Bundesgerichtshof Urteil, 07. Sept. 2005 - XII ZR 316/02
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin begehrt die teilweise Rückabwicklung eines Grundstücksüberlassungsvertrags.
- 2
- Der Beklagte war seit 1974 mit der Enkelin der ursprünglichen Klägerin, Frau Anna S. (im Folgenden: Großmutter), verheiratet. Die Eheleute bewohnten ein Zimmer im Haus der Großeltern in der ehemaligen DDR. Der Großvater starb 1976. Mit notariellem Vertrag vom Dezember 1980 übertrug die damals 71jährige Großmutter das Eigentum an dem Hausgrundstück, dessen Einheitswert 9.000 Mark betrug, auf ihre Enkelin und den Beklagten. Die Eheleute verpflichteten sich in dem Vertrag, der Großmutter auf Lebenszeit die mietfreie Mitbewohnung des Hauses zu gestatten, ihre Räume instand zu halten und sie bei Krankheit oder Gebrechlichkeit unentgeltlich zu pflegen. Der Wert dieser Leistungen wurde in dem Vertrag mit 240 Mark jährlich angegeben. Außerdem zahlten die Eheleute aufgrund einer in dem Vertrag übernommenen Verpflichtung an die zweite Enkelin der Großmutter 4.500 Mark. In der Folgezeit nahmen sie an dem Hausgrundstück verschiedene Investitionen vor, die sich allerdings nur noch teilweise wertsteigernd auswirken. Im Mai 1996 zog der Beklagte aus dem Anwesen aus; seine Ehe ist seit April 1998 geschieden.
- 3
- Das Landgericht hat die auf Rückauflassung eines hälftigen Miteigentumsanteils gerichtete Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat die Großmutter ihr Klagbegehren nur noch Zug um Zug gegen eine der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellte angemessene Ausgleichszahlung weiterverfolgt. Das Oberlandesgericht hat der Klage weitgehend entsprochen und den Beklagten zur Übertragung seines hälftigen Miteigentums Zug um Zug gegen eine Zahlung von 6.676,19 € (= 13.057,50 DM) verurteilt. Mit der - vom Senat angenommenen - Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
- 4
- Die Großmutter ist im Jahre 2003 verstorben und von ihrer Tochter - der jetzigen Klägerin - allein beerbt worden; die Tochter hat den Rechtsstreit aufgenommen.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 6
- 1. Das Oberlandesgericht geht zu Recht davon aus, dass der "Grundstücksüberlassungsvertrag" nicht aufgespalten und hinsichtlich der geschiedenen Ehefrau des Beklagten als Vereinbarung einer vorweggenommenen Erbfolge angesehen, im Verhältnis zum Beklagten jedoch als ein Kaufvertrag qualifiziert werden kann, bei dem sich die Großmutter zur Übertragung hälftigen Eigentums und der Beklagte zur Zahlung der Abfindung an deren andere Enkelin verpflichtet hat. Einer solchen Aufspaltung widerspräche schon der Wortlaut des Vertrags, nach dem die Pflichten aus dem Vertrag vom Beklagten und seiner geschiedenen Ehefrau gemeinsam geschuldet waren. Auch für den an die andere Enkelin zu erbringenden Betrag sollte der Beklagte nicht allein aufkommen ; vielmehr sollten nach § 1 letzter Absatz des Vertrages die Eheleute gemeinsam "die Auszahlung aus Arbeitseinkünften während des Bestehens ihrer Ehe" finanzieren.
- 7
- 2. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts stellt der "Überlassungsvertrag" ein familienbezogenes Rechtsverhältnis eigener Art dar (Art. 45 Abs. 3 ZGB, anwendbar gemäß Art. 232 § 1 EGBGB). Die Grundstücksüberlassung habe als Beitrag der Großmutter zur Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft ihrer Enkelin dienen sollen; deshalb seien auf diesen Vertrag die für ehebezogene Zuwendungen unter Ehegatten entwickelten Grundsätze analog anzuwenden. Die Vorstellung der Großmutter, die Ehe der Enkelin werde Bestand haben, sei als Geschäftsgrundlage der Zuwendung anzusehen. Mit der Scheidung der Ehe sei diese Geschäftsgrundlage entfallen. Die Großmutter könne die Rückübertragung des Grundstücks verlangen, weil die Vermögenszuordnung ohne Korrektur für sie unzumutbar sei. Die Großmutter habe mit der Zuwendung auch in die Zukunft gerichtete eigene Interessen verfolgt, da sie die Erwartung gehabt habe, auch im Falle der Pflegebedürftigkeit im Hause wohnen bleiben und darüber hinaus ihre Versorgung durch Gewährleistung freien Wohnens sicherstellen zu können. In einem solchen Falle sei ein dinglicher Rückgewähranspruch gegeben.
- 8
- Auch diese Ausführungen lassen revisionsrechtlich bedeutsame Fehler nicht erkennen.
- 9
- a) Nicht zu beanstanden ist die Annahme des Oberlandesgerichts, der hier vorliegende "Überlassungsvertrag" stelle sich als eine ehebezogene Zuwendung dar. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist bei Zuwendungen von Schwiegereltern an den Ehepartner des leiblichen Kindes zum Zwecke der Begünstigung des ehelichen Lebens regelmäßig ein Rechtsverhältnis eigener Art anzunehmen, das mit den ehebezogenen Zuwendungen unter Ehegatten vergleichbar ist (Urteil vom 4. Februar 1998 - XII ZR 160/96 - FamRZ 1998, 669 f.). Für Zuwendungen, die - wie hier - der Großelternteil des einen Ehegatten dem anderen Ehegatten erbringt, kann nichts anderes gelten. Der Einordnung eines solchen Rechtsgeschäfts als ehebezogene Zuwendung steht nicht entgegen, dass die Zuwendung unter der Geltung des DDR-Rechts erfolgt ist (Senatsurteil aaO 670). Denn auch im Schuldrecht der DDR bestand kein Typenzwang; § 45 Abs. 3 ZGB/DDR gestattete es vielmehr, Verträge eigener Art abzuschließen, soweit nicht gegen zwingende Normen oder den Zweck der Gesetze verstoßen wurde. Ein solcher Vertrag liegt hier vor.
