.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 73/16 Verkündet am:
9. November 2016
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangt eine Abwägung der beiderseitigen Interessen
der Mietvertragsparteien und eine Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalles; hierzu gehören auch etwaige Härtegründe auf Seiten des Mieters
(Bestätigung des Senatsurteils vom 8. Dezember 2004 - VIII ZR 218/03,
NZM 2005, 300 unter II 3; hier: Besorgnis einer ernsthaften Verschlechterung
des Gesundheitszustands einer 97-jährigen, bettlägerigen Mieterin infolge
eines erzwungenen Wechsels der bisherigen häuslichen Umgebung und
Pflegesituation).

b) Bei drohenden schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen oder Lebensgefahr
sind die Gerichte im Hinblick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gehalten
, ihre Entscheidung auch verfassungsrechtlich auf eine tragfähige Grundlage
zu stellen und diesen Gefahren bei der Abwägung der widerstreitenden
Interessen hinreichend Rechnung zu tragen. Das kann bei der Gesamtabwägung
nach § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Folge haben - was vom Gericht im
Einzelfall zu prüfen ist -, dass ein wichtiger Grund für eine außerordentliche
Kündigung wegen besonders schwerwiegender persönlicher Härtegründe auf
Seiten des Mieters trotz seiner erheblichen Pflichtverletzung nicht vorliegt (im
Anschluss an Senatsurteil vom 8. Dezember 2004 - VIII ZR 218/03, NZM
2005, 300 unter II 4).
BGH, Urteil vom 9. November 2016 - VIII ZR 73/16 - LG München I
AG München
ECLI:DE:BGH:2016:091116UVIIIZR73.16.0

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom9. November 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger sowie die Richter Prof. Dr. Achilles, Dr. Schneider, Dr. Bünger und Kosziol

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I - 14. Zivilkammer - vom 20. Januar 2016 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die im Jahr 1919 geborene Beklagte zu 1 hat zusammen mit ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann von den Eltern (Rechtsvorgängern) der Klägerin im Jahr 1955 eine Dreizimmerwohnung in München S. und im Jahr 1963 zusätzlich eine in demselben Gebäude und Stockwerk gelegene Einzimmerwohnung angemietet. Die Klägerin selbst wohnt in W. .
2
Die (bettlägerige) Beklagte zu 1, für die wegen einer Demenzerkrankung eine Betreuung angeordnet ist, bewohnt die Dreizimmerwohnung. Der Beklagte zu 2 bewohnt seit dem Jahr 2000 die Einzimmerwohnung und pflegt die Beklagte zu 1 ganztägig. Er ist außerdem seit dem Jahr 2007 ihr Betreuer mit dem Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung und Vertretung gegenüber Behörden. Als weiterer Betreuer der Beklagten zu 1 ist ein Rechts- anwalt mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge, Wohnungsangelegenheiten und Kontrolle des zwischen den Beklagten abgeschlossenen Pflegevertrages bestellt.
3
Im Jahr 2007 äußerte die Klägerin gegenüber dem Betreuungsgericht Bedenken hinsichtlich der Person des Beklagten zu 2 als Betreuer. Im Jahr 2010 versuchte die Klägerin, bei dem Betreuungsgericht auf die Entbindung des Beklagten zu 2 hinzuwirken. Das Betreuungsgericht und die Landeshauptstadt München sprachen sich jedoch mit Rücksicht auf die als uneingeschränkt positiv beurteilte Pflege für eine Fortdauer der Betreuung und Pflege aus. Im Zeitraum 2010/2011 schrieb der Beklagte zu 2 wiederholt Briefe und E-Mails mit beleidigendem Inhalt an Nachbarn und die Klägerin. In der Folgezeit gab die Klägerin die Hausverwaltung an ihren geschiedenen Ehemann ab. Dieser wandte sich mit Schreiben vom 31. März 2015 an die Beklagten mit der Bitte, ein Fahrrad aus dem Hausflur zu entfernen. Dies lehnte der Beklagte zu 2 mit einer beleidigenden E-Mail an den Verwalter ab, unter anderem mit den Worten "eure beschissene/verschissene Anfeindungscharakter".
4
Die Klägerin erklärte daraufhin mit Anwaltsschreiben vom 21. April 2015, das an den als Betreuer der Beklagten zu 1 bestellten Rechtsanwalt als deren gesetzlichen Vertreter adressiert war, die fristlose Kündigung der Mietverhältnisse. Dies veranlasste den Beklagten zu 2 zu einer E-Mail vom 24. April 2015, in der er der Klägerin "Hausverbot" erteilte, "perverse Anfeindungstendenzen" beklagte und die Klägerin unter anderem als "feige Lästerin" bezeichnete. Die Klägerin kündigte daraufhin mit weiterem Anwaltsschreiben vom 27. April 2015 erneut fristlos und - nach einer weiteren grob beleidigenden E-Mail des Beklagten zu 2 an den Verwalter - nochmals mit Schreiben vom 6. Mai 2015.
5
Das Betreuungsgericht hat die Bestellung des Beklagten zu 2 als Betreuer der Beklagten zu 1 in Kenntnis seines Verhaltens aufrechterhalten.
6
Das Amtsgericht hat die auf Räumung und Herausgabe beider Wohnungen (gegen beide Beklagte) sowie auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten (insoweit nur gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage abgewiesen. Das Landgericht hat der Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehren die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision hat Erfolg.

I.

8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
9
Der Klägerin stehe der geltend gemachte Räumungs- und Herausgabeanspruch zu, weil jedenfalls die fristlose Kündigung vom 6. Mai 2015 nach § 543 Abs. 1 BGB begründet sei und die Mietverhältnisse mit der Beklagten zu 1 beendet habe. Der Beklagte zu 2 habe die Klägerin und ihre Hausverwaltung unter anderem als "Terroristen" und "naziähnlichen braunen Misthaufen" bezeichnet, die er "in den Knast schicken" und dazu veranlassen werde, "seine Stiefel und die benutzte Windel der Beklagten zu 1 zu lecken". Bei derart groben Beleidigungen liege die Unzumutbarkeit einer weiteren Vertragsfortsetzung auf der Hand. Es habe seitens der Klägerin auch keine Provokation vorgelegen, die das Verhalten des Beklagten zu 2 in einem milderen Licht erscheinen lasse. Vielmehr habe die Klägerin, soweit aus den Akten ersichtlich, stets einen sachlichen Ton bewahrt.
10
Die Beklagte zu 1 als Mieterin habe die Beleidigungen zwar weder selbst ausgesprochen noch gutgeheißen. Sie müsse sich aber das schuldhafte Verhalten des Beklagten zu 2 zurechnen lassen, weil sie diesem die Einzimmerwohnung zum selbständigen Gebrauch überlassen habe.
11
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts führe es zu keiner anderen Beurteilung, dass die Beklagte zu 1 schuldunfähig und dem Verhalten des Beklagten zu 2 gegenüber der Klägerin schutzlos ausgeliefert sei. Zwar habe der Beklagte zu 2 die hilflose Beklagte zu 1 in den streitgegenständlichen Konflikt geführt. Für eine "Billigkeitskorrektur" bleibe indes auf der Tatbestandsebene des § 543 Abs. 1 BGB kein Raum. Eine "Verschiebung der Zumutbarkeitsgrenze" , wie sie das Amtsgericht in Betracht gezogen habe, komme nur in Betracht, wenn der schuldlos handelnde Mieter selbst "aufgrund seines natürlichen Handlungswillens" Rechte des Vermieters verletzt habe. In derartigen Fällen könne es angesichts der Schuldlosigkeit des Mieters geboten sein, dem Vermieter ein gesteigertes Maß an Toleranz abzuverlangen. Hier habe sich die Klägerin aber nicht einer schuldlosen Person gegenüber gesehen, sondern einem mit Bedacht und offen zur Schau getragener Verachtung handelnden Betreuer.
12
Die Beklagte zu 1 habe zwar angesichts der langen Dauer des Mietverhältnisses ein erhebliches Bestandsinteresse. Die Abwägung der Interessen der Mietvertragsparteien ergebe jedoch, dass der Klägerin angesichts der Schwere der Beleidigungen ein Festhalten am Mietvertrag nicht mehr zuzumuten sei.
13
Die in der Person der Beklagten zu 1 liegenden Härtegründe könnten nur im Rahmen der Sozialklausel (§§ 574, 574a BGB) berücksichtigt werden, die im Rahmen einer fristlosen Kündigung indes nach allgemeiner Auffassung keine Anwendung finde.
14
Die Kammer verkenne nicht, dass die Beklagte aufgrund ihrer geistigen und körperlichen Verfassung und ihrer Abhängigkeit vom Verhalten des Beklagten zu 2 in hohem Maße schutzwürdig sei. Billigkeitserwägungen und die Berücksichtigung von Härtegründen dürften jedoch auf der Tatbestandsebene bei der Frage, ob das streitige Mietverhältnis beendet worden sei, nach der Gesetzessystematik keine Rolle spielen. Für den schutzbedürftigen Mieter halte die Rechtsordnung andere Instrumente bereit, die auch nach Beendigung des Mietverhältnisses unerträgliche Härten abfedern könnten. So bleibe es der Beklagten zu 1 unbenommen, mit einem Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO die Zwangsräumung auf ihre Vereinbarkeit mit den guten Sitten überprüfen zu lassen.

