Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 05. Juli 2018 - 1 K 2502/15

bei uns veröffentlicht am05.07.2018

Tenor

1. Der Bescheid über die Einkommensteuer für 2008 vom 11. Dezember 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2015 wird mit der Maßgabe geändert, dass die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb um xxx Euro gemindert werden und der Beklagte die danach festzusetzende Einkommensteuer zu berechnen hat. Der Beklagte hat den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mitzuteilen; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Bescheid über die Einkommensteuer für 2008 mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Kläger 20 %, der Beklagte 80 %.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, haben die Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet haben.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob im Laufe eines Insolvenzverfahrens erstattete Umsatzsteuern und Zinsen als nachträgliche gewerbliche Einkünfte bei der Einkommensteuerfestsetzung des ehemaligen Insolvenzschuldners zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind Eheleute. Der Kläger erzielte als Einzelunternehmer seit 1988 gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb mehrerer Spielhallen in A, B und C. Die Spielotheken in B und C wurden zum xx.xx. 2003 abgemeldet. Grund für die Gewerbeabmeldungen der Hauptniederlassung in B und der Zweigstelle in C war die Betriebsaufgabe zum xx.xx. 2003. Am xx.xx. 2003 eröffnete das Amtsgericht (AG) C das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers. Während des Insolvenzverfahrens ging der Kläger keiner gewerblichen Tätigkeit nach. Seine Spielhallen in A wurden zum xx.xx. 2003 abgemeldet. Auch diese Gewerbeabmeldungen wurden mit der vollständigen Betriebsaufgabe begründet. Das Insolvenzverfahren wurde nach Vollzug der Schlussverteilung und rechtskräftig erteilter Restschuldbefreiung durch das AG C mit Beschluss vom xx.xx. 2010 aufgehoben. Der Kläger hat aus der Insolvenzmasse kein Vermögen zurückerhalten.
Die vom Kläger mit Geldspielautomaten erzielten Umsätze wurden vom beklagten Finanzamt (FA) zunächst in den Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 1991 bis 1993 und 1996 bis 2002 der Umsatzsteuer unterworfen. Die hiergegen geführten Einspruchsverfahren waren bis zur Wiederaufnahmeerklärung durch den Insolvenzverwalter unterbrochen. Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 12. Mai 2005 V R 7/02 (BStBl II 2005, 617) im Anschluss an die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 17. Februar 2005 (C-453/02 „Edith Linneweber“ und C-462/02 „Savvas Akritidis“) entschieden hatte, dass sich ein Aufsteller von Geldspielautomaten auf die Umsatzsteuerfreiheit seiner Umsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG berufen kann, berichtigte das FA im Jahr 2008 die Steuerfestsetzungen der Veranlagungszeiträume 1991 bis 1993 und 1996 bis 2002 und behandelte die mit den Geldspielautomaten erzielten Umsätze als umsatzsteuerfrei. Für das Kalenderjahr 1993 errechnete das FA mit Bescheid vom 29. April 2008 jedoch eine Nachzahlung auf die Umsatzsteuer i. H. von xxx EUR und Zinsen hierauf i. H. von xxx EUR. Dies führte -einschließlich Zinsen- zu einer Steuererstattung in Höhe von insgesamt xxx EUR. Inhaltsadressat der geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen war jeweils der Kläger, Bekanntgabeadressat der Insolvenzverwalter. Der Erstattungsbetrag wurde im Jahr 2008 an den Insolvenzverwalter ausbezahlt und setzte sich wie folgt zusammen:
Jahr   
Umsatzsteuererstattung
Erstattungszinsen
Bescheid vom
                                
1991   
                        
1992   
                        
1993   
                        
1996   
                        
1997   
                        
1998   
                        
1999   
                        
2000   
                        
2001   
                        
2002   
                        
                                
Summe   
                        
Von den insgesamt festgesetzten Erstattungszinsen i. H. von xxx EUR entfällt nach der Berechnung des FA ein Teilbetrag von xxx EUR auf den Zeitraum bis zum xx.xx. 2003 (Gewerbeabmeldung des Klägers) und ein Teilbetrag von xxx EUR auf die Zeit danach.
Weil die Kläger für den Veranlagungszeitraum 2008 zunächst keine Einkommensteuererklärung abgegeben hatten, schätzte das FA -mit Bescheid vom 2. Dezember 2010- im Rahmen einer Einzelveranlagung die Besteuerungsgrundlagen des Klägers. Dabei erfasste das FA die Umsatzsteuererstattung und die Erstattungszinsen (xxx EUR) als nachträgliche Betriebseinnahmen des Klägers. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein.
Am 8. November 2011 reichten die Kläger eine Einkommensteuererklärung für 2008 nach, mit der sie die Zusammenveranlagung beantragten. Mit dieser setzten die Kläger die Umsatzsteuererstattung und die Erstattungszinsen zwar als nachträgliche Betriebseinnahmen des Klägers an. Die Einkünfte des Klägers aus dessen Gewerbebetrieb errechneten sie -nach Abzug nachträglicher Betriebsausgaben i. H. von xxx EUR- mit insgesamt xxx EUR. Sie beantragten aber, die Umsatzsteuererstattung und die Erstattungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht zu berücksichtigen und die Einkommensteuer insoweit abweichend festzusetzen.
Den Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung lehnte das FA mit Bescheid vom 21. November 2013 ab. Der hiergegen erhobene Einspruch wurde damit begründet, dass die aus dem Einkommensteuerbescheid 2008 resultierende Steuerforderung eine Masseverbindlichkeit und keine Neuforderung gegen das insolvenzfreie Vermögen des Klägers sei. Die durch die Umsatzsteuererstattung ausgelöste Einkommensteuer beruhe auf einer Verwaltungshandlung des Insolvenzverwalters. Der Kläger habe lediglich vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen die Umsatzsteuerbescheide Einsprüche eingelegt. Der Insolvenzverwalter habe das unterbrochene Einspruchsverfahren aufgenommen und die Umsatzsteuererstattung nach Änderung der Umsatzsteuerbescheide zur Insolvenzmasse eingezogen.
Im Laufe des Einspruchsverfahrens veranlagte das FA die Kläger mit Bescheid vom 4. Dezember 2013 zusammen zur Einkommensteuer. Dabei setzte das FA die gewerblichen Einkünfte des Klägers wie erklärt mit xxx EUR an. Außerdem zog es einen Verlustvortrag i. H. von xxx EUR ab. Die Einkommensteuer setzte das FA mit xxx EUR fest, den verbleibenden Verlustvortrag zum 31. Dezember 2008 -ebenfalls mit Bescheid vom 4. Dezember 2013- auf 0 EUR. Mit Änderungsbescheid vom 11. Dezember 2013 wurde die Einkommensteuer 2008 auf xxx EUR herabgesetzt. Grund war die zusätzliche Berücksichtigung eines für den Kläger festgestellten Verlustrücktrags aus 2009 i. H. von xxx EUR. Die Kläger legten am 3. Januar 2014 Einspruch gegen die Änderungsbescheide ein.
10 
Das FA wies die Einsprüche wegen Einkommensteuer 2008, Verlustfeststellung und abweichender Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen mit Bescheid vom 31. Juli 2015 als unbegründet zurück. Die aus der Umsatzsteuererstattung als nachträgliche Betriebseinnahme resultierende Einkommensteuer 2008 sei als Jahressteuer erst nach Insolvenzeröffnung entstanden. Es liege daher keine Insolvenzforderung vor. Die Einkommensteuer 2008 beruhe auch nicht auf einer Handlung des Insolvenzverwalters und sei damit keine Masseverbindlichkeit. Da der Spielhallenbetrieb bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingestellt worden sei, hätte der Insolvenzverwalter hinsichtlich des laufenden Betriebs keine Verwaltungsmaßnahmen mehr treffen können. Die Verfolgung eines Rechtsstreits sei keine Rechtshandlung, die die Entstehung der Steuer begründet habe. Das FA sei daher Neugläubiger geworden und könne auf das insolvenzfreie Vermögen des Klägers zugreifen.
11 
Eine abweichende Steuerfestsetzung käme mangels Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit nicht in Betracht. Die sich aus der Steuererhebung ergebenden Härten würden nicht den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderlaufen. Eine Aufrechnung des Umsatzsteuererstattungsanspruchs mit der Einkommensteuerforderung für 2008 sei während des Insolvenzverfahrens nicht möglich gewesen. Die Umsatzsteuererstattung sei in die Insolvenzmasse gefallen und hätte der Befriedigung der Insolvenzgläubiger gedient. Das FA hätte von der Umsatzsteuererstattung aber nicht profitieren können, weil es zu keinem Zeitpunkt Insolvenzgläubiger gewesen sei. Für die aus der Umsatzsteuererstattung entstandene Einkommensteuer könne es nur auf das insolvenzfreie Vermögen zugreifen.
12 
Mit ihrer am 3. September 2015 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Die aus der Umsatzsteuersteuererstattung im Jahr 2008 entstandene Einkommen-steuer sei eine unbefriedigt gebliebene Masseverbindlichkeit gewesen. Die Einkommensteuerfestsetzung gegenüber den Klägern sei daher bereits deswegen rechtswidrig, weil eine Festsetzung gegenüber dem (früheren) Insolvenzverwalter hätte erfolgen müssen. Dieser habe während des Insolvenzverfahrens mangels einer Freigabeerklärung die steuerlichen Pflichten des Klägers zu erfüllen gehabt. Für die im Laufe des Insolvenzverfahrens entstehenden Steuerforderungen könne der Kläger nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr in Haftung genommen werden, weil er keine Insolvenzmasse zurückerhalten habe. Eine Nachhaftung des früheren Insolvenzschuldners sei auf die Vermögensgegenstände beschränkt, über die er nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zurückerhalte.
13 
Das FA gehe zu Unrecht von einer Betriebsaufgabe vor Insolvenzeröffnung aus. Tatsächlich sei der Betrieb erst durch den Insolvenzverwalter am xx.xx. 2003 aufgegeben worden, was die hierdurch begründete Einkommensteuer ebenfalls zu einer Masseverbindlichkeit mache. Aber selbst wenn man mit dem FA von einer Betriebsaufgabe durch den Kläger ausgehe, stelle die Umsatzsteuererstattung im Laufe des Insolvenzverfahrens ein auf die Betriebsaufgabe rückwirkendes Ereignis dar. Die Einkommensteuer 2008 wäre dann eine Insolvenzforderung, für die der Kläger nach der Restschuldbefreiung nicht mehr in Anspruch genommen werden dürfte. Jedenfalls liege keine Neuforderung vor, weil der Kläger nach Insolvenzeröffnung keine Handlungen vorgenommen habe, die Grundlage seiner Besteuerung sein könnten.
14 
Unabhängig von der Rechtswidrigkeit der gegen die Kläger festgesetzten Einkommensteuer 2008 sei eine abweichende Steuerfestsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen unter Außerachtlassung der Umsatzsteuererstattung als nachträgliche Einkünfte geboten. Der Kläger solle Einkommensteuer auf Beträge entrichten, die nicht ihm, sondern dem Insolvenzverwalter zugeflossen und allein den Insolvenzgläubigern zugutegekommen seien.
15 
Die Kläger beantragen,
den Bescheid vom 21. November 2013 und die Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2015 aufzuheben und das FA -ggf. im Wege einer Billigkeitsmaßnahme i.S. von § 163 der Abgabenordnung (AO)- zu verpflichten, den Bescheid über die Einkommensteuer für 2008 vom 11. Dezember 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2015 zu ändern und dabei die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb um xxx Euro zu mindern.
16 
Das FA beantragt unter Hinweis auf seine Einspruchsentscheidung,
die Klage abzuweisen.
17 
Das FA trägt ergänzend vor, dass es letztlich irrelevant sei, ob eine Masseverbindlichkeit oder eine „Neuforderung“ vorliege, da der Kläger als früherer Insolvenzschuldner mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens seine Verfügungsbefugnis über sein Vermögen zurückerhalten habe. Dementsprechend könnten während des Insolvenzverfahrens begründete Steuerschulden noch gegenüber dem Steuerpflichtigen geltend gemacht, so dass der Einkommensteuerbescheid an die Kläger zu adressieren gewesen sei. Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens entfielen die insolvenzrechtlichen Beschränkungen, so dass die nicht befriedigten Steuerforderungen vollstreckt werden könnten.

Entscheidungsgründe

18 
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2008 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-), soweit darin die Umsatzsteuererstattung i. H. von xxx EUR und die bis zur Betriebsaufgabe am xx.xx. 2003 entstandenen Erstattungszinsen i.H. von xxx EUR als gewerbliche Einkünfte des Klägers enthalten sind (1.). Die nach dem xx.xx. 2003 entstandenen Erstattungszinsen hat das FA zu Recht als nachträgliche gewerbliche Einkünfte des Klägers behandelt (2.) und festgesetzt (3.). Eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen war insoweit nicht geboten (4.).
19 
1. Die im Jahr 2008 erstattete Umsatzsteuer und die hieraus bis zur Betriebsaufgabe am xx.xx. 2003 entstandenen Zinsen sind nicht als im Jahr 2008 zugeflossene Betriebseinnahmen, sondern als Aufgabegewinn im Jahr 2003 zu erfassen. Die Erstattung der Umsatzsteuer im Jahr 2008 ist ein auf den Aufgabegewinn im Jahr 2003 zurückrückwirkendes Ereignis.
20 
a) Der Umsatzsteuererstattungsanspruch war bei der Betriebsaufgabe noch nicht bilanzierungsfähig.
21 
Der Kläger war für seine gewerbliche Tätigkeit zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich verpflichtet (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz -EStG- i. V. m. § 238 Handelsgesetzbuch -HGB-). Dementsprechend hätte er die Forderungen gegen das FA auf Erstattung von Umsatzsteuer nach dem handelsrechtlichen Realisationsprinzip in dem Zeitpunkt in seiner Steuerbilanz ansetzen müssen, in welchem der daraus resultierende Gewinn realisiert wurde. Forderungen sind zu aktivieren, sobald sie (unabhängig von der rechtlichen Entstehung) wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht und am Bilanzstichtag hinreichend sicher sind. Bestrittene oder ungewisse Forderungen dürfen erst dann bilanziell angesetzt werden, wenn das Bestreiten aufgegeben wird (vgl. BFH-Urteile vom 26. Februar 2014 I R 12/14, BFH/NV 2014, 1544; vom 15. November 2011 I R 96/10, BFH/NV 2012, 991; vom 14. März 2006 VIII R 60/03, BStBl II 2006, 650; vom 15. März 2000 II R 15/98, BStBl II 2000, 588 und vom 26. April 1989 I R 147/84, BStBl II 1991, 213).
22 
Nach diesen Grundsätzen waren die Umsatzsteuererstattungsansprüche in Zusammenhang mit dem Betrieb von Geldspielautomaten, die vom FA bestritten worden waren, zum ersten Bilanzstichtag zu aktivieren, der auf die vorbehaltlose Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 12. Mai 2005 V R 7/02 (BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617) im BStBl II vom 30. September 2005 folgte (BFH-Urteil vom 31. August 2011 X R 19/10, BFHE 234, 420, BStBl II 2012, 190). Im Streitfall wäre daher der 31. Dezember des Wirtschaftsjahres 2005 der maßgebliche Bilanzstichtag gewesen. Allerdings ist für das Jahr 2005 keine Steuerbilanz mehr erstellt worden, weil der Kläger seine gewerbliche Tätigkeit bereits in 2003 i.S. von § 16 Abs. 3 EStG aufgegeben hatte.
23 
b) Nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs als Veräußerung, die zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt. Eine Betriebsaufgabe i.S. von § 16 Abs. 3 EStG ist ein tatsächlicher Vorgang. Er liegt vor, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss gefasst hat, seine betriebliche Tätigkeit einzustellen und seinen Betrieb als selbständigen Organismus des Wirtschaftslebens aufzulösen, und wenn er in Ausführung dieses Entschlusses alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit an verschiedene Abnehmer veräußert oder in das Privatvermögen überführt (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Urteil vom 19. Mai 2005 IV R 17/02, BFHE 209, 384, BStBl II 2005, 637). Bei einer Betriebsaufgabe ist der Wert des Betriebsvermögens wie bei der Betriebsveräußerung durch eine Bilanz zu ermitteln (§ 16 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 EStG).
24 
Die zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitige Betriebsaufgabe im Jahr 2003 beruhte darauf, dass der Kläger seine in angemieteten Räumen betriebenen Spielhallen in B und C zum xx.xx. 2003 abgemeldet hatte, nachdem die Mietverträge gekündigt worden waren. Das Inventar der Spielhalle in C verkaufte der Kläger. Die Spielgeräte der ebenfalls abgemeldeten Spielhallen in A verkaufte der Insolvenzverwalter am und mit Wirkung zum 21. Juli 2003. Damit war die Betriebs- und Geschäftsausstattung vollständig verwertet und die eigene wirtschaftliche Tätigkeit der Insolvenzmasse beendet (vgl. Bericht des Insolvenzverwalters vom 27. August 2003, Niederschrift über den Berichts- und Prüfungstermin vom 28. August 2003 und Bericht des Insolvenzverwalters vom 3. Dezember 2003).
25 
Soweit die Beteiligten wegen dieser sowohl vom Kläger als auch vom Insolvenzverwalter verwirklichten Aufgabe- und Veräußerungshandlungen darüber streiten, ob die Betriebsaufgabe vor oder nach Insolvenzeröffnung am xx.xx. 2003 stattgefunden hat, ist diese Frage im vorliegenden Zusammenhang nicht rechtserheblich. Die Betriebsaufgabe war im Jahr 2003 abgeschlossen. Der betriebliche Organismus war spätestens am 21. Juli 2003 zerschlagen.
26 
c) Die Umsatzsteuererstattung gehört nicht zu den nachträglichen Betriebseinnahmen i.S. von § 24 Nr. 2 i.V.m. mit § 15 EStG im Streitjahr 2008. Sie ist vielmehr ein auf die Betriebsaufgabe im Jahr 2003 zurückwirkendes Ereignis, das den nach § 16 Abs. 3 EStG zu ermittelnden Aufgabegewinn erhöht.
27 
aa) Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind Umsatzsteuererstattungen aus der geänderten Rechtsprechung zu Glückspielumsätzen als nachträgliche Betriebseinnahme nach § 24 Nr. 2 i.V.m. mit § 15 EStG zu behandeln, wenn der Betrieb wie im vorliegenden Fall bereits veräußert oder aufgegeben wurde (Bundesfinanzministerium -BMF-, Schreiben vom 5. Juli 2006 IV B 2 - S 2141 - 7/06, BStBl I 2006, 418, Tz. 7). Eine Änderung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinns soll damit nicht verbunden sein.
28 
bb) Dem folgt der Senat nicht. Die Zahlung des FA auf eine bei der Betriebsaufgabe wegen ihrer Ungewissheit nicht bilanzierungsfähigen Erstattungsforderung stellt ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar (wie hier Finanzgericht -FG- Düsseldorf, Urteil vom 19. Juli 2016 10 K 2384/10 E, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2016, 1443). Bei einer nachträglichen Vereinnahmung einer ehemals ungewissen oder bestrittenen Forderung tritt der tatsächlich vereinnahmte Betrag an Stelle des gemeinen Wertes der Forderung im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe. Bestrittene betriebliche Forderungen können nicht in das Privatvermögen übernommen werden und bleiben auch nach einer Betriebsaufgabe Betriebsvermögen. Der Betriebsaufgabegewinn wird so ermittelt, als sei die Forderung im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe nach Grund und Höhe unstreitig gewesen. Der Gewinn wird nach Maßgabe des tatsächlich aus der ungewissen Forderung erlösten Betrags angesetzt. Da es sich bei dem nach Betriebsaufgabe vereinnahmten Betrag um einen Teil des Betriebsaufgabegewinns handele, stellt der tatsächliche Zahlungseingang ein rückwirkendes Ereignis dar (BFH-Urteil vom 10. Februar 1994 IV R 37/92, BFHE 174, 140, BStBl II 1994, 564; ebenso BFH-Beschluss vom 23. Februar 1995 III B 134/94, BFH/NV 1995, 1060 sowie grundlegend zum Verhältnis zwischen § 24 Nr. 2 EStG und § 16 EStG in Bezug auf Forderungen BFH, Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897).
29 
d) Ein auf den Betriebsaufgabegewinn zurückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO liegt auch in Bezug auf die Zinsen nach § 233a AO vor, soweit die Erstattungszinsen im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe wirtschaftlich entstanden sind (BFH-Urteil vom 31. August 2011 X R 19/10, BFHE 234, 420, BStBl II 2012, 190). Das FA hat diesen Betrag mit xxx EUR errechnet. Dabei ist es zutreffend von einer Betriebsaufgabe am xx.xx. 2003 ausgegangen.
30 
aa) Auch bei mehraktigen Aufgabevorgängen ist die Aufgabebilanz notwendigerweise einheitlich und umfassend auf einen bestimmten Zeitpunkt zu erstellen, weil der Wert des aufgegebenen Betriebsvermögens nach § 16 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 EStG für den Zeitpunkt der Aufgabe zu ermitteln ist. Dieser Zeitpunkt ist gesetzlich nicht bestimmt. Die Betriebsaufgabe beginnt mit der ersten vom Aufgabeentschluss getragenen Handlung, die objektiv auf die Auflösung des Betriebs gerichtet ist, wie z.B. der Einstellung der produktiven Tätigkeit oder der Veräußerung bestimmter, für die Fortführung des Betriebs unerlässlicher Wirtschaftsgüter (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1993 IV R 42/93, BFHE 173, 285, BStBl II 1994, 385). Der Abgabe einer Aufgabeerklärung bedarf es -anders als im Fall der Betriebsverpachtung im Ganzen- nicht (vgl. BFH-Urteil vom 3. April 2014 X R 16/10, BFH/NV 2014, 1038, m.w.N.). Der Beginn der Betriebsaufgabe setzt nicht die Veräußerung oder Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen voraus. Vielmehr kann auch die Veräußerung beweglichen (sonstigen) Anlagevermögens den Beginn der Betriebsaufgabe markieren (vgl. BFH-Urteil vom 21. Mai 1992 X R 77-78/90, BFH/NV 1992, 659), wenn der Steuerpflichtige dadurch für den Gesamtbetrieb den Willen bekundet, die gewerbliche Tätigkeit endgültig einzustellen. Er beginnt in diesem Fall damit, seine Absicht ins Werk zu setzen. Die Betriebsaufgabe ist beendet, wenn die letzte wesentliche Betriebsgrundlage veräußert oder in das Privatvermögen überführt worden ist.
31 
bb) Wegen der bereits Anfang Mai 2003 gekündigten Mietverträge über die überwiegend auf angemieteten Flächen betriebenen Spielhallen, der vom Kläger im unmittelbaren Anschluss begonnenen Veräußerung von Spielgeräten und der von ihm am xx.xx. 2003 erklärten Gewerbeabmeldungen ist das FA zu Recht von einer Betriebsaufgabe zu diesem Zeitpunkt ausgegangen. Der Insolvenzverwalter hat nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am xx.xx. 2003 die vom Kläger bereits ins Werk gesetzte Betriebsaufgabe nur noch vollendet.
32 
Zwar ist für die Gewinnverwirklichung im Rahmen einer Betriebsaufgabe nicht der Beginn der Betriebsaufgabe, sondern der Zeitpunkt des einzelnen Aufgabeteilakts relevant, so dass der Betriebsaufgabegewinn in verschiedenen Veranlagungszeiträumen entstehen kann (BFH-Urteil vom 2. September 2008 X R 32/05, BFHE 224, 217, BStBl II 2009, 634, m.w.N.). Ebenso kann ein Aufgabegewinn teils vor, teils nach der Insolvenzeröffnung entstanden sein. Vorliegend geht es aber nicht um die Entstehung eines Aufgabegewinns in verschiedenen Veranlagungszeiträumen, sondern um die Aufteilung von Zinsen, die im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe im Jahr 2003 wirtschaftlich entstanden waren. Für diese Aufteilung ist es sachgerecht, auf die Gewerbeabmeldungen und Betriebseinstellungen am xx.xx. 2003 abzustellen.
33 
2. Die nach der Betriebsaufgabe entstandenen Zinsen i. H. von xxx EUR hat das FA zu Recht im Einkommensteuerbescheid 2008 als gewerbliche Einkünfte des Klägers berücksichtigt. Insoweit ist die angefochtene Einkommensteuerfestsetzung 2008 rechtmäßig.
34 
Die in der Zeit nach der Betriebsaufgabe entstandenen Zinsen sind nicht mehr vom Betriebsaufgabegewinn umfasst. Ein auf den Betriebsaufgabegewinn zurückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO liegt nur in Bezug auf die Zinsen nach § 233a AO vor, die im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe bereits entstanden waren. Danach entstandene Zinsen sind als nachträgliche Betriebseinnahmen nach § 24 Nr. 2 i.V.m. mit § 15 EStG nach dem bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG geltenden Zuflussprinzips i.S. von § 11 EStG zu berücksichtigen (vgl. FG des Saarlandes, Urteil vom 12. Mai 2011 1 K 1099/06, juris; BFH-Beschluss vom 5. Juni 2012 I R 51/11, BFH/NV 2012, 1800). Dieser Zinsanteil ist im Jahr der Zahlung 2008 zu erfassen und nicht begünstigt zu besteuern. Erstattungszinsen nach § 233a AO sind keine außerordentlichen Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG. Solche Zinsen erfüllen weder den Tatbestand des § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG noch den des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 25. September 2014 III R 5/12, BFHE 247, 226, BStBl II 2015, 220).
35 
3. Die nach der Betriebsaufgabe entstandenen und im Streitjahr zugeflossenen Zinsen begründen einen Einkommensteueranspruch für 2008, den das FA gegen den Kläger festsetzen durfte. Der Einkommensteuerfestsetzung 2008 steht hier weder entgegen, dass dem Kläger Restschuldbefreiung erteilt wurde, noch dass er nach Abschluss des Insolvenzverfahrens möglicherweise nur begrenzt für Masseverbindlichkeiten haftet.
36 
a) Nach § 155 Abs. 1 Satz 1 AO werden Steuern, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetzt. Nach § 87 der Insolvenzordnung (InsO) können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. Sie haben ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden (§ 174 Abs. 1 Satz 1 InsO). Dementsprechend sind Insolvenzforderungen i.S. von § 38 InsO während eines Insolvenzverfahrens nach § 251 Abs. 3 AO nicht durch Steuerbescheid festzusetzen, sondern allenfalls durch Verwaltungsakt festzustellen. Diese Einschränkungen gelten nicht für Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO, die durch Steuerbescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen sind (vgl. BFH-Urteile vom 29. August 2007 IX R 4/07, BStBl II 2010, 145, und vom 29. Januar 2009 V R 64/07, BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682).
37 
Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens können Insolvenzgläubiger ihre restlichen Insolvenzforderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen (§ 201 Abs. 1 InsO). Diese Nachhaftung tritt nicht ein, wenn dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt (§ 300 Abs. 1 InsO) und nicht widerrufen wurde (§ 303 Abs. 1 InsO). Für nicht getilgte Masseverbindlichkeiten ist streitig, ob die Nachhaftung insolvenzrechtlich auf die nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens an den Schuldner herausgegebenen Gegenstände zu beschränken ist (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 2017 VII R 1/16, BFHE 260, 26).
38 
b) Die gegen den Kläger -in geänderter Höhe- festzusetzende Einkommensteuer 2008 ist eine durch den Insolvenzverwalter bewirkte Masseverbindlichkeit, keine bereits bei Insolvenzeröffnung begründete Insolvenzforderung.
39 
aa) In Bezug auf die Einkommensteuer kommt es für die insolvenzrechtliche Begründung des Steueranspruchs darauf an, ob der einzelne (unselbständige) Besteuerungstatbestand vor oder nach der Insolvenzeröffnung verwirklicht worden ist. Liegt die Verwirklichung nach der Insolvenzeröffnung, sind sonstige Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegeben, die gemäß § 53 InsO vorweg aus der Insolvenzmasse zu berichtigen sind. Demgegenüber liegt eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO vor, wenn die Forderung bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet war. Auf die steuerliche Entstehung der Forderung sowie deren Fälligkeit kommt es nicht an.
40 
Die insolvenzrechtliche Begründetheit eines Steueranspruchs ist zu bejahen, wenn der zugrundeliegende Sachverhalt, der zu der Entstehung des Steueranspruchs führt, bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist. Hierfür können auch zivilrechtliche Umstände maßgeblich sein. Ob und wann ein Besteuerungstatbestand nach seiner Art und Höhe tatbestandlich verwirklicht und damit insolvenzrechtlich begründet ist, richtet sich auch im Anschluss an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausschließlich nach steuerrechtlichen Grundsätzen. Der Veranlagungszeitraum wird durch die Insolvenzeröffnung zwar nicht unterbrochen, allerdings sind die im Veranlagungszeitraum erzielten Einkünften aufzuteilen: Vor Insolvenzeröffnung begründete Steuerforderungen sind Insolvenzforderungen, gemäß § 55 InsO begründete Steuerforderungen sind Masseverbindlichkeiten und sonstige -insolvenzfeste- Einkünfte sind insolvenzfreie Forderungen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 2010 X R 60/08, BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429). Bezogen auf die Einkommensteuer kommt es für die insolvenzrechtliche Begründung der Steuerforderung folglich darauf an, ob der einzelne (unselbständige) Besteuerungstatbestand -insbesondere die Einkünfte nach § 2 Abs. 1 EStG- vor oder nach Insolvenzeröffnung verwirklicht worden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2016 IV B 119/15,BFH/NV 2017, 320; BFH-Urteile vom 09. Dezember 2014 X R 12/12, BFHE 253, 482, BStBl II 2016, 852; vom 16. Mai 2013 IV R 23/11, BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759 und vom 16. November 2004 VII R 75/03, BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193).
41 
bb) Nach diesen Grundsätzen liegt im vorliegenden Fall keine von der Restschuldbefreiung erfasste Insolvenzforderung, sondern eine Masseverbindlichkeit vor. Entscheidend für die insolvenzrechtliche Begründung der Steuerforderung ist bei der Einkommensteuer die Art der Gewinnermittlung. Wird der Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, gilt das Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG. Danach ist der Tatbestand für die Einkommensbesteuerung erst vollständig verwirklicht, wenn die Einnahmen bezogen sind, d.h. dem Steuerpflichtigen zufließen (vgl. BFH-Urteil vom 9. Dezember 2014 X R 12/12, BFHE 253, 482, BStBl II 2016, 852). Die in der Zeit nach der Betriebsaufgabe 2003 entstandenen Erstattungszinsen sind einkommensteuerlich daher erst im Zeitpunkt ihrer Zahlung im Jahr 2008 und damit nach Insolvenzeröffnung zu erfassende Betriebseinnahmen. Diese begründen eine Masseverbindlichkeit und keine Neuforderung. Masseverbindlichkeiten sind nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründeten Verbindlichkeiten, die nicht zu den Kosten des Insolvenzverfahrens gehören.
42 
Die Einkommensteuer 2008 als Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO geht darauf zurück, dass der Kläger Einspruch gegen die ursprünglichen Umsatzsteuerfestsetzungen eingelegt hatte. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurden die Einspruchsverfahren unterbrochen. Der Insolvenzverwalter hat das Verfahren wiederaufgenommen. Die Wiederaufnahme des Einspruchsverfahrens durch den Insolvenzverwalter ist eine Handlung i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, die zu einer Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen für diese Jahre und als Folge geänderter Abrechnungen zu Erstattungsansprüchen geführt hat (ebenso FG Düsseldorf, Urteil vom 19. Juli 2016 10 K 2384/10 E, EFG 2016, 1443, vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 14. Juni 2017 X B 118/16, BFH/NV 2017, 1437).
43 
Eine Masseverbindlichkeit ergibt sich jedenfalls daraus, dass mit der Fortführung des Rechtsbehelfsverfahrens durch den Insolvenzverwalter eine Masseverbindlichkeit „in anderer Weise“ durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet wurde (Fall des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO). Dass es sich hierbei um eine die Insolvenzmasse betreffende Maßnahme handelt, war dem Insolvenzverwalter auch bewusst, da er den möglichen Erstattungsanspruch gegen das FA in seinem Bericht vom 27. August 2003 mit über xxx EUR geschätzt hatte. Entgegen der Auffassung des FA handelt es sich bei der Einkommensteuer 2008 daher nicht um eine durch den Kläger als Insolvenzschuldner im Insolvenzverfahren veranlasste insolvenzfeste Neuforderung. Entscheidend war die Aufnahme des Einspruchsverfahrens durch den Insolvenzverwalter und die von ihm zugunsten der Masse vereinnahmte Umsatzsteuererstattung einschließlich der Zinsen.
44 
c) Der Steuerfestsetzung gegenüber dem Kläger steht auch nicht entgegen, dass er als (ehemaliger) Insolvenzschuldner im Fall der Vollstreckung von Masseverbindlichkeiten die Einrede der beschränkten Haftung erheben könnte. Dabei handelt es sich um eine nicht die Steuerfestsetzung, sondern die Steuererhebung und -vollstreckung betreffende Frage.
45 
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) besteht eine sog. Haftungsbeschränkung für Masseverbindlichkeiten, die nach Verfahrenseröffnung durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters begründet worden sind (BGH-Teilurteil vom 24. September 2009 IX ZR 234/07, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 2010, 69 m. w. N.). Der Insolvenzschuldner bleibe zwar Schuldner aller durch die Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters nach Verfahrenseröffnung begründeten Masseverbindlichkeiten. Allerdings beschränke sich die Haftung während des Verfahrens auf die Gegenstände der Insolvenzmasse. Es handele sich um eine dem Insolvenzverfahren immanente Haftungsbeschränkung. Für diese sei maßgeblich, dass der Verwalter nicht befugt sei, den Schuldner persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen zu verpflichten, weil seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen beschränkt sei. Der BGH verweist dabei auf eine frühere Entscheidung, in der er eine entsprechende Beschränkung der Inanspruchnahme auch für die Zeit nach Beendigung der (Zwangs-)Verwaltung bejaht hat, nachdem also das Verwaltungs- und Verfügungsrecht wieder auf den Vermögensinhaber übergegangen ist (BGH-Urteil vom 25. November 1954 IV ZR 81/54, NJW 1955, 339). Eine Ausnahme von der auf die Insolvenzmasse begrenzten Haftung besteht nur für sog. oktroyierte Masseverbindlichkeiten, die bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden sind. Hier soll es bei der unbeschränkten Haftung des Insolvenzschuldners bereits während des Insolvenzverfahrens verbleiben (vgl. BGH-Urteil vom 28. Juni 2007 IX ZR 73/06, Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht -NZI- 2007, 670). Die hier streitige Einkommensteuer 2008 wäre keine oktroyierte Masseverbindlichkeit, weil sie auf einer Handlung des Insolvenzverwalters beruht und nicht aus der Handlungs- und Verfügungssphäre des Insolvenzschuldners stammt, wie es für vor Insolvenzeröffnung begründeten Dauerschuldverhältnisse typisch ist (vgl. § 90 InsO).
46 
bb) Die insolvenzrechtliche Haftungsbeschränkung soll auch für Steuerforderungen gelten, die während des Insolvenzverfahrens Masseverbindlichkeiten darstellen (vgl. Niedersächsisches FG, Urteil vom 7. März 2017 13 K 178/15, EFG 2017, 1189; kritisch hierzu BFH-Urteil vom 28. November 2017 VII R 1/16, BFHE 260, 26). Dagegen ist die Finanzverwaltung der Auffassung, dass während des Bestehens des Insolvenzverfahrens begründete Steuerschulden nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens mangels gegenteiliger gesetzlicher Regelungen gegenüber dem Steuerpflichtigen geltend gemacht und auch vollstreckt werden können (Anwendungserlass zur Abgabenordnung 2018 -AEAO- zu § 251 AO Nr. 14).
47 
cc) Die Frage, ob dem Kläger die Einrede einer begrenzten Nachhaftung zusteht, kann im vorliegenden, die Steuerfestsetzung betreffenden Verfahren offenbleiben. Auch bei Bestehen einer insolvenzimmanenten Erhebungs- und Vollstreckungsbeschränkung würde diese nicht zum Erlöschen des Steueranspruchs und damit zu einem Festsetzungsverbot führen. Beschränkt wäre nur die Durchsetzbarkeit der Steuerforderung. Sie ist zwar erfüllbar, kann aber gegen den Schuldner nicht mehr geltend gemacht werden (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Mai 2013 VII R 2/12, BFH/NV 2013, 1543). Deshalb kann die Frage, ob eine Erhebungs- und Vollstreckungsbeschränkung besteht, nicht im Festsetzungsverfahren, sondern nur im Abrechnungsverfahren geklärt werden (ebenso: Niedersächsisches FG, Urteile vom 12. Juli 2013 3 K 436/12, EFG 2013, 1985 und vom 7. März 2017 13 K 178/15, EFG 2017, 1189). Es verhält sich ähnlich wie in den Fällen der beschränkten Erbenhaftung, deren Umfang ebenfalls im Abrechnungsverfahren geprüft wird (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 10. November 2015 VII R 35/13, BStBl II 2016, 372).
48 
d) Offen bleiben kann auch, ob der Einkommensteuerbescheid 2008 insoweit rechtswidrig ist, als er trotz einer möglichen Haftungsbeschränkung des Klägers ein Leistungsgebot enthält. Eine hiergegen gerichtete Klage wäre unzulässig, weil die Kläger nur gegen den Einkommensteuerbescheid 2008, nicht aber gegen das darin enthaltene Leistungsgebot Einspruch eingelegt haben. Insoweit ist das gemäß § 44 Abs. 1 FGO erforderliche Vorverfahren nicht durchgeführt worden. Selbst ein mit dem Einspruch gestellter Antrag auf Aussetzung eines Einkommensteuerbescheids kann nicht zugleich als Einspruch gegen das Leistungsgebot ausgelegt werden (BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2002 VII B 66/02, BFH/NV 2003, 592). Im Übrigen darf eine Masseverbindlichkeit grundsätzlich mittels Leistungsgebot festgesetzt werden (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 19. Juli 2016 10 K 2384/10 E, EFG 2016, 1443 m.w.N.).
49 
4. Der Klage kann auch aus Billigkeitsgründen nicht vollständig stattgegeben werden.
50 
Nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Entscheidung über den Erlass von Steuern i.S. des § 163 AO ist eine Ermessensentscheidung, die nach § 102 FGO vom Gericht nur auf Ermessensfehler hin überprüft werden kann.
51 
Für eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen ist im vorliegenden Fall kein Raum. Über die Frage, ob der Kläger für die ihm anteilig zurechenbaren Erstattungszinsen des Jahres 2008 nach Abschluss des Insolvenzverfahrens einkommensteuerlich einzustehen hat, ist aus den oben genannten Gründen nicht im Verfahren der Steuerfestsetzung, sondern der Steuererhebung und -vollstreckung zu entscheiden.
52 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
53 
6. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 FGO.

