Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 24. Mai 2012 - 1 BvR 3221/10

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2012:rk20120524.1bvr322110
bei uns veröffentlicht am24.05.2012

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Voraussetzungen einer baren Zuzahlung zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses der Anteile bei der Verschmelzung von Aktiengesellschaften durch Aufnahme.

I.

2

Nach dem Umwandlungsgesetz (im Folgenden: UmwG) können Rechtsträger von Unternehmen, so unter anderem Aktiengesellschaften, durch Aufnahme miteinander verschmolzen werden (§§ 2 ff., §§ 60 ff. UmwG). Zu diesem Zweck schließen die Vertretungsorgane der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger einen Verschmelzungsvertrag, der unter anderem Angaben über das Umtauschverhältnis der Anteile des übertragenden in Anteile des übernehmenden Rechtsträgers und gegebenenfalls die Höhe einer baren Zuzahlung enthalten muss. Sind Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers der Auffassung, das Umtauschverhältnis der Anteile sei zu niedrig bemessen, können sie nach § 15 UmwG von dem übernehmenden Rechtsträger einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen. Die angemessene Zuzahlung wird auf Antrag gerichtlich im Spruchverfahren bestimmt.

II.

3

1. Die Beschwerdeführer waren Anteilsinhaber der D. AG (im Folgenden: übertragender Rechtsträger). Zur Vorbereitung eines Zusammenschlusses zwischen dem übertragenden Rechtsträger und der C. Corporation (im Folgenden: C.) gründete ein den Zusammenschluss begleitendes Bankhaus eine weitere Aktiengesellschaft, die D. C. AG (im Folgenden: übernehmender Rechtsträger), als künftige Konzernmutter. Die vertretungsberechtigten Organe des übertragenden Rechtsträgers und von C. vereinbarten im Mai 1998 den Zusammenschluss und beauftragten jeweils getrennt Wirtschaftsprüfungsgesellschaften mit der Bewertung ihrer Unternehmen nach der Ertragswertmethode (im Folgenden: Bewertungsgutachten). Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bestätigten im August 1998 das zuvor von den Vorständen der Unternehmen einvernehmlich geschätzte Wertverhältnis und erachteten auf dieser Grundlage ein Umtauschverhältnis der Aktien des übertragenden Rechtsträgers in Aktien des übernehmenden Rechtsträgers zwischen 1 zu 0,9827 und 1 zu 0,9966 für angemessen. Die Hauptversammlung des übertragenden Rechtsträgers billigte den Zusammenschluss auf der vereinbarten Grundlage.

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Anschließend verschaffte sich der übernehmende Rechtsträger - auf der ersten Stufe des Zusammenschlusses - durch eine Kapitalmaßnahme nach US-amerikanischem Recht sowie ein Umtauschangebot und daran anschließende Sachkapitalerhöhungen 100 % der Anteile von C. und 98,25 % der Anteile am übertragenden Rechtsträger.

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Schließlich - auf der zweiten Stufe des Zusammenschlusses - wurde der übertragende Rechtsträger durch Aufnahme auf den übernehmenden Rechtsträger verschmolzen. Das im Zuge der Verschmelzung festgelegte Umtauschverhältnis belief sich in Anlehnung an das im Bewertungsgutachten gefundene Ergebnis - für die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers etwas günstiger - auf 1 (Anteil des übertragenden Rechtsträgers) zu 1,005 (Anteile des übernehmenden Rechtsträgers). Der im Zuge der Verschmelzung gerichtlich bestellte Verschmelzungsprüfer hatte die Angemessenheit dieses Umtauschverhältnisses bestätigt.

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2. Die Beschwerdeführer stellten neben weiteren Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers in einem Spruchverfahren einen Antrag auf Gewährung einer baren Zuzahlung, da das Umtauschverhältnis unangemessen niedrig sei. Das Landgericht holte ein Sachverständigengutachten ein, um so die Plausibilität des der Verschmelzung zugrunde gelegten Umtauschverhältnisses zu überprüfen. Aufgrund dieses Sachverständigengutachtens erkannte das Landgericht auf eine bare Zuzahlung in Höhe von 22,15 € je Aktie des übertragenden Rechtsträgers.

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3. Auf die Beschwerde des übernehmenden Rechtsträgers änderte das Oberlandesgericht die landgerichtliche Entscheidung mit dem angegriffenen Beschluss ab und wies die Anträge auf Gewährung einer baren Zuzahlung zurück (auszugsweise veröffentlicht in AG 2011, S. 49 ff.). Dies begründete es - soweit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren von Bedeutung - wie folgt:

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a) Bei der Verschmelzung zweier unabhängiger, gleichberechtigter Unternehmen - wie hier - biete das vom Umwandlungsgesetz vorgesehene Verfahren (Vertragsverhandlung durch die jeweiligen Vertretungsorgane, Kontrolle des Ergebnisses durch einen gerichtlich bestellten Verschmelzungsprüfer, Billigung durch die jeweiligen Anteilseigener mit qualifizierter Mehrheit) eine erhöhte Gewähr für ein "richtiges" und damit angemessenes Ergebnis. Daher sei es bei der Verschmelzung wirtschaftlich und rechtlich unverbundener Unternehmen ausreichend, die gerichtliche Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses im Spruchverfahren auf eine Kontrolle der tatsächlich geführten Verhandlungen unter den Verschmelzungspartnern zu beschränken. Die Verhandlungssituation sei nämlich geprägt vom Interessengegensatz der beteiligten Rechtsträger, führe daher zu einem am Markt entstandenen, realen Verkehrswert beider Unternehmen und damit im Grundsatz auch zu einem angemessenen "Preis" für den Zusammenschluss. Die eingeschränkte gerichtliche Überprüfung verstoße nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG, weil bei einer Verschmelzung solcher Unternehmen kein struktureller Interessengegensatz zwischen der Aktionärsmehrheit und -minderheit der beteiligten Unternehmen bestehe; regelmäßig sei deshalb kein Anlass gegeben, zum Schutz der Minderheit korrigierend in die regulären Marktmechanismen einzugreifen.

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Diese Bedingungen für eine nur eingeschränkte gerichtliche Kontrolle im Spruchverfahren seien hier erfüllt und die Umtauschrelation als angemessen zu bewerten, weil sie zwischen unabhängigen, gleichberechtigten Unternehmen in einem ordnungsgemäßen Verfahren vereinbart worden sei, die verhandlungsführenden Organe die erforderliche Sorgfalt (§ 93 Abs. 1 Satz 2 AktG) beachtet hätten und die Interessen zwischen Mehrheits- und Minderheitsaktionären der jeweiligen Unternehmen als gleichgerichtet einzustufen seien.

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b) Dabei unterlägen die einzelnen Faktoren zur Ermittlung der Unternehmenswerte nach ihrem Charakter und ihrer Bedeutung für die Wertfestsetzung einer unterschiedlichen gerichtlichen Prüfung:

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Die maßgeblichen rechtlichen Faktoren für die Bewertung, beispielsweise die generelle Frage nach der Berücksichtigungsfähigkeit von Synergieeffekten, die Relevanz des Börsenkurses aus einfach- und verfassungsrechtlicher Sicht oder die Frage nach dem geltenden Steuerrecht, müsse das Gericht eigenständig bestimmen. Die tatsächlichen Grundlagen der Unternehmensbewertung müssten richtig und nicht nur plausibel sein. Dies beziehe sich auf Daten der Vergangenheit und der Gegenwart, wie beispielsweise Umsätze oder Jahresergebnisse, Zinssätze und -strukturen oder Börsenkurse.

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Demgegenüber seien die in die Zukunft gerichteten Planungen der Unternehmen und die darauf aufbauenden Prognosen über deren künftige Entwicklung und Erträge in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen. Die damit zusammenhängenden Planerwartungen müssten auf zutreffenden Informationen sowie daran orientierten, realistischen Annahmen aufbauen und dürften nicht in sich widersprüchlich sein. Wenn die Geschäftsführung auf dieser Grundlage vernünftigerweise habe annehmen dürfen, ihre Planung sei realistisch, dürfe diese Planung nicht durch andere - ebenfalls nur vertretbare - Annahmen des Gerichts ersetzt werden. Außerdem sei den Unternehmensführern dann, wenn die Prognosen die Anwendung betriebswirtschaftlicher Verfahren erforderten, zuzugestehen, dass sie, soweit in Bewertungstheorie und -praxis zum Zeitpunkt der Bewertung und Verhandlung unterschiedliche Verfahren oder Verfahrensvarianten vertreten würden, entscheiden könnten, welche für den konkreten Zweck geeignete Methode sie wählen wollten. Verschmelzungsprüfer und Gericht seien lediglich befugt, die grundsätzliche Geeignetheit und Vertretbarkeit der gewählten Methode zu prüfen. Das gelte auch für die Festlegung auf eine Methode der Unternehmensbewertung.

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c) Nach diesen Maßstäben bestehe hier keine Veranlassung, die Angemessenheit der Umtauschrelation in Zweifel zu ziehen. Die zugrunde liegende Methode der Unternehmensbewertung sei nicht korrekturbedürftig; die Absicherung der Angemessenheit des im Verhandlungswege gefundenen Ergebnisses anhand der Ertragswertberechnung sei nicht zu beanstanden. Die Ertragswertberechnung sei grundsätzlich richtig gehandhabt worden, das auf Grundlage einer Bewertung des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers berechnete Umtauschverhältnis nicht zu beanstanden. Die tatsächlichen Grundlagen der Unternehmensbewertung seien richtig; die zugrunde liegenden Umsatz- und Gewinnprognosen beider Unternehmen seien weder widersprüchlich noch unvertretbar. Aus dem vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachten ergebe sich nichts anderes. Auch der Sachverständige habe keinesfalls festgestellt, dass die Planungen in sich widersprüchlich oder unrealistisch gewesen seien. Er habe vielmehr von ihm gewählte Prognosen als "eher plausibel" eingestuft und die Planungen nur in solchen Bereichen als "nicht plausibel" bezeichnet, die er selbst als "unwesentlich" eingestuft habe, so dass er eine Änderung der Ertragsprognose insoweit für entbehrlich erachtet habe.

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4. Eine von den Beschwerdeführern mit der Behauptung erhobene Anhörungsrüge, das Oberlandesgericht habe bei seiner Beschlussfassung entscheidungserheblichen Vortrag der Beschwerdeführerin zu 2) übergangen, hatte - mit der Verfassungsbeschwerde ebenfalls angegriffen - keinen Erfolg.

III.

15

Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 101 Abs. 1 Satz 2, Art. 103 Abs. 1 GG.

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1. Das Oberlandesgericht habe gegen Art. 14 Abs. 1 GG sowie damit zugleich gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG und gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen, indem es bei der fachgerichtlichen Überprüfung des Umtauschverhältnisses einen Maßstab angelegt habe, der dem verfassungsrechtlichen Gebot eines vollen Wertausgleichs für das entzogene Eigentum nicht gerecht werde. Es habe sich nicht auf die Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit des Verhandlungsprozesses beschränken dürfen, weil das zwischen den Vorständen des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers ausgehandelte Umtauschverhältnis keinen Marktpreis mit "Richtigkeitsgewähr" beinhalte. Der Verweis auf eine Einschätzungsprärogative des Vorstands nach dem Aktienrecht trage nicht, weil der Vorstand selbst nicht in der Lage sei, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden Wertermittlungen durch Wirtschaftsprüfer zu überblicken. Das Oberlandesgericht habe weiter die ganz überwiegende Zustimmung des in der Hauptversammlung des übertragenden Rechtsträgers vertretenen Kapitals nicht als Indiz für die Richtigkeit der vereinbarten Umtauschrelation nehmen dürfen. Schließlich sei es mit dem verfassungsrechtlichen Postulat der Gewährung eines dem "wahren" Wert entsprechenden Ausgleichs unvereinbar, dass das Oberlandesgericht eine Korrektur der Ertragsprognosen nur bei deren Unvertretbarkeit, nicht jedoch auf Grundlage einer "eher" plausiblen Prognose des gerichtlich bestellten Sachverständigen habe vornehmen wollen.

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2. Das Oberlandesgericht habe das Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, indem es trotz einer erheblichen Abweichung von Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte keine Divergenzvorlage an den Bundesgerichtshof beschlossen habe.