II.

15
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können ein Anspruch der Klägerin auf Räumung und Herausgabe der streitigen Wohnungen und die insoweit geltend gemachte Nebenforderung nicht bejaht werden. Das Berufungsgericht hat die zur Beurteilung einer fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB gebotene Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls rechtsfehlerhaft unterlassen , indem es die in der Person der Beklagten zu 1 liegenden Härtegründe außer Betracht gelassen und diese - in Verkennung der gesetzlichen Systematik und der sich mit Rücksicht auf drohende gesundheitliche Beeinträchtigungen stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen - darauf verwiesen hat, bereits vorliegende Härtegründe erst bei drohender Zwangsräumung im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens nach § 765a ZPO vorzubringen.
16
1. Gemäß § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt ein wichtiger Grund zur Kündigung vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Diese Würdigung obliegt zwar in erster Linie dem Tatrichter und kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob sie auf einer rechtsfehlerfrei gewonnenen Tatsachengrundlage beruht, alle relevanten Gesichtspunkte berücksichtigt worden sind und der Tatrichter den zutreffenden rechtlichen Maßstab angewandt hat (Senatsurteile vom 8. Dezember 2004 - VIII ZR 218/03, NZM 2005, 300 unter II 4; vom 9. März 2005 - VIII ZR 394/03, NJW 2005, 2552 unter II 3; vom 4. Juni 2014 - VIII ZR 289/13, NJW 2014, 2566 Rn. 12). Einer an diesem Maßstab ausgerichteten Prüfung hält die Beurteilung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand. Das Berufungsgericht hat mit den in der Person der Beklagten zu 1 liegenden Härtegründen wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen und dabei auch die verfassungsrechtlichen Anforderungen verkannt, die im vorliegenden Fall an die Gesamtabwägung nach § 543 Abs. 1 BGB zu stellen sind.
17
2. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass es sich bei den wiederholten und ungewöhnlich groben Beleidigungen, die der Beklagte zu 2 im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis vielfach in E-Mails oder Schreiben an die Klägerin beziehungsweise ihren Verwalter geäußert hat, um schwerwiegende Vertragsverletzungen handelt, die sich die Beklagte zu 1 schon deshalb zurechnen lassen muss, weil sie dem Beklagten zu 2 die Einzimmerwohnung zum selbständigen Gebrauch überlassen hat (§ 540 Abs. 2 BGB). Im Übrigen sind auch Besucher, die sich im Einverständnis mit dem Mieter in der Wohnung aufhalten, im Hinblick auf die Einhaltung des Hausfriedens als Erfüllungsgehilfen des Mieters anzusehen, deren Verhalten sich dieser mit- hin nach § 278 BGB zurechnen lassen muss (vgl. Blank in Blank/Börstinghaus, Miete, 4. Aufl., § 540 Rn. 42). Nach den Gesamtumständen liegt es zudem auf der Hand, dass der zum gesetzlichen Vertreter (Betreuer) mit dem Aufgabenkreis Wohnungsangelegenheiten, Vermögenssorge und Kontrolle des zwischen den beiden Beklagten abgeschlossenen Pflegevertrages bestellte Rechtsanwalt , der die Beklagte zu 1 in den Vorinstanzen auch gerichtlich vertreten hat, den Aufenthalt des Beklagten zu 2 in den streitigen Wohnungen, der schon zur Durchführung der Pflege erforderlich ist, billigt. Ungeachtet der persönlichen Schuldlosigkeit der Beklagten zu 1 liegen deshalb schwerwiegende (schuldhafte ) Verletzungen des Mietvertrages vor.
18
3. Vergeblich macht die Revision allerdings geltend, das Berufungsgericht habe verkannt, dass die Äußerungen des Beklagten zu 2 mit Rücksicht auf sein "Temperament" und das Verhalten der Klägerin, unter anderem die von ihr im Jahr 2010 unternommenen Versuche, auf eine Ablösung des Beklagten zu 2 als Betreuer hinzuwirken, nicht als schwerwiegende Vertragsverletzung oder zumindest in einem milderen Licht zu sehen seien. Damit setzt die Revision lediglich ihre eigene Wertung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts, zeigt aber einen Rechtsfehler nicht auf. Es liegt im Übrigen auf der Hand, dass die im Jahr 2015 vom Beklagten zu 2 gegenüber der Klägerin geäußerten groben Formalbeleidigungen weder dadurch zu entschuldigen sind, dass sie im Jahr 2010 zur Überprüfung der Situation der Beklagten zu 1 die Betreuungsbehörde eingeschaltet hat, noch dadurch, dass sie den Beklagten zu 2 in jüngerer Zeit aufgefordert hat, sein Fahrrad und andere Gegenstände aus dem Hausflur zu entfernen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 2 stets einen sachlichen Ton bewahrt; übergangenen Sachvortrag, aus dem sich Anhaltspunkte dafür ergäben, dass das Verhalten der Klägerin als "schikanös" oder "provozierend" einzuordnen sein könnte, zeigt die Revision nicht auf.
19
4. Das Berufungsgericht hat indes verkannt, dass zu den bei der Abwägung zu berücksichtigenden Umständen des Einzelfalls (§ 543 Abs. 1 Satz 2 BGB) auch die im Hinblick auf die Situation der Beklagten zu 1 vorgebrachten schwerwiegenden persönlichen Härtegründe gehören. Zwar findet die sogenannte Sozialklausel (§§ 574, 574a BGB), die in Härtefällen eine Fortsetzung des Mietverhältnisses - gegebenenfalls auch zu im Urteil festzusetzenden Bedingungen (§ 574a Abs. 2 BGB) - ermöglicht, gegenüber einer fristlosen Kündigung keine Anwendung (§ 574 Abs. 1 Satz 2 BGB), wie das Berufungsgericht zumindest im Ansatz richtig gesehen hat. Das heißt aber - selbstverständlich - nicht, dass Härtegründe bei der Gesamtabwägung einer nach der Generalklausel des § 543 Abs. 1 BGB erklärten Kündigung außer Betracht zu bleiben hätten oder - wie das Berufungsgericht gemeint hat - ausschließlich im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen wären.
20
a) § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB schreibt - im Gegensatz zu den in § 543 Abs. 2 BGB geregelten Kündigungsgründen, die eine Berücksichtigung von persönlichen Umständen und Zumutbarkeitserwägungen grundsätzlich nicht zulassen (vgl. dazu Senatsurteil vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 175/14, BGHZ 204, 134 Rn. 21) - ausdrücklich eine Abwägung der beiderseitigen Interessen der Mietvertragsparteien und eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles bei der Beurteilung der Frage der Unzumutbarkeit einer weiteren Vertragsfortsetzung vor. Die Abwägung auf bestimmte Gesichtspunkte zu beschränken und deren Berücksichtigung ausschließlich in das Vollstreckungsverfahren zu verschieben, verbietet sich mithin bereits aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelung (Senatsurteil vom 8. Dezember 2004 - VIII ZR 218/03, aaO unter II 3).
21
b) Die Einbeziehung der schwerwiegenden persönlichen Härtegründe ist zudem auch verfassungsrechtlich aufgrund der Ausstrahlungswirkung der Grundrechte geboten.
22
Aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgt, dass die Gerichte bei drohenden schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen oder Lebensgefahr verfassungsrechtlich gehalten sind, ihre Entscheidung auf eine tragfähige Grundlage zu stellen, Beweisangeboten besonders sorgfältig nachzugehen (BVerfG WM 2016, 1449, 1450; NJW-RR 2014, 584, 585; NZM 2005, 657, 658 f.; NJW 1991, 3207) und diesen Gefahren bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen hinreichend Rechnung zu tragen (BVerfG NJW 1998, 295, 296; vgl. auch BVerfG NJW-RR 2001, 1523 f.; BGH, Beschluss vom 28. Januar 2016 - V ZB 115/15, NJW-RR 2016, 336 Rn. 6, 10 ff.).
23
Im Zusammenhang mit § 765a ZPO entspricht es daher ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass bei der Beurteilung, ob die Zwangsräumung für den Schuldner und ehemaligen Mieter eine sittenwidrige Härte darstellt, das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit maßgeblich berücksichtigt werden muss (BGH, Beschlüsse vom 16. Juni 2016 - I ZB 109/15, WM 2016, 1606 Rn. 12; vom 4. Mai 2005 - I ZB 10/05, BGHZ 163, 66, 72; jeweils mwN). In besonders gelagerten Einzelfällen kann in diesen Fallgestaltungen daher die Vollstreckung sogar für einen längeren Zeitraum und - in absoluten Ausnahmefällen - auf unbestimmte Zeit einzustellen sein (st. Rspr.; zuletzt BVerfG WM 2016, 1449, 1450; BGH, Beschluss vom 4. Mai 2005 - I ZB 10/05 aaO S. 72 f.; jeweils mwN).
24
Ebenso müssen die Grundrechte des Mieters und insbesondere das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit bei der Gesamtabwägung nach § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB berücksichtigt werden. Das kann zur Folge haben - was vom Gericht im Einzelfall zu prüfen ist -, dass ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung wegen besonders schwerwiegender persönlicher Härtegründe auf Seiten des Mieters trotz seiner erheblichen Pflichtverletzung nicht vorliegt (vgl. Senatsurteil vom 8. Dezember 2004 - VIII ZR 218/03, aaO unter II 4).
25
c) Die Beklagten haben insoweit, wie die Revision unter Bezugnahme auf deren Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen zutreffend rügt, geltend gemacht, dass die Beklagte zu 1 auf die Betreuung durch den Beklagten zu 2 in ihrer bisherigen häuslichen Umgebung angewiesen sei und bei einem Wechsel der Betreuungsperson oder einem Umzug schwerwiegendste Gesundheitsschäden zu besorgen seien. Hierzu hat das Berufungsgericht - vor dem Hintergrund der von ihm vertretenen Rechtsauffassung folgerichtig - keine konkreten Feststellungen getroffen. Es ist aber jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass der Klägerin eine Fortsetzung des Mietverhältnisses mit der hochbetagten Beklagten zu 1 - die ihr Leben weitgehend in den streitgegenständlichen, schon von den Eltern der Klägerin angemieteten Wohnungen verbracht hat - trotz der (fast "zwanghaft" anmutenden) Beleidigungen gröbster Natur, zu denen sich der Beklagte zu 2 - offenbar ohne den geringsten nachvollziehbaren Anlass - immer wieder in Schreiben und E-Mails hinreißen lässt, nicht unzumutbar ist, wenn bei der Beklagten zu 1 für den Fall eines erzwungenen Wechsels der bisherigen häuslichen Umgebung und Pflegesituation schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen zu besorgen sind.

