Bundessozialgericht Urteil, 12. Okt. 2016 - B 4 AS 60/15 R

bei uns veröffentlicht am12.10.2016

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 12. März 2015 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Aufhebung der vorläufigen Bewilligung und die endgültige Ablehnung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1.6. bis 30.9.2009. Dabei streiten die Beteiligten im Wesentlichen um die Frage, ob zwischen der Klägerin und L (L) in dem fraglichen Zeitraum eine Bedarfsgemeinschaft bestanden hat.

2

Die 1955 geborene Klägerin bezog ab 1.1.2005 von der ARGE L als Rechtsvorgängerin des Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Dem Erstantrag war eine schriftliche Vereinbarung der Klägerin mit L beigefügt, worin sich dieser verpflichtete, an die Klägerin monatlich 123 Euro als Anteil an den Kosten der Wohnung zu zahlen. Beide hatten die Wohnung 1985 gemeinsam angemietet und haben dort seitdem ununterbrochen gewohnt. Die gemeinsame Tochter der Klägerin und des L lebte bis 30.11.2010 ebenfalls in der Wohnung, gehörte aber seit 1.11.2007 wegen der Aufnahme einer Ausbildung nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft. Bei Ermittlungen kam es im Februar 2006 zu einem unangekündigten Hausbesuch durch eine Mitarbeiterin des Beklagten, die zu der Einschätzung kam, zwischen der Klägerin und L bestehe eine Lebensgemeinschaft.

3

Für den streitigen Zeitraum bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 18.3.2009 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1.4. bis 30.9.2009 in Höhe von 471,39 Euro. Der Beklagte änderte wegen Berücksichtigung einer Gasabrechnung und verminderten Erwerbseinkommens der Klägerin die Leistungen nach dem SGB II dahingehend ab (Änderungbescheid vom 8.5.2009), dass für April 2009 522,59 Euro und vom 1.5.2009 bis 30.9.2009 vorläufig monatlich 473,73 Euro gewährt wurden. Nach Vorlage von Lohnbescheinigungen des L hob der Beklagte - zunächst gestützt auf § 48 SGB X - die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab 1.6.2009 auf (Bescheid vom 27.5.2009). Wegen Berücksichtigung des Einkommens des L sei die Klägerin nicht hilfebedürftig. Die Klägerin erhob Widerspruch und machte geltend, zwischen ihr und L bestehe nur eine Wohngemeinschaft. Der Beklagte wies den Widerspruch zurück, stützte seine Entscheidung aber nunmehr auf §§ 7, 9, 11, 19 und 40 Abs 1 S 2 Nr 1a SGB II iVm § 328 Abs 2 SGB III und beschränkte seine Ablehnung auf die Zeit vom 1.6. bis 30.9.2009 (Widerspruchsbescheid vom 10.6.2010).

4

In einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat das Sächsische LSG der Klägerin einstweilige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auch für die Zeit vom 1.6. bis 30.9.2009 in Höhe von 473,73 Euro/mtl zugesprochen, die auch ausgezahlt worden sind (Beschluss vom 10.9.2009 - L 7 AS 414/09 B ER).

5

Das SG hat die Klage in der Hauptsache abgewiesen (Urteil vom 7.2.2012). Es bestehe zwischen der Klägerin und L eine Bedarfsgemeinschaft. Es liege ein qualifiziertes Zusammenleben vor, weil beide Personen die Wohnung gemeinsam mit ihrer damals noch minderjährigen Tochter bewohnten. Auch lebten beide seit 1985 zusammen in dieser Wohnung.

6

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 12.3.2015). Der angefochtene Bescheid sei in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Auch materiell sei der Bescheid rechtmäßig, denn im Rahmen der anhand von Indizien vorzunehmenden Gesamtwürdigung sei davon auszugehen, dass die Klägerin und L eine Bedarfsgemeinschaft bildeten. Zwischen beiden habe schon früher eine eheähnliche Gemeinschaft bestanden. Eine Trennung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft sei nicht festzustellen. § 1567 BGB und die hierzu ergangene Rechtsprechung sei auf die Prüfung der Trennung einer eheähnlichen Gemeinschaft zu übertragen. Danach setze die Trennung der Partnerschaft einen erkennbaren Trennungswillen voraus. Ein solcher Trennungswille sei im konkreten Fall nicht durch objektive Umstände belegt, sodass weiterhin vom Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft auszugehen sei. Auch hätten die Klägerin und L langjährig in häuslicher Gemeinschaft mit ihrer minderjährigen Tochter gelebt, hätten diese versorgt und aus einem "Topf" gewirtschaftet.

7

Die Klägerin macht mit der Revision geltend, das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass zwischen ihr und L im Jahr 2009 eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bestanden habe. Insbesondere müsse und könne sie nicht nachweisen, dass sie sich von dem angeblichen Partner getrennt habe. Die Anwendung des § 1567 BGB verkehre die Beweislastregeln. Auch habe das LSG die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung überschritten, indem es bei der Würdigung der Zeugenaussagen die allgemeinen Denkgesetze missachtet habe. Schließlich habe das LSG gegen Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG verstoßen, als es in Ansehung des Ergebnisses der Beweisaufnahme die Berufung überraschend zurückgewiesen habe.

8

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Sächsischen Landessozialgerichts vom 12. März 2015 und des Sozialgerichts Leipzig vom 7. Februar 2012 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 27. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Juni 2010 aufzuheben.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Auch wenn man von der Vermutung des § 1567 BGB Abstand nehme, sei die vom LSG getroffene Entscheidung im Ergebnis richtig. Die Umstände für die Vermutung eines Verantwortungs- und Einstandswillens nach § 7 Abs 3a SGB II lägen vor und seien nicht durch objektivierbare Umstände widerlegt worden.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung der Entscheidung des LSG und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das Urteil des Sächsischen LSG vom 12.3.2015, mit dem dieses das klageabweisende Urteil des SG Leipzig vom 7.2.2012 und damit den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 27.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.6.2010 bestätigt hat.

13

Die Klägerin kann ihr Rechtsschutzbegehren in zulässiger Weise mit der Anfechtungsklage verfolgen. Zwar würden ihr im Falle eines Erfolgs keine höheren als die bereits erhaltenen (vorläufigen) Leistungen zustehen; die Klägerin hat bereits vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 473,73 Euro für die Monate Juni bis September 2009 erhalten (Beschluss des LSG vom 10.9.2009 - L 7 AS 414/09 B ER). Die isolierte Anfechtungsklage ist aber mit dem Ziel statthaft, die Vorläufigkeitserklärung, die ihre Rechtsgrundlage in § 40 Abs 1 S 2 Nr 1a SGB II(Nr 1a eingefügt durch das Gesetz zur Neufassung der Freibetragsregelungen für erwerbsfähige Hilfebedürftige vom 14.8.2005, BGBl I 2407; § 40 SGB II hier anwendbar in der ab 1.1.2009 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008, BGBl I 2917 ) iVm § 328 Abs 1 SGB III hatte, zu beseitigen und eine endgültige Bewilligung zu erlangen(vgl BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R - BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 20; Düe in Brand, SGB III, 7. Aufl 2015, § 328 RdNr 33 mwN). Im Erfolgsfall wird über eine endgültige Leistungsbewilligung für den streitigen Zeitraum zu entscheiden sein.

14

1. Der angefochtene Verwaltungsakt des Beklagten ist formell rechtmäßig.

15

Eine Anhörung der Klägerin ist vor Erlass des Verwaltungsakts, mit dem endgültig über die Bewilligung von Leistungen entschieden worden ist, nicht erforderlich gewesen.

16

Nach § 24 Abs 1 SGB X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in die Rechte des Betroffenen eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen zu äußern. Dabei ist bezüglich der Frage, ob eine Anhörung erforderlich ist, von der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung der handelnden Verwaltungsbehörde auszugehen, auch wenn diese falsch sein sollte. Der Umstand, dass der Beklagte die Aufhebungsverfügung (zunächst fehlerhaft) auf § 48 SGB X gestützt hat, was eine Anhörung erfordern würde, begründet hier aber keinen Anhörungsfehler. Gegenstand der gerichtlichen Prüfung ist der Verwaltungsakt des Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheids. Mit dem Widerspruchsbescheid hat dieser aber seine Begründung korrigiert und seine Entscheidung nun (richtig) auf § 40 Abs 1 S 2 Nr 1a SGB II aF iVm § 328 Abs 2 SGB III gestützt.

17

Vor Erlass einer endgültigen Entscheidung über den Leistungsanspruch nach zunächst vorläufiger Bewilligung bedarf es keiner Anhörung. Die Klägerin hat durch die vorläufige Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II keine Rechtsposition erlangt, in die der Beklagte durch die endgültige Entscheidung über die Leistungsbewilligung hätte eingreifen können (so zutreffend Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, 05/12, § 328 RdNr 218; Aubel in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 40 RdNr 14 mwN).

18

2. Der Senat kann aber nicht abschließend darüber entscheiden, ob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1.6. bis 30.9.2009 endgültig ablehnen durfte, der angefochtene Verwaltungsakt also materiell rechtmäßig ist.

19

Rechtsgrundlage für die Ersetzung der vorläufigen Bewilligung durch eine endgültige Entscheidung, die auch in der Ablehnung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1.6. bis 30.9.2009 bestehen kann, ist § 40 Abs 1 S 2 Nr 1a SGB II aF iVm § 328 Abs 2 SGB III. Nach § 40 Abs 1 S 2 Nr 1a SGB II aF sind die Vorschriften des SGB III über die vorläufige Bewilligung entsprechend anwendbar. Nach § 328 Abs 2 SGB III hat die Behörde eine vorläufige Entscheidung auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

20

Der Beklagte ist nach diesen Vorschriften ermächtigt gewesen, eine endgültige Entscheidung über den Leistungsanspruch zu treffen. Denn die Klägerin hat ausdrücklich beantragt, die Bescheide über die vorläufige Bewilligung vom 18.3. und 8.5.2009 für endgültig zu erklären. Darüber hinaus ist der Beklagte - trotz des insoweit engeren Wortlauts des § 328 Abs 2 SGB III - verpflichtet, nach Klärung der Verhältnisse einen endgültigen Bescheid über die Leistungsbewilligung nach dem SGB II zu erlassen(BSG Urteil vom 29.4.2015 - B 14 AS 31/14 R - SozR 4-4200 § 40 Nr 9 RdNr 21).

21

Zwar erfüllt die Klägerin die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II(in der ab 1.8.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706 ). Sie ist leistungsberechtigt, denn sie ist 1955 geboren, erwerbsfähig und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Einer der Ausschlusstatbestände nach § 7 Abs 1 S 2, Abs 4, 4a oder 5 SGB II liegt nicht vor. Mangels ausreichenden Einkommens und Vermögens ist sie selbst hilfebedürftig iS des § 9 Abs 1 SGB II(idF ab 1.1.2005, im Folgenden aF).Allerdings ist nach § 9 Abs 2 S 1 SGB II aF bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen.

22

Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts werden in Höhe der Bedarfe nach § 19 Abs 1 S 1 und 2 SGB II erbracht, soweit sie nicht durch zu berücksichtigendes Einkommen gedeckt sind(§ 19 Abs 3 S 1 SGB II). Der Bedarf der Klägerin lag von Mai bis September 2009 bei jeweils 473,73 Euro/mtl und setzte sich aus dem Regelbedarf (§ 20 Abs 2 S 1 SGB II) sowie dem Bedarf an Kosten der Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs 1 S 1 SGB II)zusammen.

23

Aufgrund der Feststellungen des LSG ist jedoch nicht geklärt, ob die Klägerin hilfebedürftig iS des § 9 Abs 1 SGB II aF ist. Dies ist nicht der Fall, wenn bei der Berechnung ihres Leistungsanspruchs Einkommen und Vermögen des L zu berücksichtigen ist. Einkommen und Vermögen des L ist nur zu berücksichtigen, wenn zwischen ihr und L im streitbefangenen Zeitraum eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II aF)bestanden hat.

24

Nach § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II aF gehört als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die Person zur Bedarfsgemeinschaft, die mit ihr in einem gemeinsamen Haushalt so zusammen lebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Dieser Wille wird gemäß § 7 Abs 3a SGB II(ebenfalls idF ab 1.8.2006) vermutet, wenn Partner
1. länger als ein Jahr zusammen leben,
2. mit einem gemeinsamen Kind zusammen leben,
3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4. befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

25

Die Voraussetzungen des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II aF hat der Senat dahingehend konkretisiert(vgl BSG Urteil vom 23.8.2012 - B 4 AS 34/12 R - BSGE 111, 250 = SozR 4-4200 § 7 Nr 32, RdNr 14), dass drei Merkmale kumulativ gegeben sein müssen. Bei den fraglichen Personen muss es sich um Partner handeln (1.), die in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben (objektive Voraussetzung, 2.), und zwar so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (subjektive Voraussetzung, 3.). Der Begriff der "Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft" wird gegenüber der (bloßen) Wohngemeinschaft dadurch gekennzeichnet, dass ihre Mitglieder nicht nur vorübergehend in einer Wohnung leben, sondern einen gemeinsamen Haushalt in der Weise führen, dass sie aus einem "Topf" wirtschaften (vgl BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 68/07 R - BSGE 102, 258 = SozR 4-4225 § 1 Nr 1, RdNr 13; BSG Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 6/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 6 RdNr 15; BSG Urteil vom 23.8.2012 - B 4 AS 34/12 - BSGE 111, 250 = SozR 4-4200 § 7 Nr 32, RdNr 17 f; dazu Reichel, jurisPR-SozR 9/2013 Anm 3; kritisch Wettlaufer, SGb 2016, 496, 501).

26

Die Prüfung, ob die genannten Voraussetzungen zur Annahme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft berechtigen, ist durch das Tatsachengericht anhand von Indizien im Wege einer Gesamtwürdigung festzustellen; die Würdigung bezieht sich auch auf subjektive Tatsachen (ähnlich zur Feststellung einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft auch BFH, 10.3.2016 - III R 62/12 - HFR 2016, 729). Das Revisionsgericht hat insoweit nur zu prüfen, ob das Tatsachengericht bei seinen Feststellungen von dem zutreffenden Rechtsbegriff - hier der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft - ausgegangen ist (ähnlich zur Feststellung einer Verwertungsmöglichkeit: BSG Urteil vom 20.2.2014 - B 14 AS 10/13 R - BSGE 115, 148 = SozR 4-4200 § 12 Nr 23).

27

Allerdings hat das LSG die Feststellung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen der Klägerin und L nicht frei von Rechtsfehlern getroffen.

28

Zwar hat das LSG im Rahmen der Würdigung der Umstände des Einzelfalls berücksichtigt, dass die Klägerin schon seit Jahrzehnten mit L zusammenwohnt, dass beide Personen Mieter der gemeinsamen Wohnung sind, sie ein gemeinsames Kind haben, das bis 2010 mit ihnen in der Wohnung lebte und von der Klägerin und L versorgt worden ist. Obwohl mithin mehrere Kriterien des § 7 Abs 3a SGB II aF erfüllt sind, hat das LSG nicht aus diesen Umständen auf das Vorliegen eines Einstandswillens geschlossen. Vielmehr hat es das Bestehen einer "nichtehelichen Lebensgemeinschaft" in der Zeit vor 2009 bejaht und hiervon ausgehend weiter geprüft, ob sich die Partner dieser früheren Beziehung getrennt haben. Zur Prüfung, ob eine Trennung erfolgt sei, hat es § 1567 Abs 1 BGB entsprechend angewendet. Nach dieser Vorschrift leben die "Ehegatten" getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Gemäß § 1567 Abs 1 S 2 BGB besteht die häusliche Gemeinschaft auch nicht, wenn Ehegatten innerhalb einer Wohnung getrennt leben.

29

§ 1567 Abs 1 BGB ist für die Gesamtwürdigung, ob eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft besteht oder nicht besteht, nicht - auch nicht entsprechend - anzuwenden. Dies scheitert schon daran, dass es sich um eine Regelung über die Trennung von Eheleuten handelt. Solche Regelungen des Familienrechts, die die Ehe betreffen, können auf eheähnliche Gemeinschaften gerade nicht angewendet werden.

30

Die Voraussetzungen für die Leistungsberechtigung nach dem SGB II sind in § 7 SGB II aF eigenständig und abschließend geregelt(so auch Wettlaufer, SGb 2016, 496, 500). Es obliegt den Jobcentern und ggf den zuständigen Gerichten zu ermitteln (§§ 20, 21 SGB X) und darüber zu entscheiden, ob eine leistungsberechtigte Person aktuell in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, weil die gemäß § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II aF mit einer anderen Person so zusammen lebt, dass der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Um diese mitunter schwierige Entscheidung zu erleichtern, stellt § 7 Abs 3a SGB II aF eine Regelung auf, unter welchen Voraussetzungen der Wille, füreinander Verantwortung zu tragen und einzustehen, widerleglich vermutet wird. In diesem Regelungskontext ist für die entsprechende Anwendung familienrechtlicher Regelungen (zB § 1567 BGB) kein Raum. Insbesondere sehen die Regelungen in § 7 Abs 3, 3a SGB II aF nicht vor, dass Leistungsberechtigte, zwischen denen irgendwann eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bestanden hat, einen "nach außen erkennbaren Trennungswillen" dokumentieren müssten.

31

Anderes kann auch der Entscheidung des BSG vom 16.4.2013 (B 14 AS 71/12 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 12 RdNr 17)nicht entnommen werden. Dort hat das BSG entschieden, dass für die Auslegung des Begriffs "Getrenntleben" von Ehegatten (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II aF) der familienrechtliche Begriff des § 1567 BGB gilt. Anders als jene Entscheidung betrifft der vorliegende Fall nicht die Frage, ob Ehegatten getrennt leben. Vielmehr geht es darum, zu entscheiden, ob zwei Personen in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II aF) leben und deshalb eine Bedarfsgemeinschaft bilden. Auf diese Fallgruppe ist die Rechtsprechung des BSG zur Frage des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft unter Ehepartnern (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II aF) nicht übertragbar (so auch BVerwG Urteil vom 26.1.1995 - 5 C 8/93 - BVerwGE 97, 344 = NVwZ 1995, 1106; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 14.3.2008 - L 8 AS 1358/07; Schoch in Münder , SGB II, 5. Aufl 2013, § 7 RdNr 60).

32

Weil das LSG bei der Feststellung des Vorliegens einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen der Klägerin und L von unzutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist, reichen die vom LSG getroffenen Feststellungen für eine Entscheidung des Senats nicht aus (§ 163 SGG). Der Senat ist auch nicht befugt, anstelle des Tatsachengerichts die erforderlichen Feststellungen selbst zu treffen und die gebotene Gesamtabwägung vorzunehmen. Daher ist das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

33

3. Das LSG wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren nach Maßgabe des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II aF zu ermitteln und zu beurteilen haben, ob im streitigen Zeitraum von Juni bis September 2009 zwischen der Klägerin und L eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bestanden hat.

34

Nachdem der Rechtsstreit aus den genannten Gründen an das LSG zurückzuverweisen ist, kommt es auf die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen nicht an.

35

Das LSG wird in dem wiedereröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

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bei uns veröffentlicht am 14.03.2008

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 31. Januar 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Tatbestand
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundessozialgericht Urteil, 12. Okt. 2016 - B 4 AS 60/15 R.

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 20. Okt. 2016 - L 7 AS 659/16 B ER

bei uns veröffentlicht am 20.10.2016

Tenor I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 17. August 2016 aufgehoben und der Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. II. Die

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 24. Juli 2017 - L 7 AS 462/17 B ER

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Bundessozialgericht Beschluss, 12. Sept. 2018 - B 14 AS 414/17 B

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Tenor Auf die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 8. November 2017 aufgehoben.

Bundessozialgericht Urteil, 25. Apr. 2018 - B 14 AS 21/17 R

bei uns veröffentlicht am 25.04.2018

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. September 2016 aufgehoben.

Referenzen

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn

1.
die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist,
2.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens beim Bundessozialgericht ist oder
3.
zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 ist auf Antrag vorläufig zu entscheiden.

(2) Eine vorläufige Entscheidung ist nur auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen sind auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten; auf Grund einer vorläufigen Entscheidung erbrachtes Kurzarbeitergeld und Wintergeld ist vom Arbeitgeber zurückzuzahlen.

(4) Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 und 3, Absatz 2 sowie Absatz 3 Satz 1 und 2 sind für die Erstattung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung entsprechend anwendbar.

(1) Die Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben.

(2) Ein Zusammenleben über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Ehegatten dienen soll, unterbricht oder hemmt die in § 1566 bestimmten Fristen nicht.

Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

(1) Die Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben.

(2) Ein Zusammenleben über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Ehegatten dienen soll, unterbricht oder hemmt die in § 1566 bestimmten Fristen nicht.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn

1.
die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist,
2.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens beim Bundessozialgericht ist oder
3.
zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 ist auf Antrag vorläufig zu entscheiden.

(2) Eine vorläufige Entscheidung ist nur auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen sind auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten; auf Grund einer vorläufigen Entscheidung erbrachtes Kurzarbeitergeld und Wintergeld ist vom Arbeitgeber zurückzuzahlen.

(4) Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 und 3, Absatz 2 sowie Absatz 3 Satz 1 und 2 sind für die Erstattung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung entsprechend anwendbar.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. April 2010 wird zurückgewiesen, soweit die Klägerin Arbeitslosengeld II und Übernahme der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 1. November 2007 bis 31. März 2008 als endgültige Leistungen begehrt. Im Übrigen wird das Urteil auf die Revision der Klägerin aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die endgültige, hilfsweise vorläufige Bewilligung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 1.11.2007 bis 30.4.2008 unter Berücksichtigung eines höheren Bedarfs an Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) und ohne die Berücksichtigung von Einkommen.

2

Die 1947 geborene Klägerin bezieht seit 1.1.2005 fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie bewohnte bis Mai 2008 alleine eine 81,83 qm große Dreizimmerwohnung in Berlin. Für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 30.11.2006 gewährte ihr der Beklagte Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen monatlichen Aufwendungen (monatliche Bruttowarmmiete 663,53 Euro, ab 1.4.2005 684,78 Euro).

3

Mit dem Antrag vom 24.4.2007 auf Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum ab 1.5.2007 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie voraussichtlich zum 1.9.2007 eine selbstständige Erwerbstätigkeit als Leiterin eines Kindertheaterprojektes beim Förderverein H eV (wieder) aufnehmen werde. Den voraussichtlichen Betriebseinnahmen von monatlich 500 Euro im Zeitraum 1.9.2007 bis 31.3.2008 würden 100 Euro Betriebsausgaben gegenüberstehen. Für den Zeitraum vom 1.11.2007 bis 30.4.2008 bewilligte der Beklagte monatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von insgesamt 387 Euro einschließlich eines Betrags von 360 Euro für Unterkunft und Heizung (Bescheid vom 5.10.2007) und eines monatlichen Regelbedarfs von 347 Euro, dem er monatliches Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von 320 Euro gegenüberstellte. Auf Seite 2 des Bescheides heißt es ua: "Die Bewilligung ist nach § 40 Abs 1 Nr 1a SGB II iVm § 328 SGB III nur vorläufig aufgrund des unterschiedlichen Einkommens Ihrer Honorartätigkeit." Dem Bescheid war zudem ein Erläuterungsschreiben vom selben Tag zur vorläufigen Leistungsgewährung beigefügt, in dem ua ausgeführt wird, dass auf den Antrag der Klägerin vom 5.10.2007 die Leistung wegen der Unklarheit der Einkommenshöhe nur vorläufig in Bezug auf die Leistungshöhe bewilligt werde und eine abschließende Entscheidung zur Höhe des Leistungsanspruches erst nach Vorlage des Einkommensteuerbescheids erfolgen könne.

4

Gegen den Bescheid vom 5.10.2007 legte die Klägerin Widerspruch ein, mit dem sie Leistungen für KdU in Höhe von 513,59 Euro, den Abzug von Betriebsausgaben vom Einkommen und die Nichtanrechnung von Einkommen für den Zeitraum vom 1.4. bis 30.4.2008 begehrte, da ihre berufliche Tätigkeit zum 31.3.2008 ende. Von Januar bis Oktober 2007 habe sie monatliche Betriebsausgaben in Höhe von 260,83 Euro gehabt.

5

Auf den Antrag der Klägerin verpflichtete das SG den Beklagten durch Beschluss vom 25.10.2007 - S 100 AS 524/07 ER I - im Wege einstweiliger Anordnung, der Klägerin für den Monat Oktober 2007 unter Anrechnung bereits gezahlter Leistungen insgesamt 707 Euro zu zahlen und für den Zeitraum vom 1.11. bis zum 31.12.2007 monatliche Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 504,78 Euro zu gewähren. Dies führte der Beklagte durch Bescheid vom 9.11.2007 aus.

6

Mit Änderungsbescheid vom 2.1.2008 gewährte der Beklagte der Klägerin unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 5.10.2007 monatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für
den Zeitraum vom 1.11. bis 31.12.2007 in Höhe von 740,44 Euro, hiervon einen Betrag in Höhe von 504,78 Euro für KdU,
für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.3.2008 in Höhe von 595,66 Euro, hiervon einen Betrag in Höhe von 360 Euro für KdU und
für den Zeitraum vom 1.4. bis 30.4.2008 in Höhe von 707 Euro, hiervon ebenfalls einen Betrag in Höhe von 360 Euro für KdU.
Dabei berücksichtigte der Beklagte im Zeitraum vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 als Betriebsausgaben 260,83 Euro und ging von einem laufenden Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von monatlich 239,17 Euro aus, von dem ein Betrag in Höhe von 111,34 Euro als Einnahme iS des § 11 SGB II zu berücksichtigen sei. Zudem berücksichtigte er das Auslaufen des Honorarvertrages der Klägerin zum 31.3.2008 mit der Folge, dass für April 2008 kein Einkommen berücksichtigt wurde. Auch in diesem Bescheid hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass die Bewilligung vorläufig erfolge, weil die Höhe des Einkommens nicht hinreichend bekannt sei. Den Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 22.1.2008 unter Hinweis auf die Vorläufigkeit der Bewilligung und der Entscheidung des SG vom 25.10.2007 - S 100 AS 524/07 ER I - sowie seiner bisherigen Berechnungen zum Einkommen zurück.

