Bundessozialgericht Urteil, 12. Dez. 2017 - B 11 AL 26/16 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:121217UB11AL2616R0
bei uns veröffentlicht am12.12.2017

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 19. Mai 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt Fahrkosten aus dem Vermittlungsbudget der Beklagten anlässlich der Aufnahme eines Bundesfreiwilligendienstes (BFD).

2

Die arbeitsuchend gemeldete, aber nicht im Leistungsbezug stehende, 1964 geborene Klägerin schloss mit der Beklagten eine Eingliederungsvereinbarung (EV) mit einer Geltungsdauer bis zum 22.10.2011, die als Ziel die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung als Industriekauffrau im regionalen Bereich nannte (EV vom 26.10.2010). Diese EV wurde am 7.4.2011 überprüft und ohne Änderung fortgeschrieben. Zu den von der Beklagten in Aussicht gestellten Leistungen war ua ausgeführt:

"Wir können Ihnen im Rahmen des Vermittlungsbudgets finanzielle Hilfen zur Unterstützung der Bewerbungsaktivitäten bis zu 120,00 € für den Zeitraum vom 24.8.2010 bis 23.8.2011 folgende Leistungen gewähren:
- Bewerbungskosten max. 50 Euro/Jahr
- Reisekosten zur Vorstellung im Tagespendelbereich lt. BRKG
- Fahrkosten bei Arbeitsaufnahme bis max. 3 Monate lt. BRKG"

3

Am 11.8.2011 beantragte die Klägerin die Erstattung von Kosten für eine schriftliche Bewerbung (5 Euro) zur Ableistung eines BFD in einem Klinikum sowie Reisekosten für ein entsprechendes Vorstellungsgespräch (6 Euro), das am 29.8.2011 stattfand. Ferner beantragte sie am 18.8.2011 die Erstattung von Fahrkosten für eine Monatskarte und für Benzin- sowie weiterer Fahrzeugkosten (angegebene Gesamtkosten: 4641,29 Euro), die im Zusammenhang mit der Aufnahme des BFD entstehen würden. Die Klägerin verpflichtete sich zur Ableistung des BFD vom 1.9.2011 bis 28.2.2013 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden.

4

Die Beklagte lehnte die Anträge auf Kostenerstattung für Fahrkosten mit der Begründung ab, es bestehe beim BFD zwar Versicherungspflicht, jedoch handele es sich nicht um eine Beschäftigung iS von § 7 SGB IV(Bescheid vom 5.9.2011; Widerspruchsbescheid vom 10.10.2011).

5

Im Klageverfahren hat das SG die Beklagte antragsgemäß verpflichtet, über die Anträge der Klägerin vom 11.8.2011 und 18.8.2011 "bezüglich der Reisekosten und Fahrkosten für Pendelfahrten zur Aufnahme des Bundesfreiwilligendienstes unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden". Die Beklagte habe zu Unrecht festgestellt, die Aufnahme einer Tätigkeit nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz sei grundsätzlich nicht nach § 45 SGB III förderfähig(Urteil vom 9.10.2014).

6

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 19.5.2016). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, auch wenn es sich bei der Tätigkeit im BFD um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne des Arbeitsförderungsrechts handele, mangele es an der weiteren Anspruchsvoraussetzung der Notwendigkeit der Förderung für die berufliche Eingliederung. Eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget sei nicht bereits dann notwendig, wenn die Förderung lediglich in irgendeiner Weise für die berufliche Eingliederung sachdienlich und wünschenswert sei. Die im Rahmen des BFD zu erwerbenden Kompetenzen könnten sich allenfalls mittelbar auf eine spätere berufliche Eingliederung der Klägerin auswirken, was für eine Förderung nicht ausreiche.

7

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III in der bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung. Das Berufungsgericht habe die Anspruchsvoraussetzung der "Notwendigkeit der Förderung für die berufliche Eingliederung" in seinem Bedeutungsgehalt verkannt. Auch ein BFD könne grundsätzlich notwendig für die berufliche Eingliederung sein. Gefordert sei eine an den Umständen des Einzelfalls orientierte Ermessensentscheidung.

8

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sächsischen LSG vom 19. Mai 2016 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Chemnitz vom 9. Oktober 2014 zurückzuweisen.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend und verweist ergänzend auf das Urteil des Senats vom 23.2.2017 (B 11 AL 1/16 R), aus dem sich ergebe, dass Teilnehmer des BFD zwar versicherungspflichtig, nicht aber (im eigentlichen Sinne) Beschäftigte seien.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat ohne Verletzung von Bundesrecht (vgl § 163 SGG) auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Entgegen der Auffassung des SG hat die Klägerin keinen Anspruch auf Neubescheidung.

12

Gegenstand des Verfahrens ist neben den vorinstanzlichen Entscheidungen der Bescheid der Beklagten vom 5.9.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2011, durch den die Beklagte es abgelehnt hat, auf die Anträge der Klägerin vom 11.8.2011 und 18.8.2011 Leistungen aus dem Vermittlungsbudget anlässlich des von dieser am 1.9.2011 angetretenen BFD zu erbringen. Die Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) in Form der Bescheidungsklage statthaft. Die Klägerin begehrt mit der Behauptung, die Beklagte habe die Grenzen ihres Ermessens überschritten bzw von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (§ 54 Abs 2 Satz 2 SGG), keine bestimmte (Geld-)Leistung, sondern allein eine erneute Entscheidung der Beklagten unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts. Dabei macht sie nach ihrem vor dem SG gestellten Antrag nur noch Fahrkosten geltend.

13

Gründe, die einer Sachentscheidung des Senats entgegenstehen würden, liegen nicht vor. Insbesondere war die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zulässig. Die Klägerin hat die Fahrkosten nach Aufnahme des BFD bereits auf 4641,29 Euro beziffert und diesen Betrag trotz angegebener Krankheitszeiten zu Beginn des BFD nicht korrigiert, sodass der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 Euro (vgl § 144 Abs 1 Nr 1 SGG) übersteigt.

14

Das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass kein Anspruch auf Neubescheidung besteht.

15

Ein möglicher Anspruch der Klägerin auf Förderung aus dem Vermittlungsbudget lässt sich zunächst nicht unmittelbar aus der EV herleiten. Zwar kommt nach der Rechtsprechung des Senats die EV als eigenständige Rechtsgrundlage für Leistungen der aktiven Arbeitsmarktförderung in Betracht (BSG vom 6.12.2012 - B 11 AL 15/11 R - BSGE 112, 241 = SozR 4-1300 § 59 Nr 1, RdNr 18 ff; vgl auch BSG vom 2.4.2014 - B 4 AS 26/13 R - BSGE 115, 210 = SozR 4-4200 § 15 Nr 3, RdNr 31). In der zwischen den Beteiligten geschlossenen EV vom 26.10.2010 waren indes, wie vom LSG zutreffend ausgeführt, keine konkreten Leistungen speziell für die Aufnahme eines BFD vorgesehen.

16

Als Rechtsgrundlage für die begehrten Fahrkosten kommt daher allein § 45 SGB III(in der bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 - BGBl I 2917 - im Folgenden: aF) in Betracht, der wörtlich mit § 44 Abs 1 Satz 1 SGB III(in der ab dem seit 1.4.2012 geltend Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 - BGBl I 2854) übereinstimmt. Doch liegen die Anspruchsvoraussetzungen dieser Vorschrift nicht vor.

17

Nach § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III aF können Ausbildungssuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Sie sollen insbesondere bei der Erreichung der in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Eingliederungsziele unterstützt werden (§ 45 Abs 1 Satz 2 SGB III aF). Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird (§ 45 Abs 1 Satz 3 SGB III aF). Nach § 45 Abs 3 Satz 1 SGB III aF entscheidet die Agentur für Arbeit über den Umfang der zu erbringenden Leistungen und kann Pauschalen festlegen.

18

Eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget erfordert danach, dass bestimmte persönliche und sachliche Anspruchsvorrausetzungen erfüllt sind und steht im Übrigen im Ermessen der Arbeitsagentur. An die Stelle des bis zum 31.12.2009 noch bestehenden detaillierten Leistungskatalogs ist eine "Generalklausel" zur Förderung des berechtigten Personenkreises getreten (vgl BSG vom 12.5.2011 - B 11 AL 25/10 R - SozR 4-4300 § 45 Nr 3, RdNr 24; zur Rechtsentwicklung vgl Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, § 44 SGB III RdNr 5 f und 8 ff, Stand März 2013; Urmersbach in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 44 RdNr 8 und 18 ff, Stand Februar 2013).

19

Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG war die Klägerin vor Antritt des BFD zum 1.9.2011 zwar arbeitslos (vgl § 16 Abs 1 SGB III; § 119 SGB III aF) und gehörte damit zu dem grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis einer Förderung aus dem Vermittlungsbudget. Doch fehlt es an den darüber hinaus erforderlichen sachlichen Anspruchsvoraussetzungen. Nach § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III aF muss eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget stets auf das Ziel der beruflichen Eingliederung durch eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgerichtet sein, was in einem ersten Prüfungsschritt festzustellen ist. Erst daran anknüpfend erfolgt in einem zweiten Schritt die Prüfung, ob die Förderung für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Bezogen auf die Aufnahme des BFD durch die Klägerin liegt hier schon keine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Ausrichtung auf eine versicherungspflichtige Beschäftigung vor.

20

Eine Förderung kann nach § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III aF zwar sowohl auf die Anbahnung als auch auf die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gerichtet sein. Das Förderungsziel der "Anbahnung" ist dabei nach allgemeinem Sprachverständnis weiter gefasst und kann unspezifischer sein, als das Ziel "Aufnahme", das schon denknotwendig auf eine ganz bestimmte Beschäftigung gerichtet sein muss (vgl Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, § 44 SGB III RdNr 25 f, Stand März 2013; Herbst in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, § 44<1. Überarbeitung> RdNr 77 ff). Auf jegliche Konkretisierung der versicherungspflichtigen Beschäftigung, auf die sich die Förderung richtet, darf gleichwohl auch bezogen auf die Alternative "Anbahnung" nicht verzichtet werden, denn ansonsten liefe der im Gesetz festgelegte Anknüpfungspunkt "versicherungspflichtige Beschäftigung" weitgehend leer. Dies gilt auch für den Fall, dass eine Förderung - entsprechend der nicht in Frage zu stellenden Praxis der Beklagten - zum Abbau allgemein vermittlungsrelevanter Hemmnisse erfolgen soll (vgl Fachliche Weisung der Bundesagentur für Arbeit zu § 44 SGB III RdNr 44.12, Stand 20.10.2017).

21

Insoweit ist Voraussetzung, dass das Eingliederungsziel wenigstens auf bestimmte in Betracht kommende Beschäftigungsgruppen konkretisiert wird (so auch Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, § 44 SGB III RdNr 25, Stand März 2013). Hierfür bietet sich insbesondere eine EV (vgl § 37 Abs 2 SGB III) an, was schon durch den Verweis in § 45 Abs 1 Satz 2 SGB III aF auf die EV deutlich wird, und wie es im vorliegenden Fall durch die Formulierung des Ziels der Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung der Klägerin als Industriekauffrau auch erfolgt ist. Eine Förderung ohne diesen konkreten Bezugspunkt kann ansonsten allenfalls als Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung gemäß § 45 SGB III erfolgen(zu dieser Abgrenzung Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, § 44 SGB III RdNr 6, Stand März 2013), soweit die Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

22

Hier bezieht sich die von der Klägerin beantragte Förderung aus dem Vermittlungsbudget unmittelbar auf die Aufnahme des BFD zum 1.9.2011. Dieser ist aber für sich genommen schon nicht als versicherungspflichtige Beschäftigung iS des § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III aF anzusehen. Beitragsrechtlich ist der BFD einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zwar gleichgestellt. Dies hat der Senat insbesondere aus dem vom Gesetzgeber beabsichtigten sozialen Schutz des Dienstleistenden abgeleitet (BSG vom 23.2.2017 - B 11 AL 1/16 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 16 ff). Doch führt dieser Schutz nicht dazu, dass der BFD auch im Regelungszusammenhang der aktiven Arbeitsförderung als (versicherungspflichtige) Beschäftigung anzusehen ist, bzw einer solchen gleichzustellen wäre (aA Mutschler in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 5. Aufl 2017, § 44 SGB III RdNr 8).

23

Bei einem BFD handelt es sich schon nicht um eine Beschäftigung iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV. Diese ist definiert als nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Die Freiwilligen im BFD stehen zu dessen Träger aber weder in einem Arbeits- noch einem Ausbildungsverhältnis (so zur vergleichbaren Tätigkeit in einem Freiwilligen Sozialen Jahr BSG vom 23.2.2017 - B 11 AL 1/16 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 16 mwN). Vielmehr stellt der BFD von seiner Konzeption her eine freiwillige Betätigung für das Allgemeinwohl dar (vgl § 1 BFDG) und ist damit einem Ehrenamt ähnlich (so BSG vom 26.7.2016 - B 4 AS 54/15 R - SozR 4-4225 § 1 Nr 3 RdNr 26, wonach der BFD auch keine Erwerbstätigkeit im Sinne des SGB II ist). Seine Förderung mag gesamtgesellschaftlich zwar höchst sinnvoll sein, den spezifischen Eingliederungszielen der Arbeitsförderung entspricht sie jedoch nicht.

24

Denn Ziel und Kernaufgabe der aktiven Arbeitsförderung ist gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 SGB III der Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt(vgl BT-Drucks 16/10810 S 26; dazu Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 1 RdNr 27 f, Stand Februar 2013; Timme in Hauck/Noftz, SGB III, K § 1 RdNr 11, Stand V/2012). Aktive Arbeitsförderung bezieht sich damit auf Beschäftigung, die für diesen Ausgleich von Bedeutung sein kann. Gestützt wird dieser Befund durch die weiteren in § 1 SGB III genannten Programmsätzen bzw Handlungsrichtlinien(ausführlich dazu Schmidt-De Caluwe in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, 6. Aufl 2017, § 1 RdNr 28 ff; Deinert in Gagel, SGB II/SGB III, § 1 RdNr 102 ff, Stand Juni 2016). So soll nach § 1 Abs 1 Satz 4 SGB III die Arbeitsförderung zum Erreichen eines hohen Beschäftigungsstandes beitragen und die Beschäftigungsstruktur ständig verbessern. Nach § 1 Abs 2 Nr 2 und 3 SGB III soll darüber hinaus durch Leistungen der Arbeitsförderung insbesondere die individuelle Beschäftigungsfähigkeit gefördert und unterwertiger Beschäftigung entgegengewirkt werden. Ein Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und die Verwirklichung der weiteren genannten Ziele lässt sich aber durch die Förderung von freiwilligen Betätigungen im gesellschaftlichen Bereich, wie etwa dem BFD, die wirtschaftspolitisch kaum von Belang sind, nicht erreichen.

25

Hinzu kommen weitere systematische Erwägungen, die ebenfalls gegen die Beurteilung des BFD als Beschäftigung iS des § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III aF sprechen. Soweit nämlich in § 2 Abs 5 SGB III Arbeitnehmern auferlegt wird, als allgemeine Obliegenheiten zumutbare Beschäftigungsverhältnisse fortzusetzen, eigenverantwortlich nach Beschäftigungen zu suchen oder eine zumutbare Beschäftigung aufzunehmen, kann sich dies nicht auf Betätigungen wie den BFD beziehen. Gleiches gilt für die in § 2 Abs 4 Satz 1 SGB III normierte Unterrichtungspflicht der Arbeitgeber gegenüber der BA bei betrieblichen Maßnahmen, die Auswirkung auf die Beschäftigung haben können. Zudem wird sich auch die Vermittlungstätigkeit der Beklagten, die nach § 35 Abs 1 Satz 2 SGB III ua alle Tätigkeiten umfasst, die Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zusammenführen(vgl dazu nur Rademacker in Hauck/Noftz, SGB III, K § 35 RdNr 28 ff, Stand IV/2013), nicht direkt auf die Vermittlung eines BFD erstrecken dürfen.

26

Der von der Klägerin aufgenommene BFD scheidet auch als Gegenstand für eine (nur) auf die Anbahnung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gerichteten Förderung im Sinne der zweiten Alternative des § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III aF aus. Soweit der BFD auf lebenslanges Lernen ausgerichtet ist (§ 1 Satz 2 BFDG) und das Ziel verfolgt, soziale, ökologische, kulturelle sowie interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln (§ 4 Abs 1 BFDG), können solche Kompetenzen zwar durchaus für ein "normales" Beschäftigungsverhältnis von großer Bedeutung sein. Deshalb erscheint es nicht ausgeschlossen, auch einen BFD jedenfalls mittelbar zum Gegenstand einer Förderung aus dem Vermittlungsbudget zu machen. Doch würde dies voraussetzen, dass ein solches besonderes Förderziel, nämlich den BFD als Schritt auf dem Weg zu einer versicherungspflichtigen Beschäftigung vorzusehen, konkret erwogen und in ein individuelles Förderkonzept aufgenommen wurde.

27

Hierfür gibt es vorliegend indes keine Anhaltspunkte. Denn auch für ein solches Konzept bietet sich in erster Linie die EV an. In der zwischen der Klägerin und der Beklagten abgeschlossenen EV wurde als Ziel aber lediglich die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung als Industriekauffrau beschrieben. Ein BFD war weder unmittelbar noch mittelbar Gegenstand der EV. Es ist nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG nichts dafür ersichtlich, dass der BFD als Gegenstand der beruflichen Eingliederung überhaupt einmal vor Beantragung der Leistungen aus dem Vermittlungsbudget zwischen der Klägerin und der Beklagten thematisiert worden wäre.

28

Fehlt es danach also schon an dem im Rahmen des § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III aF zu prüfenden förderbaren Eingliederungsziel, kommt es auf die von der Revision problematisierte Frage nach dem weiteren Bedeutungsgehalt der Anspruchsvoraussetzung "Notwendigkeit der Förderung für die berufliche Eingliederung", die im zweiten Schritt zu prüfen gewesen wäre, nicht an.

29

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Urteil, 12. Dez. 2017 - B 11 AL 26/16 R

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(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch

1.
Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowie Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen,
2.
(weggefallen)
3.
Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung,
4.
Heranführung an eine selbständige Tätigkeit oder
5.
Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme
unterstützen (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung). Für die Aktivierung von Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen, insbesondere auf Grund der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit, besonders erschwert ist, sollen Maßnahmen gefördert werden, die nach inhaltlicher Ausgestaltung und Dauer den erhöhten Stabilisierungs- und Unterstützungsbedarf der Arbeitslosen berücksichtigen. Versicherungspflichtige Beschäftigungen mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind den versicherungspflichtigen Beschäftigungen nach Satz 1 Nummer 3 gleichgestellt. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten für die Teilnahme, soweit dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Die Förderung kann auf die Weiterleistung von Arbeitslosengeld beschränkt werden.

(2) Die Dauer der Einzel- oder Gruppenmaßnahmen muss deren Zweck und Inhalt entsprechen. Soweit Maßnahmen oder Teile von Maßnahmen nach Absatz 1 bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, dürfen diese jeweils die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Die Vermittlung von beruflichen Kenntnissen in Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung darf die Dauer von acht Wochen nicht überschreiten. Maßnahmen des Dritten Abschnitts sind ausgeschlossen.

(3) Die Agentur für Arbeit kann unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 beauftragen.

(4) Die Agentur für Arbeit kann der oder dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung nach Absatz 1 bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt festlegen (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional beschränkt werden. Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein berechtigt zur Auswahl

1.
eines Trägers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende und nach § 179 zugelassene Maßnahme anbietet,
2.
eines Trägers, der eine ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet, oder
3.
eines Arbeitgebers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende betriebliche Maßnahme von einer Dauer bis zu sechs Wochen anbietet.
Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 1 und der ausgewählte Arbeitgeber nach Satz 3 Nummer 3 haben der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vor Beginn der Maßnahme vorzulegen. Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 2 hat der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen.

(5) Die Agentur für Arbeit soll die Entscheidung über die Ausgabe eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach Absatz 4 von der Eignung und den persönlichen Verhältnissen der Förderberechtigten oder der örtlichen Verfügbarkeit von Arbeitsmarktdienstleistungen abhängig machen.

(6) Die Vergütung richtet sich nach Art und Umfang der Maßnahme und kann aufwands- oder erfolgsbezogen gestaltet sein; eine Pauschalierung ist zulässig. § 83 Absatz 2 gilt entsprechend. Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen Träger nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2 beträgt die Vergütung 2 500 Euro. Bei Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderungen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches kann die Vergütung auf eine Höhe von bis zu 3 000 Euro festgelegt werden. Die Vergütung nach den Sätzen 3 und 4 wird in Höhe von 1 250 Euro nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung ist ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis

1.
von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist oder
2.
bei einem früheren Arbeitgeber begründet wird, bei dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor Aufnahme der Beschäftigung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt.

(7) Arbeitslose, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, dessen Dauer nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht, und nach einer Arbeitslosigkeit von sechs Wochen innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, haben Anspruch auf einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2. In die Frist werden Zeiten nicht eingerechnet, in denen die oder der Arbeitslose an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sowie an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat.

(8) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 3 Nummer 3 darf bei Langzeitarbeitslosen oder Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen besonders erschwert ist, die Teilnahme an Maßnahmen oder Teilen von Maßnahmen, die bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, jeweils die Dauer von zwölf Wochen nicht überschreiten.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil das Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Klägerin für die Zeit vom 8. bis 30.9.2008 höheres Arbeitslosengeld (Alg) zusteht.

2

Die 1988 geborene Klägerin leistete nach Beendigung ihrer Schulausbildung in der Zeit vom 27.8.2007 bis 26.8.2008 ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) beim Deutschen Roten Kreuz des Saarlandes als Träger ab. Einsatzstelle war das Centre Hospitalier "L" in S, Frankreich, wo sie als Freiwillige tätig war. Als Grundlage diente die zwischen dem Träger und der Klägerin im Mai 2007 geschlossene "Vereinbarung über die Ableistung eines FSJ" nach deren Inhalt sie verpflichtet war, die Dienst- und Hausordnung sowie die Weisungen der Einsatzstelle zu befolgen und die ihr übertragenen Aufgaben verantwortungsbewusst zu erfüllen. Der Träger verpflichtete sich, der Klägerin ein monatliches Taschengeld in Höhe von 150 Euro sowie einen monatlichen Verpflegungs- und Fahrtkostenzuschuss in Höhe von 55 Euro zu zahlen, eine angemessene Unterkunft zur Verfügung zu stellen und für sie Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zu entrichten. Zudem wurden 25 Tage Jahresurlaub sowie Fortzahlung des Taschengeldes im Krankheitsfall vereinbart.

3

Im Anschluss an das FSJ meldete sich die Klägerin am 8.9.2008 arbeitslos und beantragte Alg. Sie legte eine Arbeitsbescheinigung des Trägers über ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt von insgesamt 2460 Euro im Zeitraum vom 27.8.2007 bis 26.8.2008 vor und gab an, am 1.10.2008 ein Studium aufzunehmen.

4

Die Beklagte bewilligte ihr vom 8. bis 30.9.2008 Alg in Höhe von 3,19 Euro täglich, das sie ausgehend von einem Bemessungsentgelt von 6,72 Euro täglich berechnete (allgemeiner Leistungssatz, Lohnsteuerklasse 1; Bescheid vom 8.10.2008). Der Widerspruch der Klägerin - gerichtet auf höheres Alg bemessen nach einem fiktiven Arbeitsentgelt der Qualifikationsgruppe 4 - blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 1.12.2008).

5

Das SG hat die angefochtenen Bescheide abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für den streitigen Zeitraum Alg in Höhe von täglich 7,51 Euro zu zahlen; dabei seien die erbrachten Leistungen anzurechnen. Die Beklagte habe auch die der Klägerin gewährten Sachbezüge als Arbeitsentgelt berücksichtigen müssen. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil vom 9.9.2013).

6

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 15.7.2015). Die Klägerin habe während des FSJ in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden. Sie habe eingegliedert in die Arbeitsorganisation der Einsatzstelle eine Tätigkeit nach Weisungen iS von § 7 Abs 1 SGB IV verrichtet. Die Geldzahlungen und Sachleistungen, die die Klägerin während ihres FSJ vom Träger erhalten habe, stellten Arbeitsentgelt iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IV dar. Unerheblich sei, dass sie ihr FSJ im Ausland absolviert habe. Der Regelbemessungsrahmen sei nicht auf zwei Jahre zu erweitern und eine fiktive Bemessung nach § 132 Abs 1 SGB III scheide aus, weil sie mehr als 150 Tage Arbeitsentgelt erzielt habe. Das SG habe auch die Höhe des der Bemessung zugrunde zu legenden Arbeitsentgelts zutreffend bestimmt.

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 132 SGB III. Zu Unrecht sei das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei den von der Klägerin bezogenen Leistungen um Arbeitsentgelt iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IV handele. Die gewährten Zuwendungen stünden nicht in einem angemessenen Verhältnis zur erbrachten Arbeit. Auch sei sich der Gesetzgeber des Missverhältnisses von Freiwilligendienst und geleisteter Zahlung bewusst gewesen. Er habe deshalb die Leistung als Taschengeld und nicht als Arbeitsentgelt bezeichnet. Abweichendes ergebe sich nicht aus § 27 Abs 2 S 2 Nr 1 SGB III. Diese Regelung flankiere nur die angesprochenen Sonderregelungen und begründe ausdrücklich die Versicherungspflicht. Schließlich gebiete auch der Wortlaut ("für den Dienst") in § 2 Abs 1 Nr 3 des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres (FSJG) kein anderes Verständnis. Mangels Bezug von Arbeitsentgelt sei das Alg fiktiv zu bemessen.

8

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. Juli 2015 und das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 9. September 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 8. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Arbeitslosengeld für die Zeit vom 8. bis zum 30. September 2008 auf der Basis eines fiktiven Arbeitsentgelts zu zahlen.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

10

Sie verteidigt das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist zulässig, in der Sache aber unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat ohne Verletzung von Bundesrecht (vgl § 163 SGG) die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Diese hat für die Zeit vom 8. bis 30.9.2008 keinen Anspruch auf höheres Alg.

12

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 8.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.12.2008, soweit darin höhere Leistungen abgelehnt worden sind. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 und Abs 4 SGG) und strebt den Erlass eines Grundurteils an (§ 130 Abs 1 S 1 SGG).

13

2. Die Klägerin hat am 8.9.2008 ein Stammrecht auf Alg erworben, denn sie erfüllt die Regelvoraussetzungen des Anspruchs auf Alg (§§ 117 f SGB III idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - BGBl I 2848; SGB III aF).

14

Gemäß § 118 Abs 1 SGB III aF haben Arbeitnehmer Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit, wenn sie arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Dem Gesamtzusammenhang der bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass die Klägerin sich am 8.9.2008 persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat (§ 118 Abs 1 Nr 2 iVm § 122 SGB III aF). Zu diesem Zeitpunkt ist sie arbeitslos gewesen (§ 118 Abs 1 Nr 1 iVm § 119 SGB III aF). Die Klägerin hat auch die Anwartschaftszeit erfüllt (§ 118 Abs 1 Nr 3 SGB III aF).

15

Nach § 123 Abs 1 S 1 SGB III aF hat die Anwartschaftszeit zurückgelegt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt gemäß § 124 Abs 1 S 1 SGB III aF zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg. Die zweijährige Rahmenfrist reicht damit vom 8.9.2006 bis zum 7.9.2008. In dieser Zeit hat die Klägerin während ihrer Tätigkeit als Freiwillige im FSJ vom 27.8.2007 bis zum 26.8.2008 in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Arbeitslosenversicherung gestanden.

16

Nach der Legaldefinition des § 24 Abs 1 SGB III stehen Personen in einem Versicherungspflichtverhältnis, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind. Nach § 25 Abs 1 S 1 SGB III sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 S 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Die Freiwilligen im FSJ stehen zu dessen Träger weder in einem Arbeits- noch einem Ausbildungsverhältnis. Der Gesetzgeber hat bewusst davon abgesehen, die Helfer im FSJ den Arbeitnehmern und Auszubildenden generell gleichzustellen oder das gesamte Arbeitsrecht für anwendbar zu erklären (BAG Beschluss vom 12.2.1992 - 7 ABR 42/91 - AP Nr 52 zu § 5 BetrVG 1972 = NZA 1993, 334, 334 f).

17

Anderes gilt indes für die Frage nach dem Bestehen eines Versicherungspflichtverhältnisses. Insofern hat der Gesetzgeber keinen Zweifel daran gelassen, dass er eine Tätigkeit nach Maßgabe des FSJG (auf welches vorliegend gemäß § 15 Abs 1 und 2 Jugendfreiwilligendienstegesetz - JFDG - abzustellen ist) vom Schutzbereich der Arbeitslosenversicherung umfasst sehen will. Er hat eine solche Tätigkeit ausdrücklich einer versicherungspflichtigen Beschäftigung iS des § 25 Abs 1 S 1 SGB III gleichgestellt(so zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung bereits: BSG Urteil vom 17.4.2007 - B 5 R 62/06 R - SozR 4-2600 § 58 Nr 8 RdNr 27; ähnlich Erdmann, Die Beiträge 2006, 641, 643; Schuler, ZFSH/SGB 1999, 717, 721; Grüner/Dalichau, FSJG/FÖJH, § 1 FSJG 44, Stand Januar 1995; vgl auch Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III, § 27 RdNr 102, Stand Dezember 2013). Zwar handelt es sich bei der Tätigkeit im FSJ - ebenso wie bei derjenigen im heutigen Bundesfreiwilligendienst (BFD) - nicht um eine entgeltliche Erwerbstätigkeit, insbesondere nicht in einem Arbeitsverhältnis (BSG Urteil vom 26.7.2016 - B 4 AS 54/15 R - SozR 4-4225 § 1 Nr 3 RdNr 26). Soweit der Senat (aaO) ausgeführt hat, der BFD sei auch keine Beschäftigung iS des § 7 Abs 1 S 1 SGB IV, handelt es sich um ein obiter dictum, weil es in dem Kontext auf die Qualifizierung als Beschäftigung nicht ankam. Dort hat der Senat Absetzungen vom Taschengeld des BFD in Höhe der Erwerbstätigenfreibeträge nach § 11b Abs 1 S 1 Nr 3 bis 5 SGB II verneint, weil der BFD keine entgeltliche Erwerbstätigkeit ist und das SGB II ausdrücklich spezifische Freibeträge vorsieht. Arbeitsförderungsrechtlich kann der Senat für das FSJ und den BFD dahinstehen lassen, ob es sich um eine "Beschäftigung iS des § 7 Abs 1 S 1 SGB IV" handelt oder ob der Dienst als Freiwillige/r einer Beschäftigung nur gleichgestellt ist. Dass die Teilnehmer am FSJ einem Beschäftigten jedenfalls gleichzustellen sind, folgt aus dem Wortlaut, der Systematik, dem Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der einschlägigen Regelungen.

18

Für dieses Verständnis spricht bereits der Wortlaut des § 2 Abs 1 Nr 1 und 3 FSJG, wonach es sich bei einer Tätigkeit im Rahmen eines FSJ um eine solche "vergleichbar einer Vollzeitbeschäftigung" handelt und der Freiwillige "für den Dienst" ein Taschengeld sowie Sach- bzw Geldersatzleistungen erhält. Auch die Regelung des § 344 Abs 2 S 1 SGB III aF sowie der §§ 10 Abs 1 SGB IV und 20 Abs 3 SGB IV aF(idF der Bekanntmachung vom 16.5.2008 - BGBl I 842) setzen begrifflich das Bestehen von Beschäftigung voraus, wenn dort von "Beschäftigen" bzw dem "Beschäftigungsort" die Rede ist.

19

Gesetzessystematische Erwägungen bestätigen dieses Ergebnis. Gemäß § 20 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB IV aF trägt der Arbeitgeber abweichend von den besonderen Vorschriften für Beschäftigte für die einzelnen Versicherungszweige den Gesamtsozialversicherungsbeitrag allein, wenn Versicherte ein FSJ leisten. Damit soll eine aus dem Wert der Geld- und Sachleistungen faktisch nicht zu finanzierende Beitragslast des Beschäftigten vermieden und der besonderen Schutzbedürftigkeit dieser sich in dem Dienste der Allgemeinheit stellenden Personengruppe Rechnung getragen werden (vgl Schlegel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, § 20 RdNr 69, Stand März 2016). Die Beiträge nach dem Recht der Arbeitsförderung sind dabei während der Dauer der Beschäftigung auf der Grundlage des Arbeitsentgelts zu entrichten (§ 342 SGB III). Die Beitragspflicht des Trägers setzt aber denknotwendig Einnahmen aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung voraus.

20

In dieselbe Richtung weist auch die Regelung des § 27 Abs 2 S 2 Nr 1 SGB III aF. Nach dieser besteht abweichend vom Grundsatz der Versicherungsfreiheit von geringfügig Beschäftigten (§ 27 Abs 2 S 1 SGB III)diese nicht für Personen, die nach dem FSJG nur geringfügig beschäftigt sind. Da Versicherungsfreiheit nicht gleichbedeutend mit "nicht versicherungspflichtig" ist, sondern nur die Folgen einer bestehenden Versicherungspflicht suspendiert (vgl Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III, § 27 RdNr 2, Stand Dezember 2013), stehen nach dieser Norm sogar geringfügig beschäftigte Freiwillige im FSJ in einem Versicherungspflichtverhältnis, was erst recht für mehr als nur geringfügig tätige Freiwillige gelten muss.

21

Dieser von Wortlaut und Systematik vorgegebenen Auslegung entspricht auch der Gesetzeszweck des FSJG. Erklärtes Ziel des Gesetzgebers war es, die mit dem freiwilligen Engagement für die Gemeinschaft verbundenen Härten und materiellen Nachteile zu beseitigen. Er wollte die Freiwilligen annähernd so stellen wie Auszubildende (vgl § 25 Abs 1 S 1 Alt 2 SGB III) und dies in erster Linie hinsichtlich der sozialen Sicherheit (vgl BT-Drucks 12/4716 S 9; vgl BT-Drucks 14/7485 S 9). Der angestrebte Schutz soll durch die Einbeziehung der Teilnehmer des FSJ in den Schutz der Arbeitslosenversicherung erreicht werden (BT-Drucks 7/4002 S 1). Die Begründung erklärt auch ausdrücklich, dass die im FSJ bezogenen Geld- und Sachleistungen "Arbeitsentgelt" darstellten (BT-Drucks 7/4002 S 4).

22

Da die im Mai 2007 zwischen der Klägerin und dem Träger getroffene Vereinbarung weitgehend den Vorgaben des FSJG entsprechen, besteht zu einer abweichenden Beurteilung im Einzelfall kein Anlass. Die Klägerin erfüllt die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Alg.

23

3. Das LSG hat auch ohne Verletzung von Bundesrecht entschieden, dass der Klägerin für die streitige Zeit Alg in Höhe von 7,51 Euro täglich zu gewähren ist. Das Rechtsschutzziel der Klägerin, die Bemessung des Alg nach einem fiktiven Arbeitsentgelt (§ 132 Abs 2 SGB III aF), findet im Gesetz keine Grundlage.