III.

26
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, weil die erforderlichen weiteren Feststellungen - unter sachkun- diger Beratung - sowie die erforderliche Gesamtabwägung nachzuholen sind. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger Kosziol
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 14.08.2015 - 417 C 11029/15 -
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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen
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dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird,
2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder
3.
der Mieter
a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.

(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird,
2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder
3.
der Mieter
a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.

(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.

(1) Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Dies gilt nicht, wenn ein Grund vorliegt, der den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt.

(2) Eine Härte liegt auch vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann.

(3) Bei der Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters werden nur die in dem Kündigungsschreiben nach § 573 Abs. 3 angegebenen Gründe berücksichtigt, außer wenn die Gründe nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Im Falle des § 574 kann der Mieter verlangen, dass das Mietverhältnis so lange fortgesetzt wird, wie dies unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist. Ist dem Vermieter nicht zuzumuten, das Mietverhältnis zu den bisherigen Vertragsbedingungen fortzusetzen, so kann der Mieter nur verlangen, dass es unter einer angemessenen Änderung der Bedingungen fortgesetzt wird.

(2) Kommt keine Einigung zustande, so werden die Fortsetzung des Mietverhältnisses, deren Dauer sowie die Bedingungen, zu denen es fortgesetzt wird, durch Urteil bestimmt. Ist ungewiss, wann voraussichtlich die Umstände wegfallen, auf Grund derer die Beendigung des Mietverhältnisses eine Härte bedeutet, so kann bestimmt werden, dass das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt wird.

(3) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird,
2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder
3.
der Mieter
a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.

(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird,
2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder
3.
der Mieter
a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.

(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.

12
Die Beantwortung der Frage, ob eine Unzumutbarkeit in diesem Sinne vorliegt, ist das Ergebnis einer wertenden Betrachtung; diese obliegt in erster Linie dem Tatrichter und kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt hat und ob er die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (Senatsurteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 394/03, WuM 2005, 401 unter II 3). Nach diesen Kriterien ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Klägerin sei die Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Beklagten nicht mehr zuzumuten gewesen, als rechtsfehlerhaft zu beanstanden.

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird,
2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder
3.
der Mieter
a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.

(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.

(1) Der Mieter ist ohne die Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, den Gebrauch der Mietsache einem Dritten zu überlassen, insbesondere sie weiter zu vermieten. Verweigert der Vermieter die Erlaubnis, so kann der Mieter das Mietverhältnis außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen, sofern nicht in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt.

(2) Überlässt der Mieter den Gebrauch einem Dritten, so hat er ein dem Dritten bei dem Gebrauch zur Last fallendes Verschulden zu vertreten, auch wenn der Vermieter die Erlaubnis zur Überlassung erteilt hat.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird,
2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder
3.
der Mieter
a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.

(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.

(1) Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Dies gilt nicht, wenn ein Grund vorliegt, der den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt.

(2) Eine Härte liegt auch vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann.

(3) Bei der Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters werden nur die in dem Kündigungsschreiben nach § 573 Abs. 3 angegebenen Gründe berücksichtigt, außer wenn die Gründe nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Im Falle des § 574 kann der Mieter verlangen, dass das Mietverhältnis so lange fortgesetzt wird, wie dies unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist. Ist dem Vermieter nicht zuzumuten, das Mietverhältnis zu den bisherigen Vertragsbedingungen fortzusetzen, so kann der Mieter nur verlangen, dass es unter einer angemessenen Änderung der Bedingungen fortgesetzt wird.

(2) Kommt keine Einigung zustande, so werden die Fortsetzung des Mietverhältnisses, deren Dauer sowie die Bedingungen, zu denen es fortgesetzt wird, durch Urteil bestimmt. Ist ungewiss, wann voraussichtlich die Umstände wegfallen, auf Grund derer die Beendigung des Mietverhältnisses eine Härte bedeutet, so kann bestimmt werden, dass das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt wird.

(3) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Dies gilt nicht, wenn ein Grund vorliegt, der den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt.

(2) Eine Härte liegt auch vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann.

(3) Bei der Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters werden nur die in dem Kündigungsschreiben nach § 573 Abs. 3 angegebenen Gründe berücksichtigt, außer wenn die Gründe nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird,
2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder
3.
der Mieter
a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.

(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 11. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Beklagte ist seit Dezember 2010 Mieter einer 140 qm großen Wohnung des Klägers in H.   . Die spätestens bis zum dritten Werktag eines jeden Monats im Voraus zu entrichtende Miete beläuft sich auf monatlich 1.100 € netto zuzüglich der Miete für die dazugehörige Garage in Höhe von 50 € sowie einer Betriebskostenvorauszahlung von 180 €.

2

Ab Oktober 2011 bezog der Beklagte Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II. Die seit Januar 2013 vom zuständigen Jobcenter für seine Unterkunft erhaltenen Zahlungen leitete er nicht an den Kläger weiter. Dieser kündigte daraufhin das Mietverhältnis unter dem 17. April 2013 wegen der bis dahin aufgelaufenen Mietrückstände fristlos. Mit seiner am 8. Juni 2013 zugestellten Klage hat er den Beklagten auf Zahlung der rückständigen Miete bis einschließlich Mai 2013 in Höhe von 6.650 € nebst Zinsen sowie auf Räumung der Wohnung in Anspruch genommen. Seine Mietzahlungspflicht hat der Beklagte anerkannt, so dass er durch rechtskräftiges Teilanerkenntnisurteil des Amtsgerichts insoweit antragsgemäß verurteilt worden ist.

3

Nach Zustellung der Klage beantragte der Beklagte bei dem für ihn bis dahin zuständigen Jobcenter die Übernahme der Mietschulden, was mit Rücksicht auf die Größe der Wohnung durch Bescheid vom 26. Juni 2013 abgelehnt wurde. Nachdem sein hiergegen erhobener Widerspruch erfolglos geblieben war, begehrte der Beklagte unter dem 23. Juli 2013 bei dem zuständigen Sozialgericht einstweiligen Rechtsschutz. Dieses verpflichtete das Jobcenter durch einstweilige Anordnung vom 8. August 2013, zur Abwendung der Räumungsklage die vom Kläger eingeklagte rückständige Miete sowie darüber hinaus die fällige Miete beziehungsweise Nutzungsentschädigung zu zahlen; zugleich wurde dem Jobcenter aufgegeben, noch am selben Tage gegenüber dem Kläger eine entsprechende Verpflichtungserklärung abzugeben. Das Jobcenter gab die geforderte Verpflichtungserklärung in der Folge ab, zahlte jedoch an den Kläger lediglich die eingeklagte Miete von Januar bis Mai 2013.

4

Seit Juni 2013 stehen dem Beklagten Sozialleistungen nach dem SGB XII zu, für deren Bewilligung nicht mehr das Jobcenter, sondern die Stadt H.    zuständig ist. Diese bewilligte ihm wegen Bedenken gegen die Angemessenheit der Unterkunftskosten durch Bescheid vom 26. August 2013 lediglich den Regelsatz. Hiergegen erhob der Beklagte am 5. September 2013 Widerspruch. Auf Antrag des Beklagten wurde die Stadt H.    durch Beschluss des zuständigen Sozialgerichts vom 30. April 2014 im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, die Kosten der Unterkunft des Beklagten für die Zeit von November 2013 bis Juni 2014 zu tragen.

