Bundesverfassungsgericht Beschluss, 11. Dez. 2014 - 1 BvL 16/12

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2014:lk20141211.1bvl001612
bei uns veröffentlicht am11.12.2014

Gründe

A.

1

Das Vorlageverfahren betrifft die Frage, ob die Abschaffung des sogenannten Rentnerprivilegs in § 101 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

I.

2

1. § 101 SGB VI in der Fassung vom 20. April 2007 (BGBl 1989 I S. 2261, BGBl 1990 I S. 1337, BGBl 2007 I S. 554) hatte bis zum 30. August 2009 in Absatz 3 folgenden Wortlaut:

"(3)Wird nach Beginn der Rente eine Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich zu Lasten des Versicherten wirksam, wird die Rente oder eine unmittelbar anschließende gleich hohe oder niedrigere Rente erst zu dem Zeitpunkt um einen Abschlag verändert, zu dem bei einer Rente aus der Versicherung des Ausgleichsberechtigten ein Zuschlag berücksichtigt wird. Bei einer unmittelbar anschließenden höheren Rente wird der Abschlag schon vor diesem Zeitpunkt vorgenommen, soweit dies nicht zu einer Unterschreitung der vorangegangenen Rente führt. Entsprechendes gilt, wenn sich aufgrund einer Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich der Zuschlag des Ausgleichsberechtigten mindert. In den Fällen der Sätze 1 bis 3 und des § 5 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich vom 21. Februar 1983 (BGBl. I S. 105) in der jeweils geltenden Fassung ist der Rentenbescheid des Leistungsberechtigten bei rückwirkender oder erst nachträglich bekannt werdender Rentenleistung aus der Versicherung des anderen Ehegatten oder Lebenspartners mit Wirkung vom Zeitpunkt des Beginns dieser Rente aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden."

3

2. Durch das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 3. April 2009 (BGBl I S. 700) hat § 101 Abs. 3 SGB VI seit dem 1. September 2009 folgenden Wortlaut erhalten:

"(3) Ist nach Beginn der Rente ein Versorgungsausgleich durchgeführt, wird die Rente der leistungsberechtigten Person von dem Kalendermonat an um Zuschläge oder Abschläge an Entgeltpunkten verändert, zu dessen Beginn der Versorgungsausgleich durchgeführt ist. Der Rentenbescheid ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden. Bei einer rechtskräftigen Abänderung des Versorgungsausgleichs gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass auf den Zeitpunkt nach § 226 Abs. 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit abzustellen ist. § 30 des Versorgungsausgleichsgesetzes bleibt unberührt."

II.

4

Nach der bis zum 31. August 2009 geltenden Rechtslage wurden, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte zum Zeitpunkt des Versorgungsausgleichs bereits Rente bezog, Rentenkürzungen aufgrund des Versorgungsausgleichs gemäß § 101 Abs. 3 SGB VI erst zu dem Zeitpunkt vollzogen, in dem der durch den Versorgungsausgleich berechtigte Ehegatte seinerseits Rente bezog und dadurch von dem Versorgungsausgleich real profitierte. In der Zwischenzeit erhielt der ausgleichspflichtige Ehegatte weiterhin seine ungekürzte Rente.

5

Dieses sogenannte Rentnerprivileg ist seit dem 1. September 2009 ersatzlos entfallen. Seither wird die Rente des ausgleichspflichtigen Ehegatten von dem Kalendermonat an gekürzt, zu dessen Beginn der Versorgungsausgleich durchgeführt worden ist, auch wenn der ausgleichsberechtige Ehegatte seinerseits noch keine Rente erzielt.

III.

6

Dem Vorlageverfahren liegt ein Versorgungsausgleichsverfahren zugrunde, bei dem der ausgleichspflichtige Ehemann bereits Rente bezieht, die ausgleichsberechtigte Ehefrau hingegen noch nicht. Die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach den gesetzlichen Vorschriften würde daher zu einer sofortigen Kürzung der Rente des Ehemannes führen, während die Ehefrau erst später - mit Beginn ihres eigenen Rentenbezugs - von der Durchführung des Versorgungsausgleichs real profitieren würde. Dadurch würde die monatliche Rente des Ehemannes von etwa 680 € auf etwa 530 € sinken.

IV.

7

Mit Beschluss vom 22. Juni 2012 hat das Amtsgericht Daun das Verfahren gemäß § 80 Abs. 1 BVerfGG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar sei, dass nach der Neuregelung des Versorgungsausgleichs durch das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs vom 3. April 2009 (BGBl I S. 700) es nicht möglich ist, (vorübergehend) von der Rentenkürzung abzusehen, auch wenn dies die Unterhaltsbedürftigkeit des Ausgleichspflichtigen zur Folge hätte und ob es mit dem Grundgesetz vereinbar sei, dass nach der Neuregelung des Versorgungsausgleichs durch das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs vom 3. April 2009 (BGBl I S. 700) es nicht möglich ist, (vorübergehend) von der Rentenkürzung abzusehen, wenn das Einkommen des Ausgleichspflichtigen hierdurch unter das Existenzminimum fiele und der Ausgleichsberechtigte noch keine Rente bezieht.

8

Die ersatzlose Streichung des sogenannten Rentnerprivilegs führe zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung ausgleichspflichtiger Rentenempfänger und damit zu einem Verstoß gegen Art. 3 GG. Während es nach den §§ 32 ff. des Gesetzes über den Versorgungsausgleich (VersAusglG) - insbesondere in den Fällen des § 33 VersAusglG sowie § 35 VersAusglG - möglich sei, die mit der Durchführung des Versorgungsausgleichs verbundene Rentenkürzung zeitlich begrenzt auszusetzen, sei dies im Ausgangsfall trotz vergleichbarer Interessenlage nicht möglich. Jedenfalls in Fällen, in denen die Durchführung des Versorgungsausgleichs zur Unterhaltsbedürftigkeit des ausgleichspflichtigen Ehegatten führen oder dessen Rente unter das Existenzminimum fallen würde, liege eine planwidrige Regelungslücke vor, die zu verfassungswidrigen Ergebnissen führe.

B.

9

Die Vorlage ist unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen an die Begründung einer Vorlage nach § 80 Abs. 2 BVerfGG.

I.

10

Dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügt ein Vorlagebeschluss nur, wenn die Ausführungen des Gerichts erkennen lassen, dass es sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 127, 335 <355 f.>; stRspr). Hierfür muss das vorlegende Gericht in nachvollziehbarer und für das Bundesverfassungsgericht nachprüfbarer Weise darlegen, dass es bei seiner anstehenden Entscheidung auf die Gültigkeit der Norm ankommt und aus welchen Gründen das vorlegende Gericht von der Unvereinbarkeit der Norm mit der Verfassung überzeugt ist (vgl. BVerfGE 105, 61 <67>; stRspr).

11

Die Darlegungen zur Verfassungswidrigkeit der Norm müssen den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab nennen und die für die Überzeugung des Gerichts maßgebenden Erwägungen nachvollziehbar darstellen. Dabei muss das Gericht jedenfalls auf naheliegende tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte eingehen (vgl. BVerfGE 86, 52 <57>) und die in Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigen (vgl. BVerfGE 76, 100 <104>; 79, 240 <243 f.>; 86, 71 <77>). Insbesondere muss der Vorlagebeschluss auf die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eingehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. August 2011 - 1 BvL 10/11 -, juris, Rn. 13; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. August 2011 - 1 BvL 15/11 -, juris, Rn. 13; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 23. Januar 2014 - 1 BvL 2/13 und 1 BvL 31 BvL 3/13 -, juris, Rn. 22).

II.

12

Diesen Anforderungen genügt die zur Entscheidung stehende Vorlage nicht. Das vorlegende Gericht hat in seinen Darlegungen zur Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Rechtslage einschlägige Fachliteratur, fachgerichtliche Rechtsprechung sowie die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht berücksichtigt.