- 10
- Der besondere ehebezogene Charakter der Zuwendung an den Beklagten wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Beklagte und seine (damalige) Ehefrau in dem Überlassungsvertrag der Großmutter ein Wohnrecht einräumten und sich verpflichteten, sie im Falle der Pflegebedürftigkeit zu betreuen sowie an deren andere Enkelin einen Ausgleichsbetrag zu zahlen. Die Verpflichtung zu derartigen Gegenleistungen könnte die Absicht der Großmutter, das eheliche Leben des Beklagten zu begünstigen, nur dann ausschließen, wenn die von den Eheleuten übernommenen Verpflichtungen sich nach dem Willen der Vertragsparteien als vollwertige Gegenleistung für den Erwerb des zugewandten Vermögensgegenstandes darstellten. Das ist jedoch nicht dargetan. Die Großmutter wollte ihre beiden Enkelinnen im wesentlichen wirtschaftlich gleichmäßig bedenken; sie hat ihrer einen Enkelin und dem mit dieser verheirateten Beklagten ihr Grundstück, der andern Enkelin aber einen Ausgleichsbetrag zugewandt , der dem hälftigen Einheitswert dieses Grundstücks entsprach. Dass die dabei auf die eine Enkelin und den Beklagten entfallende Vermögenshälfte durch weitergehende, mit jährlich 240 Mark bewertete Leistungspflichten geschmälert wurde, schließt einen verbleibenden Ehebezug der Zuwendung an den Beklagten nicht aus. Zwar mögen die auf Lebenszeit der Großmutter geschuldeten Leistungen - auf der Grundlage der im Überlassungsvertrag vorgenommenen Bewertung und angesichts des von der Großmutter tatsächlich erreichten hohen Lebensalters - den Wert des zugewandten Grundstücks, soweit er nicht bereits durch die Ausgleichszahlung an die andere Enkelin abgegolten ist, im Zeitpunkt der Scheidung des Beklagten bereits zu einem nicht unerheblichen Teil erschöpft haben. Der im Überlassungsvertrag angesetzte Wert dieser Leistungen gibt jedoch nicht notwendig deren tatsächlichen Wert wieder; außerdem war die geschuldete Leistungsdauer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhersehbar.
- 11
- b) Revisionsrechtlich bedenkenfrei ist auch die Annahme des Oberlandesgerichts , mit der Scheidung der Ehe des Beklagten mit der Enkelin sei die Geschäftsgrundlage der Zuwendung der Großmutter, soweit sie dem Beklagten zugute gekommen sei, entfallen. Ausweislich des Überlassungsvertrags haben der Beklagte und seine damalige Ehefrau das Grundstück der Großmutter zu gemeinschaftlichem Eigentum und Vermögen erworben. Mangels gegenteiliger Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Eheleute nach dem Beitritt nicht (gemäß Art. 234 § 4 Abs. 2 Satz 1 EGBGB) für den Fortbestand ihres bisheri- gen Güterstandes optiert haben und deshalb (gemäß Art. 234 § 4 a EGBGB) an dem Grundstück Eigentum der Eheleute zu gleichen Bruchteilen entstanden ist. Das hat zur Folge, dass der Beklagte fortan über seinen Eigentumsanteil allein verfügen und auch grundsätzlich die Teilungsversteigerung betreiben kann. Es ist nicht rechtsfehlerhaft, wenn das Oberlandesgericht diesen Umstand, der das Wohnrecht der Großmutter und den von ihr verfolgten Versorgungszweck gefährdete , sowie die Scheidung der Ehe des Beklagten, von deren Fortbestand die Parteien bei der Grundstücksüberlassung ausgegangen sind, als Wegfall der Geschäftsgrundlage wertet. Der ursprüngliche Vortrag der Großmutter, das Scheitern der Ehe des Beklagten mit ihrer Enkelin "habe überhaupt nichts mit der Rückabwicklung dieses Grundstücksvertrages zu tun", hindert eine solche Wertung nicht. Dabei kann dahinstehen, ob - wie die Revision meint - in diesem Vortrag überhaupt eine Tatsachenbehauptung zu finden ist, der Beklagte sich eine solche Behauptung zu eigen gemacht hat und die Großmutter diese Behauptung - weil zugestanden - später nicht mehr widerrufen konnte (zur möglichen Bindungswirkung eines vorweggenommenen Geständnisses etwa BGH Urteil vom 13. November 2003 - III ZR 70/03 - NJW 2004, 513, 515 f.; Zöller /Greger ZPO 25. Aufl. § 288 Rdn. 3 a). Jedenfalls reicht schon das bloße Risiko der Großmutter, im Zuge der güterrechtlichen Auseinandersetzung zwischen den Eheleuten die mit dem Vertrag bezweckte Möglichkeit zu verlieren, ihren Lebensabend in ihrem bisherigen Haus zu verbringen, aus, um die Geschäftsgrundlage der Grundstücksüberlassung, soweit sie dem Beklagten zugute gekommen ist, als entfallen anzusehen. Einer ernstlichen Drohung des Beklagten mit einer Teilungsversteigerung bedurfte es für einen solchen Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht.