24

Nach § 129 Nr 2 SGB III aF beträgt das Alg für Arbeitslose, für die - wie bei der Klägerin - keine Kinder zu berücksichtigen sind, 60 vH (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 130 Abs 1 S 1 SGB III aF umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben aber Zeiten einer Beschäftigung als Freiwillige/r iS des FSJG außer Betracht, wenn sich die beitragspflichtige Einnahme nach § 344 Abs 2 SGB III aF bestimmt(§ 130 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB III aF iVm § 15 Abs 2 JFDG).

25

Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr. Er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs 1 S 2 SGB III aF). Der Bemessungsrahmen wird nur dann auf zwei Jahre erweitert, wenn ua der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB III aF).

26

Das LSG ist in nicht zu beanstandender Weise von einem Bemessungsrahmen ausgegangen, der mit dem 26.8.2008, dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses der Klägerin vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs 1 S 2 Halbs 2 SGB III aF), endet. Ohne Rechtsfehler hat das LSG auch einen Bemessungszeitraum von mehr als 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des Regelbemessungsrahmens von einem Jahr (27.8.2007 bis 26.8.2008) festgestellt. Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums kann die Beschäftigung als Freiwillige im FSJ nicht außer Betracht bleiben. Denn die Klägerin leistete das FSJ im Anschluss an die Zeit ihrer schulischen Ausbildung und damit nicht unmittelbar nach einem Versicherungspflichtverhältnis. Die Voraussetzungen des § 344 Abs 2 S 1 SGB III aF sind daher nicht erfüllt gewesen.

27

Die Klägerin hat während der gesamten Tätigkeit als Freiwillige im FSJ Arbeitsentgelt iS von § 14 Abs 1 SGB IV bezogen, sodass eine fiktive Bemessung ausscheidet. Im Bemessungszeitraum hat sie beitragspflichtiges Arbeitsentgelt (zur Identität des Arbeitsentgeltbegriffs im Bemessungs- und Beitragsrecht: BSG Urteil vom 31.10.1996 - 11 RAr 85/95 R) in Form von Taschengeld in Höhe von 2460 Euro erzielt. Die der Klägerin gewährten Sachleistungen sind ebenfalls nach Maßgabe der näheren Bestimmungen der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) als Arbeitsentgelt zu berücksichtigen (vgl auch BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 9/08 R - juris RdNr 18; Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 151 RdNr 37, Stand April 2014).

28

Zur Bemessung des Anteils des Mittagessens am Tagesbedarf für Verpflegung ist auf die Regelung des § 2 Abs 1 S 2 Nr 2 SvEV (aF) zurückzugreifen, der den Wert des Mittagessens mit 80 Euro beziffert. Dabei ist ohne Bedeutung, ob die Klägerin das Mittagessen tatsächlich eingenommen hat; ausreichend ist nach dem Wortlaut des § 2 Abs 1 S 1 SvEV die bloße Zurverfügungstellung(vgl Werner in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, § 17 RdNr 22, Stand 1.3.2016). Zutreffend hat das LSG auch den Wert der gestellten Unterkunft mit monatlich 198 Euro angesetzt (§ 2 Abs 3 S 1 SvEV aF). Nach der gesetzgeberischen Leitvorstellung liegt dem Sachbezugswert für freie Unterkunft der Preis für das Zimmer eines Untermieters zugrunde (vgl BR-Drucks 968/94 S 8). Zu einer Minderung des Werts der Unterkunft nach § 2 Abs 3 S 2 Nr 3 SvEV ("Belegung mit zwei Beschäftigten") berechtigt der Tatbestand des Zusammenlebens in einer Wohngemeinschaft in der vom LSG festgestellten Art hingegen nicht.

29

Unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 2 Abs 6 SvEV ergibt sich ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 5805,23 Euro. Von diesem Betrag ist das SG nicht zu Lasten der Klägerin abgewichen. Da die Beklagte gegen das Urteil des SG keine Berufung eingelegt hat, ist rechtskräftig entschieden, dass der Klägerin vom 8. bis 30.9.2008 ein Anspruch auf Alg in Höhe von 7,51 Euro täglich zusteht.

30

4. Die Beurteilung des Anspruchs der Klägerin auf Alg bestimmt sich auch für die Zeit des FSJ, in der sie in Frankreich eingesetzt war, nach den oben genannten und angewendeten Bestimmungen des SGB III, weil sie ins Ausland entsandt war (a) und der Anwendbarkeit deutschen Rechts keine Bestimmungen des Unionsrechts (§ 6 SGB IV) entgegenstehen (b).

31

a) Das LSG hat zu Recht entschieden, dass das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin mit dem deutschen Träger während der Zeit der Entsendung nach Frankreich fortbestand (§ 4 SGB IV).

32

Gemäß § 3 SGB IV stellt der Beschäftigungsort grundsätzlich den maßgeblichen Anknüpfungspunkt für die Entscheidung dar, ob deutsches Sozialversicherungsrecht anwendbar ist, wenn es um die Beurteilung einer abhängigen Beschäftigung geht (sog Beschäftigungsortsprinzip). Das FSJ kann nach § 3 Abs 1 und 2 S 1 FSJG auch als Dienst im Ausland geleistet werden. In diesem Falle gilt nach § 10 Abs 1 SGB IV kraft gesetzlicher Fiktion als Beschäftigungsort der Ort, an dem der Träger des FSJ seinen Sitz hat(§ 10 Abs 1 SGB IV).

33

Wird die Beschäftigung jedoch - wie hier - tatsächlich nicht im Geltungsbereich des SGB, sondern im EU-Ausland ausgeübt, gilt in Erweiterung des § 3 SGB IV deutsches Sozialversicherungsrecht nur, wenn ein Fall der Ausstrahlung iS des § 4 Abs 1 SGB IV vorliegt. § 4 Abs 1 SGB IV setzt - neben dem Aufenthalt im Ausland - die zeitliche Begrenzung des Auslandseinsatzes sowie ein im Inland bestehendes Beschäftigungsverhältnis voraus. Die Ausstrahlung ist nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil das Beschäftigungsverhältnis im Hinblick auf die Entsendung begründet worden wäre. Insoweit reicht es für eine Ausstrahlung aus, wenn sich die für eine Auslandsbeschäftigung vorgesehene Person vor deren Aufnahme im Inland befunden hat und das Beschäftigungsverhältnis nach dem Ende der Entsendung im Inland weitergeführt werden soll (BSG Urteil vom 4.5.1994 - 11 RAr 55/93 - juris RdNr 22; BSG Urteil vom 10.8.1999 - B 2 U 30/98 R - SozR 3-2400 § 4 Nr 5 S 8; BSG Urteil vom 19.12.2013 - B 2 U 14/12 R - SozR 4-2700 § 140 Nr 1 RdNr 17).

34

Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht zu Recht entschieden, dass das Beschäftigungsverhältnis mit dem Träger während der Zeit der Entsendung der Klägerin nach Frankreich fortbestanden hat. Das FSJ ist geprägt durch die ihm eigene Besonderheit des Beruhens auf einem Rechtsverhältnis sui generis. Nach der Konzeption des § 6 Abs 1 S 1 FSJG besteht das Rechtsverhältnis im FSJ zwischen dem Freiwilligen und dem zugelassenen Träger(vgl auch BSG Urteil vom 17.4.2007 - B 5 R 62/06 R - SozR 4-2600 § 58 Nr 8 RdNr 21). Auch hat der Träger den Dienst im Ausland nach Maßgabe des § 3 Abs 2 FSJG durch in der Regel im Inland abzuhaltende Bildungsmaßnahmen - an denen teilzunehmen der Dienstpflicht unterliegt - pädagogisch vorzubereiten und zu begleiten sowie für den Freiwilligen Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Demgegenüber beschränkt sich die Funktion der Einsatzstelle, auf die im beschränkten Umfang Weisungsrechte zu übertragen sind, vor allem darauf, die dem Träger geschuldete Dienstleistung des Freiwilligen in Empfang zu nehmen (vgl auch Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der FDP, BT-Drucks 16/9699 S 3 ff). Aufgrund dieser tatsächlichen und rechtlichen Bindungen zum Träger des FSJ bleibt dessen bestimmender Einfluss auch während der Ableistung des Dienstes im Ausland gewahrt.

35

Diese Auslegung des § 4 Abs 1 SGB IV entspricht dem Willen des Gesetzgebers. In § 5 Abs 2 S 1 Nr 1 FSJG wird ausdrücklich der Begriff der "Entsendung" gebraucht. Zudem enthalten die Gesetzesmaterialien die eindeutige Aussage, dass es sich bei der Gesamtkonzeption des FSJ im Ausland um einen Dienst handelt, bei dem Freiwillige in ein auswärtiges Land entsandt werden, der Schwerpunkt der pädagogischen Begleitung aber weiterhin im Inland liegt (vgl BT-Drucks 14/7485 S 12).

36

Der Inhalt der zwischen der Klägerin und dem Träger im Mai 2007 geschlossenen vertraglichen Vereinbarung gebietet keine abweichende Bewertung im Einzelfall.

37

b) Auch vorrangige Regelungen des Rechts der Europäischen Union stehen der Anwendung deutschen Arbeitsförderungsrechts nicht entgegen (§ 6 SGB IV).

38

Auf den Rechtsstreit finden die Vorschriften der EWGV 1408/71 vom 14.6.1971 (ABl L 149 vom 5.7.1971, 2 bis 50) Anwendung. Denn gemäß deren Art 87 Abs 1 findet die EGV 883/2004 keine Anwendung auf Sachverhalte, die - wie hier - bereits vor ihrem Inkrafttreten abgeschlossen waren (BSG Urteil vom 17.3.2016 - B 11 AL 3/15 R - SozR 4-4300 § 175a Nr 1 RdNr 30; BSG Urteil vom 3.4.2014 - B 2 U 25/12 R - BSGE 115, 256 = SozR 4-2700 § 136 Nr 6, RdNr 20).

39

Der persönliche Anwendungsbereich der EWGV 1408/71 ist eröffnet, denn die Klägerin ist Arbeitnehmerin iS des Art 1 Buchst a Ziff i EWGV 1408/71. Ebenso fallen die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin in den sachlichen Geltungsbereich der Verordnung (Art 4 Abs 1 Buchst g EWGV 1408/71; dazu BSG Urteil vom 4.2.1999 - B 7 AL 120/97 R - SozR 3-6050 Art 71 Nr 11 S 58).

40

Gemäß Art 13 Abs 2 Buchst a EWGV 1408/71 unterfällt ein Arbeitnehmer den Rechtsvorschriften des Staates, in dem eine unselbstständige und damit sozialversicherungspflichtige Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird. Dies wäre vorliegend Frankreich. Abweichend hiervon sieht Art 14 Abs 1 Nr 1 Buchst a Ziff i EWGV 1408/71 aber vor, dass eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats von einem Unternehmen, dem sie gewöhnlich angehört, abhängig beschäftigt wird und die von diesem Unternehmen zur Ausführung einer Arbeit für dessen Rechnung in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats entsandt wird, weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats unterliegt, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit zwölf Monate nicht überschreitet und sie nicht eine andere Person ablöst, für welche die Entsendungszeit abgelaufen ist. Die Anwendbarkeit dieser Sonderregelung setzt das Fortbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses zu einem Unternehmen im Entsendestaat, den Tatbestand der Entsendung selbst sowie deren vorherige zeitliche Befristung voraus (BSG Urteil vom 8.12.1994 - 2 RU 37/93 - BSGE 75, 232, 234 = SozR 3-6050 Art 14 Nr 4 S 11).

41

Nach diesen Grundsätzen hat bei der Klägerin eine Entsendung iS des Art 14 Nr 1 Buchst a Ziff i EWGV 1408/71 vorgelegen, denn ihr Auslandseinsatz war von vornherein auf zwölf Monate befristet. Während des Entsendungszeitraums bestand eine hinreichend enge arbeitsrechtliche Bindung zum Träger fort.

42

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 26. Mai 2011 aufgehoben und die Berufung des Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 6. Mai 2009 zurückgewiesen.

Der Beigeladene hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger gegen die beklagte Bundesagentur für Arbeit (BA) oder den beigeladenen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende einen Anspruch auf Restförderung einer am 24.4.2006 begonnenen Weiterbildungsmaßnahme für die Zeit vom 1.10. bis 21.12.2006 hat.

2

Der im Mai 1986 geborene Kläger absolvierte von September 2002 bis Januar 2006 eine Ausbildung zum Werkzeugmacher (Fachrichtung Formbau) und erhielt anschließend Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 18.1.2006 bis zum 16.1.2007 nach einem Leistungssatz in Höhe von 4,70 Euro täglich auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts von 9,91 Euro. Daneben bewilligte der Landkreis K. als zuständiger Träger der Grundsicherung dem - damals im Haushalt seiner Eltern lebenden - Kläger als Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft (aufstockende) Alg II-Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 24.1. bis 31.7.2006 (Bescheid vom 2.2.2006; Änderungsbescheid vom 21.3.2007).

3

Am 16.5.2006 schlossen der Landkreis und der Kläger eine Eingliederungsvereinbarung (EinglVb), in der sich der Kläger ua zur Teilnahme an der Bildungsmaßnahme "CNC-Fachkraft" vom 24.4. bis 21.12.2006 verpflichtete und der Landkreis die Übernahme der Lehrgangskosten sowie die Gewährung von Fahrkosten zusagte.

4

Infolge einer Änderung des § 7 Abs 3 Nr 2 SGB II zum 1.7.2006 durch Gesetz vom 24.3.2006 (BGBl I 558) entfiel die Hilfebedürftigkeit des Klägers, weil nunmehr aus ihm und seinen Eltern eine Bedarfsgemeinschaft zu bilden war, für die insgesamt keine Hilfebedürftigkeit bestand. Daher lehnte der Landkreis den Antrag des Klägers auf Weiterbewilligung von Alg II ab 1.8.2006 bindend ab (Bescheid vom 11.8.2006) und verwies ihn wegen der Restförderung der Weiterbildungsmaßnahme an die Beklagte. Zugleich bot er den Abschluss eines Darlehensvertrags auf Grundlage des § 16 Abs 4 SGB II an. Dies lehnte der Kläger zunächst ab; in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Dresden verfolgte er sein Begehren weiter, Leistungen aufgrund der EinglVb als Zuschuss zu erhalten. Mit Schreiben vom 19.9.2006 kündigte der Landkreis K. die EinglVb mit Wirkung zum 30.9.2006. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren endete am 9.11.2006 mit Vergleich durch den Abschluss des erneut angebotenen Darlehensvertrags, in dem sich ua der Landkreis K. zwecks Weiterfinanzierung der begonnenen Qualifizierungsmaßnahme zur Gewährung eines zinslosen Darlehens in Höhe von 2408,64 Euro verpflichtete. Der Kläger schloss die Maßnahme erfolgreich ab und zahlte vereinbarungsgemäß das Darlehen (ratenweise) zurück.

5

Auf Hinweis des Landkreises hatte der Kläger zuvor bereits bei der Beklagten die Förderung der Weiterbildung für die Zeit vom 1.8. bis 21.12.2006 beantragt, die jedoch weiterhin den Landkreis für zuständig ansah und deshalb den Antrag ablehnte (Bescheid vom 28.9.2006; Widerspruchsbescheid vom 2.2.2007).

6

Gegen den Landkreis K. hat der Kläger am 17.10.2006 Klage auf weitere Förderung erhoben; dieses Verfahren hat das SG ausgesetzt. In dem Klageverfahren gegen die Beklagte hat das SG nach Beiladung des Landkreises Bautzen als Rechtsnachfolger des Landkreises K. mit Urteil vom 6.5.2009 festgestellt, dass der Beigeladene ungeachtet der Kündigung vom 19.9.2006 weiterhin verpflichtet sei, auch für den Zeitraum vom 1.10. bis 21.12.2006 aus der am 10.5.2006 abgeschlossenen EinglVb die Weiterbildungskosten für die Bildungsmaßnahme CNC-Fachkraft als Zuschuss zu übernehmen.

7

Auf die Berufung des Beigeladenen hat das Sächsische Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28.9.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.2.2007 verurteilt, "an den Kläger für die Kosten seiner Weiterbildung zum CNC-Fräser vom 1. Oktober 2006 bis 21. Dezember 2006 einen Betrag in Höhe von 2408,64 EUR zu zahlen" (Urteil vom 26.5.2011). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die ursprünglich mit dem Landkreis getroffene EinglVb sei wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse durch die am 1.7.2006 in Kraft getretene Neufassung des § 7 Abs 3 Nr 2 SGB II ordnungsgemäß nach § 59 Abs 1 S 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gekündigt worden. Der Kläger habe jedoch seit dem 1.10.2006 einen Anspruch gegen die Beklagte auf Übernahme der Weiterbildungskosten nach § 77 Abs 1 S 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Zwar habe der Kläger vor Beginn der Maßnahme keinen entsprechenden Antrag (§ 323 Abs 1, § 324 Abs 1 S 1 SGB III) bei der Beklagten gestellt. Es liege jedoch ein Fall unbilliger Härte iS des § 324 Abs 1 S 2 SGB III vor, denn infolge der ursprünglich bestehenden Hilfebedürftigkeit sei es ihm nicht möglich gewesen, vor Antritt der Maßnahme mit Aussicht auf Erfolg einen Förderungsantrag bei der Beklagten zu stellen. Eine Beratung des Klägers und eine Prüfung der Maßnahme seien - für die Beklagte bindend - bereits durch den Landkreis durchgeführt worden; von einer Prognoseentscheidung sei die Beklagte entbunden. Das ihr eingeräumte Ermessen sei in der gegebenen Sachverhaltskonstellation auf Null reduziert. Der Umfang der von der Beklagten zu übernehmenden Kosten ergebe sich aus dem Darlehensvertrag.

8

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts (insbesondere § 16g Abs 1 S 1 SGB II§ 16 abs 4 sgb ii in der bis 31.7.2006 gültigen fassung>, § 59 Abs 1 S 1 SGB X). Sie verweist darauf, dass § 16 Abs 4 SGB II in der bis zum 31.7.2006 gültigen Fassung (aF) eine weitere Fördermöglichkeit durch den SGB II-Leistungsträger vorgesehen habe, wenn bereits zwei Drittel der Maßnahme durchgeführt seien und der Erwerbsfähige sie voraussichtlich erfolgreich abschließen werde. Eine (ähnliche) Fördermöglichkeit habe die Vorschrift auch in der Fassung ab 1.8.2006 vorgesehen, wenn die Förderung wirtschaftlich erschien und der Erwerbsfähige die Maßnahme voraussichtlich erfolgreich abschließen werde; gefördert werde dann durch die Gewährung eines Darlehens. Gemäß § 16g Abs 1 SGB II(eingefügt mit Wirkung ab 1.1.2009) könne eine begonnene Maßnahme im Wesentlichen unter denselben Voraussetzungen wie bisher zuschussweise gefördert werden (S 1). Es sei von dem Grundsatz auszugehen, dass der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf Grundlage des SGB II der Leistungsträger sei, der eine begonnene Maßnahme (weiter-)fördern solle. Ein Grund, die EinglVb zu kündigen, habe mithin nicht bestanden.

9

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 26. Mai 2011 aufzuheben und die Berufung des Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 6. Mai 2009 zurückzuweisen.

10

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 26. Mai 2011 aufzuheben und die Berufung des Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 6. Mai 2009 zurückzuweisen.

11

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend, will mit dem Hilfsantrag aber sicherstellen, dass - wenn es nicht bei der Verurteilung zur Kostentragung bleiben sollte - jedenfalls nicht er, sondern der Beigeladene die (endgültige) Kostenlast der beruflichen Weiterbildung zu tragen habe.

12

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt, geht aber davon aus, dass die Revision keinen Erfolg haben werde. Er hat außerdem den im Streit stehenden und darlehnsweise übernommenen Betrag der Maßnahmekosten in Höhe von 2408,64 Euro im Einzelnen erläutert.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 S 1 Sozialgerichtsgesetz). Das Urteil des LSG ist aufzuheben und die Entscheidung des SG wiederherzustellen, weil - wie im Ergebnis erstinstanzlich zu Recht entschieden worden ist - der Beigeladene die Weiterbildungskosten des Klägers auch für den Zeitraum vom 1.10. bis 31.12.2006 als Zuschuss zu übernehmen hat.

14

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Übernahme der Kosten seiner Weiterbildungsmaßnahme zum CNC-Fräser für die Restzeit vom 1.10. bis zum 21.12.2006 (restliche Maßnahmekosten einschließlich der Fahrkosten zur Bildungsstätte). Da der Beigeladene diese Kosten in Höhe von 2408,64 Euro aufgrund des im einstweiligen Rechtsschutzverfahren geschlossenen Vertrags zunächst als - inzwischen vom Kläger zurückgezahltes - Darlehen erbracht hat, ist das SG bei seiner Entscheidung zutreffend von dem - als Hauptantrag geltend gemachten - Feststellungsbegehren des Klägers ausgegangen, dass der Beigeladene diese Kosten in Form eines Zuschusses - endgültig - zu tragen habe. Dieses Feststellungsurteil ist wiederherzustellen; der Beigeladene ist aufgrund der mit dem Kläger geschlossenen EinglVb verpflichtet, die begonnene Maßnahme bis zu deren Abschluss zu fördern, weil die unter dem 19.9.2006 ausgesprochene Kündigung der Vereinbarung unwirksam war. Nur in diesem Sinn ist auch die Tenorierung im erstinstanzlichen Urteil zu verstehen, wonach der Förderungsanspruch des Klägers "ungeachtet der Kündigung vom 19.9.2006" den Zeitraum vom 1.10. bis 21.12.2006 umfasste. Dies steht auch nicht im Widerspruch zu dem damit gegenstandslos gewordenen Darlehensvertrag vom 9.11.2006 (dazu unter 4).

15

2. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensfehler stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Zwischen dem Kläger, der Beklagten und dem Beigeladenen bestand Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses; denn es war zu klären, welcher Träger die Weiterbildungskosten für die Bildungsmaßnahme CNC-Fachkraft zu übernehmen hat. Damit war - neben der (hilfsweise) gegen die Beklagte erhobenen Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) - die Feststellungsklage gegen den Beigeladenen (§ 55 Abs 1 Nr 1 SGG) die richtige Klageart (vgl Lorenz, DVBl 1997, 865, 872; Fröhlich, Vertragsstrukturen in der Arbeitsverwaltung, Dissertation 2007, 166). Im Rahmen dieser Feststellungsklage konnte die Verurteilung des Beigeladenen als Leistungsträger nach § 75 Abs 5 SGG erfolgen. Denn der Kostenübernahmeanspruch gegen die Beklagte und gegen den Beigeladenen schließen sich gegenseitig aus und die Klage gegen die Beklagte kann keinen Erfolg haben, weil - wie im Folgenden dargelegt wird - bereits ein vertraglicher Anspruch gegen den Beigeladenen besteht. Kein Hindernis bildete hier auch die anderweitige Rechtshängigkeit der vor dem SG erhobenen Klage (vgl BSG, Urteil vom 19.5.1982 - 11 RA 37/81 - SozR 2200 § 1239 Nr 2; Lüdtke, SGG, 4. Aufl 2012, § 75 RdNr 16).

16

Der Beigeladene ist für die Übernahme der Restförderung der Maßnahme auch sachlich und örtlich zuständig. Denn die EinglVb vom 16.5.2006 ist zwar zwischen dem Landkreis K. und dem Kläger geschlossen worden und auch die Kündigung vom 19.9.2006 hat der Landkreis K. ausgesprochen. Indes ist - wie bereits das LSG zutreffend ausgeführt hat - der Landkreis B. aufgrund des Gesetzes zur Neugliederung des Gebiets der Landkreise des Freistaates Sachsen (Sächsisches Kreisgebiets-Neugliederungsgesetz ) vom 29.1.2008 (SächsGVBl S 102) Rechts- und Funktionsnachfolger ua des Landkreises K. geworden (vgl § 4 Abs 1 und 2 SächsKrGebNG). Der Beigeladene gehört zu den nach § 6a SGB II zugelassenen kommunalen Trägern.

17

3. Der Beigeladene hat die Kosten der Weiterbildungsmaßnahme auch für die Zeit vom 1.10. bis 21.12.2006 zu tragen; denn die am 19.9.2006 ausgesprochene Kündigung der EinglVb vom 16.5.2006 (dazu näher unter a und b) war unwirksam (dazu unter c).

18

a) Rechtsgrundlage dieses Anspruchs ist die zwischen dem Kläger und dem Landkreis geschlossene EinglVb.

19

Nach § 15 Abs 1 S 1 SGB II soll der Grundsicherungsträger mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die für seine Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren (EinglVb). Nach der Grundregel des § 15 Abs 1 S 3 SGB II "soll" die Vereinbarung für sechs Monate abgeschlossen werden. Nach der Übergangsvorschrift des § 65 Abs 6 SGB II in der bis zum 31.3.2011 geltenden Fassung gilt § 15 Abs 1 S 2 SGB II(richtig: § 15 Abs 1 S 3 SGB II) für die Zeit bis zum 31.12.2006 mit der Maßgabe, dass die EinglVb für bis zu zwölf Monate geschlossen werden kann (vgl ua Radüge in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGB II, 2. Aufl 2007, § 65 RdNr 29).

20

Demgemäß verpflichtete sich der Rechtsvorgänger des Beigeladenen in dieser Vereinbarung - ohne weitere zeitliche Beschränkung - zur Übernahme der für den gesamten Zeitraum der Qualifizierungsmaßnahme vom 24.4. bis 21.12.2006 entstehenden Kosten (Lehrgangskosten und Prüfungsgebühren in Höhe von 4825,60 Euro sowie Fahrkosten bis maximal 260 Euro monatlich) gemäß § 16 Abs 1 S 2 SGB II iVm §§ 77 ff SGB III. Nebenabreden wurden nicht getroffen. Diese Kostenzusage bindet den Beigeladenen und gibt dem Kläger einen Vertragserfüllungsanspruch (vgl ua Müller in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Dezember 2010, K § 15 RdNr 42), wobei die Rechtsqualität der EinglVb hier dahinstehen kann.

21

Ausgehend von der Wortbedeutung "Vereinbarung" liegt es nahe, von einer vertraglichen Abrede auszugehen. Entsprechend qualifiziert die herrschende Meinung der Literatur die EinglVb als öffentlich-rechtlichen Vertrag iS der §§ 53 ff SGB X(Berlit in Münder, SGB II, 3. Aufl 2009, § 15 RdNr 8, mwN; Fuchsloch in Gagel, SGB II/SGB III, Stand Juni 2012, § 15 RdNr 21 f; Lahne in Hohm, Gemeinschaftskommentar zum SGB II, Stand März 2011, § 15 RdNr 11; Löhns in Löhns/Herold/Tews, SGB II, 2. Aufl 2009, § 15 RdNr 5 mwN; Müller in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Dezember 2010, § 15 RdNr 11; Sauer, SGB II, Grundsicherung für Arbeitsuchende, 2011, § 15 RdNr 6; Sonnhoff in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGB II, 2. Aufl 2007, § 15 RdNr 22; Zahn in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe - Teil 1 - Sozialgesetzbuch II, Stand Januar 2011, § 15 RdNr 2), teilweise auch als unechten oder hinkenden Austauschvertrag (vgl Weinreich, SGb 2012, 513 ff, 519; kritisch: Colussi, Problem der EinglVb nach § 15 SGB II, 2010, der einen Vertrag in Frage stellt: Der Hilfebedürftige werde zum Abschluss einerEinglVb gezwungen, weil er bei Nichtabschluss mit einer Leistungskürzung <§ 31 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst b SGB II> rechnen müsse). Aber selbst dann, wenn man die EinglVb als öffentlich-rechtlichen Teilvertrag oder öffentlich-rechtliche Zusatzvereinbarung (so: Stark in Estelmann, SGB II, Stand März 2011, § 15 RdNr 30) oder als normersetzende öffentlich-rechtliche Handlungsform sui generis (so Spellbrink zB in: Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte - Bilanz und Perspektiven 2010, 45 ff) qualifizieren wollte, konnte sich der Rechtsvorgänger des Beigeladenen verpflichtend in dieser rechtlichen Form binden, weil er damit weder gegen ein rechtliches Verbot verstieß noch die ihm eingeräumte Entscheidungskompetenz überstieg oder gar die Verpflichtung zu "rechtlich Unmöglichem" einging (Rechtsgedanke aus § 58 Abs 2 Nr 1 SGB X). Vielmehr hätte der Rechtsvorgänger der Beigeladenen eine gleiche Entscheidung auch durch Verwaltungsakt treffen können, wenn eine EinglVb nicht zustande gekommen wäre (vgl § 15 Abs 1 S 6 SGB II). Dabei kann hier offenbleiben, ob es sich bei dem Abschluss einer EinglVb einerseits und dem Erlass eines eine EinglVb ersetzenden Verwaltungsakts um zwei grundsätzlich gleichwertige Wege handelt oder sich diese beiden Gestaltungsformen in ihren rechtlichen Anforderungen unterscheiden (vgl dazu näher BSGE 104, 185 = SozR 4-4200 § 15 Nr 1 RdNr 15 und 23).

22

Da das SGB II keine Regelungen über das Zustandekommen einer EinglVb enthält, finden gemäß § 40 Abs 1 S 1 SGB II für das Verfahren die Vorschriften des SGB X Anwendung. Mit der überwiegenden Meinung in der Literatur ist der Senat der Ansicht, dass sich Rechtmäßigkeit und Möglichkeit der Auflösung der EinglVb nach den Vorschriften der §§ 53 ff SGB X über den öffentlich-rechtlichen Vertrag richten; geht man von einem öffentlich-rechtlichen Teilvertrag oder einer öffentlich-rechtlichen Handlungsform sui generis aus, bietet sich - mangels anderer Rechtsgrundlagen für solche Handlungsformen - die analoge Anwendung der §§ 53 ff SGB X an.

23

b) Die Wirksamkeit der EinglVb als öffentlich-rechtlicher Vertrag bestimmt sich in ihren Anforderungen nach § 15 Abs 1 S 2 SGB II sowie § 55 SGB X und gemäß § 61 S 2 SGB X ergänzend nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Die für einen Vertragsschluss erforderlichen übereinstimmenden Willenserklärungen der Vertragsparteien (§ 61 S 2 SGB X iVm §§ 145 ff BGB) liegen vor; das Schriftformerfordernis des § 56 SGB X wurde eingehalten; es geht um die Erbringung von Ermessensleistungen (§ 53 Abs 2 SGB X: § 16 Abs 1 S 2 SGB II iVm §§ 77 ff SGB III). Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit oder Nichtigkeit der Vereinbarung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehen nicht und sind auch von den Beteiligten nicht geltend gemacht worden (vgl dazu näher Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 58 RdNr 3, 6 und 9).

24

c) Die Rechtswirkungen der EinglVb sind schließlich nicht durch eine wirksame Kündigung beendet worden. Denn die Voraussetzungen für eine solche Kündigung lagen nicht vor.

25

Gemäß § 40 Abs 1 S 1 SGB II iVm § 59 Abs 1 S 1 SGB X(wortgleich auch § 60 Abs 1 S 1 Verwaltungsverfahrensgesetz) kann eine Partei eines öffentlich-rechtlichen Vertrags diesen kündigen, wenn sich die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesenen Verhältnisse mit Abschluss wesentlich geändert haben (1) und dies zur Folge hat, dass dieser Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist (2), sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist (3). Unabhängig von den formellen Voraussetzungen (ua Schriftform, vgl § 59 Abs 1 S 2 SGB X) sind diese materiellen Voraussetzungen nicht sämtlich erfüllt. Demzufolge ist die Kündigung vom 19.3.2006 unwirksam und hat die EinglVb nicht beendet.

26

aa) Allerdings ist mit der Änderung des § 7 Abs 3 Nr 2 SGB II durch das Gesetz vom 24.3.2006 (BGBl I 558) mit Wirkung zum 1.7.2006 eine wesentliche Veränderung in den für die "Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesenen" Verhältnissen iS von § 59 Abs 1 S 1 SGB X eingetreten.

27

Diese Norm trägt vor dem Hintergrund des ungeschriebenen Gebots "pacta sunt servanda" dem auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) beruhenden Gedanken Rechnung, dass eine Loslösung vom Vertrag ausnahmsweise möglich sein muss, wenn die Bindung für eine Vertragspartei unzumutbar geworden ist. Darauf gründen sich die vor allem im Zivilrecht entwickelten Grundsätze über die Änderung bzw den Wegfall der Geschäftsgrundlage (heute in § 313 BGB ausdrücklich normiert), an die § 59 Abs 1 S 1 SGB X mit der Bezugnahme auf die bei Vertragsschluss maßgebend gewesenen Verhältnisse und deren Auswirkungen auf bestehende Verträge anknüpft. Dabei kann hier offenbleiben, ob § 59 Abs 1 S 1 SGB X eine eigenständige Regelung des Rechtsinstituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage enthält(so ua Sonnhoff in Schlegel/ Voelzke, juris-PK SGB II, 2. Aufl 2007, § 15 RdNr 13 mwN) oder auf die allgemeinen Grundsätze zur Geschäftsgrundlage zurückgegriffen werden kann (vgl Kopp in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl 2008, § 60 Nr 8; Bonk in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008, § 60 RdNr 1 ff; VGH Baden-Württemberg NVwz-RR 2000, 206; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.10.2003 - 9 A 3137/00).

28

Der Senat teilt die Einschätzung des LSG, dass auch ohne ausdrückliche Regelung in der EinglVb jedenfalls ab 1.8.2006 mit Beginn eines neuen Bewilligungsabschnitts (vgl § 41 Abs 1 S 3 und 4 SGB II) eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist (vgl auch Fachliche Hinweise der BA zu § 15 SGB II, Ziff 15.13 zum Wegfall der Geschäftsgrundlage bei Entfallen der Hilfebedürftigkeit; ebenso Sonnhoff in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGB II, 2. Aufl 2007, § 15 RdNr 133). Denn ab diesem Zeitpunkt war der Kläger in Anwendung des ab 1.7.2006 geänderten § 7 Abs 3 Nr 2 SGB II nicht mehr hilfebedürftig iS des § 9 Abs 1 und Abs 2 SGB II und demgemäß ist sein Antrag auf Alg II vom 8.8.2006 mit (bindendem) Bescheid des Landkreises K. vom 11.8.2006 abgelehnt worden.

29

Die Wesentlichkeit dieser Änderung der Verhältnisse kann auch bei entsprechender Beurteilung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (vgl hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl 2008, § 60 RdNr 8) nicht etwa deshalb in Zweifel gezogen werden, weil sich die tatsächlichen Verhältnisse bei dem Kläger nicht nachhaltig geändert haben und der Landkreis bei Abschluss der EinglVb mit den Rechtsänderungen zum 1.7.2006 rechnen konnte. Denn auch Rechtsänderungen sind im Rahmen von § 59 Abs 1 S 1 SGB X zu berücksichtigen(vgl Kopp/Ramsauer, aaO, § 60 RdNr 9a).