Gründe

18 
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2008 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-), soweit darin die Umsatzsteuererstattung i. H. von xxx EUR und die bis zur Betriebsaufgabe am xx.xx. 2003 entstandenen Erstattungszinsen i.H. von xxx EUR als gewerbliche Einkünfte des Klägers enthalten sind (1.). Die nach dem xx.xx. 2003 entstandenen Erstattungszinsen hat das FA zu Recht als nachträgliche gewerbliche Einkünfte des Klägers behandelt (2.) und festgesetzt (3.). Eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen war insoweit nicht geboten (4.).
19 
1. Die im Jahr 2008 erstattete Umsatzsteuer und die hieraus bis zur Betriebsaufgabe am xx.xx. 2003 entstandenen Zinsen sind nicht als im Jahr 2008 zugeflossene Betriebseinnahmen, sondern als Aufgabegewinn im Jahr 2003 zu erfassen. Die Erstattung der Umsatzsteuer im Jahr 2008 ist ein auf den Aufgabegewinn im Jahr 2003 zurückrückwirkendes Ereignis.
20 
a) Der Umsatzsteuererstattungsanspruch war bei der Betriebsaufgabe noch nicht bilanzierungsfähig.
21 
Der Kläger war für seine gewerbliche Tätigkeit zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich verpflichtet (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz -EStG- i. V. m. § 238 Handelsgesetzbuch -HGB-). Dementsprechend hätte er die Forderungen gegen das FA auf Erstattung von Umsatzsteuer nach dem handelsrechtlichen Realisationsprinzip in dem Zeitpunkt in seiner Steuerbilanz ansetzen müssen, in welchem der daraus resultierende Gewinn realisiert wurde. Forderungen sind zu aktivieren, sobald sie (unabhängig von der rechtlichen Entstehung) wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht und am Bilanzstichtag hinreichend sicher sind. Bestrittene oder ungewisse Forderungen dürfen erst dann bilanziell angesetzt werden, wenn das Bestreiten aufgegeben wird (vgl. BFH-Urteile vom 26. Februar 2014 I R 12/14, BFH/NV 2014, 1544; vom 15. November 2011 I R 96/10, BFH/NV 2012, 991; vom 14. März 2006 VIII R 60/03, BStBl II 2006, 650; vom 15. März 2000 II R 15/98, BStBl II 2000, 588 und vom 26. April 1989 I R 147/84, BStBl II 1991, 213).
22 
Nach diesen Grundsätzen waren die Umsatzsteuererstattungsansprüche in Zusammenhang mit dem Betrieb von Geldspielautomaten, die vom FA bestritten worden waren, zum ersten Bilanzstichtag zu aktivieren, der auf die vorbehaltlose Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 12. Mai 2005 V R 7/02 (BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617) im BStBl II vom 30. September 2005 folgte (BFH-Urteil vom 31. August 2011 X R 19/10, BFHE 234, 420, BStBl II 2012, 190). Im Streitfall wäre daher der 31. Dezember des Wirtschaftsjahres 2005 der maßgebliche Bilanzstichtag gewesen. Allerdings ist für das Jahr 2005 keine Steuerbilanz mehr erstellt worden, weil der Kläger seine gewerbliche Tätigkeit bereits in 2003 i.S. von § 16 Abs. 3 EStG aufgegeben hatte.
23 
b) Nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs als Veräußerung, die zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt. Eine Betriebsaufgabe i.S. von § 16 Abs. 3 EStG ist ein tatsächlicher Vorgang. Er liegt vor, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss gefasst hat, seine betriebliche Tätigkeit einzustellen und seinen Betrieb als selbständigen Organismus des Wirtschaftslebens aufzulösen, und wenn er in Ausführung dieses Entschlusses alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit an verschiedene Abnehmer veräußert oder in das Privatvermögen überführt (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Urteil vom 19. Mai 2005 IV R 17/02, BFHE 209, 384, BStBl II 2005, 637). Bei einer Betriebsaufgabe ist der Wert des Betriebsvermögens wie bei der Betriebsveräußerung durch eine Bilanz zu ermitteln (§ 16 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 EStG).
24 
Die zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitige Betriebsaufgabe im Jahr 2003 beruhte darauf, dass der Kläger seine in angemieteten Räumen betriebenen Spielhallen in B und C zum xx.xx. 2003 abgemeldet hatte, nachdem die Mietverträge gekündigt worden waren. Das Inventar der Spielhalle in C verkaufte der Kläger. Die Spielgeräte der ebenfalls abgemeldeten Spielhallen in A verkaufte der Insolvenzverwalter am und mit Wirkung zum 21. Juli 2003. Damit war die Betriebs- und Geschäftsausstattung vollständig verwertet und die eigene wirtschaftliche Tätigkeit der Insolvenzmasse beendet (vgl. Bericht des Insolvenzverwalters vom 27. August 2003, Niederschrift über den Berichts- und Prüfungstermin vom 28. August 2003 und Bericht des Insolvenzverwalters vom 3. Dezember 2003).
25 
Soweit die Beteiligten wegen dieser sowohl vom Kläger als auch vom Insolvenzverwalter verwirklichten Aufgabe- und Veräußerungshandlungen darüber streiten, ob die Betriebsaufgabe vor oder nach Insolvenzeröffnung am xx.xx. 2003 stattgefunden hat, ist diese Frage im vorliegenden Zusammenhang nicht rechtserheblich. Die Betriebsaufgabe war im Jahr 2003 abgeschlossen. Der betriebliche Organismus war spätestens am 21. Juli 2003 zerschlagen.
26 
c) Die Umsatzsteuererstattung gehört nicht zu den nachträglichen Betriebseinnahmen i.S. von § 24 Nr. 2 i.V.m. mit § 15 EStG im Streitjahr 2008. Sie ist vielmehr ein auf die Betriebsaufgabe im Jahr 2003 zurückwirkendes Ereignis, das den nach § 16 Abs. 3 EStG zu ermittelnden Aufgabegewinn erhöht.
27 
aa) Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind Umsatzsteuererstattungen aus der geänderten Rechtsprechung zu Glückspielumsätzen als nachträgliche Betriebseinnahme nach § 24 Nr. 2 i.V.m. mit § 15 EStG zu behandeln, wenn der Betrieb wie im vorliegenden Fall bereits veräußert oder aufgegeben wurde (Bundesfinanzministerium -BMF-, Schreiben vom 5. Juli 2006 IV B 2 - S 2141 - 7/06, BStBl I 2006, 418, Tz. 7). Eine Änderung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinns soll damit nicht verbunden sein.
28 
bb) Dem folgt der Senat nicht. Die Zahlung des FA auf eine bei der Betriebsaufgabe wegen ihrer Ungewissheit nicht bilanzierungsfähigen Erstattungsforderung stellt ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar (wie hier Finanzgericht -FG- Düsseldorf, Urteil vom 19. Juli 2016 10 K 2384/10 E, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2016, 1443). Bei einer nachträglichen Vereinnahmung einer ehemals ungewissen oder bestrittenen Forderung tritt der tatsächlich vereinnahmte Betrag an Stelle des gemeinen Wertes der Forderung im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe. Bestrittene betriebliche Forderungen können nicht in das Privatvermögen übernommen werden und bleiben auch nach einer Betriebsaufgabe Betriebsvermögen. Der Betriebsaufgabegewinn wird so ermittelt, als sei die Forderung im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe nach Grund und Höhe unstreitig gewesen. Der Gewinn wird nach Maßgabe des tatsächlich aus der ungewissen Forderung erlösten Betrags angesetzt. Da es sich bei dem nach Betriebsaufgabe vereinnahmten Betrag um einen Teil des Betriebsaufgabegewinns handele, stellt der tatsächliche Zahlungseingang ein rückwirkendes Ereignis dar (BFH-Urteil vom 10. Februar 1994 IV R 37/92, BFHE 174, 140, BStBl II 1994, 564; ebenso BFH-Beschluss vom 23. Februar 1995 III B 134/94, BFH/NV 1995, 1060 sowie grundlegend zum Verhältnis zwischen § 24 Nr. 2 EStG und § 16 EStG in Bezug auf Forderungen BFH, Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897).
29 
d) Ein auf den Betriebsaufgabegewinn zurückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO liegt auch in Bezug auf die Zinsen nach § 233a AO vor, soweit die Erstattungszinsen im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe wirtschaftlich entstanden sind (BFH-Urteil vom 31. August 2011 X R 19/10, BFHE 234, 420, BStBl II 2012, 190). Das FA hat diesen Betrag mit xxx EUR errechnet. Dabei ist es zutreffend von einer Betriebsaufgabe am xx.xx. 2003 ausgegangen.
30 
aa) Auch bei mehraktigen Aufgabevorgängen ist die Aufgabebilanz notwendigerweise einheitlich und umfassend auf einen bestimmten Zeitpunkt zu erstellen, weil der Wert des aufgegebenen Betriebsvermögens nach § 16 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 EStG für den Zeitpunkt der Aufgabe zu ermitteln ist. Dieser Zeitpunkt ist gesetzlich nicht bestimmt. Die Betriebsaufgabe beginnt mit der ersten vom Aufgabeentschluss getragenen Handlung, die objektiv auf die Auflösung des Betriebs gerichtet ist, wie z.B. der Einstellung der produktiven Tätigkeit oder der Veräußerung bestimmter, für die Fortführung des Betriebs unerlässlicher Wirtschaftsgüter (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1993 IV R 42/93, BFHE 173, 285, BStBl II 1994, 385). Der Abgabe einer Aufgabeerklärung bedarf es -anders als im Fall der Betriebsverpachtung im Ganzen- nicht (vgl. BFH-Urteil vom 3. April 2014 X R 16/10, BFH/NV 2014, 1038, m.w.N.). Der Beginn der Betriebsaufgabe setzt nicht die Veräußerung oder Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen voraus. Vielmehr kann auch die Veräußerung beweglichen (sonstigen) Anlagevermögens den Beginn der Betriebsaufgabe markieren (vgl. BFH-Urteil vom 21. Mai 1992 X R 77-78/90, BFH/NV 1992, 659), wenn der Steuerpflichtige dadurch für den Gesamtbetrieb den Willen bekundet, die gewerbliche Tätigkeit endgültig einzustellen. Er beginnt in diesem Fall damit, seine Absicht ins Werk zu setzen. Die Betriebsaufgabe ist beendet, wenn die letzte wesentliche Betriebsgrundlage veräußert oder in das Privatvermögen überführt worden ist.
31 
bb) Wegen der bereits Anfang Mai 2003 gekündigten Mietverträge über die überwiegend auf angemieteten Flächen betriebenen Spielhallen, der vom Kläger im unmittelbaren Anschluss begonnenen Veräußerung von Spielgeräten und der von ihm am xx.xx. 2003 erklärten Gewerbeabmeldungen ist das FA zu Recht von einer Betriebsaufgabe zu diesem Zeitpunkt ausgegangen. Der Insolvenzverwalter hat nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am xx.xx. 2003 die vom Kläger bereits ins Werk gesetzte Betriebsaufgabe nur noch vollendet.
32 
Zwar ist für die Gewinnverwirklichung im Rahmen einer Betriebsaufgabe nicht der Beginn der Betriebsaufgabe, sondern der Zeitpunkt des einzelnen Aufgabeteilakts relevant, so dass der Betriebsaufgabegewinn in verschiedenen Veranlagungszeiträumen entstehen kann (BFH-Urteil vom 2. September 2008 X R 32/05, BFHE 224, 217, BStBl II 2009, 634, m.w.N.). Ebenso kann ein Aufgabegewinn teils vor, teils nach der Insolvenzeröffnung entstanden sein. Vorliegend geht es aber nicht um die Entstehung eines Aufgabegewinns in verschiedenen Veranlagungszeiträumen, sondern um die Aufteilung von Zinsen, die im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe im Jahr 2003 wirtschaftlich entstanden waren. Für diese Aufteilung ist es sachgerecht, auf die Gewerbeabmeldungen und Betriebseinstellungen am xx.xx. 2003 abzustellen.
33 
2. Die nach der Betriebsaufgabe entstandenen Zinsen i. H. von xxx EUR hat das FA zu Recht im Einkommensteuerbescheid 2008 als gewerbliche Einkünfte des Klägers berücksichtigt. Insoweit ist die angefochtene Einkommensteuerfestsetzung 2008 rechtmäßig.
34 
Die in der Zeit nach der Betriebsaufgabe entstandenen Zinsen sind nicht mehr vom Betriebsaufgabegewinn umfasst. Ein auf den Betriebsaufgabegewinn zurückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO liegt nur in Bezug auf die Zinsen nach § 233a AO vor, die im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe bereits entstanden waren. Danach entstandene Zinsen sind als nachträgliche Betriebseinnahmen nach § 24 Nr. 2 i.V.m. mit § 15 EStG nach dem bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG geltenden Zuflussprinzips i.S. von § 11 EStG zu berücksichtigen (vgl. FG des Saarlandes, Urteil vom 12. Mai 2011 1 K 1099/06, juris; BFH-Beschluss vom 5. Juni 2012 I R 51/11, BFH/NV 2012, 1800). Dieser Zinsanteil ist im Jahr der Zahlung 2008 zu erfassen und nicht begünstigt zu besteuern. Erstattungszinsen nach § 233a AO sind keine außerordentlichen Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG. Solche Zinsen erfüllen weder den Tatbestand des § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG noch den des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 25. September 2014 III R 5/12, BFHE 247, 226, BStBl II 2015, 220).
35 
3. Die nach der Betriebsaufgabe entstandenen und im Streitjahr zugeflossenen Zinsen begründen einen Einkommensteueranspruch für 2008, den das FA gegen den Kläger festsetzen durfte. Der Einkommensteuerfestsetzung 2008 steht hier weder entgegen, dass dem Kläger Restschuldbefreiung erteilt wurde, noch dass er nach Abschluss des Insolvenzverfahrens möglicherweise nur begrenzt für Masseverbindlichkeiten haftet.
36 
a) Nach § 155 Abs. 1 Satz 1 AO werden Steuern, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetzt. Nach § 87 der Insolvenzordnung (InsO) können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. Sie haben ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden (§ 174 Abs. 1 Satz 1 InsO). Dementsprechend sind Insolvenzforderungen i.S. von § 38 InsO während eines Insolvenzverfahrens nach § 251 Abs. 3 AO nicht durch Steuerbescheid festzusetzen, sondern allenfalls durch Verwaltungsakt festzustellen. Diese Einschränkungen gelten nicht für Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO, die durch Steuerbescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen sind (vgl. BFH-Urteile vom 29. August 2007 IX R 4/07, BStBl II 2010, 145, und vom 29. Januar 2009 V R 64/07, BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682).
37 
Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens können Insolvenzgläubiger ihre restlichen Insolvenzforderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen (§ 201 Abs. 1 InsO). Diese Nachhaftung tritt nicht ein, wenn dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt (§ 300 Abs. 1 InsO) und nicht widerrufen wurde (§ 303 Abs. 1 InsO). Für nicht getilgte Masseverbindlichkeiten ist streitig, ob die Nachhaftung insolvenzrechtlich auf die nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens an den Schuldner herausgegebenen Gegenstände zu beschränken ist (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 2017 VII R 1/16, BFHE 260, 26).
38 
b) Die gegen den Kläger -in geänderter Höhe- festzusetzende Einkommensteuer 2008 ist eine durch den Insolvenzverwalter bewirkte Masseverbindlichkeit, keine bereits bei Insolvenzeröffnung begründete Insolvenzforderung.
39 
aa) In Bezug auf die Einkommensteuer kommt es für die insolvenzrechtliche Begründung des Steueranspruchs darauf an, ob der einzelne (unselbständige) Besteuerungstatbestand vor oder nach der Insolvenzeröffnung verwirklicht worden ist. Liegt die Verwirklichung nach der Insolvenzeröffnung, sind sonstige Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegeben, die gemäß § 53 InsO vorweg aus der Insolvenzmasse zu berichtigen sind. Demgegenüber liegt eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO vor, wenn die Forderung bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet war. Auf die steuerliche Entstehung der Forderung sowie deren Fälligkeit kommt es nicht an.
40 
Die insolvenzrechtliche Begründetheit eines Steueranspruchs ist zu bejahen, wenn der zugrundeliegende Sachverhalt, der zu der Entstehung des Steueranspruchs führt, bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist. Hierfür können auch zivilrechtliche Umstände maßgeblich sein. Ob und wann ein Besteuerungstatbestand nach seiner Art und Höhe tatbestandlich verwirklicht und damit insolvenzrechtlich begründet ist, richtet sich auch im Anschluss an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausschließlich nach steuerrechtlichen Grundsätzen. Der Veranlagungszeitraum wird durch die Insolvenzeröffnung zwar nicht unterbrochen, allerdings sind die im Veranlagungszeitraum erzielten Einkünften aufzuteilen: Vor Insolvenzeröffnung begründete Steuerforderungen sind Insolvenzforderungen, gemäß § 55 InsO begründete Steuerforderungen sind Masseverbindlichkeiten und sonstige -insolvenzfeste- Einkünfte sind insolvenzfreie Forderungen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 2010 X R 60/08, BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429). Bezogen auf die Einkommensteuer kommt es für die insolvenzrechtliche Begründung der Steuerforderung folglich darauf an, ob der einzelne (unselbständige) Besteuerungstatbestand -insbesondere die Einkünfte nach § 2 Abs. 1 EStG- vor oder nach Insolvenzeröffnung verwirklicht worden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2016 IV B 119/15,BFH/NV 2017, 320; BFH-Urteile vom 09. Dezember 2014 X R 12/12, BFHE 253, 482, BStBl II 2016, 852; vom 16. Mai 2013 IV R 23/11, BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759 und vom 16. November 2004 VII R 75/03, BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193).
41 
bb) Nach diesen Grundsätzen liegt im vorliegenden Fall keine von der Restschuldbefreiung erfasste Insolvenzforderung, sondern eine Masseverbindlichkeit vor. Entscheidend für die insolvenzrechtliche Begründung der Steuerforderung ist bei der Einkommensteuer die Art der Gewinnermittlung. Wird der Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, gilt das Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG. Danach ist der Tatbestand für die Einkommensbesteuerung erst vollständig verwirklicht, wenn die Einnahmen bezogen sind, d.h. dem Steuerpflichtigen zufließen (vgl. BFH-Urteil vom 9. Dezember 2014 X R 12/12, BFHE 253, 482, BStBl II 2016, 852). Die in der Zeit nach der Betriebsaufgabe 2003 entstandenen Erstattungszinsen sind einkommensteuerlich daher erst im Zeitpunkt ihrer Zahlung im Jahr 2008 und damit nach Insolvenzeröffnung zu erfassende Betriebseinnahmen. Diese begründen eine Masseverbindlichkeit und keine Neuforderung. Masseverbindlichkeiten sind nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründeten Verbindlichkeiten, die nicht zu den Kosten des Insolvenzverfahrens gehören.
42 
Die Einkommensteuer 2008 als Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO geht darauf zurück, dass der Kläger Einspruch gegen die ursprünglichen Umsatzsteuerfestsetzungen eingelegt hatte. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurden die Einspruchsverfahren unterbrochen. Der Insolvenzverwalter hat das Verfahren wiederaufgenommen. Die Wiederaufnahme des Einspruchsverfahrens durch den Insolvenzverwalter ist eine Handlung i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, die zu einer Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen für diese Jahre und als Folge geänderter Abrechnungen zu Erstattungsansprüchen geführt hat (ebenso FG Düsseldorf, Urteil vom 19. Juli 2016 10 K 2384/10 E, EFG 2016, 1443, vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 14. Juni 2017 X B 118/16, BFH/NV 2017, 1437).
43 
Eine Masseverbindlichkeit ergibt sich jedenfalls daraus, dass mit der Fortführung des Rechtsbehelfsverfahrens durch den Insolvenzverwalter eine Masseverbindlichkeit „in anderer Weise“ durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet wurde (Fall des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO). Dass es sich hierbei um eine die Insolvenzmasse betreffende Maßnahme handelt, war dem Insolvenzverwalter auch bewusst, da er den möglichen Erstattungsanspruch gegen das FA in seinem Bericht vom 27. August 2003 mit über xxx EUR geschätzt hatte. Entgegen der Auffassung des FA handelt es sich bei der Einkommensteuer 2008 daher nicht um eine durch den Kläger als Insolvenzschuldner im Insolvenzverfahren veranlasste insolvenzfeste Neuforderung. Entscheidend war die Aufnahme des Einspruchsverfahrens durch den Insolvenzverwalter und die von ihm zugunsten der Masse vereinnahmte Umsatzsteuererstattung einschließlich der Zinsen.
44 
c) Der Steuerfestsetzung gegenüber dem Kläger steht auch nicht entgegen, dass er als (ehemaliger) Insolvenzschuldner im Fall der Vollstreckung von Masseverbindlichkeiten die Einrede der beschränkten Haftung erheben könnte. Dabei handelt es sich um eine nicht die Steuerfestsetzung, sondern die Steuererhebung und -vollstreckung betreffende Frage.
45 
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) besteht eine sog. Haftungsbeschränkung für Masseverbindlichkeiten, die nach Verfahrenseröffnung durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters begründet worden sind (BGH-Teilurteil vom 24. September 2009 IX ZR 234/07, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 2010, 69 m. w. N.). Der Insolvenzschuldner bleibe zwar Schuldner aller durch die Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters nach Verfahrenseröffnung begründeten Masseverbindlichkeiten. Allerdings beschränke sich die Haftung während des Verfahrens auf die Gegenstände der Insolvenzmasse. Es handele sich um eine dem Insolvenzverfahren immanente Haftungsbeschränkung. Für diese sei maßgeblich, dass der Verwalter nicht befugt sei, den Schuldner persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen zu verpflichten, weil seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen beschränkt sei. Der BGH verweist dabei auf eine frühere Entscheidung, in der er eine entsprechende Beschränkung der Inanspruchnahme auch für die Zeit nach Beendigung der (Zwangs-)Verwaltung bejaht hat, nachdem also das Verwaltungs- und Verfügungsrecht wieder auf den Vermögensinhaber übergegangen ist (BGH-Urteil vom 25. November 1954 IV ZR 81/54, NJW 1955, 339). Eine Ausnahme von der auf die Insolvenzmasse begrenzten Haftung besteht nur für sog. oktroyierte Masseverbindlichkeiten, die bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden sind. Hier soll es bei der unbeschränkten Haftung des Insolvenzschuldners bereits während des Insolvenzverfahrens verbleiben (vgl. BGH-Urteil vom 28. Juni 2007 IX ZR 73/06, Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht -NZI- 2007, 670). Die hier streitige Einkommensteuer 2008 wäre keine oktroyierte Masseverbindlichkeit, weil sie auf einer Handlung des Insolvenzverwalters beruht und nicht aus der Handlungs- und Verfügungssphäre des Insolvenzschuldners stammt, wie es für vor Insolvenzeröffnung begründeten Dauerschuldverhältnisse typisch ist (vgl. § 90 InsO).
46 
bb) Die insolvenzrechtliche Haftungsbeschränkung soll auch für Steuerforderungen gelten, die während des Insolvenzverfahrens Masseverbindlichkeiten darstellen (vgl. Niedersächsisches FG, Urteil vom 7. März 2017 13 K 178/15, EFG 2017, 1189; kritisch hierzu BFH-Urteil vom 28. November 2017 VII R 1/16, BFHE 260, 26). Dagegen ist die Finanzverwaltung der Auffassung, dass während des Bestehens des Insolvenzverfahrens begründete Steuerschulden nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens mangels gegenteiliger gesetzlicher Regelungen gegenüber dem Steuerpflichtigen geltend gemacht und auch vollstreckt werden können (Anwendungserlass zur Abgabenordnung 2018 -AEAO- zu § 251 AO Nr. 14).
47 
cc) Die Frage, ob dem Kläger die Einrede einer begrenzten Nachhaftung zusteht, kann im vorliegenden, die Steuerfestsetzung betreffenden Verfahren offenbleiben. Auch bei Bestehen einer insolvenzimmanenten Erhebungs- und Vollstreckungsbeschränkung würde diese nicht zum Erlöschen des Steueranspruchs und damit zu einem Festsetzungsverbot führen. Beschränkt wäre nur die Durchsetzbarkeit der Steuerforderung. Sie ist zwar erfüllbar, kann aber gegen den Schuldner nicht mehr geltend gemacht werden (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Mai 2013 VII R 2/12, BFH/NV 2013, 1543). Deshalb kann die Frage, ob eine Erhebungs- und Vollstreckungsbeschränkung besteht, nicht im Festsetzungsverfahren, sondern nur im Abrechnungsverfahren geklärt werden (ebenso: Niedersächsisches FG, Urteile vom 12. Juli 2013 3 K 436/12, EFG 2013, 1985 und vom 7. März 2017 13 K 178/15, EFG 2017, 1189). Es verhält sich ähnlich wie in den Fällen der beschränkten Erbenhaftung, deren Umfang ebenfalls im Abrechnungsverfahren geprüft wird (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 10. November 2015 VII R 35/13, BStBl II 2016, 372).
48 
d) Offen bleiben kann auch, ob der Einkommensteuerbescheid 2008 insoweit rechtswidrig ist, als er trotz einer möglichen Haftungsbeschränkung des Klägers ein Leistungsgebot enthält. Eine hiergegen gerichtete Klage wäre unzulässig, weil die Kläger nur gegen den Einkommensteuerbescheid 2008, nicht aber gegen das darin enthaltene Leistungsgebot Einspruch eingelegt haben. Insoweit ist das gemäß § 44 Abs. 1 FGO erforderliche Vorverfahren nicht durchgeführt worden. Selbst ein mit dem Einspruch gestellter Antrag auf Aussetzung eines Einkommensteuerbescheids kann nicht zugleich als Einspruch gegen das Leistungsgebot ausgelegt werden (BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2002 VII B 66/02, BFH/NV 2003, 592). Im Übrigen darf eine Masseverbindlichkeit grundsätzlich mittels Leistungsgebot festgesetzt werden (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 19. Juli 2016 10 K 2384/10 E, EFG 2016, 1443 m.w.N.).
49 
4. Der Klage kann auch aus Billigkeitsgründen nicht vollständig stattgegeben werden.
50 
Nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Entscheidung über den Erlass von Steuern i.S. des § 163 AO ist eine Ermessensentscheidung, die nach § 102 FGO vom Gericht nur auf Ermessensfehler hin überprüft werden kann.
51 
Für eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen ist im vorliegenden Fall kein Raum. Über die Frage, ob der Kläger für die ihm anteilig zurechenbaren Erstattungszinsen des Jahres 2008 nach Abschluss des Insolvenzverfahrens einkommensteuerlich einzustehen hat, ist aus den oben genannten Gründen nicht im Verfahren der Steuerfestsetzung, sondern der Steuererhebung und -vollstreckung zu entscheiden.
52 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
53 
6. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 FGO.

Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 05. Juli 2018 - 1 K 2502/15

Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 05. Juli 2018 - 1 K 2502/15

Referenzen - Gesetze

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu
Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 05. Juli 2018 - 1 K 2502/15 zitiert 34 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Einkommensteuergesetz - EStG | § 4 Gewinnbegriff im Allgemeinen


(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 100


(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an di

Einkommensteuergesetz - EStG | § 2 Umfang der Besteuerung, Begriffsbestimmungen


(1) 1Der Einkommensteuer unterliegen 1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb,3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit,4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,5. Einkünfte aus Kapitalvermögen,6. Einkünfte aus Vermiet

Einkommensteuergesetz - EStG | § 15 Einkünfte aus Gewerbebetrieb


(1) 1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind 1. Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen. 2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 151


(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; §

Abgabenordnung - AO 1977 | § 175 Änderung von Steuerbescheiden auf Grund von Grundlagenbescheiden und bei rückwirkenden Ereignissen


(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,1.soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,2.soweit ein Ereignis eintritt, das steu

Einkommensteuergesetz - EStG | § 16 Veräußerung des Betriebs


(1) 1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung 1. des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs. 2Als Teilbetrieb gilt auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapit

Einkommensteuergesetz - EStG | § 34 Außerordentliche Einkünfte


(1) 1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen. 2Die für die außeror

Insolvenzordnung - InsO | § 80 Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts


(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. (2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsve

Insolvenzordnung - InsO | § 55 Sonstige Masseverbindlichkeiten


(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten: 1. die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzv

Abgabenordnung - AO 1977 | § 163 Abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen


(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mi

Abgabenordnung - AO 1977 | § 233a Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen


(1) Führt die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einem Unterschiedsbetrag im Sinne des Absatzes 3, ist dieser zu verzinsen. Dies gilt nicht für die Festsetzung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträ

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(1) 1Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. 2Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu

Insolvenzordnung - InsO | § 38 Begriff der Insolvenzgläubiger


Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 102


Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Er

Insolvenzordnung - InsO | § 174 Anmeldung der Forderungen


(1) Die Insolvenzgläubiger haben ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden. Der Anmeldung sollen die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden. Zur Vertretung des Gläubigers im Verfahren nach die

Abgabenordnung - AO 1977 | § 155 Steuerfestsetzung


(1) Die Steuern werden, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetzt. Steuerbescheid ist der nach § 122 Abs. 1 bekannt gegebene Verwaltungsakt. Dies gilt auch für die volle oder teilweise Freistellu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 44


(1) In den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, ist die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist. (2) Ge

Abgabenordnung - AO 1977 | § 251 Vollstreckbare Verwaltungsakte


(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem

Insolvenzordnung - InsO | § 87 Forderungen der Insolvenzgläubiger


Die Insolvenzgläubiger können ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen.

Insolvenzordnung - InsO | § 201 Rechte der Insolvenzgläubiger nach Verfahrensaufhebung


(1) Die Insolvenzgläubiger können nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ihre restlichen Forderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen. (2) Die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfun

Insolvenzordnung - InsO | § 300 Entscheidung über die Restschuldbefreiung


(1) Das Insolvenzgericht entscheidet nach dem regulären Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Der Beschluss ergeht nach Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters oder Treuhänders und des Schuldners. Ein

Einkommensteuergesetz - EStG | § 24


Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Absatz 1 gehören auch 1. Entschädigungen, die gewährt worden sind a) als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oderb) für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteili

Insolvenzordnung - InsO | § 53 Massegläubiger


Aus der Insolvenzmasse sind die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten vorweg zu berichtigen.

Handelsgesetzbuch - HGB | § 238 Buchführungspflicht


(1) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Die Buchführung muß so beschaffen sein, daß sie einem sac

Insolvenzordnung - InsO | § 303 Widerruf der Restschuldbefreiung


(1) Auf Antrag eines Insolvenzgläubigers widerruft das Insolvenzgericht die Erteilung der Restschuldbefreiung, wenn 1. sich nachträglich herausstellt, dass der Schuldner eine seiner Obliegenheiten vorsätzlich verletzt und dadurch die Befriedigung der

Insolvenzordnung - InsO | § 90 Vollstreckungsverbot bei Masseverbindlichkeiten


(1) Zwangsvollstreckungen wegen Masseverbindlichkeiten, die nicht durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden sind, sind für die Dauer von sechs Monaten seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unzulässig. (2) Nicht als d

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Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn B (im Folgenden: Steuerpflichtiger). Über das Vermögen wurde a

Referenzen

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Die Buchführung muß so beschaffen sein, daß sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen.

(2) Der Kaufmann ist verpflichtet, eine mit der Urschrift übereinstimmende Wiedergabe der abgesandten Handelsbriefe (Kopie, Abdruck, Abschrift oder sonstige Wiedergabe des Wortlauts auf einem Schrift-, Bild- oder anderen Datenträger) zurückzubehalten.

Tatbestand

1

A. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hat mit seiner Revision das Urteil der Vorinstanz im Hinblick auf die Bescheide des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) über Körperschaftsteuer 2008 und Gewerbesteuermessbeträgen 2006 bis 2008 sowie über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2004 und des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2004 angefochten. Aus dem unter dem Aktenzeichen I R 59/12 anhängigen Verfahren wurde das Verfahren wegen der Feststellungsbescheide durch Beschluss vom 26. Februar 2014 abgetrennt (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Es wird insoweit unter dem hiesigen Aktenzeichen I R 12/14 weitergeführt und ist allein Gegenstand dieser Entscheidung. Gestritten wird unter den Beteiligten hierbei über die bilanziellen Folgen der Einbuchung einer Gesellschafterforderung im Streitjahr 2004.

2

Der Kläger war Insolvenzverwalter in dem am … Juli 2005 eröffneten und am … November 2012 nach vollzogener Schlussverteilung aufgehobenen Insolvenzverfahren über das Vermögen der B-GmbH. Unternehmensgegenstand der 1992 errichteten B-GmbH war die Erbringung von Dienstleistungen aller Art im Zusammenhang mit der Durchführung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme einschließlich des An- und Verkaufs von bebauten und unbebauten Grundstücken, der Erarbeitung von wirtschaftlichen Nutzungskonzepten für Entwicklungsgebiete sowie deren Umsetzung und die Übernahme der wirtschaftlichen Betreuung von Entwicklungs- und Erschließungsmaßnahmen.

3

Die B-GmbH schloss am 16. Oktober 1992 (mit einem Nachtrag vom 1. Januar 1998) eine Kooperationsvereinbarung mit der D-GmbH, die vom Land X mit der Durchführung der vorstehend genannten städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme betraut worden war. Die B-GmbH sollte die für die Aufgaben der D-GmbH erforderlichen Grundstücke soweit wie möglich auf eigene Rechnung erwerben. Die Planung ging dahin, dass sich die Gesamtkosten der Entwicklungsmaßnahme einschließlich der der B-GmbH zustehenden Vergütung aus der Differenz zwischen Ein- und Verkaufspreis der Grundstücke sowie eventuellen Erlösen aus der Grundstücksbewirtschaftung decken lassen würden. Im Übrigen sollte die B-GmbH die Differenz zwischen Ein- und Verkaufspreis bei den Grundstücksgeschäften unter Abzug der ihr entstandenen Kosten an die D-GmbH abführen. Da die Grundstücksgeschäfte und die Grundstücksbewirtschaftung anders als erwartet verliefen, überstiegen die der B-GmbH entstandenen Aufwendungen die Einnahmen. Daher machte die B-GmbH eine Forderung in Höhe von 44.187.069 € gegen die D-GmbH geltend (Aktivierung in den Bilanzen). Da der (Landes-)Rechnungshof in der Folgezeit Bedenken zum Bestand einer Ausgleichsforderung äußerte, bestritt die D-GmbH den Bestand der Forderung. Die von der B-GmbH erhobene Klage wies das Landgericht (LG) … ab (Urteil vom 24. Februar 2004). Die Berufung war aber erfolgreich (Urteil des Berufungsgerichts vom 18. Juli 2006): Dem Grundgehalt der Kooperationsvereinbarung, durch die sich die D-GmbH der Dienste der B-GmbH gegen bloße Kostenerstattung zur Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben bedient habe, entspreche es, die B-GmbH, die an etwaigen Gewinnen nicht teilnehmen und auch sonst an dem Vertrag nichts verdienen sollte, beim Fehlschlagen dieser gemeinsamen Gewinnerwartung von jeglichen Verlusten freizustellen. Die D-GmbH bekomme dafür die in ihrem Auftrag erworbenen Grundstücke und müsse der B-GmbH sämtliche Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb, der Grundstücksbewirtschaftung und -finanzierung erstatten.

4

Nachdem der Kläger bereits im Oktober 2007 die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärungen der B-GmbH für den Zeitraum 1. Januar 2005 bis zum Ende der werbenden Gesellschaft (27. Juli 2005) abgegeben hatte, reichte er im Oktober 2008 beim FA die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärungen für den aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 11 Abs. 7 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) geltenden dreijährigen Abwicklungszeitraum der B-GmbH (28. Juli 2005 bis 31. Juli 2008), die Jahresabschlüsse zum 31. Dezember 2004 bis 31. Dezember 2007 sowie den Zwischenabschluss zum 31. Juli 2008 ein. Im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2004, der am 11. April 2005 aufgestellt worden war, wurden "zum Verkauf bestimmte Grundstücke" in Höhe von 45.840.880 € aktiviert und die gegenüber der D-GmbH geltend gemachten Forderungen in Höhe von 44.187.069 € aufgrund des Urteils des LG wertberichtigt und damit vollständig abgeschrieben. Dies führte zu einem Jahresfehlbetrag in Höhe von 46.618.630 €. Unter Hinweis auf das Urteil des Berufungsgerichts kam es im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2006 zu einer vollständigen Wertaufholung der zuvor abgeschriebenen Forderung. Dies ergab zum 31. Dezember 2006 einen Jahresüberschuss in Höhe von 74.691.354 €.

5

Das FA folgte den Erklärungen und Abschlüssen und setzte den körperschaftsteuerlichen Gesamtbetrag der Einkünfte des Abwicklungszeitraums vom 28. Juli 2005 bis zum 31. Juli 2008 (78.162.546 €) zum Ende des Abwicklungszeitraums an, wobei es die aufgelaufenen Verluste (72.353.821 €) unter Anwendung von § 8 Abs. 1 KStG 2002 i.V.m. § 10d Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) nur in Höhe von 46.297.528 € berücksichtigte. Darüber hinaus verteilte es den Gewerbeertrag zeitanteilig auf den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juli 2008, wobei die festgestellten Gewerbeverluste nur nach Maßgabe des § 10a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 2002 a.F.) abgezogen wurden. Dementsprechend erließ es u.a. am 19. Dezember 2008 den Körperschaftsteuerbescheid 2008 (festgesetzte Steuer: 4.629.752 €), den Bescheid wegen des Solidaritätszuschlags zur Körperschaftsteuer 2008 sowie den Gewerbesteuermessbescheid 2008 (Gewerbesteuermessbetrag: 220.517 €), am 29. Dezember 2008 den Gewerbesteuermessbescheid für 2006 (Gewerbesteuermessbetrag: 559.770 €) und am 5. Januar 2009 den Gewerbesteuermessbescheid für 2007 (Gewerbesteuermessbetrag: 555.320 €). Die aus den Steuerbescheiden resultierenden Steuerforderungen wurden durch Zahlungen der D-GmbH erfüllt.

6

Darüber hinaus ergingen am 29. Dezember 2008 der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2004 (festgestellt: 46.763.079 €) und der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2004 (festgestellt: 45.385.067 €).

7

Beide Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO). Der Kläger beantragte in 2010, diese Bescheide nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO abzuändern und einen um die Wertberichtigung der Forderungen gegenüber der D-GmbH in Höhe von 44.187.069 € geminderten verbleibenden Verlustvortrag sowie vortragsfähigen Gewerbeverlust festzustellen. Die Wertberichtigung sei, wie sich aus dem nachfolgenden Urteil des Berufungsgerichts ergebe, seinerzeit zu Unrecht erfolgt. Das FA lehnte den Änderungsantrag ab.

8

Die sowohl dagegen als auch gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2008 und die Gewerbesteuermessbescheide 2006 bis 2008 erhobene Klage blieb erfolglos (Finanzgericht --FG-- Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. April 2012  12 K 12179/09, 12 K 12177/10, abgedruckt in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2013, 413).

9

Der Kläger rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts. Er beantragt, unter Aufhebung des FG-Urteils die Gewerbesteuermessbescheide 2006 bis 2008 und den Körperschaftsteuerbescheid 2008 dahingehend abzuändern, dass die Gewerbesteuermessbeträge jeweils auf 0 € und die Körperschaftsteuer ebenfalls auf 0 € festgesetzt werden.

10

Bezogen auf das abgetrennte hiesige Revisionsverfahren beantragt er "hilfsweise", das FA zu verpflichten, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2004 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2004 dahingehend zu ändern, dass ein jeweils um den Betrag von 44.187.069 € geringerer Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer bzw. geringerer vortragsfähiger Gewerbeverlust festgestellt wird.

11

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

12

Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 FGO).

Entscheidungsgründe

13

B. I. Die Revision ist zulässig. Der Kläger ist zur Prozessführung befugt.

14

1. Zwar ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B-GmbH durch Beschluss vom … November 2012 nach vollzogener Schlussverteilung aufgehoben worden. Ein Insolvenzverwalter kann aber, wenn es um einen sog. Aktivprozess geht, einen Rechtsstreit mit Blick auf eine mögliche Nachtragsverteilung (§ 203 Abs. 1 der Insolvenzordnung --InsO--) für die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöste GmbH auch nach einer Schlussverteilung (§ 196 InsO) und der sich daran anschließenden Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 200 Abs. 1 InsO) fortführen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. Juli 2011 II R 34/10, BFH/NV 2012, 10; BFH-Beschluss vom 23. August 1993 V B 135/91, BFH/NV 1994, 186; s.a. Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 23. Mai 2007  3 K 1407/03 B, Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1344; Klopp/Kluth in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 75 Rz 11; Füchsl/Weishäupl/Kebekus/Schwarzer in MünchKomm zur InsO, 3. Aufl., § 196 Rz 4 f., 7). Der Normalfall einer durch die Verfahrensaufhebung zurückerlangten Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Gemeinschuldners wird insoweit "aufgehalten" – der Insolvenzverwalter bleibt "weiterhin aktivlegitimiert und prozessführungsbefugt" (Füchsl/Weishäupl/Kebekus/ Schwarzer in MünchKomm zur InsO, § 196 Rz 7).

15

2. Im Streitfall liegt ein sog. Aktivprozess vor. Die aus den --mit den nach der Verfahrenstrennung allein streitgegenständlichen Feststellungsbescheiden in einem engen Zusammenhang stehenden-- Steuerbescheiden (Verfahren I R 59/12, BFHE 246, 27) folgenden Steuerschulden sind bezahlt worden. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Zahlungen durch die D-GmbH erfolgten. Die Zahlungen sind für Rechnung der Gemeinschuldnerin (B-GmbH) beim FA eingegangen und hatten das Erlöschen des entsprechenden Steueranspruchs zur Folge (§ 47 Alternative 1 i.V.m. § 48 Abs. 1 AO). Ein etwaiger Erstattungsanspruch steht dann nicht dem Leistenden, sondern dem Steuerpflichtigen zu (z.B. BFH-Urteil vom 30. September 2008 VII R 18/08, BFHE 222, 235, BStBl II 2009, 38).

16

II. Die Revision ist aber nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FA hat es zu Recht abgelehnt, den festgestellten verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2004 sowie den festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 2004 dahingehend zu ändern, dass der festgestellte Betrag jeweils um den Betrag von 44.187.069 € (Abschreibung einer Forderung zum 31. Dezember 2004) gemindert wird. Zwar standen dem Änderungsantrag keine formellen Bedenken entgegen. Das gilt sowohl mit Blick auf den Fortbestand der Nebenbestimmung des § 164 Abs. 1 AO in der Einspruchsentscheidung vom 22. Juli 2009 als auch den Zugang des Änderungsantrags vor dem Eintritt der Festsetzungsverjährung (s. zu dieser Voraussetzung § 164 Abs. 4 i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO). Eine Änderung dieser Bescheide kommt aber nicht in Betracht, da sie rechtmäßig sind.

17

1. Die Bilanz der B-GmbH zum 31. Dezember 2004 ist in Bezug auf die Forderung gegen die D-GmbH (Teilwertabschreibung um 44.187.069 €) nicht fehlerhaft. Denn die (Wieder-)Einbuchung einer Forderung der B-GmbH gegen die D-GmbH zum 31. Dezember 2006 war erfolgswirksam und nicht als ergebnisneutrale Berichtigung eines früheren Bilanzierungsfehlers in der ersten noch offenen Schlussbilanz zu berücksichtigen.

18

a) Nach § 8 Abs. 1 KStG 2002 i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 hatte die B-GmbH in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen war. Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich u.a. aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs "Vorschriften für alle Kaufleute" der §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB). Hierzu gehört nicht nur der Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs, nach dem alle Positionen der Anfangsbilanz eines Geschäftsjahres mit denjenigen zum Ende des vorangegangenen Jahres übereinstimmen müssen (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB), sondern auch das mit dem Vorsichtsprinzip verbundene Realisationsprinzip, demzufolge nur hinreichend sichere Ansprüche in der Bilanz ausgewiesen werden dürfen (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB).

19

b) Entgegen dem Vortrag der Revision war es ausgeschlossen, das zusprechende Urteil des Berufungsgerichts vom 18. Juli 2006 (Erstattungsanspruch gegen die D-GmbH) bereits im Jahresabschluss der B-GmbH zum 31. Dezember 2004 zu berücksichtigen; es war vielmehr in Überstimmung mit der Ansicht des FG in der Bilanz zum 31. Dezember 2006 zu erfassen. Damit liegt ein Bilanzierungsfehler (§ 4 Abs. 2 Satz 1 EStG 2002) als Grundlage für einen erfolgsneutralen Ausgleich in 2006 nicht vor.

20

aa) Nach dem auch steuerrechtlich zu beachtenden Vorsichtsprinzip des Handelsbilanzrechts (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG 2002 und § 8 Abs. 1 KStG 2002) dürfen Forderungen, die in vollem Umfang bestritten werden, erst dann aktiviert und als realisierte Erträge erfasst werden, wenn (und soweit) sie entweder rechtskräftig festgestellt oder vom Schuldner anerkannt worden sind (z.B. Senatsurteile vom 26. April 1989 I R 147/84, BFHE 157, 121, BStBl II 1991, 213; vom 29. April 2008 I R 67/06, BFHE 221, 201, BStBl II 2011, 55; vom 15. November 2011 I R 96/10, BFH/NV 2012, 991). Dabei können nach ständiger BFH-Rechtsprechung rechtskräftige Urteile, die dem Gläubiger eine bis dahin bestrittene Forderung zusprechen, auf deren Aktivierung nach den Grundsätzen des Vorsichtsprinzips nicht werterhellend, sondern nur wertbegründend einwirken (z.B. Senatsurteil in BFH/NV 2012, 991, m.w.N.).

21

bb) Diese Grundsätze werden --wie der Senat schon in seinem Urteil in BFH/NV 2012, 991 (zu der im Entscheidungszeitpunkt noch anhängigen Vorlagefrage) ausgeführt hat-- durch den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 31. Januar 2013 GrS 1/10 (BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317) nicht berührt, und zwar unabhängig von der zwischen den Beteiligten streitigen Frage, ob diesem Beschluss auch Aussagen zu Tatsachenfeststellungen entnommen werden können. Denn es geht insoweit nicht um die Berücksichtigung ungeklärter bilanzrechtlicher Fragen, sondern um Grundsätze des Vorsichtsprinzips, deren inhaltliche (bilanzrechtliche) Anforderungen geklärt waren und sind. Demgemäß konnte aus Sicht der Geschäftsführung der B-GmbH auch kein Zweifel darüber bestehen, dass am Bilanzstichtag 31. Dezember 2004 (bzw. nach Maßgabe des Kenntnisstands an dem Zeitpunkt, an dem die B-GmbH die Bilanz spätestens hätte erstellen müssen, s. BFH-Urteil vom 3. Juli 1991 X R 163-164/87, BFHE 164, 556, BStBl II 1991, 802; s.a. Senatsurteil vom 23. Januar 2008 I R 40/07, BFHE 220, 361, BStBl II 2008, 669) nur ein hinreichend sicherer Anspruch aktiviert werden durfte, wovon allerdings im Hinblick auf das den Anspruch abweisende LG-Urteil keine Rede sein konnte. Insoweit war vielmehr, was auch das FG entschieden hat, zum 31. Dezember 2004 nur der Ansatz eines Erinnerungspostens zulässig.

22

c) Eine Bilanzierung der Forderung in 2004 (als Grundlage der Forderungsabschreibung zum 31. Dezember 2004) war auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer bestehenden Treuhandvereinbarung ausgeschlossen. Denn ein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis zwischen der B-GmbH und der D-GmbH bestand im Streitfall nicht.

23

aa) Nach ständiger BFH-Rechtsprechung liegt ein Treuhandverhältnis nur dann vor, wenn die mit der rechtlichen Eigentümer- bzw. Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht des Treuhänders in solchem Umfang zu Gunsten des Treugebers eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw. die rechtliche Inhaberschaft als "leere Hülle" erscheint (z.B. Senatsurteil vom 24. November 2009 I R 12/09, BFHE 228, 195, BStBl II 2010, 590, m.w.N.). Der Treugeber muss das Treuhandverhältnis beherrschen, und zwar nicht nur nach den mit dem Treuhänder getroffenen Absprachen, sondern auch bei deren tatsächlichem Vollzug (z.B. Senatsurteil in BFHE 228, 195, BStBl II 2010, 590). Es muss zweifelsfrei erkennbar sein, dass der Treuhänder ausschließlich für Rechnung des Treugebers handelt. Wesentliches und im Grundsatz unverzichtbares Merkmal einer solchen Beherrschung ist eine Weisungsbefugnis des Treugebers --und damit korrespondierend die Weisungsgebundenheit des Treuhänders-- in Bezug auf die Behandlung des Treuguts (Senatsurteil in BFHE 228, 195, BStBl II 2010, 590). Zudem muss der Treugeber berechtigt sein, jederzeit die Rückgabe des Treuguts zu verlangen, wobei die Vereinbarung einer angemessenen Kündigungsfrist unschädlich ist. Die Vereinbarung eines Treuhandentgelts ist keine notwendige Bedingung, kann aber ein Anzeichen für das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses sein. Schließlich kommt bei der Frage nach der Durchführung einer Treuhandvereinbarung der bilanziellen Behandlung des Treuguts indizielle Bedeutung zu (Senatsurteil in BFHE 228, 195, BStBl II 2010, 590, m.w.N.).

24

bb) Die Auslegung von Verträgen und deren Würdigung obliegt dem FG als Tatsacheninstanz. Soweit diese den gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) entspricht und nicht gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verstößt, ist sie daher für den BFH als Revisionsgericht bindend (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), selbst wenn die vorgenommene Wertung nicht zwingend, sondern lediglich möglich ist (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 30. November 2005 I R 110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251).

25

cc) Das FG hat auf dieser Grundlage den Inhalt der Kooperationsvereinbarung für das Revisionsverfahren bindend dahin gewürdigt, dass eine steuerrechtlich wirksame Treuhandvereinbarung nicht vorgelegen hat. Es hat dabei insbesondere auf den Inhalt der Vereinbarung abgestellt: Es sei nicht um die Überlassung von Treugut gegangen, sondern um einen Erwerb auf eigene Rechnung durch die B-GmbH, einer anschließenden Besitznahme mit Bewirtschaftung und späteren Herausgabe von Verwertungsüberschüssen an die D-GmbH.

26

Darüber hinaus hat das FG zutreffend darauf verwiesen, dass die bilanzielle Behandlung bei der B-GmbH gegen eine solche Vereinbarung gesprochen hat. Denn die B-GmbH hat die Grundstücke --auf der Grundlage eines Erwerbs im eigenen Namen und ohne Hinweis auf ein Treuhandverhältnis-- als eigenes Betriebsvermögen ausgewiesen. Die dadurch ausgelöste (negative) Indizwirkung kann von der Revision nicht mit dem Hinweis auf das Senatsurteil vom 28. Februar 2001 I R 12/00 (BFHE 194, 320, BStBl II 2001, 468) mit Erfolg in Frage gestellt werden. Zwar beruht jene Entscheidung im Wesentlichen auf den erhöhten Anforderungen, die durch die Rechtsprechung an die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern und der Kapitalgesellschaft im Vergleich zu denen mit fremden Dritten gestellt werden. Entscheidungserheblich war aber die Frage, ob die Indizwirkung auch gilt, wenn die Gesellschaft das treuhänderisch erworbene Wirtschaftsgut nicht schon in ihrer laufenden Buchführung, sondern erst im Jahresabschluss als Treuhandvermögen ausgewiesen hat. Insoweit kam es darauf an, ob die unrichtige Verbuchung (laufende Buchführung) nicht auf eine ausdrückliche Maßnahme der Geschäftsleitung der Gesellschaft zurückzuführen oder mit deren Einverständnis erfolgt ist. Eine Diskrepanz zwischen der Erfassung in der laufenden Buchführung und dem Jahresabschluss besteht im Streitfall aber nicht.

27

Nicht zuletzt erbringt das nicht nach steuerrechtlichen Maßgaben ergangene Urteil des Berufungsgerichts vom 18. Juli 2006 auch keinen Beweis über eine Treuhandschaft i.S. des § 159 Abs. 1 Satz 1 AO im Verhältnis der B-GmbH zur D-GmbH. Das Berufungsgericht hat in den Entscheidungsgründen lediglich ausgeführt, dass die Rechtsstellung der B-GmbH "einem nachgeschalteten treuhänderischen Vermögensverwahrer des Landes X" (dies ist die Rechtsposition der D-GmbH im Verhältnis zu ihrem Gesellschafter) "angeglichen" sei. Die Feststellung eines Treuhandverhältnisses zwischen der B-GmbH und der D-GmbH mit bindender Wirkung für einen Finanzprozess liegt darin nicht.

28

2. Der Senat kann über die nach § 73 Abs. 1 FGO abgetrennte Revision gegen die Feststellungsbescheide durch Endurteil entscheiden, obschon der Kläger diesen Antrag erklärtermaßen nur "hilfsweise" für den Fall gestellt hat, dass er mit seinem Hauptantrag nicht durchdringt, der Senat über den Hauptantrag aber noch nicht abschließend entschieden, sondern die dort zugrunde liegende Rechtsfrage nach der Verfassungsmäßigkeit der sog. Mindeststeuer nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 2002 und nach § 10a Satz 2 GewStG 2002 dem Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 26. Februar 2014 I R 59/12, BFHE 246, 27, im Rahmen eines Normenkontrollersuchens vorgelegt hat. Es handelt sich damit zwar um eine objektive Klagehäufung, bei der Haupt- und Hilfsantrag in einem Eventualverhältnis zueinander stehen. Jedoch betreffen die Anträge verschiedene Streitgegenstände mit unterschiedlichen Sachverhalten. Der Hauptantrag geht gegen die Rechtmäßigkeit der Festsetzungen über Körperschaftsteuer 2008 und Gewerbesteuermessbeträge 2006 bis 2008 und richtet sich in diesem Zusammenhang vor allem gegen den nur beschränkten Abzug des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer sowie des vortragsfähigen Gewerbeverlustes. Der Hilfsantrag zielt hingegen auf die Änderung der hier streitgegenständlichen Bescheide über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags und des vortragsfähigen Gewerbeverlustes mit der Begründung, die festgestellten Beträge seien zu vermindern, weil die Verlustermittlung auf einer bilanziellen Fehleinschätzung beruhe. Bei dieser Sachlage bedarf es, anders als in Fällen, in denen Haupt- und Hilfsantrag aufgrund eines einheitlichen Sachverhalts gestellt werden, aber eines Ausspruchs über den Hilfsantrag (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 24. August 1972 VIII R 21/69, BFHE 107, 202, BStBl II 1973, 55).

29

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

A. Der Beklagte und Revisionskläger (Beklagter) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der S-GmbH. Die S-GmbH hat im Streitjahr (2005) Spielstätten unterhalten, in denen sich auch Glückspielautomaten befanden.

2

Der Kläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 10. Januar 2007 für das Streitjahr (2005) sowohl die Körperschaftsteuer als auch den Solidaritätszuschlag fest. Hierbei erhöhte es das von der S-GmbH erklärte Einkommen um 310.245 €. Hintergrund der Hinzurechnung war der Umstand, dass das FA die Geldspielautomatenumsätze der S-GmbH zunächst der Umsatzsteuer unterworfen, die Steuerfestsetzungen 1996 bis 2004 jedoch im Anschluss an die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, jetzt Gerichtshof der Europäischen Union, (EuGH) vom 17. Februar 2005 C-453/02 und C-462/02 "Linneweber u.a." (Slg. 2005, I-1131, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2005, 200) sowie des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Mai 2005 V R 7/02 (BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617) geändert hatte und sich hieraus zugunsten der S-GmbH sowohl Steuererstattungsansprüche als auch Zinsforderungen gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO) ergaben. Die geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen sind für die Jahre 1996 bis 2003 noch im Streitjahr, der Änderungsbescheid für das Jahr 2004 ist hingegen erst im Jahr 2006 ergangen.

3

Die S-GmbH hat nach erfolglosem Einspruch Klage erhoben. Während des Klageverfahrens ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der S-GmbH eröffnet worden. Das FA hat daraufhin seine Steuerforderungen (Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag) für das Streitjahr sowie die entsprechenden Vorauszahlungen zur Eintragung in die Insolvenztabelle angemeldet. Nachdem der Beklagte der Anmeldung im Umfang von insgesamt 55.149,50 € widersprochen hatte, wurde das Klageverfahren vom FA mit dem Ziel wieder aufgenommen, die angemeldeten Steuerforderungen in entsprechender Höhe festzustellen. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) beantragt, die Klage abzuweisen. Das FG Düsseldorf hat der Klage des FA mit Urteil vom 21. September 2010 6 K 1271/08 K (Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 543) im Wesentlichen stattgegeben. Die Feststellung der Steueransprüche (Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag) sei lediglich mit Rücksicht darauf zu kürzen, dass der Zinsanspruch für das Jahr 2004 doppelt berücksichtigt worden sei.

4

Mit der vom FG zugelassenen Revision hat der Beklagte zunächst die Verletzung materiellen Rechts gerügt. Darüber hinaus hat er die Rüge mangelnder Sachaufklärung erhoben und geltend gemacht, das FG habe es versäumt, die von der S-GmbH erstellten Bilanzen sowie die Körperschaftsteuererklärung 2005 auf die Höhe der dort bereits erfassten Zinsansprüche zu überprüfen.

5

Der Beklagte beantragt sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Mit seinem nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist beim BFH eingegangenen Schriftsatz vom 20. Januar 2011 hat der Beklagte ferner sinngemäß beantragt, die Bescheide über die Körperschaftsteuer 2005 und den Solidaritätszuschlag 2005 vom 10. Januar 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. März 2008 entsprechend der Körperschaftsteuererklärung 2005 zu ändern.