13

1. An einer Auseinandersetzung mit der in Literatur und fachgerichtlicher Rechtsprechung - auch zum Zeitpunkt des Vorlagebeschlusses - vorherrschenden Rechtsansicht, die die Abschaffung des sogenannten Rentnerprivilegs als mit der Verfassung vereinbar ansieht, fehlt es vollständig (vgl. hierzu insbesondere Göhde, FamFR 2010, S. 555 <556>; Götsche, in: Götsche/Rehbein/Breuers, Versorgungsausgleichsrecht, 1. Aufl. 2012, Einleitung Rn. 30; Ruland, NZS 2008, S. 225 <237>; ders., Versorgungsausgleich, 3. Aufl. 2011, Rn. 550; OLG Celle, Beschluss vom 29. Mai 2012 - 10 UF 279/11 -, juris, Rn. 12 ff.).

14

2. Auch mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt sich die Vorlage nicht auseinander.

15

a) Dabei fehlt es zum einen an der Befassung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 3 Abs. 1 GG, soweit der Vorlagebeschluss rügt, dass insbesondere § 33 Abs. 1 VersAusglG sowie § 35 Abs. 1 VersAusglG die Aussetzung der Kürzung einer laufenden Versorgung ermöglichten, dies aber in Fällen, in denen - wie vorliegend - die Kürzung der Rente durch den Versorgungsausgleich zu einem Einkommen unterhalb des Existenzminimums führt, nicht vorgesehen sei.

16

Das Bundesverfassungsgericht hat zwar festgestellt, dass der allgemeine Gleichheitssatz dem Gesetzgeber gebiete, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 116, 164 <180>; stRspr). Es geht aber darüber hinaus auch davon aus, dass die Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG stets auf einem Vergleich von Lebensverhältnissen beruhe, die nie in allen, sondern nur in einzelnen Elementen übereinstimmen. Es sei dabei Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse er dafür als maßgebend ansehe, sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln (BVerfGE 50, 57 <77>; stRspr). Der Gleichheitssatz sei nur verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung nicht finden lasse (vgl. BVerfGE 55, 114 <128>; stRspr). Diese Rechtsprechung findet im Vorlagebeschluss keine Erwähnung.

17

b) Darüber hinaus fehlt es an einer Auseinandersetzung mit den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gestaltung des Versorgungsausgleichs. Mit Urteil vom 28. Februar 1980 (BVerfGE 53, 257) hat das Bundesverfassungsgericht den Versorgungsausgleich für grundsätzlich verfassungsgemäß erklärt, insbesondere dessen Grundsatz des sofortigen und endgültigen Vollzugs (BVerfGE 53, 257 <301 f.>). Zwar forderte das Bundesverfassungsgericht wegen der durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtspositionen des Ausgleichsverpflichteten die Schaffung von Härteregelungen, um Fällen begegnen zu können, in denen die ausgleichsverpflichtete Person durch den Versorgungsausgleich eine spürbare Kürzung ihrer Anrechte hinnehmen musste, ohne dass sich dies in angemessener Weise zugunsten der ausgleichsberechtigten Person auswirke. Hierzu gehörte die Schaffung beziehungsweise Beibehaltung eines "Rentnerprivilegs" aber nicht. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht - für Versorgungsbezüge nach dem Gesetz über die Versorgung der Beamten und Richter des Bundes (Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG) - bereits entschieden, dass der Versorgungskürzung des ausgleichspflichtigen Ehegatten der Erwerb einer selbständigen Rentenanwartschaft des ausgleichsberechtigten Ehegatten gegenüberstehe, so dass die Kürzung der Versorgungsbezüge des Ausgleichspflichtigen auch dann verfassungsrechtlich zulässig sei, wenn der Ausgleichsberechtigte seinerseits noch keine Rente beziehe (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. November 1995 - 2 BvR 1762/92 -, juris, Rn. 20-23). Auch diese Rechtsprechung berücksichtigt der Vorlagebeschluss nicht.

18

Im Übrigen wird zu der vom Amtsgericht aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Frage auf die zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 6. Mai 2014 - 1 BvL 9/12 und 1 BvR 11 BvR 1145/13 -, juris, Rn. 59; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. Dezember 2014 - 1 BvR 1485/12 -) hingewiesen.

19

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Bundesverfassungsgericht Beschluss, 11. Dez. 2014 - 1 BvL 16/12

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(1) Befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet.

(1a) Befristete Renten wegen voller Erwerbsminderung, auf die Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, werden vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet, wenn

1.
entweder
a)
die Feststellung der verminderten Erwerbsfähigkeit durch den Träger der Rentenversicherung zur Folge hat, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld entfällt, oder
b)
nach Feststellung der verminderten Erwerbsfähigkeit durch den Träger der Rentenversicherung ein Anspruch auf Krankengeld nach § 48 des Fünften Buches oder auf Krankentagegeld von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen endet und
2.
der siebte Kalendermonat nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht erreicht ist.
In diesen Fällen werden die Renten von dem Tag an geleistet, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld, Krankengeld oder Krankentagegeld endet.

(2) Befristete große Witwenrenten oder befristete große Witwerrenten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit werden nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet.

(3) Ist nach Beginn der Rente ein Versorgungsausgleich durchgeführt, wird die Rente der leistungsberechtigten Person von dem Kalendermonat an um Zuschläge oder Abschläge an Entgeltpunkten verändert, zu dessen Beginn der Versorgungsausgleich durchgeführt ist. Der Rentenbescheid ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden. Bei einer rechtskräftigen Abänderung des Versorgungsausgleichs gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass auf den Zeitpunkt nach § 226 Abs. 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit abzustellen ist. § 30 des Versorgungsausgleichsgesetzes bleibt unberührt.

(3a) Hat das Familiengericht über eine Abänderung der Anpassung nach § 33 des Versorgungsausgleichsgesetzes rechtskräftig entschieden und mindert sich der Anpassungsbetrag, ist dieser in der Rente der leistungsberechtigten Person von dem Zeitpunkt an zu berücksichtigen, der sich aus § 34 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes ergibt. Der Rentenbescheid ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(3b) Der Rentenbescheid der leistungsberechtigten Person ist aufzuheben

1.
in den Fällen des § 33 Abs. 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes mit Wirkung vom Zeitpunkt
a)
des Beginns einer Leistung an die ausgleichsberechtigte Person aus einem von ihr im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht (§ 33 Abs. 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes),
b)
des Beginns einer Leistung an die ausgleichspflichtige Person aus einem von ihr im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht (§ 33 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes) oder
c)
der vollständigen Einstellung der Unterhaltszahlungen der ausgleichspflichtigen Person (§ 34 Abs. 5 des Versorgungsausgleichsgesetzes),
2.
in den Fällen des § 35 Abs. 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes mit Wirkung vom Zeitpunkt des Beginns einer Leistung an die ausgleichspflichtige Person aus einem von ihr im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht (§ 36 Abs. 4 des Versorgungsausgleichsgesetzes) und
3.
in den Fällen des § 37 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Aufhebung der Kürzung des Anrechts (§ 37 Abs. 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes).
Die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(4) Ist nach Beginn der Rente ein Rentensplitting durchgeführt, wird die Rente von dem Kalendermonat an um Zuschläge oder Abschläge an Entgeltpunkten verändert, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden. Entsprechendes gilt bei einer Abänderung des Rentensplittings.

(5) Ist nach Beginn einer Waisenrente ein Rentensplitting durchgeführt, durch das die Waise nicht begünstigt ist, wird die Rente erst zu dem Zeitpunkt um Abschläge oder Zuschläge an Entgeltpunkten verändert, zu dem eine Rente aus der Versicherung des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners, der durch das Rentensplitting begünstigt ist, beginnt. Der Rentenbescheid der Waise ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden. Entsprechendes gilt bei einer Abänderung des Rentensplittings.

(1) Antragsberechtigt sind die Ehegatten, ihre Hinterbliebenen und die von der Abänderung betroffenen Versorgungsträger.

(2) Der Antrag ist frühestens zwölf Monate vor dem Zeitpunkt zulässig, ab dem ein Ehegatte voraussichtlich eine laufende Versorgung aus dem abzuändernden Anrecht bezieht oder dies auf Grund der Abänderung zu erwarten ist.

(3) § 27 des Versorgungsausgleichsgesetzes gilt entsprechend.

