Bundessozialgericht Beschluss, 31. Mai 2011 - B 13 R 103/11 B

bei uns veröffentlicht am31.05.2011

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. Januar 2011 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S., , zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Mit Urteil vom 25.1.2011 hat das LSG Berlin-Brandenburg nach dem Vortrag des Klägers einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung aus versicherungsrechtlichen Gründen verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim BSG Beschwerde eingelegt und zu deren Durchführung Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt S., , beantragt. Er beruft sich auf Verfahrensmängel.

3

II. Der PKH-Antrag ist abzulehnen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO). Denn die Nichtzulassungsbeschwerde erfüllt bereits nicht die insoweit geltenden formellen Voraussetzungen. Da dem Kläger PKH nicht zu gewähren ist, hat er auch keinen Anspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

4

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom 17.5.2011 genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden ist(§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

5

Wer die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels begehrt, muss in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die bundesrechtliche Verfahrensnorm, die das Berufungsgericht verletzt haben soll, hinreichend genau bezeichnen. Zudem müssen die tatsächlichen Umstände, welche den Verstoß begründen sollen, substantiiert dargetan und darüber hinaus muss dargestellt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl Senatsbeschluss vom 12.12.2003 - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4; BSG vom 19.11.2007 - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 4). Dabei ist zu beachten, dass gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG gestützt werden kann und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

6

Die Beschwerdebegründung des Klägers wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Er rügt einen Verstoß gegen § 103 SGG und § 62 SGG. Zwar führe das LSG im angefochtenen Urteil aus, dass es "umfangreich ermittelt" habe. Dies sei jedoch unzutreffend. Vielmehr seien "erhebliche Lücken in der Ermittlung" vorhanden. Er sei vom LSG nicht zu einem konkreten Vortrag "hinsichtlich der Wartezeit bzw Beitragszeiten" aufgefordert worden, obwohl er dort mehrmals angerufen habe, um möglichen Ermittlungen Vorschub zu leisten und ggf Beweisanträge stellen zu können. Sein zuvor tätiger Rechtsanwalt habe ihn auch nicht von dem Termin zur mündlichen Verhandlung benachrichtigt. Sein persönliches Erscheinen habe das LSG nicht angeordnet.

7

Dieses Vorbringen erfüllt die gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 Teils 3 SGG bei der Rüge einer Verletzung des § 103 SGG zu beachtenden besonderen Darlegungsanforderungen nicht. Insoweit muss nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Beschwerdebegründung (1) einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu Protokoll aufrechterhaltenen oder im Urteil wiedergegebenen Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, auf deren Grundlage bestimmte Tatfragen klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) die von dem Beweisantrag betroffenen tatsächlichen Umstände aufzeigen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) das voraussichtliche Ergebnis der unterbliebenen Beweisaufnahme angeben und (5) erläutern, weshalb die Entscheidung des LSG auf der unterlassenen Beweiserhebung beruhen kann (stRspr, vgl zB BSG vom 29.3.2007 - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11; BSG vom 19.11.2007 - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 5; BSG vom 14.4.2009 - SozR 4-1500 § 160 Nr 18 RdNr 8). Entsprechende Ausführungen des Klägers fehlen. Ein - wie hier - in der Vorinstanz anwaltlich vertretener Beteiligter kann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG nur gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift wiederholt hat oder dieser im Urteil des LSG erwähnt wird(stRspr, zB BSG vom 29.3.2007 aaO mwN). Der Sinn dieser Anforderungen ist, dass - ohne gesonderte Ermittlung - auch für das Rechtsmittelgericht klar ist, welche Anträge nach dem Ergebnis des Sach- und Streitstandes und der Auffassung eines Beteiligten beim Schluss der mündlichen Verhandlung vom Gericht noch zu behandeln (gewesen) sind (vgl BSG vom 24.5.1993 - SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; BSG vom 29.3.2007 aaO; Senatsbeschluss vom 25.9.2007 - B 13 R 377/07 B - Juris RdNr 6). Diesen Anforderungen wird der Beschwerdevortrag nicht gerecht. Der Kläger hat weder behauptet, einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 25.1.2011 durch seinen damaligen Prozessbevollmächtigten aufrechterhalten zu haben, noch hat er dargelegt, dass ein solcher im angefochtenen Urteil Erwähnung gefunden hätte.

8

Die Rüge des Klägers ist auch nicht geeignet, eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) ordnungsgemäß zu bezeichnen. Zum einen können die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Sachaufklärungsrüge nicht dadurch umgangen werden, dass der Vorhalt unzureichender Sachaufklärung in der Gestalt einer Gehörsrüge präsentiert wird (BSG vom 28.9.2010 - B 5 R 202/10 B - BeckRS 2010, 74248 RdNr 11 mwN). Zum anderen sind im Rahmen einer Gehörsrüge Darlegungen erforderlich, dass der Beschwerdeführer alles getan hat, um sich mit seiner Forderung nach weiterer Sachaufklärung in der Tatsacheninstanz Gehör zu verschaffen (vgl zB BSG vom 19.3.1991 - BSGE 68, 205, 210 = SozR 3-2200 § 667 Nr 1 S 6; s auch BVerfGE 74, 220, 225 sowie BVerfG vom 18.8.2010 - 1 BvR 3268/07 - Juris RdNr 28 ff). Mithin muss er bei einer auf unterlassene Sachaufklärung gestützten Gehörsrüge ebenfalls aufzeigen, dass er bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag zu Protokoll aufrechterhalten hat bzw dass ein solcher im Urteil des LSG wiedergegeben ist (Senatsbeschluss vom 8.7.2010 - B 13 R 475/09 B - BeckRS 2010, 71417 RdNr 17 mwN). Daran fehlt es hier. Im Übrigen verlangt § 62 SGG nicht, dass der Beteiligte selbst gehört wird, wenn er sich durch seinen Prozessbevollmächtigten Gehör verschaffen kann(Senatsbeschluss vom 14.11.2005 - B 13 RJ 245/05 B - Juris RdNr 8; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 62 RdNr 6f). Weshalb dem Kläger dies durch seinen seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten nicht möglich gewesen sein soll, zeigt er nicht auf.

9

Auch hat er nicht dargelegt, dass die fehlende Anordnung seines persönlichen Erscheinens, die nach § 111 Abs 1 SGG im Ermessen des Vorsitzenden steht und der Sachaufklärung oder der Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten dient, nicht aber die Funktion hat, das rechtliche Gehör der Betroffenen sicherzustellen(BSG vom 31.1.2008 - B 2 U 311/07 B - Juris RdNr 4 mwN), ausnahmsweise ermessensfehlerhaft gewesen sein soll. Der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist bereits nicht zu entnehmen, dass das Vorbringen des Klägers zu seiner "sozialversicherungspflichtige(n) Erwerbsbiografie" gerade seine persönliche Anwesenheit im Termin zur mündlichen Verhandlung am 25.1.2011 erforderlich gemacht hätte und weshalb der Vortrag nicht auch durch seinen damaligen Prozessbevollmächtigten hätte erfolgen können.

10

Die Bitte des Klägers um einen richterlichen Hinweis für den Fall, dass "weiterer Vortrag notwendig sein" sollte, kann nicht dazu führen, dass von einer Entscheidung über die nicht formgerecht begründete Beschwerde zunächst abzusehen wäre. Denn es besteht keine Verpflichtung des Senats, den anwaltlich vertretenen Kläger vor einer Entscheidung über seine Beschwerde auf Mängel der Beschwerdebegründung hinzuweisen. Das Gesetz unterstellt, dass ein Rechtsanwalt in der Lage ist, die Formerfordernisse einzuhalten; gerade dies ist ein Grund für den Vertretungszwang des § 73 Abs 4 SGG. § 106 Abs 1 SGG gilt insoweit nicht. Ein Rechtsanwalt muss in der Lage sein, ohne Hilfe durch das Gericht eine Nichtzulassungsbeschwerde ordnungsgemäß zu begründen (BSG vom 21.7.2010 - B 7 AL 60/10 B - Juris RdNr 7).

11

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen einer Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG).

12

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 1 SGG.

Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Beschluss, 31. Mai 2011 - B 13 R 103/11 B

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Referenzen - Gesetze

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu
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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

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(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet. (2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 73a


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 103


Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 128


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 169


Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfu

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(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschieß

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 62


Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 73


(1) Die Beteiligten können vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 106


(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlich

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(1) Der Vorsitzende kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung anordnen sowie Zeugen und Sachverständige laden. Auf die Folgen des Ausbleibens ist dabei hinzuweisen. (2) Die Ladung von Zeugen und Sachverständigen

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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 18. Februar 2010 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom 18.2.2010 hat das Thüringer Landessozialgericht (LSG) einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wurde Beschwerde zum BSG eingelegt. In der Beschwerdebegründung werden Verfahrensmängel geltend gemacht.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil kein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

4

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

        

-       

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),

        

-       

das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

        

-       

ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

5

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

6

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

7

Soweit - wie vorliegend - Verstöße gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) gerügt werden, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, auf Grund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 160a RdNr 55).

