Bundessozialgericht Urteil, 10. Juli 2014 - B 10 EG 5/14 R

bei uns veröffentlicht am10.07.2014

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. März 2014 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozial-gerichts Mannheim vom 10. März 2010 zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch auf Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).

2

Die 1970 geborene Klägerin ist US-amerikanische Staatsangehörige und Mutter der 2006 geborenen M. I. und der 2009 geborenen J. N. Seit 1998 ist die Klägerin mit dem US-amerikanischen Staatsangehörigen J. D. verheiratet, der Mitglied einer in Deutschland stationierten Truppe der NATO-Streitkräfte gewesen ist. Die Eheleute hatten ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland von 2001 bis Ende 2011. Beide Kinder lebten in dieser Zeit im Haushalt der Eheleute in H. und wurden von der Klägerin betreut.

3

Der Ehemann der Klägerin unterlag während der Zeit in der Bundesrepublik Deutschland dem NATO-Truppenstatut (NATOTrStat, engl NATO Status of Forces Agreement - NATO SOFA). Die Klägerin verfügte über eine sog SOFA-Card, die Angehörige erhalten, um dieselben Privilegierungen wie Truppenangehörige zu erhalten, insbesondere von ausländer- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen befreit zu sein. Sie war in der Bundesrepublik Deutschland sozialversichert beschäftigt, privat kranken- und pflege(pflicht)versichert und erhielt von der Familienkasse Kindergeld für beide Kinder.

4

Den Elterngeldantrag der Klägerin lehnte die in Baden-Württemberg für das Elterngeld zuständige Landeskreditbank Baden-Württemberg - Förderbank (Beklagte) ab. Die Klägerin sei weder deutsche Staatsangehörige noch Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz. Es fehle an einer Niederlassungs- oder Aufenthaltserlaubnis, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtige oder berechtigt habe (Bescheid vom 16.11.2009; Widerspruchsbescheid vom 21.12.2009).

5

Das SG hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Die Klägerin sei zwar nicht vom Anwendungsbereich des BEEG ausgenommen, erfülle aber nicht die von § 1 Abs 7 BEEG aufgestellte Voraussetzung eines qualifizierten Aufenthaltstitels(Urteil vom 10.3.2010).

6

Das LSG hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Elterngeld in gesetzlicher Höhe für die zwölf Lebensmonate ab der Geburt ihrer Tochter J. N. zu gewähren. Der Anspruch auf Elterngeld ergebe sich in analoger Anwendung von § 1 Abs 7 BEEG. Die Klägerin habe während ihres Aufenthalts in Deutschland über eine Rechtsposition verfügt, die teilweise sogar über die Rechtsposition der von § 1 Abs 7 BEEG genannten Personen hinausgehe, weil sie aufgrund des NATOTrStat keinen Aufenthaltstitel und keine Arbeitsgenehmigung benötigt habe. Wie die Gesetzgebungsmaterialien zum BEEG zeigten, habe auch der Gesetzgeber einen Elterngeldanspruch von Ehegatten von NATO-Truppenmitgliedern nach geltendem Recht für möglich gehalten, wenn diese insbesondere durch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland rechtliche Beziehungen zur sozialen Sicherheit und Fürsorge der Bundesrepublik Deutschland hergestellt hätten. Dies sei bei der Klägerin unzweifelhaft der Fall gewesen. Denn sie sei jahrelang sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen, habe einen Wohnsitz und einen völkerrechtlich gesicherten Aufenthaltsstatus besessen und sei vom Erfordernis einer Arbeitsgenehmigung befreit gewesen (Urteil vom 18.3.2014).

7

Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, die analoge Rechtsanwendung durch das LSG überschreite die zulässige Grenze der Rechtsfortbildung. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers liege bei Ehegatten von NATO-Truppenmitgliedern naturgemäß kein Daueraufenthalt vor, der zum Bezug von Elterngeld berechtigen könne. Auch die Klägerin sei schließlich wieder in die USA zurückgezogen. Sie gehöre nicht zu der Personengruppe, die laut Gesetzgebungsmaterialien im Fall einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit einen Anspruch auf Elterngeld haben sollten, weil sie weder deutsche noch EU-/EWR-Staatsangehörige sei.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. März 2014 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 10. März 2010 zurückzuweisen.

9

Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat ihrer Tochter J. N. Zwar ist sie nicht grundsätzlich vom Anwendungsbereich des BEEG ausgeschlossen (1.). Sie erfüllt auch einen Teil der Grundvoraussetzungen dieses Gesetzes für den Bezug von Elterngeld (2.). Ihr Elterngeldanspruch scheitert aber am Fehlen eines qualifizierten Aufenthaltstitels, den § 1 Abs 7 BEEG für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer voraussetzt; auf ihn kann auch nicht in analoger Anwendung der Vorschrift verzichtet werden (3.). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diesen Anspruchsausschluss bestehen nicht (4.).

12

1. Die Klägerin ist nicht grundsätzlich vom sachlichen Anwendungsbereich des BEEG ausgeschlossen, obwohl sie im Zeitraum des geltend gemachten Anspruchs mit einem Angehörigen einer NATO-Truppe verheiratet war und deshalb besonderen völkervertraglichen Vorschriften unterlag.

13

Art 13 Abs 1 S 1 NATOTrStatZA (Zusatzabkommen zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3.8.1959 - BGBl II 1961, 1218), der nach § 30 Abs 2 SGB I anwendbar ist, schließt einen Anspruch der Klägerin auf Elterngeld nicht aus. Nach dieser Kollisionsregel sind im Bundesgebiet geltende Bestimmungen über soziale Sicherheit und Fürsorge auf Mitglieder der NATO-Truppen und ihre Angehörigen in Deutschland ausnahmsweise dann nicht anzuwenden, wenn und solange sie nur Beziehungen zum Entsendestaat oder untereinander haben (vgl im Einzelnen BSG SozR 4-6180 Art 13 Nr 1). Dagegen findet der Erste Abschnitt des BEEG über das Elterngeld auf Angehörige von NATO-Truppenmitgliedern wie die Klägerin Anwendung, wenn diese vor der Geburt des betreuten Kindes durch Erwerbstätigkeit Einkommen außerhalb des Bereichs der NATO-Truppen erzielt und dadurch rechtliche Beziehungen zur deutschen Sozialversicherung begründet haben. Das war bei der Klägerin der Fall. Nach den Feststellungen des LSG war sie in Deutschland bis zur Geburt ihrer Tochter jahrelang sozialversichert beschäftigt. Allein daraus, dass das BEEG damit auf die Klägerin anwendbar ist, folgt jedoch noch kein Anspruch auf Elterngeld. Denn nach der Rechtsprechung des Senats ist der grundsätzliche Anwendungsausschluss des BEEG aus Art 13 Abs 1 S 1 NATOTrStatZA für NATO-Truppenmitglieder und ihre Angehörigen nur in speziellen Konstellationen durchbrochen. Dies ermöglicht es überhaupt erst, die Bestimmungen des BEEG auf Eltern, die unter das NATOTrStat fallen, anzuwenden. Zu einem Elterngeldanspruch führt diese Anwendung der BEEG-Vorschriften aber nur dann, wenn die Betroffenen - über die genannten rechtlichen Beziehungen zur deutschen Sozialversicherung hinaus - auch alle weiteren gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen insbesondere aus § 1 BEEG erfüllen. Dies ist nicht der Fall.

14

2. Von den erforderlichen Grundvoraussetzungen für die Gewährung des Elterngelds erfüllt die Klägerin nur den Teil, der sich aus § 1 Abs 1 BEEG ergibt.

15

Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG lebte die Klägerin mit ihrer Tochter in einem Haushalt (Nr 2), betreute und erzog diese selbst (Nr 3) und übte keine Erwerbstätigkeit aus (Nr 4).

16

Die Klägerin hatte nach den Feststellungen des LSG zudem seit 2001 ihren Wohnsitz iS von § 30 Abs 1 SGB I und damit auch iS von § 1 Abs 1 Nr 1 BEEG in Deutschland. Ohnehin genügt für das Vorliegen eines Wohnsitzes im Rahmen des BEEG für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer wie die Klägerin bereits ein reales Verhalten in Bezug auf einen Lebensmittelpunkt aus, also ein erkennbarer Wille, an einem bestimmten Ort in Deutschland zu wohnen (vgl zuletzt BSG Vorlagebeschluss vom 30.9.2010 - B 10 EG 9/09 R - Juris).

17

3. Der Anspruch der Klägerin scheitert jedoch an den aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen des § 1 Abs 7 BEEG, die in ihrem Fall nicht vorliegen.

18

a) Die Klägerin gehört nicht zu den Ausländern, die auf der Grundlage des europäischen Gemeinschaftsrechts freizügigkeitsberechtigt sind und die § 1 Abs 7 BEEG deshalb nach dem Prinzip der Inländergleichbehandlung beim Bezug von Elterngeld vollständig mit deutschen Staatsbürgern gleichgestellt sind(vgl Buchner/Becker, Mutterschutzgesetz und Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 8. Aufl 2008, § 1 BEEG RdNr 43).

19

b) Ebenso wenig besaß die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum einen derjenigen Aufenthaltstitel, die nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer nach § 1 Abs 7 Nr 1 und 2 BEEG zum Bezug von Elterngeld berechtigen können. Die Klägerin war nach Art 6 Abs 1 NATOTrStatZA vom Erfordernis der Erteilung eines Aufenthaltstitels befreit und hat deshalb einen solchen Titel weder beantragt noch erhalten. Es kommt nicht darauf an, ob sie trotz der genannten Befreiung Anspruch auf einen Aufenthaltstitel gehabt hätte, der sie zum Bezug von Elterngeld hätte berechtigen können. Denn § 1 Abs 7 Nr 1 und 2 BEEG setzt den tatsächlichen Besitz des anspruchsbegründenden Aufenthaltstitels im Anspruchszeitraum voraus. Ein eventueller materiell-rechtlicher Anspruch auf die Erteilung eines solchen Titels allein reicht dagegen nicht aus, weil die Entscheidung darüber nicht zu den Aufgaben der Elterngeldbehörden gehört, sondern Sache der Ausländerbehörden bleiben muss (vgl BSG Teilurteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 9/09 R - BSGE 107, 1-10 = SozR 4-7837 § 1 Nr 2).

20

c) Schließlich lässt sich eine Anspruchsberechtigung der Klägerin auch nicht, wie das LSG gemeint hat, mit einer analogen Anwendung von § 1 Abs 7 Nr 1 und 2 BEEG begründen. Es fehlt an der dafür erforderlichen wesentlichen Ähnlichkeit des geregelten mit dem nicht geregelten Sachverhalt und bereits deshalb an einer planwidrigen Regelungslücke (vgl zu den Voraussetzungen einer Analogie allg BSG Urteil vom 4.5.1999 - B 4 RA 55/98 R - SozR 3-2600 § 34 Nr 1 unter Hinweis auf BSG SozR 4100 § 107 Nr 4 S 4 f und Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 7. Aufl 2013, § 23 RdNr 822, 823 ff). Denn im Hinblick auf die vom Gesetzgeber gewählten maßgeblichen Kriterien für den Elterngeldanspruch nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer und damit nach dem Wertungsplan des Gesetzgebers ist der Aufenthaltsstatus der Klägerin nicht hinreichend mit demjenigen von Inhabern von Aufenthaltstiteln vergleichbar, die nach § 1 Abs 7 BEEG zum Bezug von Elterngeld berechtigt sein können.

21

Das BEEG schließt auch außerhalb des Bereichs der europarechtlichen Freizügigkeitsregelungen, die eine Inländergleichbehandlung erzwingen, Ausländer nicht grundsätzlich vom Elterngeldbezug aus. Das Gesetz knüpft das Recht auf Elterngeld für solche Ausländer allerdings in einer speziellen Ausprägung des allgemeinen Territorialitätsprinzips an zusätzliche Voraussetzungen, und zwar an die Prognose eines rechtlich gesicherten Daueraufenthalts in Deutschland. Diese Verknüpfung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich - vorbehaltlich einer verfassungskonformen Ausgestaltung im Einzelnen (vgl BVerfGE 132, 72-99) - unbedenklich. Elterngeld beziehen können demnach gemäß § 1 Abs 7 Nr 1 BEEG zum einen Ausländer, die über den unbefristeten Titel der Niederlassungserlaubnis verfügen. Bei ihnen geht der Gesetzgeber allein wegen dieses unbefristeten Aufenthaltstitels und der damit von Gesetzes wegen verbundenen Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit von einem dauerhaften Aufenthalt aus (vgl den Entwurf des Elterngeldgesetzes BT-Drucks 16/2454 S 12 sowie zur vergleichbaren Vorläuferregelung im Bundeserziehungsgeldgesetz den Entwurf eines Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss, BT-Drucks 16/1368 S 8). Bei Ausländern, die (noch) nicht im Besitz einer Niederlassungserlaubnis sind, sondern nur einen befristeten Aufenthaltstitel innehaben, bedarf es dagegen nach der gesetzgeberischen Vorstellung noch eines weiteren Indizes, das die Prognose eines voraussichtlich dauerhaften Aufenthalts in Deutschland plausibel erscheinen lässt. Ein solches Indiz sieht der Gesetzgeber vor allem in der Ausübung einer Erwerbstätigkeit bzw bereits in dem Umstand, dass diese erlaubt ist oder erlaubt werden könnte (vgl BT-Drucks aaO). Auch Inhaber einer nur befristeten Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit können daher nach § 1 Abs 7 Nr 2 BEEG einen Elterngeldanspruch erwerben, wenn ihr Aufenthaltstitel nicht von vornherein erwarten lässt, dass mit ihm kein Daueraufenthalt verbunden ist(vgl § 1 Abs 7 Nr 2a bis d BEEG sowie Buchner/Becker, Mutterschutzgesetz und Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 8. Aufl 2008, § 1 BEEG RdNr 51).

22

Vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Systematik und der zugrundeliegenden Wertungsgesichtspunkte ist das LSG zu Unrecht davon ausgegangen, die Klägerin habe während ihres Aufenthalts in Deutschland über eine Rechtsposition verfügt, die derjenigen des in § 1 Abs 7 BEEG genannten Personenkreises nicht nur entsprochen habe, sondern teilweise sogar darüber hinaus gegangen sei. Vielmehr steht der Aufenthaltsstatus der Klägerin im streitigen Anspruchszeitraum zu der von § 1 Abs 7 BEEG für einen Elterngeldanspruch vorausgesetzten ausländerrechtlichen Rechtsposition nicht in einem Verhältnis eines mehr oder weniger, sondern stellt etwas vollkommen anderes dar.

23

Nach Art III Abs 1 S 2 des NATOTrStat sind Mitglieder der Truppe, eines zivilen Gefolges und deren Angehörige den Bestimmungen des Aufnahmestaates zur Registrierung und Kontrolle von Ausländern nicht unterworfen. Art 6 NATOTrStatZA befreit die genannten Personen zudem von den deutschen Vorschriften auf dem Gebiet der Ausländerpolizei, also von der Einhaltung sämtlicher ausländer- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen. Diese Bestimmungen des Völkervertragsrechts dienen allerdings nicht dem individuellen Interesse der begünstigten Ausländer, sondern allein der Abgrenzung der Gebietshoheit der Bundesrepublik von der Personalhoheit des Entsendestaats (vgl Scheidler, Truppenstationierung und Staatenimmunität, NZWerhrr 2007, 116, 121). Denn die Anwesenheit von Truppen eines NATO-Staates in einem anderen NATO-Staat auf der Grundlage des NATOTrStat wurzelt in der autonomen Rechtsordnung des Entsendestaats und vor allem in seiner militärischen Organisationsgewalt; sie ist streng akzessorisch zum zugrundeliegenden militärischen Auftrag in dem Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Nordatlantikvertrags (vgl Art 1 Abs 1a NATOTrStat). Die auf dieser Grundlage geschaffene Aufenthaltsposition von NATO-Truppenmitgliedern und genauso diejenige ihrer Angehörigen lässt die deutsche Rechtsordnung, die sich damit durch völkerrechtliche Verträge einverstanden erklärt hat, weitgehend unberührt. Nach Art 7 NATOTrStatZA bleiben daher Zeiten, die eine Person als Mitglied einer Truppe, eines zivilen Gefolges oder als Angehöriger im Bundesgebiet zugebracht hat, bei der Anwendung im Bundesgebiet geltender Bestimmungen über Aufenthalt und Niederlassung soweit sie sich auf Rückschaffung, Ausweisung oder die Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen beziehen, unberücksichtigt. Mitglieder von NATO-Truppen und ihre Angehörigen erwerben zudem, wie Art III Abs 1 S 2 NATOTrStat ausdrücklich bestimmt, unabhängig von der Dauer ihres Aufenthalts kein individuelles Recht auf ständigen Aufenthalt oder Wohnsitz im Aufnahmestaat.

24

Anders als ein rechtmäßiger Aufenthalt auf der Grundlage ausländerrechtlicher Bestimmungen (vgl § 9 Abs 2 Nr 1 Aufenthaltsgesetz) kann daher auch ein langjähriger Aufenthalt nach den Bestimmungen des NATOTrStat nicht aus sich heraus zu einem dauerhaften individuellen Aufenthaltsrecht nach deutschem Recht erstarken. Der Aufenthalt eines NATO-Truppenmitglieds auf der Grundlage des NATOTrStat ist nach der Natur der Sache regelmäßig durch den zugrunde liegenden militärischen Auftrag bedingt und befristet; nichts Anderes gilt für eine abgeleitete Aufenthaltsposition seiner Angehörigen. Solche Aufenthaltspositionen können deshalb keine den Aufenthaltstiteln in § 1 Abs 7 BEEG vergleichbare, auf Dauer angelegte individuelle Rechtsposition begründen, von der aber der Gesetzgeber den Bezug von Elterngeld bei nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern abhängig machen will(vgl Dau, jurisPR-SozR 17/2009 Anm 6 Buchst D unter Hinweis auf Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 6.6.2002 - 3 K 5708/00 - Juris zum Kindergeld).

25

Nichts anderes ergibt sich aus dem vom LSG und von der Klägerin hervorgehobenen Umstand, dass sie nach Art 6 NATOTrStatZA iVm § 9 Nr 13 der Verordnung über die Arbeitsgenehmigung für ausländische Arbeitnehmer, Arbeitsgenehmigungsverordnung (ArGV)- für ihre Beschäftigung in Deutschland keine Arbeitsgenehmigung benötigte und langjährig in Deutschland sozialversicherungspflichtig tätig war. Denn das vom Gesetzgeber als Prognosekriterium für einen dauernden, rechtlich gesicherten Aufenthalt nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer in Deutschland aufgestellte Erfordernis einer Erwerbstätigkeit bzw der Berechtigung zur Erwerbstätigkeit erfüllt seine Funktion nur im Kontext der deutschen ausländerrechtlichen Regelungen. So setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem AufenthG regelmäßig voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist, § 5 Abs 1 Nr 1 AufenthG. Damit eine befristete Aufenthaltserlaubnis langfristig zu einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis erstarken kann, muss ein Ausländer darüber hinaus regelmäßig 60 Monate Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet oder vergleichbare Vorsorgeaufwendungen getätigt haben (vgl § 9 Abs 2 Nr 3 AufenthG). Nur auf dem Boden dieser gesetzlichen Systematik vermag die Ausübung einer Erwerbstätigkeit bzw die Berechtigung dazu die Prognose eines dauerhaften, rechtlich gesicherten Aufenthalts solcher nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer in Deutschland zu stützen, die anders als die Klägerin dem Regime der deutschen ausländerrechtlichen Vorschriften unterworfen sind. Dagegen ändert auch eine langjährige sozialversicherungspflichtige Tätigkeit von nicht freizügigkeitsberechtigten ausländischen Angehörigen von NATO-Truppenmit-gliedern nichts an deren durch den militärischen Auftrag bedingten und befristeten, allein im Interesse des Entsendestaats begründeten Aufenthaltsstatus. Sie erlaubt daher nicht den Schluss auf eine bestimmte, längere Dauer des Verbleibs in Deutschland.

26

Daher erscheint es auch konsequent, wenn die von den Instanzgerichten und den Beteiligten thematisierten Gesetzesmaterialien allein den möglichen Elterngeldanspruch von Ehegatten von NATO-Truppenmitgliedern mit deutscher und EU/EWR-Staatsangehörigkeit hervorheben (vgl BT-Drucks 16/2454 S 12). Denn solche Angehörige verfügen unabhängig vom NATOTrStat von vornherein über eine rechtlich gesicherte Aufenthaltsposition aus eigenem Recht in Deutschland. Andererseits weisen die Materialien nachvollziehbar darauf hin, dass ansonsten ein dauerhafter Aufenthalt von NATO-Truppenmitgliedern und ihren ausländischen Angehörigen in Deutschland nicht zu erwarten und deshalb für sie ein Elterngeldanspruch nach der gesetzlichen Systematik nicht geboten ist.

27

Der Senat sieht sich mit seiner Entscheidung nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Kindergeldrecht, die in bestimmten Konstellationen einen Verzicht auf das dem Elterngeld parallele gesetzliche Erfordernis des Aufenthaltstitels in analoger Anwendung von § 62 Einkommensteuergesetz befürwortet(vgl BFH Urteile vom 8.8.2013 - III R 22/12 - BFHE 242, 344 sowie vom 25.7.2007 - III R 55/02 - BFHE 218, 356 = BStBl II 2008, 758). Die vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fälle betrafen Ausländer, die zwar wie die Klägerin von dem Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit waren, bei denen aber, anders als bei der Klägerin, zusätzlich besondere Umstände für einen dauernden Verbleib in Deutschland sprachen. Dies betraf zum einen eine bereits vor der Eheschließung mit einem NATO-Truppenmitglied erworbene gesicherte ausländerrechtliche Position (vgl BFH Urteil vom 8.8.2013 - III R 22/12 - BFHE 242, 344), zum anderen die spezielle Situation von ständig in Deutschland ansässigem, nicht befristet beschäftigtem ausländischem Botschaftspersonal (vgl BFH Urteil vom 25.7.2007 - III R 55/02 - BFHE 218, 356 = BStBl II 2008, 758).

28

Allein aus dem Umstand, dass die Klägerin in Deutschland einkommensteuerpflichtig war und für sie zudem Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet wurden, folgt ebenfalls kein Anspruch auf Elterngeld. Elterngeld kann nicht als Gegenleistung für die vom Berechtigten zuvor auf sein Erwerbseinkommen entrichteten Steuern angesehen werden (Buchner/Becker, Mutterschutzgesetz und Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 8. Aufl 2008, Vorbem zu §§ 1 bis 14 BEEG, RdNr 14; vgl allgemein § 3 Abs 1 AO sowie Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl 2010, § 3 RdNr 15). Das Elterngeld ist auch keine beitragsfinanzierte Sozialleistung, auf die Beschäftigte durch Entrichtung von Beiträgen nach dem Äquivalenzprinzip Ansprüche erwerben könnten.

29

4. Der Ausschluss der Klägerin und vergleichbarer Ausländer vom Elterngeld verstößt nach dem Vorgesagten auch nicht gegen Art 3 Abs 1 GG in der hier ausschlaggebenden Ausprägung als Willkürverbot iVm Art 6 GG (vgl zu diesem Maßstab, BSG Urteil vom 20.5.2014 - B 10 EG 9/13 R - RdNr 28 ff zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 3/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 16). Für die Ungleichbehandlung der Klägerin im Verhältnis zu Inhabern der in § 1 Abs 7 BEEG genannten Aufenthaltstitel gibt es vielmehr hinreichend gewichtige Gründe.

30

Nach der Rechtsprechung des BVerfG kann die unterschiedliche Bleibedauer von Ausländern in Deutschland eine ungleiche Behandlung bei der Elterngeldgewährung rechtfertigen. Danach stellt es einen legitimen Zweck dar, Elterngeld nur solchen Eltern zu gewähren, die voraussichtlich dauerhaft in Deutschland bleiben, soweit der Gesetzgeber mit dem Elterngeld eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung in Deutschland fördern will. Dieses Ziel würde bei der Gewährung an Personen, die das Bundesgebiet bald wieder verlassen, verfehlt (vgl BVerfG Beschluss vom 10.7.2012 - 1 BvL 2/10, 1 BvL 3/10, 1 BvL 4/10, 1 BvL 3/11 - BVerfGE 132, 72-99).

31

Nach Einschätzung des Senats ist die Anknüpfung an den rechtlichen Aufenthaltsstatus nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer auch ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel, um den genannten legitimen Zweck zu erreichen (vgl BSG Teilurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 6/08 R - BSGE 105, 70-84 = SozR 4-7833 § 1 Nr 10). Wie ausgeführt, rechtfertigt der Aufenthaltsstatus auf der Grundlage des NATOTrStat selbst in Verbindung mit einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nicht den Schluss auf einen hinreichend rechtlich gesicherten dauerhaften Verbleib in Deutschland, sondern spricht in aller Regel dagegen. Dies unterscheidet die Klägerin wesentlich von freizügigkeitsberechtigten Ausländern sowie von Inhabern eines der in § 1 Abs 7 BEEG genannten, zum Bezug von Elterngeld genannten Aufenthaltstitel, die typischerweise die Prognose eines rechtlich gesicherten Daueraufenthalts in Deutschland stützen. Es stellt die Eignung des Prognosekriteriums Aufenthaltsstatus nicht infrage, dass die darauf gestützte Prognose in Einzelfällen wie bei der Klägerin, die rund 10 Jahre in Deutschland geblieben ist, nicht stets sofort eintritt. Jedenfalls ist inzwischen, darauf haben das LSG und die Beklagte zu Recht hingewiesen, die Klägerin zudem wieder in ihre Heimat zurückgekehrt.

32

Der Ausschluss der Klägerin vom Elterngeld erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig im engeren Sinne. Einerseits kommt dem Gesetzgeber bei der Gewährung steuerfinanzierter Sozialleistungen wie dem Elterngeld - auch bei zusätzlicher Berücksichtigung des Grundrechts aus Art 6 Abs 1 GG - ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R - Juris RdNr 29), andererseits lässt die demographische Entwicklung in Deutschland die gezielte Förderung von Eltern, die mit ihren Kindern dauerhaft in Deutschland bleiben, besonders dringlich erscheinen.

33

Da die Klägerin somit bereits die Grundvoraussetzungen für den Bezug von Elterngeld nicht vollständig erfüllt, hat das SG ihre Klage auf Elterngeld zu Recht abgewiesen. Das anderslautende Urteil des LSG war daher aufzuheben, die Berufung zurückzuweisen und damit das sozialgerichtliche Urteil wiederherzustellen.

34

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Urteil, 10. Juli 2014 - B 10 EG 5/14 R

Urteilsbesprechungen zu Bundessozialgericht Urteil, 10. Juli 2014 - B 10 EG 5/14 R

Referenzen - Gesetze

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 5 Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen


(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass 1. der Lebensunterhalt gesichert ist,1a. die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt is
Bundessozialgericht Urteil, 10. Juli 2014 - B 10 EG 5/14 R zitiert 12 §§.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 5 Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen


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Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit


Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 9 Niederlassungserlaubnis


(1) Die Niederlassungserlaubnis ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel. Sie kann nur in den durch dieses Gesetz ausdrücklich zugelassenen Fällen mit einer Nebenbestimmung versehen werden. § 47 bleibt unberührt. (2) Einem Ausländer ist die Niederl

Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG | § 1 Berechtigte


(1) Anspruch auf Elterngeld hat, wer 1. einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,2. mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.Bei

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 30 Geltungsbereich


(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben. (2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt. (3) Einen Wohnsitz hat jem

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(1) Anspruch auf Elterngeld hat, wer

1.
einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
2.
mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3.
dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4.
keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
Bei Mehrlingsgeburten besteht nur ein Anspruch auf Elterngeld.

(2) Anspruch auf Elterngeld hat auch, wer, ohne eine der Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 zu erfüllen,

1.
nach § 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist,
2.
Entwicklungshelfer oder Entwicklungshelferin im Sinne des § 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ist oder als Missionar oder Missionarin der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e. V. oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist oder
3.
die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und nur vorübergehend bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig ist, insbesondere nach den Entsenderichtlinien des Bundes beurlaubte Beamte und Beamtinnen, oder wer vorübergehend eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes zugewiesene Tätigkeit im Ausland wahrnimmt.
Dies gilt auch für mit der nach Satz 1 berechtigten Person in einem Haushalt lebende Ehegatten oder Ehegattinnen.

(3) Anspruch auf Elterngeld hat abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auch, wer

1.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt, das er mit dem Ziel der Annahme als Kind aufgenommen hat,
2.
ein Kind des Ehegatten oder der Ehegattin in seinen Haushalt aufgenommen hat oder
3.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt und die von ihm erklärte Anerkennung der Vaterschaft nach § 1594 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht wirksam oder über die von ihm beantragte Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht entschieden ist.
Für angenommene Kinder und Kinder im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 sind die Vorschriften dieses Gesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass statt des Zeitpunktes der Geburt der Zeitpunkt der Aufnahme des Kindes bei der berechtigten Person maßgeblich ist.

(4) Können die Eltern wegen einer schweren Krankheit, Schwerbehinderung oder Todes der Eltern ihr Kind nicht betreuen, haben Verwandte bis zum dritten Grad und ihre Ehegatten oder Ehegattinnen Anspruch auf Elterngeld, wenn sie die übrigen Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllen und wenn von anderen Berechtigten Elterngeld nicht in Anspruch genommen wird.

(5) Der Anspruch auf Elterngeld bleibt unberührt, wenn die Betreuung und Erziehung des Kindes aus einem wichtigen Grund nicht sofort aufgenommen werden kann oder wenn sie unterbrochen werden muss.

(6) Eine Person ist nicht voll erwerbstätig, wenn ihre Arbeitszeit 32 Wochenstunden im Durchschnitt des Lebensmonats nicht übersteigt, sie eine Beschäftigung zur Berufsbildung ausübt oder sie eine geeignete Tagespflegeperson im Sinne des § 23 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist und nicht mehr als fünf Kinder in Tagespflege betreut.

(7) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin ist nur anspruchsberechtigt, wenn diese Person

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.
Abweichend von Satz 1 Nummer 3 erste Alternative ist ein minderjähriger nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine minderjährige nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin unabhängig von einer Erwerbstätigkeit anspruchsberechtigt.

(8) Ein Anspruch entfällt, wenn die berechtigte Person im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes ein zu versteuerndes Einkommen nach § 2 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes in Höhe von mehr als 250 000 Euro erzielt hat. Erfüllt auch eine andere Person die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder der Absätze 3 oder 4, entfällt abweichend von Satz 1 der Anspruch, wenn die Summe des zu versteuernden Einkommens beider Personen mehr als 300 000 Euro beträgt.

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.

(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.

(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

(1) Anspruch auf Elterngeld hat, wer

1.
einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
2.
mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3.
dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4.
keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
Bei Mehrlingsgeburten besteht nur ein Anspruch auf Elterngeld.

(2) Anspruch auf Elterngeld hat auch, wer, ohne eine der Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 zu erfüllen,

1.
nach § 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist,
2.
Entwicklungshelfer oder Entwicklungshelferin im Sinne des § 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ist oder als Missionar oder Missionarin der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e. V. oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist oder
3.
die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und nur vorübergehend bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig ist, insbesondere nach den Entsenderichtlinien des Bundes beurlaubte Beamte und Beamtinnen, oder wer vorübergehend eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes zugewiesene Tätigkeit im Ausland wahrnimmt.
Dies gilt auch für mit der nach Satz 1 berechtigten Person in einem Haushalt lebende Ehegatten oder Ehegattinnen.