30

Zweifelhaft könnte hier allenfalls sein, ob nach § 59 Abs 1 S 1 SGB X ein Kündigungsrecht auch dann besteht, wenn mit dem späteren Eintreten des Kündigungsgrunds bereits bei Vertragsschluss zu rechnen war(vgl Kopp/Ramsauer, aaO, § 60 RdNr 7 mwN). Die Rechtsänderung zum 1.7.2006 war schon vor Abschluss der EinglVb vom 16.5.2006 absehbar: Sie musste dem Landkreis bzw dem zuständigen Sachbearbeiter bei Abschluss der Vereinbarung bekannt sein; denn das Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24.3.2006 wurde am 30.3.2006 im Bundesgesetzblatt (Nr 14/2006) verkündet. Dass mit dieser Rechtsänderung auch die Leistungsberechtigung des Klägers entfiel, hätte der Landkreis bzw der zuständige Sachbearbeiter ebenso schon bei Abschluss der Vereinbarung erkennen können. Denn bei der erstmaligen Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II im Januar 2006 hatte der Kläger ausweislich der vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten des Beigeladenen die Einkommensverhältnisse seiner Eltern offen gelegt.

31

Letztlich bedarf aber die Frage, ob eine wesentliche Änderung der Verhältnisse vorgelegen hat, keiner weiteren Vertiefung, weil es - wie sogleich unter bb) dargelegt wird - dem Landkreis jedenfalls nicht unzumutbar war, am Vertrag festzuhalten.

32

bb) Nach § 59 Abs 1 S 1 SGB X berechtigt nicht jede wesentliche Änderung der Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, zur Kündigung des Vertrags. Voraussetzung ist vielmehr ua, dass es sich um eine derart wesentliche Änderung handelt, dass dem betroffenen Vertragspartner ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht zuzumuten ist. Die Unzumutbarkeit ist ein unbestimmter Gesetzesbegriff und gerichtlich voll überprüfbar (vgl ua Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Oktober 2009, K § 59 RdNr 64).

33

Hintergrund der gesetzlichen Regelung ist, dass der Grundsatz der Vertragstreue auch im öffentlichen Recht nur ausnahmsweise und allein dann unterbrochen werden darf, wenn dies notwendig ist, um wesentliche, dh untragbare, mit Recht und Gerechtigkeit schlechterdings unvereinbare Ergebnisse im öffentlichen Interesse zu vermeiden (vgl Bonk in Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, § 60 RdNr 17; Kopp/Ramsauer, aaO, § 60 RdNr 8; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.10.2003 - 9 A 3137/00 - juris). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

34

Nicht zumutbar ist das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung einem Vertragspartner dann, wenn der Rahmen des Risikos überschritten wird, den der Vertragspartner bei Abwägung aller Umstände einschließlich der Interessen des anderen Vertragspartners nach Treu und Glauben hinzunehmen hat. Hiernach scheidet eine Kündigung aus, wenn der Kündigende einerseits das Risiko bestimmter Änderungen bewusst übernommen hat, sein Vertragspartner andererseits aber wesentliche Nachteile für den Fall der Kündigung hinzunehmen hätte. Maßgebend sind die gesamten Umstände des Einzelfalls, wobei eine wichtige Rolle spielt, ob der Kündigende Vorkehrungen gegen die Auswirkungen der Änderungen treffen konnte und welche Bedeutung die Änderung im Verhältnis zum Interesse des Vertragspartners am Inhalt des Vertrags selbst hat (vgl ua Kopp/Ramsauer, aaO, § 60 RdNr 12). Damit genießt (entgegen Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 15 RdNr 33, der sich bei der EinglVb nach § 15 SGB II im Fall einer Änderung der Verhältnisse für eine entsprechende Anwendung der Grundsätze des § 48 Abs 1 SGB X ausspricht) die Partei, die am Vertrag festhalten will, einen höheren Schutz nach § 59 Abs 1 S 1 SGB X als bei einer entsprechenden Anwendung der Grundsätze des § 48 Abs 1 S 1 SGB X(so im Ergebnis auch Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Oktober 2009, K § 59 RdNr 63 mwN).

35

Dem Rechtsvorgänger des Beigeladenen war das Festhalten am Vertrag nicht unzumutbar. Das Kündigungsschreiben des Landkreises vom 19.9.2006 begründet die Kündigung damit, dass sich mit den gesetzlichen Neuregelungen des SGB II im Fall des Klägers wesentliche Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen ergeben hätten und deshalb dem Landkreis ein Festhalten an der Vereinbarung nicht möglich sei.

36

Dies hält der gerichtlichen Überprüfung jedoch nicht Stand. Denn bei der gebotenen Abwägung der Interessen beider Vertragspartner und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls ist zu berücksichtigen, dass - wie bereits oben ausgeführt - die zum 1.7.2006 bevorstehenden Änderungen des SGB II bereits bei Abschluss der Vereinbarung vom 16.5.2006 bekannt sein mussten. Der Landkreis bzw der zuständige Sachbearbeiter konnte auch bereits damals deren Auswirkungen auf die Leistungsberechtigung des Klägers erkennen. Denn der Kläger lebte im elterlichen Haushalt und ihm waren - solange er als Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft galt - aufstockende SGB II-Leistungen (in Höhe von 36,00 Euro monatlich) bis zum 31.7.2006 bewilligt worden (Bescheid vom 2.2.2006). Damit war bei Vertragsschluss offenkundig, dass infolge der Änderung des § 7 Abs 3 Nr 2 SGB II zum 1.7.2006 die Hilfebedürftigkeit des Klägers spätestens mit Ablauf des Bewilligungszeitraums ab 1.8.2006 zu verneinen war, weil nunmehr aus ihm und seinen Eltern eine Bedarfsgemeinschaft zu bilden war und deren Einkommen den maßgebenden Bedarf überstieg. Die Einkommensverhältnisse der Eltern des Klägers waren bereits anlässlich der erstmaligen Antragstellung im Januar 2006 offengelegt worden. Dennoch förderte der Landkreis auch über den Termin der Rechtsänderung zum 1.7.2006 und sogar nach Ablauf der Befristung der monatlichen SGB II-Leistungen bis zum 31.7.2006 die Maßnahme weiter. Erst am 19.9.2006 kündigte er die Vereinbarung zum 30.9.2006, wobei der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits rund zwei Drittel der Weiterbildungsmaßnahme absolviert hatte und dem Landkreis ausweislich der vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten der Beklagten bereits bekannt war, dass die Beklagte die Kosten des Lehrgangs nicht übernehmen würde (VerBis-Ausdruck vom 27.9.2006 über Gespräch vom 15.9.2006 sowie hierauf bezugnehmend Schreiben der BA vom 27.9.2006).

37

Vorkehrungen für den absehbaren Wegfall der Förderungsvoraussetzungen hatte der Landkreis nicht getroffen, insbesondere auch die Beklagte nicht als weitere Leistungsträgerin am Verfahren beteiligt (vgl § 12 Abs 2 S 1 SGB X). Das zeitgleich mit dem Kündigungsschreiben vom 19.9.2006 unterbreitete Angebot, die Maßnahme nunmehr in Form eines Darlehens nach § 16 Abs 4 SGB II aF weiter zu fördern, ändert an der nachteiligen Wirkung der Kündigung nichts. Für den Kläger bedeutete das Darlehensangebot, dass er die weiteren Maßnahmekosten letztlich - wie zwischenzeitlich durch vollständige Rückzahlung des Darlehens auch geschehen - selbst zu tragen hatte, ohne dass er darüber bereits bei Abschluss der EinglVb informiert worden wäre.

38

Damit waren die Folgen des Leistungsendes für den Kläger erheblich. Für den Landkreis hat sich demgegenüber allein das Risiko der Leistungserbringung ohne Fortbestand der Hilfebedürftigkeit des Berechtigten verwirklicht, das er selbst gesetzt hatte, indem er es versäumte, die EinglVb inhaltlich auf den schon bei deren Abschluss absehbaren Wegfall der Förderungsvoraussetzungen zum 31.7.2006 durch eine zeitliche Begrenzung bzw entsprechende Nebenbestimmungen abzustimmen.

39

cc) Abgesehen davon, dass im vorliegenden Fall eine nachträgliche Vertragsanpassung von den Vertragsparteien nicht in Betracht gezogen worden ist (s dazu unter 4), ist ein Kündigungsrecht auch nicht deshalb zu bejahen, weil ein Festhalten des Landkreises an der EinglVb bis zum Ablauf der Maßnahme am 21.12.2006 zu untragbaren, mit Recht und Gesetz schlechterdings unvereinbaren Ergebnissen führen würde. So kann es insbesondere nicht als von vornherein systemfremd angesehen werden, wenn ein SGB II-Träger die angefangene Förderung einer Weiterbildungsmaßnahme durch einen Zuschuss auch nach dem Wegfall der Hilfebedürftigkeit des Erwerbsfähigen zu Ende führt. Letzteres folgt insbesondere nicht aus § 16 Abs 4 SGB II in der bis zum 31.7.2006 gültigen Fassung (aF), auf den sich der Beigeladene beruft.

40

Hiernach konnte bei Wegfall der Hilfebedürftigkeit des Erwerbsfähigen eine Maßnahme zur Eingliederung durch ein Darlehen des SGB II-Leistungsträgers weitergefördert werden, wenn bereits zwei Drittel der Maßnahme durchgeführt sind und der Erwerbsfähige diese voraussichtlich erfolgreich abschließen wird. Die Fassung des § 16 Abs 4 SGB II durch Gesetz vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) verzichtete mit Wirkung ab 1.8.2006 auf das zeitliche Kriterium und verlangte für eine darlehensweise weitere Förderung lediglich noch, dass "dies wirtschaftlich erscheint und der Erwerbsfähige die Maßnahme voraussichtlich erfolgreich abschließen wird".

41

Es ist, betrachtet man die Umstände des vorliegenden Falls, schon fraglich, ob die Vorschrift des § 16 Abs 4 SGB II aF mit dem Tatbestandsmerkmal des "Entfallens" der Hilfebedürftigkeit auch die Änderung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Leistungsbewilligung nach § 7 Abs 3 Nr 2 SGB II erfasst oder ob sie nur Fallgestaltungen betrifft, bei denen sich nach Maßnahmebeginn die tatsächlichen Verhältnisse des Leistungsempfängers (beispielsweise durch Vermögenszuwachs) nachhaltig verändern. Dies gilt umso mehr, als im SGB III für Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Grundsatz des § 422 Abs 1 SGB III das Recht maßgebend bleibt, das zu dem Zeitpunkt gilt, in dem der Anspruch entstanden oder die Leistung zuerkannt worden ist. Allerdings ist für den hier streitigen Zeitraum davon auszugehen, dass die Verweisungsvorschrift in § 16 Abs 1 S 3 SGB II idF bis 31.7.2006 (danach § 16 Abs 1a SGB II, jetzt § 16 Abs 2 S 1 SGB II) bei Rechtsänderungen im Bereich des SGB II keine entsprechende Anwendung der Übergangsregelung des § 422 SGB III erlaubt(so wohl auch Eicher in Eicher/ Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 16 RdNr 56, 57; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Dezember 2012, K § 16 RdNr 422 ff vgl auch LSG Hamburg, Urteil vom 9.2.2012 - L 4 AS 114/11 - zur Anwendbarkeit des § 422 SGB III im Fall der Änderung des SGB III). Dafür spricht auch die mit Wirkung ab 1.1.2009 eingeführte Übergangsregelung in § 66 Abs 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917). Nach den Gesetzesmaterialien ist es Zweck des § 66 SGB II, der weitgehend mit dem Wortlaut des § 422 SGB III übereinstimmt, "dass unter bestimmten Voraussetzungen für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit bei Rechtsänderungen die bisherigen gesetzlichen Regelungen weiterhin anzuwenden sind"(vgl BT-Drucks 16/10810, S 50).

42

Doch selbst wenn man § 16 Abs 4 SGB II aF - wie das LSG und vom LSG zitierte Kommentar-Literatur(ua Eicher, aaO, § 16 RdNr 248 f) dahingehend zu verstehen hätte, dass die darlehensweise Weitergewährung grundsätzlich nur nachrangig (§ 5 Abs 1, § 9 Abs 1 SGB II) gegenüber Leistungen nach dem SGB III erfolgen kann, ergibt sich daraus kein Anhalt für die Unzumutbarkeit einer weiteren Vertragsbindung für den Beigeladenen.

43

Vielmehr können sich - wie der vorliegende Fall zeigt - auch in grundsätzlich unterschiedlichen Leistungssystemen wie dem SGB II und dem SGB III rechtliche Verzahnungen ergeben, die es notwendig machen, in Einzelfällen abweichend vom Regelfall der darlehensweisen Weitergewährung von Eingliederungsleistungen bei Entfallen der Hilfebedürftigkeit, die angefangene, vertraglich zugesicherte Förderung einer Bildungsmaßnahme bis zu deren Ende als Zuschuss zu erbringen, statt den Leistungsempfänger auf das Leistungssystem des SGB III zu verweisen. Dies bestätigt insbesondere auch die weitere Entwicklung der Vorschrift des § 16 Abs 4 SGB II aF. Denn durch das bereits genannte Gesetz vom 21.12.2008 ist mit Wirkung ab 1.1.2009 die bisherige Regelung in § 16 Abs 4 und 5 SGB II in der neuen Regelung des § 16g Abs 1 SGB II zusammengefasst worden. Danach "kann" eine Maßnahme zur Eingliederung (auch dann) weiter gefördert werden, wenn die Hilfebedürftigkeit der oder des Erwerbsfähigen während dieser Maßnahme entfällt, dies wirtschaftlich erscheint und die oder der Erwerbsfähige die Maßnahme voraussichtlich erfolgreich abschließen wird (S 1). Die Förderung "soll" als Darlehen erbracht werden (S 2). Wie bereits der Gesetzesfassung zu entnehmen ist und die Gesetzesmaterialien verdeutlichen (BT-Drucks 16/10810, S 49 zu § 16g), bezweckt die Neuregelung "den SGB-II-Leistungsträgern im Einzelfall (zu ermöglichen), abweichend vom Regelfall der Darlehensgewährung die Eingliederungsleistungen bei Wegfall der Hilfebedürftigkeit als Zuschuss zu erbringen".

44

Auch wenn § 16g Abs 1 SGB II erst ab 1.1.2009 gilt, so wird durch die Regelung doch deutlich, dass nicht etwa übergeordnete Gesichtspunkte den Landkreis bei Wegfall der Hilfebedürftigkeit des Klägers infolge der Rechtsänderung zum 1.6.2006 gezwungen haben, die EinglVb im Hinblick auf § 16 Abs 4 SGB II aF zu kündigen. An der Zumutbarkeit einer weiteren Vertragsbindung über den 1.10.2006 hinaus ändert auch nichts, dass der Landkreis trotz der bindenden Ablehnung der Weiterbewilligung von Alg II ab 1.8.2006 (Bescheid vom 11.8.2006) an der Förderung der Weiterbildungsmaßnahme immerhin bis 30.9.2006 festgehalten hat. Denn auch wenn der Kläger aufgrund der Ablehnung seines Antrags vom 8.8.2006 darüber informiert war, dass er nicht mehr zum Kreis der Alg II-Leistungsberechtigten gehörte, konnte dies nichts an seinem berechtigten Vertrauen auf den Fortbestand der am 16.5.2006 abgeschlossenen EinglVb und auf eine zuschussweise Weiterförderung der Maßnahme ändern, zumal der noch verbleibende Zeitraum bis zu deren Ende am 21.12.2006 relativ kurz war.

45

4. Dem Anspruch auf Restförderung der Weiterbildungsmaßnahme bis zum 21.12.2006 mangels wirksamer Kündigung des Rechtsvorgängers des Beigeladenen steht schließlich auch nicht entgegen, dass der Kläger mit dem Landkreis zur vergleichsweisen Beendigung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens am 9.11.2006 einen Darlehensvertrag über die (restliche) Leistungsgewährung vom 1.10. bis 21.12.2006 abgeschlossen hatte. Denn auf das Darlehensangebot des Landkreises ist der Kläger (im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens) nur deshalb eingegangen, um zunächst die Maßnahme zu Ende führen zu können. Die Tatsache, dass der Kläger im Klageverfahren vor dem SG primär die Feststellung der Verpflichtung des Beigeladenen zur Weiterförderung der Maßnahme bis zum 21.12.2006 im Rahmen der abgeschlossenen EinglVb vom 16.5.2006 als Zuschuss beantragt hat, zeigt, dass er das Darlehen nur bis zur Klärung der Verpflichtung des Beigeladenen (oder hilfsweise der Beklagten) zur Kostenübernahme in Anspruch nehmen wollte, er also zumindest konkludent seinerseits einen Wegfall der Geschäftsgrundlage für den Fall des Erfolgs seiner Feststellungsklage geltend gemacht oder mit der Klage gegen den SGB II-Leistungsträger (zumindest konkludent) die Kündigung des Darlehensvertrags erklärt hat.

46

Die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung und damit die Feststellung, dass der Beigeladene mangels Wirksamkeit der am 19.9.2006 ausgesprochenen Kündigung der EinglVb vom 16.5.2006 die Weiterbildungskosten des Klägers auch für den Zeitraum vom 1.10. bis 21.12.2006 zu tragen hat, hat zur Folge, dass das vom Kläger bereits vollständig zurückgezahlte Darlehen in Höhe von 2408,64 Euro rückabzuwickeln ist und der Beigeladene diesen Betrag an den Kläger zu zahlen hat.

47

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 2. Juli 2012 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 12. Juli 2010 zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungs- und Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen für nicht gedeckte Unterkunftskosten im Zeitraum 1.11.2008 bis 31.7.2010 hat.

2

Der 1975 geborene Kläger studierte nach Mittlerer Reife und beendeter Berufsausbildung zum Versicherungskaufmann im Jahre 2002 für ein Semester an der Hochschule für Wirtschaft und Politik. In der Folgezeit bezog er zunächst Sozialhilfe und ab 2005 Alg II. In Absprache mit der Rechtsvorgängerin des Beklagten führte er das Studium ab Sommersemester 2008 an der Universität H. als Nachfolgerin der Hochschule für Wirtschaft und Politik fort. Am 10.4.2008 schlossen Kläger und Beklagter eine Eingliederungsvereinbarung (EinglVb) ab, die eine Gültigkeitsklausel "bis 10.10.2008 soweit zwischenzeitlich nichts anderes vereinbart wird" enthielt. Darin wurde unter anderem vereinbart:

"1. Leistungen Jobcenter R.

* Sonstiges

        

- Für die Dauer des geplanten Studiums von bis zu 3 Jahren wird Arbeitslosengeld II als Unterstützung zur beruflichen Integration im bisherigen Umfang weiter gezahlt. Sollte sich herausstellen, dass das Studium aus gesundheitlichen Gründen nicht wie geplant fortgesetzt werden kann, wird ein Rehaverfahren eingeleitet.

Kommt der zuständige Träger seinen in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten nicht nach, ist ihm innerhalb einer Frist von 4 Wochen das Recht der Nacherfüllung einzuräumen. Ist eine Nachbesserung tatsächlich nicht möglich, muss er folgende Ersatzmaßnahme anbieten: /.

2. Bemühungen Herr D.K.

D.K. verpflichtet sich,

* Aus-/Weiterbildung/Anpassung

        

- Nachholen des Studienabschlusses

* Sonstiges

        

- Es ist erforderlich, dass eine sofortige Mitteilung bei der Arbeitsvermittlung erfolgt, wenn sich herausstellt, dass das Studium nicht wie geplant aus gesundheitlichen Gründen fortgeführt werden kann."

        

Neben allgemeinen Verpflichtungen zur Mitteilung von Änderungen und Bestimmungen betreffend den Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches enthielt die EinglVb ferner eine formularmäßige Rechtsfolgenbelehrung.

3

Mit erneuter Aufnahme des Studiums erhielt der Kläger nach § 13 Abs 1 Nr 2 BAföG als Studierender an einer Hochschule Ausbildungsförderungsleistungen in Höhe von monatlich 333 Euro bzw später 366 Euro. Ergänzt wurde diese nach § 13 Abs 2 Nr 2 BAföG um einen Zuschuss zum Unterkunftsbedarf von 133 Euro bzw später 146 Euro und nach § 13 Abs 3 BAföG von weiteren 72 Euro monatlich.

4

Nachdem der Kläger sich am 21.4.2008 wegen der Übernahme des Semesterbeitrags an den Beklagten gewandt hatte, teilte dieser am 24.4.2008 mit, die in der EinglVb zugesagte Unterstützung für die gesamte Dauer des Studiums könne nicht aufrecht erhalten werden. Bei Aufnahme eines Studiums entfalle der Anspruch auf Alg II. Lediglich "im Härtefall" könnten auf Antragstellung "Kosten für Miete und Unterkunft" gewährt werden. Falls der Kläger sein Studium "nach der Probezeit" fortführe, erlösche der Leistungsanspruch spätestens zum Ende des Bewilligungszeitraums am 31.8.2008. Seinen Widerspruch hiergegen begründete der Kläger damit, dass die Wiederaufnahme des Studiums derzeit die einzige erfolgversprechende Eingliederungsmöglichkeit darstelle.

5

Der Beklagte bewilligte durch Bescheid vom 18.9.2008 einen Zuschuss zu den ungedeckten Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 296 Euro monatlich für die Zeit vom 1.5.2008 bis zum 31.10.2008. Deren Fortzahlung lehnte er mit der Begründung ab, der Kläger habe keinen Leistungsanspruch nach dem SGB II, denn er sei von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen. Er absolviere eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung nach dem BAföG. Die Anspruchsvoraussetzungen für einen Zuschuss zu den Unterkunftskosten nach § 22 Abs 7 SGB II(hier in der bis zum 31.3.2011 geltenden Fassung, aF) seien nicht erfüllt. Der Kläger lebe im eigenen Haushalt und nicht in demjenigen der Eltern (Bescheid vom 12.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.2.2009).

6

Am 28.1.2010 beantragte der Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung, die die Deutsche Rentenversicherung Bund zunächst ab dem 1.8.2010 befristet und später unbefristet für die Zeit ab dem 1.1.2010 bewilligte.

7

Das SG hat die Klage auf einen Zuschuss zu den ungedeckten Unterkunftskosten abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 12.7.2010). Auf die Berufung des Klägers hat das LSG den Gerichtsbescheid aufgehoben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 12.11.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.2.2009 verurteilt, dem Kläger die nicht anderweitig gedeckten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1.11.2008 bis zum 31.7.2010 zu erstatten (Urteil vom 2.7.2012). Der Kläger habe einen unmittelbaren Anspruch auf Erfüllung aus der EinglVb vom 10.4.2008. Diese vertragliche Verpflichtung sei in der Folgezeit durch Bewilligungsentscheidungen umzusetzen gewesen. Das Leistungsversprechen des Beklagten sei nach dem objektiven Empfängerhorizont so auszulegen, dass es über den 10.10.2008 hinaus gültig gewesen sei. Die EinglVb sei auch wirksam zustande gekommen. Ein Nichtigkeitsgrund liege nicht vor. Eine EinglVb könne, solange sie nicht nichtig sei, grundsätzlich auch Vereinbarungen über Förderungen von Aus- und Weiterbildung enthalten, die nach dem SGB III nicht förderungsfähig seien. Der Beklagte habe die EinglVb auch nicht wirksam gekündigt.

8

Der Beklagte rügt mit seiner vom erkennenden Senat zugelassenen Revision eine Verletzung von § 15 SGB II. Der Kläger könne sich für den geltend gemachten Anspruch nicht auf die EinglVb berufen, denn diese sei nichtig. Der zulässige Regelungsinhalt der EinglVb beschränke sich ausschließlich auf Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts seien kein zulässiger Regelungsgegenstand. Auch die Leistungsvoraussetzungen des § 22 Abs 7 SGB II aF hätten nicht vorgelegen. Mit der zum 1.1.2010 rückwirkend festgestellten Erwerbsminderung sei die Zuständigkeit des Beklagten zudem vollständig entfallen.

9

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 2. Juli 2012 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 12. Juli 2010 zurückzuweisen.

10

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Er führt zur Begründung aus, dass die EinglVb nach den Feststellungen des LSG nicht bis zum 10.10.2008 befristet gewesen sei, sodass sich sein Leistungsanspruch unmittelbar aus der Vereinbarung ergäbe. In einer EinglVb könnten auch Regelungen über gebundene Leistungen, etwa solche zur Sicherung des Lebensunterhaltes, getroffen werden. Die EinglVb sei ggf als Zusicherung auszulegen, sodass dem Auszubildenden im Falle der Hilfebedürftigkeit passive Leistungen nach dem SGB II zu gewähren seien. Sein Anspruch gründe im Übrigen auf § 22 Abs 7 SGB II aF. Der Ausschluss von Studierenden, die nicht bei ihren Eltern wohnten, verstoße gegen Art 3 Abs 1 GG, weil es hierfür keine tragfähige Begründung gebe. Eine Ungleichbehandlung bestehe auch gegenüber Schülern, die nicht bei ihren Eltern wohnten, die gleichwohl einen Anspruch auf Zuschuss zu den ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 7 SGB II aF hätten. Es läge auch ein Verstoß gegen Art 1 iVm Art 20 GG vor, denn die Bedarfssätze im BAföG unterschritten das Existenzminimum. Er könne im konkreten Fall zudem aufgrund seiner Erkrankung nicht selbst durch Erwerbstätigkeit für seinen Lebensunterhalt sorgen. Schlussendlich folge der geltend gemachte Anspruch aus § 7 Abs 5 S 2 SGB II aF. Es liege hier ein besonderer Härtefall vor, denn das Studium sei die einzige Möglichkeit, einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden.

12

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie führt aus, ein Anspruch des Klägers gegen sie komme bereits deswegen nicht in Betracht, weil er im streitgegenständlichen Zeitraum kein Leistungsberechtigter nach dem SGB XII gewesen sei. Ferner sei ein Anspruch nach § 22 SGB XII ausgeschlossen.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet.

14

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die streitgegenständlichen Leistungen gegen den Beklagten. Weder kann er sich mit Erfolg auf § 22 Abs 1 S 1 SGB II(3.) oder § 22 Abs 7 S 1 SGB II aF(4.), noch auf die EinglVb vom 10.4.2008 oder eine hierin zu erblickende Zusicherung iS des § 34 SGB X als Anspruchsgrundlage für einen Zuschuss zu den Unterkunftskosten berufen(5.). Er hat auch keinen Erfolg mit seinem Begehren auf eine darlehensweise Übernahme der Aufwendungen für Unterkunft nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II iVm § 7 Abs 5 S 2 SGB II aF(6.). Ebenso wenig kann er Leistungen nach dem SGB XII hierfür von der Beigeladenen beanspruchen (7.).

15

1. Streitgegenstand ist ein Anspruch des Klägers auf Leistungen für ungedeckte Kosten für Unterkunft und Heizung vom 1.11.2008 bis 31.7.2010 als Zuschuss oder Darlehen. Da allein der Beklagte Revision gegen das Urteil des LSG eingelegt hat, ist der Streitgegenstand hierauf beschränkt. Bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung handelt es sich um abtrennbare Verfügungen (vgl nur BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f). An der Zulässigkeit derart beschränkter Rechtsmittel hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II aufgrund des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011 (BGBl I 453) zumindest für laufende Verfahren über vor dem 1.1.2011 abgeschlossene Bewilligungsabschnitte nichts geändert (vgl BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46, RdNr 11).

16

2. Der Kläger verfolgt sein Begehren zutreffend mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) bzw kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG), soweit der Anspruch auf § 22 Abs 1 S 1 SGB II, § 22 Abs 7 S 1 SGB II aF bzw § 22 Abs 1 S 1 SGB II iVm § 7 Abs 5 S 2 SGB II aF und § 22 Abs 1 S 2 SGB XII oder § 34 SGB X gründet. Im Hinblick auf die EinglVb vom 10.4.2008 als Rechtsgrundlage des von ihm geltend gemachten Anspruchs ist zulässige Klageart die allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG).

17

3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen Zuschuss zu den anderweitig nicht gedeckten Unterkunftskosten gegen den Beklagten auf Grundlage von § 22 Abs 1 S 1 SGB II. Nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, der insofern seit dem Inkrafttreten am 1.1.2005 bis zum Ende des hier streitigen Zeitraumes nicht geändert worden ist) werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Dem Anspruch des Klägers auf diese Leistungen steht bereits seine fehlende Leistungsberechtigung entgegen. Dahinstehen kann insoweit, dass das LSG keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen hat, ob der Kläger im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum erwerbsfähig iS des § 7 Abs 1 S 1 Nr 2 iVm § 8 SGB II und hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 iVm § 9 SGB II war. Er war von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 7 Abs 5 S 1 SGB II aF ausgeschlossen.

18

Gemäß § 7 Abs 5 S 1 SGB II(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, der insofern seit dem Inkrafttreten am 1.1.2005 bis zum Ende des hier streitigen Zeitraumes nicht geändert worden ist) haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, einschließlich solcher zur Deckung des Bedarfs durch die Kosten für Unterkunft und Heizung(§ 19 S 1 SGB II aF). Dem Ausschluss des § 7 Abs 5 S 1 SGB II aF liegt dabei die Erwägung zugrunde, dass bereits die Ausbildungsförderung nach dem BAföG oder eine Förderung gemäß §§ 60 bis 62 SGB III auch die Kosten des Lebensunterhalts umfasst und die Grundsicherung nach dem SGB II nicht dazu dienen soll, durch Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts das Betreiben einer dem Grunde nach anderweitig förderungsfähigen Ausbildung zu ermöglichen. Die Ausschlussregelung im SGB II soll die nachrangige Grundsicherung (vgl § 3 Abs 3 SGB II)mithin davon befreien, eine - versteckte - Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene zu ermöglichen. Es sollen nicht mehrere Träger zur Deckung ein und desselben Bedarfs zuständig sein (BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 36/06 R - BSGE 99, 67 = SozR 4-4200 § 7 Nr 6, RdNr 18; BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 28/07 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 9 RdNr 14).

19

Nach den Feststellungen des LSG absolvierte der Kläger während des streitgegenständlichen Zeitraums eine Ausbildung in der Form eines Studiums iS des § 7 Abs 5 S 1 SGB II aF iVm § 2 Abs 1 S 1 Nr 6 BAföG an der Universität H., die im konkreten Fall auch durch Leistungen nach dem BAföG gefördert worden ist. Dass der Kläger bereits über einen Berufsabschluss verfügt hat, steht der Einordnung des Studiums als Ausbildung iS des § 7 Abs 5 S 1 SGB II aF nicht entgegen. Es handelte sich dabei insbesondere nicht um eine Maßnahme der Weiterbildung iS von § 77 SGB III aF(idF des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4607), die keinen Ausschluss von SGB II-Leistungen begründet (BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 97/09 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 19 RdNr 18 ff, unter Bezugnahme auf stRspr BVerwG, etwa BVerwG Urteil vom 7.6.1989 - 5 C 3/86 - BVerwGE 82, 125).

20

Die Abgrenzung zwischen Aus- und Weiterbildung richtet sich ausschließlich nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung des Charakters der Maßnahme. Entscheidend ist insoweit der Weg, auf dem das Ziel erreicht werden soll (BSG Urteil vom 29.1.2008 - B 7/7a AL 68/06 R - BSGE 100, 6 = SozR 4-4300 § 60 Nr 1, RdNr 10). Weiterbildungsangebote sollen grundsätzlich auf dem bereits vorhandenen beruflichen Wissen aufbauen. Es handelt sich insoweit um die Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach dem Abschluss der ersten Ausbildungsphase oder sonstiger beruflicher Betätigung ohne vorherigen Berufsabschluss, das deswegen vielfach - wenn auch nicht zwingend - mit einer verkürzten Ausbildungsdauer einhergeht (vgl § 85 Abs 2 SGB III aF; BSG Urteil vom 30.8.2010, aaO, RdNr 23 mwN auf die stRspr des BSG).

21

Nach den Feststellungen des LSG war die abgeschlossene Berufsausbildung ausschließlich Zugangsvoraussetzung für den gewählten Studiengang, sowohl zur Erlangung der allgemeinen Hochschulreife, als auch eines Bachelors of Arts in Sozialökonomie. Das Studium schloss nicht insofern an die Kenntnisse aus der Berufsausbildung an, als das an der Universität vermittelte Wissen auf ihnen aufbaute oder einen unmittelbaren Bezug zu diesen Kenntnissen hatte. Der formale Ausbildungsabschluss war vielmehr nur erforderlich, um zur Aufnahmeprüfung und nach deren Bestehen zum Studium zugelassen zu werden, vergleichbar der allgemeinen Hochschulreife, erworben durch das Abitur.

22

Da der Kläger Studierender an einer Hochschule war, kann er auch die Rückausnahmen des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs 6 SGB II(idF des 22. Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes <22. BAföGÄndG> vom 23.12.2007, BGBl I 3254, 3258, der insofern seit dem Inkrafttreten am 1.1.2008 bis zum Ende des hier streitigen Zeitraumes nicht geändert worden ist), die Schüler betreffen, nicht für sich in Anspruch nehmen.

23

4. Ebenso wenig hat der Kläger einen Anspruch gegen den Beklagten auf Gewährung ergänzender Leistungen für ungedeckte Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 7 S 1 SGB II aF als Zuschuss. Nach § 22 Abs 7 S 1 SGB II aF(eingeführt durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706, der insofern seit dem Inkrafttreten am 1.1.2007 bis zum Ende des hier streitigen Zeitraumes nicht geändert worden ist; nunmehr: § 27 Abs 3 SGB II) steht abweichend von § 7 Abs 5 S 1 SGB II aF Auszubildenden, die Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld nach dem SGB III oder Leistungen nach dem BAföG erhalten und deren Bedarf sich nach § 65 Abs 1, § 66 Abs 3, § 101 Abs 3, § 105 Abs 1 Nr 1, 4, § 106 Abs 1 Nr 2 SGB III oder nach § 12 Abs 1 Nr 2, Abs 2 und 3, § 13 Abs 1 iVm Abs 2 Nr 1 BAföG bemisst, ein Zuschuss zu ihren ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung zu(§ 22 Abs 1 S 1 SGB II). Unabhängig von den mangelnden Feststellungen des LSG zum Hilfebedarf des Klägers im Hinblick auf die Unterkunftskosten dem Grunde nach und ggf dessen Höhe, erfüllt er bereits die persönlichen Voraussetzungen des § 22 Abs 7 S 1 SGB II aF nicht.