8

Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 18.2.2010, auf das die Beschwerdebegründung zulässigerweise Bezug nimmt, ist hilfsweise beantragt worden,

        

"zum Beweis der Tatsache, dass der Kläger wegen bestehender Krankheiten und Behinderungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet, insbesondere wegen eines psychosomatischen Beschwerdekomplexes, auch nicht in absehbarer Zeit im Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, ein medizinisches Sachverständigengutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet nach § 106 SGG einzuholen."

9

Damit hat der Kläger keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag bezeichnet. Denn im Rahmen eines Rentenverfahrens muss sich der Beweisantrag möglichst präzise mit dem Einfluss dauerhafter Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das verbliebene Leistungsvermögen befassen. Je mehr Aussagen von Sachverständigen oder sachverständigen Zeugen zum Beweisthema vorliegen, desto genauer muss der Antragsteller auf mögliche Unterschiede und Differenzierungen eingehen (Fichte, SGb 2000, 653, 656). Liegen mehrere Gutachten zum Gesundheitszustand und - daraus herleitend - zum verbliebenen Leistungsvermögen vor und hat sich dadurch bereits ein gewisses Leistungsbild manifestiert, bedarf es besonderer Angaben, weshalb die Einholung eines weiteren Gutachtens erforderlich ist (Fichte, aaO). Hierfür muss der Beschwerdeführer gezielt zusätzliche Einschränkungen auf das verbliebene Leistungsvermögen durch weitere - oder bereits festgestellte - dauerhafte Gesundheitsbeeinträchtigungen "behaupten" und möglichst genau bezeichnen ("dartun"). Denn Merkmal eines Beweisantrags ist die Behauptung einer bestimmten entscheidungserheblichen Tatsache und die Angabe des Beweismittels für diese (zum Ganzen BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN, RdNr 8). Der abstrakte Hinweis auf einen "psychosomatischen Beschwerdekomplex" verdeutlicht nicht ansatzweise, welche Beschwerden (es fehlen zB Angaben zur Art, Häufigkeit, Dauer und Intensität der Beschwerden in bestimmten Körperregionen) welchen Einfluss auf das zeitliche und/oder qualitative Leistungsvermögen haben.

10

Konkrete und detaillierte Ausführungen zum „psychosomatischen Beschwerdekomplex“ waren aber auch schon deshalb angezeigt, weil das Sozialgericht - wie aus der Beschwerdeschrift (Seite 1) hervorgeht - von Amts wegen "u.a. ein internistisch-psychosomatisches Gutachten des MR Dr. med. H. vom 25.03.2007 eingeholt" hatte. Lag damit bereits ein psychosomatisches Gutachten vor, so war das Berufungsgericht, das über Art und Zahl der einzuholenden Sachverständigengutachten nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet (§ 153 Abs 1, § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 412 Abs 1 Zivilprozessordnung), zur weiteren Beweiserhebung auf psychosomatischem bzw neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet nur verpflichtet, wenn das Vorgutachten grobe Mängel aufgewiesen oder unlösbare Widersprüche im Bereich der Befunderhebung enthalten hätte, von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen wäre oder Zweifel an der Sachkunde des Gutachters hervorgerufen hätte (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 9). Hierzu hat der Kläger nichts vorgetragen. Dass das LSG den Schlussfolgerungen des Sachverständigen Dr. H. im Rahmen freier richterlicher Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) - nicht in allen Teilen gefolgt ist, lässt weder auf grobe Mängel schließen noch an der Sachkunde des Gutachters zweifeln.

11

Der Gehörsrüge (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG)kommt demgegenüber keine eigenständige Bedeutung zu. Denn mit ihr macht der Kläger im Kern ebenfalls mangelhafte Sachaufklärung geltend. Zwar kann der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt sein, wenn die Nichtberücksichtigung eines Beweisantrags im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl BVerfG Beschlüsse vom 24.10.2007 - BVerfGK 12, 346, 350 f, vom 18.1.2008, NVwZ 2008, 669, 670 und Nichtannahmebeschluss vom 20.2.2008 - NVwZ 2008, 780, jeweils mwN). Allerdings dürfen auch in diesen Fällen die besonderen gesetzlichen Anforderungen an die Sachaufklärungsrüge durch ein Ausweichen auf die Gehörsrüge nicht umgangen werden (Senatsbeschluss vom 22.10.2008 - B 5 KN 1/06 B - Juris RdNr 15; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 18 RdNr 6, 9). Andernfalls liefen die Beschränkungen, die § 103 SGG für die Sachaufklärungsrüge normiert, im Ergebnis leer(BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 12 RdNr 7). Deshalb hängt die Zulässigkeit der Beschwerde ausschließlich von den Voraussetzungen der Sachaufklärungsrüge ab. Den sich daraus ergebenden Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung - wie dargestellt - nicht gerecht.

12

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG).

13

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, das der Beschwerdeführerin einen von ihr geltend gemachten, auf zwei Grundstücke bezogenen Restitutionsanspruch nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz - VermG) nicht zuerkannt hat. Die Beschwerdeführerin, die C., ist nach dem Recht des US-Bundesstaates New York als gemeinnützige Organisation gegründet worden.

2

In dem verwaltungsgerichtlichen Ausgangsverfahren ging es maßgeblich um die Frage, ob der vormalige Grundstückseigentümer, Friedrich J., dessen Rechtsnachfolge die Beschwerdeführerin nach § 2 Abs. 1 Satz 3 VermG beansprucht, dem Kreis der unter der Herrschaft des Nationalsozialismus (NS-Zeit) kollektiv aus rassischen Gründen verfolgten Juden als sogenannter "Mischling ersten Grades" angehörte.

3

1. Das Vermögensgesetz ist entsprechend auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen anzuwenden, die in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen verloren haben. Zugunsten der Berechtigten wird ein verfolgungsbedingter Vermögensverlust vermutet, wenn die Voraussetzungen des Art. 3 der Rückerstattungsanordnung der Alliierten Kommandantur Berlin vom 26. Juli 1949 (REAO) vorliegen (§ 1 Abs. 6 VermG). Dafür ist nicht erforderlich, dass die Geschädigten individuellen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt waren (Art. 3 Abs. 1 Buchstabe a REAO). Es genügt, wenn sie zu einem Personenkreis gehörten, der in seiner Gesamtheit von der damaligen deutschen Regierung oder der NSDAP verfolgt wurde (Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b REAO). Zu diesem Personenkreis zählt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung schon für die Zeit ab dem 30. Januar 1933 - der Rechtsprechung der alliierten Rückerstattungsgerichte folgend - nicht nur Juden im Sinne der nationalsozialistischen Rassengesetze, sondern auch damals sogenannte "Mischlinge ersten Grades". Als solche wurden auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 der Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 14. November 1935 alle Personen angesehen, die von zwei "der Rasse nach volljüdischen" Großeltern abstammten. Nach Satz 2 der Vorschrift galt als "volljüdisch" ein Großelternteil "ohne weiteres, wenn er der jüdischen Religionsgemeinschaft angehört hat". Nicht zu den kollektiv Verfolgten gehörten jedoch auch nach der Rechtsprechung der alliierten Rückerstattungsgerichte die sogenannten "Mischlinge zweiten Grades", die nur  einen "volljüdischen" Großelternteil hatten (vgl. dazu die Darstellung der Rechtslage im angefochtenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts m.w.N. aus der Rechtsprechung). Die für Kollektivverfolgte geltende Verfolgungsvermutung kann für Veräußerungen, die nach dem 14. September 1935, dem Tag vor der Verabschiedung der nationalsozialistischen sogenannten Nürnberger Rassengesetze, erfolgten, nur nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 2 und 3 REAO widerlegt werden (sog. verschärfte Verfolgungsvermutung).

4

2. Die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, in N. (Brandenburg) unweit der östlichen Berliner Stadtgrenze gelegenen Grundstücke gehören zu einer Siedlung, die aus einem bereits vor dem Jahr 1933 begonnenen Parzellierungsvorhaben entstanden ist. Die Grundstücke gingen im Jahr 2002 aus der Teilung einer 906 qm großen Parzelle hervor. Diese wiederum bildete bis zum Jahr 1937 eine Teilfläche des rund 490 ha großen, sich beidseits der Berliner Ringautobahn, der heutigen Bundesautobahn A 10 erstreckenden ehemaligen Rittergutes B.

5

Im Mai 1932 erwarb Friedrich J., dessen Rechtsnachfolge die Beschwerdeführerin geltend macht, das Gut aus der Zwangsversteigerung und setzte die von dem Voreigentümer begonnene Parzellierung fort. In der Zeit von 1932 bis zum 14. September 1935 veräußerte J. in N. insgesamt etwa 200 Parzellen, danach bis zum Ende der Parzellierungstätigkeit im Jahr 1943 etwa 600 weitere Grundstücke.