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3. Weiter habe es das Oberlandesgericht willkürlich unterlassen, eine von der Beschwerdeführerin zu 2) beantragte Beweiserhebung durchzuführen und das Unterlassen der Beweiserhebung hinreichend zu begründen. Dadurch sei das Recht beider Beschwerdeführer auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG und auf eine verfahrensrechtliche Gewährleistung des Art. 14 Abs. 1 GG verletzt.

IV.

19

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen zum Eigentumsschutz von Minderheitsaktionären hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. Insbesondere die sich aus Art. 14 Abs. 1 GG ergebenden verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Einwirkung auf das Aktieneigentum von Minderheitsaktionären und Fragen der Wertermittlung sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinreichend geklärt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte der Beschwerdeführer angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

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1. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführer nicht in ihrem Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG). Den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine angemessene Entschädigung ist Genüge getan. Zwar trägt die Annahme des Oberlandesgerichts, eine vollständige gerichtliche Kontrolle des bei einer Verschmelzung ausgehandelten Umtauschverhältnisses im Spruchverfahren sei dann entbehrlich, wenn es zwischen wirtschaftlich und rechtlich unverbundenen Unternehmen marktkonform ausgehandelt worden sei, dem Eigentumsgrundrecht der Beschwerdeführer nicht hinreichend Rechnung. Darauf beruhen die angegriffenen Entscheidungen aber nicht, weil das Oberlandesgericht darüber hinaus die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses auch in der Sache gerichtlich überprüft hat, ohne dass der dabei zugrunde gelegte Maßstab von Verfassungs wegen zu beanstanden ist.

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a) Art. 14 Abs. 1 GG schützt das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum, das im Rahmen seiner gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung durch Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis gekennzeichnet ist und sowohl die mitgliedschaftliche Stellung des Aktionärs in der Gesellschaft als auch vermögensrechtliche Ansprüche vermittelt (vgl. BVerfGE 14, 263 <276>; 25, 371 <407>; 50, 290 <339>; 100, 289 <301 f.>). Verliert der Minderheitsaktionär diese mitgliedschaftliche Stellung oder wird er hierin durch eine Strukturmaßnahme in relevantem Maße eingeschränkt, muss er für den Verlust seiner Rechtsposition und die Beeinträchtigung seiner vermögensrechtlichen Stellung wirtschaftlich voll entschädigt werden (vgl. BVerfGE 100, 289 <304 f.>). Dabei hat die Entschädigung den "wirklichen" oder "wahren" Wert des Anteilseigentums widerzuspiegeln (vgl. BVerfGE 100, 289 <306>).

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Zudem folgt aus Art. 14 Abs. 1 GG, dass die grundrechtlich geschützte Aktionärsstellung auch verfahrensrechtlich abgesichert werden muss. Dies bedeutet, dass eine Abfindungs- und Ausgleichsregelung gerichtlich überprüfbar sein muss (vgl. BVerfGE 100, 289 <304>; BVerfGK 1, 265 <269>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 23. August 2000 - 1 BvR 68/95, 1 BvR 147/97 -, NJW 2001, S. 279 <281>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2007 - 1 BvR 390/04 -, NJW 2007, S. 3268 <3270> Rn. 20).

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Diese Maßgaben, die ursprünglich für die Fallgestaltungen eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages sowie einer Eingliederung entwickelt worden sind, sind auf den hier gegebenen Fall einer Verschmelzung durch Aufnahme zu übertragen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 26. April 2011 - 1 BvR 2658/10 -, NJW 2011, S. 2497 <2498> Rn. 22; offener noch Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2007 - 1 BvR 1267/06, 1 BvR 1280/06 -, NJW 2007, S. 3266 <3267>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2323/07 -, WM 2011, S. 219 <220>).

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b) Daran gemessen begegnet es keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, dass das Oberlandesgericht den Anspruch der Beschwerdeführer auf eine bare Zuzahlung (§ 15 UmwG) verneint hat.

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aa) Nach § 15 UmwG ist vom übernehmenden Rechtsträger in Fällen, in denen das Umtauschverhältnis der Anteile zu Lasten der Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers zu niedrig bemessen ist, auf deren Antrag eine bare Zuzahlung zu leisten. Ob das Umtauschverhältnis zu niedrig bemessen ist, ist von den Fachgerichten im Spruchverfahren zu klären. Ihnen obliegt es, die Vorschriften des Umwandlungsgesetzes zur Verschmelzung zweier Aktiengesellschaften als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2007 - 1 BvR 1267/06, 1 BvR 1280/06 -, NJW 2007, S. 3266 <3268>) auszulegen und anzuwenden. Dabei müssen sie aber dem durch die zivilrechtlichen Normen ausgestalteten oder eingeschränkten Grundrecht Rechnung tragen, damit dessen wertsetzende Bedeutung auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt. Bei der Nachprüfung des Umtauschverhältnisses (§ 15 UmwG) gebietet es das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) vor allem, dass der vollständige Ausgleich für die Beeinträchtigung der vermögensrechtlichen Stellung der Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers nicht verfehlt wird (vgl. BVerfGE 100, 289 <304 f.>).

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bb) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen wird die Annahme des Oberlandesgerichts, bei der Verschmelzung zweier wirtschaftlich und rechtlich unabhängiger Unternehmen könne die gerichtliche Kontrolle im Spruchverfahren auf die Prüfung eines ordnungsgemäßen Verhandlungsprozesses der Vorstände beschränkt werden, nicht gerecht.

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Die Überprüfung lediglich dieses Verhandlungsprozesses stellt nicht hinreichend sicher, dass mit dem vereinbarten Umtauschverhältnis die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers wirtschaftlich voll entschädigt werden. Das zur Nachprüfung berufene Gericht kann sich nicht darauf zurückziehen, ein zwischen den Vorständen zweier unabhängiger, gleichberechtigter Aktiengesellschaften mit gegenläufigen Interessen ("unter Gleichen") ausgehandelter "Preis" sei grundsätzlich als angemessen zu beurteilen. Es geht nicht darum zu klären, ob die Umtauschrelation zwischen unabhängigen, gleichberechtigten Unternehmen in einem ordnungsgemäßen Verfahren vereinbart worden ist und ob den Organen beim Aushandeln des Umtauschverhältnisses Pflichtwidrigkeiten unterlaufen sind. Maßgeblich ist allein, ob durch das Verhandlungsergebnis ein voller wirtschaftlicher Wertausgleich geschaffen wird. Hierfür bieten die Verhandlungen der Vertretungsorgane im Rahmen des Verschmelzungsprozesses deshalb keine hinreichende Gewähr, weil diese neben der Festlegung des Umtauschverhältnisses von vielfältigen weiteren unternehmerischen Erwägungen getragen sein können. Selbst wenn es bei Verschmelzungen, wie das Oberlandesgericht angenommen hat, keinen strukturellen Interessengegensatz zwischen Aktionärsmehrheit und -minderheit geben sollte, ist die Verhandlungsführung der Vorstände schon aus diesem Grunde nicht geeignet, den Schutz der Aktionäre, die an den Verhandlungen nicht beteiligt sind, sicherzustellen. Damit trägt bereits der vom Oberlandesgericht formulierte Ansatz, die Angemessenheitskontrolle (§ 15 Abs. 1 UmwG) im Wesentlichen auf eine Überprüfung des Verhandlungsprozesses der Vorstände zu verlagern, der von Art. 14 Abs. 1 GG gebotenen verfahrensrechtlichen Absicherung der grundrechtlich geschützten Aktionärsstellung nur unzureichend Rechnung. Schon deshalb kommt es auf die weiteren - ohnehin nur ergänzenden - Erwägungen zur konkreten verfahrensrechtlichen Ausgestaltung der Verschmelzung von Aktiengesellschaften (§ 60, § 12 Abs. 2 UmwG: Kontrolle des Umtauschverhältnisses durch den Verschmelzungsprüfer; § 13 Abs. 1, § 65 Abs. 1 Satz 1 UmwG: Billigung des Verschmelzungsvertrages durch die Hauptversammlung mit qualifizierter Mehrheit) nicht mehr an.

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cc) Auf diesem Ansatz, lediglich die Ordnungsmäßigkeit des Verhandlungsprozesses zu überprüfen, beruht die Entscheidung indessen nicht. Das Oberlandesgericht hat, wie sich den Gründen des angegriffenen Beschlusses entnehmen lässt, auch die Angemessenheit des ausgehandelten Umtauschverhältnisses in der Sache geprüft und bejaht. Eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG zeigt die Verfassungsbeschwerde in diesem Zusammenhang nicht auf.

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(1) Bei der Ermittlung des Unternehmenswertes handelt es sich in erster Linie um eine Frage, die auf der Ebene des einfachen Rechts zu beantworten ist. Dementsprechend schreibt Art. 14 Abs. 1 GG weder eine bestimmte Methode der Unternehmensbewertung noch bestimmte Prognoseverfahren zur Einschätzung künftiger Erträge vor (vgl. BVerfGE 100, 289 <307>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2007 - 1 BvR 1267/06, 1 BvR 1280/06 -, NJW 2007, S. 3266 <3268>). Das Oberlandesgericht hat zur Unternehmensbewertung die verfassungsrechtlich unbedenkliche Ertragswertmethode herangezogen. Dabei kommt es auf die Frage der Berücksichtigung des Börsenkurses des übertragenden Rechtsträgers als Untergrenze für die Bewertung hier nicht entscheidend an; denn nach den von der Verfassungsbeschwerde insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts hätte dies zu einer für die Beschwerdeführer ungünstigeren Umtauschrelation geführt.

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Keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet der vom Oberlandesgericht angewandte Prüfungsmaßstab, die der Unternehmensbewertung zugrunde liegenden Prognosen über die künftige Entwicklung der Unternehmen und ihrer Erträge seien lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie auf einer zutreffenden Tatsachengrundlage beruhten und vertretbar seien. Die Rüge der Verfassungsbeschwerde, eine "nur" vertretbare Prognose könne den gebotenen vollen Ausgleich der Minderheitsaktionäre nicht sicherstellen, wenn der gerichtliche Sachverständige eine andere Einschätzung für "eher plausibel" erachte, greift nicht durch. Das Oberlandesgericht führt zutreffend aus, dass es - zumindest auf Grundlage der Ertragswertmethode - nicht möglich ist, stichtagsbezogen einen exakten, einzig richtigen Wert eines Unternehmens zu bestimmen. Jede in die Zukunft gerichtete Prognose, insbesondere die der Ertragswertmethode eigene Beurteilung künftiger Erträge, ist ihrer Natur nach mit Unsicherheiten behaftet. Vor diesem Hintergrund ist es zur Berechnung des vollen Ausgleichs von Verfassungs wegen nicht geboten, eine auf zutreffender Tatsachengrundlage beruhende, vertretbare Prognose durch eine andere - ebenfalls notwendigerweise nur vertretbare - zu ersetzen. Der fachrechtliche Versuch, letztlich nicht auflösbaren Divergenzen weiter nachzugehen, kann für sich gesehen kein Gewinn für die rechtsschützende Wirkung richterlicher Nachprüfung sein. Dies gilt zumal auch deshalb, weil Spruchverfahren gerade wegen der in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht besonders komplexen Bewertungsfragen einer erhöhten Gefahr ausgesetzt sind, nicht in angemessener Zeit abgeschlossen zu werden und dann das Gebot effektiven Rechtsschutzes zu verletzen (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG; zur überlangen Verfahrensdauer bei aktienrechtlichen Spruchverfahren vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Ersten Senats vom 17. November 2011 - 1 BvR 3155/09 -, WM 2012, S. 75 f. und vom 2. Dezember 2011 - 1 BvR 314/11 -, WM 2012, S. 76 ff.).

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(2) Gegen die Feststellung des Oberlandesgerichts, der gerichtlich bestellte Sachverständige habe die von den Verschmelzungspartnern der Unternehmensbewertung zugrunde gelegten Prognosen in den ergebnisrelevanten Punkten nicht als unvertretbar eingestuft, bringen die Beschwerdeführer nichts verfassungsrechtlich Erhebliches vor.

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2. Die von den Beschwerdeführern unter dem Aspekt der unzureichenden gerichtlichen Kontrolle überdies geltend gemachte Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG und des Art. 19 Abs. 4 GG lässt sich danach ebenso wenig feststellen; denn das Oberlandesgericht hat die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses anhand eines verfassungsgemäßem Maßstabes überprüft.

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3. Eine Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ist weiter nicht angezeigt, soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG rügen.