(3) Anspruch auf Elterngeld hat abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auch, wer

1.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt, das er mit dem Ziel der Annahme als Kind aufgenommen hat,
2.
ein Kind des Ehegatten oder der Ehegattin in seinen Haushalt aufgenommen hat oder
3.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt und die von ihm erklärte Anerkennung der Vaterschaft nach § 1594 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht wirksam oder über die von ihm beantragte Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht entschieden ist.
Für angenommene Kinder und Kinder im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 sind die Vorschriften dieses Gesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass statt des Zeitpunktes der Geburt der Zeitpunkt der Aufnahme des Kindes bei der berechtigten Person maßgeblich ist.

(4) Können die Eltern wegen einer schweren Krankheit, Schwerbehinderung oder Todes der Eltern ihr Kind nicht betreuen, haben Verwandte bis zum dritten Grad und ihre Ehegatten oder Ehegattinnen Anspruch auf Elterngeld, wenn sie die übrigen Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllen und wenn von anderen Berechtigten Elterngeld nicht in Anspruch genommen wird.

(5) Der Anspruch auf Elterngeld bleibt unberührt, wenn die Betreuung und Erziehung des Kindes aus einem wichtigen Grund nicht sofort aufgenommen werden kann oder wenn sie unterbrochen werden muss.

(6) Eine Person ist nicht voll erwerbstätig, wenn ihre Arbeitszeit 32 Wochenstunden im Durchschnitt des Lebensmonats nicht übersteigt, sie eine Beschäftigung zur Berufsbildung ausübt oder sie eine geeignete Tagespflegeperson im Sinne des § 23 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist und nicht mehr als fünf Kinder in Tagespflege betreut.

(7) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin ist nur anspruchsberechtigt, wenn diese Person

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.
Abweichend von Satz 1 Nummer 3 erste Alternative ist ein minderjähriger nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine minderjährige nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin unabhängig von einer Erwerbstätigkeit anspruchsberechtigt.

(8) Ein Anspruch entfällt, wenn die berechtigte Person im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes ein zu versteuerndes Einkommen nach § 2 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes in Höhe von mehr als 250 000 Euro erzielt hat. Erfüllt auch eine andere Person die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder der Absätze 3 oder 4, entfällt abweichend von Satz 1 der Anspruch, wenn die Summe des zu versteuernden Einkommens beider Personen mehr als 300 000 Euro beträgt.

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.

(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.

(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

(1) Anspruch auf Elterngeld hat, wer

1.
einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
2.
mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3.
dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4.
keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
Bei Mehrlingsgeburten besteht nur ein Anspruch auf Elterngeld.

(2) Anspruch auf Elterngeld hat auch, wer, ohne eine der Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 zu erfüllen,

1.
nach § 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist,
2.
Entwicklungshelfer oder Entwicklungshelferin im Sinne des § 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ist oder als Missionar oder Missionarin der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e. V. oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist oder
3.
die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und nur vorübergehend bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig ist, insbesondere nach den Entsenderichtlinien des Bundes beurlaubte Beamte und Beamtinnen, oder wer vorübergehend eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes zugewiesene Tätigkeit im Ausland wahrnimmt.
Dies gilt auch für mit der nach Satz 1 berechtigten Person in einem Haushalt lebende Ehegatten oder Ehegattinnen.

(3) Anspruch auf Elterngeld hat abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auch, wer

1.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt, das er mit dem Ziel der Annahme als Kind aufgenommen hat,
2.
ein Kind des Ehegatten oder der Ehegattin in seinen Haushalt aufgenommen hat oder
3.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt und die von ihm erklärte Anerkennung der Vaterschaft nach § 1594 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht wirksam oder über die von ihm beantragte Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht entschieden ist.
Für angenommene Kinder und Kinder im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 sind die Vorschriften dieses Gesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass statt des Zeitpunktes der Geburt der Zeitpunkt der Aufnahme des Kindes bei der berechtigten Person maßgeblich ist.

(4) Können die Eltern wegen einer schweren Krankheit, Schwerbehinderung oder Todes der Eltern ihr Kind nicht betreuen, haben Verwandte bis zum dritten Grad und ihre Ehegatten oder Ehegattinnen Anspruch auf Elterngeld, wenn sie die übrigen Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllen und wenn von anderen Berechtigten Elterngeld nicht in Anspruch genommen wird.

(5) Der Anspruch auf Elterngeld bleibt unberührt, wenn die Betreuung und Erziehung des Kindes aus einem wichtigen Grund nicht sofort aufgenommen werden kann oder wenn sie unterbrochen werden muss.

(6) Eine Person ist nicht voll erwerbstätig, wenn ihre Arbeitszeit 32 Wochenstunden im Durchschnitt des Lebensmonats nicht übersteigt, sie eine Beschäftigung zur Berufsbildung ausübt oder sie eine geeignete Tagespflegeperson im Sinne des § 23 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist und nicht mehr als fünf Kinder in Tagespflege betreut.

(7) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin ist nur anspruchsberechtigt, wenn diese Person

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.
Abweichend von Satz 1 Nummer 3 erste Alternative ist ein minderjähriger nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine minderjährige nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin unabhängig von einer Erwerbstätigkeit anspruchsberechtigt.

(8) Ein Anspruch entfällt, wenn die berechtigte Person im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes ein zu versteuerndes Einkommen nach § 2 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes in Höhe von mehr als 250 000 Euro erzielt hat. Erfüllt auch eine andere Person die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder der Absätze 3 oder 4, entfällt abweichend von Satz 1 der Anspruch, wenn die Summe des zu versteuernden Einkommens beider Personen mehr als 300 000 Euro beträgt.

Tenor

Soweit die Revision der Klägerin die Gewährung von Elterngeld für den 12. bis 14. Lebensmonat ihrer am 9. März 2007 geborenen Kinder M. und M. betrifft, wird das Verfahren ausgesetzt und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu folgender Frage eingeholt:

Ist § 1 Abs 7 Nr 2 Buchstabe c in Verbindung mit Nr 3 Buchstabe b Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz in der Fassung des Art 1 Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 5. Dezember 2006 (BGBl I 2748) insoweit mit Art 3 Abs 1 Grundgesetz vereinbar, als danach Ausländern, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs 1 Aufenthaltsgesetz wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach §§ 23a, 24, 25 Abs 3 bis 5 Aufenthaltsgesetz erteilt wurde, ein Anspruch auf Elterngeld nur dann zusteht, wenn sie im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig sind, laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch beziehen oder Elternzeit in Anspruch nehmen?

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin für den Zeitraum vom 22.8.2007 bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats (8.5.2008) ihrer am 9.3.2007 geborenen Kinder M. und M. Anspruch auf Elterngeld hat.

2

Die 1985 geborene, ledige Klägerin ist kongolesische Staatsangehörige. Sie reiste am 10.3.2002 ohne das erforderliche Visum in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte erfolglos Asyl. Mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 18.1.2005 verpflichtete das Verwaltungsgericht Köln das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, bei der Klägerin ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) festzustellen; dieses Urteil wurde mit Bescheid vom 19.5.2005 ausgeführt. Die zuständige Ausländerbehörde erteilte der Klägerin daraufhin am 7.12.2005 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 3 AufenthG; eine Erwerbstätigkeit wurde ihr nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde gestattet. Am 20.7.2007 wurde die Aufenthaltserlaubnis der Klägerin verlängert. Auf einen am 14.12.2007 gestellten Antrag erteilte die Ausländerbehörde der Klägerin die Erlaubnis zu einer Beschäftigung jeder Art rückwirkend ab Antragstellung. Auf Widerspruch der Klägerin verpflichtete die Bezirksregierung Köln mit Bescheid vom 18.8.2008 die Ausländerbehörde, die Auflage dahingehend zu ändern, dass der Klägerin während des gesamten Gültigkeitszeitraums der Aufenthaltserlaubnis, also rückwirkend ab 20.7.2007, eine Beschäftigung jeder Art erlaubt war. Eine Beschäftigung übte die Klägerin auch nach Erteilung der Erlaubnis nicht aus.

3

Der Antrag der Klägerin vom 22.11.2007, ihr Elterngeld für den 4. bis 14. Lebensmonat der am 9.3.2007 geborenen Kinder M. und M. zu gewähren, wurde abgelehnt, weil die Klägerin nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) erfülle(Bescheid des Versorgungsamtes Aachen vom 3.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Münster vom 17.6.2008).

4

Die auf Gewährung von Elterngeld vom 22.8.2007 bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats der Kinder (8.5.2008) gegen den Kreis Aachen gerichtete Klage hat das Sozialgericht Aachen (SG) abgewiesen (Urteil vom 14.10.2008). Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 27.2.2009). Es hat ua ausgeführt:

5

Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen des § 1 Abs 7 BEEG nicht. Bis zum 29.1.2008 scheitere der Anspruch der Klägerin bereits daran, dass sie bis zu diesem Tag nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde hätte erwerbstätig werden dürfen. Eine solche Zustimmung habe die Klägerin indes weder beantragt noch erhalten. Damit fehle der Klägerin schon die in § 1 Abs 7 Nr 2 BEEG zur Voraussetzung gemachte Berechtigung zur Erwerbstätigkeit. Die später rückwirkend zum 20.7.2007 erfolgte Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit ohne Zustimmung der Ausländerbehörde ändere daran nichts. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Erziehungsgeld, die der Senat auf die insoweit identische Konstellation beim Elterngeld übertrage, sei für den Bezug von Erziehungsgeld die tatsächliche Erteilung des Aufenthaltstitels und der darin enthaltenen Regelung der Erwerbstätigkeit maßgebend. Beide müssten bereits zu Beginn des Leistungszeitraums vorliegen. Es genüge nicht, dass materiell ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bestanden habe. Im restlichen Anspruchszeitraum seien die Voraussetzungen des § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst c iVm Nr 3 BEEG nicht erfüllt. Der Senat habe gegen diese Vorschrift keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

6

Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie trägt vor:

7

Entgegen der Darstellung des LSG knüpfe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung vom 6.7.2004 - 1 BvR 2515/95 - nicht an den tatsächlichen Besitz der Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung an, sondern an die Frage, ob der Ausländer der Erwerbstätigkeit rein rechtlich nachgehen dürfe oder ob rechtliche Hindernisse entgegenstünden. Ein Recht zur Ausübung einer Beschäftigung sei zumindest dann nachgewiesen, wenn diese Erlaubnis - wie im vorliegenden Fall - rückwirkend erteilt worden sei. Angesichts des Sinnes und Zweckes von Elterngeld, zugunsten der Erziehung des Kindes auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu verzichten, müsse zudem die abstrakt rechtliche Möglichkeit eines Arbeitsmarktzugangs ausreichen.

8

Damit bleibe zu klären, ob § 1 Abs 7 BEEG verfassungsgemäß sei. Diese Vorschrift werde den Vorgaben des BVerfG nicht gerecht. Es gebe keinen sachlichen Grund, den Anspruch auf Elterngeld für Inhaber der in § 1 Abs 7 Nr 3 BEEG aufgeführten Aufenthaltstitel von über den Zugang zum Arbeitsmarkt hinausgehenden, zusätzlichen Voraussetzungen abhängig zu machen. Durch die Einschränkungen in § 1 Abs 7 Nr 3 BEEG würden große Gruppen mit humanitären Aufenthaltstiteln in verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigender Weise von einem Anspruch auf Elterngeld ausgeschlossen.

9

Die Benachteiligung der Inhaber einer Aufenthaltsbefugnis nach § 25 Abs 3 AufenthG sei auch nicht im Hinblick auf eine zulässige Typisierung gerechtfertigt, da diese nur hinzunehmen sei, wenn die mit ihr verbundenen Härten nicht besonders schwer wögen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären. Da das Elterngeld als Einkommen bei Sozialleistungen unberücksichtigt bleibe, falle der mit der Versagung des Anspruchs verbundene Nachteil in jedem Fall ins Gewicht; es gehe um monatlich 300 Euro.

10

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. Februar 2009 und des Sozialgerichts Aachen vom 14. Oktober 2008 sowie den Bescheid des Versorgungsamtes vom 3. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Münster vom 17. Juni 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr für den Zeitraum vom 22. August 2007 bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats ihrer am 9. März 2007 geborenen Kinder M. und M. Elterngeld zu zahlen.

11

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend. Mit der Regelung des § 1 Abs 7 BEEG verfolge der Gesetzgeber das Ziel, den Elterngeldanspruch auf solche nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländer zu beschränken, die voraussichtlich auf Dauer in Deutschland blieben. Die Anknüpfung an eine aktuelle oder kurz zurückliegende Erwerbstätigkeit sei ein geeignetes Mittel, dieses Ziel zu erreichen. Dass das bloße Recht zur Erwerbstätigkeit als Prognose für einen Daueraufenthalt nicht ausreiche, zeige der Fall der Klägerin, die diese Berechtigung lediglich rückwirkend zur Wahrung von Elterngeldansprüchen beantragt habe. § 1 Abs 7 BEEG folge durchaus den Vorgaben des BVerfG. Der Gesetzgeber habe den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum nicht in verfassungswidriger Weise ausgefüllt.

13

Die Beteiligten haben vor dem Senat übereinstimmend erklärt, dass die Klägerin in tatsächlicher Hinsicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs 1 und Abs 7 Nr 3 Buchst a BEEG zweifelsfrei erfüllt.

14

Der Senat hat die Revision der Klägerin durch Teilurteil vom heutigen Tag zurückgewiesen, soweit sie die Gewährung von Elterngeld bis zur Vollendung des 11. Lebensmonats der am 9.3.2007 geborenen Kinder M. und M. betrifft. Denn die Klägerin war bis zum 28.1.2008 nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigte. Wegen des im Elterngeldrecht geltenden Lebensmonatsprinzips scheidet damit ein Anspruch der Klägerin auf Elterngeld bis zum 8.2.2008 aus.

15

II. Das Verfahren ist gemäß Art 100 Abs 1 GG auszusetzen, soweit es die Gewährung von Elterngeld für den 12. bis 14. Lebensmonat der am 9.3.2007 geborenen Kinder M. und M. betrifft. Der Senat sieht sich hinsichtlich dieses Teiles des Streitgegenstandes an einer Entscheidung des Rechtsstreits gehindert. Er ist überzeugt, dass die in § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst c iVm Nr 3 Buchst b BEEG(idF des Art 1 Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 5.12.2006 - BGBl I 2748) geregelten Voraussetzungen, nach denen ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin einen Anspruch auf Elterngeld geltend machen kann, insoweit mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG unvereinbar ist, als danach Ausländer, denen ein Aufenthaltstitel nach § 23 Abs 1 AufenthG wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach §§ 23a, 24, 25 Abs 3 bis 5 AufenthG erteilt wurde, nur dann anspruchsberechtigt sind, wenn sie(neben der weiteren Voraussetzung einer gewissen Mindestaufenthaltsdauer iS des § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst a BEEG) im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig sind, laufende Geldleistungen nach dem SGB III beziehen oder Elternzeit in Anspruch nehmen.

16

Mit dieser Regelung werden Ausländer mit den genannten Aufenthaltstiteln nach Auffassung des Senats schlechter gestellt als Deutsche und vor allem als Ausländer mit anderen Aufenthaltstiteln, ohne dass diese Unterscheidung gerechtfertigt ist. Insbesondere lassen sich auch innerhalb der Gruppe der Ausländer mit den in § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst c BEEG aufgeführten Aufenthaltstiteln sachwidrige Ungleichbehandlungen feststellen.

17

Zwar darf der Gesetzgeber die Gewährung von Elterngeld an nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer davon abhängig machen, dass sich diese voraussichtlich auf Dauer in Deutschland aufhalten. Auch kann eine Integration in den inländischen Arbeitsmarkt eine solche Prognose begründen. Der Gesetzgeber hat jedoch in § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst c iVm Nr 3 Buchst b BEEG insoweit sachwidrige Kriterien aufgestellt, als er einen aktuellen, eng umschriebenen Arbeitsmarktbezug während des Anspruchszeitraumes fordert und zudem nur auf denjenigen abstellt, der Elterngeld beansprucht, also zB nicht eine entsprechende Integration seines Ehegatten ausreichen lässt. Über die Verfassungswidrigkeit dieser gesetzlichen Bestimmung zu entscheiden, ist nach Art 100 Abs 1 GG dem BVerfG vorbehalten.

18

A. Entwicklung der für den Rechtsstreit bedeutsamen Vorschriften

19

Das BEEG hat in seinem § 1 Abs 7 hinsichtlich der Anspruchsberechtigung nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer mit Wirkung vom 1.1.2007 die entsprechende, für Geburten bis zum 31.12.2006 geltende Vorschrift des § 1 Abs 6 Gesetz zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit(Bundeserziehungsgeldgesetz - BErzGG - BGBl 2000 I 1638; Bezeichnung bis zum 1.1.2001: Gesetz über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub; vgl BGBl 1994 I 181) übernommen. Die Bedeutung des für diesen Rechtsstreit einschlägigen § 1 Abs 7 BEEG kann deshalb nicht losgelöst von der Entwicklung des BErzGG verstanden werden. Es ist mithin zunächst dieses Gesetz in den Blick zu nehmen (vgl hierzu ausführlich die Vorlagebeschlüsse des Senats vom 3.12.2009 - B 10 EG 5/08 R <= 1 BvL 3/10>, S 6 ff; B 10 EG 6/08 R <= 1 BvL 4/10>, S 6 ff; B 10 EG 7/08 R <= 1 BvL 2/10>, S 5 ff).

20

1. Das BErzg wurde durch das BErzGG vom 6.12.1985 (BGBl I 2154) eingeführt. Es ist eine sozialrechtliche Leistung des Familienlastenausgleichs. Ihre nähere gesetzliche Ausgestaltung hat wiederholt Änderungen erfahren, soweit es die Anspruchsberechtigung von Ausländern betrifft.

21

Das BErzg wurde zunächst unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Anspruchstellers gewährt. Voraussetzung war allerdings, dass dieser einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte. Umstritten war, ob und unter welchen Umständen Ausländer, insbesondere Asylbewerber, einen Wohnsitz oder ihren ständigen Aufenthalt in diesem Sinne begründen konnten (vgl BSG SozR 7833 § 1 Nr 1; SozR 7833 § 1 Nr 4). Zuletzt stellte das BSG im Rahmen der sog Prognoserechtsprechung darauf ab, ob bei vorausschauender Betrachtungsweise damit zu rechnen sei, dass der ausländische Anspruchsteller dauerhaft in Deutschland bleibe (BSGE 65, 261 = SozR 7833 § 1 Nr 7). Zu den ungeschriebenen Voraussetzungen eines Anspruchs auf BErzg rechnete das BSG, dass der Anspruchsteller in Deutschland arbeiten dürfe. Dies folge aus dem Zweck der Leistung, eine Alternative zur Erwerbstätigkeit zu bieten (vgl BSG SozR 3-7833 § 1 Nr 1).

22

Durch das Gesetz zur Änderung des BErzGG und anderer Vorschriften vom 30.6.1989 (BGBl I 1297) wurde dem § 1 Abs 1 BErzGG folgender Satz 2 angefügt:

23

"Für den Anspruch eines Ausländers ist Voraussetzung, dass er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist, die nicht nur für einen bestimmten, seiner Natur nach vorübergehenden Zweck erteilt worden ist."

24

Zur Begründung führte der Ausschuss für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit (13. Ausschuss) des Deutschen Bundestages, auf den diese Regelung zurückgeht, aus (BT-Drucks 11/4776 S 2): Die Aufenthaltserlaubnis oder die Aufenthaltsberechtigung solle jetzt ausdrücklich als Voraussetzung für den Anspruch eines Ausländers auf BErzg im Gesetz verankert werden. Dies sei auch deshalb gerechtfertigt, weil Ausländer ohne Aufenthaltserlaubnis in der Regel keine Arbeitserlaubnis hätten. Insoweit könnte der Zweck des BErzg, die Wahlfreiheit zwischen Kindererziehung und Berufstätigkeit zu sichern, nicht erreicht werden.

25

Durch Art 10 Gesetz zur Neuregelung des Ausländerrechts vom 9.7.1990 (BGBl I 1354, 1386) wurde § 1 Abs 1 Satz 2 BErzGG an die geänderte Systematik der Aufenthaltstitel nach dem neuen Ausländergesetz (AuslG) angepasst. Die Vorschrift lautete danach:

26

"Für den Anspruch eines Ausländers ist Voraussetzung, dass er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung, Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis ist."

27

Mit Gesetz über Maßnahmen zur Bewältigung der finanziellen Erblasten im Zusammenhang mit der Herstellung der Einheit Deutschlands, zur langfristigen Sicherung des Aufbaus in den neuen Ländern, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Entlastung der öffentlichen Haushalte (Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms ) vom 23.6.1993 (BGBl I 944) schloss der Gesetzgeber die Inhaber von Aufenthaltsbefugnissen vom BErzg-Bezug aus. In § 1 BErzGG wurde folgender Absatz 1a eingefügt (im Folgenden: BErzGG 1993):

28

"Für den Anspruch eines Ausländers ist Voraussetzung, dass er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist. Auch bei Besitz einer Aufenthaltserlaubnis haben ein Arbeitnehmer, der von seinem im Ausland ansässigen Arbeitgeber zur vorübergehenden Dienstleistung nach Deutschland entsandt ist, und sein Ehepartner keinen Anspruch auf Erziehungsgeld."

29

In der Begründung zu dieser Vorschrift heißt es (BT-Drucks 12/4401 S 74): "Mit dieser Regelung wird der Anspruch auf die Ausländer begrenzt, von denen zu erwarten ist, dass sie auf die Dauer in Deutschland bleiben werden. Das ist allein bei denjenigen der Fall, die im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis sind. Doch auch auf diejenigen, die von ausländischen Arbeitgebern zur vorübergehenden Dienstleistung nach Deutschland entsandt sind und statt einer Aufenthaltsbewilligung eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, trifft diese Voraussetzung nicht zu. Dasselbe gilt für ihre Ehepartner. Die Regelung entspricht den Regelungen der meisten Länder, bei denen Entsandte im Sozialsystem des Heimatlandes verankert bleiben, so wie Deutsche, die von ihrem Arbeitgeber ins Ausland entsandt sind, und ihre Ehepartner den Anspruch auf BErzg behalten."

30

Über die Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs 1a BErzGG 1993 hatte das BVerfG mit Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvR 2515/95 - (BVerfGE 111, 176 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4) zu entscheiden. Es erklärte die Vorschrift für mit Art 3 Abs 1 GG unvereinbar. Zur Begründung führte es aus: Zwar sei es ein legitimes gesetzgeberisches Ziel, nur denjenigen Ausländern BErzg zukommen lassen zu wollen, von denen erwartet werden könne, dass sie auf Dauer in Deutschland blieben. Der generelle Ausschluss von Ausländern mit Aufenthaltsbefugnis sei jedoch kein geeignetes Abgrenzungskriterium. Allein die formale Art des Aufenthaltstitels eigne sich nicht als Grundlage einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts in Deutschland. Der weitere Zweck des BErzg, Eltern die eigene Betreuung ihrer Kinder durch Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit oder durch deren Einschränkung zu ermöglichen, rechtfertige es zwar, Ausländer vom BErzg auszuschließen, die aus Rechtsgründen nicht erwerbstätig sein dürften. Dies treffe jedoch nicht ohne Weiteres auf alle Inhaber von Aufenthaltsbefugnissen zu, da diese nicht schon aufgrund der Art ihres Aufenthaltstitels vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen seien.

31

Über die Verfassungsmäßigkeit der Nachfolgeregelungen zu § 1 Abs 1a BErzGG 1993 entschied das BVerfG ausdrücklich nicht; es gab jedoch dem Gesetzgeber insoweit auf, diese Bestimmungen nach den aufgezeigten Kriterien ebenfalls auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu überprüfen.

32

§ 1 Abs 1a BErzGG 1993 war bis zum 31.12.2000 in Kraft. Dann wurde er durch § 1 Abs 6 Satz 2 Nr 3 BErzGG idF des Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes vom 12.10.2000 (BGBl I 1426; im Folgenden: BErzGG 2001) ersetzt. Nach § 1 Abs 6 Satz 2 Nr 3 BErzGG 2001 waren auch Inhaber von Aufenthaltsbefugnissen anspruchsberechtigt, bei denen "das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes unanfechtbar festgestellt worden ist". Auf diese Weise wollte der Gesetzgeber die Anspruchsvoraussetzungen für Flüchtlinge klären (vgl BT-Drucks 14/3553 S 12, 15). Im Übrigen blieben Inhaber von Aufenthaltsbefugnissen weiterhin von einem Anspruch auf BErzg ausgeschlossen.

33

Durch das Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) vom 30.7.2004 (BGBl I 1950) wurde ein neues AufenthG geschaffen, das am 1.1.2005 an die Stelle der früheren Regelungen des AuslG trat. Da dieses als Aufenthaltstitel nur noch die (dauerhaft geltende) Niederlassungserlaubnis und die (befristete) Aufenthaltserlaubnis vorsieht, wurde gleichzeitig auch § 1 Abs 6 Satz 2 BErzGG der neuen ausländerrechtlichen Systematik angepasst(namentlich durch Art 10 Nr 4 Zuwanderungsgesetz; im Folgenden wird diese Fassung des BErzGG als BErzGG 2005 bezeichnet). Nach wie vor wollte der Gesetzgeber BErzg nur denjenigen Ausländern gewähren, die sich dauerhaft, insbesondere zu Erwerbszwecken, in Deutschland aufhalten (vgl BT-Drucks 15/420 S 122). § 1 Abs 6 Satz 2 BErzGG 2005 regelte demnach:

34

"Ein anderer Ausländer ist anspruchsberechtigt, wenn er im Besitz
1. einer Niederlassungserlaubnis,
2. einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit,
3. einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 und 2, den §§ 31, 37, 38 AufenthG oder
4. einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzugs zu einem Deutschen oder
zu einer von den Nummern 1 bis 3 erfassten Person ist."

35

Den § 1 Abs 6 BErzGG 2005 stufte der Gesetzgeber nach Veröffentlichung des BVerfG-Beschlusses vom 6.7.2004 (BVerfGE 111, 176 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4) zu § 1 Abs 1a BErzGG 1993 selbst als verfassungsrechtlich bedenklich ein(vgl BT-Drucks 16/1368 S 1). Er ersetzte ihn daher mit Art 3 Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss (AuslAnsprG) vom 13.12.2006 (BGBl I 2915). Die danach geltende Fassung des § 1 Abs 6 BErzGG 2006 lautet:

36
                 

           

"(6)   

Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer ist nur anspruchsberechtigt, wenn er

1.    

eine Niederlassungserlaubnis besitzt,

2.    

eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde

        

a)    

nach § 16 oder § 17 AufenthG erteilt,

        

b)    

nach § 18 Abs. 2 AufenthG erteilt und die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit darf nach der Beschäftigungsverordnung nur für einen bestimmten Höchstzeitraum erteilt werden,

        

c)    

nach § 23 Abs. 1 des AufenthG wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG erteilt oder

3.    

eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und

        

a)    

sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und

        

b)    

im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem SGB III bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt."

37

Gemäß Art 6 Satz 2 AuslAnsprG trat die Regelung des § 1 Abs 6 BErzGG 2006 rückwirkend zum 1.1.2006 in Kraft.

38

2. Zum 1.1.2007 wurde das bedürftigkeitsabhängige BErzg durch das verstärkt Einkommenseinbußen ersetzende Elterngeld abgelöst (Art 1 Gesetz zur Einführung des Elterngeldes = Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit vom 5.12.2006 ; zur Konzeption des Elterngeldes vgl allgemein BSG, Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1, RdNr 19).

39

Die Einführung des Elterngeldes wurde wie folgt begründet (BT-Drucks 16/1889 S 2): "Die Bundesregierung richtet ihre familienpolitischen Leistungen neu aus, um den veränderten Lebensentwürfen von Frauen und Männern gerecht zu werden, den Menschen mehr Mut zu mehr Kindern zu machen und einen Beitrag zur Sicherung ihrer Zukunft zu leisten. Das Elterngeld löst das Erziehungsgeld mit dem Ziel ab, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlagen zu unterstützen, wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern. […] Als nachhaltige und gezielte finanzielle Stärkung von Familien erfüllt das Elterngeld verschiedene Funktionen:
- Das Elterngeld unterstützt Eltern in der Frühphase der Elternschaft und trägt dazu bei, dass sie in diesem Zeitraum selbst für ihr Kind sorgen können ...
- Das Elterngeld will dazu beitragen, dass es beiden Elternteilen auf Dauer besser gelingt, ihre wirtschaftliche Existenz zu sichern ...
- Das Elterngeld unterstützt Eltern, die nicht voll erwerbstätig sind, durch einen Mindestbetrag in Höhe von 300 Euro, auch wenn vor der Geburt keine Erwerbstätigkeit bestanden hat …
- Eltern wollen das Leben mit Kindern nach eigenen Vorstellungen und Bedingungen der Vereinbarkeit mit dem Beruf gestalten ... Mit dem Elterngeld können sie wählen, wer in welchem Umfang und wann in der gesamten möglichen Bezugsdauer von 14 Monaten die Leistung in Anspruch nimmt ..."

40

Als Ziel des Elterngeldes wird in der Gesetzesbegründung wiederholt genannt, "Eltern, die sich im ersten Lebensjahr des Neugeborenen vorrangig der Betreuung ihres Kindes widmen, bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen" (vgl etwa BT-Drucks 16/1889 S 15, 16).

41

Das BEEG enthält in seinem § 1 Abs 7 eine dem § 1 Abs 6 BErzGG 2006 entsprechende Vorschrift zur Anspruchsberechtigung nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer und Ausländerinnen. § 1 Abs 7 BEEG idF des Art 1 Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 5.12.2006 lautet:

42
                 

           

"(7)   

Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin ist nur anspruchsberechtigt, wenn diese Person

1.    

eine Niederlassungserlaubnis besitzt,

2.    

eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde

        

a)    

nach § 16 oder § 17 AufenthG erteilt,

        

b)    

nach § 18 Abs. 2 AufenthG erteilt und die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit darf nach der Beschäftigungsverordnung nur für einen bestimmten Höchstzeitraum erteilt werden,

        

c)    

nach § 23 Abs. 1 des AufenthG wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG erteilt oder

3.    

eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und

        

a)    

sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und

        

b)    

im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem SGB III bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt."

43

Durch Art 6 Abs 8 Nr 2 Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.8.2007 (BGBl I 1970) wurde Nr 2 um den Buchstaben d erweitert ("nach § 104a AufenthG erteilt oder").

44

In der Begründung zu § 1 Abs 7 BEEG heißt es(BT-Drucks 16/1889 S 19): "Absatz 7 regelt die Anspruchsberechtigung ausländischer Eltern entsprechend dem Grundsatz, dass Familienleistungen nur solchen Eltern gezahlt werden sollen, die sich voraussichtlich dauerhaft im Inland aufhalten werden. Diesem Grundsatz entsprechend und der Rechtsprechung des BVerfG folgend hat der Gesetzgeber in dem Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss die von ausländischen Eltern zu erfüllenden Voraussetzungen für den Bezug von Familienleistungen neu geregelt. Diese Regelungen sind auch für das Elterngeld übernommen worden …"

45

B. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage

46

1. Soweit die Gewährung von Elterngeld für den 12. bis 14. Lebensmonat der am 9.3.2007 geborenen Kinder M. und M. im Streit ist, liegen die prozessrechtlichen Voraussetzungen für eine Sachentscheidung durch das BSG vor. Revision, Berufung und kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Bescheid vom 3.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.6.2008 sind statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Klägerin hat im Klageverfahren die geltend gemachten Ansprüche auf Elterngeld auf den Zeitraum vom 22.8.2007 bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats ihrer Kinder (8.5.2008) beschränkt.