6

3. Friedrich J. wurde am 31. Juli 1871 in L. (Ungarn) als Sohn des Simon J. und seiner Ehefrau Bertha G. geboren und evangelisch getauft. Seine Großeltern mütterlicherseits waren keine Juden im Sinne der nationalsozialistischen Rassengesetze. Der Großvater väterlicherseits, Joel J., war Jude. Er heiratete Johanna Elisabeth B., die wahrscheinlich am 9. Januar 1809 in F. (Posen) geboren wurde und 1889 in St. Louis/Missouri (USA) verstarb. Sie wurde dort auf einem Friedhof beigesetzt, auf dem seinerzeit nach einer Auskunft der "United Hebrew Congregation St. Louis" aus dem Jahr 1997 nur jüdische Bestattungen erlaubt waren. Aus ihrer Ehe mit Joel J. gingen außer Simon J., der in Urkunden als "mosaisch" bezeichnet wird, noch drei weitere Kinder sowie die Tochter Ernestine hervor. Ernestine schloss am 13. November 1871 die Ehe mit dem Kaufmann Emanuel U., die in das beim Kreisgericht Posen geführte "Register betreffend die Beglaubigung der Heiraten unter Juden" eingetragen wurde. Das Heiratsattest stellt die jüdische Konfession beider Eheleute fest.

7

4. Das vorliegend in Rede stehende, im Jahr 1937 ausparzellierte Ursprungsgrundstück verkaufte Friedrich J. noch im selben Jahr an die Mutter des Klägers im Ausgangsverfahren.

8

Friedrich J. verstarb am 1. November 1952 in Erlangen und wurde von seinem später nachverstorbenen Sohn beerbt. Dessen Erben meldeten zunächst im Sommer 1990 vermögensrechtliche Ansprüche hinsichtlich verschiedener näher bezeichneter Grundstücke in N. an, zu denen die hier in Rede stehenden, damals noch ungeteilten Flächen indessen nicht gehörten. Einen auch hierauf bezogenen Rückübertragungsantrag stellten sie erst im Laufe des Jahres 1995.

9

Die Beschwerdeführerin, die C., machte bereits zuvor unter dem 9. Dezember 1992 vermögensrechtliche Ansprüche auf das Grundvermögen von Friedrich J. in N. geltend.

10

5. Als Eigentümer des Ursprungsgrundstücks wurden am 7. April 1992 der Kläger des Ausgangsverfahrens und seine Schwester als Erben in ungeteilter Erbengemeinschaft nach ihrer Mutter im Grundbuch eingetragen. Sie veräußerten im Jahr 2002 mit Zustimmung sowohl der Beschwerdeführerin als auch der Erben nach Friedrich J. eine Teilfläche. Für den Fall der bestandskräftigen Feststellung vermögensrechtlicher Ansprüche der Beschwerdeführerin oder der Erben nach Friedrich J. wurde eine Abtretung des Kaufpreisanspruchs beziehungsweise die Auszahlung des hinterlegten Erlöses an den Berechtigten vereinbart. Die Restfläche des Grundstücks veräußerten der Kläger des Ausgangsverfahrens und seine Schwester, die ihre Ansprüche später an den Kläger abtrat, im Folgejahr zu gleichen Bedingungen.

11

6. Das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen lehnte den Rückübertragungs- und Entschädigungsantrag der Erben nach Friedrich J. als verspätet ab. Mit demselben Bescheid lehnte es auch den Rückübertragungsantrag der Beschwerdeführerin ab, stellte aber fest, diese habe einen Anspruch auf Herausgabe des Kaufpreises aus der Veräußerung beider Teilflächen im Jahr 2002. Im Gegenzug habe sie für den im Jahr 1937 von der Erwerberin gezahlten Kaufpreis in heutiger Währung umgerechnet 32,14 Euro an den Kläger des Ausgangsverfahrens und dessen Schwester zu entrichten. Diesen Bescheid ließen die Erben nach Friedrich J. bestandskräftig werden.

12

7. Hingegen focht der Kläger des Ausgangsverfahrens den Bescheid vor dem Verwaltungsgericht an. Die Beschwerdeführerin war zu diesem Verfahren beigeladen.

13

Das Verwaltungsgericht wies die gegen die vom Bundesamt getroffene Feststellung eines Erlösauskehranspruchs der Beschwerdeführerin gerichtete Klage ab: Die in § 1 Abs. 6 VermG vorausgesetzte schädigende Maßnahme liege vor. Friedrich J. sei rassischer Kollektivverfolgung ausgesetzt gewesen. Entsprechend den Grundsätzen des alliierten Rückerstattungsrechts sei hiervon bei "Mischlingen ersten Grades", nicht aber bei "Mischlingen zweiten Grades" auszugehen. J. sei aber mit zwei "volljüdischen" Großeltern nach den NS-Rassengesetzen "Mischling ersten Grades" gewesen. Auch ohne einschlägige amtliche Urkunden stehe fest, dass Johanna J., geborene B., im Sinne der nationalsozialistischen Rassengesetze Jüdin gewesen sei; sie sei zumindest zum jüdischen Glauben übergetreten. Das ergebe sich aus ihrer Bestattung auf dem jüdischen Friedhof in St. Louis (USA) und der dazu erteilten Auskunft der jüdischen Gemeinde, aus dem Heiratsattest ihrer Tochter Esther Ernestine, der Sterbeurkunde ihres Sohnes und dem Grundsatz, dass die jüdische Religionszugehörigkeit über die Mutter weitergegeben werde. Darüber hinaus sei aufgrund der Angaben in einer 1948 erstellten Familienchronik zu vermuten, dass die Ehe zwischen Joel J. und Johanna B. im Jahr 1830 im Posener Land geschlossen worden sei. Nach den Erkenntnissen der historischen Forschung könne davon ausgegangen werden, dass seinerzeit im Königreich Preußen, zu dem das Posener Land damals gehört habe, Mischehen zwischen Juden und Christen grundsätzlich nicht zulässig gewesen seien.

14

Bei der Grundstücksveräußerung handele es sich zudem um einen verfolgungsbedingten Zwangsverkauf. Nach § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG werde ein verfolgungsbedingter Vermögensverlust nach Maßgabe der Rückerstattungsanordnung (REAO) vermutet. Die für Kollektivverfolgte geltende gesetzliche Vermutung des Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b REAO sei vorliegend für die Veräußerungen nach dem 14. September 1935 nicht nach Art. 3 Abs. 2 und 3 REAO widerlegt und auch nicht widerlegbar.

15

8. Auf die vom Verwaltungsgericht zugelassene Revision des Klägers des Ausgangsverfahrens hin hob das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts auf. Ebenfalls aufgehoben wurde der Bescheid des Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen, soweit darin festgestellt wurde, die Beschwerdeführerin habe einen Anspruch auf Herausgabe des Kaufpreises aus der Veräußerung beider Teilflächen durch den Kläger des Ausgangsverfahrens und dessen Schwester.

16

Zur Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, das Urteil des Verwaltungsgerichts verletze Bundesrecht, indem es annehme, dass Friedrich J. zu den im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b REAO Kollektivverfolgten gehört habe.

17

Das Verwaltungsgericht habe Bundesrecht dadurch verletzt, dass es für die Beurteilung, ob Friedrich J. im Sinne der nationalsozialistischen Rassenideologie als "Mischling ersten Grades" oder als "Mischling zweiten Grades" anzusehen gewesen sei, Tatsachen herangezogen habe, die auf Erkenntnissen aus der Zeit nach 1945 beruhten. Dies gelte für wissenschaftliche Erkenntnisse, vor allem aber für die Verwertung der Mitteilung der "United Hebrew Congregation" vom 26. August 1997 als Indiz. Nach den maßgeblichen Vorschriften dürfe die Beurteilung allein auf Erkenntnisse und Erkenntnismittel gestützt werden, die in der Zeit der Herrschaft des Nationalsozialismus zur Verfügung gestanden hätten. Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b REAO stelle darauf ab, ob der Betroffene zu dem Personenkreis der Kollektivverfolgten "gehörte". Verlangt sei damit eine retrospektive Beurteilung auf Grund der Erkenntnisse zur Zeit des Nationalsozialismus. Eine solche retrospektive Beurteilung entspreche dem Zweck der Wiedergutmachung, Vermögensschäden auszugleichen, die durch die Verfolgung in der NS-Zeit entstanden seien. Für den vorliegenden Fall sei danach zu prüfen, ob nach den damaligen Erkenntnissen der Nachweis erbracht gewesen sei, dass Friedrich J. "Mischling ersten Grades" gewesen sei, oder ob er jedenfalls als solcher behandelt worden sei.