7

Hiergegen hat die Klägerin am 21.2.2008 Klage zum SG Berlin "wegen Kosten der Unterkunft" erhoben und ausgeführt, ihr würden höhere Leistungen für KdU zustehen. Mit am 16.5.2008 beim SG eingegangenem Schriftsatz hat sie zudem die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne die Anrechnung von Einkommen, hilfsweise unter Berücksichtigung der Kosten ihres Arbeitszimmers als Betriebsausgabe geltend gemacht. Durch Gerichtsbescheid vom 6.8.2008 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen, soweit die Klägerin die Gewährung höherer Regelleistungen geltend gemacht habe. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, da die Aufwendungen der Klägerin für Unterkunft und Heizung nicht angemessen seien.

8

Auf die Berufung der Klägerin hiergegen hat das LSG Berlin-Brandenburg in der mündlichen Verhandlung vom 22.4.2010 darauf hingewiesen, dass Regelungsgehalt der streitgegenständlichen Bescheide eine vorläufige Leistungsbewilligung sei, woraufhin die Klägerin erklärt hat, eine endgültige, hilfsweise vorläufige Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II zu erstreben. Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 22.4.2010). Im Hinblick auf die Gewährung höherer Regelleistungen hat es die Klage als unzulässig angesehen, weil sie nicht fristgerecht erhoben sei. Das auf die Gewährung höherer Regelleistungen gerichtete Begehren sei nicht bereits Gegenstand der Klageschrift vom 21.2.2008 gewesen. Die Klägerin habe den Streitgegenstand auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung begrenzt. Auch die endgültige Gewährung von höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II hat es als unzulässig - in Ermangelung einer Klagebefugnis der Klägerin - bewertet. Es fehle insoweit an einem Verwaltungsakt, der über die von ihr begehrten endgültigen Leistungen entschieden habe. Der Beklagte habe durch die streitgegenständlichen Bescheide nur vorläufige Leistungen bewilligt. Die auf vorläufige Leistungen gerichtete Klage sei jedoch ebenfalls unzulässig. Insoweit sei der angegriffene Bescheid bestandskräftig geworden, denn dieses Begehren sei nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem SG gewesen. Die Klage sei von Anfang an eindeutig auf eine endgültige Leistungsgewährung gerichtet gewesen. Hierin sei nicht (als Minus) ein auf die vorläufige Bewilligung von Leistungen gerichtetes Begehren enthalten. Die erstmals im Berufungsverfahren (hilfsweise) begehrte vorläufige Gewährung höherer Leistungen nach § 40 Abs 1 Nr 1a SGB II iVm § 328 SGB III sei ihrer Rechtsnatur nach etwas anderes als eine endgültige Leistungsbewilligung, ein so genanntes aliud.

9

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 40 Abs 1 Nr 1a SGB II iVm § 328 Abs 1 Nr 3 SGB III, § 54 Abs 1 Satz 2 SGG, §§ 95, 123 SGG und Art 19 Abs 4 GG. Die Klagebefugnis könne nicht verneint werden. Außerdem sei der Vorläufigkeitsvorbehalt nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen, weshalb von einer endgültigen Bewilligung auszugehen sei. Eine nur vorläufige Bewilligung unterstellt, hätten die Klaganträge, ausgehend vom Klagebegehren, gemäß § 123 SGG von Anfang an dahingehend ausgelegt werden müssen, dass die Klage auf die vorläufige Gewährung höherer Leistungen gerichtet gewesen sei. Eine Beschränkung des Streitgegenstands auf die Leistungen der KdU sei nicht erfolgt. In der Sache bestehe ein Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Für die Zeit von April 2007 bis Januar 2008 sei ihr zudem aus familiären Gründen eine gesteigerte Wohnungssuche nicht zumutbar gewesen. Eine wirksame Kostensenkungsaufforderung sei nicht erfolgt.

10

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. April 2010 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. August 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung seines Bescheides vom 5. Oktober 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides 2. Januar 2008, dieser wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2008 zu verurteilen, ihr für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 endgültige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne die Anrechnung von Einkommen und unter Berücksichtigung eines Bedarfs für die Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 675,78 Euro zu gewähren,

11

hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. April 2010 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. August 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung seines Bescheides vom 5. Oktober 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. Januar 2008, dieser wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2008 zu verpflichten, ihr für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 vorläufig höhere Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.

12

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision ist unbegründet, soweit die Klägerin für den Zeitraum vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 endgültige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II begehrt. Der Beklagte hat insoweit zu Recht zwischen dem 1.11.2007 und dem 31.3.2008 die Leistungen vorläufig bewilligt (2.). Im Hinblick auf die vorläufige Leistungsgewährung im Zeitraum vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 ist die Revision im Sinne der Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 SGG)(3.). Entgegen der Rechtsauffassung des LSG erstreckt sich die Klage insoweit nicht alleine auf die Gewährung endgültiger Leistungen. Auch im Hinblick auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat April 2008 ist die Revision im Sinne der Zurückverweisung an das LSG begründet. Es kann nicht abschließend festgestellt werden, ob in diesem Monat - trotz der Beendigung des Honorarvertrags der Klägerin zum 31.3.2008 - die Vorläufigkeit der Leistungsbewilligung noch rechtmäßig war (4.).

14

1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig(vgl Urteile des Senats vom 18.1.2011, ua B 4 AS 99/10 R). Nach § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar. Das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen.

15

Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b SGB II bestehen, weil der Gesetzgeber sich bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt(BSG Urteile vom 18.1.2011, ua B 4 AS 99/10 R).

16

2. Die Klägerin hat im Zeitraum vom 1.11.2007 bis 30.4.2008 keinen Anspruch auf endgültige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Beklagte hat entgegen der Auffassung der Klägerin ab dem 1.11.2007 nur vorläufige Leistungen bewilligt (a). Ihre gleichwohl auf endgültige Leistungen gerichtete Klage ist jedoch im Gegensatz zur Auffassung des LSG nicht unzulässig (b). Die angefochtenen Bescheide sind jedoch im Hinblick auf die Bewilligung vorläufiger Leistungen rechtmäßig (c).

17

a) Streitgegenstand ist der Bescheid vom 5.10.2007 idF des Änderungsbescheides vom 2.1.2008, dieser wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.1.2008, mit welchem der Beklagte eine vorläufige Entscheidung iS des § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1a SGB II iVm § 328 Abs 1 Nr 3 SGB III getroffen hat. Die Auslegung des Bescheides vom 5.10.2007 durch das LSG insoweit ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

18

Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass bei der Auslegung eines Bescheids maßgebend ist, wie der Empfänger ihn verstehen durfte (§ 133 BGB). Auszugehen ist vom Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (vgl BSG Urteil vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 = BSGE 67, 104 <110 f> = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 f; BSG Urteil vom 16.11.1995 - 4 RLw 4/94 = SozR 3-1300 § 31 Nr 10 S 12). Der Empfänger kann sich nicht darauf berufen, er habe die Erklärung in einem bestimmten Sinne verstanden, wenn sie objektiv - unter Berücksichtigung aller Umstände - nicht so verstanden werden konnte (zur Maßgeblichkeit des objektiven Erklärungswertes vgl BSG Urteil vom 1.3.1979 - 6 RKa 3/78 = BSGE 48, 56 <58 f> = SozR 2200 § 368a Nr 5 S 10). Die Regelung der Vorläufigkeit für sich hat Verfügungscharakter (Niesel/Brand/Düe, SGB III, 5. Aufl 2010, § 328 RdNr 30; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, § 328 RdNr 301, vgl auch BSG Urteil vom 15.8.2002 - B 7 AL 24/01 R = SozR 3-4100 § 147 Nr 1 S 5). Es ist deshalb erforderlich, dass sich aus dem Verwaltungsakt eindeutig ergibt, ob und inwieweit die Verwaltung eine vorläufige Bewilligung verfügt hat (BSG Urteil vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 = BSGE 67, 104 <110 f> = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 f; BSG Urteil vom 16.11.1995 - 4 RLw 4/94 = SozR 3-1300 § 31 Nr 10 S 12 f; Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 328 RdNr 46). Die "Typus prägenden Merkmale" der vorläufigen Entscheidung müssen unzweifelhaft erkennbar sein (vgl BSG Urteil vom 29.4.1997 - 4 RA 46/96 - SozR 3-1200 § 42 Nr 9 S 37 mwN; Niesel/Brand/Düe, SGB III, 5. Aufl 2010, § 328 RdNr 20, 30; Gagel/Pilz, SGB III, § 328 RdNr 34 f; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, § 328 RdNr 301). Das ist hier der Fall.

19

Selbst wenn man annehmen wollte, die Verfügung der Vorläufigkeit der Bewilligung in dem Bescheid vom 5.10.2007 sei nicht auf den ersten Blick erkennbar gewesen, weil der Beklagte den Verfügungssatz insoweit nicht dem Bescheidtext voran-, sondern an das Ende des Verwaltungsaktes gestellt hat, konnte die Klägerin durch das dem Bescheid beigefügte Erläuterungsschreiben die Vorläufigkeit der Leistungsgewährung erkennen. Das Erläuterungsschreiben des Beklagten und der Bewilligungsbescheid vom 5.10.2007 bilden zusammen eine rechtliche Einheit im Sinne eines Verwaltungsaktes (vgl BSG Urteil vom 1.7.2010 - B 11 AL 19/09 R, zur Erläuterung der Vorläufigkeit einer Entscheidung auf einem Anlagenblatt zum Bescheid; s auch BSG Urteile vom 18.8.2005 - B 7a AL 4/05 R = SozR 4-1500 § 95 Nr 1 S 2; 20.10.2005 - B 7a AL 50/05 R = BSGE 95, 191 <193> = SozR 4-4300 § 37b Nr 2 S 3; 17.10.2007 - B 11a/7a AL 72/06 R - SozR 4-4300 § 37b Nr 6 S 20). In dem Schreiben des Beklagten vom 5.10.2007 ist unter Bezugnahme auf den Bewilligungsbescheid vom selben Tag klar und eindeutig ausgeführt, dass und warum und in Bezug auf welchen Inhalt der Leistungsbewilligung eine Vorläufigkeitsregelung getroffen wird. In der Gesamtschau der im Bescheid vom 5.10.2007 enthaltenen Verfügungen und den darauf bezogenen Ausführungen im Erläuterungsschreiben vom 5.10.2007 sind die "Typus prägenden Merkmale der vorläufigen Entscheidung" für den an Treu und Glauben orientierten Adressaten unzweifelhaft erkennbar.

20

b) Die Klage auf endgültige Leistungen ist im Gegensatz zur Auffassung des LSG gleichwohl nicht unzulässig. Zwar ist die vorläufige Leistung - wie vom LSG zutreffend ausgeführt - eine Leistung sui generis und ein aliud gegenüber der endgültigen Leistung (stRspr, vgl BSG Urteil vom 31.5.1989 - 4 RA 19/88 = SozR 1200 § 42 Nr 4 S 14; BSG Urteil vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 = BSGE 67, 104 <109 f> = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 f; BSG Urteil vom 12.5.1992 - 2 RU 7/92 = SozR 3-1200 § 42 Nr 2 S 4 f; BSG Urteil vom 16.6.1999 - B 9 V 13/98 R = SozR 3-1200 § 42 Nr 8 S 25 mwN; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, § 328 RdNr 56). Materiell-rechtlich handelt es sich mithin um zwei verschiedene Ansprüche. Soweit das LSG die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen eine die vorläufige Bewilligung von Leistungen verfügende Entscheidung der Verwaltung jedoch in Ermangelung einer Klagebefugnis für unzulässig hält, verkennt es die Grenzen der Rechtsschutzgewährung gegen vorläufige Entscheidungen. Unabhängig von der jeweils zutreffenden Klageart ist auch gegen vorläufige Entscheidungen grundsätzlich gerichtlicher Rechtsschutz zu gewähren. Im Falle einer den Kläger im Verhältnis zur vorläufigen Bewilligung belastenden endgültigen Entscheidung kann er im Klageverfahren gegen die endgültige Entscheidung nicht mehr damit gehört werden, die Verwaltung habe nicht vorläufig bewilligen dürfen. Ist die vorläufige Bewilligung bestandskräftig geworden, ist sie auch im Rahmen eines Erstattungsbescheides nach § 328 Abs 3 Satz 2 SGB III hinsichtlich der Vorläufigkeit nicht mehr überprüfbar(BSG Urteil vom 15.8.2002 - B 7 AL 24/01 R, SozR 3-4100 § 147 Nr 1). Der eine vorläufige Leistung bewilligende Bescheid ist mithin ebenso wie ein solcher über die Bewilligung von endgültigen Leistungen mit der Begründung anfechtbar, die Verwaltung habe rechtswidrig gehandelt, hier zu Unrecht vorläufige Leistungen anstatt endgültige bewilligt. Die zutreffende Klageart ist dann zu förderst die Anfechtungsklage (vgl Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 328 RdNr 92).

21

Gleichwohl ist ein auf endgültige Leistungen gerichtetes Begehren in Gestalt der Leistungsklage nicht grundsätzlich unzulässig ( § 54 Abs 2 SGG - vgl BSG Urteil vom 21.7.2009 - B 7 AL 49/07 R, BSGE 104, 76 = SozR 4-4300 § 22 Nr 2; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, § 328 RdNr 315; aA Düe in Niesel/Brand, SGB III, 6. Aufl 2010, § 328 RdNr 30 f, der nur die Anfechtung für rechtlich zulässig hält ) - ein Kläger ist wegen der Vorläufigkeit der Leistungsbewilligung nicht ausschließlich gehalten, ebenfalls nur Leistungen in vorläufiger Höhe zu beantragen, wenn die Verwaltung eine endgültige Leistungsgewährung durch gesonderten Verfügungssatz zumindest konkludent ablehnt. Die Entscheidung der vorläufigen Bewilligung einer Leistung ist nach § 328 Abs 1 SGB III eine Ermessensentscheidung, wobei der Verwaltungsträger einen Entscheidungsfreiraum im Sinne von Entschließungs- und Auswahlermessen hat(vgl Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 328 RdNr 42). Die grundsätzlich richtige Klageart im Falle nicht gebundener Entscheidungen ist damit zwar die Verpflichtungsklage (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 20b; so auch Eicher in Eicher/Schlegel, § 328 SGB III, RdNr 92 im Hinblick auf vorläufige Leistungen wegen der Entscheidungsfreiräume der Verwaltung). Sie hält auch der erkennende Senat für die zutreffende Klageart im Falle der vorläufigen Bewilligung von Leistungen nach § 328 Abs 1 SGB III, um der Einebnung der Verschiedenartigkeit der Ansprüche auf endgültige und vorläufige Leistungen entgegenzuwirken. Geht der Kläger jedoch davon aus, dass die Voraussetzungen für eine vorläufige Entscheidung nicht vorliegen oder das Ermessen der Behörde sowohl im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Entscheidung selbst, als auch der Höhe der zu bewilligenden Leistungen auf Null reduziert sei, ist die Beantragung der Leistung selbst (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, § 328 RdNr 315 - kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage)und hilfsweise die Verpflichtung zum Erlass eines neuen Bescheides unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zulässig. Die Verpflichtungsklage ist dann jedoch ggf als ein Minus (Hilfsantrag) in der Leistungsklage enthalten (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl 2008, IV, RdNr 18). Im Hinblick auf die Verpflichtung des Richters nach § 106 Abs 1, § 112 Abs 2 Satz 2 SGG, den erhobenen Anspruch festzustellen und auf eine entsprechende Antragstellung hinzuwirken(BSG Urteil vom 13.3.1991 - 6 RKa 20/89, BSGE 68, 190 <191> = SozR 3-2500 § 95 Nr 1), hätte sich das LSG in dieser Hinsicht mit dem klägerischen Vortrag auseinandersetzen und seinen prozessualen Hinweispflichten nachkommen oder die Klage insoweit ggf als unbegründet behandeln müssen.

22

c) Gleichwohl vermag die Klägerin mit ihrem Begehren auf endgültige Leistungen nicht durchzudringen. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte der Klägerin die Leistungen als vorläufige und nicht in Gestalt endgültiger Leistungen erbracht hat.

23

Gemäß § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1a SGB II iVm § 328 Abs 1 Nr 3 SGB III kann der Leistungsträger über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entscheiden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruches eines Hilfebedürftigen auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Hilfebedürftige die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

24

Die Klägerin hat bereits bei Antragstellung am 24.4.2007 mitgeteilt, dass sie ab dem 1.9.2007 eine selbstständige Erwerbstätigkeit als Leiterin eines Kindertheaterprojekts beim Förderverein H eV aufnehmen und voraussichtliche Betriebseinnahmen von 500 Euro haben werde, denen vom 1.9.2007 bis 31.3.2008 voraussichtlich Betriebsausgaben von 100 Euro monatlich entgegenstehen würden. Da somit zum Entscheidungszeitpunkt nicht eindeutig festzustellen war, in welcher Höhe Einkommen bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu berücksichtigen sein werde, was nach § 9 SGB II wiederum Einfluss sowohl auf das "Ob" des Bestehens eines Leistungsanspruchs, als auch auf die endgültige Leistungshöhe hat, entspricht die Ausfüllung des Ermessensfreiraums durch Bewilligung vorläufiger Leistungen pflichtgemäßer Ermessensbetätigung(vgl zum grundsätzlichen Verbot, einen Geldleistungsanspruch durch "endgültigen" Verwaltungsakt - von Sonderfällen und speziellen gesetzlichen Regelungen abgesehen - anzuerkennen, bevor die Sach- und Rechtslage vollständig geklärt ist: BSG Urteil vom 25.6.1998 - B 7 AL 126/95 R, BSGE 82, 183 = SozR 3-4100 § 71 Nr 2; BSGE 62, 32 , 39 = SozR 4100 § 71 Nr 2; BSGE 67, 104 , 113 ff = SozR 3-1300 § 32 Nr 2; SozR 3-1300 § 32 Nr 4).

25

Mit Rücksicht auf den hier vorliegenden Streitgegenstand brauchte sich der Senat nicht mit der Frage zu befassen, inwieweit die Voraussetzungen des § 3 Abs 6 Alg II-V idF vom 17.12.2007 (BGBl I 2942), der hier nach § 9 Satz 3 Alg II-V für den Zeitraum ab dem 1.1.2008 zur Anwendung gelangen könnte, gegeben sind.

26

3. Im Hinblick auf die Höhe der vorläufigen Leistungen für den Zeitraum vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 vermochte der Senat aufgrund der Feststellungen des LSG keine abschließende Entscheidung zu treffen. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des LSG ist die Klage auf höhere vorläufige Regelleistungen und Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ebenfalls nicht bereits unzulässig.

27

a) Die Klage ist im Hinblick auf die Gewährung vorläufig höherer Leistungen nicht verfristet. Wenn auch die Klägerin erst auf die Hinweise des LSG hilfsweise ausdrücklich vorläufige Leistungen beantragt hat, war die Bewilligung vorläufiger Leistungen gleichwohl von Anfang an Streitgegenstand des Gerichtsverfahrens.

28

Streitgegenstand ist nach der herrschenden prozessualen Theorie (vgl BSG Urteil vom 25.10.1995 - 5 RJ 40/93 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 4 S 7) der prozessuale Anspruch, nämlich das von der Klägerin aufgrund eines bestimmten Sachverhalts an das Gericht gerichtete Begehren, eine - bestimmte oder bestimmbare - Rechtsfolge auszusprechen. Der Streitgegenstand ist identisch mit dem erhobenen prozessualen Anspruch und wird bestimmt durch die erstrebte, im Klageantrag zum Ausdruck zu bringende Rechtsfolge sowie den Klagegrund, nämlich den Sachverhalt, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll (stRspr, vgl hierzu nur BSG Beschluss vom 18.8.1999 - B 4 RA 25/99 B = SozR 3-1500 § 96 Nr 9 S 18 f und Urteil vom 25.2.2004 - B 5 RJ 62/02 R = SozR 4-2600 § 237 Nr 2 S 20; ebenso BVerwG vom 10.5.1994 - 9 C 501/93 = BVerwGE 96, 24, 25).

29

Ein Klageantrag ist unter Berücksichtigung des "Meistbegünstigungsprinzips" (vgl hierzu nur: BSG Urteil vom 4.2.1999 - B 7 AL 120/97 R = SozR 3-6050 Art 71 Nr 11 S 57; BSG Urteil vom 10.3.1994 - 7 RAr 38/93, BSGE 74, 77 <79> = SozR 3-4100 § 104 Nr 11 S 47; BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217 <219> = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 S 2 f; BSG Urteil vom 23.2.2005 - B 6 KA 77/03 R = SozR 4-1500 § 92 Nr 2 S 4 f, jeweils mwN; s auch BVerfG vom 29.10.1975 - 2 BvR 630/73 = BVerfGE 40, 272 <275>, das auf eine "dem Beschwerdeführer günstige Auslegung" abstellt) unabhängig vom Wortlaut unter Berücksichtigung des wirklichen Willens so auszulegen (§ 123 SGG), dass das Begehren der Klägerin möglichst weitgehend zum Tragen kommt. Die Gerichte haben sich nicht daran zu orientieren, was als Klageantrag zulässig ist, sondern was nach dem klägerischen Vorbringen begehrt wird, soweit jeder vernünftige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung anpassen würde und keine Gründe für ein anderes Verhalten vorliegen (BSG Urteil vom 17.2.2005 - B 13 RJ 31/04 R = SozR 4-2600 § 43 Nr 3 S 17; BSG Urteil vom 23.2.2005 - B 6 KA 77/03 R = SozR 4-1500 § 92 Nr 2 S 4 f; BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217 <219> = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 S 2 f; Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, § 123 RdNr 8). Auch für die Auslegung von Prozesshandlungen einschließlich der Klageanträge ist die Auslegungsregel des § 133 BGB entsprechend anzuwenden(BSG Urteil vom 22.3.1988 - 8/5a RKn 11/87, BSGE 63, 93 <94> = SozR 2200 § 205 Nr 65 S 180; BSG Urteil vom 13.3.1991 - 6 RKa 20/89, BSGE 68, 190 <191> = SozR 3-2500 § 95 Nr 1). Danach ist nicht an dem Wortlaut einer Erklärung zu haften, sondern der wirkliche Wille zu erforschen und zu berücksichtigen, soweit er für das Gericht und die Beteiligten erkennbar ist. Dabei muss der für das Gericht und die übrigen Beteiligten erkennbare gesamte Klagevortrag einschließlich der Verwaltungsvorgänge herangezogen werden (BSG Urteil vom 22.3.1988 - 8/5a RKn 11/87, BSGE 63, 93 <94 f> = SozR 2200 § 205 Nr 65; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 92 RdNr 12).

30

Die Klägerin hat, wie oben dargelegt, den Bescheid vom 5.10.2007, mit dem Leistungen vorläufig bewilligt worden sind, angefochten und höhere Leistungen begehrt. Damit ist die Gewährung höherer vorläufiger Leistungen zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden, unabhängig von der konkreten Formulierung ihres Antrags. Die Neufassung des Antrags der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG stellte mithin keine Klageänderung iS des § 99 SGG dar. Die in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG aufgrund des rechtlichen Hinweises der Vorsitzenden gemäß § 106 Abs 1, § 112 Abs 2 Satz 2 SGG erfolgte Konkretisierung des Klageantrags und die Differenzierung in einen Haupt- und einen Hilfsantrag ist eine Klarstellung des schon ursprünglich Gewollten(vgl BSG Urteil vom 13.3.1991 - 6 RKa 20/89, BSGE 68, 190 <191> = BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 1 S 3 f).

31

b) Ebenso wenig ist die Klage im Hinblick auf die Gewährung auch einer höheren Regelleistung verfristet. Die Klägerin hat den Streitgegenstand nicht auf Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt. Die Regelleistung ist von Anfang an im Streit gewesen. Die Klägerin hat den streitgegenständlichen Bescheid nicht nur teilweise angefochten und auch die Klage zu keinem Zeitpunkt teilweise zurückgenommen.

32

Nach der Rechtsprechung des BSG sind bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 9/06 R = BSG SozR 4-4300 § 428 Nr 3 S 10 mwN; BSG Urteil vom 5.9.2007 - B 11b AS 49/06 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 7 S 37). Eine Begrenzung des Streitgegenstandes ist jedoch zulässig, wenn ein Bescheid im Einzelfall mehrere abtrennbare Verfügungen (Verwaltungsakte iS des § 31 SGB X) enthält (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R = BSGE 97, 217 <223 f> = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 S 6 mwN). Um eine derartige abtrennbare Verfügung handelt es sich zwar bei den Ansprüchen auf Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II, sodass eine Beschränkung des Streitgegenstandes insoweit zulässig ist(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217 <223 f> = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 S 6; BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 55/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 9 S 74). Es bedarf aber hierfür einer eindeutigen und ausdrücklichen Erklärung (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R = BSGE 97, 217 <224> = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 S 6; BSG Urteil vom 18.8.2005 - B 7a AL 4/05 R = BSG SozR 4-1500 § 95 Nr 1 S 4; BSG Urteil vom 10.3.1994 - 7 RAr 38/93 = BSGE 74, 77 <79> = SozR 3-4100 § 104 Nr 11 S 47 f; BVerwG vom 9.7.1997 - 1 B 209/96; Behrend in Hennig, SGG, § 95 RdNr 27a; Jansen/Humpert, SGG, § 123 RdNr 4a), an der es vorliegend fehlt. Allein aus fehlenden Äußerungen zu abtrennbaren Teilen eines Verwaltungsakts kann nicht geschlossen werden, dass die betreffende Teilregelung nicht angefochten sei, sondern in Bestandskraft erwachsen solle.