- 12
- c) Die aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage grundsätzlich vorzunehmende Vertragsanpassung führt im Bereich der ehebezogenen Zuwendungen unter Ehegatten nur in seltenen Ausnahmefällen zu einer Rückgewähr des zugewandten Gegenstandes. Ähnliches gilt bei Zuwendungen von Eltern oder Großeltern eines Ehegatten an den mit ihnen nicht verwandten anderen Ehegatten (vgl. Senatsurteil vom 4. Februar 1998 aaO 670). Soweit die Ehe Bestand gehabt hat, ist der Zweck der Zuwendung jedenfalls teilweise erreicht, so dass das Zugewendete in der Regel nicht voll wird zurückgegeben werden müssen. Ausnahmen sind denkbar, wenn nur die Rückgewähr geeignet erscheint , einen untragbaren, mit Treu und Glauben unvereinbaren Zustand zu vermeiden. Ob die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmefalles vorliegen, unterliegt im Wesentlichen tatrichterlicher Beurteilung (BGHZ 68, 299, 305). Das Oberlandesgericht hat diese Voraussetzungen bejaht und darin gesehen, dass die Großmutter den von ihr maßgeblich verfolgten Versorgungszweck ohne die Rückgewähr des für den Beklagten begründeten Miteigentums nicht verwirklichen konnte. Dagegen ist - jedenfalls für den Fall einer ehebezogenen Zuwendung durch Schwiegereltern oder Schwiegergroßeltern - revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Insbesondere steht der Umstand, dass der Vertrag im Zeitpunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bereits rund 18 Jahre bestanden hatte, der Beurteilung des Oberlandesgerichts nicht entgegen. Denn die vom Beklagten und seiner früheren Ehefrau übernommene Leistungspflicht bestand , weil auf Lebenszeit der Großmutter eingegangen, zu diesem Zeitpunkt fort. Außerdem kann der nicht unerhebliche Umfang der vom Beklagten bis dahin bereits erbrachten Leistungen bei der Bemessung der Ausgleichungspflicht Berücksichtigung finden.
- 13
- 3. Das Oberlandesgericht geht - im Ansatzpunkt zutreffend - davon aus, dass auch in Fällen, in denen der Wegfall der Geschäftsgrundlage ausnahmsweise einen Anspruch auf Rückgewähr in Natur begründet, diese Rückgewährpflicht von vornherein nur unter Berücksichtigung eines nach den Umständen des Einzelfalles gerechtfertigten Ausgleichs in Betracht kommt. Insoweit muss das wirtschaftliche Ergebnis einer dinglichen Rückgewähr identisch mit dem eines bloß schuldrechtlichen Rückausgleichs sein (Senatsurteile vom 4. Februar 1998 aaO und vom 28. Oktober 1998 - XII ZR 255/96 - FamRZ 1999, 365, 367). Die danach Zug um Zug gegen Rückauflassung des hälftigen Grundeigentums zu erbringende Ausgleichszahlung will das Oberlandesgericht gemäß § 287 ZPO unter Berücksichtigung des hälftigen Wertes der von den Ehegatten vorgenommenen und noch vorhandenen Verwendungen auf das Grundstück mit (14.115 DM für die Errichtung einer Garage + 4.500 DM für Außenanlagen + 7.500 DM für Wertverbesserungen an Dach und Hauswasseranlage = 26.115 DM, abzüglich des auf die geschiedene Ehefrau des Beklagten entfallenden hälftigen Anteils dieser Verwendungen =) 13.057,50 DM bemessen.
- 14
- Diese Bemessung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 15
- Der Ausgleich soll bewirken, dass sich der in Natur rückgewährpflichtige Ehegatte im wirtschaftlichen Ergebnis nicht anders steht als er stünde, wenn ihm der zugewandte Gegenstand verbliebe und der Zuwendende von ihm für die Zuwendung, soweit deren Geschäftsgrundlage entfallen ist, seinerseits eine Ausgleichszahlung verlangen könnte (vgl. Wagenitz in Schwab/Hahne, Familienrecht im Brennpunkt, 2004, 160, 172). In diesem Falle erschöpft sich die vom Zuwendungsempfänger nach Billigkeit geschuldete Ausgleichszahlung jedenfalls in dem Wert der Zuwendung, soweit dieser nicht bereits durch Leistungen aufgewogen wird, die der Zuwendungsempfänger im Hinblick auf die Zuwendung an den Zuwendenden erbracht hat; Wertsteigerungen, die der zugewandte Gegenstand nach der Zuwendung erfahren hat, verbleiben ebenso wie der zugewandte Gegenstand selbst grundsätzlich dem Zuwendungsempfänger (vgl. bereits Senatsurteil vom 28. Oktober 1998 aaO 365). Hat - wie hier - der Zuwendungsempfänger den Zuwendungsgegenstand in Natur zurückzugewähren, gelten diese Grundsätze entsprechend: Der Zuwendende hat dem Zuwen- dungsempfänger - Zug um Zug gegen Rückgewähr - grundsätzlich diejenigen Leistungen auszugleichen, die dieser mit Rücksicht auf die Zuwendung erbracht hat und für deren Erbringung ebenfalls die Geschäftsgrundlage entfallen ist. Bei der Bemessung des Wertes dieser Leistungen ist nicht von den im Zeitpunkt der Leistungserbringung maßgebenden Nominalwerten auszugehen; vielmehr ist der Zeitwert dieser Leistungen in dem Verhältnis anzuheben, um den auch der Wert des in Natur zurückzugewährenden Zuwendungsgegenstandes in der Zeit zwischen der Leistungserbringung und dem Wegfall der Geschäftsgrundlage der Zuwendung gestiegen ist; denn in diesem Verhältnis gebührt die Wertsteigerung des Zuwendungsgegenstandes dem zur Rückgewähr in Natur verpflichteten Zuwendungsempfänger. Das hat das Oberlandesgericht nicht beachtet. Im Einzelnen:
- 16