7

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

B. I. Der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 20. Januar 2011 gestellte Antrag, die Körperschaftsteuer und den Solidaritätszuschlag entsprechend der Steuerklärung der S-GmbH festzusetzen, ist unzulässig. Er überschreitet den Rahmen revisionsrechtlicher Prüfung.

9

1. Das durch die Klage der S-GmbH anhängig gewordene Klageverfahren ist aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der S-GmbH unterbrochen worden (§ 155 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 240 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Das Verfahren ist vom FA, nachdem es die Ansprüche auf Körperschaftsteuer und den Solidaritätszuschlag zur Eintragung in die Insolvenztabelle angemeldet und der Insolvenzverwalter Widerspruch erhoben hatte (§ 174, § 175 Abs. 1 Satz 1, § 178 Abs. 1 Satz 1 der Insolvenzordnung --InsO--), wieder aufgenommen worden. Obgleich die Steueransprüche i.S. von § 179 Abs. 2 InsO tituliert sind, war auch das FA gemäß § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2, § 185 Sätze 1 und 2 InsO zur Wiederaufnahme des unterbrochenen Klageverfahrens befugt (BFH-Urteile vom 7. März 2006 VII R 11/05, BFHE 212, 11, BStBl II 2006, 573; vom 13. November 2007 VII R 61/06, BFHE 220, 289, BStBl II 2008, 790). Folge hiervon ist zum einen, dass das FA nunmehr als Kläger und der Insolvenzverwalter als Beklagter am Verfahren beteiligt sind (Urteil in BFHE 220, 289, BStBl II 2008, 790; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 251 AO Rz 53a). Zum anderen ist --wie im Streitfall geschehen-- dem gesetzlichen Übergang vom bisherigen Anfechtungs- zum Insolvenzfeststellungsverfahren und dem damit verbundenen Wechsel des Streitgegenstands durch Umstellung des Klageantrags zu entsprechen. Der Antrag ist nicht mehr auf eine geänderte Steuerfestsetzung, sondern darauf gerichtet, die zur Insolvenztabelle angemeldeten Steuerforderungen festzustellen und hierdurch den Widerspruch des Insolvenzverwalters zu beseitigen (BFH-Urteil in BFHE 212, 11, BStBl II 2006, 573 a.E.).

10

2. Ob hiernach in einem vom Insolvenzverwalter aufgenommenen Klageverfahren überhaupt noch Raum dafür besteht, den früheren Anfechtungsantrag aufrechtzuerhalten (so zur Konkursordnung BFH-Urteil vom 3. Mai 1978 II R 148/75, BFHE 125, 202, BStBl II 1978, 472; zustimmend Uhlenbruck/Sinz, Insolvenzordnung, 13. Aufl., § 185 Rz 13), kann der Senat offenlassen (vgl. aber BFH-Urteil in BFHE 212, 11, BStBl II 2006, 573; BFH-Beschluss vom 26. September 2006 X S 4/06, BFHE 214, 201, BStBl II 2007, 55 betreffend Streitwert). Jedenfalls war es dem Insolvenzverwalter, der aufgrund der Wiederaufnahmeerklärung des FA im erstinstanzlichen Verfahren in die Stellung des Beklagten eingerückt ist, verwehrt, einen solchen Anfechtungsantrag erstmals im Revisionsverfahren zu stellen. Er ist bereits mangels formeller Beschwer, d.h. deshalb unzulässig, weil er nicht Gegenstand des Klageverfahrens war und somit auch nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens sein kann (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 123 Rz 2). Hinzu kommt, dass der Übergang zur Anfechtungsklage eine erneute Änderung des Streitgegenstands und --hiermit verknüpft-- einen erneuten Wechsel in der Beteiligtenstellung bedingen würde; beides ist jedoch nach § 123 FGO ausgeschlossen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 123 Rz 2; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 123 FGO Rz 4).

11

3. Anderes ergibt sich nicht aus dem Vortrag des Beklagten, dass er den Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzungen nicht erst während des Revisionsverfahrens, sondern bereits mit Schriftsatz vom 8. September 2010 im Anschluss an die Wiederaufnahme des Klageverfahrens durch das FA gestellt habe. Der Vortrag lässt außer Acht, dass das FG seiner Entscheidung auch dann die in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge zugrunde zu legen hat und über das hierdurch bestimmte Begehren nicht hinausgehen darf (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO), wenn die Beteiligten zuvor schriftsätzlich weiterreichende Anträge formuliert haben (§ 92 Abs. 3 FGO; BFH-Beschluss vom 14. Juni 1994 IX R 36/89, BFH/NV 1995, 218). Vorliegend hat sich der Beklagte sowohl nach dem Tatbestand des finanzgerichtlichen Urteils als auch nach dem Sitzungsprotokoll auf den Antrag beschränkt, die auf die Feststellung der Insolvenzforderungen gerichtete Klage des FA abzuweisen (§ 155 FGO i.V.m. § 297 Abs. 1 Satz 3, § 314 ZPO). Da der Beklagte zudem kein Verfahren zur Berichtigung des Tatbestands nach § 108 FGO betrieben hat (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Januar 2006 XI B 18/05, BFH/NV 2006, 1113), ist es --nach den vorstehenden Erläuterungen-- ausgeschlossen, in der Revisionsinstanz über einen in der mündlichen Verhandlung vor dem FG nicht gestellten Antrag zu entscheiden.

12

II. Im Übrigen ist die Revision begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

13

Das FG ist im Grundsatz zu Recht davon ausgegangen, dass die Umsatzsteuererstattungsansprüche sowie die hieraus sich nach § 233a AO ergebenden Zinsansprüche der S-GmbH im Streitjahr zu aktivieren waren. Sie erhöhten deshalb nicht nur das Einkommen der S-GmbH und damit die Bemessungsgrundlage ihrer Körperschaftsteuerschuld 2005 (§ 7 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr 2005 anzuwendenden Fassung --KStG 2005--). Gleichermaßen erhöhte sich auch die Bemessungsgrundlage des für das Streitjahr festzusetzenden Solidaritätszuschlags (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Solidaritätszuschlagsgesetzes). Der Senat ist aufgrund der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen zum Feststellungsumfang jedoch gehindert durchzuerkennen.

14

1. Nach § 8 Abs. 1 KStG 2005 i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 2005 anzuwendenden Fassung (EStG 2005) hatte die S-GmbH in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen war. Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich u.a. aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs "Vorschriften für alle Kaufleute" der §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB). Hierzu gehört nicht nur der Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs, nach dem alle Positionen der Anfangsbilanz eines Geschäftsjahres mit denjenigen zum Ende des vorangegangenen Jahres übereinstimmen müssen (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB), sondern auch das mit dem Vorsichtsprinzip verbundene Realisationsprinzip, demzufolge nur hinreichend sichere Ansprüche in der Bilanz ausgewiesen werden dürfen (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB; Blümich/Buciek, § 5 EStG Rz 240, 241, 480 ff.).

15

2. Entgegen dem Vortrag des Beklagten war es nach dem Vorsichtsprinzip ausgeschlossen, seine Umsatzsteuererstattungs- und Zinsansprüche bereits in den Bilanzen der Jahre 2002 bis 2004 zu aktivieren. Sie waren vielmehr --soweit sie die Erstattungs- und Zinsansprüche bis einschließlich 2004 betrafen-- in Überstimmung mit der Ansicht des FA in der Bilanz des Streitjahres zu erfassen. Angesichts dieser materiell-rechtlichen Beurteilung, bedarf es auch keiner Stellungnahme des Senats dazu, ob die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs, nach denen ein in bestandskräftig veranlagten Vorjahren zu Unrecht unterbliebener Forderungsausweis im ersten offenen Jahr erfolgswirksam zu aktivieren ist, dann ausnahmsweise zu durchbrechen ist, wenn das Finanzamt dem Steuerpflichtigen einen solchen Bilanzierungsfehler aufgedrängt hat (vgl. zum Streitstand Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 4 EStG Rz 436, m.w.N.).

16

3. Nach dem auch steuerrechtlich zu beachtenden Vorsichtsprinzip des Handelsbilanzrechts (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG und § 8 Abs. 1 KStG (2005)) dürfen Forderungen, die in vollem Umfang bestritten werden, erst dann aktiviert und als realisierte Erträge erfasst werden, wenn (und soweit) sie entweder rechtkräftig festgestellt oder vom Schuldner anerkannt worden sind (z.B. BFH-Urteile vom 26. April 1989 I R 147/84, BFHE 157, 121, BStBl II 1991, 213; vom 29. April 2008 I R 67/06, BFHE 221, 201, BStBl II 2011, 55; vom 14. März 2006 VIII R 60/03, BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650; Blümich/ Buciek, § 5 EStG Rz 481, m.w.N.). In der Rechtsprechung ist ferner geklärt, dass auch Steuererstattungsansprüche nur dann in der Bilanz ausgewiesen werden können, wenn sie einen durchsetzbaren gegenwärtigen Vermögenswert verkörpern, und es der Annahme einer solchen hinreichend sicheren und wirtschaftlich durchsetzbaren Position entgegensteht, wenn und solange die Ansprüche vom FA bestritten werden (BFH-Urteile vom 15. März 2000 II R 15/98, BFHE 191, 403, BStBl II 2000, 588; vom 12. Mai 1993 XI R 1/93, BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786).

17

a) Soweit das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 5. Juli 2006 (BStBl I 2006, 418) im Hinblick darauf, dass nach dem Urteil des BFH in BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617 Umsätze aus dem Betrieb von Glückspielautomaten von der Umsatzsteuer befreit sind und diese Entscheidung im BStBl II vom 30. September 2005 (BStBl II 2005, 617) vorbehaltlos veröffentlicht worden ist, annimmt, dass die bis dahin vom FA bestrittenen Umsatzsteuerforderungen auch dann in einer auf den 31. Dezember 2005 zu erstellenden Bilanz auszuweisen sind, wenn die Umsatzsteuerfestsetzungen erst im Jahre 2006 (oder später) geändert wurden, kann dies im anhängigen Verfahren offenbleiben. Mit Rücksicht auf die Erstattungsansprüche für die Jahre 1996 bis 2003 kommt es auf die Einschätzung der Finanzbehörden deshalb nicht an, weil die entsprechenden Umsatzsteuerfestsetzungen noch im Dezember 2005 geändert worden sind und jedenfalls zu diesem Zeitpunkt die Realisierbarkeit der Erstattungsansprüche sowie der hieraus nach den gesetzlichen Vorgaben des § 233a AO abzuleitenden Zinsansprüche außer Frage stand. Folge hiervon ist des Weiteren, dass in der Bilanz des Streitjahres auch die Erstattungs- und Zinsansprüche für das Jahr 2004 zu aktivieren waren. Zwar wurde die Umsatzsteuerfestsetzung 2004 erst im Jahre 2006 geändert; hierauf kann jedoch --wie vom FG zutreffend erkannt-- vorliegend deshalb nicht abgestellt werden, weil das FA mit den noch im Streitjahr erlassenen Änderungsbescheiden betreffend die Jahre 1996 bis 2003 zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht hat, dass es sämtlichen die S-GmbH betreffenden Umsatzsteuerfestsetzungen und mithin auch derjenigen des Jahres 2004 die Rechtsprechung von EuGH und Bundesgerichtshof zugrunde legen werde.

18

b) Der Beklagte wendet hiergegen ein, dass die Umsatzsteuererstattungsansprüche deshalb nicht erst in der Bilanz des Streitjahres, sondern zeitkongruent in den im Juni 2005 erstellen Abschlüssen der Jahre 2002 bis 2004 auszuweisen gewesen seien, weil Steuererstattungsansprüche --wie vom BFH im Zusammenhang mit der Aufrechnung von Insolvenzforderungen gemäß § 95 InsO bestätigt (Hinweis auf BFH-Urteil vom 16. November 2004 VII R 75/03, BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193)-- bereits im Zeitpunkt der materiell-rechtlichen Überzahlung entstünden; im Übrigen habe der Kaufmann nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB (i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG und § 8 Abs. 1 KStG (2005)) die bei Erstellung der Bilanzen vorliegenden Erkenntnisse über das Vorliegen solcher Ansprüche als sog. werterhellende Umstände zu berücksichtigen (hier: Veröffentlichung des EuGH-Urteils in Slg. 2005, I-1131). Beides rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht.

19

aa) Der Beklagte lässt zum einen außer Acht, dass rechtskräftige Urteile, die dem Gläubiger eine bis dahin bestrittene Forderung zusprechen, auf deren Aktivierung nach den Grundsätzen des Vorsichtsprinzips nicht werterhellend, sondern wertbegründend einwirken (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteile in BFHE 191, 403, BStBl II 2000, 588; vom 19. Oktober 2005 XI R 64/04, BFHE 211, 475, BStBl II 2006, 371). Gleiches gilt, wenn und soweit ein zwischen anderen Prozessbeteiligten ergangenes rechtskräftiges Urteil dem Schuldner Veranlassung gibt, nunmehr der Forderung seines Gläubigers zu entsprechen.

20

bb) Der Vortrag lässt zum anderen unberücksichtigt, dass das Vorsichtsprinzip einem überhöhten Vermögensausweis begegnen und hierdurch insbesondere das Schuldendeckungspotential des Unternehmens erhalten will (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 30. Aufl., § 5 Rz 77; HHR/Stobbe, § 5 EStG Rz 219, jeweils m.w.N.). Seine Geltung wird deshalb weder durch die Antwort auf die Frage, zu welchem Zeitpunkt ein Steuererstattungsanspruch entsteht (vgl. zur sog. materiellen Rechtsgrundtheorie Klein/Brockmeyer, AO, 10. Aufl., § 37 Rz 4, § 38 Rz 9; Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 38 AO Rz 37, jeweils m.w.N.), noch durch die Regelung des § 95 InsO, die das Vertrauen des Insolvenzgläubigers, seine Forderung noch während des Insolvenzverfahrens durch Aufrechnung durchsetzen zu können (vgl. z.B. Senatsurteil vom 23. Februar 2011 I R 20/10, BFHE 233, 114, BStBl II 2011, 822, m.w.N.), eingeschränkt. Vielmehr ist das Vorsichtsprinzip auch für unbedingt entstandene und fällige Ansprüche des Kaufmanns zu beachten und unterwirft deren Aktivierung dem zusätzlichen Erfordernis, dass der Anspruch hinreichend sicher sein muss und damit insbesondere vom Schuldner (hier: FA) nicht (mehr) bestritten wird.

21

4. Schließlich ist der Vorinstanz auch darin zuzustimmen, dass die dem Großen Senat vorgelegte Rechtsfrage, ob bei der Beurteilung ungeklärter bilanzrechtlicher Fragen nicht --wie bisher vom BFH angenommen-- auf die (subjektiven) Erkenntnismöglichkeiten des Steuerpflichtigen, sondern --so nunmehr der erkennende Senat-- auf die tatsächlich bestehende objektive Rechtslage abzustellen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 7. April 2010 I R 77/08, BFHE 228, 533, BStBl II 2010, 739), in keinem Zusammenhang mit dem anhängigen Rechtstreit steht. Die vorliegend streitentscheidenden Grundsätze des Vorsichtsprinzips sind nicht ungeklärt; vielmehr stehen die inhaltlichen (bilanzrechtlichen) Anforderungen, die aus dem Vorsichtsprinzip für die Aktivierung von Steuererstattungsansprüchen abzuleiten sind, nach höchstrichterlicher Rechtsprechung seit langem außer Streit. Demgemäß konnte aus Sicht der geschäftsführenden Organe der S-GmbH auch kein Zweifel darüber bestehen, dass an den jeweiligen Bilanzstichtagen nur hinreichend sichere (Steuer-)Ansprüche aktiviert werden durften.

22

5. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des FG nicht beurteilen, ob dem Feststellungsantrag des FA in dem von der Vorinstanz zugesprochenen Umfang (52.257 €) stattgegeben werden kann.

23

a) Zum einen umfasst der Tenor des FG-Urteils auch die Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen 2005. Diese sind zwar nach der Einlassung des FA im finanzgerichtlichen Verfahren zur Eintragung in die Insolvenztabelle angemeldet worden. Gleichwohl können die Vorauszahlungen jedenfalls dann nicht Gegenstand des (gerichtlichen) Feststellungsverfahrens sein, wenn --wie im Streitfall-- der der Anmeldung zugrunde liegende Körperschaftsteueranspruch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens festgesetzt und der Vorauszahlungsbescheid hierdurch nach § 124 Abs. 2 AO unwirksam geworden ist (BFH-Beschluss vom 3. Juli 1995 GrS 3/93, BFHE 178, 11, BStBl II 1995, 730). Da sich in dieser Situation die Anfechtungsklage nur gegen den Festsetzungsbescheid richtet und gemäß § 180 Abs. 2 InsO (i.V.m. § 185 Satz 2 InsO) nur die Steuerforderungen in das Feststellungsverfahren überführt werden können, die bereits zuvor Gegenstand des Anfechtungsverfahrens gewesen sind (Grundsatz der Forderungsidentität; vgl. Uhlenbruck/Sinz, a.a.O., § 180 Rz 26), kann es auch im Streitfall nicht in Betracht kommen, die Vorauszahlungsansprüche des FA in den Feststellungsausspruch einzubeziehen.

24

b) Zum anderen fehlen --auch mit Rücksicht auf die Behandlung der Erstattungszinsen für das Jahr 2004-- nachvollziehbare Ausführungen des FG dazu, in welchem Umfang die im Streitjahr angesetzten Erstattungszinsen bereits Eingang in die von der S-GmbH erstellten Bilanzen und Steuererklärungen gefunden haben und deshalb im Rahmen der Veranlagung des Streitjahres nicht ein weiteres Mal im Wege der Hinzurechnung einkommenserhöhend angesetzt werden durften. Auch hierin liegt ein materieller Mangel des finanzgerichtlichen Urteils, der im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten ist und zur Zurückverweisung der Sache an das FG führt (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 81, § 126 Rz 11).

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte u.a. aus dem Betrieb von Geldspielautomaten Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Die Umsätze aus dem Betrieb der Geldspielautomaten wurden zunächst der Umsatzsteuer unterworfen.

2

Am 15. November 2001 (für die Umsatzsteuer der Jahre 1996 bis 1999) und am 27. November 2003 (für die Jahre 2000 und 2001) beantragte der Kläger im Hinblick auf die europarechtlichen Bedenken gegen die in Deutschland geltende Rechtslage, diese Umsätze steuerfrei zu belassen und die --unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden-- Umsatzsteuer-Festsetzungen entsprechend herabzusetzen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte die Änderungsanträge am 9. Februar 2004 ab und brachte das anschließende Einspruchsverfahren am 10. März 2004 zum Ruhen.

3

Mit Urteil vom 17. Februar 2005 Rs. C-453, 462/02 --Linneweber und Akritidis-- (Slg. 2005, I-1131) entschied der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) auf entsprechende Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs (BFH), Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG stehe nationalen Rechtsvorschriften entgegen, nach denen die Veranstaltung von Glücksspielen oder der Betrieb von Glücksspielgeräten durch sonstige Wirtschaftsteilnehmer nicht von der Umsatzsteuer befreit sei. In einem der Revisionsverfahren, die zur Anrufung des EuGH geführt hatten, entschied der BFH nachfolgend mit Urteil vom 12. Mai 2005 V R 7/02 (BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617), ein Betreiber von Geldspielautomaten könne sich für die Umsatzsteuerfreiheit seiner Umsätze unmittelbar auf die Richtlinie 77/388/EWG berufen. Die Finanzverwaltung hat das genannte BFH-Urteil vorbehaltlos in der am 30. September 2005 ausgegebenen Nr. 15 des Jahrgangs 2005 des BStBl II veröffentlicht.

4

Der Kläger bezifferte seine Erstattungsansprüche für die Jahre 1996 bis 2001 in dem anhängigen Einspruchsverfahren mit mehreren Schreiben, deren erstes vom 16. Februar 2006 datiert. Das FA erließ --für das Jahr 1998 nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung hinsichtlich der zu erstattenden Beträge am 10. Oktober 2006-- nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte Umsatzsteuerbescheide, aus denen sich die folgenden Erstattungsbeträge ergaben:

5

Jahr

Datum des Bescheids

Umsatzsteuer-Erstattung

Erstattungszinsen § 233a AO

1996

08.05.2006

33.168,53 €

16.078,00 €

1997

08.05.2006

79.663,37 €

33.846,00 €

1998

26.10.2006

89.703,09 €

34.979,75 €

1999

22.11.2006

101.412,19 €

33.969,00 €

2000

29.12.2006

85.693,54 €

24.408,00 €

2001

16.01.2007

88.271,98 €

19.707,00 €

Summe

477.912,70 €

162.987,75 €

6

Der Kläger stellte seinen Jahresabschluss für das Streitjahr 2005 am 26. April 2007 auf. Darin berücksichtigte er keine Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche für die Jahre 1996 bis 2001.

7

Demgegenüber erfasste das FA in den angefochtenen Bescheiden über Einkommensteuer sowie die Festsetzung und Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags für 2005 die genannten Erstattungsansprüche einschließlich des Gesamtbetrags der Erstattungszinsen gewinnerhöhend. Hierfür berief es sich auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 5. Juli 2006 (BStBl I 2006, 418). Gegenläufig erhöhte es die Gewerbesteuer-Rückstellung.

8

Der Einspruch blieb im hier interessierenden Punkt ohne Erfolg. Das FA führte aus, der Kläger habe spätestens mit der vorbehaltlosen Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II vom 30. September 2005 von der Anerkennung seiner Erstattungsansprüche durch das FA ausgehen können. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätten die Ansprüche auch Eingang in die Bewertung des Betriebs durch einen potenziellen Erwerber gefunden. Demgegenüber sei der Erlass geänderter Steuerbescheide für die Aktivierung von Steuererstattungsansprüchen nicht zwingend erforderlich, weil keine formale, sondern eine wirtschaftliche Betrachtung geboten sei.

9

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1521). Bestrittene Forderungen seien erst zu aktivieren, wenn sie rechtskräftig zuerkannt seien oder der Schuldner sein Bestreiten aufgegeben habe. Diese Grundsätze seien nicht nur auf zivilrechtliche Ansprüche, sondern auch auf Steuererstattungsansprüche anwendbar. Solange eine entgegenstehende Steuerfestsetzung noch nicht geändert sei oder das FA dem Steuerpflichtigen auf andere Weise zu erkennen gebe, dass es den Steuererstattungsanspruch akzeptieren werde, komme eine Aktivierung nicht in Betracht. Vorliegend habe das FA allein aufgrund der Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II noch keine geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen erlassen. Vielmehr habe es sich mit dem --bis dahin bestrittenen-- Änderungsantrag des Klägers erst auseinandergesetzt, nachdem dieser am 16. Februar 2006 das Einspruchsverfahren aufgegriffen habe. Sodann habe das FA sich die Höhe der Ansprüche im Einzelnen nachweisen lassen und teilweise im Wege einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung geprüft. Es komme auch nicht darauf an, dass die Änderungsbescheide noch vor der Aufstellung des Jahresabschlusses für 2005 ergangen seien. Denn der Umstand, dass das FA sein Bestreiten aufgegeben habe, stelle eine wertbegründende Tatsache dar, die nur berücksichtigt werden dürfe, wenn sie bereits am Bilanzstichtag gegeben sei.

10

Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung des § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 252 Abs. 1 Nr. 4 des Handelsgesetzbuchs (HGB).

11

Das FA beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

14

Das FG hat rechtsfehlerhaft eine Aktivierung der Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche und Erstattungszinsen abgelehnt. Allerdings darf der Teil der Erstattungszinsen, der auf Zeiträume nach dem 31. Dezember 2005 entfällt, nicht bereits zu diesem Stichtag aktiviert werden. Zur Ermittlung der Höhe dieses Teilbetrags geht die Sache an das FG zurück.

15

1. Die Aktivierung von Forderungen richtet sich bei buchführenden Gewerbetreibenden nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 HGB sind Gewinne nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind.

16

Nach dem (imparitätischen) Realisationsprinzip, das einen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung i.S. des § 5 Abs. 1 EStG darstellt, darf ein Gewinn grundsätzlich erst ausgewiesen werden, wenn er durch Umsatz (Veräußerung oder sonstigen Leistungsaustausch) verwirklicht ist; Vermögensmehrungen dürfen nur erfasst werden, wenn sie disponibel sind. Gewinnrealisierung tritt dann ein, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldeten Erfüllungshandlungen in der Weise erbracht hat, dass ihm die Forderung auf die Gegenleistung (z.B. die Zahlung) --von den mit jeder Forderung verbundenen Risiken abgesehen-- so gut wie sicher ist (BFH-Urteil vom 23. März 2011 X R 42/08, BFHE 233, 398, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2011, 1603, mit weiteren Nachweisen).

17

Dementsprechend sind Forderungen (§ 266 Abs. 2 B.II. HGB), insbesondere Geldforderungen aus Lieferungen und Leistungen, zu aktivieren, sobald sie (unabhängig von der rechtlichen Entstehung) wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht und am Bilanzstichtag hinreichend sicher sind (BFH-Urteile vom 12. Mai 1993 XI R 1/93, BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786; vom 3. August 2005 I R 94/03, BFHE 210, 398, BStBl II 2006, 20; vom 14. März 2006 VIII R 60/03, BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 30. Aufl., § 5 Rz 270 "Forderungen").

18

Für die Bilanzierung kommt es nicht entscheidend darauf an, ob ein Anspruch bereits im zivil- oder öffentlich-rechtlichen Sinne entstanden ist. Maßgebend ist bei einem erst in der Entstehung begriffenen Anspruch vielmehr, ob sich die Anwartschaft genügend konkretisiert hat und im Falle einer Betriebsveräußerung von den Vertragsparteien bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt würde (BFH-Urteil vom 28. September 1967 IV 291/65, BFHE 90, 69, BStBl III 1967, 763, betr. Anspruch auf Auszahlung einer formell noch nicht entstandenen Umsatzsteuer-Vergütung). In dieser Entscheidung hat der BFH weiter ausgeführt, für die Aktivierung eines Steuererstattungsanspruchs genüge es, wenn der Anspruch, dessen Realisierung sich kein Kaufmann vernünftigerweise entgehen lasse, erhoben werden könne.

19

So muss beispielsweise ein auf der Geltendmachung von Vorsteuer beruhender Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch bereits dann aktiviert werden, wenn zunächst nur eine nicht ordnungsgemäße Rechnung vorhanden ist, sofern --wie im Regelfall-- nicht damit zu rechnen ist, dass der Rechnungsaussteller sich einer Berichtigung dieser Rechnung widersetzen werde (BFH-Urteil in BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786, unter II.2.). Denn die Notwendigkeit, die Rechnung berichtigen zu lassen, ist im Vergleich zum Tatbestandsmerkmal der "Ausführung der Leistung" von untergeordneter Bedeutung und beeinträchtigt die Sicherheit der Forderung nicht in einem Maße, das in Anwendung des Realisationsprinzips eine Bilanzierung verbieten könnte.

20

Zivilrechtliche Ansprüche können selbst dann zu aktivieren sein, wenn sie formal noch unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit stehen, sofern der Kaufmann nach den Umständen des Einzelfalls bereits am Bilanzstichtag bei normalem Geschäftsablauf fest mit der Zahlung rechnen kann (BFH-Urteil vom 9. Februar 1978 IV R 201/74, BFHE 124, 520, BStBl II 1978, 370).

21

2. Nach diesen Grundsätzen hatte der Kläger die streitgegenständlichen Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche für die Jahre 1996 bis 2001 zum 31. Dezember 2005 zu aktivieren.

22

Bereits zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch realisiert. Denn der Realisierung der genannten Erstattungsansprüche standen im maßgebenden Zeitpunkt weder materiell-rechtliche (dazu unten a) noch verfahrensrechtliche Hindernisse (unten b) entgegen. Aufgrund der verwaltungsinternen Weisungslage war das für die Besteuerung des Klägers zuständige FA zur Anwendung der Rechtsprechung des EuGH und BFH verpflichtet (unten c). Dass die Änderung der Steuerbescheide am Bilanzstichtag noch ausstand (unten d) und der Kläger seine Anträge noch nicht beziffert hatte (unten e), schließt bei dieser Sachlage eine Aktivierung der Steuererstattungsansprüche nicht aus.

23

a) Materiell-rechtlich stand seit Ergehen des EuGH-Urteils in Slg. 2005, I-1131, spätestens aber seit Veröffentlichung des BFH-Urteils in BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617 fest, dass der Kläger sich für die Steuerfreiheit seiner Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten unmittelbar auf die Richtlinie 77/388/EWG berufen konnte. Hieraus ergab sich zugleich die materiell-rechtliche Fehlerhaftigkeit der gegen den Kläger ergangenen Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 1996 bis 2001.

24

b) Ebenso wenig bestanden verfahrensrechtliche Hindernisse für eine Änderung der Festsetzungen. Diese standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und waren daher nicht in materielle Bestandskraft erwachsen. Die Änderungsanträge des Klägers vom 15. November 2001 bzw. 27. November 2003 hatten jeweils zweifelsfrei die Festsetzungsfrist gewahrt. Der nach Ablehnung der Änderungsanträge eingelegte Einspruch war in offensichtlich zulässiger Weise erhoben worden.

25

c) Mit der Veröffentlichung des BFH-Urteils in BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617 in der am 30. September 2005 herausgegebenen Ausgabe des BStBl II war das FA verwaltungsintern verpflichtet, diese Rechtsprechung zugunsten des Klägers anzuwenden. Die Veröffentlichung von BFH-Entscheidungen im BStBl II beruht in jedem Einzelfall auf einer Entscheidung der für das jeweilige steuerrechtliche Sachgebiet zuständigen Vertreter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder. In der vorbehaltlosen Veröffentlichung einer BFH-Entscheidung im BStBl II liegt zugleich die Anweisung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder an die nachgeordneten Dienststellen der Finanzverwaltung, die in der jeweiligen Entscheidung enthaltenen Rechtsgrundsätze auf gleichgelagerte Sachverhalte allgemein --über den entschiedenen Einzelfall hinaus-- anzuwenden (vgl. auch Verfügung der Oberfinanzdirektion Hannover vom 9. März 2004, DStR 2004, 1047).

26

Damit stand aufgrund dieser noch im Jahr 2005 ergangenen Anweisung fest, dass das FA die Erstattungsansprüche des Klägers dem Grunde nach nicht mehr bestreiten würde.

27

Soweit das FG formuliert hat, das FA habe sich erst nach dem Schreiben des Klägers vom 16. Februar 2006 mit dem "bis dahin bestrittenen" Änderungsbegehren auseinandergesetzt, liegt darin keine den Senat i.S. des § 118 Abs. 2 FGO bindende Tatsachenfeststellung des Inhalts, dass das FA die Ansprüche des Klägers noch konkret bestritten hätte. Denn aus den vom FG getroffenen Feststellungen zu dem Schriftverkehr zwischen dem Kläger und dem FA geht lediglich hervor, dass das FA letztmalig am 9. Februar 2004 --vor Ergehen der einschlägigen Entscheidungen des EuGH bzw. BFH-- negativ zu dem Änderungsbegehren des Klägers Stellung genommen und sodann am 10. März 2004 das Einspruchsverfahren im Hinblick auf das anhängige Vorabentscheidungsverfahren zum Ruhen gebracht hat. Damit hat das FA aber gerade zum Ausdruck gebracht, dass es der zu erwartenden Entscheidung des EuGH --vorbehaltlich anderslautender Weisungen seiner vorgesetzten Behörden-- maßgebende Bedeutung für das konkrete Besteuerungsverfahren des Klägers beimisst. Dass das FA dem Änderungsbegehren des Klägers während des Ruhens des Einspruchsverfahrens, insbesondere nach Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II, noch konkret entgegengetreten wäre, hat das FG nicht festgestellt. Allein der Umstand, dass das FA die Steuerfestsetzungen --so das FG-- nicht "ohne Weiteres", sondern erst nach einer Bezifferung der zuvor offenbar zahlenmäßig nicht konkretisierten Änderungsanträge durch den Kläger geändert hat, steht einem Bestreiten des Anspruchs nicht gleich.

28

Soweit das BMF-Schreiben vom 5. Juni 2006 (BStBl I 2006, 418) für den Zeitpunkt der Aktivierung von Steuererstattungsansprüchen, die sich aus der angeführten Entscheidung des EuGH ergeben, abweichend von den hier dargestellten Grundsätzen nicht erst auf die Veröffentlichung der BFH-Nachfolgeentscheidung im BStBl II abstellt, sondern bereits auf die --von der deutschen Finanzverwaltung zunächst unkommentiert gelassene-- Bekanntgabe der EuGH-Entscheidung, kann dahinstehen, ob der Senat dem folgen könnte. Für die Entscheidung des Streitfalls ist dies indes ohne Bedeutung, da beide Zeitpunkte im Wirtschaftsjahr (= Kalenderjahr) 2005 liegen.

29

d) Bei einer solchermaßen eindeutig für den Kläger und die problemlose Realisierbarkeit seiner Steuererstattungsansprüche sprechenden materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Lage (einschließlich verwaltungsinterner Weisungen) steht allein die noch ausstehende Umsetzung dieser Rechts- und Weisungslage in geänderte Umsatzsteuerbescheide einer Aktivierung entsprechender Forderungen nicht entgegen.

30

aa) Wie bereits dargestellt, bestimmt sich die Aktivierung von Vermögensgegenständen in der Handelsbilanz --und damit der Ansatz von Wirtschaftsgütern in der Steuerbilanz-- in erster Linie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten (BFH-Urteil in BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650, unter II.2.). Die wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen für die Realisierung des Anspruchs waren im Streitfall mit der objektiven Klärung der materiell- und verfahrensrechtlichen Rechtslage sowie der Anweisung an die Finanzbehörden, die zugunsten der Betreiber von Geldspielgeräten ergangene Rechtsprechung allgemein anzuwenden, bereits im Jahr 2005 gesetzt. In einer solchen Situation stellt sich der Erlass der Steuerbescheide --ähnlich wie die Berichtigung einer zunächst aus formalen Gründen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786)-- nur noch als wirtschaftlich unwesentlicher, formalrechtlicher Akt dar. Auch ein Betriebserwerber hätte zum 31. Dezember 2005 die gegen das FA gerichteten Steuererstattungsansprüche des Klägers im Rahmen der Bemessung des Unternehmenskaufpreises vergütet.

31

Von der hier vertretenen Auffassung geht im Ergebnis auch das BFH-Urteil vom 17. Januar 2007 XI R 8/04 (nicht veröffentlicht, juris) aus. Dem lag der Sachverhalt zugrunde, dass das dort zuständige FA in einem Änderungsbescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns für das dortige Streitjahr einen Mehrgewinn aus einem Gewerbesteuer-Erstattungsanspruch für dasselbe Jahr angesetzt hatte, der sich erst aus einem --nach dem Bilanzstichtag ergangenen-- Änderungsbescheid ergab. Der XI. Senat des BFH hat insoweit zur Begründung lediglich ausgeführt, der --für den Steuerpflichtigen günstige-- geänderte Gewerbesteuermessbescheid sei nicht angefochten worden, so dass der darauf beruhende Erstattungsanspruch bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen sei.

32

bb) Gegenteiliges folgt nicht aus der vom Kläger und dem FG herangezogenen Rechtsprechung des II. Senats des BFH zur --früheren-- Rechtslage bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens sowie im Recht der Vermögensteuer und Erbschaftsteuer.

33

(1) Nach dem BFH-Urteil vom 15. Oktober 1997 II R 56/94 (BFHE 184, 111, BStBl II 1997, 796) waren Steuererstattungsansprüche, die auf höchstrichterlicher Rechtsprechung beruhten, bei der Feststellung von Einheitswerten des Betriebsvermögens für Stichtage vor dem 1. Januar 1993 --als noch keine Bindung an die Steuerbilanz bestand-- nicht anzusetzen.

34

Diese Rechtsprechung beruht indes auf den Besonderheiten des Bewertungsrechts (strenges Stichtagsprinzip), das insoweit von der stärker wirtschaftlich geprägten Betrachtungsweise des Bilanzsteuerrechts abweicht. Dies zeigt sich auch daran, dass Ansprüche auf Erstattung von Körperschaftsteuer, die auf einer erst nach dem Bewertungsstichtag beschlossenen Gewinnausschüttung beruhten, zwar nicht in einer Vermögensaufstellung für Stichtage vor dem 1. Januar 1993 (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1998 II R 60/96, BFHE 187, 113, BStBl II 1999, 162, unter II.2.), wohl aber in Anwendung der ab dem 1. Januar 1993 geltenden bewertungsrechtlichen Rechtslage --die mit der bilanzsteuerrechtlichen Lage übereinstimmte (vgl. § 109 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes in der ab dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung)-- anzusetzen waren (BFH-Urteil in BFHE 187, 113, BStBl II 1999, 162, unter II.1.).

35

Im Übrigen betraf das Urteil in BFHE 184, 111, BStBl II 1997, 796 einen Bewertungsstichtag, der noch vor der Veröffentlichung der --die Durchsetzbarkeit des Steuererstattungsanspruchs gegenüber der Finanzverwaltung wirtschaftlich begründenden-- BFH-Entscheidung im entsprechenden Musterverfahren lag.

36

(2) Eine vergleichbare Zeitfolge lag auch dem --zum Erbschaftsteuerrecht für Stichtage ab dem 1. Januar 1993 ergangenen-- BFH-Urteil vom 15. März 2000 II R 15/98 (BFHE 191, 403, BStBl II 2000, 588) zugrunde. Zudem hatte dort das für den Einzelfall zuständige FA --ebenfalls hinsichtlich der Umsatzsteuer auf Umsätze mit Geldspielautomaten-- noch nach dem Ergehen einer für den dortigen Steuerpflichtigen günstigen Entscheidung des EuGH die Änderung ergangener Umsatzsteuerbescheide ausdrücklich abgelehnt, und dies darauf gestützt, dass ein früheres BMF-Schreiben noch fortgelte und bisher nicht an die EuGH-Rechtsprechung angepasst worden sei. Erst nach Ergehen eines neuen BMF-Schreibens half das dortige FA dem Änderungsbegehren ab.

37

Hinsichtlich der Erbschaftsteuer hat der II. Senat des BFH zudem zwischenzeitlich entschieden, dass die Notwendigkeit einer aus Sicht des Bewertungsstichtags noch vorzunehmenden Änderung von Steuerbescheiden dem Ansatz entsprechender Steuererstattungsansprüche beim steuerpflichtigen Erwerb nicht entgegensteht (BFH-Urteil vom 16. Januar 2008 II R 30/06, BFHE 220, 518, BStBl II 2008, 626, unter II.A.1.b). Dies ist seit 2009 auch ausdrücklich in § 10 Abs. 1 Satz 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes festgeschrieben.

38

(3) Das BFH-Urteil vom 2. Dezember 2003 II R 5/03 (BFHE 203, 512, BStBl II 2004, 203) befasste sich für Zwecke der Vermögensteuer mit einem Steuererstattungsanspruch im Privatvermögen. Auch dort galt aber das strenge Stichtagsprinzip, das --wie unter (1) dargestellt-- im Bilanzsteuerrecht aufgrund des Vorrangs wirtschaftlicher Gesichtspunkte nicht anwendbar ist.

39

e) Auch der Umstand, dass der Kläger seine --vor dem Bilanzstichtag gestellten-- Änderungsanträge am Stichtag noch nicht beziffert hatte, und das FA daher noch keine Prüfung der Höhe des Anspruchs hatte vornehmen können, hindert eine Aktivierung nicht.

40

aa) Der Zeitpunkt, zu dem der Inhaber eines --dem Grunde nach bestehenden-- Anspruchs diesen zahlenmäßig beziffert, steht grundsätzlich im Belieben des Anspruchstellers. Besteht ein solcher Anspruch objektiv und liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Anspruchsinhaber auf Dauer von dessen Durchsetzung absehen werde, kann die Gewinnrealisierung nicht dadurch hinausgeschoben werden, dass ein bereits dem Grunde nach geltend gemachter und vom Anspruchsgegner nicht --bzw. nicht mehr-- bestrittener Anspruch der Höhe nach zunächst noch nicht konkretisiert wird.

41

Hierzu hat der BFH bereits ausgeführt, für die Aktivierung eines Steuererstattungsanspruchs genüge es, wenn der Anspruch, dessen Realisierung sich kein Kaufmann vernünftigerweise entgehen lasse, erhoben werden könne (Urteil in BFHE 90, 69, BStBl III 1967, 763). Die Realisierung eines gegen das FA gerichteten Anspruchs, der materiell- und verfahrensrechtlich sowie nach der geltenden Weisungslage unzweifelhaft besteht und dessen Umsetzung in konkrete Steuerbescheide nur noch von einer Bezifferung durch den Steuerpflichtigen abhängig ist, wird sich kein Kaufmann entgehen lassen.

42

Im Übrigen setzt eine Gewinnrealisierung nach ständiger Rechtsprechung nicht voraus, dass bereits am Bilanzstichtag über den Anspruch --zahlenmäßig-- abgerechnet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14. April 2011 X B 104/10, BFH/NV 2011, 1343, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

43

bb) Wenn aber die noch ausstehende zahlenmäßige Konkretisierung des Erstattungsanspruchs durch den Kläger einer Aktivierung nicht entgegensteht, dann gilt dies auch für die Überprüfung dieser zahlenmäßigen Konkretisierung durch das FA. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das FA seine Überprüfungshandlungen an Amtsstelle oder im Wege einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung vornimmt. Aus den Feststellungen des FG ergibt sich nicht, dass die Umsatzsteuer-Sonderprüfung --die sich ohnehin allein auf das Jahr 1998 bezogen und nicht zu Beanstandungen geführt hat-- zum Ziel gehabt haben könnte, über die Prüfung der Zahlenangaben des Klägers hinaus Anhaltspunkte für ein Bestreiten der Erstattungsansprüche dem Grunde nach zu ermitteln.

44

3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das FA hat sämtliche Erstattungszinsen, die in den --erst nach dem Bilanzstichtag ergangenen-- Umsatzsteuer- und Zinsbescheiden festgesetzt worden sind, bereits zum Bilanzstichtag aktiviert. Ansprüche auf Erstattungszinsen, die wirtschaftlich auf die Zeit nach dem 31. Dezember 2005 entfallen, dürfen aber nicht schon zu diesem Zeitpunkt aktiviert werden. Das FG wird im zweiten Rechtsgang Feststellungen zur Höhe der bis zum Bilanzstichtag entstandenen Erstattungszinsen nachholen.

45

4. Die dargestellten Grundsätze gelten gemäß § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes auch für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und den sich daran anschließenden Zerlegungsbescheid.

(1)1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung

1.
des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs.2Als Teilbetrieb gilt auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft ist § 17 Absatz 4 Satz 3 sinngemäß anzuwenden;
2.
des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2);
3.
des gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3).
2Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Anteils im Sinne von Satz 1 Nummer 2 oder 3 erzielt werden, sind laufende Gewinne.

(2)1Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) übersteigt.2Der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Absatz 1 oder nach § 5 zu ermitteln.3Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit jedoch als laufender Gewinn.

(3)1Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs sowie eines Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3.2Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden; § 4 Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.3Dagegen ist für den jeweiligen Übertragungsvorgang rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen, soweit bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen worden sind, zum Buchwert übertragener Grund und Boden, übertragene Gebäude oder andere übertragene wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb einer Sperrfrist nach der Übertragung veräußert oder entnommen werden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung.4Satz 2 ist bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, nicht anzuwenden, soweit die Wirtschaftsgüter unmittelbar oder mittelbar auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse übertragen werden; in diesem Fall ist bei der Übertragung der gemeine Wert anzusetzen.5Soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs als laufender Gewinn.6Werden die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert, so sind die Veräußerungspreise anzusetzen.7Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen.8Bei Aufgabe eines Gewerbebetriebs, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ist für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.

(3a) Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich; § 4 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(3b)1In den Fällen der Betriebsunterbrechung und der Betriebsverpachtung im Ganzen gilt ein Gewerbebetrieb sowie ein Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 nicht als aufgegeben, bis

1.
der Steuerpflichtige die Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt oder
2.
dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 erfüllt sind.
2Die Aufgabe des Gewerbebetriebs oder Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 ist in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 rückwirkend für den vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt anzuerkennen, wenn die Aufgabeerklärung spätestens drei Monate nach diesem Zeitpunkt abgegeben wird.3Wird die Aufgabeerklärung nicht spätestens drei Monate nach dem vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt abgegeben, gilt der Gewerbebetrieb oder Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erst in dem Zeitpunkt als aufgegeben, in dem die Aufgabeerklärung beim Finanzamt eingeht.

(4)1Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 45 000 Euro übersteigt.2Der Freibetrag ist dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren.3Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 Euro übersteigt.

(5) Werden bei einer Realteilung, bei der Teilbetriebe auf einzelne Mitunternehmer übertragen werden, Anteile an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unmittelbar oder mittelbar von einem nicht von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Steuerpflichtigen auf einen von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Mitunternehmer übertragen, ist abweichend von Absatz 3 Satz 2 rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen, wenn der übernehmende Mitunternehmer die Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Realteilung unmittelbar oder mittelbar veräußert oder durch einen Vorgang nach § 22 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 bis 5 des Umwandlungssteuergesetzes weiter überträgt; § 22 Absatz 2 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes gilt entsprechend.

(1)1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind

1.
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind;
2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.2Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind;
3.
die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfallen, und die Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.
2Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt auch für Vergütungen, die als nachträgliche Einkünfte (§ 24 Nummer 2) bezogen werden.3§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem gewerblichen Betriebsvermögen gehört hat.

(1a)1In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 5 ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.2Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.

(2)1Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.2Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1.3Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.

(3) Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit

1.
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht.2Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 positiv oder negativ sind;
2.
einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).2Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.

(4)1Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.4Satz 3 gilt nicht für die Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.5Satz 4 gilt nicht, wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben.6Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist, dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.7Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft, Unterbeteiligung oder sonstigen Innengesellschaft bezieht; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.8Die Sätze 6 und 7 gelten nicht, soweit der Verlust auf eine natürliche Person als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

(1)1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung

1.
des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs.2Als Teilbetrieb gilt auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft ist § 17 Absatz 4 Satz 3 sinngemäß anzuwenden;
2.
des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2);
3.
des gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3).
2Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Anteils im Sinne von Satz 1 Nummer 2 oder 3 erzielt werden, sind laufende Gewinne.

(2)1Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) übersteigt.2Der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Absatz 1 oder nach § 5 zu ermitteln.3Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit jedoch als laufender Gewinn.

(3)1Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs sowie eines Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3.2Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden; § 4 Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.3Dagegen ist für den jeweiligen Übertragungsvorgang rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen, soweit bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen worden sind, zum Buchwert übertragener Grund und Boden, übertragene Gebäude oder andere übertragene wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb einer Sperrfrist nach der Übertragung veräußert oder entnommen werden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung.4Satz 2 ist bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, nicht anzuwenden, soweit die Wirtschaftsgüter unmittelbar oder mittelbar auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse übertragen werden; in diesem Fall ist bei der Übertragung der gemeine Wert anzusetzen.5Soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs als laufender Gewinn.6Werden die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert, so sind die Veräußerungspreise anzusetzen.7Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen.8Bei Aufgabe eines Gewerbebetriebs, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ist für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.

(3a) Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich; § 4 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(3b)1In den Fällen der Betriebsunterbrechung und der Betriebsverpachtung im Ganzen gilt ein Gewerbebetrieb sowie ein Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 nicht als aufgegeben, bis

1.
der Steuerpflichtige die Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt oder
2.
dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 erfüllt sind.
2Die Aufgabe des Gewerbebetriebs oder Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 ist in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 rückwirkend für den vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt anzuerkennen, wenn die Aufgabeerklärung spätestens drei Monate nach diesem Zeitpunkt abgegeben wird.3Wird die Aufgabeerklärung nicht spätestens drei Monate nach dem vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt abgegeben, gilt der Gewerbebetrieb oder Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erst in dem Zeitpunkt als aufgegeben, in dem die Aufgabeerklärung beim Finanzamt eingeht.

(4)1Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 45 000 Euro übersteigt.2Der Freibetrag ist dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren.3Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 Euro übersteigt.