5

Im vorliegenden Rechtsstreit hat das Amtsgericht der Räumungsklage mit Schlussurteil vom 2. Oktober 2013 stattgegeben. Hierbei ist es zwar davon ausgegangen, dass die Kündigung des Klägers vom 17. April 2013 durch die Verpflichtung des Jobcenters, die rückständigen Mieten auszugleichen, gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB unwirksam geworden ist. Zugleich hat es jedoch eine auf die rückständige Miete für die Monate Juni bis August 2013 gestützte weitere fristlose Kündigung des Klägers vom 30. August 2013 für wirksam erachtet. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagen hat keinen Erfolg gehabt, nachdem der Kläger das Mietverhältnis wegen der von Oktober 2013 bis März 2014 ausgebliebenen Miete unter dem 12. März 2014 und wegen der von Juli 2013 bis April 2014 ausgebliebenen Miete unter dem 17. April 2014 erneut fristlos gekündigt hatte. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren hinsichtlich der Räumungsklage weiter.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

8

Zwar sei die Kündigung vom 30. August 2013 wegen Verstoßes gegen § 242 BGB unwirksam. Denn das Jobcenter habe sich zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs gegenüber dem Kläger verpflichtet, die rückständige Miete jedenfalls bis August 2013 auszugleichen; die Vermögensinteressen des Klägers seien deshalb nicht ernsthaft gefährdet gewesen, auch wenn eine Zahlung für die Monate Juni bis August 2013 zum Kündigungszeitpunkt noch nicht erfolgt sei. Allerdings sei das Mietverhältnis durch die anschließende Kündigung vom 12. März 2014 wirksam beendet worden, auf die sich der Kläger ungeachtet der verweigerten Einwilligung des Beklagten im Wege einer sachdienlichen Klageänderung hilfsweise gestützt habe und die er im Wege einer wirksam erhobenen Anschlussberufung auch noch zum Gegenstand seines Räumungsbegehrens habe machen können. Denn der Beklagte sei auch mit der Miete für die Monate Oktober 2013 bis März 2014 in Verzug geraten, so dass hierauf gestützt der Kläger gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB erneut habe kündigen können.

9

Der Annahme eines dafür erforderlichen Zahlungsverzugs stehe nicht entgegen, dass der Beklagte rechtzeitig die entsprechenden Anträge beim zuständigen Sozialamt gestellt und ein sozialgerichtliches Verfahren angestrengt habe, nachdem das Sozialamt sich geweigert habe, die Kosten für die Unterkunft zu tragen. Denn für seine finanzielle Leistungsfähigkeit habe ein Schuldner - wie der Beklagte - verschuldensunabhängig einzustehen. Eine Fallgestaltung, bei der nach einer in der Instanzrechtsprechung teilweise vertretenen Auffassung das Ausbleiben der Mietzahlung ausnahmsweise entschuldigt sein könne, weil der Mieter auf die Mietzahlung durch das Sozialamt habe vertrauen können und von deren Ausbleiben überrascht worden sei oder weil er sonst unabwendbar durch unvorhergesehene Umstände an einer rechtzeitigen Zahlung gehindert gewesen sei, sei hier nicht gegeben. Soweit in der Instanzrechtsprechung auch für die hier gegebene Konstellation bisweilen die Auffassung anklinge, der im Leistungsbezug der ARGE [heute gemäß § 6d SGB II: Jobcenter] stehende Mieter habe mit der rechtzeitigen Leistungsbeantragung alles ihm Obliegende und Zumutbare getan, um die ARGE zur pünktlichen Zahlung der geschuldeten Miete an den Vermieter zu veranlassen und mit Blick auf das Sozialstaatsprinzip dadurch seinem Beschaffungsrisiko genügt, könne dem schon deshalb nicht gefolgt werden, weil auch das Sozialstaatsprinzip nicht so weit gehe, dass es die Verantwortung für den hilfebedürftigen Mieter dem Vermieter anstelle der staatlichen Gemeinschaft aufbürde.

10

Die am 12. März 2014 ausgesprochene Kündigung sei auch nicht durch den Beschluss des Sozialgerichts vom 30. April 2014 unwirksam geworden. Abgesehen davon, dass dieser Beschluss nicht alle der Kündigung zugrunde liegenden Zahlungsrückstände erfasst habe, habe § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BGB der Gewährung einer erneuten Schonfrist entgegengestanden, da bereits die Kündigung vom 17. April 2013 nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB unwirksam geworden sei.

II.

11

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.

12

Das Berufungsgericht hat den Räumungsanspruch des Klägers (§ 546 Abs. 1 BGB) rechtsfehlerfrei für begründet erachtet, weil das Mietverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 12. März 2014 wirksam beendet worden ist. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte mit der Entrichtung der Miete (§ 535 Abs. 2 BGB) für die Monate Oktober 2013 bis März 2014 in Verzug, so dass ein für die ausgesprochene fristlose Kündigung erforderlicher wichtiger Grund im Sinne von § 543 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB vorgelegen hat.

13

1. Das Berufungsgericht durfte - anders als die Revision meint - über das auf die Kündigung des Klägers vom 12. März 2014 gestützte Räumungsbegehren in der Sache entscheiden. Denn der Kläger hat diesen Klagegrund zulässigerweise im Wege der Anschlussberufung (§ 524 ZPO) in das Berufungsverfahren eingeführt.

14

a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine hilfsweise Klageänderung vorgelegen hat, als der Kläger im Berufungsrechtszug sein Räumungsbegehren nunmehr auch auf die Kündigung vom 12. März 2014 gestützt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und durch den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGH, Urteile vom 9. Juni 2011 - I ZR 41/10, GRUR 2012, 180 Rn. 19; vom 7. Dezember 2007 - V ZR 210/06, NJW 2008, 1953 Rn. 15; jeweils mwN). Dementsprechend hat der Kläger, der erstinstanzlich mit dem auf die Kündigung vom 30. August 2013 gestützten Räumungsbegehren durchgedrungen war, dadurch, dass er dieses Begehren zusätzlich mit der Kündigung vom 12. März 2014 unterlegt hat, einen neuen Streitgegenstand in den Prozess eingeführt, nämlich ein Räumungsbegehren, das hilfsweise auf diese erneute Kündigung und den darin geltend gemachten Kündigungsgrund gestützt war (vgl. Senatsbeschluss vom 20. November 2012 - VIII ZR 157/12, GE 2013, 117 Rn. 8). Die auf diese Weise herbeigeführte nachträgliche (Eventual-)Klage-häufung (§ 260 ZPO) ist deshalb wie eine Klageänderung im Sinne der §§ 263, 533 ZPO mit den dafür geltenden Regeln zu behandeln (vgl. BGH, Urteile vom 27. September 2006 - VIII ZR 19/04, NJW 2007, 2414 Rn. 8; vom 10. Januar 1985 - III ZR 93/83, NJW 1985, 1841 unter 4; jeweils mwN; BGH, Beschluss vom 20. November 2012 - VIII ZR 157/12, aaO).

15

b) Den neuen Klagegrund konnte und musste der Kläger zweitinstanzlich im Wege eines Anschlussrechtsmittels in den Rechtsstreit einführen. Denn der Berufungsbeklagte, der seine in erster Instanz erfolgreiche Klage erweitern oder auf einen neuen Klagegrund stellen will, muss sich dazu gemäß § 524 ZPO der Berufung der Gegenseite anschließen. Das gilt entgegen der Auffassung der Revision auch dann, wenn - wie hier - die Einführung des neuen Klagegrundes eine Änderung des Sachantrags nicht erforderlich macht. Auch in einem solchen Fall will nämlich der Berufungsbeklagte, der im Berufungsrechtszug seine Klage auf einen anderen Klagegrund stützt, damit mehr erreichen als die bloße Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung über den mit der Klage verfolgten Anspruch (BGH, Urteile vom 9. Juni 2011 - I ZR 41/10, aaO Rn. 22; vom 7. Dezember 2007 - V ZR 210/06, aaO).

16

c) Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, dass die Anschlussberufung auch sonst den Anforderungen des § 524 ZPO genügt. Insoweit erhebt auch die Revision keine Beanstandungen. Insbesondere ist es unschädlich, dass der Kläger, als er sich in seiner Berufungserwiderung auf die spätere Kündigung gestützt hat, dieses Vorgehen nicht als Anschlussberufung bezeichnet hat. Für die Einlegung eines Anschlussrechtsmittels ist keine dahingehende ausdrückliche Erklärung erforderlich. Es genügt vielmehr jede Erklärung, die sich ihrem Sinn nach als Begehren auf Abänderung des Urteils erster Instanz darstellt. Dementsprechend kann der Anschluss an das Rechtsmittel der Gegenseite auch konkludent in der Weise erfolgen, dass der Kläger - wie im Streitfall - sein im Übrigen unverändertes Klagebegehren auf einen weiteren Klagegrund stützt (BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - I ZR 41/10, aaO Rn. 26).

17

2. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass der Beklagte bei Ausspruch der Kündigung vom 12. März 2014 mit der Zahlung der Miete für die Monate Oktober 2013 bis März 2014 in Verzug war. Dass der Beklagte, um die Miete entrichten zu können, auf Sozialleistungen einer öffentlichen Stelle angewiesen war und diese Leistungen rechtzeitig beantragt hatte, ändert an dem - neben den hier gegebenen Voraussetzungen des § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB für einen Verzugseintritt erforderlichen - Vertretenmüssen (§ 286 Abs. 4 BGB) ebenso wenig etwas wie der Umstand, dass der zuständige Träger der Sozialhilfe nach Kündigungsausspruch zur Übernahme der Mietschulden verpflichtet worden ist.