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a) Für die Annahme eines Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist nicht jede irrtümliche Überschreitung der den Fachgerichten gezogenen Grenzen ausreichend (vgl. BVerfGE 3, 359 <364 f.>; 13, 132 <144>; 29, 166 <172 f.>; 67, 90 <95>; 76, 93 <96 f.>; 87, 282 <286>). Nicht jede fehlerhafte Anwendung oder Nichtbeachtung einer einfachgesetzlichen Verfahrensvorschrift ist zugleich eine Verfassungsverletzung; andernfalls würde die Anwendung einfachen Rechts auf die Ebene des Verfassungsrechts gehoben werden (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>). Die Grenze zur Verfassungswidrigkeit ist erst überschritten, wenn die - fehlerhafte - Auslegung und Anwendung einfachen Rechts willkürlich ist (vgl. BVerfGE 3, 359 <364 f.>, stRspr). Das gilt auch, wenn ein Gericht die Verpflichtung zur Vorlage an ein anderes Gericht außer Acht lässt (vgl. BVerfGE 13, 132 <143>; 42, 237 <241>; 67, 90 <95>; 76, 93 <96>; 79, 292 <301>; 87, 282 <285>). Eine verfassungswidrige Entziehung des gesetzlichen Richters durch eine richterliche Zuständigkeitsentscheidung liegt darüber hinaus vor, wenn das Gericht Bedeutung und Tragweite von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>).

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b) Daran gemessen hat das Oberlandesgericht nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen, indem es eine Vorlage an den Bundesgerichtshof unterlassen hat. Der Rechtsmittelzug richtet sich nach der vor dem 1. September 2009 geltenden Rechtslage, weil der erstinstanzliche Antrag vor diesem Zeitpunkt gestellt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2010 - II ZB 1/10 -, WM 2010, S. 470 <471> Rn. 8). Danach wäre eine Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG a.F. in Verbindung mit § 28 Abs. 2 FGG geboten gewesen, wenn das Oberlandesgericht bei der Auslegung des § 15 UmwG von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abgewichen wäre, indem es dieselbe Rechtsfrage, die sowohl für die eigene als auch für die Entscheidung des anderen Gerichts entscheidungserheblich geworden ist, anders beurteilt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2007 - II ZB 13/07 -, WM 2008, S. 514 <515> Rn. 7).

36

Dies ist hier nicht der Fall. Soweit die Verfassungsbeschwerde in diesem Zusammenhang eine Reihe von Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte anführt, die in Fällen einer Verschmelzung ihre Kontrolle nicht auf die Ordnungsmäßigkeit des Verhandlungsprozesses beschränkt, sondern die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses vollständig überprüft hätten (vgl. BayObLG, Beschluss vom 18. Dezember 2002 - 3Z BR 116/00 -, NZG 2003, S. 483 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. Oktober 2005 - 19 W 11/04 -, NJW-RR 2006, S. 541 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. November 2008 - 26 W 6/08 -; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4. Februar 2009 - 12 W 26/06 -; OLG Frankfurt, Beschluss vom 9. Februar 2010 - 5 W 38/09 -; OLG Frankfurt, Beschluss vom 3. September 2010 - 5 W 57/09 -, WM 2010, S. 1841 ff.), beruht die hier angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart auf dem insoweit abweichenden Prüfungsansatz nicht. Wie bereits dargelegt, hat es die Angemessenheit der Unternehmensbewertung, einschließlich der zugrunde liegenden Methode (Ertragswertverfahren), aufgrund einer eigenen Sachprüfung ausdrücklich bejaht, so dass es auch auf Grundlage der Rechtsauffassung der anderen Oberlandesgerichte ersichtlich nicht abweichend entschieden hätte. Entsprechend war das Oberlandesgericht Stuttgart nicht gezwungen, die Vorlagevoraussetzungen zum Bundesgerichtshof zu bejahen (§ 28 Abs. 2 FGG). Von einer grundlegenden Verkennung der Vorgaben des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG kann deshalb keine Rede sein.

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4. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist schließlich nicht zur Durchsetzung des rechtlichen Gehörs der Beschwerdeführer angezeigt.

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a) Art. 103 Abs. 1 GG soll sicherstellen, dass die von den Fachgerichten zu treffende Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in der unterlassenen Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der jeweils einschlägigen Prozessordnung die Berücksichtigung erheblichen Vorbringens und erheblicher Beweisanträge (vgl. BVerfGE 60, 247 <249>; 60, 250 <252>; 65, 305 <307>; 69, 141 <143 f.>). Art. 103 Abs. 1 GG gewährt allerdings keinen Schutz davor, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt (vgl. BVerfGE 60, 1 <5>; 60, 305 <310>; 62, 249 <254>; 69, 141 <144>). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt erst vor, wenn die Nichtberücksichtigung von Vortrag oder von Beweisanträgen im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. BVerfGE 50, 32 <36>; 60, 250 <252>; 65, 305 <307>; 69, 141 <144>).

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b) Danach liegt ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht vor.

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Die Beschwerdeführer machen insoweit geltend, das Oberlandesgericht habe den übernehmenden Rechtsträger als Antragsgegner im Spruchverfahren auffordern müssen, ein Dokument über eine mit einem Großaktionär von C. vorab getroffene Absprache ("Stockholder Agreement") und Memoranden eines Mitarbeiters einer US-amerikanischen Gesellschaft vorzulegen, die in einem in den USA geführten Schadenersatzprozess eine Rolle gespielt hätten und Rückschlüsse auf die Verhandlungssituation und den Kenntnisstand des übernehmenden Rechtsträgers über die wirtschaftliche Situation von C. zuließen. Jedenfalls im Anhörungsrügeverfahren (vgl. BVerfGK 15, 116 <119>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 7. Oktober 2009 - 1 BvR 178/09 -, juris, Rn. 10) hat sich das Oberlandesgericht mit dem diesbezüglichen Vorlageverlangen ausführlich auseinandergesetzt. Es hat jedoch angenommen, dass die Beschwerdeführer aus den Dokumenten nichts für sie Günstiges herleiten können. Damit blieb der Vortrag nicht unbeachtet, sondern lediglich aus rechtlichen Erwägungen unberücksichtigt. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte jedoch nicht dazu, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (vgl. BVerfGE 64, 1 <12>; 87, 1 <33>; BVerfGK 14, 238 <241 f.>).

41

Der von den Beschwerdeführern insoweit als übergangen gerügte Vortrag betrifft zudem allein den Verhandlungsprozess der Vorstände, auf dessen Überprüfung es aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht ankommt (siehe oben IV. 1. b) bb)).

V.

42

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

43

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 24. Mai 2012 - 1 BvR 3221/10

Urteilsbesprechungen zu Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 24. Mai 2012 - 1 BvR 3221/10

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(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

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(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

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(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der
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Gesetz über das Bundesverfassungsgericht


Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


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Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93d


(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung. (2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsb

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(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung v

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(1) Gegen die Entscheidungen nach § 11 findet die Beschwerde statt. Sie ist durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bei dem Beschwerdegericht einzulegen; § 68 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der

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Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 18. Aug. 2016 - I-26 W 12/15 [AktE]

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Tenor Die sofortigen Beschwerden des Antragstellers zu 1) vom 01.09.2015, der Antragstellerin zu 12) vom 07.09.2015 und der Antragstellerin zu 16) vom 04.09.2015 gegen den Beschluss der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 28.

Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 28. Aug. 2014 - I-26 W 9/12 (AktE)

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Tenor Die Beschwerdesache wird dem Bundesgerichtshof gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG a.F., § 28 Abs. 2 und 3 FGG zur Entscheidung vorgelegt. Gründe A. 1Das Grundkapital der Antragsgegnerin zu 1, vormals „S. AG“ (S. AG), betrug Anfang 2003 190.174.

Referenzen

(1) Ist das Umtauschverhältnis der Anteile nicht angemessen oder ist die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger kein angemessener Gegenwert für den Anteil oder für die Mitgliedschaft bei einem übertragenden Rechtsträger, so kann jeder Anteilsinhaber, dessen Recht, gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses Klage zu erheben, nach § 14 Absatz 2 ausgeschlossen ist, von dem übernehmenden Rechtsträger einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen; die Zuzahlungen können den zehnten Teil des auf die gewährten Anteile entfallenden Betrags des Grund- oder Stammkapitals übersteigen. Die angemessene Zuzahlung wird auf Antrag durch das Gericht nach den Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes bestimmt.

(2) Die bare Zuzahlung ist nach Ablauf des Tages, an dem die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers nach § 19 Abs. 3 bekannt gemacht worden ist, mit jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.

(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen.

(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz

1.
Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden,
2.
den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt werden,
3.
eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden,
4.
Aktien vor der vollen Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden,
5.
Gesellschaftsvermögen verteilt wird,
6.
(weggefallen)
7.
Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gewährt werden,
8.
Kredit gewährt wird,
9.
bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden.

(4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluß der Hauptversammlung beruht. Dadurch, daß der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.

(5) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Dies gilt jedoch in anderen Fällen als denen des Absatzes 3 nur dann, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben; Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschluß der Hauptversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.

(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften in fünf Jahren.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Voraussetzungen einer baren Zuzahlung zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses bei der Verschmelzung von Aktiengesellschaften durch Aufnahme.

I.

2

Nach dem Umwandlungsgesetz (im Folgenden: UmwG) können Rechtsträger von Unternehmen, so unter anderem Aktiengesellschaften, durch Aufnahme miteinander verschmolzen werden (§§ 2 ff., §§ 60 ff. UmwG). Zu diesem Zweck schließen die Vertretungsorgane der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger einen Verschmelzungsvertrag, der unter anderem Angaben über das Umtauschverhältnis der Anteile des übertragenden in Anteile des übernehmenden Rechtsträgers und gegebenenfalls die Höhe einer baren Zuzahlung enthalten muss. Sind Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers der Auffassung, das Umtauschverhältnis der Anteile sei zu niedrig bemessen, können sie nach § 15 UmwG von dem übernehmenden Rechtsträger einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen. Die angemessene Zuzahlung wird auf Antrag gerichtlich im Spruchverfahren bestimmt.

II.

3

Die Beschwerdeführer waren Aktionäre der T-Online International AG (im Folgenden: übertragender Rechtsträger), einer ehemaligen Tochtergesellschaft der Deutsche Telekom AG (im Folgenden: übernehmender Rechtsträger). Bei dem übertragenden Rechtsträger handelte es sich um den größten Internet Service Provider in Deutschland und einen der bedeutendsten Anbieter von Internetleistungen in Europa.

4

Der übertragende Rechtsträger, dessen Grundkapital zunächst zu 100 % vom übernehmenden Rechtsträger gehalten wurde, erhöhte wegen eines geplanten Börsengangs sein Kapital. Die im Zuge der Kapitalerhöhung neu ausgegebenen Aktien wurden im Jahr 2000 platziert und an der Börse notiert. Der Emissionskurs dieser Aktien lag bei 27 Euro pro Stück.

5

In den ersten Jahren nach dem Börsengang erlitt der übertragende Rechtsträger Verluste. Der unmittelbar nach der Emission kurzzeitig angestiegene Aktienkurs sank in der Folgezeit und lag im Herbst 2004 bei unter 9 Euro. Erstmals im Geschäftsjahr 2004 erwirtschaftete der übertragende Rechtsträger konzernweit einen Überschuss von ca. 300 Millionen Euro bei einem Umsatz von ca. 2 Milliarden Euro.

6

In einer Ad-hoc-Mitteilung vom 9. Oktober 2004 verlautbarte der übernehmende Rechtsträger seine Absicht, die Verschmelzung des übertragenden Rechtsträgers auf sich durchzuführen. In Vorbereitung der Verschmelzung erstellten der übertragende und der übernehmende Rechtsträger einen gemeinsamen Verschmelzungsbericht. Anschließend wurde der Verschmelzungsvertrag beurkundet, in dem aufgrund von Unternehmensbewertungen nach der Ertragswertmethode das Umtauschverhältnis der Aktien auf 25 (Aktien des übertragenden Rechtsträgers) zu 13 (Aktien des übernehmenden Rechtsträgers) festgelegt wurde.

7

Der gerichtlich bestellte Verschmelzungsprüfer bestätigte die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses. Die Hauptversammlungen stimmten dem Verschmelzungsvertrag zu. Die Verschmelzung wurde in das Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht.

8

Die Beschwerdeführer wandten sich neben weiteren Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers in einem Spruchverfahren gegen die Angemessenheit der Verschmelzungswertrelation. Sie erhoben vor allem Einwände gegen die konkrete Bemessung des Ertragswerts.