18

Dieser Nachweis, dass J. "Mischling ersten Grades" gewesen sei, sei nach den Erkenntnissen zur Zeit des Nationalsozialismus nicht geführt worden. J. selbst habe sich damals immer wieder um die Klärung der Abstammung seiner Großmutter väterlicherseits bemüht. Dies sei nicht gelungen. Selbst in einem Schreiben aus der Nachkriegszeit, in dem er sich - anders als zuvor - als "Mischling ersten Grades" bezeichnet habe, weise er darauf hin, es sei zwar wahrscheinlich, aber letztlich nicht geklärt, dass seine Großmutter väterlicherseits Jüdin gewesen sei. Personenstandsurkunden, anhand derer sich dies verlässlich klären lasse, existierten nicht. Auch eine von Friedrich J. eingeholte Auskunft der Deutsch-Polnischen Gesellschaft vom 15. Februar 1939 gebe nur einen Hinweis darauf, dass diese Frage nicht geklärt sei. Darin heiße es, "trotz ausführlicher Forschungen bei den in Frage kommenden jüdischen Gemeinden (seien) keine Unterlagen über die genannte B. gefunden" worden. Als Hinweis darauf, dass Johanna B.  nicht jüdisch gewesen sei, sei angeführt worden, dass es zur Zeit ihrer Geburt ungewöhnlich gewesen wäre, wenn jüdische Eltern ihrer Tochter die Vornamen Johanna Elisabeth gegeben hätten. Entscheidend ins Gewicht falle aber, dass das Reichssippenamt, das grundsätzlich dazu geneigt habe, im Zweifel und bei ungeklärten Fällen eine jüdische Abstammung zu unterstellen, sich trotz Einleitung eines entsprechenden Verfahrens im Jahr 1939 bis zum Kriegsende nicht in der Lage gesehen habe, einen Abstammungsnachweis für J. auszustellen. In der damaligen Zeit seien die Zweifel an J.'s jüdischer Abstammung damit so groß gewesen, dass nicht angenommen werden könne, nach dem seinerzeitigen Erkenntnisstand sei seine Eigenschaft als "Mischling ersten Grades" belegt gewesen. Auch die Aktenlage, wie sie sich bis Mai 1945 ergebe, liefere dafür keinen klaren Beweis.

19

Friedrich J. sei nicht als "Mischling ersten Grades" behandelt worden, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt die Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 VermG nicht bejaht werden könnten. Zwar sei er in der Aufstellung des Oberpräsidenten der Provinz Mark Brandenburg über "Judengüter" vom 30. August 1939 aufgeführt. Dieser Eintrag enthalte aber den Zusatz, dass noch Ermittlungen schwebten, ob er Jude im Sinne der nationalsozialistischen Rassengesetze sei. Ein solcher Zusatz fehle zwar in einer undatierten Auflistung landwirtschaftlicher Grundflächen "im Eigentum von Juden". Da beide Listen aber in zeitlich engem Zusammenhang erstellt worden seien, seien sie insoweit widersprüchlich. Aus ihrer Gesamtbetrachtung lasse sich nicht der Schluss ziehen, Friedrich J. sei als Jude oder "Mischling ersten Grades" angesehen worden. Bestätigt werde dies auch dadurch, dass in den Verfahren zur sogenannten "Entjudung", insbesondere aufgrund der Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens vom 3. Dezember 1938 oder des § 3 der Elften Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941, nicht an ihn herangetreten worden sei.

20

Gegen die Annahme, dass Friedrich J. als "Mischling ersten Grades" behandelt worden sei, spreche weiter, dass er in notariellen Verträgen aus den Jahren 1941 und 1943, die die Angabe über die Beteiligung von Juden an Grundstücksgeschäften erfordert hätten, als "Nichtjude" bezeichnet worden sei. Er habe offenbar auch bis Kriegsende seine Geschäftstätigkeit unbehelligt durchführen können. Zwar gebe es ein Schreiben der Ortsgruppe Berlin-Lichterfelde-Ost der NSDAP vom April 1938, in dem ihm bescheinigt werde, dass er "Mischling ersten Grades" sei. Bei einer Gesamtbetrachtung seiner Situation könne daraus aber nicht geschlossen werden, dass er als "Mischling ersten Grades" behandelt worden sei. Es habe vielmehr immer wieder von unteren Ebenen und Instanzen gegen ihn gerichtete Angriffe gegeben und Versuche, gegen den wirtschaftlich starken Unternehmer vorzugehen; diese hätten sich aber nicht durchsetzen können.

21

Schließlich ergebe sich eine Verfolgungssituation für ihn auch nicht etwa daraus, dass er sich aus seiner Sicht als der Gruppe der Verfolgten zugehörig gefühlt habe und deshalb die eigene Verfolgung habe befürchten müssen. Dafür biete die Aktenlage keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr habe er bis 1944 im Rahmen der ausstehenden Genehmigung des Vertrages, mit dem die Restfläche des Gutes B. veräußert worden sei, seine Interessen anhaltend und energisch gegenüber den Behörden vertreten. Wenn er befürchtet hätte, als "Halbjude" verfolgt zu werden, hätte er ein solches Risiko, auf sich aufmerksam zu machen, wohl nicht eingehen können. Dieses immer offensive Auftreten widerlege auch den Hinweis der Beschwerdeführerin, Friedrich J. habe um seine jüdische Herkunft genau gewusst und sich tarnen wollen. Vielmehr habe er noch in einem Schreiben vom 17. März 1944 an einen früheren Eigentümer des Gutes, der sich bemüht habe, dieses zu für J. ungünstigen Bedingungen wieder zu erlangen, sehr deutlich gemacht, dass er sich auch mit der Drohung, anderenfalls sofort verhaftet zu werden, nicht unter Druck setzen lasse. Dort heiße es: "Bei der unbedingten Gerechtigkeit, die in unserem heutigen Staate herrscht und der Sauberkeit aller behördlichen Maßnahmen habe ich so etwas nicht zu fürchten." Ein solches Verhalten schließe die Annahme aus, er habe befürchtet, verfolgt zu werden.

22

9. Die von der Beschwerdeführerin darauf erhobene Anhörungsrüge wies das Bundesverwaltungsgericht zurück.

II.

23

Die Beschwerdeführerin hat fristgerecht Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie rügt einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 3 Abs. 1 GG durch die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei insbesondere auch deshalb willkürlich, weil die dort für die Beurteilung der Zugehörigkeit zum Kreis der Verfolgten postulierte Beschränkung auf die in der NS-Zeit verfügbaren Informationen gegen Grundsätze der Rechtsprechung der alliierten Rückerstattungsgerichte verstoße.

III.

24

Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde wirft keine Frage von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG), die sich nicht ohne weiteres aus dem Grundgesetz und anhand der bisherigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung beantworten ließe (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 f.>). Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte angezeigt (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

25

1. Einen Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) kann die Beschwerdeführerin nicht mit Erfolg geltend machen.

26

a) Die Beschwerdeführerin beanstandet der Sache nach, das Bundesverwaltungsgericht habe sie nicht rechtzeitig, das heißt vor Beginn der mündlichen Verhandlung auf den gegenüber der Entscheidung des Verwaltungsgerichts veränderten und bisher ihrer Ansicht nach vorbildlosen rechtlichen Ansatz hingewiesen, nach dem für die Beurteilung des Verfolgtenstatus' nach Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b REAO allein solche Tatsachen heranzuziehen seien, die auf Erkenntnissen aus der Zeit vor 1945 beruhten. Sie habe deshalb weder ausreichend vorbereitet zu dieser Rechtsfrage, noch zu der vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen, nunmehr ausschlaggebenden Bewertung der bereits bekannten Erkenntnisse aus der Zeit vor 1945 Stellung nehmen können. Schließlich habe ihr die Gelegenheit gefehlt, auf der Grundlage der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts in tatsächlicher Hinsicht weiter vorzutragen. Die Beschwerdeführerin stellt allerdings nicht die Ausführungen in dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts über die Anhörungsrüge in Abrede, nach denen sowohl die Frage, auf welche Erkenntnisquellen abzustellen sei, als auch die Würdigung der vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Erkenntnisse und Indizien Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

27

b) Der in Art. 103 Abs. 1 GG jedermann verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör steht auch ausländischen juristischen Personen zu (vgl. BVerfGE 12, 6 <8>; 64, 1 <11> m.w.N.). Eine diesem Verfahrensgrundrecht genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt voraus, dass die Verfahrensbeteiligten bei Anwendung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermögen, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung überhaupt ankommen kann (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>). Darüber hinaus kann es in besonderen Fällen auch geboten sein, die Verfahrensbeteiligten auf eine Rechtsauffassung hinzuweisen, die das Gericht der Entscheidung zugrunde legen will. Das Gericht darf insbesondere nicht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 86, 133 <144 f.>).

28

c) Es kann dahingestellt bleiben, ob das Vorbringen der Beschwerdeführerin die Annahme eines verfassungsrechtlich erheblichen Gehörsverstoßes zu rechtfertigen vermag. Denn einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann nicht geltend machen, wer es selbst versäumt hat, sich vor Gericht durch die zumutbare Ausschöpfung der vom einschlägigen Prozessrecht eröffneten und nach Lage der Dinge tauglichen Möglichkeiten Gehör zu verschaffen (vgl. BVerfGE 15, 256 <267>; 21, 132 <137>; 74, 220 <225>).