- a) Das Oberlandesgericht hat bei der Ermittlung des Ausgleichs nicht berücksichtigt , dass die Großmutter den Eheleuten das Grundstück nur gegen eine Abfindungszahlung an ihre andere Enkelin überlassen hat. In dem Verhältnis , in dem diese Abfindung zum damaligen Verkehrswert des Grundstücks stand, stellt sich die Überlassung als eine teilweise entgeltliche Verfügung dar. Das von den Eheleuten gezahlte Entgelt hindert, wie ausgeführt, zwar nicht, die Verfügung zugunsten des Beklagten als auf dessen Ehe bezogen anzusehen; in die Bemessung des gegen Rückgewähr der ehebezogenen Verfügung zu leistenden Ausgleichs muss dieses Entgelt jedoch nach Billigkeit einbezogen werden. Das hat das Oberlandesgericht unterlassen. Bei der gebotenen Einbeziehung kann der in (DDR-)Mark entrichtete Abfindungsbetrag nicht mit dem nominal entsprechenden DM-Betrag in Ansatz gebracht werden. Da die Eheleute das Eigentum am Grundstück der Großmutter in Ansehung der Abfindung teilweise entgeltlich erworben haben, gebührt vielmehr auch der Wertzuwachs, den dieses Grundstück inzwischen aufgrund der deutschen Einheit erfahren hat, in dem Umfang den Erwerbern, in dem sie dieses Grundstück entgeltlich erworben haben (vgl. bereits Senatsurteil vom 28. Oktober 1998 aaO); denn insoweit ergeben sich zwischen einem vor der Wiedervereinigung vereinbarten und durchgeführten Grundstückskauf und der hier vorliegenden familienrechtlich geprägten Grundstücksüberlassung keine Unterschiede: In beiden Fällen ist für den erworbenen Gegenstand ein Preis entrichtet worden. Mit der Übereignung des Gegenstandes trägt der Erwerber dessen rechtliches und wirtschaftliches Schicksal allein; insoweit fällt ihm auch ein wiedervereinigungsbedingter Wertzuwachs allein an. Im Ergebnis wird deshalb der Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt des "Überlassungsvertrags" zu dem Verkehrswert im Zeitpunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ins Verhältnis zu setzen sein. Mit diesem Verhältniswert ist die von beiden Ehegatten in (DDR-)Mark erbrachte Abfindung zu multiplizieren; die Hälfte des sich daraus ergebenden Betrages gebührt dem Beklagten als Ausgleich.
- 17
- b) Diese Überlegungen gelten sinngemäß auch für die vom Beklagten und seiner geschiedenen Ehefrau an die Großmutter erbrachten sonstigen Leistungen. Das Oberlandesgericht hat die langjährige Mitbenutzung des Hauses durch die Großmutter sowie etwaige von den Eheleuten an die Großmutter vertragsgemäß erbrachte Betreuungs- oder Pflegeleistungen bei der Bemessung des Ausgleichs nach Billigkeit unberücksichtigt gelassen. Das ist nicht richtig. Das der Großmutter in dem "Überlassungsvertrag" eingeräumte Wohnrecht stellt sich ebenso wie die von den Eheleuten übernommene Betreuungs- und Pflegeverpflichtung als eine Gegenleistung für die Übereignung des Grundstücks dar, das dieser insoweit den Charakter einer unentgeltlichen Zuwendung nimmt und deshalb bei der Bemessung des gegen Rückgewähr des Grundstücks zu leistenden Ausgleichs nach Billigkeit einbezogen werden muss. Dabei ist der Wert von Wohnrecht und Pflegeverpflichtung unter Zugrundelegung der im Zeitpunkt des Überlassungsvertrags bestehenden Lebenserwartung zu kapitalisieren. Von dem so ermittelten Betrag ist der kapitalisierte Wert in Abzug zu bringen, der dem Wohnrecht und der Pflegeverpflichtung im Zeitpunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage - wiederum unter Zugrundelegung der Lebenserwartung - noch zukommt; denn insoweit hat der Beklagte mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage die ursprünglich geschuldeten Leistungen nicht mehr zu erbringen. Die sich aus den beiden Werten ergebende Differenz bildet den Wert der von den Eheleuten erbrachten Wohn- und Pflegeleistungen. Er ist mit dem Verhältniswert zu multiplizieren, der sich aus den Verkehrwerten des Grundstücks im Zeitpunkt des Überlassungsvertrags und im Zeitpunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ergibt. Das Produkt gebührt - als DM-Betrag, im Hinblick auf die von beiden Ehegatten gemeinsam erbrachten Leistungen jedoch nur hälftig - dem Beklagten.
- 18
- c) Rechtlichen Bedenken begegnet schließlich die Auffassung des Oberlandesgerichts , die von dem Beklagten und seiner Ehefrau getätigten Verwendungen seien bei der Ermittlung des Ausgleichs nur insoweit zu berücksichtigen , als die durch sie bewirkten Wertsteigerungen noch vorhanden seien. Wie der Senat bereits klargestellt hat, geht es bei der Bemessung des dem rückgewährpflichtigen Zuwendungsempfänger geschuldeten Ausgleichs in Fällen der vorliegenden Art nicht um eine Rückabwicklung nach Bereicherungsgrundsätzen ; Maßstab sind vielmehr die Grundsätze der Billigkeit , die einen Aufwendungsersatz rechtfertigen (Senatsurteil vom 28. Oktober 1998 aaO). Daher sind auch solche Aufwendungen berücksichtigungsfähig, die im Vertrauen auf den Fortbestand der Eigentümerstellung zur Erhaltung oder Verschönerung gemacht worden sind, ohne dass sie sich in einem bleibenden Wertanstieg des Grundstücks niedergeschlagen haben. Freilich werden vom Zuwendungsempfänger getätigte Verwendungen nicht generell und mit dem jeweils für sie aufgewandten Geldbetrag in Ansatz gebracht werden können. Rückgewähr und Ausgleich sollen das Vertragsgefüge im Hinblick auf den Wegfall seiner Geschäftsgrundlage anpassen. Soweit die Eheleute und die Großmutter im selben Haus zusammengelebt haben, ist der Zweck der Zuwendung jedenfalls teilweise erreicht. Verwendungen, die der rückgewährpflichtige Ehegatte bis zur Scheidung getätigt hat, stellen sich aber grundsätzlich nur als ein Korrelat des mietfreien Wohnens dar; in diesem Umfang sind sie - nicht anders als der dem rückgewährpflichtigen Ehegatten entschädigungslos verbleibende Gebrauchsvorteil - als von der Geschäftsgrundlage gedeckt anzusehen und deshalb bei der Bemessung des Ausgleichs nach Billigkeit außer Betracht zu lassen.