18

a) Zur Verantwortlichkeit des Schuldners und damit auch zu der von § 286 Abs. 4 BGB geforderten Zurechnung einer Nichtleistung trotz Fälligkeit sieht § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB vor, dass der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten hat, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Eine solche strengere Haftung besteht aber nach allgemeiner Auffassung bei Geldschulden. Danach befreit eine Leistungsunfähigkeit aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten, um die es hier geht, den Schuldner auch dann nicht von den Folgen des Ausbleibens der (rechtzeitigen) Leistung, wenn sie auf unverschuldeter Ursache beruht. Vielmehr hat jedermann nach dem Prinzip der unbeschränkten Vermögenshaftung, das § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB genauso zugrunde liegt wie der Vorgängerregelung des § 279 BGB aF und das im Übrigen auch aus dem geltenden Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht abzuleiten ist, ohne Rücksicht auf ein Verschulden für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen (BGH, Urteile vom 28. Februar 1989 - IX ZR 130/88, BGHZ 107, 92, 102 mwN; vom 11. Dezember 2001 - VI ZR 350/00, WM 2002, 347 unter II 3 b; vom 15. März 2002 - V ZR 396/00, BGHZ 150, 187, 194; ebenso auch BT-Drucks. 14/6040, S. 132).

19

b) Dieses Verständnis des Vertretenmüssens im Falle mangelnder finanzieller Leistungsfähigkeit gilt auch für Mietzahlungspflichten und die bei Ausbleiben der Miete bestehenden Kündigungsmöglichkeiten des Vermieters aus wichtigem Grund nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB (Senatsurteil vom 16. Februar 2005 - VIII ZR 6/04, NZM 2005, 334 unter II 2 d cc; Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2014, § 543 Rn. 56a; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 11. Aufl., § 543 BGB Rn. 96 f.; Wiek, WuM 2010, 204, 205; jeweils mwN). Soweit in der Instanzrechtsprechung teilweise die Auffassung vertreten oder jedenfalls erwogen wird, ein Mieter, der Sozialleistungen einer öffentlichen Stelle beziehe, genüge seinen Pflichten zur Beschaffung der zur Entrichtung der Miete benötigten Geldmittel bereits dann, wenn er alles ihm Obliegende und Zumutbare getan habe, um die öffentliche Stelle zur pünktlichen Zahlung der für seine Unterkunft geschuldeten Miete zu veranlassen (LG Bonn, Beschluss vom 10. November 2011 - 6 T 198/11, juris Rn. 5; Urteil vom 6. November 2014 - 6 S 154/14, juris Rn. 15; LG Wiesbaden, WuM 2012, 623, 624; ähnlich LG Berlin, NZM 2013, 121, 122; WuM 2014, 607 f.), trifft dies nicht zu.

20

aa) Zwar braucht sich - wie der Senat klargestellt hat - ein hilfebedürftiger Wohnungsmieter die Säumnis einer öffentlichen Stelle, die die Kosten seiner Unterkunft zu übernehmen hat, nicht gemäß § 278 BGB als eigenes Verschulden zurechnen zu lassen. Denn eine Behörde, die im Rahmen der Daseinsvorsorge staatliche Transferleistungen an einen Bürger erbringt, ist hierbei nicht Erfüllungsgehilfe des Mieters zur Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinem Vermieter (Senatsurteil vom 21. Oktober 2009 - VIII ZR 64/09, NJW 2009, 3781 Rn. 30). Das ändert entgegen der Auffassung der Revision aber nichts daran, dass der Mieter verschuldensunabhängig für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen hat.

21

Dementsprechend sind auch die nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB allein auf den Umstand des Zahlungsverzugs abstellenden Kündigungsgründe vom Gesetzgeber so konzipiert worden, dass sie - anders als § 543 Abs. 1, § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB (dazu Senatsurteile vom 16. Februar 2005 - VIII ZR 6/04, aaO; vom 21. Oktober 2009 - VIII ZR 64/09, aaO Rn. 26) - eine Berücksichtigung von persönlichen Umständen und Zumutbarkeitserwägungen grundsätzlich nicht zulassen (Senatsurteil vom 15. April 1987 - VIII ZR 126/86, WM 1987, 932 unter II 1 c). Vielmehr ist danach bei Vorliegen der Tatbestände des § 543 Abs. 2 BGB allein aus diesem Grund eine außerordentliche fristlose Kündigung möglich, ohne dass die in § 543 Abs. 1 BGB genannten Abwägungsvoraussetzungen noch zusätzlich erfüllt sein müssen. Denn nach der Gesetzessystematik und den ihr zugrunde liegenden gesetzgeberischen Wertungen handelt es sich bei den in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BGB aufgeführten, die (objektive) Verletzung bestimmter mietrechtlicher (Kardinal-)Pflichten von erheblichem Gewicht betreffenden Kündigungsgründen um gesetzlich typisierte Fälle der Unzumutbarkeit einer weiteren Fortsetzung des Mietverhältnisses. Soweit deren tatbestandliche Voraussetzungen erfüllt sind, ist danach grundsätzlich auch ein wichtiger Grund im Sinne von § 543 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung gegeben (vgl. Senatsurteile vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 267/09, NJW 2010, 3020 Rn. 15; vom 29. April 2009 - VIII ZR 142/08, NJW 2009, 2297 Rn. 16 mwN; vom 26. März 1969 - VIII ZR 76/67, WM 1969, 625 unter IV 3 c).

22

bb) Gegenläufige Wertungskriterien, die eine abweichende rechtliche Beurteilung der aufgrund mangelnder finanzieller Leistungsfähigkeit des Mieters und seines Angewiesenseins auf öffentliche Sozialleistungen ausgebliebenen Mietzahlungen und einer hierauf gestützten Kündigung tragen könnten, zeigt die Revision nicht auf. Insbesondere steht der von ihr hervorgehobene Umstand, dass der Beklagte bei dem für ihn zuständigen Sozialhilfeträger rechtzeitig die Übernahme seiner Wohnungskosten beantragt und dieser die Übernahme - wie revisionsrechtlich zu unterstellen ist - zunächst zu Unrecht verweigert hatte, einer Wirksamkeit der Kündigung des Klägers vom 12. März 2014 nicht entgegen.

23

Der Gesetzgeber, der es seit langem als eine in der Sozialstaatsverpflichtung des Art. 20 Abs. 1 GG angelegte Aufgabe begreift, den vertragstreuen Mieter vor willkürlichen beziehungsweise vor nicht von berechtigten Interessen des Vermieters getragenen Kündigungen und damit dem Verlust seiner Wohnung zu schützen (vgl. nur BT-Drucks. 7/2011, S. 7), hat die in Rede stehende Problemlage gesehen, sie jedoch nicht dadurch zu bereinigen versucht, dass er - abweichend von den sonst geltenden rechtlichen Maßstäben - die Anforderungen an die Leistungspflichten des Mieters und ein Vertretenmüssen von Mietzahlungsrückständen zu Lasten des Vermieters herabgesetzt und dadurch die Kündigungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB verändert hat. Er hat dem Interesse des durch einen erheblichen Mietrückstand vertragsuntreu gewordenen Mieters an einem Erhalt der gemieteten Wohnung vielmehr dadurch Rechnung getragen, dass er ihm - allerdings vorrangig zum Zwecke der im allgemeinen Interesse liegenden Vermeidung von Obdachlosigkeit - durch § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB genauso wie zuvor schon durch § 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB aF die Möglichkeit zur einmaligen Nachholung rückständiger Mietzahlungen innerhalb von zwei Jahren eingeräumt hat, um bei deren Einhaltung eine auf den eingetretenen Mietzahlungsverzug gestützte Kündigung unwirksam werden zu lassen (BT-Drucks. 14/4553, S. 64).

24

Zugleich hat der Gesetzgeber es bei Verfolgung dieses Ziels genügen lassen, dass eine Befriedigung des Vermieters nicht sofort, wie in § 535 Abs. 2, § 556b Abs. 1 BGB vorgesehen, durch Entrichtung der bis dahin fälligen Miete oder Entschädigung, sondern durch Vorlage der entsprechenden Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle erfolgt (vgl. bereits BT-Drucks. IV/806, S. 10). Aufgrund der Erkenntnis, dass sich die ursprünglich vorgesehene Nachholungsfrist von einem Monat für die Sozialhilfebehörden häufig als zu kurz erwiesen hat, hat er, um diesen Behörden ein auf die Vermeidung von Obdachlosigkeit finanziell schwacher Mieter gerichtetes Tätigwerden zu erleichtern, bei Schaffung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB schließlich die Schonfrist für die Nachholung der Zahlung der rückständigen Miete und der fälligen Nutzungsentschädigung oder der Vorlage einer entsprechenden Verpflichtungserklärung um einen Monat auf zwei Monate verlängert (BT-Drucks. 14/4553, aaO; vgl. dazu auch Senatsurteil vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 267/09, NJW 2010, 3020 Rn. 21).