(4) Die Abänderung wirkt ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Antragstellung folgt.

(5) Stirbt der Ehegatte, der den Abänderungsantrag gestellt hat, vor Rechtskraft der Endentscheidung, hat das Gericht die übrigen antragsberechtigten Beteiligten darauf hinzuweisen, dass das Verfahren nur fortgesetzt wird, wenn ein antragsberechtigter Beteiligter innerhalb einer Frist von einem Monat dies durch Erklärung gegenüber dem Gericht verlangt. Verlangt kein antragsberechtigter Beteiligter innerhalb der Frist die Fortsetzung des Verfahrens, gilt dieses als in der Hauptsache erledigt. Stirbt der andere Ehegatte, wird das Verfahren gegen dessen Erben fortgesetzt.

(1) Entscheidet das Familiengericht rechtskräftig über den Ausgleich und leistet der Versorgungsträger innerhalb einer bisher bestehenden Leistungspflicht an die bisher berechtigte Person, so ist er für eine Übergangszeit gegenüber der nunmehr auch berechtigten Person im Umfang der Überzahlung von der Leistungspflicht befreit. Satz 1 gilt für Leistungen des Versorgungsträgers an die Witwe oder den Witwer entsprechend.

(2) Die Übergangszeit dauert bis zum letzten Tag des Monats, der dem Monat folgt, in dem der Versorgungsträger von der Rechtskraft der Entscheidung Kenntnis erlangt hat.

(3) Bereicherungsansprüche zwischen der nunmehr auch berechtigten Person und der bisher berechtigten Person sowie der Witwe oder dem Witwer bleiben unberührt.

(1) Befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet.

(1a) Befristete Renten wegen voller Erwerbsminderung, auf die Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, werden vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet, wenn

1.
entweder
a)
die Feststellung der verminderten Erwerbsfähigkeit durch den Träger der Rentenversicherung zur Folge hat, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld entfällt, oder
b)
nach Feststellung der verminderten Erwerbsfähigkeit durch den Träger der Rentenversicherung ein Anspruch auf Krankengeld nach § 48 des Fünften Buches oder auf Krankentagegeld von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen endet und
2.
der siebte Kalendermonat nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht erreicht ist.
In diesen Fällen werden die Renten von dem Tag an geleistet, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld, Krankengeld oder Krankentagegeld endet.

(2) Befristete große Witwenrenten oder befristete große Witwerrenten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit werden nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet.

(3) Ist nach Beginn der Rente ein Versorgungsausgleich durchgeführt, wird die Rente der leistungsberechtigten Person von dem Kalendermonat an um Zuschläge oder Abschläge an Entgeltpunkten verändert, zu dessen Beginn der Versorgungsausgleich durchgeführt ist. Der Rentenbescheid ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden. Bei einer rechtskräftigen Abänderung des Versorgungsausgleichs gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass auf den Zeitpunkt nach § 226 Abs. 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit abzustellen ist. § 30 des Versorgungsausgleichsgesetzes bleibt unberührt.

(3a) Hat das Familiengericht über eine Abänderung der Anpassung nach § 33 des Versorgungsausgleichsgesetzes rechtskräftig entschieden und mindert sich der Anpassungsbetrag, ist dieser in der Rente der leistungsberechtigten Person von dem Zeitpunkt an zu berücksichtigen, der sich aus § 34 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes ergibt. Der Rentenbescheid ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(3b) Der Rentenbescheid der leistungsberechtigten Person ist aufzuheben

1.
in den Fällen des § 33 Abs. 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes mit Wirkung vom Zeitpunkt
a)
des Beginns einer Leistung an die ausgleichsberechtigte Person aus einem von ihr im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht (§ 33 Abs. 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes),
b)
des Beginns einer Leistung an die ausgleichspflichtige Person aus einem von ihr im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht (§ 33 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes) oder
c)
der vollständigen Einstellung der Unterhaltszahlungen der ausgleichspflichtigen Person (§ 34 Abs. 5 des Versorgungsausgleichsgesetzes),
2.
in den Fällen des § 35 Abs. 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes mit Wirkung vom Zeitpunkt des Beginns einer Leistung an die ausgleichspflichtige Person aus einem von ihr im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht (§ 36 Abs. 4 des Versorgungsausgleichsgesetzes) und
3.
in den Fällen des § 37 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Aufhebung der Kürzung des Anrechts (§ 37 Abs. 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes).
Die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(4) Ist nach Beginn der Rente ein Rentensplitting durchgeführt, wird die Rente von dem Kalendermonat an um Zuschläge oder Abschläge an Entgeltpunkten verändert, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden. Entsprechendes gilt bei einer Abänderung des Rentensplittings.

(5) Ist nach Beginn einer Waisenrente ein Rentensplitting durchgeführt, durch das die Waise nicht begünstigt ist, wird die Rente erst zu dem Zeitpunkt um Abschläge oder Zuschläge an Entgeltpunkten verändert, zu dem eine Rente aus der Versicherung des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners, der durch das Rentensplitting begünstigt ist, beginnt. Der Rentenbescheid der Waise ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden. Entsprechendes gilt bei einer Abänderung des Rentensplittings.

(1) Sind die Voraussetzungen des Artikels 100 Abs. 1 des Grundgesetzes gegeben, so holen die Gerichte unmittelbar die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein.

(2) Die Begründung muß angeben, inwiefern von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift die Entscheidung des Gerichts abhängig ist und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist. Die Akten sind beizufügen.

(3) Der Antrag des Gerichts ist unabhängig von der Rüge der Nichtigkeit der Rechtsvorschrift durch einen Prozeßbeteiligten.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Solange die ausgleichsberechtigte Person aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine laufende Versorgung erhalten kann und sie gegen die ausgleichspflichtige Person ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte, wird die Kürzung der laufenden Versorgung der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag ausgesetzt.

(2) Die Anpassung nach Absatz 1 findet nur statt, wenn die Kürzung am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße mindestens 2 Prozent, in allen anderen Fällen als Kapitalwert mindestens 240 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch betragen hat.

(3) Die Kürzung ist in Höhe des Unterhaltsanspruchs auszusetzen, höchstens jedoch in Höhe der Differenz der beiderseitigen Ausgleichswerte aus denjenigen Anrechten im Sinne des § 32, aus denen die ausgleichspflichtige Person eine laufende Versorgung bezieht.

(4) Fließen der ausgleichspflichtigen Person mehrere Versorgungen zu, ist nach billigem Ermessen zu entscheiden, welche Kürzung ausgesetzt wird.

(1) Solange die ausgleichspflichtige Person eine laufende Versorgung wegen Invalidität oder Erreichens einer besonderen Altersgrenze erhält und sie aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine Leistung beziehen kann, wird die Kürzung der laufenden Versorgung auf Grund des Versorgungsausgleichs auf Antrag ausgesetzt.

(2) § 33 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Die Kürzung ist höchstens in Höhe der Ausgleichswerte aus denjenigen Anrechten im Sinne des § 32 auszusetzen, aus denen die ausgleichspflichtige Person keine Leistung bezieht.

(4) Fließen der ausgleichspflichtigen Person mehrere Versorgungen zu, so ist jede Versorgung nur insoweit nicht zu kürzen, als dies dem Verhältnis ihrer Ausgleichswerte entspricht.

(1) Sind die Voraussetzungen des Artikels 100 Abs. 1 des Grundgesetzes gegeben, so holen die Gerichte unmittelbar die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein.

(2) Die Begründung muß angeben, inwiefern von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift die Entscheidung des Gerichts abhängig ist und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist. Die Akten sind beizufügen.

(3) Der Antrag des Gerichts ist unabhängig von der Rüge der Nichtigkeit der Rechtsvorschrift durch einen Prozeßbeteiligten.

Gründe

I.

1

Das Vorlageverfahren betrifft die Frage der Verfassungsgemäßheit der §§ 4, 5 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) vom 21. April 2005 (BGBl I S. 1073 <1077 f.>).