- 19
- 4. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Der Senat vermag in der Sache nicht abschließend zu entscheiden. Die Bestimmung des vom rückgewährpflichtigen Ehegatten zu beanspruchenden Ausgleichs nach Billigkeit unterliegt weitgehend tatrichterlicher Beurteilung, für die hier zudem notwendige Feststellungen - etwa über den Grundstückswert im Scheidungszeitpunkt , über Art und Umfang der vom Beklagten und seiner früheren Ehefrau bis zu Scheidung getätigten Verwendungen sowie ihrer sonstigen an die Großmutter vereinbarungsgemäß erbrachten Leistungen - fehlen. Die Sache war deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die für einen umfassenden Ausgleich nach Billigkeit erforderlichen Feststellungen trifft und auf dieser Grundlage - gegebenenfalls unter Heranziehung des § 287 ZPO - den Ausgleichsbetrag bestimmt.
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 08.02.2001 - 10 O 310/98 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 10.01.2002 - 5 U 63/01 -
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 07. Sept. 2005 - XII ZR 316/02
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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte, die einen Viehhandel betreibt, ließ am 10. November 1997 durch den bei ihr angestellten N. S. drei ihr gehörende Jungrinder zu dem Landwirt H. in W. Ortsteil D. transportieren. Beim Abladen von dem Viehtransporter riß sich eines der Rinder los und rannte weg. Es durchschwamm den Main und gelangte auf die Autobahn, wo es einen Unfall mit einem Pkw verursachte, floh anschließend in die umliegenden Felder, kehrte aber nach kurzer Zeit wieder auf die Autobahn zurück. Als die über Funk
herbeigerufene Polizei eintraf, befand sich das Rind auf der Autobahn im Be- reich der Mittelleitplanke. Die beiden Polizeibeamten versuchten zunächst, das Tier von der Autobahn zu vertreiben. Als dies nicht gelang, schoß der Polizeihauptwachtmeister M. mehrfach mit seiner Dienstpistole aus dem geöffneten Fenster der Beifahrerseite des Streifenwagens auf das Rind, bis dieses tödlich getroffen zusammenbrach. Der Polizeibeamte erlitt hierbei ein Knalltrauma an beiden Ohren. Er war wegen dieser Verletzung bis zum 30. November 1997 arbeitsunfähig krank.
Der klagende Freistaat macht gegen die Beklagte unter Berufung auf eine Abtretungserklärung des Geschädigten sowie auf einen Rechtsübergang nach Art. 96 des Bayerischen Beamtengesetzes Erstattungs- bzw. Schadensersatzansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag und aus unerlaubter Handlung (Haftung für den Verrichtungsgehilfen und Tierhalterhaftung) geltend , und zwar neben den von ihm aufgewendeten Heilbehandlungskosten von 9.016,32 DM einen "Dienstausfallschaden" in Höhe von 3.116,82 DM.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 12.133,14 DM zuzüglich Zinsen verurteilt und darüber hinaus festgestellt, daß die Beklagte dem Kläger den weiteren dadurch entstandenen oder noch entstehenden Schaden zu ersetzen habe, daß der Kläger wegen des Schadensfalles Leistungen an den verletzten Polizeibeamten direkt oder an Dritte noch zu erbringen habe. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen, jedoch gegen sein Urteil die Revision zugelassen, "soweit es um die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag geht". Mit der hiergegen gerichteten Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.
Entscheidungsgründe
A.
Die Revision des Klägers eröffnet eine uneingeschränkte Überprüfung des angefochtenen Urteils. Selbst wenn das Berufungsgericht eine Zulassungsbeschränkung hätte aussprechen wollen, wäre diese unwirksam, weil die Zulassung der Revision grundsätzlich auf den prozessualen Anspruch (Streitgegenstand ) bezogen und die Beschränkung auf einzelne rechtliche und tatsächliche Gesichtspunkte unwirksam ist (vgl. BGHZ 101, 276, 278 f; BGH Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 - ZIP 2003, 1240 f). Mit diesem Grundsatz wäre es zwar vereinbar, die Zulassung der Revision auf einzelne von mehreren selbständigen prozessualen Ansprüchen oder auf Teile eines Anspruchs zu begrenzen, wenn und soweit eine Entscheidung durch Teil- oder Grundurteil zulässig wäre, nicht jedoch die Beschränkung auf einzelne reine Rechtsfragen (vgl. Zöller/Gummer ZPO 24. Aufl. § 543 Rn. 19 ff, 22 f).
B.
In der Sache führt die Revision zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Zwar hat das Berufungsgericht den Klageanspruch rechtsfehlerfrei unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag verneint (I.), die Ablehnung des Anspruchs aus Delikt (Haftung für den Verrichtungsgehilfen und Tierhalterhaftung ) ist jedoch mit einem Verfahrensfehler behaftet (II.).
I.