33

c) Statthafte Klageart betreffend den Hilfsantrag der Klägerin auf Gewährung höherer vorläufiger Leistungen ist - wie oben bereits dargelegt - die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in der Form der Bescheidungsklage, da der Verwaltung hinsichtlich der Höhe der Leistung grundsätzlich ein - wenn auch eng begrenzter - Ermessensspielraum verbleibt (Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 328 RdNr 92; Wehrhahn in Estelmann, SGB II, § 40 RdNr 109; LSG Berlin-Brandenburg vom 15.2.2008 - L 28 B 1869/07 AS PKH). Ob der Beklagte die vorläufige Leistung hier in zutreffender Höhe bewilligt hat, vermochte der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Es mangelt an Feststellungen des LSG zur Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, sodass bereits aus diesem Grunde die Rechtmäßigkeit der Höhe der vorläufigen Leistungen nicht überprüft werden konnte. Nicht zu beanstanden ist hingegen die prognostische Entscheidung des Beklagten im Hinblick auf die Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens.

34

§ 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1a SGB II iVm § 328 Abs 1 SGB III räumt der Verwaltung zwar grundsätzlich sowohl hinsichtlich des "Ob" als des "Wie" (Art, Höhe, Dauer) der Leistung Ermessen ein, also ein Entschließungs- und Auswahlermessen. Allerdings verbleibt dem Beklagten im Bereich der Leistungen nach dem SGB II nur ein sehr eng begrenzter Entscheidungsfreiraum. So ist zunächst die Höhe der Leistung ohne das zu berücksichtigende Einkommen auf Grundlage der gesetzlichen Vorgaben zu bestimmen. Dabei sind alle Leistungsbestandteile in zutreffender Höhe zu ermitteln, hier Regelleistung und Leistung für Unterkunft und Heizung. Erst im Hinblick auf die Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens, das sodann die zuvor ermittelte Leistungshöhe senkt, ist das Vorhandensein eines Ermessensspielraums im Sinne eines Auswahlermessens denkbar (vgl dazu Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 328 RdNr 42 ff), der gerichtlich gemäß § 54 Abs 2 Satz 2 SGG überprüft werden kann. Zu beachten ist jedoch auch dabei, dass die Leistungen nach dem SGB II der Gewährleistung des Existenzminimums dienen, weshalb die Ermessensspielräume sich verengen, soweit es um die Sicherung der physischen Existenz (Nahrung, Kleidung, Wohnung) des Leistungsempfängers geht (vgl BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua = BVerfGE 125, 175). Eine zweckentsprechende Ermessensbetätigung hat im Rahmen des § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1a SGB II iVm § 328 Abs 1 Nr 3 SGB III deshalb regelmäßig zur Folge, dass die Leistungen in derjenigen Höhe gewährt werden, die bei Bestätigung der wahrscheinlich vorliegenden Voraussetzungen voraussichtlich auch endgültig zu leisten sein wird. Ein "vorsorglicher" Abschlag aufgrund der Vorläufigkeit scheidet im Regelungskreis des SGB II wegen des existenzsichernden Charakters der Leistungen regelmäßig aus (Niesel/Brand/Düe, SGB III, 5. Aufl 2010, § 328 RdNr 18; Schmidt-De Caluwe, NZS 2001, 240 <246>; Leopold, info also 2008, 104 <106>; im Ergebnis ebenso Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, § 328 RdNr 189; Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 328 RdNr 44; vgl auch BT-Drucks 13/2440, S 32 zu Art 4 Nr 3 , wonach die vorläufige Bewilligung gerade den Zweck habe, den Bezug von Sozialhilfe zu vermeiden).

35

Unter Berücksichtigung dessen hat der Beklagte den Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung zunächst nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zu bemessen, also festzustellen, ob und in welcher Höhe die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung angemessen sind. Die Prüfung der Angemessenheit setzt dabei eine Einzelfallprüfung voraus (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R = BSGE 97, 231 <238> = SozR 4-4200 § 22 Nr 2 S 23; BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R = BSGE 97, 254 <258 f> = SozR 4-4200 § 22 Nr 3 S 30 f). Diese wird das LSG im wieder eröffneten Berufungsverfahren unter Beachtung der nachfolgenden Erwägungen vorzunehmen haben:

36

Die Angemessenheit von Unterkunfts- und Heizkosten ist (getrennt voneinander vgl nur BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23) unter Zugrundelegung der so genannten Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren. Zunächst ist die angemessene Wohnungsgröße zu ermitteln. Alsdann ist festzustellen, ob die angemietete Wohnung dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard entspricht, der sich in der Wohnungsmiete niederschlägt. Vergleichsmaßstab sind insoweit die räumlichen Gegebenheiten am Wohnort des Hilfebedürftigen, wobei die örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt zu ermitteln und zu berücksichtigen sind. Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Im Streitfall ist das der Bestimmung der Kosten zugrunde liegende Konzept damit von den Gerichten in vollem Umfang zu überprüfen und ggf ein solches Konzept durch eigene Ermittlungen zu ergänzen (vgl grundsätzlich zum schlüssigen Konzept: BSG Urteile vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R, BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30; 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 27). Insoweit wird auf die Rechtsprechung des 14. Senats des BSG zu den angemessenen Unterkunftskosten in der Stadt Berlin verwiesen, der sich der erkennende Senat anschließt (Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R). Kosten für ein Arbeitszimmer, welches die Klägerin als Betriebsausgabe in Abzug bringen will, sind nicht als Kosten der Unterkunft anzusehen, da § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nur Leistungen für privaten Wohnraum umfasst(BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R = SozR 4-4200 § 16 Nr 1 Satz 3 mwN).

37

Sollten sich die Aufwendungen der Klägerin für Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung dessen als unangemessen erweisen, könnten ihr gleichwohl höhere Leistungen zustehen, wenn ihr die nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II vorzunehmende Kostensenkung nicht zumutbar sein sollte. Nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II sind die Aufwendungen für die Unterkunft, die den den Besonderheiten des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder in sonstiger Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Diese Prüfung wird das LSG auf Grundlage der hierzu ergangenen Rechtsprechung durchzuführen haben.

38

Der erkennende Senat hat in seinen Entscheidungen vom 19.2.2009 (B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19) und 17.12.2009 (B 4 AS 27/09 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 27) beispielhaft Umstände aufgeführt, die der Zumutbarkeit eines Umzugs entgegenstehen können. Ob vorliegend ein Fall subjektiver Unzumutbarkeit vorliegt, kann der erkennende Senat aufgrund der festgestellten Tatsachen nicht beurteilen.

39

Einer Aufforderung zur Kostensenkung bedurfte es jedenfalls ab November 2006 nicht mehr, weil der Klägerin hinreichend verdeutlicht war, dass der Beklagte ihre Aufwendungen für KdU für unangemessen hält. Offen bleiben kann insoweit, ob das Schreiben des Beklagten vom 2.5.2006 mit der darin enthaltenen Kostensenkungsaufforderung der Klägerin zuging und ob sie vom Inhalt dieses Schreibens Kenntnis erlangte. Denn jedenfalls mit dem Bewilligungsbescheid vom 7.11.2006 und in der Folge im Zuge der gerichtlichen Auseinandersetzungen vor dem SG um die Angemessenheit der Kaltmiete brachte der Beklagte gegenüber der Klägerin hinreichend deutlich zum Ausdruck, welche Kaltmiete er für angemessen erachtete. Einer weiteren Kostensenkungsaufforderung bedurfte es nicht mehr, da deren Zweck der Aufklärung und Warnung erreicht war (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R = BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2; BSG Urteil vom 19.3.2008 - B 11b AS 41/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 7; BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 70/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 8). Der Klägerin war der von dem Beklagten zugrunde gelegte angemessene Mietpreis bekannt.

40

Hinsichtlich der Höhe des zugrunde gelegten Regelleistungsbedarfs ergeben sich keine Beanstandungen. Auf Basis dessen sowie der zu erbringenden Leistungen für Unterkunft und Heizung ist alsdann die vorläufige Höhe des Alg II unter Berücksichtigung der prognostischen Höhe des Einkommens, das die Gesamtleistung durch Anrechnung senkt, zu bestimmen.

41

Die prognostische Ermittlung des anzurechnenden Einkommens durch den Beklagten ist hier nicht zu beanstanden. Maßgeblich für die Prognose sind die bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens bekannten und erkennbaren Umstände und die Angaben des Antragstellers im Leistungsantrag (BSG Urteil vom 30.8.2007 - B 10 EG 6/06 R = SozR 4-7833 § 6 Nr 4; BSG Urteil vom 2.10.1997 - 14 Reg 10/96 - SozR 3-7833 § 6 Nr 15; BSG Urteil vom 16.12.1999 - B 14 EG 1/99 R - SozR 3-7833 § 6 Nr 22). Die Klägerin hat zunächst im Antrag vom 24.4.2007 angegeben, sie erwarte monatliche Betriebsausgaben in Höhe von 100 Euro ab dem 1.9.2007 bis zum 31.3.2008. Sie hat sodann in der Begründung ihres Widerspruchs mitgeteilt, sie habe seit dem 1.1.2007 durchschnittliche monatliche Betriebsausgaben in Höhe von 260,83 Euro verzeichnet. Der Beklagte hat dies im Änderungsbescheid vom 2.1.2008 der Berechnung zugrunde gelegt. Dies ist nicht zu beanstanden. Die erst im Klageverfahren vorgebrachten neuen Tatsachen, nach denen nach Auffassung der Klägerin überhaupt kein Einkommen anzurechnen ist, können die Prognose des Beklagten nicht erschüttern, da sie die Richtigkeit der ursprünglichen Prognose nicht widerlegten (vgl zur Prognose bei beruflichen Bildungsmaßnahmen: BSGE 37, 163 = SozR 4100 § 41 Nr 1).

42

4. Ob die Vorläufigkeit der Leistungsbewilligung auch für den Monat April 2008 rechtmäßig war, vermochte der Senat ebenfalls nicht abschließend zu beurteilen. Der vorläufige Verwaltungsakt ergeht auf Grundlage eines nicht vollständig ermittelbaren Sachverhalts und einer hierauf beruhenden Prognose (Schimmelpfennig, Vorläufige Verwaltungsakte, 1989, S 106; Schmidt-De Caluwe, NZS 2001, 240 <242>). Die Verwaltung muss die bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens bekannten und erkennbaren Umstände fehlerfrei ermitteln (BSG Urteil vom 30.8.2007 - B 10 EG 6/06 R = SozR 4-7833 § 6 Nr 4; BSG Urteil vom 2.10.1997 - 14 REg 10/96 - SozR 3-7833 § 6 Nr 15; BSG Urteil vom 16.12.1999 - B 14 EG 1/99 R - SozR 3-7833 § 6 Nr 22). Die Klägerin hatte zwar bereits im Antrag vom 24.4.2007 erklärt, dass der Honorarvertrag nur bis 31.3.2008 laufe. Ob hieraus jedoch folgt, dass sie ab dem 1.4.2008 auch keinen Einkommenszufluss aus dieser Beschäftigung mehr haben würde, ist offen. Es mangelt an Tatsachenfeststellungen des LSG hierzu. Der Beklagte hat im Hinblick auf die Beendigung der Beschäftigung zwar bereits kein Einkommen mehr bei der Berechnung der vorläufigen Leistungen berücksichtigt, ob insoweit allerdings bereits die Grundlage für die Vorläufigkeit der Bewilligung entfallen und der Beklagte eine endgültige Entscheidung hätte treffen müssen, wird das LSG im wieder eröffneten Berufungsverfahren ebenso aufzuklären haben, wie es unter den oben dargelegten Gesichtspunkten auch die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Monat April 2008 wird überprüfen müssen.

43

Das LSG wird auch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint,
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde,
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll,
4.
Allgemeinverfügungen oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl erlassen werden sollen,
5.
einkommensabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden sollen,
6.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen oder
7.
gegen Ansprüche oder mit Ansprüchen von weniger als 70 Euro aufgerechnet oder verrechnet werden soll; Nummer 5 bleibt unberührt.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn

1.
die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist,
2.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens beim Bundessozialgericht ist oder
3.
zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 ist auf Antrag vorläufig zu entscheiden.

(2) Eine vorläufige Entscheidung ist nur auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen sind auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten; auf Grund einer vorläufigen Entscheidung erbrachtes Kurzarbeitergeld und Wintergeld ist vom Arbeitgeber zurückzuzahlen.

(4) Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 und 3, Absatz 2 sowie Absatz 3 Satz 1 und 2 sind für die Erstattung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung entsprechend anwendbar.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn

1.
die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist,
2.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens beim Bundessozialgericht ist oder
3.
zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 ist auf Antrag vorläufig zu entscheiden.

(2) Eine vorläufige Entscheidung ist nur auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen sind auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten; auf Grund einer vorläufigen Entscheidung erbrachtes Kurzarbeitergeld und Wintergeld ist vom Arbeitgeber zurückzuzahlen.

(4) Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 und 3, Absatz 2 sowie Absatz 3 Satz 1 und 2 sind für die Erstattung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung entsprechend anwendbar.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn

1.
die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist,
2.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens beim Bundessozialgericht ist oder
3.
zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 ist auf Antrag vorläufig zu entscheiden.

(2) Eine vorläufige Entscheidung ist nur auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen sind auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten; auf Grund einer vorläufigen Entscheidung erbrachtes Kurzarbeitergeld und Wintergeld ist vom Arbeitgeber zurückzuzahlen.

(4) Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 und 3, Absatz 2 sowie Absatz 3 Satz 1 und 2 sind für die Erstattung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung entsprechend anwendbar.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. Juni 2014 aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Oldenburg vom 13. April 2011 zurückgewiesen.

Der Beklagte hat den Klägern die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in allen drei Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Aufhebung und Rückforderung vorläufig bewilligter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

2

Die 1980 geborene Klägerin lebt nach kurz vorher erfolgter Trennung von ihrem Ehemann seit dem 1.11.2009 mit ihren 2001 und 2005 geborenen Söhnen (den Klägern zu 2 und 3) in einer gemeinsamen Wohnung. Auf ihren Antrag bewilligte das beklagte Jobcenter den Klägern unter Berücksichtigung eines Erwerbseinkommens der Klägerin in Höhe von monatlich 198 Euro sowie des Kindergeldes für November 2009 bis April 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 1093,11 Euro (Bescheid vom 11.11.2009). Die Bewilligung erfolgte ausdrücklich vorläufig, weil im Hinblick sowohl auf das Einkommen der Klägerin wie zur ausstehenden Unterhaltsregelung mit dem Vater der Kläger über den Anspruch nicht abschließend entschieden werden könne.

3

Auf Vorlage von Bescheinigungen über das Einkommen der Klägerin für September 2009 bis März 2010 sowie über den ab November 2009 gezahlten Unterhalt erließ der Beklagte nach Anhörung der Klägerin einen an sie adressierten Bescheid, nach dem der Bewilligungsbescheid vom 11.11.2009 gestützt auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) für die Zeit vom 1.11.2009 bis 30.4.2010 "teilweise in Höhe von 2450,55 Euro aufgehoben" werde und die zu Unrecht erbrachten Leistungen nach § 50 SGB X zu erstatten seien(Bescheid vom 1.7.2010). Den Widerspruch hiergegen wies er zurück: Wegen der nachträglichen Einkommenserzielung könne die Aufhebung verschuldensunabhängig auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X gestützt werden. Einer besonderen Ermächtigungsgrundlage dafür bedürfe es nicht, da sich ein Leistungsempfänger bei Bewilligung vorläufiger Leistungen nicht auf Vertrauensschutz berufen könne. Ergehe eine Aufhebung anstatt einer endgültigen Regelung, so habe dies lediglich klarstellende Wirkung (Widerspruchsbescheid vom 14.10.2010).

4

Das Sozialgericht (SG) hat den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids aufgehoben, weil der Rückforderungsanspruch gegenüber den einzelnen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft nicht individuell bezeichnet und die Teilaufhebung daher rechtswidrig sei (Gerichtsbescheid vom 13.4.2011). Das Landessozialgericht (LSG) hat den Gerichtsbescheid auf Berufung des Beklagten aufgehoben und die Klagen abgewiesen (Urteil vom 11.6.2014): Die Bestimmtheitsanforderungen seien gewahrt, da die Kinder hinreichend deutlich als Regelungsadressaten einbezogen seien. Dass der Bescheid auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X anstatt auf § 328 Abs 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) gestützt sei, stelle einen bloßen Begründungsmangel dar, der unschädlich sei. Diese Rechtsgrundlagen seien austauschbar, weil die Korrektur vorläufiger Bewilligungen gegenüber § 48 SGB X geringere (nämlich keine) Anforderungen an den Vertrauensschutz stellten, ebenfalls keine Ermessensausübung erforderten und die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt seien. Ergehe auf einen vorläufigen Bescheid nach Vorlage der maßgeblichen Unterlagen ein Bescheid mit neuer Berechnung im Hinblick auf die bisher ungeklärten Punkte und ohne Hinweis auf eine noch erfolgende abschließende Entscheidung, so müsse der Leistungsempfänger dies als endgültige Leistungsfestsetzung ansehen.

5

Mit ihren Revisionen rügen die Kläger die Verletzung von § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1a SGB II in der damals geltenden Fassung iVm § 328 SGB III. Nach Vorlage der ursprünglich fehlenden Unterlagen hätte der Beklagte die Leistungen endgültig festsetzen müssen. Das lasse der angefochtene Bescheid für die im Streit stehenden Monate nicht erkennen.

6

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11.6.2014 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Oldenburg vom 13.4.2011 zurückzuweisen.

7

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässigen Revisionen sind begründet. Zu Unrecht hat das LSG entschieden, dass der angefochtene Bescheid vom 1.7.2010 den Anforderungen an die abschließende Entscheidung über einen zunächst nur vorläufig zuerkannten Leistungsanspruch genügt.

9

1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 1.7.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2010, mit dem der Beklagte die durch Bescheid vom 11.11.2009 für die Zeit vom 22.10.2009 bis 30.4.2010 erteilte vorläufige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II wegen des Zuflusses höheren Einkommens für die Monate November 2009 bis April 2010 "teilweise in Höhe von 2450,55 Euro aufgehoben" und eine Erstattungsforderung in entsprechender Höhe festgesetzt hat. Hiergegen wenden sich die Kläger zu Recht mit der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 1. Alt Sozialgerichtsgesetz ).

10

2. Der Sachentscheidung entgegenstehende prozessuale Hindernisse bestehen nicht. Insbesondere fehlt es entgegen der Auffassung des Beklagten an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklagen nicht deshalb, weil die Kläger im Erfolgsfall mit einer ihnen ebenso nachteiligen abschließenden Entscheidung nach § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1a SGB II(in der bis zum 31.3.2011 unverändert fortgeltenden Fassung des Gesetzes zur Neufassung der Freibetragsregelungen für erwerbsfähige Hilfebedürftige vom 14.8.2005, BGBl I 2407; im Folgenden: § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1a SGB II aF) iVm § 328 Abs 3 Satz 2 Halbs 1 SGB III(idF des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung vom 24.3.1977, BGBl I 594) zu rechnen haben könnten. Auf einen solchen möglichen weiteren Geschehensablauf kommt es nicht an. Entscheidend ist allein, ob die statthaften Klagen gegen den Änderungs- und Erstattungsbescheid ausnahmsweise deshalb unzulässig sind, weil die Klagen selbst im Falle ihres Erfolgs für die Kläger keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen können, die begehrte gerichtliche Entscheidung ihre Stellung also weder gegenwärtig noch zukünftig verbessern würde (vgl etwa BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 24/10 R -, NZS 2012, 798 RdNr 10 mwN). So liegt es hier ersichtlich nicht, weil eine Beseitigung des angefochtenen Änderungs- und Erstattungsbescheids die Rechtsstellung der Kläger jedenfalls zunächst verbessert. Ob sie schließlich im Ergebnis auf anderem Wege dennoch zur Erstattung vorläufig erbrachter Leistungen heranzuziehen sind, ist im hier zu entscheidenden Rechtsstreit nur im Rahmen der Umdeutungsvoraussetzungen des § 43 SGB X beachtlich(dazu unter 7 c). Liegen sie - wie hier - nicht vor, kommt es auf ein etwaiges künftiges Alternativverhalten der beklagten Behörde unter Rechtsschutzgesichtspunkten nicht an.

11

3. Auch in der Sache haben die Revisionen Erfolg. Zwar sind die angefochtenen Entscheidungen entgegen der Auffassung des SG formell nicht zu beanstanden (dazu nachfolgend 4. und 5.). Nach Wegfall der Voraussetzungen für die zunächst nur vorläufige Bewilligung der existenzsichernden Leistungen nach dem SGB II gemäß § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1a SGB II aF iVm § 328 Abs 1 Nr 3 SGB III(in der bis zum 31.3.2012 unveränderten Fassung des AFRG; im Folgenden: § 328 Abs 1 Nr 3 SGB III aF)hatte der Beklagte jedoch anstelle des auf § 48 SGB X gestützten Änderungsbescheids eine endgültige Bewilligungsentscheidung nach § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1a SGB II aF iVm § 328 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 1 SGB III zu treffen, woran es hier fehlt(dazu 6. bis 7.). Demgemäß hat auch die angefochtene Erstattungsverfügung keine Grundlage (dazu unter 8.).

12

4. Zutreffend hat das LSG entschieden, dass sich die angegriffenen Verfügungen nicht deshalb als formell rechtswidrig erweisen, weil die Kläger zu ihren Voraussetzungen nicht gemäß § 24 Abs 1 SGB X ordnungsgemäß angehört worden sind. Ohne Bedeutung hierfür ist, ob der Beklagte insoweit von zutreffenden rechtlichen Vorstellungen ausgegangen ist. Denn bezüglich der Frage, ob ein Anhörungsfehler vorliegt, ist von der materiell-rechtlichen Rechtsansicht der handelnden Verwaltungsbehörde auszugehen, mag sie auch falsch sein (vgl BSG Urteil vom 26.9.1991 - 4 RK 4/91 - BSGE 69, 247, 252 = SozR 3-1300 § 24 Nr 4 S 9 f; zuletzt etwa BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 6/12 R - BSGE 112, 221 = SozR 4-1300 § 45 Nr 12, RdNr 21).

13

Ausreichend war es daher, den Klägern die Gelegenheit zu geben, sich zu den aus Sicht des Beklagten erheblichen Tatsachen für die Änderung der mit Bescheid vom 11.11.2009 vorläufig bewilligten Leistungen zu äußern (zu den Anforderungen insoweit vgl nur BSG Urteil vom 26.9.1991 - aaO S 251 f bzw S 9; zuletzt etwa BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 89/12 R - BSGE 114, 188 = SozR 4-4200 § 11 Nr 62, RdNr 14 sowie BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 2/13 R - SozR 4-4200 § 38 Nr 3 RdNr 30, jeweils mwN). Dem ist der Beklagte mindestens durch die Übersendung von Berechnungsbögen nachgekommen, mit dem er auf die Bitte der Klägerin reagierte, die im Anhörungsschreiben vom 29.4.2010 aufgeführte Überzahlung näher zu erläutern.

14

5. Zu Recht hat das LSG den angefochtenen Bescheid entgegen der Auffassung des SG auch als inhaltlich hinreichend bestimmt angesehen (§ 33 Abs 1 SGB X).

15

Zwar ist das SG im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass das Bestimmtheitserfordernis bei der Korrektur einer Bewilligungsentscheidung gegenüber einer Mehrheit von Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II unter Berücksichtigung der Besonderheiten des hierfür geltenden materiellen Rechts (vgl dazu BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 2/09 R - SozR 4-5910 § 92c Nr 1 RdNr 11; BSG Urteil vom 16.5.2012 - B 4 AS 154/11 R - SozR 4-1300 § 33 Nr 1 RdNr 16)nur gewahrt ist, wenn sich ihm hinreichend klar entnehmen lässt, an welche Mitglieder der Korrekturbescheid adressiert und wer Verpflichteter der entsprechenden Erstattungsforderung ist (stRspr; vgl etwa BSG Urteil vom 16.5.2012 ebenda; BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 153/10 R - BSGE 108, 289 = SozR 4-4200 § 38 Nr 2, RdNr 31 ff; zu den Bestimmtheitsanforderungen im Ganzen vgl zuletzt etwa BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 2/13 R - SozR 4-4200 § 38 Nr 3 RdNr 30 mwN). Jedoch hat der erkennende Senat es dafür ausreichen lassen, wenn ein eine Bedarfsgemeinschaft zwischen Elternteil und minderjährigem Kind betreffender Änderungsbescheid zwar nur gegenüber dem Elternteil ergeht, jedoch zum einen mit hinreichender Deutlichkeit zu erkennen ist, dass der zurückzuzahlende Gesamtbetrag das Ergebnis einer Addition von insgesamt mehreren, an die einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gerichteten Korrekturentscheidungen ist, und dass zum anderen auch durch den Hinweis auf die gesetzliche Vertretung des Kindes ersichtlich wird, dass der Elternteil nicht (Gesamt-)Schuldner der Rückforderungssumme ist (Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 153/10 R - BSGE 108, 289 = SozR 4-4200 § 38 Nr 2, RdNr 31 ff).

16

Hieran gemessen ist die Adressierung des angefochtenen Bescheids allein an die Klägerin unschädlich, weil sich auch hier einleitend der Hinweis findet, dass die Leistungen in dem geänderten Ausgangsbescheid für die Klägerin und ihre Söhne bewilligt worden sind, die im Einzelnen aufgeführten Korrekturbeträge zwischen den drei Klägern unterscheiden und schließlich ebenfalls die Wendung gebraucht ist "Soweit der Bescheid Ihre Kinder betrifft, ergeht er an Sie als gesetzlichen Vertreter."