(5) Werden bei einer Realteilung, bei der Teilbetriebe auf einzelne Mitunternehmer übertragen werden, Anteile an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unmittelbar oder mittelbar von einem nicht von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Steuerpflichtigen auf einen von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Mitunternehmer übertragen, ist abweichend von Absatz 3 Satz 2 rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen, wenn der übernehmende Mitunternehmer die Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Realteilung unmittelbar oder mittelbar veräußert oder durch einen Vorgang nach § 22 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 bis 5 des Umwandlungssteuergesetzes weiter überträgt; § 22 Absatz 2 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes gilt entsprechend.

(1)1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind

1.
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind;
2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.2Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind;
3.
die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfallen, und die Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.
2Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt auch für Vergütungen, die als nachträgliche Einkünfte (§ 24 Nummer 2) bezogen werden.3§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem gewerblichen Betriebsvermögen gehört hat.

(1a)1In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 5 ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.2Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.

(2)1Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.2Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1.3Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.

(3) Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit

1.
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht.2Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 positiv oder negativ sind;
2.
einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).2Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.

(4)1Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.4Satz 3 gilt nicht für die Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.5Satz 4 gilt nicht, wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben.6Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist, dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.7Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft, Unterbeteiligung oder sonstigen Innengesellschaft bezieht; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.8Die Sätze 6 und 7 gelten nicht, soweit der Verlust auf eine natürliche Person als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

Tenor

Der Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 20. November 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Juni 2010 wird dahin geändert, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit Ausnahme der Steuererstattungszinsen gemäß § 233a der Abgabenordnung zu den Umsatzsteuerfestsetzungen für 1999 bis 2002 (35.522 Euro) als außerordentliche Einkünfte i. S. von § 34 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung besteuert werden. Die danach festzusetzende Steuer ist gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung vom Beklagten zu ermitteln. Das Leistungsgebot wird aufgehoben. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 75 % und der Beklagte zu 25 %.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52

Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Absatz 1 gehören auch

1.
Entschädigungen, die gewährt worden sind
a)
als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder
b)
für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche;
c)
als Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b des Handelsgesetzbuchs;
2.
Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 oder aus einem früheren Rechtsverhältnis im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 7, und zwar auch dann, wenn sie dem Steuerpflichtigen als Rechtsnachfolger zufließen;
3.
Nutzungsvergütungen für die Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke sowie Zinsen auf solche Nutzungsvergütungen und auf Entschädigungen, die mit der Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke zusammenhängen.

(1)1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung

1.
des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs.2Als Teilbetrieb gilt auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft ist § 17 Absatz 4 Satz 3 sinngemäß anzuwenden;
2.
des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2);
3.
des gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3).
2Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Anteils im Sinne von Satz 1 Nummer 2 oder 3 erzielt werden, sind laufende Gewinne.

(2)1Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) übersteigt.2Der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Absatz 1 oder nach § 5 zu ermitteln.3Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit jedoch als laufender Gewinn.

(3)1Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs sowie eines Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3.2Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden; § 4 Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.3Dagegen ist für den jeweiligen Übertragungsvorgang rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen, soweit bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen worden sind, zum Buchwert übertragener Grund und Boden, übertragene Gebäude oder andere übertragene wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb einer Sperrfrist nach der Übertragung veräußert oder entnommen werden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung.4Satz 2 ist bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, nicht anzuwenden, soweit die Wirtschaftsgüter unmittelbar oder mittelbar auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse übertragen werden; in diesem Fall ist bei der Übertragung der gemeine Wert anzusetzen.5Soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs als laufender Gewinn.6Werden die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert, so sind die Veräußerungspreise anzusetzen.7Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen.8Bei Aufgabe eines Gewerbebetriebs, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ist für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.

(3a) Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich; § 4 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(3b)1In den Fällen der Betriebsunterbrechung und der Betriebsverpachtung im Ganzen gilt ein Gewerbebetrieb sowie ein Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 nicht als aufgegeben, bis

1.
der Steuerpflichtige die Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt oder
2.
dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 erfüllt sind.
2Die Aufgabe des Gewerbebetriebs oder Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 ist in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 rückwirkend für den vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt anzuerkennen, wenn die Aufgabeerklärung spätestens drei Monate nach diesem Zeitpunkt abgegeben wird.3Wird die Aufgabeerklärung nicht spätestens drei Monate nach dem vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt abgegeben, gilt der Gewerbebetrieb oder Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erst in dem Zeitpunkt als aufgegeben, in dem die Aufgabeerklärung beim Finanzamt eingeht.

(4)1Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 45 000 Euro übersteigt.2Der Freibetrag ist dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren.3Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 Euro übersteigt.

(5) Werden bei einer Realteilung, bei der Teilbetriebe auf einzelne Mitunternehmer übertragen werden, Anteile an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unmittelbar oder mittelbar von einem nicht von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Steuerpflichtigen auf einen von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Mitunternehmer übertragen, ist abweichend von Absatz 3 Satz 2 rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen, wenn der übernehmende Mitunternehmer die Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Realteilung unmittelbar oder mittelbar veräußert oder durch einen Vorgang nach § 22 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 bis 5 des Umwandlungssteuergesetzes weiter überträgt; § 22 Absatz 2 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes gilt entsprechend.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Führt die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einem Unterschiedsbetrag im Sinne des Absatzes 3, ist dieser zu verzinsen. Dies gilt nicht für die Festsetzung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen.

(2) Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Er beginnt für die Einkommen- und Körperschaftsteuer 23 Monate nach diesem Zeitpunkt, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte überwiegen; hierbei sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes nicht zu berücksichtigen. Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird.

(2a) Soweit die Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2) oder auf einem Verlustabzug nach § 10d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes beruht, beginnt der Zinslauf abweichend von Absatz 2 Satz 1 und 2 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist.

(3) Maßgebend für die Zinsberechnung ist die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (Unterschiedsbetrag). Bei der Vermögensteuer ist als Unterschiedsbetrag für die Zinsberechnung die festgesetzte Steuer, vermindert um die festgesetzten Vorauszahlungen oder die bisher festgesetzte Jahressteuer, maßgebend. Ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen ist nur bis zur Höhe des zu erstattenden Betrags zu verzinsen; die Verzinsung beginnt frühestens mit dem Tag der Zahlung. Besteht der Erstattungsbetrag aus mehreren Teil-Leistungen, richtet sich der Zinsberechnungszeitraum jeweils nach dem Zeitpunkt der einzelnen Leistung; die Leistungen sind in chronologischer Reihenfolge zu berücksichtigen, beginnend mit der jüngsten Leistung.

(4) Die Festsetzung der Zinsen soll mit der Steuerfestsetzung verbunden werden.

(5) Wird die Steuerfestsetzung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, ist eine bisherige Zinsfestsetzung zu ändern; Gleiches gilt, wenn die Anrechnung von Steuerbeträgen zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Maßgebend für die Zinsberechnung ist der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der vorher festgesetzten Steuer, jeweils vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und um die anzurechnende Körperschaftsteuer. Dem sich hiernach ergebenden Zinsbetrag sind bisher festzusetzende Zinsen hinzuzurechnen; bei einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen entfallen darauf festgesetzte Zinsen. Im Übrigen gilt Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten bei der Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs entsprechend.

(7) Bei Anwendung des Absatzes 2a gelten die Absätze 3 und 5 mit der Maßgabe, dass der Unterschiedsbetrag in Teil-Unterschiedsbeträge mit jeweils gleichem Zinslaufbeginn aufzuteilen ist; für jeden Teil-Unterschiedsbetrag sind Zinsen gesondert und in der zeitlichen Reihenfolge der Teil-Unterschiedsbeträge zu berechnen, beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem ältesten Zinslaufbeginn. Ergibt sich ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen, entfallen auf diesen Betrag festgesetzte Zinsen frühestens ab Beginn des für diesen Teil-Unterschiedsbetrag maßgebenden Zinslaufs; Zinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs dieses Teil-Unterschiedsbetrags bleiben endgültig bestehen. Dies gilt auch, wenn zuvor innerhalb derselben Zinsberechnung Zinsen auf einen Teil-Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen berechnet worden sind.

(8) Zinsen auf einen Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen (Nachzahlungszinsen) sind entweder nicht festzusetzen oder zu erlassen, soweit Zahlungen oder andere Leistungen auf eine später wirksam gewordene Steuerfestsetzung erbracht wurden, die Finanzbehörde diese Leistungen angenommen und auf die festgesetzte und zu entrichtende Steuer angerechnet hat. Absatz 3 Satz 4 ist hierbei entsprechend anzuwenden. Soweit Nachzahlungszinsen aufgrund einer Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung nach Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz entfallen, mindert sich der Zinsverzicht nach Satz 1 entsprechend. Die §§ 163 und 227 bleiben unberührt.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte u.a. aus dem Betrieb von Geldspielautomaten Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Die Umsätze aus dem Betrieb der Geldspielautomaten wurden zunächst der Umsatzsteuer unterworfen.

2

Am 15. November 2001 (für die Umsatzsteuer der Jahre 1996 bis 1999) und am 27. November 2003 (für die Jahre 2000 und 2001) beantragte der Kläger im Hinblick auf die europarechtlichen Bedenken gegen die in Deutschland geltende Rechtslage, diese Umsätze steuerfrei zu belassen und die --unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden-- Umsatzsteuer-Festsetzungen entsprechend herabzusetzen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte die Änderungsanträge am 9. Februar 2004 ab und brachte das anschließende Einspruchsverfahren am 10. März 2004 zum Ruhen.

3

Mit Urteil vom 17. Februar 2005 Rs. C-453, 462/02 --Linneweber und Akritidis-- (Slg. 2005, I-1131) entschied der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) auf entsprechende Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs (BFH), Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG stehe nationalen Rechtsvorschriften entgegen, nach denen die Veranstaltung von Glücksspielen oder der Betrieb von Glücksspielgeräten durch sonstige Wirtschaftsteilnehmer nicht von der Umsatzsteuer befreit sei. In einem der Revisionsverfahren, die zur Anrufung des EuGH geführt hatten, entschied der BFH nachfolgend mit Urteil vom 12. Mai 2005 V R 7/02 (BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617), ein Betreiber von Geldspielautomaten könne sich für die Umsatzsteuerfreiheit seiner Umsätze unmittelbar auf die Richtlinie 77/388/EWG berufen. Die Finanzverwaltung hat das genannte BFH-Urteil vorbehaltlos in der am 30. September 2005 ausgegebenen Nr. 15 des Jahrgangs 2005 des BStBl II veröffentlicht.

4

Der Kläger bezifferte seine Erstattungsansprüche für die Jahre 1996 bis 2001 in dem anhängigen Einspruchsverfahren mit mehreren Schreiben, deren erstes vom 16. Februar 2006 datiert. Das FA erließ --für das Jahr 1998 nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung hinsichtlich der zu erstattenden Beträge am 10. Oktober 2006-- nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte Umsatzsteuerbescheide, aus denen sich die folgenden Erstattungsbeträge ergaben:

5

Jahr

Datum des Bescheids

Umsatzsteuer-Erstattung

Erstattungszinsen § 233a AO

1996

08.05.2006

33.168,53 €

16.078,00 €

1997

08.05.2006

79.663,37 €

33.846,00 €

1998

26.10.2006

89.703,09 €

34.979,75 €

1999

22.11.2006

101.412,19 €

33.969,00 €

2000

29.12.2006

85.693,54 €

24.408,00 €

2001

16.01.2007

88.271,98 €

19.707,00 €

Summe

477.912,70 €

162.987,75 €

6

Der Kläger stellte seinen Jahresabschluss für das Streitjahr 2005 am 26. April 2007 auf. Darin berücksichtigte er keine Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche für die Jahre 1996 bis 2001.

7

Demgegenüber erfasste das FA in den angefochtenen Bescheiden über Einkommensteuer sowie die Festsetzung und Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags für 2005 die genannten Erstattungsansprüche einschließlich des Gesamtbetrags der Erstattungszinsen gewinnerhöhend. Hierfür berief es sich auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 5. Juli 2006 (BStBl I 2006, 418). Gegenläufig erhöhte es die Gewerbesteuer-Rückstellung.

8

Der Einspruch blieb im hier interessierenden Punkt ohne Erfolg. Das FA führte aus, der Kläger habe spätestens mit der vorbehaltlosen Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II vom 30. September 2005 von der Anerkennung seiner Erstattungsansprüche durch das FA ausgehen können. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätten die Ansprüche auch Eingang in die Bewertung des Betriebs durch einen potenziellen Erwerber gefunden. Demgegenüber sei der Erlass geänderter Steuerbescheide für die Aktivierung von Steuererstattungsansprüchen nicht zwingend erforderlich, weil keine formale, sondern eine wirtschaftliche Betrachtung geboten sei.

9

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1521). Bestrittene Forderungen seien erst zu aktivieren, wenn sie rechtskräftig zuerkannt seien oder der Schuldner sein Bestreiten aufgegeben habe. Diese Grundsätze seien nicht nur auf zivilrechtliche Ansprüche, sondern auch auf Steuererstattungsansprüche anwendbar. Solange eine entgegenstehende Steuerfestsetzung noch nicht geändert sei oder das FA dem Steuerpflichtigen auf andere Weise zu erkennen gebe, dass es den Steuererstattungsanspruch akzeptieren werde, komme eine Aktivierung nicht in Betracht. Vorliegend habe das FA allein aufgrund der Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II noch keine geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen erlassen. Vielmehr habe es sich mit dem --bis dahin bestrittenen-- Änderungsantrag des Klägers erst auseinandergesetzt, nachdem dieser am 16. Februar 2006 das Einspruchsverfahren aufgegriffen habe. Sodann habe das FA sich die Höhe der Ansprüche im Einzelnen nachweisen lassen und teilweise im Wege einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung geprüft. Es komme auch nicht darauf an, dass die Änderungsbescheide noch vor der Aufstellung des Jahresabschlusses für 2005 ergangen seien. Denn der Umstand, dass das FA sein Bestreiten aufgegeben habe, stelle eine wertbegründende Tatsache dar, die nur berücksichtigt werden dürfe, wenn sie bereits am Bilanzstichtag gegeben sei.

10

Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung des § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 252 Abs. 1 Nr. 4 des Handelsgesetzbuchs (HGB).

11

Das FA beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

14

Das FG hat rechtsfehlerhaft eine Aktivierung der Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche und Erstattungszinsen abgelehnt. Allerdings darf der Teil der Erstattungszinsen, der auf Zeiträume nach dem 31. Dezember 2005 entfällt, nicht bereits zu diesem Stichtag aktiviert werden. Zur Ermittlung der Höhe dieses Teilbetrags geht die Sache an das FG zurück.

15

1. Die Aktivierung von Forderungen richtet sich bei buchführenden Gewerbetreibenden nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 HGB sind Gewinne nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind.

16

Nach dem (imparitätischen) Realisationsprinzip, das einen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung i.S. des § 5 Abs. 1 EStG darstellt, darf ein Gewinn grundsätzlich erst ausgewiesen werden, wenn er durch Umsatz (Veräußerung oder sonstigen Leistungsaustausch) verwirklicht ist; Vermögensmehrungen dürfen nur erfasst werden, wenn sie disponibel sind. Gewinnrealisierung tritt dann ein, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldeten Erfüllungshandlungen in der Weise erbracht hat, dass ihm die Forderung auf die Gegenleistung (z.B. die Zahlung) --von den mit jeder Forderung verbundenen Risiken abgesehen-- so gut wie sicher ist (BFH-Urteil vom 23. März 2011 X R 42/08, BFHE 233, 398, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2011, 1603, mit weiteren Nachweisen).

17

Dementsprechend sind Forderungen (§ 266 Abs. 2 B.II. HGB), insbesondere Geldforderungen aus Lieferungen und Leistungen, zu aktivieren, sobald sie (unabhängig von der rechtlichen Entstehung) wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht und am Bilanzstichtag hinreichend sicher sind (BFH-Urteile vom 12. Mai 1993 XI R 1/93, BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786; vom 3. August 2005 I R 94/03, BFHE 210, 398, BStBl II 2006, 20; vom 14. März 2006 VIII R 60/03, BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 30. Aufl., § 5 Rz 270 "Forderungen").

18

Für die Bilanzierung kommt es nicht entscheidend darauf an, ob ein Anspruch bereits im zivil- oder öffentlich-rechtlichen Sinne entstanden ist. Maßgebend ist bei einem erst in der Entstehung begriffenen Anspruch vielmehr, ob sich die Anwartschaft genügend konkretisiert hat und im Falle einer Betriebsveräußerung von den Vertragsparteien bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt würde (BFH-Urteil vom 28. September 1967 IV 291/65, BFHE 90, 69, BStBl III 1967, 763, betr. Anspruch auf Auszahlung einer formell noch nicht entstandenen Umsatzsteuer-Vergütung). In dieser Entscheidung hat der BFH weiter ausgeführt, für die Aktivierung eines Steuererstattungsanspruchs genüge es, wenn der Anspruch, dessen Realisierung sich kein Kaufmann vernünftigerweise entgehen lasse, erhoben werden könne.

19

So muss beispielsweise ein auf der Geltendmachung von Vorsteuer beruhender Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch bereits dann aktiviert werden, wenn zunächst nur eine nicht ordnungsgemäße Rechnung vorhanden ist, sofern --wie im Regelfall-- nicht damit zu rechnen ist, dass der Rechnungsaussteller sich einer Berichtigung dieser Rechnung widersetzen werde (BFH-Urteil in BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786, unter II.2.). Denn die Notwendigkeit, die Rechnung berichtigen zu lassen, ist im Vergleich zum Tatbestandsmerkmal der "Ausführung der Leistung" von untergeordneter Bedeutung und beeinträchtigt die Sicherheit der Forderung nicht in einem Maße, das in Anwendung des Realisationsprinzips eine Bilanzierung verbieten könnte.

20

Zivilrechtliche Ansprüche können selbst dann zu aktivieren sein, wenn sie formal noch unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit stehen, sofern der Kaufmann nach den Umständen des Einzelfalls bereits am Bilanzstichtag bei normalem Geschäftsablauf fest mit der Zahlung rechnen kann (BFH-Urteil vom 9. Februar 1978 IV R 201/74, BFHE 124, 520, BStBl II 1978, 370).

21

2. Nach diesen Grundsätzen hatte der Kläger die streitgegenständlichen Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche für die Jahre 1996 bis 2001 zum 31. Dezember 2005 zu aktivieren.

22

Bereits zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch realisiert. Denn der Realisierung der genannten Erstattungsansprüche standen im maßgebenden Zeitpunkt weder materiell-rechtliche (dazu unten a) noch verfahrensrechtliche Hindernisse (unten b) entgegen. Aufgrund der verwaltungsinternen Weisungslage war das für die Besteuerung des Klägers zuständige FA zur Anwendung der Rechtsprechung des EuGH und BFH verpflichtet (unten c). Dass die Änderung der Steuerbescheide am Bilanzstichtag noch ausstand (unten d) und der Kläger seine Anträge noch nicht beziffert hatte (unten e), schließt bei dieser Sachlage eine Aktivierung der Steuererstattungsansprüche nicht aus.

23

a) Materiell-rechtlich stand seit Ergehen des EuGH-Urteils in Slg. 2005, I-1131, spätestens aber seit Veröffentlichung des BFH-Urteils in BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617 fest, dass der Kläger sich für die Steuerfreiheit seiner Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten unmittelbar auf die Richtlinie 77/388/EWG berufen konnte. Hieraus ergab sich zugleich die materiell-rechtliche Fehlerhaftigkeit der gegen den Kläger ergangenen Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 1996 bis 2001.

24

b) Ebenso wenig bestanden verfahrensrechtliche Hindernisse für eine Änderung der Festsetzungen. Diese standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und waren daher nicht in materielle Bestandskraft erwachsen. Die Änderungsanträge des Klägers vom 15. November 2001 bzw. 27. November 2003 hatten jeweils zweifelsfrei die Festsetzungsfrist gewahrt. Der nach Ablehnung der Änderungsanträge eingelegte Einspruch war in offensichtlich zulässiger Weise erhoben worden.

25

c) Mit der Veröffentlichung des BFH-Urteils in BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617 in der am 30. September 2005 herausgegebenen Ausgabe des BStBl II war das FA verwaltungsintern verpflichtet, diese Rechtsprechung zugunsten des Klägers anzuwenden. Die Veröffentlichung von BFH-Entscheidungen im BStBl II beruht in jedem Einzelfall auf einer Entscheidung der für das jeweilige steuerrechtliche Sachgebiet zuständigen Vertreter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder. In der vorbehaltlosen Veröffentlichung einer BFH-Entscheidung im BStBl II liegt zugleich die Anweisung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder an die nachgeordneten Dienststellen der Finanzverwaltung, die in der jeweiligen Entscheidung enthaltenen Rechtsgrundsätze auf gleichgelagerte Sachverhalte allgemein --über den entschiedenen Einzelfall hinaus-- anzuwenden (vgl. auch Verfügung der Oberfinanzdirektion Hannover vom 9. März 2004, DStR 2004, 1047).

26

Damit stand aufgrund dieser noch im Jahr 2005 ergangenen Anweisung fest, dass das FA die Erstattungsansprüche des Klägers dem Grunde nach nicht mehr bestreiten würde.

27

Soweit das FG formuliert hat, das FA habe sich erst nach dem Schreiben des Klägers vom 16. Februar 2006 mit dem "bis dahin bestrittenen" Änderungsbegehren auseinandergesetzt, liegt darin keine den Senat i.S. des § 118 Abs. 2 FGO bindende Tatsachenfeststellung des Inhalts, dass das FA die Ansprüche des Klägers noch konkret bestritten hätte. Denn aus den vom FG getroffenen Feststellungen zu dem Schriftverkehr zwischen dem Kläger und dem FA geht lediglich hervor, dass das FA letztmalig am 9. Februar 2004 --vor Ergehen der einschlägigen Entscheidungen des EuGH bzw. BFH-- negativ zu dem Änderungsbegehren des Klägers Stellung genommen und sodann am 10. März 2004 das Einspruchsverfahren im Hinblick auf das anhängige Vorabentscheidungsverfahren zum Ruhen gebracht hat. Damit hat das FA aber gerade zum Ausdruck gebracht, dass es der zu erwartenden Entscheidung des EuGH --vorbehaltlich anderslautender Weisungen seiner vorgesetzten Behörden-- maßgebende Bedeutung für das konkrete Besteuerungsverfahren des Klägers beimisst. Dass das FA dem Änderungsbegehren des Klägers während des Ruhens des Einspruchsverfahrens, insbesondere nach Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II, noch konkret entgegengetreten wäre, hat das FG nicht festgestellt. Allein der Umstand, dass das FA die Steuerfestsetzungen --so das FG-- nicht "ohne Weiteres", sondern erst nach einer Bezifferung der zuvor offenbar zahlenmäßig nicht konkretisierten Änderungsanträge durch den Kläger geändert hat, steht einem Bestreiten des Anspruchs nicht gleich.

28

Soweit das BMF-Schreiben vom 5. Juni 2006 (BStBl I 2006, 418) für den Zeitpunkt der Aktivierung von Steuererstattungsansprüchen, die sich aus der angeführten Entscheidung des EuGH ergeben, abweichend von den hier dargestellten Grundsätzen nicht erst auf die Veröffentlichung der BFH-Nachfolgeentscheidung im BStBl II abstellt, sondern bereits auf die --von der deutschen Finanzverwaltung zunächst unkommentiert gelassene-- Bekanntgabe der EuGH-Entscheidung, kann dahinstehen, ob der Senat dem folgen könnte. Für die Entscheidung des Streitfalls ist dies indes ohne Bedeutung, da beide Zeitpunkte im Wirtschaftsjahr (= Kalenderjahr) 2005 liegen.

29

d) Bei einer solchermaßen eindeutig für den Kläger und die problemlose Realisierbarkeit seiner Steuererstattungsansprüche sprechenden materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Lage (einschließlich verwaltungsinterner Weisungen) steht allein die noch ausstehende Umsetzung dieser Rechts- und Weisungslage in geänderte Umsatzsteuerbescheide einer Aktivierung entsprechender Forderungen nicht entgegen.

30

aa) Wie bereits dargestellt, bestimmt sich die Aktivierung von Vermögensgegenständen in der Handelsbilanz --und damit der Ansatz von Wirtschaftsgütern in der Steuerbilanz-- in erster Linie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten (BFH-Urteil in BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650, unter II.2.). Die wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen für die Realisierung des Anspruchs waren im Streitfall mit der objektiven Klärung der materiell- und verfahrensrechtlichen Rechtslage sowie der Anweisung an die Finanzbehörden, die zugunsten der Betreiber von Geldspielgeräten ergangene Rechtsprechung allgemein anzuwenden, bereits im Jahr 2005 gesetzt. In einer solchen Situation stellt sich der Erlass der Steuerbescheide --ähnlich wie die Berichtigung einer zunächst aus formalen Gründen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786)-- nur noch als wirtschaftlich unwesentlicher, formalrechtlicher Akt dar. Auch ein Betriebserwerber hätte zum 31. Dezember 2005 die gegen das FA gerichteten Steuererstattungsansprüche des Klägers im Rahmen der Bemessung des Unternehmenskaufpreises vergütet.

31

Von der hier vertretenen Auffassung geht im Ergebnis auch das BFH-Urteil vom 17. Januar 2007 XI R 8/04 (nicht veröffentlicht, juris) aus. Dem lag der Sachverhalt zugrunde, dass das dort zuständige FA in einem Änderungsbescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns für das dortige Streitjahr einen Mehrgewinn aus einem Gewerbesteuer-Erstattungsanspruch für dasselbe Jahr angesetzt hatte, der sich erst aus einem --nach dem Bilanzstichtag ergangenen-- Änderungsbescheid ergab. Der XI. Senat des BFH hat insoweit zur Begründung lediglich ausgeführt, der --für den Steuerpflichtigen günstige-- geänderte Gewerbesteuermessbescheid sei nicht angefochten worden, so dass der darauf beruhende Erstattungsanspruch bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen sei.

32

bb) Gegenteiliges folgt nicht aus der vom Kläger und dem FG herangezogenen Rechtsprechung des II. Senats des BFH zur --früheren-- Rechtslage bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens sowie im Recht der Vermögensteuer und Erbschaftsteuer.

33

(1) Nach dem BFH-Urteil vom 15. Oktober 1997 II R 56/94 (BFHE 184, 111, BStBl II 1997, 796) waren Steuererstattungsansprüche, die auf höchstrichterlicher Rechtsprechung beruhten, bei der Feststellung von Einheitswerten des Betriebsvermögens für Stichtage vor dem 1. Januar 1993 --als noch keine Bindung an die Steuerbilanz bestand-- nicht anzusetzen.

34

Diese Rechtsprechung beruht indes auf den Besonderheiten des Bewertungsrechts (strenges Stichtagsprinzip), das insoweit von der stärker wirtschaftlich geprägten Betrachtungsweise des Bilanzsteuerrechts abweicht. Dies zeigt sich auch daran, dass Ansprüche auf Erstattung von Körperschaftsteuer, die auf einer erst nach dem Bewertungsstichtag beschlossenen Gewinnausschüttung beruhten, zwar nicht in einer Vermögensaufstellung für Stichtage vor dem 1. Januar 1993 (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1998 II R 60/96, BFHE 187, 113, BStBl II 1999, 162, unter II.2.), wohl aber in Anwendung der ab dem 1. Januar 1993 geltenden bewertungsrechtlichen Rechtslage --die mit der bilanzsteuerrechtlichen Lage übereinstimmte (vgl. § 109 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes in der ab dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung)-- anzusetzen waren (BFH-Urteil in BFHE 187, 113, BStBl II 1999, 162, unter II.1.).

35

Im Übrigen betraf das Urteil in BFHE 184, 111, BStBl II 1997, 796 einen Bewertungsstichtag, der noch vor der Veröffentlichung der --die Durchsetzbarkeit des Steuererstattungsanspruchs gegenüber der Finanzverwaltung wirtschaftlich begründenden-- BFH-Entscheidung im entsprechenden Musterverfahren lag.

36

(2) Eine vergleichbare Zeitfolge lag auch dem --zum Erbschaftsteuerrecht für Stichtage ab dem 1. Januar 1993 ergangenen-- BFH-Urteil vom 15. März 2000 II R 15/98 (BFHE 191, 403, BStBl II 2000, 588) zugrunde. Zudem hatte dort das für den Einzelfall zuständige FA --ebenfalls hinsichtlich der Umsatzsteuer auf Umsätze mit Geldspielautomaten-- noch nach dem Ergehen einer für den dortigen Steuerpflichtigen günstigen Entscheidung des EuGH die Änderung ergangener Umsatzsteuerbescheide ausdrücklich abgelehnt, und dies darauf gestützt, dass ein früheres BMF-Schreiben noch fortgelte und bisher nicht an die EuGH-Rechtsprechung angepasst worden sei. Erst nach Ergehen eines neuen BMF-Schreibens half das dortige FA dem Änderungsbegehren ab.

37

Hinsichtlich der Erbschaftsteuer hat der II. Senat des BFH zudem zwischenzeitlich entschieden, dass die Notwendigkeit einer aus Sicht des Bewertungsstichtags noch vorzunehmenden Änderung von Steuerbescheiden dem Ansatz entsprechender Steuererstattungsansprüche beim steuerpflichtigen Erwerb nicht entgegensteht (BFH-Urteil vom 16. Januar 2008 II R 30/06, BFHE 220, 518, BStBl II 2008, 626, unter II.A.1.b). Dies ist seit 2009 auch ausdrücklich in § 10 Abs. 1 Satz 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes festgeschrieben.

38

(3) Das BFH-Urteil vom 2. Dezember 2003 II R 5/03 (BFHE 203, 512, BStBl II 2004, 203) befasste sich für Zwecke der Vermögensteuer mit einem Steuererstattungsanspruch im Privatvermögen. Auch dort galt aber das strenge Stichtagsprinzip, das --wie unter (1) dargestellt-- im Bilanzsteuerrecht aufgrund des Vorrangs wirtschaftlicher Gesichtspunkte nicht anwendbar ist.

39

e) Auch der Umstand, dass der Kläger seine --vor dem Bilanzstichtag gestellten-- Änderungsanträge am Stichtag noch nicht beziffert hatte, und das FA daher noch keine Prüfung der Höhe des Anspruchs hatte vornehmen können, hindert eine Aktivierung nicht.

40

aa) Der Zeitpunkt, zu dem der Inhaber eines --dem Grunde nach bestehenden-- Anspruchs diesen zahlenmäßig beziffert, steht grundsätzlich im Belieben des Anspruchstellers. Besteht ein solcher Anspruch objektiv und liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Anspruchsinhaber auf Dauer von dessen Durchsetzung absehen werde, kann die Gewinnrealisierung nicht dadurch hinausgeschoben werden, dass ein bereits dem Grunde nach geltend gemachter und vom Anspruchsgegner nicht --bzw. nicht mehr-- bestrittener Anspruch der Höhe nach zunächst noch nicht konkretisiert wird.

41

Hierzu hat der BFH bereits ausgeführt, für die Aktivierung eines Steuererstattungsanspruchs genüge es, wenn der Anspruch, dessen Realisierung sich kein Kaufmann vernünftigerweise entgehen lasse, erhoben werden könne (Urteil in BFHE 90, 69, BStBl III 1967, 763). Die Realisierung eines gegen das FA gerichteten Anspruchs, der materiell- und verfahrensrechtlich sowie nach der geltenden Weisungslage unzweifelhaft besteht und dessen Umsetzung in konkrete Steuerbescheide nur noch von einer Bezifferung durch den Steuerpflichtigen abhängig ist, wird sich kein Kaufmann entgehen lassen.

42

Im Übrigen setzt eine Gewinnrealisierung nach ständiger Rechtsprechung nicht voraus, dass bereits am Bilanzstichtag über den Anspruch --zahlenmäßig-- abgerechnet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14. April 2011 X B 104/10, BFH/NV 2011, 1343, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

43

bb) Wenn aber die noch ausstehende zahlenmäßige Konkretisierung des Erstattungsanspruchs durch den Kläger einer Aktivierung nicht entgegensteht, dann gilt dies auch für die Überprüfung dieser zahlenmäßigen Konkretisierung durch das FA. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das FA seine Überprüfungshandlungen an Amtsstelle oder im Wege einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung vornimmt. Aus den Feststellungen des FG ergibt sich nicht, dass die Umsatzsteuer-Sonderprüfung --die sich ohnehin allein auf das Jahr 1998 bezogen und nicht zu Beanstandungen geführt hat-- zum Ziel gehabt haben könnte, über die Prüfung der Zahlenangaben des Klägers hinaus Anhaltspunkte für ein Bestreiten der Erstattungsansprüche dem Grunde nach zu ermitteln.

44

3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das FA hat sämtliche Erstattungszinsen, die in den --erst nach dem Bilanzstichtag ergangenen-- Umsatzsteuer- und Zinsbescheiden festgesetzt worden sind, bereits zum Bilanzstichtag aktiviert. Ansprüche auf Erstattungszinsen, die wirtschaftlich auf die Zeit nach dem 31. Dezember 2005 entfallen, dürfen aber nicht schon zu diesem Zeitpunkt aktiviert werden. Das FG wird im zweiten Rechtsgang Feststellungen zur Höhe der bis zum Bilanzstichtag entstandenen Erstattungszinsen nachholen.

45

4. Die dargestellten Grundsätze gelten gemäß § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes auch für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und den sich daran anschließenden Zerlegungsbescheid.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Führt die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einem Unterschiedsbetrag im Sinne des Absatzes 3, ist dieser zu verzinsen. Dies gilt nicht für die Festsetzung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen.

(2) Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Er beginnt für die Einkommen- und Körperschaftsteuer 23 Monate nach diesem Zeitpunkt, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte überwiegen; hierbei sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes nicht zu berücksichtigen. Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird.

(2a) Soweit die Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2) oder auf einem Verlustabzug nach § 10d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes beruht, beginnt der Zinslauf abweichend von Absatz 2 Satz 1 und 2 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist.

(3) Maßgebend für die Zinsberechnung ist die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (Unterschiedsbetrag). Bei der Vermögensteuer ist als Unterschiedsbetrag für die Zinsberechnung die festgesetzte Steuer, vermindert um die festgesetzten Vorauszahlungen oder die bisher festgesetzte Jahressteuer, maßgebend. Ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen ist nur bis zur Höhe des zu erstattenden Betrags zu verzinsen; die Verzinsung beginnt frühestens mit dem Tag der Zahlung. Besteht der Erstattungsbetrag aus mehreren Teil-Leistungen, richtet sich der Zinsberechnungszeitraum jeweils nach dem Zeitpunkt der einzelnen Leistung; die Leistungen sind in chronologischer Reihenfolge zu berücksichtigen, beginnend mit der jüngsten Leistung.

(4) Die Festsetzung der Zinsen soll mit der Steuerfestsetzung verbunden werden.

(5) Wird die Steuerfestsetzung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, ist eine bisherige Zinsfestsetzung zu ändern; Gleiches gilt, wenn die Anrechnung von Steuerbeträgen zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Maßgebend für die Zinsberechnung ist der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der vorher festgesetzten Steuer, jeweils vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und um die anzurechnende Körperschaftsteuer. Dem sich hiernach ergebenden Zinsbetrag sind bisher festzusetzende Zinsen hinzuzurechnen; bei einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen entfallen darauf festgesetzte Zinsen. Im Übrigen gilt Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten bei der Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs entsprechend.

(7) Bei Anwendung des Absatzes 2a gelten die Absätze 3 und 5 mit der Maßgabe, dass der Unterschiedsbetrag in Teil-Unterschiedsbeträge mit jeweils gleichem Zinslaufbeginn aufzuteilen ist; für jeden Teil-Unterschiedsbetrag sind Zinsen gesondert und in der zeitlichen Reihenfolge der Teil-Unterschiedsbeträge zu berechnen, beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem ältesten Zinslaufbeginn. Ergibt sich ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen, entfallen auf diesen Betrag festgesetzte Zinsen frühestens ab Beginn des für diesen Teil-Unterschiedsbetrag maßgebenden Zinslaufs; Zinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs dieses Teil-Unterschiedsbetrags bleiben endgültig bestehen. Dies gilt auch, wenn zuvor innerhalb derselben Zinsberechnung Zinsen auf einen Teil-Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen berechnet worden sind.

(8) Zinsen auf einen Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen (Nachzahlungszinsen) sind entweder nicht festzusetzen oder zu erlassen, soweit Zahlungen oder andere Leistungen auf eine später wirksam gewordene Steuerfestsetzung erbracht wurden, die Finanzbehörde diese Leistungen angenommen und auf die festgesetzte und zu entrichtende Steuer angerechnet hat. Absatz 3 Satz 4 ist hierbei entsprechend anzuwenden. Soweit Nachzahlungszinsen aufgrund einer Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung nach Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz entfallen, mindert sich der Zinsverzicht nach Satz 1 entsprechend. Die §§ 163 und 227 bleiben unberührt.

(1)1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind

1.
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind;
2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.2Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind;
3.
die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfallen, und die Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.
2Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt auch für Vergütungen, die als nachträgliche Einkünfte (§ 24 Nummer 2) bezogen werden.3§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem gewerblichen Betriebsvermögen gehört hat.

(1a)1In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 5 ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.2Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.

(2)1Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.2Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1.3Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.

(3) Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit

1.
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht.2Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 positiv oder negativ sind;
2.
einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).2Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.

(4)1Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.4Satz 3 gilt nicht für die Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.5Satz 4 gilt nicht, wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben.6Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist, dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.7Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft, Unterbeteiligung oder sonstigen Innengesellschaft bezieht; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.8Die Sätze 6 und 7 gelten nicht, soweit der Verlust auf eine natürliche Person als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

(1)1Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.2Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.3Der Steuerpflichtige kann Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung im Sinne des Absatzes 2 Satz 3 beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Für Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gilt § 38a Absatz 1 Satz 2 und 3 und § 40 Absatz 3 Satz 2.5Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.

(2)1Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.2Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben gilt Absatz 1 Satz 2 entsprechend.3Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Satz 3 ist auf ein Damnum oder Disagio nicht anzuwenden, soweit dieses marktüblich ist.5§ 42 der Abgabenordnung bleibt unberührt.6Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein kommunaler Zweckverband. Er wurde 1998 im Zuge der Neuordnung der Abfall- und Abwasserwirtschaft in … gegründet und ist hierdurch Rechtsnachfolger u.a. des V-Verbands (V) geworden, der sich gleichfalls mit der Abfallentsorgung und -verwertung befasste und verschiedene Betriebe gewerblicher Art (BgA) unterhielt.

2

In diesem Zusammenhang hatte der V sich dafür entschieden, eine Müllverwertungs- und Verbrennungsanlage, die Anlage (Anlage X), --auf der Grundlage eines Erbbaurechts-- durch eine Besitzgesellschaft zu errichten und von dieser entgeltlich einer Betriebsführungsgesellschaft (Betreibergesellschaft) zu überlassen. Die Arbeiten zur Errichtung der Anlage X sind in den Jahren 1994 und 1995 von einem Eigenbetrieb des V --einem sog. Vorgründungs-BgA-- durchgeführt worden; dessen Vermögen wurde --nach Feststellungen der Vorinstanz vorbehaltlich von Vorsteuererstattungsansprüchen-- zum 1. April 1995 in die neu gegründete Besitzgesellschaft, die V-GmbH, als Sacheinlage eingebracht.

3

Nachdem die Finanzbehörden --unter Mitwirkung des verbandsmäßig zuständigen Finanzministeriums-- die Unternehmereigenschaft des Vorgründungs-BgA anerkannt hatten, reichte der Kläger berichtigte Umsatzsteuererklärungen betreffend den Vorgründungszeitraum (1994/1995) ein. Die zusätzlich erklärten Vorsteuerbeträge in Höhe von … DM sowie die angefallenen Zinsen in Höhe von … DM sind dem Kläger am 4. Dezember 2000 erstattet worden. Mit dem gegenüber dem Kläger für den "Vorgründungs-BgA V" ergangenen Körperschaftsteuerbescheid vom 3. November 2005 erfasste der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Erstattungszinsen für das Streitjahr (2000) als Einkommen und setzte die Körperschaftsteuer auf … fest.

4

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wurde vom Finanzgericht (FG) des Saarlandes mit Urteil vom 12. Mai 2011 (Az: 1 K 1099/06) abgewiesen. Das FG erläuterte hierzu, dass es sich bei den Erstattungszinsen um Betriebseinnahmen des Klägers handle, die in einem unmittelbaren Veranlassungszusammenhang mit der wirtschaftlichen (operativen) Tätigkeit des Vorgründungs-BgA stünden; sie seien nicht im Rahmen der Aufgabe des BgA, sondern als nachträgliche Einkünfte i.S. von § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 1999 i.V.m. § 24 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes 1997 zu erfassen. Die Erstattungszinsen teilten als steuerliche Nebenleistung (§ 3 Abs. 4 der Abgabenordnung --AO--) das Schicksal der Vorsteuer-Erstattungsansprüche. Diese seien --nach Einbringung der Anlage X in die V-GmbH-- als Vermögenswerte des V zurückgeblieben und weiterhin dem Vorgründungs-BgA und damit zugleich auch der körperschaftsteuerpflichtigen Sphäre des Klägers (als Rechtsnachfolger des V) zugeordnet. Unerheblich sei dabei, dass die Tätigkeit des Vorgründungs-BgA im Zeitpunkt des Entstehens der Zinsansprüche bereits beendet worden sei. Maßgeblich sei nach der Gesetzessystematik (§§ 3 Abs. 4, 233 ff. AO) vielmehr, dass der Vorsteuer-Erstattungsanspruch durch die Aufgabe des BgA seinen betrieblichen Charakter nicht verloren habe und deshalb --entgegen der Ansicht des Klägers-- für die akzessorischen Zinsansprüche nichts anderes gelten könne. Sie seien demgemäß nicht in den steuerfreien Vermögensbereich überführt worden, sondern wegen des fortbestehenden Veranlassungszusammenhangs als nachträgliche Einnahmen anzusetzen.

5

Mit der vom FG zugelassen Revision macht der Kläger vor allem geltend, alle Beteiligten seien bisher zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Vorsteueransprüche im Vermögen des V (bzw. des Klägers) zurückgeblieben seien. Tatsächlich seien sie in die V-GmbH eingebracht worden. Dies entspreche nicht nur dem "idealtypischen Ablauf" einer GmbH-Gründung, sondern auch den Regelungen des Einbringungsvertrags (EV) vom 27. September 1995. Nach § 1 EV seien die in Anlage I aufgeführten Vermögensgegenstände von dem V der V-GmbH zu übertragen und nach § 2 EV die in der Anlage II aufgeführten Ansprüche abzutreten gewesen. Da die V-GmbH nach der Präambel des EV zudem in die für sie von dem V geschlossenen Verträge mit allen Rechten und Pflichten eingetreten sei, habe die zivilrechtliche Übertragung auch die Vorsteuererstattungsansprüche umfasst. Die im EV genannten Anlagen I und II sind innerhalb der Revisionsbegründungsschrift nicht vorgelegt worden; allerdings hat der Kläger innerhalb dieser Frist Kopien des auf den 31. Dezember 2000 erstellten Jahresabschlusses vorgelegt, aus denen sich nach seiner Ansicht ergebe, dass die V-GmbH in diesem Jahr die Erstattungsansprüche betreffend die Jahre 1994 und 1995 bilanziert habe. Hiervon abweichend sei die Vorinstanz fälschlicherweise von einem Rückbehalt der Vorsteuererstattungsansprüche ausgegangen und habe es hierbei versäumt, den Sachverhalt von Amts wegen nach § 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) weiter aufzuklären. Sollte der Senat diese Ansicht zum Anspruchsübergang nicht bereits aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung teilen, werde deshalb (hilfsweise) eine Zurückverweisung an die Vorinstanz angeregt. Des Weiteren trägt der Kläger vor, dass auch dann, wenn man mit dem FG davon ausgehe, dass die Vorsteueransprüche nicht der V-GmbH abgetreten worden seien, die Revision Erfolg haben müsse, da die Erstattungsansprüche im Hoheitsbereich vereinnahmt worden seien. Der Kläger hat insoweit --ohne weitere Erläuterungen-- auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug genommen.

6

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Körperschaftsteuerbescheid 2000 vom 3. November 2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. April 2006 aufzuheben.

7

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision genügt nicht den Begründungserfordernissen des § 120 Abs. 3 FGO; sie ist deshalb zu verwerfen (§ 124 Abs. 1 i.V.m. § 126 Abs. 1 FGO).

9

1. Auch eine vom FG zugelassene Revision ist nach § 120 Abs. 2 und Abs. 3 FGO zu begründen. Wendet sich der Revisionskläger gegen die materielle Sicht des FG, so hat er die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO); wird die Revision auf die Verletzung von Verfahrensvorschriften gestützt, so sind die Tatsachen zu bezeichnen, die den gerügten Mangel ergeben (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO).

10

a) Soweit der Kläger vorträgt, der Körperschaftsteuerbescheid 2000 erweise sich deshalb als rechtswidrig, weil die Vorsteueransprüche nicht im Vermögen des V (bzw. des Klägers) zurückgeblieben seien, entspricht sein Vortrag nicht den vorgenannten Anforderungen.

11

aa) Auszugehen ist hierbei davon, dass mit einer Revision nach § 118 Abs. 1 Satz 1 FGO nur geltend gemacht werden kann, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruht. An die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen ist der Bundesfinanzhof (BFH) hingegen nach § 118 Abs. 2 FGO grundsätzlich gebunden, es sei denn, dass in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind. Demgemäß kann eine Revision --soweit sie sich gegen die tatsächlichen finanzgerichtlichen Feststellungen oder gegen die tatsächliche Würdigung des Sachverhalts durch die Vorinstanz wendet-- nur auf das Vorliegen eines Verfahrensmangels (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO) oder in materiell-rechtlicher Hinsicht (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO) grundsätzlich nur darauf gestützt werden, dass die tatsächliche Würdigung mit den Denkgesetzen oder mit allgemeinen Erfahrungssätzen nicht vereinbar oder dass sie widersprüchlich oder aus den Gründen des angefochtenen Urteils nicht nachvollziehbar sei (vgl. BFH-Beschluss vom 11. April 2002 VII R 1/02, BFH/NV 2002, 950).

12

bb) Da zu den tatsächlichen Feststellungen i.S. von § 118 Abs. 2 FGO insbesondere auch die für die Entscheidung des FG maßgeblichen Tatsachen gehören, die das FG als unstreitig angesehen hat (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2011 XI S 1/11, BFH/NV 2011, 829; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 39), und das FG im Streitfall --im Einklang mit dem erstinstanzlichen Vortrag der Beteiligten-- davon ausgegangen ist, dass die Vorsteuervergütungsansprüche des V nicht in das Vermögen der V-GmbH (Besitzgesellschaft) eingebracht worden sind, beruht das vorinstanzliche Urteil auf der tatsächlichen Feststellung, dass die Vergütungsansprüche nicht Gegenstand der Abtretungserklärungen im Zuge der Sachgründung des Besitzunternehmens waren.

13

cc) Die hiergegen vom Kläger in der Revisionsbegründungsschrift erhobenen Einwände sind nicht geeignet, eine Rechtsverletzung i.S. von § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO schlüssig darzulegen. Der Kläger hat weder dargetan, dass die Tatsachenfeststellung der Vorinstanz den Denkgesetzen oder den allgemeinen, d.h. den jedermann zugänglichen und durch keine Ausnahmen durchbrochenen Erfahrungssätzen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz 28, m.w.N.) widerstreite. Insbesondere kann Letzteres nicht in der --nicht näher belegten-- Behauptung gesehen werden, es entspreche dem idealtypischen Ablauf einer GmbH-Gründung, dass die Vorgründungsgesellschaft ihr gesamtes Vermögen der GmbH übertrage. Noch kann dem Vortrag des Klägers eine substantiierte Erläuterung dazu entnommen werden, dass die tatsächliche Feststellung zum Rückbehalt der Vorsteueransprüche nicht nachvollziehbar sei; dem steht --was die Revisionsbegründungsschrift nicht hinreichend gewürdigt hat-- jedenfalls entgegen, dass auch die Beteiligten bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens von dem vom FG angenommenen Sachverhalt ausgegangen sind.

14

dd) Die Revisionsbegründung genügt mit Rücksicht auf die Zuordnung der Vorsteuervergütungsansprüche zum Vermögensbereich des V (bzw. des Klägers) auch nicht den formellen Anforderungen an eine Verfahrensrüge (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO).