9

Das Landgericht erkannte auf eine bare Zuzahlung von 1,15 Euro für jede Aktie der Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers im Nennwert von 1 Euro (veröffentlicht in WM 2009, S. 1607 ff.). Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, eine bare Zuzahlung sei nach § 15 UmwG festzusetzen, weil die Umtauschrelation nicht nach den Ertragswerten, sondern nach dem Verhältnis der Börsenkurse in einem Referenzzeitraum von drei Monaten vor Bekanntgabe der Absicht einer Verschmelzung habe bestimmt werden müssen. Eine Marktbewertung sei gegenüber der fundamentalanalytischen (Ertragswert-)Methode vorzugswürdig. Der entsprechend § 5 der Verordnung über den Inhalt der Angebotsunterlage, die Gegenleistung bei Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten und die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots (WpÜG-Angebotsverordnung) gewichtete dreimonatige Durchschnittskurs der Aktien des übertragenden Rechtsträgers habe bei 8,59 Euro und der der Aktien des übernehmenden Rechtsträgers bei 14,31 Euro gelegen. Hieraus ergebe sich ein Umtauschverhältnis von 1 zu 0,6 statt - wie von den Vertragspartnern festgesetzt - von 1 zu 0,52.

10

Die hiergegen unter anderem von den Beschwerdeführern erhobenen sofortigen Beschwerden wies das Oberlandesgericht zurück (veröffentlicht in WM 2010, S. 1841 ff.). Dabei stützte es sich im Wesentlichen auf folgende Erwägungen: Die mit der Überprüfung des Umtauschverhältnisses nach § 15 UmwG im Spruchverfahren befassten Gerichte seien nicht an das von den Verschmelzungspartnern vertraglich vereinbarte Ertragswertverfahren als Methode zur Ermittlung der Unternehmenswerte gebunden. Eine marktorientierte Ermittlung der Unternehmenswerte anhand der Börsenkurse könne eine geeignete und vertretbare Schätzmethode zur Ermittlung des Werts von Unternehmen sein. Unter bestimmten Voraussetzungen sei eine Schätzung des Werts eines Unternehmens anhand des Börsenwerts einer Ermittlung des Ertragswerts sogar überlegen. Dies sei insbesondere bei der Bewertung von Unternehmen solcher Rechtsträger der Fall, deren Aktien - wie hier die des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers - in bedeutende Aktienindizes aufgenommen gewesen und in einem hoch liquiden Markt gehandelt worden seien. Auf dieser Grundlage hielt das Oberlandesgericht die vom Landgericht anhand des Börsenwerts ermittelte Höhe der baren Zuzahlung für richtig.

III.

11

Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts. Sie rügen eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG.

12

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht hätten sie in ihrem Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) verletzt. Sie hätten ihnen keine angemessene Entschädigung für den Entzug ihrer Beteiligung am übertragenden Rechtsträger zuerkannt, weil sie zu deren Bestimmung allein auf den Börsenwert abgehoben hätten. Zwar sei es richtig gewesen, bei der Bemessung des Unternehmenswerts des übernehmenden Rechtsträgers auf den gegenüber dem Ertragswert niedrigeren Börsenwert abzustellen. Bei der Bewertung des Unternehmens des übertragenden Rechtsträgers habe aber, um eine volle Entschädigung der Beschwerdeführer zu gewährleisten, der aufgrund einer überlegenen betriebswirtschaftlichen Methode ermittelte höhere Ertragswert und nicht der von Zufälligkeiten beeinflusste niedrigere Börsenwert herangezogen werden müssen. Es gebe keinen Grundsatz, dass die Unternehmenswerte des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers mit derselben Methode ermittelt werden müssten. Überdies habe der übernehmende Rechtsträger den Kurs der Aktien des übertragenden Rechtsträgers im Zeitraum vor der Bekanntgabe der in Aussicht genommenen Verschmelzung manipuliert, so dass der Börsenkurs schon deshalb nicht als Anknüpfungspunkt für die Wertermittlung getaugt habe.

13

Landgericht und Oberlandesgericht hätten zudem durch das Beiseitelassen der Ertragswertmethode Art. 2 Abs. 1 GG verletzt, weil sie sich über die privatautonom getroffene Vereinbarung des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers im Verschmelzungsvertrag hinweggesetzt hätten, diese Bewertungsmethode der Bestimmung des Umtauschverhältnisses zugrunde zu legen.

IV.

14

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen des Eigentumsschutzes von Minderheitsaktionären hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. Insbesondere die sich aus Art. 14 Abs. 1 GG ergebenden verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Einwirkung auf das Aktieneigentum von Minderheitsaktionären und Fragen der Wertermittlung sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinreichend geklärt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte der Beschwerdeführer angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

15

1. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG beanstanden, ist die Verfassungsbeschwerde nicht hinreichend substantiiert begründet worden.

16

Eine substantiierte Begründung (§ 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG) erfordert, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Verletzung seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte hinreichend deutlich aufzeigt (vgl. BVerfGE 20, 323 <329 f.>; 28, 17 <19>; 89, 155 <171>; 98, 169 <196>). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen sie kollidiert (vgl. BVerfGE 88, 40 <45>; 99, 84 <87>; 101, 331 <345>; 105, 252 <264>; 108, 370 <386 f.>). Pauschal in Bezug genommene Anlagen wertet das Bundesverfassungsgericht nicht aus (vgl. BVerfGE 80, 257 <263>; 83, 216 <228>).

17

Diesen Anforderungen wird die Verfassungsbeschwerde nicht gerecht. Zwar wird Art. 2 Abs. 1 GG als verletzt bezeichnet und darauf verwiesen, dass das Oberlandesgericht den Willen der Verschmelzungspartner ignoriert habe, der Wertermittlung die Ertragswertmethode zugrunde zu legen. Das genügte hier jedoch nicht. Es war vielmehr geboten, unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht geklärten Maßstäbe zu Art. 2 Abs. 1 GG aufzuzeigen, inwiefern die von den Fachgerichten auszulegenden und anzuwendenden gesetzlichen Regeln zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses (§ 12 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwG) hier der privatautonom getroffenen Vereinbarung nach Auffassung der Beschwerdeführer keine Grenzen zu setzen vermögen. Zu dieser sich aufdrängenden Frage verhält sich die Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführer, die nicht Vertragspartner des Verschmelzungsvertrages sind, einen grundrechtsverletzenden Eingriff in die Vertragsfreiheit überhaupt geltend machen könnten.

18

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch hinsichtlich der von den Beschwerdeführern geltend gemachten Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG nicht angezeigt.

19

a) Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG durch das Landgericht rügen, ist durch die nachfolgende, bestätigende Entscheidung des Oberlandesgerichts prozessuale Überholung eingetreten (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. November 2006 - 2 BvR 620/03 -, wistra 2007, S. 60 <61>; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27. September 2006 - 2 BvR 1844/06 -, juris, Rn. 2) und eine Annahme der Verfassungsbeschwerde schon deshalb nicht veranlasst.

20

b) Eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG durch das Oberlandesgericht ist nicht ersichtlich. Die Verfassungsbeschwerde gibt überdies keinen Anlass zu einer Fortentwicklung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu aktien- und umwandlungsrechtlichen Strukturmaßnahmen.

21

aa) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt bereits, dass Art. 14 Abs. 1 GG auch das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum schützt, das im Rahmen seiner gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung durch Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis gekennzeichnet ist und sowohl die mitgliedschaftliche Stellung des Aktionärs in der Gesellschaft als auch vermögensrechtliche Ansprüche vermittelt (vgl. BVerfGE 14, 263 <276>; 25, 371 <407>; 50, 290 <339>; 100, 289 <301 f.>; BVerfGK 1, 265 <267>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. Januar 1999 - 1 BvR 1805/94 -, NJW 1999, S. 1699 <1700>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 23. August 2000 - 1 BvR 68/95, 147/97 -, NJW 2001, S. 279; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2007 - 1 BvR 1267/06, 1280/06 -, NJW 2007, S. 3266 <3267>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2323/07 -, ZIP 2011, S. 170 <171 Rn. 8>). Verliert der Minderheitsaktionär diese mitgliedschaftliche Stellung oder wird er hierin durch eine Strukturmaßnahme in relevantem Maße eingeschränkt, muss er für den Verlust seiner Rechtsposition und die Beeinträchtigung seiner vermögensrechtlichen Stellung wirtschaftlich voll entschädigt werden (vgl. BVerfGE 100, 289 <304>; BVerfGK 1, 265 <267>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. November 2006 - 1 BvR 704/03 -, NJW 2007, S. 828 Rn. 10; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2007 - 1 BvR 1267/06, 1280/06 -, NJW 2007, S. 3266 <3267>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2323/07 -, ZIP 2011, S. 170 <171 Rn. 9>). Dabei hat die Entschädigung den "wahren" Wert des Anteilseigentums widerzuspiegeln. Der Schutz der Minderheitsaktionäre gebietet es sicherzustellen, dass sie jedenfalls nicht weniger erhalten, als sie bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt der Maßnahme erhalten hätten. Deswegen muss im Fall des Abschlusses eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages oder im Fall der Eingliederung ein existierender Börsenkurs der beherrschten oder eingegliederten Gesellschaft bei der Barabfindung und bei einer Abfindung durch Aktien Berücksichtigung finden (vgl. BVerfGE 100, 289 <307 ff.>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2323/07 -, ZIP 2011, S. 170 <172 Rn. 9>).

22

bb) Diese Maßgaben, die für die Fallgestaltungen eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages sowie einer Eingliederung entwickelt worden sind, lassen sich auf den hier gegebenen Fall einer Verschmelzung durch Aufnahme übertragen (offener noch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2007 - 1 BvR 1267/06, 1280/06 -, NJW 2007, S. 3266 <3267>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2323/07 -, ZIP 2011, S. 170 <172 Rn. 11>). Der Beschluss des Oberlandesgerichts steht damit im Einklang.

23

Wie das Oberlandesgericht zutreffend dargelegt hat, gibt das Grundgesetz keine bestimmte Methode zur Unternehmensbewertung vor (vgl. BVerfGE 100, 289 <307>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2007 - 1 BvR 1267/06, 1280/06 -, NJW 2007, S. 3266 <3268>). So kann auch die Ertragswertmethode verfassungsrechtlich unbedenklich sein, ohne dass ihre Anwendung von Verfassungs wegen geboten wäre (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30. August 2007 - 1 BvR 1267/06, 1280/06 -, NJW 2007, S. 3266 <3268>). Verfassungsrechtlich ebenso zulässig ist es bei Einhaltung bestimmter Mindeststandards, die das Oberlandesgericht im Einzelnen aufgezeigt hat, die Unternehmenswerte der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger anhand von Börsenwerten zu schätzen. Entsprechend hat sich das Oberlandesgericht für eine im Grundsatz unbedenkliche Wertermittlungsmethode entschieden. Soweit die Verfassungsbeschwerde nachträglich anhand des Gutachtens einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu belegen versucht, der Börsenkurs eigne sich weder generell noch im konkreten Fall zur Ermittlung des Unternehmenswerts des übertragenden Rechtsträgers, setzt sie letztlich nur ihre Auffassung von der richtigen Bewertungsmethode an die Stelle derjenigen des Oberlandesgerichts. Verfassungsrechtlich erhebliche Fehler bei der Auswahl der Methode zeigt die Verfassungsbeschwerde damit nicht auf.

24

Das Oberlandesgericht hat weiter zutreffend angenommen, es lasse sich weder dem Grundgesetz noch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entnehmen, die Fachgerichte hätten zur Bestimmung des Unternehmenswerts stets sämtliche denkbaren Methoden heranzuziehen und bei der Bestimmung des Umtauschverhältnisses im Zuge einer Verschmelzung durch Aufnahme die den Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers günstigste zugrunde zu legen. Entsprechend begegnet es von Verfassungs wegen keinen Bedenken, wenn sich ein Fachgericht, wie hier das Oberlandesgericht, im Spruchverfahren mit sorgfältiger und ausführlicher, den Streit zur "richtigen" Bewertungsmethode reflektierender Begründung für eine Bewertung beider Rechtsträger anhand des Börsenwerts entscheidet, ohne sich dabei den Blick dafür zu verstellen, dass die Frage nach der vorzuziehenden Methode grundsätzlich von den jeweiligen Umständen des Falles abhängt. Ein solches Vorgehen ist im Lichte des Art. 14 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden, zumal es den zu anderen Strukturmaßnahmen entwickelten Grundsatz, der Börsenwert - hier: des übertragenden Rechtsträgers - bilde regelmäßig die Untergrenze einer zu gewährenden Abfindung (vgl. BVerfGE 100, 289 <305, 308, 310>), nicht in Frage stellt.