47

a) Im Laufe des Gerichtsverfahrens sind auf der Beklagtenseite kraft Gesetzes zwei Beteiligtenwechsel erfolgt (vgl dazu BSG SozR 4-1500 § 57 Nr 2 RdNr 4; BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6, RdNr 13 f; BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, RdNr 20). Zunächst ist zum 1.1.2008 der Kreis Aachen an die Stelle des Landes Nordrhein-Westfalen getreten, weil ihm von diesem Zeitpunkt an die bis dahin von den Versorgungsämtern wahrgenommenen Aufgaben nach dem BEEG übertragen worden sind (§ 5 Abs 1 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007, GVBl NRW 482; vgl dazu BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, RdNr 21 ff; BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 19 ff; BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 13 ff):Durch § 1 Abs 1 Städteregion Aachen Gesetz vom 26.2.2008 (GVBl NRW 162) ist der Kreis Aachen mit Ablauf des 20.10.2009 aufgelöst worden. Rechtsnachfolgerin ist die Städteregion Aachen (§ 2 Abs 1 Städteregion Aachen Gesetz).

48

Die Klage richtet sich jetzt zutreffend gegen den Städteregionsrat der Städteregion Aachen (§ 3 Abs 2 Städteregion Aachen Gesetz ), denn dieser ist als Behörde nach § 70 Nr 3 SGG iVm § 3 Gesetz zur Ausführung des Sozialgerichtsgesetzes im Lande Nordrhein-Westfalen (AG-SGG NRW) fähig, am sozialgerichtlichen Verfahren beteiligt zu sein(vgl dazu auch BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 31). Er kann deshalb selbst verklagt werden. Ob die Auffassung des 8. Senats des BSG (s Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 19/08 R - RdNr 14, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) zutrifft, dass eine Klage in diesem Fall zwingend gegen die Behörde und nicht gegen den Rechtsträger zu richten ist, braucht hier nicht entschieden zu werden (zur Gegenansicht vgl BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 21; s auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG, 9. Aufl 2008, § 70 RdNr 4). Denn die Klägerin hat auf Anregung des Senatsvorsitzenden ihre Klage im Revisionsverfahren - klarstellend - gegen den Städteregionsrat gerichtet.

49

Der Beklagte ist zur Führung des vorliegenden Prozesses befugt. Auch im sozialgerichtlichen Verfahren ist zwischen der Beteiligtenfähigkeit und der Prozessführungsbefugnis zu unterscheiden. Die Prozessführungsbefugnis ist das Recht, einen Prozess als richtige Partei im eigenen Namen zu führen (vgl Vollkommer in Zöller, ZPO, 28. Aufl 2010, vor § 50 RdNr 18),also als richtiger Kläger zu klagen (aktive Prozessführungsbefugnis vgl Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl 2009, vor § 40 RdNr 23)oder als richtiger Beklagter verklagt zu werden (passive Prozessführungsbefugnis vgl Kopp/Schenke, aaO, § 78 RdNr 1). Die Prozessführungsbefugnis ist entgegen einer in der Literatur jüngst geäußerten Auffassung (Strassfeld, SGb 2010, 520) unproblematisch, wenn die nach § 70 Nr 3 SGG beteiligungsfähige Behörde eines Rechtsträgers an dessen Stelle verklagt wird und sich gegen Ansprüche der Klägerseite verteidigt. Denn es entspricht der Funktion einer durch organisationsrechtliche Rechtssätze gebildeten Behörde, im Rahmen ihrer Zuständigkeit für den Staat oder einen anderen Träger der öffentlichen Verwaltung nach außen selbstständig dessen Aufgaben wahrzunehmen (§ 1 Abs 2 SGB X; hierzu Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 1 RdNr 9; hierzu auch § 1 Abs 4 VwVfG; Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008 § 1 RdNr 241 mwN). Sie wird demnach - soweit sie beteiligtenfähig ist - auch in einem Rechtsstreit im eigenen Namen für den Träger der öffentlichen Verwaltung tätig.

50

b) Vor Erhebung der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG)ist das nach § 78 Abs 1 Satz 1 SGG erforderliche Vorverfahren durchgeführt worden(zur Durchführung eines Vorverfahrens als Sachurteilsvoraussetzung etwa BSG SozR 3-1500 § 78 Nr 3 S 5). Die Bezirksregierung Münster war nach § 85 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGG iVm § 5 Abs 2 Satz 2 EingliederungsG als Aufsichtsbehörde befugt, den Widerspruchsbescheid zu erlassen. Die Kreise und kreisfreien Städte führen die ihnen durch § 5 Abs 1 EingliederungsG übertragenen Aufgaben des BEEG im Hinblick auf die Regelung des Art 104a Abs 3 Satz 2 GG im Auftrag des Bundes durch(Auftragsverwaltung iS des Art 85 GG), weil nach § 12 Abs 2 BEEG ausschließlich der Bund die Ausgaben für das Elterngeld trägt(vgl BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 21; BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 15; hierzu auch § 5 Abs 2 Satz 1 EingliederungsG). Sie sind insoweit nach den Bestimmungen des nordrhein-westfälischen Gesetzes über die Organisation der Landesverwaltung (hierzu BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, RdNr 47 ff) an die Weisungen der Aufsichtsbehörden gebunden. Es liegt demnach keine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung iS des § 85 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGG vor, bei der die Selbstverwaltungsbehörde für den Erlass des Widerspruchsbescheides zuständig wäre.

51

Eine Bestimmung der Widerspruchsstelle nach § 85 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGG iVm § 13 Abs 1 Satz 2, § 12 Abs 1 Satz 1 BEEG hat das Land nicht getroffen. In der nordrhein-westfälischen Verordnung zur Regelung der Zuständigkeiten nach dem BEEG (vom 5.12.2006, GVBl NRW 599, mit Wirkung ab 1.1.2008 geändert durch Art 19 Zweites Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007, GVBl NRW 482) sind nur die zur Ausführung des BEEG zuständigen Behörden, nicht jedoch die zuständigen Widerspruchsstellen geregelt. Das AG-SGG NRW enthält insoweit ebenfalls keine Regelung. Der durch Art 3 Gesetz zur Modernisierung und Bereinigung von Justizgesetzen im Land Nordrhein-Westfalen vom 26.1.2010 (GVBl NRW 30) mit Wirkung vom 1.1.2008 eingefügte § 4a legt nur die Widerspruchsbehörde in Angelegenheiten nach den §§ 69 und 145 SGB IX fest (hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.12.2009 - L 10 SB 39/09 - nicht rechtskräftig).

52

2. Auf der Grundlage der einschlägigen Vorschriften wäre die Revision unbegründet, soweit sie die Gewährung von Elterngeld für den 12. bis 14. Lebensmonat der am 9.3.2007 geborenen Kinder M. und M. betrifft.

53

Der Klägerin steht für diese Zeit nach geltendem Recht kein Elterngeld zu. Ihr Anspruch beurteilt sich nach § 1 BEEG idF des Art 1 Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 5.12.2006 (BGBl I 2748, geändert durch das hier nicht einschlägige Gesetz vom 19.8.2007 - BGBl I 1970).

54

           

a) Nach den vor dem Senat abgegebenen übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten liegen die in § 1 Abs 1 Satz 1 BEEGgeregelten Grundvoraussetzungen für einen Anspruch auf Elterngeld zweifelsfrei vor. Danach kann Elterngeld beanspruchen, wer

        

1.    

einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,

        

2.    

mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,

        

3.    

dieses Kind selbst betreut und erzieht und

        

4.    

keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.

55

Die Klägerin lebte im streitigen Zeitraum als ledige Alleinerziehende mit ihren Kindern M. und M. in einem Haushalt, betreute und erzog diese selbst und übte keine Erwerbstätigkeit aus.

56

Schließlich hatte die Klägerin damals auch einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, wie es § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BEEG verlangt. Zwar knüpft diese Vorschrift an den im Sozialrecht allgemein geltenden Territorialitätsgrundsatz des § 30 Abs 1 SGB I an(vgl Irmen, in Hambüchen, Elterngeld/Elternzeit/Kindergeld, Stand: April 2007, § 1 BEEG RdNr 21). Danach ist für den Geltungsbereich des SGB ebenfalls ein Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt einer Person in Deutschland maßgeblich. § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BEEG ist jedoch nicht in vollem Umfang entsprechend den zu § 30 SGB I entwickelten Auslegungsgrundsätzen zu interpretieren. Vielmehr sind insoweit gemäß § 37 Satz 1 iVm § 68 Nr 15a SGB I die Besonderheiten des BEEG zu berücksichtigen.

57

Wie der Senat bereits ausführlich in seinen Vorlagebeschlüssen vom 3.12.2009 - B 10 EG 5/08 R (= 1 BvL 3/10), B 10 EG 6/08 R (= 1 BvL 4/10) und B 10 EG 7/08 R (= 1 BvL 2/10) - dargelegt hat, liegt bei Ausländern "ein Wohnsitz oder ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland" iS des § 1 Abs 1 Satz 1 BErzGG bereits dann vor, wenn sie ein "reales Verhalten in Bezug auf einen Lebensmittelpunkt" gezeigt haben, also ein erkennbarer Wille vorhanden war, an einem bestimmten Ort in Deutschland zu wohnen. Dies gilt auch für die Auslegung der gleichlautenden Vorschrift des § 1 Abs 1 Satz 1 BEEG. Davon, dass diese Voraussetzungen hier vorliegen, ist nach den vor dem Senat abgegebenen, übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten auszugehen. Die Klägerin ist seit dem 10.3.2002 in Deutschland. In dem hier maßgeblichen Zeitraum lebte sie mit ihren Kindern in E. Sie hat daher erkennbar ihren Lebensmittelpunkt nach Deutschland verlagert und einen Wohnsitz in Deutschland begründet. Ob die Klägerin aus damaliger Sicht auch voraussichtlich dauerhaft hier bleiben würde, ist vorrangig nach § 1 Abs 7 BEEG zu prüfen.

58

b) Die Klägerin erfüllte ab dem 29.1.2008 auch die Voraussetzungen des § 1 Abs 7 Nr 2 Halbs 1 BEEG, denn an diesem Tag wurde die von der Ausländerbehörde erteilte Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 3 AufenthG mit einer Nebenbestimmung versehen, die ihr die Beschäftigung jeder Art gestattete(zum davorliegenden Zeitraum vgl Teilurteil des vorlegenden Senats vom heutigen Tag).

59

c) Die Klägerin erfüllte im streitigen Zeitraum jedoch nicht beide in § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst c iVm Nr 3 BEEG ua für Personen mit einem Aufenthaltstitel nach § 25 Abs 3 AufenthG aufgestellten zusätzlichen Voraussetzungen, nämlich einen erlaubten Mindestaufenthalt sowie einen aktuellen Bezug zum Arbeitsmarkt, der über die Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit hinausgeht. Während sie sich nach den von den Beteiligten übereinstimmend vor dem Senat abgegebenen Erklärungen iS von § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst a BEEG schon seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhielt, liegen die Tatbestandsmerkmale des Buchstaben b dieser Vorschrift zweifelsfrei nicht vor. Sowohl nach den Feststellungen des LSG als auch nach den vor dem Senat abgegebenen, übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten war die Klägerin im hier streitigen Zeitraum weder erwerbstätig noch bezog sie Leistungen nach dem SGB III noch nahm sie Elternzeit in Anspruch.

60

3. Im Falle einer Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst c, Nr 3 Buchst b BEEG müsste der Senat anders entscheiden.

61

Das BVerfG hat klargestellt, dass es für die Entscheidungserheblichkeit in den Fällen, in denen das vorlegende Gericht die Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit eines formellen Gesetzes auf eine Verletzung der in Art 3 Abs 1 GG verbürgten Grundrechte stützt, ausreicht, dass die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Norm dem Grundrechtsträger die Chance offen hält, eine für ihn günstigere Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen (vgl BVerfG Beschluss vom 31.1.1996 - 2 BvL 39, 40/93 - BVerfGE 93, 386, 395; vgl hierzu auch Dollinger, in Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl 2005, § 80 RdNr 66). Eine andere Entscheidung des vorlegenden Gerichts würde bereits in der bei bloßer Unvereinbarkeitserklärung notwendig werdenden Aussetzung des Verfahrens durch dieses Gericht bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber liegen (BVerfG Beschluss vom 29.9.1998 - 2 BvL 64/93 - BVerfGE 99, 69, 77). Etwas anderes gilt nur, wenn die Klägerin oder der Kläger des Ausgangsverfahrens von der im Gesetz angelegten Diskriminierung gar nicht betroffen ist (BVerfG, Beschluss vom 18.7.1984 - 1 BvL 3/81 - BVerfGE 67, 239, 244 = SozR 2200 § 176c Nr 5 S 9 f). Das ist hier jedoch nicht der Fall.

62

Vorliegend würde eine Feststellung der Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs 7 BEEG durch das BVerfG gewährleisten, dass eine Neuregelung der Voraussetzungen erfolgen müsste, unter denen jetzt nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer und nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerinnen mit einem Aufenthaltstitel nach § 23 Abs 1 AufenthG wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach §§ 23a, 24, 25 Abs 3 bis 5 AufenthG Elterngeld beanspruchen können. Es ist nicht auszuschließen, dass die Neuregelung für die Klägerin, die von den Tatbestandsmerkmalen der jetzigen Fassung nachteilig betroffen ist, günstiger als § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst c iVm Nr 3 Buchst b BEEG sein könnte. Insbesondere dann, wenn der Gesetzgeber aus Gründen einer möglichst einfachen Handhabung der Norm beschließen sollte, auf das Kriterium der Arbeitsmarktintegration ganz zu verzichten, kämen für die Klägerin, die sich nach den Feststellungen des LSG seit mehr als drei Jahren gestattet bzw geduldet im Bundesgebiet aufhielt, jedenfalls ab 29.1.2008 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war, die sie zur Ausübung einer Beschäftigung berechtigt hat, und auch die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 BEEG erfüllte, Ansprüche auf Elterngeld für den 12. bis 14. Lebensmonat der am 9.3.2007 geborenen Kinder M. und M. in Betracht.

63

Den Ansprüchen auf Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat der am 9.3.2007 geborenen Kinder M. und M. steht nicht entgegen, dass die Klägerin als Alleinerziehende wegen fehlender Erwerbstätigkeit die besonderen Voraussetzungen des § 4 Abs 3 Satz 3 und 4 BEEG nicht erfüllt, denn die Klägerin hätte wegen des erst im 9. Lebensmonat der Kinder - am 22.11.2007 - gestellten Antrags die Regelbezugsdauer von 12 Monaten (§ 4 Abs 2 Satz 1, § 4 Abs 3 Satz 1 BEEG) noch nicht ausgeschöpft. Das BEEG lässt es zu, dass der Antragsteller im Rahmen des Bezugszeitraums für leibliche Kinder vom Tag der Geburt bis zum 14. Lebensmonat (§ 4 Abs 1 Satz 1 BEEG) bestimmen kann, für welche Lebensmonate Elterngeld beantragt wird (§ 7 Abs 2 Satz 1 BEEG, hierzu Buchner/Becker, MuSchG - BEEG, 8. Aufl 2008, § 7 BEEG RdNr 5). In diesem Rahmen kann auch, sofern die Regelbezugsdauer von 12 Monaten noch nicht ausgeschöpft ist, Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat beantragt werden, ohne dass die besonderen Voraussetzungen des § 4 Abs 3 Satz 3 oder Satz 4 BEEG erfüllt sein müssen.

64

C. Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm

65

1. Für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs 7 BEEG ist sowohl die Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit zum gleichlautenden § 1 Abs 6 BErzGG 2006 als auch die finanzgerichtliche Rechtsprechung zu den Parallelvorschriften im Kindergeldrecht von Bedeutung. Entsprechendes gilt für die einschlägigen Literaturmeinungen.

66

a) In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung wurde die Frage, ob das AuslAnsprG eine Neuregelung des § 1 Abs 6 BErzGG gebracht hat, die den durch das BVerfG in seiner Entscheidung vom 6.7.2004 - 1 BvR 2515/95 - (BVerfGE 111, 176 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4) aufgestellten Vorgaben entspricht, bis zu den Vorlagebeschlüssen des Senats vom 3.12.2009 - B 10 EG 5/08 R (= 1 BvL 3/10), B 10 EG 6/08 R (= 1 BvL 4/10), B 10 EG 7/08 R (= 1 BvL 2/10) - überwiegend bejaht (vgl LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 27.2.2009 - L 13 EG 25/08 - und - L 13 EG 42/08 - beide veröffentlicht in juris - derzeit beide beim BSG anhängig unter den Az B 10 EG 8/09 R und B 10 EG 10/09 R; sowie Urteile vom 19.6.2009 - L 13 EG 4/09 - und - L 13 EG 20/08 - beide veröffentlicht in juris, beide derzeit anhängig beim BSG unter den Az B 10 EG 13/09 R und B 10 EG 15/09 R; vgl weiter das LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23.8.2007 - L 8 EG 12/06 - veröffentlicht in juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.7.2007 - L 11 EL 2361/07 - veröffentlicht in juris). Vor allem das LSG Nordrhein-Westfalen hat sich dabei mit der Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs 6 Nr 3 BErzGG 2006, insbesondere der dort aufgestellten Voraussetzungen für einen BErzg-Anspruch von nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern, die eine Aufenthaltserlaubnis nach den § 23 Abs 1, §§ 23a, 24 oder 25 Abs 3 bis 5 AufenthG haben, eingehend befasst. Nach seiner Auffassung begegnet § 1 Abs 6 Nr 3 BErzGG 2006 keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

67

Der Gesetzgeber habe seinen Spielraum mit der Entscheidung für eine aktuelle oder nur kurz zurückliegende Erwerbstätigkeit als maßgebliches Prognosekriterium eines Daueraufenthalts nicht überschritten. Arbeit sei ein Schlüssel für Integration. Bei Ausländern, die gearbeitet hätten oder noch arbeiteten, könne der Gesetzgeber deshalb in typisierender Betrachtungsweise eher von einem Daueraufenthalt ausgehen als bei nicht arbeitenden Ausländern. Wer dagegen bloß arbeiten dürfe, aber es nicht tue oder nur zeitweise getan habe, unterscheide sich unter diesem Blickwinkel in seiner Aufenthaltsverfestigung weniger von einem Ausländer, dem die Erwerbstätigkeit verboten sei, als von einem Ausländer, der tatsächlich arbeite und damit ins Erwerbsleben eingegliedert sei. Ebenso wie die aktuelle Erwerbstätigkeit eigne sich aber auch das in § 1 Abs 6 Nr 3 Buchst b Variante 2 BErzGG 2006 genannte Kriterium des Bezugs von Leistungen nach dem SGB III als Grundlage für eine positive Aufenthaltsprognose. Wer Alg I beziehe, habe versicherungspflichtig gearbeitet und sei daher auf Dauer in den Arbeitsmarkt integriert gewesen. Die gesetzgeberische Wertung, nach ausgelaufenem Alg-I-Bezug das Indiz für einen Daueraufenthalt entfallen zu lassen, sei angesichts des weiten gesetzgeberischen Prognosespielraums nicht widerlegbar (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.2.2009 - L 13 EG 25/08 - juris RdNr 37 ff).

68

Der Senat hat in seinen Vorlagebeschlüssen vom 3.12.2009 - B 10 EG 5/08 R (= 1 BvL 3/10), B 10 EG 6/08 R (= 1 BvL 4/10) und B 10 EG 7/08 R (= 1 BvL 2/10) - eine Entscheidung des BVerfG zu der Frage eingeholt, ob § 1 Abs 6 Nr 2 Buchst c iVm Nr 3 Buchst b BerzGG 2006 insoweit mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar ist, als danach Ausländern, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs 1 AufenthG wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach §§ 23a, 24, 25 Abs 3 bis 5 AufenthG erteilt wurde, ein Anspruch auf BErzg nur dann zusteht, wenn sie im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig sind, laufende Leistungen nach dem SGB III beziehen oder Elternzeit in Anspruch nehmen. Auf die Ausführungen in diesen Beschlüssen, die für die Überzeugung des Senats von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm maßgebend waren, wird verwiesen.

69

b) Auch die Finanzgerichte haben die engen Leistungsvoraussetzungen für Ausländer mit Aufenthaltserlaubnissen nach den § 23 Abs 1, §§ 23a, 24 oder 25 Abs 3 bis 5 AufenthG verfassungsrechtlich geprüft, und zwar bezogen auf eine entsprechende tatbestandliche Begrenzung im Kindergeldrecht. Nachdem das BVerfG am 6.7.2004 nicht nur § 1 Abs 1a Satz 1 BErzGG 1993(1 BvR 2515/95 - BVerfGE 111, 176 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4), sondern entsprechend auch § 1 Abs 3 Bundeskindergeldgesetz idF vom 21.12.1993 (1 BvL 4/97 ua - BVerfGE 111, 160 = SozR 4-5870 § 1 Nr 1) für mit Art 3 Abs 1 GG unvereinbar erklärt hatte, findet sich nunmehr - durch Art 2 des AuslAnsprG neu geregelt - auch für das Kindergeldrecht in § 62 Abs 2 Einkommensteuergesetz (im Folgenden: EStG 2006) eine dem § 1 Abs 6 BErzGG 2006 bzw § 1 Abs 7 BEEG entsprechende Vorschrift.

70

Der BFH hält die Regelung des § 62 Abs 2 EStG 2006(also die § 1 Abs 6 BErzGG 2006 entsprechende Vorschrift) für verfassungsrechtlich unbedenklich, und zwar nicht nur, soweit dadurch geduldete Ausländer ohne Aufenthaltstitel von einem Leistungsanspruch von vornherein ausgeschlossen werden (vgl hierzu die Entscheidung des BFH vom 15.3.2007 - III R 93/03 - BFHE 217, 443). Vielmehr hat er in weiteren Entscheidungen auch in Bezug auf Ausländer mit Aufenthaltstiteln nach § 23 Abs 1, §§ 23a, 24 oder 25 Abs 3 bis 5 AufenthG die Auffassung vertreten, dass § 62 Abs 2 Nr 3 Buchst b EStG 2006 keinen verfassungsrechtlichen Bedenken mit Blick darauf begegne, dass der Gesetzgeber für die Prognose über einen voraussichtlich dauerhaften Aufenthalt "auf die Integration von Ausländern in den deutschen Arbeitsmarkt" abstelle. Mit diesem Kriterium sei der Gesetzgeber den Vorgaben des BVerfG in seiner Rechtsprechung vom 6.7.2004 (aaO) nachgekommen. Der Gesetzgeber habe verfassungskonform und im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums gehandelt, soweit er typisierend einen Daueraufenthalt erst bei einem mindestens dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet und bei Integration in den Arbeitsmarkt unterstelle (vgl zB Urteile des BFH vom 22.11.2007 - III R 60/99 -, BFHE 220, 39 und - III R 54/02 - BFHE 220, 45).

71

Auch nach den Vorlagebeschlüssen des Senats vom 3.12.2009 - B 10 EG 5/08 R (= 1 BvL 3/10), B 10 EG 6/08 R (= 1 BvL 4/10) und B 10 EG 7/08 R (= 1 BvL 2/10) - hat der BFH an seiner Rechtsprechung festgehalten, dass es verfassungsrechtlich unbedenklich sei, dass der Kindergeldanspruch nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer, die im Besitz bestimmter Aufenthaltstitel sind, nach § 62 Abs 2 Nr 2 Buchst c EStG von der Integration in den deutschen Arbeitsmarkt abhängt(vgl BFH Urteil vom 28.4.2010 - III R 1/08, BFHE 229, 262). Der BFH teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken des vorlegenden Senats schon deshalb nicht, weil das Kindergeld, anders als das BErzg als Einkommen auf Sozialleistungen angerechnet werde und deshalb den Ausländern durch die Beschränkung der Kindergeldberechtigung typischerweise kein finanzieller Nachteil entstehe, der zu einem Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG führen könnte.

72

Von den Finanzgerichten wird die Auffassung des BFH teilweise geteilt (vgl zB das FG Düsseldorf, Urteil vom 23.1.2007 - 10 K 3095/06 Kg - juris). Vor allem das Finanzgericht (FG) Köln ist jedoch von einer Verfassungswidrigkeit der fraglichen Vorschrift ausgegangen. Es hatte mit Beschluss vom 9.5.2007 die Frage, ob § 62 Abs 2 Nr 3 Buchst b EStG 2006 "insoweit mit dem GG vereinbar ist, als die Gewährung von Kindergeld im Falle eines gestatteten oder geduldeten Aufenthalts aus humanitären Gründen von über drei Jahren noch von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig gemacht wird" gemäß Art 100 Abs 1 GG dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt(10 K 1690/07, juris). Diese Vorlage ist vom BVerfG durch Beschluss vom 6.11.2009 (2 BvL 4/07, juris) als unzulässig verworfen worden.

73

c) In der Literatur wird die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit von § 1 Abs 6 Nr 3 Buchst b BErzGG 2006 bzw von § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG (bzw entsprechend von den vergleichbaren Regelungen des Kindergeldrechts) kaum angesprochen. Wo sie thematisiert wird, werden überwiegend Zweifel an der Vereinbarkeit des § 1 Abs 6 Nr 3 BErzGG 2006 bzw des gleichlautenden § 1 Abs 7 Nr 3 BEEG mit dem GG angemeldet(vgl für die sozialrechtliche Seite insbesondere Werner, InfAuslR 2007, 112, 113; ders auch schon in InfAuslR 2006, 237 ff; Keßler, in Hofmann/Hoffmann, Ausländerrecht, 1. Aufl 2008, Anhang 1 AufenthG, RdNr 77 ff; vgl für die steuerrechtliche Seite entsprechend kritisch Hollatz, NWB Fach 3 <28/2007>, 14611 ff; zu den völkerrechtlichen und europarechtlichen Vorgaben: Gutmann, ZESAR 2009, 221). Dabei wird insbesondere die Vereinbarkeit des § 1 Abs 6 Nr 3 Buchst b BErzGG 2006 bzw des § 62 Abs 2 Nr 3 Buchst b EStG 2006 mit Art 3 Abs 1 GG in Frage gestellt. Ein Ausschluss vom Leistungsbezug sei für Ausländer, die sich seit mehr als drei Jahren legal im Inland aufhielten, eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Die Leistungsberechtigung könne bei tatsächlich verfestigten Daueraufenthalten von drei und mehr Jahren weder davon abhängen, ob angesichts des Aufenthaltstitels ursprünglich ein Daueraufenthalt zu erwarten gewesen sei, noch könne sie von zusätzlichen Kriterien, wie etwa einer Erwerbstätigkeit, abhängig gemacht werden (vgl Hollatz, aaO, 14611, 14616). Auch dann, wenn ein Arbeitsverhältnis nicht bestehe, sei ein Leistungsausschluss in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen zumindest teilweise bedenklich, weil die Dauerhaftigkeit des Aufenthalts prognostisch auch bei einer solchen Fallgestaltung gegeben sein könne und nicht notwendigerweise an eine konkrete Beschäftigung oder einen nachfolgenden Leistungsbezug in Form von Alg I gebunden sein müsse (so Werner, aaO).

74

2. Der vorlegende Senat ist von der Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst c iVm Nr 3 Buchst b BEEG überzeugt. Diese durch Art 1 Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 5.12.2006 aus dem BErzGG 2006 übernommene Vorschrift ist mit Art 3 Abs 1 GG unvereinbar. Denn sie behandelt Ausländer, die ein Aufenthaltsrecht nach § 23 Abs 1 AufenthG wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach §§ 23a, 24, 25 Abs 3 bis 5 AufenthG haben, anders als Deutsche und vor allem auch als Ausländer mit anderen Aufenthaltstiteln, ohne dass dies verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden kann. Darüber hinaus bewirkt § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG eine sachwidrige Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der von § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst c BEEG erfassten Ausländer und Ausländerinnen. Der Gesetzgeber hat insoweit sachwidrige Kriterien aufgestellt, als er einen aktuellen, eng umschriebenen Arbeitsmarktbezug während des Anspruchszeitraums fordert und zudem nur auf denjenigen abstellt, der Elterngeld beansprucht, also zB nicht eine entsprechende Integration seines Ehegatten ausreichen lässt.

75

a) Der allgemeine Gleichheitssatz gemäß Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Ihm kommt im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise ein Gestaltungsspielraum zu. Für den Gesetzgeber ergeben sich jedoch aus dem allgemeinen Gleichheitssatz umso engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfG Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvR 2515/95 - BVerfGE 111, 176, 184 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 26 zur Verfassungswidrigkeit der früheren Ausgrenzung von Ausländern mit einer Aufenthaltsbefugnis nach dem AuslG im Erziehungsgeldrecht; ebenso BVerfG Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvL 4/97, 1 BvL 5/97, 1 BvL 6/97 - BVerfGE 111, 160, 169 = SozR 4-5870 § 1 Nr 1 RdNr 43 f zur Verfassungswidrigkeit einer entsprechend formulierten früheren Ausschlussregel im Kindergeldrecht). Der hierbei zu berücksichtigende Schutz von Ehe und Familie (Art 6 Abs 1 GG) enthält keine Beschränkung auf Deutsche (vgl BVerfG Beschluss vom 4.5.1971 - 1 BvR 636/68 - BVerfGE 31, 58, 67; Beschluss vom 30.11.1982 - 1 BvR 818/81 - BVerfGE 62, 323, 329 = SozR 2200 § 1264 Nr 6 S 15). Ob eine gesetzliche Regelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist, hängt davon ab, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (BVerfGE 111, 160, 170 = SozR 4-5870 § 1 Nr 1 RdNr 46).

76

b) Ausgangspunkt des § 1 Abs 7 BEEG ist es, dass ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer nur dann einen Leistungsanspruch auf Elterngeld hat, wenn er eine Niederlassungserlaubnis, also einen nach dem AufenthG unbefristet erteilten und immer auch zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigenden Aufenthaltstitel besitzt(vgl § 9 AufenthG) oder aber stattdessen Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis ist, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat.

77

Diesen Grundsatz, dass jeder (ehemals) zur Arbeit berechtigte Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis auch Anspruch auf Elterngeld haben soll, hat der Gesetzgeber für konkret benannte Fallkonstellationen (vgl § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst a bis c, letzterer iVm Nr 3 BEEG) wieder eingeschränkt. Durch § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst a und b BEEG gänzlich ausgeschlossen sind Ausländer mit Aufenthaltstiteln zum Studium bzw zur Ausbildung(§§ 16, 17 AufenthG) sowie Ausländer, die eine Arbeitsberechtigung aufgrund der Gegebenheiten des deutschen Arbeitsmarktes von vornherein nur vorübergehend erhalten haben (§ 18 Abs 2 AufenthG). Ob diese Einschränkungen mit der Verfassung in Einklang stehen, ist im vorliegenden Fall nicht relevant.