24

Der Kläger bezog nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) Leistungen nach dem BAföG, wobei sich sein Bedarf nach § 13 Abs 1 Nr 2, Abs 2 Nr 2 BAföG(bis zum 31.7.2008 idF des Gesetzes zur Reform und Verbesserung der Ausbildungsförderung - Ausbildungsförderungsreformgesetz vom 19.3.2001, BGBl I 390, und ab 1.8.2008 idF des 22. BAföGÄndG vom 23.12.2007, BGBl I 3254) bemaß. Damit erhielt er Leistungen als Studierender an einer Hochschule, der nicht bei seinen Eltern wohnt (§ 13 Abs 1 Nr 2, Abs 2 Nr 2, Abs 3 BAföG). § 22 Abs 7 S 1 SGB II aF findet jedoch nur auf Studierende Anwendung, deren Bedarf sich nach § 13 Abs 1, Abs 2 Nr 1 BAföG bemisst, also auf solche, die eine Ausbildung in einer der in § 13 Abs 1 Nr 2 BAföG genannten Einrichtungen absolvieren und bei ihren Eltern wohnen.

25

Eine Anwendung von § 22 Abs 7 S 1 SGB II aF auf die vom Kläger repräsentierte Personengruppe über den Wortlaut der Norm hinaus kommt nicht in Betracht. Es handelt sich hierbei um eine abschließende Aufzählung (hiervon ist bereits der 14. Senat im Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 24/09 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 20 RdNr 20-21 ausgegangen; ebenso BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 36/06 R - BSGE 99, 67 = SozR 4-4200 § 7 Nr 6, RdNr 28) und für eine analoge Anwendung der Vorschrift auf die hier vorliegende Fallkonstellation fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke.

26

Der Gesetzgeber hat bewusst nur für den Personenkreis ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vorgesehen, der entweder während einer Berufsausbildung außerhalb des Elternhauses wohnt und nur Anspruch auf eine Förderung nach § 65 Abs 1 SGB III iVm dem niedrigeren Leistungssatz nach § 13 Abs 1 Nr 1 BAföG hat(vgl Fallkonstellation, die der Entscheidung des erkennenden Senats vom 22.3.2010 zugrunde lag - B 4 AS 69/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 32 RdNr 13)oder der als Studierender bei den Eltern lebt und nur Unterkunftsleistungen nach § 13 Abs 2 Nr 1 BAföG erhält. In beiden Fällen können typischerweise Lücken bei der Finanzierung der Unterkunftskosten entstehen. Die ergänzenden Leistungen für Studierende, die im Haushalt der Eltern wohnen, sollen zu den dort anfallenden Kosten für die Unterkunft und Heizung beitragen, weil die Eltern den auf das studierende Kind entfallenden Wohnkostenanteil mitzutragen haben. Sind die Eltern selbst hilfebedürftig, haben sie nach dem SGB II nur kopfteilig Anspruch auf Unterkunfts- und Heizkostenleistungen, sodass der auf das studierende Kind entfallende Anteil an den Wohnkosten ansonsten ungedeckt bliebe (BT-Drucks 16/1410, S 23).

27

Soweit der Kläger geltend macht, der Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach Art 1 iVm Art 20 GG (vgl BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 134 - SGB II-Regelleistung; BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 7.7.2010 - 1 BvR 2556/09 - SozR 4-4200 § 11 Nr 33) erfordere seine Einbeziehung in den Kreis der nach § 22 Abs 7 S 1 SGB II aF Leistungsberechtigten, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Der Kläger beruft sich darauf, aus Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG folge die staatliche Garantie der Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins erforderlich seien (vgl BVerfGE 82, 60 <80>; BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 135). Insoweit übersieht er jedoch, dass er zur Finanzierung seines Lebensunterhalts staatliche Mittel in Gestalt der Leistungen nach dem BAföG erhalten hat, insbesondere erhöhte Unterkunftsleistungen. Für Studierende, die in einer Unterkunft außerhalb des Elternhauses wohnen, sah § 13 Abs 3 BAföG im hier streitigen Zeitraum(idF des Art 1 Nr 6 AföRG, Ausbildungsförderungsreformgesetz vom 19.3.2001, BGBl I 390, mWv 1.4.2001) im Fall der Unterdeckung bei den Unterkunftskosten eine pauschalierte Erhöhung der Leistungen hierfür um 72 Euro monatlich auf insgesamt 218 Euro vor. Inwieweit auch im BAföG - wie im SGB II - die Deckung der angemessenen tatsächlichen Aufwendungen gewährleistet werden müsste (vgl zur Pauschalierung und Typisierung in der Ausbildungsförderung: BVerwG Urteil vom 30.6.2010 - 5 C 3/09 - juris RdNr 32), bedurfte hier keiner Prüfung. Der Kläger begehrt vorliegend ausschließlich Leistungen nach dem SGB II. Das SGB II sah jedoch wegen der Pauschalierung bei den Unterkunftskosten im BAföG nur in genau definierten Härtefällen eine Aufstockung der Ausbildungsförderungsleistungen durch § 22 Abs 7 S 1 SGB II aF vor. Soweit der Kläger - wie zuvor dargelegt - über die geregelten Ausnahmefälle des § 22 Abs 7 S 1 SGB II aF hinaus einen weitergehenden gesetzlich nicht vorgesehenen Anspruch geltend macht, rügt er daher keine Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung des Existenzminimums, sondern eine Verletzung von Art 3 Abs 1 GG.

28

Art 3 Abs 1 GG erfordert hier jedoch keine verfassungskonforme Anwendung des § 22 Abs 7 S 1 SGB II aF dergestalt, dass Studierende, die außerhalb des Elternhauses wohnen, in den Kreis der nach dieser Vorschrift Leistungsberechtigten aus Gleichheitsgründen einzubeziehen wären. Grundsätzlich verletzt eine Norm, durch welche eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten, zwar den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 7.7.2010 - 1 BvR 2556/09 - SozR 4-4200 § 11 Nr 33, juris RdNr 17 f mwN). Es mangelt hier jedoch bereits an der Vergleichbarkeit der vom Kläger benannten Personengruppen, der bei den Eltern lebenden Studierenden bzw Auszubildenden mit eigenem Haushalt und den Studierenden mit eigenem Haushalt. Es liegen derartige Unterschiede zwischen ihnen vor, dass eine Gleichbehandlung nicht geboten ist.

29

Die Bedarfslagen beider Gruppen unterscheiden sich deutlich. Den vom Kläger hier zum Vergleich herangezogenen Personengruppen von Studierenden, Schülern und Auszubildenden standen niedrigere Leistungen zur Ausbildungsförderung nach dem BAföG bzw dem SGB III iVm den Vorschriften des BAföG als Studierenden mit eigenem Haushalt zu. Studierende, die im Elternhaus lebten, erhielten nach § 13 Abs 2 Nr 1 BAföG nur einen abgesenkten Beitrag zu ihren Unterkunftskosten, zwischen dem 1.8.2008 und dem 27.10.2010 betrug dieser 48 Euro (22. BAföGÄndG vom 23.12.2007 mWv 1.8.2008, BGBl I 3254). Studierenden mit einer Unterkunft außerhalb des Elternhauses konnten hingegen in dem zuvor benannten Zeitraum nach § 13 Abs 2 Nr 2 iVm § 13 Abs 3 BAföG bis zu 218 Euro zur Finanzierung ihrer Unterkunft und insgesamt maximal 584 Euro gewährt werden. Bei Schülern, beispielsweise in einer Fachoberschulklasse, mit einem eigenen Haushalt (höchste im BAföG vorgesehene Ausbildungsförderungsleistung für Schüler), konnte der im Gesamtbedarf nach § 12 Abs 2 S 1 Nr 2 BAföG von 459 Euro im streitigen Zeitraum enthaltene Unterkunftsanteil von 57 Euro maximal um 72 Euro erhöht werden, sodass ihnen höchstens 531 Euro als Gesamtleistung zur Verfügung stand. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger sich mit einem Auszubildenden vergleichen wollte, der Leistungen zur Berufsausbildung nach dem SGB III bezieht und außerhalb des Elternhauses wohnt, gleichwohl aber einen Anspruch auf Leistungen nach § 22 Abs 7 S 1 SGB II aF haben konnte. Die Berufsausbildungsbeihilfe bemaß sich für diesen Auszubildenden im hier streitigen Zeitraum (AföRG vom 19.3.2001, BGBl I 390, mWv 1.4.2001) nach § 13 Abs 1 Nr 1 BAföG, also einem niedrigeren Satz als demjenigen, der für Studierende an einer Hochschule zugrunde zu legen war(§ 13 Abs 1 Nr 2 BAföG). An diese unterschiedlichen Bedarfslagen durfte der Gesetzgeber mit § 22 Abs 7 S 1 SGB II aF anknüpfen.

30

Der Kläger konnte ausschließlich aus individuellen Gründen die ihm entstehenden Unterkunftsaufwendungen nicht mit der ihm gewährten Ausbildungsförderung decken. Er erfuhr jedoch durch § 22 Abs 7 S 1 SGB II aF keine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Leistungshöhe nach dem BAföG gegenüber anderen Studierenden der maßgeblichen Vergleichsgruppe, dh den Studierenden, die außerhalb des Elternhauses leben.

31

5. Dem Kläger steht schließlich auch kein Leistungsanspruch gegen den Beklagten auf Grundlage der EinglVb vom 10.4.2008 zu. Eine EinglVb scheidet zwar nicht grundsätzlich als Anspruchsgrundlage für Leistungen nach dem SGB II aus (vgl nur BSG Urteil vom 6.12.2012 - B 11 AL 15/11 R - BSGE 112, 241 = SozR 4-1300 § 59 Nr 1, RdNr 18). Vorliegend kann der Kläger sich jedoch nicht auf sie berufen. Dabei kann offenbleiben, ob der erkennende Senat an die Feststellung des LSG gebunden ist, das Leistungsversprechen des Beklagten in der EinglVb habe nach dem objektiven Empfängerhorizont die Laufzeit über den 10.10.2008 hinaus modifiziert. Denn der Beklagte konnte sich nicht bindend in Gestalt einer EinglVb nach § 15 SGB II zur Erbringung von Leistungen für Unterkunft und Heizung als Teil des Alg II verpflichten.

32

§ 15 Abs 1 S 1 SGB II(idF des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30.7.2004, BGBl I 2014, der insofern seit dem Inkrafttreten am 1.1.2005 bis zum Ende des hier streitigen Zeitraumes nicht geändert worden ist) bestimmt: "Die Agentur für Arbeit soll im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die für seine Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren ...". Im vorliegenden Fall hat sich der Beklagte nach Ziff 1 der EinglVb verpflichtet, für die Dauer des geplanten Studiums von bis zu drei Jahren Alg II als Unterstützung zur beruflichen Integration im bisherigen Umfang zu gewähren. Der Kläger sollte im Gegenzug das Studium wieder aufnehmen und den Studienabschluss nachholen. Dass der Kläger seiner Verpflichtung insoweit nachgekommen ist, als er im streitigen Zeitraum an der Hochschule studiert hat, kann den Feststellungen des LSG mit ausreichender Sicherheit entnommen werden. Ebenso steht fest, dass der Beklagte seiner Verpflichtung nur bis zum 31.10.2008 nachgekommen ist. Die Leistungsablehnung durch den Beklagten für den hier streitigen Zeitraum ist jedoch nicht zu beanstanden. Die EinglVb vom 10.4.2008 war von Anfang an nichtig.

33

a) Es ist höchstrichterlich noch nicht entschieden, welche Rechtsqualität der EinglVb nach § 15 SGB II zukommt. Der erkennende Senat neigt jedoch in Fortführung der bislang vorliegenden Rechtsprechung des 11. und 14. Senats dazu, die EinglVb nach § 15 SGB II der Rechtsform des öffentlich-rechtlichen Vertrags zuzuordnen (vgl BSG Urteil vom 6.12.2012 - B 11 AL 15/11 R - BSGE 112, 241 = SozR 4-1300 § 59 Nr 1, RdNr 20; BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 195/11 R - BSGE 113, 70 = SozR 4-4200 § 15 Nr 2, RdNr 18; BSG Urteil vom 22.8.2013 - B 14 AS 75/12 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-4200 § 16 Nr 13 und BSGE vorgesehen, juris RdNr 19), konkret der Form eines subordinationsrechtlichen Austauschvertrags gemäß § 53 Abs 1 S 2, § 55 SGB X(vgl im Einzelnen zur hM in der Literatur, die einen öffentlich-rechtlichen Vertrag - zT unter Einordnung als sog "hinkender", "unechter" Austauschvertrag - befürwortet: Banafsche, SR 2013, 121, 126 ff; Berlit in Münder, LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 15 RdNr 8; Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 55 RdNr 4; Fuchsloch in Gagel, SGB II/SGB III, § 15 SGB II RdNr 21 f, 109 ff, Stand VI/2006; Huckenbeck in Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl 2011, § 15 RdNr 5; Kador in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 15 RdNr 8; Lahne in Hohm, Gemeinschaftskomm zum SGB II, § 15 RdNr 11, Stand VII/2012; Müller in Hauck/Noftz, SGB II, K § 15 RdNr 34, 37, 59 ff, Stand VII/2012; Sonnhoff in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 15 RdNr 22 ff; Weinreich, SGb 2012, 513, 519). Hieraus folgt, dass sich die rechtliche Beurteilung vertraglicher Störungen nach § 40 Abs 1 S 1 SGB II iVm §§ 53 ff SGB X richtet(vgl ebenfalls unter Angabe des Meinungsstandes BSG Urteil vom 6.12.2012 - B 11 AL 15/11 R - BSGE 112, 241 = SozR 4-1300 § 59 Nr 1, RdNr 21 ff),mit der Konsequenz, dass vorliegend die gesamte EinglVb nichtig ist (§ 58 Abs 3 SGB X). Der Kläger kann daher nicht mit Erfolg einen Anspruch auf ergänzende Unterkunftsleistungen aus der EinglVb herleiten.

34

Der vereinbarten Verpflichtung des Beklagten in Ziff 1 der EinglVb, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts während der Dauer des geplanten Studiums zu zahlen, steht das Vertragsformverbot gemäß § 53 Abs 1 S 1 Halbs 2 SGB X entgegen. Gemäß § 53 Abs 1 S 1 SGB X kann ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Die Verwaltung hat dabei stets den rechtsstaatlichen Vorrang des Gesetzes zu beachten (Art 20 Abs 3 GG). Sofern der Verwaltung eine bestimmte Handlungsform eindeutig durch Gesetz vorgegeben wird, hat sie dies nach Art 20 Abs 3 GG zu beachten, ihr steht vor allem unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit gegenüber den von ihrem Handeln Betroffenen insoweit keine Gestaltungsfreiheit zu.

35

Die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung als Teil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - geregelt in den §§ 19 ff SGB II - durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag in Gestalt einer EinglVb nach § 15 SGB II - gleichsam ausgehandelt zwischen den beiden an dem Vertrag beteiligten - ist rechtlich nicht zulässig(so auch die einhellige Meinung im Schrifttum: vgl Berlit in Münder, LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 15 RdNr 22; Fuchsloch in Gagel, SGB II/SGB III, § 15 SGB II RdNr 54 ff, Stand VI/2006; Huckenbeck in Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl 2011, § 15 RdNr 24; Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Komm zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 15 RdNr 15; Lahne in Hohm, Gemeinschaftskomm zum SGB II, § 15 RdNr 25, Stand VII/2012; Müller in Hauck/Noftz, SGB II, K § 15 RdNr 41, Stand VII/2012; Pfohl in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/AsylblG, § 15 RdNr 9, Stand VII/2011; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 15 RdNr 22; Stark in Estelmann, SGB II, § 15 RdNr 52, Stand VII/2008; Bieback, VSSR 2013, 301, 304; Weinreich, SGb 2012, 513, 517; in diese Richtung sind auch Banafsche, SR 2013, 121, 134 und Kretschmer, Das Recht der Eingliederungsvereinbarung des SGB II, 2012, 211 f zu verstehen; Kador in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 15 RdNr 22 bejaht eine mögliche Regelung mit jedoch nur klarstellender Funktion). Dies folgt aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte, dem systematischen Zusammenhang, in dem § 15 SGB II steht, sowie dessen Sinn und Zweck.

36

Nach dem Wortlaut von § 15 Abs 1 S 1 SGB II soll - als Regelfall - die Agentur für Arbeit im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die für seine Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren. Gemäß § 1 Abs 3 SGB II umfasst die Grundsicherung für Arbeitsuchende Leistungen zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Arbeit(Nr 1 - so genannte aktive Leistungen) und zur Sicherung des Lebensunterhalts (Nr 2 - so genannte passive Leistungen, vgl auch BT-Drucks 15/1516, S 54). Beide Leistungsformen sind von einander zu unterscheiden (vgl auch § 19a Abs 1 SGB I). § 15 Abs 1 S 1 SGB II bezieht sich ausschließlich auf die aktiven Leistungen. So soll in der EinglVb insbesondere vereinbart werden, welche Leistungen der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält, welche Bemühungen er in welcher Häufigkeit mindestens unternehmen muss und in welcher Form er seine Bemühungen nachzuweisen hat (§ 15 Abs 1 S 2 Nr 1, 2 SGB II). Soweit der Kläger meint, aus § 15 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB II - die Bestimmung, welche Leistungen Dritter, insbesondere Träger anderer Sozialleistungen, der erwerbsfähige Hilfebedürftige zu beantragen hat - schließen zu können, dass auch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts Regelungsgegenstand der EinglVb sein könnten, verkennt er, dass sich auch dieser Beispielsfall eines Vereinbarungsinhalts nur auf die Beantragung von Eingliederungsleistungen bezieht. Für andere Leistungen hält das SGB II die Vorschriften des § 5 Abs 3 und § 12a SGB II vor. Dies wird durch die Gesetzesbegründung bestätigt. Danach enthält die EinglVb verbindliche Aussagen zum Fördern und Fordern des Erwerbsfähigen, insbesondere zu den abgesprochenen Leistungen zur Eingliederung in Arbeit und Mindestanforderungen an die eigenen Bemühungen um berufliche Eingliederung nach Art und Umfang (BT-Drucks 15/1516, S 54).

37

Dieser Befund wird durch die systematische Stellung des § 15 SGB II innerhalb des grundsicherungsrechtlichen Leistungssystems bestätigt. § 15 SGB II findet sich im Kap 3, Abschn 1 "Leistungen zur Eingliederung in Arbeit". Die Vorschrift leitet damit nach § 14 SGB II, dem vorangestellten Grundsatz des Förderns, als verfahrenssteuernde Vorschrift den Abschn 1 - "Leistungen zur Eingliederung in Arbeit" ein. Ihr folgen die Regelungen über die einzelnen Leistungen zur Eingliederung, mit dem Kernstück des § 16 SGB II. Damit hat der Gesetzgeber der Verwaltung zugleich auch systematisch einen abschließenden Katalog möglicher Inhalte einer EinglVb vorgegeben. Da die Unterkunftsleistungen als Teil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem 2. Abschn des 3. Kap ausdrücklich keine Leistungen zur Eingliederung in Arbeit darstellen, können sie damit auch nicht zulässiger Inhalt einer EinglVb sein. Der Verwaltung wird diese Handlungsform für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Gesetzgeber nicht eröffnet.

38

Die in der EinglVb vereinbarten Leistungen sollen den Leistungsberechtigten zudem unabhängig machen von den passiven Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, zumindest den Anspruch auf diese iS des § 3 Abs 1 S 1 SGB II mindern. Ihr Zweck ist es mithin - im Idealfall -, dass sich die Gewährung von passiven Leistungen erübrigt. Dem widerspräche es, wenn Alg II oder Teile dessen zugleich Gegenstand der EinglVb sein könnten. Der Leistungsberechtigte müsste sich ansonsten "vertraglich" verpflichten, Eingliederungsbemühungen zu unternehmen, um die vom Beklagten zugesagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entbehrlich zu machen. Ihn träfe die Vertragspflicht, sich darum zu bemühen, dass sein Vertragspartner von seiner zugesagten Leistungsverpflichtung frei wird. Diese Zweckrichtung liegt dem gesetzlichen Konzept der EinglVb ersichtlich nicht zugrunde. Aufgrund der von Anfang an vorliegenden Nichtigkeit der EinglVb vom 10.4.2008 kommt es nicht mehr darauf an, ob der Beklagte sich von dieser durch das Schreiben vom 24.4.2008 wirksam gelöst hat (§ 59 SGB X).

39

b) Selbst wenn man die EinglVb nicht als öffentlich-rechtlichen Vertrag bewerten wollte, ergäbe sich kein anderes Ergebnis.

40

aa) Soweit die Auffassung vertreten wird, bei der EinglVb handele es sich um einen öffentlich-rechtlichen Teilvertrag oder um eine öffentlich-rechtliche Zusatzvereinbarung (Stark in Estelmann, SGB II, § 15 RdNr 30, Stand VII/2008) oder eine normersetzende öffentlich-rechtliche Handlungsform sui generis (Spellbrink, Sozialrecht aktuell 2006, 52, 54) und die §§ 53 ff SGB X - entsprechend - herangezogen werden sollen(hierzu BSG Urteil vom 6.12.2012 - B 11 AL 15/11 R - BSGE 112, 241 = SozR 4-1300 § 59 Nr 1, RdNr 22), ergibt sich die Nichtigkeit der konkret vorliegenden EinglVb aus den genannten Gründen zum Vertragsformverbot (vgl a). Sofern das Handeln der Verwaltung durch EinglVb nach diesen Ansichten ähnlich wie ein Verwaltungsakt zu kontrollieren sein soll (vgl Spellbrink, Sozialrecht aktuell 2006, 52, 54), folgt die Unwirksamkeit direkt aus dem rechtsstaatlichen Gebot des Gesetzesvorrangs nach Art 20 Abs 3 GG. Die zum Vertragsformverbot nach § 53 Abs 1 S 1 Halbs 2 SGB X gemachten Ausführungen zu Art 20 Abs 3 GG gelten für diese Ansicht unmittelbar.

41

bb) Auch soweit Ziff 1 der EinglVb der Rechtsform nach als Zusicherung iS von § 34 SGB X anzusehen sein sollte(vgl zur Einordnung von EinglVb als Zusicherungen grundsätzlich Knickrehm in Schuler-Harms, Konsensuale Handlungsformen im Sozialleistungsrecht, 2012, 43, 52), ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Eine Zusicherung, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Gegenzug zur Absolvierung eines Studiums oder dessen Abschluss zu gewähren, wäre ebenfalls nichtig. Gemäß § 34 Abs 1 S 1 SGB X ist eine Zusicherung eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Auf die Unwirksamkeit der Zusicherung findet nach § 34 Abs 2 SGB X ua § 40 SGB X Anwendung. Gemäß § 40 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. So liegt der Fall hier.

42

Der Kläger hat sich in Ziff 2 der EinglVb - im Gegenzug zur Zusage der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - zu Eingliederungsbemühungen verpflichtet und der Beklagte hat diese Verpflichtung zur Bedingung seiner Zusicherung gemacht. Dies wird dem Anspruch auf Gewährleistung des Existenzminimums iS des Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG nicht gerecht. Vielmehr ist Alg II bei Vorliegen der gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen als gesetzlich gebundene Leistung verpflichtend zu erbringen. Es besteht insoweit keinerlei Disponibilität, insbesondere nicht in dem Sinne, dass die Bewilligung passiver Leistungen, die im Kern zwar nicht voraussetzungslos, jedoch unverfügbar sind (vgl BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 133), durch eine Vereinbarung zwischen dem Grundsicherungsträger und dem Leistungsberechtigten von einem bestimmten Verhalten des Letzteren abhängig gemacht wird. Damit würden diese Leistungen von vornherein und vollständig unter die "aufschiebende Bedingung" eines gewünschten Verhaltens gestellt. Dies würde zudem - ohne gesetzliche Grundlage - eine dem Verfassungsrang der passiven Leistungen widersprechende Zulassung von so genannten "Workfare-Elementen" bedeuten (vgl dazu auch BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 60/07 R - BSGE 102, 201 = SozR 4-4200 § 16 Nr 4, RdNr 20). Eingriffe in die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wegen eines "Fehlverhaltens" des Leistungsberechtigten im Rahmen der Eingliederungsbemühungen dürfen indes wegen der verfassungsrechtlich abgesicherten Gewährleistung des Existenzminimums ausschließlich auf gesetzlicher Grundlage erfolgen, also nach geltendem Recht durch die Vorschriften der §§ 31 f SGB II, welche sich ihrerseits erst nachträglich auf bereits bewilligte Leistungen auswirken.

43

Es ist auch nicht anzunehmen, dass der Beklagte seine Leistungen vorliegend ohne die Gegenleistung des Klägers hätte erbringen wollen. Dies gilt auch, soweit der Kläger sich in der EinglVb nicht nur zur Durchführung des Studiums, sondern auch zu dessen Abschluss verpflichtete. Diese Verpflichtungen des Klägers stellen unzulässige Bedingungen für eine Zusicherung des Beklagten dar. Im Falle eines Abbruchs der Bildungsmaßnahme enthält § 15 Abs 3 SGB II zudem eine Sondervorschrift in Form eines Schadensersatzanspruchs.

44

Dieser Fehler einer Zusicherung war bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände auch offensichtlich. Die gesetzlichen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sollen die Lebensgrundlage der Leistungsempfänger sichern und gründen auf der Gewährleistung aus Art 1 iVm Art 20 GG. Sie unterliegen keinem Gestaltungsspielraum der Verwaltung. Es stellt einen von jedem Urteilsfähigen erkennbaren Fehler dar, wenn eine Zusicherung der Erbringung dieser Leistungen von der Durchführung und dem Abschluss eines Studiums abhängig gemacht werden würde (vgl Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 40 RdNr 10).

45

6. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Erstattung der ungedeckten Unterkunftsaufwendungen in Form eines Darlehens nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II iVm § 7 Abs 5 S 2 SGB II aF. Nach § 7 Abs 5 S 2 SGB II aF können Auszubildende iS des § 7 Abs 5 S 1 SGB II aF in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen erhalten. Der Senat konnte dahin stehen lassen, ob ein vormals Leistungsberechtigter nach dem Ausscheiden aus dem Leistungsbezug für die Vergangenheit noch Leistungen zur Existenzsicherung in Darlehensform beanspruchen kann. Es liegt hier bereits kein "Härtefall" iS der bisherigen Rechtsprechung des BSG vor.

46

So haben die für die Angelegenheiten der Grundsicherung zuständigen Senate in der Vergangenheit den Härtefall wie folgt umschrieben: Ein Härtefall könne insbesondere dann angenommen werden, wenn wegen einer Ausbildungssituation Hilfebedarf entstanden sei, der nicht durch BAföG oder Berufsausbildungsbeihilfe gedeckt werden könne und deswegen begründeter Anlass für die Annahme bestehe, dass die vor dem Abschluss stehende Ausbildung nicht beendet werde und damit das Risiko zukünftiger Erwerbslosigkeit drohe. Eine weitere Ausnahme kann nach der Rechtsprechung des 14. Senats anerkannt werden, wenn die bereits weit fortgeschrittene und bisher kontinuierlich betriebene Ausbildung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls wegen einer Behinderung oder Krankheit gefährdet ist (BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 28/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 8 RdNr 36). Die Behinderung oder Krankheit soll dabei nur in Bezug auf die Verzögerung der Ausbildung angeführt werden können. Hinzukommen müsse auch in dieser Konstellation, dass die Ausbildung (nun) in absehbarer Zeit zu Ende gebracht werde. Schließlich ist ein besonderer Härtefall angenommen worden, wenn nur eine nach den Vorschriften des BAföG förderungsfähige Ausbildung objektiv belegbar die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstellt und der Berufsabschluss nicht auf andere Weise, insbesondere durch eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung, erreichbar ist (BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 36/06 R - BSGE 99, 67 = SozR 4-4200 § 7 Nr 6, RdNr 24; BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 28/06 R = SozR 4-4200 § 7 Nr 8 RdNr 37; zusammenfassend s BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 67/08 R - unter Hinweis auf weitere Rechtsprechung, juris RdNr 19 bis 21).

47

Soweit es die beiden ersten Fallkonstellationen betrifft, war das Studium des Klägers zumindest zu Beginn des hier streitigen Zeitraumes nicht weit fortgeschritten oder stand vor dem Ende. Angesichts der vom Kläger erfolgreich absolvierten Berufsausbildung zum Versicherungskaufmann ist ferner zweifelhaft, inwieweit das Studium - prognostisch zu Beginn des streitigen Zeitraumes - die einzige Möglichkeit des Zugangs zum Arbeitsmarkt gewesen sein könnte. Allerdings mangelt es an konkreten Feststellungen des LSG zu den Studienfortschritten und zum gesundheitlichen Zustand des Klägers und dessen beruflicher Perspektive. Unabhängig hiervon kann jedoch nicht angenommen werden, dass mangelnde finanzielle Mittel die Gefahr der vorzeitigen Beendigung des Studiums - auch unter Berücksichtigung gesundheitlicher Einschränkungen - hervorgerufen haben. Der Kläger hat Ausbildungsförderung nach dem BAföG im Höchstsatz erhalten, sodass zwar möglicherweise ungedeckte "Spitzen" im Bedarf vorhanden waren. Ein "besonderer" Härtefall iS des § 7 Abs 5 S 2 SGB II aF liegt jedoch erst dann vor, wenn im Einzelfall Umstände hinzutreten, die einen Ausschluss von der Ausbildungsförderung durch Hilfe zum Lebensunterhalt auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck als übermäßig hart, dh als unzumutbar oder in hohem Maße unbillig, erscheinen lassen(BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 28/07 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 9 RdNr 20 mwN). Die Situation des Klägers unterscheidet sich jedoch - soweit es die hier ausschließlich geltend gemachten Unterkunftskosten betrifft - nicht von der anderer Studierender mit Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG im Höchstsatz, sodass die Annahme einer "besonderen Härte" iS des § 7 Abs 5 S 2 SGB II aF auszuschließen ist.

48

7. Dem Kläger steht auch gegen die Beigeladene kein Anspruch auf Gewährung von Leistungen für seine ungedeckten Aufwendungen durch Unterkunft und Heizung zu. Weder ist die Beigeladene im streitigen Zeitraum für die begehrten Leistungen zuständig, noch bestünde materiell-rechtlich ein Anspruch auf sie.

49

Der Senat hat nach § 44a Abs 1 S 3 SGB II(hier idF des Gesetzes zur Änderung des Betriebsrentengesetzes und anderer Gesetze vom 2.12.2006, BGBl I 2742 mWv 1.8.2006) von der Erwerbsfähigkeit des Klägers für den streitigen Zeitraum auszugehen. Danach hatten die Agentur für Arbeit und der kommunale Träger bis zu einer Entscheidung der Einigungsstelle über die Erwerbsfähigkeit Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu erbringen. § 44a Abs 1 S 3 SGB II enthielt insoweit nicht nur die Anordnung einer vorläufigen Leistung, sondern nach der Rechtsprechung des 7b Senats des BSG eine Nahtlosigkeitsregelung nach dem Vorbild des § 125 SGB III(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 19). Der Leistungsberechtigte ist auf diese Weise nicht nur bei einem schon bestehenden Streit zwischen den Leistungsträgern bis zu einer Entscheidung der Einigungsstelle nach deren Anrufung, sondern bereits im Vorfeld so zu stellen, als wäre er erwerbsfähig. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung darf der Beklagte fehlende Erwerbsfähigkeit nicht annehmen, ohne den zuständigen Sozialhilfeträger eingeschaltet zu haben. Dies ist hier nicht der Fall gewesen (s auch BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 20).

50

Unabhängig hiervon käme als Anspruchsgrundlage im Übrigen allein § 22 Abs 1 S 2 SGB XII in Betracht. Gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB XII(idF des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006, BGBl I 2670, der insofern seit dem Inkrafttreten am 7.12.2006 bis zum Ende des hier streitigen Zeitraumes nicht geändert worden ist) haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII. In besonderen Härtefällen können Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel als Beihilfe oder Darlehen gewährt werden (§ 22 Abs 1 S 2 SGB XII). Sofern der Kläger für den gesamten streitigen Zeitraum grundsätzlich leistungsberechtigt nach dem SGB XII gewesen sein sollte, wäre er zunächst als Ausbildungsförderung nach dem BAföG beziehender Auszubildender aufgrund des § 22 Abs 1 S 1 SGB XII von den Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung ausgeschlossen gewesen. Insoweit gelten die zu § 7 Abs 5 S 1 SGB II aF gemachten Ausführungen(s unter 3.) entsprechend. Anhaltspunkte für einen in der Person des Klägers begründeten besonderen Härtefall iS des § 22 Abs 1 S 2 SGB XII sind - ausgehend von voller Erwerbsminderung - unter Berücksichtigung der Ausführungen unter 6. ebenfalls nicht vorhanden.

51

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch

1.
Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowie Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen,
2.
(weggefallen)
3.
Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung,
4.
Heranführung an eine selbständige Tätigkeit oder
5.
Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme
unterstützen (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung). Für die Aktivierung von Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen, insbesondere auf Grund der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit, besonders erschwert ist, sollen Maßnahmen gefördert werden, die nach inhaltlicher Ausgestaltung und Dauer den erhöhten Stabilisierungs- und Unterstützungsbedarf der Arbeitslosen berücksichtigen. Versicherungspflichtige Beschäftigungen mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind den versicherungspflichtigen Beschäftigungen nach Satz 1 Nummer 3 gleichgestellt. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten für die Teilnahme, soweit dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Die Förderung kann auf die Weiterleistung von Arbeitslosengeld beschränkt werden.

(2) Die Dauer der Einzel- oder Gruppenmaßnahmen muss deren Zweck und Inhalt entsprechen. Soweit Maßnahmen oder Teile von Maßnahmen nach Absatz 1 bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, dürfen diese jeweils die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Die Vermittlung von beruflichen Kenntnissen in Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung darf die Dauer von acht Wochen nicht überschreiten. Maßnahmen des Dritten Abschnitts sind ausgeschlossen.

(3) Die Agentur für Arbeit kann unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 beauftragen.

(4) Die Agentur für Arbeit kann der oder dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung nach Absatz 1 bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt festlegen (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional beschränkt werden. Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein berechtigt zur Auswahl

1.
eines Trägers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende und nach § 179 zugelassene Maßnahme anbietet,
2.
eines Trägers, der eine ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet, oder
3.
eines Arbeitgebers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende betriebliche Maßnahme von einer Dauer bis zu sechs Wochen anbietet.
Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 1 und der ausgewählte Arbeitgeber nach Satz 3 Nummer 3 haben der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vor Beginn der Maßnahme vorzulegen. Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 2 hat der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen.

(5) Die Agentur für Arbeit soll die Entscheidung über die Ausgabe eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach Absatz 4 von der Eignung und den persönlichen Verhältnissen der Förderberechtigten oder der örtlichen Verfügbarkeit von Arbeitsmarktdienstleistungen abhängig machen.

(6) Die Vergütung richtet sich nach Art und Umfang der Maßnahme und kann aufwands- oder erfolgsbezogen gestaltet sein; eine Pauschalierung ist zulässig. § 83 Absatz 2 gilt entsprechend. Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen Träger nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2 beträgt die Vergütung 2 500 Euro. Bei Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderungen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches kann die Vergütung auf eine Höhe von bis zu 3 000 Euro festgelegt werden. Die Vergütung nach den Sätzen 3 und 4 wird in Höhe von 1 250 Euro nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung ist ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis

1.
von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist oder
2.
bei einem früheren Arbeitgeber begründet wird, bei dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor Aufnahme der Beschäftigung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt.