25

Durch diese Sonderregelung (vgl. Senatsurteil vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 267/09, aaO) hat der Gesetzgeber - allerdings abschließend - im allgemeinen Interesse zugleich auch dem Anliegen eines leistungsunfähigen Mieters, eine auf einen erheblichen Mietzahlungsverzug gestützte fristlose Kündigung des Vermieters nachträglich ungeschehen zu machen und ihm so die gemietete Wohnung zu erhalten, Rechnung getragen (im Ergebnis ebenso Schmidt-Futterer/Blank, aaO Rn. 97). Die dem Mieter auf diese Weise kraft Gesetzes einmalig eingeräumte Nachfrist zur Beschaffung der zur Mietzahlung erforderlichen Mittel, zumindest aber zur Herbeiführung der erforderlichen Verpflichtungserklärung, kann entgegen der Auffassung der Revision deshalb nicht dahin erweitert werden, dass über den eindeutigen Gesetzeswortlaut hinaus bereits die Beantragung der zur Erbringung der Mietzahlungen erforderlichen öffentlichen Mittel genügen soll. Denn die damit verbundene Ungewissheit, den Gebrauch der Mietsache weiterhin gewähren zu müssen, ohne als Gegenleistung zumindest die Sicherheit einer Begleichung der bis dahin fälligen Mietrückstände zu haben, hat der Gesetzgeber dem Vermieter über den zweimonatigen Schonfristzeitraum hinaus gerade nicht mehr aufbürden wollen.

26

c) Da nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts bereits die unter dem 17. April 2013 wegen der bis dahin seit Januar 2013 aufgelaufenen Mietrückstände ausgesprochene fristlose Kündigung durch die im August 2013 abgegebene Verpflichtungserklärung des Jobcenters gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB unwirksam geworden war, kommt auch eine erneute Anwendung dieser Bestimmung hinsichtlich der auf den weiteren Mietzahlungsverzug im Zeitraum von Oktober 2013 bis März 2014 gestützten Kündigung vom 12. März 2014 von vornherein nicht mehr in Betracht (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BGB). Das Mietverhältnis der Parteien ist durch diese Kündigung vielmehr wirksam beendet worden.

Dr. Milger                            Dr. Hessel                        Dr. Achilles

                    Dr. Bünger                            Kosziol

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

6
2. Zutreffend ist auch, dass der Zuschlag nicht ohne weiteres zu versagen und die Zwangsversteigerung (einstweilen) einzustellen ist, wenn eine solche konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners mit der Zwangsvollstreckung verbunden ist. Das in solchen Fällen ganz besonders gewichtige Interesse der von der Vollstreckung Betroffenen (Lebensschutz, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) ist gegen das Vollstreckungsinteresse des Gläubigers (Gläubigerschutz, Art. 14 GG; wirksamer Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 GG) abzuwägen. Es ist daher sorgfältig zu prüfen, ob der Gefahr der Selbsttötung nicht auf andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann. Im Hinblick auf die Interessen des Erstehers gilt nichts anderes (vgl. zum Ganzen Senat, Beschluss vom 12. November 2014 - V ZB 99/14, NJW-RR 2015, 393 Rn. 7 mwN).

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

12
1. Ist mit einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners verbunden, so kann dies im Hinblick auf das Grundrecht des Schuldners aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG die Untersagung oder einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 765a ZPO rechtfertigen. Dabei ist aber stets eine Abwägung der Interessen des Schuldners mit den ebenfalls grundrechtlich geschützten Vollstreckungsinteressen des Gläubigers vorzunehmen (vgl. BVerfG, NJW-RR 2014, 584 Rn. 16; BGH, Beschluss vom 21. Januar 2016 - I ZB 12/15, MDR 2016, 417 Rn. 17). So kommt auch auf Seiten des Gläubigers das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zum Tragen, wenn die Einstellung der Zwangsvollstreckung sein Leben oder seine Gesundheit gefährdet (vgl. Paulus in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 765a Rn. 31; Schuschke, NZM 2015, 233, 238 f.; Ulrich, Rpfleger 2012, 477, 479). Ferner wird das Grundrecht des Gläubigers auf Schutz seines Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) und auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) beeinträchtigt , wenn sein Räumungstitel nicht durchsetzbar ist (vgl. BGH, MDR 2016, 417 Rn. 17).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 10/05
vom
4. Mai 2005
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Besteht im Fall einer Zwangsräumung bei einem nahen Angehörigen des
Schuldners eine Suizidgefahr, ist diese bei der Anwendung des § 765a ZPO
in gleicher Weise wie eine beim Schuldner selbst bestehende Gefahr zu berücksichtigen.

b) Selbst dann, wenn mit einer Zwangsvollstreckung eine konkrete Gefahr für
Leben und Gesundheit des Schuldners oder eines nahen Angehörigen verbunden
ist, kann eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung nicht ohne weiteres
einstweilen eingestellt werden. Erforderlich ist stets die Abwägung der
- in solchen Fällen ganz besonders gewichtigen - Interessen der Betroffenen
mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers. Es ist deshalb auch dann,
wenn bei einer Räumungsvollstreckung eine konkrete Suizidgefahr für einen
Betroffenen besteht, sorgfältig zu prüfen, ob dieser Gefahr nicht auch auf
andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet
werden kann. Auch der Gefährdete selbst ist gehalten, das ihm Zumutbare
zu tun, um die Risiken, die für ihn im Fall der Vollstreckung bestehen
, zu verringern.
BGH, Beschl. v. 4. Mai 2005 - I ZB 10/05 - LG Dortmund
AG Lünen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Mai 2005 durch die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und
Dr. Bergmann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners werden die Beschlüsse der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 7. und 13. Dezember 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf bis zu 10.000 € festgesetzt.

Gründe:


A. Die Gläubigerin, die Sparkasse L. , betreibt bisher vergeblich die Zwangsräumung des Hausgrundstücks des Schuldners aus dem rechtskräftigen Zuschlagsbeschluß des Amtsgerichts vom 11. Oktober 2002.
Der erste Termin zur Räumung wurde auf den 23. Juni 2003 bestimmt. Daraufhin hat der Schuldner unter Vorlage eines fachärztlichen Attests bean-
tragt, die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen. Bei dem im Haus mitlebenden Vater des Schuldners bestehe eine akute Belastungsstörung. Eine Zwangsräumung bedeute für diesen eine erhebliche gesundheitliche Gefährdung. Das Amtsgericht hat diesen Antrag durch Beschluß vom 13. Juni 2003 zurückgewiesen, die Durchführung der Zwangsräumung aber von der Auflage abhängig gemacht, daß dabei ein Beamter des Gesundheitsamts - Ordnungsamts - der Stadt und ein Facharzt für Neurologie und Psychiatrie anwesend seien , die vor Beginn der Zwangsräumung die Versorgung des Vaters des Schuldners übernähmen. Falls diese Voraussetzungen am 23. Juni 2003 nicht gegeben sein sollten, werde die Zwangsvollstreckung einstweilen für die Dauer von drei Monaten eingestellt. Für diesen Fall wurde dem Vater des Schuldners aufgegeben , sich mit dem Gesundheitsamt des Landkreises wegen einer amtsärztlichen Untersuchung in Verbindung zu setzen.
Auf sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht durch Beschluß vom 18. Juni 2003 die Räumungsvollstreckung bis zum 13. September 2003 eingestellt. Aufgrund des vorgelegten Attests, ergänzender Äußerungen des behandelnden Arztes und des Ergebnisses durchgeführter Ermittlungen könne auch durch Auflagen das Restrisiko nicht sicher ausgeschlossen werden, daß der Vater des Schuldners im Fall der Zwangsräumung Selbstmord begehe. Durch die Einstellung der Zwangsvollstreckung solle dem Vater des Schuldners Gelegenheit gegeben werden, sich in stationäre Behandlung zu begeben, um der Suizidgefahr entgegenzuwirken.
Nach Festsetzung eines neuen Räumungstermins auf den 1. Juli 2004 beantragte der Schuldner erneut, die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluß einstweilen einzustellen, weil sein Vater selbstmordgefährdet sei. Dazu wurden zwei Atteste des behandelnden Facharztes vorgelegt. Das Amtsgericht hat diesen Antrag durch Beschluß vom 15. Juni 2004 zurückgewiesen. Zur
Begründung hat es u.a. ausgeführt, der Vater des Schuldners habe schuldhaft seine Pflicht, durch Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung an seiner Gesundung mitzuwirken, verletzt. Zudem habe er, wie aus einem der vorgelegten Atteste hervorgehe, die Möglichkeit, sich am 22. Juni 2004 in eine stationäre Behandlung zu begeben. Bei Wahrnehmung dieses Termins bestehe für ihn bei einer Zwangsräumung keine Gesundheitsgefahr.
Auf sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht die Räumungsvollstreckung durch Beschluß vom 29. Juni 2004 wiederum - nunmehr bis zum 1. September 2004 - einstweilen eingestellt. Es könne zur Zeit nicht ausgeschlossen werden, daß die Räumung für den Schuldner eine unzumutbare Härte sei. Auch unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen sei es gerechtfertigt , die Räumungsvollstreckung vorläufig einzustellen, bis abschließend geklärt sei, ob tatsächlich eine Suizidgefahr bestehe und wie hoch das Risiko einzuschätzen sei. Die vorgelegten Atteste belegten lediglich, daß beim Vater des Schuldners eine akute Belastungsstörung gegeben sei und er sich unter der Extrembelastung einer drohenden Zwangsräumung in einem psychischen Ausnahmezustand befinde. Der behandelnde Arzt sehe aber für den Fall einer Zwangsräumung eine Selbstgefährdung des Vaters des Schuldners. Dem Schuldner wurde Gelegenheit gegeben, zur Klärung der Frage, ob bei einer Zwangsräumung tatsächlich eine Suizidgefahr bestehe und wie diese auszuschließen sei, eine amtsärztliche Stellungnahme nachzureichen. Da dies unterblieb , hat das Landgericht durch Beschluß vom 1. September 2004 die sofortige Beschwerde des Schuldners zurückgewiesen.
Nachdem der Räumungstermin auf den 13. Dezember 2004 angesetzt worden war, hat der Schuldner mit Schriftsatz vom 22. November 2004 wieder beantragt, die Räumungsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluß einstweilen einzustellen. Zur Begründung hat er (nach Aufforderung durch das Amtsgericht)
ein amtsärztliches Attest vom 30. November 2004 eingereicht. In diesem wird dargelegt, der Vater des Schuldners leide an einer akuten Erkrankung aus dem nervenärztlichen Stoffgebiet. Bei geringster psychischer Belastung bestehe die Gefahr einer Dekompensation mit möglichen fatalen Folgen. Es sollte eine psychiatrische ambulante und stationäre Therapie sowie eine medikamentöse Einstellung abgewartet werden, um eine eventuelle gesundheitliche Stabilisierung zu erreichen.
Das Amtsgericht hat aufgrund dieses Attests die Suizidgefahr als hinreichend belegt angesehen und durch Beschluß vom 2. Dezember 2004 die Zwangsvollstreckung bis zum 31. März 2005 eingestellt. Um der Suizidgefahr entgegenzuwirken, habe der Schuldner jedoch mit Nachdruck dafür zu sorgen, daß sich sein Vater unverzüglich in eine stationäre psychiatrische Therapie begebe , wo er medikamentös eingestellt werde. Sollte er hierzu nicht willens oder nicht in der Lage sein, müsse er mit der Fortsetzung der Zwangsvollstreckung rechnen. Sollte sich der Vater des Schuldners weiterhin einer Therapie entziehen , müsse er mit ordnungsbehördlichen Maßnahmen rechnen. Dem Schuldner werde weiterhin zur Auflage gemacht, sich unverzüglich nach einer anderen Wohnung umzusehen.
Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat das Landgericht diesen Beschluß am 7. Dezember 2004 abgeändert und den Antrag des Schuldners vom 22. November 2004 zurückgewiesen. Die bereits an demselben Tag eingegangene sofortige Beschwerde des Schuldners, mit der er eine Einstellung der Zwangsvollstreckung mindestens bis zum 31. Mai 2005 begehrt hat, hat das Landgericht durch Beschluß vom 13. Dezember 2004 zurückgewiesen.
Gegen den Beschluß des Landgerichts vom 7. Dezember 2004 hat der Schuldner die zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Die Gläubigerin hat beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
B. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
I. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die Voraussetzungen für eine weitere Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 765a ZPO lägen nicht vor. Dabei werde nicht verkannt, daß das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG betroffen sei, wenn bei Durchführung einer Räumung schwerwiegende Gefahren für die Gesundheit und das Leben drohten. Da der Schuldner nunmehr auch ein amtsärztliches Attest vorgelegt habe, dem zu entnehmen sei, daß sein Vater bei einer Zwangsräumung suizidgefährdet sei, seien die drohenden gesundheitlichen Gefahren hinreichend belegt.
Von einem Betroffenen könne aber jedes zumutbare Bemühen um eine Verringerung des Krankheitsrisikos verlangt werden. Der Vater des Schuldners habe die ihm danach obliegende Mitwirkungspflicht schuldhaft verletzt, weil er sich trotz mehrfacher Ankündigung nicht in stationäre Behandlung begeben habe. Bereits in den vorangegangenen Verfahren sei dem Vater des Schuldners Gelegenheit gegeben worden, seinen Gesundheitszustand durch eine stationäre psychiatrische Behandlung zu verbessern. Nach der vorgelegten amtsärztlichen Stellungnahme vom 30. November 2004, in der eine stationäre Behandlung empfohlen werde, könne eine Therapie nicht als von vornherein aussichtslos angesehen werden.
Werde durch ein solches schuldhaftes Verhalten ein Zustand der Suizidgefahr aufrechterhalten, der einer Räumung des Grundstücks über einen langen Zeitraum entgegenstehen würde, seien der Schuldner und seine Angehörigen nicht mehr schutzwürdig. Auch bei besonders sorgfältiger Abwägung der Grundrechte der Beteiligten könne in einem solchen Fall nicht mehr davon ausgegangen werden, daß die Räumung eine besondere Härte darstelle, die gegen die guten Sitten verstoße. Bei einem solchen Fehlverhalten sei den Gläubigerinteressen wieder Vorrang einzuräumen.
II. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner auch das Begehren seiner sofortigen Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom 2. Dezember 2004 weiter, die Zwangsvollstreckung mindestens bis zum 31. Mai 2005 einzustellen. Das Landgericht hat mit seinem Beschluß vom 7. Dezember 2004 der Sache nach auch über dieses Begehren des Schuldners entschieden. Aufgrund der Rechtsbeschwerde des Schuldners gegen diesen Beschluß ist deshalb auch dieses Begehren Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens geworden.
III. Die uneingeschränkte Zurückweisung des Antrags des Schuldners, die Zwangsvollstreckung gemäß § 765a ZPO einstweilen einzustellen, hält der Nachprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht stand.
1. Die Vorschrift des § 765a ZPO ermöglicht den Schutz gegen Vollstrekkungsmaßnahmen , die wegen ganz besonderer Umstände eine Härte für den Schuldner bedeuten, die mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist. Anzuwenden ist § 765a ZPO nur dann, wenn im Einzelfall die Zwangsvollstrekkungsmaßnahme nach Abwägung der beiderseitigen Belange zu einem untragbaren Ergebnis führen würde (vgl. BGHZ 44, 138, 143; BGH, Beschl. v. 25.6.2004 - IXa ZB 267/03, NJW 2004, 3635, 3636; Beschl. v. 21.12.2004
- IXa ZB 228/03, WM 2005, 288, 289, für BGHZ vorgesehen; Stein/Jonas/ Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 765a Rdn. 5 f.; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 765a Rdn. 5; Musielak/Lackmann, ZPO, 4. Aufl., § 765a Rdn. 5 ff.; Schuschke /Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, Bd. I, 3. Aufl., § 765a Rdn. 8 ff.; vgl. auch MünchKomm.ZPO/Heßler, 2. Aufl., § 765a Rdn. 7, 42).
2. Der Ansicht der Rechtsbeschwerde, daß die für den Vater des Schuldners bestehende Suizidgefahr eine Räumungsvollstreckung vollständig ausschließt , kann auch auf der Grundlage des im Rechtsbeschwerdeverfahren zu unterstellenden Sachverhalts nicht zugestimmt werden.

a) Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet die Vollstrekkungsgerichte , bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 765a ZPO auch die Wertentscheidungen des Grundgesetzes und die dem Schuldner in der Zwangsvollstreckung gewährleisteten Grundrechte zu berücksichtigen. Ergibt die erforderliche Abwägung, daß die der Zwangsvollstreckung entgegenstehenden , unmittelbar der Erhaltung von Leben und Gesundheit dienenden Interessen des Schuldners im konkreten Fall ersichtlich schwerer wiegen als die Belange , deren Wahrung die Vollstreckungsmaßnahme dienen soll, so kann der trotzdem erfolgende Eingriff das Prinzip der Verhältnismäßigkeit und das Grundrecht des Schuldners aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verletzen (vgl. BVerfGE 52, 214, 219 f. = NJW 1979, 2607; BVerfG NJW 1998, 295, 296; BVerfG NJW-RR 2001, 1523; BVerfG NJW 2004, 49; BGH NJW 2004, 3635, 3637). Besteht im Fall einer Zwangsräumung bei einem nahen Angehörigen des Schuldners eine Suizidgefahr, ist diese bei der Anwendung des § 765a ZPO in gleicher Weise wie eine beim Schuldner selbst bestehende Gefahr zu berücksichtigen (vgl. OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 1994, 81; OLG Köln NJW 1994, 1743; OLG Hamm Rpfleger 2001, 508; OLG Saarbrücken Rpfleger 2003, 37, 38). Die demgemäß vorzunehmende Würdigung aller Umstände kann in besonders gelagerten Ein-
zelfällen auch dazu führen, daß die Vollstreckung für einen längeren Zeitraum und - in absoluten Ausnahmefällen - auf unbestimmte Zeit einzustellen ist (BVerfG NJW 1998, 295, 296).