Das Berufungsgericht hält - anders als das Landgericht - Erstattungsansprüche aus § 683 Satz 1 i.V.m. § 670 BGB ("in der Person des verletzten Polizeibeamten" ) nicht für gegeben: Gegen die Annahme einer Geschäftsführung ohne Auftrag bei einer Fallgestaltung, wie sie hier vorliegt, werde vorgebracht: Erstens fehle es an einer Fremdheit des Geschäfts, wenn und soweit eine öffentlich -rechtliche Handlungspflicht bestehe. Zweitens schließe das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Handlungspflicht den gemäß § 677 BGB erforderlichen Fremdgeschäftsführungswillen aus, denn das Bestehen einer öffentlichrechtlichen Handlungspflicht verhindere die von § 683 BGB vorausgesetzte Unterordnung unter den Willen des "Geschäftsherrn". Drittens sei der aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Handlungspflicht tätig werdende Verwaltungsträger dem Geschäftsherrn gegenüber gemäß § 677 BGB auch ohne Auftrag "sonst" zur Geschäftsführung "berechtigt". Vor allem die beiden letzteren Argumente hält das Berufungsgericht für überzeugend. Vorliegend mache der klagende Freistaat geltend, Polizeihauptwachtmeister M. sei als Polizeivollzugsbeamter aufgrund und unter Beachtung der Vorschriften des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) tätig geworden. Dann sei er auch zu seinem Vorgehen im Verhältnis zur Beklagten "sonst berechtigt" im Sinne des § 677 BGB gewesen und habe sich wegen seiner Verpflichtung zur Einhaltung der Vorschriften des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes auch nicht einem (gegebenenfalls davon abweichenden) wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Beklagten als "Geschäftsherrn" im Sinne des § 683 Satz 1 BGB unterwerfen können. Darüber hinaus erscheine es zweifelhaft, ob in der vorgeschilderten Situation ausgehend von einem objektiv (auch) fremden Geschäft wie üblich der
Fremdgeschäftsführungswille vermutet werden könne oder ob dies für die Fälle der Hilfeleistung durch Polizeivollzugsbeamte "gerade nicht" gelte. Bei Richtigkeit der letzteren Auffassung ließe sich ein Fremdgeschäftsführungswille des Polizeihauptwachtmeisters M. im vorliegenden Fall nicht feststellen. Auf die Äußerung des Landwirts H. vor der Tötung des Rindes, das Tier müsse erlegt werden, es sei nicht mehr möglich, es einzufangen, käme es hierbei nicht an, denn "Geschäftsherr" wäre nicht H. , sondern die Beklagte gewesen.
Diese Ausführungen werden von der Revision vergeblich angegriffen.
1. Die §§ 677 ff BGB sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auch im Verhältnis zwischen Verwaltungsträgern und Privatpersonen anwendbar (siehe die Hinweise bei MünchKomm/Seiler BGB 3. Aufl. vor § 677 Rn. 23 ff, 31 f). Die Annahme einer Geschäftsführung ohne Auftrag der Verwaltung für den Bürger verbietet sich nicht einmal dann ohne weiteres, wenn die öffentliche Hand bei dem betreffenden Vorgang hauptsächlich zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten tätig geworden ist (vgl. BGHZ 40, 28; 63, 167, 169 f, jeweils für den Einsatz der Feuerwehr [vgl. hierzu auch BayVGH BayVBl. 1979, 621, 623]; BGH, Urteile vom 10. April 1969 - II ZR 239/67 - NJW 1969, 1205 und BGHZ 65, 384, jeweils zur Bergung von einem Schiff verlorengegangener, für die Schiffahrt gefährlicher Gegenstände durch den Eigentümer der öffentlichen Wasserstraße; BGHZ 65, 354, 357 ff, zur Beseitigung von Straßenverschmutzungen, die von einem Anlieger herrühren, durch die Straßenbaubehörde).
Gegen diese Rechtsprechung wird von einem erheblichen Teil des Schrifttums insbesondere eingewandt, soweit eine Behörde eine eigene gesetzlich zugewiesene Aufgabe (Pflicht zum Tätigwerden) nach öffentlichem Recht wahrnehme, bestimme sich ihre Handlungsweise ausschließlich nach diesem Recht und könne nicht zugleich privatrechtlicher Natur sein (vgl. Ehlers , Verwaltung in Privatrechtsform [1984], 468 ff, 471 ff, 474; Scherer NJW 1989, 2724, 2728 f; Wolff/Bachof/Stober VerwR Bd. 2 § 55 Rn. 14), die Anwendung der privatrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag würde die geltenden Verwaltungsvollstreckungsgesetze und die bestehenden polizeilichen Eingriffs- und Kostenersatznormen als Spezialregelungen unterlaufen (vgl. Erichsen, in: Erichsen/Ehlers Allg. VerwR 12. Aufl. § 29 Rn. 14; Seiler aaO Rn. 31; Bamberger JuS 1998, 706, 709; weit. Nachw. bei Ossenbühl Staatshaftungsrecht 5. Aufl. S. 343), und jedenfalls bei einem Einschreiten der Polizei aufgrund ihrer Eilkompetenz zur Gefahrenabwehr sei sie dem Störer gegenüber zur Geschäftsbesorgung im Sinne des § 677 BGB in sonstiger Weise "berechtigt" und auch ein Fremdgeschäftsführungswille im Sinne einer Unterordnung unter den Willen des Störers komme nicht in Betracht (Erichsen aaO Rn. 17; Wolff/ Bachof/Stober aaO). Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, auf diese grundsätzlichen Einwände umfassend einzugehen. Der Streitfall nötigt auch nicht dazu, allgemein auf die - in BGHZ 63, 167, 170 ausdrücklich offengelassene - Frage einzugehen, inwieweit der für eine bürgerlich-rechtliche Geschäftsführung ausschlaggebende Wille, ein fremdes Geschäft zumindest mitzubesorgen , auch beim unmittelbaren Eingreifen der Polizei und anderer Ordnungsbehörden angenommen werden kann.