17

6. In der Sache beurteilt sich die Rechtmäßigkeit der geänderten Leistungsbewilligung ausschließlich an den für die abschließende Entscheidung nach vorangegangener vorläufiger Bewilligung maßgebenden Vorschriften des § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1a SGB II aF iVm § 328 SGB III. Keine Grundlage findet sie dagegen in den für die Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse einschlägigen Bestimmungen von § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II(idF des Freibetragsneuregelungsgesetzes; im Folgenden: § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II aF) iVm § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III(idF des AFRG) sowie § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X; insoweit ist dem LSG nicht zu folgen.

18

a) Nach der Verweisungsnorm des § 40 SGB II sind für das Verfahren nach dem SGB II ua die Vorschriften des § 328 SGB III über die vorläufige Entscheidung entsprechend anwendbar(Abs 1 Satz 2 Nr 1a). Hiernach kann über die Erbringung von Geldleistungen ua dann vorläufig entschieden werden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat (§ 328 Abs 1 Nr 3 SGB III aF). Im Hinblick auf die endgültige Leistungsbewilligung gilt sodann zunächst: "Eine vorläufige Entscheidung ist nur auf Antrag des Berechtigten für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist" (§ 328 Abs 2 SGB III aF). Weiter ist bestimmt: "Auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen sind auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten" (§ 328 Abs 3 Satz 1 und 2 Halbsatz 1 SGB III idF des AFRG bzw des Ersten SGB III-Änderungsgesetzes vom 16.12.1997, BGBl I 2970 ).

19

b) Zutreffend hat hiernach der Beklagte im Hinblick auf das teilweise noch ungeklärte Einkommen der Kläger mindestens wegen der noch nicht feststehenden Höhe der Unterhaltszahlungen für die Kläger zu 2) und 3) nach erst kurz zuvor erfolgter Trennung der Klägerin von ihrem Ehemann und dem Vater ihrer Söhne über den geltend gemachten Leistungsanspruch durch Bescheid vom 11.11.2009 zunächst (nur) im Wege der vorläufigen Entscheidung nach § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1a SGB II aF iVm § 328 Abs 1 Nr 3 SGB III aF befunden. Wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits mehrfach entschieden hat, ist der Erlass eines endgültigen Bescheides kein taugliches Instrumentarium in Fällen, in denen objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung insbesondere der Einkommenssituation besteht. Dies ist Folge der grundsätzlichen Verpflichtung der Verwaltung, vor Erlass eines Bescheides die Sachlage vollständig aufzuklären, um die objektiven Verhältnisse festzustellen (vgl BSG Urteil vom 2.6.2004 - B 7 AL 58/03 R - BSGE 93, 51 = SozR 4-4100 § 115 Nr 1, RdNr 6 mwN). Erlässt sie einen endgültigen Bescheid auf Grundlage eines nicht endgültig aufgeklärten Sachverhalts und stellt sich später heraus, dass der Bescheid bereits im Zeitpunkt des Erlasses objektiv rechtswidrig war, ist ein Fall des § 45 SGB X gegeben. Dies gilt unabhängig davon, zu welchen Ermittlungen sich die Verwaltung aufgrund der Angaben des Antragstellers vor Erlass des Ausgangsverwaltungsakts gedrängt sehen musste (vgl bereits BSG Urteil vom 25.6.1998 - B 7 AL 2/98 R - BSGE 82, 198, 209 f = SozR 3-4100 § 242v Nr 1 S 14 f; BSG Urteil vom 2.6.2004 aaO; BSG vom 21.6.2011 - B 4 AS 21/10 R - BSGE 108, 258 = SozR 4-4200 § 11 Nr 39, RdNr 16; BSG, Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 6/12 R - BSGE 112, 221 = SozR 4-1300 § 45 Nr 12, RdNr 17 f).

20

Hiernach hat der Beklagte jedenfalls die Ungewissheit über die Höhe der künftigen Unterhaltszahlungen zu Recht zum Anlass genommen, von einer endgültigen Entscheidung über den von den Klägern geltend gemachten Leistungsanspruch vorerst abzusehen und mit ihr bis zur Vorlage der angeforderten Unterlagen abzuwarten.

21

c) Nach deren Vorlage hatte der Beklagte gemäß § 328 SGB III iVm § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1a SGB II aF nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift eine abschließende Entscheidung über das streitbefangene Leistungsbegehren zu treffen und durfte sich nicht lediglich auf eine (fortschreibende) Änderung der vorläufigen Bewilligung beschränken.

22

Bereits die Wendung "kann vorläufig entschieden werden, wenn" (§ 328 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB III) verweist darauf, dass Bewilligungen nach § 328 Abs 1 Satz 1 SGB III aF ausschließlich auf eine Zwischenlösung zielen und demgemäß auf die Ersetzung durch eine endgültige Entscheidung nach Wegfall der Vorläufigkeitsvoraussetzungen nach § 328 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB III angelegt sind. Entsprechend unterscheidet die Norm in der Anrechnungsregelung des Abs 3 Satz 1 zwischen den "auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte(n) Leistungen" und der "zustehende(n) Leistung". Ebenso wird in der Vorgabe für die Überzahlungsfälle explizit Bezug genommen auf den mit der "abschließenden Entscheidung" zuzuerkennenden Leistungsanspruch (Satz 2 Halbsatz 1). Dass deshalb jedenfalls bei Änderungen gegenüber den ursprünglich zugrunde gelegten Annahmen ein von Amts wegen zu beachtender verfahrensrechtlicher Anspruch auf eine die Leistungen endgültig zuerkennende Bewilligung besteht, folgt schließlich mittelbar aus § 328 Abs 2 SGB III aF, wonach eine vorläufige Entscheidung nur auf Antrag des Berechtigten für endgültig zu erklären ist, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist(ebenso Kallert in Gagel, SGB II/SGB III, § 328 RdNr 83, Stand März 2015).

23

Auch Sinn und Zweck von § 328 SGB III gebieten, jedenfalls in den Fällen des § 328 Abs 3 SGB III die vorläufige Leistungsbewilligung nach Wegfall der Gründe für die nur vorläufige Bescheidung des Leistungsbegehrens durch eine endgültige Entscheidung zu ersetzen. Vorläufigen Entscheidungen nach dem Sozialgesetzbuch (vgl etwa auch § 42 Sozialgesetzbuch Erstes Buch) kommt nach Zweck und Bindungswirkung allein die Funktion zu, eine (Zwischen-)Regelung bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage zu treffen. Vorläufig bewilligte Leistungen sind daher als aliud gegenüber endgültigen Leistungen anzusehen, deren Bewilligung keine Bindungswirkung für die endgültige Leistung entfaltet (stRspr; vgl bereits etwa BSG Urteil vom 31.8.1983 - 2 RU 80/82 - BSGE 55, 287, 290 f = SozR 1200 § 42 Nr 2 S 3 f; BSG Urteil vom 31.5.1989 - 4 RA 19/88 - SozR 1200 § 42 Nr 4 S 14; BSG Urteil vom 12.5.1992 - 2 RU 7/92 - SozR 3-1200 § 42 Nr 2 S 4 f; BSG Urteil vom 9.5.1996 - 7 RAr 36/95 - SozR 3-4100 § 112 Nr 28 S 127; BSG Urteil vom 16.6.1999 - B 9 V 13/98 R - SozR 3-1200 § 42 Nr 8 S 25; zuletzt BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R - BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 20; ebenso Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K § 328 RdNr 63, Stand Mai 2012; modifiziert Greiser in Eicher/Schlegel, SGB III, § 328 RdNr 5 f, 48, Stand Februar 2013: keine Bindungswirkung nur, soweit Vorläufigkeit reicht).

24

Folgerichtig können Leistungsbezieher nach § 328 Abs 2 SGB III aF schon dann nicht darauf verwiesen werden, auf eine endgültige Entscheidung über den erhobenen Anspruch zu verzichten, wenn keine Änderung gegenüber den ursprünglichen Annahmen eingetreten ist. Umso mehr muss dies gelten für Adressaten vorläufiger Bescheide, bei denen abschließend neue Umstände zu berücksichtigen sind. Zur Beseitigung der Unklarheit über die Höhe der ihnen endgültig zustehenden Leistungen ist deshalb von Amts wegen notwendig eine das Verwaltungsverfahren auf den ursprünglichen Leistungsantrag abschließende Entscheidung (vgl § 8 SGB X) nach Maßgabe von § 328 Abs 3 Satz 1 sowie ggfs Satz 2 Halbsatz 1 SGB III zu treffen(ebenso zur einstweiligen Gewährung von Altersruhegeld BSG Urteil vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 109 f = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 f; zu § 42 SGB I BSG Urteil vom 9.5.1996 - 7 RAr 36/95 - SozR 3-4100 § 112 Nr 28 S 127: vorläufiger Bescheid ist von vornherein auf Ersetzung durch endgültigen Bescheid angelegt; ebenso Eicher/Greiser in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 40 RdNr 54; Aubel in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 40 RdNr 72; Kallert in Gagel, SGB II/SGB III, § 328 RdNr 75, Stand März 2015; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K § 328 RdNr 133, Stand Mai 2012; Greiser in Eicher/Schlegel, SGB III, § 328 RdNr 5, Stand Februar 2013).

25

d) Als in diesem Sinne abschließende Entscheidung über das zunächst nur vorläufig beschiedene Leistungsbegehren genügt die Regelungswirkung eines bloßen Änderungsbescheids nach § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X nicht(zur Auslegung der Entscheidung hier sogleich unter 7.). Dabei kann offenbleiben, ob die §§ 44 ff SGB X im Anwendungsbereich von § 328 SGB III generell verdrängt sind oder ob die Korrektur vorläufiger Bewilligungen partiell auch auf die allgemeinen Vorschriften der §§ 44 ff SGB X zu stützen und im Hinblick auf Vertrauensschutz an ihnen zu messen sein kann(vgl dazu einerseits etwa Greiser in Eicher/Schlegel, SGB III, § 328 RdNr 60 mit RdNr 47 ff, Stand Februar 2013; Kallert in Gagel, SGB II/SGB III, § 328 RdNr 73 f, Stand März 2015; skeptisch Düe in Brand, SGB III, 6. Aufl 2012, § 328 RdNr 8 ff; ablehnend Schaumberg in jurisPK-SGB III, 1. Aufl 2014, § 335 RdNr 67: § 328 SGB III verdrängt die §§ 44 ff SGB X; ebenso wohl Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K § 328 RdNr 37, Stand Mai 2012).

26

Denn ungeachtet dessen genügt den Anforderungen an eine iS von § 328 Abs 3 SGB III "abschließende Entscheidung" nur ein Bescheid, der den ursprünglichen Vorläufigkeitsvorbehalt aufhebt und die begehrte Leistung als die "zustehende Leistung" endgültig zuerkennt, was mit einem Änderungsbescheid nach § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X regelmäßig nicht zum Ausdruck gebracht wird. Nicht entscheidend für die hier maßgebende Rechtsgrundlage ist deshalb, ob der vorläufigen Entscheidung ein (noch) geringeres Maß an Vertrauensschutz zukommt als er durch § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X vermittelt wird, worauf das LSG abgestellt hat. Maßgebend für die vorliegend zu treffende Entscheidung ist vielmehr, ob auch für jeden Außenstehenden kein Zweifel über die nunmehr endgültige Bindungswirkung der abschließenden Entscheidung bestehen kann; andernfalls wäre dem Schutzzweck der endgültigen Bewilligung im Hinblick auf ihre Funktion für den Vertrauensschutz insbesondere nach den §§ 45 und 48 SGB X nicht genügt.

27

7. Die hieraus sich ergebenden Anforderungen an die endgültige Bewilligung der den Klägern im streitbefangenen Zeitraum zustehenden Leistungen wahrt der angefochtene "Aufhebungs-" bescheid vom 1.7.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids nicht (zur Befugnis seiner Auslegung auch durch das Revisionsgericht vgl etwa BSG Urteil vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 12 mwN).

28

a) Ausdrücklich enthält der Bescheid eine abschließende Regelung nicht; dem Wortlaut nach beschränken sich die Verfügungssätze darauf, dass die erteilte Bewilligung teilweise "aufgehoben" und eine entsprechende Erstattungsforderung festgesetzt wird. Das kann entgegen der Auffassung des LSG auch nicht im Wege der Auslegung dahin verstanden werden, dass für den fraglichen Zeitraum nunmehr endgültig Leistungen in bestimmter Höhe bewilligt worden sind. Zwar geht es im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass für die Auslegung nicht allein auf den Wortlaut der Verfügungssätze abzustellen ist, sondern auch auf alle weiteren Umstände, die nach dem Empfängerhorizont für dessen Verständnis maßgebend sind. Ausreichend ist danach, wenn aus dem gesamten Inhalt eines Bescheids einschließlich der von der Behörde gegebenen Begründung hinreichende Klarheit über die Regelung gewonnen werden kann, auch wenn dazu auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (stRspr; vgl etwa BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 6/12 R - BSGE 112, 221 = SozR 4-1300 § 45 Nr 12, RdNr 26).

29

b) Auch nach diesem Maßstab kann indes dem angefochtenen Bescheid unter Berücksichtigung der aufgezeigten Besonderheiten im Verhältnis zwischen vorläufiger und endgültiger Regelung nach § 328 SGB III keine Regelung des Inhalts entnommen werden, dass den Klägern nunmehr endgültige Leistungen zuerkannt worden sind. Nicht ausreichend hierfür ist, dass der Beklagte mit dem Bescheid eine endgültige Entscheidung über den Bewilligungszeitraum vom 22.10.2009 bis zum 30.4.2010 herbeiführen wollte. Dafür bedürfte es zumindest irgend eines Anhaltspunktes in einem Verfügungssatz oder zumindest in der Begründung der Entscheidung, der eine solche Bindungswirkung zu entnehmen sein könnte, woran es hier fehlt. Den einzig möglichen Hinweis hierauf könnte ein Verweis auf eine im Widerspruchsbescheid bezeichnete Entscheidung des LSG in einem Eilverfahren bieten, wonach es unschädlich sei, wenn anstatt einer endgültigen Regelung eine "Aufhebung" erfolge (Verweis auf L 13 AS 118/09 B ER). Da den Klägern der nähere Inhalt dieser Entscheidung nicht bekannt ist, kann auch daraus indes nicht zweifelsfrei darauf geschlossen werden, dass mit der angefochtenen Entscheidung eine endgültige Leistungsbewilligung iS von § 328 Abs 3 Satz 2 SGB III getroffen sein sollte.

30

c) Aus diesen Gründen kommt auch eine Umdeutung in einen endgültigen Leistungsbescheid nicht in Betracht. Die Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsakts in einen anderen Verwaltungsakt setzt nach § 43 Abs 1 SGB X voraus, dass der Verwaltungsakt, in den umgedeutet wird, auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig erlassen werden konnte und die Voraussetzungen für den Erlass dieses Verwaltungsaktes erfüllt sind. Das könnte hier nur angenommen werden, wenn dem streitbefangenen Bescheid in einer den aufgezeigten Grundsätzen genügenden Weise entnommen werden könnte, dass nunmehr eine abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch der Kläger im streitbefangenen Zeitraum getroffen werden sollte. Daran fehlt es indes gerade.

31

8. Mangels einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden abschließenden Entscheidung über den Leistungsanspruch der Kläger iS von § 328 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 1 SGB III fehlt es schließlich an einer hinreichenden Grundlage für die festgesetzte Erstattungsforderung. Voraussetzung für sie ist, dass mit der endgültigen Entscheidung "ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt" worden ist. Ohne eine solche Entscheidung kann der streitbefangene Bescheid auch hinsichtlich der Erstattung selbst dann keinen Bestand haben, wenn deren Höhe zutreffend bestimmt sein sollte.

32

9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 8. September 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1.6.2007 bis 31.12.2010.

2

Die 1947 geborene Klägerin wohnt seit 1975 mit dem 1941 geborenen L zusammen. 1986 zogen sie in ein gemeinsam finanziertes und im jeweils hälftigen Eigentum stehendes Eigenheim. Die laufenden Ausgaben für die Finanzierung des Hauses, die Versorgung mit Energie und den Telefonanschluss finanzieren die Klägerin und L seither über ein gemeinsames Konto. Darüber hinaus verfügen beide über eigene Konten, für die dem jeweils anderen eine Verfügungsvollmacht erteilt wurde. Für die das Hauseigentum und den Hausrat betreffenden Versicherungen (Wohngebäude-, Hausrat- und Haftpflichtversicherung) sind beide Versicherungsnehmer.

3

Der Beklagte bewilligte der Klägerin ab 20.5.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Durch Bescheid vom 14.6.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2007 lehnte er die Fortzahlung für die Zeit ab 1.6.2007 ab. Er ging vom Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft mit L aus. Hilfebedürftigkeit sei nicht gegeben. L bezog seinerzeit eine Altersrente aus der DRV (1705,75 Euro netto monatlich) sowie eine monatliche Firmenpension (230,24 Euro netto monatlich). Die Klägerin erfülle sowohl die Voraussetzungen des § 7 Abs 3a Nr 1 SGB II, wonach ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vermutet werde, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenlebten, als auch des § 7 Abs 3a Nr 4 SGB II, wonach die Vermutungsregel zum Tragen komme, wenn Partner befugt seien, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen. Die Klägerin habe die gesetzliche Vermutung auch nicht widerlegt.

4

Nach Anhörung der Klägerin und Vernehmung des L als Zeugen hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil vom 28.4.2009) und das LSG hat die Berufung der Klägerin hiergegen zurückgewiesen (Urteil vom 8.9.2011). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe für die Zeit ab Juni 2007 keinen Leistungsanspruch gegen den Beklagten, weil sie nicht hilfebedürftig iS des SGB II sei. Sie sei nicht außerstande, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen sowie aus dem Einkommen und Vermögen ihres Partners L, zu sichern. Voraussetzung für die Annahme einer Partnerschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG und der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Sozialhilfe- als auch Arbeitsförderungsrecht nur eine derart dichte und auf Dauer angelegte Verbindung, dass angenommen werden könne, die Partner fühlten sich so füreinander verantwortlich, dass sie zunächst ihren gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellten, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwendeten. Seiner Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen einer Einstehensgemeinschaft zwischen der Klägerin und L habe der Beklagte bereits in Anwendung der Vermutungsregel des § 7 Abs 3a Nr 4 SGB II genügt. Selbst nach dem unstreitigen tatsächlichen Vorbringen der Klägerin seien die Voraussetzungen für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft gegeben. Denn abgesehen davon, dass die Klägerin und L ein gemeinsames Girokonto unterhielten, über das die gemeinsamen Ausgaben für das Hausgrundstück getätigt würden, bestünden auch für die von beiden allein geführten Girokonten wechselseitige Vollmachten. Darauf, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen von der erteilten Vollmacht bislang niemals Gebrauch gemacht habe, komme es nicht an, denn bereits die diesbezügliche Verfügungsbefugnis genüge, um eine Partnerschaft zu indizieren. An der Verfassungsmäßigkeit dieser Anknüpfung habe der Senat keine Zweifel. Das BVerfG (Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87) habe die Befugnis, über das Partnervermögen zu verfügen, als tragendes äußeres Anzeichen für das Bestehen eines gegenseitigen Einstandswillens bereits hervorgehoben. Ob daneben zusätzlich auch die Voraussetzungen der Vermutungsregel des § 7 Abs 3a Nr 1 SGB II vorlägen, lasse der Senat dahinstehen. Die Klägerin habe die bestehende Vermutung einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft nicht widerlegen können. Insoweit werde auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen. Aus dem eigenen Vortrag der Klägerin sowie den Angaben des L lasse sich unstreitig entnehmen, dass beide etwa 1988/89 vereinbart hätten, ein weiteres Zusammenleben auf einer als "freundschaftlich" gekennzeichneten Basis zu versuchen. Sie sähen in der gemeinsamen Erhaltung des Wohnhauses eine die Zukunftsvorstellung prägende Lebensgrundlage. Zudem hätten beide anderweitige Beziehungen auch seit 1988/89 kaum jemals, allenfalls kurzzeitig und stets nur außerhalb der häuslichen Sphäre unterhalten, nicht zuletzt um eine Störung ihres internen Verhältnisses zu vermeiden. Das langjährige Zusammenleben der Klägerin mit L habe daher auch nach 1988/89 auf einer Beziehung beruht, die trotz einer in wesentlichen Teilen selbstständigen alltäglichen Lebensführung für beide eine existenziell wichtige und anderweitige partnerschaftliche Beziehungen ausschließende Bedeutung habe. Maßgeblich sei insoweit das Bestehen einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft, die daneben keine Lebensgemeinschaft gleicher Art zulasse und sich durch eine enge innere Bindung auszeichne, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründe. Da hier von der nicht widerlegten Vermutung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft auszugehen sei, komme es nicht mehr darauf an, ob daneben eine den Alltag prägenden Gemeinschaftlichkeit der Haushaltsführung oder sexuelle Beziehungen bestünden. Der Senat lasse die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu, weil der Klärung bedürfe, ob in Übereinstimmung mit der von ihm vertretenen Rechtsauffassung auch eine solche Beziehung als Partnerschaft iS von § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II anzusehen sei, in der es an einer indiziellen Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft ebenso wie an einer sexuellen Beziehung fehle, bei der jedoch der insoweit selbstständigen Lebensführung in einer langjährigen gemeinsamen Wohnung eine über Jahrzehnte aufrechterhaltene persönliche Beziehung zugrunde liege, neben der anderweitige Beziehungen lediglich sporadisch und außerhalb des häuslichen Bereichs eingegangen würden, und die mit einer existenziellen Verflechtung der wirtschaftlichen Sphären der Partner durch die gemeinsame Finanzierung des Wohneigentums einhergehe.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 7 Abs 3 Nr 3c, Abs 3a SGB II. Selbst bei Vorliegen der Vermutungstatbestände müsse berücksichtigt werden, dass eine Partnerschaft dann nicht bestehe, wenn jemand sein Einkommen oder Vermögen ausschließlich zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse oder zur Erfüllung eigener Verpflichtungen verwende. Dies sei in der Person des Zeugen L der Fall. Ein Wille, für die Klägerin einzustehen, habe nicht bestanden. Die Bedienung der Hausschulden sei Jahr für Jahr strikt getrennt hälftig durch die Klägerin und L erfolgt. Ferner habe sie seit Einstellung der Leistungen nach dem SGB II ihren Lebensunterhalt in Form von monatlichen Abhebungen von dem Sparbuch ihrer Schwester bestritten. Durch Vorlage der Kontoauszüge und der Auszahlung des Lebensversicherungsvertrages habe sie die Vermutung des § 7 Abs 3a Nr 4 SGB II widerlegt. Aus dem Vorhandensein einer wechselseitigen Kontovollmacht, die auf Verlangen der Bank bei Abschluss der Darlehnsverträge für den Hauskauf ausgestellt worden sei und von der über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren noch niemals Gebrauch gemacht worden sei, könne nicht der wechselseitige Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, entnommen werden. Das bloße Bestehen einer wechselseitigen Kontovollmacht erfülle nicht den Tatbestand des gemeinsamen Wirtschaftens aus einem Topf, welches für die Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft einer Einstehensgemeinschaft als Voraussetzung vorzuliegen habe.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 28. April 2009 und das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 8. September 2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 14. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. November 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin ab 1. Juni 2007 bis 31. Dezember 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des Herrn L zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet.

10

Der Senat vermag nicht abschließend zu beurteilen, ob der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zustehen. Es kann nach den Feststellungen des LSG nicht erkannt werden, ob die Klägerin und L eine Bedarfsgemeinschaft bilden, in der das Einkommen und Vermögen des L bei der Berechnung des Alg II der Klägerin zu berücksichtigen ist und ihre Hilfebedürftigkeit damit entfällt. Insoweit mangelt es insbesondere an Feststellungen, die die Bewertung zulassen, dass die Klägerin und L in einer Partnerschaft sowie einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben. Sollte das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren das Vorliegen dieser beiden objektiven Tatbestandsmerkmale bejahen, wird es gleichwohl, insbesondere unter Beachtung der Revisionsbegründung, zu prüfen haben, ob die Vermutung einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft zwischen den beiden widerlegt ist.

11

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 14.6.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2007, mit dem der Beklagte die Weitergewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab 1.6.2007 mangels Hilfebedürftigkeit der Klägerin aufgrund der Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des L abgelehnt hat. Die Klägerin hat den streitigen Zeitraum, für den sie Leistungen begehrt, in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat bis zum 31.12.2010 beschränkt. Sie bezieht seit dem 1.1.2011 eine Altersrente und ist damit ab diesem Zeitpunkt gemäß § 7 Abs 4 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.

12

2. Die Vorinstanz hat festgestellt, dass die Voraussetzungen der Nr 1, 2 und 4 des § 7 Abs 1 S 1 SGB II für einen Anspruch auf Alg II vorliegend gegeben sind. Ob bei der Klägerin auch Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II besteht, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen. So mangelt es an Feststellungen des LSG, ob der Hilfebedarf der Klägerin durch Zuwendungen ihrer Schwester und/oder eigenes Einkommen sowie ggf ab wann gemindert oder gedeckt war. Ausgehend von seiner Rechtsauffassung brauchte das LSG dies zwar keiner näheren Prüfung zu unterziehen, denn es hat das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft der Klägerin und L iS des § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II bejaht, in der das Einkommen und Vermögen des L nach § 9 Abs 2 SGB II zur Bedarfsdeckung der Klägerin zu verwenden wäre, sodass ihre Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II entfallen sein könnte. Nach § 9 Abs 2 S 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt nach § 9 Abs 2 S 3 SGB II jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig(vgl hierzu nur BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 15). Das Vorliegen einer derartigen Bedarfsgemeinschaft vermag der Senat allerdings nach den Feststellungen des LSG im konkreten Fall nicht abschließend nachzuvollziehen.