15

Wird --wie vom Kläger-- geltend gemacht, dass das FG gegen seine Pflicht zur Sachaufklärung von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen habe, so ist innerhalb der Revisionsbegründungfrist u.a. konkret darzulegen, aus welchen Gründen sich dem FG eine weitere Sachaufklärung ohne einen entsprechenden Beweisantrag der Beteiligten hätte aufdrängen müssen und welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich hierbei voraussichtlich ergeben hätten (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 70, mit umfangreichen Nachweisen).

16

Abgesehen davon, dass den bis zum Ablauf der Revisionsfrist vorgelegten Unterlagen nicht --jedenfalls aber nicht hinreichend konkret-- die behauptete Abtretung der Vorsteuervergütungsansprüche entnommen werden kann und der Kläger auch nicht die Wahrung der Anzeigeerfordernisse des § 46 AO erläutert hat, ist der Revisionsvortrag auch deshalb nicht geeignet, einen Verstoß gegen § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO darzulegen, weil nicht erkennbar ist, weshalb der Vorinstanz sich insoweit eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen. Hiergegen spricht bereits, dass --wie in der Revisionsbegründungsschrift eingeräumt-- die Beteiligten während des gesamten finanzgerichtlichen Verfahrens vom Rückbehalt der Vorsteuervergütungsansprüche ausgegangen sind; hinzu kommt, dass nur auf der Grundlage dieses Geschehensablaufs erklärbar ist, dass der Kläger (als Rechtsnachfolger des V) Umsatzsteuererklärungen betreffend den Vorgründungszeitraum der V-GmbH eingereicht und ihm im Dezember 2000 sowohl die erklärten Vorsteuerbeträge als auch die hierauf entfallenden Zinsen erstattet worden sind. Demgemäß ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen es sich dem FG hätte aufdrängen müssen, der Frage einer --nach dem Vorbringen des Klägers innerhalb der Revisionsbegründungsfrist zudem nicht konkret belegten-- Abtretung der Vergütungsansprüche nachzugehen.

17

b) Die Revision des Klägers ist schließlich nicht deshalb hinreichend begründet, weil die Revisionsbegründungsschrift hilfsweise, d.h. für den Fall, dass die Vorsteuervergütungsansprüche nicht der V-GmbH abgetreten worden sein sollten, zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren verweist, nach denen die Erstattungszinsen im Hoheitsbereich vereinnahmt worden seien, weil der Vorgründungs-BgA im Streitjahr (2000) nicht mehr existiert habe.

18

aa) Der Kläger hat insoweit außer Acht gelassen, dass die in § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO geforderte Bezeichnung der die Rechtsverletzung begründenden Umstände auch Angaben dazu umfasst, aus welchen Gründen der Revisionskläger das erstinstanzliche Urteil als unrichtig erachtet. Demgemäß gehört nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung u.a. die Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen FG-Urteils; es muss erkennbar sein, dass der Revisionskläger die Begründung jenes Urteils und sein eigenes bisheriges Vorbringen überprüft hat. Deshalb ist darzutun, welche Ausführungen der Vorinstanz aus welchen Gründen unrichtig sein sollen. Die Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen des Revisionsklägers genügt dem regelmäßig nicht (BFH-Urteil vom 20. April 1999 VIII R 81/94, BFH/NV 1999, 1457; Senatsbeschluss vom 1. Juni 2006 I R 12/05, BFH/NV 2006, 2088). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur dann, wenn der Revisionskläger sich schon in der Klageschrift umfassend und abschließend mit den Argumenten auseinandergesetzt hat, auf die das FG in der Folge seine Entscheidung gestützt hat (Senatsurteil vom 25. August 2009 I R 88, 89/07, BFHE 226, 296, BFH/NV 2009, 2047; BFH-Beschluss vom 19. Oktober 2000 VI R 73/00, BFH/NV 2001, 333; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 61, m.w.N.).

19

bb) Die Revisionsbegründungschrift wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Sie enthält weder eine Auseinandersetzung mit den Gründen des vorinstanzlichen Urteils, sondern beschränkt sich --gestützt auf eine bloße Rechtsbehauptung (Zuordnung des Vergütungsanspruchs zum hoheitlichen Bereich des V bzw. des Klägers)-- darauf, den eigenen Rechtsstandpunkt zu wiederholen. Noch erfüllt der pauschale Verweis auf die erstinstanzlichen Schriftsätze die vorgenannten Voraussetzungen, nach denen ausnahmsweise eine Revision mittels Bezugnahme auf den finanzgerichtlichen Vortrag begründet werden kann. Das FG ist der Ansicht des Klägers, die Zinsansprüche seien nach Aufgabe des Vorgründungs-BgA dem Hoheitsbereich des V zugewiesen gewesen, vor allem deshalb nicht gefolgt, weil die Erstattungszinsen in einem unmittelbaren und fortbestehenden Veranlassungszusammenhang zu der wirtschaftlichen (operativen) Tätigkeit des Vorgründungs-BgA stünden und als (akzessorische) steuerliche Nebenleistung das Schicksal der als (Rest-)Betriebsvermögen zurückgebliebenen Vorsteuer-Erstattungsansprüche mit der weiteren Folge teilten, dass sie nicht im Rahmen der Aufgabe des BgA, sondern als nachträgliche Einkünfte zu erfassen seien. Nach den dem Senat vorgelegten Akten hat sich der Kläger im Rahmen seines erstinstanzlichen Vorbringens mit diesen Erwägungen und ihrer von der Vorinstanz vertretenen systematischen Zusammenschau nicht --jedenfalls nicht substantiell-- auseinandergesetzt. Demgemäß kann der Senat auch offenlassen, ob --woran es vorliegend gleichfalls fehlen würde-- ein Verweis auf den erstinstanzlichen Vortrag nur dann den Begründungserfordernissen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO zu genügen vermag, wenn der Revisionskläger die einschlägigen Schriftsätze des finanzgerichtlichen Verfahrens benennt und die hierdurch in Bezug genommenen Ausführungen zumindest stichwortartig umreißt.

20

2. Die Verwerfung der Revision ist durch Beschluss auszusprechen (§ 126 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 3 FGO; Gräber/Ruban, a.a.O., § 10 Rz 2, § 126 Rz 4).

(1) Führt die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einem Unterschiedsbetrag im Sinne des Absatzes 3, ist dieser zu verzinsen. Dies gilt nicht für die Festsetzung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen.

(2) Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Er beginnt für die Einkommen- und Körperschaftsteuer 23 Monate nach diesem Zeitpunkt, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte überwiegen; hierbei sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes nicht zu berücksichtigen. Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird.

(2a) Soweit die Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2) oder auf einem Verlustabzug nach § 10d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes beruht, beginnt der Zinslauf abweichend von Absatz 2 Satz 1 und 2 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist.

(3) Maßgebend für die Zinsberechnung ist die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (Unterschiedsbetrag). Bei der Vermögensteuer ist als Unterschiedsbetrag für die Zinsberechnung die festgesetzte Steuer, vermindert um die festgesetzten Vorauszahlungen oder die bisher festgesetzte Jahressteuer, maßgebend. Ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen ist nur bis zur Höhe des zu erstattenden Betrags zu verzinsen; die Verzinsung beginnt frühestens mit dem Tag der Zahlung. Besteht der Erstattungsbetrag aus mehreren Teil-Leistungen, richtet sich der Zinsberechnungszeitraum jeweils nach dem Zeitpunkt der einzelnen Leistung; die Leistungen sind in chronologischer Reihenfolge zu berücksichtigen, beginnend mit der jüngsten Leistung.

(4) Die Festsetzung der Zinsen soll mit der Steuerfestsetzung verbunden werden.

(5) Wird die Steuerfestsetzung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, ist eine bisherige Zinsfestsetzung zu ändern; Gleiches gilt, wenn die Anrechnung von Steuerbeträgen zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Maßgebend für die Zinsberechnung ist der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der vorher festgesetzten Steuer, jeweils vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und um die anzurechnende Körperschaftsteuer. Dem sich hiernach ergebenden Zinsbetrag sind bisher festzusetzende Zinsen hinzuzurechnen; bei einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen entfallen darauf festgesetzte Zinsen. Im Übrigen gilt Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten bei der Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs entsprechend.

(7) Bei Anwendung des Absatzes 2a gelten die Absätze 3 und 5 mit der Maßgabe, dass der Unterschiedsbetrag in Teil-Unterschiedsbeträge mit jeweils gleichem Zinslaufbeginn aufzuteilen ist; für jeden Teil-Unterschiedsbetrag sind Zinsen gesondert und in der zeitlichen Reihenfolge der Teil-Unterschiedsbeträge zu berechnen, beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem ältesten Zinslaufbeginn. Ergibt sich ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen, entfallen auf diesen Betrag festgesetzte Zinsen frühestens ab Beginn des für diesen Teil-Unterschiedsbetrag maßgebenden Zinslaufs; Zinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs dieses Teil-Unterschiedsbetrags bleiben endgültig bestehen. Dies gilt auch, wenn zuvor innerhalb derselben Zinsberechnung Zinsen auf einen Teil-Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen berechnet worden sind.

(8) Zinsen auf einen Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen (Nachzahlungszinsen) sind entweder nicht festzusetzen oder zu erlassen, soweit Zahlungen oder andere Leistungen auf eine später wirksam gewordene Steuerfestsetzung erbracht wurden, die Finanzbehörde diese Leistungen angenommen und auf die festgesetzte und zu entrichtende Steuer angerechnet hat. Absatz 3 Satz 4 ist hierbei entsprechend anzuwenden. Soweit Nachzahlungszinsen aufgrund einer Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung nach Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz entfallen, mindert sich der Zinsverzicht nach Satz 1 entsprechend. Die §§ 163 und 227 bleiben unberührt.

(1)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen.2Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte.3Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer.4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1, wenn der Steuerpflichtige auf diese Einkünfte ganz oder teilweise § 6b oder § 6c anwendet.

(2) Als außerordentliche Einkünfte kommen nur in Betracht:

1.
Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 14a Absatz 1, der §§ 16 und 18 Absatz 3 mit Ausnahme des steuerpflichtigen Teils der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nummer 40 Buchstabe b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerbefreit sind;
2.
Entschädigungen im Sinne des § 24 Nummer 1;
3.
Nutzungsvergütungen und Zinsen im Sinne des § 24 Nummer 3, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden;
4.
Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten; mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.

(3)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 enthalten, so kann auf Antrag abweichend von Absatz 1 die auf den Teil dieser außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von insgesamt 5 Millionen Euro nicht übersteigt, entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist.2Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 14 Prozent.3Auf das um die in Satz 1 genannten Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) sind vorbehaltlich des Absatzes 1 die allgemeinen Tarifvorschriften anzuwenden.4Die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen.5Erzielt der Steuerpflichtige in einem Veranlagungszeitraum mehr als einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn im Sinne des Satzes 1, kann er die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 nur für einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn beantragen.6Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

I. Es ist streitig, ob der vom Kläger, Revisionsbeklagten und Anschlussrevisionskläger (Kläger) im Jahr 2005 (Streitjahr) bezogene einmalige Ertrag aus Umsatzsteuer-Erstattungen nebst Erstattungszinsen für die Jahre 1996 bis 2003 nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) tarifbegünstigt zu besteuern ist.

2

Der Kläger betrieb im Streitjahr eine Spielhalle und erzielte aus dieser Tätigkeit gewerbliche Einkünfte. Er ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Im Jahr 2005 wurde höchstrichterlich geklärt, dass Umsätze aus Glücksspielen mit Geldeinsatz außerhalb öffentlicher Spielbanken nach damaliger Rechtslage von der Umsatzsteuer befreit waren, wenn der Betrieb solcher Glücksspiele in öffentlichen Spielbanken steuerfrei war (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 17. Februar 2005 Rs. C-453, C-462/02 --Linneweber und Akritidis--, Slg. 2005, I-1131; Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Mai 2005 V R 7/02, BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617). Infolgedessen erstattete der Beklagte, Revisionskläger und Anschlussrevisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) dem Kläger die von ihm gezahlte Umsatzsteuer nebst Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung (AO) für die Jahre 1996 bis 2003 in Höhe von insgesamt 177.089,89 € (Umsatzsteuer: 139.567,89 €; Erstattungszinsen: 37.522 €). Nach Verrechnung mit Steuerrückständen des Klägers und der Einkommensteuer-Vorauszahlung für das Jahr 2005 in Höhe von insgesamt 70.980,09 € zahlte das FA im November 2005 hiervon noch einen Betrag in Höhe von 106.109,80 € an den Kläger aus.

3

In seiner Einkommensteuererklärung für 2005 erklärte der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 130.786 €. Er gab an, dass in diesem Betrag tarifbegünstigte Gewinne i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 EStG in Höhe von 177.089 € enthalten seien. Das FA besteuerte diesen Betrag jedoch nicht tarifbegünstigt, sondern mit dem Regelsteuersatz. Es setzte die Einkommensteuer mit Bescheid vom 31. August 2006 auf 41.445 € fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 5. November 2007).

4

Das Finanzgericht (FG) setzte die Einkommensteuer 2005 unter Änderung des Bescheids vom 31. August 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. November 2007 auf den Betrag herab, der sich ergibt, wenn die Umsatzsteuer-Erstattungen für die Jahre 1996 bis 2003 in Höhe von 139.567,89 € als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG behandelt werden. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die Berechnung der Steuer übertrug es dem FA. Die Kosten des Verfahrens legte es dem FA zu 80 % und dem Kläger zu 20 % auf. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 931 abgedruckt.

5

Das FA hat Revision, der Kläger Anschlussrevision eingelegt.

6

Das FA wendet sich mit seiner Revision gegen die Vorentscheidung, soweit das FG die Umsatzsteuer-Erstattungen für die Jahre 1996 bis 2003 als Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG qualifiziert hat. Es seien keine "außerordentlichen" Einkünfte gegeben. Eine rechtliche Auseinandersetzung könne nur dann zu tarifbegünstigten Einkünften führen, wenn einkommensteuerpflichtige Einnahmen streitig seien. Hieran fehle es, weil die Umsatzsteuer gewinnneutral sei. Außerdem seien bei Gewerbetreibenden Steuererstattungen für mehrere Veranlagungszeiträume kein ungewöhnlicher Vorgang. Ebenso liege den Umsatzsteuer-Erstattungen keine mehrjährige Tätigkeit zugrunde. Dieses Tatbestandsmerkmal beziehe sich auf die Dauer der einzelnen Leistungserbringung. Danach sei es ausgeschlossen, die mit den einzelnen Spielern durchgeführten Geschäfte (Spielumsätze) als mehrjährige Tätigkeit zu qualifizieren. Schließlich sei auch keine Vergütung i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG gegeben. Denn die (nachträgliche) Steuerfreistellung führe nicht zu einer teilweisen Rückgewähr der Spieleinsätze. Abgesehen davon entspreche es nicht der Zielsetzung des Gesetzgebers, den Kläger über die Umsatzsteuer-Erstattungen hinaus zusätzlich durch einen begünstigten Steuertarif zu privilegieren.

7

Das FA beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben, soweit das FG die Einkommensteuer 2005 auf den Betrag herabgesetzt hat, der sich ergibt, wenn die Umsatzsteuer-Erstattungen in Höhe von 139.567,89 € als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG behandelt werden, und die Klage auch insoweit abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision des FA zurückzuweisen, sowie im Wege der Anschlussrevision die Einkommensteuer 2005 auf den Betrag herabzusetzen, der sich ergibt, wenn zusätzlich die Erstattungszinsen in Höhe von 37.522 € als außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG behandelt werden.

9

Der Kläger wendet sich zum einen gegen die Revision des FA. Zum anderen macht er im Wege der Anschlussrevision geltend, dass auch die Erstattungszinsen nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG tarifbegünstigt zu besteuern seien. Diese Zinsen erfüllten sowohl den Tatbestand des § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG als auch den des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Anschlussrevision des Klägers ist unzulässig und daher zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).

11

A. Revision des FA

12

Nach § 34 Abs. 1 EStG ist für außerordentliche Einkünfte ein begünstigter Steuersatz zu gewähren. Als außerordentliche Einkünfte kommen nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG u.a. Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten in Betracht. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der vom Kläger im Streitjahr 2005 zusammengeballt bezogene Ertrag aus den Umsatzsteuer-Erstattungen für die Jahre 1996 bis 2003 nach diesen Vorschriften tarifbegünstigt zu besteuern ist.

13

1. Die Umsatzsteuer-Erstattungen sind ein betrieblicher Ertrag, der als "außerordentlich" i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG zu beurteilen ist.

14

Der Senat teilt die Rechtsauffassung des X. Senats, wonach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG --sofern im Übrigen eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit vorliegt (dazu 2.)-- anwendbar ist, wenn der Steuerpflichtige die Einkünfte aufgrund einer vorangegangenen rechtlichen Auseinandersetzung atypisch zusammengeballt bezieht (BFH-Urteil vom 25. Februar 2014 X R 10/12, BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668, Rz 33 ff.).

15

a) Der Senat hat in seinem Urteil vom 30. Januar 2013 III R 84/11 (BFHE 240, 156) entschieden, dass § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG auf ein von einem Rechtsanwalt vereinnahmtes berufsübliches Honorar für die Bearbeitung eines mehrjährigen Mandats nicht anwendbar ist. Dabei ließ der Senat mangels Entscheidungserheblichkeit offen, ob er der Rechtsauffassung des IV. Senats in dessen Urteil vom 14. Dezember 2006 IV R 57/05 (BFHE 216, 247, BStBl II 2007, 180) beitreten könnte, wonach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG zur Anwendung kommt, wenn eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit aufgrund einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung zusammengeballt zufließt (Senatsurteil in BFHE 240, 156, Rz 14). Zudem merkte er an, dass sich der entschiedene Fall nicht mit dem des IV. Senats in BFHE 216, 247, BStBl II 2007, 180 vergleichen lasse, selbst wenn ein Rechtsanwalt ein solches Honorar nicht durch eine freiwillige Zahlung, sondern erst aufgrund einer Honorarklage erhalte (Senatsurteil in BFHE 240, 156, Rz 20).

16

Ungeachtet dessen schließt sich der Senat für den Streitfall --wie bereits der X. Senat in dessen Urteil in BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668, Rz 33-- der Rechtsauffassung des IV. Senats an. Der hier zu entscheidende Sachverhalt unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von dem, der in dem Senatsurteil in BFHE 240, 156 zu beurteilen war.

17

aa) So ist in Fällen vorliegender Art unerheblich, ob es sich um eine ausschließliche oder eine abgrenzbare Sondertätigkeit handelt, weil diejenigen Gesichtspunkte, die im Regelfall für eine einschränkende Auslegung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG sprechen (insbesondere Vermeidung von Gestaltungs- und Missbrauchsmöglichkeiten, fehlende Praktikabilität), bei der hier zu beurteilenden Fallkonstellation nicht zum Tragen kommen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Ausführungen im BFH-Urteil in BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668, Rz 34 und 36.

18

bb) Zudem liegt den im Streitfall zu beurteilenden Umsatzsteuer-Erstattungen gerade kein gewöhnliches Geschehen, sondern ein atypischer Vorgang zugrunde. Selbst wenn bei Gewerbetreibenden Steuererstattungen für mehrere Jahre --wie das FA ausführt-- kein ungewöhnliches Ereignis sein sollten, handelt es sich hier nicht um eine gewöhnliche Steuererstattung, sondern um einen atypisch zusammengeballten ("außerordentlichen") Ertrag, der daraus resultiert, dass aufgrund der Europarechtswidrigkeit der entsprechenden Vorschrift des deutschen Umsatzsteuerrechts die Glücksspielumsätze des Klägers als umsatzsteuerfrei angesehen werden und dies nachträglich Auswirkungen auf die Höhe der Umsatzsteuer verfahrensrechtlich noch offener Veranlagungszeiträume hat. Eine solche Steuererstattung beruht nicht auf den --als üblich anzusehenden-- unterschiedlichen Rechtsauffassungen zwischen dem Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde zu den sich typischerweise stellenden Einzelfragen, sondern auf einer grundlegenden umsatzsteuerrechtlichen Neubeurteilung der Glücksspielumsätze (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668, Rz 44).

19

b) Die Anwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG scheitert auch nicht daran, dass es in Fällen vorliegender Art an der erforderlichen --typischerweise zu erwartenden-- Progressionswirkung fehlt (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 216, 247, BStBl II 2007, 180, Rz 21).

20

Die Umsatzsteuer-Erstattungen begründeten einen einmalig anfallenden Ertrag, der sich für jedes verfahrensrechtlich noch offene Jahr auf 15 % (1996 und 1997) oder 16 % (1998 bis 2003) der entsprechenden Glücksspielumsätze belief. Danach führen bei Spielhallenbetreibern derartige Umsatzsteuer-Erstattungen, die für (offene) Veranlagungszeiträume geballt bezogen werden, regelmäßig zu einem ins Gewicht fallenden zusätzlichen Gewinn. So ergibt sich im Streitfall aus den Umsatzsteuer-Erstattungen für acht Jahre ein zusätzlicher Gewinn, der den in diesem Zeitraum erwirtschafteten durchschnittlichen Jahresumsatz aus dieser Tätigkeit übersteigt. Damit lassen derartige Fälle typischerweise eine Progressionswirkung erwarten (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668, Rz 35).

21

c) Im Übrigen schließt sich der Senat der Rechtsauffassung des X. Senats an, nach der § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG in der hier gegebenen Fallkonstellation auch zugunsten der Bezieher von Einkünften aus Gewerbebetrieb anwendbar ist, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln (BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668, Rz 37 ff.).

22

2. Die Umsatzsteuer-Erstattungen sind ferner "Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten" i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG.

23

Der X. Senat hat in dem Urteil in BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668 in Rz 45 ff. im Einzelnen dargelegt, dass Umsatzsteuer-Erstattungen der vorliegenden Art sowohl den Vergütungsbegriff als auch das Erfordernis erfüllen, für eine mehrjährige Tätigkeit bezogen zu werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf diese Ausführungen.

24

B. Anschlussrevision des Klägers

25

Die Anschlussrevision des Klägers ist mangels Beschwer unzulässig.

26

1. Die Zulässigkeit der Anschlussrevision setzt u.a. voraus, dass der Anschlussrevisionskläger durch das Urteil des FG beschwert ist (BFH-Urteil vom 29. Oktober 2002 VII R 48/01, BFHE 200, 66, Rz 23, m.w.N.). Legt der Kläger die Anschlussrevision ein, ist die erforderliche (formelle) Beschwer gegeben, soweit das FG dem Klagebegehren nicht voll entsprochen hat (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15. Mai 2013 X R 27/11, BFH/NV 2013, 1583, Rz 5, betreffend die Einlegung der Revision). Bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit eines Einkommensteuerbescheids ist dies nach der Differenz zwischen der begehrten und der festgesetzten Steuer zu beurteilen (BFH-Urteil vom 15. November 1995 X R 87/92, BFH/NV 1996, 545, unter B I.).

27

Danach fehlt es im Streitfall an der erforderlichen Beschwer, weil das FG die Einkommensteuer im Ergebnis auf den vom Kläger beantragten Betrag herabgesetzt und damit dem Klagebegehren voll entsprochen hat. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

28

a) Der Kläger hat vor dem FG beantragt, die Einkommensteuer 2005 auf den Betrag herabzusetzen, der sich ergibt, wenn die Umsatzsteuer-Erstattungen und Erstattungszinsen für die Jahre 1996 bis 2003 in Höhe von insgesamt 177.089 € als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 EStG behandelt werden. Das FG entschied, dass "... die Einkommensteuer für das Jahr 2005 unter Berücksichtigung der erstatteten Umsatzsteuerbeträge in Höhe von 139.567,89 € als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG festgesetzt" wird. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die Berechnung der Steuer übertrug es gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA. Ausweislich des angefochtenen Einkommensteuerbescheids 2005 vom 31. August 2006 belief sich das zu versteuernde Einkommen (zvE) des Klägers auf 135.695 €.

29

b) Für die betragsmäßige Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer bedeutet dies:

30

Nach Abzug der Umsatzsteuer-Erstattungen in Höhe von 139.567,89 € als tarifbegünstigte Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 EStG von dem (positiven) zvE in Höhe von 135.695 € ergibt sich ein negatives verbleibendes zvE. Für einen derartigen Fall ordnet § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG an, dass die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zvE entfallenden Einkommensteuer beträgt. Demnach ist im Streitfall das gesamte positive zvE des Klägers in Höhe von 135.695 € bereits deshalb nach § 34 Abs. 1 EStG tarifbegünstigt, weil die tarifbegünstigten Umsatzsteuer-Erstattungen diesen Betrag übersteigen. Mit einer Erhöhung der außerordentlichen Einkünfte um die Erstattungszinsen lässt sich daher kein weitergehender Entlastungseffekt und somit keine weitergehende Herabsetzung der Einkommensteuer 2005 erreichen.

31

Zur Verdeutlichung dieses Ergebnisses weist der Senat auf die in der Akte des FG befindliche Probeberechnung des FA vom ... hin, für deren Zwecke offensichtlich tarifbegünstigte Einkünfte des Klägers nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG in Höhe von 177.090 € unterstellt wurden (vgl. ...). Das FA errechnete für diesen Fall eine festzusetzende Einkommensteuer 2005 in Höhe von 16.938 €. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man, wenn nur die Umsatzsteuer-Erstattungen in Höhe von 139.567 € als tarifbegünstigte Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG behandelt werden (vgl. dazu auch H 34.2 der Einkommensteuerhinweise 2005 und 2010 Beispiel 2):

zvE:   

135.695 €

abzüglich Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 EStG

139.567 €

verbleibendes zvE:

- 3.872 €

                 

tarifbegünstigt nach § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG

135.695 €

Steuer auf 1/5 des zvE (27.139 €)

4.914 €

tarifliche Einkommensteuer: 4.914 € x 5

24.570 €

abzüglich Steuerermäßigung § 35 EStG:

7.632 €

festzusetzende Einkommensteuer:

16.938 €

32

Somit hat das FG die Einkommensteuer 2005 auf die vom Kläger beantragte Höhe herabgesetzt. Dabei ist unerheblich, dass es die Steuerberechnung gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen hat (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2013, 1583, Rz 6). Die vom FG im Übrigen ausgesprochene Klageabweisung geht ins Leere.

33

c) Da Gegenstand des Klagebegehrens (Streitgegenstand) im finanzgerichtlichen Verfahren nicht ein einzelnes Besteuerungsmerkmal, sondern die Rechtmäßigkeit des die Einkommensteuer festsetzenden Bescheids ist (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 1996, 545, unter B I.), kann die Beschwer auch nicht darin gesehen werden, dass das FG die Erstattungszinsen nicht als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG qualifiziert hat.

34

d) Die Anschlussrevision ist auch nicht deshalb zulässig, weil sie --anders als (selbständige) Rechtsmittel (vgl. § 145 FGO)-- auf die Anfechtung der Kostenentscheidung des FG beschränkt werden kann (BFH-Urteil vom 22. April 2004 V R 72/03, BFHE 205, 525, BStBl II 2004, 684, unter II.2.a, m.w.N.).

35

Eine solche Beschränkung kann nur dann zulässig sein, wenn der Anschlussrevisionskläger auch tatsächlich eine entsprechende Beschwer durch die Kostenentscheidung der Vorinstanz geltend macht (vgl. BFH-Urteil vom 27. September 1994 VIII R 36/89, BFHE 176, 289, BStBl II 1995, 353, unter B.). Hieran fehlt es.

36

2. Zur Sache weist der Senat ergänzend daraufhin, dass nach der jüngsten Rechtsprechung des BFH Erstattungszinsen gemäß § 233a AO keine außerordentlichen Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG sind. Solche Zinsen erfüllen weder den Tatbestand des § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG noch den des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG (BFH-Urteil vom 12. November 2013 VIII R 36/10, BFHE 243, 506, BStBl II 2014, 168, Rz 33 ff.).

37

3. Wird neben einer zulässigen Revision eine unzulässige Anschlussrevision eingelegt, kann der Senat insgesamt über beide Revisionen durch Urteil entscheiden (BFH-Urteil vom 11. September 2013 II R 37/12, BFHE 243, 1, BStBl II 2014, 114, Rz 39).

38

C. Kostenentscheidung

39

Die Kosten des gesamten Verfahrens sind vom FA zu tragen.

40

1. Dabei kann hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens dahinstehen, ob die Entscheidung insoweit nach § 136 Abs. 1 oder § 135 Abs. 2 FGO zu treffen ist.

41

Haben beide Beteiligte Rechtsmittel eingelegt und bleiben beide erfolglos, ist über die Kosten des Revisionsverfahrens grundsätzlich nach § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO unter Zusammenrechnung der Streitwerte der Revision und Anschlussrevision zu entscheiden (vgl. BFH-Urteile vom 2. Februar 1967 IV 224/64, BFHE 88, 23, BStBl III 1967, 274; vom 24. März 1988 V R 126/81, BFH/NV 1989, 33, unter C.; vgl. auch Brandt in Beermann/Gosch, FGO § 136 Rz 18). Setzte man hiervon ausgehend für die Anschlussrevision, der mangels Beschwer erkennbar keine Bedeutung zukommt, den Eingangswert der Streitwerttabelle von 300 € an (§ 34 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. Anlage 2; vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 17. Oktober 2005 V 286/99, EFG 2006, 440), wären dem FA die Kosten nach § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO ganz aufzuerlegen.

42

Wollte man hingegen die Kostenentscheidung auf § 135 Abs. 2 FGO stützen, weil sich das Rechtsmittelbegehren des Klägers in der Hauptsache bereits vollumfänglich in seinem Antrag auf Zurückweisung der Revision des FA wiederfindet, käme man zum gleichen Ergebnis.

43

2. Die Kostenentscheidung des FG ist unrichtig und deshalb unabhängig vom Ausgang des Revisionsverfahrens von Amts wegen durch den Senat richtigzustellen (Senatsurteil vom 27. September 2012 III R 70/11, BFHE 239, 116, BStBl II 2013, 544, Rz 34; Brandt in Beermann/Gosch, FGO § 143 Rz 90); die Kostenentscheidung kann im Revisionsverfahren auch zum Nachteil des Rechtsmittelführers berichtigt werden (z.B. BFH-Urteil vom 10. August 1989 V R 36/84, BFH/NV 1990, 386, unter II.3.).

44

Die vom FG vorgenommene verhältnismäßige Teilung der Kosten ist unzutreffend. Insoweit ist die Kostenentscheidung nicht nach § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO, sondern nach § 135 Abs. 1 FGO zu treffen. Danach sind die Kosten des Klageverfahrens allein dem FA aufzuerlegen, weil es vor dem FG voll unterlegen war (vgl. oben B.1.b).

(1) Die Steuern werden, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetzt. Steuerbescheid ist der nach § 122 Abs. 1 bekannt gegebene Verwaltungsakt. Dies gilt auch für die volle oder teilweise Freistellung von einer Steuer und für die Ablehnung eines Antrags auf Steuerfestsetzung.

(2) Ein Steuerbescheid kann erteilt werden, auch wenn ein Grundlagenbescheid noch nicht erlassen wurde.

(3) Schulden mehrere Steuerpflichtige eine Steuer als Gesamtschuldner, so können gegen sie zusammengefasste Steuerbescheide ergehen. Mit zusammengefassten Steuerbescheiden können Verwaltungsakte über steuerliche Nebenleistungen oder sonstige Ansprüche, auf die dieses Gesetz anzuwenden ist, gegen einen oder mehrere der Steuerpflichtigen verbunden werden. Das gilt auch dann, wenn festgesetzte Steuern, steuerliche Nebenleistungen oder sonstige Ansprüche nach dem zwischen den Steuerpflichtigen bestehenden Rechtsverhältnis nicht von allen Beteiligten zu tragen sind.

(4) Die Finanzbehörden können Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen auf der Grundlage der ihnen vorliegenden Informationen und der Angaben des Steuerpflichtigen ausschließlich automationsgestützt vornehmen, berichtigen, zurücknehmen, widerrufen, aufheben oder ändern, soweit kein Anlass dazu besteht, den Einzelfall durch Amtsträger zu bearbeiten. Das gilt auch

1.
für den Erlass, die Berichtigung, die Rücknahme, den Widerruf, die Aufhebung und die Änderung von mit den Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen verbundenen Verwaltungsakten sowie,
2.
wenn die Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen mit Nebenbestimmungen nach § 120 versehen oder verbunden werden, soweit dies durch eine Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums der Finanzen oder der obersten Landesfinanzbehörden allgemein angeordnet ist.
Ein Anlass zur Bearbeitung durch Amtsträger liegt insbesondere vor, soweit der Steuerpflichtige in einem dafür vorgesehenen Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung Angaben im Sinne des § 150 Absatz 7 gemacht hat. Bei vollständig automationsgestütztem Erlass eines Verwaltungsakts gilt die Willensbildung über seinen Erlass und über seine Bekanntgabe im Zeitpunkt des Abschlusses der maschinellen Verarbeitung als abgeschlossen.

(5) Die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sind auf die Festsetzung einer Steuervergütung sinngemäß anzuwenden.

Die Insolvenzgläubiger können ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen.

(1) Die Insolvenzgläubiger haben ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden. Der Anmeldung sollen die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden. Zur Vertretung des Gläubigers im Verfahren nach diesem Abschnitt sind auch Personen befugt, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes).

(2) Bei der Anmeldung sind der Grund und der Betrag der Forderung anzugeben sowie die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung, eine vorsätzliche pflichtwidrige Verletzung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht oder eine Steuerstraftat des Schuldners nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung zugrunde liegt.

(3) Die Forderungen nachrangiger Gläubiger sind nur anzumelden, soweit das Insolvenzgericht besonders zur Anmeldung dieser Forderungen auffordert. Bei der Anmeldung solcher Forderungen ist auf den Nachrang hinzuweisen und die dem Gläubiger zustehende Rangstelle zu bezeichnen.

(4) Die Anmeldung kann durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments erfolgen, wenn der Insolvenzverwalter der Übermittlung elektronischer Dokumente ausdrücklich zugestimmt hat. Als Urkunde im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 kann in diesem Fall auch eine elektronische Rechnung übermittelt werden. Auf Verlangen des Insolvenzverwalters oder des Insolvenzgerichts sind Ausdrucke, Abschriften oder Originale von Urkunden einzureichen.

Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).

(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem nur vollstreckt werden, soweit die Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung nicht ausgesetzt ist (Artikel 108 Absatz 3 des Zollkodex der Union).

(2) Unberührt bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung sowie § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Die Finanzbehörde ist berechtigt, in den Fällen des § 201 Abs. 2, §§ 257 und 308 Abs. 1 der Insolvenzordnung sowie des § 71 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes gegen den Schuldner im Verwaltungswege zu vollstrecken.

(3) Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt fest.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

(1) Die Insolvenzgläubiger können nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ihre restlichen Forderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen.

(2) Die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, können aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. Einer nicht bestrittenen Forderung steht eine Forderung gleich, bei der ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Der Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung aus der Tabelle kann erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gestellt werden.

(3) Die Vorschriften über die Restschuldbefreiung bleiben unberührt.

(1) Das Insolvenzgericht entscheidet nach dem regulären Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Der Beschluss ergeht nach Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters oder Treuhänders und des Schuldners. Eine nach Satz 1 erteilte Restschuldbefreiung gilt als mit Ablauf der Abtretungsfrist erteilt.

(2) Wurden im Insolvenzverfahren keine Forderungen angemeldet oder sind die Insolvenzforderungen befriedigt worden und hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten berichtigt, so entscheidet das Gericht auf Antrag des Schuldners schon vor Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 ist vom Schuldner glaubhaft zu machen. Wird die Restschuldbefreiung nach Satz 1 erteilt, so gelten die §§ 299 und 300a entsprechend.

(3) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn die Voraussetzungen des § 290 Absatz 1, des § 296 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 3, des § 297 oder des § 297a vorliegen, oder auf Antrag des Treuhänders, wenn die Voraussetzungen des § 298 vorliegen.

(4) Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen. Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der bei der Anhörung nach Absatz 1 oder Absatz 2 die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt oder der das Nichtvorliegen der Voraussetzungen einer vorzeitigen Restschuldbefreiung nach Absatz 2 geltend gemacht hat, die sofortige Beschwerde zu.

(1) Auf Antrag eines Insolvenzgläubigers widerruft das Insolvenzgericht die Erteilung der Restschuldbefreiung, wenn

1.
sich nachträglich herausstellt, dass der Schuldner eine seiner Obliegenheiten vorsätzlich verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger erheblich beeinträchtigt hat,
2.
sich nachträglich herausstellt, dass der Schuldner während der Abtretungsfrist nach Maßgabe von § 297 Absatz 1 verurteilt worden ist, oder wenn der Schuldner erst nach Erteilung der Restschuldbefreiung wegen einer bis zum Ende der Abtretungsfrist begangenen Straftat nach Maßgabe von § 297 Absatz 1 verurteilt wird oder
3.
der Schuldner nach Erteilung der Restschuldbefreiung Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat, die ihm nach diesem Gesetz während des Insolvenzverfahrens obliegen.

(2) Der Antrag des Gläubigers ist nur zulässig, wenn er innerhalb eines Jahres nach der Rechtskraft der Entscheidung über die Restschuldbefreiung gestellt wird; ein Widerruf nach Absatz 1 Nummer 3 kann bis zu sechs Monate nach rechtskräftiger Aufhebung des Insolvenzverfahrens beantragt werden. Der Gläubiger hat die Voraussetzungen des Widerrufsgrundes glaubhaft zu machen. In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 hat der Gläubiger zudem glaubhaft zu machen, dass er bis zur Rechtskraft der Entscheidung keine Kenntnis vom Widerrufsgrund hatte.

(3) Vor der Entscheidung sind der Schuldner und in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 3 auch der Treuhänder oder Insolvenzverwalter zu hören. Gegen die Entscheidung steht dem Antragsteller und dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Die Entscheidung, durch welche die Restschuldbefreiung widerrufen wird, ist öffentlich bekanntzumachen.

Tenor

Auf die Revision des Finanzamts wird das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 9. Dezember 2015  8 K 1112/15 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Über das Vermögen des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) wurde am 15. März 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet. Für das Jahr 2008 entstand aufgrund der Verwertung von Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter Einkommensteuer, die aus der Masse nicht bezahlt wurde.

2

Am 20. März 2012 zeigte der Insolvenzverwalter Masseunzulänglichkeit an. Am 15. Juli 2013 wurde das Insolvenzverfahren eingestellt; dem Kläger wurde Restschuldbefreiung erteilt.

3

Mit Bescheid vom 27. März 2015 setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) Einkommensteuer für 2013 fest. Aufgrund von Vorauszahlungen und einbehaltener Lohnsteuer führte die Festsetzung zu einem Erstattungsanspruch des Klägers. Diesen verrechnete das FA mit der noch offenen Forderung aus Einkommensteuer 2008 und erließ am 31. März 2015 einen entsprechenden Abrechnungsbescheid.

4

Den Einspruch des Klägers wies das FA als unbegründet zurück.

5

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, der Aufrechnung stehe § 390 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) i.V.m. § 226 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) entgegen; denn die Forderung aus Einkommensteuer 2008 sei als Masseforderung wegen der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners einredebehaftet. Das Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters sei auf die zur Insolvenzmasse gehörenden Gegenstände beschränkt; der Insolvenzverwalter könne nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) den Insolvenzschuldner im Hinblick auf dessen insolvenzfreies Vermögen nicht verpflichten (BGH-Teilurteil vom 24. September 2009 IX ZR 234/07, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2010, 69). Dementsprechend gehe auch der Bundesfinanzhof (BFH) von einer nur beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners für Masseverbindlichkeiten aus (BFH-Urteil vom 26. Mai 2013 IV R 23/11, BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759). Der Abrechnungsbescheid sei daher in der vom Kläger beantragten Höhe aufzuheben. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 785 veröffentlicht.

6

Mit seiner Revision trägt das FA im Wesentlichen vor, für die Auffassung des FG, der als Masseforderung entstandenen Steuerforderung stehe eine Einrede entgegen, gebe es keine gesetzliche Grundlage. § 80 der Insolvenzordnung (InsO) entfalte Wirkung nur für das laufende Insolvenzverfahren; nach dessen Beendigung sei die Unterscheidung zwischen Masse und insolvenzfreiem Vermögen obsolet. Folgte man der Auffassung des FG, könnte die nicht beglichene Masseforderung weder beim Steuerschuldner noch, da § 61 InsO nach der BGH-Rechtsprechung (BGH-Beschluss vom 14. Oktober 2010 IX ZB 224/08, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 2010, 2252) bei Steuerforderungen nicht eingreife, beim Insolvenzverwalter erhoben werden. Faktisch führe dies zu einem Erlass der nach Beendigung des Insolvenzverfahrens noch offenen Masseverbindlichkeiten.

7

Der Kläger erwidert, der Grundsatz, dass der Schuldner für Masseverbindlichkeiten ausschließlich mit der Insolvenzmasse hafte, gelte auch für die Zeit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Schon der BGH habe in ständiger Rechtsprechung seit dem Jahr 1954 zur damals geltenden Konkursordnung entschieden, dass ein Konkursverwalter nur die Rechtsmacht habe, Masseverbindlichkeiten zu begründen, nicht hingegen die Befugnis, den Schuldner persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen zu verpflichten. Das entspreche auch der gesicherten BFH-Rechtsprechung; der Auffassung des IV. Senats habe sich inzwischen auch der X. Senat angeschlossen (BFH-Beschluss vom 18. Dezember 2014 X B 89/14, BFH/NV 2015, 470, und BFH-Urteil vom 9. Dezember 2014 X R 12/12, BFHE 252, 482, BStBl II 2016, 852). Die gegenteilige Ansicht widerspreche dem in § 1 Satz 2 InsO niedergelegten Zweck des Insolvenzverfahrens bzw. der Restschuldbefreiung. Dass nach dem Wortlaut des § 301 InsO der redliche Schuldner nur von den Insolvenzforderungen befreit werde, nicht aber von den Masseverbindlichkeiten, sei ein kapitaler "Webfehler" der Insolvenzordnung. Daher müsse unterstellt werden, dass der Gesetzgeber an die BGH-Rechtsprechung habe anknüpfen wollen, der zufolge auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens aufgrund von Masseverbindlichkeiten nicht auf das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners zugegriffen werden dürfe. Dies zeige indiziell auch die Regelung des § 201 Abs. 1 InsO, die gerade nicht für Masseforderungen gelte. Schließlich sprächen auch das Leistungsfähigkeitsprinzip und der Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gegen die von der Revision angestrebte Lösung; denn sämtliche Einnahmen aus der Verwertung der Insolvenzmasse seien dem Zugriff des Insolvenzschuldners entzogen.

Entscheidungsgründe

II.

8

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Das FG hat den Abrechnungsbescheid zu Unrecht teilweise aufgehoben.

9

Das FA hat nach Einstellung des Insolvenzverfahrens wirksam gegenüber dem Kläger mit seiner Forderung aus Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag 2008 aufgerechnet. Der Anspruch des Klägers auf Erstattung der Einkommensteuer 2013 ist dadurch in der hier streitigen Höhe erloschen.

10

1. Aufgrund der von der Vorinstanz getroffenen Feststellungen, die für den erkennenden Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 FGO), ist davon auszugehen, dass der Kläger einen Erstattungsanspruch aus Einkommensteuer für 2013 hatte und dass diesem Anspruch gleichartige Leistungen (§ 387 BGB i.V.m. § 226 Abs. 1 AO) in Form von Steuerforderungen des FA aus Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für 2008 gegenüberstanden.

11

2. § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO steht der Aufrechnung nicht entgegen, auch nicht im Fall einer entsprechenden Anwendung dieser Regelung zu Lasten von Altmassegläubigern nach angezeigter Masseunzulänglichkeit (vgl. MünchKommInsO-Hefermehl InsO § 210 Rz 12). Denn im Streitfall war das Insolvenzverfahren zum Zeitpunkt der Aufrechnung bereits beendet (vgl. auch BFH-Urteil vom 13. Dezember 2016 VII R 1/15, BFHE 256, 388, BStBl II 2017, 541).

12

3. Die Forderung des FA aus Einkommensteuer 2008 fällt als Masseverbindlichkeit nicht unter die dem Kläger erteilte Restschuldbefreiung.

13

Die Restschuldbefreiung wirkt gemäß § 286 und § 301 Abs. 1 Satz 1 InsO gegen alle Insolvenzgläubiger. Insolvenzgläubiger sind alle persönlichen Gläubiger des Schuldners, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (§ 38 InsO). Der anspruchsbegründende Tatbestand muss also bereits vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen sein (vgl. auch BGH-Urteil vom 5. April 2016 VI ZR 283/15, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2017, 37).

14

Massegläubiger (§ 53 InsO) sind keine Insolvenzgläubiger und Masseverbindlichkeiten sind keine Insolvenzforderungen. Daher werden Masseverbindlichkeiten nach dem eindeutigen Wortlaut des § 301 Abs. 1 Satz 1 InsO und der Systematik der §§ 35 ff. und 286 ff. InsO von der Restschuldbefreiung nicht erfasst.

15

Sinn und Zweck der Regelungen über die Restschuldbefreiung gebieten es nicht, deren Wirkung über den Wortlaut des § 301 InsO hinaus auch auf Masseforderungen zu erstrecken (offen gelassen in BGH-Urteil vom 28. Juni 2007 IX ZR 73/06, Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung --NZI-- 2007, 670, Rz 16; wie hier: Uhlenbruck/Sternal InsO § 301 Rz 6; MünchKommInsO-Stephan InsO § 301 Rz 8; Wenzel in Kübler/ Prütting/Bork, InsO, § 301, Rz 3; Waltenberger in Kayser/ Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 8. Aufl. 2016, § 301 Rz 15; HambKomm/Streck, InsO, 6. Aufl., § 301 Rz 3; Kexel in Graf-Schlicker, InsO, § 301 Rz 4; a.A.: Voigt, Weiter im Schuldturm trotz Restschuldbefreiung? Gedanken zur Auslegung von §§ 286, 301 InsO, ZInsO 2002, 569, 572 f.).

16

Zwar trifft es zu, dass es das Ziel des Insolvenzverfahrens ist, dem redlichen Schuldner Gelegenheit zu geben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien (§ 1 Satz 2 InsO). Aber unter welchen formellen und materiellen Voraussetzungen und in welchem Umfang dies geschehen soll, wird allein durch die gesetzlichen Regelungen der InsO bestimmt, im Fall der Restschuldbefreiung durch § 301 InsO. Die in dieser Regelung klar vorgegebene Reichweite der Restschuldbefreiung kann nicht unter Hinweis auf die allgemeine Zielsetzung der InsO auf Masseverbindlichkeiten ausgedehnt werden. Hätte der Gesetzgeber Masseverbindlichkeiten in die Restschuldbefreiung einbeziehen wollen, hätte er den Anwendungsbereich des § 301 InsO nicht ausdrücklich auf Insolvenzgläubiger beschränkt.

17

Aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip und Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich kein anderes Ergebnis herleiten. Einnahmen, die aus der Verwertung der Insolvenzmasse resultieren, sind Einnahmen des Insolvenzschuldners, ohne dass es darauf ankommt, ob die Einkünfte in das insolvenzfreie Vermögen fließen oder in die Insolvenzmasse (so schon BFH-Urteil vom 7. November 1963 IV 210/62 S, BFHE 78, 172, BStBl III 1964, 70; Roth, Insolvenzsteuerrecht, 2. Aufl. 2016, Rz 4.10 f.). Die fehlende Verfügungsbefugnis über das insolvenzbefangene Vermögen (vgl. § 80 InsO) berührt das Steuerrechtsverhältnis nicht (s. im Einzelnen unten: II.4.c bb).

18

4. Der Aufrechnung des FA steht auch keine auf § 80 Abs. 1 InsO zurückzuführende Einrede der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners entgegen.

19

a) Gemäß § 80 Abs. 1 InsO geht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Damit verliert der Insolvenzschuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis in Bezug auf sein vom Insolvenzbeschlag erfasstes Vermögen. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, die gemeinschaftliche Befriedigung aller persönlichen Gläubiger zu sichern (vgl. Uhlenbruck/Mock InsO § 80 Rz 4; Lüke in Kübler/Prütting/Bork, a.a.O., § 80 InsO, Rz 3).