b) Selbst dann, wenn mit einer Zwangsvollstreckung eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners oder eines nahen Angehörigen verbunden ist, kann aber eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung nicht ohne weiteres einstweilen eingestellt werden. Erforderlich ist stets die Abwägung der - in solchen Fällen ganz besonders gewichtigen - Interessen der Betroffenen mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers (vgl. BVerfGE 52, 214, 220 = NJW 1979, 2607; BVerfG NZM 1998, 431; OLG Köln NJW 1993, 2248, 2249; Stein/Jonas/Münzberg aaO § 765a Rdn. 5; Schuschke/Walker aaO § 765a Rdn. 10; Keip, Umfang und Grenzen eines sozialen Schuldnerschutzes in der Zwangsvollstreckung, 2000, S. 255 ff.; Sturm, Räumungsvollstreckung und Räumungsschutz gemäß § 765a ZPO unter Berücksichtigung der zweiten Zwangsvollstreckungsnovelle , 2001, S. 209; Walker/Gruß, NJW 1996, 352, 353 ff.).
Bei dieser Interessenabwägung kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß sich auch der Gläubiger auf Grundrechte berufen kann. Unterbleibt die Räumungsvollstreckung wegen der Annahme einer Suizidgefahr, die auch bei sorgfältiger fachlicher Prüfung nur auf der Beurteilung von Wahrscheinlichkeiten beruhen kann, wird in das Grundrecht des Gläubigers auf Schutz seines Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) eingegriffen (vgl. Schuschke/Walker aaO § 765a Rdn. 1; Sturm aaO S. 207; Scherer, DGVZ 1995, 33, 35). Die Aufgabe des Staates, das Recht zu wahren, umfaßt die Pflicht, ordnungsgemäß titulierte Ansprüche notfalls mit Zwang durchzusetzen und dem Gläubiger zu seinem Recht zu verhelfen (BVerfGE 49, 220, 231 - Sondervotum Böhmer = NJW 1979, 534, 535). Der Gläubiger hat gemäß Art. 19 Abs. 4 GG einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf tatsächlich wirksamen Rechtsschutz seines Eigentums (vgl.
BVerfGE 49, 220, 225 = NJW 1979, 534 f.; BGH WM 2005, 288, 289; Sturm aaO S. 208 f.; Keip aaO S. 247). Dem Gläubiger dürfen nicht die Aufgaben überbürdet werden, die aufgrund des Sozialstaatsprinzips dem Staat und damit der Allgemeinheit obliegen (vgl. OLG Düsseldorf OLG-Rep 1998, 123, 125; Schuschke/Walker aaO § 765a Rdn. 11; Sturm aaO S. 208; Walker/Gruß, NJW 1996, 352, 353 f.; Linke, NZM 2002, 205, 208).
Es ist deshalb auch dann, wenn bei einer Räumungsvollstreckung eine konkrete Suizidgefahr für einen Betroffenen besteht, sorgfältig zu prüfen, ob dieser Gefahr nicht auch auf andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann. Mögliche Maßnahmen betreffen die Art und Weise, wie die Zwangsvollstreckung durchgeführt wird, aber auch die Ingewahrsamnahme des Suizidgefährdeten nach polizeirechtlichen Vorschriften oder dessen Unterbringung (vgl. §§ 10 ff. PsychKG NW; vgl. weiter Stein/Jonas/Münzberg aaO § 765a Rdn. 6; Keip aaO S. 256 ff.; Sturm aaO S. 218 f.; Scherer, DGVZ 1995, 33, 37 f.). Nicht zuletzt ist aber auch der Gefährdete selbst gehalten, das ihm Zumutbare zu tun, um die Risiken, die für ihn im Fall der Vollstreckung bestehen, zu verringern (vgl. BVerfG NJW 1992, 1155; BVerfG NJW-RR 1993, 463, 464; BVerfG NJW 2004, 49 f.; OLG Köln NJW 1993, 2248, 2249; Stein/Jonas/Münzberg aaO § 765a Rdn. 5; Schuschke/ Walker aaO § 765a Rdn. 10; E. Schneider, JurBüro 1994, 321, 324; Walker /Gruß, NJW 1996, 352, 355; Weyhe, NZM 2000, 1147, 1150; Linke, NZM 2002, 205, 207 f.). Dies gilt auch für einen nahen Angehörigen, wenn auf Antrag des Schuldners unter Berufung auf dessen Suizidgefährdung eine Maßnahme nach § 765a ZPO getroffen werden soll.
Einem Schuldner oder einem seiner Angehörigen, die im Fall der Zwangsvollstreckung suizidgefährdet sind, kann dementsprechend, wenn sie dazu in der Lage sind, zugemutet werden, fachliche Hilfe - gegebenenfalls auch
durch einen stationären Aufenthalt in einer Klinik - in Anspruch zu nehmen, um die Selbsttötungsgefahr auszuschließen oder zu verringern. Ist ein Angehöriger betroffen, kann auch vom Schuldner selbst erwartet werden, daß er das ihm Zumutbare unternimmt, um Gefahren für dessen Leben und Gesundheit möglichst auszuschließen (vgl. dazu auch BGH NJW 2004, 3635, 3637).

c) Die Beurteilung des Beschwerdegerichts, daß die Interessenabwägung hier deshalb gegen den Schuldner ausfallen müsse, weil dessen Vater die ihm obliegende Mitwirkungspflicht schuldhaft verletzt habe, wird von der Rechtsbeschwerde allerdings mit Erfolg angegriffen.
Die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht habe das Recht des Schuldners auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, ist begründet. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 2. Dezember 2004 gegen den an diesem Tag erlassenen Beschluß des Amtsgerichts ist den Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners nicht zugestellt worden. Der Schuldner hatte deshalb vor der Entscheidung des Beschwerdegerichts am 7. Dezember 2004 keine Möglichkeit, zu dem Antrag der sofortigen Beschwerde, die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aufzuheben, Stellung zu nehmen. Ein Grund, von der Anhörung des Schuldners abzusehen, bestand bei der gegebenen Sachlage nicht. Die Rechtsbeschwerde trägt vor, der Schuldner hätte bei Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgebracht, sein Vater habe sich in der Zeit vom 12. Juli bis 3. August 2004 einer stationären Behandlung in einer psychiatrischen Klinik unterzogen. Nach Ansicht der Ärzte do rt könne eine solche Behandlung jedoch nur zu einer Linderung der Symptome, nicht aber zu einer Änderung der akuten Suizidgefährdung bei einer situativen Einengung ohne erkennbaren Ausweg führen. Dies hätte der Schuldner durch Benennung des Chefarztes der Klinik als Zeugen oder durch ärztliche Bescheinigung der Klinik unter Beweis gestellt. Die Beurteilung der Klinikärzte entspreche der Beur-
teilung des Facharztes, der den Vater des Schuldners ambulant behandele. Der amtsärztlichen Bescheinigung, die auf eingehenden Untersuchungen beruhe, sei ebenfalls nicht zu entnehmen, daß eine stationäre psychiatrische Behandlung aussichtsreich sei. Der Vater des Schuldners werde zudem (ausweislich der vorgelegten Atteste vom 14. August und 26. November 2004) von einem Facharzt, der auch Psychopharmaka einsetze, ambulant behandelt.
Wird dieses - im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht überprüfbare - Tatsachenvorbringen unterstellt, kann dem Vater des Schuldners zumindest keine entscheidend ins Gewicht fallende Verletzung seiner Pflicht, soweit zumutbar zum Erfolg der Zwangsvollstreckung beizutragen, vorgehalten werden.

d) Auch wenn das Vorbringen der Rechtsbeschwerde unterstellt wird, bedeutet dies jedoch nicht, daß eine Räumungsvollstreckung vollständig ausgeschlossen ist. Andernfalls müßte dem Schuldner im Ergebnis zeitlich unbegrenzt Vollstreckungsschutz gewährt werden, und dies auch dann, wenn - wie die Gläubigerin im Verfahren vorgetragen hat - seit dem Zuschlag vom 11. Oktober 2002 nicht einmal ein Nutzungsentgelt in ortsüblicher Höhe gezahlt werden sollte und Erhaltungsaufwendungen für das genutzte Haus unterblieben sein sollten. Es ist vielmehr zu berücksichtigen, daß das Vollstreckungsgericht auf Antrag die Vollstreckung gemäß § 765a ZPO auch von der Erfüllung von Auflagen abhängig machen kann (vgl. Stein/Jonas/Münzberg aaO § 765a Rdn. 15). Dies ermöglicht z.B. Anordnungen wie im Beschluß des Amtsgerichts vom 13. Juni 2003, nach denen die Durchführung der Zwangsräumung die Anwesenheit eines Beamten des Gesundheitsamts - Ordnungsamts - der Stadt und eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie zur Voraussetzung hatte (vgl. auch OLG Düsseldorf OLG-Rep 1998, 123, 125 f.; VGH Mannheim NJW 1997, 2832, 2834; Sturm aaO S. 218 f.). Wenn bereits bei Bevorstehen der Zwangsräumung für den Vater des Schuldners aufgrund krankheitsbedingten Verhaltens eine
gegenwärtige Gefahr einer erheblichen Selbstgefährdung besteht, die anders nicht abgewendet werden kann, ist zudem seine Unterbringung nach § 11 PsychKG NW, gegebenenfalls auch schon vor dem Räumungstermin, zulässig.
IV. Die gemäß § 765a ZPO zu treffende Entscheidung über Auflagen für die Durchführung der Zwangsvollstreckung hat der Tatrichter nach sorgfältiger Prüfung aller Umstände zu treffen. Die Sache ist deshalb zur erneuten Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
v. Ungern-Sternberg Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird,
2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder
3.
der Mieter
a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.

(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.