13

Nach § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II(in der ab dem 1.8.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706) gehört als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die Person zur Bedarfsgemeinschaft, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Dieser Wille wird nach § 7 Abs 3a SGB II vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben(Nr 1), mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (Nr 2), Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen (Nr 3) oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen (Nr 4). Ob eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft in diesem Sinne vorliegt, ist anhand von Indizien und im Wege einer Gesamtwürdigung festzustellen.

14

Es mangelt hier bereits an Feststellungen des LSG zum Vorliegen einer Partnerschaft zwischen der Klägerin und L sowie des Zusammenlebens in einem gemeinsamen Haushalt. Das LSG hat bei seiner rechtlichen Prüfung unbeachtet gelassen, dass § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft drei Voraussetzungen normiert, die kumulativ vorliegen müssen: Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben, und zwar 3. so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (siehe Hänlein in Gagel, SGB II, Stand 1/2009, § 7 RdNr 46 ff; S. Knickrehm in KSW, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 17; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, 2. Aufl 2008, § 7 RdNr 44 ff; Sächsisches LSG Urteil vom 7.1.2011 - L 7 AS 115/09 - juris RdNr 31; Sächsisches LSG Beschluss vom 10.9.2009 - L 7 AS 414/09 B ER - juris RdNr 58; Bayerisches LSG Beschluss vom 9.12.2009 - L 16 AS 779/09 B ER - juris RdNr 14). Bei den Kriterien zu 1. und 2. (Partnerschaft und Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt) handelt es sich um objektive Tatbestandsvoraussetzungen, die nach der Systematik des § 7 Abs 3 Nr 3 SGB II kumulativ zu der subjektiven Voraussetzung des Einstehens- und Verantwortungswillens gegeben sein müssen. Partnerschaft und Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt sind zugleich Anknüpfungspunkte der Vermutung des § 7 Abs 3a SGB II(siehe auch Wolff-Dellen in Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl 2011, § 7 RdNr 31b). Die subjektive Seite, dass die in einem Haushalt zusammenlebendenden Partner auch den gemeinsamen Willen, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen, haben müssen, wird nach § 7 Abs 3a SGB II bei positiver Feststellung einer der dort aufgezählten vier Fälle - die ebenso wie die beiden objektiven Kriterien von Amts wegen ermittelt werden müssen(§ 20 SGB X bzw § 103 SGG) - allerdings vermutet. Es obliegt dann dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, diese Vermutung zu widerlegen. § 7 Abs 3a SGB II regelt mithin (nur) die subjektive Voraussetzung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und gibt mit den dort aufgezählten, nicht abschließenden(BT-Drucks 16/1410, 19) Fallgestaltungen Indizien für eine gesetzliche Vermutung von Tatsachen vor, mit deren Hilfe auf den inneren Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, geschlossen werden kann.

15

Das SGB II knüpft insoweit an die bisherige Rechtslage und Rechtsprechung zu § 193 SGB III bzw § 137 AFG und § 122 BSHG an. Insbesondere die Notwendigkeit, dass für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft zwingend eine objektiv festzustellende Partnerschaft sowie Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft - neben dem subjektiven Einstehens- und Verantwortungswillen - gegeben sein muss, folgt dem bisherigen Konzept der Einkommens- und Vermögensberücksichtigung bei existenzsichernden Transferleistungen.

16

§ 137 Abs 2a AFG(eingefügt zum 1.1.1986 durch das Siebte Gesetz zur Änderung des AFG vom 20.12.1985, BGBl I 2484) regelte für den Bereich der Alhi vor Inkrafttreten des § 193 SGB III, dass Einkommen und Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, wie das Einkommen und Vermögen eines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen sind. Nach der Rechtsprechung des BSG war eine eheähnliche Gemeinschaft iS des § 137 Abs 2a AFG gegeben, wenn zwei miteinander nicht verheiratete Personen, zwischen denen die Ehe jedoch rechtlich grundsätzlich möglich ist, so wie ein nicht getrennt lebendes Ehepaar in gemeinsamer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben, sie also in Übereinstimmung einen gemeinsamen Haushalt so führen, wie es für zusammenlebende Ehegatten typisch ist(BSG Urteil vom 24.3.1988 - 7 RAr 81/86 - BSGE 63, 120, 123 = SozR 4100 § 138 Nr 17; BSG Urteil vom 26.4.1989 - 7 RAr 116/87). Das BSG bezog sich hierbei (auch) auf die Vorschrift des früheren § 149 Abs 5 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung(AVAVG, idF vom 23.12.1956, BGBl I 1018 - Bekanntmachung der Neufassung vom 3.4.1957, BGBl I 321 - § 141e Abs 5 desselben Gesetzes idF vom 16.4.1956, BGBl I 243), wonach im Rahmen der dortigen Bedürftigkeitsprüfung bei der Alhi ebenfalls das Einkommen und Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, in gleicher Weise zu berücksichtigen war wie das Einkommen und Vermögen des Ehegatten. Diese Vorschrift hatte das BVerfG (Beschluss vom 16.12.1958 - 1 BvL 3/57, 4/57 und 8/58 - BVerfGE 9, 20 = SozR Nr 42 zu Art 3 GG) als mit dem GG vereinbar erklärt und als wesentliches Vergleichselement darauf abgestellt, dass in der eheähnlichen Gemeinschaft wie in einer Ehe "aus einem Topf" gewirtschaftet werde.

17

Ebenfalls auf das objektive Kriterium des "Wirtschaftens aus einem Topf" in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft stellte die Rechtsprechung im Bereich der Sozialhilfe ab (siehe nur BVerwG Urteil vom 27.2.1963 - BVerwGE 15, 306; BVerwG Urteil vom 20.1.1977 - BVerwGE 52, 11; BVerwG Urteil vom 20.11.1984 - BVerwGE 70, 278), wonach gemäß § 122 BSHG Personen, die in eheähnlicher Gemeinschaft leben, hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfanges der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden durften als Ehegatten.

18

Zwar forderte das BVerfG in seinem Urteil vom 17.11.1992 (1 BvL 8/87 - BVerfGE 87, 234 = SozR 3-4100 § 137 Nr 3)zu § 137 Abs 2a AFG, dass die Beziehungen in einer eheähnlichen Gemeinschaft über eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen müssten. Die Partner müssten in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft dergestalt leben, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellten, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwendeten. Demnach ist zusätzlich ein subjektives Element iS eines Verantwortungs- und Einstehenswillens erforderlich (wie ihn § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II iVm § 7 Abs 3a SGB II nunmehr auch ausdrücklich anführt). An dem Erfordernis einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft als Grundvoraussetzung änderte dies jedoch nichts. Im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG änderte sowohl das BSG als auch das BVerwG seine Rechtsprechung zwar. Sie bezogen die weiteren Voraussetzungen für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft mit ein. Das BSG ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass daneben weiter das Bestehen einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen den Partnern erforderlich sei (siehe nur BSG Urteil vom 29.4.1998 - B 7 AL 56/97 R - SozR 3-4100 § 119 Nr 15; BSG Urteil vom 17.10.2002 - B 7 AL 96/00 R - BSGE 90, 90, 94 = SozR 3-4100 § 119 Nr 26; BSG Urteil vom 17.10.2002 - B 7 AL 72/00 R - SozR 3-4300 § 144 Nr 10; BSG Urteil vom 17.10.2007 - B 11a/7a AL 52/06 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 16 RdNr 17; ebenso in der Literatur Ebsen in Gagel, SGB III, Stand 7/1999, § 193 RdNr 54 ff; Henke in Hennig, AFG, Stand 7/1997, § 137 RdNr 33).

19

Dass auch nach § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II ein "Wirtschaften aus einem Topf" vorab als Voraussetzung für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft zu prüfen ist, zeigt auch die Entwicklung des § 7 SGB II sowie die Gesetzesbegründung hierzu. In § 7 Abs 3 Nr 3b SGB II(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, BT-Drucks 15/1516, 52) hieß es zunächst "Zur Bedarfsgemeinschaft gehören als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen … b) die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt". Die mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) zum 1.8.2006 erfolgte Änderung des § 7 Abs 3 Nr 3b SGB II sollte lediglich bewirken, dass auch Partner einer nicht eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft eine Bedarfsgemeinschaft bilden können und damit eine Schlechterstellung von Ehepartnern, Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft aber auch Partnern einer gleichgeschlechtlichen eingetragenen Lebenspartnerschaft im Hinblick auf die Einkommens- und Vermögensanrechnung aufheben(vgl BT-Drucks 16/1410, 19). Auswirkungen auf die bis dahin aufgestellten Voraussetzungen einer "eheähnlichen Gemeinschaft" waren damit nicht verbunden. Vielmehr ließen sich nun diese Voraussetzungen auch auf nicht eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften übertragen. Mit der gleichzeitigen Einfügung des § 7 Abs 3a SGB II hat der Gesetzgeber lediglich zu dem vom BVerfG geforderten wechselseitigen Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, eine Vermutungsregelung eingefügt, ohne hierdurch die objektiven Voraussetzungen einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht verheirateten Partnern zu verändern.

20

a) Von dem Bestehen einer Partnerschaft ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung von BVerfG (Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - BVerfGE 87, 234 = SozR 3-4100 § 137 Nr 3)und BSG (s nur BSG BSGE 90, 90, 100 = SozR 3-4100 § 119 Nr 26, RdNr 39)auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt. Zudem muss zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und dem Dritten die grundsätzliche rechtlich zulässige Möglichkeit der Heirat bzw Begründung einer Lebenspartnerschaft nach dem LPartG bestehen (s Hänlein in Gagel SGB II/SGB III, Stand 01/2009, § 7 SGB II RdNr 47; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 7 RdNr 45). Anhand dieser Kriterien wird das LSG nunmehr - ohne gleichzeitige Einbeziehung des subjektiven Merkmals des Einstehens- und Verantwortungswillens - aufgrund der objektiven Gegebenheiten eine insoweit eigenständige Beweiswürdigung vornehmen müssen. Dabei wird es insbesondere die von ihm selbst dargelegten Aspekte der fehlenden sexuellen Beziehungen zwischen der Klägerin und L, der nur seltenen anderweitigen partnerschaftlichen Beziehungen beider Beteiligter und des Pflegens von anderen Beziehungen nur außerhalb des gemeinsamen häuslichen Bereichs in seine Wertung einzubeziehen haben.

21

b) Das "Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt" iS des § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II erfordert - wie bereits dargelegt - das Bestehen einer "Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft". § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II stellt damit bereits vom Wortlaut her(im Gegensatz zu § 7 Abs 3 Nr 3a und b SGB II für den nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten bzw Lebenspartner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, siehe auch BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 49/09 R - BSGE 105, 291 = SozR 4-4200 § 7 Nr 16, RdNr 14)auf zwei Elemente ab, nämlich das Zusammenleben und kumulativ das Wirtschaften aus einem Topf (BSG Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 6/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 6 RdNr 15; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 68/07 R - BSGE 102, 258 = SozR 4-4225 § 1 Nr 1, RdNr 3; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 5/09 R - juris RdNr 15; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 9 RdNr 16; s auch Hackethal in jurisPK-SGB II, Stand 15.8.2011, § 7 RdNr 56; Hänlein in Gagel, SGB II, Stand 1/2009, § 7 RdNr 47; S. Knickrehm in KSW, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 17; A. Loose in GK-SGB II, Stand 7/2010, § 7 RdNr 7 RdNr 56.1; Sauer in Sauer, SGB II, § 7 RdNr 25; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, 2. Aufl 2008, § 7 RdNr 46; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 1/2012, § 7 RdNr 216).

22

Unter "Zusammenleben" in einer Wohnung ist mehr als nur ein bloßes "Zusammenwohnen", wie es bei Wohngemeinschaften der Regelfall ist, zu verstehen. Andererseits ist es für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht ehelich verbundenen Partnern zwingend, dass sie in "einer Wohnung" zusammenleben. Auch bei einer Ehe ist die häusliche Gemeinschaft zwar ein Grundelement der ehelichen Lebensgemeinschaft; jedoch kann bei Vereinbarung einer abweichenden Lebensgestaltung auch eine Ehe ohne räumlichen Lebensmittelpunkt (Ehewohnung) eine solche iS des § 1353 BGB sein(Palandt/Brudermüller, BGB, 69. Aufl 2010, § 1353 BGB RdNr 6 ff; MünchkommBGB, 5. Aufl 2010, § 1565 RdNr 23; BGH, Urteil vom 7.11.2001 - XII ZR 247/00 - NJW 2002, 671; s auch BSGE 105, 291 = SozR 3-4200 § 7 Nr 16, RdNr 13). Haben die Ehegatten bei oder nach der Eheschließung einvernehmlich ein Lebensmodell gewählt, das eine häusliche Gemeinschaft nicht vorsieht, kann allein der Wille, diese auf absehbare Zeit nicht herzustellen, ein Getrenntleben nach familienrechtlichen Grundsätzen nicht begründen (Staudinger/Rauscher, BGB, 2004, § 1567 RdNr 51). Hier ist vielmehr regelmäßig der nach außen erkennbare Wille eines Ehegatten erforderlich, die häusliche Gemeinschaft nicht herstellen zu wollen, weil er die eheliche Gemeinschaft ablehnt (§ 1567 Abs 1 BGB). Da es bei einer nichtehelichen Partnerschaft an der einzig durch die Eheschließung bereits nach außen dokumentierte Verbundenheit mangelt und dort diese nur dann verneint werden kann, wenn sie ausdrücklich nach außen hin dokumentiert wird, erfordert die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht verheirateten bzw nicht nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbundenen Partnern umgekehrt, dass deren Verbundenheit durch das Zusammenleben in einer Wohnung nach außen erkennbar wird.

23

Zusätzlich bedarf es zum zweiten des gemeinsamen Wirtschaftens. Die Anforderungen an das gemeinsame Wirtschaften gehen dabei über die gemeinsame Nutzung von Bad, Küche und ggf Gemeinschaftsräumen hinaus. Auch der in Wohngemeinschaften häufig anzutreffende gemeinsame Einkauf von Grundnahrungsmitteln, Reinigungs- und Sanitärartikeln aus einer von allen Mitbewohnern zu gleichen Teilen gespeisten Gemeinschaftskasse begründet noch keine Wirtschaftsgemeinschaft. Entscheidend insoweit ist, dass der Haushalt von beiden Partnern geführt wird, wobei die Beteiligung an der Haushaltsführung von der jeweiligen wirtschaftlichen und körperlichen Leistungsfähigkeit der Partner abhängig ist. Die Haushaltsführung an sich und das Bestreiten der Kosten des Haushalts muss gemeinschaftlich durch beide Partner erfolgen, was allerdings nicht bedeutet, dass der finanzielle Anteil der Beteiligung am Haushalt oder der Wert der Haushaltsführung selbst gleichwertig sein müssen. Ausreichend ist eine Absprache zwischen den Partnern, wie sie die Haushaltsführung zum Wohle des partnerschaftlichen Zusammenlebens untereinander aufteilen.

24

Hierzu mangelt es an Feststellungen des LSG. Es hat das Bestehen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen der Klägerin und L im Ergebnis offen gelassen. Das LSG wird im wieder eröffneten Berufungsverfahren die von ihm benannten Aspekte der gemeinsamen Finanzierung des Hauses sowie der Unterhaltungs- und Betriebskosten hierfür, die gegenseitige Erteilung von Kontovollmachten, die getrennten Haushaltskassen und im Wesentlichen getrennte Zubereitung und Einnahme der Mahlzeiten einerseits, aber ua auch die sich aus dem Vorbringen der Klägerin und den Akten ergebenden Erkenntnisse zur Haushaltsführung an sich, sei es die Organisation des Einkaufs, das Reinigen der Wohnung und der Wäsche sowie der Finanzierungshilfen durch die Schwester der Klägerin in seine Wertung einzubeziehen haben.

25

c) Sind die unter a) und b) benannten objektiven Voraussetzungen gegeben, gilt es den Einstehens- und Verantwortungswillen der Partner festzustellen. Diesen hat das LSG zwar für den Senat bindend, weil nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen (§ 163 SGG), bejaht. Es wird in der erneuten Entscheidung jedoch die Ausführungen der Klägerin in der Revisionsbegründung einer zusätzlichen Betrachtung unter dem Aspekt der Widerlegbarkeit der Vermutung zu unterziehen haben.

26

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 23. April 2012  1 K 238/11 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist griechischer Staatsangehöriger. Im November 2009 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) ein und nahm dort eine unselbständige, sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit auf. Seit seiner Einreise hatte der Kläger seinen ständigen Wohnsitz in Deutschland, nicht in Griechenland. Zwischenzeitlich bezog er Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch.

2

Der Kläger ist der Vater der Mädchen E (geboren September 1994) und G (geboren Juli 1998). Seine beiden Töchter lebten jedenfalls seit Mai 2010 in Griechenland im Haushalt ihrer nicht erwerbstätigen Großmutter, der Mutter des Klägers. Die Kindsmutter, von welcher der Kläger jedenfalls seit Mai 2010 dauernd getrennt lebte, führte einen eigenen Haushalt in Griechenland und übte nach Angabe des für die Gewährung von Familienleistungen in Griechenland zuständigen Trägers vom 21. Februar 2011 seit Juli 2009 keine berufliche Tätigkeit aus.

3

Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) lehnte den Antrag des Klägers auf Festsetzung des Kindergeldes für seine beiden Töchter mit Bescheid vom 6. Dezember 2010 ab. Der hiergegen eingelegte Einspruch war teilweise erfolgreich. Mit Bescheid vom 18. April 2011 setzte die Familienkasse Kindergeld für die beiden Töchter für den Zeitraum November 2009 bis April 2010 fest. Soweit der Einspruch den Zeitraum ab Mai 2010 betraf, blieb er hingegen erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 16. Mai 2011). Da die Töchter des Klägers --so die Familienkasse-- in dem Haushalt einer anderen anspruchsberechtigten Person in Griechenland lebten, sei diese andere Person nach § 64 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorrangig berechtigt.

4

Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen gerichteten Klage, mit welcher der Kläger die Festsetzung von Kindergeld für seine beiden Töchter ab Mai 2010 begehrte, mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 1682 veröffentlichtem Urteil statt. Es verpflichtete die Familienkasse, Kindergeld für die beiden Kinder ab Mai 2010 festzusetzen.

5

Mit der Revision rügt die Familienkasse die Verletzung des § 64 EStG. Sie beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

7

Mit Beschluss vom 22. September 2014 hat der Bundesfinanzhof (BFH) das Verfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) über das bei ihm anhängige Vorabentscheidungsersuchen C-378/14 ausgesetzt. Der EuGH hat mit Urteil vom 22. Oktober 2015 C-378/14 (EU:C:2015:720, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2015, 1501) über die Vorlagefragen entschieden.

Entscheidungsgründe

II.

8

Die Familienkasse ... ist aufgrund eines Organisationsakts (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff.) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Bundesagentur für Arbeit - Familienkasse ... eingetreten (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2014 III R 21/12, BFHE 246, 389, BStBl II 2015, 135, Rz 11).

III.

9

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Kläger ist zwar nach nationalem Recht (§§ 62 ff. EStG) anspruchsberechtigt (dazu 1.). Der Großmutter steht aber nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG ein vorrangiger Kindergeldanspruch zu (dazu 2. bis 6.).

10

1. Der Kläger erfüllt im Streitzeitraum (Mai 2010 bis Mai 2011, dem Monat der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung; vgl. hierzu Senatsurteil vom 25. September 2014 III R 36/12, BFHE 247, 488, BStBl II 2015, 286, Rz 16) die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 EStG).

11

Nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) liegen --was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist-- die Anspruchsvoraussetzungen nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 EStG vor. Dass die beiden Töchter ihren Wohnsitz in Griechenland haben, ist für die Kindergeldberechtigung unerheblich (§ 63 Abs. 1 Satz 3 EStG).

12

2. Allerdings ist die Großmutter --entgegen der Rechtsauffassung des FG-- nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG vorrangig anspruchsberechtigt, weil gemäß Art. 67 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- 2004 Nr. L 166, S. 1) in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung --VO Nr. 883/2004 (Grundverordnung)-- i.V.m. Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABlEU 2009 Nr. L 284, S. 1) in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung --VO Nr. 987/2009 (Durchführungsverordnung)-- zu unterstellen ist, dass die Großmutter mit ihren Enkelkindern, den Töchtern des Klägers, in Deutschland wohnt.

13

a) Nach § 64 Abs. 1 EStG wird das Kindergeld nureinem Berechtigten gezahlt. Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 64 Abs. 2 Satz 1 EStG).

14

b) Im Streitfall ergibt sich die Anspruchsberechtigung der Großmutter aus § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

15

Zwar liegt der nach dieser Vorschrift erforderliche Inlandswohnsitz der Großmutter nicht vor. Es finden aber die Vorschriften der VO Nr. 883/2004 und der VO Nr. 987/2009 Anwendung (dazu 3.). Gemäß Art. 67 der VO Nr. 883/2004 i.V.m. Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der VO Nr. 987/2009 ist die Wohnsituation der Großmutter (fiktiv) ins Inland zu übertragen; demnach wird ein Inlandswohnsitz der Großmutter fingiert (dazu 4.). Zudem erfüllt die Großmutter auch die übrigen Voraussetzungen für eine vorrangige Anspruchsberechtigung (dazu 5. und 6.).

16

3. Der Anwendungsbereich der VO Nr. 883/2004 ist eröffnet und Deutschland der zuständige Mitgliedstaat.

17

a) Die Grundverordnung und die Durchführungsverordnung gelten seit dem 1. Mai 2010 (vgl. Art. 90 Abs. 1, Art. 91 Satz 2 der VO Nr. 883/2004 i.V.m. Art. 96 Abs. 1, Art. 97 der VO Nr. 987/2009; dazu auch Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 65 EStG Rz 9). Der Kläger ist griechischer Staatsangehöriger und fällt damit nach Art. 2 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 in den persönlichen Anwendungsbereich der Grundverordnung. Ebenso ist das Kindergeld nach dem EStG eine Familienleistung i.S. des Art. 1 Buchst. z der VO Nr. 883/2004, weshalb auch deren sachlicher Anwendungsbereich nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. j der VO Nr. 883/2004 eröffnet ist.

18

b) Nach Art. 11 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 unterliegen die von dieser Verordnung erfassten Personen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Im Streitfall ergibt sich die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften aus Art. 11 Abs. 3 Buchst. a (jedenfalls auch aus Buchst. e) der VO Nr. 883/2004.

19

4. Aus Art. 67 Satz 1 der VO Nr. 883/2004 i.V.m. Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der VO Nr. 987/2009 folgt, dass die Wohnsituation der Großmutter (fiktiv) ins Inland übertragen wird.

20

a) Nach Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der VO Nr. 987/2009 ist bei Anwendung von Art. 67 und 68 der VO Nr. 883/2004, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als fielen alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats und wohnten dort. Nach Art. 67 der VO Nr. 883/2004 hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnten. Danach schafft Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der VO Nr. 987/2009 eine gesetzliche Fiktion dahin, dass bei Anwendung der Koordinierungsregelungen der Grundverordnung die Situation der gesamten Familie in einer Weise berücksichtigt wird, als ob alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des für die Gewährung der Familienleistungen zuständigen Mitgliedstaats fielen und dort wohnten.

21

b) Art. 67 der VO Nr. 883/2004 ist ungeachtet dessen anwendbar, dass es für die Kindergeldberechtigung nach nationalem Recht (§ 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 EStG) unerheblich ist, ob das Kind seinen Wohnsitz im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hat (vgl. EuGH-Urteil in DStRE 2015, 1501, Rz 35 ff.). Ebenso kommt es für die Anwendung des Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der VO Nr. 987/2009 nicht darauf an, ob eine von Art. 68 der VO Nr. 883/2004 erfasste Konkurrenzsituation gegeben ist. Sollte es hieran --wie vom FG mangels Bestehens eines Anspruchs auf griechische Familienleistungen angenommen-- fehlen, griffe Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der VO Nr. 987/2009 bereits über Art. 67 der VO Nr. 883/2004 ein (vgl. EuGH-Urteil in DStRE 2015, 1501, Rz 35 ff.).

22

c) Zu den "beteiligten Personen" i.S. des Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der VO Nr. 987/2009 gehören die "Familienangehörigen" i.S. des Art. 1 Buchst. i Nr. 1 Buchst. i der VO Nr. 883/2004. Da das Kindergeldrecht nach dem EStG den Begriff des Familienangehörigen weder verwendet noch definiert, sind hierunter neben den Elternteilen und dem Kind auch alle Personen zu verstehen, die nach nationalem Recht berechtigt sind, Anspruch auf diese Leistungen zu erheben (vgl. EuGH-Urteil in DStRE 2015, 1501, Rz 38). Daher werden von diesem Begriff nach § 62 Abs. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG auch Großelternteile erfasst, die ein Enkelkind in ihren Haushalt aufgenommen haben. Entgegen der Rechtsauffassung des FG kommt es daher nicht darauf an, dass mit dem Familienangehörigen i.S. des Art. 67 Satz 1 der VO Nr. 883/2004 (Anspruch auf Familienleistungen "für Familienangehörige") offensichtlich nur das Kind, nicht auch andere Familienangehörige gemeint sein können.