2

1. Dem Bundesverfassungsgericht ist die Frage zur Prüfung vorgelegt, ob die Regelung der §§ 4, 5 VBVG hinsichtlich der Vergütung von Berufsbetreuern bei nicht mittellosen Betreuten, für die nur die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge angeordnet sind, während der ersten sechs Monate der Betreuung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sind.

3

2. Die §§ 4 und 5 VBVG regeln die Vergütung von Berufsbetreuern. § 4 VBVG bestimmt die Höhe des einem Berufsbetreuer zu vergütenden Stundensatzes, § 5 VBVG den - pauschalierten - Stundenansatz. Alleinige Differenzierungskriterien für den Stundenansatz sind der gewöhnliche Aufenthaltsort des Betreuten, also ob dieser in einem Heim lebt oder zu Hause, und die Dauer der Betreuung. Auf den tatsächlichen Betreuungsaufwand kommt es nicht an. § 5 Abs. 1 VBVG regelt den einem Betreuer zu vergütenden Zeitaufwand für die Betreuung eines bemittelten Betreuten, § 5 Abs. 2 VBVG den für die Betreuung eines mittellosen Betreuten. In letzterem Fall ist die Vergütung aus der Staatskasse zu entrichten. Der für die Betreuung eines mittellosen Betreuten ansetzungsfähige und damit vergütungsrelevante Zeitaufwand ist gegenüber dem bei Betreuung eines bemittelten geringer bemessen.

4

3. a) Im Ausgangsverfahren stellte die Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie einen Antrag auf vorläufige Unterbringung der Betroffenen nach § 1846 BGB. Das Amtsgericht ordnete unter dem 12. Februar 2010 eine vorläufige Betreuung mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge an und bestellte eine vorläufige Betreuerin. Ende April 2010 leitete das Amtsgericht das Hauptsacheverfahren ein und holte ein ärztliches Gutachten ein. Die über die Kostenpflichtigkeit des Verfahrens unterrichtete Betroffene gab ihr Vermögen mit ca. 300.000 € an. Mit Beschluss vom 28. Juli 2010 wurde die Betreuung aufgehoben.

5

Die Betreuerin machte auf der Grundlage der §§ 4, 5 VBVG einen Vergütungsanspruch von insgesamt 1.870 € geltend. Das Amtsgericht setzte die Vergütung antragsgemäß fest. Hiergegen wandte sich die Betroffene auf dem Beschwerdeweg, wobei sie geltend machte, dass die Betreuerin tatsächlich viel weniger Stunden tätig gewesen sei als vergütet wurden.

6

b) Das Landgericht hat das Verfahren ausgesetzt. Dem gemäß § 5 VBVG pauschal zu veranschlagenden Zeitaufwand stehe lediglich ein mit 15 Stunden zu bemessender tatsächlicher Zeitaufwand der Betreuerin gegenüber, was effektiv einen Stundensatz von 124,67 € statt der nach § 4 VBVG anzusetzenden 44 € bedeute. Angesichts der bestehenden Struktur des Rechts der Betreuervergütung sei zugrunde zu legen, dass der gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG bestimmte Stundensatz von 44 € als angemessen anzusehen sei. Der sich vorliegend ergebende tatsächliche Stundensatz weiche hiervon um absolut 80,67 € je Stunde ab.

7

Das Bundesverfassungsgericht erkenne in ständiger Rechtsprechung an, dass der Gesetzgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen typisierende Regelungen treffen dürfe. Daraus folge auch, dass Härten im Einzelfall unvermeidlich und hinzunehmen seien. Indessen rechtfertige dies nicht jede Härte im Einzelfall. Eine noch hinzunehmende Typisierung setze vielmehr voraus, dass die durch sie eintretenden Härten oder Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen beträfen und dass der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv sei. Wesentlich sei ebenfalls, ob eine entstehende Ungerechtigkeit nur unter Schwierigkeiten vermeidbar sei (Hinweis auf BVerfGE 63, 119 <128>). Verwaltungstechnische Gründe könnten die Verschiedenbehandlung vergleichbarer Sachverhalte rechtfertigen. Das setze aber voraus, dass bei einer Gleichbehandlung erhebliche verwaltungstechnische Schwierigkeiten entstünden, die nicht durch einfachere, weniger belastende Regelungen behoben werden könnten.

8

Wenn nur die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Gesundheits-fürsorge angeordnet würden, entspreche der Zeitaufwand nicht dem Zeitaufwand für den Fall der Anordnung weiterer Aufgabenkreise. Bei nicht mittellosen Betreuten werde kaum Obdachlosigkeit vorliegen. Im Fall der Entlassung aus der stationären Behandlung könnten sie regelmäßig in ihr bisheriges Wohnumfeld zurückkehren. Daraus folge zunächst, dass sich der Zeitaufwand des Betreuers häufig auf Besuche im Krankenhaus beschränke, bei denen zugleich Ärzte oder Sozialpädagogen gesprochen werden könnten. Der erforderliche Zeitaufwand dürfte dem hier angefallenen entsprechen. Gespräche im Umfang von achteinhalb beziehungsweise sieben Stunden im Monat (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 VBVG) seien unwahrscheinlich. Hinzu komme, dass nach Entlassung aus der stationären Behandlung in vielen Fällen die Aufhebung der Betreuung erfolge. Der vom Oberlandesgericht München (FamRZ 2007, S. 675 ff. = NJW-RR 2007, S. 227 f.) angenommene Ausgleich durch geringeren Zeitansatz in den folgenden Quartalen komme damit nicht zum Tragen.

9

Das Oberlandesgericht München (a.a.O.) sehe einen sachlichen Grund für den angenommenen höheren Zeitaufwand bei nicht mittellosen Betreuten im größeren Zeitaufwand für die Vermögenssorge. Seien dieser oder andere Aufgabenkreise nicht angeordnet, sprächen die vorhergehenden Erwägungen eher dafür, dass der Zeitaufwand bei ausschließlicher Anordnung der Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge bei nicht mittellosen Personen angesichts der regelmäßig geordneten Lebensverhältnisse geringer sein dürfte. Dementsprechend sehe auch das Bundesverfassungsgericht, dass nicht jede Betreuung bemittelter Personen notwendig besser vergütet werden müsse als die Betreuung unbemittelter Personen (Hinweis auf BVerfG, FamRZ 2000, S. 729 <731> = NJW-RR 2000, S. 1241 <1243>). In den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. BTDrucks 15/4874, S. 32) werde angenommen, die niedrigeren Stundensätze für mittellose Betreute rechtfertigten sich mit dem in der Regel niedrigeren Aufwand. Hier dürfte es indes so liegen, dass der Aufwand für bemittelte Personen eher geringer sei. Im Übrigen seien die niedrigeren Sätze bei unbemittelten Personen durch das berechtigte Interesse der Staatskasse bei der Gewährung von sozialen Leistungen getragen. Die Gesetzesmaterialien nähmen jedoch nicht an, dass fiskalische Gesichtspunkte oder Interessen der Berufsbetreuer eine höhere Vergütung bei bemittelten Personen rechtfertigen würden.

10

Bei der hier vorliegenden Abweichung der tatsächlichen stündlichen Vergü-tung vom gesetzlichen Leitbild könne nicht mehr die Rede davon sein, dass der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv sei. Dabei müsse berück-sichtigt werden, dass Regelungsalternativen zur Verfügung stünden. Zwar sei das gesetzgeberische Anliegen, Abrechnungsstreitigkeiten möglichst auszuschließen, zutreffend. Allerdings erscheine es fernliegend, dass bei den beschränkten Aufgabenkreisen relevante Abgrenzungsstreitigkeiten aufkämen. Denkbar sei auch die Festlegung eines geringeren Zeitansatzes für die hier maßgebliche Fallgruppe. Auch sei daran zu denken, eine Abweichung von der Pauschale nur auf Antrag zu ermöglichen. Schließlich könne in einem Fall, in dem - wie hier - eine wesentliche Einschränkung hinsichtlich der Vermögensangelegenheiten nicht bestehe, eine vom Gericht genehmigte Vereinbarung über den Zeitansatz mit dem Betreuten getroffen werden.

II.

11

Die Vorlage ist unzulässig.