29

So aber verhält es sich hier. Die Beschwerdeführerin hat es unterlassen, eine Vertagung der mündlichen Verhandlung (§ 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 173 VwGO) zu beantragen, um sich mit den Hinweisen des Bundesverwaltungsgerichts zur Rechtslage und zur möglichen Interpretation der vorliegenden Erkenntnisse befassen und ihren Vortrag zur Sach- und Rechtslage anschließend ergänzen zu können. Stattdessen hätte sie zu diesem Zweck auch die Gewährung einer Schriftsatzfrist verlangen können, worauf schon das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss zur Anhörungsrüge hingewiesen hat, was sie aber gleichfalls versäumt hat. Insoweit kann offenbleiben, ob sich der Schriftsatznachlass in Bezug auf gerichtliche Hinweise vorrangig nach § 139 Abs. 5 ZPO i.V.m. § 173 VwGO beurteilt (gegen eine Anwendung des § 139 Abs. 5 ZPO Meissner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 18. Aufl. 2009, § 173 Rn. 153) oder ob jedenfalls nach § 283 ZPO i.V.m. § 173 VwGO eine Schriftsatzfrist über Erklärungen zum Vorbringen des Gegners hinaus auch für andere erforderliche Stellungnahmen gewährt werden kann (so Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 104 Rn. 9).

30

Zwar stehen sowohl die Vertagung einer mündlichen Verhandlung als auch die Einräumung einer Schriftsatzfrist nach diesen gesetzlichen Regelungen im Ermessen des Gerichts. Beide Institute können gleichwohl aber ersichtlich ein taugliches prozessrechtliches Mittel sein, um einen drohenden Verlust der Äußerungsmöglichkeit noch rechtzeitig abzuwenden. Denn die Vertagung soll gerade einer bevorstehenden Verletzung des Rechts der Beteiligten auf rechtliches Gehör begegnen. Deshalb liegen erhebliche Gründe für sie im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO immer dann vor, wenn sie zum Zweck der Gehörsgewährung sachlich geboten ist (vgl. Stöber, in: Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 227 Rn. 5). Entsprechendes gilt für die Gewährung eines Schriftsatznachlasses, der eine anderenfalls nötige Vertagung gerade vermeiden soll (vgl. Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl. 2010, § 283 Rn. 1). Wegen dieser engen Verknüpfung mit dem verfassungsrechtlichen Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör verdichtet sich die in das Ermessen des Gerichts gestellte Vertagung oder Gewährung einer Schriftsatzfrist zu einer entsprechenden Pflicht, wenn anderenfalls eine Gehörsverletzung unvermeidbar ist, weil einem Beteiligten die Möglichkeit zu einem erschöpfenden und sachgerechten Vortrag genommen wird (vgl. BVerwGE 44, 307 <309 f.>; für den Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung auch BVerwG, Urteil vom 3. Juli 1992 - 8 C 58.90 -, NJW 1992, S. 3185 <3186>). Eine solche Verpflichtung zur Vertagung besteht deshalb etwa auch dann, wenn ein Beteiligter in der mündlichen Verhandlung von einem Hinweis des Gerichts überrascht wird, zu dem er - insbesondere wegen geraume Zeit zurückliegender Vorgänge - nicht sofort Stellung nehmen kann (vgl. BFH, Urteil vom 4. April 2001 - XI R 60/00 -, NJW 2002, S. 166 <167>). Sollte die Ansicht der Beschwerdeführerin zutreffen und läge in dem Vorgehen des Bundesverwaltungsgerichts vor und in der mündlichen Verhandlung eine Verletzung ihres Rechts auf rechtliches Gehör, dann hätte einem von ihr gestellten Antrag auf Vertagung oder zumindest auf Schriftsatznachlass entsprochen werden müssen. Da sie solche Anträge aber nicht gestellt hat, hat sie nicht von allen verfahrensrechtlichen Möglichkeiten Gebrauch gemacht, sich rechtliches Gehör zu verschaffen.

31

2. Ein Verstoß gegen die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) scheidet danach ebenfalls aus. Unbeschadet der genauen Abgrenzung der Schutzbereiche des Art. 103 Abs. 1 GG und des Justizgewährungsanspruchs stehen das Recht auf Gehör und die Garantie effektiven Rechtsschutzes jedenfalls in einem funktionalen Verhältnis zueinander. Während die Rechtsschutzgarantie den Zugang zum Verfahren sichert, zielt Art. 103 Abs. 1 GG auf einen angemessenen Ablauf des Verfahrens. Wer bei Gericht formell ankommt, soll auch substantiell ankommen, also wirklich gehört werden. Wenn ein Gericht im Verfahren einen Gehörsverstoß begeht, vereitelt es die Möglichkeit, eine Rechtsverletzung vor Gericht effektiv geltend zu machen (vgl. BVerfGE 107, 395 <409>; 119, 292 <295 f.>). Hieraus folgt im Umkehrschluss: Beschränkt sich - wie hier - die Geltendmachung eines Verstoßes gegen Art. 19 Abs. 4 GG der Sache nach auf Umstände, die eine Gehörsverletzung begründen sollen, liegt, wenn eine solche nicht festgestellt werden kann, auch keine Verletzung der Garantie effektiven Rechtsschutzes vor.

32

3. Auch unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner Bedeutung als Verbot objektiver Willkür begegnen die angegriffenen Entscheidungen keinen durchgreifenden Bedenken.

33

a) Fraglich ist bereits, ob der Beschwerdeführerin als juristischer Person insoweit die Grundrechtsberechtigung zukommt. Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Im Umkehrschluss geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass sich ausländische juristische Personen grundsätzlich nicht auf die Grundrechte berufen und dass sie infolgedessen auch Art. 3 Abs. 1 GG nicht zur Abwehr objektiv willkürlicher Differenzierungen durch den Gesetzgeber in Anspruch nehmen können (vgl. BVerfGE 21, 207 <209>; 23, 229 <233, 236>). Für das ebenfalls aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Verbot unvertretbarer Rechtsanwendung durch die Gerichte wird nichts anderes gelten können (vgl. auch BVerfGE 21, 207 <208 f.>).

34

Hier spricht viel dafür, dass die Beschwerdeführerin als ausländische juristische Person im Sinne des Art. 19 Abs. 3 GG anzusehen ist, weil sich ihr Sitz nicht im Inland befindet (vgl. BVerfGE 21, 207 <209>). Legt man die hierzu im Schrifttum entwickelten Maßstäbe zugrunde (vgl. Quaritsch, in: Isensee/Kirchhof, HStR V, 2. Aufl. 2000, § 120 Rn. 48; Tettinger, in: Merten/Papier, HGR II, § 51 Rn. 42; Dreier, in: Dreier, GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 19 III Rn. 78), wird davon auszugehen sein, dass die Beschwerdeführerin ihren Sitz in den Vereinigten Staaten von Amerika hat. Die in ihrer Internetpräsenz dargestellte Organisationsstruktur der Beschwerdeführerin deutet darauf hin, dass sie effektiv von dort aus geführt wird; jedenfalls hat die Beschwerdeführerin hierzu keine anderen Angaben gemacht. Dass sie in Deutschland eine Repräsentanz beziehungsweise eine Niederlassung unterhält, die über eine eigene Leitung und damit eine gewisse organisatorische Selbständigkeit verfügen mag und zudem als Nachfolgeorganisation im Sinne des Vermögensgesetzes auftritt, dürfte nicht von Bedeutung sein. Denn solche inländischen Niederlassungen allein sollen noch keinen Sitz im Inland begründen (vgl. Quaritsch, a.a.O.). Dass das deutsche Recht im Vermögensgesetz auch eine Tochtergesellschaft der Beschwerdeführerin als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) vorsieht (vgl. § 2 Abs. 1a Satz 1 VermG), ändert nichts; denn ausweislich der Verfassungsbeschwerdeschrift tritt die Beschwerdeführerin - ebenso wie im Ausgangsverfahren - als Gesellschaft US-amerikanischen Rechts auf.

35

Diese Frage bedarf vorliegend allerdings keiner abschließenden Entscheidung.

36

b) Es lässt sich jedenfalls nicht feststellen, dass das Bundesverwaltungsgericht mit seinem Urteil gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen hat.

37

aa) Objektiv unhaltbar im Sinne des in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten objektiven Willkürverbots ist ein Richterspruch, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Einen subjektiven Schuldvorwurf enthält die Feststellung von Willkür nicht (vgl. etwa BVerfGE 86, 59 <63>). Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandergesetzt hat und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 96, 189 <203>).

38

bb) Hiervon ausgehend ist nicht feststellbar, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts unter keinem Gesichtspunkt mehr rechtlich vertretbar wäre.

39

(a) Dabei kann offen bleiben, ob die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts einfachrechtlich in jeder Hinsicht unangreifbar sind. Denn es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, die Auslegung des Vermögensrechts durch das oberste Fachgericht nach Art einer Superrevisionsinstanz zu überprüfen. Die Auslegung der Vorschriften des Vermögensrechts ist vielmehr grundsätzlich Sache der zuständigen Fachgerichte, und zwar auch, soweit diese an das frühere alliierte Restitutionsrecht anknüpfen.