20

Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 200 InsO) bzw. mit dessen Einstellung (§§ 207 ff. InsO) endet grundsätzlich auch die Wirkung des § 80 Abs. 1 InsO; der Insolvenzschuldner erhält seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zurück (s.a. Uhlenbruck/Mock, a.a.O., § 80 Rz 7).

21

b) Allerdings leitet der BGH aus § 80 Abs. 1 InsO eine sog. Haftungsbeschränkung auch für solche Masseverbindlichkeiten ab, die nach Verfahrenseröffnung durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters begründet worden sind (BGH-Teilurteil in NJW 2010, 69, Rz 12, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

22

Der Insolvenzschuldner bleibe zwar Schuldner aller durch die Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters nach Verfahrenseröffnung begründeten Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 InsO). Allerdings beschränke sich die Haftung während des Verfahrens auf die Gegenstände der Insolvenzmasse. Es handele sich um eine dem Verfahren immanente Haftungsbeschränkung. Für diese sei maßgeblich, dass der Verwalter nicht befugt sei, den Schuldner persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen zu verpflichten, weil seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen beschränkt sei (BGH-Teilurteil in NJW 2010, 69, Rz 12).

23

Der BGH verweist dabei auf eine frühere Entscheidung, in der er eine entsprechende Beschränkung der Inanspruchnahme auch für die Zeit nach Beendigung der (Zwangs-)Verwaltung bejaht hat, nachdem also das Verwaltungs- und Verfügungsrecht wieder auf den Vermögensinhaber übergegangen ist (BGH-Urteil vom 25. November 1954 IV ZR 81/54, NJW 1955, 339). Der BGH führte in diesem Zusammenhang aus, es sei zunächst für den Konkursverwalter ausgesprochen worden, dass der Vermögensinhaber für die von ihm Dritten gegenüber begründeten rechtsgeschäftlichen Verbindlichkeiten nur mit dem mit Beschlag belegten Vermögen hafte und dass er mit seinem verwaltungsfreien Vermögen für diese Schulden nicht einstehen müsse. Das folge daraus, dass das Verwaltungsrecht des Konkursverwalters auf das dem Konkursbeschlag unterworfene Vermögen beschränkt sei. Es handele sich um einen allgemeinen Grundsatz des deutschen Rechts, der in verschiedenen Bestimmungen des Gesetzes seinen Ausdruck gefunden habe (wird unter 2.c) der Entscheidungsgründe ausgeführt).

24

Auch das insolvenzrechtliche Schrifttum geht ganz überwiegend davon aus, dass sich eine Haftung des Insolvenzschuldners für Ansprüche, die erst während des Insolvenzverfahrens als Masseansprüche begründet und nicht aus der Masse gezahlt worden sind, auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nur auf Massegegenstände beschränkt, die als Überschuss dem Schuldner zurückgegeben werden (§ 199 Satz 1 InsO), oder auf Gegenstände, die der Insolvenzverwalter als unverwertbar freigegeben hat (§ 197 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 InsO). Denn --so auch hier die Begründung-- die Tätigkeit des Verwalters beschränke sich ausschließlich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen; eine Haftung des gesamten Vermögens des Schuldners nach Beendigung des Insolvenzverfahrens könne daher durch das Handeln des Verwalters nicht begründet werden (s. z.B. MünchKommInsO-Hintzen § 201 Rz 16, und MünchKommInsO-Hefermehl § 53 Rz 34a). Dafür fehle es an einer rechtlichen Grundlage (so Meller-Hannich in Jaeger, InsO, § 201 Rz 8). Die Beschränkung der Schuldnerhaftung auf die Restmasse sei für die Massegläubiger auch nicht unzumutbar, weil der Insolvenzverwalter nach § 61 InsO für die Erfüllung dieser Masseverbindlichkeiten hafte (so Uhlenbruck/Wegener, a.a.O., § 201 Rz 17, unter Hinweis auf BGH-Urteil vom 6. Mai 2004 IX ZR 48/03, BGHZ 159, 104, ZIP 2004, 1107).

25

Dagegen befürwortet ein Teil des Schrifttums eine uneingeschränkte Haftung des Insolvenzschuldners für Masseverbindlichkeiten, insbesondere auch für Steuerforderungen (HambKommInsO-Herchen, a.a.O., § 201 Rz 6 f.; Runkel/ Schnurbusch, Rechtsfolgen der Masseunzulänglichkeit, NZI 2000, 49; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 4. Aufl. 2007, Rz 25.30 f.). Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass es im Geltungsbereich der InsO (und der Konkursordnung) an Vorschriften fehle, die der Konzeption der §§ 1967 ff. bzw. 1993 ff., 1975 ff. BGB entsprächen; soweit aber solche Regelungen nicht existierten, müsse das gesamte Vermögen einer Person ihren Gläubigern haften (so Runkel/Schnurbusch, NZI 2000, 49, 56 f.).

26

c) Unabhängig davon, ob man der Auffassung des BGH und der herrschenden Ansicht im insolvenzrechtlichen Schrifttum grundsätzlich folgen mag, gilt eine auf § 80 Abs. 1 InsO gestützte Einrede der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners jedenfalls nicht in Bezug auf die hier streitigen Steuerschulden für die Zeit nach Beendigung des Insolvenzverfahrens.

27

aa) Der erkennende Senat hat zunächst Zweifel, ob die im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung begründete Einrede der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners für die Zeit nach Beendigung des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens noch Bestand haben kann, nachdem zum 1. Januar 1999 die InsO in Kraft getreten ist. Denn eine solche Einrede ist in der InsO nicht kodifiziert worden. Dies hätte aber in Anbetracht der weitreichenden Folgen einer solchen Einrede nahegelegen, und zwar umso mehr, als sie im Ergebnis einer in § 301 InsO gerade nicht vorgesehenen Ausdehnung der Wirkung der Restschuldbefreiungen auf Masseverbindlichkeiten gleichkommt.

28

In seinem Teilurteil vom 24. September 2009 in NJW 2010, 69, Rz 12 hat sich der BGH tatsächlich auch nur zu einer Haftungsbeschränkung während des Insolvenzverfahrens geäußert, auch wenn er sich dabei gleichwohl --ohne jede Einschränkung-- auf die frühere BGH-Rechtsprechung bezieht.

29

bb) Doch braucht diese Frage im Hinblick auf die hier streitigen Steuerschulden nicht entschieden zu werden.

30

Der Steuerpflichtige ist als Subjekt der Einkommensteuer (§ 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) grundsätzlich zugleich auch Steuerschuldner (vgl. § 36 Abs. 4 Satz 1 EStG). Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ändert daran nichts. Das öffentlich-rechtliche Steuerschuldverhältnis gegenüber dem Steuerpflichtigen bleibt bestehen (vgl. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 251 AO, Rz 41, m.w.N.; ebenso Uhländer in: Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 11. Aufl. 2015, S. 645 f.).

31

Die Einkommensteuerschuld des Steuerpflichtigen entsteht kraft Gesetzes durch Verwirklichung des maßgeblichen Tatbestands (§ 38 AO), nicht dadurch, dass der Insolvenzverwalter den insolventen Steuerpflichtigen aufgrund seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO zur Zahlung der Steuer verpflichtet. Lediglich mittelbar knüpft die Steuer an die Handlungen des Insolvenzverwalters an, soweit diese zu Einkünften i.S. der §§ 2 ff. EStG führen, die dem Steuerpflichtigen nach den allgemeinen einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen zuzurechnen sind. Daher kann es hinsichtlich der Frage, mit welchem Vermögen der Steuerpflichtige nach Abschluss des Insolvenzverfahrens für die noch bestehenden Steuerschulden einstehen muss, nicht auf die Reichweite der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse des Insolvenzverwalters ankommen.

32

cc) Eine solche Differenzierung legt im Grunde auch schon die Rechtsprechung des BGH nahe. Denn auch der BGH unterscheidet in dem oben genannten Urteil (BGH-Teilurteil in NJW 2010, 69, Rz 19 ff.) zwischen Verbindlichkeiten, die nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 InsO durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters begründet werden, und solchen, die den Schuldner unmittelbar aufgrund gesetzlicher Regelungen treffen.

33

So hat der BGH zwar entschieden, dass der Insolvenzschuldner auch für die Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) nicht mit seinem Privatvermögen haftet. Der Grund hierfür liegt aber nach Auffassung des BGH nicht in der nur beschränkten Verwaltungs- und Verfügungsmacht des Insolvenzverwalters nach § 80 Abs. 1 InsO. Denn die Kosten unterschieden sich --so der BGH-- von den in § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 InsO genannten Verbindlichkeiten schon dadurch, dass sie nicht erst durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters begründet werden. Ihre Grundlage hätten sie vielmehr bereits in der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 58 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes, § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 1 Abs. 1 der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung). Dass der Insolvenzschuldner gleichwohl nicht mit seinem Privatvermögen hafte, beruhe allein darauf, dass die Kosten des Insolvenzverfahrens nach den einschlägigen insolvenzrechtlichen Bestimmungen darauf angelegt seien, allein aus der Masse des insolventen Rechtsträgers beglichen zu werden (BGH-Teilurteil in NJW 2010, 69, Rz 21, m.w.N.). Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 InsO weise das Insolvenzgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen werde, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Nach § 207 Abs. 1 Satz 1 InsO sei das Verfahren einzustellen, wenn sich nach Verfahrenseröffnung herausstelle, dass die Insolvenzmasse nicht ausreiche, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Nach diesen Vorschriften sei also die Deckung der Verfahrenskosten aus der Masse grundsätzlich Voraussetzung für die Durchführung eines Insolvenzverfahrens (s.a. BGH-Beschluss vom 16. Juli 2009 IX ZB 221/08, ZIP 2009, 1591, Rz 9).

34

Entsprechende Regelungen für die Einkommensteuer, denen zufolge die Deckung der als Masseverbindlichkeiten entstehenden Steuerschulden Voraussetzung für die Durchführung eines Insolvenzverfahrens ist, gibt es in der InsO nicht.

35

dd) Es gibt auch im Übrigen keine gesetzlichen Regelungen, nach denen die Steuerschuld auf das ehemals zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des Steuerpflichtigen nach Abschluss des Insolvenzverfahrens beschränkt ist. Auch aus § 201 InsO lässt sich eine solche Beschränkung nicht herleiten.

36

ee) Dass sich eine Einrede der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners nicht auf die hier streitigen Steuerschulden erstrecken kann, erscheint auch insoweit sachgerecht und konsequent, als die BGH-Rechtsprechung den Begriff "Rechtshandlung" in § 61 InsO eng auslegt mit der Folge, dass ein Insolvenzverwalter, der es unterlässt, Steuern an das Finanzamt abzuführen, die durch die Verwertung von Masse als Masseverbindlichkeiten entstanden sind, hierfür nicht persönlich haftet (BGH-Beschluss in ZIP 2010, 2252, unter Berufung auf BGH-Urteil vom 2. Dezember 2004 IX ZR 142/03, BGHZ 161, 236, ZIP 2005, 131; s.a. Lüke in Kübler/Prütting/Bork, a.a.O., § 61 Rz 4d; MünchKommInsO-Schoppmeyer, a.a.O., § 61 Rz 11).

37

d) Aus dem Umstand, dass sich der IV. Senat des BFH der Rechtsprechung des BGH angeschlossen hat (BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, Rz 27 ff.), ergibt sich nichts anderes.

38

Zwar führt auch der IV. Senat des BFH in seinem Urteil aus, die Rechtsmacht des Verwalters, mit Wirkung für und gegen den Schuldner zu handeln, sei gegenständlich nach § 80 Abs. 1 InsO auf die Insolvenzmasse beschränkt; er könne ausschließlich Masseverbindlichkeiten begründen, nicht hingegen den Schuldner persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen verpflichten (BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, Rz 30). Doch geht es in dem vom IV. Senat des BFH entschiedenen Fall allein um die Frage, ob die Einkommensteuer auf Veräußerungsgewinne, die der Insolvenzverwalter durch Verwertung der zur Insolvenzmasse gehörenden Wirtschaftsgüter erzielt hat, in voller Höhe als sonstige Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu qualifizieren und gegenüber dem Insolvenzverwalter als Bekanntgabeadressat geltend zu machen ist. Dabei beziehen sich die Ausführungen des IV. Senats des BFH --ebenso wie die des BGH-Teilurteils in NJW 2010, 69-- auf ein noch nicht abgeschlossenes Insolvenzverfahren. Zu der Frage, welche Konsequenzen sich aus der Rechtsprechung des BGH in Bezug auf die sog. Nachhaftung des ehemaligen Insolvenzschuldners für die als Masseverbindlichkeiten entstandene Steuerschulden nach Abschluss des Insolvenzverfahrens ergeben, äußert sich der IV. Senat nicht.

39

Das gilt auch für die von der Revision angeführten Entscheidungen des X. Senats des BFH (BFH-Urteil in BFHE 252, 482, BStBl II 2016, 852, und BFH-Beschluss in BFH/NV 2015, 470).

40

5. In Anbetracht dieses Ergebnisses kann dahingestellt bleiben, ob die streitigen Steuerschulden des Klägers aus Einkommensteuer für 2008 --wie vom FG festgestellt-- insgesamt als Masseverbindlichkeiten i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO anzusehen (vgl. dazu im Einzelnen BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, m.w.N.) oder teilweise --wie vom FA mit der Revision vorgetragen-- dem insolvenzfreien Bereich des Klägers zuzuordnen sind (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 2015 VII R 27/14, BFHE 248, 518, BStBl II 2015, 993; s. allgemein auch Paul in Graf-Schlicker, InsO § 55 Rz 19 ff.; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 251 AO Rz 72). Denn auch dann, wenn bzw. soweit es sich um Masseverbindlichkeiten gehandelt hat, war die Aufrechnung --wie dargelegt-- zulässig.

41

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

Aus der Insolvenzmasse sind die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten vorweg zu berichtigen.

Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn B (im Folgenden: Steuerpflichtiger). Über das Vermögen wurde am 19. Mai 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet.

2

Der Steuerpflichtige war an der R-Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt. Die Gesellschaft betätigte sich als Bauträger.

3

Die GbR hatte in früheren Jahren in ihren Bilanzen Rückstellungen für Mietgarantien und drohende Rückabwicklungen gebildet. Zugrunde lagen Bauvorhaben, die die GbR in den Jahren 1994 und 1995 vermarktet hatte. Die Rückstellungen sollten bis zum Ablauf der Verjährungsfristen eingestellt bleiben.

4

Im Streitjahr 2004 löste die GbR die Rückstellungen in Höhe von 1.687.131 € auf. Daneben wies die GbR sonstige betriebliche Erträge in Höhe von 489.956 € aus, die allem Anschein nach aus der Realisierung stiller Reserven herrührten. Der erzielte Gewinn betrug 1.304.991 €. Der auf den Steuerpflichtigen entfallende Gewinnanteil betrug 326.247 €. Das zuständige Finanzamt erließ einen entsprechenden Gewinnfeststellungsbescheid.

5

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 erklärte der Steuerpflichtige nur negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte. Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Steuerpflichtigen zunächst erklärungsgemäß veranlagt hatte, erging unter dem 20. November 2006 ein nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderter Einkommensteuerbescheid für 2004, der an den Insolvenzverwalter gerichtet war und der den Gewinnanteil des Steuerpflichtigen an der GbR berücksichtigte. Die festgesetzte Einkommensteuer betrug 107.110 €. Das FA begründete die geänderte Steuerfestsetzung damit, dass es sich bei der Steuer, die auf den GbR-Gewinnanteil entfalle, um eine Masseverbindlichkeit handele.

6

Unter dem 17. August 2007 änderte das FA die Steuerfestsetzung dahingehend, dass die auf die sonstigen Einkünfte entfallende Einkommensteuer dem insolvenzfreien Bereich zugeordnet wurde. Insoweit erließ es einen an den Steuerpflichtigen gerichteten Einkommensteuerbescheid. Entsprechend reduzierte sich die gegenüber dem Kläger festgesetzte Einkommensteuer geringfügig.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ab. Das FA habe die auf dem Gewinnanteil an der GbR beruhende Einkommensteuer für das Jahr 2004 zu Recht als Masseverbindlichkeit behandelt und gegenüber dem Kläger zu Recht mittels Einkommensteuerbescheid geltend gemacht.

8

Mit der Revision macht der Kläger geltend:

9

1. Bereits in den Jahren 1994/95 habe festgestanden, dass die Auflösung der (wegen übernommener Mietgarantien und etwaiger Rückabwicklungen gebildeten) Rückstellungen die Steuerersparnis rückgängig machen würde. Der zivilrechtliche Sachverhalt sei bereits 1994/95 abgeschlossen gewesen. Die Auffassung, dass die Auflösung einer Rückstellung nicht rückwirkend für 1994/95 vorgenommen werden könne, sei unzutreffend.

10

Entgegen der Auffassung des FA hätten die Rückstellungen spätestens zum 31. Dezember 2000 aufgelöst werden müssen. Die Mietgarantien seien zum 31. Dezember 2000 ausgelaufen. Danach hätten weder Inanspruchnahmen aus Mietgarantien noch Rückabwicklungen gedroht. Es gebe auch keine Verjährungsfristen, die erst im Jahr 2004 abgelaufen wären. Die Auflösung der Rückstellungen erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei augenscheinlich allein deshalb erfolgt, um Steuerforderungen auf die Insolvenzmasse abwälzen zu können.

11

Die Steuerforderung sei vom Grunde her bereits mit Vereinnahmung der Veräußerungserlöse in den Jahren 1994/95 entstanden. Die Auflösung der Rückstellungen bewirke nur, dass der Anspruch nunmehr steuerrechtlich fällig werde. Zu unterscheiden sei zwischen der --maßgeblichen-- Entstehung und der Fälligkeit.

12

2. Es bestünden auch keine praktischen Schwierigkeiten, auf die einzelnen Geschäftsvorfälle abzustellen. Auch ansonsten berücksichtige die Finanzverwaltung die Ausbuchungen des Insolvenzverwalters bei einem Buchforderungsbestand (Debitoren) als massewirksam nur dann, wenn der Grund für die Ausbuchung der Altforderungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens liege. Hätten die Forderungen vorinsolvenzlich ausgebucht werden müssen, könne der Insolvenzverwalter keine zurückzuzahlende Umsatzsteuer aus der Ausbuchung der Forderung als Masseanspruch geltend machen. Die Anmeldung zur Insolvenztabelle sei ohne weiteres möglich.

13

3. Der Vergleich mit der Verwertung betrieblicher Wirtschaftsgüter gehe fehl; in diesen Fällen würde die Verwertung dazu führen, dass der Insolvenzmasse echte Vermögenswerte zuflössen. Der erzielte Gewinn habe auch nicht mittelbar den Wert der Beteiligung erhöht.

14

Für die Geltendmachung einer Steuerforderung als Masseverbindlichkeit müssten zwei Voraussetzungen kumulativ vorliegen, die Entstehung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 55 der Insolvenzordnung (InsO).

15

4. Die Belastung der Insolvenzmasse mit Steuerverbindlichkeiten sei nur dann gerechtfertigt, wenn der Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Geschäfte tätige und dadurch Vermögensmehrungen zur Insolvenzmasse gelangten (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. März 2008 X R 60/04, BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787). Ein Zusammenhang mit der Masse sei auch nicht in anderer Weise gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 InsO begründet worden. Die vorliegende Steuerforderung sei ohne jede Möglichkeit der Einflussnahme des Klägers entstanden. Es sei ein Verhalten des Insolvenzverwalters notwendig (Braun/Bäuerle, InsO, 3. Aufl., § 55 Rz 15). Nur in Ausnahmefällen habe der BFH das Verhalten Dritter für ausreichend erachtet.

16

5. Die Urteile vom 29. Januar 2009 V R 64/07 (BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682) und vom 7. April 2005 V R 5/04 (BFHE 210, 156, BStBl II 2005, 848) beruhten auf den Besonderheiten der Umsatzsteuer. Das Urteil vom 16. August 2001 V R 59/99 (BFHE 196, 341, BStBl II 2003, 208) verlange, dass ein realer Vermögenswert zugeflossen sei. Der Buchgewinn habe weder unmittelbar noch mittelbar den Wert der Beteiligung erhöht.

17

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil sowie den Bescheid vom 20. November 2006, geändert durch Bescheid vom 17. August 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. August 2007 aufzuheben.

18

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen,

19

und trägt vor:

20

1. Der Umstand, dass die Rückstellung bereits früher hätte aufgelöst werden müssen, könne im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden; es sei kein Umstand bekannt, nach dem die Verjährungsfrist unzutreffend berechnet worden sei. Nach den Angaben zu den Bilanz-Erläuterungen sei nur mit einem Teil der Erwerber ein Vergleich wegen geltend gemachter Garantien geschlossen worden.

21

Selbst wenn der Garantiezeitraum im Jahr 2000 abgelaufen gewesen wäre, hätten Ansprüche aus der Garantie noch innerhalb der Verjährungsfrist geltend gemacht werden können. Die vierjährige Frist gelte auch für Mietgarantien. Tatsachen, die eine andere rechtliche Würdigung zulassen würden, seien nicht benannt und könnten im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden.

22

2. Der Ansicht, Steuerforderungen aus der Auflösung einer Rückstellung seien bereits bei deren Bildung aufschiebend bedingt entstanden, könne nicht gefolgt werden. Bei Auflösung werde der Gewinn des Auflösungsjahres geändert. Der Beschluss vom 7. Juni 2006 VII B 329/05 (BFHE 212, 436, BStBl II 2006, 641) betreffe nur Einkommensteuervorauszahlungen. Die Auflösung der Rückstellung könne nicht rückwirkend vorgenommen werden.

23

3. Der Hinweis des Klägers, eine Anmeldung zur Tabelle sei noch ohne Schwierigkeiten möglich, übersehe, dass der Steuerbescheid nicht mehr geändert werden könne.

24

4. In den Vorjahren entstandene stille Reserven würden bei Veräußerung auch erst im Jahr der Veräußerung erfasst.

25

5. Es werde nicht bestritten, dass bei Versteuerung der Buchgewinne der Insolvenzmasse keine Vermögenswerte zuflössen. Es bestehe aber kein Rechtsgrundsatz, dass in diesen Fällen eine Belastung der Insolvenzmasse mit Steuerschulden nicht gerechtfertigt sei. Dem Urteil in BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787 lasse sich diese Einschränkung nicht entnehmen. Der Wert der Beteiligung sei gestiegen, da sich infolge der Verringerung der Verbindlichkeiten eine Erhöhung des Kapitalanteils ergeben habe.

26

Der BFH habe durch Urteil in BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682 entschieden, dass auch die Umsatzsteuer zu den Masseverbindlichkeiten gehöre, die nicht durch Handlungen des Insolvenzverwalters entstanden sei.

27

Nach dem Urteil in BFHE 210, 156, BStBl II 2005, 848 komme es nur darauf an, ob es sich um eine ertragbringende Nutzung der zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögensgegenstände handele. Entsprechend sei auch bei Verwertungshandlungen eines Absonderungsberechtigten die Zuordnung der Umsatzsteuer zu den Massekosten anerkannt (BFH-Urteil in BFHE 196, 341, BStBl II 2003, 208; BFH-Beschluss vom 15. Februar 2008 XI B 179/07, BFH/NV 2008, 819).

28

6. Die Einordnung einer (nicht auf einem tatsächlichen Geldzufluss beruhenden) Einkommensteuerschuld als Masseverbindlichkeit sei höchstrichterlich noch nicht geklärt. Einzelne Entscheidungen sprächen eher dafür; im Verfahren des Urteils in BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682 sei eine Masseverbindlichkeit bejaht worden, obwohl der Insolvenzverwalter an der Entstehung der Umsatzsteuer nicht beteiligt gewesen sei (die Kommentarstelle bei Braun/Bäuerle sei daher zu eng); es komme darauf an, wann der Steuertatbestand vollständig verwirklicht worden sei.

29

In dem Fall des Urteils in BFHE 196, 341, BStBl II 2003, 208 sei der Verkaufserlös nach Freigabe gerade nicht in die Konkursmasse geflossen; gleichwohl sei die Umsatzsteuer als Masseverbindlichkeit erfasst worden.

30

Mit Urteil in BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787 habe der BFH entschieden, dass trotz der Einkünfte aus der Konkursmasse der Einkommensteuerbescheid gegen den Konkursverwalter über das Vermögen des Mitunternehmers zu richten sei.

Entscheidungsgründe

31

II. Die Revision ist gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unbegründet. Die Entscheidung des FG ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat die Einkommensteuerschuld des Klägers zutreffend als Masseverbindlichkeit beurteilt.

32

1. Neben den Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) sind gemäß § 55 Abs. 1 InsO Masseverbindlichkeiten auch (1.) die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören, (2.) Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss, (3.) Verbindlichkeiten aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

33

Die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen/-verbindlichkeiten und Masseforderungen/-verbindlichkeiten richtet sich nach dem Zeitpunkt der insolvenzrechtlichen Begründung. Auf die steuerliche Entstehung der Forderung und deren Fälligkeit kommt es nicht an (BFH-Beschluss in BFHE 212, 436, BStBl II 2006, 641; MünchKommInsO-Hefermehl, § 55 Rz 71).

34

Gemäß § 35 Abs. 1 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können (§ 35 Abs. 2 Sätze 1 und 2 InsO). Zu den kraft Gesetzes entstehenden Masseverbindlichkeiten zählen vor allem auch Steuerforderungen/-verbindlichkeiten, die nach Verfahrenseröffnung entstehen (Henkel in Jaeger, InsO, § 55 Rz 33; Braun/Bäuerle, InsO, 4. Aufl., § 55 Rz 19 ff., 26; FK-InsO/Schumacher, § 55 Rz 13). Dazu gehört z.B. auch die Einkommensteuer, die aus fortbestehenden oder neu begründeten Arbeitsverhältnissen entsteht.

35

2. Im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits begründete Steueransprüche sind zur Insolvenztabelle anzumelden. Nach Insolvenzeröffnung begründete Steueransprüche, die als Massekosten oder Masseschulden zu qualifizieren sind, sind gegen den Insolvenzverwalter festzusetzen und von diesem vorweg aus der Insolvenzmasse zu befriedigen. Alle sonstigen Steueransprüche sind insolvenzfrei. Die aus der Verwertung der Insolvenzmasse sich ergebende Einkommensteuerschuld ist in einem auf den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung beschränkten Einkommensteuerbescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter festzusetzen. Die einheitliche Einkommensteuerschuld ist gegebenenfalls --aus Sicht des FA-- in eine Insolvenzforderung, eine Masseforderung und eine insolvenzfreie Forderung aufzuteilen. Steuern, die auf Einkünften der Insolvenzmasse beruhen und zu Massekosten führen, sind durch Steuerbescheid festzusetzen (zu Vorstehendem vgl. BFH-Urteil in BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787, m.w.N.). Der gegen die Masse gerichtete Bescheid ist ein gegenständlich beschränkter Steuerbescheid, mit dem die Einkommensteuer festgesetzt wird; er ist Teil des Festsetzungsverfahrens. Nach dem BFH-Urteil in BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787 kann das FA die Einkommensteuer einer Mitunternehmerin nicht gegenüber dem Konkursverwalter (Insolvenzverwalter) der Konkursmasse (Insolvenzmasse) der Mitunternehmerschaft als Massekosten geltend machen.

36

3. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die aus der Beteiligung an der GbR resultierende Einkommensteuerschuld zutreffend als Masseverbindlichkeit behandelt worden.

37

a) Masseverbindlichkeiten sind --unstreitig-- die Einkommensteuerschulden, die sich aus "echten" Gewinnen der Personengesellschaft ergeben (Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 251 AO Rz 72; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 6. Aufl., S. 138); in diesem Fall kommt der gegen die Gesellschaft gerichtete Gewinnanspruch unmittelbar der Insolvenzmasse zugute. Masseverbindlichkeiten sind aber auch die Einkommensteuerschulden, die sich daraus ergeben, dass nach Auflösung einer Rückstellung auf der Ebene der Gesellschaft ein Gewinn entsteht. In diesen Fällen handelt es sich zwar nicht um einen Gewinn, der zu einer Vermögensmehrung führt. Vielmehr --so auch im Streitfall-- wird ein Gewinn früherer Jahre in gewisser Weise nachversteuert. Der frühere Gewinn war im Hinblick auf drohende Verbindlichkeiten gekürzt worden; im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass die Kürzung nicht erforderlich war. Die frühere Gewinnkürzung wird nunmehr durch Auflösung ausgeglichen; der vermeintliche Aufwand wird storniert.

38

b) Nach den steuerrechtlichen Regelungen kann der Kläger im Einkommensteuerbescheid nicht geltend machen, dass die Rückstellung schon früher hätte aufgelöst werden müssen; das ist allein im (vorrangigen) Feststellungsverfahren zu beurteilen. Die im Feststellungsverfahren getroffenen Feststellungen sind für die Einkommensteuerveranlagung bindend (§ 182 Abs. 1 AO); der Feststellungsbescheid ist ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO).

39

Für die Einordnung der Einkommensteuerschuld als Masseverbindlichkeit kommt es demnach nicht darauf an, wie der Gewinn des Streitjahres entstanden ist, ob als "echter Ertrag" oder durch Auflösung einer Rückstellung, also durch Stornierung von Aufwand. Allein maßgeblich ist, dass der Gewinn steuerrechtlich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist. Das ist hier der Fall; das Insolvenzverfahren wurde am 19. Mai 2003 eröffnet, der Gewinn der Gesellschaft wurde im Feststellungszeitraum 2004 erfasst und entsprechend festgestellt.

40

c) Es trifft zwar zu, dass der Insolvenzmasse durch den für 2004 festgestellten Gewinn der GbR kein Wert zugeflossen ist; die Insolvenzmasse ist aber durch die Verminderung der sie treffenden Verpflichtungen bereichert (vgl. Frotscher, a.a.O., S. 138); sie wird von der drohenden Verpflichtung entlastet. Weitergehend stellt die Rechtsprechung bei der Verwertung betrieblichen Vermögens (ganz formal) auf den Zeitpunkt der Realisation ab; nicht maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem die Wertzuwächse (die stillen Reserven) entstanden sind (BFH-Urteil vom 11. November 1993 XI R 73/92, BFH/NV 1994, 477, m.w.N.; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 251 AO Rz 72; kritisch Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 8. Aufl., S. 356 Rz 1472; einschränkend Braun/Bäuerle, a.a.O., § 55 Rz 26; ähnlich Frotscher, a.a.O., S. 121).

41

d) Es ist auch insolvenzrechtlich gerechtfertigt, die aus der Auflösung einer Rückstellung entstehende Steuerforderung sowohl im Fall der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft als auch bei einem Einzelunternehmen als Masseverbindlichkeit zu erfassen. Neben den Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) sind gemäß § 55 Abs. 1 InsO auch die Verbindlichkeiten Masseverbindlichkeiten, die (1.) durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder (2.) in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Das Gesetz sieht also ausdrücklich vor, dass Masseverbindlichkeiten nicht nur durch Handlungen des Insolvenzverwalters entstehen können. So ist für die Umsatzsteuer maßgeblich, ob die umsatzsteuerpflichtige Leistung aus dem insolvenzbefangenen Vermögen erbracht worden ist (MünchKommInsO-Hefermehl, § 55 Rz 70 ff.; vgl. auch Braun/Bäuerle, a.a.O., § 55 Rz 15); für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehende Kraftfahrzeugsteuer ist unmaßgeblich, dass sie nicht auf einer Handlung des Insolvenzverwalters beruht (BFH-Urteil vom 29. August 2007 IX R 4/07, BFHE 218, 435, BStBl II 2010, 145).

42

Im Streitfall ist die Steuerverbindlichkeit "in anderer Weise durch die Verwaltung der Insolvenzmasse" begründet worden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Die Entstehung der Steuerverbindlichkeit hat ihre Ursache in der (zur Masse gehörenden) Beteiligung des Steuerpflichtigen an der GbR und die daraus entstehende Teilhabe an deren Ergebnissen.

43

4. Die bisherige Rechtsprechung steht dieser Beurteilung nicht entgegen.

44

In dem Urteil in BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787 hat der erkennende Senat entschieden, dass das Finanzamt die Einkommensteuer einer Mitunternehmerin nicht gegenüber dem Konkursverwalter der Konkursmasse der Mitunternehmerschaft als Massekosten geltend machen kann. Der Streitfall indes betrifft die Geltendmachung der Einkommensteuer des Mitunternehmers gegenüber dessen Insolvenzmasse. Auch betraf der Fall "tatsächlich" erzielte Gewinne.

45

Auch das BFH-Urteil in BFHE 210, 156, BStBl II 2005, 848 betrifft einen anderen Fall, nämlich die Aufnahme einer neuen Erwerbstätigkeit durch den Insolvenzschuldner.

46

Nach dem BFH-Urteil in BFHE 196, 341, BStBl II 2003, 208 gehört die Umsatzsteuer für die steuerpflichtige Lieferung eines mit Grundpfandrechten belasteten Grundstücks im Konkurs durch den Gemeinschuldner nach "Freigabe" durch den Konkursverwalter zu den Massekosten und ist durch Steuerbescheid gegen den Konkursverwalter festzusetzen. Diese Entscheidung enthält keine Aussage zu der Frage, gegenüber wem die Einkommensteuer geltend zu machen ist, die durch die Auflösung einer Rückstellung bei der Mitunternehmerschaft entstanden ist.

47

Nach dem BFH-Urteil in BFHE 218, 435, BStBl II 2010, 145 muss eine Insolvenzverbindlichkeit weder durch eine Handlung noch durch ein Unterlassen des Insolvenzverwalters entstanden sein; eine Begründung kraft Gesetzes könne ausreichen; danach ist die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer auch dann Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn sich das Kraftfahrzeug nicht mehr im Besitz des Schuldners befindet, die Steuerpflicht aber noch andauert. Der IX. Senat stützte sich vor allem auf die Erwägung, dass zu der Insolvenzmasse auch die Rechtsposition als Halter des Kraftfahrzeugs gehöre, so dass der Kläger die Steuer als Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO schulde. Da die Kraftfahrzeugsteuer weder durch eine Handlung noch durch ein Unterlassen des Insolvenzverwalters entstehe, sondern kraft Gesetzes begründet werde, sei sie eine Verbindlichkeit, die durch die Verwaltung der Insolvenzmasse begründet worden sei (§ 55 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alternative InsO).

48

Im Beschluss in BFHE 212, 436, BStBl II 2006, 641 heißt es, der Senat habe wiederholt entschieden, dass es auch unter der Geltung der InsO hinsichtlich der Frage, ob ein steuerrechtlicher Anspruch zur Insolvenzmasse gehöre oder ob die Forderung des Gläubigers eine Insolvenzforderung sei, nicht darauf ankomme, ob der Anspruch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im steuerrechtlichen Sinne entstanden sei. Entscheidend sei vielmehr, ob in diesem Zeitpunkt nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch bereits gelegt gewesen sei. Danach entsteht der Anspruch auf Erstattung vorausgezahlter Einkommensteuer bereits mit der Zahlung. Ein solch aufschiebend bedingter Steueranspruch entsteht nicht bei Bildung einer Rückstellung. In diesem Fall entsteht der Gewinn --und die daraus entstehende Steuer-- erst, wenn feststeht, dass die Ursache für die Bildung der Rückstellung entfallen ist. Rückstellungsaufwand ist "echter" Aufwand, der erst zu stornieren ist, wenn feststeht, dass eine Inanspruchnahme nicht mehr zu erwarten und die Rückstellung --gegebenenfalls nach den Grundsätzen des formellen Bilanzzusammenhangs-- aufzulösen ist.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 25. November 2015  2 K 152/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erhobenen Rügen sind unbegründet.

2

1. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung noch zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Alternative 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zuzulassen.

3

a) Bei der Rechtsfortbildungsrevision (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) handelt es sich um einen speziellen Tatbestand der Grundsatzrevision (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). In den Fällen, in denen eine Entscheidung des Revisionsgerichts der Rechtsfortbildung dient, liegt deshalb regelmäßig auch eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung vor (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. März 2010 IV B 131/08, m.w.N.).

4

Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig ist (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 20. Juni 2012 IV B 122/11). Ein im allgemeinen Interesse liegendes Bedürfnis nach Klärung einer Rechtsfrage ist gegeben, wenn sich diese Frage nicht ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt, wenn sie nicht bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist oder wenn neue Gesichtspunkte zu Unsicherheiten in der Beantwortung der Rechtsfrage führen und eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. Mai 2010 IV B 19/09, und vom 20. Juni 2012 IV B 122/11; jeweils m.w.N.).

5

b) Die von dem Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine entsprechende Anwendung der zur Einkommensteuer ergangenen Rechtsprechungsgrundsätze zur Aufdeckung von stillen Reserven im Insolvenzverfahren auf die Gewinnermittlung nach der Tonnage sowie auf die Gewerbesteuer rechtmäßig sei, so dass der Gewerbesteueranspruch, der im Insolvenzverfahren aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags bei der Gewinnermittlung nach der Tonnage resultiere, als Masseverbindlichkeit zu qualifizieren sei, wenn der Unterschiedsbetrag bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Zeitpunkt des Wechsels der Gewinnermittlungsart nach der Tonnage gesondert und einheitlich festgestellt worden sei, ist nicht klärungsbedürftig, da sie, wie von dem Finanzgericht (FG) auch zutreffend dargelegt, durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist.

6

aa) Mit Urteil vom 16. Mai 2013 IV R 23/11 (BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759) hat der BFH unter Hinweis auf die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung grundsätzlich zu der Abgrenzung einer Insolvenzforderung zu einer Masseverbindlichkeit Stellung genommen. Danach sind Insolvenzforderungen nach § 38 der Insolvenzordnung (InsO) solche Forderungen, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet waren. Die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und (sonstigen) Masseverbindlichkeiten richtet sich ausschließlich nach dem Zeitpunkt der insolvenzrechtlichen Begründung. Auf die steuerliche Entstehung der Forderung (z.B. § 38 der Abgabenordnung i.V.m. § 36 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) und deren Fälligkeit kommt es dagegen nicht an. Entscheidend ist, wann der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt wurde. Der Rechtsgrund für einen (abstrakten) Steueranspruch ist gelegt, wenn der gesetzliche Besteuerungstatbestand verwirklicht wird. Ob und wann ein Besteuerungstatbestand nach seiner Art und Höhe tatbestandlich verwirklicht und damit insolvenzrechtlich begründet ist, richtet sich auch im Anschluss an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausschließlich nach steuerrechtlichen Grundsätzen. Bezogen auf die Einkommensteuer kommt es für die insolvenzrechtliche Begründung der Steuerforderung folglich darauf an, ob der einzelne (unselbständige) Besteuerungstatbestand --insbesondere die Einkünfte nach § 2 Abs. 1 EStG-- vor oder nach Insolvenzeröffnung verwirklicht wurde.

7

Im Fall der Veräußerung eines Wirtschaftsguts durch den Insolvenzverwalter wird der Besteuerungstatbestand mithin durch diese Handlung nach Insolvenzeröffnung vollständig verwirklicht und damit insolvenzrechtlich begründet, weshalb die aus der Gewinnrealisierung resultierende Einkommensteuer als sonstige Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu qualifizieren ist. Die vorgenannten Grundsätze sind auch dann anzuwenden, wenn durch die Veräußerung nach Insolvenzeröffnung stille Reserven aufgedeckt werden, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind (BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759).

8

bb) Diese Rechtsprechung ist zwar zu einer Einkommensteuerforderung ergangen, die Rechtsgrundsätze gelten aber gleichermaßen für die Gewerbesteuerforderung. Auch diesbezüglich kommt es darauf an, wann der Besteuerungstatbestand nach seiner Art und Höhe tatbestandlich verwirklicht und damit insolvenzrechtlich begründet ist. Die Gewerbesteuer wird gemäß § 16 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) auf Grund des Steuermessbetrags festgesetzt, der sich gemäß § 11 GewStG unter Anwendung einer Steuermesszahl auf den Gewerbeertrag ermittelt. Der Gewerbeertrag seinerseits ist der nach den Vorschriften des EStG (oder des Körperschaftsteuergesetzes) zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge (§ 7 Satz 1 GewStG). Aus der Anknüpfung an die Gewinnermittlung nach den Vorschriften des EStG folgt, dass die Begründung der Gewerbesteuerforderung nicht anders beurteilt werden kann als die der Einkommensteuerforderung.

9

Das FG hat die Rechtsgrundsätze des BFH-Urteils in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759 daher zu Recht auch auf den Streitfall angewandt und bezüglich der insolvenzrechtlichen Begründung der Gewerbesteuerforderung zutreffend auf den Verkauf des Containerschiffs durch den Kläger abgestellt.

10

Auch der Umstand, dass mit dem Gewinn aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags nicht die stillen Reserven im Zeitpunkt der Auflösung, sondern die stillen Reserven im Zeitpunkt des Wechsels der Gewinnermittlungsart vom Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG zur Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG der Besteuerung unterworfen werden, ändert nichts daran, dass der Besteuerungstatbestand auch bezüglich der stillen Reserven erst durch den Verkauf des Containerschiffs verwirklicht worden ist. Der Gesetzgeber hat sich in § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG, hier Satz 3 Nr. 2, dazu entschieden, die im Zeitpunkt des Wechsels der Gewinnermittlungsart bestehenden stillen Reserven nicht bereits zu diesem Zeitpunkt, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt der Besteuerung zu unterwerfen. Dass diese stillen Reserven aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung gemäß § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG bereits im Zeitpunkt des Wechsels der Gewinnermittlungsart gesondert und einheitlich festgestellt werden, ist daher für die Verwirklichung des Steuertatbestandes nicht von Bedeutung.

11

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

12

3. Von einer weiteren Begründung und insbesondere von einer Darstellung des Sachverhalts sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

(1)1Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.2Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.3Der Steuerpflichtige kann Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung im Sinne des Absatzes 2 Satz 3 beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Für Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gilt § 38a Absatz 1 Satz 2 und 3 und § 40 Absatz 3 Satz 2.5Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.

(2)1Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.2Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben gilt Absatz 1 Satz 2 entsprechend.3Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Satz 3 ist auf ein Damnum oder Disagio nicht anzuwenden, soweit dieses marktüblich ist.5§ 42 der Abgabenordnung bleibt unberührt.6Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 30. November 2011  3 K 581/09 aufgehoben.

Die Sache wird an das Thüringer Finanzgericht zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Mit Beschluss des Amtsgerichts A (Insolvenzgericht) vom 8. Februar 2006 wurde über das Vermögen des X (Insolvenzschuldner) das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger und Revisionskläger (Kläger) zum Insolvenzverwalter bestellt.

2

Bereits durch Beschluss vom 24. Oktober 2005 war der Kläger vom Insolvenzgericht zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden. Ein allgemeines Verfügungsverbot nach § 22 Abs. 2 der Insolvenzordnung (InsO) war dem Insolvenzschuldner in diesem Beschluss nicht auferlegt worden. Das Insolvenzgericht hatte allerdings angeordnet, dass Verfügungen des Insolvenzschuldners nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 InsO nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam seien. Den Pflichtenumfang des vorläufigen Insolvenzverwalters hatte das Insolvenzgericht u.a. wie folgt erweitert:

3

-  

er hatte die Aufgabe, durch Überwachung des Insolvenzschuldners dieses Vermögen zu sichern und zu erhalten,

-  

er wurde ermächtigt, Bankguthaben und sonstige Forderungen des Insolvenzschuldners einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen und auf ein von ihm einzurichtendes Anderkonto einzuzahlen,

-  

er war zur Fortführung des Betriebes bis zur Entscheidung über die Verfahrenseröffnung ermächtigt; zur Stilllegung des Betriebes war er nur mit Zustimmung des Insolvenzgerichts befugt.

4

Der Insolvenzschuldner hatte eine Bäckerei als Einzelunternehmen mit drei Ladenlokalen betrieben. Je ein Ladenlokal befand sich in den Gebäuden, welche im Eigentum der Grundstücksgemeinschaft D Erbengemeinschaft I) bzw. der Grundstücksgemeinschaft E (Erbengemeinschaft II), standen. An beiden Erbengemeinschaften war der Insolvenzschuldner beteiligt. Die Höhe der Beteiligung an der Erbengemeinschaft I betrug 3/8, sein eigenbetrieblich genutzter Anteil dieses Gebäudes umfasste 25 %. An der Erbengemeinschaft II war der Insolvenzschuldner zu 7/18 beteiligt, sein eigenbetrieblich genutzter Anteil umfasste 36 %. Beide Gebäude waren auch fremdvermietet. Das Gewerbe wurde am 11. Februar 2006 abgemeldet. Seinen Gewinn hatte der Insolvenzschuldner mittels Einnahme-Überschussrechnung ermittelt, die er letztmalig für 2003 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (das Finanzamt --FA--) eingereicht hatte. Das Anlageverzeichnis zum 31. Dezember 2003 wies einen Gesamtbuchwert des Anlagevermögens von 87.595 € aus, u.a. auch "Bauten auf eigenem Grundstück" (27.568 €) und "Grundstückswert bebaute Grundstücke" (6.441,85 €).

5

Am 3. Februar 2006 --und damit kurz vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Bestellung des Klägers als Insolvenzverwalter-- veräußerte das Treuhandbüro Z im Namen und im Auftrag des Klägers die Einrichtungsgegenstände aller drei Ladenlokale und weitere Anlagegegenstände zum Preis von 10.000 € sowie den Warenbestand für 1.500 €, jeweils unter verlängertem Eigentumsvorbehalt, vorbehaltlich der Zustimmung der Gläubigerversammlung. Der Kaufpreis floss der Insolvenzmasse nach der Insolvenzeröffnung am 14. Februar 2006 zu. Über das Anwesen Erbengemeinschaft I hat das Amtsgericht B am 16. Juni 2006 die Zwangsverwaltung angeordnet. Das Anwesen der Erbengemeinschaft II wurde am 29. August 2006 für 120.000 € veräußert.

6

Da eine Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2006 weder vom Kläger noch vom Insolvenzschuldner eingereicht worden war, schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 der Abgabenordnung (AO). Dabei ging es von folgenden im vorliegenden Verfahren zwischen den Beteiligten streitigen Besteuerungsgrundlagen aus:

7
- Veräußerungsgewinn:               

o Verkauf durch das Treuhandbüro

10.000 €

o Entnahme des weiteren, nicht veräußerten Anlagevermögens

20.000 €

-

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der beiden Erbengemeinschaften aufgrund der Mitteilungen vom November 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung

6.305 €

8

Die sich u.a. hieraus ergebenden Steuern wurden auf den Zeitraum vor und nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgeteilt und durch Änderungsbescheid während des Klageverfahrens reduziert. In der mündlichen Verhandlung des Finanzgerichts (FG) am 30. November 2011 erklärte sich das FA bereit, Lohnersatzleistungen und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nicht mehr anzusetzen.

9

Das FG wies die Klage mit Urteil vom 30. November 2011  3 K 581/09 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 317) ab, soweit sie die Einkommensteuer betraf.

10

Der Kläger vertritt mit seiner Revision die Ansicht, die Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur insolvenzrechtlichen Begründetheit eines Umsatzsteueranspruchs seien auf einen Einkommensteueranspruch nicht übertragbar und das Zuflussprinzip nicht einschlägig. Der Gewinn sei nicht durch Einnahmen-Überschussrechnung zu ermitteln, weil der Insolvenzschuldner sein entsprechendes Wahlrecht nicht ausgeübt habe. Offen bleibe schon, ob diese Gewinnermittlungsart überhaupt zu Recht für den Veranlagungszeitraum 2003 angewandt worden sei. Aufgrund der verschiedenen vom Insolvenzschuldner betriebenen Verkaufsstellen sei vielmehr zu vermuten, dass der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hätte ermittelt werden müssen.

11

Jedenfalls sei es mit dem Abschluss des Kaufvertrages durch den Insolvenzschuldner und der Überlassung der Kaufgegenstände unabhängig vom Eingang des Kaufpreises bereits vor der Insolvenzeröffnung zur vollständigen Verwirklichung des Steuertatbestandes gekommen, da der Betrieb bereits vor der Insolvenzeröffnung aufgegeben worden sei. Im Zuge des Verkaufs vom 3. Februar 2006 seien alle im Betrieb vorhandenen Anlagegüter veräußert worden. Bereits vor dem Eingang der Gewerbeabmeldung sei somit von einer Einstellung der betrieblichen Tätigkeit auszugehen. Wesentliche Betriebsgrundlagen seien bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr vorhanden gewesen.