12

1. Ein Gericht kann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit gesetzlicher Vorschriften nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschriften als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 86, 71 <76>).

13

Neben der Entscheidungserheblichkeit muss das vorlegende Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm in Aus-einandersetzung mit den hierfür wesentlichen Gesichtspunkten, insbesondere auch den Erwägungen des Gesetzgebers, begründen (vgl. BVerfGE 86, 71 <77>). Dieser Zulässigkeitsvoraussetzung genügt ein Vorlagebeschluss nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur, wenn das Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der zur Überprüfung gestellten Norm nachvollziehbar darlegt und sich dabei jedenfalls mit naheliegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten auseinandersetzt (vgl. BVerfGE 86, 52 <57>; 86, 71 <77 f.>). Der Beschluss hat den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab anzugeben, sich eingehend mit der Rechtslage auseinanderzusetzen und dabei die in Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 76, 100 <104>; 79, 240 <243 f.>; 86, 71 <77>). Der Vorlagebeschluss muss auf die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesverfassungs-gerichts eingehen.

14

2. Diesen Anforderungen genügt die zur Entscheidung stehende Vorlage nicht. Das vorlegende Gericht hat seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Normen nicht in hinreichend nachvollziehbarer Weise begründet und sich nicht mit naheliegenden Gesichtspunkten sowie der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auseinandergesetzt.

15

a) Hinsichtlich der zur Prüfung gestellten Norm des § 4 VBVG enthält der Vorlagebeschluss keine Ausführungen, weshalb das Gericht die Bestimmung für ver-fassungswidrig erachtet. Das vorlegende Gericht geht im Gegenteil ausdrücklich davon aus, dass der dort unter anderem niedergelegte Stundensatz von 44 € angemessen sei.

16

b) Im Hinblick auf § 5 VBVG hat das Vorlagegericht die Verfassungswidrigkeit nicht hinreichend dargelegt.

17

aa) Zwar führt das Gericht aus, dass die pauschalierten Stundenansätze in der von ihm betrachteten Fallgruppe (Vergütung von Berufsbetreuern bei nicht mittellosen Betreuten in den ersten sechs Monaten, für die nur die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge angeordnet sind) die Grenze der bei Pauschalisierungen im Einzelfall hinzunehmenden Härte überschritten und daher eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG gegeben sei. Jedoch sind bereits die rechtstatsächlichen Annahmen, die das Gericht seinen Überlegungen zugrunde legt, nicht nachvollziehbar und rechtfertigen die hieraus gezogenen Schlüsse nicht.

18

(1) Soweit das vorlegende Gericht davon ausgeht, dass die Gruppe der nicht mittellosen Betreuten, für die eine vorläufige Betreuung lediglich mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge angeordnet ist, nicht verhältnismäßig klein sei, fehlt eine zahlenmäßige Grundlage. Aus dem Vorlagebeschluss ist nicht ersichtlich, von welcher zumindest ungefähren Größe der gebildeten Personengruppe im Vergleich zur Gesamtzahl der nicht mittellosen Betreuten das vorlegende Gericht ausgeht. Auch das von ihm in Bezug genommene Zahlenmaterial ist insoweit unergiebig. Die von dem Gericht nach Marschner (in: Marschner/Volckart/Lesting, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 5. Aufl. 2010, A Rn. 69) zitierte Erhebung von Bruns zur Anzahl der Zwangseinweisungen in ausgewählten Großstädten aus dem Jahre 1987 kann schon deshalb nicht herangezogen werden, weil sie sich nur auf öffentlich-rechtliche Unterbringungen bezieht und zivilrechtliche Unterbringungen gerade nicht berücksichtigt (vgl. Marschner, a.a.O.). Aus der Darstellung von Crefeld (BtPrax 1998, S. 47 <49>) über die Zugänge in Rheinischen Landeskliniken nach Betreuungsrecht im Jahre 1994, auf die das vorlegende Gericht außerdem verweist, lässt sich für seine Hypothese ebenfalls nichts ableiten. Daraus geht weder hervor, in welchem Umfang es sich um vorläufige Betreuungen gehandelt hat und welchen Aufgabenkreis die Betreuungen jeweils umfassten, noch um wieviel Betreuungsanordnungen es sich tatsächlich gehandelt hat und wie lange sie andauerten. Aus der Statistik lässt sich vielmehr nur das prozentuale Verhältnis der nach Betreuungsrecht untergebrachten Personen zu den nach Landesrecht untergebrachten und den freiwillig aufgenommenen Patienten der Rheinischen Landeskliniken ablesen. Letztlich geht das Vorlagegericht sogar selbst davon aus, dass belastbare Zahlen für die zivilrechtliche Unterbringung fehlten. Seine Schlussfolgerung, das Zahlenmaterial erlaube dennoch die Feststellung, dass die Gruppe der unter vorläufiger Unterbringung stehenden Personen nicht verhältnismäßig klein sei, ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar.

19

(2) Auch die weitere Annahme des Vorlagegerichts, bei vorläufigen Betreuungen, die nur die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge umfassten, sei der Zeitaufwand regelmäßig erheblich geringer als in den Pauschalen des § 5 Abs. 1 und 2 VBVG vorgesehen, ist nicht ansatzweise belegt. Die Ausführungen hierzu im Vorlagebeschluss basieren nicht auf einer empirischen Datenermittlung, sondern stellen bloße Vermutungen der vorlegenden Kammer dar. Die zur Prüfung vorgelegte Frage, ob § 5 VBVG im Falle bestimmter Betreuungen zu einer unangemessen hohen Belastung bemittelter Betreuter führt, ist aber auf dieser rein spekulativen Grundlage nicht zu beantworten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die Pauschalierung des Zeitaufwandes für die Betreuungstätigkeit in § 5 Abs. 1 und 2 VBVG auf der Grundlage der im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz erstellten rechtstatsächlichen Untersuchung des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) zur "Qualität, Aufgabenverteilung und Verfahrensaufwand bei rechtlicher Betreuung" (Bundesanzeiger Nr. 149a vom 13. August 2003) vorgenommen hat.

20

bb) Das Vorlagegericht setzt sich auch nicht mit den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Pauschalierung von Vergütungsregelungen bereits erarbeiteten verfassungsrechtlichen Maßstäben auseinander (zu den Begründungsanforderungen insoweit bereits BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. Februar 2007 - 1 BvL 10/06 -, FamRZ 2007, S. 622 <625>).

21

(1) Auf die Grundsätze zum gesetzgeberischen Spielraum bei der Ausgestaltung von Gebührenordnungen, die das Bundesverfassungsgericht mit Blick auf die Vergütung von Berufsbetreuern entwickelt hat (vgl. BVerfGE 101, 331 <347 ff.>), geht der Vorlagebeschluss nicht ein. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu festgestellt, dass Gebührenordnungen jeder Art für die Betroffenen Vor- und Nachteile aufweisen. Das gelte für ein Stundensatz-System ebenso wie für Fallpauschalen oder die Anknüpfung an den Gegenstandswert. Welchen gesetzlichen Regelungen in einer bestimmten Situation der Vorzug gegeben werde, richte sich nach der Einschätzung des Gesetzgebers auf der Grundlage verfügbarer Erkenntnisse. Diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts findet im Vorlagebeschluss keine Erwähnung.

22

(2) Das Vorlagegericht stellt zudem keine Überlegungen dazu an, ob es nicht verfassungsrechtlich hinzunehmen ist, dass Vergütungspauschalen auf der Grundlage von Mischkalkulationen zwangsläufig dazu führen, dass in Einzelfällen die gesetzlich festgelegte Vergütung nicht leistungsäquivalent ist (vgl. bereits BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. Februar 2007 - 1 BvL 10/06 -, FamRZ 2007, S. 622 <625>).

23

Hinsichtlich der Annahme des Vorlagegerichts, die Grenze des im Einzelfall Zumutbaren sei im Ausgangsverfahren überschritten, fehlen nähere Darlegungen. Laut Vorlagebeschluss betrug die Differenz zwischen der nach den gesetzlichen Vorgaben abgerechneten und der nach dem tatsächlichen Zeitaufwand fiktiv angenommenen Vergütung weniger als 1.500 €. Dass dieser Betrag für die nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts vermögende Betroffene eine nicht mehr hinnehmbare Belastung darstellt, erschließt sich jedenfalls nicht ohne weiteres.