40

Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Rechtsauffassung, für die Beurteilung, ob ein Betroffener zum Kreis der in der NS-Zeit kollektiv Verfolgten gehört habe, seien allein Erkenntnisse und Erkenntnismittel erheblich, die zur Zeit der Herrschaft des Nationalsozialismus zur Verfügung gestanden hätten, mit dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b REAO begründet. Weiter hat es seine Argumentation auf den Zweck der Wiedergutmachungsregelungen gestützt, nur solche Vermögensschädigungen auszugleichen, die auch tatsächlich Resultat einer Verfolgung in der NS-Zeit waren. Diese Argumentation ist nachvollziehbar, da der Anwendungsbereich der alliierten Rückerstattungsgesetze auf derartige "ungerechtfertigte Entziehungen" beschränkt war (vgl. Art. 1 Abs. 1 REAO); sie lässt sich auch ohne weiteres an den Wortlaut des § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG anknüpfen (vgl. auch Neuhaus, in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, § 1 VermG Rn. 137, Juli 2004). Vor diesem Hintergrund ist es nicht schlechterdings unvertretbar, wenn das Bundesverwaltungsgericht im Ergebnis diejenigen nicht zum Kreis der kollektiv Verfolgten zählt und ihnen damit die Wirkungen der Verfolgungsvermutung des Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b REAO nicht zukommen lässt, die trotz in der NS-Zeit bestehender Zweifel hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit zu einer kollektiv verfolgten Gruppe weder objektiv als Teil einer solchen Gruppe behandelt wurden, noch subjektiv davon ausgingen, einer derartigen Bevölkerungsgruppe anzugehören. Denn selbst wenn sich bei einer Betrachtung ex post die tatsächliche Zugehörigkeit des Betreffenden zu einer Gruppe kollektiv Verfolgter bestätigt, so ist es zumindest nicht unvertretbar anzunehmen, dieser sei im Zeitpunkt des Vermögensverlusts keiner kollektiv empfundenen äußeren oder inneren Zwangslage ausgesetzt gewesen, die angesichts der Wirklichkeit im nationalsozialistischen Unrechtsstaat pauschal die Vermutung einer unter dem Druck dieser Zwangslage erfolgten Weggabe eines Vermögenswerts zu rechtfertigen vermag (vgl. auch Schwarz, Rückerstattung nach den Gesetzen der Alliierten Mächte, 1974, S. 98). Auch der Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b REAO schließt eine solche Interpretation zumindest nicht aus.

41

(b) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann auch nicht festgestellt werden, dass sich die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts außerhalb der Grenzen bewegen, die durch die zum alliierten Rückerstattungsrecht entwickelten Grundsätze gezogen sind, und an die der Gesetzgeber mit der Regelung der Restitutionsansprüche von Opfern der NS-Verfolgung in § 1 Abs. 6 VermG - insbesondere mit dem darin enthaltenen Verweis auf die Rückerstattungsanordnung (REAO) - ebenfalls anknüpfen wollte (vgl. BTDrucks 12/2480, S. 39). Diese Anknüpfung hat zur Folge, dass auch die Rechtsprechung der alliierten Rückerstattungsgerichte bei der Auslegung und Anwendung des § 1 Abs. 6 VermG herangezogen werden muss (vgl. BVerwGE 114, 68 <70>). Dabei kann hier dahingestellt bleiben, wie weit eine solche Wirkung früherer Rechtsprechung im Einzelnen reicht und welche Bedeutung es aus verfassungsrechtlicher Sicht bei der Prüfung einer Auslegung des einfachen Rechts am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG hätte, wenn das zuständige oberste Fachgericht mit nicht objektiv willkürlichen Erwägungen von Rechtsprechungsgrundsätzen der früheren Rückerstattungsgerichte abwiche. Denn in der Rechtsprechung der obersten Rückerstattungsgerichte findet sich durchaus auch Anhalt für die Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts.

42

So weist etwa eine Entscheidung des für die amerikanische Besatzungszone zuständigen Revisionsgerichts in Rückerstattungssachen, des Court of Restitution Appeals (CORA, Entscheidung vom 9. Mai 1950 - Entsch. Nr. 20, Fall 36 -, RzW 1949/50, S. 272), gewisse Parallelen zu der hier zu beurteilenden Argumentation auf. Der Court of Restitution Appeals hatte zu klären, ob dem Alteigentümer ein Anfechtungsrecht als Kollektivverfolgter nach Art. 4 US-Rückerstattungsgesetz (USREG) zustand, der dem Art. 3 Abs. 3 REAO entsprach. Er verneinte dies mit der tragenden Begründung, dass das Rechtsgeschäft auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus zu Stande gekommen wäre. Der Alteigentümer habe zwar sein Geschäft als jüdischen Betrieb anmelden müssen. Als Verfolgung könne diese Tatsache aber an sich nicht gelten.

43

Das Gericht fügte seinen Ausführungen weitere Erwägungen hinzu: Wenn der Alteigentümer tatsächlich (fälschlicherweise) geglaubt haben sollte, sein Grundstück in der NS-Zeit als "nichtjüdischen" Besitz anbieten zu können, weil er nie als Jude bezeichnet worden sei, dann bestünde kein Rückerstattungsanspruch, weil schon das Rechtsgeschäft eindeutig nicht unter das Rückerstattungsgesetz falle (vgl. CORA, Entscheidung vom 9. Mai 1950 - Entsch. Nr. 20, Fall 36 -, RzW 1949/50, S. 272 <273>). Das Gericht hielt im Rahmen dieser Sachverhaltsvariante ersichtlich weiter an seiner Auffassung fest, dass die Einstufung des Betriebes des Alteigentümers als "jüdischer Betrieb" gegenüber dem Finanzamt, wenn sie für den Inhaber ohne weitere Konsequenzen blieb, nicht dazu führte, dass er als Jude "bezeichnet" oder behandelt wurde. Es stellte damit erkennbar in rechtlicher Hinsicht im Sinne einer retrospektiven Betrachtung darauf ab, ob der Alteigentümer gerade zum Zeitpunkt des Vermögensverlusts Angehöriger der kollektiv verfolgten Personengruppe war (vgl. Kubuschok/Weißstein, Rückerstattungsrecht, 1950, Art. 3 BREG/USREG Nr. 13). Insoweit kam es dem Gericht also darauf an, ob der Alteigentümer von den NS-Machthabern faktisch als Angehöriger einer kollektiv verfolgten Bevölkerungsgruppe behandelt wurde und sich deshalb objektiv einer Kollektivverfolgung ausgesetzt sah (vgl. dazu auch Board of Review, Entscheidung vom 18. Dezember 1951 - BOR 51/186 -, RzW 1952, S. 79), oder ob er zumindest subjektiv tatsächlich davon ausging, einer kollektiv verfolgten Bevölkerungsgruppe anzugehören (vgl. dazu auch Oberstes Rückerstattungsgericht für Berlin, Entscheidung vom 30. September 1959 - ORG/A/1048 -, ORGE 13, 128 <131>).

44

Diese Alternativerwägung entspricht im Ergebnis den Bewertungen, die das Bundesverwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, ohne dass es in Bezug auf die insoweit maßgeblichen Gesichtspunkte noch auf diejenigen Erkenntnisse und Erkenntnismittel ankäme, die ausgehend von der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts unberücksichtigt geblieben sind.

45

c) Schließlich lässt sich auch die tatsächliche Würdigung des Bundesverwaltungsgerichts, Friedrich J. habe auf der Grundlage der Erkenntnislage während der NS-Zeit nicht zum Kreis der kollektiv Verfolgten gezählt, verfassungsrechtlich nicht beanstanden.

46

Das Bundesverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass Friedrich J. sich im maßgeblichen Zeitpunkt subjektiv nicht als Angehöriger einer kollektiv verfolgten Bevölkerungsgruppe sah. Er habe geglaubt "Mischling zweiten Grades" zu sein; zumindest aber sei er über seine wahre Abstammung hinsichtlich seiner Großmutter väterlicherseits im Unklaren gewesen. Überdies hat es angenommen, dass J. auch objektiv nicht als Kollektivverfolgter behandelt wurde. Er sei zwar verschiedentlich von Behörden und einer Ortsgruppe der NSDAP als "Jude" oder "Mischling ersten Grades" bezeichnet worden. Das habe sich aber weder in der Verwaltungspraxis durchgesetzt, noch seien gegen J. irgendwelche relevanten Verfolgungsmaßnahmen ergriffen worden. Zumindest bis 1943 habe er seine Geschäfte unbehelligt fortsetzen können.

47

Die dem zugrundeliegende Tatsachenwürdigung ist der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen (vgl. BVerfGE 68, 361 <372>; stRspr). Sie bietet auch keinen Anhalt dafür, dass sie schlechterdings unhaltbar sein könnte und deshalb von Verfassungs wegen beanstandet werden müsste.

48

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

49

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

(1) Der Vorsitzende kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung anordnen sowie Zeugen und Sachverständige laden. Auf die Folgen des Ausbleibens ist dabei hinzuweisen.