2. Denn selbst wenn und soweit es möglich sein sollte, über die bloße Hilfeleistung zugunsten privater Interessen hinausgehendes hoheitliches Handeln der Polizei - selbst das unmittelbare Einschreiten gegen einen Dritten als polizeilichen Störer, sogar, wie hier, verbunden mit der Vernichtung von Eigentum desselben - zugleich als Fremdgeschäftsführung im bürgerlich-rechtlichen Sinne zu begreifen, wären Aufwendungsersatzansprüche aus §§ 683, 670 BGB durch die diesbezüglich im bayerischen Polizei- und Kostenrecht enthaltene Sonderregelung ausgeschlossen.
a) Vorliegend dienten die Maßnahmen der Polizei einschließlich der von dem Polizeihauptwachtmeister M. abgegebenen Schüsse der Abwehr von Gefahren, die der öffentlichen Sicherheit durch das entlaufene Rind drohten. Die Beklagte war als Eigentümerin für diesen Zustand polizeirechtlich verantwortlich (Zustandsstörer; vgl. Art. 8 Abs. 2 Satz 1 PAG). Da die Polizei die Gefahr nicht durch Inanspruchnahme des für die Störung nach Art. 8 PAG Verantwortlichen abwehren konnte, durfte sie die erforderlichen Maßnahmen selbst unmittelbar ausführen (Art. 9 Abs. 1 PAG).
Gemäß Art. 9 Abs. 2 Satz 1 PAG werden für die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme von den (unter anderem) nach Art. 8 PAG Verantwortlichen Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Diese Bestimmung entspricht der Regelung für den Fall der polizeilichen Ersatzvornahme, wenn der Polizeipflichtige eine ihm aufgegebene Handlungspflicht nicht erfüllt (Art. 55 Abs. 1 Satz 2 PAG). Nach der auf der Grundlage des Art. 76 Satz 3 PAG erlassenen Polizeikostenverordnung werden abweichend von dem im übrigen geltenden (Art. 9 Abs. 2 Satz 2, 55 Abs. 1 Satz 3 PAG) bayerischen Kostengesetz bestimmte Gebühren für die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme und für
die Ausführung einer Ersatzvornahme erhoben. Einzelne der im Kostengesetz als erstattungsfähig aufgeführten Auslagen werden in der Polizeikostenverordnung als durch die aufgeführten Gebühren abgegolten bezeichnet. Das Kostengesetz erklärt im übrigen Amtshandlungen, die von der Polizei zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Art. 2 des Polizeiaufgabengesetzes vorgenommen worden sind, von bestimmten einzelnen Ausnahmen abgesehen, für kostenfrei, "soweit nichts anderes bestimmt ist" (Art. 3 Abs. 1 Nr. 10 Kostengesetz).
In diesen ineinander greifenden Bestimmungen liegt eine lückenlose Regelung des Rückgriffs der Polizei auf den Störer. Diese deckt sachlich auch den gesamten Bereich des "Aufwendungsersatzes" für einen solchen Einsatz ab, der - da die Polizei im Fall der unmittelbaren Ausführung einer Maßnahme wie auch im Fall der Ersatzvornahme regelmäßig eine Aufgabe vornimmt, die an sich dem Störer obliegt - in diesen Fällen aus polizeirechtlicher Sicht grundsätzlich ebenso umfassend in den Blick zu nehmen war wie ihn das bürgerliche Recht für die Geschäftsführung ohne Auftrag vorsieht. Damit liegt eine die vorliegende Fallgruppe abschließende Regelung vor (so schon BayObLGZ 1968, 200 für Art. 58 PAG a.F.), die zugleich in diesem Regelungsbereich inhaltlich den Ersatz von "Aufwendungen" auch im Sinne des Ersatzes von (Gesundheits -)Schäden, wie ihn die Rechtsprechung im Zusammenhang mit § 670 BGB anerkannt hat (BGHZ 33, 251, 257; 38, 270, 277), ausschließt.
b) Ausgehend hiervon läßt sich der von dem Kläger (Freistaat Bayern) geltend gemachte Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 683 Satz 1, 670 BGB aber auch nicht dadurch begründen, daß der Kläger diesen Anspruch statt aus eigenem Recht aus übergegangenem Recht des bei seinem Einsatz verletzten Polizeibeamten M. herleitet, der hierbei als maßgeblicher "Geschäftsfüh-
rer" ein (privates) Geschäft - auch - für die Beklagte als Eigentümerin des im Bereich der Bundesautobahn herumirrenden Rindes geführt habe (vgl. die ähnliche rechtliche Einordnung in BayObLGZ 1968, 200, 204 ff).
Die Annahme einer (privatrechtlichen) Geschäftsführung ohne Auftrag in der Person des Polizeibeamten scheitert schon daran, daß dieser dann im Zusammenhang mit der Durchführung seiner polizeilichen Aufgabe uno actu eine Handlung als Organ des Staates wie auch eine ihm als "Privatmann" zuzurechnende Handlung begangen haben müßte. Eine dienstliche Tätigkeit des Beamten kann aber nicht zugleich eine private Tätigkeit desselben sein. Ein Beamter handelt entweder in Ausübung seines Dienstes, also als Staatsorgan, oder als Privatmann - sei es auch "bei Gelegenheit" der Ausübung seines Dienstes (vgl. Maurer JuS 1970, 561, 566). Das dienstliche Handeln des Polizeibeamten ist immer dem Staat, der durch seine Organe handelt, zuzurechnen.
II.
1. Das Berufungsgericht verneint auch einen (gegebenenfalls von dem Polizeihauptwachtmeister M. auf den Kläger übergegangenen) Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus § 831 Abs. 1 i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB (Haftung für den Verrichtungsgehilfen) und aus § 833 BGB (Tierhalterhaftung).
Zu der ersteren Anspruchsgrundlage entnimmt es der durchgeführten Beweisaufnahme, daß die Beklagte bei der Auswahl des Zeugen S. zu ihrem Verrichtungsgehilfen die erforderliche Sorgfalt beachtet habe (§ 831
Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Zeuge S. führe nach seinen glaubhaften Anga- ben seit ca. 30 Jahren Viehtransporte für die Beklagte bzw. ein früheres Unternehmen unter einer Einzelfirma durch, und zwar monatlich etwa 100 bis 110 Stunden; er transportiere dabei alle Arten von Vieh, nämlich Bullen, Kühe und Schweine. Größere Zwischenfälle seien ihm dabei noch nicht passiert. Auch sonst habe der Zeuge nach der Gesamtheit seiner Ausführungen einen kompetenten und erfahrenen Eindruck auf dem betreffenden Gebiet gemacht.