24

Soweit das Vorlagegericht im Weiteren die Auffassung vertritt, für die von ihm betrachtete Fallgruppe sei die Festlegung eines geringeren Zeitansatzes denkbar, setzt es sich nicht mit der naheliegenden - zudem von der Betreuerin im Ausgangsverfahren ausdrücklich aufgeworfenen - Frage auseinander, inwieweit sich das vom Gesetzgeber eingeführte System einer auf Mischkalkulationen beruhenden pauschalierten Vergütung mit der Schaffung derartiger Ausnahmetatbestände vereinbaren lässt und ob es hierdurch nicht ausgehebelt würde. Gleiches gilt hinsichtlich der Überlegungen, eine Abweichung von den Pauschalvergütungen auf Antrag zu ermöglichen oder Vereinbarungen über den Zeitansatz zuzulassen. Hier stellte sich zudem die Frage, wie sich derartige besondere Abrechnungsmöglichkeiten mit dem legitimen Ziel des Gesetzgebers in Einklang bringen lassen, ein möglichst einfaches Vergütungssystem vorzusehen.

25

(3) Soweit im Vorlagebeschluss schließlich die Verfassungsgemäßheit der höheren Zeitansätze in § 5 Abs. 1 und 2 VBVG bei der Betreuung von nicht mittellosen gegenüber der Betreuung mittelloser Betreuter bezweifelt wird, fehlt eine Auseinandersetzung mit den Entscheidungen der 2. Kammer des Ersten Senats vom 16. März 2000 (FamRZ 2000, S. 729 ff. = NJW-RR 2000, S. 1241 ff.) und insbesondere vom 20. August 2009 (FamRZ 2009, S. 1899 ff. = NJW-RR 2010, S. 505 f.). Das Bundesverfassungsgericht hat in der letztgenannten Entscheidung darauf hingewiesen, dass das vom Gesetzgeber insoweit verfolgte Ziel der Schonung der öffentlichen Kassen legitim sei und er bei der Herabsetzung des Zeitaufwandes als Bemessungsfaktor für die Vergütung der Betreuung eines Mittellosen auch nicht die Grenzen des Zumutbaren überschritten habe (vgl. BVerfG, FamRZ 2009, S. 1899 <1900 f.> = NJW-RR 2010, S. 505 <506>).

26

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Gründe

1

Die Vorlage des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen betrifft die Frage, ob § 4 Abs. 3 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes vom 5. Dezember 2006 (BGBl I S. 2748), nach dem der Bezug von Elterngeld für 14 Monate durch einen Elternteil grundsätzlich nicht zulässig ist, sondern mindestens zwei Monate Elterngeld vom anderen Elternteil in Anspruch genommen werden müssen (sogenannte "Partner(innen)-" oder "Vätermonate"), gegen das Grundgesetz verstößt.

I.

2

Der Vorlage liegt ein Verfahren zugrunde, in dem die Klägerin Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat ihres Kindes beansprucht.

3

1. Am 4. Juli 2007 wurde der Sohn der verheirateten Klägerin des Ausgangsverfahrens in der 27. Schwangerschaftswoche mit einem Gewicht von 960 Gramm geboren. Die Klägerin war bis zur Geburt ihres Kindes erwerbstätig. Nach der Mutterschutzfrist nahm sie Elternzeit in Anspruch. Während der ersten 18 Monate nach der Geburt war sie gar nicht und in den nachfolgenden 18 Monaten nur einen Tag in der Woche erwerbstätig. Der Vater des Kindes war vor und nach der Geburt vollzeitig erwerbstätig.

4

2. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2007 gewährte der Beklagte des Ausgangsverfahrens, der Landkreis H., vertreten durch den Landrat, aufgrund eines Antrags vom 10. September 2007 Elterngeld in Höhe des gesetzlichen Höchstbetrags von 1.800 € für die ersten zwölf Lebensmonate des Kindes. Mit Schreiben vom 18. März 2008 teilte die Klägerin mit, ihr Sohn benötige wegen seiner Frühgeburt weiterhin intensive Betreuung und spezielle therapeutische Unterstützung. Sie erklärte unter Vorlage eines ärztlichen Attests, demzufolge eine Betreuung durch die Mutter zur optimalen Entwicklung des Kindes zu bevorzugen sei, von einem Wechsel der Hauptbezugsperson absehen zu wollen. Deshalb habe sie sich mit dem Vater darauf verständigt, dass dieser nicht, wie zunächst vorgesehen, Elternzeit für den 13. und 14. Lebensmonat nehmen würde, sondern dass sie weiterhin als Hauptbezugsperson des Kindes zur Verfügung stehen werde. Sie beantragte daher, ihr auch für den 13. und 14. Lebensmonat Elterngeld zu gewähren. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 19. März 2008 abgelehnt. Der Widerspruch der Klägerin vom 12. April 2008 blieb erfolglos. Ihre Klage wurde mit Urteil vom 4. November 2010 abgewiesen. Mit Beschluss vom 13. April 2011 hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen auf die Berufung der Klägerin das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die eingangs gestellte Frage zur Entscheidung vorgelegt.

5

3. a) Eine Entscheidung, mit der dem Antrag der Klägerin entsprochen werde, sei nach Maßgabe der vorgelegten Regelung nicht möglich. Zwar habe die Klägerin die übrigen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEEG auch während des 13. und 14. Lebensmonats des Kindes erfüllt. Im vorliegenden Fall sei der längere Bezug von Elterngeld jedoch gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 BEEG ausgeschlossen, da ein Elternteil nur für höchstens zwölf Monate Elterngeld beziehen könne. Keiner der gesetzlich vorgesehenen Ausnahmetatbestände sei einschlägig. Insbesondere ist der Senat der Ansicht, dass mit einer Betreuung des Kindes durch den Vater keine Gefährdung des Kindeswohls im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 3 und 4 BEEG in Verbindung mit § 1666 BGB zu befürchten sei. Darunter sei mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 29. Januar 2010 - 1 BvR 374/09 -, NJW 2010, S. 2333 <2335>) nur ein bereits eingetretener Schaden des Kindes oder eine gegenwärtige, in einem solchen Maße vorhandene Gefahr zu verstehen, dass sich bei einer weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit der erforderlichen Sicherheit voraussagen lasse. Nach diesem strengen Maßstab könne nicht von einer Gefährdung des Kindeswohls ausgegangen werden, wenn das Kind im 13. und 14. Lebensmonat von seinem Vater statt seiner Mutter betreut würde. Angesichts seines klaren Wortlauts und der aus den Gesetzesmaterialien klar hervorgehenden Zielrichtung könne § 4 Abs. 3 Satz 1 BEEG auch nicht verfassungskonform ausgelegt werden.

6

b) § 4 Abs. 3 Satz 1 BEEG verletze Art. 6 Abs. 1 und 2 GG. Art. 6 Abs. 1 und 2 GG schützten die Freiheit der Eltern zur eigenverantwortlichen Ausgestaltung der innerfamiliären Aufgabenverteilung und stellten ein Bekenntnis zur Freiheit der spezifischen Privatsphäre von Ehe und Familie vor staatlicher Einwirkung dar. Zu dem Gehalt privater Gestaltungsfreiheit gehöre auch die Entscheidung über die Arbeitsteilung in Ehe und Familie. Das gemäß Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Elternrecht erstrecke sich auch auf die Verteilung der innerfamiliären Arbeit und die Entscheidung darüber, wie die finanzielle Existenz der Familie gesichert werden solle und welcher Partner die Erziehung und Betreuung der Kinder übernehme. In diese Entscheidungsfreiheit der Eltern greife § 4 Abs. 3 Satz 1 BEEG dadurch ein, dass eine öffentlich-rechtliche Leistung zumindest für zwei Monate von einer bestimmten familiären Arbeitsverteilung abhängig gemacht werde.