25

Schließlich begegnet die Anwendung der vom Oberlandesgericht gewählten Methode auf den konkreten Fall keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Oberlandesgericht hat richtig gesehen, dass die Aussagekraft und die Tauglichkeit einer marktorientierten Bewertungsmethode auf Grundlage des Börsenkurses im konkreten Fall der fachrichterlichen Prüfung und Würdigung unterliegt, namentlich im Blick auf eine etwaige Marktenge im Handel einer bestimmten Aktie, auf etwaige Anzeichen einer gezielten Pflege des Kurses der Aktie in Ansehung der bevorstehenden Strukturmaßnahme oder auf eine unzureichende Information des Marktes wegen eines Verstoßes gegen Mitteilungspflichten. Umstände, die die Tauglichkeit des Börsenwerts als Schätzgrundlage in Frage stellten, hat es unter anderem unter Verweis auf die Notierung der Aktien beider Rechtsträger in bedeutenden Aktienindizes mit einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Argumentation verneint. Soweit die Beschwerdeführer mit ihrer Verfassungsbeschwerde eine Manipulation des Börsenwerts durch den übernehmenden Rechtsträger behaupten, fehlt es an der gebotenen Auseinandersetzung mit der Wertung des Oberlandesgerichts, das den Börsenkurs in dem als Referenzperiode gewählten Zeitraum als für die Wertbestimmung tragfähig erachtet hat, auf diese Frage also ausdrücklich näher eingegangen ist.

26

3. Aus den vorgenannten Gründen kommt es nicht mehr auf die Frage der Verfassungsbeschwerdebefugnis der Beschwerdeführerin zu 11) an, bei der es sich um eine ausländische Gesellschaft mit Sitz in den Vereinigten Staaten von Amerika handelt (vgl. Art. 19 Abs. 3 GG; BVerfGE 21, 207 <208 f.>; 23, 229 <236>; 100, 313 <364>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. Dezember 2007 - 1 BvR 853/06 -, NVwZ 2008, S. 670 f.; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. April 2010 - 2 BvR 1848/07 -, GRUR 2010, S. 1031 Rn. 11; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 18. August 2010 - 1 BvR 3268/07 -, ZOV 2010, S. 216 <219 Rn. 33>).

V.

27

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

28

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Ist das Umtauschverhältnis der Anteile nicht angemessen oder ist die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger kein angemessener Gegenwert für den Anteil oder für die Mitgliedschaft bei einem übertragenden Rechtsträger, so kann jeder Anteilsinhaber, dessen Recht, gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses Klage zu erheben, nach § 14 Absatz 2 ausgeschlossen ist, von dem übernehmenden Rechtsträger einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen; die Zuzahlungen können den zehnten Teil des auf die gewährten Anteile entfallenden Betrags des Grund- oder Stammkapitals übersteigen. Die angemessene Zuzahlung wird auf Antrag durch das Gericht nach den Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes bestimmt.

(2) Die bare Zuzahlung ist nach Ablauf des Tages, an dem die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers nach § 19 Abs. 3 bekannt gemacht worden ist, mit jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf ist für jede Aktiengesellschaft nach den §§ 9 bis 12 zu prüfen. § 9 Absatz 2 und § 12 Absatz 3 in Verbindung mit § 8 Absatz 3 Satz 1 und 2 gelten mit der Maßgabe, dass der Verzicht aller Anteilsinhaber aller beteiligten Rechtsträger erforderlich ist.

(1) Die Verschmelzungsprüfer haben über das Ergebnis der Prüfung schriftlich zu berichten. Der Prüfungsbericht kann auch gemeinsam erstattet werden.

(2) Der Prüfungsbericht ist mit einer Erklärung darüber abzuschließen, ob das vorgeschlagene Umtauschverhältnis der Anteile, gegebenenfalls die Höhe der baren Zuzahlung oder die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger als Gegenwert angemessen ist. Dabei ist anzugeben,

1.
nach welchen Methoden das vorgeschlagene Umtauschverhältnis ermittelt worden ist;
2.
aus welchen Gründen die Anwendung dieser Methoden angemessen ist;
3.
welches Umtauschverhältnis oder welcher Gegenwert sich bei der Anwendung verschiedener Methoden, sofern mehrere angewandt worden sind, jeweils ergeben würde; zugleich ist darzulegen, welches Gewicht den verschiedenen Methoden bei der Bestimmung des vorgeschlagenen Umtauschverhältnisses oder des Gegenwerts und der ihnen zugrundeliegenden Werte beigemessen worden ist und, falls in den an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträgern unterschiedliche Methoden verwendet worden sind, ob die Verwendung unterschiedlicher Methoden gerechtfertigt war;
4.
welche besonderen Schwierigkeiten bei der Bewertung der Rechtsträger aufgetreten sind.

(3) § 8 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die überlange Dauer des Verfahrens vor dem Landgericht Frankfurt am Main - 3-03 O 11/89 - die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gemäß Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Absatz 3 Grundgesetz) verletzt.

2. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

3. ...

4. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 50.000 € (in Worten: fünfzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein aktienrechtliches Spruchverfahren, das vor dem Landgericht 18 Jahre, insgesamt bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts 20 Jahre gedauert hat.

2

Die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführer war Aktionärin der damals so firmierenden D. AG, die mit der A. Aktiengesellschaft einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen hatte. Die im Jahre 1992 verstorbene Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführer stellte gemeinsam mit weiteren Aktionären in einem im Jahr 1989 eingeleiteten Verfahren nach dem Aktiengesetz (entsprechend dem heutigen Spruchverfahren) einen Antrag auf Bestimmung eines angemessenen Ausgleichs und einer Abfindung, über den das Landgericht im Jahr 2007 entschied und einen Ausgleich pro Aktie sowie eine Abfindung für die Antrag stellenden Aktionäre - darunter die Beschwerdeführer - festsetzte. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen diesen Beschluss wies das Oberlandesgericht im Jahr 2009 zurück. Die Beschwerdeführer selbst hatten einen Rechtsbehelf gegen die Entscheidung des Landgerichts  nicht eingelegt.

II.

3

1. Die Beschwerdeführer, die mit der Verfassungsbeschwerde den Beschluss des Oberlandesgerichts angreifen, rügen eine Verletzung der Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG. Das Oberlandesgericht habe es in verfassungswidriger Weise unterlassen, die Dauer des Verfahrens bei der Bemessung des Ausgleichs und der Abfindung angemessen mit zu entgelten. Das Gericht sei zu verpflichten, die nach den Wert- und Preisverhältnissen im Jahr 1988 festgesetzte Abfindung um denjenigen Betrag zu erhöhen, der sie für den Zeitpunkt der Auszahlung (Dezember 2009) angemessen erscheinen lasse. Im Übrigen beanstanden sie aber auch, das Spruchverfahren habe insgesamt unvertretbar lange gedauert.

4

2. Die Bundesregierung, die Hessische Landesregierung und die Beteiligten des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen vor.

III.

5

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, soweit sich die Beschwerdeführer gegen die überlange Dauer des Verfahrens vor dem Landgericht - 3-03 O 11/89 - wenden; im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Angriffsgegenstand der Verfassungsbeschwerde ist nicht nur der - ausdrücklich als angegriffen bezeichnete - Beschwerdebeschluss des Oberlandesgerichts. Der Zusammenhang des Vorbringens der Beschwerdeführer lässt hinreichend deutlich erkennen, dass sie auch die lange Dauer des Verfahrens insgesamt - also sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem Oberlandesgericht - beanstanden.

6

1. Die Annahme zur Entscheidung ist zur Durchsetzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt, soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die überlange Dauer des Verfahrens vor dem Landgericht richtet (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Insoweit sind die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung erfüllt. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 55, 349 <369>; 60, 253 <269>; 93, 1 <13>). Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit offensichtlich begründet.

7

a) Für bürgerlichrechtliche Streitigkeiten gewährleistet Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) einen wirkungsvollen Rechtsschutz im materiellen Sinne (vgl. BVerfGE 82, 126 <155>; 93, 99 <107>). Daraus ergibt sich die Verpflichtung der Fachgerichte, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zu einem Abschluss zu bringen (vgl. BVerfGE 55, 349 <369>; 60, 253 <269>; 93, 1 <13>). Die Angemessenheit der Dauer eines Verfahrens ist stets nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles zu bestimmen (vgl. BVerfGE 55, 349 <369>). Es gibt keine allgemein gültigen Zeitvorgaben; davon geht auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 6. Mai 1997 - 1 BvR 711/96 -, NJW 1997, S. 2811; EGMR, 3. Sektion, Urteil vom 11. Januar 2007 - 20027/02 Herbst / Deutschland -, NVwZ 2008, S. 289 <291> Rn. 75). Die Verfahrensgestaltung obliegt in erster Linie dem mit der Sache befassten Gericht. Sofern der Arbeitsanfall die alsbaldige Bearbeitung und Terminierung sämtlicher zur Entscheidung anstehender Fälle nicht zulässt, muss das Gericht hierfür zwangsläufig eine zeitliche Reihenfolge festlegen (vgl. BVerfGE 55, 349 <369>).

8

Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Frage, ab wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert, sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Natur des Verfahrens und die Bedeutung der Sache für die Parteien (vgl. BVerfGE 46, 17 <29>), die Auswirkung einer langen Verfahrensdauer für die Beteiligten (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 6. Mai 1997 - 1 BvR 711/96 -, NJW 1997, S. 2811 <2812>), die Schwierigkeit der Sachmaterie, das den Beteiligten zuzurechnende Verhalten, insbesondere Verfahrensverzögerungen durch sie sowie die gerichtlich nicht zu beeinflussende Tätigkeit Dritter, vor allem der Sachverständigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Juli 2000 - 1 BvR 352/00 -, NJW 2001, S. 214 <215>). Dagegen kann sich der Staat nicht auf solche Umstände berufen, die in seinem Verantwortungsbereich liegen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Oktober 2003 - 1 BvR 901/03 -, NVwZ 2004, S. 334 <335>). Ferner haben die Gerichte auch die Gesamtdauer des Verfahrens zu berücksichtigen und sich mit zunehmender Dauer nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens zu bemühen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Juli 2000, a.a.O., S. 215).

9

b) Daran gemessen ist die Dauer des Verfahrens vor dem Landgericht mit dem Recht der Beschwerdeführer auf effektiven Rechtsschutz unvereinbar. Es ist nach Abwägung sämtlicher Umstände verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbar, dass erst nach 18 Jahren erstinstanzlich über den Antrag der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführer entschieden wurde.

10

Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Gesamtdauer des Verfahrens ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Rechtssache in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht kompliziert und in der Verfahrensführung sehr aufwendig war. Die eingeholten Sachverständigengutachten galten einer komplexen Materie im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zwischen zwei großen Unternehmen. Nach hier nicht zu beanstandender Auffassung des Landgerichts erforderte namentlich eine Fortentwicklung höchstrichterlicher Rechtsprechung die Einholung von Ergänzungsgutachten. Weitere Schwierigkeiten ergaben sich aus der Vielzahl der Verfahrensbeteiligten und der zwölfjährigen Dauer des parallel zum erstinstanzlichen Verfahren durchgeführten Beschwerdeverfahrens zu einer prozessualen Zwischenfrage. Die Dauer des Beschwerdeverfahrens verursachte jedoch eine Verzögerung der erstinstanzlichen Entscheidung nur insoweit, als sie die Anlegung und teilweise Rekonstruktion von Duploakten erforderte. Aus den beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens ergibt sich nicht, dass das erstinstanzliche Verfahren bei frühzeitigerer Bescheidung der Beschwerden durch das Oberlandesgericht beschleunigt worden wäre. Vielmehr dauerte die parallel zum Beschwerdeverfahren durchgeführte Beweisaufnahme des Landgerichts bis Juli 2004 (Vorlage des zweiten Ergänzungsgutachtens durch den Sachverständigen) an. Zur selben Zeit hatte aber auch das Oberlandesgericht die Beschwerden bereits zurückgewiesen und die Akten an das Landgericht zurückgereicht.