Hinsichtlich der anderen Anspruchsgrundlage sieht das Berufungsgericht zwar den Tatbestand des § 833 Satz 1 BGB als gegeben an, weil die Verletzung des Polizeihauptwachtmeisters M. bei Abgabe der Schüsse aus seiner Dienstpistole adäquat kausal durch das später getötete Rind, dessen "Halter" die Beklagte war, herbeigeführt worden sei. Die Ersatzpflicht der Beklagten trete aber gemäß § 833 Satz 2 BGB nicht ein, denn es habe sich bei dem entlaufenen Rind um ein Haustier gehandelt, das der Erwerbstätigkeit der Beklagten zu dienen bestimmt gewesen sei, und es sei - wie das Berufungsgericht unter Erörterung des Ergebnisses der Beweisaufnahme einschließlich eines Sachverständigengutachtens näher ausführt - bewiesen, daß die Beklagte als Tierhalterin bei der Beaufsichtigung desselben die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet habe. Soweit seitens des Klägers im Zusammenhang mit der mündlichen Anhörung des Sachverständigen Zweifel an der Verwendung eines Kopfstricks durch den Zeugen S. zum Ausdruck gebracht worden seien, sei dies unbeachtlich, weil der Kläger selbst mit Schriftsatz vom 16. Januar 2001 vorgetragen habe: "Der Zeuge S. konnte das Rind am Kopfstrick nicht mehr festhalten ...". Dies stelle ein vorweggenommenes Geständnis dar, das seine Wirkung auch für das Berufungsverfahren behalten habe. Ein Widerruf dieses Geständnisses durch den Kläger sei nicht erfolgt;
die Voraussetzungen für einen wirksamen Widerruf des Geständnisses lägen auch nicht vor.
2. Die Revision erhebt gegen die Würdigung des Berufungsgerichts zur Exkulpation der Beklagten gemäß §§ 831 Abs. 1 Satz 2, 833 Satz 2 BGB mehrere Beanstandungen, auf die hier nicht umfassend eingegangen zu werden braucht. Das Berufungsgericht hat in der neuen Berufungsverhandlung Gelegenheit , sich mit diesen Rügen der Revision zu befassen. Jedenfalls ist die Argumentation des Berufungsgerichts, was das von ihm angenommene Geständnis des Klägers hinsichtlich der Verwendung eines Kopfstricks durch die Beklagte angeht, verfahrensfehlerhaft.
a) Der (erstmals) im Berufungsverfahren eingeschaltete Sachverständige Dr. P. hat in seinem Gutachten vom 22. Juli 2002 ausgeführt, bei Rindern in dem betreffenden Alter sei das Anlegen von "Kopfstricken" die ausschließliche und ausreichende Methode, um die Tiere sicher anzubinden und zu führen. Die Ausgestaltung eines solchen "Kopfstricks" - der wie ein Halfter angelegt wird - hat der Sachverständige durch Kopien aus einem Lehrbuch näher verdeutlicht. Bei seiner Anhörung in der Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 9. Dezember 2002 hat er hierzu ergänzt, der Begriff "Kopfstrick" werde mit "Halfterstrick" und "Strickhalfter" synonym verwendet; das Anlegen um die Hörner oder den Hals könnte nur dazu dienen, das Tier festzuhalten.
Angesichts dieses Verfahrensablaufs, der dafür spricht, daß der Begriff des Kopfstricks im vorliegenden Prozeß in seiner eigentlichen, "technischen" (prozeßrelevanten) Bedeutung erst im Laufe des Berufungsverfahrens heraus-
gearbeitet worden ist, bestehen durchgreifende Bedenken, ob der vom Beru- fungsgericht zitierte Vortrag des Klägers in dem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 16. Januar 2001 ("... S. konnte das Rind am Kopfstrick nicht mehr festhalten ...") schon in dem erst später problematisierten "technischen" Sinne zu verstehen war - und nicht einfach als ein (begrifflich wenig präzises) Aufgreifen der Darstellung in der (zu diesem Punkt ebenso unpräzisen) Klageerwiderungsschrift der Beklagten vom 20. Dezember 2000, wonach es dem Zeugen S. nicht gelungen war, das Tier "am um den Hals gelegten Seil" festzuhalten.
b) Darüber hinaus ergibt sich weder aus dem Tatbestand des Urteils des Landgerichts oder dem des Berufungsurteils, noch ist sonst festgestellt, daß die Beklagte den genannten Vortrag des Klägers aus dem Schriftsatz vom 16. Januar 2001 speziell zum "Kopfstrick" aufgegriffen und sich zu eigen gemacht hätte. Eine solche Übernahme des Klägervortrags durch die Beklagtenseite wäre aber erforderlich gewesen, um zu Lasten des Klägers eine Bindungswirkung als (vorweggenommenes) Geständnis zu erzeugen (Zöller /Greger ZPO 24. Aufl. § 288 Rn. 3a). Bloßes Nichtbestreiten begründet regelmäßig noch keine Bindungswirkung, so daß auch der Hinweis der Revisionserwiderung auf eine (von ihr als möglich erachtete) diesbezügliche "Einigkeit zwischen den Parteien" nicht weiterführt.
3. Da nicht auszuschließen ist, daß die Würdigung des Berufungsgerichts zu den deliktischen Schadensersatzansprüchen (§ 831 i.V.m § 823 Abs. 1 BGB; § 833 BGB) ohne das von ihm (fehlerhaft) zugrunde gelegte Geständnis des Klägers hinsichtlich der Verwendung eines Kopfstricks beim Transport des
entlaufenen Rindes anders ausgefallen wäre, kann sein klagabweisendes Urteil insoweit keinen Bestand haben.
Hierzu bedarf es einer neuen Prüfung durch den Tatrichter.
Streck Schlick Kapsa Galke Dörr
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.