(7) Arbeitslose, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, dessen Dauer nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht, und nach einer Arbeitslosigkeit von sechs Wochen innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, haben Anspruch auf einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2. In die Frist werden Zeiten nicht eingerechnet, in denen die oder der Arbeitslose an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sowie an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat.

(8) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 3 Nummer 3 darf bei Langzeitarbeitslosen oder Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen besonders erschwert ist, die Teilnahme an Maßnahmen oder Teilen von Maßnahmen, die bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, jeweils die Dauer von zwölf Wochen nicht überschreiten.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Sie sollen insbesondere bei der Erreichung der in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Eingliederungsziele unterstützt werden. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird.

(2) Nach Absatz 1 kann auch die Anbahnung oder die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz gefördert werden.

(3) Die Agentur für Arbeit entscheidet über den Umfang der zu erbringenden Leistungen; sie kann Pauschalen festlegen. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind ausgeschlossen. Die Förderung aus dem Vermittlungsbudget darf die anderen Leistungen nach diesem Buch nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch

1.
Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowie Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen,
2.
(weggefallen)
3.
Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung,
4.
Heranführung an eine selbständige Tätigkeit oder
5.
Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme
unterstützen (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung). Für die Aktivierung von Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen, insbesondere auf Grund der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit, besonders erschwert ist, sollen Maßnahmen gefördert werden, die nach inhaltlicher Ausgestaltung und Dauer den erhöhten Stabilisierungs- und Unterstützungsbedarf der Arbeitslosen berücksichtigen. Versicherungspflichtige Beschäftigungen mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind den versicherungspflichtigen Beschäftigungen nach Satz 1 Nummer 3 gleichgestellt. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten für die Teilnahme, soweit dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Die Förderung kann auf die Weiterleistung von Arbeitslosengeld beschränkt werden.

(2) Die Dauer der Einzel- oder Gruppenmaßnahmen muss deren Zweck und Inhalt entsprechen. Soweit Maßnahmen oder Teile von Maßnahmen nach Absatz 1 bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, dürfen diese jeweils die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Die Vermittlung von beruflichen Kenntnissen in Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung darf die Dauer von acht Wochen nicht überschreiten. Maßnahmen des Dritten Abschnitts sind ausgeschlossen.

(3) Die Agentur für Arbeit kann unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 beauftragen.

(4) Die Agentur für Arbeit kann der oder dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung nach Absatz 1 bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt festlegen (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional beschränkt werden. Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein berechtigt zur Auswahl

1.
eines Trägers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende und nach § 179 zugelassene Maßnahme anbietet,
2.
eines Trägers, der eine ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet, oder
3.
eines Arbeitgebers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende betriebliche Maßnahme von einer Dauer bis zu sechs Wochen anbietet.
Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 1 und der ausgewählte Arbeitgeber nach Satz 3 Nummer 3 haben der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vor Beginn der Maßnahme vorzulegen. Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 2 hat der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen.

(5) Die Agentur für Arbeit soll die Entscheidung über die Ausgabe eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach Absatz 4 von der Eignung und den persönlichen Verhältnissen der Förderberechtigten oder der örtlichen Verfügbarkeit von Arbeitsmarktdienstleistungen abhängig machen.

(6) Die Vergütung richtet sich nach Art und Umfang der Maßnahme und kann aufwands- oder erfolgsbezogen gestaltet sein; eine Pauschalierung ist zulässig. § 83 Absatz 2 gilt entsprechend. Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen Träger nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2 beträgt die Vergütung 2 500 Euro. Bei Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderungen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches kann die Vergütung auf eine Höhe von bis zu 3 000 Euro festgelegt werden. Die Vergütung nach den Sätzen 3 und 4 wird in Höhe von 1 250 Euro nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung ist ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis

1.
von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist oder
2.
bei einem früheren Arbeitgeber begründet wird, bei dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor Aufnahme der Beschäftigung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt.

(7) Arbeitslose, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, dessen Dauer nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht, und nach einer Arbeitslosigkeit von sechs Wochen innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, haben Anspruch auf einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2. In die Frist werden Zeiten nicht eingerechnet, in denen die oder der Arbeitslose an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sowie an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat.

(8) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 3 Nummer 3 darf bei Langzeitarbeitslosen oder Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen besonders erschwert ist, die Teilnahme an Maßnahmen oder Teilen von Maßnahmen, die bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, jeweils die Dauer von zwölf Wochen nicht überschreiten.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. April 2010 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 14. März 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, über die Anträge des Klägers auf Bewilligung von Reisekosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Reisekosten zu zwei Vorstellungsgesprächen.

2

Der 1975 geborene Kläger war bei der Beklagten als Ausbildungsuchender gemeldet. Am 8.12.2006 beantragte er Leistungen zur Unterstützung der Beratung und Vermittlung (UBV). Nachdem er sich bei der Stadt L. um einen Ausbildungsplatz für Beamte des gehobenen Dienstes beworben hatte und deswegen zu einem Eignungstest am 13.12.2006 nach L. eingeladen worden war, reichte er bei der Beklagten einen schriftlichen Antrag vom 13.12.2006 auf Übernahme von Reisekosten ein. Außerdem beantragte der Kläger mit schriftlichem Antrag vom 19.12.2006 die Übernahme von Reisekosten für ein Vorstellungsgespräch am 19.12.2006 beim Finanzamt F. wegen der Einstellung als Beamtenanwärter zur Ausbildung zum Diplom-Finanzwirt. Weder die Stadt L. noch das Finanzamt F. haben die für die Fahrten entstandenen Aufwendungen ersetzt. Die Beklagte lehnte die Anträge des Klägers ab (Bescheide vom 28.12.2006 und vom 10.1.2007, Widerspruchsbescheide vom 2.2.2007).

3

Gegen die ablehnenden Bescheide hat der Kläger jeweils Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (Beschluss vom 14.2.2008) und die angefochtenen Bescheide aufgehoben sowie die Beklagte verurteilt, an den Kläger Fahrtkosten auf seine Anträge vom 13.12.2006 und 8.12.2006 nach den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen (Urteil vom 14.3.2008).

4

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zugelassen (Beschluss vom 5.9.2008) und sodann auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 21.3.2010). Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt: Ein Anspruch des Klägers ergebe sich nicht aus § 45 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Danach könnten zwar zur Beratung und Vermittlung unterstützende Leistungen und als solche Leistungen auch Kosten im Zusammenhang mit Fahrten zu Vorstellungsgesprächen übernommen werden. Der in § 45 SGB III verwendete Begriff der Vermittlung nehme Bezug auf den Vermittlungsbegriff in § 35 SGB III. Er umfasse nur Tätigkeiten, die darauf gerichtet seien, Ausbildungs- oder Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zusammenzuführen. Ein solches Beschäftigungsverhältnis sei das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Rechtslage nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) fielen Bemühungen zur Begründung von Beamtenverhältnissen nicht unter den Begriff der Arbeitsvermittlung. Nach dieser Rechtsprechung seien die Arbeitsämter zwar nicht gehindert, Arbeitslosigkeit auch durch Hinweise auf andere, nicht zum Arbeitsmarkt zu rechnende Möglichkeiten zu beseitigen; hieraus folge jedoch nicht die Einsetzbarkeit von Beitragsmitteln für in eine Beamtenausbildung strebende Ausbildungssuchende. An dieser Rechtslage habe der Gesetzgeber des SGB III nichts ändern wollen. Die Arbeitsvermittlung solle nach wie vor auf den privatrechtlichen Bereich abzielen.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 45 SGB III. Weder der Wortlaut noch der Sinn und der Zweck der Vorschrift stünden der Unterstützung der Suche einer Ausbildung im Beamtenverhältnis entgegen. Bei § 45 SGB III stehe der arbeitsmarktpolitische Zweck im Vordergrund. Förderungsleistungen seien zu erbringen, um die Arbeitslosigkeit zu beenden; zur Beendigung der Arbeitslosigkeit komme es aber auch mit der Aufnahme eines Beamtenverhältnisses. Selbst die Beklagte stelle über ihre Job-Börse solche Angebote zur Verfügung. Der Auffassung des LSG, die Rechtsprechung zu § 53 AFG sei problemlos auf § 45 SGB III zu übertragen, sei nicht zu folgen. Der Gesetzgeber habe einerseits den Leistungskatalog des § 53 Abs 1 AFG und andererseits die Begriffe der Bewerbungs- und Reisekosten neu definiert. Das LSG verkenne ferner, dass zwischen dem Anspruch auf Übernahme von Kosten nach § 45 SGB III und dem Anspruch auf Vermittlung nach § 35 SGB III zu unterscheiden sei; § 35 SGB III finde auf die bloße Selbstsuche nach freien Stellen keine Anwendung.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG vom 21.4.2010 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG vom 14.3.2008 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte verurteilt wird, über die Anträge des Klägers auf Bewilligung von Reisekosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Sie führt zur Wiederherstellung des die Bescheide der Beklagten aufhebenden erstinstanzlichen Urteils mit der Maßgabe, dass die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet ist.

10

1. Zu entscheiden ist ausschließlich über den im gerichtlichen Verfahren gestellten Antrag des Klägers auf Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Der Kläger hat sein Begehren im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12.5.2011 bei der Antragstellung konkretisiert. Zwischen den Beteiligten war zu keiner Zeit streitig, dass die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach § 45 SGB III im Ermessen der Beklagten liegt. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Antrag des Klägers bei verständiger Auslegung unter Berücksichtigung seines wirklichen Willens von Anfang an als Antrag auf Neubescheidung zu verstehen war. Dem steht die weitergehende Formulierung bei der Antragstellung in erster Instanz nicht entgegen (§ 123 SGG).

11

2. Der geltend gemachte Anspruch scheitert nicht an fehlender oder verspäteter Antragstellung (§ 323 Abs 1, § 324 Abs 1 SGB III). Den tatsächlichen Feststellungen des LSG, das im angefochtenen Urteil ergänzend auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsunterlagen Bezug genommen hat, ist zu entnehmen, dass der Kläger bereits am 8.12.2006 bei der Beklagten Leistungen zur UBV beantragt und dass ihm die Beklagte daraufhin ein Antragsformular übersandt hat. Unter diesen Umständen kann auf sich beruhen, inwieweit die später formularmäßig eingereichten Anträge vom 13.12. und 19.12.2006 zeitlich vor Eintritt des jeweils leistungsbegründenden Ereignisses iS des § 324 Abs 1 Satz 1 SGB III (Vorstellungsgespräche vom 13. bzw 19.12.2006) bei der Beklagten eingegangen sind. Denn insoweit ist zugunsten des Klägers auf § 6 der Anordnung des Verwaltungsrats der BA zur UBV(Anordnung UBV) vom 10.4.2003 (ANBA 2003, 731) abzustellen, wonach eine einmal erfolgte Antragstellung bis zur Aufnahme einer Beschäftigung, Berufsausbildung oder der Einstellung der Vermittlungsbemühungen wirksam ist und für alle bis dahin entstehenden Aufwendungen für Bewerbungen oder Fahrten die Voraussetzungen des § 324 SGB III erfüllt sind(ebenso auch Schlaeger, info also 2007, 99, 101 f, 103).

12

Unter Berücksichtigung dieser auf der Ermächtigungsgrundlage des § 47 SGB III beruhenden Regelung der Anordnung UBV, von der die Beklagte bei Erlass der streitgegenständlichen Bescheide offensichtlich ausgegangen ist, richtete sich der bereits am 8.12.2006 gestellte Antrag auf Bewilligung aller zukünftig in Betracht kommender Leistungen zur UBV gemäß § 45 SGB III. Es bedarf deshalb keiner Erörterung, ob die Beklagte berechtigt war, Leistungen von Amts wegen nach § 323 Abs 1 Satz 3 SGB III zu bewilligen, oder ob sie in den angefochtenen Bescheiden sinngemäß eine (teilweise) verspätete Antragstellung iS des § 324 Abs 1 Satz 2 SGB III zugelassen hat(vgl zum Verhältnis zwischen § 323 und § 324 SGB III: Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III, § 323 RdNr 40 ff und § 324 RdNr 30 ff, Stand Einzelkommentierung Juli 2010 bzw Dezember 2007).

13

3. Entgegen der Rechtsmeinung des LSG ist ein Anspruch des Klägers auf Bewilligung von Reisekosten nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Vorstellungsgespräche die Begründung eines Beamtenverhältnisses zum Ziel hatten. Vielmehr sind nach den getroffenen tatsächlichen Feststellungen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Satz 2 Nr 2 SGB III für die Bewilligung von Reisekosten im Zusammenhang mit den Vorstellungsgesprächen vom 13.12. und 19.12.2006 erfüllt.

14

a) Nach § 45 SGB III in der hier maßgeblichen Fassung, die die Vorschrift durch das Erste Gesetz für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I 4607) erhalten hat (durch Gesetz vom 21.12.2008, BGBl I 2917, ist § 45 SGB III mit Wirkung ab 1.1.2009 neu gefasst worden - dazu im Folgenden unter f), können Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende sowie Ausbildungsuchende zur Beratung und Vermittlung unterstützende Leistungen erhalten, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird (Satz 1). Als unterstützende Leistungen können ua Kosten im Zusammenhang mit Fahrten zur Berufsberatung, Vermittlung, Eignung der Feststellung und zu Vorstellungsgesprächen (Reisekosten) übernommen werden (Satz 2 Nr 2).

15

b) Zwischen den Beteiligten steht fest, dass dem Kläger Reisekosten für zwei Vorstellungsgespräche, nämlich vom 13.12.2006 in L. und vom 19.12.2006 in F., entstanden sind. Zweifelsfrei ist auch, dass die potenziellen Einstellungsbehörden es abgelehnt haben, dem Kläger die für die Fahrten zu den Vorstellungsgesprächen entstandenen Kosten zu erstatten.

16

c) Dem Wortlaut des § 45 SGB III ist zunächst nur zu entnehmen, dass Kosten im Zusammenhang mit Fahrten ua zu Vorstellungsgesprächen als Leistungen zur UBV übernommen werden können. Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich jedenfalls nicht ausdrücklich, ein "Vorstellungsgespräch" iS der Vorschrift sei nur ein auf die Begründung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses abzielendes Gespräch. Ein derart eingeschränktes Verständnis des Begriffs "Vorstellungsgespräch" ergibt sich entgegen der Auffassung des LSG auch nicht daraus, dass § 45 SGB III insbesondere Leistungen zur Unterstützung der "Vermittlung" betrifft.

17

Wie vom LSG unangegriffen und damit bindend (§ 163 SGG) festgestellt, war der Kläger bei der Beklagten als Ausbildungsuchender gemeldet. Er gehört somit zu dem nach § 45 Satz 1 SGB III förderbaren Personenkreis(Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende sowie Ausbildungsuchende). Ausbildungsuchende sind gemäß § 15 Satz 1 SGB III Personen, die eine Berufsausbildung suchen. Arbeitsuchende sind Personen, die eine Beschäftigung als Arbeitnehmer suchen (Satz 2). Dies gilt auch, wenn sie bereits eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit ausüben (Satz 3).

18

Ebenso wenig wie § 45 SGB III spricht die Vermittlungsvorschrift des § 35 Abs 1 SGB III ausdrücklich von "Arbeitnehmern". Vermittlung umfasst nach § 35 Abs 1 Satz 2 SGB III alle Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, Ausbildungsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Ausbildungsverhältnisses und Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zu Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zusammenzuführen. Wenn das LSG (im Anschluss an das LSG Berlin, Urteil vom 15.8.2003 - L 4 AL 22/02) unter Verweis auf die Regelung des § 35 Abs 1 Satz 2 SGB III für "Arbeitsuchende" als entscheidend ansieht, dass der Betreffende eine abhängige Beschäftigung in einem Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis sucht, vermag sich der Senat dieser Rechtsansicht nicht anzuschließen. Denn sowohl § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III als auch § 35 Abs 1 Satz 1 SGB III unterscheiden zwischen verschiedenen Personenkreisen, und auch § 35 Abs 1 Satz 2 Alt 1 SGB III stellt bei Ausbildungsuchenden - wie dem Kläger - auf die "Begründung eines Ausbildungsverhältnisses" ab, also nicht - wie bei Arbeitsuchenden(§ 35 Abs 1 Satz 2 Alt 2 SGB III) - auf die "Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses" (dazu im Folgenden unter e). Dem LSG ist auch nicht zu folgen, soweit es maßgeblich auf den Vergleich zwischen § 45 SGB III und § 53 AFG abstellt. Vom Wortlaut her bestehen zwischen § 45 SGB III und § 53 AFG erhebliche Unterschiede, die auch dann nicht außer Betracht bleiben können, wenn davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber des SGB III grundlegende Leistungsvoraussetzungen in § 53 Abs 1 Nr 1 und Nr 2 AFG übernehmen wollte(BT-Drucks 13/4941 S 162).

19

d) § 53 Abs 1 Satz 1 AFG in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung des ArbeitsförderungsReformgesetzes (AFRG) vom 24.3.1997 (BGBl I 594) sah vor, dass die Bundesanstalt "für arbeitslose und von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedrohte Arbeitsuchende zur Förderung der Arbeitsaufnahme" eine Reihe von Leistungen gewähren konnte. Entsprechendes regelte § 53 Abs 2 AFG für die dort genannte Personengruppe der "Berufsanwärter". Abgesehen davon, dass schon die Adressatengruppen (Arbeitslose, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende sowie Ausbildungsuchende) in § 45 Satz 1 SGB III abweichend definiert sind, hat der Gesetzgeber in § 45 Satz 1 SGB III - anders als in § 53 Abs 1 AFG - die Förderbarkeit nicht an die Voraussetzung geknüpft, dass sie der "Arbeitsaufnahme" dient und auch der Katalog der in § 45 Satz 2 SGB III ausdrücklich genannten Leistungen entspricht nicht dem Leistungskatalog in § 53 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 7 AFG. Demgemäß hat der 7. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 2.9.2004 (B 7 AL 62/03 R - SozR 4-4300 § 45 Nr 1 RdNr 13 - keine Übernahme der Kosten für eine Telefonkarte) insoweit bereits darauf hingewiesen, dass schon wegen der eindeutigen Änderung des Wortlauts des § 45 SGB III nicht von einer unveränderten Rechtslage ausgegangen werden kann.

20

Wenn somit nach § 53 Abs 1 Satz 1 AFG vorgesehen war, Leistungen "zur Förderung der Arbeitsaufnahme" zu gewähren und das BSG in Anwendung der damaligen Vorschrift unter einer "Arbeitsaufnahme" nicht die Aufnahme "irgendeiner Erwerbstätigkeit", sondern die Aufnahme einer Tätigkeit in einem dem Privatrecht unterfallenden abhängigen Beschäftigungsverhältnis verstanden hat(BSG, Urteil vom 12.4.1984 - 7 RAr 57/83 - NZA 1984, 272), kann hieraus nicht geschlossen werden, eine Leistung nach § 45 Satz 2 Nr 2 SGB III sei im Zusammenhang mit einem Vorstellungsgespräch ebenfalls nur in Fällen der Anbahnung eines privaten Beschäftigungsverhältnisses möglich.

21

e) Entgegen der vom Kläger in seiner Revisionsbegründung vertretenen Ansicht ist § 45 SGB III zwar nicht losgelöst von § 35 SGB III zu verstehen. Denn sowohl die Überschrift des Ersten Abschnitts des 4. Kapitels des SGB III "Unterstützung der Beratung und Vermittlung" als auch der Wortlaut des § 45 Satz 1 SGB III sprechen dafür, dass die unterstützenden Leistungen am Zweck und Ziel dieser beiden Aufgaben zu messen sind(so bereits BSG, aaO - zum Zusammenhang der Förderung der Arbeitsaufnahme mit der Arbeitsvermittlung, § 13 Abs 1 AFG). Im Unterschied zu § 53 Abs 1 AFG und zu der Regelung der Mobilitätshilfen in § 53 Abs 1 SGB III idF des AFRG(ebenfalls aufgehoben mit Wirkung vom 1.1.2009 durch Gesetz vom 21.12.2008, BGBl I 2917), ist jedoch Tatbestandsvoraussetzung in § 45 SGB III nicht die Förderung der Arbeitsaufnahme bzw (für den Personenkreis der Arbeitslosen) die Förderung der Aufnahme einer "versicherungspflichtigen Beschäftigung"(so ausdrücklich § 53 Abs 1 SGB III, der die ursprünglich in § 53 Abs 1 Nr 2 bis 5 AFG geregelten Leistungen übernommen hat; vgl BSG SozR 4-4300 § 53 Nr 2 RdNr 11 ff). Statt dessen knüpft § 45 Satz 1 SGB III - wie bereits(unter c) erwähnt - an die Zugehörigkeit zum förderungsfähigen Personenkreis (Arbeitslose, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende sowie Ausbildungsuchende) an.

22

Die Begriffsdefinition des § 15 SGB III (Ausbildung- und Arbeitsuchende) ist zeitgleich mit der Regelung in § 45 SGB III neu durch das AFRG eingeführt worden, hingegen ist der Begriff des Arbeitsuchenden im AFG für die Arbeitsvermittlung(vgl §§ 13 ff AFG) mit vergleichbarem Inhalt verwendet worden (vgl ua Becker in Eicher/Schlegel, SGB III, § 15 RdNr 5 ff, Stand Einzelkommentierung Juni 2005; Mutschler in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe, SGB III, 3. Aufl 2008, § 15 RdNr 1; Fuchsloch in Gagel, SGB II/SGB III § 15 RdNr 4, Stand Einzelkommentierung Juli 1999). Es kann hier dahingestellt bleiben, ob Voraussetzung der Eigenschaft als Arbeitsuchender das Interesse an einer abhängigen Beschäftigung als "Arbeitnehmer" ist und deshalb derjenige kein Arbeitsuchender ist und folglich auch keine Förderleistungen nach § 45 SGB III erhalten kann, der ausschließlich eine Tätigkeit als Beamter oder Selbstständiger sucht(vgl Timme in Hauck/Noftz, SGB III, K § 15 RdNr 7, 8, Stand Einzelkommentierung Dezember 2010). Jedenfalls bei Ausbildungsuchenden, zu denen der Kläger gehört, umfasst der Begriff der Berufsausbildung iS des § 15 Satz 1 SGB III jede Art und Form von Berufsausbildung, einschließlich der Tätigkeit in einem Beamtenverhältnis(vgl auch Stark in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe SGB III, 3. Aufl 2008, § 45 RdNr 29 - der sich für eine generelle Förderbarkeit der Reisekosten für die Begründung eines Beamtenverhältnisses ausspricht). Denn die Art der gesuchten Berufsausbildung hat für die Eigenschaft, Ausbildungsuchender zu sein, keine Bedeutung. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob die angestrebte Berufsausbildung eine solche in einem anerkannten Ausbildungsberuf iS des § 1 Abs 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) und ob das Ausbildungsverhältnis privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich(vgl § 2 Abs 1 Nr 1 BBiG) ausgestaltet ist (so bereits Hennig in Eicher/Schlegel, SGB III, § 35 RdNr 36, 37 und RdNr 54, Stand Einzelkommentierung Oktober 1998; abweichend zur nF des § 45 SGB III vgl Urmersbach in Eicher/Schlegel, SGB III, § 45 RdNr 24, Stand Einzelkommentierung Dezember 2010). Schon unter der Geltung des § 29 Abs 1 AFG, der die Vermittlung beruflicher Ausbildungsstellen regelte, war die vom BSG in seiner Entscheidung vom 12.4.1984 (7 RAr 57/83 - NZA 1984, 272) vertretene Auffassung, dass diese Vorschrift sich nicht auf Ausbildungen in öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen beziehe, in der Literatur umstritten und sollten jedenfalls Ausbildungen im öffentlichen Dienst (§ 2 Abs 1 Nr 1 BBiG) - wenn auch nicht im Beamtenverhältnis - erfasst sein (vgl dazu im Einzelnen Timme in Hauck/Noftz, aaO RdNr 6, mwN). Der Gesetzgeber des SGB III hat den Begriff des Ausbildungsuchenden weder in § 15 Satz 1 SGB III noch in § 35 Abs 1 und 2 SGB III bzw § 45 Satz 1 SGB III näher eingegrenzt und auch die Umschreibung des Ausbildungsverhältnisses in § 35 SGB III enthält keine Einschränkung.

23

f) Außerdem wäre es mit den Aufgaben der Arbeitsförderung nach § 1 Abs 1 SGB III kaum zu vereinbaren, die Vermittlungstätigkeit der Beklagten auf privatrechtlich ausgestaltete Ausbildungsverhältnisse zu begrenzen. Dies hat auch die Beklagte in ihrer Revisionserwiderung nicht in Abrede gestellt. Soweit sie jedoch unter Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 12.4.1984 (7 RAr 57/83 - NZA 1984, 272) meint, eine sich auch auf Erwerbsmöglichkeiten als Beamter oder Selbstständiger erstreckende Vermittlungstätigkeit müsse keineswegs die Förderbarkeit der Aufnahme einer solchen versicherungsfreien Tätigkeit aus Beitragsmitteln zur Folge haben, ist dieses Argument im Hinblick auf die aktuelle Rechtslage nicht überzeugend. Selbst wenn - wie dies bereits der 7. Senat in seiner Entscheidung vom 2.9.2004 (B 7 AL 62/03 R - SozR 4-4300 § 45 Nr 1) herausgestellt hat - das AFRG darauf abzielte, die Beitragszahler zu entlasten, folgt hieraus nicht, dass deshalb Reisekosten für Vorstellungsgespräche nach § 45 Satz 2 Nr 2 SGB III nur bei Begründung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses übernommen werden könnten. Weder Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte des § 45 SGB III(BT-Drucks 13/4941, S 162) bieten Anhaltspunkte, dass die Entlastung der Beitragszahler speziell durch Einsparungen im Bereich der Leistungen zur UBV erfolgen sollte. Es bedarf deshalb auch keiner weiteren Erörterung, ob der gedankliche Ansatz, dass Ausbildungsuchende in einem (versicherungsfreien) Beamtenverhältnis nicht auf Kosten der Beitragszahler gefördert werden sollten, angesichts der aktuellen Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt überhaupt tragfähig ist oder wegen wechselnder Erwerbsbiografien keine Berechtigung hat.

24

Schließlich kann sich die Beklagte mit Erfolg auch nicht auf § 45 SGB III in der seit 1.1.2009 geltenden Fassung berufen. Mit dieser Neufassung des § 45 SGB III durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) hat der Gesetzgeber die Vorschrift grundlegend umgestaltet und sind die in den §§ 45 ff SGB III und §§ 53 ff SGB III geregelten Bereiche wieder zusammengeführt worden. An die Stelle eines detaillierten Leistungskatalogs ist eine "Generalklausel" zur Förderung Ausbildungsuchender, von Arbeitslosigkeit bedrohter Arbeitsuchender und Arbeitsloser bei der "Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung" getreten (vgl im Einzelnen Rademacker in Hauck/Noftz, SGB III, K § 45 RdNr 3 ff, 10, 19, Stand Einzelkommentierung Juli 2010). Da der Gesetzgeber ausdrücklich das bisherige Recht umgestalten wollte (vgl BT-Drucks 16/10810, S 31), kann die Vorschrift auch nicht als rückwirkende Klarstellung der hier maßgebenden, bis 31.12.2008 geltenden Regelung des § 45 SGB III verstanden werden.

25

4. Sind somit bei dem Kläger die Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 SGB III gegeben, liegt die Entscheidung über die Bewilligung von Reisekosten dem Grunde nach im Ermessen der Beklagten. Dass keine andere Entscheidung als eine vollständige Bewilligung oder eine vollständige Ablehnung hätte getroffen werden können (Ermessensreduzierung auf Null), ist nach den bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht zu erkennen. Zwar kommt es nach § 45 SGB III in der hier maßgeblichen Fassung nicht auf die Eigenleistungsfähigkeit des Klägers an(vgl Stark in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe, SGB III, 3. Aufl 2008, § 45 RdNr 5). Die Beklagte wird jedoch im Rahmen ihrer Ermessensausübung insbesondere die Zweckmäßigkeit, die Erfolgsaussicht und den Kostenaufwand zu berücksichtigen haben (vgl Hessisches LSG, Urteil vom 19.6.2009 - L 7 AL 15/09 - juris RdNr 19; Stark, aaO, RdNr 37 mit Hinweis ua auf § 7 SGB III; zur nF des § 45 SGB III vgl Urmersbach in Eicher/Schlegel, SGB III, § 45 RdNr 53). In diesem Zusammenhang wird die Beklagte ggf bei der Prüfung der Zweckmäßigkeit berücksichtigen können, ob der Kläger seine Reisen zu den Vorstellungsgesprächen vorher mit der örtlich zuständigen Agentur für Arbeit abgestimmt hatte (allerdings ist eine vorherige Zustimmung der örtlichen Agentur - auch im Fall der Selbstsuche - keine Anspruchsvoraussetzung; so aber offenbar Geschäftsanweisungen der Beklagten zu § 45 SGB III, Stand November 2006, unter Ziff 45.03, Bl 5 der Verwaltungsunterlagen).

26

Darüber hinaus wird sie auch über die Höhe der begehrten Reisekosten unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben des 46 SGB III in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Reisekostenrechts vom 26.5.2005 (BGBl I 1418) nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden haben (vgl Stark in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe, SGB III, 3. Aufl 2008, § 46 RdNr 9, 30).

27

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Sie sollen insbesondere bei der Erreichung der in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Eingliederungsziele unterstützt werden. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird.

(2) Nach Absatz 1 kann auch die Anbahnung oder die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz gefördert werden.

(3) Die Agentur für Arbeit entscheidet über den Umfang der zu erbringenden Leistungen; sie kann Pauschalen festlegen. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind ausgeschlossen. Die Förderung aus dem Vermittlungsbudget darf die anderen Leistungen nach diesem Buch nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

(1) Arbeitslose sind Personen, die wie beim Anspruch auf Arbeitslosengeld

1.
vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen,
2.
eine versicherungspflichtige Beschäftigung suchen und dabei den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen und
3.
sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben.

(2) An Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik Teilnehmende gelten als nicht arbeitslos.

Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf Übergangsgeld, wenn

1.
die Voraussetzung der Vorbeschäftigungszeit für das Übergangsgeld erfüllt ist und
2.
sie an einer Maßnahme der Berufsausbildung, der Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung, der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches, einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung teilnehmen, für die die besonderen Leistungen erbracht werden.
Im Übrigen gelten die Vorschriften des Kapitels 11 des Teils 1 des Neunten Buches, soweit in diesem Buch nichts Abweichendes bestimmt ist. Besteht bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die allgemeinen Leistungen erbracht werden, kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung, erhalten Menschen mit Behinderungen Übergangsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes, wenn sie bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die besonderen Leistungen erbracht werden, Übergangsgeld erhalten würden.

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch

1.
Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowie Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen,
2.
(weggefallen)
3.
Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung,
4.
Heranführung an eine selbständige Tätigkeit oder
5.
Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme
unterstützen (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung). Für die Aktivierung von Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen, insbesondere auf Grund der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit, besonders erschwert ist, sollen Maßnahmen gefördert werden, die nach inhaltlicher Ausgestaltung und Dauer den erhöhten Stabilisierungs- und Unterstützungsbedarf der Arbeitslosen berücksichtigen. Versicherungspflichtige Beschäftigungen mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind den versicherungspflichtigen Beschäftigungen nach Satz 1 Nummer 3 gleichgestellt. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten für die Teilnahme, soweit dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Die Förderung kann auf die Weiterleistung von Arbeitslosengeld beschränkt werden.

(2) Die Dauer der Einzel- oder Gruppenmaßnahmen muss deren Zweck und Inhalt entsprechen. Soweit Maßnahmen oder Teile von Maßnahmen nach Absatz 1 bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, dürfen diese jeweils die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Die Vermittlung von beruflichen Kenntnissen in Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung darf die Dauer von acht Wochen nicht überschreiten. Maßnahmen des Dritten Abschnitts sind ausgeschlossen.

(3) Die Agentur für Arbeit kann unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 beauftragen.

(4) Die Agentur für Arbeit kann der oder dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung nach Absatz 1 bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt festlegen (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional beschränkt werden. Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein berechtigt zur Auswahl

1.
eines Trägers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende und nach § 179 zugelassene Maßnahme anbietet,
2.
eines Trägers, der eine ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet, oder
3.
eines Arbeitgebers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende betriebliche Maßnahme von einer Dauer bis zu sechs Wochen anbietet.
Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 1 und der ausgewählte Arbeitgeber nach Satz 3 Nummer 3 haben der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vor Beginn der Maßnahme vorzulegen. Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 2 hat der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen.

(5) Die Agentur für Arbeit soll die Entscheidung über die Ausgabe eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach Absatz 4 von der Eignung und den persönlichen Verhältnissen der Förderberechtigten oder der örtlichen Verfügbarkeit von Arbeitsmarktdienstleistungen abhängig machen.

(6) Die Vergütung richtet sich nach Art und Umfang der Maßnahme und kann aufwands- oder erfolgsbezogen gestaltet sein; eine Pauschalierung ist zulässig. § 83 Absatz 2 gilt entsprechend. Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen Träger nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2 beträgt die Vergütung 2 500 Euro. Bei Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderungen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches kann die Vergütung auf eine Höhe von bis zu 3 000 Euro festgelegt werden. Die Vergütung nach den Sätzen 3 und 4 wird in Höhe von 1 250 Euro nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung ist ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis

1.
von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist oder
2.
bei einem früheren Arbeitgeber begründet wird, bei dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor Aufnahme der Beschäftigung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt.

(7) Arbeitslose, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, dessen Dauer nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht, und nach einer Arbeitslosigkeit von sechs Wochen innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, haben Anspruch auf einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2. In die Frist werden Zeiten nicht eingerechnet, in denen die oder der Arbeitslose an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sowie an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat.

(8) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 3 Nummer 3 darf bei Langzeitarbeitslosen oder Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen besonders erschwert ist, die Teilnahme an Maßnahmen oder Teilen von Maßnahmen, die bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, jeweils die Dauer von zwölf Wochen nicht überschreiten.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Sie sollen insbesondere bei der Erreichung der in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Eingliederungsziele unterstützt werden. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird.

(2) Nach Absatz 1 kann auch die Anbahnung oder die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz gefördert werden.

(3) Die Agentur für Arbeit entscheidet über den Umfang der zu erbringenden Leistungen; sie kann Pauschalen festlegen. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind ausgeschlossen. Die Förderung aus dem Vermittlungsbudget darf die anderen Leistungen nach diesem Buch nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

(1) Die Agentur für Arbeit hat unverzüglich nach der Ausbildungsuchendmeldung oder Arbeitsuchendmeldung zusammen mit der oder dem Ausbildungsuchenden oder der oder dem Arbeitsuchenden die für die Vermittlung erforderlichen beruflichen und persönlichen Merkmale, beruflichen Fähigkeiten und die Eignung festzustellen (Potenzialanalyse). Die Potenzialanalyse erstreckt sich auch auf die Feststellung, ob und durch welche Umstände die berufliche Eingliederung voraussichtlich erschwert sein wird.