23

Der Begriff der "beteiligten Personen" i.S. des Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der VO Nr. 987/2009 ist auch nicht unter Rückgriff auf Art. 1 Buchst. i Nr. 2 der VO Nr. 883/2004 zu bestimmen. Danach werden als "Familienangehörige" nicht die Großeltern, sondern nur der Ehegatte, die minderjährigen Kinder und die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder angesehen, wenn die anzuwendenden Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die Familienangehörigen nicht von anderen Personen unterscheiden, auf die diese Rechtsvorschriften anwendbar sind. Die Nichtanwendbarkeit dieser Bestimmung ergibt sich zum einen daraus, dass im deutschen Kindergeldrecht die Anspruchsberechtigung von einer familienrechtlichen Beziehung abhängig gemacht wird (vgl. § 62 Abs. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 EStG). Zum anderen hat auch der EuGH in seinem Urteil in DStRE 2015, 1501, Rz 38 zur Bestimmung der "beteiligten Personen" auf die nach dem nationalen Recht Anspruchsberechtigten abgestellt und damit auch die ehemalige (geschiedene) Ehefrau des Anspruchstellers als "beteiligte Person" qualifiziert.

24

5. Die Großmutter erfüllt auch die übrigen erforderlichen Anspruchsvoraussetzungen.

25

a) Anhaltspunkte dafür, dass die Großmutter eine nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin i.S. des § 62 Abs. 2 EStG ist, hat das FG nicht festgestellt. Schließlich hat die Großmutter ihre beiden Enkelkinder nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG in ihren Haushalt in Griechenland aufgenommen (§ 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG).

26

b) Ein vorrangiger Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus § 64 Abs. 2 Satz 5 EStG. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass in Griechenland ein gemeinsamer Haushalt des Klägers mit seiner Mutter (Großmutter) und seinen beiden Töchtern existiert haben könnte.

27

aa) Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, so wird das Kindergeld vorrangig einem Elternteil gezahlt; es wird einem Großelternteil gezahlt, wenn der Elternteil gegenüber der zuständigen Stelle auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat (§ 64 Abs. 2 Satz 5 EStG). Die nach Art. 67 der VO Nr. 883/2004 i.V.m. Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der VO Nr. 987/2009 vorzunehmende Fiktion bewirkt, dass die Wohnsituation auf Grundlage der im Streitzeitraum im anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (hier Griechenland) gegebenen Verhältnisse (fiktiv) ins Inland übertragen wird.

28

bb) Im Streitfall bestand in Griechenland kein gemeinsamer Haushalt des Klägers mit seiner Mutter (der Großmutter) und seinen beiden Töchtern.

29

Das Vorliegen eines gemeinsamen Haushalts i.S. des § 64 Abs. 2 Satz 5 (oder Satz 2) EStG setzt voraus, dass zwischen den Beteiligten eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft besteht. Hierfür ist erforderlich, dass die Beteiligten gemeinsam zum Unterhalt der Familie beitragen und der bestehende Haushalt beiden zuzurechnen ist (vgl. Felix, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 64 Rz C 19; Blümich/Selder, § 64 EStG Rz 26). Danach wird man regelmäßig ein örtlich gebundenes Zusammenleben mit gemeinsamer Versorgung fordern müssen (vgl. HHR/Wendl, § 64 EStG Rz 10). Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist Tatfrage und vom FG als Tatsacheninstanz anhand der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden.

30

Im erstinstanzlichen Verfahren stellte das FG fest, dass der Kläger seinen ständigen Wohnsitz in Deutschland, nicht in Griechenland hatte. Weiter führte es aus, dass die Töchter des Klägers im Haushalt der Großmutter in Griechenland lebten. Danach erscheint es ausgeschlossen, dass im Streitzeitraum zwischen dem Kläger, seiner Mutter (der Großmutter) und seinen beiden Töchtern eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft in Griechenland bestanden haben könnte.

31

6. Schließlich kommt es nicht darauf an, ob die Großmutter selbst einen Antrag auf Kindergeld in Deutschland gestellt hat.

32

Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt nach Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der VO Nr. 987/2009 der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem "anderen Elternteil" gestellt wird. Der Anspruch auf Kindergeld müsste daher nicht wegen der fehlenden Antragstellung der Großmutter dem Kläger zuerkannt werden (vgl. EuGH-Urteil in DStRE 2015, 1501, Rz 50). Vielmehr reichte es aus, dass der Kläger einen Antrag auf Kindergeld gestellt hat. Diesen hätte die deutsche Familienkasse auch als solchen zugunsten des Kindergeldanspruchs der Großmutter zu berücksichtigen.

33

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 14. Dezember 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Arbeitslosengeld II (Alg II) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II), die sie noch für die Zeit vom 1.5. bis 30.6.2007 begehrt. Im Streit ist insbesondere die Berücksichtigung einer Lebensversicherung.

2

Die im Jahr 1964 geborene, alleinstehende Klägerin bezog bis einschließlich 1.5.2007 Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von täglich 32,98 Euro. Sie beantragte am 26.4.2007 bei dem beklagten Kreis Nordfriesland, einem zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a SGB II, Alg II für die Zeit ab 1.5.2007. Im Zeitpunkt der Antragstellung verfügte die Klägerin über ein zehn Jahre altes Kraftfahrzeug (Opel Combo), ein Girokonto mit einem Guthaben von 1870,17 Euro, ein Sparkonto mit einem Guthaben von 2125,36 Euro und eine private Rentenversicherung ohne Verwertungsausschluss seit 1.8.1997 bei der B AG mit einem Rückkaufswert zum 1.5.2007 von 6493 Euro zuzüglich 96,50 Euro Gewinnbeteiligung bei bisher geleisteten Beiträgen von 7911,77 Euro. Weiterhin verfügte sie über eine kapitalbildende Lebensversicherung ohne Verwertungsausschluss seit 1.12.1999 bei der H AG mit einem Rückkaufswert zum 1.6.2007 von 1440,14 Euro bei bis dahin fälligen Beiträgen von 2583,78 Euro. Ab 1.7.2007 stand die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis. Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab. Das den Vermögensfreibetrag übersteigende Vermögen aus den Girokonto- und Sparkontoguthaben sowie den Rückkaufswerten der Versicherungen sei zu verwerten und decke den Bedarf der Klägerin (Bescheid vom 10.7.2007, Widerspruchsbescheid vom 28.11.2007).

3

Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage beschränkte die Klägerin ihr Leistungsbegehren zunächst auf die Zeit bis zum 31.7.2007. Die Klage vor dem Sozialgericht (SG) Schleswig (Urteil vom 17.9.2010) und die Berufung der Klägerin zum Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) blieben erfolglos (Urteil vom 14.12.2012). Das LSG hat insbesondere ausgeführt, dass der Verlust der Klägerin bei der Auflösung der Versicherung bei der B AG nur 16,71 % betrage und zumutbar sei. Bei Berücksichtigung des Rückkaufswerts dieser Versicherung einschließlich der Gewinnbeteiligung sowie des Girokonto- und Sparkontoguthabens sei die Klägerin nicht hilfebedürftig gewesen. Auf die Berücksichtigung der Lebensversicherung bei der H AG komme es nicht an. Auch eine besondere Härte der Verwertung liege nicht vor.

4

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II, insbesondere durch die Aussage des LSG, die Auflösung einer Lebensversicherung mit einem Verlust von 16,71 % sei nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Hinzu komme, dass sie nur für kurze Zeit Leistungen nach dem SGB II beansprucht habe. Im Revisionsverfahren hat die Klägerin ihr Begehren weiter auf die Zeit bis zum 30.6.2007 und auf Leistungen ausschließlich als Zuschuss beschränkt.

5

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 14. Dezember 2012 und des Sozialgerichts Schleswig vom 17. September 2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 10. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr vom 1. Mai bis zum 30. Juni 2007 Arbeitslosengeld II als Zuschuss zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er trägt unter anderem vor, für die Bestimmung des Substanzwerts einer Lebensversicherung sei auf deren Rückkaufswert abzustellen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin einen Anspruch auf Alg II hat.

9

1. Rechtsgrundlage für das von der Klägerin für den Zeitraum vom 1.5. bis zum 30.6.2007 als Zuschuss begehrte Alg II ist § 19 iVm §§ 7, 9 und §§ 20, 21 und 22 SGB II in der im streitbefangenen Zeitraum geltenden Fassung, denn in Rechtsstreitigkeiten über in der Vergangenheit liegende Zeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.

10

Nach § 19 Satz 1 SGB II(in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706) erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Alg II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Erwerbsfähige Hilfebedürftige sind nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4).

11

2. Die Klägerin erfüllt nach den von den Beteiligten nicht gerügten und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) die Voraussetzungen hinsichtlich des Lebensalters, der Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II. Anhaltspunkte für das Eingreifen eines Ausschlusstatbestands (§ 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4 und 5 SGB II) sind nicht ersichtlich.

12

Allerdings fehlen ausreichende Feststellungen des LSG zur Hilfebedürftigkeit der Klägerin. Hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II ist nach § 9 Abs 1 SGB II(in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954), wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr 1) oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr 2) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

13

Für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, § 9 Abs 1 SGB II der alleinstehenden Klägerin sind ihrem nach dem SGB II in Betracht kommenden Bedarf(dazu unter a) die zu dessen Sicherung zu berücksichtigenden und zur Verfügung stehenden Bedarfsdeckungsmöglichkeiten der Klägerin (dazu unter b) gegenüberzustellen.

14

a) Zum Bedarf der Klägerin gehört die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 Abs 1 und 2 SGB II in der im streitbefangenen Zeitraum geltenden Höhe von 345 Euro im Monat. Anhaltspunkte dafür, dass für die Klägerin daneben auch Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt (§ 21 SGB II) in Betracht kommen könnten, sind nicht ersichtlich.

15

Nach den bindenden Feststellungen des LSG wohnte die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum in der S straße in H zur Untermiete zu monatlich 140 Euro kalt zuzüglich 10 Euro Heizkosten. In dieser Höhe kommen Bedarfe für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II) in Betracht.

16

b) Die Klägerin bezog bis einschließlich 1.5.2007 Alg in Höhe von 32,98 Euro täglich. Nach den bindenden Feststellungen des LSG erzielte die Klägerin vom auslaufenden Alg abgesehen keine Einnahmen. Ob ihr im streitbefangenen Zeitraum ab 1.5.2007 Alg als zu berücksichtigendes Einkommen iS des § 11 SGB II noch tatsächlich zufloss, hat das LSG nicht eigens festgestellt.

17

Die Feststellungen des LSG reichen auch nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Klägerin über zu berücksichtigendes Vermögen iS des § 12 SGB II in einem Umfang verfügte, das sie in die Lage versetzte, im streitbefangenen Zeitraum ihren Lebensunterhalt ohne Leistungen nach dem SGB II zu sichern(dazu im Einzelnen unter 3.).

18

3. Als Vermögen sind nach § 12 Abs 1 SGB II(in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) alle verwertbaren Vermögensgegenstände mit ihrem Verkehrswert (§ 12 Abs 4 SGB II in der zuvor genannten Fassung) zu berücksichtigen, soweit das Vermögen die Vermögensfreibeträge nach § 12 Abs 2 SGB II(in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706) übersteigt. Vermögensgegenstände, die einen Ausnahmetatbestand nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 1 bis 6 SGB II(in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) erfüllen, sind als sog Schonvermögen nicht zu berücksichtigen.

19

Die Prüfung, ob und inwieweit Vermögen bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II als zur Verfügung stehende Bedarfsdeckungsmöglichkeit zu berücksichtigen ist, erfordert Feststellungen dazu, über welche Vermögensgegenstände mit welchem Verkehrswert die Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person verfügt (dazu unter a), ob diese Vermögensgegenstände verwertbar sind (dazu unter b), ob ihre Verkehrswerte die Vermögensfreibeträge übersteigen (dazu unter c), ob die Vermögensgegenstände als Schonvermögen nicht zu berücksichtigen sind (dazu unter d) und ob die zu berücksichtigenden Vermögensgegenstände in absehbarer und angemessener Zeit verwertet werden können (dazu unter d) cc) (2)).

20

a) Nach den bindenden Feststellungen des LSG zu den Vermögensgegenständen und deren Verkehrswerten verfügte die Klägerin im Mai 2007 über ein zehn Jahre altes Kraftfahrzeug, ein Girokonto mit einem Guthaben von 1870,17 Euro, ein Sparkonto mit einem Guthaben von 2125,36 Euro, eine Rentenversicherung bei der B AG mit einem Rückkaufswert von 6493 Euro zuzüglich 96,50 Euro Gewinnbeteiligung und eine Lebensversicherung bei der H AG mit einem Rückkaufswert im Juni 2007 von 1440,14 Euro.

21

b) Für keinen dieser Vermögensgegenstände gibt es Anhaltspunkte dafür, dass sie nicht verwertbar waren.

22

Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können. Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, sei es, dass Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder dass sie, wie zB ein Grundstück infolge sinkender Immobilienpreise, über den Marktwert hinaus belastet sind. Rechtlich nicht verwertbar ist ein Vermögensgegenstand, für den Verfügungsbeschränkungen bestehen, deren Aufhebung der Inhaber nicht erreichen kann (vgl Bundessozialgericht Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 27; BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 15, RdNr 17 f; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 21; BSG Urteil vom 12.7.2012 - B 14 AS 158/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 20 RdNr 15).

23

Tatsächliche oder rechtliche Hindernisse, die eine Verwertbarkeit der Vermögensgegenstände der Klägerin schlechterdings unmöglich machen, sind weder festgestellt noch ersichtlich.

24

c) Der 1964 geborenen Klägerin standen im Zeitpunkt der Antragstellung Vermögensfreibeträge in Höhe von 7050 Euro zu. Denn nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II war vom Vermögen abzusetzen ein Grundfreibetrag in Höhe von 150 Euro je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen. Der Klägerin stand mithin ein Grundfreibetrag in Höhe von 6300 Euro (42 Lebensjahre x 150 Euro) zu. Hinzu kommt nach § 12 Abs 2 Nr 4 SGB II ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750 Euro.

25

Weitere Freibeträge iS des § 12 Abs 2 SGB II bestanden nicht. Beide Versicherungen der Klägerin erfüllen nicht die Voraussetzungen des § 12 Abs 2 Nr 2 und 3 SGB II. Es handelt sich - wie das LSG zutreffend unter Hinweis auf die Entscheidungsgründe des SG dargestellt hat - weder um bundesrechtlich gefördertes Altersvorsorgevermögen iS des § 12 Abs 2 Nr 2 SGB II noch um Versicherungen mit einem vereinbarten Verwertungsausschluss iS des § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II. Auf Gründe, warum ein Verwertungsausschluss nicht vereinbart worden ist, kommt es nicht an.

26

d) Zu prüfen bleibt, ob und ggf welche Vermögensgegenstände der Klägerin bei der Ermittlung des Werts ihres zu berücksichtigenden Vermögens nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 1 bis 6 SGB II als sog Schonvermögen nicht mit einzubeziehen sind(vgl Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 12 RdNr 75).

27

aa) Nicht als Vermögen zu berücksichtigen ist das Kraftfahrzeug der Klägerin, weil der im Antragszeitpunkt mit einem Alter von zehn Jahren angegebene Opel Combo die Angemessenheitsschwelle nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II von bis zu 7500 Euro(BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R - BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5, RdNr 13 ff) offenkundig nicht überschritt.

28

bb) Von der Berücksichtigung nicht ausgeschlossen durch § 12 Abs 3 Satz 1 SGB II sind die Guthaben auf dem Girokonto und dem Sparkonto, die im Mai 2007 zusammen 3995,53 Euro betrugen.

29

Der Einbeziehung auch des Sparkontos bei der Ermittlung des Werts ihres Vermögens steht von vornherein nicht die von der Klägerin für das Sparkontoguthaben formulierte Verwendungsabsicht entgegen, damit das ihr nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz gewährte Darlehen tilgen zu wollen. Denn es ist durch die Rechtsprechung des BSG geklärt, dass vom zu berücksichtigenden Vermögen Schulden grundsätzlich nicht abzuziehen sind. Die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten bei der Feststellung der vorhandenen Vermögenswerte nach § 12 SGB II ist allenfalls geboten, wenn eine Verbindlichkeit unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand (zB eine auf ein Grundstück eingetragene Hypothek) lastet, da der Vermögensgegenstand in diesem Fall nicht ohne Abzüge veräußert werden kann(vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14 AS 27/07 R - juris RdNr 44; BSG Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 29/12 R - juris RdNr 31 f). Daran fehlt es hier.

30

cc) Hinsichtlich der beiden Versicherungen kommt als Ausnahmetatbestand nur § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II in Betracht, nicht aber § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II, weil die Klägerin zu keinem Zeitpunkt von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit war, wie das LSG bindend festgestellt hat. Nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen oder Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist(Alt 1) oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde (Alt 2).

31

(1) Die Prüfung dieses Ausnahmetatbestands erfordert grundsätzlich zunächst die Feststellung, in welcher Form und in welchem Zeitraum eine Verwertung für die Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person tatsächlich und rechtlich möglich ist. Denn erst auf dieser Grundlage kann sodann geprüft werden, ob die Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde (vgl zu dieser Prüfungsreihenfolge BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 70/09 R - juris RdNr 19 f).

32

(2) Ungeachtet dieses besonderen Prüfungserfordernisses im Rahmen des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II sind Feststellungen zum Zeitraum einer möglichen Verwertung sonst jedenfalls abschließend im Rahmen der Prüfung, ob und inwieweit Vermögen als zur Verfügung stehende Bedarfsdeckungsmöglichkeit zu berücksichtigen ist, zu treffen. Der Prüfung auch der zeitlichen Dimension, innerhalb der das Vermögen (voraussichtlich) verwertet werden kann, bedarf es, weil die Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person, die ihr verwertbares Vermögen nicht in absehbarer und angemessener Zeit verwerten kann, nicht über bereite Mittel verfügt (vgl BSG Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 19/10 R - juris RdNr 14). Maßgebend für die Prognose, ob und ggf welche Verwertungsmöglichkeiten bestehen, ist im Regelfall der Zeitraum, für den Leistungen bewilligt werden, also regelmäßig der sechsmonatige Bewilligungszeitraum für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (§ 41 Abs 1 Satz 4 SGB II). Für diesen Bewilligungszeitraum von sechs Monaten ab Antragstellung muss im Vorhinein eine Prognose getroffen werden, ob und ggf welche Verwertungsmöglichkeiten bestehen, die geeignet sind, kurzfristig Erträge zu erzielen und die Hilfebedürftigkeit abzuwenden oder zu vermindern (vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 15 RdNr 19, 21; BSG Urteil vom 23.5.2012 - B 14 AS 100/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 19 RdNr 20 f: Möglichkeit des "Versilberns"). Fehlt es an einer Möglichkeit zur Verwertung zu berücksichtigenden Vermögens in diesem Zeitraum, besteht Hilfebedürftigkeit und sind auf Antrag darlehensweise Leistungen zu erbringen (§ 9 Abs 4, § 23 Abs 5 SGB II in der im streitbefangenen Zeitraum geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006, BGBl I 558; entsprechend im derzeit geltenden Recht § 9 Abs 4, § 24 Abs 5 SGB II).

33

(3) Prognostische Betrachtungen zum Zeitraum einer möglichen Verwertung der beiden Versicherungen hat das LSG nicht angestellt. Feststellungen hierzu waren auch nicht von vornherein entbehrlich. Denn eine sofortige Auflösung von Lebensversicherungsverträgen ist in aller Regel nicht möglich, vielmehr gelten für ihre vorzeitige Auflösung in aller Regel Kündigungsfristen; dazu, dass dies vorliegend anders sein könnte, ist nichts festgestellt.

34

Das Fehlen von Feststellungen zur Möglichkeit einer Verwertung der beiden Versicherungen innerhalb von sechs Monaten ab Antragstellung auf Alg II, erst recht innerhalb der hier allein noch streitbefangenen zwei Monate vom 1.5. bis 30.6.2007, wirkt sich vorliegend jedoch nur hinsichtlich der Versicherung bei der B AG (dazu unter (5)) und nicht auch der Versicherung bei der H AG (dazu unter (4)) aus.

35

(4) Die Verwertung der Lebensversicherung bei der H AG ist schon deshalb iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 1 SGB II offensichtlich unwirtschaftlich, weil der bei ihrer Auflösung zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert steht.

36

Das Verhältnis zwischen beiden Werten kommt zum Ausdruck in der Verlustquote bei einem Vergleich zwischen dem gegenwärtigen Verkehrswert (Rückkaufswert der Versicherung) und dem Substanzwert, der sich aus der Summe der auf den Versicherungsvertrag eingezahlten Beiträge ergibt (zu diesem Maßstab vgl BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R - BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5, RdNr 22; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 68/06 R - BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr 8, RdNr 34). Der Senat hält an dieser Rechtsprechung der Bestimmung des Substanzwerts einer Lebensversicherung als der Summe der eingezahlten Beiträge und dessen Abgrenzung zum Rückkaufswert einer Lebensversicherung sowie an der vergleichenden Betrachtung von Substanzwert und Rückkaufswert als einem Kriterium für die Prüfung, ob eine Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 1 SGB II ist, fest. Dieser auf die Verlustquote abstellende Maßstab ist für die Beteiligten praktikabel und entspricht einem allgemein üblichen ökonomischen Kalkül rational handelnder Marktteilnehmer (zu diesem Gesichtspunkt vgl BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R - BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5, RdNr 22; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 68/06 R - BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr 8, RdNr 34; BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 15 RdNr 22; BSG Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 29/12 R - juris RdNr 29).

37

Der Verlust bei der Lebensversicherung bei der H AG im Verhältnis von eingezahlten Beiträgen in Höhe von 2583,78 Euro zum Rückkaufswert in Höhe von 1440,14 Euro beträgt 44,26 %. In der Rechtsprechung des BSG ist bislang anerkannt, dass ein Verlust von 48,2 % in jedem Fall unzumutbar ist (BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R - BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5, RdNr 20, 23) und bei Verlusten von 42,7 % und 26,9 % das Missverhältnis zwischen eingezahlten Beiträgen und Rückkaufswert so hoch liegt, dass von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit auszugehen ist (BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 6/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 9 RdNr 20-21). Weil die Verlustquote vorliegend mit 44,26 % in gleicher Weise evident hoch ist, ist die Lebensversicherung bei der H AG als Vermögen nicht zu berücksichtigen und wirkt es sich nicht aus, dass das LSG nicht festgestellt hat, in welchem Zeitraum diese Lebensversicherung für die Klägerin durch Auflösung verwertbar war.

38

(5) Hinsichtlich der Rentenversicherung bei der B AG kommt eine Verwertung nur durch ihre Auflösung und nicht auch durch Beleihung in Betracht. Eine Beleihung ist offensichtlich unwirtschaftlich iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 1 SGB II, weil die Zinsaufwendungen der Klägerin hierfür höher wären als der Verlust bei einer vorzeitigen Auflösung der Versicherung, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat.

39

Eine Verwertung dieser Versicherung durch ihre Auflösung hat das LSG nicht als offensichtlich unwirtschaftlich iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 1 SGB II angesehen, weil die Verlustquote von 16,71 % im Verhältnis von eingezahlten Beiträgen in Höhe von 7911,77 Euro zum Rückkaufswert in Höhe von 6493 Euro zuzüglich der Gewinnbeteiligung von 96,50 Euro noch zumutbar sei. Diese Feststellung reicht für die Prüfung der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 1 SGB II nicht aus.

40

Der Senat kann schon deshalb nicht abschließend darüber entscheiden, ob vorliegend - und erst recht ob grundsätzlich - eine Verlustquote von 16,71 % offensichtlich unwirtschaftlich iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 1 SGB II ist oder nicht, weil das LSG nicht geprüft und festgestellt hat, ob die Verwertung der Rentenversicherung bei der B AG überhaupt durch Auflösung in einem absehbaren und angemessenen Zeitrahmen möglich war. Erst wenn auch dies festgestellt ist, kann die Frage abschließend beantwortet werden, ob die Verwertung dieser Versicherung offensichtlich unwirtschaftlich ist. Ein Verzicht auf diese Feststellung kommt zwar in Betracht, wenn die Verlustquote evident hoch ist (so vorliegend hinsichtlich der Versicherung bei der H AG). Das ist mit Blick auf die Rentenversicherung bei der B AG indes nicht der Fall. Insoweit kann die Frage danach, ob die Versicherung in einem absehbaren und angemessenen Zeitrahmen verwertbar war, nicht offen bleiben, weil die Verlustquote zwischen dem Bereich von "Grenze noch nicht erreicht" (12,9 %) und "Wirtschaftlichkeit zweifelhaft" (18,5 %) bei rein isolierter Betrachtung des Verhältnisses von eingezahlten Beiträgen (Substanzwert) und Rückkaufswert liegt (vgl zu diesen Werten BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R - BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5, RdNr 23), und weil auch erst durch die Berücksichtigung dieser Versicherung die Klägerin ihren Vermögensfreibetrag in Höhe von 7050 Euro überschreiten würde.

41

Soweit es für eine abschließende Entscheidung, ob die Verwertung dieser Versicherung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder nicht, auf prognostische Betrachtungen und hierauf gestützte tatsächliche Feststellungen ankommt, können diese nicht vom Senat angestellt und getroffen werden.