78

Nach dem hier einschlägigen § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst c iVm Nr 3 BEEG hat der Gesetzgeber für Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs 1 AufenthG wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach §§ 23a, 24, 25 Abs 3 bis 5 AufenthG zusätzliche, über die bloße (frühere) Berechtigung zur Erwerbstätigkeit hinausgehende Anforderungen gestellt. Ist ein Ausländer Inhaber eines Titels nach einer der dort genannten aufenthaltsrechtlichen Vorschriften, hat er einen Elterngeldanspruch nach dem BEEG nur dann, wenn er sich - erstens - seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält (§ 1 Abs 7 Nr 3 Buchst a BEEG) und er zusätzlich - zweitens - im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem SGB III bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt (§ 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG).

79

Durch § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst c iVm Nr 3 BEEG werden also Ausländer mit Aufenthaltstiteln nach § 23 Abs 1 AufenthG wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach §§ 23a, 24, 25 Abs 3 bis 5 AufenthG nicht nur schlechter gestellt als Deutsche, sondern vor allem auch als Ausländer mit Aufenthaltstiteln zu anderen als den dort geregelten völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Zwecken. Während grundsätzlich neben einem Aufenthaltstitel lediglich die aktuelle oder frühere Erlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit hinreichende Voraussetzung für den Bezug von Elterngeld ist, haben Ausländer mit einem der in § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst c BEEG genannten Aufenthaltstitel nur unter erheblichen zusätzlichen Voraussetzungen einen Anspruch auf Elterngeld. Benachteiligt sind dabei insbesondere Ausländer, die - wie die Klägerin - diese weiteren Anforderungen nicht erfüllen.

80

c) Diese Ungleichbehandlung ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

81

aa) Das BVerfG hat in seiner Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit von § 1 Abs 1a Satz 2 BErzGG 1993 betreffend die Frage, ob der Leistungsausschluss, der dort für Ausländer mit einer Aufenthaltsbefugnis vorgesehen war, mit Art 3 Abs 1 GG im Einklang steht, zwei Differenzierungsziele herausgearbeitet, die eine abweichende Behandlung von nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern grundsätzlich verfassungsrechtlich zu rechtfertigen vermögen: Zum einen hat das BVerfG speziell für das Erziehungsgeldrecht ausgeführt, dass der Gesetzgeber im Einklang mit Art 3 Abs 1 GG handele, wenn er diejenigen Ausländer vom BErzg ausschließe, die ohnehin mangels Arbeitserlaubnis einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen dürften(Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvR 2515/95 - BVerfGE 111, 176, 185 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 30). Zum anderen hat das BVerfG es als grundsätzlich zulässig erachtet, das BErzg nur denjenigen Ausländern zukommen zu lassen, von denen erwartet werden kann, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben - ein Differenzierungsziel, dass das BVerfG im Übrigen nicht nur für das Erziehungsgeldrecht (BVerfGE, aaO = SozR, aaO, RdNr 29), sondern übergreifend auch im Kindergeldrecht anerkannt hat (vgl BVerfG Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvL 4/97, 5/97 und 6/97, BVerfGE 111, 160, 174 = SozR 4-5870 § 1 Nr 1 RdNr 62).

82

Die Erwägungen, die das BVerfG für die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung von Ausländern mit und ohne Berechtigung zur Erwerbstätigkeit angeführt hat, gelten ebenso für das Elterngeld, denn auch dies ist eine Sozialleistung, die den Eltern einen Anreiz zum Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit geben will (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15). Dessen Gewährung würde ebenfalls ihr Ziel verfehlen, wenn eine Erwerbstätigkeit demjenigen Elternteil, der zur Betreuung des Kindes bereit ist, rechtlich nicht erlaubt ist (vgl BVerfGE 111, 176, 185 f = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 30).

83

Dieses elterngeldspezifische Differenzierungsziel vermag die Regelung des § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG jedoch von vornherein nicht zu rechtfertigen, weil diese Vorschrift gerade zusätzliche, über die Erlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit hinausgehende Anforderungen stellt. In Betracht kommt daher von vornherein nur eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung im Hinblick auf das zweite Differenzierungsziel eines voraussichtlichen Daueraufenthalts.

84

Gerade auf dieses zweite Differenzierungsziel hat der Gesetzgeber bei der Fassung des § 1 Abs 7 BEEG offenbar wesentlich abgestellt. In der Begründung zum Entwurf des AuslAnsprG, der zwar noch nicht vollständig, wohl aber im wesentlichen Ansatz der endgültigen Gesetzesfassung des gleichlautenden § 1 Abs 6 BErzGG entspricht, wird insoweit ausgeführt: Das BVerfG habe in seinen Beschlüssen vom 6.7.2004 (BVerfGE 111, 160 = SozR 4-5870 § 1 Nr 1 und BVerfGE 111, 176 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4) im Grundsatz die Zielsetzung des Gesetzgebers, Familienleistungen nur für die ausländischen Staatsangehörigen vorzusehen, die sich voraussichtlich auf Dauer in Deutschland aufhielten, nicht beanstandet, sondern lediglich die Eignung der damaligen gesetzlichen Regelung zur Erreichung dieses Ziels. Die Zielsetzung der vom BVerfG beanstandeten Regelung werde daher unverändert beibehalten (BT-Drucks 16/1368 S 8). Von einem voraussichtlich dauerhaften Aufenthalt in Deutschland könne vor allem bei Personen ausgegangen werden, die über eine (unbefristete) Niederlassungserlaubnis verfügten. Da nach Inkrafttreten des AufenthG grundsätzlich jede Aufenthaltserlaubnis einer Verfestigung zugänglich sei, müsse bei Personen, die über eine Aufenthaltserlaubnis verfügten, ein weiteres Indiz hinzukommen, das einen voraussichtlich dauerhaften Aufenthalt in Deutschland plausibel erscheinen lasse. Dieses werde vor allem die Ausübung einer Erwerbstätigkeit bzw der Umstand sein, dass eine Erwerbstätigkeit erlaubt sei oder erlaubt werden könne. Auch bei ausländischen Staatsangehörigen, die nicht von Gesetzes wegen einer Erwerbstätigkeit nachgehen dürften, seien die Ausübung einer Beschäftigung bzw die Integration in den deutschen Arbeitsmarkt ein Indikator für einen dauernden Verbleib in Deutschland (BT-Drucks, aaO).

85

In der Begründung zu § 1 Abs 7 BEEG wird dargelegt, dass die Anspruchsberechtigung ausländischer Eltern entsprechend dem Grundsatz geregelt worden sei, dass Familienleistungen nur solchen Eltern gezahlt werden sollen, die sich voraussichtlich dauerhaft im Inland aufhalten würden. Diesem Grundsatz entsprechend und der Rechtsprechung des BVerfG folgend seien die Regelungen des AuslAnsprG auch für das Elterngeld übernommen worden (BT-Drucks 16/1889 S 19).

86

Zwar hat der Gesetzgeber damit ein grundsätzlich vom BVerfG gebilligtes, legitimes Differenzierungsziel verfolgt. Das BVerfG hat jedoch gerade in Bezug auf sozialrechtliche Leistungen des Familienlastenausgleichs die Auswahl geeigneter Differenzierungskriterien gefordert. Für den Ausschluss nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer von einem Leistungsanspruch hat es insoweit die Festlegung von Kriterien verlangt, mit denen der Personenkreis der voraussichtlich dauerhaft in Deutschland bleibenden Personen auch tatsächlich adäquat erfasst werden kann (vgl BVerfGE 111, 176, 185 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 29; ähnlich auch BVerfGE 111, 160, 174 f = SozR 4-5870 § 1 Nr 1 RdNr 62 ff; auf die besonderen Anforderungen bei der Auswahl geeigneter Differenzierungskriterien für den gänzlichen Ausschluss von Personenkreisen im Bereich der familiären Fürsorgeleistungen verweist auch das BSG in seiner Entscheidung vom 16.12.2008 - B 4 AS 40/07 R - juris RdNr 24).

87

Bezogen auf die damals von ihm zu beurteilende Fassung des § 1 Abs 1a BErzGG 1993 hat das BVerfG die Geeignetheit des gewählten Differenzierungskriteriums, nämlich die Art des Leistungen ausschließenden Aufenthaltstitels nach dem AuslG, verneint. Die formale Art des Aufenthaltstitels allein habe sich nicht als Grundlage einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts in Deutschland und damit nicht als Abgrenzungskriterium bei der Gewährung von BErzg geeignet; denn die für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis maßgeblichen Gründe seien nicht typischerweise von nur vorübergehender Natur gewesen (vgl BVerfG - 1 BvR 2515/95 - aaO unter Verweis auf die Parallelentscheidung vom selben Tage zum Kindergeldrecht - 1 BvL 4/97, 5/97 und 6/97 - aaO).

88

bb) Nach Überzeugung des Senats stellt auch § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst c iVm Nr 3 Buchst b BEEG keine geeigneten Abgrenzungskriterien auf; der Kreis der voraussichtlich dauerhaft in Deutschland bleibenden Personen wird durch die dort vorgesehenen Anforderungen nicht sachgerecht bestimmt.

89

aaa) Grundsätzlich ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber bei Aufenthaltstiteln, die ihrer Art nach nicht für einen Daueraufenthalt bestimmt sind, mehr verlangt als die bloße (frühere) Berechtigung zur Erwerbstätigkeit. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass die in § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst c BEEG aufgeführten Titel im Prinzip nur einen vorübergehenden Charakter haben. Dass der Aufenthalt von Ausländern, die aus bestimmten humanitären, völkerrechtlichen oder politischen Gründen eingereist sind, zunächst auf Zeit konzipiert ist, ergibt sich teilweise schon aus den Überschriften der Paragraphen (vgl etwa § 24 AufenthG "Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz"). Insbesondere aber die Regelung des § 26 Abs 2 AufenthG über die "Dauer des Aufenthalts" macht deutlich, dass der Aufenthalt nach dem 5. Abschnitt des AufenthG vom Grundsatz des nur temporären Schutzes ausgeht (vgl Storr in Storr/Wenger/Eberle/Albrecht/Harms, Kommentar zum Zuwanderungsrecht, 2. Aufl 2008, § 26 RdNr 4). Danach darf eine Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt (§§ 22 bis 26 AufenthG) nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind. Da auch die anderen im 5. Abschnitt vorgesehenen, aber von § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst c BEEG nicht erfassten Aufenthaltstitel grundsätzlich derselben Verlängerungsbeschränkung unterliegen, ist allerdings nicht ohne Weiteres ersichtlich, warum die Inhaber solcher Titel nicht die besonderen Voraussetzungen des § 1 Abs 7 Nr 3 BEEG erfüllen müssen. Entsprechendes gilt für Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Abs 2 AufenthG, deren Ehegatte als Student einen Titel nach § 16 AufenthG besitzt und daher selbst unter die Ausschlussregelung des § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst a BEEG fällt.

90

bbb) Der Senat sieht keine Veranlassung, der Frage, ob bereits in der Auswahl der in § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst c BEEG aufgeführten Aufenthaltserlaubnisse ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG liegt, weiter nachzugehen. Denn § 1 Abs 7 BEEG ist schon aus anderen Gründen als verfassungswidrig anzusehen. Die Nr 3 dieser Vorschrift enthält nämlich nicht nur sachgerechte Differenzierungskriterien.

91

Es begegnet allerdings aus Sicht des Senats grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Gesetzgeber nach § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst a BEEG bei Ausländern, deren Aufenthaltserlaubnis von sich aus nicht auf Dauer angelegt ist, eine gewisse Aufenthaltsdauer (mindestens drei Jahre rechtmäßiger, gestatteter oder geduldeter Aufenthalt in Deutschland) als zusätzliche Voraussetzung für den Bezug von Elterngeld verlangt. Die Dauer des bisherigen Aufenthalts ist ein geeignetes Kriterium, um eine Prognose über die voraussichtliche weitere Aufenthaltsdauer zu treffen. Sind die als nur vorübergehend konzipierten Aufenthaltsgründe innerhalb von drei Jahren nicht entfallen, hat sich nämlich die Prognosegrundlage zugunsten der betreffenden Person geändert. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Bleiberecht längerfristig bestehen wird, hat sich deutlich erhöht. Der Zeitraum von drei Jahren erscheint dabei als eine angemessene Richtschnur, da eine Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden kann (vgl § 26 Abs 1 AufenthG).

92

Hingegen sind nach Überzeugung des Senats die in § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG verlangten weiteren Merkmale betreffend die Arbeitsmarktsituation des Antragstellers nicht geeignet, Personen mit einer günstigen Aufenthaltsprognose von solchen mit einer ungünstigen sachgerecht abzugrenzen. Zwar kann die Integration in den Arbeitsmarkt ein wesentlicher Faktor für eine Daueraufenthaltsprognose sein (so zu Recht das LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.2.2009 - L 13 EG 25/08 - juris RdNr 38; diesen Gedanken hat sich auch das BVerfG zu eigen gemacht, vgl Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvL 4/97 ua - BVerfGE 111, 160, 175 = SozR 4-5870 § 1 Nr 4 RdNr 66). Der Senat lässt offen, ob sich der Gesetzgeber auf diesen Faktor beschränken durfte oder nicht die Möglichkeit hätte eröffnen müssen, auch durch andere Gegebenheiten eine günstige Bleibeprognose zu begründen (vgl dazu § 9 Abs 2 Satz 6 AufenthG). Jedenfalls hat der Gesetzgeber zur Feststellung einer hinreichenden Integration in den Arbeitsmarkt Merkmale festgelegt, deren Anwendung zu sachwidrigen Ergebnissen führt. Indem zur Voraussetzung gemacht wird, dass die BErzg in Anspruch nehmende Person entweder aktuell erwerbstätig ist oder laufende Geldleistungen nach dem SGB III (zB Alg I) bezieht oder aber sich - bei noch bestehendem Arbeitsvertrag - in Elternzeit befindet, wählt der Gesetzgeber zwar Personen aus, für die sich eine günstige Aufenthaltsprognose sicher bejahen lässt. Er grenzt dadurch jedoch unzulässig andere Personen aus, für die im Hinblick auf ihre Beziehung zum Arbeitsmarkt eine entsprechende Aufenthaltsprognose ebenfalls zutrifft.

93

Zu gleichheitswidrigen Ergebnissen führt die vom Gesetzgeber in § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG vorgenommene Abgrenzung zum einen dort, wo die aktuelle Einbindung in den Arbeitsmarkt während der für das Elterngeld in Betracht kommenden Bezugszeit wegfällt oder schon vorher weggefallen ist(dazu unter (1)), zum anderen dort, wo nur der Ehepartner des Antragstellers aktuell nach Maßgabe des § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG in den Arbeitsmarkt integriert ist(dazu unter (2)). Schließlich ist die zusätzliche Voraussetzung des aktuellen Bezugs des Antragstellers zum Arbeitsmarkt auch nicht als verfassungsrechtlich zulässige Typisierung gerechtfertigt (dazu unter (3)).

94

(1) Wertungswidersprüche ergeben sich insbesondere dann, wenn die in § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG aufgeführten Voraussetzungen, anhand derer eine Integration in den Arbeitsmarkt gemessen werden soll, in der betreffenden Person zunächst vorgelegen haben, aber während der Anspruchsdauer oder kurz vor deren Beginn weggefallen sind. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift werden diese Fälle von der Gruppe der Leistungsberechtigten ausgegrenzt; die Regelung ist allein im Präsens formuliert, dh Erwerbstätigkeit, laufender Geldleistungsbezug nach dem SGB III sowie Inanspruchnahme einer Elternzeit müssen aktuell - sogar für die gesamte Dauer des Elterngeld-Bezugs - bestehen. Auch wer einmal erwerbstätig war, wer zB einmal Alg I bezogen hat oder sich in Elternzeit iS des BEEG befand und nach dem Willen des Gesetzgebers daher als voraussichtlich dauerhaft in Deutschland verbleibend zu qualifizieren war, ist von dem Tag an, zu welchem diese Voraussetzungen wegfallen, nicht mehr vom Tatbestand des Buchst b erfasst. Durch diese Grenzziehung wird auch Personen ein Anspruch auf Elterngeld versagt, denen eine positive Bleibeprognose (noch) nicht abgesprochen werden kann.

95

Dass das Abstellen allein auf die aktuelle Arbeitssituation kein sachgerechtes Kriterium sein kann, zeigt sich besonders plastisch dort, wo jemand über mehrere Jahre hinweg beschäftigt gewesen ist und sodann bis zur Anspruchserschöpfung Leistungen nach dem SGB III bezogen hat, eine neue Arbeitsstelle aber (im Sinne einer durch das Elterngeld gerade geförderten Entscheidung für die Erziehung des Kindes) erst nach Ablauf einer ersten Phase der Erziehung suchen will oder kann. In dieser Fallkonstellation fängt auch das alternative Kriterium der Elternzeit die fehlende aktuelle Erwerbstätigkeit nicht auf. Denn ein Arbeitsvertrag besteht gerade nicht. Es ist nicht ersichtlich, warum eine solche Person hinsichtlich der Prognose eines Daueraufenthalts schlechter gestellt sein soll als eine Person, die seit drei Jahren - jedenfalls geduldet - in Deutschland lebt, erst unmittelbar vor der Geburt des Kindes eine erste (Teilzeit-)Tätigkeit aufnimmt und damit die Voraussetzungen des § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG erfüllt.

96

Deutlich wird die fehlende Eignung der gewählten Abgrenzungskriterien auch in Fällen, in denen die beantragende Person bis zum Eintritt des Mutterschutzes gearbeitet hat, die Arbeit dann aber nicht fortführen kann. Die Opposition hat im Gesetzgebungsverfahren zum AuslAnsprG insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass nach vielfach üblicher Praxis oft nur befristete Beschäftigungsverhältnisse begründet werden (vgl den Entschließungsantrag von Mitgliedern und Fraktion DIE LINKE vom 18.10.2006, BT-Drucks 16/3030 S 2) und dass sich die tatsächliche Situation am Arbeitsmarkt mit der Forderung eines durchgängig bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht vereinbaren lasse (vgl den Entschließungsantrag von Mitgliedern und Fraktion der FDP vom 18.10.2006, BT-Drucks 16/3029 S 2 f). Personen mit solchen Einstellungsvoraussetzungen fallen dann oft kurzfristig wieder aus einer Beschäftigung heraus, etwa weil ein befristeter Arbeitsvertrag gerade wegen der anstehenden Ausfallzeiten nicht mehr verlängert wird. Auch hier besteht nicht die Möglichkeit einer Elternzeit. Der Senat ist auch in diesen Fällen davon überzeugt, dass die günstige Bleibeprognose nicht von einem Tag auf den anderen mit Wegfall der Arbeit in eine ungünstige umschlagen kann.

97

Noch weniger nachvollziehbar ist die gesetzliche Regelung für eine Person, die bislang Alg I bezogen hat, aber nach der Geburt des Kindes wegen dessen Erziehung dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung steht und daher auch keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB III mehr hat (vgl § 119 Abs 1 Nr 3, § 122 Abs 2 Nr 1 SGB III), sich nach Ablauf einer Zeit der Erziehung aber für den Arbeitsmarkt zurückmelden (§ 122 Abs 1 Satz 1 SGB III) und folglich von diesem Tag an Restleistungen nach dem SGB III in Anspruch nehmen kann (§ 127 SGB III), soweit die Vierjahresfrist des § 147 Abs 2 SGB III noch nicht überschritten ist. Diese Person wäre nach der Konzeption des § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG vor und nach der Erziehungsphase als voraussichtlich auf Dauer in Deutschland verbleibend zu qualifizieren, während der Erziehungsphase jedoch - vorübergehend - nicht. Auch hier werden Personen vom Anspruch auf BErzg ausgegrenzt, denen eine günstige Prognose auch während der Dauer der Erziehungsphase nicht abgesprochen werden kann. Entsprechendes gilt für denjenigen, der die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg I erfüllt, aber von vornherein keinen Antrag stellt, weil er dem Arbeitsmarkt aus Gründen der Kindererziehung nicht zur Verfügung steht. Denn auch für diese Person ist nicht ausgeschlossen, dass sie, zB nach Vollendung des ersten Lebensjahres des Kindes, Alg I bezieht und dann - wieder - als hinreichend in Deutschland integriert gilt.

98

Die aufgeführten Fallkonstellationen zeigen, dass das Kriterium der aktuellen Integration in den Arbeitsmarkt sich insbesondere dort als ungeeignet zur sachgerechten Abgrenzung von Personen mit und ohne günstige Bleibeprognose erweist, wo die in § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG aufgeführten Voraussetzungen, anhand derer eine Integration in den Arbeitsmarkt gemessen werden soll, (vorübergehend) wegfallen, nachdem sie zuvor bereits vorgelegen haben. Die fehlende Berücksichtigung auch solcher Fälle ist umso unverständlicher, als der Gesetzgeber für die Einbeziehung von Personen mit anderen Aufenthaltserlaubnissen als den in § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst c BEEG aufgeführten Aufenthaltstiteln lediglich zur Voraussetzung gemacht hat, dass eine Erwerbsberechtigung einmal vorgelegen hat(vgl § 1 Abs 7 Nr 2 Halbs 1 BEEG).

99

Warum der Gesetzgeber in dem einen Fall die frühere Erlaubnis genügen lässt, in dem anderen jedoch an die aktuell bestehenden Umstände anknüpft, ergibt sich weder aus der Begründung des Entwurfs zum AuslAnsprG noch aus der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes (vgl BT-Drucks 16/1889). Die Ausführungen im Entwurf zum AuslAnsprG (vgl BT-Drucks 16/1368 S 8), ein repräsentatives Indiz für einen voraussichtlich dauerhaften Aufenthalt in Deutschland stelle "die Ausübung einer Erwerbstätigkeit bzw. der Umstand dar, dass eine Erwerbstätigkeit erlaubt ist oder erlaubt werden könnte", erwecken vielmehr den falschen Eindruck, als seien hier jeweils ähnliche Kriterien aufgestellt worden. Entsprechendes gilt, wenn dort weiter argumentiert wird (vgl BT-Drucks, aaO), "auch bei ausländischen Staatsangehörigen, die nicht von Gesetzes wegen einer Erwerbstätigkeit nachgehen dürfen, sind die Ausübung einer Beschäftigung bzw. die Integration in den Arbeitsmarkt ein Indikator für einen dauernden Verbleib in Deutschland".

100

In der Gegenäußerung der Bundesregierung auf Änderungsanträge des Bundesrates zum AuslAnsprG wird diese offensichtlich von der später tatsächlich (mit § 1 Abs 7 BEEG gleichlautenden) getroffenen gesetzlichen Regelung abweichende Darstellung sogar noch zugespitzt. So wird darauf verwiesen, für Aufenthaltserlaubnisse beispielsweise nach § 23 Abs 1 und § 25 Abs 5 AufenthG sei zu beachten, dass diese zwar eine Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit bzw eine Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung enthalten könnten, dies jedoch nicht immer der Fall sei. (…) "Ist die Person aber berechtigt, so kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass sie keine Perspektive der Aufenthaltsverfestigung in Deutschland hat" (vgl BT-Drucks 16/1368 S 14). Hier wird an einen Maßstab angeknüpft, den der Gesetzgeber weder mit § 1 Abs 6 Nr 3 Buchst b BErzGG 2006 noch mit dem gleichlautenden § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG aufgestellt hat. Auch den Gesetzesmaterialien lassen sich daher keinerlei rechtfertigende Gesichtspunkte für eine Ausgrenzung all jener Ausländer mit zur Erwerbstätigkeit berechtigender Aufenthaltserlaubnis entnehmen, deren Integration in den Arbeitsmarkt jedenfalls noch nicht vor längerer Zeit entfallen ist.

101

(2) Die Regelung des § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG nimmt - ebenso wie zuvor der gleichlautende § 1 Abs 6 Nr 3 Buchst b BErzGG - weiter nicht hinreichend die Gesamtsituation von Familien in den Blick. Unzulässig ausgegrenzt wird insbesondere auch diejenige Elterngeld beantragende Person, deren Ehepartner aktuell eine Erwerbstätigkeit ausübt oder Geldleistungen nach dem SGB III (zB Alg I) bezieht. In einigen solcher Fälle wird die beantragende Person zwar einen Aufenthaltstitel nach § 29 AufenthG aufgrund Familiennachzugs zu einem Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis erhalten können. Besitzt der Ehepartner jedoch nur einen Aufenthaltstitel zB nach § 25 Abs 4 oder 5 AufenthG, ist ein Aufenthaltstitel nach § 29 AufenthG wegen Familiennachzugs von vornherein ausgeschlossen(vgl Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl 2005, § 29 AufenthG RdNr 10). Nach § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG wird die betreffende Person - soweit sie nicht selbst erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem SGB III bezieht oder sich in Elternzeit befindet - als voraussichtlich nicht auf Dauer in Deutschland verweilend eingestuft, obwohl der erwerbstätige Ehepartner iS dieser Vorschrift als hinreichend integriert gilt. Diese isolierte Betrachtung der Elterngeld beantragenden Person ist nicht sachgerecht. Auch das BVerfG hat in seiner Entscheidung zum Kindergeld aus dem Jahr 2004 (BVerfG Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvL 4/97, 5/97 und 6/97 - BVerfGE 111, 160, 175 = SozR 4-5870 § 1 Nr 1 RdNr 66) für die Frage, ob eine günstige Prognose für einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland gestellt werden kann, auf beide Elternteile zusammen, nicht dagegen auf die Einzelperson abgestellt. Die Regelung des § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG lässt demgegenüber gänzlich unberücksichtigt, dass aufgrund der familiären Gesamtsituation auch für die Elterngeld beantragende Person von einer günstigen Aufenthaltsprognose auszugehen sein kann, wenn der Ehepartner auf dem Arbeitsmarkt integriert ist. Denn es spricht viel dafür, dass die Familie als Einheit und nicht nur der Erwerbstätige dauerhaft in Deutschland bleiben wird.

102

Gerade im geschilderten familiären Kontext wird zudem deutlich, dass der Gesetzgeber durch die in § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG festgelegten Prognosekriterien letztlich den von ihm selbst mit Einführung des BErzg bzw des Elterngeldes verfolgten Zweck, Eltern die eigene Betreuung ihrer Kinder durch Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen, konterkariert. Er grenzt mit seinen Anforderungen, dass die die Leistung beantragende Person selbst einen aktuellen Bezug zum Arbeitsmarkt aufweisen muss, gerade diejenigen Elternteile aus, die den gewollten Anreizen dieser Leistungen folgen, und treibt sie - soweit sie die Möglichkeit haben - letztlich doch wieder in Arbeit, um diesen Anreiz überhaupt in Anspruch nehmen zu können. Auch darin zeigt sich - jedenfalls im Rahmen des BErzGG bzw des BEEG (für das Kindergeldrecht trifft dieses Argument nicht zu) - die fehlende Eignung des Abgrenzungskriteriums eines aktuellen Bezugs des Antragstellers zum Arbeitsmarkt. Das BVerfG hat ausdrücklich klargestellt, dass der vom Gesetzgeber mit der Gewährung von BErzg verfolgte Erziehungsanreiz bei Ausländern - unabhängig davon, welchen Aufenthaltstitel sie innehaben - nicht weniger zur Geltung kommt als bei Deutschen, solange die Ausländer zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt sind (BVerfGE 111, 176, 185 f, 187 f = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 30, 34). Dies gilt gleichermaßen für die Gewährung von Elterngeld.

103

(3) Die durch § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG bewirkte Benachteiligung von Ausländern mit Aufenthaltstiteln nach § 23 Abs 1 AufenthG wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach §§ 23a, 24, 25 Abs 3 bis 5 AufenthG ist auch nicht als verfassungsrechtlich zulässige Typisierung gerechtfertigt.

104

Zwar liegt ein ausreichender Differenzierungsgrund für eine ansonsten nicht gerechtfertigte gesetzgeberische Benachteiligung in der Typisierung und Generalisierung von Sachverhalten, deren der Gesetzgeber anders nur schwer Herr werden kann (vgl so ausdrücklich das BVerfG Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvR 2515/95 - BVerfGE 111, 176, 188 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 37; vgl auch BVerfG Beschluss vom 4.4.2001 - 2 BvL 7/98 - BVerfGE 103, 310, 319). Dies gilt insbesondere für Massenerscheinungen im Sozialleistungsrecht, also gerade auch im vorliegend relevanten Leistungsbereich (vgl BVerfG Beschluss vom 3.4.1979 - 1 BvL 30/76 - BVerfGE 51, 115, 122 f = SozR 4100 § 112 Nr 10 S 31). Die mit einer Typisierung verbundene Belastung ist aber nur hinzunehmen, wenn die mit ihr verbundenen Härten nicht besonders schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl BVerfG Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvR 2515/95 - BVerfGE 111, 176, 188 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 37).

105

Nach Überzeugung des Senats ist mit der in § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG getroffenen Regelung schon keine Typisierung gelungen. Der Gesetzgeber hat dort nicht typischerweise alle jene Ausländer erfasst, bei denen - trotz ursprünglich nur als temporär konzipierten Aufenthalts (§ 26 AufenthG) - inzwischen eine günstige Daueraufenthaltsprognose gestellt werden kann. Zwar hat der Gesetzgeber insoweit eine konkrete Gruppe von Ausländern mit humanitärem, völkerrechtlich oder politisch veranlasstem Bleiberecht herausgegriffen, für die sich im Hinblick auf ihre aktuelle Anbindung an den Arbeitsmarkt eine entsprechende Bleibeprognose bejahen lässt. Angesichts der geschilderten Sachverhaltskonstellationen existiert daneben jedoch eine ganz beträchtliche Anzahl von Personen, die aufgrund ihrer bislang vorhandenen Nähe zum Arbeitsmarkt oder aufgrund ihrer familiären Situation ebenso voraussichtlich in Deutschland bleiben werden. Der aktuelle Bezug des Antragstellers zum Arbeitsmarkt ist daher zwar ein möglicher, jedoch in jedem Fall ein zu eng begrenzter Faktor, anhand dessen für Ausländer mit humanitären, völkerrechtlichen oder politisch begründeten Aufenthaltstiteln die Prognose eines Daueraufenthalts gestellt werden kann.

106

Im Übrigen wiegt aus Sicht des Senats der mit einer Versagung von Elterngeld verbundene Nachteil schwer. Das BVerfG hat eine entsprechende Bewertung zur Regelung des § 1 Abs 1a Satz 2 BErzGG 1993 getroffen. Es hat insoweit ausgeführt, dass es damals um einen Geldbetrag von bis zu 14.400 DM pro Kind gegangen sei, der im Hinblick darauf, dass die getroffene Regelung nur in geringem Umfang zur Verwaltungsvereinfachung beigetragen habe, durchaus Gewicht gehabt habe (vgl BVerfGE 111, 176, 189 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 38). Dasselbe muss auch für die Regelung des § 1 Abs 7 Nr 3 BEEG gelten. Hier geht es um einen Monatsbetrag von mindestens 300 Euro für in der Regel die ersten zwölf Lebensmonate eines Kindes (vgl § 2 Abs 5 BEEG).