(2) In einer Eingliederungsvereinbarung, die die Agentur für Arbeit zusammen mit der oder dem Ausbildungsuchenden oder der oder dem Arbeitsuchenden trifft, werden für einen zu bestimmenden Zeitraum festgelegt

1.
das Eingliederungsziel,
2.
die Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit,
3.
welche Eigenbemühungen zur beruflichen Eingliederung die oder der Ausbildungsuchende oder die oder der Arbeitsuchende in welcher Häufigkeit mindestens unternehmen muss und in welcher Form diese nachzuweisen sind,
4.
die vorgesehenen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung.
Die besonderen Bedürfnisse behinderter und schwerbehinderter Menschen sollen angemessen berücksichtigt werden.

(3) Der oder dem Ausbildungsuchenden oder der oder dem Arbeitsuchenden ist eine Ausfertigung der Eingliederungsvereinbarung auszuhändigen. Die Eingliederungsvereinbarung ist sich ändernden Verhältnissen anzupassen; sie ist fortzuschreiben, wenn in dem Zeitraum, für den sie zunächst galt, die Ausbildungssuche oder Arbeitsuche nicht beendet wurde. Sie ist spätestens nach sechsmonatiger Arbeitslosigkeit, bei arbeitslosen und ausbildungsuchenden jungen Menschen spätestens nach drei Monaten, zu überprüfen. Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, sollen die nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 erforderlichen Eigenbemühungen durch Verwaltungsakt festgesetzt werden.

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch

1.
Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowie Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen,
2.
(weggefallen)
3.
Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung,
4.
Heranführung an eine selbständige Tätigkeit oder
5.
Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme
unterstützen (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung). Für die Aktivierung von Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen, insbesondere auf Grund der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit, besonders erschwert ist, sollen Maßnahmen gefördert werden, die nach inhaltlicher Ausgestaltung und Dauer den erhöhten Stabilisierungs- und Unterstützungsbedarf der Arbeitslosen berücksichtigen. Versicherungspflichtige Beschäftigungen mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind den versicherungspflichtigen Beschäftigungen nach Satz 1 Nummer 3 gleichgestellt. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten für die Teilnahme, soweit dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Die Förderung kann auf die Weiterleistung von Arbeitslosengeld beschränkt werden.

(2) Die Dauer der Einzel- oder Gruppenmaßnahmen muss deren Zweck und Inhalt entsprechen. Soweit Maßnahmen oder Teile von Maßnahmen nach Absatz 1 bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, dürfen diese jeweils die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Die Vermittlung von beruflichen Kenntnissen in Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung darf die Dauer von acht Wochen nicht überschreiten. Maßnahmen des Dritten Abschnitts sind ausgeschlossen.

(3) Die Agentur für Arbeit kann unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 beauftragen.

(4) Die Agentur für Arbeit kann der oder dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung nach Absatz 1 bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt festlegen (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional beschränkt werden. Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein berechtigt zur Auswahl

1.
eines Trägers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende und nach § 179 zugelassene Maßnahme anbietet,
2.
eines Trägers, der eine ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet, oder
3.
eines Arbeitgebers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende betriebliche Maßnahme von einer Dauer bis zu sechs Wochen anbietet.
Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 1 und der ausgewählte Arbeitgeber nach Satz 3 Nummer 3 haben der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vor Beginn der Maßnahme vorzulegen. Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 2 hat der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen.

(5) Die Agentur für Arbeit soll die Entscheidung über die Ausgabe eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach Absatz 4 von der Eignung und den persönlichen Verhältnissen der Förderberechtigten oder der örtlichen Verfügbarkeit von Arbeitsmarktdienstleistungen abhängig machen.

(6) Die Vergütung richtet sich nach Art und Umfang der Maßnahme und kann aufwands- oder erfolgsbezogen gestaltet sein; eine Pauschalierung ist zulässig. § 83 Absatz 2 gilt entsprechend. Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen Träger nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2 beträgt die Vergütung 2 500 Euro. Bei Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderungen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches kann die Vergütung auf eine Höhe von bis zu 3 000 Euro festgelegt werden. Die Vergütung nach den Sätzen 3 und 4 wird in Höhe von 1 250 Euro nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung ist ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis

1.
von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist oder
2.
bei einem früheren Arbeitgeber begründet wird, bei dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor Aufnahme der Beschäftigung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt.

(7) Arbeitslose, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, dessen Dauer nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht, und nach einer Arbeitslosigkeit von sechs Wochen innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, haben Anspruch auf einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2. In die Frist werden Zeiten nicht eingerechnet, in denen die oder der Arbeitslose an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sowie an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat.

(8) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 3 Nummer 3 darf bei Langzeitarbeitslosen oder Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen besonders erschwert ist, die Teilnahme an Maßnahmen oder Teilen von Maßnahmen, die bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, jeweils die Dauer von zwölf Wochen nicht überschreiten.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Sie sollen insbesondere bei der Erreichung der in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Eingliederungsziele unterstützt werden. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird.

(2) Nach Absatz 1 kann auch die Anbahnung oder die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz gefördert werden.

(3) Die Agentur für Arbeit entscheidet über den Umfang der zu erbringenden Leistungen; sie kann Pauschalen festlegen. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind ausgeschlossen. Die Förderung aus dem Vermittlungsbudget darf die anderen Leistungen nach diesem Buch nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch

1.
Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowie Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen,
2.
(weggefallen)
3.
Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung,
4.
Heranführung an eine selbständige Tätigkeit oder
5.
Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme
unterstützen (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung). Für die Aktivierung von Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen, insbesondere auf Grund der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit, besonders erschwert ist, sollen Maßnahmen gefördert werden, die nach inhaltlicher Ausgestaltung und Dauer den erhöhten Stabilisierungs- und Unterstützungsbedarf der Arbeitslosen berücksichtigen. Versicherungspflichtige Beschäftigungen mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind den versicherungspflichtigen Beschäftigungen nach Satz 1 Nummer 3 gleichgestellt. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten für die Teilnahme, soweit dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Die Förderung kann auf die Weiterleistung von Arbeitslosengeld beschränkt werden.

(2) Die Dauer der Einzel- oder Gruppenmaßnahmen muss deren Zweck und Inhalt entsprechen. Soweit Maßnahmen oder Teile von Maßnahmen nach Absatz 1 bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, dürfen diese jeweils die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Die Vermittlung von beruflichen Kenntnissen in Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung darf die Dauer von acht Wochen nicht überschreiten. Maßnahmen des Dritten Abschnitts sind ausgeschlossen.

(3) Die Agentur für Arbeit kann unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 beauftragen.

(4) Die Agentur für Arbeit kann der oder dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung nach Absatz 1 bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt festlegen (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional beschränkt werden. Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein berechtigt zur Auswahl

1.
eines Trägers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende und nach § 179 zugelassene Maßnahme anbietet,
2.
eines Trägers, der eine ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet, oder
3.
eines Arbeitgebers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende betriebliche Maßnahme von einer Dauer bis zu sechs Wochen anbietet.
Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 1 und der ausgewählte Arbeitgeber nach Satz 3 Nummer 3 haben der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vor Beginn der Maßnahme vorzulegen. Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 2 hat der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen.

(5) Die Agentur für Arbeit soll die Entscheidung über die Ausgabe eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach Absatz 4 von der Eignung und den persönlichen Verhältnissen der Förderberechtigten oder der örtlichen Verfügbarkeit von Arbeitsmarktdienstleistungen abhängig machen.

(6) Die Vergütung richtet sich nach Art und Umfang der Maßnahme und kann aufwands- oder erfolgsbezogen gestaltet sein; eine Pauschalierung ist zulässig. § 83 Absatz 2 gilt entsprechend. Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen Träger nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2 beträgt die Vergütung 2 500 Euro. Bei Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderungen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches kann die Vergütung auf eine Höhe von bis zu 3 000 Euro festgelegt werden. Die Vergütung nach den Sätzen 3 und 4 wird in Höhe von 1 250 Euro nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung ist ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis

1.
von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist oder
2.
bei einem früheren Arbeitgeber begründet wird, bei dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor Aufnahme der Beschäftigung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt.

(7) Arbeitslose, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, dessen Dauer nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht, und nach einer Arbeitslosigkeit von sechs Wochen innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, haben Anspruch auf einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2. In die Frist werden Zeiten nicht eingerechnet, in denen die oder der Arbeitslose an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sowie an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat.

(8) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 3 Nummer 3 darf bei Langzeitarbeitslosen oder Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen besonders erschwert ist, die Teilnahme an Maßnahmen oder Teilen von Maßnahmen, die bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, jeweils die Dauer von zwölf Wochen nicht überschreiten.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil das Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Klägerin für die Zeit vom 8. bis 30.9.2008 höheres Arbeitslosengeld (Alg) zusteht.

2

Die 1988 geborene Klägerin leistete nach Beendigung ihrer Schulausbildung in der Zeit vom 27.8.2007 bis 26.8.2008 ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) beim Deutschen Roten Kreuz des Saarlandes als Träger ab. Einsatzstelle war das Centre Hospitalier "L" in S, Frankreich, wo sie als Freiwillige tätig war. Als Grundlage diente die zwischen dem Träger und der Klägerin im Mai 2007 geschlossene "Vereinbarung über die Ableistung eines FSJ" nach deren Inhalt sie verpflichtet war, die Dienst- und Hausordnung sowie die Weisungen der Einsatzstelle zu befolgen und die ihr übertragenen Aufgaben verantwortungsbewusst zu erfüllen. Der Träger verpflichtete sich, der Klägerin ein monatliches Taschengeld in Höhe von 150 Euro sowie einen monatlichen Verpflegungs- und Fahrtkostenzuschuss in Höhe von 55 Euro zu zahlen, eine angemessene Unterkunft zur Verfügung zu stellen und für sie Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zu entrichten. Zudem wurden 25 Tage Jahresurlaub sowie Fortzahlung des Taschengeldes im Krankheitsfall vereinbart.

3

Im Anschluss an das FSJ meldete sich die Klägerin am 8.9.2008 arbeitslos und beantragte Alg. Sie legte eine Arbeitsbescheinigung des Trägers über ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt von insgesamt 2460 Euro im Zeitraum vom 27.8.2007 bis 26.8.2008 vor und gab an, am 1.10.2008 ein Studium aufzunehmen.

4

Die Beklagte bewilligte ihr vom 8. bis 30.9.2008 Alg in Höhe von 3,19 Euro täglich, das sie ausgehend von einem Bemessungsentgelt von 6,72 Euro täglich berechnete (allgemeiner Leistungssatz, Lohnsteuerklasse 1; Bescheid vom 8.10.2008). Der Widerspruch der Klägerin - gerichtet auf höheres Alg bemessen nach einem fiktiven Arbeitsentgelt der Qualifikationsgruppe 4 - blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 1.12.2008).

5

Das SG hat die angefochtenen Bescheide abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für den streitigen Zeitraum Alg in Höhe von täglich 7,51 Euro zu zahlen; dabei seien die erbrachten Leistungen anzurechnen. Die Beklagte habe auch die der Klägerin gewährten Sachbezüge als Arbeitsentgelt berücksichtigen müssen. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil vom 9.9.2013).

6

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 15.7.2015). Die Klägerin habe während des FSJ in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden. Sie habe eingegliedert in die Arbeitsorganisation der Einsatzstelle eine Tätigkeit nach Weisungen iS von § 7 Abs 1 SGB IV verrichtet. Die Geldzahlungen und Sachleistungen, die die Klägerin während ihres FSJ vom Träger erhalten habe, stellten Arbeitsentgelt iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IV dar. Unerheblich sei, dass sie ihr FSJ im Ausland absolviert habe. Der Regelbemessungsrahmen sei nicht auf zwei Jahre zu erweitern und eine fiktive Bemessung nach § 132 Abs 1 SGB III scheide aus, weil sie mehr als 150 Tage Arbeitsentgelt erzielt habe. Das SG habe auch die Höhe des der Bemessung zugrunde zu legenden Arbeitsentgelts zutreffend bestimmt.

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 132 SGB III. Zu Unrecht sei das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei den von der Klägerin bezogenen Leistungen um Arbeitsentgelt iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IV handele. Die gewährten Zuwendungen stünden nicht in einem angemessenen Verhältnis zur erbrachten Arbeit. Auch sei sich der Gesetzgeber des Missverhältnisses von Freiwilligendienst und geleisteter Zahlung bewusst gewesen. Er habe deshalb die Leistung als Taschengeld und nicht als Arbeitsentgelt bezeichnet. Abweichendes ergebe sich nicht aus § 27 Abs 2 S 2 Nr 1 SGB III. Diese Regelung flankiere nur die angesprochenen Sonderregelungen und begründe ausdrücklich die Versicherungspflicht. Schließlich gebiete auch der Wortlaut ("für den Dienst") in § 2 Abs 1 Nr 3 des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres (FSJG) kein anderes Verständnis. Mangels Bezug von Arbeitsentgelt sei das Alg fiktiv zu bemessen.

8

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. Juli 2015 und das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 9. September 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 8. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Arbeitslosengeld für die Zeit vom 8. bis zum 30. September 2008 auf der Basis eines fiktiven Arbeitsentgelts zu zahlen.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

10

Sie verteidigt das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist zulässig, in der Sache aber unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat ohne Verletzung von Bundesrecht (vgl § 163 SGG) die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Diese hat für die Zeit vom 8. bis 30.9.2008 keinen Anspruch auf höheres Alg.

12

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 8.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.12.2008, soweit darin höhere Leistungen abgelehnt worden sind. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 und Abs 4 SGG) und strebt den Erlass eines Grundurteils an (§ 130 Abs 1 S 1 SGG).

13

2. Die Klägerin hat am 8.9.2008 ein Stammrecht auf Alg erworben, denn sie erfüllt die Regelvoraussetzungen des Anspruchs auf Alg (§§ 117 f SGB III idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - BGBl I 2848; SGB III aF).

14

Gemäß § 118 Abs 1 SGB III aF haben Arbeitnehmer Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit, wenn sie arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Dem Gesamtzusammenhang der bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass die Klägerin sich am 8.9.2008 persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat (§ 118 Abs 1 Nr 2 iVm § 122 SGB III aF). Zu diesem Zeitpunkt ist sie arbeitslos gewesen (§ 118 Abs 1 Nr 1 iVm § 119 SGB III aF). Die Klägerin hat auch die Anwartschaftszeit erfüllt (§ 118 Abs 1 Nr 3 SGB III aF).

15

Nach § 123 Abs 1 S 1 SGB III aF hat die Anwartschaftszeit zurückgelegt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt gemäß § 124 Abs 1 S 1 SGB III aF zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg. Die zweijährige Rahmenfrist reicht damit vom 8.9.2006 bis zum 7.9.2008. In dieser Zeit hat die Klägerin während ihrer Tätigkeit als Freiwillige im FSJ vom 27.8.2007 bis zum 26.8.2008 in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Arbeitslosenversicherung gestanden.

16

Nach der Legaldefinition des § 24 Abs 1 SGB III stehen Personen in einem Versicherungspflichtverhältnis, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind. Nach § 25 Abs 1 S 1 SGB III sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 S 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Die Freiwilligen im FSJ stehen zu dessen Träger weder in einem Arbeits- noch einem Ausbildungsverhältnis. Der Gesetzgeber hat bewusst davon abgesehen, die Helfer im FSJ den Arbeitnehmern und Auszubildenden generell gleichzustellen oder das gesamte Arbeitsrecht für anwendbar zu erklären (BAG Beschluss vom 12.2.1992 - 7 ABR 42/91 - AP Nr 52 zu § 5 BetrVG 1972 = NZA 1993, 334, 334 f).

17

Anderes gilt indes für die Frage nach dem Bestehen eines Versicherungspflichtverhältnisses. Insofern hat der Gesetzgeber keinen Zweifel daran gelassen, dass er eine Tätigkeit nach Maßgabe des FSJG (auf welches vorliegend gemäß § 15 Abs 1 und 2 Jugendfreiwilligendienstegesetz - JFDG - abzustellen ist) vom Schutzbereich der Arbeitslosenversicherung umfasst sehen will. Er hat eine solche Tätigkeit ausdrücklich einer versicherungspflichtigen Beschäftigung iS des § 25 Abs 1 S 1 SGB III gleichgestellt(so zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung bereits: BSG Urteil vom 17.4.2007 - B 5 R 62/06 R - SozR 4-2600 § 58 Nr 8 RdNr 27; ähnlich Erdmann, Die Beiträge 2006, 641, 643; Schuler, ZFSH/SGB 1999, 717, 721; Grüner/Dalichau, FSJG/FÖJH, § 1 FSJG 44, Stand Januar 1995; vgl auch Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III, § 27 RdNr 102, Stand Dezember 2013). Zwar handelt es sich bei der Tätigkeit im FSJ - ebenso wie bei derjenigen im heutigen Bundesfreiwilligendienst (BFD) - nicht um eine entgeltliche Erwerbstätigkeit, insbesondere nicht in einem Arbeitsverhältnis (BSG Urteil vom 26.7.2016 - B 4 AS 54/15 R - SozR 4-4225 § 1 Nr 3 RdNr 26). Soweit der Senat (aaO) ausgeführt hat, der BFD sei auch keine Beschäftigung iS des § 7 Abs 1 S 1 SGB IV, handelt es sich um ein obiter dictum, weil es in dem Kontext auf die Qualifizierung als Beschäftigung nicht ankam. Dort hat der Senat Absetzungen vom Taschengeld des BFD in Höhe der Erwerbstätigenfreibeträge nach § 11b Abs 1 S 1 Nr 3 bis 5 SGB II verneint, weil der BFD keine entgeltliche Erwerbstätigkeit ist und das SGB II ausdrücklich spezifische Freibeträge vorsieht. Arbeitsförderungsrechtlich kann der Senat für das FSJ und den BFD dahinstehen lassen, ob es sich um eine "Beschäftigung iS des § 7 Abs 1 S 1 SGB IV" handelt oder ob der Dienst als Freiwillige/r einer Beschäftigung nur gleichgestellt ist. Dass die Teilnehmer am FSJ einem Beschäftigten jedenfalls gleichzustellen sind, folgt aus dem Wortlaut, der Systematik, dem Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der einschlägigen Regelungen.

18

Für dieses Verständnis spricht bereits der Wortlaut des § 2 Abs 1 Nr 1 und 3 FSJG, wonach es sich bei einer Tätigkeit im Rahmen eines FSJ um eine solche "vergleichbar einer Vollzeitbeschäftigung" handelt und der Freiwillige "für den Dienst" ein Taschengeld sowie Sach- bzw Geldersatzleistungen erhält. Auch die Regelung des § 344 Abs 2 S 1 SGB III aF sowie der §§ 10 Abs 1 SGB IV und 20 Abs 3 SGB IV aF(idF der Bekanntmachung vom 16.5.2008 - BGBl I 842) setzen begrifflich das Bestehen von Beschäftigung voraus, wenn dort von "Beschäftigen" bzw dem "Beschäftigungsort" die Rede ist.

19

Gesetzessystematische Erwägungen bestätigen dieses Ergebnis. Gemäß § 20 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB IV aF trägt der Arbeitgeber abweichend von den besonderen Vorschriften für Beschäftigte für die einzelnen Versicherungszweige den Gesamtsozialversicherungsbeitrag allein, wenn Versicherte ein FSJ leisten. Damit soll eine aus dem Wert der Geld- und Sachleistungen faktisch nicht zu finanzierende Beitragslast des Beschäftigten vermieden und der besonderen Schutzbedürftigkeit dieser sich in dem Dienste der Allgemeinheit stellenden Personengruppe Rechnung getragen werden (vgl Schlegel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, § 20 RdNr 69, Stand März 2016). Die Beiträge nach dem Recht der Arbeitsförderung sind dabei während der Dauer der Beschäftigung auf der Grundlage des Arbeitsentgelts zu entrichten (§ 342 SGB III). Die Beitragspflicht des Trägers setzt aber denknotwendig Einnahmen aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung voraus.

20

In dieselbe Richtung weist auch die Regelung des § 27 Abs 2 S 2 Nr 1 SGB III aF. Nach dieser besteht abweichend vom Grundsatz der Versicherungsfreiheit von geringfügig Beschäftigten (§ 27 Abs 2 S 1 SGB III)diese nicht für Personen, die nach dem FSJG nur geringfügig beschäftigt sind. Da Versicherungsfreiheit nicht gleichbedeutend mit "nicht versicherungspflichtig" ist, sondern nur die Folgen einer bestehenden Versicherungspflicht suspendiert (vgl Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III, § 27 RdNr 2, Stand Dezember 2013), stehen nach dieser Norm sogar geringfügig beschäftigte Freiwillige im FSJ in einem Versicherungspflichtverhältnis, was erst recht für mehr als nur geringfügig tätige Freiwillige gelten muss.

21

Dieser von Wortlaut und Systematik vorgegebenen Auslegung entspricht auch der Gesetzeszweck des FSJG. Erklärtes Ziel des Gesetzgebers war es, die mit dem freiwilligen Engagement für die Gemeinschaft verbundenen Härten und materiellen Nachteile zu beseitigen. Er wollte die Freiwilligen annähernd so stellen wie Auszubildende (vgl § 25 Abs 1 S 1 Alt 2 SGB III) und dies in erster Linie hinsichtlich der sozialen Sicherheit (vgl BT-Drucks 12/4716 S 9; vgl BT-Drucks 14/7485 S 9). Der angestrebte Schutz soll durch die Einbeziehung der Teilnehmer des FSJ in den Schutz der Arbeitslosenversicherung erreicht werden (BT-Drucks 7/4002 S 1). Die Begründung erklärt auch ausdrücklich, dass die im FSJ bezogenen Geld- und Sachleistungen "Arbeitsentgelt" darstellten (BT-Drucks 7/4002 S 4).

22

Da die im Mai 2007 zwischen der Klägerin und dem Träger getroffene Vereinbarung weitgehend den Vorgaben des FSJG entsprechen, besteht zu einer abweichenden Beurteilung im Einzelfall kein Anlass. Die Klägerin erfüllt die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Alg.

23

3. Das LSG hat auch ohne Verletzung von Bundesrecht entschieden, dass der Klägerin für die streitige Zeit Alg in Höhe von 7,51 Euro täglich zu gewähren ist. Das Rechtsschutzziel der Klägerin, die Bemessung des Alg nach einem fiktiven Arbeitsentgelt (§ 132 Abs 2 SGB III aF), findet im Gesetz keine Grundlage.

24

Nach § 129 Nr 2 SGB III aF beträgt das Alg für Arbeitslose, für die - wie bei der Klägerin - keine Kinder zu berücksichtigen sind, 60 vH (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 130 Abs 1 S 1 SGB III aF umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben aber Zeiten einer Beschäftigung als Freiwillige/r iS des FSJG außer Betracht, wenn sich die beitragspflichtige Einnahme nach § 344 Abs 2 SGB III aF bestimmt(§ 130 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB III aF iVm § 15 Abs 2 JFDG).

25

Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr. Er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs 1 S 2 SGB III aF). Der Bemessungsrahmen wird nur dann auf zwei Jahre erweitert, wenn ua der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB III aF).

26

Das LSG ist in nicht zu beanstandender Weise von einem Bemessungsrahmen ausgegangen, der mit dem 26.8.2008, dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses der Klägerin vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs 1 S 2 Halbs 2 SGB III aF), endet. Ohne Rechtsfehler hat das LSG auch einen Bemessungszeitraum von mehr als 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des Regelbemessungsrahmens von einem Jahr (27.8.2007 bis 26.8.2008) festgestellt. Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums kann die Beschäftigung als Freiwillige im FSJ nicht außer Betracht bleiben. Denn die Klägerin leistete das FSJ im Anschluss an die Zeit ihrer schulischen Ausbildung und damit nicht unmittelbar nach einem Versicherungspflichtverhältnis. Die Voraussetzungen des § 344 Abs 2 S 1 SGB III aF sind daher nicht erfüllt gewesen.

27

Die Klägerin hat während der gesamten Tätigkeit als Freiwillige im FSJ Arbeitsentgelt iS von § 14 Abs 1 SGB IV bezogen, sodass eine fiktive Bemessung ausscheidet. Im Bemessungszeitraum hat sie beitragspflichtiges Arbeitsentgelt (zur Identität des Arbeitsentgeltbegriffs im Bemessungs- und Beitragsrecht: BSG Urteil vom 31.10.1996 - 11 RAr 85/95 R) in Form von Taschengeld in Höhe von 2460 Euro erzielt. Die der Klägerin gewährten Sachleistungen sind ebenfalls nach Maßgabe der näheren Bestimmungen der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) als Arbeitsentgelt zu berücksichtigen (vgl auch BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 9/08 R - juris RdNr 18; Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 151 RdNr 37, Stand April 2014).

28

Zur Bemessung des Anteils des Mittagessens am Tagesbedarf für Verpflegung ist auf die Regelung des § 2 Abs 1 S 2 Nr 2 SvEV (aF) zurückzugreifen, der den Wert des Mittagessens mit 80 Euro beziffert. Dabei ist ohne Bedeutung, ob die Klägerin das Mittagessen tatsächlich eingenommen hat; ausreichend ist nach dem Wortlaut des § 2 Abs 1 S 1 SvEV die bloße Zurverfügungstellung(vgl Werner in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, § 17 RdNr 22, Stand 1.3.2016). Zutreffend hat das LSG auch den Wert der gestellten Unterkunft mit monatlich 198 Euro angesetzt (§ 2 Abs 3 S 1 SvEV aF). Nach der gesetzgeberischen Leitvorstellung liegt dem Sachbezugswert für freie Unterkunft der Preis für das Zimmer eines Untermieters zugrunde (vgl BR-Drucks 968/94 S 8). Zu einer Minderung des Werts der Unterkunft nach § 2 Abs 3 S 2 Nr 3 SvEV ("Belegung mit zwei Beschäftigten") berechtigt der Tatbestand des Zusammenlebens in einer Wohngemeinschaft in der vom LSG festgestellten Art hingegen nicht.

29

Unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 2 Abs 6 SvEV ergibt sich ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 5805,23 Euro. Von diesem Betrag ist das SG nicht zu Lasten der Klägerin abgewichen. Da die Beklagte gegen das Urteil des SG keine Berufung eingelegt hat, ist rechtskräftig entschieden, dass der Klägerin vom 8. bis 30.9.2008 ein Anspruch auf Alg in Höhe von 7,51 Euro täglich zusteht.

30

4. Die Beurteilung des Anspruchs der Klägerin auf Alg bestimmt sich auch für die Zeit des FSJ, in der sie in Frankreich eingesetzt war, nach den oben genannten und angewendeten Bestimmungen des SGB III, weil sie ins Ausland entsandt war (a) und der Anwendbarkeit deutschen Rechts keine Bestimmungen des Unionsrechts (§ 6 SGB IV) entgegenstehen (b).

31

a) Das LSG hat zu Recht entschieden, dass das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin mit dem deutschen Träger während der Zeit der Entsendung nach Frankreich fortbestand (§ 4 SGB IV).

32

Gemäß § 3 SGB IV stellt der Beschäftigungsort grundsätzlich den maßgeblichen Anknüpfungspunkt für die Entscheidung dar, ob deutsches Sozialversicherungsrecht anwendbar ist, wenn es um die Beurteilung einer abhängigen Beschäftigung geht (sog Beschäftigungsortsprinzip). Das FSJ kann nach § 3 Abs 1 und 2 S 1 FSJG auch als Dienst im Ausland geleistet werden. In diesem Falle gilt nach § 10 Abs 1 SGB IV kraft gesetzlicher Fiktion als Beschäftigungsort der Ort, an dem der Träger des FSJ seinen Sitz hat(§ 10 Abs 1 SGB IV).

33

Wird die Beschäftigung jedoch - wie hier - tatsächlich nicht im Geltungsbereich des SGB, sondern im EU-Ausland ausgeübt, gilt in Erweiterung des § 3 SGB IV deutsches Sozialversicherungsrecht nur, wenn ein Fall der Ausstrahlung iS des § 4 Abs 1 SGB IV vorliegt. § 4 Abs 1 SGB IV setzt - neben dem Aufenthalt im Ausland - die zeitliche Begrenzung des Auslandseinsatzes sowie ein im Inland bestehendes Beschäftigungsverhältnis voraus. Die Ausstrahlung ist nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil das Beschäftigungsverhältnis im Hinblick auf die Entsendung begründet worden wäre. Insoweit reicht es für eine Ausstrahlung aus, wenn sich die für eine Auslandsbeschäftigung vorgesehene Person vor deren Aufnahme im Inland befunden hat und das Beschäftigungsverhältnis nach dem Ende der Entsendung im Inland weitergeführt werden soll (BSG Urteil vom 4.5.1994 - 11 RAr 55/93 - juris RdNr 22; BSG Urteil vom 10.8.1999 - B 2 U 30/98 R - SozR 3-2400 § 4 Nr 5 S 8; BSG Urteil vom 19.12.2013 - B 2 U 14/12 R - SozR 4-2700 § 140 Nr 1 RdNr 17).

34

Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht zu Recht entschieden, dass das Beschäftigungsverhältnis mit dem Träger während der Zeit der Entsendung der Klägerin nach Frankreich fortbestanden hat. Das FSJ ist geprägt durch die ihm eigene Besonderheit des Beruhens auf einem Rechtsverhältnis sui generis. Nach der Konzeption des § 6 Abs 1 S 1 FSJG besteht das Rechtsverhältnis im FSJ zwischen dem Freiwilligen und dem zugelassenen Träger(vgl auch BSG Urteil vom 17.4.2007 - B 5 R 62/06 R - SozR 4-2600 § 58 Nr 8 RdNr 21). Auch hat der Träger den Dienst im Ausland nach Maßgabe des § 3 Abs 2 FSJG durch in der Regel im Inland abzuhaltende Bildungsmaßnahmen - an denen teilzunehmen der Dienstpflicht unterliegt - pädagogisch vorzubereiten und zu begleiten sowie für den Freiwilligen Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Demgegenüber beschränkt sich die Funktion der Einsatzstelle, auf die im beschränkten Umfang Weisungsrechte zu übertragen sind, vor allem darauf, die dem Träger geschuldete Dienstleistung des Freiwilligen in Empfang zu nehmen (vgl auch Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der FDP, BT-Drucks 16/9699 S 3 ff). Aufgrund dieser tatsächlichen und rechtlichen Bindungen zum Träger des FSJ bleibt dessen bestimmender Einfluss auch während der Ableistung des Dienstes im Ausland gewahrt.

35

Diese Auslegung des § 4 Abs 1 SGB IV entspricht dem Willen des Gesetzgebers. In § 5 Abs 2 S 1 Nr 1 FSJG wird ausdrücklich der Begriff der "Entsendung" gebraucht. Zudem enthalten die Gesetzesmaterialien die eindeutige Aussage, dass es sich bei der Gesamtkonzeption des FSJ im Ausland um einen Dienst handelt, bei dem Freiwillige in ein auswärtiges Land entsandt werden, der Schwerpunkt der pädagogischen Begleitung aber weiterhin im Inland liegt (vgl BT-Drucks 14/7485 S 12).

36

Der Inhalt der zwischen der Klägerin und dem Träger im Mai 2007 geschlossenen vertraglichen Vereinbarung gebietet keine abweichende Bewertung im Einzelfall.

37

b) Auch vorrangige Regelungen des Rechts der Europäischen Union stehen der Anwendung deutschen Arbeitsförderungsrechts nicht entgegen (§ 6 SGB IV).

38

Auf den Rechtsstreit finden die Vorschriften der EWGV 1408/71 vom 14.6.1971 (ABl L 149 vom 5.7.1971, 2 bis 50) Anwendung. Denn gemäß deren Art 87 Abs 1 findet die EGV 883/2004 keine Anwendung auf Sachverhalte, die - wie hier - bereits vor ihrem Inkrafttreten abgeschlossen waren (BSG Urteil vom 17.3.2016 - B 11 AL 3/15 R - SozR 4-4300 § 175a Nr 1 RdNr 30; BSG Urteil vom 3.4.2014 - B 2 U 25/12 R - BSGE 115, 256 = SozR 4-2700 § 136 Nr 6, RdNr 20).

39

Der persönliche Anwendungsbereich der EWGV 1408/71 ist eröffnet, denn die Klägerin ist Arbeitnehmerin iS des Art 1 Buchst a Ziff i EWGV 1408/71. Ebenso fallen die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin in den sachlichen Geltungsbereich der Verordnung (Art 4 Abs 1 Buchst g EWGV 1408/71; dazu BSG Urteil vom 4.2.1999 - B 7 AL 120/97 R - SozR 3-6050 Art 71 Nr 11 S 58).

40

Gemäß Art 13 Abs 2 Buchst a EWGV 1408/71 unterfällt ein Arbeitnehmer den Rechtsvorschriften des Staates, in dem eine unselbstständige und damit sozialversicherungspflichtige Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird. Dies wäre vorliegend Frankreich. Abweichend hiervon sieht Art 14 Abs 1 Nr 1 Buchst a Ziff i EWGV 1408/71 aber vor, dass eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats von einem Unternehmen, dem sie gewöhnlich angehört, abhängig beschäftigt wird und die von diesem Unternehmen zur Ausführung einer Arbeit für dessen Rechnung in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats entsandt wird, weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats unterliegt, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit zwölf Monate nicht überschreitet und sie nicht eine andere Person ablöst, für welche die Entsendungszeit abgelaufen ist. Die Anwendbarkeit dieser Sonderregelung setzt das Fortbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses zu einem Unternehmen im Entsendestaat, den Tatbestand der Entsendung selbst sowie deren vorherige zeitliche Befristung voraus (BSG Urteil vom 8.12.1994 - 2 RU 37/93 - BSGE 75, 232, 234 = SozR 3-6050 Art 14 Nr 4 S 11).

41

Nach diesen Grundsätzen hat bei der Klägerin eine Entsendung iS des Art 14 Nr 1 Buchst a Ziff i EWGV 1408/71 vorgelegen, denn ihr Auslandseinsatz war von vornherein auf zwölf Monate befristet. Während des Entsendungszeitraums bestand eine hinreichend enge arbeitsrechtliche Bindung zum Träger fort.

42

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Sie sollen insbesondere bei der Erreichung der in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Eingliederungsziele unterstützt werden. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird.

(2) Nach Absatz 1 kann auch die Anbahnung oder die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz gefördert werden.

(3) Die Agentur für Arbeit entscheidet über den Umfang der zu erbringenden Leistungen; sie kann Pauschalen festlegen. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind ausgeschlossen. Die Förderung aus dem Vermittlungsbudget darf die anderen Leistungen nach diesem Buch nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil das Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Klägerin für die Zeit vom 8. bis 30.9.2008 höheres Arbeitslosengeld (Alg) zusteht.