(2) Die Ladung von Zeugen und Sachverständigen ist den Beteiligten bei der Mitteilung des Termins zur mündlichen Verhandlung bekanntzugeben.

(3) Das Gericht kann einem Beteiligten, der keine natürliche Person ist, aufgeben, zur mündlichen Verhandlung oder zu einem Termin nach § 106 Absatz 3 Nummer 7 einen Beamten oder Angestellten zu entsenden, der mit einem schriftlichen Nachweis über die Vertretungsbefugnis versehen und über die Sach- und Rechtslage ausreichend unterrichtet ist.

(1) Die Beteiligten können vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Rentenberater im Umfang ihrer Befugnisse nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, auch in Verbindung mit Satz 2, des Rechtsdienstleistungsgesetzes,
4.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten nach den §§ 28h und 28p des Vierten Buches Sozialgesetzbuch,
5.
selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
6.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
7.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
8.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,
9.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 bis 8 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter. § 157 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen. Satz 3 gilt nicht für Beschäftigte eines Sozialleistungsträgers oder eines Spitzenverbandes der Sozialversicherung.

(4) Vor dem Bundessozialgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind außer den in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen nur die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 bezeichneten Organisationen zugelassen. Diese müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des Satzes 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten; Satz 3 bleibt unberührt.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Bei Ehegatten oder Lebenspartnern und Verwandten in gerader Linie kann unterstellt werden, dass sie bevollmächtigt sind. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten. Im Übrigen gelten die §§ 81, 83 bis 86 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.

(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere

1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen,
2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
3.
Auskünfte jeder Art einholen,
4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen,
5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen,
6.
andere beiladen,
7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.

(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Dezember 2009 - L 12 AL 4565/09 -

wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Verfahren der Beschwerde wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Im Streit ist die Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung durch die Beklagte, die frühere Arbeitgeberin des Klägers, die diese für die Bundesagentur für Arbeit (BA) nach § 312 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) erstellt hat.

2

Der Kläger hatte im März 2008 beim Arbeitsgericht (ArbG) Pforzheim Klage erhoben, gerichtet auf Ausstellung einer Arbeitsbescheinigung durch die Beklagte. Nachdem diese Arbeitsbescheinigung auf dem von der BA vorgesehenen Formblatt ausgestellt und übersandt worden war, reklamierte der Kläger ihre Unvollständigkeit. Das ArbG verwies daraufhin, weil nicht mehr die Erteilung der Arbeitsbescheinigung als solche im Streit sei, sondern deren inhaltliche Richtigkeit bzw Vollständigkeit, die Sache an das Sozialgericht (SG) Karlsruhe; während des dortigen Verfahrens hat die Beklagte dem Kläger eine weitere identische Arbeitsbescheinigung überlassen.

3

Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 1.10.2009), weil die auf Berichtigung der Arbeitsbescheinigung gerichtete Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sei. Im Übrigen habe der Kläger nicht dargelegt, worin er die Unrichtigkeit der Arbeitsbescheinigung sehe. Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil zurückgewiesen (Urteil vom 18.12.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, man habe trotz Abwesenheit des geladenen Klägers entscheiden können, weil dieser ordnungsgemäß geladen worden sei. Dem Antrag des Klägers auf Terminsänderung vom 17.12.2009 sei nicht zu entsprechen. Der Kläger habe zwar moniert, keine Fahrkarte zum Termin erhalten zu haben. Der Senat habe jedoch die Gewährung einer Fahrkarte bereits mit Beschluss vom 10.12.2009 abgelehnt. Es sei nach wie vor nicht glaubhaft, dass der Kläger angesichts seines Einkommens in Höhe von 1353 Euro nicht in der Lage sei, die Fahrkosten aufzubringen. Der Senat könne auch in unveränderter Besetzung entscheiden, weil das vom Kläger gestellte Ablehnungsgesuch offensichtlich rechtsmissbräuchlich sei. In der Sache sei das Urteil des SG nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG SozR 3-4100 § 133 Nr 1) sei bei Klagen gegen die Richtigkeit der Arbeitsbescheinigung zwar der Sozialrechtsweg eröffnet; jedoch sei ein Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen. Im Rahmen des bei der BA anhängigen Verwaltungsverfahrens müsse diese ohnedies im Wege der Amtsermittlung alle erreichbaren Beweismittel zur Prüfung eines evtl Anspruchs (auf Arbeitslosengeld) heranziehen. Angesichts der Unzulässigkeit der Klage eine weitere Beweiserhebung - wie vom Kläger angeregt - zu erheben komme nicht in Betracht.

4

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, mit der der Kläger auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde und der Frist zur Begründung der Beschwerde beantragt, rügt der Kläger Verfahrensmängel und macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Seines Erachtens verletzt das Urteil Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) iVm dem Sozialstaatsprinzip und Art 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Man habe seine Teilhabe an der mündlichen Verhandlung dadurch verhindert, dass man Prozesskostenhilfe (PKH)-Anträgen nicht stattgegeben bzw diese nicht beschieden habe. Hierin liege ein Verstoß gegen das Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wenn die erstinstanzliche Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergangen sei. Er habe mit Schriftsatz vom 1.11.2009 die Gewährung von PKH beantragt, die jedoch mangels Überreichung vollständig ausgefüllter PKH-Vordrucke abgelehnt worden sei. Dies sei zu Unrecht erfolgt, weil er auf Antragsunterlagen in einem Parallelverfahren verwiesen und später ohnedies alle erforderlichen Unterlagen nachgereicht habe. Mit Schriftsatz vom 2.12.2009 habe er seinen PKH-Antrag wiederholt, ohne dass das LSG hierüber entschieden habe. Darin liege auch ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör (§ 62 Sozialgerichtsgesetz, Art 103 Abs 1 GG). Das LSG sei zudem verpflichtet gewesen, ihm eine Fahrkarte zur Terminswahrnehmung zu übersenden. Das Urteil sei nicht durch die gesetzlichen Richter im Sinne des Art 101 GG ergangen. Er habe mit Schriftsätzen vom 2. und 17.12.2009 Befangenheitsanträge gestellt, über die die abgelehnten Richter zu Unrecht selbst entschieden hätten. Außerdem sei das LSG einem bereits beim SG gestellten Beweisantrag zur Beiziehung der Akten des ArbG nicht gefolgt. Das LSG sei darüber hinaus verpflichtet gewesen, im Rahmen der Amtsermittlung die Akten der BA anzufordern, weil nur so eine Überprüfung der Richtigkeit der Arbeitsbescheinigung möglich gewesen wäre. Eine entsprechende "Anregung" habe er gegeben und außerdem vergeblich beantragt, den Vertreter der Beklagten zu den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zu hören.

5

Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Es stelle sich die Rechtsfrage, ob das ArbG oder das SG für Rechtsstreitigkeiten um die Berichtigung der Arbeitsbescheinigung zuständig sei und ob für diese Klage ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Diese Rechtsfragen seien höchstrichterlich nicht geklärt. Von grundsätzlicher Bedeutung sei auch die Rechtsfrage, ob es sich bei dem Rechtsstreit auf Berichtigung der Arbeitsbescheinigung gegen den Arbeitgeber um ein kostenfreies Verfahren, ggf einen Annex zum Arbeitsgerichtsverfahren, handele, und falls nicht, welche Grundsätze bei der Bemessung des Streitwerts zu berücksichtigen seien. Außerdem werde die Rechtsfrage aufgeworfen, ob ein Richter am SG "nach dem Inhalt des § 60 SGG" befugt sei, ein Befangenheitsgesuch im Wege der Selbstentscheidung zu bescheiden. Schließlich stelle sich die Rechtsfrage, ob die Bezugnahme auf PKH-Unterlagen zulässig sei, wenn vor demselben Senat im selben Zeitraum ein Parallelverfahren geführt werde, in dem vollständige PKH-Unterlagen vorgelegt worden seien.

6

II. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG ist unzulässig, weil der Kläger die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und des Verfahrensmangels, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Der Senat konnte deshalb ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter entscheiden (§ 160a Abs 4 Satz 1 SGG iVm § 169 SGG). Einer Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers bezüglich der Beschwerdebegründungsfrist bedarf es unter diesen Umständen nicht; wegen der Versäumung der Beschwerdefrist ist ihm Wiedereinsetzung bereits gewährt worden.

7

Vorab ist klarzustellen, dass der Senat nur verpflichtet ist, auf den Vortrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers einzugehen, nicht jedoch auf dessen eigenen Vortrag - etwa im PKH-Verfahren. Vor dem BSG muss sich nämlich der Kläger von einem postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen (§ 73 Abs 4 SGG). Der Prozessbevollmächtigte muss dabei die volle Verantwortung übernehmen; nicht ausreichend ist eine bloße Bezugnahme auf Schriftsätze des Beteiligten selbst (vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig ua, 9. Aufl 2008, SGG, § 160a RdNr 4 und § 164 RdNr 9a mwN). Hieran ändert nichts die salvatorische Klausel in der Beschwerdebegründung der Prozessbevollmächtigten, der Vortrag im PKH-Verfahren werde ausdrücklich zum Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde gemacht. Es besteht auch keine Verpflichtung, den anwaltlich vertretenen Kläger vor einer Entscheidung über seine Beschwerde auf Mängel der Beschwerdebegründung hinzuweisen. Das Gesetz unterstellt, dass ein Rechtsanwalt in der Lage ist, die Formerfordernisse einzuhalten; gerade dies ist ein Grund für den Vertretungszwang des § 73 Abs 4 SGG. § 106 Abs 1 SGG gilt insoweit nicht. Ein Rechtsanwalt muss in der Lage sein, ohne Hilfe durch das Gericht eine Nichtzulassungsbeschwerde ordnungsgemäß zu begründen.