11

Jedenfalls nachdem im Juli 2004 sowohl das ergänzende Sachverständigengutachten als auch die zurückweisende Entscheidung des Oberlandesgerichts über die sofortige Beschwerde vorlagen, hat das Landgericht das Verfahren nicht in ausreichendem Maße weiterbetrieben. Den Verfahrensbeteiligten wurde eine Frist zur Stellungnahme zu dem Ergänzungsgutachten bis Ende Oktober 2004 gesetzt. Dann wurde das Verfahren erst wieder durch den Beschluss des Landgerichts vom 18. Oktober 2006 fortgeführt, in welchem das Gericht seinen rechtlichen Standpunkt unter Berücksichtigung neuerer Rechtsprechung darstellte und den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bis Ende 2006 gab. Da das Verfahren im Jahr 2004 bereits 15 Jahre anhängig war, hätte das Landgericht verstärkt auf einen zügigeren Abschluss hinwirken müssen. Ein Verfahrensstillstand von zwei Jahren ist in dieser Situation ersichtlich nicht vertretbar.

12

2. Im Übrigen liegen die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung nicht vor (§ 93a BVerfGG). Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer verfassungsmäßigen Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG rügen und sich gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts wenden, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig. Insoweit sind die Beschwerdeführer nicht beschwert und haben zudem den Rechtsweg nicht erschöpft.

13

Das Oberlandesgericht hat ausschließlich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin - also der Gegenpartei der Beschwerdeführer - zurückgewiesen, nachdem das Landgericht den Beschwerdeführern Ausgleich und Abfindung zugesprochen hatte. Die Beschwerdeführer selbst hatten gegen die Entscheidung des Landgerichts keinen Rechtsbehelf eingelegt, über den das Oberlandesgericht abschlägig hätte entscheiden können.

14

Daraus ergibt sich zugleich, dass die Beschwerdeführer auch den Rechtsweg nicht erschöpft haben. Sie haben es unterlassen, gegen die Entscheidung des Landgerichts ihrerseits sofortige Beschwerde beziehungsweise Anschlussbeschwerde einzulegen. Deshalb können sie mit ihrer Verfassungsbeschwerde in der Sache kein Gehör mehr finden, wenn sie meinen, das Oberlandesgericht habe die vom Landgericht festgesetzten Werte zu ihren Gunsten nachbessern und erhöhen müssen.

15

3. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2, 3 BVerfGG. Die Verfassungsbeschwerde hat überwiegend Erfolg.

16

Der nach § 37 Abs. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG festzusetzende Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit beträgt 50.000 €. Dies rechtfertigt sich aus der objektiven Bedeutung der Sache sowie Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Besonderheiten aufweisen, welche eine deutliche Erhöhung des Mindestwertes veranlassen.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die überlange Dauer des Verfahrens vor dem Landgericht Mannheim - 24 AktE 43/86 - die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gemäß Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Absatz 3 Grundgesetz) verletzt.

2. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

3. ...

4. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 50.000 € (in Worten: fünfzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein aktienrechtliches Spruchverfahren, das vor dem Landgericht 22 Jahre gedauert hat und derzeit noch bei dem Oberlandesgericht anhängig ist. Die Beschwerdeführer waren Aktionäre der damals so firmierenden B. AG (jetzt A. AG) in Mannheim, die im Jahr 1986 einen Beherrschungsvertrag mit ihrer Mehrheitsaktionärin, der B. AG in B., Schweiz, abschloss. Die Beschwerdeführer stellten gemeinsam mit weiteren Aktionären in einem im Jahr 1986 eingeleiteten Verfahren nach dem Aktiengesetz (entsprechend dem heutigen Spruchverfahren) einen Antrag auf Bestimmung eines angemessenen Ausgleichs und einer Abfindung, über den das Landgericht im Jahr 2008 entschied und einen Ausgleich pro Aktie sowie eine Abfindung für die antragstellenden Aktionäre - darunter die Beschwerdeführer - festsetzte. Im Januar 2011 wies das Oberlandesgericht mit dem durch die Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss die sofortigen Beschwerden der Beschwerdeführer, der weiteren Antragsteller und der Antragsgegnerinnen zurück. Hiergegen erhoben die Beschwerdeführer sowie ein weiterer Antragsteller Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO. Mit weiterem, ebenfalls mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenem Beschluss berichtigte das Oberlandesgericht seinen Beschluss durch Streichung eines Klammerzusatzes in der Begründung. Es stellte fest, die Anhörungsrüge der Beschwerdeführer sei damit erledigt und setzte auf die Anhörungsrüge eines anderen Antragstellers das Spruchverfahren hinsichtlich der Ermittlung des Beta-Faktors für die Unternehmensbewertung fort. Durch Beweisbeschluss beauftragte es einen Sachverständigen mit der Erstellung eines ergänzenden Gutachtens zu dieser Frage.

II.

2

1. Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen den Beschwerdebeschluss des Oberlandesgerichts vom Januar 2011 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses sowie - wie der Zusammenhang ihres Vorbringens ergibt - gegen die ihres Erachtens überlange Dauer des Spruchverfahrens. Sie rügen eine Verletzung ihrer verfassungsmäßigen Rechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG. Das Oberlandesgericht habe es in verfassungswidriger Weise unterlassen, die Dauer des Verfahrens bei der Bemessung des Ausgleichs und der Abfindung angemessen mit zu entgelten. Das Gericht sei zu verpflichten, die nach den Wert- und Preisverhältnissen im Jahr 1986 festgesetzte Abfindung um denjenigen Betrag zu erhöhen, der sie für den Zeitpunkt der Auszahlung angemessen erscheinen lasse. Im Übrigen beanstanden sie aber auch generell, das Spruchverfahren habe insgesamt unvertretbar lange gedauert.

3

2. Die Bundesregierung, die baden-württembergische Landesregierung und die Beteiligten des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten des Ausgangsverfahrens liegen vor.

III.

4

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, soweit sich die Beschwerdeführer gegen die überlange Dauer des Verfahrens vor dem Landgericht wenden; im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

5

1. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ist zur Durchsetzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt, soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die überlange Dauer des Verfahrens vor dem Landgericht richtet (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Insoweit sind die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung erfüllt. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 55, 349 <369>; 60, 253 <269>; 93, 1 <13>). Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit offensichtlich begründet.

6

a) Für bürgerlichrechtliche Streitigkeiten gewährleistet Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) einen wirkungsvollen Rechtsschutz im materiellen Sinne (vgl. BVerfGE 82, 126 <155>; 93, 99 <107>). Daraus ergibt sich die Verpflichtung der Fachgerichte, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zu einem Abschluss zu bringen (vgl. BVerfGE 55, 349 <369>; 60, 253 <269>; 93, 1 <13>). Die Angemessenheit der Dauer eines Verfahrens ist stets nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles zu bestimmen (vgl. BVerfGE 55, 349 <369>). Es gibt keine allgemein gültigen Zeitvorgaben; diese können auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht entnommen werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 6. Mai 1997 - 1 BvR 711/96 -, NJW 1997, S. 2811; EGMR, III. Sektion, Urteil vom 11. Januar 2007 - 20027/02 Herbst / Deutschland -, NVwZ 2008, S. 289 <291> Rn. 75). Die Verfahrensgestaltung obliegt in erster Linie dem mit der Sache befassten Gericht. Sofern der Arbeitsanfall die alsbaldige Bearbeitung und Terminierung sämtlicher zur Entscheidung anstehender Fälle nicht zulässt, muss das Gericht hierfür zwangsläufig eine zeitliche Reihenfolge festlegen (vgl. BVerfGE 55, 349 <369>).

7

Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Frage, ab wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert, sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Natur des Verfahrens und die Bedeutung der Sache für die Parteien (vgl. BVerfGE 46, 17 <29>), die Auswirkungen einer langen Verfahrensdauer auf die Beteiligten (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 6. Mai 1997 - 1 BvR 711/96 -, NJW 1997, S. 2811 <2812>), die Schwierigkeit der Sachmaterie, das den Beteiligten zuzurechnende Verhalten, insbesondere Verfahrensverzögerungen durch sie sowie die gerichtlich nicht zu beeinflussende Tätigkeit Dritter, vor allem der Sachverständigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Juli 2000 - 1 BvR 352/00 -, NJW 2001, S. 214 <215>). Dagegen kann sich der Staat nicht auf solche Umstände berufen, die in seinem Verantwortungsbereich liegen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Oktober 2003 - 1 BvR 901/03 -, NVwZ 2004, S. 334 <335>). Ferner haben die Gerichte auch die Gesamtdauer des Verfahrens zu berücksichtigen und sich mit zunehmender Dauer nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens zu bemühen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Juli 2000, a.a.O., S. 215).

8

b) Daran gemessen ist die Dauer des Verfahrens vor dem Landgericht mit dem Recht der Beschwerdeführer auf effektiven Rechtsschutz unvereinbar. Es ist nach Abwägung sämtlicher Umstände verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbar, dass erst nach 22 Jahren erstinstanzlich über den Antrag der Beschwerdeführer entschieden wurde.

9

Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Gesamtdauer des Verfahrens ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Rechtssache in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht kompliziert ist und die Einholung von ihrerseits komplexen Gutachten sowie ergänzenden Stellungnahmen der Gutachter erforderte, die sich mit Fragen der Bewertung zweier großer Unternehmen befassten und in der Erstellung sehr aufwändig waren. Die Bevollmächtigten der Antragsgegnerinnen weisen zu Recht darauf hin, dass es schon ungewöhnlich schwierig und zeitlich aufwändig war, einen geeigneten Gutachter zu finden, nachdem mehrere Sachverständige den Gutachtenauftrag aus unterschiedlichen Gründen ablehnten und zurückgaben. Weitere Schwierigkeiten ergaben sich aus der Vielzahl der Verfahrensbeteiligten und dem Umfang und der Anzahl der eingereichten Schriftsätze und Stellungnahmen.

10

Andererseits ergibt sich aus der beigezogenen Verfahrensakte, dass das Landgericht das Verfahren nicht in ausreichendem Maße betrieben und gefördert hat. Bereits kurz nach Einleitung des Verfahrens finden sich mehrmonatige Zeiträume, während derer keine verfahrensleitenden Verfügungen getroffen wurden und der faktische Stillstand des Verfahrens auch nicht aus anderen Gründen veranlasst war. So wurde erst im Februar 1990, das heißt knapp vier Jahre nach Einleitung des Verfahrens, ein Beweisbeschluss erlassen. Nachdem der zunächst beauftragte Gutachter im Januar 1991 mitgeteilt hatte, er sei mangels ausreichender Kapazität von fachlichen Mitarbeitern nicht in der Lage, den Gutachtenauftrag zu übernehmen, wurde erst im November 1991 ein anderes Unternehmen mit der Gutachtenerstattung beauftragt. Inwiefern das Verfahren in den Jahren 1992 bis zur Einlegung der sofortigen Beschwerden gegen Zwischenentscheidungen des Landgerichts im Jahr 1995 gefördert wurde, ist den Akten des Ausgangsverfahrens nicht zu entnehmen. Überdies ist es trotz aller nachvollziehbaren Schwierigkeiten bei der Auswahl eines für diesen Gutachtenauftrag geeigneten Sachverständigen und dessen Anleitung am Maßstab effektiver Rechtsschutzgewährung gemessen nicht akzeptabel, dass die Erstattung des Gutachtens aufgrund des Beweisbeschlusses vom August 2000 erst im September 2004 erfolgte und die den Akten zu entnehmende Verfahrensförderung gegenüber dem Sachverständigen sich auf zwei Sachstandsanfragen und eine "Anmahnung" beschränkte. Im Blick auf die schon bis dahin zu verzeichnende Gesamtdauer des Verfahrens von mehr als 13 Jahren waren nachhaltigere Beschleunigungsbemühungen geboten (vgl. etwa § 411 ZPO).

11

Soweit die Beschwerdeführer die überlange Verfahrensdauer vor dem Oberlandesgericht rügen, begegnet die Dauer von bislang drei Jahren in Anbetracht der Komplexität der Materie hingegen noch keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Oberlandesgericht wird allerdings alle zu Gebote stehenden Maßnahmen zu ergreifen haben, um das Verfahren vorrangig und zeitnah abzuschließen.

12

2. Im Übrigen liegen die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung nicht vor (§ 93a BVerfGG). Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer verfassungsmäßigen Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG rügen und sich gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts wenden, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, weil der Rechtsweg nicht erschöpft ist. Das Oberlandesgericht hat auf die Anhörungsrüge eines anderen Antragstellers das Spruchverfahren hinsichtlich der Ermittlung des Beta-Faktors fortgesetzt und durch Beweisbeschluss einen Sachverständigen mit der Erstellung eines ergänzenden Gutachtens zu dieser Frage beauftragt. Das Verfahren ist deshalb noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.