2

Die 1988 geborene Klägerin leistete nach Beendigung ihrer Schulausbildung in der Zeit vom 27.8.2007 bis 26.8.2008 ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) beim Deutschen Roten Kreuz des Saarlandes als Träger ab. Einsatzstelle war das Centre Hospitalier "L" in S, Frankreich, wo sie als Freiwillige tätig war. Als Grundlage diente die zwischen dem Träger und der Klägerin im Mai 2007 geschlossene "Vereinbarung über die Ableistung eines FSJ" nach deren Inhalt sie verpflichtet war, die Dienst- und Hausordnung sowie die Weisungen der Einsatzstelle zu befolgen und die ihr übertragenen Aufgaben verantwortungsbewusst zu erfüllen. Der Träger verpflichtete sich, der Klägerin ein monatliches Taschengeld in Höhe von 150 Euro sowie einen monatlichen Verpflegungs- und Fahrtkostenzuschuss in Höhe von 55 Euro zu zahlen, eine angemessene Unterkunft zur Verfügung zu stellen und für sie Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zu entrichten. Zudem wurden 25 Tage Jahresurlaub sowie Fortzahlung des Taschengeldes im Krankheitsfall vereinbart.

3

Im Anschluss an das FSJ meldete sich die Klägerin am 8.9.2008 arbeitslos und beantragte Alg. Sie legte eine Arbeitsbescheinigung des Trägers über ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt von insgesamt 2460 Euro im Zeitraum vom 27.8.2007 bis 26.8.2008 vor und gab an, am 1.10.2008 ein Studium aufzunehmen.

4

Die Beklagte bewilligte ihr vom 8. bis 30.9.2008 Alg in Höhe von 3,19 Euro täglich, das sie ausgehend von einem Bemessungsentgelt von 6,72 Euro täglich berechnete (allgemeiner Leistungssatz, Lohnsteuerklasse 1; Bescheid vom 8.10.2008). Der Widerspruch der Klägerin - gerichtet auf höheres Alg bemessen nach einem fiktiven Arbeitsentgelt der Qualifikationsgruppe 4 - blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 1.12.2008).

5

Das SG hat die angefochtenen Bescheide abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für den streitigen Zeitraum Alg in Höhe von täglich 7,51 Euro zu zahlen; dabei seien die erbrachten Leistungen anzurechnen. Die Beklagte habe auch die der Klägerin gewährten Sachbezüge als Arbeitsentgelt berücksichtigen müssen. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil vom 9.9.2013).

6

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 15.7.2015). Die Klägerin habe während des FSJ in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden. Sie habe eingegliedert in die Arbeitsorganisation der Einsatzstelle eine Tätigkeit nach Weisungen iS von § 7 Abs 1 SGB IV verrichtet. Die Geldzahlungen und Sachleistungen, die die Klägerin während ihres FSJ vom Träger erhalten habe, stellten Arbeitsentgelt iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IV dar. Unerheblich sei, dass sie ihr FSJ im Ausland absolviert habe. Der Regelbemessungsrahmen sei nicht auf zwei Jahre zu erweitern und eine fiktive Bemessung nach § 132 Abs 1 SGB III scheide aus, weil sie mehr als 150 Tage Arbeitsentgelt erzielt habe. Das SG habe auch die Höhe des der Bemessung zugrunde zu legenden Arbeitsentgelts zutreffend bestimmt.

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 132 SGB III. Zu Unrecht sei das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei den von der Klägerin bezogenen Leistungen um Arbeitsentgelt iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IV handele. Die gewährten Zuwendungen stünden nicht in einem angemessenen Verhältnis zur erbrachten Arbeit. Auch sei sich der Gesetzgeber des Missverhältnisses von Freiwilligendienst und geleisteter Zahlung bewusst gewesen. Er habe deshalb die Leistung als Taschengeld und nicht als Arbeitsentgelt bezeichnet. Abweichendes ergebe sich nicht aus § 27 Abs 2 S 2 Nr 1 SGB III. Diese Regelung flankiere nur die angesprochenen Sonderregelungen und begründe ausdrücklich die Versicherungspflicht. Schließlich gebiete auch der Wortlaut ("für den Dienst") in § 2 Abs 1 Nr 3 des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres (FSJG) kein anderes Verständnis. Mangels Bezug von Arbeitsentgelt sei das Alg fiktiv zu bemessen.

8

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. Juli 2015 und das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 9. September 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 8. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Arbeitslosengeld für die Zeit vom 8. bis zum 30. September 2008 auf der Basis eines fiktiven Arbeitsentgelts zu zahlen.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

10

Sie verteidigt das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist zulässig, in der Sache aber unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat ohne Verletzung von Bundesrecht (vgl § 163 SGG) die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Diese hat für die Zeit vom 8. bis 30.9.2008 keinen Anspruch auf höheres Alg.

12

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 8.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.12.2008, soweit darin höhere Leistungen abgelehnt worden sind. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 und Abs 4 SGG) und strebt den Erlass eines Grundurteils an (§ 130 Abs 1 S 1 SGG).

13

2. Die Klägerin hat am 8.9.2008 ein Stammrecht auf Alg erworben, denn sie erfüllt die Regelvoraussetzungen des Anspruchs auf Alg (§§ 117 f SGB III idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - BGBl I 2848; SGB III aF).

14

Gemäß § 118 Abs 1 SGB III aF haben Arbeitnehmer Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit, wenn sie arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Dem Gesamtzusammenhang der bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass die Klägerin sich am 8.9.2008 persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat (§ 118 Abs 1 Nr 2 iVm § 122 SGB III aF). Zu diesem Zeitpunkt ist sie arbeitslos gewesen (§ 118 Abs 1 Nr 1 iVm § 119 SGB III aF). Die Klägerin hat auch die Anwartschaftszeit erfüllt (§ 118 Abs 1 Nr 3 SGB III aF).

15

Nach § 123 Abs 1 S 1 SGB III aF hat die Anwartschaftszeit zurückgelegt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt gemäß § 124 Abs 1 S 1 SGB III aF zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg. Die zweijährige Rahmenfrist reicht damit vom 8.9.2006 bis zum 7.9.2008. In dieser Zeit hat die Klägerin während ihrer Tätigkeit als Freiwillige im FSJ vom 27.8.2007 bis zum 26.8.2008 in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Arbeitslosenversicherung gestanden.

16

Nach der Legaldefinition des § 24 Abs 1 SGB III stehen Personen in einem Versicherungspflichtverhältnis, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind. Nach § 25 Abs 1 S 1 SGB III sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 S 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Die Freiwilligen im FSJ stehen zu dessen Träger weder in einem Arbeits- noch einem Ausbildungsverhältnis. Der Gesetzgeber hat bewusst davon abgesehen, die Helfer im FSJ den Arbeitnehmern und Auszubildenden generell gleichzustellen oder das gesamte Arbeitsrecht für anwendbar zu erklären (BAG Beschluss vom 12.2.1992 - 7 ABR 42/91 - AP Nr 52 zu § 5 BetrVG 1972 = NZA 1993, 334, 334 f).

17

Anderes gilt indes für die Frage nach dem Bestehen eines Versicherungspflichtverhältnisses. Insofern hat der Gesetzgeber keinen Zweifel daran gelassen, dass er eine Tätigkeit nach Maßgabe des FSJG (auf welches vorliegend gemäß § 15 Abs 1 und 2 Jugendfreiwilligendienstegesetz - JFDG - abzustellen ist) vom Schutzbereich der Arbeitslosenversicherung umfasst sehen will. Er hat eine solche Tätigkeit ausdrücklich einer versicherungspflichtigen Beschäftigung iS des § 25 Abs 1 S 1 SGB III gleichgestellt(so zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung bereits: BSG Urteil vom 17.4.2007 - B 5 R 62/06 R - SozR 4-2600 § 58 Nr 8 RdNr 27; ähnlich Erdmann, Die Beiträge 2006, 641, 643; Schuler, ZFSH/SGB 1999, 717, 721; Grüner/Dalichau, FSJG/FÖJH, § 1 FSJG 44, Stand Januar 1995; vgl auch Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III, § 27 RdNr 102, Stand Dezember 2013). Zwar handelt es sich bei der Tätigkeit im FSJ - ebenso wie bei derjenigen im heutigen Bundesfreiwilligendienst (BFD) - nicht um eine entgeltliche Erwerbstätigkeit, insbesondere nicht in einem Arbeitsverhältnis (BSG Urteil vom 26.7.2016 - B 4 AS 54/15 R - SozR 4-4225 § 1 Nr 3 RdNr 26). Soweit der Senat (aaO) ausgeführt hat, der BFD sei auch keine Beschäftigung iS des § 7 Abs 1 S 1 SGB IV, handelt es sich um ein obiter dictum, weil es in dem Kontext auf die Qualifizierung als Beschäftigung nicht ankam. Dort hat der Senat Absetzungen vom Taschengeld des BFD in Höhe der Erwerbstätigenfreibeträge nach § 11b Abs 1 S 1 Nr 3 bis 5 SGB II verneint, weil der BFD keine entgeltliche Erwerbstätigkeit ist und das SGB II ausdrücklich spezifische Freibeträge vorsieht. Arbeitsförderungsrechtlich kann der Senat für das FSJ und den BFD dahinstehen lassen, ob es sich um eine "Beschäftigung iS des § 7 Abs 1 S 1 SGB IV" handelt oder ob der Dienst als Freiwillige/r einer Beschäftigung nur gleichgestellt ist. Dass die Teilnehmer am FSJ einem Beschäftigten jedenfalls gleichzustellen sind, folgt aus dem Wortlaut, der Systematik, dem Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der einschlägigen Regelungen.

18

Für dieses Verständnis spricht bereits der Wortlaut des § 2 Abs 1 Nr 1 und 3 FSJG, wonach es sich bei einer Tätigkeit im Rahmen eines FSJ um eine solche "vergleichbar einer Vollzeitbeschäftigung" handelt und der Freiwillige "für den Dienst" ein Taschengeld sowie Sach- bzw Geldersatzleistungen erhält. Auch die Regelung des § 344 Abs 2 S 1 SGB III aF sowie der §§ 10 Abs 1 SGB IV und 20 Abs 3 SGB IV aF(idF der Bekanntmachung vom 16.5.2008 - BGBl I 842) setzen begrifflich das Bestehen von Beschäftigung voraus, wenn dort von "Beschäftigen" bzw dem "Beschäftigungsort" die Rede ist.

19

Gesetzessystematische Erwägungen bestätigen dieses Ergebnis. Gemäß § 20 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB IV aF trägt der Arbeitgeber abweichend von den besonderen Vorschriften für Beschäftigte für die einzelnen Versicherungszweige den Gesamtsozialversicherungsbeitrag allein, wenn Versicherte ein FSJ leisten. Damit soll eine aus dem Wert der Geld- und Sachleistungen faktisch nicht zu finanzierende Beitragslast des Beschäftigten vermieden und der besonderen Schutzbedürftigkeit dieser sich in dem Dienste der Allgemeinheit stellenden Personengruppe Rechnung getragen werden (vgl Schlegel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, § 20 RdNr 69, Stand März 2016). Die Beiträge nach dem Recht der Arbeitsförderung sind dabei während der Dauer der Beschäftigung auf der Grundlage des Arbeitsentgelts zu entrichten (§ 342 SGB III). Die Beitragspflicht des Trägers setzt aber denknotwendig Einnahmen aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung voraus.

20

In dieselbe Richtung weist auch die Regelung des § 27 Abs 2 S 2 Nr 1 SGB III aF. Nach dieser besteht abweichend vom Grundsatz der Versicherungsfreiheit von geringfügig Beschäftigten (§ 27 Abs 2 S 1 SGB III)diese nicht für Personen, die nach dem FSJG nur geringfügig beschäftigt sind. Da Versicherungsfreiheit nicht gleichbedeutend mit "nicht versicherungspflichtig" ist, sondern nur die Folgen einer bestehenden Versicherungspflicht suspendiert (vgl Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III, § 27 RdNr 2, Stand Dezember 2013), stehen nach dieser Norm sogar geringfügig beschäftigte Freiwillige im FSJ in einem Versicherungspflichtverhältnis, was erst recht für mehr als nur geringfügig tätige Freiwillige gelten muss.

21

Dieser von Wortlaut und Systematik vorgegebenen Auslegung entspricht auch der Gesetzeszweck des FSJG. Erklärtes Ziel des Gesetzgebers war es, die mit dem freiwilligen Engagement für die Gemeinschaft verbundenen Härten und materiellen Nachteile zu beseitigen. Er wollte die Freiwilligen annähernd so stellen wie Auszubildende (vgl § 25 Abs 1 S 1 Alt 2 SGB III) und dies in erster Linie hinsichtlich der sozialen Sicherheit (vgl BT-Drucks 12/4716 S 9; vgl BT-Drucks 14/7485 S 9). Der angestrebte Schutz soll durch die Einbeziehung der Teilnehmer des FSJ in den Schutz der Arbeitslosenversicherung erreicht werden (BT-Drucks 7/4002 S 1). Die Begründung erklärt auch ausdrücklich, dass die im FSJ bezogenen Geld- und Sachleistungen "Arbeitsentgelt" darstellten (BT-Drucks 7/4002 S 4).

22

Da die im Mai 2007 zwischen der Klägerin und dem Träger getroffene Vereinbarung weitgehend den Vorgaben des FSJG entsprechen, besteht zu einer abweichenden Beurteilung im Einzelfall kein Anlass. Die Klägerin erfüllt die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Alg.

23

3. Das LSG hat auch ohne Verletzung von Bundesrecht entschieden, dass der Klägerin für die streitige Zeit Alg in Höhe von 7,51 Euro täglich zu gewähren ist. Das Rechtsschutzziel der Klägerin, die Bemessung des Alg nach einem fiktiven Arbeitsentgelt (§ 132 Abs 2 SGB III aF), findet im Gesetz keine Grundlage.

24

Nach § 129 Nr 2 SGB III aF beträgt das Alg für Arbeitslose, für die - wie bei der Klägerin - keine Kinder zu berücksichtigen sind, 60 vH (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 130 Abs 1 S 1 SGB III aF umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben aber Zeiten einer Beschäftigung als Freiwillige/r iS des FSJG außer Betracht, wenn sich die beitragspflichtige Einnahme nach § 344 Abs 2 SGB III aF bestimmt(§ 130 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB III aF iVm § 15 Abs 2 JFDG).

25

Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr. Er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs 1 S 2 SGB III aF). Der Bemessungsrahmen wird nur dann auf zwei Jahre erweitert, wenn ua der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB III aF).

26

Das LSG ist in nicht zu beanstandender Weise von einem Bemessungsrahmen ausgegangen, der mit dem 26.8.2008, dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses der Klägerin vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs 1 S 2 Halbs 2 SGB III aF), endet. Ohne Rechtsfehler hat das LSG auch einen Bemessungszeitraum von mehr als 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des Regelbemessungsrahmens von einem Jahr (27.8.2007 bis 26.8.2008) festgestellt. Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums kann die Beschäftigung als Freiwillige im FSJ nicht außer Betracht bleiben. Denn die Klägerin leistete das FSJ im Anschluss an die Zeit ihrer schulischen Ausbildung und damit nicht unmittelbar nach einem Versicherungspflichtverhältnis. Die Voraussetzungen des § 344 Abs 2 S 1 SGB III aF sind daher nicht erfüllt gewesen.

27

Die Klägerin hat während der gesamten Tätigkeit als Freiwillige im FSJ Arbeitsentgelt iS von § 14 Abs 1 SGB IV bezogen, sodass eine fiktive Bemessung ausscheidet. Im Bemessungszeitraum hat sie beitragspflichtiges Arbeitsentgelt (zur Identität des Arbeitsentgeltbegriffs im Bemessungs- und Beitragsrecht: BSG Urteil vom 31.10.1996 - 11 RAr 85/95 R) in Form von Taschengeld in Höhe von 2460 Euro erzielt. Die der Klägerin gewährten Sachleistungen sind ebenfalls nach Maßgabe der näheren Bestimmungen der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) als Arbeitsentgelt zu berücksichtigen (vgl auch BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 9/08 R - juris RdNr 18; Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 151 RdNr 37, Stand April 2014).

28

Zur Bemessung des Anteils des Mittagessens am Tagesbedarf für Verpflegung ist auf die Regelung des § 2 Abs 1 S 2 Nr 2 SvEV (aF) zurückzugreifen, der den Wert des Mittagessens mit 80 Euro beziffert. Dabei ist ohne Bedeutung, ob die Klägerin das Mittagessen tatsächlich eingenommen hat; ausreichend ist nach dem Wortlaut des § 2 Abs 1 S 1 SvEV die bloße Zurverfügungstellung(vgl Werner in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, § 17 RdNr 22, Stand 1.3.2016). Zutreffend hat das LSG auch den Wert der gestellten Unterkunft mit monatlich 198 Euro angesetzt (§ 2 Abs 3 S 1 SvEV aF). Nach der gesetzgeberischen Leitvorstellung liegt dem Sachbezugswert für freie Unterkunft der Preis für das Zimmer eines Untermieters zugrunde (vgl BR-Drucks 968/94 S 8). Zu einer Minderung des Werts der Unterkunft nach § 2 Abs 3 S 2 Nr 3 SvEV ("Belegung mit zwei Beschäftigten") berechtigt der Tatbestand des Zusammenlebens in einer Wohngemeinschaft in der vom LSG festgestellten Art hingegen nicht.

29

Unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 2 Abs 6 SvEV ergibt sich ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 5805,23 Euro. Von diesem Betrag ist das SG nicht zu Lasten der Klägerin abgewichen. Da die Beklagte gegen das Urteil des SG keine Berufung eingelegt hat, ist rechtskräftig entschieden, dass der Klägerin vom 8. bis 30.9.2008 ein Anspruch auf Alg in Höhe von 7,51 Euro täglich zusteht.

30

4. Die Beurteilung des Anspruchs der Klägerin auf Alg bestimmt sich auch für die Zeit des FSJ, in der sie in Frankreich eingesetzt war, nach den oben genannten und angewendeten Bestimmungen des SGB III, weil sie ins Ausland entsandt war (a) und der Anwendbarkeit deutschen Rechts keine Bestimmungen des Unionsrechts (§ 6 SGB IV) entgegenstehen (b).

31

a) Das LSG hat zu Recht entschieden, dass das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin mit dem deutschen Träger während der Zeit der Entsendung nach Frankreich fortbestand (§ 4 SGB IV).

32

Gemäß § 3 SGB IV stellt der Beschäftigungsort grundsätzlich den maßgeblichen Anknüpfungspunkt für die Entscheidung dar, ob deutsches Sozialversicherungsrecht anwendbar ist, wenn es um die Beurteilung einer abhängigen Beschäftigung geht (sog Beschäftigungsortsprinzip). Das FSJ kann nach § 3 Abs 1 und 2 S 1 FSJG auch als Dienst im Ausland geleistet werden. In diesem Falle gilt nach § 10 Abs 1 SGB IV kraft gesetzlicher Fiktion als Beschäftigungsort der Ort, an dem der Träger des FSJ seinen Sitz hat(§ 10 Abs 1 SGB IV).

33

Wird die Beschäftigung jedoch - wie hier - tatsächlich nicht im Geltungsbereich des SGB, sondern im EU-Ausland ausgeübt, gilt in Erweiterung des § 3 SGB IV deutsches Sozialversicherungsrecht nur, wenn ein Fall der Ausstrahlung iS des § 4 Abs 1 SGB IV vorliegt. § 4 Abs 1 SGB IV setzt - neben dem Aufenthalt im Ausland - die zeitliche Begrenzung des Auslandseinsatzes sowie ein im Inland bestehendes Beschäftigungsverhältnis voraus. Die Ausstrahlung ist nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil das Beschäftigungsverhältnis im Hinblick auf die Entsendung begründet worden wäre. Insoweit reicht es für eine Ausstrahlung aus, wenn sich die für eine Auslandsbeschäftigung vorgesehene Person vor deren Aufnahme im Inland befunden hat und das Beschäftigungsverhältnis nach dem Ende der Entsendung im Inland weitergeführt werden soll (BSG Urteil vom 4.5.1994 - 11 RAr 55/93 - juris RdNr 22; BSG Urteil vom 10.8.1999 - B 2 U 30/98 R - SozR 3-2400 § 4 Nr 5 S 8; BSG Urteil vom 19.12.2013 - B 2 U 14/12 R - SozR 4-2700 § 140 Nr 1 RdNr 17).

34

Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht zu Recht entschieden, dass das Beschäftigungsverhältnis mit dem Träger während der Zeit der Entsendung der Klägerin nach Frankreich fortbestanden hat. Das FSJ ist geprägt durch die ihm eigene Besonderheit des Beruhens auf einem Rechtsverhältnis sui generis. Nach der Konzeption des § 6 Abs 1 S 1 FSJG besteht das Rechtsverhältnis im FSJ zwischen dem Freiwilligen und dem zugelassenen Träger(vgl auch BSG Urteil vom 17.4.2007 - B 5 R 62/06 R - SozR 4-2600 § 58 Nr 8 RdNr 21). Auch hat der Träger den Dienst im Ausland nach Maßgabe des § 3 Abs 2 FSJG durch in der Regel im Inland abzuhaltende Bildungsmaßnahmen - an denen teilzunehmen der Dienstpflicht unterliegt - pädagogisch vorzubereiten und zu begleiten sowie für den Freiwilligen Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Demgegenüber beschränkt sich die Funktion der Einsatzstelle, auf die im beschränkten Umfang Weisungsrechte zu übertragen sind, vor allem darauf, die dem Träger geschuldete Dienstleistung des Freiwilligen in Empfang zu nehmen (vgl auch Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der FDP, BT-Drucks 16/9699 S 3 ff). Aufgrund dieser tatsächlichen und rechtlichen Bindungen zum Träger des FSJ bleibt dessen bestimmender Einfluss auch während der Ableistung des Dienstes im Ausland gewahrt.

35

Diese Auslegung des § 4 Abs 1 SGB IV entspricht dem Willen des Gesetzgebers. In § 5 Abs 2 S 1 Nr 1 FSJG wird ausdrücklich der Begriff der "Entsendung" gebraucht. Zudem enthalten die Gesetzesmaterialien die eindeutige Aussage, dass es sich bei der Gesamtkonzeption des FSJ im Ausland um einen Dienst handelt, bei dem Freiwillige in ein auswärtiges Land entsandt werden, der Schwerpunkt der pädagogischen Begleitung aber weiterhin im Inland liegt (vgl BT-Drucks 14/7485 S 12).

36

Der Inhalt der zwischen der Klägerin und dem Träger im Mai 2007 geschlossenen vertraglichen Vereinbarung gebietet keine abweichende Bewertung im Einzelfall.

37

b) Auch vorrangige Regelungen des Rechts der Europäischen Union stehen der Anwendung deutschen Arbeitsförderungsrechts nicht entgegen (§ 6 SGB IV).

38

Auf den Rechtsstreit finden die Vorschriften der EWGV 1408/71 vom 14.6.1971 (ABl L 149 vom 5.7.1971, 2 bis 50) Anwendung. Denn gemäß deren Art 87 Abs 1 findet die EGV 883/2004 keine Anwendung auf Sachverhalte, die - wie hier - bereits vor ihrem Inkrafttreten abgeschlossen waren (BSG Urteil vom 17.3.2016 - B 11 AL 3/15 R - SozR 4-4300 § 175a Nr 1 RdNr 30; BSG Urteil vom 3.4.2014 - B 2 U 25/12 R - BSGE 115, 256 = SozR 4-2700 § 136 Nr 6, RdNr 20).

39

Der persönliche Anwendungsbereich der EWGV 1408/71 ist eröffnet, denn die Klägerin ist Arbeitnehmerin iS des Art 1 Buchst a Ziff i EWGV 1408/71. Ebenso fallen die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin in den sachlichen Geltungsbereich der Verordnung (Art 4 Abs 1 Buchst g EWGV 1408/71; dazu BSG Urteil vom 4.2.1999 - B 7 AL 120/97 R - SozR 3-6050 Art 71 Nr 11 S 58).

40

Gemäß Art 13 Abs 2 Buchst a EWGV 1408/71 unterfällt ein Arbeitnehmer den Rechtsvorschriften des Staates, in dem eine unselbstständige und damit sozialversicherungspflichtige Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird. Dies wäre vorliegend Frankreich. Abweichend hiervon sieht Art 14 Abs 1 Nr 1 Buchst a Ziff i EWGV 1408/71 aber vor, dass eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats von einem Unternehmen, dem sie gewöhnlich angehört, abhängig beschäftigt wird und die von diesem Unternehmen zur Ausführung einer Arbeit für dessen Rechnung in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats entsandt wird, weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats unterliegt, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit zwölf Monate nicht überschreitet und sie nicht eine andere Person ablöst, für welche die Entsendungszeit abgelaufen ist. Die Anwendbarkeit dieser Sonderregelung setzt das Fortbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses zu einem Unternehmen im Entsendestaat, den Tatbestand der Entsendung selbst sowie deren vorherige zeitliche Befristung voraus (BSG Urteil vom 8.12.1994 - 2 RU 37/93 - BSGE 75, 232, 234 = SozR 3-6050 Art 14 Nr 4 S 11).

41

Nach diesen Grundsätzen hat bei der Klägerin eine Entsendung iS des Art 14 Nr 1 Buchst a Ziff i EWGV 1408/71 vorgelegen, denn ihr Auslandseinsatz war von vornherein auf zwölf Monate befristet. Während des Entsendungszeitraums bestand eine hinreichend enge arbeitsrechtliche Bindung zum Träger fort.

42

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

Im Bundesfreiwilligendienst engagieren sich Frauen und Männer für das Allgemeinwohl, insbesondere im sozialen, ökologischen und kulturellen Bereich sowie im Bereich des Sports, der Integration und des Zivil- und Katastrophenschutzes. Der Bundesfreiwilligendienst fördert das lebenslange Lernen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des Thüringer Landessozialgerichts vom 23. September 2015 und des Sozialgerichts Gotha vom 26. November 2014 abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 450 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Höhe von Leistungen nach dem SGB II für die Zeiten vom 1.11. bis 31.12.2012 sowie vom 1.2. bis 30.4.2013, insbesondere um die Höhe der Anrechnung des Taschengelds nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG) als Einkommen.

2

Der alleinstehende Kläger bewohnt ein 26,73 qm großes Zimmer in einer Wohngemeinschaft in Erfurt. Hierfür entstanden ihm im Zeitraum vom 1.11. bis 31.12.2012 Kosten in Höhe von monatlich 220,22 Euro sowie vom 1.2. bis 30.4.2013 in Höhe von 246,61 Euro. Der Kläger übte eine selbstständige Tätigkeit geringen Umfangs aus, aus der er vom 1.11.2012 bis 30.4.2013 Einnahmen in Höhe von 420 Euro erzielte, denen Ausgaben von 101,52 Euro gegenüberstanden. Er leistete daneben vom 1.1.2012 bis 30.6.2013 Freiwilligendienst nach dem BFDG (BFD) und erhielt hierfür ein monatliches Taschengeld von 225 Euro. Am 24.10.2012 floss ihm eine Steuerrückerstattung von 669,40 Euro zu.

3

Mit Bescheid vom 5.11.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger vorläufig vom 1.11. bis 31.12.2012 jeweils 257,65 Euro monatlich sowie ab 1.1.2013 vorläufig jeweils 509,04 Euro monatlich als Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB II. Mit Änderungsbescheid vom 24.11.2012 gewährte der Beklagte dem Kläger vom 1.1. bis 28.2.2013 vorläufig monatlich 517,04 Euro und ab 1.3.2013 vorläufig 517,05 Euro monatlich. Wegen der Berücksichtigung des Taschengelds aus dem BFD und ohne Vorläufigkeitsvorbehalt senkte der Beklagte die Bewilligung für Februar 2013 auf 292,04 Euro sowie für März und April 2013 auf 292,05 Euro monatlich ab (Änderungsbescheid vom 10.1.2013). Durch Bescheid vom 8.8.2013 erklärte er nach Überprüfung des Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit die Festsetzung der Leistungen in den Bescheiden vom 5.11.2012 und 10.1.2013 für endgültig.

4

Der Kläger hatte bereits gegen den Bescheid vom 5.11.2012 Widerspruch eingelegt, weil der Freibetrag für das Taschengeld aus dem BFD nicht in Ansatz gebracht worden sei. Der Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 10.1.2013). Der Freibetrag von 175 bzw 200 Euro von dem Taschengeld des Freiwilligendienstes komme nicht in Betracht.

5

Der Kläger hat dagegen beim SG Gotha Klage erhoben. Er hat diese aber für den Monat Januar 2013, für den keine Berücksichtigung von Taschengeld als Einkommen erfolgt ist, zurückgenommen. Das SG hat den Beklagten unter Änderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1.11. bis 31.12.2012 und vom 1.2. bis 30.4.2013 weitere 600 Euro zu zahlen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil des SG vom 26.11.2014). Vom Einkommen des Klägers seien nach § 1 Abs 7 S 1 Alg II-V im November und Dezember 2012 je 175 Euro und ab Februar 2013 von je 200 Euro monatlich in Abzug zu bringen. Dem stehe § 1 Abs 7 S 4 Alg II-V nicht entgegen.

6

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung zum Thüringer LSG eingelegt. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass ein Freibetrag nur entweder vom Einkommen aus Erwerbstätigkeit oder von dem Taschengeld zu berücksichtigen sei. Über diese Folge des Zusammentreffens von Erwerbseinkommen und Taschengeld des BFD würden die Betroffenen belehrt. Das LSG hat den Tenor des SG dahingehend konkretisiert, dass für November/Dezember 2012 jeweils weitere 105 Euro sowie vom 1.2. bis 30.4.2013 monatlich jeweils weitere 130 Euro zu zahlen seien. Zwar seien die Freibeträge von 100 Euro nach § 11b Abs 2 S 1 SGB II und von 175 Euro bzw 200 Euro nach § 11b Abs 2 S 1 SGB II iVm § 1 Abs 7 S 1 Alg II-V nicht zu kumulieren. Allerdings sei der erhöhte Freibetrag nach § 1 Abs 7 S 1 Alg II-V als Freibetragsobergrenze zu begreifen und deshalb vom Taschengeld aus dem BFD ein Betrag von monatlich insgesamt 175 Euro bzw 200 Euro abzusetzen. Das Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit (53,08 Euro) sei um den Grundbetrag zu bereinigen und bleibe anrechnungsfrei. Deshalb sei von dem Taschengeld noch der Differenzbetrag zwischen dem freigestellten Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit und der Freibetragsobergrenze von 175 Euro bzw 200 Euro in Abzug zu bringen.

7

Der Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Bei der Leistungsberechnung sei von dem Einkommen des Klägers aus selbstständiger Tätigkeit eine Absetzung vorgenommen worden. Anrechenbares Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit gebe es nicht. Das aus dem Freiwilligendienst erzielte Taschengeld sei nach § 1 Abs 7 S 4 Alg II-V nicht weiter zu bereinigen. Dies entspreche dem Wortlaut der Regelung, die der Verordnungsgeber in seinen Folgen im Hinblick auf § 11b SGB II sehr wohl bedacht habe. Eine einschränkende Auslegung der Vorschrift sei nicht angezeigt.

8

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 23. September 2015 und das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 26. November 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Die Revision des Beklagten sei unzulässig, da die Begründung nicht den "engen Vorgaben" an eine Revisionsbegründung genüge. Im Übrigen sei sie auch unbegründet, weil die Anwendung des § 1 Abs 7 S 4 Alg II-V zu einer verfassungsrechtlichen Ungleichbehandlung führe.

Entscheidungsgründe

11

1. Die Revision des Beklagten ist zulässig. Gemäß § 164 Abs 2 S 1 SGG ist die Revision fristgerecht zu begründen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechtsnorm bezeichnen (§ 164 Abs 2 S 3 SGG). Diese Anforderungen sind dahingehend präzisiert worden, dass das Revisionsvorbringen eine Prüfung und Durcharbeitung des Prozessstoffs durch den Prozessbevollmächtigten erkennen lassen muss. Die Begründung darf nicht nur die eigene Meinung des Revisionsführers wiedergeben, sondern muss sich zumindest kurz mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils des LSG auseinandersetzen (vgl nur BSG vom 18.6.2002 - B 2 U 34/01 R - SozR 3-1500 § 164 Nr 12 S 22; BSG vom 16.10.2007 - B 8/9b SO 16/06 R - SozR 4-1500 § 164 Nr 3 RdNr 9 f; vgl auch BVerfG vom 7.7.1980 - 2 BvR 310/80 - SozR 1500 § 164 Nr 17 S 29).

12

Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung des Beklagten - entgegen der Auffassung des Klägers - gerecht. Der Beklagte hat sich mit der Rechtsauffassung des LSG auseinandergesetzt. Er gibt insbesondere den Maßstab wieder, von dem ausgehend das LSG die Berechnung der Leistung - auch hinsichtlich von Freibeträgen - vorgenommen hat. Obwohl er auch ausführlich seine eigene Auffassung darlegt, widerspricht er der Auslegung und Anwendung des § 11b SGB II sowie des § 1 Abs 7 S 1 und 4 Alg II-V durch das LSG.

13

2. Die Revision des Beklagten ist teilweise begründet. Die Urteile des LSG und des SG sind abzuändern, denn der Kläger hat für die Zeiten vom 1.11. bis 31.12.2012 und vom 1.2. bis 30.4.2013 nur Anspruch auf Zahlung weiterer 450 Euro als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II anstatt der vom LSG zugesprochenen 600 Euro.

14

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 8.8.2013, mit dem der Beklagte die früheren Leistungsbewilligungen in Bezug genommen und die Leistungshöhe für den streitigen Zeitraum endgültig festgesetzt hat. Damit haben sich die Bescheide vom 5.11.2012, 24.11.2012 und 10.1.2013 erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X; vgl auch BSG vom 10.5.2011 - B 4 AS 139/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 38 RdNr 13). Die vorläufigen Festsetzungen der Leistungshöhe in den Bescheiden vom 5.11.2012 und 24.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.1.2013 sind deshalb nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens. Dabei kann der Senat offenlassen, ob der Bescheid vom 8.8.2013 den Änderungsbescheid vom 10.1.2013 noch abändern konnte. Daran bestehen Zweifel, weil dieser Bescheid keinen Hinweis auf die Vorläufigkeit der getroffenen Regelungen enthielt. Jedenfalls ist aber die mit Bescheid vom 8.8.2013 nach neuer Sachprüfung getroffene Zweitentscheidung wie eine Ersetzung iS des § 96 Abs 1 SGG zu behandeln(vgl BSG vom 16.6.2015 - B 4 AS 37/14 R - SozR 4-4200 § 27 Nr 2 RdNr 13 mwN). Mit der Regelung ist der Beklagte auch nicht zu Lasten des Klägers von früheren endgültigen Bewilligungen abgewichen.