7

Eine bestimmte Gestaltung der Ehe dürfe der Staat gemäß Art. 6 Abs. 1 GG weder unmittelbar erzwingen noch mittelbar fördern. Dementsprechend könne ein verfassungswidriger Eingriff in die grundrechtlich geschützte Entscheidungsfreiheit der Ehegatten und Eltern auch dann vorliegen, wenn der Gesetzgeber von förmlichem Zwang Abstand genommen habe. Auch ein gezielt eingesetzter wirtschaftlicher Druck sei mit Freiheitsgrundrechten unvereinbar. Ein verfassungswidriger Eingriff sei nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber lediglich ökonomische Anreize gesetzt habe.

8

c) In Bezug auf die Rechtfertigung des angenommenen Eingriffs führt das vorlegende Gericht aus, Art. 6 Abs. 1 und 2 GG gewährten schrankenlosen Schutz und eine Eingriffsbefugnis zum Ausgleich kollidierender Grundrechte sei nicht gegeben. Der Gesetzgeber zeige keine Umstände auf, die den Eingriff rechtfertigen könnten und solche Umstände seien auch nicht anderweitig ersichtlich.

9

Nach einer knappen Auseinandersetzung mit Inhalt und Zweck von Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG legt der Vorlagebeschluss dar, die Regelung könne nicht, wie dies die Gesetzesbegründung andeute, durch Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG gerechtfertigt werden. Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG könne nicht herangezogen werden, um grundrechtliche Freiheiten zu beschränken. Daher könne Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG keinen Eingriff in die Ehe- und Familiengestaltungsfreiheit rechtfertigen. Auch gestatte die Norm nur zielgerichtete Maßnahmen zum Ausgleich konkreter objektivierbarer Nachteile unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit. Der Gesetzgeber mache nicht deutlich, welche Nachteile ausgeglichen werden sollen. Die Ausgestaltung der innerfamiliären Aufgabenverteilung durch die Eltern könne von einer Vielzahl von Faktoren abhängig sein, wie individuellen Präferenzen und Fähigkeiten, Ausbildung und beruflichen Chancen, dem Wohlergehen der Kinder, dem Wunsch, selbst zu stillen und sich nach der Geburt gesundheitlich zu regenerieren sowie dem örtlichen Arbeitsmarkt und den Belangen der auf beiden Seiten betroffenen Arbeitgeber. Die finanzielle Lage vieler Familien, in denen die Väter meist mehr verdienten als die Mütter, mache die Wahrnehmung der Elternzeit durch den Vater unattraktiv. Dies hätte der Gesetzgeber abmildern können, indem er das Elterngeld stärker am tatsächlichen Einkommensverlust orientiert hätte. Darüber hinaus seien Frauen - wenn auch nur im Rahmen typisierender Betrachtungen - möglicherweise insgesamt mehr auf familiäre Werte ausgerichtet, während bei Männern eine stärkere Erwerbsorientierung vorliegen könnte. In einer Verteilung der Familienarbeit entsprechend diesen Faktoren könne kein Nachteil im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG gesehen werden. Dass Arbeitgeber, beispielsweise durch ein stärkeres Appellieren an Frauen, Elternzeit zu nehmen, Frauen die Betreuungsarbeit zuweisen würden, habe der Gesetzgeber nicht objektiv dargelegt.

10

Die vorgelegte Regelung sei jedenfalls unverhältnismäßig, weil ihr bereits die Eignung fehle, die innerfamiliäre Arbeitsverteilung zu beeinflussen. Das Elterngeld verbessere nicht objektivierbar die Chancen von Männern, aktive Väter zu sein. Es ließe sich nicht einmal konkret ein Zusammenhang herstellen zwischen der Wahrnehmung von zwei Monaten Elterngeld und dem Beitrag an der Gesamterziehung eines Kindes zum Erwachsenen. Dementsprechend sei die vorgelegte Norm als verfassungswidrig anzusehen.

II.

11

Der Beschluss ist unzulässig.

12

1. Ein Gericht kann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Vorschrift nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage als auch die Verfassungsmäßigkeit der vorgelegten Vorschrift sorgfältig geprüft hat. Eine solche Prüfung ist schon deshalb erforderlich, weil das Gericht mit der Aussetzung des Verfahrens und der Vorlage an das Bundesverfassungsgericht zunächst eine Entscheidung in der Sache verweigert und die Erledigung des Rechtsstreits verzögert. Der verfassungsrechtliche Justizgewährungsanspruch fordert vom Gericht, den Rechtsstreit so zu behandeln, dass eine Verzögerung durch Anrufung des Bundesverfassungsgerichts nach Möglichkeit vermieden wird (vgl. BVerfGE 78, 165 <178>).

13

Dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügt ein Vorlagebeschluss nur, wenn die Ausführungen des vorlegenden Gerichts erkennen lassen, dass es eine solche Prüfung vorgenommen hat. Die Darlegungen des vorlegenden Gerichts zur Verfassungswidrigkeit der Norm müssen den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab nennen und die für die Überzeugung des Gerichts maßgebenden Erwägungen nachvollziehbar darstellen. Dabei muss das Gericht jedenfalls auf naheliegende tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte eingehen (vgl. BVerfGE 86, 52 <57>) und die in Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigen (vgl. BVerfGE 76, 100 <104>; 79, 240 <243 f.>; 86, 71 <77>). Insbesondere muss der Vorlagebeschluss auf die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eingehen. Weiterhin kann es erforderlich sein, die Gründe zu erörtern, die im Gesetzgebungsverfahren als für die gesetzgeberische Entscheidung maßgebend genannt worden sind (vgl. BVerfGE 78, 201 <204>; 81, 275 <277>; 86, 71 <77 f.>).

14

2. Diesen Anforderungen wird der Vorlagebeschluss nicht gerecht. Das vorlegende Gericht ist auf naheliegende tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte nicht hinreichend eingegangen und hat für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der vorgelegten Norm maßgebliche Rechtsprechung und Literatur nicht ausreichend berücksichtigt. Insbesondere hat es versäumt, sich im Lichte der in Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen mit jenen Gründen auseinanderzusetzen, die im Gesetzgebungsverfahren als für die gesetzgeberische Entscheidung maßgebend genannt worden sind.

15

a) Zwar hat der umfangreiche Vorlagebeschluss den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab, soweit er sich aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG ergeben kann, herausgearbeitet und insoweit die wesentlichen rechtlichen Erwägungen dargelegt. Das Gericht ist jedoch in seinen ansonsten sehr ausführlichen Darlegungen kaum auf die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Auffassungen zur Bedeutung von Art. 3 Abs. 2 GG eingegangen, obwohl sich der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien bei der Regelung zu den "Partnermonaten" gerade hieran orientiert hat.

16

aa) Die vorgelegte Regelung zielte darauf, "die einseitige Zuweisung der Betreuungsarbeit an die Frauen mit den diskriminierenden Folgen auf dem Arbeitsmarkt aufzubrechen". Damit wollte der Gesetzgeber dem Auftrag zur Förderung der Gleichberechtigung aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG entsprechen (BTDrucks 16/1889, S. 23). Sinn und Zweck der Regelungen zu den "Partnermonaten" sei es, die partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit zu erleichtern. Dieser Zweck könne nur erreicht werden, wenn den bisherigen wirtschaftlichen, persönlichen und rechtlichen Argumenten für eine stärkere Rollenteilung eine klare Regelung an die Seite gestellt werde, die den Argumenten für eine partnerschaftliche Aufteilung mehr Gewicht verleihe (BTDrucks 16/1889, S. 24).

17

bb) Auf diese Entwurfsbegründung hat das Landessozialgericht zwar hingewiesen. Es hat sich jedoch nicht hinreichend mit dem von Rechtsprechung und Literatur herausgearbeiteten und hier vom Gesetzgeber offenkundig aufgegriffenen Verfassungsauftrag aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG auseinandergesetzt, die Gleichberechtigung der Geschlechter in der gesellschaftlichen Wirklichkeit durchzusetzen und überkommene Rollenverteilungen zu überwinden (stRspr; vgl. BVerfGE 92, 91 <112 f.>). Das Landessozialgericht führt hierzu lediglich aus, in der Übernahme der Familienarbeit liege kein gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG ausgleichsbedürftiger Nachteil. Die Rechte aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG seien schrankenlos geschützt und Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG könne Eingriffe in Freiheitsgrundrechte nicht rechtfertigen.