42

(6) Ohnehin könnte nicht durch eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Einzelfall für alle Fälle einer Verwertung von Lebensversicherungen durch ihre vorzeitige Auflösung bestimmt werden, wo prozentgenau die Grenze zur offensichtlich unwirtschaftlichen Verwertung liegt. Diesem vom LSG vertretenen rechtlichen Ansatz kann nicht gefolgt werden. Denn sowohl bei der Offensichtlichkeit als auch bei der Unwirtschaftlichkeit handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe (vgl Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 12 RdNr 244, Stand: IX/08; Radüge in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 12 RdNr 150). Mit ihrer Verwendung zeigt der Gesetzgeber an, dass es bei der Rechtsanwendung jeweils um eine Entscheidung im Einzelfall und dessen Prägung durch eine unabgeschlossene Vielzahl von Umständen gehen soll, die einer bestimmten, strikten normativen Vorgabe für alle künftigen Fälle entgegen steht. Die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe im Einzelfall durch die rechtsanwendende Verwaltung ist zwar gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar; ein Beurteilungsspielraum der Verwaltung bei der Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe mit der Folge einer nur eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung ist nur ausnahmsweise anzuerkennen (vgl Littmann in Hauck/Noftz, SGB X, K § 31, Stand XII/2011; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl 2014, § 40 RdNr 147 ff, 158 ff). Die volle gerichtliche Überprüfbarkeit der Rechtsanwendung im Einzelfall führt aber weder im Verhältnis von Verwaltung und Gerichten noch im Verhältnis von Instanzgerichten und Revisionsgericht dazu, dass aus dem unbestimmten ein bestimmter Rechtsbegriff wird. Der für eine Vielzahl von Anwendungsfällen einschlägige Rechtsbegriff bleibt vielmehr ein unbestimmter, auch wenn die Unbestimmtheit für die Rechtsanwendung über die gerichtliche Entscheidung im Einzelfall hinaus eingegrenzt und handhabbar gemacht werden kann durch verallgemeinerbare Konkretisierungsleistungen (zB Fallgruppenbildungen, Typisierungen). Dennoch werden eine Vagheit des Begriffs und eine Bandbreite seiner Anwendung bleiben, die bei abweichenden Gestaltungen des Einzelfalls neue oder andere Konkretisierungen unbestimmter Rechtsbegriffe erfordern und ermöglichen. Eben dies soll der unbestimmte Rechtsbegriff leisten. Anderenfalls würde die Rechtsprechung die Entscheidung des Gesetzgebers konterkarieren, von einer exakt bezifferbaren Grenzsetzung gerade abzusehen.

43

Vor diesem Hintergrund kommt auch eine einzelfallunabhängige revisionsgerichtliche Bestimmung einer feststehenden unteren Verlustquote, ab der die Verwertung von Lebensversicherungen iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 1 SGB II immer offensichtlich unwirtschaftlich ist, nicht in Betracht(anders noch BSG Urteil vom 23.5.2012 - B 14 AS 100/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 19 RdNr 23, 25). Denn damit bliebe die Vielfalt möglicher Fallgestaltungen außen vor, deren Berücksichtigung bei der Rechtsanwendung der unbestimmte Rechtsbegriff der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit dient. Zu den in einer Gesamtschau zu berücksichtigenden Umständen des Einzelfalls können mit Blick auf die Verwertung von Lebensversicherungen neben der Verlustquote bei ihrer vorzeitigen Auflösung die konkreten Vertragsbedingungen der Versicherung (zB versicherte Risiken, Laufzeit, Leistungen vor und nach Ablauf, Prämien, Kündigungsfristen) und die konkrete Vertragssituation (zB bisherige Laufzeit und Ansparphase im Verhältnis zur Laufzeitvereinbarung, bereits in Anspruch genommene Leistungen vor Ablauf) ebenso gehören wie der Umstand, ob die Versicherung bereits beliehen ist. Insbesondere die vereinbarten Vertragsbedingungen sind in unterschiedlicher Ausgestaltung auf dem Versicherungsmarkt anzutreffen und sie prägen als Tatsachen im Einzelfall die rechtliche Unterscheidung von wirtschaftlicher und unwirtschaftlicher Verwertung einer Versicherung mit. Die Offensichtlichkeit einer Unwirtschaftlichkeit kann zudem mitgeprägt werden durch das, was bei der vorzeitigen Auflösung von Versicherungen an Verlusten im Wirtschafts- und Rechtsverkehr allgemein üblich ist. Auch diese Verhältnisse können schwanken. Diese Vielfalt möglicher Fallgestaltungen kann nicht durch die revisionsgerichtliche Bestimmung einer prozentgenauen Grenze zur offensichtlich unwirtschaftlichen Verwertung negiert werden. Die Umstände des Einzelfalls vollständig zu erfassen und in einer Gesamtschau zu bewerten, bleibt vielmehr Aufgabe der Verwaltung wie der Instanzgerichte.

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(7) War die Verwertung der Rentenversicherung der Klägerin bei der B AG in einem absehbaren und angemessenen Zeitrahmen möglich, würde ihre Berücksichtigung als Vermögen schließlich nicht nur dann ausgeschlossen sein, wenn ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich gewesen wäre, sondern auch dann, wenn die Verwertung für die Klägerin eine besondere Härte bedeutet haben würde (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II).

45

Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die nicht bereits in § 12 Abs 2 und 3 SGB II als Privilegierungstatbestände erfasst sind und die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte(vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 31 ff; BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 15 RdNr 25; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 28; BSG Urteil vom 23.5.2012 - B 14 AS 100/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 19 RdNr 27).

46

Als ein solcher Umstand kommt vorliegend in Betracht, dass die Klägerin Alg II nur für die zwei Monate zwischen dem Auslaufen des Alg und dem Beginn des Beschäftigungsverhältnisses beansprucht. Das LSG hat sich damit, dass die Klägerin Leistungen nur für kurze Zeit beansprucht - im Berufungsverfahren noch für drei Monate -, nicht auseinandergesetzt, sondern das Vorliegen einer besonderen Härte allein unter dem Gesichtspunkt einer atypischen Erwerbsbiografie und zukünftiger Rentenlücken der Klägerin geprüft und - insoweit zu Recht - abgelehnt. Doch auch der Umstand einer nur absehbar kurzen Leistungsdauer kann die Annahme einer besonderen Härte der Verwertung einer Versicherung durch ihre Auflösung rechtfertigen.

47

Das BSG hat es bislang offen gelassen, inwieweit an die Verwertung von Vermögen im Rahmen des § 12 SGB II andere Maßstäbe anzulegen sind, wenn die Leistungen beanspruchende Person lediglich für einen absehbar kurzen Zeitraum Leistungen begehrt. Zwar hat es sich skeptisch gezeigt und formuliert, dass das Argument, die Leistung werde nur für einen kurzen Zeitraum beantragt, kaum jemals dazu führe, dass eine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alt 2 SGB II zu bejahen sei(BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R - BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5, RdNr 12, 24; noch enger: BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14 AS 27/07 R - juris RdNr 49, wonach in der Nutzung der Dispositionsfreiheit von Versicherungen ohne Verwertungsausschluss keine besondere Härte liegen könne). Allerdings hat es auch formuliert, eine kurze Leistungs- bzw Anspruchsdauer könne (allenfalls) dann eine besondere Härte begründen, wenn bereits bei Antragstellung die konkret begründete Aussicht bestanden habe, dass Leistungen nur für einen kurzen Zeitraum in Anspruch genommen würden (BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 15 RdNr 26). Vorliegend kann diese Frage erneut offen gelassen werden, weil es auch insoweit vor einer abschließenden Entscheidung hierüber noch Feststellungen des LSG zur zeitlichen Dimension einer möglichen Verwertung der Rentenversicherung der Klägerin bei der B AG bedarf.

48

4. Das LSG wird im wieder eröffneten Berufungsverfahren zunächst festzustellen haben, in welchem Zeitraum der Klägerin die Verwertung der Rentenversicherung bei der B AG durch ihre vorzeitige Auflösung möglich war, um sodann auf dieser Grundlage und unter Würdigung dieses und der weiteren Einzelfallumstände darüber zu entscheiden, ob die Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für die Klägerin eine besondere Härte bedeuten würde und die Versicherung deshalb als Vermögen nicht zu berücksichtigen ist (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II).

49

Erst wenn auf dieser Grundlage festgestellt ist, dass diese Rentenversicherung als Vermögen zu berücksichtigen ist und in welcher Höhe sie als Bedarfsdeckungsmöglichkeit der Klägerin zu berücksichtigen ist (Rückkaufswert zuzüglich Überschussbeteiligung abzüglich Kapitalertragssteuer und ggf weiterer Verwertungskosten; vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14 AS 27/07 R - juris RdNr 43; BSG Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 29/12 R - juris RdNr 13, 29), lässt sich die Feststellung treffen, ob die Klägerin unter Berücksichtigung dieser Versicherung zusammen mit den ihr sofort zur Verfügung stehenden Guthaben der beiden Konten den Gesamtbetrag der Vermögensfreibeträge nach § 12 Abs 2 SGB II in Höhe von 7050 Euro überschreitet und sie hilfebedürftig ist oder nicht.

50

Das LSG wird bei der Bejahung von Hilfebedürftigkeit der Klägerin auch Anlass und Gelegenheit zur Prüfung haben, ob der Klägerin im Mai 2007 Alg noch tatsächlich zufloss.

51

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Die Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben.

(2) Ein Zusammenleben über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Ehegatten dienen soll, unterbricht oder hemmt die in § 1566 bestimmten Fristen nicht.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

1.
Auskünfte jeder Art, auch elektronisch und als elektronisches Dokument, einholen,
2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,
3.
Urkunden und Akten beiziehen,
4.
den Augenschein einnehmen.
Urkunden und Akten können auch in elektronischer Form beigezogen werden, es sei denn, durch Rechtsvorschrift ist etwas anderes bestimmt.

(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.

(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Eine solche Pflicht besteht auch dann, wenn die Aussage oder die Erstattung von Gutachten im Rahmen von § 407 der Zivilprozessordnung zur Entscheidung über die Entstehung, Erbringung, Fortsetzung, das Ruhen, die Entziehung oder den Wegfall einer Sozialleistung sowie deren Höhe unabweisbar ist. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Recht, ein Zeugnis oder ein Gutachten zu verweigern, über die Ablehnung von Sachverständigen sowie über die Vernehmung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes als Zeugen oder Sachverständige gelten entsprechend. Falls die Behörde Zeugen, Sachverständige und Dritte herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung; mit Sachverständigen kann die Behörde eine Vergütung vereinbaren.

(4) Die Finanzbehörden haben, soweit es im Verfahren nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist, Auskunft über die ihnen bekannten Einkommens- oder Vermögensverhältnisse des Antragstellers, Leistungsempfängers, Erstattungspflichtigen, Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsberechtigten oder der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder zu erteilen.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Die Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben.

(2) Ein Zusammenleben über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Ehegatten dienen soll, unterbricht oder hemmt die in § 1566 bestimmten Fristen nicht.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Die Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben.