107

Es ist insoweit unzutreffend, wenn im Gesetzgebungsverfahren zum AuslAnsprG - unter Zitierung der Rechtsprechung des BVerfG in Sachen 1 BvL 4/97 ua (BVerfGE 111, 160, 175 = SozR 4-5870 § 1 Nr 1 RdNr 66) zur Verfassungsmäßigkeit begrenzter Zahlungen von Kindergeld an nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer - davon ausgegangen wurde, dass die Vorenthaltung solcher beachtlichen Zahlungen im Wesentlichen Eltern benachteilige, die in den deutschen Arbeitsmarkt integriert gewesen seien, da Eltern, die ausschließlich von Sozialhilfe lebten, nicht betroffen seien (vgl BT-Drucks 16/1368 S 8). Für das Elterngeld gilt diese Annahme nämlich nicht. Anders als das Kindergeld wird das Elterngeld gemäß § 10 Abs 1 BEEG auf Sozialleistungen, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig ist, bis zu einer Höhe von insgesamt 300 Euro im Monat nicht angerechnet, also in dieser Höhe weder auf Alg II noch auf Sozialhilfe(vgl Irmen, in Hambüchen, Elterngeld/Elternzeit/Kindergeld, Stand April 2007, § 10 BEEG RdNr 8), noch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (vgl Irmen, aaO, RdNr 9). Der Ausschluss von Leistungen nach dem BEEG trifft daher alle erziehenden Personen gleichermaßen in beachtlicher Weise. Die durch das gewählte Abgrenzungskriterium des § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG gegenüber einer ausdifferenzierteren Regelung möglicherweise gewonnene Verwaltungsvereinfachung wiegt diese erhebliche Benachteiligung aus Sicht des Senats nicht auf.

108

3. Der Senat sieht keine Möglichkeit, § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG dahin verfassungskonform auszulegen, dass die Klägerin als anspruchsberechtigt angesehen werden könnte.

109

Zwar ist der Begriff der Erwerbstätigkeit mangels gesetzlicher Einschränkung auf versicherungspflichtige Beschäftigungen weit auszulegen, so dass in § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG auch geringfügige Beschäftigungen ("Mini-Jobs") ausreichen(vgl zu einem umfassenden Erwerbstätigkeitsverständnis auch Irmen, aaO, § 1 BEEG RdNr 85). Das Erfordernis einer aktuellen Erwerbstätigkeit lässt sich jedoch jedenfalls dann nicht mehr bejahen, wenn eine Beschäftigung mehrere Monate vor der Geburt des Kindes beendet war.

110

Die Vorschrift selbst ist ausdrücklich im Präsens formuliert; sie verlangt, dass jemand erwerbstätig "ist". Wenn der Senat versuchen wollte, die gewählte Verbform im Sinne von "ist oder gewesen ist" zu interpretieren, um auf diese Weise auch eine früher erfolgte Erwerbstätigkeit in den Anwendungsbereich mit einzubeziehen, müsste er gleichzeitig bestimmen, welche Mindestanforderungen an eine frühere Erwerbstätigkeit zu stellen sind, damit von einer fortwirkenden Integration auf dem Arbeitsmarkt ausgegangen werden kann. Eine nur wenige Tage dauernde Beschäftigung, die möglicherweise Jahre zurückliegt, wird nach der Konzeption des Gesetzes für eine Integration kaum genügen. Eine solche Festlegung liegt jedenfalls in Fällen, die ein Mindestmaß an Aktualität der Erwerbstätigkeit vermissen lassen, außerhalb der Auslegungsbefugnis eines Gerichts. Sie ist vom Gesetzgeber vorzunehmen.

111

Ebenso wenig lassen sich andere Personen, insbesondere der Ehegatte des Antragstellers, in die Regelung des § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG einbeziehen. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschriften müssen die Voraussetzungen des Buchst b von demjenigen nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländer selbst erfüllt werden, um dessen Anspruchsberechtigung es geht. Da in § 1 BEEG an verschiedenen Stellen auf die Situation von Ehegatten abgestellt wird(vgl zB § 1 Abs 2 Satz 2, Abs 3 Satz 1 Nr 2, Abs 4 BEEG), ist nicht davon auszugehen, dass in § 1 Abs 7 BEEG eine unbeabsichtigte Regelungslücke vorliegt, die von den Gerichten geschlossen werden könnte. Zu einer dem Wortlaut und der Regelungsabsicht derart widersprechenden Veränderung des Gesetzes hält sich der Senat nicht für befugt.

112

Zwar führte die ersatzlose Streichung des § 1 Abs 7 Nr 3 Buchst b BEEG nach Auffassung des Senats zu einer verfassungsmäßigen Regelung. Auch dieses Ergebnis lässt sich jedoch nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung erreichen, weil eine derartige Änderung ebenfalls nur der Gesetzgeber vornehmen kann.

(1) Anspruch auf Elterngeld hat, wer

1.
einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
2.
mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3.
dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4.
keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
Bei Mehrlingsgeburten besteht nur ein Anspruch auf Elterngeld.

(2) Anspruch auf Elterngeld hat auch, wer, ohne eine der Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 zu erfüllen,

1.
nach § 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist,
2.
Entwicklungshelfer oder Entwicklungshelferin im Sinne des § 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ist oder als Missionar oder Missionarin der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e. V. oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist oder
3.
die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und nur vorübergehend bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig ist, insbesondere nach den Entsenderichtlinien des Bundes beurlaubte Beamte und Beamtinnen, oder wer vorübergehend eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes zugewiesene Tätigkeit im Ausland wahrnimmt.
Dies gilt auch für mit der nach Satz 1 berechtigten Person in einem Haushalt lebende Ehegatten oder Ehegattinnen.

(3) Anspruch auf Elterngeld hat abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auch, wer

1.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt, das er mit dem Ziel der Annahme als Kind aufgenommen hat,
2.
ein Kind des Ehegatten oder der Ehegattin in seinen Haushalt aufgenommen hat oder
3.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt und die von ihm erklärte Anerkennung der Vaterschaft nach § 1594 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht wirksam oder über die von ihm beantragte Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht entschieden ist.
Für angenommene Kinder und Kinder im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 sind die Vorschriften dieses Gesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass statt des Zeitpunktes der Geburt der Zeitpunkt der Aufnahme des Kindes bei der berechtigten Person maßgeblich ist.

(4) Können die Eltern wegen einer schweren Krankheit, Schwerbehinderung oder Todes der Eltern ihr Kind nicht betreuen, haben Verwandte bis zum dritten Grad und ihre Ehegatten oder Ehegattinnen Anspruch auf Elterngeld, wenn sie die übrigen Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllen und wenn von anderen Berechtigten Elterngeld nicht in Anspruch genommen wird.

(5) Der Anspruch auf Elterngeld bleibt unberührt, wenn die Betreuung und Erziehung des Kindes aus einem wichtigen Grund nicht sofort aufgenommen werden kann oder wenn sie unterbrochen werden muss.

(6) Eine Person ist nicht voll erwerbstätig, wenn ihre Arbeitszeit 32 Wochenstunden im Durchschnitt des Lebensmonats nicht übersteigt, sie eine Beschäftigung zur Berufsbildung ausübt oder sie eine geeignete Tagespflegeperson im Sinne des § 23 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist und nicht mehr als fünf Kinder in Tagespflege betreut.

(7) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin ist nur anspruchsberechtigt, wenn diese Person

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.
Abweichend von Satz 1 Nummer 3 erste Alternative ist ein minderjähriger nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine minderjährige nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin unabhängig von einer Erwerbstätigkeit anspruchsberechtigt.

(8) Ein Anspruch entfällt, wenn die berechtigte Person im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes ein zu versteuerndes Einkommen nach § 2 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes in Höhe von mehr als 250 000 Euro erzielt hat. Erfüllt auch eine andere Person die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder der Absätze 3 oder 4, entfällt abweichend von Satz 1 der Anspruch, wenn die Summe des zu versteuernden Einkommens beider Personen mehr als 300 000 Euro beträgt.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Die Niederlassungserlaubnis ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel. Sie kann nur in den durch dieses Gesetz ausdrücklich zugelassenen Fällen mit einer Nebenbestimmung versehen werden. § 47 bleibt unberührt.

(2) Einem Ausländer ist die Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er seit fünf Jahren die Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
sein Lebensunterhalt gesichert ist,
3.
er mindestens 60 Monate Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet hat oder Aufwendungen für einen Anspruch auf vergleichbare Leistungen einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines Versicherungsunternehmens nachweist; berufliche Ausfallzeiten auf Grund von Kinderbetreuung oder häuslicher Pflege werden entsprechend angerechnet,
4.
Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unter Berücksichtigung der Schwere oder der Art des Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder der vom Ausländer ausgehenden Gefahr unter Berücksichtigung der Dauer des bisherigen Aufenthalts und dem Bestehen von Bindungen im Bundesgebiet nicht entgegenstehen,
5.
ihm die Beschäftigung erlaubt ist, sofern er Arbeitnehmer ist,
6.
er im Besitz der sonstigen für eine dauernde Ausübung seiner Erwerbstätigkeit erforderlichen Erlaubnisse ist,
7.
er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
8.
er über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt und
9.
er über ausreichenden Wohnraum für sich und seine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen verfügt.
Die Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 7 und 8 sind nachgewiesen, wenn ein Integrationskurs erfolgreich abgeschlossen wurde. Von diesen Voraussetzungen wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht erfüllen kann. Im Übrigen kann zur Vermeidung einer Härte von den Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 7 und 8 abgesehen werden. Ferner wird davon abgesehen, wenn der Ausländer sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen kann und er nach § 44 Abs. 3 Nr. 2 keinen Anspruch auf Teilnahme am Integrationskurs hatte oder er nach § 44a Abs. 2 Nr. 3 nicht zur Teilnahme am Integrationskurs verpflichtet war. Darüber hinaus wird von den Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 abgesehen, wenn der Ausländer diese aus den in Satz 3 genannten Gründen nicht erfüllen kann.

(3) Bei Ehegatten, die in ehelicher Lebensgemeinschaft leben, genügt es, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 durch einen Ehegatten erfüllt werden. Von der Voraussetzung nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 wird abgesehen, wenn sich der Ausländer in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder einem Hochschulabschluss führt. Satz 1 gilt in den Fällen des § 26 Abs. 4 entsprechend.

(4) Auf die für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis erforderlichen Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis werden folgende Zeiten angerechnet:

1.
die Zeit des früheren Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis, wenn der Ausländer zum Zeitpunkt seiner Ausreise im Besitz einer Niederlassungserlaubnis war, abzüglich der Zeit der dazwischen liegenden Aufenthalte außerhalb des Bundesgebiets, die zum Erlöschen der Niederlassungserlaubnis führten; angerechnet werden höchstens vier Jahre,
2.
höchstens sechs Monate für jeden Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets, der nicht zum Erlöschen der Aufenthaltserlaubnis führte,
3.
die Zeit eines rechtmäßigen Aufenthalts zum Zweck des Studiums oder der Berufsausbildung im Bundesgebiet zur Hälfte.

Tatbestand

1

I. Der im Jahr 1971 geborene Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist US-amerikanischer Staatsbürger. Er lebt seit seiner frühen Kindheit in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland). Zuletzt war er im Besitz einer im Dezember 1997 erteilten befristeten Aufenthaltserlaubnis nach §§ 15 ff. des Ausländergesetzes (AuslG 1990); zuvor hatte er eine unbefristete und unbeschränkte Arbeitserlaubnis erhalten. Seit dem Jahr 1990 ist er bei einem deutschen Arbeitgeber sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Er wurde vom Finanzamt als unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) behandelt. Nach seiner Heirat im Dezember 1998 mit einer amerikanischen Staatsangehörigen, die zum zivilen Gefolge der US-Streitkräfte gehört, wurde in seinen Reisepass der Stempel "Status of Forces Agreement Identification" (SoFA-Stempel) aufgenommen. Nach einer entsprechenden Aufforderung gab der Kläger seine Aufenthaltserlaubnis zurück.

2

Im Februar 2010 beantragte der Kläger Kindergeld für seine im November 2007 geborene Tochter. Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) lehnte den Antrag ab, weil der Kläger die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 EStG nicht erfülle. Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.

3

Das Finanzgericht (FG) gab der anschließend erhobenen Klage statt (Urteil vom 9. August 2011  3 K 2299/10, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 1365). Es verpflichtete die Familienkasse, Kindergeld ab März 2008 zu gewähren. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, der Kläger sei zwar nicht in Besitz eines der in § 62 Abs. 2 EStG genannten Aufenthaltstitels. Er sei vielmehr aufgrund seiner Eheschließung nach Art. III Abs. 1 des Abkommens zwischen den Parteien des Nordatlantik-Vertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen vom 19. Juni 1951 --NATOTrStat-- (BGBl II 1961, 1190) vom Erfordernis einer Aufenthaltserlaubnis befreit. Der SoFA-Stempel berechtige zwar nicht zu einem dauerhaften Aufenthalt, er sei jedoch im Wege der Analogie einem der zur Erwerbstätigkeit berechtigenden Aufenthaltstitel i.S. des § 62 Abs. 2 EStG gleichzustellen.

4

Zur Begründung der Revision trägt die Familienkasse vor, entgegen der Auffassung des FG könne ein Kindergeldanspruch des Klägers nicht auf eine analoge Anwendung des § 62 Abs. 2 EStG gestützt werden. Das FG habe zur Begründung seiner Entscheidung u.a. das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Juli 2007 III R 55/02 (BFHE 218, 356, BStBl II 2008, 758) herangezogen, das den Kindergeldanspruch von ausländischem Botschaftspersonal betreffe, das vor dem 1. April 1999 eine Tätigkeit als Mitglied des Verwaltungs- oder des technischen Personals oder des dienstlichen Hauspersonals einer Botschaft aufgenommen habe. Bei diesem Personenkreis sei der Aufenthalt in Deutschland typischerweise nicht nur von vorübergehender Natur. Aus Art. III Abs. 1 Satz 2 NATOTrStat ergebe sich, dass der Inhaber eines SoFA-Stempels keinerlei Recht auf ständigen Aufenthalt oder Wohnsitz habe. Ergänzend führe Art. 7 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 --NATOTrStatZAbk-- (BGBl II 1961, 1218) aus, dass Zeiten, die eine Person als Mitglied der Truppe oder des zivilen Gefolges oder als Angehöriger in Deutschland zugebracht habe, u.a. bei der Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen oder für die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit unberücksichtigt zu bleiben hätten. Auch daraus ergebe sich, dass die dem NATOTrStat unterfallenden Personen nur ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Truppe hätten.

5

Die Familienkasse beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

7

Er ist der Ansicht, der Streitfall sei mit dem Fall vergleichbar, über den der BFH im Urteil in BFHE 218, 356, BStBl II 2008, 758 entschieden habe.

8

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entscheidungsgründe

9

II. Die Familienkasse ... der Bundesagentur für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff., Nr. 1 der Anlage 2) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Agentur für Arbeit ... --Familienkasse-- eingetreten (vgl. BFH-Beschluss vom 3. März 2011 V B 17/10, BFH/NV 2011, 1105).

III.

10

Die Revision ist unbegründet und wird deshalb zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zutreffend einen Anspruch des Klägers auf Kindergeld bejaht.

11

1. Der Kläger ist nach § 62 Abs. 1 EStG persönlich anspruchsberechtigt. Nach dieser Vorschrift hat Anspruch auf Kindergeld für Kinder i.S. des § 63 i.V.m. § 32 Abs. 1 EStG, wer im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder wer ohne inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nach § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird. Der Kläger ist vom zuständigen Finanzamt nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt worden und hat während des gesamten streitigen Zeitraums Einkünfte bezogen. Die steuerliche Behandlung durch das Finanzamt ist für die Kindergeldfestsetzung bindend (s. Senatsurteil vom 24. Mai 2012 III R 14/10, BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897). Der Kläger hat somit nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG einen Anspruch auf Kindergeld. Es kann offen bleiben, ob er darüber hinaus nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG anspruchsberechtigt war, falls ein inländischer Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung --AO--) trotz Art. X Abs. 1 Satz 1 NATOTrStat i.V.m. Art. 68 Abs. 4 NATOTrStatZAbk zu bejahen sein sollte.

12

2. Auch nach § 62 Abs. 2 EStG ist der Kläger anspruchsberechtigt, obwohl er über keinen der in der Vorschrift genannten Aufenthaltstitel verfügt.

13

a) Der Kläger war bis zu seiner Eheschließung im Besitz einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach §§ 15 ff. AuslG 1990, die gemäß § 101 Abs. 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) als Aufenthaltserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt als Aufenthaltstitel nach dem AufenthG fortgegolten hätte. Der vom FG festgestellte Sachverhalt erlaubt zwar keine exakte Zuordnung der Aufenthaltserlaubnis nach dem AuslG 1990 zu einem aufenthaltsrechtlichen Titel nach dem AufenthG. Jedoch entspricht die Aufenthaltserlaubnis des Klägers nach dem AuslG 1990 zumindest der in § 62 Abs. 2 Nr. 2 EStG genannten Aufenthaltserlaubnis nach § 7 AufenthG, die in Verbindung mit der --hier vorliegenden-- Berechtigung zur Erwerbstätigkeit einen Anspruch auf Kindergeld verschafft. Ein Ausnahmetatbestand nach § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a und b EStG, der einen Kindergeldanspruch bei bestimmten Aufenthaltserlaubnissen ausschließt, lag offensichtlich nicht vor.

14

b) Aufgrund seiner Eheschließung mit einer Angehörigen des zivilen Gefolges der US-Truppen im Dezember 1998 verlor der Kläger seinen vorherigen ausländerrechtlichen Status. Ein- und Ausreise sowie Aufenthalt im Bundesgebiet richteten sich fortan nicht mehr nach dem Ausländerrecht, sondern nach dem NATOTrStat. Zwar ist den hiervon erfassten Personen die jederzeitige Ein- und Ausreise erlaubt, zu einem dauerhaften Aufenthalt im Gebiet des Aufnahmestaates sind sie damit jedoch nicht berechtigt (Art. III Abs. 1 Satz 2 NATOTrStat). Mitglieder der NATO-Truppe oder des zivilen Gefolges können somit grundsätzlich nicht Ausländern gleichgestellt werden, die im Besitz eines Aufenthaltstitels sind, der --ggf. in Kombination mit einer Erwerbstätigkeit oder der Berechtigung hierzu-- einen Aufenthalt von gewisser Dauer typisiert und deshalb in § 62 Abs. 2 EStG aufgeführt ist (s. Urteil des Hessischen FG vom 6. Juni 2002  3 K 5708/00, EFG 2002, 1313; Helmke in Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Kommentar, Fach A, I. Kommentierung, § 62 Rz 54).

15

c) Gleichwohl ist es gerechtfertigt, den Kläger im Wege einer analogen Anwendung des § 62 Abs. 2 EStG so zu behandeln, als sei er im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach dem AuslG 1990 geblieben, die der in § 62 Abs. 2 Nr. 2 EStG genannten Aufenthaltserlaubnis nach dem AufenthG entspricht.

16

aa) Eine Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit voraus. Eine Gesetzeslücke liegt vor, wenn eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig ist und wenn ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht (z.B. Senatsurteil in BFHE 218, 356, BStBl II 2008, 758).

17

bb) Nach der Senatsentscheidung in BFHE 218, 356, BStBl II 2008, 758 widerspräche es dem Zweck der Kindergeldregelung, wenn ausländische Staatsangehörige, die sich rechtmäßig in Deutschland aufhalten, voraussichtlich dauerhaft in Deutschland einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen, die in das Sozialversicherungssystem eingegliedert und einkommensteuerpflichtig sind, vom Kindergeld ausgeschlossen würden, weil sie für ihren rechtmäßigen Aufenthalt kraft gesetzlicher Regelung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit sind und deshalb keinen Aufenthaltstitel erhalten.

18

cc) Dieser Grundsatz trifft auch auf den Streitfall zu. Der Kläger verlor nur aufgrund seiner Eheschließung einen Aufenthaltstitel, der zum Bezug von Kindergeld berechtigt hätte. Würde er nicht mehr dem NATOTrStat unterliegen --z.B. nach einem Arbeitgeberwechsel seiner Ehefrau-- so hätte er wieder Anspruch auf einen zum Daueraufenthalt berechtigenden Titel, der ihm einen Anspruch auf Kindergeld verschaffen würde. Zwar hat der Senat entschieden, dass es für die Anspruchsberechtigung nach § 62 Abs. 2 EStG nicht darauf ankommt, ob eine Person einen Anspruch auf einen in der Vorschrift genannten Aufenthaltstitel hat; entscheidend ist vielmehr der "Besitz" eines derartigen Titels (BFH-Urteil vom 28. April 2010 III R 1/08, BFHE 229, 262, BStBl II 2010, 980, m.w.N.). Von diesem Grundsatz ist allerdings jedenfalls dann eine Ausnahme zu machen, wenn ein Ausländer nur deshalb einen zum Bezug von Kindergeld berechtigenden Aufenthaltstitel verloren hat, weil er nach seiner Eheschließung nicht mehr dem Ausländerrecht, sondern dem NATOTrStat unterliegt.

19

3. Der Kindergeldanspruch des Klägers ist auch nicht nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 NATOTrStatZAbk ausgeschlossen.

20

a) Nach dieser Vorschrift werden --sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist-- zwischenstaatliche Abkommen oder andere im Bundesgebiet geltende Bestimmungen über soziale Sicherheit und Fürsorge auf Mitglieder einer Truppe, eines zivilen Gefolges und auf Angehörige nicht angewendet. Es handelt sich um eine Regel des zwischenstaatlichen Rechts, die nach § 2 Abs. 1 AO dem innerstaatlichen Recht grundsätzlich vorgeht. Das nach §§ 62 ff. EStG zu gewährende Kindergeld gehört zu den Bestimmungen über soziale Sicherheit und Fürsorge (s. Urteil des Bundessozialgerichts --BSG-- vom 2. Oktober 1997  14/10 RKg 12/96, Sozialrecht --SozR-- 3-6180 Art. 13 Nr. 8, zum Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz 1990; Seewald in Seewald/Felix, Kindergeldrecht, EStG § 62 Rz 148).

21

b) Der Regelungsgehalt des Art. 13 Abs. 1 Satz 1 NATOTrStatZAbk ist allerdings begrenzt. Die Vorschrift lässt zu, innerstaatliche Bestimmungen über soziale Sicherheit und Fürsorge auf Mitglieder der Streitkräfte und auf deren Angehörige anzuwenden, wenn dabei an außerhalb dieses Status liegende zusätzliche Umstände angeknüpft wird, durch die ein Bezug zu den Systemen Sozialer Sicherheit und Fürsorge in Deutschland hergestellt wird (BSG-Urteile vom 15. Dezember 1992  10 RKg 22/91, SozR 3-6180 Art. 13 Nr. 3, und vom 18. Juli 1989  10 RKg 21/88, SozR 6180 Art. 13 Nr. 6). Hiernach gibt es keinen Grund, rechtliche Beziehungen zur deutschen Sozialversicherung, die außerhalb der Mitgliedschaft zu den Streitkräften oder ihrem zivilen Gefolge begründet worden sind, nur deshalb zu beschneiden, weil es sich gleichzeitig um Mitglieder der NATO-Streitkräfte, des zivilen Gefolges oder um Angehörige handelt (BSG-Urteil in SozR 3-6180 Art. 13 Nr. 8).

22

c) Im Streitfall hatte der Kläger, der als nichtselbständig Beschäftigter sozialversicherungspflichtig ist, rechtliche Beziehungen zur deutschen Sozialversicherung, die außerhalb seiner Eigenschaft als Ehemann einer Angehörigen des zivilen Gefolges der US-Streitkräfte begründet waren. Seinem Kindergeldanspruch steht somit Art. 13 Abs. 1 Satz 1 NATOTrStatZAbk nicht entgegen.

(1) Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein.

(2) Realsteuern sind die Grundsteuer und die Gewerbesteuer.

(3) Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind Steuern im Sinne dieses Gesetzes. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1, L 287, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(4) Steuerliche Nebenleistungen sind

1.
Verzögerungsgelder nach § 146 Absatz 2c,
2.
Verspätungszuschläge nach § 152,
3.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 und 4a,
3a.
Mitwirkungsverzögerungsgelder nach § 200a Absatz 2 und Zuschläge zum Mitwirkungsverzögerungsgeld nach § 200a Absatz 3,
4.
Zinsen nach den §§ 233 bis 237 sowie Zinsen nach den Steuergesetzen, auf die die §§ 238 und 239 anzuwenden sind, sowie Zinsen, die über die §§ 233 bis 237 und die Steuergesetze hinaus nach dem Recht der Europäischen Union auf zu erstattende Steuern zu leisten sind,
5.
Säumniszuschläge nach § 240,
6.
Zwangsgelder nach § 329,
7.
Kosten nach den §§ 89, 89a Absatz 7 sowie den §§ 178 und 337 bis 345,
8.
Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union,
9.
Verspätungsgelder nach § 22a Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes und
10.
Kosten nach § 10 Absatz 5 und § 11 Absatz 7 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes.

(5) Das Aufkommen der Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union steht dem Bund zu. Das Aufkommen der übrigen Zinsen steht den jeweils steuerberechtigten Körperschaften zu. Das Aufkommen der Kosten im Sinne des § 89 steht jeweils der Körperschaft zu, deren Behörde für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist. Das Aufkommen der Kosten im Sinne des § 89a Absatz 7 steht dem Bund und dem jeweils betroffenen Land je zur Hälfte zu. Das Aufkommen der Kosten nach § 10 Absatz 5 und § 11 Absatz 7 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes steht dem Bund zu. Die übrigen steuerlichen Nebenleistungen fließen den verwaltenden Körperschaften zu.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. April 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des Elterngelds nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).

2

Die Klägerin hat ihren Wohnsitz in Freising und ist seit 2004 Bedienstete des Europäischen Patentamts in München, seit 2006 Beamtin auf Lebenszeit. Als solche ist sie von der Zahlung der deutschen Einkommensteuer sowie von Pflichtbeiträgen zur deutschen Sozialversicherung befreit. Stattdessen entrichtet sie eine interne Steuer an das Europäische Patentamt und leistet Beiträge zu dessen eigenem System der Altersversorgung sowie dessen Kranken-, Todesfall-, Invaliditäts- und Pflegeversicherung.

3

Am 15.9.2008 wurde ihre Tochter Lara geboren. Der beklagte Freistaat lehnte es ab, der Klägerin für den sechsten bis zwölften Lebensmonat ihres Kindes Elterngeld zu gewähren. Bedienstete des Europäischen Patentamts hätten grundsätzlich keinen Anspruch auf Elterngeld, da sie einem eigenständigen Sozialsystem angehörten. Sie seien deshalb von der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit und damit auch über das Elterngeld ausgenommen (Bescheid vom 2.2.2009; Widerspruchsbescheid vom 13.3.2009).

4

Auf ihre dagegen erhobene Klage hat das SG München den Beklagten antragsgemäß unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin auf der Grundlage ihrer Bezüge als Beamtin des Europäischen Patentamts Elterngeld für den sechsten Lebensmonat in Höhe von 1671,43 Euro und für den siebten bis zwölften Lebensmonat in Höhe von je 1800 Euro monatlich zu gewähren (Urteil vom 21.4.2010). Art 18 des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der europäischen Patentorganisation (PPI - vom 5.10.1973, BGB II 1976, 649, 985) schließe einen Anspruch auf Elterngeld für Bedienstete des Patentamts nicht aus, sondern nur durch Pflichtbeiträge finanzierte Leistungen. Für die Berechnung des Elterngeldanspruchs seien nach § 2 Abs 1 BEEG auch die Bezüge der Klägerin als Beamtin des Europäischen Patentamts zugrunde zu legen. Diese seien nicht als steuerfrei anzusehen, weil sie zwar nicht dem deutschen Einkommensteuergesetz (EStG) unterlägen, aber vom Europäischen Patentamt intern besteuert würden.

5

Das Bayerische LSG hat den Beklagten unter Abänderung des SG-Urteils verpflichtet, der Klägerin für den sechsten bis zwölften Lebensmonat Elterngeld in Höhe von 300 Euro monatlich zu gewähren und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen (Urteil vom 10.4.2013). Der Klägerin stehe Elterngeld zu, allerdings nur in Höhe des gesetzlichen Mindestbetrags von 300 Euro. Ihre Bezüge als Beamtin des Europäischen Patentamts seien bei der Elterngeldberechnung nicht zu berücksichtigen, weil es sich nicht um in Deutschland steuerpflichtiges Einkommen iS von § 2 Abs 1 BEEG handele. Wie die zum 1.1.2011 in Kraft getretene Einfügung der Wörter "im Inland zu versteuernden" in § 2 Abs 1 S 2 BEEG bestätige, müssten nach dem Willen des Gesetzgebers steuerfreie Einnahmen bei der Ermittlung des für das Elterngeld maßgeblichen Einkommens aus nicht selbstständiger Tätigkeit unberücksichtigt zu bleiben.

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 2 Abs 1 S 2 BEEG, der sich in seiner ursprünglichen, für ihren Fall geltenden Fassung keine die Steuerpflicht umfassende Anknüpfung an das EStG entnehmen lasse. Erst spätere Änderungen des BEEG hätten eine entsprechende Bestimmung eingefügt, die das Urteil unzulässig rückwirkend anwende. Zudem beruhe die Steuerbefreiung der Dienstbezüge nicht auf Regelungen des deutschen Einkommensteuerrechts, sondern auf dem PPI als völkerrechtlichen Vertrag. Diese steuerrechtliche Befreiung diene der Gewährleistung einer effektiver Erfüllung der Aufgaben der internationalen Organisationen. Die Grundsätze der Völkerrechtsfreundlichkeit sowie von Treu und Glauben schlössen es aus, an den Verzicht auf die nationale Besteuerung von Bezügen der Bediensteten des Europäischen Patentamts Rechtsnachteile bei der Inanspruchnahme des BEEG zu knüpfen.

7

Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. April 2013 aufzuheben und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Zur Begründung beruft er sich auf das angefochtene Urteil des LSG, das er für zutreffend hält.

Entscheidungsgründe

10

Die vom LSG zugelassene und von der Klägerin frist- und formgemäß eingelegte Revision ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht das in vollem Umfang stattgebende Urteil des SG teilweise abgeändert und der Klägerin für den sechsten bis zwölften Lebensmonat Elterngeld nur noch in Höhe des gesetzlichen Mindestbetrags von 300 Euro zugesprochen. Die Klägerin hat dem Grunde nach Anspruch auf Elterngeld (1.) allerdings trotz ihres im Bemessungszeitraum erzielten Einkommens nur in Höhe des Mindestelterngelds von 300 Euro (2.). Dies widerspricht weder Regelungen des Völkerrechts, des Europarechts noch dem GG (3.).

11

1. Nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG erfüllte die Klägerin im Anspruchszeitraum die Grundvoraussetzungen des Elterngeldanspruchs nach § 1 Abs 1 BEEG, weil sie ihren Wohnsitz in Deutschland hatte, mit ihrer Tochter in einem Haushalt lebte, diese selbst betreute und erzog und keine volle Erwerbstätigkeit ausübte.

12

Der Status der Klägerin als Beamtin des Europäischen Patentamts steht einem Elterngeldanspruch nach deutschem Recht dem Grunde nach ebenfalls nicht entgegen. Wie die Instanzgerichte zutreffend geurteilt haben, ergibt sich dies aus der Kollisionsnorm des § 1 BEEG. Sie definiert den persönlichen Anwendungsbereich des BEEG im Verhältnis zur autonomen Rechtsordnung des Europäischen Patentamts, ohne eine Elterngeldzahlung an Bedienstete des Europäischen Patentamts grundsätzlich auszuschließen. An dieser für § 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) entwickelten Rechtsansicht(BSG SozR 3-7833 § 1 Nr 5) hält der Senat für das Elterngeldrecht fest. Eine dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt des § 30 Abs 2 SGB I genügende Spezialregelung des internationalen Rechts, die eine Anwendung des BEEG auf die Klägerin verhindern würde, ist nicht ersichtlich. Insbesondere stellt Art 18 PPI keine solche Regelung dar. Die Vorschrift schließt Bedienstete des Europäischen Patentamts nur hinsichtlich derjenigen Systeme der sozialen Sicherheit von der Anwendung nationalen Rechts aus, die durch Pflichtbeiträge finanziert werden. Dazu gehört das Elterngeld ebenso wenig wie vor ihm das Erziehungsgeld (vgl BSG aaO).