12

Soweit Vermietungseinkünfte aus den Grundstücksgemeinschaften dem Kläger anteilig zugerechnet worden seien, fehle es an dem notwendigen Zufluss zur Insolvenzmasse.

13

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen wurde, und die Einkommensteuerfestsetzung ihm gegenüber für 2006 auf 0 € festzusetzen.

14

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

15

Es ist der Ansicht, im Streitfall sei das Zuflussprinzip anzuwenden und folglich sei erst der Zufluss des Kaufpreises als Begründungshandlung i.S. des § 55 Abs. 1 InsO anzusehen. Im Übrigen sei der Zeitpunkt des Besitzübergangs nach wie vor nicht erwiesen, eine Betriebsaufgabe vor der Insolvenzeröffnung sei nicht feststellbar. Es liege nicht außerhalb des Vorstellbaren, dass der Kläger den Gewerbebetrieb habe weiterführen wollen.

16

Die Grundstücke, soweit diese betrieblich genutzt worden seien, seien nach der Insolvenzeröffnung entnommen worden.

Entscheidungsgründe

17

II. Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

18

Zu Recht hat das FG entschieden, dass die zwischen den Beteiligten streitigen Einkommensteuerschulden nicht schon deshalb Masseverbindlichkeiten darstellen, weil das Insolvenzgericht den Pflichtenumfang des Klägers als vorläufigen Insolvenzverwalter erweitert hatte (unter 1.). Ebenso hat das FG zutreffend erkannt, dass es auch in Bezug auf die Einkommensteuern als Masseverbindlichkeiten darauf ankommt, wann der Tatbestand der Einkünfteerzielung vollständig verwirklicht worden ist (unter 2.). Vorliegend ist dabei jedoch nicht (mehr) auf das Zuflussprinzip, sondern auf das Realisationsprinzip abzustellen (unter 3.). In welcher Höhe die streitigen Einkommensteuerschulden Masseverbindlichkeiten sind, kann der Senat auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen (unter 4.). Die Sache ist deshalb an das FG zurückzuweisen (unter 5.).

19

1. Der Kläger hatte trotz der Ausdehnung seiner Befugnisse als vorläufiger Insolvenzverwalter durch den Beschluss des Insolvenzgerichts vom 24. Oktober 2005 weder die Stellung eines "starken" vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO (unter a) noch ist diese Vorschrift analog anwendbar (unter b). Weder einschlägig noch entsprechend anwendbar ist im Streitjahr 2006 auch die Regelung des § 55 Abs. 4 InsO (unter c).

20

a) Nach § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO gelten nach der Eröffnung des Verfahrens auch solche Verbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist. Die Rechtsstellung dieses "starken" vorläufigen Insolvenzverwalters unterscheidet sich deutlich von der des sog. "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalters, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners nicht übergegangen ist. So gelten die von einem "starken" vorläufigen Insolvenzverwalter begründeten Verbindlichkeiten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 2 Satz 1 InsO). Bei Rechtsstreiten, die das Vermögen des Schuldners betreffen, wird das Verfahren nach § 240 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht. Bei dem sog. "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter treten diese Rechtsfolgen nicht ein. Dies gilt auch dann, wenn das Insolvenzgericht gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 InsO anordnet, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. In diesem Fall sind zwar Verfügungen des Schuldners ohne die Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters grundsätzlich unwirksam (vgl. § 24 Abs. 1, § 81 InsO); andererseits kann aber auch der vorläufige Insolvenzverwalter grundsätzlich nicht (allein) über das Vermögen des Schuldners verfügen. Schuldner und vorläufiger Insolvenzverwalter haben eine vergleichbar starke Stellung. Der vorläufige Insolvenzverwalter ist als "Berater" des Schuldners anzusehen (vgl. nur BFH-Urteil vom 1. April 2004 V R 24/03, BFHE 204, 520, BStBl II 2004, 905).

21

Im Streitfall hat das Insolvenzgericht den Kläger nicht als vorläufigen Insolvenzverwalter mit allgemeinem Verfügungsverbot nach § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO bestellt. Stattdessen hat es ihn nur mit einem Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 InsO ausgestattet. Ein "starker" vorläufiger Insolvenzverwalter i.S. des § 22 Abs. 1 InsO ist der Kläger deshalb nicht. Er konnte folglich keine Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO begründen.

22

b) Eine entsprechende Anwendung des § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO ist auch nicht im Hinblick auf die insolvenzgerichtlichen Einzelanordnungen geboten. Unabhängig von der Frage, ob in einem solchen Fall überhaupt eine analoge Anwendung des § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO vorstellbar ist (dagegen: Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Juli 2002 IX ZR 195/01, BGHZ 151, 353), konnte der Kläger mit dem Vertrag vom 3. Februar 2006 keine Masseverbindlichkeiten begründen. Der Kläger war zwar zur "Fortführung des Betriebes" ermächtigt worden. Die hier zu beurteilende Veräußerung von Anlagegegenständen diente aber gerade nicht der Fortführung des Betriebs, sondern seiner Stilllegung, zu der der Kläger nur mit Zustimmung des Insolvenzgerichts befugt war.

23

c) Die Grundsätze des § 55 Abs. 4 InsO sind im Streitfall noch nicht anwendbar. Nach dieser Vorschrift gelten Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Die Vorschrift ist jedoch erst zum 1. Januar 2011 in Kraft getreten (Art. 3 Nr. 2 i.V.m. Art. 24 Abs. 2 des Haushaltbegleitgesetzes 2011, BGBl I 2010, 1885). Eine entsprechende Regelung existierte im Streitjahr noch nicht. Daher waren die Einkommensteuerforderungen nicht bereits deshalb als Masseverbindlichkeiten anzusehen, weil das Insolvenzgericht den Kläger im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages vom 3. Februar 2006 als vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt nach §§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 22 Abs. 2 InsO bestellt hatte.

24

Der Senat sieht weder die Notwendigkeit noch die Möglichkeit, diese Neuregelung entgegen dem objektivierten Willen des historischen Gesetzgebers bereits im Streitjahr und damit rückwirkend anzuwenden. Die Neuregelung des § 55 Abs. 4 InsO sollte allein mit Wirkung für die Zukunft die Tatbestände, nach denen Masseverbindlichkeiten entstehen, erweitern. Dadurch wollte der Gesetzgeber auch der aus seiner Sicht unbefriedigenden Gerichtspraxis Rechnung tragen, dass durch die regelmäßige Bestellung von "schwachen" Insolvenzverwaltern ganz überwiegend Insolvenzforderungen entstanden (vgl. BRDrucks 532/10, 53).

25

2. Entscheidend bleibt somit im Streitjahr für die Qualifikation der Einkommensteuerschulden als Masseverbindlichkeiten, ob die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegeben sind. Danach sind Masseverbindlichkeiten die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. § 55 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 InsO sind ersichtlich nicht einschlägig. Zutreffend hat das FG insoweit entschieden, dass es auch in Bezug auf die Einkommensteuer für die insolvenzrechtliche Begründung der Steuerforderung darauf ankomme, ob der einzelne (unselbständige) Besteuerungstatbestand vor oder nach Insolvenzeröffnung verwirklicht worden ist. Liegt diese Verwirklichung nach der Insolvenzeröffnung, so sind sonstige Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegeben, die gemäß § 53 InsO vorweg aus der Insolvenzmasse zu berichtigen sind.

26

a) Sonstige Masseverbindlichkeiten i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind von den Insolvenzforderungen (§§ 35 Abs. 1, 38, 87, 174 ff., 187 ff. InsO) abzugrenzen. Insolvenzforderungen sind nach § 38 InsO solche Forderungen, die bereits zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet waren. Die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und (sonstigen) Masseverbindlichkeiten richtet sich ausschließlich nach dem Zeitpunkt der insolvenzrechtlichen Begründung. Auf die steuerrechtliche Entstehung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (z.B. § 38 AO i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG) und deren Fälligkeit kommt es dagegen nicht an (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteile vom 16. November 2004 VII R 75/03, BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193, unter II.2. der Gründe und vom 16. Mai 2013 IV R 23/11, BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, unter II.1.a sowie Senatsurteil vom 18. Mai 2010 X R 60/08, BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, unter II.1.).

27

b) Eine Forderung ist insolvenzrechtlich begründet, wenn der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt wurde (BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, unter II.1.a der Gründe unter Hinweis auf Senatsbeschluss vom 1. April 2008 X B 201/07, BFH/NV 2008, 925, unter II.2.c der Gründe, m.w.N.). Der Rechtsgrund für einen (abstrakten) Steueranspruch ist gelegt, wenn der gesetzliche Besteuerungstatbestand verwirklicht wird (so zur Konkursordnung schon BFH-Urteil vom 29. März 1984 IV R 271/83, BFHE 141, 2, BStBl II 1984, 602, unter 2.b; ebenso für die Geltung der Insolvenzordnung BFH in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, unter II.1.a). Ob und wann ein Besteuerungstatbestand nach seiner Art und Höhe tatbestandlich verwirklicht und damit die Steuerforderung insolvenzrechtlich begründet worden ist, richtet sich auch im Anschluss an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausschließlich nach steuerrechtlichen Grundsätzen (ständige Rechtsprechung, so bereits BFH-Urteile in BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193, unter II.2. der Gründe; vom 29. August 2007 IX R 4/07, BFHE 218, 435, BStBl II 2010, 145, unter III.2.b dd (1), m.w.N., sowie in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759; vgl. auch zur Entstehung eines Umsatzsteueranspruchs: BFH-Urteile vom 29. Januar 2009 V R 64/07, BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682, unter II.1., und vom 9. Februar 2011 XI R 35/09, BFHE 233, 86, BStBl II 2011, 1000, unter II.2.).

28

Nach der Entscheidung des IV. Senats des BFH in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, dort unter II.1., kommt es für die insolvenzrechtliche Begründung des Einkommensteueranspruchs darauf an, ob der einzelne (unselbständige) Besteuerungstatbestand --insbesondere die Erzielung von Einkünften nach § 2 Abs. 1 EStG-- vor oder nach Insolvenzeröffnung verwirklicht wurde. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Es ist deshalb zu prüfen, wann der Tatbestand, an den die Besteuerung knüpft, vollständig verwirklicht ist.

29

c) Entscheidend ist daher bei der Einkommensteuer (auch) die Art der Gewinnermittlung. Wird der Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, gilt das Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG. Danach ist der Tatbestand für die Einkommensbesteuerung erst vollständig verwirklicht, wenn die Einnahmen bezogen sind, sie dem Steuerpflichtigen zufließen.

30

Wird der Gewinn hingegen durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG, ggf. i.V.m. § 5 EStG, ermittelt, gilt das Zuflussprinzip nach § 11 Abs. 1 Satz 5 EStG nicht. Stattdessen ist das Realisationsprinzip nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 des Handelsgesetzbuches (HGB) zu beachten, und zwar nicht nur bei der Gewinnermittlung buchführungspflichtiger Kaufleute nach § 5 Abs. 1 EStG, sondern auch bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG (BFH-Urteil vom 6. Dezember 1983 VIII R 110/79, BFHE 140, 74, BStBl II 1984, 227). Ein Gewinn ist in diesem Sinn realisiert, wenn bei gegenseitigen Verträgen der Leistungsverpflichtete die vereinbarte Leistung "wirtschaftlich erfüllt" hat und ihm die Forderung auf die Gegenleistung so gut wie sicher ist (BFH-Urteil vom 10. September 1998 IV R 80/96, BFHE 186, 429, BStBl II 1999, 21, m.w.N.). Folglich ist bereits mit der steuerrechtlichen Realisation einer Forderung die Steuerforderung insolvenzrechtlich begründet.

31

3. Im Streitfall ist zu beachten, dass aufgrund der spätestens mit dem Verkauf des Anlagevermögens durch die Treuhandgesellschaft am 3. Februar 2006 beginnenden Betriebsaufgabe ein notwendiger Wechsel von der bis dahin gewählten Einnahmen-Überschussrechnung --§ 4 Abs. 3 EStG-- (unter a) zum Betriebsvermögensvergleich --§ 4 Abs. 1 EStG-- (unter b) eingetreten ist. Die vollständige Verwirklichung des Tatbestandes ist damit unter Beachtung des Realisationsprinzips zu prüfen.

32

a) Richtigerweise geht das FG davon aus, dass der Insolvenzschuldner auch im Streitjahr seinen Gewinn (noch) durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt hat, so dass das Zuflussprinzip nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG grundsätzlich zum Tragen kommt.

33

Zwar haben weder der Insolvenzschuldner noch der Kläger für das Streitjahr Gewinnermittlungen eingereicht. Doch hat nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit nach § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindenden Feststellungen der Insolvenzschuldner zum 31. Dezember 2003 eine solche Gewinnermittlung eingereicht und zum damaligen Zeitpunkt diese Ermittlungsart gewählt. Das Wahlrecht nach § 4 Abs. 3 EStG muss nicht jährlich neu ausgeübt werden. Die Entscheidung für eine bestimmte Gewinnermittlungsart ist eine "Grundentscheidung", die nicht jährlicher Wiederholung bedarf (so schon Senatsurteil vom 24. September 2008 X R 58/06, BFHE 223, 80, BStBl II 2009, 368, unter II.1.b). Sie bleibt solange maßgeblich, bis entweder das FA den Steuerpflichtigen zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG auffordert oder der Steuerpflichtige eine andere Gewinnermittlungsart zulässigerweise wählt, was sich bereits aus der Regelung des § 141 Abs. 2 Satz 1 AO ergibt.

34

b) Zwar sind beide Alternativen im Streitfall nicht erfüllt. Dennoch entfiel vorliegend das Recht, den Gewinn mittels Einnahmen-Überschussrechnung zu ermitteln, spätestens zum 3. Februar 2006, weil zu diesem Zeitpunkt und damit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG begonnen hat. In einem solchen Fall ist der Aufgabegewinn --wie ein Veräußerungsgewinn-- nach § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG für den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe nach § 4 Abs. 1 EStG oder nach § 5 EStG zu ermitteln. Der Steuerpflichtige, der bislang seinen Gewinn zulässigerweise --wie der Insolvenzschuldner-- mittels Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt hat, muss insoweit zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG übergehen (vgl. etwa BFH-Urteil vom 16. März 1989 IV R 153/86, BFHE 156, 195, BStBl II 1989, 557).

35

aa) Die Betriebsaufgabe beginnt mit der ersten vom Aufgabeentschluss getragenen Handlung, die objektiv auf die Auflösung des Betriebs gerichtet ist, wie z.B. der Einstellung der produktiven Tätigkeit oder der Veräußerung bestimmter, für die Fortführung des Betriebs unerlässlicher Wirtschaftsgüter (z.B. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1993 IV R 42/93, BFHE 173, 285, BStBl II 1994, 385). Der Abgabe einer Aufgabeerklärung bedarf es --anders als im Fall der Betriebsverpachtung im Ganzen (vgl. Senatsurteil vom 3. April 2014 X R 16/10, BFH/NV 2014, 1038, m.w.N.)-- nicht.

36

Der Beginn der Betriebsaufgabe setzt nicht die Veräußerung oder Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen voraus. Vielmehr markiert auch die Veräußerung beweglichen (sonstigen) Anlagevermögens den Beginn der Betriebsaufgabe (so wohl auch Senatsurteil vom 21. Mai 1992 X R 77-78/90, BFH/NV 1992, 659, unter 2.b), wenn der Steuerpflichtige dadurch für den Gesamtbetrieb den Willen bekundet, die gewerbliche Tätigkeit endgültig einzustellen. Er beginnt in diesem Fall damit, seine Absicht ins Werk zu setzen; die Betriebsaufgabe ist beendet, wenn die letzte wesentliche Betriebsgrundlage veräußert oder in das Privatvermögen überführt worden ist (Senatsurteil in BFH/NV 1992, 659).

37

bb) Für die Gewinnverwirklichung im Rahmen einer Betriebsaufgabe ist dabei nicht der Beginn der Betriebsaufgabe, sondern der Zeitpunkt des einzelnen Aufgabeteilakts relevant, so dass der Betriebsaufgabegewinn in verschiedenen Veranlagungszeiträumen entstehen kann (Senatsurteil vom 2. September 2008 X R 32/05, BFHE 224, 217, BStBl II 2009, 634, m.w.N.). Ebenso kann ein Aufgabegewinn teils vor, teils nach der Insolvenzeröffnung entstanden sein.

38

Beabsichtigt der Steuerpflichtige, alle oder einen Teil der wesentlichen Betriebsgrundlagen zu veräußern oder diese zu einem bestimmten Zeitpunkt zu entnehmen, bleiben diese Wirtschaftsgüter bis zum Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme Teil seines Betriebsvermögens. Sie scheiden allerdings zur Vermeidung von "ewigem Betriebsvermögen" spätestens zu dem Zeitpunkt aus, zu dem nicht mehr mit einer Veräußerung zu rechnen ist. Die durch die Veräußerung oder die Entnahme entstehenden Gewinne werden im Falle der Veräußerung mit der Übertragung des rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums auf den Erwerber bzw. dem Zeitpunkt der Entnahme realisiert (Senatsurteil in BFHE 224, 217, BStBl II 2009, 634, unter II.3.b, m.w.N.).

39

cc) Diese Grundsätze hat das FG verkannt, als es für den Zeitpunkt des Beginns der Betriebsaufgabe allein darauf abgestellt hat, dass die wesentlichen Betriebsgrundlagen vor der Insolvenzeröffnung weder veräußert noch entnommen worden seien. Vielmehr ist zumindest die Veräußerung des Anlagevermögens der drei Verkaufsstellen --auch in Verbindung mit der wenig später erfolgten Gewerbeabmeldung-- geeignet, objektiv den Betriebsaufgabewillen zu bekunden. Folglich ist der Aufgabegewinn im Rahmen eines Betriebsvermögensvergleichs nach § 4 Abs. 1 EStG i.V.m. § 5 EStG zu ermitteln und nicht das Zufluss-, sondern das Realisationsprinzip für die (insolvenzrechtliche) Begründung des Einkommensteueranspruchs maßgeblich.

40

4. Mangels Feststellungen des FG kann der Senat nicht entscheiden, ob die Forderung aus dem Vertrag vom 3. Februar 2006 bereits vor oder erst nach der Insolvenzeröffnung begründet worden ist (unter a). Anders verhält es sich mit den Feststellungen des FG in Bezug auf die Einkommensteuerschuld bezüglich der anteiligen Vermietungseinkünfte. Ausgehend von seinen Feststellungen hat das FG zu Recht entschieden, dass insoweit Masseverbindlichkeiten vorliegen, obwohl ein Zufluss dieser Einkünfte zur Masse nicht vorliegt (unter b). Unklar bleibt dagegen aufgrund fehlender Feststellungen, ob und ggf. wann die betrieblich genutzten Teile der Gebäude der Erbengemeinschaften nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entnommen worden sind (unter c).

41

a) Mangels ausreichender Feststellungen des FG kann der Senat nicht entscheiden, ob die Kaufpreisforderung des Insolvenzschuldners aus dem Vertrag vom 3. Februar 2006 vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens realisiert worden ist. So ist schon unklar, ob der Kläger bei Abschluss dieses Vertrages mit Zustimmung des Insolvenzgerichts gehandelt hat. Da insoweit keine Maßnahmen zur "Fortführung des Betriebs", sondern zu dessen Stilllegung vorliegen, bedurfte es bereits zur Wirksamkeit dieses Vertrages nach dem Beschluss des Insolvenzgerichts vom 24. Oktober 2005 der gerichtlichen Zustimmung. Wann diese erteilt wurde, ist weder festgestellt noch aus den Akten ersichtlich.

42

b) Ausreichend sind die Feststellungen des FG hingegen, soweit sie die anteilige Zurechnung von Vermietungseinkünften aus den beiden Grundstücksgemeinschaften betreffen. Zutreffend hat das FG nach Maßgabe der unter II.2. dargestellten Grundsätze die hieraus resultierende Einkommensteuer, soweit sie den Insolvenzschuldner nach Eröffnung seines Insolvenzverfahrens betrifft, als Masseverbindlichkeit qualifiziert.

43

aa) Sind mehrere Personen in einer Erbengemeinschaft gesamthänderisch zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verbunden, sind die Einkünfte den Teilhabern zuzurechnen, denen die Früchte gemäß §§ 2038, 743, 748 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehen (BFH-Urteil vom 27. Juni 1978 VIII R 168/73, BFHE 125, 532, BStBl II 1978, 674, unter 1.).

44

Betrifft diese Zurechnung von Vermietungseinkünften aus einer Erbengemeinschaft wie hier den Zeitraum nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wird der Besteuerungstatbestand der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erst nach der Insolvenzeröffnung vollständig verwirklicht (so bereits, wenn auch für den Fall der Einkünfte aus Gewerbebetrieb einer Mitunternehmerschaft: Senatsurteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, unter II.3.a).

45

Masseverbindlichkeiten liegen dann hinsichtlich der Einkommensteuerschulden vor, die sich aus "echten" Gewinnen bzw. Überschüssen von Personengesellschaften bzw. Gemeinschaften ergeben. In diesen Fällen kommt der gegen diese gerichtete Anspruch nämlich unmittelbar der Insolvenzmasse zugute. Dies betrifft nicht nur die Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft (vgl. insoweit Senatsurteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, unter II.3.a), sondern auch den gegen eine Erbengemeinschaft gerichteten Anspruch am Überschuss.

46

bb) Die Annahme einer Masseverbindlichkeit scheidet nicht deshalb aus, weil die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht in die Insolvenzmasse geflossen sind. Zwar hatte der IV. Senat u.a. im BFH-Urteil in BFHE 141, 2, BStBl II 1984, 602 (dort unter 3.) zur Konkursordnung entschieden, dass die aus der Veräußerung eines zur Konkursmasse gehörenden Wirtschaftsguts resultierende Einkommensteuer nur insoweit eine Masseverpflichtung sei, als sie auf dem zur Konkursmasse gelangten Betrag laste. An dieser Rechtsansicht hält der IV. Senat unter der Geltung der InsO nicht mehr fest, da eine solche Einschränkung des Begriffs der Masseverbindlichkeit nicht dem Wortlaut des § 55 Abs. 1 InsO entspreche. Auch könne der Insolvenzverwalter den Schuldner nicht persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen verpflichten (BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, unter II.2.b). Letzteres wäre die Konsequenz, wäre die Einkommensteuer auf Handlungen des Insolvenzverwalters nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Masseverbindlichkeit.

47

cc) Angewandt auf den vorliegenden Fall führt dies dazu, dass die festgestellten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die steuerrechtlich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, zeitanteilig auf den Zeitraum vor bzw. nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufzuteilen sind. Die Höhe ergibt sich für die Einkommensteuer nach § 182 Abs. 1 AO bindend aufgrund der im Feststellungsverfahren getroffenen Feststellungen. Gegen die Aufteilung auf der Grundlage von 360 Kalendertagen bestehen keine Bedenken.

48

dd) Die nach Insolvenzeröffnung angeordnete Zwangsverwaltung des Grundstücks im Vermögen der Erbengemeinschaft ändert hieran nichts. Die Einkünfte erzielt in diesem Fall weiterhin derjenige, der Träger der Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag oder dem Pachtvertrag ist (so schon BFH-Urteile vom 16. April 2002 IX R 53/98, BHF/NV 2002, 1152, dort unter II.3.a und vom 11. März 2003 IX R 65-67/01, BFH/NV 2003, 778, dort unter II.2., zuletzt FG Münster vom 29. November 2013  4 K 3607/10 E, EFG 2014, 289, Revision eingelegt unter IX R 23/14).

49

Der Zwangsverwalter hat auch nicht die Einkommensteuer der Mitglieder der Erbengemeinschaft I nach § 34 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO zu entrichten. Ungeachtet der Frage, welchen Einfluss die Zwangsverwaltung auf den zuvor eingetretenen Insolvenzbeschlag des Anteils des Schuldners am Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft I hat, kann jedenfalls der Zwangsverwalter einer solchen Gemeinschaft nicht mehr Pflichten nach § 34 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO haben, als die Erbengemeinschaft selbst hatte. Diese hatte aber die Einkommensteuern ihrer Mitglieder nicht zu entrichten.

50

c) Zu Recht geht das FG weiter davon aus, dass im Hinblick auf die Einkommensteuer, die aus der Entnahme der vom Kläger zuvor eigenbetrieblich genutzten, ihm über die Erbengemeinschaften zuzurechnenden Grundstücksteile resultiert, Masseverbindlichkeiten vorliegen. Mangels Feststellungen des FG kann der Senat jedoch nicht entscheiden, ob die Entnahmen und damit auch die hieraus resultierenden Einkommensteuern das Streitjahr 2006 betreffen. Diese Feststellungen sind vom FG nachzuholen.

51

aa) Ausgehend von den unter II.3.b bb dargestellten Grundsätzen ist für die Gewinnverwirklichung im Rahmen der bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnenden Betriebsaufgabe der Zeitpunkt des einzelnen Aufgabeteilakts relevant. Bis zur Veräußerung oder Entnahme bleiben die Wirtschaftsgüter, insbesondere auch die wesentlichen Betriebsgrundlagen, Teil des Betriebsvermögens. Grundsätzlich verlangt die Entnahme dabei das Vorliegen einer eindeutigen Entnahmehandlung des Steuerpflichtigen (vgl. nur BFH-Urteil vom 11. Dezember 2002 XI R 48/00, BFH/NV 2003, 895). Sie scheiden allerdings zu dem Zeitpunkt aus, zu dem nicht mehr mit einer Veräußerung zu rechnen ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 224, 217, BStBl II 2009, 634, unter II.3.b).

52

(1) Zu Recht geht das FG davon aus, dass die eigenbetrieblich genutzten Grundstücks- und Gebäudeteile, die der Insolvenzschuldner selbst im Anlageverzeichnis zur Gewinnermittlung zum 31. Dezember 2003 aufführte, Wirtschaftsgüter seiner Bäckerei sind, und zwar in Form wesentlicher Betriebsgrundlagen (zur Frage des Ladenlokals als wesentliche Betriebsgrundlage einer handwerklichen Bäckerei vgl. auch Senatsurteil vom 20. Februar 2008 X R 13/05, BFH/NV 2008, 1306, unter II.2.a).

53

(2) Dass diese Wirtschaftsgüter vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entnommen worden wären, ist nicht festgestellt worden. Weder ist eine Entnahmehandlung des Insolvenzschuldners erkennbar, noch ergibt sich eine solche Entnahme aufgrund der Insolvenzeröffnung oder dem vorausgehend aufgrund des Kaufvertrages vom 3. Februar 2006. Dieser betrifft lediglich die in einer Anlage zum Vertrag aufgeführten Anlagegegenstände, nicht aber auch die eigenbetrieblich genutzten Grundstücks- und Gebäudeteile der beiden Grundstücksgemeinschaften.

54

(3) Allerdings hat das FG auch nicht festgestellt, dass die Entnahmen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Streitjahr erfolgten. Im Fall der Erbengemeinschaft II käme nur eine Entnahme vor der Veräußerung durch die Erbengemeinschaft aufgrund des notariellen Vertrages vom 29. August 2006 in Betracht.

55

bb) Eine Schätzung des Anteils des Insolvenzschuldners am Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks der Erbengemeinschaft II nach § 155 Abs. 2 AO i.V.m. § 162 AO scheidet aus, da zwischenzeitlich der Feststellungsbescheid erlassen worden ist und somit eine Befugnis zu einer vorläufigen Maßnahme (vgl. nur Schuster in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 155 AO, Rz 45, m.w.N.) nicht mehr vorliegt.

56

5. Aufgrund der nachzuholenden Feststellungen in Bezug auf den Zeitpunkt der Begründung der Forderung aus dem Vertrag vom 3. Februar 2006 und die Zeitpunkte der Entnahmen der betrieblich genutzten Teile der beiden Grundstücksgemeinschaften ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO zurückzuverweisen.

57

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

Tenor

Der Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 20. November 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Juni 2010 wird dahin geändert, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit Ausnahme der Steuererstattungszinsen gemäß § 233a der Abgabenordnung zu den Umsatzsteuerfestsetzungen für 1999 bis 2002 (35.522 Euro) als außerordentliche Einkünfte i. S. von § 34 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung besteuert werden. Die danach festzusetzende Steuer ist gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung vom Beklagten zu ermitteln. Das Leistungsgebot wird aufgehoben. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 75 % und der Beklagte zu 25 %.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.


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Tenor

I. Auf den Antrag des Beklagten wird das Rubrum des Urteils des Finanzgerichts Düsseldorf vom 19. Juli 2016  10 K 2384/10 E dahingehend berichtigt, dass der Kläger darin als "Insolvenzverwalter über den Nachlass des verstorbenen Herrn " bezeichnet wird.

II. Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 19. Juli 2016  10 K 2384/10 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

III. Auf die Beschwerde des Beklagten wegen Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 19. Juli 2016  10 K 2384/10 E hinsichtlich der Kostenentscheidung sowie insoweit aufgehoben, als darin das dem Einkommensteuerbescheid 2006 vom 20. November 2009 beigefügte Leistungsgebot aufgehoben worden ist.

Die Klage gegen das dem Einkommensteuerbescheid 2006 vom 20. November 2009 beigefügte Leistungsgebot wird abgewiesen.

Die Kosten des Klageverfahrens hat der Kläger zu 97 % und der Beklagte zu 3 % zu tragen.

IV. Die Kosten der Beschwerdeverfahren hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger, Beschwerdegegner und Beschwerdeführer (Kläger) ist Insolvenzverwalter über den Nachlass des während des Klageverfahrens verstorbenen Schuldners (S), der gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb von Spielhallen erzielte.

2

Im Jahr 2004 schloss S die Spielhallen im Zuge eines gewerberechtlichen Widerrufsverfahrens und gab die Erlaubnisurkunden zurück. Der Beklagte, Beschwerdeführer und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) und das Finanzgericht (FG) haben dies als Betriebsaufgabe angesehen.

3

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entschied mit Urteil Linneweber und Akritidis vom 17. Februar 2005 C-453/02, C-462/02 (EU:C:2005:92, Slg. 2005, I-1131), dass es nicht zulässig sei, einerseits den Betrieb von Glücksspielgeräten in öffentlichen Spielbanken von der Umsatzsteuer zu befreien, andererseits aber die Ausübung der gleichen Tätigkeit durch andere Wirtschaftsteilnehmer mit Umsatzsteuer zu belasten.

4

Am 17. März 2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des S eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

5

Aufgrund der genannten EuGH-Entscheidung beantragte der Kläger am 9. November 2005 den Erlass geänderter Umsatzsteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume ab 1999. Am 30. Januar 2006 setzte das damals zuständige Betriebs-FA die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 1999 bis 2002 entsprechend herab. Aus den Bescheiden ergaben sich Erstattungsansprüche (Umsatzsteuer und Erstattungszinsen) von insgesamt 222.131,52 €.

6

Am 13. Juli 2006 erließ das Betriebs-FA einen Abrechnungsbescheid gegen den Kläger, in dem es die genannten Erstattungsansprüche gegen Steuerforderungen in Höhe von 160.371,40 € aufrechnete, die es zur Insolvenztabelle angemeldet hatte. Es verblieb ein Betrag von 61.760,12 €, der an den Kläger ausgezahlt wurde. Der Abrechnungsbescheid ist mit Zurückweisung der Revision gegen das klageabweisende Urteil des 12. Senats des FG bestandskräftig geworden (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. August 2015 VII R 29/14, BFH/NV 2016, 87).

7

Einkommensteuerrechtlich vertrat das FA die Auffassung, mit der im Streitjahr 2006 vorgenommenen Auszahlung bzw. Aufrechnung seien der Insolvenzmasse nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 222.131 € zuzurechnen, die nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu ermitteln seien. Auf dieser Grundlage setzte es mit einem an den Kläger und seinen Berufspartner gerichteten Einkommensteuerbescheid 2006 eine Steuer von 85.365 € fest. Nachdem das FA während des anschließenden Einspruchsverfahrens einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) abgelehnt hatte, zeigte der Kläger dem Insolvenzgericht mit einem dort am 10. Dezember 2007 eingegangenen Schreiben die Masseunzulänglichkeit an (§ 208 der Insolvenzordnung --InsO--).

8

Während eines anschließenden Klageverfahrens hob das FA den Bescheid mangels hinreichender Bestimmtheit des Inhaltsadressaten auf.

9

Am 20. November 2009 erließ es den im vorliegenden Verfahren angefochtenen, gegen den Kläger gerichteten Einkommensteuerbescheid 2006. Es setzte die Einkommensteuer erneut auf 85.365 € fest und fügte dem Bescheid ein entsprechendes Leistungsgebot bei.

10

Nach erfolglosem Einspruch machte der Kläger im Klageverfahren geltend, die Einkommensteuerschulden seien keine Masseverbindlichkeiten, sondern lediglich Insolvenzverbindlichkeiten. Sie seien bereits in der für das Jahr 2004 zu erstellenden Aufgabebilanz zu aktivieren. Jedenfalls seien sie nach Bilanzierungsgrundsätzen schon in dem Rumpfwirtschaftsjahr anzusetzen, das mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (17. März 2005) geendet habe und in das die Bekanntgabe der EuGH-Entscheidung (am 17. Februar 2005) falle. Hilfsweise seien Einkünfte aus Gewerbebetrieb nur in Höhe des tatsächlich zur Insolvenzmasse gelangten Betrages von 61.760 € anzusetzen. In Höhe des lediglich verrechneten Teilbetrages fehle es im Übrigen wegen der --seinerzeit-- noch nicht eingetretenen Bestandskraft des Abrechnungsbescheids an einem Zufluss. Der Einkommensteuerbescheid sei auch deswegen unwirksam und aufzuheben, weil er mit einem Leistungsgebot versehen sei, obwohl der Kläger bereits zuvor die Masseunzulänglichkeit angezeigt habe.

11

Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens vertrat der Kläger demgegenüber die Auffassung, die Vorgänge des Jahres 2004 seien nicht als Betriebsaufgabe anzusehen.

12

Der damals zuständige 9. Senat des FG erließ am 8. Juli 2014 gemäß § 99 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ein Zwischenurteil mit dem folgenden Tenor: "Die Umsatzsteuererstattungen aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 17.02.2005 zu den Aktenzeichen Rs. C-453/02 und C-462/02 sind nach der Betriebsaufgabe im Jahre 2004 als nachträgliche Einkünfte in sinngemäßer Anwendung des § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz unter Berücksichtigung des Zu- und Abflussprinzips zu ermitteln." Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der beschließende Senat zurückgewiesen (Beschluss vom 28. Januar 2015 X B 103/14, BFH/NV 2015, 702).

13

In dem vor dem nunmehr zuständigen 10. Senat des FG fortgeführten Klageverfahren hatte die Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 im Wesentlichen keinen Erfolg. Das FG vertrat im Endurteil zwar im Hinblick auf das BFH-Urteil vom 10. Februar 1994 IV R 37/92 (BFHE 174, 140, BStBl II 1994, 564) die Auffassung, der nachträgliche Eingang der zunächst bestrittenen Forderung hätte rückwirkend den Aufgabegewinn des Jahres 2004 erhöhen müssen. Es sei aber gemäß § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 318 der Zivilprozessordnung (ZPO) an die gegenteilige Aussage im rechtskräftig gewordenen Zwischenurteil des 9. Senats gebunden. Daher seien sowohl die Umsatzsteuer-Erstattungen als auch die Verrechnungen einkommensteuerrechtlich gemäß § 4 Abs. 3 EStG als nachträgliche Einkünfte im Streitjahr 2006 zu erfassen. Da der Steuertatbestand damit erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfüllt worden sei, handele es sich um Masseverbindlichkeiten. Die Klage sei nur insoweit begründet, als es sich --mit Ausnahme der Erstattungszinsen-- um Vergütungen für mehrjährige Tätigkeit handele, so dass gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG der ermäßigte Steuersatz anzuwenden sei.

14

Das Leistungsgebot (§ 254 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung --AO--) sei allerdings rechtswidrig und daher aufzuheben. Da der Kläger bereits vor Ergehen des Leistungsgebots die Masseunzulänglichkeit angezeigt habe, stehe es in Widerspruch zum Vollstreckungsverbot des § 210 InsO.

15

Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision, soweit das FG über den Einkommensteuerbescheid 2006 entschieden hat, und begründet dies mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie Divergenz.

16

Das FA begehrt die Zulassung der Revision, soweit das FG über das Leistungsgebot entschieden hat. Es beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Divergenz und Verfahrensmängel.

17

Die Beteiligten treten der Beschwerde des jeweils anderen Beteiligten entgegen.

Entscheidungsgründe

18

II. Auf den entsprechenden Antrag des FA ist das Rubrum des finanzgerichtlichen Urteils gemäß § 107 Abs. 1 FGO dahingehend zu berichtigen, dass der Kläger nicht "als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn" S, sondern "als Insolvenzverwalter über den Nachlass des verstorbenen Herrn" S am Klageverfahren beteiligt war.

19

1. Der unmittelbar beim BFH gestellte Antrag ist zulässig, da auch der BFH eine offenbare Unrichtigkeit des FG-Urteils berichtigen darf (vgl. BFH-Urteil vom 8. September 2011 IV R 44/07, BFHE 235, 231, BStBl II 2012, 136, Rz 13).

20

2. Der Antrag ist auch begründet.

21

Der Tod des S während des Insolvenzverfahrens und des anhängigen finanzgerichtlichen Verfahrens hat ohne Unterbrechung zu einer Überleitung vom Regel- in das Nachlassinsolvenzverfahren geführt (zum Insolvenzeröffnungsverfahren Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, unter II.3.; ebenso zum Tod des Schuldners während des bereits eröffneten Insolvenzverfahrens BGH-Urteil vom 26. September 2013 IX ZR 3/13, Neue Juristische Wochenschrift 2014, 389, Rz 12, m.w.N.).

22

Der Tod des S war dem FG auch bekannt. Dies folgt aus dem --unwidersprochen gebliebenen-- Vorbringen des FA, wonach das FG in der mündlichen Verhandlung selbst auf diesen Umstand hingewiesen hat, auch wenn es diesen Hinweis nicht im Protokoll vermerkt hat.

23

Damit liegt ein mechanisches Versehen des FG bei der Abfassung des Rubrums vor. Ein Rechtsfehler dergestalt, dass das FG weiterhin von einem Insolvenzverfahren über das Vermögen des --nicht mehr lebenden-- S ausgegangen sein könnte, ist ausgeschlossen.

24

III. Die vom Kläger in Bezug auf den Teil des FG-Urteils, mit dem über den Einkommensteuerbescheid 2006 entschieden worden ist, erhobene Beschwerde ist unbegründet.

25

Keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe ist tatsächlich gegeben.

26

1. Dies gilt zunächst für die vom Kläger geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

27

a) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger BFH-Rechtsprechung zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (Senatsbeschluss vom 19. Januar 2011 X B 43/10, BFH/NV 2011, 636, unter II.1.).

28

Eine Rechtsfrage ist nur dann klärungsfähig, wenn sie in einem künftigen Revisionsverfahren für die Entscheidung des Streitfalls rechtserheblich ist (Senatsbeschluss vom 23. Januar 2013 X B 84/12, BFH/NV 2013, 771, unter II.1.a, m.w.N.).

29

b) Der Kläger formuliert die folgende Rechtsfrage: "Kann ein im Zeitpunkt nach Insolvenzeröffnung materiell-rechtlich steuerlich neutraler Vorgang durch fehlerhafte Rechtsanwendung in den Rang einer Masseverbindlichkeit erhoben werden oder steht der § 38 InsO entgegen, nach dem Insolvenzgläubiger ist, wer gegen den Schuldner einen zur Zeit der Insolvenzeröffnung begründeten Anspruch hat, wenn die Forderung 'ihrem Kern nach' bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet ist?"

30

c) Diese Rechtsfrage wäre in einem im Streitfall durchgeführten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig.

31

Entscheidungserheblich ist vorliegend nicht eine nach Auffassung des Klägers "fehlerhafte Rechtsanwendung", sondern die besondere prozessuale Konstellation, die daraus folgt, dass das FG im Endurteil an den Tenor des vorangegangenen, rechtskräftig gewordenen Zwischenurteils gebunden war. Rechtskräftig gewordene Zwischenurteile binden sowohl das Gericht (§ 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 318 ZPO; zu einem Zwischenurteil über den Grund gemäß § 99 Abs. 1 FGO vgl. BFH-Urteil vom 12. Juni 1986 V R 93/76, BFH/NV 1987, 781, unter II.3.b) als auch die Beteiligten (§ 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGO; vgl. Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 110 FGO Rz 10).

32

Das FG hat im Endurteil seine Bindung zutreffend unter Verweis auf die genannten gesetzlichen Vorschriften begründet. Diese Ausführungen waren tragend für die im Endurteil getroffene Entscheidung des FG. Hierauf geht die Beschwerdebegründung indes an keiner Stelle ein.

33

Wenn aufgrund dieser Bindungswirkung die im Tenor des Zwischenurteils getroffene materiell-rechtliche Beurteilung (hier: die Zuordnung des Gewinns aus der Realisierung der Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche nicht zum Aufgabegewinn des Jahres 2004, sondern zum nachträglichen laufenden Gewinn des Jahres 2006) auch im weiteren Verfahrensgang zugrunde zu legen ist und daraus im Endurteil der Schluss gezogen wird, dass auf dieser --gemäß § 318 ZPO nicht mehr zu prüfenden-- materiell-rechtlichen Grundlage der Einkommensteueranspruch auch insolvenzrechtlich erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist (zur auch insolvenzrechtlichen Maßgeblichkeit des Zeitpunktes des Zuflusses in Fällen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2014 X R 12/12, BFHE 253, 482, BStBl II 2016, 852, Rz 29 f.), beruht dies auf der Anwendung anerkannter prozessualer Grundsätze über die Rechtskraft und wirft keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen auf. Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob ein Vorgang durch fehlerhafte Rechtsanwendung in den Rang einer Masseverbindlichkeit erhoben werden kann, könnte daher aus Anlass des vorliegenden Einzelfalls nicht in grundsätzlicher und allgemeingültiger Weise beantwortet werden. Sie stellt sich vielmehr gar nicht erst, weil im Streitfall allein die Besonderheiten der gesetzlich angeordneten Bindungswirkung eines (Zwischen-)Urteils entscheidungserheblich sind.

34

2. Die darüber hinaus vom Kläger erhobene Divergenzrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) ist unzulässig.

35

a) Wird die Beschwerde darauf gestützt, dass die Revisionszulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei, weil das FG von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen sei, setzt die Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Gegenüberstellung einander widersprechender abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und der herangezogenen Divergenzentscheidung andererseits voraus (Senatsbeschluss vom 18. Januar 2011 X B 34/10, BFH/NV 2011, 813, unter 1.c, m.w.N.).

36

b) Daran fehlt es. Der Kläger bildet nicht etwa aus dem --im vorliegenden Verfahren allein maßgebenden-- Endurteil des FG, sondern lediglich aus dem vorangegangenen, rechtskräftig gewordenen und daher bindenden Zwischenurteil Rechtssätze. Dies reicht zur Darlegung einer Divergenz nicht aus.

37

Hinzu kommt, dass das vom Kläger als vermeintliche Divergenzentscheidung bezeichnete Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 11. September 2013  1 K 2120/12 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2014, 1404) im Revisionsverfahren durch den erkennenden Senat aufgehoben worden ist (Urteil vom 3. August 2016 X R 25/14, BFH/NV 2017, 317). Eine aufgehobene instanzgerichtliche Entscheidung kann jedoch nicht Grundlage einer Divergenzrüge sein, da nach der Aufhebung nicht mehr die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen besteht.

38

IV. Die vom FA in Bezug auf den Teil des FG-Urteils, mit dem über das Leistungsgebot entschieden worden ist, erhobene Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Klage ist insoweit als unzulässig zu verwerfen.

39

1. Die Beschränkung der Beschwerde auf das Leistungsgebot ist zulässig, da dieses im Verhältnis zur Steuerfestsetzung einen selbständigen Verwaltungsakt darstellt (BFH-Beschlüsse vom 1. Juni 1983 III B 40/82, BFHE 138, 422, BStBl II 1983, 622, unter 1.d, und vom 18. Dezember 1997 III R 12/94, BFH/NV 1998, 975, unter 2.a).

40

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Es stellt einen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) dar, dass das FG über das Leistungsgebot in der Sache entschieden hat, obwohl insoweit das gemäß § 44 Abs. 1 FGO erforderliche Vorverfahren nicht durchgeführt worden ist.

41

a) Ein Verfahrensmangel liegt jedenfalls dann vor, wenn das FG eine zulässige Klage rechtsirrig durch Prozessurteil als unzulässig verwirft (Senatsbeschluss vom 23. Mai 2016 X B 174/15, BFH/NV 2016, 1297, Rz 12).

42

Aber auch für den umgekehrten Fall --ein FG entscheidet über eine unzulässige Klage in der Sache-- ist in der BFH-Rechtsprechung bereits ein Verfahrensmangel angenommen worden (BFH-Beschluss vom 12. November 2013 VI B 94/13, BFH/NV 2014, 176, betreffend unzutreffende Bejahung der Klagebefugnis durch das FG; allgemein Gräber/Ratschow, § 115 FGO Rz 80). Dies muss auch für den --unter Verstoß gegen § 44 Abs. 1 FGO vorgenommenen-- Erlass einer Sachentscheidung trotz Fehlens des erforderlichen Vorverfahrens gelten (so auch BFH-Beschluss vom 27. Juni 2014 IV B 12/14, BFH/NV 2014, 1570, Rz 4).

43

b) Vorliegend hatte der Kläger nur gegen den Einkommensteuerbescheid 2006, nicht aber gegen das darin enthaltene Leistungsgebot Einspruch eingelegt. Das erforderliche Vorverfahren ist daher in Bezug auf das Leistungsgebot nicht durchgeführt worden.

44

aa) Zwar konnte die Klageschrift vom FG in vertretbarer Weise dahingehend ausgelegt werden, dass der Kläger nicht allein gegen den Einkommensteuerbescheid, sondern auch gegen das Leistungsgebot Klage erheben wollte. Dies folgt aus den Ausführungen auf Blatt 5, 6 der Klageschrift.

45

bb) Es fehlt aber an vergleichbaren auslegungsfähigen Ausführungen im vorangegangenen Einspruchsverfahren.

46

Im Rubrum des Einspruchsschreibens waren nur die "Bescheide für 2006 und 2007 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag" erwähnt. Auch in der Begründung des Einspruchs wurde das Leistungsgebot --anders als in der späteren Klagebegründung-- nicht erwähnt.

47

Der vom Kläger mit seinem Einspruch gestellte Antrag auf AdV des Einkommensteuerbescheids 2006 kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zugleich als Einspruch gegen das Leistungsgebot ausgelegt werden (BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2002 VII B 66/02, BFH/NV 2003, 592, unter 2.).

48

3. Der Senat entscheidet abschließend über die gegen das Leistungsgebot gerichtete Klage und verwirft diese als unzulässig.

49

a) Gemäß § 116 Abs. 6 FGO kann der BFH ein finanzgerichtliches Urteil, das auf einem Verfahrensmangel beruht, aufheben und den Rechtsstreit an das FG zurückverweisen.

50

Diese Vorschrift wird in der BFH-Rechtsprechung aus Gründen der Prozessökonomie über ihren Wortlaut hinaus dahingehend angewendet, dass sie auch eine abschließende Entscheidung durch den BFH ermöglicht, wenn die im Fall der Zurückverweisung zu treffende Entscheidung bereits feststeht. Dies ist beispielsweise bei der --hier gegebenen-- Umwandlung eines Sachurteils in ein Prozessurteil möglich (zur Unzulässigkeit der Klage wegen anderweitiger Rechtshängigkeit BFH-Beschluss vom 8. November 2005 VIII B 3/96, BFH/NV 2006, 570, unter 4.; zur Unzulässigkeit der Klage wegen Nichtdurchführung des Vorverfahrens BFH-Beschluss in BFH/NV 2014, 1570, Rz 2, m.w.N.).

51

b) Danach ist vorliegend das angefochtene Urteil, soweit es über das Leistungsgebot entschieden hat, aufzuheben und die Klage insoweit als unzulässig zu verwerfen.