13

3. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2, 3 BVerfGG. Die Verfassungsbeschwerde hat überwiegend Erfolg.

14

Der nach § 37 Abs. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG festzusetzende Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit beträgt 50.000 €. Dies rechtfertigt sich aus der objektiven Bedeutung der Sache sowie Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Besonderheiten aufweisen, welche eine deutliche Erhöhung des Mindestwertes veranlassen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 1/10
vom
1. März 2010
in dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: nein

a) Ist das Verfahren auf gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers nach § 142
Abs. 8 AktG eingeleitet worden, ehe das FamFG in Kraft getreten ist
(1. September 2009), dann ist nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG auf das gesamte
Verfahren bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss das seinerzeit geltende Verfahrensrecht
(FGG) anzuwenden; aus der Sondervorschrift des Art. 111 Abs. 2 FGGRG
ergibt sich nichts Abweichendes.

b) Hat das Oberlandesgericht über die Beschwerde in einem solchen Verfahren nach
Inkrafttreten des FamFG befunden, ist eine hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde
unzulässig; für den Erlass einer einstweiligen Anordnung entsprechend
§ 64 Abs. 3 FamFG ist deswegen schon mangels Eröffnung des Rechtsbeschwerdeverfahrens
kein Raum.
BGH, Beschluss vom 1. März 2010 - II ZB 1/10 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 1. März 2010 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Caliebe, Dr. Reichart,
Dr. Drescher und Bender

beschlossen:
Der Antrag der Antragsgegnerin, die Vollziehung des Beschlusses der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 14. August 2009 bis zur Vorlage der Rechtsbeschwerdebegründung auszusetzen, wird als unzulässig verworfen.

Gründe:

1
I. Die Antragsgegnerin, eine Bank, ist auf die Gewährung mittel- und langfristiger Kredite zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft spezialisiert. Ihr Vorstand entschied im Geschäftsjahr 2001/2002, in Geldmarktpapiere zu investieren , die mit US-amerikanischen Konsumentenkrediten besichert waren. Außerdem räumte die Antragsgegnerin so genannten Zweckgesellschaften, die Forderungen aus solchen Krediten aufkauften und als Sicherheiten für die eigene Refinanzierung am Kapitalmarkt einsetzten, Liquiditätslinien ein. Dieses Geschäftsmodell führte die Antragsgegnerin im Juli 2007 in eine schwere Krise, weil sich der Markt für mit US-amerikanischen Konsumentenkrediten besicherte Geldmarktpapiere verschlechterte, die Antragsgegnerin aus den Liquiditätslinien in erheblichem Maß in Anspruch genommen wurde und sich über den Interbankenmarkt nicht mehr refinanzieren konnte.
2
Die Hauptversammlung der Antragsgegnerin beschloss am 27. März 2008 mit den Stimmen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als Hauptaktionärin die Bestellung eines Sonderprüfers, um mögliche Pflichtverletzungen des Vorstands und Aufsichtsrats im Vorfeld der Krise vom Juli 2007 aufzuklären. Nach Veräußerung der Aktien der KfW an eine US-amerikanische Beteiligungsgesellschaft hob eine außerordentliche Hauptversammlung der Antragsgegnerin am 25. März 2009 auf Initiative der neuen Hauptaktionärin den Beschluss über die Sonderprüfung auf und widerrief die Bestellung des Sonderprüfers. Gegen diese Entscheidung ist Klage erhoben worden.
3
Die Antragsteller des Ausgangsverfahrens, Aktionäre der Antragsgegnerin , haben im Juni 2009 bei dem Landgericht Düsseldorf die gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers beantragt, um die Prüfung möglicher Pflichtverletzungen zu einem Abschluss zu bringen. Das Landgericht hat dem Antrag am 14. August 2009 entsprochen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die landgerichtliche Entscheidung mit Beschluss vom 9. Dezember 2009 (ZIP 2010, 28 ff.) bestätigt, ohne die Rechtsbeschwerde zuzulassen, und eine Anhörungsrüge der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 4. Februar 2010 zurückgewiesen. Gegen den Beschluss vom 9. Dezember 2009 hat die Antragsgegnerin Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt und hat sich Verlängerung für die Einreichung der Begründung bewilligen lassen.
4
Sie beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung den Beschluss des Landgerichts über die Bestellung des Sonderprüfers bis zur Vorlage der Rechtsbeschwerdebegründung außer Vollzug zu setzen.
5
II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unzulässig.
6
1. Als Antrag nach § 142 Abs. 8 AktG, § 64 Abs. 3 FamFG - ein ein selbständiges Verfahren einleitender Antrag nach § 49 FamFG ist nicht gestellt - ist er nicht statthaft. Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Senat, sofern das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) Anwendung fände und - woran es hier fehlt - das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 1 FamFG gegen seinen Beschluss vom 9. Dezember 2009 zugelassen hätte, in entsprechender Anwendung des § 64 Abs. 3 FamFG eine einstweilige Anordnung erlassen könnte (vgl. in diesem Sinn BGH, Beschl. v. 21. Januar 2010 - V ZB 14/10, juris, Tz. 3; Prütting/Helms/Abramenko, FamFG § 64 Rdn. 34). Denn das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist nicht anwendbar, da hier für das Verfahren nach § 142 Abs. 8 AktG (in der bis zum 1. September 2009 gültigen Fassung) das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit fortgilt.
7
a) Der Verweis auf die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in § 142 Abs. 8 AktG in der seit dem 1. September 2009 gültigen Fassung wurde durch Artikel 74 Nr. 12 Buchst. c des FGG-Reformgesetzes (FGG-RG) vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586) eingeführt und nach Artikel 112 Abs. 1 FGG-RG am 1. September 2009 in Kraft gesetzt. Nach Artikel 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG finden auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes am 1. September 2009 eingeleitet wurden oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes beantragt wurde, weiter die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Vorschriften Anwendung. Entsprechend richtete sich das Verfahren auf die von den Antragstellern nach § 142 Abs. 2 Satz 1 AktG vor dem 1. September 2009 beantragte Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 142 Abs. 8 AktG in der bis zum Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes gültigen Fassung nach dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
8
Dabei war ausreichend für die Anwendung alten Rechts in allen Instanzen , dass der Antrag in erster Instanz vor dem 1. September 2009 gestellt wurde. "Verfahren" im Sinne des Artikels 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG ist nicht nur das Verfahren bis zum Abschluss einer Instanz. Vielmehr bezeichnet der Begriff die gesamte, bei Einlegung entsprechender Rechtsmittel auch mehrere Instanzen umgreifende gerichtliche Tätigkeit in einer Sache (BGH, Urt. v. 25. November 2009 - XII ZR 8/08, FamRZ 2010, 192 Tz. 5; Beschl. v. 25. November 2009 - XII ZB 46/09, FamRZ 2010, 189 Tz. 2; OLG Dresden MDR 2010, 104 f.; OLG Düsseldorf FGPrax 2009, 284 f.; OLG Hamm FGPrax 2009, 285 f.; OLG Köln FGPrax 2009, 286 f.; FGPrax 2009, 287, 288; OLG Schleswig FGPrax 2009, 289 (LS); FGPrax 2009, 290 f.; Bahrenfuß, FamFG Einl. Rdn. 69; Horndasch/ Viefhues, Kommentar zum Familienverfahrensrecht Artikel 111 FGG-RG Rdn. 3; MünchKommZPO/Pabst, Artikel 111 FGG-RG Rdn. 16; Meysen/Niepmann, FamFG Artikel 111 FGG-RG Rdn. 3; Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren Einl. Rdn. 90; Schulte-Bunert/Weinreich/Schürmann, FamFG 2. Aufl. Artikel 111 FGG-RG Rdn. 24; Demharter, RPfleger 2010, 68; Schnitzler, FF 2010, 17 f.; a.A. Prütting/Helms, FamFG Artikel 111 FGG-RG Rdn. 5; Zöller/Geimer, ZPO 28. Aufl. FamFG Einl. Rdn. 54; ders., FamRB 2009, 386).
9
Aus Artikel 111 Abs. 2 FGG-RG ergibt sich nichts anderes. Zwar könnte der Wortlaut des Artikel 111 Abs. 2 FGG-RG, der auf das Vorhandensein einer Endentscheidung verweist, zu der Fehldeutung verleiten, "gerichtliches Verfahren" im Sinne des Artikels 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG sei das Verfahren innerhalb eines Rechtszugs, nicht das gerichtliche Verfahren über den Instanzenzug hinweg, weil nach der Legaldefinition in § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Endent- scheidung als instanzbeendende Entscheidung konzipiert sei. Insoweit ist der Wortlaut des Artikels 111 Abs. 2 FGG-RG aber schon nicht eindeutig, weil im Falle eines Angriffs der Endentscheidung mit einem Rechtsmittel das gerichtliche Verfahren nicht "abgeschlossen" wird (Schwamb, FamRB 2010, 27). Jedenfalls aber widersprechen Sinn und Zweck des Artikels 111 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 FGG-RG, wie sie sich aus der Gesetzgebungsgeschichte erschließen lassen, einer Beschränkung des Artikels 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG auf die Instanz.
10
So lautete die Gesetzesbegründung zu Artikel 111 FGG-RG (jetzt: Artikel 111 Abs. 1 FGG-RG) in seiner ursprünglichen Fassung ausdrücklich dahin, sofern das Verfahren in erster Instanz noch nach dem bisherigen Recht eingeleitet worden sei, erfolge auch die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nach dem bisher geltenden Recht. Die Anwendung alten Rechts beziehe sich auch auf den nach bisherigem Recht geltenden Instanzenzug (BT-Drucks. 16/6308, S. 359). Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass bei einem vor dem 1. September 2009 begonnenen Verfahren nach § 142 Abs. 2 AktG weiterhin die Regelungen des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit maßgeblich sind.
11
Die Anfügung der Absätze 2 bis 5 des Artikels 111 FGG-RG durch Artikel 22 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700) sollte daran nichts ändern. Dem Gesetzgeber , der dabei eine Anregung des Bundesrates (BT-Drucks. 16/10144, S. 119 f.) aufnahm, ging es vielmehr lediglich um die Klarstellung, dass in Bestandsverfahren wie Betreuung, Vormundschaft oder Beistandschaft, die ihrer Natur nach Dauerverfahren sind und in denen in gewissen Zeitabständen bedarfsbedingt neue Anträge gestellt werden, jeder selbständige Verfahrensgegenstand, der mit einer nach § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG zu erlassenden Entscheidung zu erle- digen ist, ein neues, selbständiges Verfahren darstellt. Die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/11903, S. 61) enthält hingegen keinen Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber seine Regelung im FGG-Reformgesetz zur einheitlichen Geltung neuen oder alten Rechts für den gesamten Instanzenzug ändern wollte (zur Entstehungsgeschichte des Artikels 111 Abs. 2 FGG-RG auch Schwamb, FamRB 2010, 27, 28).
12
Seinen Willen, Artikel 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG instanzübergreifend verstanden zu wissen, hat der Gesetzgeber schließlich durch Artikel 9 Abs. 3 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2449) zum Ausdruck gebracht. Denn die Verlängerung des Zeitraums, innerhalb dessen in allen Familiensachen die Nichtzulassungsbeschwerde ausgeschlossen sein sollte, bis zum 1. Januar 2020 in § 26 Nr. 9 EGZPO a.F. war nur dann geboten und sinnvoll, wenn für das Rechtsmittelverfahren in vor dem 1. September 2009 begonnenen Familiensachen altes Rechtsmittelrecht weiter gilt (zur Änderung des § 26 Nr. 9 EGZPO a.F. BT-Drucks. 16/12717, S. 63 f.; MünchKommZPO/Pabst, Artikel 111 FGG-RG Rdn. 17).
13
b) Für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 64 Abs. 3 FamFG gilt nichts anderes. Verfahren nach § 64 Abs. 3 FamFG im (Rechts-)Beschwerdeverfahren sind - wie nach altem Recht die Maßnahmen nach § 24 Abs. 3 FGG a.F. - vom Hauptsacheverfahren abhängig (Bahrenfuß/ Joachim/Kräft, FamFG § 64 Rdn. 10) und gehören sachlich zur Hauptsache. Dieser Zusammenhang erstreckt sich auf das Verfahrensrecht. Entsprechend kann innerhalb eines Hauptsacheverfahrens, für das nach Artikel 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG noch die Bestimmungen des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten, eine einstweilige Anordnung nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht ergehen (ausdrücklich Meysen/Niepmann, FamFG Artikel 111 FGG-RG Rdn. 4; zur Übergangsvorschrift in Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch BT-Drucks. 16/6308, S. 359; Bork/Jacoby/Schwab/Elzer, FamFG Vor § 38 Rdn. 22; Horndasch /Viefhues, Kommentar zum Familienverfahrensrecht Artikel 111 FGG-RG Rdn. 4; MünchKommZPO/Pabst, Artikel 111 FGG-RG Rdn. 7; Giers, FGPrax 2009, 47, 52; Schürmann, FuR 2009, 548, 549).
14
2. Der Antrag lässt sich auch nicht in einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 24 Abs. 3 FGG (dazu Spindler in K. Schmidt/Lutter, AktG § 142 Rdn. 62) umdeuten. Zwar kann der Bundesgerichtshof auf der Grundlage des § 24 Abs. 3 FGG a.F. einstweilige Anordnungen treffen. Voraussetzung ist aber ein zulässiges Rechtsmittel bzw. eine zulässige Vorlage nach § 28 FGG a.F. (Jansen/Briesemeister, FGG 3. Aufl. § 28 Rdn. 40; Keidel/ Kuntze/Winkler/Meyer-Holz, FGG 15. Aufl. § 28 Rdn. 32; zu § 24 Abs. 3 FGG a.F. auch BGH, Beschl. v. 25. Oktober 1995 - AnwZ (B) 34/95, BRAK-Mitt. 1996, 34). Daran fehlt es.
15
Eine Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof kannte das weiter anwendbare Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht. Eine weitere sofortige Beschwerde zum Bundesgerichtshof war auch nach der Änderung des § 142 Abs. 5 AktG durch Artikel 1 Nr. 11 des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22. September 2005 (BGBl. I S. 2802) nicht eröffnet (richtig Spindler in K. Schmidt/Lutter aaO; HeidelbergerKommAktG/Holzborn, § 142 Rdn. 20 a.E.; a.A. [ohne Stellungnahme zur Zuständigkeit] Hüffer, AktG 8. Aufl. § 142 Rdn. 30; Henn/Heider, Handbuch des Aktienrechts 8. Aufl. Kap. 10 Rdn. 56 a.E.; nicht überzeugend für eine sofortige weitere Beschwerde zum Oberlan- desgericht Nirk/Ziemons/Jaeger, Handbuch der Aktiengesellschaft 11.40; Spindler /Stilz/Mock, AktG § 142 Rdn. 156; Firschner, BB 2005, 1865, 1867; Wilsing/ Neumann, DB 2006, 31, 35).
16
III. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (zu § 64 Abs. 3 FamFG Keidel/Sternal, FamFG 16. Aufl. § 64 Rdn. 72).