13

2. Der Beklagte hat den Bemessungszeitraum gemäß § 2 Abs 1 S 1 BEEG in Gestalt der zwölf Monate vor dem Monat der Geburt der Tochter der Klägerin zutreffend bestimmt und das Elterngeld zu Recht auf dem Mindestelterngeldbetrag von 300 Euro nach § 2 Abs 5 S 1 BEEG festgesetzt. Obwohl die Klägerin im Bemessungszeitraum auch Einkommen aus ihrer Tätigkeit als Beamtin des Europäischen Patentamts erzielt hat, zählen diese steuerfreien Einkünfte nicht zur Bemessungsgrundlage des Elterngelds. Dies folgt aus Wortlaut und Systematik (a) sowie der Entstehungsgeschichte des BEEG in Zusammenschau mit derjenigen des BErzGG (b).

14

(a) Wie das LSG zutreffend angenommen hat, handelt es sich bei den Bezügen der Klägerin als Beamtin des Europäischen Patentamts nicht um berücksichtigungsfähiges Einkommen nach § 2 Abs 1 S 2 BEEG(in der hier anwendbaren Fassung vom 5.12.2006), weil diese Bezüge nach Art 16 Abs 1 S 2 PPI von der deutschen Einkommensteuer befreit sind, in die Elterngeldberechnung aber nur Einkünfte einfließen, die dieser Steuer unterliegen (vgl BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 3 und Nr 16 stRspr).

15

Nach § 2 Abs 1 S 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich gezahlt. Nach Satz 2 der Vorschrift ist als Einkommen aus Erwerbstätigkeit die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger und nicht selbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe von § 2 Abs 7 bis 9 BEEG zu berücksichtigen. Die in § 2 Abs 1 S 2 BEEG verwendete Formulierung "Einkünfte … im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 des Einkommensteuergesetzes" verweist nicht ausschließlich auf die dort genannten Einkunftsarten, sondern umfassend auf die nach steuerrechtlichen Bestimmungen ermittelten Einkünfte(vgl BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 16 RdNr 15 mwN; vgl BT-Drucks 16/2785, S 37). Für diese Ermittlung definiert § 2 EStG als Zentralvorschrift des Einkommensteuerrechts das Objekt der Einkommensteuer(vgl Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl 2010, § 9 RdNr 40 mwN). Die von der Vorschrift genannte "Summe der Einkünfte" bildet dabei den rechnerischen Ausgangswert, um nach Abzug der erwerbs- und der existenzsichernden Aufwendungen die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer nach § 2 Abs 5 EStG festzulegen(vgl im Einzelnen BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 21 mwN). Mit Einkünften meint § 2 Abs 1 EStG daher von vornherein nur solche Einnahmen, die überhaupt der Einkommensteuer unterliegen, wie § 2 Abs 1 S 1 EStG ausdrücklich bestimmt(so schon LSG NRW Urteil vom 26.9.2008 - L 13 EG 27/08). Gemeint ist damit die deutsche Einkommensteuer, die allein das EStG regelt. Nicht der (deutschen) Einkommensteuer unterliegende Einnahmen bleiben damit auch für die Elterngeldbemessung generell außer Betracht (vgl Oyda, NZS 2010, S 194 ff). Aus diesem Grund umfasst der Begriff der Summe der positiven Einkünfte nach § 2 Abs 1 S 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 EStG nach der ständigen Rechtsprechung des Senats von vornherein keine nach § 3 EStG steuerfreien Beträge wie Beiträge zu einer Pensionskasse(BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 3), Streik- (BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 7), Insolvenz- (BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 19) oder Krankengeld (BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 8) oder nach § 3b EStG steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit(BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 16). Dies entspricht im Übrigen der Rechtslage im BErzGG (vgl BSG SozR 3-7833 § 6 Nr 12 für steuerfreie Kindergeldzahlungen).

16

Für die Bezüge der Klägerin als Beamtin des Europäischen Patentamts kann wegen der steuerrechtlichen Systematik, auf die das BEEG umfassend verweist, nichts anderes als für die aufgezählten, nach den Regelungen des EStG steuerfreien Einkünfte gelten. Denn mit diesen Bezügen wird die Klägerin ebenfalls nicht zur Zahlung der deutschen Einkommensteuer herangezogen (aa); sie sind wie die nach § 3 EStG steuerfreien Einkünfte von vornherein nicht Objekt der Besteuerung durch den deutschen Fiskus, gehören deshalb nicht zu den Einkünften nach § 2 Abs 1 EStG und damit auch nicht zur auf Basis dieser Einkünfte gebildeten Bemessungsgrundlage des Elterngelds (bb).

17

(aa) Nach Art 16 Abs 1 S 1 iVm S 2 PPI sind die vom Europäischen Patentamt an seine Beamten wie die Klägerin gezahlten Gehälter und Bezüge von der Einkommensteuer des Aufenthaltsstaats befreit, um unter allen Umständen die ungehinderte Tätigkeit des Europäischen Patentamts zu gewährleisten (vgl Art 19 Abs 1 S 2 PPI). Anders als das SG gemeint hat, macht diese Besteuerung durch einen anderen Hoheitsträger als den deutschen Fiskus die Bezüge der Klägerin aber nicht zu steuerpflichtigen Einkünften iS von § 2 Abs 1 EStG, die allein in die Bemessungsgrundlage des Elterngelds einfließen. Denn die Vorschrift des § 2 EStG und die von ihr vorausgesetzte inländische Einkommensteuerpflicht wird von Art 16 PPI als vorrangiger Norm des Völkerrechts vollständig verdrängt. Nach § 2 Abs 1 Abgabenordnung (AO) gehen Verträge mit anderen Staaten iS des Art 59 Abs 2 S 1 GG über die Besteuerung, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, den deutschen Steuergesetzen vor. Darunter fällt auch das PPI. Das Protokoll bildet nach Art 8 und Art 164 Abs 1 des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente vom 5.10.1973 (BGBl II 1976, 649, 826) einen Bestandteil des Übereinkommens. Es ist daher durch Art I Nr 3 des Gesetzes vom 21.6.1976 (BGBl II 1976, 649) unmittelbar innerstaatliches Recht geworden und am 7.10.1977 in Kraft getreten (vgl die Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Europäischen Patentübereinkommens vom 9.9.1977, BGBl II 1977, 792 und Beschluss des BVerfG vom 10.3.1971 - 2 BvL 3/68, BVerfGE 30, 272 = BStBl II 1973, 431). Das PPI löst damit die Kollision zwischen der Steuerhoheit des deutschen Staates und derjenigen des Europäischen Patentamts als zwischenstaatlicher Organisation (vgl allgemein Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl 2010, § 2 RdNr 40 ff) in der Art eines Doppelbesteuerungsabkommens (vgl BFH Urteil vom 27.9.1990 - I R 104/89 -, BFH/NV 1991, 729) zu Gunsten des Europäischen Patentamts auf. Es stellt zu diesem Zweck die Bezüge seiner Beamten von der staatlichen Besteuerung frei und beschränkt dadurch die Geltung des § 2 Abs 1 EStG, dem es als speziellere Norm vorgeht(vgl § 2 AO sowie Lang in Tipke/Lang aaO).

18

(bb) Anders als die Klägerin meint, ist die bisherige Rechtsprechung des Senats nicht so zu verstehen, dass lediglich solche steuerfreien Einkünfte bei der Bemessung des Elterngelds unberücksichtigt bleiben, die eine materielle Ausnahmevorschrift des EStG von der Besteuerung ausnimmt. Zum einen ist die Steuerbefreiung in Art 18 PPI funktionell den Regelungen von § 3 EStG vergleichbar(vgl BFHE 186, 410). Darüber hinaus spielt es nach Wortlaut und Systematik von § 2 Abs 1 EStG ohnehin keine Rolle, aufgrund welcher Vorschrift bestimmte oder alle Einkünfte eines Steuerpflichtigen nicht zur Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer zählen. Entscheidend ist, dass solche Einkünfte aufgrund gesetzlicher Anordnung, die sich im Fall der Klägerin aus dem in deutsches Recht transformierten PPI ergibt, von vornherein nicht bei den steuerpflichtigen Einkünften iS von § 2 Abs 1 EStG angesetzt werden(vgl allgemein BFHE 104, 345; speziell zum PPI BFHE 162, 284). Als Konsequenz können die steuerfreien Einkünfte der Klägerin dann auch nicht in die Bemessungsgrundlage des Elterngelds fallen, die auf der Basis der Summe der dem EStG unterliegenden Einkünfte nach § 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 EStG zu ermitteln sind(vgl BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 3 und 16).

19

Obwohl demnach das gesamte vorgeburtliche Einkommen der Klägerin bei der Ermittlung des Elterngelds unberücksichtigt bleiben und sie sich mit dem Mindestelterngeld nach § 2 Abs 5 S 1 BEEG von 300 Euro begnügen muss, lässt sich dieses Ergebnis der Auslegung nach Wortlaut und Systematik nicht im Wege einer teleologischen Reduktion korrigieren (vgl zu den Voraussetzungen einer solchen Korrektur des Gesetzeswortlauts allgemein BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 2 RdNr 30 ff mwN). Für eine solche berichtigende Auslegung fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten für eine dem beschriebenen Wortlaut und der dargelegten Systematik entgegenstehende Regelungsabsicht des Gesetzgebers.

20

(b) Wie die Gesetzgebungsmaterialien zeigen, war sich der Gesetzgeber von Anfang an darüber im Klaren, mit dem Verweis auf den steuerrechtlichen Einkommensbegriff steuerfreie Einnahmen von der Elterngeldbemessung auszunehmen (vgl BT-Drucks 16/2785, S 37 sowie im Einzelnen BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 3). Mag er dabei zunächst vor allem steuerfreie Einmalzahlungen wie das Weihnachts- oder das Urlaubsgeld im Auge gehabt haben, so hat der Gesetzgeber den Ausschluss steuerfreier Einkünfte gleichwohl umfassend geregelt, unabhängig von den Gründen und der normativen Grundlage der Steuerfreiheit.

21

Für die Absicht des Gesetzgebers, auch solche Einkünfte nicht in die Bemessungsgrundlage des Elterngelds fallen zu lassen, die wegen der Besteuerung durch einen anderen Hoheitsträger nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen, spricht zudem maßgeblich die Entstehungsgeschichte des BEEG in der Zusammenschau mit seiner Vorläuferregelung, dem BErzGG. Aus dieser Vorläuferregelung hat der Gesetzgeber den Einkommensbegriff im Kern, hinsichtlich der hier ausschlaggebenden Bestimmung der maßgeblichen Einkünfte, übernommen. Nach § 6 Abs 1 S 1 BErzGG(in der ursprünglichen Fassung vom 6.12.1985) bildete im Erziehungsgeldrecht den Ausgangspunkt für die Ermittlung des relevanten Einkommens ebenfalls die (nicht um Verluste in einzelnen Einkommensarten zu vermindernde) Summe der positiven Einkünfte iS des § 2 Abs 1 und 2 EStG(vgl Rausch in Hambüchen, BErzGG, 8. Ergänzungslieferung 1993, § 6 RdNr 12). § 6 BErzGG wiederum war an die Regelung des § 11 Bundeskindergeldgesetz aF angelehnt, der zur Bestimmung des Jahreseinkommens gleichfalls auf die positiven Einkünfte iS von § 2 Abs 1 und 2 EStG abstellte. Der Gesetzgeber ging bei der Schaffung von § 6 BErzGG davon aus, die für die Zahlung des Erziehungsgelds zuständige Behörde würde bereits vorher für die Berechnung des Kindergeldes entsprechende Einkommensprüfungen vorzunehmen haben, die zur Verwaltungsvereinfachung übernommen werden könnten(Wiegand, BErzGG, 9. Aufl 2002, § 6 RdNr 2 unter Hinweis auf BT-Drucks 10/3792, S 17). Nach der ursprünglichen Konzeption des Gesetzgebers sollten die Erziehungsgeldstellen daher die bei der Besteuerung festgestellten Sachverhalte in wesentlichen Teilen insbesondere aus den Steuerbescheiden der Antragsteller übernehmen können (vgl heute § 2c Abs 2 BEEG). Dies schloss die Berücksichtigung solcher Einkünfte aus, die nicht nach dem EStG, sondern nach ausländischem Recht besteuert wurden oder - wie die Bezüge von mit der Klägerin vergleichbaren EG-Beamten (vgl Finanzgericht München EFG 2013, 446) - von der staatlichen Besteuerung ganz ausgenommen waren und daher in den Steuerbescheiden der Antragsteller nicht aufgeführt waren. Solche steuerfreien Einkünfte blieben daher für die Bestimmung des maßgeblichen Einkommens im Erziehungsgeldrecht zunächst ganz außer Betracht, obwohl sie die objektive Leistungsfähigkeit, anhand derer der Gesetzgeber den Erziehungsgeldanspruch begrenzen wollte, genauso mitprägten wie in Deutschland besteuerte Einkünfte (vgl Rausch in Hambüchen, BErzGG, 8. Ergänzungslieferung 1993, § 6 RdNr 58; Zmarzlik/Zipperer/Viethen, BErzGG 92, § 6 RdNr 3; BT-Drucks 12/1495, S 14). Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes und anderer Vorschriften vom 6.12.1991 (BGBl I 2142) hat der Gesetzgeber deshalb den Begriff des Einkommens im Erziehungsgeldrecht über die Summe der positiven Einkünfte iS von § 2 EStG hinaus erweitert. Damit wollte er bei der Bestimmung des maßgeblichen anspruchsbegrenzenden Einkommens gerade auch solche Einkünfte erfassen, die nicht der deutschen Einkommensteuer unterlagen (vgl Rausch aaO RdNr 59; BT-Drucks 12/1495, S 14). § 6 Abs 5 BErzGG ordnete daher zuletzt(idF vom 27.12.2004) an, bei Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit, die allein nach ausländischem Steuerrecht zu versteuern waren oder keiner staatlichen Besteuerung unterlagen, von dem um den Arbeitnehmer-Pauschbetrag gemäß § 9a S 1 Nr 1 EStG verminderten Bruttobetrag auszugehen.

22

Obwohl sich diese Problematik der Berücksichtigung ausländischer Einkünfte wegen des, wie gezeigt, im wesentlichen Kern identischen Begriffs der Summe der positiven Einkünfte im BEEG in gleicher Weise stellt, hat der Gesetzgeber im BEEG darauf verzichtet, den Einkommensbegriff über die der Besteuerung nach dem EStG unterliegenden Einkünfte hinaus zu erweitern. Damit hat er steuerfreie Einkünfte wie die Bezüge der Klägerin von Anfang an - anders als zuletzt im Erziehungsgeldrecht - von der Elterngeldbemessung ausgenommen. Grund dafür dürfte die Absicht gewesen sein, das Leistungsvolumen des Elterngelds zu begrenzen. Im Erziehungsgeldrecht begrenzte der Einkommensbegriff Leistungsansprüche, weil es sich um eine bedürftigkeitsabhängige Sozialleistung handelte. Sie entfielen, wenn der Anspruchsteller eine gewisse, durch sein Einkommen beschriebene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erreichte und daher mangels Bedürftigkeit nicht mehr auf staatliche Transferleistungen angewiesen war. Demgegenüber hat der Einkommensbegriff im BEEG umgekehrt gerade die Funktion, Leistungsansprüche zu begründen. Denn das Elterngeld gleicht das Absinken des individuellen vorgeburtlichen Einkommens jedenfalls - bis zu gewissen Höchstbeträgen - in Höhe der gesetzlich festgelegten Ersatzquote aus, unabhängig von der persönlichen Bedürftigkeit. Die beschriebene Erweiterung des Einkommensbegriffs im Erziehungsgeldrecht auf steuerfreie Einkünfte diente der Anspruchsbeschränkung. Ihre Übernahme in das BEEG hätte dagegen das Anspruchsvolumen wegen der anspruchsbegründenden Funktion des Einkommensbegriffs im Elterngeldrecht im Gegensatz zum Erziehungsgeldrecht umgekehrt gerade ausgeweitet. Der Senat geht davon aus, dass dem Gesetzgeber dieser Zusammenhang nicht entgangen ist. Er dürfte daher bewusst alle steuerfreien Einkünfte vom Einkommensbegriff ausgenommen haben, um den Leistungsumfang des Elterngelds zu beschränken.

23

Im Übrigen bestätigt die weitere Gesetzesentwicklung die beschriebene Regelungsabsicht. Mit Gesetz vom 9.12.2010 (BGBl I 1885) hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.1.2011 in § 2 Abs 1 S 2 BEEG nach dem Wort "positiven" die Wörter "im Inland zu versteuernden" (Einkünfte) eingefügt(vgl Art 14 Nr 2, BGBl aaO, 1895). Damit nimmt der Gesetzgeber es ausdrücklich in Kauf, dass sämtliche Einkünfte eines Elterngeldberechtigten vor der Geburt bei der Bemessung des Elterngelds unberücksichtigt bleiben, weil es sich dabei um im Inland nicht zu versteuernde Einkünfte handelt. Diese Einfügung hat das BEEG dabei nach Ansicht des Senats nicht substantiell geändert, sondern lediglich die dargelegten Folgen der von Anfang an im Gesetz geregelten Elterngeldbemessung nach steuerrechtlichen Grundsätzen klargestellt und bestätigt. Denn wie die Gesetzesbegründung zutreffend ausführt, stellen nicht nach deutschem Recht zu versteuernde oder überhaupt keiner staatlichen Besteuerung unterliegenden Einnahmen keine Einkünfte nach § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 EStG dar(BR-Drucks 532/10, S 62 zu Art 13, zu Nr 1, zu Buchst a). Diese Rechtsfolge ergibt sich, wie ausgeführt, bereits ohne die neu in das Gesetz eingefügte Wendung zwingend aus der vom BEEG in Bezug genommenen steuerrechtlichen Begrifflichkeit.

24

3. Entgegen der Ansicht der Klägerin verstößt die vom Senat gefundene Auslegung von § 2 BEEG weder gegen den Grundsatz völkerrechtsfreundlicher Auslegung (a), noch gegen Europarecht (b) oder das GG (c).

25

(a) Auf eine bestimmte, ihr günstige Auslegung des Art 16 PPI kann sich die Klägerin schon deshalb nicht berufen, weil nach Art 19 PPI die darin vorgesehenen Vorrechte und Immunitäten nicht dazu bestimmt sind, den Bediensteten des Europäischen Patentamts persönliche Vorteile zu verschaffen. Vielmehr zielen steuerliche Privilegien der Bediensteten internationaler Organisationen zum einen darauf ab zu vermeiden, dass dem steuerberechtigten Staat durch die Besteuerung ein Druckmittel gegen die betroffenen Personen und damit auch gegen die Organisation in die Hand gegeben werden könnte. Zum anderen soll die Steuerbefreiung eine unterschiedliche Besteuerung der Gehälter je nach steuerberechtigtem Staat und damit unterschiedliche Nettolöhne der Bediensteten vermeiden (BFHE 186, 410 mwN). Mit diesen Zielen steht die Frage, in welcher Höhe die Klägerin vom deutschen Staat Elterngeld beanspruchen kann, ersichtlich in keinem Zusammenhang.

26

(b) Aus europäischem Recht, insbesondere aus Art 5 der Verordnung EG 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit sowie aus dem Grundrecht der Arbeitnehmerfreizügigkeit, kann die Klägerin für sich ebenfalls nichts Anderes herleiten. Das Europäische Patentamt fällt als internationale Organisation nicht in den Anwendungsbereich dieser und vergleichbarer Koordinierungsvorschriften für die Europäische Gemeinschaft. Ebenso wenig liegt in Bezug auf die Klägerin ein Sachverhalt vor, der mehr als einen Mitgliedstaat der Gemeinschaft und damit die Grundfreiheiten des Gemeinschaftsrechts berührt (vgl EuGH Urteil vom 4.7.2013 - C-233/12, EzAR-NF 16 Nr 28).

27

(c) Die Beschränkung des Elterngeldanspruchs der Klägerin auf das Mindestelterngeld von 300 Euro verstößt zur Überzeugung des Senats auch nicht gegen Art 3 Abs 1 GG in seiner hier maßgeblichen Ausprägung als Willkürverbot.

28

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 70).

29

Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat vielmehr gerade im Bereich des Sozialrechts, zu dem die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören, einen weiten Gestaltungsspielraum. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; stRspr). Es bleibt grundsätzlich dem Gesetzgeber überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329 = SozR 4100 § 168 Nr 12, S 25; BVerfGE 67, 70, 85 ff; stRspr). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit eine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachverhalts (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96 f; 105, 73, 110 f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173). Im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, muss der Gesetzgeber dabei den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs 1 GG schuldet (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55).

30

Legt man diese Maßstäbe zugrunde, so ist die Nichtberücksichtigung der steuerfreien Einnahmen der Klägerin aus der Eigenart des geregelten Sachverhalts, und zwar wegen ihres Status als Beamtin des Europäischen Patentamts und der daran geknüpften Rechtsstellung, durch hinreichend gewichtige sachliche Gründe gerechtfertigt und daher insgesamt nicht willkürlich. Das BEEG behandelt die von einem fremden Hoheitsträger besteuerten Bezüge durch den Verweis auf § 2 Abs 1 EStG anders als solche, die der Besteuerung durch den deutschen Fiskus unterliegen. Der Ausschluss steuerfreier Einkünfte von Angehörigen einer internationalen Organisation von der Bemessungsgrundlage des Elterngelds wirkt dabei in der Sache wie eine § 1 Abs 1 BEEG ergänzende Kollisionsnorm in der Art einer negativen Äquivalenzregel(vgl Eichenhofer, Internationales Sozialrecht, VSSR 1994, S 1, 24 f). Sie verhindert die Gleichbehandlung der bei der internationalen Organisation erzielten, in Deutschland steuerfreien Bezüge mit deutscher Besteuerung unterliegenden Einkünften.

31

Rechtfertigender sachlicher Anknüpfungspunkt für diese unterschiedliche Behandlung von Einkünften, die der Steuerhoheit verschiedener Hoheitsträger unterliegen, bildet bei Elterngeldbeziehern wie der Klägerin das mit der Besteuerung durch den anderen Hoheitsträger untrennbar verbundene, von ihm errichtete eigenständige und umfassende System der sozialen Sicherung (vgl Bayerisches LSG Urteil vom 30.11.1990 - L 9 Eg 7/89, Juris), das autonom neben der deutschen Sozialrechtsordnung steht. Die dadurch unabhängig vom deutschen Sozialsystem gewährte umfassende soziale Absicherung insbesondere auch gegen die finanziellen Belastungen der Elternschaft unterscheidet die Gruppe der Eltern wie die Klägerin maßgeblich von Eltern, die allein dem deutschen Sozialsystem unterliegen. Die Klägerin ist als Beamtin des Europäischen Patentamts in ein von dieser internationalen Organisation geschaffenes, dem EG-Beamtenstatus nachempfundenes, eigenes System sozialer Absicherung eingegliedert. Unter anderem ist sie deshalb von Pflichtbeiträgen zur deutschen Sozialversicherung vollständig befreit und kann im Gegenzug die mit Pflichtbeiträgen finanzierten Leistungen der Sozialversicherung nicht beanspruchen. Stattdessen gewährt ihr das Europäische Patentamt als zwischenstaatliche Einrichtung iS des Art 24 Abs 1 GG (vgl BVerfG DVBl 2001,1130) eine umfassende soziale Absicherung eigener Art. Das Europäische Patentamt verfügt als Organ der Europäischen Patentorganisation, einer im Völkerrecht verselbstständigten juristische Person(vgl BVerfG aaO) über eine neben der deutschen Staatlichkeit autonome Hoheitsgewalt gegenüber den eigenen Bediensteten (vgl Tomuschat in BK, Stand März 2014, Art 24 RdNr 13). Hinsichtlich der zur Erfüllung ihrer Aufgaben eingestellten Bediensteten kommt der Europäischen Patentorganisation eigenständige Organisationsgewalt und Personalhoheit zu (BVerwGE 102, 320, 324 f). Der Verwaltungsrat als Organ der Europäischen Patentorganisation ist daher befugt, die Dienstverhältnisse der Beamten und sonstigen Beschäftigten des Europäischen Patentamts in einem Statut zu regeln (vgl Art 33 Abs 2b Europäisches Patentübereinkommen - EPÜ) und eine Versorgungsordnung zu erlassen (vgl Art 33 Abs 2c EPÜ).

32

In diesem Rahmen hat das Europäische Patentamt umfassende soziale Rechte für seine Bediensteten gerade im Zusammenhang mit der Elternschaft geschaffen. Zum einen gleicht das Statut allgemeine und spezifische finanzielle Belastungen durch Kindererziehung teilweise oder vollständig durch eine Unterhaltsberechtigten-, Kindererziehungs-, Kinderbetreuungs- sowie ggf Miet- und Auslandszulage aus, vgl Art 70 ff Statut der Beamten des Europäischen Patentamts (im Folgenden: Statut). Darüber hinaus bietet es im Vergleich zum deutschen Recht sogar einen flexibleren Anspruch auf bezahlte Unterbrechung der Erwerbstätigkeit zu Gunsten der Kindererziehung. Nach einem im Vergleich zum bezahlten Mutterschutz nach deutschem Recht von regelmäßig nur 14 Wochen - vgl § 3 Abs 2 und § 6 Abs 1 S 1 und § 13 Abs 1 S 1 Mutterschutzgesetz sowie die entsprechenden Regelungen der Beamtengesetze - längeren bezahlten Mutterschaftsurlaub von mindestens fünf Monaten (20 Wochen), Art 61 Statut, erhalten die Beamten nach Art 45a Abs 1 Statut bis zum zwölften Lebensjahr des Kindes einen flexiblen Anspruch auf weitere 120 Arbeitstage - rund sechs Monate - (geringer) bezahlten Elternurlaub. Für Alleinerziehende verdoppelt sich der Anspruch. Anders als die Elterngeldmonate nach dem BEEG, vgl § 4 BEEG, braucht dieser bezahlte Erziehungsurlaub nicht in der unmittelbar nach der Geburt beginnenden Rahmenfrist von zwölf bzw (bei der Inanspruchnahme von Partnermonaten) vierzehn Monaten in Anspruch genommen zu werden. Wegen der Erziehung eines Kindes bis zum sechzehnten Lebensjahr besteht für Beamte des Europäischen Patentamts darüber hinaus regelmäßig die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung. Damit schafft diese internationale Organisation jedenfalls teilweise sogar einen variableren Ausgleich für familiäre Belastungen mit größerer Wahlfreiheit der betroffenen Eltern als das deutsche Elterngeldrecht. Dazu kommen weitere umfassende soziale Absicherungen für die Bediensteten des Europäischen Patentamts wie etwa eine kollektiv abgeschlossene private Kranken- und Pflegeversicherung zu einem niedrigen, risikounabhängigen Pauschalbeitrag je Familie, die nicht erwerbstätige Ehegatten mit umfasst. Dieser Schutz gegen Krankheit und Pflegebedürftigkeit wird vervollständigt durch ein eigenes, zum Teil kapitalgedecktes Versorgungssystem des Europäischen Patentamts mit einer ebenfalls nur niedrigen Beitragsbelastung (vgl Reinhard, ZESAR 2014, S 3, 4 f).

33

In der Zusammenschau verwirklicht dieses autonome System sozialer Rechte des Europäischen Patentamts die vom Elterngeld verfolgten Hauptziele einer finanziellen Absicherung während einer Erwerbsunterbrechung zur Kindererziehung, der Entlastung von Betreuungs- bzw von Opportunitätskosten der Kindererziehung sowie der Gewährung möglichst großer Wahlfreiheit bei der Herstellung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie (vgl BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 8; BT-Drucks 16/1889 S 1 f, 14 ff) zwar auf andere Weise, aber zumindest ebenso wirksam wie das Elterngeld und die weiteren nach der deutschen Sozialrechtsordnung an die Elternschaft geknüpften sozialen Rechte. Die Klägerin ist nach alldem als Beamtin des Europäischen Patentamts in ein eigenständiges System sozialer Rechte eingegliedert, das zudem noch ein dem BEEG und den ergänzenden Normen des deutschen Sozialrechts zumindest gleichwertiges Schutzniveau bietet. Darüber hinaus erhält sie aufgrund ihres Wohnsitzes in Deutschland als Anerkennung ihrer Betreuungs- und Erziehungsleistung das Mindestelterngeld von 300 Euro monatlich. Daher kann sie insgesamt von Verfassung wegen nicht beanspruchen, zusätzlich zum Mindestelterngeld von 300 Euro noch einkommensabhängiges Elterngeld nach deutschem Recht auf der Grundlage ihrer in Deutschland steuerfreien Beamtenbezüge zu erhalten und auf diese Weise den Schutz der beiden voneinander weitgehend unabhängigen Sozialrechtsordnungen vollständig zu kumulieren. Der Ausschluss ihrer vom Europäischen Patentamt gezahlten, in Deutschland steuerfreien Einkünfte von der Bemessungsgrundlage des Elterngelds erweist sich deshalb insgesamt nicht als willkürlich.

34

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. November 2010 und des Sozialgerichts Marburg vom 14. Mai 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für alle Rechtszüge keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des Elterngeldanspruchs des Klägers.

2

Der Kläger und seine Frau wurden am 20.3.2007 Eltern von Drillingen. In der Zeit vor der Geburt war er abhängig beschäftigt und erhielt ua steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit.

3

Auf Antrag des Klägers gewährte ihm das beklagte Land Elterngeld für den ersten bis zehnten Lebensmonat der Kinder (20.3.2007 bis 19.1.2008) in Höhe von monatlich 1635,44 Euro. Dabei legte es die den Kläger betreffenden Arbeitsentgeltabrechnungen für die Monate März 2006 bis Februar 2007 zugrunde und ermittelte - ohne Berücksichtigung steuerfreier Entgeltbestandteile - ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1545,44 Euro. 67 % dieses Betrages erhöhte der Beklagte um je 300 Euro für das zweite und dritte Kind.

4

Nachdem der Kläger mit seinem Widerspruch erfolglos die Berücksichtigung der steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit begehrt hatte (Widerspruchsbescheid vom 4.6.2007), verurteilte das vom Kläger angerufene Sozialgericht Marburg (SG) den Beklagten, das Elterngeld nach dem Bruttoeinkommen des Klägers (einschließlich der steuerfreien Anteile) zu berechnen (Urteil vom 14.5.2008).