18

(1) Dabei erfolgt keine hinreichende Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 3 Abs. 2 GG.

19

Das Landessozialgericht geht weder näher darauf ein, dass Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Ziel verfolgt, tradierte Rollenverteilungen zu überwinden (vgl. BVerfGE 92, 91 <112 f.>; 114, 357 <370 f.>; ebenso bereits zu Art. 3 Abs. 2 GG a.F.: BVerfGE 85, 191 <207>; 87, 1 <42>; 87, 234 <258>). Der Verfassungsauftrag will nicht nur Rechtsnormen beseitigen, die Vor- oder Nachteile an Geschlechtsmerkmale anknüpfen, sondern für die Zukunft die Gleichberechtigung der Geschlechter durchsetzen (vgl. BVerfGE 85, 191 <207> m.w.N.). Dies verpflichtet den Gesetzgeber auch dazu, einer Verfestigung überkommener Rollenverteilung zwischen Mutter und Vater in der Familie zu begegnen, nach der das Kind einseitig und dauerhaft dem "Zuständigkeitsbereich" der Mutter zugeordnet würde (vgl. BVerfGE 114, 357 <370 f.>). Mit dieser Rechtsprechung hat sich das Landessozialgericht nicht näher befasst. So hat es in tatsächlicher Hinsicht nicht erwogen, ob Väter durch die vorgelegte Regelung ermutigt werden könnten, ihrem eigenen Wunsch entsprechend Elternzeit zu nehmen, etwa weil durch die vor allem auf Väter zielende Regelung der "Partnermonate" gesellschaftliche Vorurteile, insbesondere in der Arbeitswelt, abgebaut werden könnten. Nahegelegen hätte auch die vom vorlegenden Gericht nicht angestellte Überlegung, dass die - für die bestehende Rollenverteilung mitursächlichen - geringeren Aufstiegschancen von Frauen, die zumindest auch auf der Besorgnis von Arbeitgebern beruhen könnten, Frauen seien wegen Kinderbetreuungszeiten beruflich nicht kontinuierlich verfügbar, teilweise ausgeglichen werden könnten, wenn zunehmend auch Männer von ihrem Anspruch auf Elternzeit Gebrauch machten.

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Noch setzt sich der Vorlagebeschluss näher mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auseinander, in der Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG als verfassungsimmanenter Rechtfertigungsgrund für Ungleichbehandlungen nach dem Geschlecht in Betracht gezogen wurde (vgl. BVerfGE 85, 191 <209 f.> zu Art. 3 Abs. 2 GG a.F.; 92, 91 <112 f.>; 114, 357 <370 f.>). Es hätte nahegelegen, die Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf einen, vom vorlegenden Gericht hier bejahten, Eingriff in Freiheitsrechte aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG zu erörtern.

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Nahegelegen hätte schließlich eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die dem Gesetzgeber bei der Frage, wie er dem Gebot des Art. 3 Abs. 2 GG nachkommt, einen Gestaltungsspielraum zugesteht. Die Art und Weise, wie der Staat seine Verpflichtung erfüllt, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken, obliegen der gesetzgeberischen Ausge-staltungsbefugnis (vgl. BVerfGE 109, 64 <90>). Im Vorlagebeschluss finden sich keine näheren Darlegungen dazu, dass der Gesetzgeber diesen Gestaltungsspielraum mit der vorgelegten Regelung überschritten haben könnte.

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(2) Das vorlegende Gericht geht in seinen ansonsten weit ausgreifenden Ausführungen auch kaum auf die in der Literatur entwickelten Positionen zur Bedeutung des Art. 3 Abs. 2 GG ein. Neben der Spezialliteratur zu Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG bleibt die leicht zugängliche umfangreiche Kommentarliteratur zu dieser Norm weitgehend unberücksichtigt. Unberücksichtigt gelassen hat das vorlegende Gericht zudem Literatur, die sich speziell mit der durch den Vorlagebeschluss aufgeworfenen Frage gründlich befasst und hierzu umfangreiche Nachweise zu Rechtsprechung und Literatur enthält (s. insbes. Brosius-Gersdorf, Vätermonate - Staatliche Familienförderung zwischen Neutralitätspflicht und Durchsetzung der Gleichberechtigung der Geschlechter, VSSR 5/2008, S. 299 ff.; s. auch Müller-Terpitz, Vätermonate und Kindergartenpflicht - wie viel Staat verträgt die Familie?, JZ 2006, S. 991 ff.).

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b) Unzureichend sind die Darlegungen des vorlegenden Gerichts auch hinsichtlich der Annahme, der unterstellte Eingriff in Art. 6 Abs. 1 und 2 GG sei unverhältnismäßig, weil die vorgelegte Regelung nicht geeignet sei, zu einer partnerschaftlicheren Rollenverteilung beizutragen. Insoweit fehlt es an einer Auseinandersetzung mit der naheliegenden Frage nach der Reichweite von Einschätzungs- und Prognosespielräumen des Gesetzgebers. Ein vom Gesetzgeber gewähltes Mittel ist im verfassungsrechtlichen Sinn bereits dann geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt (stRspr; vgl. BVerfGE 125, 260 <317 f.> m.w.N.). Demnach wäre die vom Gesetzgeber getroffene Regelung nur dann mangels Eignung verfassungswidrig, wenn sie zur Erreichung des durch Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG vorgegebenen Ziels, zu einer partnerschaftlicheren Rollenverteilung beizutragen, evident ungeeignet wäre. Dazu hat das vorlegende Gericht keine Ausführungen gemacht. Dass sich eine evidente Ungeeignetheit darlegen ließe, erscheint im Übrigen angesichts der tatsächlichen Entwicklung eher zweifelhaft. Betrug nach Angaben des Statistischen Bundesamtes der Anteil der Kinder, deren Vater Elterngeld bezog, bei den im Jahr 2007 geborenen Kinder noch 15,4 %, so stieg deren Anteil bei Geburten im 3. Quartal 2009 auf 23,9 % an. Diese Daten lassen eine Steigerung der Akzeptanz der Wahrnehmung von Familienverantwortung durch Väter - und damit längerfristig auch die Erreichung des vom Gesetzgeber angestrebten Zwecks - zumindest als möglich erscheinen.

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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Solange die ausgleichsberechtigte Person aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine laufende Versorgung erhalten kann und sie gegen die ausgleichspflichtige Person ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte, wird die Kürzung der laufenden Versorgung der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag ausgesetzt.

(2) Die Anpassung nach Absatz 1 findet nur statt, wenn die Kürzung am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße mindestens 2 Prozent, in allen anderen Fällen als Kapitalwert mindestens 240 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch betragen hat.

(3) Die Kürzung ist in Höhe des Unterhaltsanspruchs auszusetzen, höchstens jedoch in Höhe der Differenz der beiderseitigen Ausgleichswerte aus denjenigen Anrechten im Sinne des § 32, aus denen die ausgleichspflichtige Person eine laufende Versorgung bezieht.

(4) Fließen der ausgleichspflichtigen Person mehrere Versorgungen zu, ist nach billigem Ermessen zu entscheiden, welche Kürzung ausgesetzt wird.

(1) Solange die ausgleichspflichtige Person eine laufende Versorgung wegen Invalidität oder Erreichens einer besonderen Altersgrenze erhält und sie aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine Leistung beziehen kann, wird die Kürzung der laufenden Versorgung auf Grund des Versorgungsausgleichs auf Antrag ausgesetzt.

(2) § 33 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Die Kürzung ist höchstens in Höhe der Ausgleichswerte aus denjenigen Anrechten im Sinne des § 32 auszusetzen, aus denen die ausgleichspflichtige Person keine Leistung bezieht.

(4) Fließen der ausgleichspflichtigen Person mehrere Versorgungen zu, so ist jede Versorgung nur insoweit nicht zu kürzen, als dies dem Verhältnis ihrer Ausgleichswerte entspricht.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.