Goette Caliebe Reichart
Drescher Bender
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 14.08.2009 - 31 O 38/09 (AktE) -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.12.2009 - I-6 W 45/09 -

(1) Gegen die Entscheidungen nach § 11 findet die Beschwerde statt. Sie ist durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bei dem Beschwerdegericht einzulegen; § 68 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist nicht anzuwenden. Die Beschwerde ist zu begründen.

(2) Die Landesregierung kann die Entscheidung über die Beschwerde durch Rechtsverordnung für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte einem der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht übertragen, wenn dies zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(1) Ist das Umtauschverhältnis der Anteile nicht angemessen oder ist die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger kein angemessener Gegenwert für den Anteil oder für die Mitgliedschaft bei einem übertragenden Rechtsträger, so kann jeder Anteilsinhaber, dessen Recht, gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses Klage zu erheben, nach § 14 Absatz 2 ausgeschlossen ist, von dem übernehmenden Rechtsträger einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen; die Zuzahlungen können den zehnten Teil des auf die gewährten Anteile entfallenden Betrags des Grund- oder Stammkapitals übersteigen. Die angemessene Zuzahlung wird auf Antrag durch das Gericht nach den Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes bestimmt.

(2) Die bare Zuzahlung ist nach Ablauf des Tages, an dem die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers nach § 19 Abs. 3 bekannt gemacht worden ist, mit jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 13/07
vom
10. Dezember 2007
in der Handelsregistersache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
FGG § 28 Abs. 2
Eine Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 FGG ist nur dann zulässig
, wenn die strittige Rechtsfrage für die von dem vorlegenden Oberlandesgericht zu
treffende Entscheidung und für die vorausgegangene Entscheidung erheblich ist.
Hierfür ist erforderlich, dass die Entscheidung, von der das vorlegende Oberlandesgericht
abweichen will, auf der anderen Beurteilung der Vorlagefrage beruht und die
von dem vorlegenden Oberlandesgericht beabsichtigte abweichende Beurteilung das
Ergebnis seiner Entscheidung beeinflusst.
BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2007 - II ZB 13/07 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. Dezember 2007
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Dr. Strohn, Dr. Reichart und Dr. Drescher

beschlossen:
Die Sache wird an das Oberlandesgericht München zur Behandlung und Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückgegeben.
Beschwerdewert: 50.000,00 €

Gründe:


1
I. Bei der Beteiligten B. GmbH handelt es sich um eine Gesellschaft, welche nach durchgeführter Liquidation am 8. Oktober 2002 im Handelsregister des Amtsgerichts München (HRB … ) gelöscht wurde. Letzte Liquidatoren waren die weiteren Beteiligten zu 1 und zu 2.
2
Der weitere Beteiligte zu 3 - ein Finanzamt - begehrt nunmehr die Bestellung eines Nachtragsliquidators für die - vermögenslose - gelöschte Gesellschaft mit der Begründung, dass er dieser in deren Eigenschaft als ehemaliger Treuhandkommanditistin der M. GmbH & Co. KG Bescheide über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der Jahre 1998 und 1999 zustellen wolle.
3
Auf Antrag des weiteren Beteiligten zu 3 bestellte das Registergericht mit Beschluss vom 10. Oktober 2006 die weiteren Beteiligten zu 1 und zu 2 jeweils zu gemeinschaftlich vertretungsberechtigten Nachtragsliquidatoren der B. GmbH. Auf die hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerden der B. GmbH und der Beteiligten zu 1 und zu 2 hob das Landgericht München I den Beschluss des Registergerichts mit Beschluss vom 14. Dezember 2006 auf und wies den Antrag des weiteren Beteiligten zu 3 auf Bestellung eines Nachtragsliquidators für die gelöschte Gesellschaft zurück.
4
Gegen diesen ihm am 27. Dezember 2006 zugestellten Beschluss des Landgerichts legte der weitere Beteiligte zu 3 beim Oberlandesgericht am 26. Januar 2007 "Beschwerde" ein.
5
Das Oberlandesgericht möchte diese "Beschwerde" als unbefristete weitere Beschwerde für zulässig erachten, sieht sich hieran aber durch die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Schleswig vom 23. Dezember 1999 (NJWRR 2000, 769 f.) sowie des Oberlandesgerichts Köln vom 6. Januar 2003 (ZIP 2003, 573 ff.) gehindert und hat die Sache daher dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
6
II. Die Vorlage ist nicht zulässig, die Sache ist dem vorlegenden Oberlandesgericht zur Behandlung und Entscheidung zurückzugeben.
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1. Die Voraussetzungen für eine Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 FGG liegen nicht vor. Hierfür ist erforderlich, dass das vorlegende Oberlandesgericht von einer auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofes abweichen will. Der Bundesgerichtshof ist zwar an die Auffassung des Oberlan- desgerichts gebunden, dass es einer Stellungnahme zu der von ihm herausgestellten Rechtsfrage bedarf. Er hat jedoch zu prüfen, ob in der streitigen Rechtsfrage ein Abweichungsfall vorliegt (BGH, Beschl. v. 17. Juli 2002 - XII ZB 62/00, FamRZ 2002, 1327 m.w.Nachw.). Die Abweichung muss zum einen dieselbe Rechtsfrage betreffen, zum anderen muss die Beantwortung der Rechtsfrage für die vom vorlegenden Gericht zu treffende Entscheidung des Falles und für die vorausgegangene Entscheidung, von der das vorlegende Oberlandesgericht abweichen will, erheblich sein (BGH, Beschl. v. 17. Juli 2002 aaO; Beschl. v. 16. Juli 1997 - XII ZB 97/96, NJW-RR 1997, 1162; Beschl. v. 12. Oktober 1988 - IVb ZB 37/88, NJW 1989, 668, 669; Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG 15. Aufl. Rdn. 17 f.). Unzureichend ist, dass die Rechtsfrage in der anderen Entscheidung lediglich anders als vom vorlegenden Oberlandesgericht beurteilt wurde. Die Entscheidung, von der abgewichen werden soll, muss vielmehr auf der anderen Beurteilung der Rechtsfrage beruhen. Hierfür genügt es allerdings, wenn die strittige Rechtsfrage in jener Entscheidung erörtert und beantwortet ist und das Ergebnis für die Entscheidung von Einfluss war (BGH, Beschl. vom 17. Juli 2002 aaO; Beschl. v. 16. Juli 1997 aaO; Beschl. v. 12. Oktober 1988 aaO; Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler aaO).
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An dem letztgenannten Erfordernis fehlt es. Die Oberlandesgerichte Schleswig und Köln haben in den angeführten Beschlüssen die Ansicht vertreten , dass gegen gerichtliche Entscheidungen, welche die Bestellung eines Nachtragsliquidators einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung betreffen, in entsprechender Anwendung von § 273 Abs. 5 AktG bzw. von §§ 148 Abs. 1, 145 Abs. 1, 146 Abs. 2 Satz 1 FGG die sofortige Beschwerde und dann die sofortige weitere Beschwerde (§ 29 Abs. 2 FGG) statthaft seien. Diese Rechtsauffassung war jedoch für beide Entscheidungen nicht von Einfluss. Da in beiden Fällen - anders als in dem vom Oberlandesgericht München zu entscheidenden Fall - die weitere Beschwerde innerhalb der Zweiwochenfrist des § 22 Abs. 1 FGG eingelegt wurde, war sie in jedem Fall zulässig, ohne dass es auf die vom vorlegenden Gericht erörterte Frage, ob die unbefristete oder die sofortige weitere Beschwerde gegeben sei, ankam. Beide Gerichte wären zu keinem anderen Ergebnis gelangt, wenn sie die streitige Rechtsfrage anders beurteilt hätten.
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2. Davon abgesehen kommt es auf die Vorlagefrage auch deswegen nicht an, weil das Gericht der weiteren Beschwerde, falls es der im Übrigen zutreffenden Ansicht der Oberlandesgerichte Schleswig und Köln folgen würde, dass nur die sofortige weitere Beschwerde eröffnet ist, gehalten wäre, dem weiteren Beteiligten zu 3 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Denn der Beteiligte zu 3 hätte die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde ohne sein Verschulden versäumt, weil die Rechtslage - wie schon die sich widersprechenden Auffassungen des vorlegenden Oberlandesgerichts einerseits und der Oberlandesgerichte Schleswig und Köln andererseits zeigen - zweifelhaft ist (Sternal in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG 15. Aufl. § 22 Rdn. 66; BGHZ 42, 223, 229) und der Beteiligte zu 3 obendrein durch die - keinen Zweifel an der Zulässigkeit der einfachen Beschwerde lassenden - Ausführungen des Beschwerdegerichts in die Irre geführt wurde. Ein Wiedereinsetzungsantrag kann auch stillschweigend gestellt werden (Jansen/Briesemeister, FGG 3. Aufl. § 22 Rdn. 38). Mit seiner Stellungnahme zu der - von den Beschwerdegegnern eingewendeten - Verfristung seiner weiteren Beschwerde, dass die verkürzte Rechtsbehelfsfrist nicht greife, weil das Landgericht die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 und zu 2 als einfache Beschwerde behandelt habe, hat der weitere Beteiligte zu 3 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er von der Frist zur Einlegung der weiteren Beschwerde unverschuldet keine Kenntnis gehabt habe und die Entscheidung des Beschwerdegerichts ungeachtet der behaupteten Fristversäumnis überprüft werden solle.
Goette Kurzwelly Strohn Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.12.2006 - 17 HKT 20524/06 -
OLG München, Entscheidung vom 19.04.2007 - 31 Wx 13/07 -

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.

(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.

(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.