5

Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die steuerfreien Anteile für Altersvorsorge und Direktversicherung bei der Berechnung des Elterngeldes unberücksichtigt bleiben (Urteil vom 24.11.2010). Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:

6

Bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes seien zumindest diejenigen steuerfreien Einkommensbestandteile zu berücksichtigen, die nicht geringfügig seien und tatsächlich laufend ausgezahlt würden, sodass sie zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stünden. § 2 Abs 1 und 7 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) regele nicht ausdrücklich, dass steuerfreie Einkünfte unberücksichtigt bleiben sollten; die Rede sei vielmehr von der "Summe der positiven Einkünfte" bzw von dem "Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert". Soweit § 2 Abs 1 S 2 BEEG einen Verweis auf § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 Einkommensteuergesetz (EStG) enthalte, diene dieser lediglich der Erfassung der zu berücksichtigenden unterschiedlichen Einkunftsarten und nicht der Ausklammerung von steuerfreien Einkommensanteilen. Den Gesetzesmaterialien sei zu entnehmen, dass die Familien im ersten Lebensjahr des Kindes bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage unterstützt werden sollten. Als Leistung von mindestens 67 % des bisherigen Einkommens wolle das Elterngeld dazu beitragen, dass es beiden Elternteilen durch Vermeidung von Gehaltseinbußen auf Dauer besser gelinge, ihre wirtschaftliche Existenz zu sichern. Die Erreichung dieses Zieles setze voraus, dass für die Quote von 67 % alle Einkommensbestandteile maßgeblich seien, die für die wirtschaftliche Situation der Eltern (mit)prägend gewesen seien. Soweit es in der Gesetzesbegründung heiße, die Anknüpfung an die Summe der positiven Einkünfte bewirke, dass steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit nicht zu berücksichtigen seien, werde dafür keine weitere Begründung gegeben. Die Gesetzesbegründung sei insoweit nicht folgerichtig bzw widersprüchlich und deshalb für eine Gesetzesauslegung im Sinne der grundsätzlichen Nichtberücksichtigung steuerfreier Einkommensanteile nicht tauglich. Allerdings seien die steuerfreien Anteile für Altersvorsorge und Direktversicherung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht mit in die Elterngeldberechnung einzubeziehen; daher sei das angefochtene Urteil insoweit abzuändern.

7

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision macht der Beklagte im Wesentlichen geltend: Das BEEG knüpfe in § 2 Abs 1 S 2 BEEG an den steuerrechtlichen Einkünftebegriff an, mit der Folge, dass steuerfreie Einnahmen iS der §§ 3 bis 3c EStG von vornherein keine Einkünfte in diesem Sinne darstellten und damit nicht als Einkommen berücksichtigt werden könnten. Dies ergebe sich auch eindeutig aus den Gesetzesmaterialien und werde durch die entsprechende gesetzliche Änderung zum 1.1.2011 belegt. Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der vom Gesetzgeber getroffenen Regelung bestünden nicht, da es sich um eine Leistung des Staates im Rahmen der gewährenden Staatstätigkeit handele, bei der dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zustehe. Die Herausnahme steuerfreier Einnahmen aus der Bemessungsgrundlage sei nicht zu beanstanden, da es sich beim Elterngeld um eine einkommensabhängige steuerfinanzierte Leistung handele.

8

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. November 2010 und des Sozialgerichts Marburg vom 14. Mai 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. November 2010 zurückzuweisen.

10

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Beklagten ist zulässig und begründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Bescheid des Beklagten vom 27.4.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.6.2007 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat insbesondere keinen Anspruch auf Berücksichtigung der von ihm vor der Geburt der Kinder bezogenen steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit bei der Berechnung seines Elterngeldes.

12

Der Anspruch des Klägers auf Elterngeld für die ersten zehn Lebensmonate der am 20.3.2007 geborenen Drillinge richtet sich nach dem am 1.1.2007 in Kraft getretenen BEEG vom 5.12.2006 (BGBl I 2748). Zwischenzeitlich erfolgte Gesetzesänderungen beziehen sich nicht auf den hier relevanten Bezugszeitraum.

13

Die Grundvoraussetzungen für eine Anspruchsberechtigung nach § 1 BEEG sind nach den berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen erfüllt. Die ihm vom Beklagten zugesprochene Bezugsdauer von zehn Monatsbeträgen (vgl § 4 BEEG) hat der Kläger nicht angegriffen. Für die hier allein streitige Höhe des Elterngeldanspruchs des Klägers, der in der Zeit vor der Geburt seiner Kinder ausschließlich Arbeitsentgelt und während der Bezugszeit kein Erwerbseinkommen erzielt hat, ist § 2 Abs 1 iVm Abs 7 BEEG maßgebend. Diese Bestimmungen lauten:

        

(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 des Einkommensteuergesetzes nach Maßgabe der Absätze 7 bis 9 zu berücksichtigen.

        

(7) Als Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit ist der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit einem Zwölftel des Pauschbetrags nach § 9a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen. Sonstige Bezüge im Sinne von § 38a Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes werden nicht als Einnahmen berücksichtigt. Als auf die Einnahmen entfallende Steuern gelten die abgeführte Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer, im Falle einer Steuervorauszahlung der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil. Grundlage der Einkommensermittlung sind die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Kalendermonate, in denen die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes ohne Berücksichtigung einer Verlängerung des Auszahlungszeitraums nach § 6 Satz 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat, bleiben bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zu Grunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt. Das Gleiche gilt für Kalendermonate, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist.

14

Danach berechnet sich das Elterngeld nach dem vom Kläger in einem bestimmten Zwölf-Monats-Zeitraum (Bemessungszeitraum) erzielten Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit (Bemessungseinkommen). Als Bemessungszeitraum hat der Beklagte hier zutreffend nach der Grundregel des § 2 Abs 1 S 1 BEEG die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt der Kinder (20.3.2007), also die Zeit vom 1.3.2006 bis 28.2.2007, zugrunde gelegt. Modifikationen iS des § 2 Abs 7 S 5 oder 6 BEEG kommen im Falle des Klägers nicht in Betracht.

15

Für das Bemessungseinkommen des Klägers ist nach § 2 Abs 1 S 2 BEEG von dessen (positiven) Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG auszugehen. Darüber hinaus sind die in § 2 Abs 7 BEEG vorgesehenen Maßgaben zu beachten. Der Senat hat bereits entschieden, dass mit der in § 2 Abs 1 S 2 BEEG enthaltenen Formulierung "Einkünfte iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG" nicht ausschließlich auf die dort genannten Einkunftsarten, sondern umfassend auf die nach steuerrechtlichen Bestimmungen ermittelten Einkünfte verwiesen wird(vgl BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 20). § 2 Abs 1 S 1 EStG erfasst ausdrücklich nur die der Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte. Welche Einnahmen im Einzelnen dazu gehören, ergibt sich aus den nachfolgenden Vorschriften des EStG. Insoweit wird auch der Begriff der Einkünfte in § 2 Abs 1 S 2 BEEG durch weitere Regelungen des Einkommensteuerrechts geprägt.

16

So bestimmt § 19 EStG die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit näher. Nach Abs 1 S 1 Nr 1 dieser Vorschrift sind insbesondere Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst einbezogen. Dabei müssen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abstrakt durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst und im weitesten Sinne die Gegenleistung für das zur Verfügungstellen der Arbeitskraft des Arbeitnehmers sein(vgl zB BFH Urteil vom 20.5.2010 - VI R 41/09 - BFHE 229, 346, RdNr 9 mwN). Dementsprechend sind auch im Elterngeldrecht grundsätzlich alle Einnahmen aus einem Arbeitsverhältnis berücksichtigungsfähig (vgl dazu Senatsurteile vom 17.2.2011 - B 10 EG 17/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 7 RdNr 26, - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 25 und - B 10 EG 21/09 R - Juris RdNr 24 ; Senatsurteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - ZFSH/SGB 2012, 24, 26 RdNr 20 ).

17

Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass an dieser Stelle nicht nur der Arbeitslohn des Klägers, sondern auch dessen weitere Arbeitsentgeltbestandteile, wie Einmalzahlungen, Beiträge zur Direktversicherung und Altersvorsorge, Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit, in die weitere Prüfung einzubeziehen sind.

18

Allerdings gehören nach der Systematik des EStG solche Einnahmen nicht zu den Einkünften iS des § 2 Abs 1 EStG, die ausdrücklich steuerfrei gestellt worden sind(vgl dazu BFH Urteil vom 14.1.1972 - VI R 30/69 - BFHE 104, 345, 348; Urteil vom 12.1.1978 - IV R 84/74 - BFHE 124, 204, 207). Dementsprechend hat der Senat bereits entschieden, dass steuerfreie Beitragszahlungen des Arbeitgebers an eine Pensionskasse zum Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung des Arbeitnehmers bei der Ermittlung des für das Elterngeld maßgeblichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit unberücksichtigt bleiben (vgl BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 22 ff mwN). Dies gilt - wie das LSG zutreffend erkannt hat und zwischen den Beteiligten unstreitig ist - auch für die zugunsten des Klägers entrichteten Beiträge des Arbeitgebers zur Direktversicherung und zur Altersvorsorge (vgl § 3 Nr 63 EStG).

19

Sieht man von der Behandlung der steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit ab, so lässt die Ermittlung des Bemessungseinkommens des Klägers keine Rechtsfehler des Beklagten erkennen. Insbesondere sind die vom Kläger im Bemessungszeitraum bezogenen Einmalzahlungen nach Maßgabe des § 2 Abs 7 S 2 BEEG zu Recht unberücksichtigt geblieben. Ferner sind die nach § 2 Abs 7 S 1 BEEG vorgesehenen Abzüge (Steuern, Sozialversicherungsbeiträge, pauschale Werbungskosten) erfolgt. Aus dem auf diese Weise errechneten Nettoerwerbseinkommen von 1545,44 Euro hat der Beklagte den monatlichen Elterngeldanspruch des Klägers zutreffend errechnet, indem er 67 % dieses Betrages (= 1035,44 Euro) gemäß § 2 Abs 6 BEEG für das zweite und dritte Kind um insgesamt 600 Euro auf 1635,44 Euro erhöht hat.

20

Der Beklagte hat die vom Kläger bezogenen steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit bei der Bestimmung des Bemessungseinkommens zu Recht unberücksichtigt gelassen. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Zunächst gehören diese Zuschläge steuerrechtlich nicht zu den Einkünften iS des § 2 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG, weil sie steuerfrei sind. Der die Steuerfreiheit regelnde § 3b EStG lautet in der bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung vom 15.12.2003 (BGBl I 2645):

        

(1) Steuerfrei sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, soweit sie
1. für Nachtarbeit 25 vom Hundert,
2. vorbehaltlich der Nummern 3 und 4 für Sonntagsarbeit 50 vom Hundert,
3. vorbehaltlich der Nummer 4 für Arbeit am 31. Dezember ab 14 Uhr und an den gesetzlichen Feiertagen 125 vom Hundert,
4. für Arbeit am 24. Dezember ab 14 Uhr, am 25. und 26. Dezember sowie am 1. Mai 150 vom Hundert
des Grundlohns nicht übersteigen.
(2) Grundlohn ist der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht; er ist in einen Stundenlohn umzurechnen und mit höchstens 50 Euro anzusetzen. Nachtarbeit ist die Arbeit in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr. Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit ist die Arbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 24 Uhr des jeweiligen Tages. Die gesetzlichen Feiertage werden durch die am Ort der Arbeitsstätte geltenden Vorschriften bestimmt.

(3) Wenn die Nachtarbeit vor 0 Uhr aufgenommen wird, gilt abweichend von den Absätzen 1 und 2 Folgendes:
1. Für Nachtarbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 4 Uhr erhöht sich der Zuschlagssatz auf 40 vom Hundert,
2. als Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit gilt auch die Arbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 4 Uhr des auf den Sonntag oder Feiertag folgenden Tages.

21

Durch Art 1 Nr 50 Jahressteuergesetz 2007 vom 13.12.2006 (BGBl I 2878) sind mit Wirkung ab 1.1.2007 lediglich die Worte "vom Hundert" durch "Prozent" ersetzt worden. Soweit er die vom Arbeitgeber gezahlten Zuschläge für Arbeit an Sonntagen, Feiertagen oder zur Nachtzeit von der Besteuerung ausnimmt, stellt § 3b EStG eine Ausnahmevorschrift zu § 2 Abs 1 S 1 Nr 4 und § 19 EStG dar(vgl von Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, Stand 2/2012, § 3b RdNr A8, 23, 32; Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl 2010, § 9 RdNr 120). Dementsprechend können diese steuerfreien Zuschläge grundsätzlich auch nicht als Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 BEEG angesehen werden(so im Ergebnis auch Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Elterngeld, RdNr 150 - 153; Pauli in Hambüchen, BEEG/EStG/BKGG, Stand 11/2009, § 2 BEEG RdNr 7; Jaritz in Roos/Bieresborn, MuSchG, Stand 12/2011, § 2 BEEG RdNr 84; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 28.6.2011 - L 11 EG 4107/09 - juris, RdNr 25, mit Anm Dau in jurisPR-SozR 20/2011 Anm 6; LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 21.9.2011 - L 2 EG 26/10 - juris, RdNr 27; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 12.12.2008 - L 13 EG 32/08 - juris, RdNr 26), zumal § 2 Abs 7 BEEG keine Maßgaben enthält, die eine Einbeziehung ausdrücklich vorsehen. Soweit eine Berücksichtigung der Zuschläge schon gemäß § 2 Abs 1 S 2 BEEG ausscheidet, ist jedenfalls in Abs 7 dieser Vorschrift keine (zusätzliche) Ausschlussregelung zu erwarten.

22

Entgegen der Auffassung des LSG lässt sich ein Ergebnis, das entgegen dem Wortlaut des § 2 Abs 1 S 2 BEEG von dem steuerrechtlichen Begriff der Einkünfte iS des § 2 Abs 1 S 1 EStG abweicht, auch nicht im Wege der Auslegung des BEEG erreichen.

23

Insbesondere ist den Gesetzesmaterialien keine so eindeutige Zielsetzung einer finanziellen Mindestsicherung in Höhe von 67 % des bisherigen Nettoeinkommens zu entnehmen, wie es das LSG angenommen hat. Vielmehr wird in der Begründung zum Gesetzentwurf allgemein gehalten ausgeführt, dass jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbreche oder reduziere, einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für finanzielle Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes und eine Unterstützung bei der Sicherung der Lebensgrundlage der Familie erhalte (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2). Das Elterngeld wolle dazu beitragen, dass sich die gegenwärtige individuelle wirtschaftliche Situation und spätere Möglichkeiten der Daseinsvorsorge für diese Mütter und Väter nicht dadurch verschlechterten, dass sie ihr Kind in seinen ersten Lebensmonaten vorrangig selbst betreuten (vgl aaO S 15, linke Spalte). Die Orientierung der Leistung am individuellen Einkommen solle dazu beitragen, dass es Müttern und Vätern auf Dauer besser gelinge, ihre wirtschaftliche Existenz möglichst unabhängig von staatlichen Fürsorgeleistungen zu sichern (aaO S 15, rechte Spalte).

24

Zwar hat die Bundesregierung während des Gesetzgebungsverfahrens den Vorschlag des Bundesrates aufgegriffen, die Einkommensermittlung nicht - wie im Gesetzentwurf vorgesehen - nach der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung, sondern nach den Grundsätzen des EStG vorzunehmen (vgl BT-Drucks 16/2454 S 8, 11). Damit hat sich jedoch an dem grundsätzlichen Ziel einer bloßen Orientierung an dem bisherigen Einkommen und eines nur begrenzten Beitrages zur Sicherung der Lebensgrundlage nichts geändert. Weiterhin zielt das Elterngeld auf eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Erleichterung der Familiengründung. Familien sollen im ersten Lebensjahr des Neugeborenen bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage unterstützt werden, wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BT-Drucks 16/2785 S 2).

25

Wenn das Elterngeld im folgenden Satz (aaO) als "Leistung von mindestens 67 Prozent des bisherigen Einkommens" bezeichnet wird, so kommt dieser Formulierung nach Auffassung des Senats im Gesamtzusammenhang der Ausführungen des Ausschusses keine entscheidende Bedeutung zu. Diese einleitende Bemerkung wird nämlich im besonderen Teil des Ausschussberichtes eindeutig relativiert. Insbesondere wird dort ausdrücklich festgestellt, dass die Anknüpfung an die Summe der positiven Einkünfte ua bewirke, dass steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit nach § 3b EStG bei der Einkommensermittlung für das Elterngeld nicht zu berücksichtigen seien(vgl BT-Drucks 16/2785 S 37, rechte Spalte). Auch in den parlamentarischen Beratungen ist zur Sprache gekommen, dass es sich beim Elterngeld nicht um eine vollständige Lohnersatzleistung handelt (vgl zB Abgeordnete Lenke, Plenarprotokoll 16/40 vom 22.6.2006, S 3711 ; Abgeordneter Wunderlich, Plenarprotokoll 16/55 vom 29.9.2006, S 5362 ).

26

Dieser Befund wird durch die weitere Gesetzesentwicklung bestätigt. Mit Art 14 Nr 2 vom 9.12.2010 (BGBl I 1885) sind in § 2 Abs 1 S 2 BEEG nach dem Wort "positiven" die Wörter "im Inland zu versteuernden" eingefügt worden. Zwar zielt diese Änderung darauf ab, bestimmte Einkünfte mit Auslandsbezug, die nicht im Inland zu versteuern sind, von einer Berücksichtigung bei der Bemessung des Elterngeldes auszunehmen (vgl BT-Drucks 17/3030 S 48). Damit wird aber zugleich auch deutlich, dass inländische Einnahmen, die nach dem EStG steuerfrei sind, nicht zu dem im Rahmen des BEEG berücksichtigungsfähigen Einkommen zählen.

27

Zwar würde eine Berücksichtigung der steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit durchaus dem allgemeinen Ziel des BEEG entsprechen, die Lebensgrundlage junger Familien sichern zu helfen. Denn diese Zahlungen haben in der Zeit vor der Geburt des Kindes zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung gestanden und fallen mit Einschränkung der Erwerbstätigkeit während des Elterngeldbezuges entsprechend fort (vgl dazu allgemein Buchner/Becker, MuSchG/BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 8). Die nähere Ausgestaltung des Elterngeldes lässt jedoch erkennen, dass von vornherein nur eine begrenzte Einkommensersatzleistung beabsichtigt worden ist.

28

Der Gesetzgeber fördert die familienbedingte Auszeit in finanzieller Hinsicht durch das Elterngeld nur in bestimmten Grenzen. Neben einem Mindestbetrag in Höhe von 300 Euro (vgl § 2 Abs 5 BEEG) ist ein Höchstbetrag von 1800 Euro (vgl § 2 Abs 1 S 1 BEEG) festgelegt worden. Auch in der Anknüpfung an das Einkommensteuerrecht mit den im BEEG vorgesehenen Modifikationen liegt in erster Linie eine Beschränkung der Ersatzfunktion des Elterngeldes. Abgesehen von steuerfreien Arbeitsentgeltbestandteilen finden zB auch sog Einmalzahlungen keine Berücksichtigung (vgl § 2 Abs 7 S 2 BEEG). Darüber hinaus wirkt sich die Pauschalierung der Werbungskosten (vgl § 2 Abs 7 S 1 BEEG) für Berechtigte, die während der Elterngeldbezugszeit einer Teilzeitbeschäftigung mit hohen tatsächlichen Werbungskosten nachgehen, ungünstig aus.

29

Der erkennende Senat ist nicht davon überzeugt (vgl Art 100 Abs 1 GG), dass es gegen Art 3 Abs 1 GG verstößt, wenn die steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit iS des § 3b EStG bei der Ermittlung des für das Elterngeld maßgeblichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit nicht berücksichtigt werden. Weder die Steuerbefreiung selbst noch deren Auswirkung im Elterngeldrecht ist von Verfassungs wegen zu beanstanden.

30

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln; dies gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Der allgemeine Gleichheitssatz untersagt dem Gesetzgeber jedoch nicht jede Differenzierung. Vielmehr bedürfen Differenzierungen stets einer Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes liegt immer dann vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten (Bundesverfassungsgericht Beschlüsse vom 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 - RdNr 40 mwN; vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214, 215 mwN; vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - NJW 2011, 2869, 2870; vom 21.7.2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 - BVerfGE 126, 400, 416 mwN).

31

Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Dem Gesetzgeber werden dabei umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf verfassungsrechtlich gewährleistete Freiheiten auswirkt und je weniger der Einzelne nachteilige Folgen durch eigenes Verhalten vermeiden kann (zB BVerfG Beschluss vom 21.7.2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 - aaO, 418 mwN).

32

Dadurch, dass § 3b EStG nur konkrete Zuschläge des Arbeitgebers für tatsächlich geleistete Arbeit an Sonntagen, Feiertagen oder zur Nachtzeit steuerfrei stellt, werden andere Arbeitnehmer, deren gleich hohes Arbeitsentgelt keine derartigen Zuschläge enthält, in Abweichung von dem Grundsatz der Besteuerung nach finanzieller Leistungsfähigkeit ungleich behandelt(vgl BFH Beschluss vom 27.5.2009 - VI B 69/08 - BFHE 225, 137, 138). Entsprechendes gilt zB für selbstständig Erwerbstätige. Daraus werden in der Literatur zum Teil verfassungsrechtliche Bedenken abgeleitet (vgl zB von Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand 2/2012, § 3b RdNr A 113 ff; Tipke in Raupach/Tipke/Uelner, Niedergang oder Neuordnung des deutschen Einkommensteuerrechts?, 1985, S 133, 149 f; Traxel, Die Freibeträge des EStG, 1986, S 121 f).

33

Der erkennende Senat sieht insoweit keinen Verfassungsverstoß. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber im Bereich (steuerrechtlicher) Subventionen ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt (vgl BVerfG Beschlüsse vom 21.7.2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 - aaO, 416 f; BFH Urteil vom 21.5.1987 - IV R 339/84 - BFHE 150, 32, 35 f; BFH Urteil vom 15.9.2011 - VI R 6/09 - BStBl II 2012, 144, 145 RdNr 12). Nach dem insofern anzuwendenden Willkürmaßstab ist die Regelung des § 3b EStG hinreichend sachlich gerechtfertigt.

34

Die Steuerbefreiung nach § 3b EStG fördert die Bereitschaft von Arbeitnehmern, ihre Arbeitskraft auch an Sonntagen, Feiertagen oder zur Nachtzeit zur Verfügung zu stellen. Sie ist mithin geeignet, den damit verbundenen arbeitsmarktpolitischen, volkswirtschaftlichen oder sonstigen im Allgemeininteresse liegenden Belangen Rechnung zu tragen. Die Beschränkung der Vergünstigung auf abhängig Beschäftigte ist nicht unvertretbar, zumal sich deren Stellung deutlich von der selbstständig Erwerbstätiger unterscheidet (vgl BFH Urteil vom 21.5.1987 - IV R 339/84 - aaO, 36 f mwN). Auch soweit nur Zuschläge für tatsächlich an Sonntagen, Feiertagen oder zur Nachtzeit geleistete Arbeit nach § 3b EStG privilegiert sind, liegt keine sachwidrige Regelung vor. Dadurch wird sichergestellt, dass eine Steuerbefreiung nur für Zeiten eintritt, in denen die mit Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit verbundenen Beeinträchtigungen des biologischen und kulturellen Lebensrhythmus auch wirklich vorgelegen haben (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 2.5.1978 - 1 BvR 174/78 - HFR 1978, 383 Nr 449; BFH Urteil vom 15.9.2011 - VI R 6/09 - aaO, 145 RdNr 13 f).

35

Im Rahmen des BEEG werden Berechtigte, wie der Kläger, gegenüber anderen Arbeitnehmern, die in der Zeit vor der Geburt des Kindes ausschließlich steuerpflichtiges Arbeitsentgelt erhalten haben, dadurch benachteiligt, dass die von ihnen bezogenen steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit bei der Berechnung des Elterngeldes nicht berücksichtigt werden. Für diese Ungleichbehandlung lassen sich ausreichende Sachgründe finden. Dabei gilt auch in diesem Zusammenhang ein Willkürmaßstab. Denn bei der gewährenden Staatstätigkeit steht dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl BVerfG Beschluss vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - NJW 2011, 2869, 2870; BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - ZFSH/SGB 2012, 24, 26). Hinzu kommt, dass die Regelungen zur Höhe des Elterngeldanspruchs nicht an Persönlichkeitsmerkmalen anknüpfen, die dem Einzelnen nicht verfügbar sind (vgl BVerfG Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214, 215).

36

Die Nichtberücksichtigung steuerfreier Arbeitsentgeltzuschläge bei der Berechnung des Elterngeldes beruht darauf, dass das BEEG bei der Einkommensermittlung an den steuerrechtlichen Einkünftebegriff anknüpft. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, ist insbesondere die in § 2 Abs 1 S 2 BEEG enthaltene Bezugnahme auf § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 EStG sachgerecht(vgl BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 37 ff; Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - aaO, 29 RdNr 42). Der Zielsetzung des Elterngeldes entsprechend ermöglicht diese Regelung eine Einkommensersatzleistung, die sich an der Erwerbstätigkeit des Berechtigten vor der Geburt des Kindes orientiert. Eine Konsequenz der Ausrichtung am Einkommensteuerrecht ist es auch, dass steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit nicht zum Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Sinne des BEEG gehören. Da diese Zuschläge für die betreffenden Zeiten im begrenzten Umfang zusätzlich zum regulären Arbeitsentgelt als Kompensation für besondere Erschwernisse gezahlt werden, die während der Elterngeldbezugszeit entfallen, erscheint es nicht als willkürlich, wenn sie bei der Elterngeldberechnung ausgespart werden. Dies gilt umso mehr, als diese Ausgestaltung wiederum für solche Berechtigten vorteilhaft ist, die während des Elterngeldbezuges Arbeitsentgelt mit steuerfreien Zuschlägen erzielen. Die Zuschläge vermindern dann nicht nach Maßgabe des § 2 Abs 3 BEEG die Höhe des Elterngeldes.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Anspruch auf Elterngeld hat, wer

1.
einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
2.
mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3.
dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4.
keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
Bei Mehrlingsgeburten besteht nur ein Anspruch auf Elterngeld.

(2) Anspruch auf Elterngeld hat auch, wer, ohne eine der Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 zu erfüllen,

1.
nach § 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist,
2.
Entwicklungshelfer oder Entwicklungshelferin im Sinne des § 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ist oder als Missionar oder Missionarin der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e. V. oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist oder
3.
die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und nur vorübergehend bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig ist, insbesondere nach den Entsenderichtlinien des Bundes beurlaubte Beamte und Beamtinnen, oder wer vorübergehend eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes zugewiesene Tätigkeit im Ausland wahrnimmt.
Dies gilt auch für mit der nach Satz 1 berechtigten Person in einem Haushalt lebende Ehegatten oder Ehegattinnen.

(3) Anspruch auf Elterngeld hat abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auch, wer

1.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt, das er mit dem Ziel der Annahme als Kind aufgenommen hat,
2.
ein Kind des Ehegatten oder der Ehegattin in seinen Haushalt aufgenommen hat oder
3.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt und die von ihm erklärte Anerkennung der Vaterschaft nach § 1594 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht wirksam oder über die von ihm beantragte Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht entschieden ist.
Für angenommene Kinder und Kinder im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 sind die Vorschriften dieses Gesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass statt des Zeitpunktes der Geburt der Zeitpunkt der Aufnahme des Kindes bei der berechtigten Person maßgeblich ist.

(4) Können die Eltern wegen einer schweren Krankheit, Schwerbehinderung oder Todes der Eltern ihr Kind nicht betreuen, haben Verwandte bis zum dritten Grad und ihre Ehegatten oder Ehegattinnen Anspruch auf Elterngeld, wenn sie die übrigen Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllen und wenn von anderen Berechtigten Elterngeld nicht in Anspruch genommen wird.

(5) Der Anspruch auf Elterngeld bleibt unberührt, wenn die Betreuung und Erziehung des Kindes aus einem wichtigen Grund nicht sofort aufgenommen werden kann oder wenn sie unterbrochen werden muss.

(6) Eine Person ist nicht voll erwerbstätig, wenn ihre Arbeitszeit 32 Wochenstunden im Durchschnitt des Lebensmonats nicht übersteigt, sie eine Beschäftigung zur Berufsbildung ausübt oder sie eine geeignete Tagespflegeperson im Sinne des § 23 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist und nicht mehr als fünf Kinder in Tagespflege betreut.

(7) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin ist nur anspruchsberechtigt, wenn diese Person

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.
Abweichend von Satz 1 Nummer 3 erste Alternative ist ein minderjähriger nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine minderjährige nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin unabhängig von einer Erwerbstätigkeit anspruchsberechtigt.

(8) Ein Anspruch entfällt, wenn die berechtigte Person im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes ein zu versteuerndes Einkommen nach § 2 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes in Höhe von mehr als 250 000 Euro erzielt hat. Erfüllt auch eine andere Person die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder der Absätze 3 oder 4, entfällt abweichend von Satz 1 der Anspruch, wenn die Summe des zu versteuernden Einkommens beider Personen mehr als 300 000 Euro beträgt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 24. September 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des Elterngeldes der Klägerin nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) sowie eine Rückforderung überzahlten Elterngeldes durch den Beklagten.

2

Die Klägerin ist Diplom-Kauffrau und übte vor der Geburt ihres Sohnes am 11.5.2008 eine nichtselbstständige Erwerbstätigkeit (Vollzeitbeschäftigung) bei der Grundstücksgesellschaft M
 KG aus. Zudem erzielte sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Kapitalvermögen sowie Vermietung und Verpachtung und war als Kommanditistin an der M Projektentwicklung
 KG zu 40 %, an der O KG zu 10 % und an der Q KG zu 25 % beteiligt. Letztere vermietet und verwaltet in ihrem Eigentum stehende Immobilien durch die Q Verwaltungsgesellschaft, an der die Klägerin nicht beteiligt ist. Die Klägerin ist formal Geschäftsführerin der Q
 KG, erhält jedoch kein Entgelt und erbringt im Rahmen ihrer Beteiligungen keinerlei Arbeitsleistung. Vom 31.3. bis zum 7.7.2008 bezog die Klägerin Mutterschaftsgeld. Ab dem 16.8.2008 arbeitete sie wieder in Teilzeit (10 Stunden wöchentlich) und verdiente vom 11.5.2008 bis 10.5.2009 monatlich durchschnittlich 785,14 Euro/netto.

3

Der Beklagte bewilligte der Klägerin vorläufig unter dem Vorbehalt des Widerrufs (§ 8 Abs 2 und 3 BEEG) Elterngeld bis zum endgültigen Nachweis des tatsächlich erzielten Einkommens für die Zeit vom 11.5. bis 10.6.2008 in Höhe von null Euro, vom 11.6. bis 10.7.2008 in Höhe von 123,54 Euro und vom 11.7.2008 bis 10.5.2009 in Höhe von 1235,25 Euro monatlich. Gegebenenfalls überzahltes Elterngeld sei zu erstatten. Bei der Berechnung legte der Beklagte den steuerlichen Veranlagungszeitraum von Januar bis Dezember 2007 zugrunde unter Berücksichtigung eines vorläufigen Einkommens aus Gewerbebetrieb in Höhe von null Euro nach der von der Klägerin vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2007 mit einem Verlust von 64 708 Euro. Positive Einkünfte in diesem Zeitraum ergaben sich lediglich aus nichtselbstständiger Arbeit, bereinigt in Höhe von durchschnittlich 2628,80 Euro monatlich (Bescheid vom 19.9.2008).

4

Auf den Widerspruch der Klägerin gewährte der Beklagte mit weiterem vorläufigen Bescheid vom 21.1.2009 auf der Grundlage des vorgelegten Einkommensteuerbescheids für 2007 Elterngeld nur noch in Höhe des Sockelbetrages von 300 Euro monatlich, verlangte die Erstattung überzahlten Elterngeldes in Höhe von 6640,29 Euro gemäß § 50 SGB X und wies den Widerspruch im Übrigen zurück(Widerspruchsbescheid vom 2.4.2009).