(2) Ein Zusammenleben über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Ehegatten dienen soll, unterbricht oder hemmt die in § 1566 bestimmten Fristen nicht.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 31. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten sind Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) ohne Anrechnung von Einkommen streitig.
Der 1948 geborene Kläger ist mit der Beigeladenen verheiratet. Er bezog bis 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe unter Anrechnung von Einkommen der Beigeladenen. Am 17.11.2004 beantragte er Leistungen nach dem SGB II. Zum Familienstand gab er an, er sei seit dem Jahr 2003 dauernd getrennt lebend. Der Kläger legte einen Schwerbehindertenausweis des Versorgungsamtes R. vor (Grad der Behinderung 80, Merkzeichen „G“ seit 22.05.2003) sowie, unter Vorlage von Befundberichten, eine - geänderte - ärztliche Bescheinigung des Dr. M. zur Anerkennung eines Mehrbedarfes für kostenaufwändige Ernährung wegen eines Diabetes mellitus Typ IIa (Diabeteskost); außerdem wird in dieser Bescheinigung eine diabetische Polyneuropathie und ein Zustand nach Zehenamputation genannt. Der Kläger gab bei der Antragstellung an, in einer Wohnung mit 45 m² Wohnfläche mit einer Kaltmiete von monatlich 210,00 EUR zu wohnen. Im Wohngebäude des Klägers ist außerdem die Beigeladene seit 24.09.1983 mit Hauptwohnsitz gemeldet. Der Kläger verfügt über kein eigenes Einkommen und über kein zu verwertendes Vermögen.
Mit Bescheid vom 01.02.2005 bewilligte die Agentur für Arbeit R. (AA) dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II, zunächst für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.05.2005 in Höhe von monatlich 693,45 EUR (Regelleistung 345 EUR, Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung 51,13 EUR und Kosten für Unterkunft und Heizung 297,32 EUR, die seit 01.07.2005 in die Zuständigkeit der Stadt S. fallen).
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, mit dem er die Höhe der Leistung für den Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und Wiedereingliederung in das Arbeitsleben, Leistungen für die Kfz-Versicherung sowie die Befreiung von der GEZ beanstandete. Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 08.03.2005 von der AA zurückgewiesen. Hiergegen erhob der Kläger am 11.04.2005 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage (S 6 AS 1124/05), die er in der mündlichen Verhandlung am 31.01.2007 zurücknahm.
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 03.05.2005 wurden dem Kläger mit Bescheid der AA vom 25.05.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06.2005 bis 30.06.2005 in Höhe von 693,45 EUR und für die Zeit vom 01.07.2005 bis 30.11.2005 in Höhe von monatlich 396,13 EUR weiter gewährt.
Auf einen telefonischen Hinweis vom 05.07.2005 stellte die AA Ermittlungen dahin an, ob der Kläger von seiner Frau dauernd getrennt lebt. Die Vermieterin teilte nach einem Aktenvermerk der AA vom 05.07.2005 auf telefonische Rückfrage mit, dass die Eheleute K. in der E.str. 42 eine Wohnung mit 108 m² Wohnfläche bewohnten. Eine kleine Wohnung im EG mit ca. 45 m² Wohnfläche sei von der Tochter bis Sommer 2004 bewohnt worden und seit 01.10.2004 fremd vermietet worden. Die Ehefrau des Klägers arbeite und sei nicht hilfebedürftig. Die Eheleute seien gemeinsam zur Abfallgebühr veranlagt. Am 29.07.2005 führte die AA einen Hausbesuch in der Wohnung des Klägers durch. Nach dem hierzu gefertigten Aktenvermerk vom 01.08.2005 habe der Kläger erklärt, dass er seit zwei Jahren von seiner Ehefrau getrennt lebe, aber dennoch in der ehelichen Wohnung wohne. Er benutze Bad und Küche mit. Gefragt, warum er sich nach der Trennung keine neue Wohnung genommen habe, habe der Kläger erklärt, er sei froh, dass ihm die Wäsche gewaschen werde. Seine Frau habe einen Freund, der ständig bei ihr sei.
Die AA nahm einen der Stadt S. vorgelegten Untermietvertrag zwischen dem Kläger und der Beigeladenen vom 31.07.2005 zu den Akten, der eine mündliche Vereinbarung vom Juni 2003 schriftlich festhalten soll. Nach diesem Vertrag wurden dem Kläger zur ausschließlichen Eigennutzung zwei möblierte Zimmer (Nr. 2 [12,5 m²] sowie Nr. 4 [9,5 m²]) zur Verfügung gestellt mit Nutzungsrechten der Küche, einschließlich Elektrogeräte, der sanitären Einrichtungen (Bad, Dusche, WC) sowie des Esszimmers (soweit kein Eigenbedarf besteht). Der Vertrag enthielt weiter Regelungen zu Reinigungsarbeiten. Als Mietzins wurde ab August 2005 eine von 300 EUR auf 275,00 EUR reduzierte Miete einschließlich aller Nebenkosten vereinbart (bei einem Mietrückstand für den Monat Juli in Höhe von 300 EUR). Außerdem gelangte eine schriftliche Erklärung des Klägers gegenüber der Stadt S. vom 13.12.2004 in Kopie zu den Akten der AA, in der der Kläger erklärte, seit 01.07.2004 von seiner Ehegattin dauernd getrennt zu leben.
Mit Schreiben vom 18.08.2005 hörte die AA den Kläger zur beabsichtigten Aufhebung und Rückforderung erbrachter Leistungen an. Der Kläger äußerte sich mit Schreiben vom 05.09.2005 dahin, dass die im Anhörungsschreiben gemachte Unterstellung, er habe falsche Angaben bei der Antragstellung gemacht, auf Falschinformationen, Vermutungen und Annahmen beruhten und stellte die Sachlage zum Mietverhältnis, zur Mietwohnung, zur Nutzung der Räumlichkeiten, zum Hausbesuch, zum Trennungsgrund aus seiner Sicht dar. Insbesondere führte der Kläger aus, er lebe seit der Trennung von seiner Frau mit ihr ausschließlich in einer Wohngemeinschaft. Eine Scheidung sei absurd und unakzeptabel, da er seiner Frau seine Rente als Ausgleichzahlungen für einen von ihm verschuldeten finanziellen Schaden seiner Frau, der Trennungsgrund gewesen sei, zukommen lassen und nicht dem Staat schenken wolle. In einer eigenen Wohnung zu leben, sei für ihn wegen seiner Diabeteserkrankung und deren Folgen problematisch. Nach einer Aufforderung durch die AA legte der Kläger Einkommensbescheinigungen seiner Ehefrau für die Monate Februar 2005, Mai 2005 und August 2005 vor (Blätter 93 bis 95 der Verwaltungsakte).
Mit Änderungsbescheid vom 20.10.2005 gewährte die AA Regelleistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.11.2005 bis 30.11.2005 nicht mehr (Leistung monatlich 0,00 EUR). Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 01.11.2005 Widerspruch ein. Er hielt zur Begründung an seinem Vorbringen fest, keine falschen Angaben gemacht zu haben. Einen Antrag des Klägers auf Fortzahlung von Leistungen lehnte die AA mit Bescheid vom 22.11.2005 für die Zeit vom 01.12.2005 bis 31.05.2006 ab (Leistung monatlich 0,00 EUR). Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 12.12.2005 Widerspruch ein.
10 
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.12.2005 wies die AA die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 20.10.2005 und 22.11.2005 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, es sei über die Leistungen nach dem SGB II ohne Leistungen für Unterkunft und Heizung zu entscheiden. Die Ehefrau des Klägers gehöre zur Bedarfsgemeinschaft. Das anzurechnende Einkommen der Ehefrau des Klägers betrage für den Monat November 2005 988,95 EUR und für die Zeit vom 01.12.2005 bis 31.05.2006 monatlich 940,40 EUR. Dieses Einkommen übersteige jeweils den Bedarf. Mangels Hilfebedürftigkeit bestehe kein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
11 
Nach Anhörung des Klägers (Anhörungsschreiben vom 20.10.2005, zu dem sich der Kläger in seinem Widerspruchsschreiben vom 01.11.2005 äußerte) nahm die AA mit Bescheid vom 04.01.2006 außerdem die Bewilligung von Leistungen ab 01.01.2005 ganz zurück und forderte den Kläger zur Erstattung der in der Zeit vom 01.01.2005 bis 30.09.2005 gezahlten Leistungen in Höhe von 3.590,37 EUR auf.
12 
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 21.12.2005 erhob der Kläger am 26.01.2006 Klage beim SG (S 8 AS 335/06), die das SG durch Beschluss vom 23.02.2006 zum Klageverfahren S 6 AS 1124/05 verband.
13 
Der Kläger trug zur Begründung der Klage vor, der Widerspruchsbescheid vom 21.12.2005 sei bei ihm am 02.01.2006 eingegangen. In der Sache hielt der Kläger an seinem bisherigen Vorbringen fest. Ergänzend führte er zur weiteren Begründung aus, er wäre aus der ursprünglich gemeinsamen Wohnung längst ausgezogen. Er verfüge jedoch nicht über die für einen Umzug und die Beschaffung der Grundausstattung notwendigen finanziellen Mittel. Eine zunächst erfolgte Zusage auf Unterstützung eines Umzuges werde nicht mehr aufrechterhalten. Seine Ehefrau habe als alleinstehend die Steuerklasse V. Zu seinen Angaben zum Getrenntleben trug er vor, er habe, um Kürzungen des Arbeitslosengeldes zu umgehen, auf Empfehlung eines Sachbearbeiters der AA im Juli 2003 sein Getrenntleben der Stadt S. gemeldet und dort eintragen lassen. Eine entsprechende Mitteilung habe er auch dem Sozialamt gemacht. Die Prüfung durch das Sozialamt habe ergeben, dass er offiziell nicht mehr als getrennt lebend gemeldet sei, sondern der Antrag zurückgezogen worden sei, wovon weder er noch seine Frau wüssten. Eine vom Sozialamt verlangte Scheidung lehne er kategorisch ab. Er wasche und bügle seine Wäsche selbst. Die hauswirtschaftliche Arbeit sei aufgeteilt. Zwar gebe es Überschneidungen, jedoch könne von einer Übernahme der Hausarbeiten durch seine Frau, die ganztags arbeite, keine Rede sein. Wegen seiner Diabeteserkrankung sei er auf fremde Hilfe angewiesen, was das Rufen eines Notarztes anbelange. Deshalb werde er auf jeden Fall versuchen, selbst nach einem Umzug, in einer Wohngemeinschaft zu leben. Eine Wundbehandlung müsse durch Fachkräfte erfolgen. Die Beklagte verdrehe bei ihrer ablehnenden Haltung bewusst Fakten. Er wolle seine Verbindlichkeiten gegenüber den durch ihn geschädigten Personen, zu denen auch seine Frau gehöre, schnellstmöglich begleichen, woran er mangels der Zahlung von Unterstützung durch die Beklagte gehindert werde. Er schulde seiner Frau die vereinbarte Miete. Der Kläger legte eine Erklärung gegenüber der AA vom 13.07.2003 vor, in der er angab, von seiner Frau seit Juli 2003 getrennt zu leben.
14 
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie führte aus, der Kläger habe zum Zeitpunkt des Getrenntlebens unterschiedliche Angaben gemacht, woraus deutlich werde, dass er nicht in der Lage sei, den Zeitpunkt einer angeblichen Trennung zu präzisieren. Vom Vorliegen einer Wohngemeinschaft könne nach den vom Kläger gemachten Angaben und den Wohnverhältnissen nicht ausgegangen werden. Zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau habe im streitigen Zeitraum zumindest eine eheähnliche Gemeinschaft bestanden.
15 
Mit Urteil vom 31.01.2007 wies das SG die Klage des Klägers ab. Es führte zur Begründung aus, der in einer Ehe lebende Hilfebedürftige trage die Feststellungslast dafür, dass ein dauerndes Getrenntleben der Eheleute nicht festgestellt werden könne. Von einem dauernden Getrenntleben habe sich die Kammer nicht überzeugen können. Objektive Anzeichen für die Aufgabe der ehelichen Gemeinschaft seien nicht zu erkennen. Der insoweit beweispflichtige Kläger habe damit das Fehlen einer Bedarfsgemeinschaft nicht nachgewiesen. Entscheidend für diese Beurteilung seien insbesondere die nicht nachvollziehbaren Widersprüche in den Angaben des Klägers zum Zeitpunkt der Trennung. Für ein Fortbestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft spreche auch die Begründung des Klägers für die kategorische Ablehnung einer Ehescheidung. Es seien auch keine ernsthaften Bemühungen des Klägers erkennbar, sich eine eigene Wohnung zu suchen.
16 
Gegen das dem Kläger am 17.02.2007 zugestellte Urteil hat er am 14.03.2007 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ausgeführt, er vertrete nach wie vor die Auffassung, dass unter Zugrundelegung des Gesamtbildes der objektiven Verhältnisse davon auszugehen sei, dass zwischen ihm und seiner Ehefrau keine häusliche bzw. eheähnliche Gemeinschaft mehr bestehe, die die Annahme einer Bedarfgemeinschaft rechtfertigen könne. Vielmehr lebe er mit seiner Ehefrau lediglich in einer reinen Wohngemeinschaft. Er könne sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das SG auf seine umfangreichen Stellungnahmen und Einwendungen nicht in der gebotenen Weise eingegangen sei. Der Kläger hat den Verlauf des Auseinanderlebens mit seiner Ehefrau geschildert. Er hat weiter ausgeführt, die Entscheidung des SG halte nach seiner Auffassung auch einer Überprüfung, was die Qualität seines Zusammenlebens mit seiner Ehefrau anbelange, nicht stand. Die Rüge des SG, er habe sich nicht ernsthaft um eine neue Wohnung bemüht, sei so nicht haltbar. Erfolgversprechende Initiativen seien bislang ausschließlich wegen einer nicht angemessenen Unterstützung durch das Sozialamt, insbesondere durch Frau W., gescheitert. Aufgabe des SG wäre gewesen, den entscheidungserheblichen Sachverhalt durch die Vernehmung von Frau W. als Zeugin einer tragfähigen Aufklärung zuzuführen. Gerade das Verhalten von Frau W. habe dazu geführt, dass die Beklagte ein völlig verzerrtes Bild von der tatsächlichen Gestaltung seiner Verhältnisse zu seiner Ehefrau bekommen habe. Es werde angeregt, die unterlassene Beweiserhebung nachzuholen.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 31. Januar 2007 sowie die Bescheide der Beklagten vom 20. Oktober 2005 und 22. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. November 2005 bis 31. Mai 2006 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
19 
Die Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
22 
Der Senat hat den Kläger und die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung zu den Modalitäten ihres Zusammenlebens angehört.
23 
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten, insbesondere des Klägers, wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf ein Band Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1, 151 SGG). Insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 EUR. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte im streitigen Zeitraum vom 01.11.2005 bis 31.05.2006 kein Anspruch auf (Regel)Leistungen nach dem SGB II zu, da er nicht hilfebedürftig ist. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
25 
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nur eine Klage des Klägers und nicht auch eine Klage seiner Ehefrau. Zwar folgt aus dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Meistbegünstigungsprinzip, dass für eine Übergangszeit bis zum 30.06.2007 Klageanträge in Erweiterung der üblichen Auslegungskriterien danach zu beurteilen sind, in welcher Weise die an einer Bedarfsgemeinschaft beteiligten Personen die Klage hätte erheben müssen, um die für die Bedarfsgemeinschaft gewünschten (höheren) Leistungen zu erhalten. Dies gilt aber nicht, wenn - wie hier - das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft bestritten wird (BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 8/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 1).
26 
Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens sind weiter nur die Bescheide der Beklagten vom 20.10.2005 und 22.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.12.2005. Nicht mehr Gegenstand der Berufung des Klägers ist der Änderungsbescheid der Beklagten vom 01.02.2005, nachdem der Kläger beim SG in der mündlichen Verhandlung am 31.01.2007 seine hiergegen gerichtete Klage insoweit zurückgenommen hat. Ebenso nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 04.01.2006, der sich auf den vorliegend nicht streitgegenständlichen Leistungszeitraum vom 01.01.2005 bis 30.09.2005 bezieht und damit nicht gemäß § 96 SGG (analog) Gegenstand des Klage- bzw. des Berufungsverfahrens wurde. Dem entspricht auch der Berufungsantrag des Klägers.
27 
Über Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II ist vorliegend nicht zu befinden, da sie im streitigen Zeitraum unstreitig nicht (mehr) im Zuständigkeitsbereich der Beklagten liegen.
28 
Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erhalten Leistungen nach diesem Gesetz Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und (nach der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung) das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig im Sinne des § 8 SGB II und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben. Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten als Alg II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung). Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Zur Berechnung des individuellen Leistungsanspruchs des Klägers ist gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II einerseits der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft und andererseits deren Gesamteinkommen zu ermitteln (BSG, Urteil vom 23.11.2006, B 11b AS 1/06 R, SozR 4-4200 § 20 Nr. 3). Nach der Legaldefinition des § 7 Abs. 3 SGB II (in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung) gehören zur Bedarfsgemeinschaft der erwerbsfähige Hilfebedürftige und (u.a.) als sein Partner der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte.
29 
Der Senat hat, ebenso wie das SG, keine durchgreifenden Bedenken gegen die Annahme der Beklagten, dass der Kläger und seine Ehefrau nicht dauernd getrennt leben und damit zwischen beiden eine Bedarfsgemeinschaft besteht.
30 
Unter welchen Voraussetzungen von einem dauernden Getrenntleben auszugehen ist, definiert das Sozialgesetzbuch nicht. Soweit das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in § 1567 Abs. 1 eine Legaldefinition enthält, ist diese angesichts ihrer klaren Ausrichtung auf das Scheidungsverfahren, vor allem im Hinblick auf die in ihr enthaltenen subjektiven Komponenten, nicht ohne weiteres auf andere Bereiche, insbesondere nicht das Steuer- und Sozialrecht, übertragbar. Der Begriff des "nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten" ist in Anlehnung an die seit dem 30.06.1979 die steuerliche Zusammenveranlagung von Ehegatten regelnde Bestimmung des § 26 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auszulegen, wobei - soweit im Einzelnen mit dem Sinn und Zweck der Regelungen des SGB II vereinbar - auf die finanzgerichtliche Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann. Denn in Anlehnung an § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG (vgl. BT-Drs. 8/2624 S. 30 zu Nr. 46) hatte der Begriff des dauernd Getrenntlebens mit dem Fünften Änderungsgesetz zum Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom 23.07.1979 (BGBl. I S. 1189) bereits Eingang in den - zwischenzeitlich wieder außer Kraft getretenen - § 138 Abs. 1 Nr. 2 des Arbeitsförderungsgesetzes und schließlich in § 193 SGB III gefunden. Der Gesetzgeber hat für den Bereich des Sozialrechts bereits dort jeweils geregelt, dass für die Arbeitslosenhilfe im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung das Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten als Einkommen zu berücksichtigen ist.
31 
Damit ist von einem dauernden Getrenntleben dann auszugehen, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft endgültig aufgehoben worden ist, wobei insoweit Lebensgemeinschaft die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten bedeutet, während unter Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der die Ehegatten gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens zu verstehen ist. Leben Ehegatten zwar für nicht absehbare Zeit räumlich voneinander getrennt und halten sie die eheliche Wirtschaftsgemeinschaft dadurch aufrecht, dass sie die sie berührenden wirtschaftlichen Fragen gemeinsam erledigen und gemeinsam über die Verwendung des Familieneinkommens entscheiden, so kann dies - ggf. zusammen mit anderen Umständen - dazu führen, dass ein nicht dauerndes Getrenntleben anzunehmen ist. Der Beurteilung sind in erster Linie äußerlich erkennbare Umstände zugrunde zu legen, wobei dem räumlichen Zusammenleben der Ehegatten besondere Bedeutung zukommt. Bei einem zu bejahenden dauernden Getrenntleben wird regelmäßig auch mindestens einem Ehegatten der Wille zur Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft fehlen, was das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung (BVerwGE 97, 344, 348) zum Getrenntleben im Sinn von § 28 des bis 31.12.2004 geltenden Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) gefordert hatte. Leben die Ehegatten nicht räumlich getrennt, spricht eine Vermutung gegen ein dauerndes Getrenntleben (vgl. zum Vorstehenden LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 26.08.2005 - L 13 AS 3390/05 ER-B - und vom 02.05.2007 - L 13 AS 948/07 ER-B -, m.w.N.).
32 
Hiervon ausgehend ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau (im hier streitigen Zeitraum) tatsächlich dauerhaft aufgehoben ist. Gegen die Richtigkeit des Vorbringens des Klägers spricht bereits, dass der Kläger zum angeblichen „Trennungsdatum“ widersprüchliche Angaben gemacht hat, ohne diese Widersprüche plausibel zu erklären. So hat er bei der Antragstellung am 17.11.2004 angeben, seit dem Jahr 2003 dauernd getrennt zu leben. Im Schreiben vom 13.12.2004 an die Stadt S. nannte der Kläger dann als Trennungszeitpunkt den 01.07.2004. Wird sein hierzu gemachtes Vorbringen in der Klageschrift vom 26.01.2006 (S 8 AS 335/06) zugrunde gelegt, er lebe seit 3 ½ Jahren von seiner Ehefrau getrennt, ergibt sich als Trennungszeitpunkt ca. der Juli 2002. Hierauf hat die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren zutreffend hingewiesen. Bereits dieses wechselnde Vorbringen des Klägers lässt durchgreifende Zweifel daran aufkommen, dass der Kläger tatsächlich entsprechend seinem Vorbringen von seiner Ehefrau dauerhaft getrennt lebt. Allein aufgrund von Erklärungen des Klägers kann von einem solchen Sachverhalt nicht ausgegangen werden.
33 
Gegen eine Aufhebung der Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft spricht weiter, dass eine räumliche Trennung des Klägers von seiner Ehefrau nicht nachgewiesen ist. Er lebt mit ihr weiterhin in der gemeinschaftlichen Wohnung. Der Kläger hat zwar der Stadt S. einen zwischen ihm und seiner Frau als Vertragspartner verfassten Untermietvertrag vom 31.07.2005, der eine mündliche Vereinbarung von Juli 2003 schriftlich festhalten soll, vorgelegt. Dieser Untermietvertrag ist jedoch vom Kläger selbst nicht unterzeichnet worden. Weiter sollen nach diesem Vertrag zwei Zimmer (12,5 m² und 9,5 m²) mit Nutzungsrecht der Küche und der sanitären Einrichtungen (beanspruchte Wohnfläche 40 m²) zu einem Mietzins in Höhe von 300 EUR, ab August 2005 in Höhe von 275 EUR, an den Kläger untervermietet sein. Diese Vereinbarungen stimmen jedoch nicht mit den vom Kläger bei der Antragstellung am 17.11.2004 gemachten Angaben überein, wonach der Wohnflächenanteil 45 m² bei einer Miete in Höhe von monatlich 210 EUR betragen soll. Dabei dürfte es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Wohnung im EG handeln, die der Kläger aber nie bewohnt hat, wie sich insbesondere aus der vom Beklagten eingeholten telefonischen Auskunft der Vermieterin ergibt, wie sie im Aktenvermerk vom 05.07.2005 festgehalten wurde. Dem entsprechen auch die Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten. Diese widersprüchlichen Angaben sind nicht geeignet, ein Getrenntleben in der gemeinschaftlichen Wohnung glaubhaft zu machen.
34 
Gegen eine Aufhebung der Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft mit der Ehefrau des Klägers spricht zudem, dass der Kläger eine Scheidung strikt ablehnt, wie das SG in seiner angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, und dass weiter auch nicht ersichtlich ist, dass seine Ehefrau die Ehescheidung beabsichtigt. Ihr Hinweis in der mündlichen Verhandlung auf die mit einer Scheidung verbundenen Prozesskosten ist angesichts der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu erhalten, wenig überzeugend.
35 
Auch das sonstige umfangreiche Vorbringen des Klägers zum Mietverhältnis, zur Mietwohnung und deren Nutzung und zum Grund der angeblichen Trennung enthält keine objektiv nachprüfbaren Tatsachen, die die Behauptung des Klägers, er lebe von seiner Ehefrau dauerhaft getrennt, belegen können. Nicht glaubhaft ist vor allem das Vorbringen des Klägers, dass er eine Scheidung deshalb ablehne, weil er seine Verbindlichkeiten gegenüber seiner Ehefrau begleichen wolle. Abgesehen davon, dass ihn daran eine Scheidung gewiss nicht hindern würde, ist dies auch deshalb nicht glaubhaft, weil er im gleichen Atemzug betont, aufgrund seiner Erkrankung auf die Hilfe seiner Ehefrau angewiesen zu sein.
36 
Wenig überzeugend ist auch, dass sowohl der Kläger als auch die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Angaben darüber machen konnten (oder wollten), ob die Beigeladene in den Jahren 2005 und 2006 einen Lohnsteuerjahresausgleich beantragt hat. Immerhin wurden von ihrem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von 1.894,16 EUR Steuern in Höhe von monatlich 263,68 EUR einbehalten, wie sich aus den in der Verwaltungsakte enthaltenen Gehaltsabrechnungen ergibt. Es ist kaum vorstellbar, dass die Beigeladene keinen Versuch unternommen hat, wenigstens einen Teil der Steuern vom Finanzamt zurückzuerhalten. Dabei hätte die Art der steuerlichen Veranlagung durchaus Aufschluss darüber geben können, ob ein Getrenntleben anzunehmen ist oder nicht. Haben die Eheleute eine Zusammenveranlagung gewählt, was nur möglich ist, wenn sie nicht dauernd getrennt leben (§ 26 Abs. 1 EStG), wäre auch im Sozialrecht von einem Zusammenleben auszugehen. Denn es wäre ein vom Gesetz nicht gedeckter Wertungswiderspruch, steuerrechtlich von einem Zusammenleben und sozialrechtlich von einem Getrenntleben auszugehen. Hat die Beigeladene dagegen eine getrennte Veranlagung gewählt, würde dies zwar nicht zwingend auf ein Getrenntleben schließen lassen, weil auch Eheleute, die zusammen leben, eine getrennte Veranlagung wählen können. Es könnte aber dann als Indiz für ein Getrenntleben gewertet werden, wenn die Beigeladene bei dieser Veranlagung Steuern zahlen müsste, die sie bei einer Zusammenveranlagung nicht zu zahlen hätte. Sie würde dann um des Getrenntlebens willen finanzielle Nachteile in Kauf nehmen.
37 
Der Hinweis des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er habe mit Bescheid vom 17.12.2007 von der Stadt S. einen Betrag von 1.311,- EUR für die Erstausstattung einer Wohnung erhalten, ist für den hier zu beurteilenden Zeitraum unerheblich.
38 
Die Beklagte hat, ausgehend von dem von der Ehefrau des Klägers nach den vorgelegten Verdienstbescheinigungen gleichbleibend erzielten Bruttoverdienst in Höhe von 1.894,16 EUR (Nettoverdienst 1.220,40 EUR), das anzurechnende Einkommen der Ehefrau der Klägerin zutreffend in Höhe von monatlich 988,95 EUR und ab 01.12.2005 in Höhe von monatlich 940,40 EUR errechnet. Hiergegen hat der Kläger im Übrigen keine Einwendungen erhoben. Dieses gemäß § 19 Satz 3 SGB II vorrangig auf den Regelbedarf anzurechnende Erwerbseinkommen übersteigt den Regelbedarf des Klägers und seiner Ehefrau in Höhe von insgesamt monatlich 673,13 EUR (311 EUR x 2 gemäß § 20 Absatz 2 und 3 SGB II in der bis zum 30.06.2007 geltenden Fassung zuzüglich Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung des Klägers in Höhe von monatlich 51,13 EUR gemäß § 21 Absatz 5 SGB II) deutlich.
39 
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich und dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen, dass die vom Kläger benannte Zeugin zur weiteren Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes beitragen kann.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hält es auch für sachgerecht, dass der Beigeladenen keine Kosten zu erstatten sind. Zwar hat sie keinen förmlichen Antrag gestellt, sich der Sache bzw. ihrem Vorbringen nach aber auf Seiten des Klägers am Prozess beteiligt.
41 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
24 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1, 151 SGG). Insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 EUR. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte im streitigen Zeitraum vom 01.11.2005 bis 31.05.2006 kein Anspruch auf (Regel)Leistungen nach dem SGB II zu, da er nicht hilfebedürftig ist. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
25 
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nur eine Klage des Klägers und nicht auch eine Klage seiner Ehefrau. Zwar folgt aus dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Meistbegünstigungsprinzip, dass für eine Übergangszeit bis zum 30.06.2007 Klageanträge in Erweiterung der üblichen Auslegungskriterien danach zu beurteilen sind, in welcher Weise die an einer Bedarfsgemeinschaft beteiligten Personen die Klage hätte erheben müssen, um die für die Bedarfsgemeinschaft gewünschten (höheren) Leistungen zu erhalten. Dies gilt aber nicht, wenn - wie hier - das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft bestritten wird (BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 8/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 1).
26 
Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens sind weiter nur die Bescheide der Beklagten vom 20.10.2005 und 22.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.12.2005. Nicht mehr Gegenstand der Berufung des Klägers ist der Änderungsbescheid der Beklagten vom 01.02.2005, nachdem der Kläger beim SG in der mündlichen Verhandlung am 31.01.2007 seine hiergegen gerichtete Klage insoweit zurückgenommen hat. Ebenso nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 04.01.2006, der sich auf den vorliegend nicht streitgegenständlichen Leistungszeitraum vom 01.01.2005 bis 30.09.2005 bezieht und damit nicht gemäß § 96 SGG (analog) Gegenstand des Klage- bzw. des Berufungsverfahrens wurde. Dem entspricht auch der Berufungsantrag des Klägers.
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Über Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II ist vorliegend nicht zu befinden, da sie im streitigen Zeitraum unstreitig nicht (mehr) im Zuständigkeitsbereich der Beklagten liegen.
28 
Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erhalten Leistungen nach diesem Gesetz Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und (nach der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung) das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig im Sinne des § 8 SGB II und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben. Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten als Alg II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung). Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Zur Berechnung des individuellen Leistungsanspruchs des Klägers ist gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II einerseits der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft und andererseits deren Gesamteinkommen zu ermitteln (BSG, Urteil vom 23.11.2006, B 11b AS 1/06 R, SozR 4-4200 § 20 Nr. 3). Nach der Legaldefinition des § 7 Abs. 3 SGB II (in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung) gehören zur Bedarfsgemeinschaft der erwerbsfähige Hilfebedürftige und (u.a.) als sein Partner der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte.
29 
Der Senat hat, ebenso wie das SG, keine durchgreifenden Bedenken gegen die Annahme der Beklagten, dass der Kläger und seine Ehefrau nicht dauernd getrennt leben und damit zwischen beiden eine Bedarfsgemeinschaft besteht.
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Unter welchen Voraussetzungen von einem dauernden Getrenntleben auszugehen ist, definiert das Sozialgesetzbuch nicht. Soweit das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in § 1567 Abs. 1 eine Legaldefinition enthält, ist diese angesichts ihrer klaren Ausrichtung auf das Scheidungsverfahren, vor allem im Hinblick auf die in ihr enthaltenen subjektiven Komponenten, nicht ohne weiteres auf andere Bereiche, insbesondere nicht das Steuer- und Sozialrecht, übertragbar. Der Begriff des "nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten" ist in Anlehnung an die seit dem 30.06.1979 die steuerliche Zusammenveranlagung von Ehegatten regelnde Bestimmung des § 26 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auszulegen, wobei - soweit im Einzelnen mit dem Sinn und Zweck der Regelungen des SGB II vereinbar - auf die finanzgerichtliche Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann. Denn in Anlehnung an § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG (vgl. BT-Drs. 8/2624 S. 30 zu Nr. 46) hatte der Begriff des dauernd Getrenntlebens mit dem Fünften Änderungsgesetz zum Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom 23.07.1979 (BGBl. I S. 1189) bereits Eingang in den - zwischenzeitlich wieder außer Kraft getretenen - § 138 Abs. 1 Nr. 2 des Arbeitsförderungsgesetzes und schließlich in § 193 SGB III gefunden. Der Gesetzgeber hat für den Bereich des Sozialrechts bereits dort jeweils geregelt, dass für die Arbeitslosenhilfe im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung das Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten als Einkommen zu berücksichtigen ist.
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Damit ist von einem dauernden Getrenntleben dann auszugehen, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft endgültig aufgehoben worden ist, wobei insoweit Lebensgemeinschaft die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten bedeutet, während unter Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der die Ehegatten gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens zu verstehen ist. Leben Ehegatten zwar für nicht absehbare Zeit räumlich voneinander getrennt und halten sie die eheliche Wirtschaftsgemeinschaft dadurch aufrecht, dass sie die sie berührenden wirtschaftlichen Fragen gemeinsam erledigen und gemeinsam über die Verwendung des Familieneinkommens entscheiden, so kann dies - ggf. zusammen mit anderen Umständen - dazu führen, dass ein nicht dauerndes Getrenntleben anzunehmen ist. Der Beurteilung sind in erster Linie äußerlich erkennbare Umstände zugrunde zu legen, wobei dem räumlichen Zusammenleben der Ehegatten besondere Bedeutung zukommt. Bei einem zu bejahenden dauernden Getrenntleben wird regelmäßig auch mindestens einem Ehegatten der Wille zur Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft fehlen, was das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung (BVerwGE 97, 344, 348) zum Getrenntleben im Sinn von § 28 des bis 31.12.2004 geltenden Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) gefordert hatte. Leben die Ehegatten nicht räumlich getrennt, spricht eine Vermutung gegen ein dauerndes Getrenntleben (vgl. zum Vorstehenden LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 26.08.2005 - L 13 AS 3390/05 ER-B - und vom 02.05.2007 - L 13 AS 948/07 ER-B -, m.w.N.).
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Hiervon ausgehend ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau (im hier streitigen Zeitraum) tatsächlich dauerhaft aufgehoben ist. Gegen die Richtigkeit des Vorbringens des Klägers spricht bereits, dass der Kläger zum angeblichen „Trennungsdatum“ widersprüchliche Angaben gemacht hat, ohne diese Widersprüche plausibel zu erklären. So hat er bei der Antragstellung am 17.11.2004 angeben, seit dem Jahr 2003 dauernd getrennt zu leben. Im Schreiben vom 13.12.2004 an die Stadt S. nannte der Kläger dann als Trennungszeitpunkt den 01.07.2004. Wird sein hierzu gemachtes Vorbringen in der Klageschrift vom 26.01.2006 (S 8 AS 335/06) zugrunde gelegt, er lebe seit 3 ½ Jahren von seiner Ehefrau getrennt, ergibt sich als Trennungszeitpunkt ca. der Juli 2002. Hierauf hat die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren zutreffend hingewiesen. Bereits dieses wechselnde Vorbringen des Klägers lässt durchgreifende Zweifel daran aufkommen, dass der Kläger tatsächlich entsprechend seinem Vorbringen von seiner Ehefrau dauerhaft getrennt lebt. Allein aufgrund von Erklärungen des Klägers kann von einem solchen Sachverhalt nicht ausgegangen werden.
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Gegen eine Aufhebung der Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft spricht weiter, dass eine räumliche Trennung des Klägers von seiner Ehefrau nicht nachgewiesen ist. Er lebt mit ihr weiterhin in der gemeinschaftlichen Wohnung. Der Kläger hat zwar der Stadt S. einen zwischen ihm und seiner Frau als Vertragspartner verfassten Untermietvertrag vom 31.07.2005, der eine mündliche Vereinbarung von Juli 2003 schriftlich festhalten soll, vorgelegt. Dieser Untermietvertrag ist jedoch vom Kläger selbst nicht unterzeichnet worden. Weiter sollen nach diesem Vertrag zwei Zimmer (12,5 m² und 9,5 m²) mit Nutzungsrecht der Küche und der sanitären Einrichtungen (beanspruchte Wohnfläche 40 m²) zu einem Mietzins in Höhe von 300 EUR, ab August 2005 in Höhe von 275 EUR, an den Kläger untervermietet sein. Diese Vereinbarungen stimmen jedoch nicht mit den vom Kläger bei der Antragstellung am 17.11.2004 gemachten Angaben überein, wonach der Wohnflächenanteil 45 m² bei einer Miete in Höhe von monatlich 210 EUR betragen soll. Dabei dürfte es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Wohnung im EG handeln, die der Kläger aber nie bewohnt hat, wie sich insbesondere aus der vom Beklagten eingeholten telefonischen Auskunft der Vermieterin ergibt, wie sie im Aktenvermerk vom 05.07.2005 festgehalten wurde. Dem entsprechen auch die Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten. Diese widersprüchlichen Angaben sind nicht geeignet, ein Getrenntleben in der gemeinschaftlichen Wohnung glaubhaft zu machen.
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Gegen eine Aufhebung der Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft mit der Ehefrau des Klägers spricht zudem, dass der Kläger eine Scheidung strikt ablehnt, wie das SG in seiner angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, und dass weiter auch nicht ersichtlich ist, dass seine Ehefrau die Ehescheidung beabsichtigt. Ihr Hinweis in der mündlichen Verhandlung auf die mit einer Scheidung verbundenen Prozesskosten ist angesichts der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu erhalten, wenig überzeugend.
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Auch das sonstige umfangreiche Vorbringen des Klägers zum Mietverhältnis, zur Mietwohnung und deren Nutzung und zum Grund der angeblichen Trennung enthält keine objektiv nachprüfbaren Tatsachen, die die Behauptung des Klägers, er lebe von seiner Ehefrau dauerhaft getrennt, belegen können. Nicht glaubhaft ist vor allem das Vorbringen des Klägers, dass er eine Scheidung deshalb ablehne, weil er seine Verbindlichkeiten gegenüber seiner Ehefrau begleichen wolle. Abgesehen davon, dass ihn daran eine Scheidung gewiss nicht hindern würde, ist dies auch deshalb nicht glaubhaft, weil er im gleichen Atemzug betont, aufgrund seiner Erkrankung auf die Hilfe seiner Ehefrau angewiesen zu sein.
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Wenig überzeugend ist auch, dass sowohl der Kläger als auch die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Angaben darüber machen konnten (oder wollten), ob die Beigeladene in den Jahren 2005 und 2006 einen Lohnsteuerjahresausgleich beantragt hat. Immerhin wurden von ihrem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von 1.894,16 EUR Steuern in Höhe von monatlich 263,68 EUR einbehalten, wie sich aus den in der Verwaltungsakte enthaltenen Gehaltsabrechnungen ergibt. Es ist kaum vorstellbar, dass die Beigeladene keinen Versuch unternommen hat, wenigstens einen Teil der Steuern vom Finanzamt zurückzuerhalten. Dabei hätte die Art der steuerlichen Veranlagung durchaus Aufschluss darüber geben können, ob ein Getrenntleben anzunehmen ist oder nicht. Haben die Eheleute eine Zusammenveranlagung gewählt, was nur möglich ist, wenn sie nicht dauernd getrennt leben (§ 26 Abs. 1 EStG), wäre auch im Sozialrecht von einem Zusammenleben auszugehen. Denn es wäre ein vom Gesetz nicht gedeckter Wertungswiderspruch, steuerrechtlich von einem Zusammenleben und sozialrechtlich von einem Getrenntleben auszugehen. Hat die Beigeladene dagegen eine getrennte Veranlagung gewählt, würde dies zwar nicht zwingend auf ein Getrenntleben schließen lassen, weil auch Eheleute, die zusammen leben, eine getrennte Veranlagung wählen können. Es könnte aber dann als Indiz für ein Getrenntleben gewertet werden, wenn die Beigeladene bei dieser Veranlagung Steuern zahlen müsste, die sie bei einer Zusammenveranlagung nicht zu zahlen hätte. Sie würde dann um des Getrenntlebens willen finanzielle Nachteile in Kauf nehmen.
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Der Hinweis des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er habe mit Bescheid vom 17.12.2007 von der Stadt S. einen Betrag von 1.311,- EUR für die Erstausstattung einer Wohnung erhalten, ist für den hier zu beurteilenden Zeitraum unerheblich.
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Die Beklagte hat, ausgehend von dem von der Ehefrau des Klägers nach den vorgelegten Verdienstbescheinigungen gleichbleibend erzielten Bruttoverdienst in Höhe von 1.894,16 EUR (Nettoverdienst 1.220,40 EUR), das anzurechnende Einkommen der Ehefrau der Klägerin zutreffend in Höhe von monatlich 988,95 EUR und ab 01.12.2005 in Höhe von monatlich 940,40 EUR errechnet. Hiergegen hat der Kläger im Übrigen keine Einwendungen erhoben. Dieses gemäß § 19 Satz 3 SGB II vorrangig auf den Regelbedarf anzurechnende Erwerbseinkommen übersteigt den Regelbedarf des Klägers und seiner Ehefrau in Höhe von insgesamt monatlich 673,13 EUR (311 EUR x 2 gemäß § 20 Absatz 2 und 3 SGB II in der bis zum 30.06.2007 geltenden Fassung zuzüglich Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung des Klägers in Höhe von monatlich 51,13 EUR gemäß § 21 Absatz 5 SGB II) deutlich.
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Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich und dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen, dass die vom Kläger benannte Zeugin zur weiteren Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes beitragen kann.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hält es auch für sachgerecht, dass der Beigeladenen keine Kosten zu erstatten sind. Zwar hat sie keinen förmlichen Antrag gestellt, sich der Sache bzw. ihrem Vorbringen nach aber auf Seiten des Klägers am Prozess beteiligt.
41 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.