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Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache genügt - auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 20.7.2010 - schon deshalb nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil die Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfragen nur unzureichend dargelegt ist, wie dies in ständiger Rechtsprechung verlangt wird. Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage nämlich nur dann, wenn sie für die vom Senat im Revisionsverfahren zu treffende Entscheidung von Bedeutung ist. Damit der Senat dies beurteilen kann, ist eine Darlegung erforderlich, wo bzw an welcher Stelle der Entscheidung die aufgeworfene Rechtsfrage beantwortet werden muss. Anders ausgedrückt: Es muss die konkrete Entscheidungserheblichkeit schlüssig geschildert werden. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung schon deshalb nicht, weil sie nur rudimentär den Sach- und Streitstand schildert und es so dem Senat überlassen bleibt bzw überlassen blieb, sich die maßgeblichen Fakten aus den Akten bzw der Entscheidung des LSG selbst herauszusuchen. Dies ist allerdings nicht Aufgabe des erkennenden Senats im Rahmen eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens. Es genügt deshalb auch nicht, der Nichtzulassungsbeschwerde als Anlagen die Entscheidungen des SG und LSG beizufügen. Der Kläger hat es versäumt, die Entscheidungserheblichkeit der einzelnen von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen zu erläutern.

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Es kann deshalb offen bleiben, ob der Kläger zulässigerweise mit seinem Schriftsatz vom 20.7.2010 Ausreichendes zur Klärungsbedürftigkeit vorgetragen hat. Nur angemerkt sei, dass Ziel einer Nichtzulassungsbeschwerde - im Hinblick auf die §§ 165, 144 Abs 4 SGG - ohnedies nicht die Klärung von Fragen der Verfahrenskosten sein kann(vgl dazu: BSG SozR 1500 § 160 Nr 54; BSG, Beschluss vom 13.7.2004 - B 2 U 84/04 B; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 150 mwN), wie dies der Kläger mit seiner Frage zum kostenfreien Verfahren und dem Streitwert geltend macht.

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Auch die Rüge der angeblichen Verfahrensmängel genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung. Soweit Art 3 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herangezogen wird, um einen Verstoß gegen das Recht des Klägers auf eine mündliche Verhandlung in den Instanzen zu begründen, wird von vornherein nicht deutlich, wieso diese Artikel des GG ein solches Recht gewährleisten. Zwar kann nach der Rechtsprechung des BSG Art 6 EMRK hierfür herangezogen werden; jedoch ist der Vortrag des Klägers in diesem Punkt wiederum unschlüssig. Zur Begründung des Art 6 EMRK führt er unzutreffend an, ihm sei die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung dadurch verhindert worden, dass ein PKH-Antrag zunächst mangels Vorlage entsprechender Unterlagen abgelehnt und ein wiederholter Antrag überhaupt nicht beschieden worden sei. Dieser Vortrag des Klägers ist offensichtlich falsch. Aus den von ihm selbst bezeichneten PKH-Akten des Verfahrens L 2 AL 4565/09 des LSG ergibt sich im Gegenteil, dass sein PKH-Antrag vom LSG mit Beschluss vom 5.11.2009 aus sachlichen Gründen abgelehnt und eine Anhörungsrüge hiergegen durch weiteren Beschluss vom 10.12.2009 als unzulässig verworfen worden ist. Diese Zwischenentscheidung des LSG ist zudem mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht angreifbar (§ 202 SGG iVm § 557 Abs 2 Zivilprozessordnung), weil die Beschlüsse des LSG selbst nicht anfechtbar sind (s dazu: Senatsbeschluss vom 9.6.2010 - B 7 AL 202/09 B; Leitherer, aaO, § 160 RdNr 17 mwN). Nichts anderes gilt für den Vorwurf des Klägers, man habe ihm zu Unrecht keine Fahrkarte übersandt. Auch dieser Antrag wurde bereits mit Beschluss vom 10.12.2009, also über eine Woche vor der mündlichen Verhandlung, abgelehnt. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG iVm Art 103 Abs 1 GG) ist damit ebenso wenig schlüssig dargelegt. Ohnedies hätte hierzu dargetan werden müssen, an welchem Vorbringen der Kläger gehindert worden war bzw was er bei Teilnahme an der mündlichen Verhandlung noch hätte vorbringen können bzw vorgebracht hätte. Insoweit ist der Vortrag, es hätte zweitinstanzlich eine mündliche Verhandlung stattfinden müssen, nachdem erstinstanzlich durch Gerichtsbescheid entschieden worden sei, von vornherein unschlüssig. Eine mündliche Verhandlung hat - auch nach dem Vortrag des Klägers - stattgefunden; der Kläger war nur trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwesend.

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Soweit der Kläger einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) rügt, mag dahinstehen, ob er überhaupt dargelegt hat, dass er beim LSG, nicht beim SG, entsprechende Beweisanträge gestellt und inwieweit er nicht etwa nur Beweisanregungen gegeben hat; denn § 160 Abs 2 Nr 3 SGG lässt eine Rüge der Verletzung des § 103 SGG nur zu, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. In jedem Fall fehlt es an der Darlegung, dass das LSG, ausgehend von seiner Rechtsansicht, die vom Kläger gewünschten Beweise hätte erheben müssen. Hierzu fehlt jegliche Darlegung. Entsprechendes wäre auch kaum möglich, weil das LSG seine Entscheidung darauf gestützt hat, dass die Klage bereits unzulässig sei. Auf die vom Kläger gewünschten Beweiserhebungen kam es für das LSG damit überhaupt nicht an.

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Soweit der Kläger schließlich rügt, das LSG habe in fehlerhafter Besetzung entschieden, weil es über die von ihm gestellten Ablehnungsanträge in der Besetzung mit den abgelehnten Richtern entschieden habe, genügt auch dieser Vortrag nicht den Anforderungen an eine Beschwerdebegründung. Hier ist bereits nicht dargelegt, warum ausnahmsweise § 202 SGG iVm § 557 Abs 2 ZPO nicht eingreift(vgl etwa BSG, Beschluss vom 27.10.2009 - B 1 KR 50/09 B) bzw dass das Befangenheitsgesuch erst im Urteil abgelehnt worden und deshalb § 557 ZPO nicht einschlägig sei(vgl den Senatsbeschluss vom 13.8.2009 - B 8 SO 13/09 B). Der Kläger hätte zudem ausführen müssen, weshalb das LSG nicht in der Besetzung mit den abgelehnten Richtern hätte entscheiden dürfen. Dies ist nämlich nach der Rechtsprechung in Fällen des Rechtsmissbrauchs möglich (vgl nur: BSG SozR 4-1500 § 60 Nr 4; Keller in Meyer-Ladewig, aaO, § 60 RdNr 10c und 10d mwN). Es genügt nicht der - unzutreffende - Vortrag, das LSG habe lediglich behauptet, sein (des Klägers) Befangenheitsgesuch sei rechtsmissbräuchlich. Vielmehr hätte der Kläger erläutern müssen, weshalb im Einzelnen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung die Annahme des LSG, sein (des Klägers) Ablehnungsgesuch sei missbräuchlich, fehlerhaft gewesen sein soll. In seiner Entscheidung hat das LSG jedenfalls ausgeführt, das Ablehnungsgesuch des Klägers habe keinerlei nachvollziehbaren Bezug zum konkreten Rechtsstreit und sei nicht ansatzweise substantiiert. Zudem verweist das LSG auf Erfahrungen mit Ablehnungsgesuchen des Klägers in anderen bei ihm anhängigen Rechtsstreitigkeiten.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Weder der Kläger noch die Beklagte gehören zu den in § 183 SGG genannten privilegierten Personen; der Kläger ist nicht in seiner Eigenschaft als Versicherter bzw Leistungsempfänger am Verfahren beteiligt. Die Streitwertentscheidung beruht auf § 47 Abs 3, § 52 Abs 2, § 63 Abs 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Mangels jeglicher Hinweise zur Bedeutung des Rechtsstreits für den Kläger ist vom Regelstreitwert - ohne prozentualen Abschlag - auszugehen. Der Senat macht von dem ihm in § 63 Abs 3 Satz 1 GKG eingeräumten Ermessen zur Abänderung der Streitwertfestsetzung der Vorinstanzen keinen Gebrauch(vgl dazu BSG, Beschluss vom 19.9.2006 - B 6 KA 30/06 B - Juris RdNr 6 mwN).

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.