5

Während des anschließenden Klageverfahrens hat der Beklagte nach Vorlage der Gewinnermittlungen den Elterngeldanspruch endgültig festgesetzt (für die Zeit vom 11.6. bis 10.7.2008 in Höhe von 42,06 Euro und ab dem 11.7.2008 bis 10.5.2009 in Höhe von 420,72 Euro monatlich) und die Erstattungsforderung auf 5421,03 Euro reduziert (Bescheid vom 16.6.2010). Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteile des SG vom 9.11.2010 und des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 24.9.2012). Das LSG hat im Wesentlichen ausgeführt: Die Anspruchsvoraussetzungen nach § 1 Abs 1 BEEG lägen vor. Der Höhe nach habe die Klägerin unter Berücksichtigung ihres Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit im Bezugszeitraum jedenfalls keinen über 420,72 Euro monatlich liegenden Anspruch auf Elterngeld, sodass von ihr an sie überzahltes Elterngeld in Höhe von 5421,03 Euro zu erstatten sei. Der Beklagte habe zu Recht als Erwerbseinkommen aus Gewerbebetrieb wegen der insoweit erzielten negativen Einkünfte nach § 2 Abs 9 S 3 BEEG für den Bemessungszeitraum das Veranlagungsjahr 2007 null Euro zugrunde gelegt. Daneben habe er zutreffend 2628,80 Euro Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung angesetzt. Bei einem Bemessungssatz von 67 % errechne sich ein Elterngeldbetrag von 1761,30 Euro monatlich, der um das im Bezugszeitraum erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit zu vermindern sei. Die Gewinnanteile der Gesellschaft an einer KG, bei der der Gesellschafter als Unternehmer oder Mitunternehmer des Betriebes anzusehen sei, seien als Einkünfte aus Gewerbebetrieb in § 2 Abs 1 Nr 2 iVm § 15 Abs 1 Nr 2 Einkommensteuergesetz (EStG) legal definiert und beim Elterngeld anzurechnen. Die von der Klägerin begehrte Differenzierung beim Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit danach, ob diese zeitbezogen oder ohne (nennenswerten) Einsatz von Arbeitszeit ausgeübt werde, sei ausgeschlossen und auch nicht praktikabel. Selbst wenn im Bezugszeitraum zugunsten der Klägerin bei einer pauschalen Berechnung bei den Monaten Mai 2008 und April 2009 von vollen Monaten ausgegangen werde, habe sie tatsächlich ein durchschnittliches monatliches Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit von 1531,84 Euro verdient und damit deutlich mehr als vom Beklagten berücksichtigt. Die Rückforderung des überzahlten, vorläufig gewährten Elterngeldes in Höhe von 5421,03 Euro könne auf § 42 Abs 2 S 2 SGB I gestützt werden.

6

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, bei ihren Einkünften aus Beteiligungen handle es sich um Anteile an den Gewinnen einer Kommanditgesellschaft, die Immobilien vermiete. Die "eigentliche Arbeit" werde von der persönlich haftenden Gesellschafterin erledigt. Sie selbst habe für die Erzielung dieser Gewinne einen persönlichen Einsatz nicht zu leisten. Der Bezug dieser Einkünfte sei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen gleichzustellen, die bei der Elterngeldberechnung ebenfalls nicht berücksichtigt würden. Es liege eine Ungleichbehandlung gegenüber Elterngeldbeziehern vor, die vergleichbare Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen erzielen. Außerdem habe das LSG zu Unrecht als Bemessungszeitraum auf den steuerlichen Veranlagungszeitraum 2007 abgestellt, da die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in 2007 ausschließlich negativ gewesen seien (Hinweis auf BSG Urteil vom 27.6.2013 - B 10 EG 2/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 21).

7

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 24. September 2012 und des Sozialgerichts Lübeck vom 9. November 2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21. Januar 2009 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 2. April 2009 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 16. Juni 2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, das Elterngeld entsprechend dem Bescheid vom 19. September 2008 endgültig festzusetzen.

8

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er schließt sich dem angefochtenen Urteil an und macht ergänzend geltend, das die Einkünfte aus Gewerbebetrieb - auch hinsichtlich der Unternehmensbeteiligungen - zu berücksichtigen seien.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

11

1. Streitgegenstand ist der mit einer Anfechtungsklage zulässig angefochtene Bescheid vom 16.6.2010.

12

a) Die Klägerin verfolgt im Revisionsverfahren ihr Begehren auf endgültige Zahlung von Elterngeld in Höhe von 123,54 Euro für den zweiten Lebensmonat und in Höhe von monatlich 1235,25 Euro für den dritten bis zwölften Lebensmonat ihres am 11.5.2008 geborenen Sohnes, wie mit Bescheid vom 19.9.2008 vorläufig festgesetzt, weiter. Mit der Anfechtungsklage greift sie nach ihrem richtig verstandenen Rechtsschutzziel den Bescheid vom 16.6.2010 an, mit dem der Beklagte erstmals das der Klägerin zustehende Elterngeld niedriger als mit Bescheid vom 19.9.2008 endgültig berechnet und den Erstattungsbetrag auf 5421,03 Euro festgesetzt hat. Der Zulässigkeit der Klage vor dem SG stand nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt ihrer Erhebung die vorläufige Entscheidung noch nicht durch eine endgültige ersetzt war. Denn die Bewilligung vorläufiger Leistungen nach § 8 Abs 3 BEEG ist ein eigenständiger Verwaltungsakt iS des § 31 S 1 SGB X, der gesondert mit Widerspruch und Klage angefochten werden kann(vgl hierzu: BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 6/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 15, RdNr 13 mwN, auch zum Verhältnis der vorläufigen zur endgültigen Entscheidung). Der Bescheid vom 16.6.2010 ist gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, da er den nach § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens gewordenen vorläufigen Bescheid vom 21.1.2009 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 2.4.2009 ersetzt hat. Diese haben sich damit ebenso wie zuvor der Bescheid vom 19.9.2008 auf andere Weise erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X; vgl Steinwedel in KasselerKomm, SGB X, Stand September 2013, § 39 RdNr 26).

13

b) Wie bereits das LSG zu Recht angenommen hat, enthält der Bescheid vom 16.6.2010 mehrere Regelungen (s § 31 SGB X). Erstens nimmt dieser Bescheid eine endgültige Festsetzung des Anspruchs auf Elterngeld vor unter Aufhebung der mit dem Bescheid vom 21.1.2009 aufrecht erhaltenen Nebenbestimmung (§ 32 Abs 1 SGB X)der Erklärung der Vorläufigkeit aus dem zuvor ersetzten Bescheid vom 19.9.2008 (§ 86 SGG). Zweitens setzt der Bescheid vom 16.6.2010 das Elterngeld der Höhe nach endgültig fest und begründet drittens die Verpflichtung der Klägerin zur Erstattung der rechnerischen Überzahlung von 5421,03 Euro. Dabei ist sinnvollerweise aus Sicht der Klägerin nur die zweite und dritte Regelung des Bescheides anzufechten unter Aufhebung des Bescheides vom 21.1.2009 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 2.4.2009. Denn in diesem Fall erstarkte wegen der verbleibenden Aufhebung des Vorläufigkeitsvorbehalts die ursprünglich mit dem Bescheid vom 19.9.2008 bestimmte und von der Klägerin begehrte Höhe des Elterngeldanspruchs von monatlich 1235,25 Euro zu einer endgültigen Festsetzung.

14

2. Der Bescheid vom 16.6.2010 ist formal rechtmäßig erlassen worden; einer vorherigen Anhörung bedurfte es nicht (dazu nachfolgend a). Er ersetzte die zunächst erfolgten vorläufigen Bewilligungsbescheide (dazu nachfolgend b).

15

a) Vor Erlass dieses Verwaltungsaktes wegen der Anpassung von einkommensabhängigen Leistungen an geänderte Verhältnisse war eine Anhörung der Klägerin nicht erforderlich, weil der Beklagte damit Leistungen iS von § 24 Abs 2 Nr 5 SGB X angepasst hat(vgl dazu BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 14 RdNr 21 mwN). Denn von § 24 Abs 2 Nr 5 SGB X werden auch Leistungen erfasst, die - wie das Elterngeld - nur der Höhe nach einkommensabhängig sind und bei Erzielung von Einkommen oberhalb bestimmter Grenzen teilweise entfallen(vgl BSG Urteil vom 21.2.2013 - B 10 EG 12/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 19 RdNr 30 mwN).

16

b) Die Ermächtigung zu einer von den Bescheiden vom 19.9.2008 und 21.1.2009 abweichenden Regelung im oben genannten Bescheid ergibt sich aus dem nach § 8 Abs 3 BEEG zulässigen Vorbehalt der Vorläufigkeit der mit diesen Bescheiden jeweils erfolgten vorläufigen Bewilligungen(s hierzu: BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 14 RdNr 22; Jaritz in Roos/Bieresborn, MuSchG/BEEG - Stand November 2013, § 8 BEEG RdNr 11, 13 f und 15). Erst nach Vorlage der Gewinnermittlungen durch die Klägerin für den Bezugszeitraum (11.5.2008 bis 10.5.2009) war der Beklagte zu einer abschließenden Entscheidung über die Höhe des Elterngeldanspruchs sowie des Rückforderungsbetrages in der Lage.

17

3. Zu Recht ist das LSG im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem SG zu der Auffassung gelangt, das der Klägerin jedenfalls kein höheres Elterngeld für den zweiten bis zwölften Lebensmonat ihres Sohnes zusteht, als es der Beklagte mit Bescheid vom 16.6.2010 endgültig festgesetzt hat und dass diese überzahltes Elterngeld in Höhe von 5421,03 Euro erstatten muss. Der Beklagte hat das Vorliegen der Grundvoraussetzungen für Elterngeld zutreffend bejaht (dazu 3.a) und auf die bei der Klägerin für die Elterngeldberechnung relevanten Einnahmen den zutreffenden Bemessungssatz angewendet (dazu unter 3.b). Entgegen der Ansicht des LSG ist Bemessungszeitraum allerdings nicht das Veranlagungsjahr 2007 sondern die dem Monat der Geburt des Kindes vorausgehenden 12 Monate (dazu 4.). Die Gewinnanteile der Klägerin aus ihren Beteiligungen sind berücksichtigungsfähige Einnahmen aus Gewerbebetrieb und nicht solche aus Vermietung und Verpachtung (dazu 5.). Die Erstattung überzahlten Elterngeldes fordert der Beklagte zu Recht in entsprechender Anwendung von § 42 SGB I zurück (dazu 6.).

18

a) Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld während der Betreuung ihres Sohnes richtet sich nach dem BEEG in der Fassung vom 5.12.2006 (BGBl I 2748). Spätere Änderungen des BEEG zu den §§ 1 und 2(durch das Gesetz vom 19.8.2007 - BGBl I 1970 - zum 28.8.2007 und das Gesetz vom 17.1.2009 - BGBl I 61 - zum 24.1.2009) sind hier nicht einschlägig.

19

Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer 1. einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, 2. mit seinem Kind in einem Haushalt lebt, 3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und 4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt. - Dies ist nach den vom LSG bindend getroffenen Feststellungen der Fall.

20

b) Für die hier streitige Höhe des Elterngeldanspruchs der Klägerin ist § 2 BEEG maßgebend. Nach dessen Abs 1 S 1 wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist nach § 2 Abs 1 S 2 BEEG die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe der Abs 7 bis 9 zu berücksichtigen. Für die Ermittlung des Einkommens weiter einschlägig ist bezüglich der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit § 2 Abs 7 BEEG(vgl insgesamt BSG Urteil vom 27.6.2013 - B 10 EG 2/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 21 RdNr 24), während das zu berücksichtigende Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit nach Maßgabe der Absätze 8 oder 9 (unter Umständen iVm einzelnen Bestimmungen des Abs 7) zu ermitteln ist.

21

4. Bemessungszeitraum ist nicht der steuerliche Veranlagungszeitraum 2007, sondern sind die zwölf dem Monat der Geburt des Kindes vorausgehenden Monate.

22

Sowohl für das Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit als auch für das Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit ist gemäß § 2 Abs 1 S 1 BEEG im Regelfall auf die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes abzustellen (Bemessungszeitraum). Abweichend hiervon bestimmt § 2 Abs 9 S 1 BEEG den durchschnittlich monatlich erzielten Gewinn, wie er sich aus dem für den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt (Ausnahme), als das vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Voraussetzung hierfür ist, dass die dem zu berücksichtigenden Einkommen zugrunde liegende Erwerbstätigkeit sowohl während des gesamten für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraums als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums ausgeübt worden ist, wobei nach der Rechtsprechung des Senats die entsprechende Tätigkeit in beiden Zeiträumen der Art und dem Umfang nach im Wesentlichen gleich gewesen sein muss (vgl BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5).

23

Entgegen der Auffassung des LSG ist vorliegend als Bemessungszeitraum nicht das Veranlagungsjahr 2007, sondern sind die letzten zwölf Monate vor der Geburt des Sohnes der Klägerin im Mai 2008 zugrunde zu legen. Das Bemessungseinkommen ist vorliegend nicht nach § 2 Abs 9 S 1 BEEG zu bestimmen, denn nach der Rechtsprechung des Senats kommt § 2 Abs 9 S 1 BEEG nur dann zum Tragen, wenn sich aus dem danach maßgeblichen Steuerbescheid ein "Gewinn" ergibt, also positive Einkünfte iS des § 2 Abs 1 S 2 BEEG ergeben(zu dieser "Rückausnahme" vgl BSG Urteil vom 27.6.2013 - B 10 EG 2/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 21 RdNr 29 ff mit ausführlicher Darlegung zur Auslegung der positiven Einkünfte im Sinne von § 2 Abs 1 S 2 BEEG sowie zur Gesetzessystematik). Ergeben sich aus dem maßgeblichen Steuerbescheid bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit nur Verluste, würde ohne diese Rückausnahme das Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit ohne hinreichenden Grund nicht - wie grundsätzlich nach § 2 Abs 1 S 1, Abs 7 BEEG vorgesehen - unter Zugrundelegung des Zwölfmonatszeitraums vor der Geburt, sondern des letzten Veranlagungszeitraums ermittelt werden(vgl BSG, aaO, RdNr 35).

24

Die Klägerin hatte nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt ihres Kindes, dem Jahr 2007, insgesamt keine positiven Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Sie war als Kommanditistin an drei Gesellschaften sowohl während des gesamten für die Gewinnermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraums als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums im Jahre 2007 beteiligt. Das der Klägerin steuerrechtlich zugerechnete Einkommen aus Gewerbebetrieb belief sich im Veranlagungszeitraum 2007 entsprechend dem Einkommensteuerbescheid auf minus 64 708 Euro. Dass dieses Ergebnis steuerlich auf einen Verlustausgleich mit anderen Einkunftsarten beruht, ist nicht ersichtlich. Dementsprechend war entgegen den Berechnungen des LSG und des Beklagten § 2 Abs 8 BEEG der Berechnung des Bemessungseinkommens zugrunde zu legen.

25

5. Die Gewinnanteile der Klägerin aus ihren Beteiligungen an Kommanditgesellschaften sind Einnahmen aus Gewerbebetrieb und nicht solche aus Vermietung und Verpachtung. Der Berücksichtigung dieser Einnahmen steht nicht entgegen, dass es bei der unternehmerischen Tätigkeit der Kommanditgesellschaft um die Verwaltung und Vermietung von Immobilien geht und die Klägerin hierfür keine ins Gewicht fallenden Arbeitsleistungen zu erbringen hatte (dazu a). Die Einnahmen aus Gewerbebetrieb und abhängiger Teilzeitbeschäftigung sind im Bezugszeitraum als anzurechnendes Einkommen zu berücksichtigen, sodass sich für den Bezugszeitraum kein höherer als der zuerkannte Elterngeldbetrag ergibt (dazu b).

26

a) Die Einnahmen der Klägerin waren solche aus Gewerbebetrieb. Entgegen dem Vorbringen der Revision sind die Gewinnanteile an den Unternehmensbeteiligungen nicht etwa deshalb herauszurechnen, weil die Klägerin hierfür keine Tätigkeiten entfalten musste oder weil die Q KG Immobilien verwaltet und vermietet. Die Kommanditisten einer KG sind als Unternehmer (Mitunternehmer) der Gesellschaft anzusehen, deren Gewinnanteile auch dann Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind, wenn die unternehmerische Tätigkeit der KG die Verwaltung und Vermietung von Immobilien ist.

27

Für das Einkommen aus selbstständiger Arbeit hat der erkennende Senat den Begriff des "Erzielens von Einkommen" anhand des - strengen - Zuflussprinzips bestimmt (Urteile vom 29.8.2012 - B 10 EG 18/11 R - RdNr 22 ff und vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 14 RdNr 29 ff). Zur Begründung hat er in Abgrenzung zur nichtselbstständigen Arbeit ua ausgeführt, dass der Begriff des Erzielens von Einkommen gesetzessystematisch in der allgemeinen Regelung des § 2 Abs 1 S 1 BEEG ohne Differenzierung nach Einkunftsarten(vgl dazu § 2 Abs 1 S 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 EStG)gebraucht wird und das Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit in § 2 Abs 8 und 9 BEEG eine besonders deutliche steuerrechtliche Ausprägung erhält. Nach § 2 Abs 8 S 2 BEEG ist auf den Gewinn abzustellen, wie er sich aus einer mindestens den Anforderungen des § 4 Abs 3 EStG entsprechenden Berechnung ergibt. Demzufolge ist insoweit der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben im steuerrechtlichen Sinne maßgebend. Noch eindeutiger ist der Bezug auf das Steuerrecht in § 2 Abs 9 BEEG verankert. Nach Satz 1 dieser Bestimmung gilt als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus der Erwerbstätigkeit der durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn, wie er sich aus dem für den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt. Für Einkommen aus selbstständiger Arbeit sind im BEEG eigenständige Regelungen getroffen, die den Besonderheiten dieser Einkunftsarten Rechnung tragen (s hierzu insgesamt: Urteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 19/09 R - BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6, RdNr 31; Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 5/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 11 RdNr 26; vgl auch Dau, jurisPR-SozR 1/2012 Anm 4). § 2 Abs 1 S 2 iVm Abs 7 bis 9 BEEG unterscheidet nur zwischen den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit einerseits und aus nichtselbstständiger Arbeit andererseits. Eine Differenzierung innerhalb der Einkünfte danach, ob die Tätigkeit mehr oder weniger zeitbezogen ausgeübt wird, ist somit ausgeschlossen. Sie wäre auch kaum praktikabel.

28

Vor diesem Hintergrund hat das LSG zu Recht die Gewinnanteile der Klägerin als Kommanditistin als Einkünfte aus Gewerbebetrieb angesehen. Derartige Einkommen sind unabhängig vom Geschäftszweck der Gesellschaft eindeutig steuerrechtlich als solche in § 2 Abs 1 Nr 2 iVm § 15 Abs 1 Nr 2 EStG definiert. Hierauf nimmt das BEEG in § 2 Abs 1 S 2 Bezug. Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung stellen demgegenüber nach § 2 Abs 1 Nr 6 EStG eine andere steuerrechtliche Art der Erzielung von Einkommen dar und rechtfertigen auch eine andere elterngeldrechtliche Bewertung. So hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 3.12.2009 (- B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 30 ff) ausgeführt, dass § 2 Abs 8 und 9 BEEG in Ausführung von § 2 Abs 1 S 2 BEEG alle typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Einkunftsarten erfassen: "Das sind nach dem Katalog in § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 3 EStG Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft(§ 13 EStG), Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) und Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG), bei denen sich die Einkünfte aus dem Gewinn ergeben (§ 2 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG). Nach der Definition in § 15 Abs 2 S 1 EStG handelt es sich bei den diesen Einkünften zugrunde liegenden Erwerbstätigkeiten um selbstständige nachhaltige Betätigungen, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen werden und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellen. Dabei können die selbstständigen Erwerbstätigen ua den zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeit selbst bestimmen." Dies gilt grundsätzlich auch für die Klägerin hinsichtlich ihrer Gewinnanteile, auch wenn sie als Kommanditistin und Geschäftsführerin tatsächlich insoweit keine Arbeitsleistung erbracht hat (s zur Abgrenzung einer selbstständigen von einer nichtselbstständigen Tätigkeit: BFHE 144, 225; BFH/NV 2009, 1814). Die Klägerin trug jedenfalls das Unternehmerrisiko und zeigte auch Unternehmerinitiative (vgl hierzu BFHE 236, 464, RdNr 36 ff). Dies reicht aus, ihre Einnahmen aus Beteiligungen an einem Gewerbetrieb den typischerweise mit persönlichem Arbeitseinsatz verbundenen Eigenschaften zuzurechnen. Zu diesen typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Einkunftsarten hat der Gesetzgeber des BEEG die Einkünfte nach § 2 Abs 1 Nr 5 bis 7 EStG hingegen nicht mehr gezählt.

29

Die unterschiedliche Behandlung von Einkommen aus Gewerbebetrieb einerseits und Vermietung und Verpachtung andererseits verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören (§ 6, § 25 Abs 2 S 2, § 68 Nr 15a SGB I), einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr des BVerfG - seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 70). Ebenso verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 3 RdNr 8 mwN).

30

Durch die dargestellte andersartige Ermittlung der Bemessungsgrundlage des Elterngeldes infolge der Berücksichtigung von Einkünften aus Gewerbebetrieb und Nichtberücksichtigung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung werden die betroffenen Personengruppen zwar rechtlich unterschiedlich behandelt. Diese unterschiedliche Behandlung ist aber sachlich gerechtfertigt, da typisierend betrachtet die Ausübung der jeweiligen Erwerbstätigkeit sowie die Art der Erzielung des Einkommens wesentlich voneinander abweichen. Denn der Gesetzgeber hat die Erzielung der Einnahmen aus Gewerbebetrieb im Gegensatz zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung als typischerweise mit persönlichem Einsatz verbunden angesehen. Gerade die mit der Einschränkung persönlichen Einsatzes (Arbeit) einhergehenden Einkommenseinbußen möchte das BEEG teilweise ausgleichen, um die Erziehung und Betreuung des Kindes zu gewährleisten. Zu dieser Typisierung und Pauschalierung war der Gesetzgeber aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung unter Rückgriff auf das Steuerrecht verfassungsrechtlich berechtigt (vgl zum Veranlagungszeitraum bereits BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 36 ff), auch wenn es im Einzelfall zu Abweichungen bei der Art und Weise der Einkommenserzielung kommen kann. Schließlich wendet sich die Klägerin selbst auch nicht gegen die Nichtberücksichtigung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Sie hat es in der Hand, ob sie selbst ihre Immobilien vermietet oder eine Gesellschaft dazwischen schaltet.

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Ein Verstoß gegen Art 6 Abs 1 GG liegt gleichfalls nicht vor (s bereits zum Umfang des Abwehrrechts aus Art 6 Abs 1 GG: BSG Urteil vom 27.6.2013 - B 10 EG 10/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 22 RdNr 54 ff). Das BEEG lässt grundsätzlich auch die Personengruppe der Klägerin nicht ohne Schutz, da ihr grundsätzlich ein vom Einkommen aus Erwerbstätigkeit abhängiges Elterngeld gezahlt wird, zumindest in Höhe des Sockelbetrages. Diese Förderung genügt den Anforderungen, die sich aus Art 6 Abs 1 GG ergeben. Bereits mit der Einrichtung von Elterngeld und Elternzeit wird die Möglichkeit der Eigenbetreuung von Kindern in beachtlichem Umfang gefördert. Zu einer weitergehenden Förderung der Kinderbetreuung innerhalb der Familie war der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet (vgl BVerfG Beschluss vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - ZFSH/SGB 2011, 537, RdNr 9). Dabei ist auch die gesetzgeberische Entscheidung, bei der Bemessung des Elterngeldes an das bisherige Erwerbseinkommen anzuknüpfen, von legitimen Zwecken getragen (BVerfG Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214 RdNr 20).

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b) Die nach der Geburt ihres Sohnes erzielten Einnahmen der Klägerin aus Gewerbebetrieb und abhängiger Teilzeitbeschäftigung sind im Bezugszeitraum als anzurechnendes Einkommen zu berücksichtigen und auf das Elterngeld anzurechnen. Auch wenn unterstellt wird, dass die Klägerin in den zwölf Monaten vor dem Monat der Geburt ihres Sohnes (Bemessungszeitraum) Einnahmen von mehr als 2700 Euro monatlich erzielte und sich somit der "Elterngeld-Höchstbetrag" errechnete, ergibt sich wegen Anrechnung von Einkommen für den Bezugszeitraum kein höheres Elterngeld, als es mit Bescheid vom 16.6.2010 zuerkannt wurde. Auf eine konkrete Berechnung des Elterngeldes im Bemessungszeitraum kommt es insoweit nicht an.

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Die Klägerin ging im Bezugszeitraum einer Teilzeitarbeit nach und erzielte zudem noch Einkommen aus Gewerbebetrieb. Nach § 2 Abs 3 S 1 BEEG wird für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, das durchschnittlich geringer ist als das nach Abs 1 berücksichtigte durchschnittlich erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, Elterngeld nur in Höhe des nach Abs 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Dabei ist nach § 2 Abs 3 S 2 BEEG als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus Erwerbstätigkeit höchstens der Betrag von 2700 Euro anzusetzen.

34

Selbst wenn man danach zugunsten der Klägerin von einem maximalen Bemessungsentgelt im Bemessungszeitraum in Höhe von 2700 Euro ausgeht - also einem maximal möglichen Zahlungsanspruch von 1800 Euro monatlich - hat diese nach den nicht mit der Revision angegriffenen Feststellungen des LSG im Bezugszeitraum lediglich Anspruch auf sogenanntes aufstockendes Elterngeld (s hierzu Jaritz in Roos/Bieresborn, MuSchG/BEEG, Stand November 2013, § 2 BEEG RdNr 36) in Höhe des Sockelbetrages von 300 Euro monatlich. Der tatsächlich von dem Beklagten zuerkannte Betrag von 420,72 Euro monatlich liegt darüber und stellt die Klägerin sogar besser.

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In dem hier maßgeblichen Bezugszeitraum vom 11.5.2008 bis 10.5.2009 hat die Klägerin nach Abzug von Steuern, Sozialversicherungsbeiträgen und der Werbungskostenpauschale monatlich durchschnittliche Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 785,14 Euro erzielt. Gleichzeitig hatte sie ausweislich der Steuerbescheide für 2008 und 2009 aus selbstständiger Tätigkeit auch ohne Berücksichtigung einer Steuergutschrift von über 40 000 Euro in 2008 ein monatlich anrechenbares Nettoeinkommen von 583,84 Euro und in 2009 in Höhe von 3427,84 Euro. Zu Recht hat das LSG ausgeführt, dass auch bei pauschaler Zugrundelegung voller Monate im Mai 2008 und April 2009 ein durchschnittlich monatliches Nettoeinkommen aus selbstständiger Tätigkeit von 1531,84 Euro als Vergleichsbetrag im Bezugszeitraum zu berücksichtigen ist (583,83 Euro x 8 Monate = 4670,64 Euro + 3427,84 Euro x 4 Monate = 13 711,36 Euro, insgesamt 18 382 Euro / 12 Monate = 1531,84 Euro). Addiert man hierzu noch den monatlichen Betrag aus nichtselbstständiger Arbeit von 785,14 Euro, ergibt dies 2316,98 Euro monatlich. Subtrahiert man nunmehr diesen Betrag von den maximal zu berücksichtigenden 2700 Euro gemäß § 2 Abs 3 S 2 BEEG, so verbleiben 384,02 Euro. Diese Summe liegt bereits unter den monatlich zuerkannten 420,72 Euro, ist aber nach § 2 Abs 3 S 1 BEEG nochmals auf 67 % zu reduzieren (= 257,29 Euro). Damit verbliebe nur der Sockelbetrag in Höhe von 300 Euro (§ 2 Abs 5 S 1 BEEG) als Elterngeldanspruch im Bezugszeitraum.

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6. Die Erstattungsforderung über 5421,03 Euro ist rechtmäßig. Das LSG hat die Erstattungsforderung des Beklagten in Höhe von 5421,03 Euro laut Bescheid vom 16.6.2010 zu Recht auf § 42 Abs 2 S 2 SGB I gestützt, weil das vorläufig und mit dem Vorbehalt der Rückforderung nach den Bescheiden vom 19.9.2008 und 21.1.2009 gezahlte Elterngeld von dem Beklagten zumindest in dieser Höhe (nach dessen Berechnung) überzahlt worden ist. Zur bescheidmäßigen Feststellung der Pflicht eines Elterngeldempfängers, einen überzahlten Elterngeldbetrag zu erstatten, hat der erkennende Senat bereits entschieden, dass in Fällen der vorläufigen Zahlung von Elterngeld (§ 8 Abs 3 BEEG) § 42 Abs 2 S 2 SGB I als spezielle Ermächtigungsgrundlage für die Feststellung einer Erstattungspflicht in Betracht kommt(s umfassend: Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 14 RdNr 39 ff). Danach kann eine Rückforderung auf § 42 Abs 2 S 2 SGB I gestützt werden, wenn bei der Bewilligung des Geldbetrages deutlich genug auf die an keine weiteren Voraussetzungen geknüpfte Erstattungspflicht hingewiesen worden ist(vgl zB BSGE 106, 244 = SozR 4-1200 § 42 Nr 2, RdNr 14; BSG SozR 3-1200 § 42 Nr 6 S 18 ff). Die Notwendigkeit eines solchen Hinweises rechtfertigt sich daraus, dass die Erstattung überzahlter Leistungen nach § 50 SGB X stets an die Prüfung eines Vertrauensschutzes für den Empfänger und ggf auch an die Ausübung von Ermessen geknüpft ist(vgl BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R - aaO).

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Sowohl der Bescheid vom 19.9.2008 als auch der Bescheid vom 21.1.2009 enthalten ausdrückliche Hinweise auf die Vorläufigkeit der Elterngeldzahlung, der Bescheid vom 19.9.2008 stellt die Verpflichtung der Klägerin fest, "ggf. überzahltes Elterngeld … zu erstatten". Diese Verpflichtung spricht der Bescheid vom 21.1.2009 konkret in Höhe von 6640,29 Euro aus, sodass ein weitergehender Vertrauensschutz der Klägerin nicht ersichtlich oder geboten ist. Einer Rückabwicklung gemäß § 42 Abs 2 S 2 SGB I steht auch nicht entgegen, das der Beklagte mit Bescheid vom 21.1.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2.4.2009 die Rückzahlungspflicht neben der Festsetzung im Bescheid vom 19.9.2008 auch auf § 50 SGB X gestützt und eine Vertrauensschutz- und Ermessensprüfung durchgeführt hat. Dieses ist unschädlich, weil der Regelungsgehalt hinsichtlich der Forderung einer Erstattung überzahlten Elterngeldes in einer bestimmten Höhe nicht berührt wird (vgl BSG Urteil vom 1.7.2010 - B 11 AL 19/09 R - BSGE 106, 244 = SozR 4-1200 § 42 Nr 2, RdNr 21 mwN). Die Klägerin ist somit dem Beklagten gegenüber zur Erstattung überzahlten Elterngeldes in Höhe von 5421,03 Euro verpflichtet.

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7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.