15

Der Kläger wird durch die Festsetzung der Leistungsbeträge in dem Bescheid vom 8.8.2013 insoweit in seinen Rechten verletzt, als er Anspruch auf Berücksichtigung eines (weiteren) Freibetrags von 75 Euro bzw 100 Euro pro Monat als Absetzbetrag von dem Taschengeld aus dem BFD hat. Im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten.

16

Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II. Er ist leistungsberechtigt, denn er ist 1979 geboren, erwerbsfähig und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Mangels ausreichenden Einkommens und Vermögens ist er im streitigen Zeitraum auch hilfebedürftig iS des § 9 Abs 1 SGB II gewesen. Ein Ausschlusstatbestand iS des § 7 Abs 1 S 2, Abs 4, 4a oder 5 SGB II liegt nicht vor. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind ihm in Höhe seiner Bedarfe nach § 19 Abs 1 und 2 SGB II zu erbringen, soweit sie nicht durch sein zu berücksichtigendes Einkommen gedeckt sind(§ 19 Abs 3 S 1 SGB II).

17

Der Gesamtbedarf des Klägers hat in den Monaten November und Dezember 2012 bei jeweils 594,22 Euro sowie in den Monaten Februar bis April 2013 bei jeweils 628,61 Euro gelegen. Er setzt sich zusammen aus dem Regelbedarf (§ 20 Abs 2 S 1 SGB II) in Höhe von 374 Euro monatlich für 2012 sowie von 382 Euro monatlich ab Januar 2013. Daneben besteht ein Bedarf an Kosten für Unterkunft und Heizung, der bis 31.12.2012 monatlich 220,22 Euro und ab 1.1.2013 monatlich 246,61 Euro betragen hat (§ 22 Abs 1 S 1 SGB II).

18

Der Gesamtbedarf des Klägers ist teilweise durch dessen Einnahmen gedeckt. Zunächst ist ihm im Oktober 2012 eine Steuerrückerstattung von 669,40 Euro zugeflossen, die als einmalige Einnahme ab dem Folgemonat des Zuflusses, also ab November 2012, für sechs Monate in Höhe von jeweils 111,57 Euro monatlich anzurechnen ist (§ 11 Abs 3 S 2 und 3 SGB II).

19

Daneben sind weitere Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen zu berücksichtigen(§ 11 Abs 1 S 1 SGB II).

20

a) Das vom Kläger erzielte Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit ist nicht anzurechnen, da es unter dem Grundfreibetrag von 100 Euro monatlich liegt.

21

Bei der Ermittlung des Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit ist von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind alle aus selbstständiger Arbeit erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs 1 S 4 SGB II)tatsächlich zufließen (§ 3 Abs 1 S 1 und 2 Alg II-V). Zur Berechnung des Einkommens sind von den Betriebseinnahmen die im deckungsgleichen Zeitraum tatsächlich aufgewendeten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge abzuziehen(§ 3 Abs 2 Alg II-V). Von den Einnahmen aus (selbstständiger) Erwerbstätigkeit ist mindestens der Grundfreibetrag von 100 Euro monatlich abzusetzen (§ 11b Abs 2 S 1 SGB II).

22

Auf den Fall des Klägers angewendet bedeutet dies, dass er im Bewilligungszeitraum von sechs Monaten Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 420 Euro erzielte, denen Ausgaben von 101,52 Euro gegenüberstanden (53,08 Euro monatlich). Dieses Einkommen ist aber nicht zur Bedarfsdeckung einzusetzen, weil es den Grundfreibetrag von 100 Euro monatlich nicht erreicht.

23

b) Das Taschengeld des Klägers aus dem BFD ist als Einkommen zu berücksichtigen, denn es handelt es sich um eine Einnahme in Geld oder Geldeswert. Das Taschengeld bleibt nicht nach Maßgabe von § 11a Abs 1, 2, 4 oder 5 SGB II unberücksichtigt. Ebenso wenig ist es eine nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu erbringende Leistung, die einem bestimmten Verwendungszweck dient (§ 11a Abs 3 SGB II). Schon die Bezeichnung als "Taschengeld" des Dienstleistenden spricht für eine offene Zweckverwendung. Ein besonderer Verwendungszweck für diese Einkommensart lässt sich weder dem BFDG noch einer anderen gesetzlichen Regelung entnehmen (Söhngen in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 11a RdNr 33 f, RdNr 41; so auch die Vorinstanz; vgl auch SG Osnabrück vom 1.6.2016 - S 22 AS 284/13).

24

Auch der Verordnungsgeber geht in § 1 Abs 7 Alg II-V davon aus, dass es sich bei dem Taschengeld nach dem BFDG um anrechenbares Einkommen handelt(vgl jetzt auch Art 1 Nr 8 Buchst a) Doppelbuchst bb) des Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - BT-Drucks 18/8041, S 32 "weiterhin anzurechnen"; zur Verletztenrente: BVerfG 16.3.2011 - 1 BvR 591/08, 1 BvR 593/08 - NZS 2011, 895).

25

c) Von den Einnahmen in Höhe von 225 Euro monatlich ist im Jahr 2012 ein (weiterer) Freibetrag von 75 Euro monatlich sowie im Jahr 2013 ein solcher von 100 Euro monatlich abzusetzen.

26

Absetzungen von Freibeträgen für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit sind allerdings ausgeschlossen, denn es handelt sich bei dem BFD nicht um eine Erwerbstätigkeit. Nach seiner Zweckrichtung ist der BFD einem Ehrenamt jedenfalls ähnlich. Es handelt sich um eine freiwillige Betätigung von Personen für das Allgemeinwohl, insbesondere im sozialen, ökologischen und kulturellen Bereich, sowie in den Bereichen des Sports, der Integration und des Zivil- und Katastrophenschutzes (§ 1 BFDG). Dagegen handelt es sich nicht um eine Beschäftigung (§ 7 Abs 1 SGB IV), insbesondere auch nicht in einem Arbeitsverhältnis (so zutreffend auch die Vorinstanz).

27

Gemäß § 1 Abs 7 S 1 Alg II-V(für 2012 anzuwenden in der ab 1.1.2012 geltenden Fassung der Sechsten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 19.12.2011, BGBl I 2833; ab 1.1.2013 anzuwenden in der Fassung des Art 10 des Ehrenamtsstärkungsgesetzes vom 21.3.2013, BGBl I 556) sind deshalb bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die an einem BFD teilnehmen, anstelle der für beschäftigte Leistungsberechtigte geltenden Beträge (§ 11b Abs 1 S 1 Nr 3 bis 5 SGB II)vom Taschengeld des BFD (§ 2 Nr 4 BFDG) ein spezifischer Freibetrag in Höhe von 175 Euro monatlich für 2012 und von 200 Euro monatlich für 2013 abzusetzen. Übersteigt die Summe der Beträge, die der Dienstleistende gemäß § 11b Abs 1 S 1 Nr 3 bis 5 SGB II von anderen Einnahmen in Abzug bringen kann, den Betrag von 115 Euro monatlich (für November, Dezember 2012) oder von 140 Euro monatlich (ab Januar 2013), gilt S 1 der Vorschrift nicht. In diesen Fällen bleiben vom Taschengeld (nur) zusätzlich 60 Euro monatlich unberücksichtigt (§ 1 Abs 7 S 2 bis 3 Alg II-V). Die S 1 bis 3 gelten allerdings nicht für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die erwerbstätig sind oder aus einer Tätigkeit Bezüge oder Einnahmen erhalten, die nach § 3 Nr 12, 26, 26a oder 26b EStG steuerfrei sind(§ 1 Abs 7 S 4 Alg II-V in der ab 1.1.2012 geltenden Fassung der Sechsten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 19.12.2011; BGBl I 2833).

28

Die Voraussetzungen des § 1 Abs 7 S 4 Alt 2 Alg II-V liegen nicht vor, denn der Kläger hatte im streitigen Zeitraum keine nach Maßgabe des § 3 Nr 12, 26, 26a oder 26b EStG steuerfreien Einnahmen. Zwar ist das Taschengeld aus dem BFD ebenfalls steuerfrei, die Steuerfreiheit beruht aber nicht auf einer der ausdrücklich genannten Bestimmungen, sondern auf § 3 Nr 5 Buchst f EStG.

29

Demgegenüber liegt ein Fall des § 1 Abs 7 S 4 Alt 1 Alg II-V vor, denn der erwerbsfähige und leistungsberechtigte Kläger hat eine (selbstständige) Erwerbstätigkeit ausgeübt. Nach der Rechtsfolgenanordnung des § 1 Abs 7 S 4 Alg II-V würden für ihn als erwerbstätigen Leistungsberechtigten deshalb die Regelungen der S 1 bis 3 nicht gelten. Anders ausgedrückt würde die Regelung für erwerbstätige Leistungsberechtigte bedeuten, dass die in den S 1 bis 3 genannten spezifischen Absetzungen vom Taschengeld gerade nicht vorzunehmen sind. Dies hätte zur Folge, dass das Taschengeld voll als Einkommen zu berücksichtigen wäre.

30

Obwohl eine solche Auslegung nach dem Wortlaut der Vorschrift denkbar erscheint, ist bei Auslegung der Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck sowie aufgrund systematischer Erwägungen eine teleologische Reduktion des § 1 Abs 7 S 4 Alg II-V geboten.

31

§ 1 Abs 7 S 4 Alg II-V ist eine Harmonisierungsregelung, mit der bezweckt wird, sicherzustellen, dass beim Zusammentreffen von BFD und Erwerbstätigkeit "jeweils nur die Freibeträge nach § 11b Abs 2 und 3 SGB II" zur Anwendung kommen(vgl mit Hinweis auf die Begründung des Referentenentwurfs Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 13 RdNr 158 mwN, Stand Juni 2015). § 1 Abs 7 S 1 Alg II-V geht typisierend davon aus, dass dem Dienstleistenden während des Freiwilligendienstes im Wesentlichen das Taschengeld als Einkommen zur Verfügung steht. Die S 2 und 3 der Vorschrift betreffen demgegenüber die Fälle, in denen Leistungsberechtigte im BFD weiteres Einkommen haben und von diesen bereits Absetzungen (§ 11b Abs 2 und 3 SGB II) von mehr als 140 Euro vornehmen konnten. Liegen diese Voraussetzungen vor, sind auch Absetzungen vom Taschengeld vorzunehmen, die aber geringer ausfallen (60 Euro monatlich). S 4 schließlich regelt die Fallgruppe, dass der Freiwilligendienst mit einer (selbstständigen) Erwerbstätigkeit zusammentrifft. In diesen Fällen sollen die S 1 bis 3 nicht gelten, sondern es soll bei der Anwendung der §§ 11a und 11b SGB II iVm § 3 Alg II-V bleiben.

32

Die Regelung des S 4 verfolgt den Zweck, dass erwerbstätige Leistungsberechtigte nicht die Freibeträge nach §§ 11a und 11b SGB II mit den spezifischen Absetzungen von Taschengeld aus dem BFD nach § 1 Abs 7 S 1 bis 3 Alg II-V kumulieren können. Der Verordnungsgeber hat dabei typisierend angenommen, es sei für erwerbstätige Leistungsberechtigte vorteilhaft, die Freibeträge nach § 11b Abs 2 und 3 SGB II zu nutzen. Mit dieser Typisierung hat er allerdings solche Fallgestaltungen nicht bedacht, in denen erwerbstätige Leistungsberechtigte ein so geringes Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, dass sie nicht einmal den Grundfreibetrag ausschöpfen können. Liegen diese Voraussetzungen - wie hier - vor, hätte die Regelung zur Folge, dass erwerbstätige Leistungsberechtigte mit geringen Einkünften weniger vom Einkommen absetzen können als diejenigen Leistungsberechtigte, die (nur) Freiwilligendienst leisten und daneben nicht erwerbstätig sind.

33

Um die erwerbstätigen Leistungsberechtigten nicht gleichheitswidrig zu benachteiligen, ist es deshalb geboten, die Regelungen der S 1 und 4 des § 1 Abs 7 Alg II-V so in Konkordanz zu bringen, dass diese beim Zusammentreffen eines geringen Einkommens aus Erwerbstätigkeit (bis zu 100 Euro) ergänzend zu dem Grundfreibetrag von 100 Euro, einen (weiteren) Freibetrag auf das Taschengeld des BFD erhalten, sodass sie insgesamt Freibeträge von bis zu 175 Euro bzw 200 Euro nutzen können(§ 1 Abs 7 S 1 Alg II-V).

34

Die gefundene Auslegung berücksichtigt durch den Verbrauch des Grundfreibetrags in Fällen mit geringem Einkommen aus Erwerbstätigkeit weiter, dass die Freibeträge nach den S 1 bis 3 des § 1 Abs 7 Alg II-V nicht mit denen nach § 11b Abs 2 und 3 SGB II kumuliert werden dürfen. Deshalb ist es sachgerecht, in Fällen, in denen ein geringes Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit erzielt wird, von den Freibeträgen des S 1 (175 Euro bzw 200 Euro) den schon bei der Ermittlung des zu berücksichtigenden Erwerbseinkommens in Abzug gebrachten Grundfreibetrag abzuziehen, sodass (nur) weitere 75 Euro bzw 100 Euro monatlich als Freibetrag vom Taschengeld verbleiben (vgl jetzt auch Art 1 Nr 10 Buchst b) Doppelbuchst dd) des Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - BT-Drucks 18/8041, S 8, 36).

35

Dies entspricht auch der Wertung in der Entscheidung des 14. Senats des BSG (vom 28.10.2014 - B 14 AS 61/13 R - SozR 4-4200 § 11b Nr 6 RdNr 15 f), der entschieden hat, dass § 11b Abs 2 S 3 SGB II idF bis 31.12.2012 einen Mindestfreibetrag im Sinne einer Obergrenze für den Fall bestimmt, dass Einkommen aus Erwerbstätigkeit und aus privilegierter ehrenamtlicher Tätigkeit zusammentrifft. Eine Kumulation beider Freibeträge ist dort ebenfalls abgelehnt worden.

36

Die Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 1 Abs 7 S 4 Alg II-V führt zu einer Angleichung der Freibetragsgrenzen der Personen, die nur Freiwilligendienst leisten, mit denjenigen, die neben dem Freiwilligendienst noch geringe Einkünfte aus Erwerbstätigkeit haben. Sie entspricht damit der Intention des § 2 Abs 3, § 11b Abs 2 und 3 SGB II, denn danach sollen die Leistungsberechtigten sich bietende Arbeitsgelegenheiten nutzen. Wenn sie diese nutzen, sollen sie leistungsrechtlich nicht schlechter stehen als ohne die entsprechende Betätigung. Auf diese Weise wird ein Anreiz zur Teilnahme am BFD durch Leistungsempfänger gesetzt, die gesellschaftlich gewünscht ist. Zugleich sollen damit einhergehende, mögliche Verbesserungen der Eingliederungschancen auf dem Arbeitsmarkt anerkannt werden.

37

Allerdings kann aufgrund der Vorgaben des Gesetz- und Verordnungsgebers eine vollständige Angleichung nicht erreicht werden. Denn in Konstellationen wie der vorliegenden kann der Anteil des Grundfreibetrags, der durch Einnahmen aus Erwerbstätigkeit nicht verbraucht wird (hier zB die Differenz zwischen 53,08 Euro und 100 Euro), nicht auf andere Einkommensarten übertragen werden. Entsprechendes hat der Senat bereits für das Zusammentreffen von Erwerbseinkommen und Kindergeld entschieden (BSG vom 5.6.2014 - B 4 AS 49/13 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 66 = NZS 2014, 791). Ist der Grundfreibetrag bei der Berechnung des Erwerbseinkommens in Abzug gebracht, aber nicht voll ausgeschöpft worden, ist eine Verteilung des verbleibenden Rests der Pauschale auf eine andere Einkommensart (dort: Kindergeld) nicht zulässig (BSG, aaO, RdNr 22 f). Dieser Grundsatz steht auch einer Übertragung eines restlichen Grundfreibetrags auf das Taschengeld nach dem BFDG, das kein Erwerbseinkommen ist, entgegen.

38

d) Der Kläger hat in dem streitbefangenen Zeitraum Anspruch auf Zahlung weiterer 450 Euro als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

39

Von dem zu berücksichtigenden Taschengeld in Höhe von 225 Euro pro Monat sind bei einer Freibetragsgrenze von 175 Euro im Jahr 2012 weitere 75 Euro für zwei Monate von der Anrechnung als Einkommen freizustellen; der weitergehende Freibetrag des § 1 Abs 7 S 1 Alg II-V ist durch die Berücksichtigung des Grundfreibetrags verbraucht. Für die streitigen drei Monate des Jahrs 2013 sind von den 225 Euro Taschengeld monatlich weitere 100 Euro von der Anrechnung freizustellen. Auch hier ist der Absetzbetrag von 200 Euro monatlich ist in Höhe von 100 Euro monatlich durch den Grundfreibetrag verbraucht, sodass ergänzend nur noch weitere 100 Euro abzusetzen sind. Im Ergebnis hat der Kläger Anspruch auf Zahlung von weiteren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 450 Euro.

40

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 183 SGG.

(1) Die Arbeitsförderung soll dem Entstehen von Arbeitslosigkeit entgegenwirken, die Dauer der Arbeitslosigkeit verkürzen und den Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt unterstützen. Dabei ist insbesondere durch die Verbesserung der individuellen Beschäftigungsfähigkeit Langzeitarbeitslosigkeit zu vermeiden. Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist als durchgängiges Prinzip der Arbeitsförderung zu verfolgen. Die Arbeitsförderung soll dazu beitragen, dass ein hoher Beschäftigungsstand erreicht und die Beschäftigungsstruktur ständig verbessert wird. Sie ist so auszurichten, dass sie der beschäftigungspolitischen Zielsetzung der Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung entspricht.

(2) Die Leistungen der Arbeitsförderung sollen insbesondere

1.
die Transparenz auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt erhöhen, die berufliche und regionale Mobilität unterstützen und die zügige Besetzung offener Stellen ermöglichen,
2.
die individuelle Beschäftigungsfähigkeit durch Erhalt und Ausbau von Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten fördern,
3.
unterwertiger Beschäftigung entgegenwirken und
4.
die berufliche Situation von Frauen verbessern, indem sie auf die Beseitigung bestehender Nachteile sowie auf die Überwindung eines geschlechtsspezifisch geprägten Ausbildungs- und Arbeitsmarktes hinwirken und Frauen mindestens entsprechend ihrem Anteil an den Arbeitslosen und ihrer relativen Betroffenheit von Arbeitslosigkeit gefördert werden.

(3) Die Bundesregierung soll mit der Bundesagentur zur Durchführung der Arbeitsförderung Rahmenziele vereinbaren. Diese dienen der Umsetzung der Grundsätze dieses Buches. Die Rahmenziele werden spätestens zu Beginn einer Legislaturperiode überprüft.

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch

1.
Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowie Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen,
2.
(weggefallen)
3.
Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung,
4.
Heranführung an eine selbständige Tätigkeit oder
5.
Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme
unterstützen (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung). Für die Aktivierung von Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen, insbesondere auf Grund der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit, besonders erschwert ist, sollen Maßnahmen gefördert werden, die nach inhaltlicher Ausgestaltung und Dauer den erhöhten Stabilisierungs- und Unterstützungsbedarf der Arbeitslosen berücksichtigen. Versicherungspflichtige Beschäftigungen mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind den versicherungspflichtigen Beschäftigungen nach Satz 1 Nummer 3 gleichgestellt. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten für die Teilnahme, soweit dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Die Förderung kann auf die Weiterleistung von Arbeitslosengeld beschränkt werden.

(2) Die Dauer der Einzel- oder Gruppenmaßnahmen muss deren Zweck und Inhalt entsprechen. Soweit Maßnahmen oder Teile von Maßnahmen nach Absatz 1 bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, dürfen diese jeweils die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Die Vermittlung von beruflichen Kenntnissen in Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung darf die Dauer von acht Wochen nicht überschreiten. Maßnahmen des Dritten Abschnitts sind ausgeschlossen.

(3) Die Agentur für Arbeit kann unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 beauftragen.

(4) Die Agentur für Arbeit kann der oder dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung nach Absatz 1 bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt festlegen (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional beschränkt werden. Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein berechtigt zur Auswahl

1.
eines Trägers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende und nach § 179 zugelassene Maßnahme anbietet,
2.
eines Trägers, der eine ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet, oder
3.
eines Arbeitgebers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende betriebliche Maßnahme von einer Dauer bis zu sechs Wochen anbietet.
Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 1 und der ausgewählte Arbeitgeber nach Satz 3 Nummer 3 haben der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vor Beginn der Maßnahme vorzulegen. Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 2 hat der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen.

(5) Die Agentur für Arbeit soll die Entscheidung über die Ausgabe eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach Absatz 4 von der Eignung und den persönlichen Verhältnissen der Förderberechtigten oder der örtlichen Verfügbarkeit von Arbeitsmarktdienstleistungen abhängig machen.

(6) Die Vergütung richtet sich nach Art und Umfang der Maßnahme und kann aufwands- oder erfolgsbezogen gestaltet sein; eine Pauschalierung ist zulässig. § 83 Absatz 2 gilt entsprechend. Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen Träger nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2 beträgt die Vergütung 2 500 Euro. Bei Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderungen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches kann die Vergütung auf eine Höhe von bis zu 3 000 Euro festgelegt werden. Die Vergütung nach den Sätzen 3 und 4 wird in Höhe von 1 250 Euro nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung ist ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis

1.
von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist oder
2.
bei einem früheren Arbeitgeber begründet wird, bei dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor Aufnahme der Beschäftigung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt.

(7) Arbeitslose, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, dessen Dauer nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht, und nach einer Arbeitslosigkeit von sechs Wochen innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, haben Anspruch auf einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2. In die Frist werden Zeiten nicht eingerechnet, in denen die oder der Arbeitslose an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sowie an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat.

(8) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 3 Nummer 3 darf bei Langzeitarbeitslosen oder Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen besonders erschwert ist, die Teilnahme an Maßnahmen oder Teilen von Maßnahmen, die bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, jeweils die Dauer von zwölf Wochen nicht überschreiten.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

(1) Die Agenturen für Arbeit erbringen insbesondere Dienstleistungen für Arbeitgeber, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, indem sie

1.
Arbeitgeber regelmäßig über Ausbildungs- und Arbeitsmarktentwicklungen, Ausbildungsuchende, Fachkräfteangebot und berufliche Bildungsmaßnahmen informieren sowie auf den Betrieb zugeschnittene Arbeitsmarktberatung und Vermittlung anbieten und
2.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Vorbereitung der Berufswahl und zur Erschließung ihrer beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten beraten, Vermittlungsangebote zur Ausbildungs- oder Arbeitsaufnahme entsprechend ihren Fähigkeiten unterbreiten sowie sonstige Leistungen der Arbeitsförderung erbringen.

(2) Die Arbeitgeber haben bei ihren Entscheidungen verantwortungsvoll deren Auswirkungen auf die Beschäftigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und von Arbeitslosen und damit die Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitsförderung einzubeziehen. Sie sollen dabei insbesondere

1.
im Rahmen ihrer Mitverantwortung für die Entwicklung der beruflichen Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Anpassung an sich ändernde Anforderungen sorgen,
2.
vorrangig durch betriebliche Maßnahmen die Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitsförderung sowie Entlassungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vermeiden,
3.
Arbeitnehmer vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses frühzeitig über die Notwendigkeit eigener Aktivitäten bei der Suche nach einer anderen Beschäftigung sowie über die Verpflichtung zur Meldung nach § 38 Abs. 1 bei der Agentur für Arbeit informieren, sie hierzu freistellen und die Teilnahme an erforderlichen Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung ermöglichen.

(3) Die Arbeitgeber sollen die Agenturen für Arbeit frühzeitig über betriebliche Veränderungen, die Auswirkungen auf die Beschäftigung haben können, unterrichten. Dazu gehören insbesondere Mitteilungen über

1.
zu besetzende Ausbildungs- und Arbeitsstellen,
2.
geplante Betriebserweiterungen und den damit verbundenen Arbeitskräftebedarf,
3.
die Qualifikationsanforderungen an die einzustellenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
4.
geplante Betriebseinschränkungen oder Betriebsverlagerungen sowie die damit verbundenen Auswirkungen und
5.
Planungen, wie Entlassungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vermieden oder Übergänge in andere Beschäftigungsverhältnisse organisiert werden können.

(4) Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben bei ihren Entscheidungen verantwortungsvoll deren Auswirkungen auf ihre beruflichen Möglichkeiten einzubeziehen. Sie sollen insbesondere ihre berufliche Leistungsfähigkeit den sich ändernden Anforderungen anpassen.

(5) Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben zur Vermeidung oder zur Beendigung von Arbeitslosigkeit insbesondere

1.
ein zumutbares Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen,
2.
eigenverantwortlich nach Beschäftigung zu suchen, bei bestehendem Beschäftigungsverhältnis frühzeitig vor dessen Beendigung,
3.
eine zumutbare Beschäftigung aufzunehmen und
4.
an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen.

(1) Die Agentur für Arbeit hat Ausbildungsuchenden, Arbeitsuchenden und Arbeitgebern Ausbildungsvermittlung und Arbeitsvermittlung (Vermittlung) anzubieten. Die Vermittlung umfasst alle Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, Ausbildungsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Ausbildungsverhältnisses und Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zusammenzuführen. Die Agentur für Arbeit stellt sicher, dass Ausbildungsuchende und Arbeitslose, deren berufliche Eingliederung voraussichtlich erschwert sein wird, eine verstärkte vermittlerische Unterstützung erhalten.

(2) Die Agentur für Arbeit hat durch Vermittlung darauf hinzuwirken, dass Ausbildungsuchende eine Ausbildungsstelle, Arbeitsuchende eine Arbeitsstelle und Arbeitgeber geeignete Auszubildende sowie geeignete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten. Sie hat dabei die Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit der Ausbildungsuchenden und Arbeitsuchenden sowie die Anforderungen der angebotenen Stellen zu berücksichtigen.

(3) Die Agentur für Arbeit hat Vermittlung auch über die Selbstinformationseinrichtungen nach § 40 Absatz 2 im Internet durchzuführen. Soweit es für diesen Zweck erforderlich ist, darf sie die Daten aus den Selbstinformationseinrichtungen nutzen und übermitteln.

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch

1.
Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowie Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen,
2.
(weggefallen)
3.
Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung,
4.
Heranführung an eine selbständige Tätigkeit oder
5.
Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme
unterstützen (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung). Für die Aktivierung von Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen, insbesondere auf Grund der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit, besonders erschwert ist, sollen Maßnahmen gefördert werden, die nach inhaltlicher Ausgestaltung und Dauer den erhöhten Stabilisierungs- und Unterstützungsbedarf der Arbeitslosen berücksichtigen. Versicherungspflichtige Beschäftigungen mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind den versicherungspflichtigen Beschäftigungen nach Satz 1 Nummer 3 gleichgestellt. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten für die Teilnahme, soweit dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Die Förderung kann auf die Weiterleistung von Arbeitslosengeld beschränkt werden.

(2) Die Dauer der Einzel- oder Gruppenmaßnahmen muss deren Zweck und Inhalt entsprechen. Soweit Maßnahmen oder Teile von Maßnahmen nach Absatz 1 bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, dürfen diese jeweils die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Die Vermittlung von beruflichen Kenntnissen in Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung darf die Dauer von acht Wochen nicht überschreiten. Maßnahmen des Dritten Abschnitts sind ausgeschlossen.

(3) Die Agentur für Arbeit kann unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 beauftragen.

(4) Die Agentur für Arbeit kann der oder dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung nach Absatz 1 bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt festlegen (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional beschränkt werden. Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein berechtigt zur Auswahl

1.
eines Trägers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende und nach § 179 zugelassene Maßnahme anbietet,
2.
eines Trägers, der eine ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet, oder
3.
eines Arbeitgebers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende betriebliche Maßnahme von einer Dauer bis zu sechs Wochen anbietet.
Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 1 und der ausgewählte Arbeitgeber nach Satz 3 Nummer 3 haben der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vor Beginn der Maßnahme vorzulegen. Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 2 hat der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen.

(5) Die Agentur für Arbeit soll die Entscheidung über die Ausgabe eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach Absatz 4 von der Eignung und den persönlichen Verhältnissen der Förderberechtigten oder der örtlichen Verfügbarkeit von Arbeitsmarktdienstleistungen abhängig machen.

(6) Die Vergütung richtet sich nach Art und Umfang der Maßnahme und kann aufwands- oder erfolgsbezogen gestaltet sein; eine Pauschalierung ist zulässig. § 83 Absatz 2 gilt entsprechend. Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen Träger nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2 beträgt die Vergütung 2 500 Euro. Bei Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderungen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches kann die Vergütung auf eine Höhe von bis zu 3 000 Euro festgelegt werden. Die Vergütung nach den Sätzen 3 und 4 wird in Höhe von 1 250 Euro nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung ist ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis

1.
von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist oder
2.
bei einem früheren Arbeitgeber begründet wird, bei dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor Aufnahme der Beschäftigung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt.

(7) Arbeitslose, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, dessen Dauer nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht, und nach einer Arbeitslosigkeit von sechs Wochen innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, haben Anspruch auf einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2. In die Frist werden Zeiten nicht eingerechnet, in denen die oder der Arbeitslose an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sowie an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat.

(8) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 3 Nummer 3 darf bei Langzeitarbeitslosen oder Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen besonders erschwert ist, die Teilnahme an Maßnahmen oder Teilen von Maßnahmen, die bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, jeweils die Dauer von zwölf Wochen nicht überschreiten.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

Im Bundesfreiwilligendienst engagieren sich Frauen und Männer für das Allgemeinwohl, insbesondere im sozialen, ökologischen und kulturellen Bereich sowie im Bereich des Sports, der Integration und des Zivil- und Katastrophenschutzes. Der Bundesfreiwilligendienst fördert das lebenslange Lernen.

(1) Der Bundesfreiwilligendienst wird pädagogisch begleitet mit dem Ziel, soziale, ökologische, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln und das Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl zu stärken.

(2) Die Freiwilligen erhalten von den Einsatzstellen fachliche Anleitung.

(3) Während des Bundesfreiwilligendienstes finden Seminare statt, für die Teilnahmepflicht besteht. Die Seminarzeit gilt als Dienstzeit. Die Gesamtdauer der Seminare beträgt bei einer zwölfmonatigen Teilnahme am Bundesfreiwilligendienst mindestens 25 Tage; Freiwillige, die das 27. Lebensjahr vollendet haben, nehmen in angemessenem Umfang an den Seminaren teil. Wird ein Dienst über den Zeitraum von zwölf Monaten hinaus vereinbart oder verlängert, erhöht sich die Zahl der Seminartage für jeden weiteren Monat um mindestens einen Tag. Bei einem kürzeren Dienst als zwölf Monate verringert sich die Zahl der Seminartage für jeden Monat um zwei Tage. Die Freiwilligen wirken an der inhaltlichen Gestaltung und der Durchführung der Seminare mit.

(4) Die Freiwilligen nehmen im Rahmen der Seminare nach Absatz 3 an einem fünftägigen Seminar zur politischen Bildung teil. In diesem Seminar darf die Behandlung politischer Fragen nicht auf die Darlegung einer einseitigen Meinung beschränkt werden. Das Gesamtbild des Unterrichts ist so zu gestalten, dass die Dienstleistenden nicht zugunsten oder zuungunsten einer bestimmten politischen Richtung beeinflusst werden.

(5) Die Seminare, insbesondere das Seminar zur politischen Bildung, können gemeinsam für Freiwillige und Personen, die Jugendfreiwilligendienste oder freiwilligen Wehrdienst leisten, durchgeführt werden.

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch

1.
Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowie Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen,
2.
(weggefallen)
3.
Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung,
4.
Heranführung an eine selbständige Tätigkeit oder
5.
Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme
unterstützen (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung). Für die Aktivierung von Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen, insbesondere auf Grund der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit, besonders erschwert ist, sollen Maßnahmen gefördert werden, die nach inhaltlicher Ausgestaltung und Dauer den erhöhten Stabilisierungs- und Unterstützungsbedarf der Arbeitslosen berücksichtigen. Versicherungspflichtige Beschäftigungen mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind den versicherungspflichtigen Beschäftigungen nach Satz 1 Nummer 3 gleichgestellt. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten für die Teilnahme, soweit dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Die Förderung kann auf die Weiterleistung von Arbeitslosengeld beschränkt werden.

(2) Die Dauer der Einzel- oder Gruppenmaßnahmen muss deren Zweck und Inhalt entsprechen. Soweit Maßnahmen oder Teile von Maßnahmen nach Absatz 1 bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, dürfen diese jeweils die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Die Vermittlung von beruflichen Kenntnissen in Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung darf die Dauer von acht Wochen nicht überschreiten. Maßnahmen des Dritten Abschnitts sind ausgeschlossen.

(3) Die Agentur für Arbeit kann unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 beauftragen.

(4) Die Agentur für Arbeit kann der oder dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung nach Absatz 1 bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt festlegen (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional beschränkt werden. Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein berechtigt zur Auswahl

1.
eines Trägers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende und nach § 179 zugelassene Maßnahme anbietet,
2.
eines Trägers, der eine ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet, oder
3.
eines Arbeitgebers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende betriebliche Maßnahme von einer Dauer bis zu sechs Wochen anbietet.
Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 1 und der ausgewählte Arbeitgeber nach Satz 3 Nummer 3 haben der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vor Beginn der Maßnahme vorzulegen. Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 2 hat der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen.

(5) Die Agentur für Arbeit soll die Entscheidung über die Ausgabe eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach Absatz 4 von der Eignung und den persönlichen Verhältnissen der Förderberechtigten oder der örtlichen Verfügbarkeit von Arbeitsmarktdienstleistungen abhängig machen.

(6) Die Vergütung richtet sich nach Art und Umfang der Maßnahme und kann aufwands- oder erfolgsbezogen gestaltet sein; eine Pauschalierung ist zulässig. § 83 Absatz 2 gilt entsprechend. Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen Träger nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2 beträgt die Vergütung 2 500 Euro. Bei Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderungen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches kann die Vergütung auf eine Höhe von bis zu 3 000 Euro festgelegt werden. Die Vergütung nach den Sätzen 3 und 4 wird in Höhe von 1 250 Euro nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung ist ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis

1.
von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist oder
2.
bei einem früheren Arbeitgeber begründet wird, bei dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor Aufnahme der Beschäftigung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt.

(7) Arbeitslose, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, dessen Dauer nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht, und nach einer Arbeitslosigkeit von sechs Wochen innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, haben Anspruch auf einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2. In die Frist werden Zeiten nicht eingerechnet, in denen die oder der Arbeitslose an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sowie an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat.

(8) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 3 Nummer 3 darf bei Langzeitarbeitslosen oder Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen besonders erschwert ist, die Teilnahme an Maßnahmen oder Teilen von Maßnahmen, die bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, jeweils die Dauer von zwölf Wochen nicht überschreiten.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.