52

Da es in Bezug auf das Leistungsgebot an der Durchführung eines Einspruchsverfahrens fehlte, war die Klage insoweit unzulässig. Diese Rechtsfolge steht bereits jetzt fest, ohne dass es einer Zurückverweisung an das FG bedürfte.

53

c) Die teilweise Aufhebung des FG-Urteils umfasst auch dessen Kostenentscheidung, die sich nunmehr allein nach dem Obsiegen und Unterliegen hinsichtlich der Einkommensteuer 2006 richtet. Insoweit beruht die Kostenentscheidung auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Dabei hat der Senat darauf verzichtet, aufgrund der gegen das Leistungsgebot erhobenen Klage eine Erhöhung des Streitwerts oder der Kostenquote des Klägers vorzunehmen.

54

V. 1. Die Entscheidung über die Kosten der Beschwerdeverfahren beruht hinsichtlich der vom Kläger erhobenen Beschwerde auf § 135 Abs. 2 FGO und hinsichtlich der vom FA erhobenen Beschwerde auf § 135 Abs. 1 FGO.

55

Eine Entscheidung über die Kosten des Berichtigungsverfahrens nach § 107 FGO ist nicht zu treffen, da dieses Verfahren gerichtsgebührenfrei ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 18. Juni 1986 II B 33/86, BFH/NV 1987, 587, und vom 29. August 2012 X S 27/12, BFH/NV 2013, 55).

56

2. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.

(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 73/06
Verkündet am:
28. Juni 2007
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Inhaber einer so genannten oktroyierten Masseverbindlichkeit hat während
der Wohlverhaltensphase ein Rechtsschutzinteresse an einer Zahlungsklage
gegen den Schuldner.
BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - IX ZR 73/06 - AG Hamburg-Altona
LG Hamburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Juni 2007 durch die Richter Dr. Ganter, Vill, Cierniak, die Richterin
Lohmann und den Richter Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 24. März 2006 wird als unzulässig verworfen, soweit diese die Verurteilung der Beklagten in Höhe von 153 € beantragt hat.
Im Übrigen wird das vorbezeichnete Urteil auf die Revision der Klägerin im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 3.187,05 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 23. Juni 2005 abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.187,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Dezember 2004 zu zahlen. Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin vermietete der Beklagten einen Frisörsalon in Hamburg. Die monatliche Miete betrug 637,57 €. Seit April 2002 blieb die Beklagte den Mietzins schuldig. Auf ihren Antrag wurde das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Der Insolvenzverwalter kündigte das Mietverhältnis zum 30. September 2002. Die Klägerin meldete ihre Mietzinsforderung für den Zeitraum von April bis September 2002 zur Tabelle an. Im Schlusstermin wurde ein Betrag von 642,07 € - die Aprilmiete sowie eine Rücklastgebühr - als Insolvenzforderung festgestellt. Im Übrigen bestritt der Verwalter die Forderung mit der Begründung , dass es sich um eine Masseforderung handele. Diese wurde jedoch aus der Masse nicht beglichen.
2
Insolvenzgericht Das hob das Insolvenzverfahren nach Vollzug der Schlussverteilung mit Beschluss vom 28. Juni 2005 auf; die Beklagte befindet sich nunmehr in der sogenannten "Wohlverhaltensphase".
3
Zusammenhang Im mit dem Insolvenzverfahren nahm die Klägerin zweimal ihre Rechtschutzversicherung in Anspruch; infolge der Selbstbeteiligung entstanden ihr Kosten in Höhe von insgesamt 306 €.
4
Das Amtsgericht hat der Klage auf Zahlung der Mietzinsen für die Monate Mai bis September 2002 sowie auf Ersatz der Selbstbeteiligungskosten im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision begehrt die Klägerin, das amtsgerichtliche Urteil wiederherzustellen.

Entscheidungsgründe:



5
Die Revision hat im Wesentlichen Erfolg.

I.


6
Das Rechtsmittel ist unzulässig, soweit die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils auch insoweit begehrt, als die Beklagte in erster Instanz zur Zahlung von 153 € verurteilt worden ist. Insoweit hat sie die Revision nicht begründet (§ 551 ZPO).

II.


7
Soweit das Rechtsmittel zulässig ist, ist es auch begründet.
8
1. Das Landgericht hat zur Begründung der Klageabweisung Folgendes ausgeführt: Die Berufung der Beklagten sei zulässig, weil sie nicht unter einer Bedingung eingelegt worden sei. Das Rechtsmittel führe zur Abweisung der Klage, weil die Klägerin an der Durchsetzung der Mietforderungen durch §§ 286, 301 InsO gehindert sei.
9
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
a) Allerdings ist das Landgericht mit Recht von einer form- und fristgerecht eingelegten Berufung ausgegangen. Das Berufungsgericht hat den am 26. Juli 2005 eingegangenen Schriftsatz als unbedingt eingelegte Berufung ausgelegt. Diese Auslegung lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Insoweit kann der Senat als Revisionsgericht die Würdigung der in der Berufungseinlegung liegenden prozessualen Willenserklärung uneingeschränkt nachprüfen und die erforderliche Auslegung der Erklärung selbst vornehmen (z.B. BGH, Beschl. v. 11. November 1993 - VII ZB 24/93, NJW-RR 1994, 568; Urt. v. 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94, NJW 1995, 2563, 2564).
11
Der mit "Berufung" überschriebene Schriftsatz ist innerhalb der Berufungsfrist eingegangen und wahrt die erforderlichen Förmlichkeiten. In ihm wird erklärt, dass gegen das näher bezeichnete Urteil des Amtsgerichts namens und in Vollmacht der "Beklagten/Berufungsklägerin" Berufung eingelegt werde. Die Einlegung des Rechtsmittels ist zulässigerweise mit einem Prozesskostenhilfegesuch verbunden worden. In einem solchen Fall muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, er wolle eine (künftige) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung der Prozesskostenhilfe abhängig machen (vgl. BGHZ 165, 318, 320 m.w.N.). Wenn aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift erfüllt sind, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. BGHZ 165, 318, 320 f m.w.N.; ferner BGH, Beschl. v. 16. Dezember 1987 - IVb ZB 161/87, NJW 1988, 2046, 2047). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungseinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich , die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsschrift" bezeichnet wird oder von einer "beabsichtigten Berufung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass "nach Gewährung der Prozesskostenhilfe" Berufung eingelegt werde (vgl. BGHZ 165, 318, 321 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 31. Januar 2007 - XII ZB 207/06, FamRZ 2007, 801, 802).

12
Demgegenüber ist der hier zu beurteilenden Berufungsschrift eine solche eindeutige, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Sie ist mit "Berufung" überschrieben und enthält zunächst die ausdrückliche und einschränkungslose Erklärung, es werde Berufung eingelegt. Wenn sodann in der Berufungsschrift nach dieser Erklärung der Satz folgt "Die Berufung erfolgt unter dem Vorbehalt, daß der Beklagten /Berufungsklägerin Prozeßkostenhilfe gewährt wird“, so ist dies nicht eindeutig. Diese Erklärung kann auch dahin verstanden werden , dass nur die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang die (weitere ) Durchführung des Rechtsmittelverfahrens - die die Einlegung des Rechtsmittels voraussetzt - von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig gemacht wird, nicht aber die Einlegung selbst, und dass die Beklagte sich für den Fall vollständiger Versagung der Prozesskostenhilfe die Zurücknahme der Berufung vorbehält (vgl. BGHZ 165, 318, 323; BGH, Urt. v. 31. Mai 1995 aaO; Beschl. v. 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04, FamRZ 2004, 1553, 1554). Daran ändert der Umstand, dass der bereits angekündigte Sachantrag mit der Wendung "Im Wege der Prozesskostenhilfe" eingeleitet wird, nichts. Denn § 519 ZPO verlangt noch überhaupt keine Antragstellung.
13
b) Jedoch durfte das Landgericht die Klage nicht mit der Begründung abweisen, die Klägerin sei durch §§ 286, 301 InsO an der Durchsetzung der Mietforderung für Mai bis September 2002 gehindert.
14
Die Klägerin kann die Beklagte persönlich auf Zahlung der Mieten in Anspruch nehmen. Ob ein Massegläubiger im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 InsO seine Forderung schon während des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner persönlich verfolgen kann, ist zwar umstritten (befürwortend LAG München ZIP 1990, 1217, 1218; Kübler/Prütting/Pape, InsO § 53 Rn. 28; a.A. - Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters erforderlich - MünchKomm-InsO/ Hefermehl, § 53 Rn. 46, 53). Jedenfalls dann, wenn sich nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß § 201 Abs. 3, §§ 286 ff InsO die so genannte Wohlverhaltenssphase anschließt, kann - und muss - der Massegläubiger jedoch den Schuldner persönlich verklagen (vgl. Braun/Kießner, InsO 2. Aufl. § 201 Rn. 5). Die Haftung des Schuldners beschränkt sich gegenständlich nicht auf die ihm überlassene restliche, das heißt nicht verwertete Masse. Denn bei der der Klage zugrunde liegenden Mietforderung handelt es sich um eine sogenannte oktroyierte Masseverbindlichkeit im Sinne des § 90 InsO, die bereits von der Beklagten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden war (vgl. FK/InsO-Ahrens, 4. Aufl. § 294 Rn. 14; HK-InsO/Eickmann, 4. Aufl. § 53 Rn. 11).
15
aa) Das Rechtsschutzinteresse kann der Klägerin nicht abgesprochen werden. Über den Antrag der Beklagten auf Erteilung der Restschuldbefreiung ist bisher nicht entschieden worden. Ob der Beklagten die begehrte Restschuldbefreiung erteilt werden wird, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden (vgl. §§ 295 ff InsO). Wird die Restschuldbefreiung versagt, können die Insolvenzgläubiger sofort gegen die Beklagte aus der Eintragung in die Tabelle vollstrecken (§ 201 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 InsO). Das Vollstreckungsverbot des § 294 Abs. 1 InsO steht dem nicht mehr entgegen (vgl. § 299 InsO). Die Beklagte als Massegläubigerin hat während des Insolvenzverfahrens keinen Vollstreckungstitel für ihre Forderung erlangt; der Weg, ihre Forderung zur Ta- belle feststellen zu lassen, stand ihr nicht offen (§§ 87, 174 Abs. 1 InsO). Folglich muss sie einen Titel nunmehr erstreiten können; ein Grund, ihrer Masseforderung (zum Fortbestehen dieser rechtlichen Einordnung vgl. BGH, Beschl. v. 17. März 2005 - IX ZB 214/04, WM 2005, 1129, 1131) eine (mindestens) vergleichbare Vollstreckungsaussicht zu verwehren, besteht nicht.
16
bb) Auf die in den Vorinstanzen erörterte Frage, ob die Klageforderung durch die von der Beklagten beantragte Restschuldbefreiung erfasst wird (§ 301 InsO), kommt es nicht an. Denn der Beklagten ist eine Restschuldbefreiung bisher nicht erteilt worden. Selbst wenn die hier geltend gemachte Masseverbindlichkeit entgegen dem Wortlaut des § 301 Abs. 1 InsO der Restschuldbefreiung unterfiele, vermöchte dieser Umstand ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Frage zu stellen. Während der Wohlverhaltensphase ist die Klägerin berechtigt, in das Vermögen der Beklagten zu vollstrecken. Das Vollstreckungsverbot des § 90 Abs. 1 InsO ist spätestens mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 289 Abs. 2 Satz 2 InsO) entfallen, und dasjenige des § 294 Abs. 1 InsO gilt für Massegläubiger nicht (vgl. FK/InsO-Ahrens, aaO; MünchKomm-InsO/Ehricke, § 294 Rn. 24). Es entzieht, soweit nicht § 287 Abs. 2, § 295 InsO eingreifen, den Neuerwerb der Beklagten dem Zugriff der Insolvenzgläubiger (BGHZ 163, 391, 396 f).
17
cc) Hinzu kommt, dass die Klägerin auch während der Wohlverhaltensperiode bisher nicht an der Verteilung etwaiger Einnahmen des Treuhänders beteiligt worden ist. Gemäß § 292 Abs. 1 InsO ist sie vor den Insolvenzgläubigern zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschl. v. 17. März 2005, aaO); die Klägerin wird ihren Anspruch auf anteilige Ausschüttung gegenüber dem Treuhänder mit größerer Aussicht auf Erfolg durchsetzen können, wenn sie über einen ihre Masseforderung ausweisenden Titel verfügt.

18
c) Da die Mietforderung der Klägerin nach Grund und Höhe unstreitig ist, war das der Klage stattgebende amtsgerichtliche Urteil wiederherzustellen, soweit die Klägerin das Berufungsurteil zulässig mit der Revision angegriffen hat.
Ganter Vill Cierniak
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Altona, Entscheidung vom 23.06.2005 - 318c C 49/05 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 24.03.2006 - 311 S 95/05 -

(1) Zwangsvollstreckungen wegen Masseverbindlichkeiten, die nicht durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden sind, sind für die Dauer von sechs Monaten seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unzulässig.

(2) Nicht als derartige Masseverbindlichkeiten gelten die Verbindlichkeiten:

1.
aus einem gegenseitigen Vertrag, dessen Erfüllung der Verwalter gewählt hat;
2.
aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Verwalter kündigen konnte;
3.
aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der Verwalter für die Insolvenzmasse die Gegenleistung in Anspruch nimmt.

Tenor

Auf die Revision des Finanzamts wird das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 9. Dezember 2015  8 K 1112/15 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Über das Vermögen des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) wurde am 15. März 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet. Für das Jahr 2008 entstand aufgrund der Verwertung von Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter Einkommensteuer, die aus der Masse nicht bezahlt wurde.

2

Am 20. März 2012 zeigte der Insolvenzverwalter Masseunzulänglichkeit an. Am 15. Juli 2013 wurde das Insolvenzverfahren eingestellt; dem Kläger wurde Restschuldbefreiung erteilt.

3

Mit Bescheid vom 27. März 2015 setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) Einkommensteuer für 2013 fest. Aufgrund von Vorauszahlungen und einbehaltener Lohnsteuer führte die Festsetzung zu einem Erstattungsanspruch des Klägers. Diesen verrechnete das FA mit der noch offenen Forderung aus Einkommensteuer 2008 und erließ am 31. März 2015 einen entsprechenden Abrechnungsbescheid.

4

Den Einspruch des Klägers wies das FA als unbegründet zurück.

5

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, der Aufrechnung stehe § 390 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) i.V.m. § 226 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) entgegen; denn die Forderung aus Einkommensteuer 2008 sei als Masseforderung wegen der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners einredebehaftet. Das Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters sei auf die zur Insolvenzmasse gehörenden Gegenstände beschränkt; der Insolvenzverwalter könne nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) den Insolvenzschuldner im Hinblick auf dessen insolvenzfreies Vermögen nicht verpflichten (BGH-Teilurteil vom 24. September 2009 IX ZR 234/07, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2010, 69). Dementsprechend gehe auch der Bundesfinanzhof (BFH) von einer nur beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners für Masseverbindlichkeiten aus (BFH-Urteil vom 26. Mai 2013 IV R 23/11, BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759). Der Abrechnungsbescheid sei daher in der vom Kläger beantragten Höhe aufzuheben. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 785 veröffentlicht.

6

Mit seiner Revision trägt das FA im Wesentlichen vor, für die Auffassung des FG, der als Masseforderung entstandenen Steuerforderung stehe eine Einrede entgegen, gebe es keine gesetzliche Grundlage. § 80 der Insolvenzordnung (InsO) entfalte Wirkung nur für das laufende Insolvenzverfahren; nach dessen Beendigung sei die Unterscheidung zwischen Masse und insolvenzfreiem Vermögen obsolet. Folgte man der Auffassung des FG, könnte die nicht beglichene Masseforderung weder beim Steuerschuldner noch, da § 61 InsO nach der BGH-Rechtsprechung (BGH-Beschluss vom 14. Oktober 2010 IX ZB 224/08, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 2010, 2252) bei Steuerforderungen nicht eingreife, beim Insolvenzverwalter erhoben werden. Faktisch führe dies zu einem Erlass der nach Beendigung des Insolvenzverfahrens noch offenen Masseverbindlichkeiten.

7

Der Kläger erwidert, der Grundsatz, dass der Schuldner für Masseverbindlichkeiten ausschließlich mit der Insolvenzmasse hafte, gelte auch für die Zeit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Schon der BGH habe in ständiger Rechtsprechung seit dem Jahr 1954 zur damals geltenden Konkursordnung entschieden, dass ein Konkursverwalter nur die Rechtsmacht habe, Masseverbindlichkeiten zu begründen, nicht hingegen die Befugnis, den Schuldner persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen zu verpflichten. Das entspreche auch der gesicherten BFH-Rechtsprechung; der Auffassung des IV. Senats habe sich inzwischen auch der X. Senat angeschlossen (BFH-Beschluss vom 18. Dezember 2014 X B 89/14, BFH/NV 2015, 470, und BFH-Urteil vom 9. Dezember 2014 X R 12/12, BFHE 252, 482, BStBl II 2016, 852). Die gegenteilige Ansicht widerspreche dem in § 1 Satz 2 InsO niedergelegten Zweck des Insolvenzverfahrens bzw. der Restschuldbefreiung. Dass nach dem Wortlaut des § 301 InsO der redliche Schuldner nur von den Insolvenzforderungen befreit werde, nicht aber von den Masseverbindlichkeiten, sei ein kapitaler "Webfehler" der Insolvenzordnung. Daher müsse unterstellt werden, dass der Gesetzgeber an die BGH-Rechtsprechung habe anknüpfen wollen, der zufolge auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens aufgrund von Masseverbindlichkeiten nicht auf das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners zugegriffen werden dürfe. Dies zeige indiziell auch die Regelung des § 201 Abs. 1 InsO, die gerade nicht für Masseforderungen gelte. Schließlich sprächen auch das Leistungsfähigkeitsprinzip und der Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gegen die von der Revision angestrebte Lösung; denn sämtliche Einnahmen aus der Verwertung der Insolvenzmasse seien dem Zugriff des Insolvenzschuldners entzogen.

Entscheidungsgründe

II.

8

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Das FG hat den Abrechnungsbescheid zu Unrecht teilweise aufgehoben.

9

Das FA hat nach Einstellung des Insolvenzverfahrens wirksam gegenüber dem Kläger mit seiner Forderung aus Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag 2008 aufgerechnet. Der Anspruch des Klägers auf Erstattung der Einkommensteuer 2013 ist dadurch in der hier streitigen Höhe erloschen.

10

1. Aufgrund der von der Vorinstanz getroffenen Feststellungen, die für den erkennenden Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 FGO), ist davon auszugehen, dass der Kläger einen Erstattungsanspruch aus Einkommensteuer für 2013 hatte und dass diesem Anspruch gleichartige Leistungen (§ 387 BGB i.V.m. § 226 Abs. 1 AO) in Form von Steuerforderungen des FA aus Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für 2008 gegenüberstanden.

11

2. § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO steht der Aufrechnung nicht entgegen, auch nicht im Fall einer entsprechenden Anwendung dieser Regelung zu Lasten von Altmassegläubigern nach angezeigter Masseunzulänglichkeit (vgl. MünchKommInsO-Hefermehl InsO § 210 Rz 12). Denn im Streitfall war das Insolvenzverfahren zum Zeitpunkt der Aufrechnung bereits beendet (vgl. auch BFH-Urteil vom 13. Dezember 2016 VII R 1/15, BFHE 256, 388, BStBl II 2017, 541).

12

3. Die Forderung des FA aus Einkommensteuer 2008 fällt als Masseverbindlichkeit nicht unter die dem Kläger erteilte Restschuldbefreiung.

13

Die Restschuldbefreiung wirkt gemäß § 286 und § 301 Abs. 1 Satz 1 InsO gegen alle Insolvenzgläubiger. Insolvenzgläubiger sind alle persönlichen Gläubiger des Schuldners, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (§ 38 InsO). Der anspruchsbegründende Tatbestand muss also bereits vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen sein (vgl. auch BGH-Urteil vom 5. April 2016 VI ZR 283/15, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2017, 37).

14

Massegläubiger (§ 53 InsO) sind keine Insolvenzgläubiger und Masseverbindlichkeiten sind keine Insolvenzforderungen. Daher werden Masseverbindlichkeiten nach dem eindeutigen Wortlaut des § 301 Abs. 1 Satz 1 InsO und der Systematik der §§ 35 ff. und 286 ff. InsO von der Restschuldbefreiung nicht erfasst.

15

Sinn und Zweck der Regelungen über die Restschuldbefreiung gebieten es nicht, deren Wirkung über den Wortlaut des § 301 InsO hinaus auch auf Masseforderungen zu erstrecken (offen gelassen in BGH-Urteil vom 28. Juni 2007 IX ZR 73/06, Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung --NZI-- 2007, 670, Rz 16; wie hier: Uhlenbruck/Sternal InsO § 301 Rz 6; MünchKommInsO-Stephan InsO § 301 Rz 8; Wenzel in Kübler/ Prütting/Bork, InsO, § 301, Rz 3; Waltenberger in Kayser/ Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 8. Aufl. 2016, § 301 Rz 15; HambKomm/Streck, InsO, 6. Aufl., § 301 Rz 3; Kexel in Graf-Schlicker, InsO, § 301 Rz 4; a.A.: Voigt, Weiter im Schuldturm trotz Restschuldbefreiung? Gedanken zur Auslegung von §§ 286, 301 InsO, ZInsO 2002, 569, 572 f.).

16

Zwar trifft es zu, dass es das Ziel des Insolvenzverfahrens ist, dem redlichen Schuldner Gelegenheit zu geben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien (§ 1 Satz 2 InsO). Aber unter welchen formellen und materiellen Voraussetzungen und in welchem Umfang dies geschehen soll, wird allein durch die gesetzlichen Regelungen der InsO bestimmt, im Fall der Restschuldbefreiung durch § 301 InsO. Die in dieser Regelung klar vorgegebene Reichweite der Restschuldbefreiung kann nicht unter Hinweis auf die allgemeine Zielsetzung der InsO auf Masseverbindlichkeiten ausgedehnt werden. Hätte der Gesetzgeber Masseverbindlichkeiten in die Restschuldbefreiung einbeziehen wollen, hätte er den Anwendungsbereich des § 301 InsO nicht ausdrücklich auf Insolvenzgläubiger beschränkt.

17

Aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip und Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich kein anderes Ergebnis herleiten. Einnahmen, die aus der Verwertung der Insolvenzmasse resultieren, sind Einnahmen des Insolvenzschuldners, ohne dass es darauf ankommt, ob die Einkünfte in das insolvenzfreie Vermögen fließen oder in die Insolvenzmasse (so schon BFH-Urteil vom 7. November 1963 IV 210/62 S, BFHE 78, 172, BStBl III 1964, 70; Roth, Insolvenzsteuerrecht, 2. Aufl. 2016, Rz 4.10 f.). Die fehlende Verfügungsbefugnis über das insolvenzbefangene Vermögen (vgl. § 80 InsO) berührt das Steuerrechtsverhältnis nicht (s. im Einzelnen unten: II.4.c bb).

18

4. Der Aufrechnung des FA steht auch keine auf § 80 Abs. 1 InsO zurückzuführende Einrede der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners entgegen.

19

a) Gemäß § 80 Abs. 1 InsO geht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Damit verliert der Insolvenzschuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis in Bezug auf sein vom Insolvenzbeschlag erfasstes Vermögen. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, die gemeinschaftliche Befriedigung aller persönlichen Gläubiger zu sichern (vgl. Uhlenbruck/Mock InsO § 80 Rz 4; Lüke in Kübler/Prütting/Bork, a.a.O., § 80 InsO, Rz 3).

20

Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 200 InsO) bzw. mit dessen Einstellung (§§ 207 ff. InsO) endet grundsätzlich auch die Wirkung des § 80 Abs. 1 InsO; der Insolvenzschuldner erhält seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zurück (s.a. Uhlenbruck/Mock, a.a.O., § 80 Rz 7).

21

b) Allerdings leitet der BGH aus § 80 Abs. 1 InsO eine sog. Haftungsbeschränkung auch für solche Masseverbindlichkeiten ab, die nach Verfahrenseröffnung durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters begründet worden sind (BGH-Teilurteil in NJW 2010, 69, Rz 12, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

22

Der Insolvenzschuldner bleibe zwar Schuldner aller durch die Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters nach Verfahrenseröffnung begründeten Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 InsO). Allerdings beschränke sich die Haftung während des Verfahrens auf die Gegenstände der Insolvenzmasse. Es handele sich um eine dem Verfahren immanente Haftungsbeschränkung. Für diese sei maßgeblich, dass der Verwalter nicht befugt sei, den Schuldner persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen zu verpflichten, weil seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen beschränkt sei (BGH-Teilurteil in NJW 2010, 69, Rz 12).

23

Der BGH verweist dabei auf eine frühere Entscheidung, in der er eine entsprechende Beschränkung der Inanspruchnahme auch für die Zeit nach Beendigung der (Zwangs-)Verwaltung bejaht hat, nachdem also das Verwaltungs- und Verfügungsrecht wieder auf den Vermögensinhaber übergegangen ist (BGH-Urteil vom 25. November 1954 IV ZR 81/54, NJW 1955, 339). Der BGH führte in diesem Zusammenhang aus, es sei zunächst für den Konkursverwalter ausgesprochen worden, dass der Vermögensinhaber für die von ihm Dritten gegenüber begründeten rechtsgeschäftlichen Verbindlichkeiten nur mit dem mit Beschlag belegten Vermögen hafte und dass er mit seinem verwaltungsfreien Vermögen für diese Schulden nicht einstehen müsse. Das folge daraus, dass das Verwaltungsrecht des Konkursverwalters auf das dem Konkursbeschlag unterworfene Vermögen beschränkt sei. Es handele sich um einen allgemeinen Grundsatz des deutschen Rechts, der in verschiedenen Bestimmungen des Gesetzes seinen Ausdruck gefunden habe (wird unter 2.c) der Entscheidungsgründe ausgeführt).

24

Auch das insolvenzrechtliche Schrifttum geht ganz überwiegend davon aus, dass sich eine Haftung des Insolvenzschuldners für Ansprüche, die erst während des Insolvenzverfahrens als Masseansprüche begründet und nicht aus der Masse gezahlt worden sind, auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nur auf Massegegenstände beschränkt, die als Überschuss dem Schuldner zurückgegeben werden (§ 199 Satz 1 InsO), oder auf Gegenstände, die der Insolvenzverwalter als unverwertbar freigegeben hat (§ 197 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 InsO). Denn --so auch hier die Begründung-- die Tätigkeit des Verwalters beschränke sich ausschließlich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen; eine Haftung des gesamten Vermögens des Schuldners nach Beendigung des Insolvenzverfahrens könne daher durch das Handeln des Verwalters nicht begründet werden (s. z.B. MünchKommInsO-Hintzen § 201 Rz 16, und MünchKommInsO-Hefermehl § 53 Rz 34a). Dafür fehle es an einer rechtlichen Grundlage (so Meller-Hannich in Jaeger, InsO, § 201 Rz 8). Die Beschränkung der Schuldnerhaftung auf die Restmasse sei für die Massegläubiger auch nicht unzumutbar, weil der Insolvenzverwalter nach § 61 InsO für die Erfüllung dieser Masseverbindlichkeiten hafte (so Uhlenbruck/Wegener, a.a.O., § 201 Rz 17, unter Hinweis auf BGH-Urteil vom 6. Mai 2004 IX ZR 48/03, BGHZ 159, 104, ZIP 2004, 1107).

25

Dagegen befürwortet ein Teil des Schrifttums eine uneingeschränkte Haftung des Insolvenzschuldners für Masseverbindlichkeiten, insbesondere auch für Steuerforderungen (HambKommInsO-Herchen, a.a.O., § 201 Rz 6 f.; Runkel/ Schnurbusch, Rechtsfolgen der Masseunzulänglichkeit, NZI 2000, 49; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 4. Aufl. 2007, Rz 25.30 f.). Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass es im Geltungsbereich der InsO (und der Konkursordnung) an Vorschriften fehle, die der Konzeption der §§ 1967 ff. bzw. 1993 ff., 1975 ff. BGB entsprächen; soweit aber solche Regelungen nicht existierten, müsse das gesamte Vermögen einer Person ihren Gläubigern haften (so Runkel/Schnurbusch, NZI 2000, 49, 56 f.).

26

c) Unabhängig davon, ob man der Auffassung des BGH und der herrschenden Ansicht im insolvenzrechtlichen Schrifttum grundsätzlich folgen mag, gilt eine auf § 80 Abs. 1 InsO gestützte Einrede der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners jedenfalls nicht in Bezug auf die hier streitigen Steuerschulden für die Zeit nach Beendigung des Insolvenzverfahrens.

27

aa) Der erkennende Senat hat zunächst Zweifel, ob die im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung begründete Einrede der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners für die Zeit nach Beendigung des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens noch Bestand haben kann, nachdem zum 1. Januar 1999 die InsO in Kraft getreten ist. Denn eine solche Einrede ist in der InsO nicht kodifiziert worden. Dies hätte aber in Anbetracht der weitreichenden Folgen einer solchen Einrede nahegelegen, und zwar umso mehr, als sie im Ergebnis einer in § 301 InsO gerade nicht vorgesehenen Ausdehnung der Wirkung der Restschuldbefreiungen auf Masseverbindlichkeiten gleichkommt.

28

In seinem Teilurteil vom 24. September 2009 in NJW 2010, 69, Rz 12 hat sich der BGH tatsächlich auch nur zu einer Haftungsbeschränkung während des Insolvenzverfahrens geäußert, auch wenn er sich dabei gleichwohl --ohne jede Einschränkung-- auf die frühere BGH-Rechtsprechung bezieht.

29

bb) Doch braucht diese Frage im Hinblick auf die hier streitigen Steuerschulden nicht entschieden zu werden.

30

Der Steuerpflichtige ist als Subjekt der Einkommensteuer (§ 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) grundsätzlich zugleich auch Steuerschuldner (vgl. § 36 Abs. 4 Satz 1 EStG). Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ändert daran nichts. Das öffentlich-rechtliche Steuerschuldverhältnis gegenüber dem Steuerpflichtigen bleibt bestehen (vgl. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 251 AO, Rz 41, m.w.N.; ebenso Uhländer in: Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 11. Aufl. 2015, S. 645 f.).

31

Die Einkommensteuerschuld des Steuerpflichtigen entsteht kraft Gesetzes durch Verwirklichung des maßgeblichen Tatbestands (§ 38 AO), nicht dadurch, dass der Insolvenzverwalter den insolventen Steuerpflichtigen aufgrund seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO zur Zahlung der Steuer verpflichtet. Lediglich mittelbar knüpft die Steuer an die Handlungen des Insolvenzverwalters an, soweit diese zu Einkünften i.S. der §§ 2 ff. EStG führen, die dem Steuerpflichtigen nach den allgemeinen einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen zuzurechnen sind. Daher kann es hinsichtlich der Frage, mit welchem Vermögen der Steuerpflichtige nach Abschluss des Insolvenzverfahrens für die noch bestehenden Steuerschulden einstehen muss, nicht auf die Reichweite der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse des Insolvenzverwalters ankommen.

32

cc) Eine solche Differenzierung legt im Grunde auch schon die Rechtsprechung des BGH nahe. Denn auch der BGH unterscheidet in dem oben genannten Urteil (BGH-Teilurteil in NJW 2010, 69, Rz 19 ff.) zwischen Verbindlichkeiten, die nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 InsO durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters begründet werden, und solchen, die den Schuldner unmittelbar aufgrund gesetzlicher Regelungen treffen.

33

So hat der BGH zwar entschieden, dass der Insolvenzschuldner auch für die Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) nicht mit seinem Privatvermögen haftet. Der Grund hierfür liegt aber nach Auffassung des BGH nicht in der nur beschränkten Verwaltungs- und Verfügungsmacht des Insolvenzverwalters nach § 80 Abs. 1 InsO. Denn die Kosten unterschieden sich --so der BGH-- von den in § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 InsO genannten Verbindlichkeiten schon dadurch, dass sie nicht erst durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters begründet werden. Ihre Grundlage hätten sie vielmehr bereits in der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 58 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes, § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 1 Abs. 1 der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung). Dass der Insolvenzschuldner gleichwohl nicht mit seinem Privatvermögen hafte, beruhe allein darauf, dass die Kosten des Insolvenzverfahrens nach den einschlägigen insolvenzrechtlichen Bestimmungen darauf angelegt seien, allein aus der Masse des insolventen Rechtsträgers beglichen zu werden (BGH-Teilurteil in NJW 2010, 69, Rz 21, m.w.N.). Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 InsO weise das Insolvenzgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen werde, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Nach § 207 Abs. 1 Satz 1 InsO sei das Verfahren einzustellen, wenn sich nach Verfahrenseröffnung herausstelle, dass die Insolvenzmasse nicht ausreiche, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Nach diesen Vorschriften sei also die Deckung der Verfahrenskosten aus der Masse grundsätzlich Voraussetzung für die Durchführung eines Insolvenzverfahrens (s.a. BGH-Beschluss vom 16. Juli 2009 IX ZB 221/08, ZIP 2009, 1591, Rz 9).

34

Entsprechende Regelungen für die Einkommensteuer, denen zufolge die Deckung der als Masseverbindlichkeiten entstehenden Steuerschulden Voraussetzung für die Durchführung eines Insolvenzverfahrens ist, gibt es in der InsO nicht.

35

dd) Es gibt auch im Übrigen keine gesetzlichen Regelungen, nach denen die Steuerschuld auf das ehemals zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des Steuerpflichtigen nach Abschluss des Insolvenzverfahrens beschränkt ist. Auch aus § 201 InsO lässt sich eine solche Beschränkung nicht herleiten.

36

ee) Dass sich eine Einrede der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners nicht auf die hier streitigen Steuerschulden erstrecken kann, erscheint auch insoweit sachgerecht und konsequent, als die BGH-Rechtsprechung den Begriff "Rechtshandlung" in § 61 InsO eng auslegt mit der Folge, dass ein Insolvenzverwalter, der es unterlässt, Steuern an das Finanzamt abzuführen, die durch die Verwertung von Masse als Masseverbindlichkeiten entstanden sind, hierfür nicht persönlich haftet (BGH-Beschluss in ZIP 2010, 2252, unter Berufung auf BGH-Urteil vom 2. Dezember 2004 IX ZR 142/03, BGHZ 161, 236, ZIP 2005, 131; s.a. Lüke in Kübler/Prütting/Bork, a.a.O., § 61 Rz 4d; MünchKommInsO-Schoppmeyer, a.a.O., § 61 Rz 11).

37

d) Aus dem Umstand, dass sich der IV. Senat des BFH der Rechtsprechung des BGH angeschlossen hat (BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, Rz 27 ff.), ergibt sich nichts anderes.

38

Zwar führt auch der IV. Senat des BFH in seinem Urteil aus, die Rechtsmacht des Verwalters, mit Wirkung für und gegen den Schuldner zu handeln, sei gegenständlich nach § 80 Abs. 1 InsO auf die Insolvenzmasse beschränkt; er könne ausschließlich Masseverbindlichkeiten begründen, nicht hingegen den Schuldner persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen verpflichten (BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, Rz 30). Doch geht es in dem vom IV. Senat des BFH entschiedenen Fall allein um die Frage, ob die Einkommensteuer auf Veräußerungsgewinne, die der Insolvenzverwalter durch Verwertung der zur Insolvenzmasse gehörenden Wirtschaftsgüter erzielt hat, in voller Höhe als sonstige Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu qualifizieren und gegenüber dem Insolvenzverwalter als Bekanntgabeadressat geltend zu machen ist. Dabei beziehen sich die Ausführungen des IV. Senats des BFH --ebenso wie die des BGH-Teilurteils in NJW 2010, 69-- auf ein noch nicht abgeschlossenes Insolvenzverfahren. Zu der Frage, welche Konsequenzen sich aus der Rechtsprechung des BGH in Bezug auf die sog. Nachhaftung des ehemaligen Insolvenzschuldners für die als Masseverbindlichkeiten entstandene Steuerschulden nach Abschluss des Insolvenzverfahrens ergeben, äußert sich der IV. Senat nicht.

39

Das gilt auch für die von der Revision angeführten Entscheidungen des X. Senats des BFH (BFH-Urteil in BFHE 252, 482, BStBl II 2016, 852, und BFH-Beschluss in BFH/NV 2015, 470).

40

5. In Anbetracht dieses Ergebnisses kann dahingestellt bleiben, ob die streitigen Steuerschulden des Klägers aus Einkommensteuer für 2008 --wie vom FG festgestellt-- insgesamt als Masseverbindlichkeiten i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO anzusehen (vgl. dazu im Einzelnen BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, m.w.N.) oder teilweise --wie vom FA mit der Revision vorgetragen-- dem insolvenzfreien Bereich des Klägers zuzuordnen sind (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 2015 VII R 27/14, BFHE 248, 518, BStBl II 2015, 993; s. allgemein auch Paul in Graf-Schlicker, InsO § 55 Rz 19 ff.; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 251 AO Rz 72). Denn auch dann, wenn bzw. soweit es sich um Masseverbindlichkeiten gehandelt hat, war die Aufrechnung --wie dargelegt-- zulässig.

41

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem nur vollstreckt werden, soweit die Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung nicht ausgesetzt ist (Artikel 108 Absatz 3 des Zollkodex der Union).

(2) Unberührt bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung sowie § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Die Finanzbehörde ist berechtigt, in den Fällen des § 201 Abs. 2, §§ 257 und 308 Abs. 1 der Insolvenzordnung sowie des § 71 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes gegen den Schuldner im Verwaltungswege zu vollstrecken.

(3) Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt fest.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war alleiniger Anteilseigner und Vorstand der … AG. Wegen Umsatzsteuer und Säumniszuschlägen, die die AG dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) schuldete, nahm das FA den Kläger mit Bescheid vom 28. Februar 2007 in Haftung.

2

In dem über das Vermögen der AG eröffneten Insolvenzverfahren stimmte das FA am 14. Juni 2007 dem inzwischen rechtskräftigen Insolvenzplan zu, wonach die Gläubiger mit einer Quote von 0,5 % ihrer Forderungen befriedigt werden sollten.

3

Einspruch und Klage gegen den Haftungsbescheid blieben bis auf geringfügige Reduzierungen der Haftungssumme erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 905 veröffentlicht.

4

Der Kläger begründet seine Revision damit, dass der Haftungsbescheid angesichts der Zustimmung des FA zum Insolvenzplan gegen Treu und Glauben verstoße. Durch die Inanspruchnahme werde die mit dem Insolvenzplan verfolgte Sanierung des Unternehmens unmöglich gemacht. Denn bei der Insolvenzschuldnerin handele es sich zwar rechtlich um eine AG, tatsächlich aber um ein kleines Einzelunternehmen, das entscheidend von seiner Person abhänge, weil er nicht nur alleiniger Gesellschafter und Vorstand, sondern darüber hinaus als Ingenieur auch die tragende Kraft des Unternehmens sei. Mit seiner Inanspruchnahme werde letztlich vernichtend auf die AG zugegriffen, was durch den Insolvenzplan gerade habe verhindert werden sollen. Der sog. Regresssperre des § 254 Abs. 2 Satz 2 der Insolvenzordnung (InsO) liege der allgemeine Rechtsgedanke zugrunde, dass von der Inanspruchnahme Dritter --hier des Klägers-- keine negativen Auswirkungen auf Durchführung und Verwirklichung des Insolvenzplans ausgehen solle. Damit, aber auch mit der Zustimmung des FA zum Insolvenzplan, sei in der besonderen Gestaltung des Falles die Inanspruchnahme des Alleingesellschafters unvereinbar - ein krasser Fall des venire contra factum proprium.

5

Der Kläger beantragt, das FG-Urteil und die Verwaltungsentscheidungen aufzuheben.

6

Das FA schließt sich dem FG-Urteil an und beantragt, die Revision zurückzuweisen. Der insolvenzrechtlich begründete Teilerlass der planunterworfenen Steuerforderung sei einer auch dem weiteren Gesamtschuldner zugutekommenden Erfüllung der Steuerschuld i.S. des § 44 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) nicht gleichzusetzen. Auch aus § 254 Abs. 2 Satz 1 InsO ergebe sich, dass der Insolvenzplan keinen Einfluss auf die Haftung des Klägers habe.

7

Ergänzend betont das FA, der Kläger müsse sich an der von ihm gewählten Rechtsform für das Unternehmen festhalten lassen. Es habe sich mit seiner Zustimmung zum Insolvenzplan für die AG nicht zugleich verpflichtet, auf den Haftungsanspruch gegen den Kläger zu verzichten. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen, da im Verhältnis zum Haftungsschuldner kein Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei. Im Übrigen sei eine Privilegierung des Haftungsschuldners bei verschuldensabhängiger Haftung --wie im Streitfall nach §§ 69, 34 AO-- dem Gesetz fremd.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

9

Das Urteil des FG entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).

10

1. Es ist nicht streitig und auch nicht zweifelhaft, dass der Kläger die Haftungsvoraussetzungen der §§ 69, 34 AO dem Grunde und der Höhe nach erfüllt.

11

2. Entgegen der Auffassung des Klägers steht seiner Inanspruchnahme als Haftungsschuldner auch nicht entgegen, dass das FA dem Insolvenzplan für die AG zugestimmt hat.

12

a) Nach § 254 Abs. 1 InsO treten mit Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen für und gegen alle Beteiligten ein. Im Streitfall sollen die Gläubiger mit einer Quote von 0,5 % befriedigt werden. Der damit vereinbarte Erlass von 99,5 % der Forderung des FA wirkt nur zwischen den Planbeteiligten. Ausdrücklich bestimmt § 254 Abs. 2 Satz 1 InsO, dass die Rechte der Insolvenzgläubiger gegen Mitschuldner durch den Plan nicht berührt werden. Das entspricht der früheren Rechtslage nach § 82 Abs. 2 der Vergleichsordnung und § 193 Satz 2 der Konkursordnung (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 19. Mai 2011 IX ZR 222/08, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2011, 1380).

13

b) Die mit dem Insolvenzplan bewirkte (teilweise) Befreiung der Schuldnerin von ihrer Steuerschuld führt nicht zu einem Erlöschen der Steuerforderung i.S. des § 47 AO (BGH-Urteil in HFR 2011, 1380). Sie berührt nicht den Bestand der Forderungen als solchen, sondern nur deren Durchsetzbarkeit. Sie ist kein "Erlass" und steht deshalb der Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners nicht nach § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AO entgegen. Denn diese Vorschrift will verhindern, dass ein dem Steuerschuldner gewährter Erlass dadurch wirtschaftlich zunichte gemacht wird, dass der an seiner Stelle in Anspruch genommene Haftungsschuldner bei jenem Regress nimmt. Diese Gefahr besteht im Allgemeinen nicht, wenn über das Vermögen des Steuerschuldners ein Insolvenzverfahren anhängig ist oder gewesen ist.

14

c) Entgegen der Auffassung des Klägers gebieten auch die von ihm hervorgehobenen "Besonderheiten des Sachverhalts" nicht, ihn von der Haftung für die Steuer- und Abgabenschulden der AG freizustellen.

15

aa) Aus dem Gebot der Einheit der Rechtsordnung kann der Kläger nicht ableiten, dass das FA von seiner Haftungsinanspruchnahme absehen müsse, wenn es mit der Zustimmung zum Insolvenzplan dem mit dieser insolvenzrechtlichen Gestaltungsmöglichkeit verfolgten Ziel der Unternehmenssanierung Rechnung trägt. Einen eine Auflösung gebietenden Wertungswiderspruch zwischen dem die Insolvenzordnung prägenden Schuldnerschutz und den Haftungsvorschriften der Abgabenordnung gibt es nicht. Denn die Insolvenzordnung beschränkt --wie oben schon dargestellt-- die Rechtswirkungen des Insolvenzplans ausdrücklich auf die Planbeteiligten und lässt die anderweitig geregelte Inanspruchnahme der Mitschuldner --zu denen die Haftungsschuldner zählen-- ausdrücklich unberührt (§ 254 Abs. 2 Satz 1 InsO). Wie aus der sog. Regresssperre des § 254 Abs. 2 Satz 2 InsO, die ausdrücklich den Schuldner schützt, ein allgemeiner Rechtsgedanke abzuleiten sein könnte, jedwede Inanspruchnahme Dritter sei zu unterlassen, die negative Auswirkungen auf die Durchführung des Insolvenzplans haben könnte, erschließt sich dem Senat nicht.

16

bb) Auch mit einem auf den Grundsatz von Treu und Glauben gestützten Anspruch auf Schutz seines Vertrauens in den im Insolvenzplan vereinbarten Teilerlass des FA kann der Kläger die Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheids nicht begründen. Abgesehen von den vom FA und FG dagegen vorgebrachten Argumenten ist ein solches Vertrauen bei einem wegen schuldhafter Verletzung seiner steuerlichen Pflichten als gesetzlicher Vertreter nach §§ 69, 34 AO Haftenden angesichts der eindeutigen Rechtslage (§ 254 Abs. 2 Satz 1 InsO) grundsätzlich nicht schützenswert.

17

cc) Besonderheiten des Einzelfalles sind regelmäßig im Rahmen der vom FA zu treffenden Ermessensentscheidung über die Haftungsinanspruchnahme gemäß § 191 Abs. 1 AO --ggf. noch in der Einspruchsentscheidung-- zu berücksichtigen. Die gerichtliche Prüfung dieser Ermessensentscheidung ist gemäß § 102 Satz 1 FGO darauf beschränkt, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.

18

In Rechtsprechung und Schrifttum ist anerkannt, dass die Ermessensentscheidung fehlerhaft ist, wenn die Behörde bei ihrer Entscheidung Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art, die nach Sinn und Zweck der Ermessensvorschrift zu berücksichtigen wären, außer Acht lässt. Merkmale des Haftungstatbestandes ebenso wie außertatbestandliche Gesichtspunkte müssen demnach bei der Ermessensentscheidung nach § 191 Abs. 1 AO nur dann berücksichtigt werden, wenn sie nach Sinn und Zweck der Ermessensvorschrift für die Ermessensausübung von Bedeutung sind (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 1996 VII R 53/96, BFH/NV 1997, 386, m.w.N.).

19

Unter Beachtung dieser Grundsätze hat das FG die Entscheidung des FA nicht beanstandet, obwohl dieses den vom Kläger behaupteten negativen Auswirkungen der Haftungsinanspruchnahme auf die Sanierung der AG keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat. Der Senat kann offenlassen, inwieweit solche Auswirkungen bei der Entscheidung über die verschuldensabhängige Haftung nach §§ 69, 34 AO überhaupt beachtlich sein können. Denn weder dem Vorbringen des Klägers noch den Feststellungen des FG ist zu entnehmen, dass das FA die vom Kläger hervorgehobenen besonderen Umstände des Sachverhalts --dass der Kläger faktisch ein Einzelunternehmen geführt habe und seine Haftungsinanspruchnahme deshalb die mit dem Insolvenzplan beabsichtigte Sanierung der AG vereitele-- nicht erkannt hat. Aus den Erwägungen des FA wird vielmehr deutlich, dass ihm die faktischen Auswirkungen der Inanspruchnahme des Klägers auf die Sanierung der AG sehr wohl bewusst waren. Auch hat der Senat keine Zweifel, dass die Entscheidung, gleichwohl an der Haftungsinanspruchnahme festzuhalten, nicht als venire contra factum proprium zu beanstanden ist, sondern auf sachgerechten und plausiblen Erwägungen beruht. Wie sich aus der Einspruchsentscheidung und ergänzend dem Beklagtenvorbringen vor dem FG sinngemäß entnehmen lässt, argumentiert das FA zutreffend, dass es allein in der Gestaltungsfreiheit des Klägers gelegen habe, sein Unternehmen als AG und damit als eigenständige Rechtsperson --auch hinsichtlich der Rechtswirkungen eines Insolvenzplans-- zu führen. Der Kläger kann nicht einerseits den Vorteil der sich aus der Rechtsform der AG ergebenden Haftungsbeschränkung in Anspruch nehmen, gleichwohl andererseits insolvenzrechtlich wie der persönlich haftende Gesellschafter einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit (§ 227 Abs. 2 InsO) von der Schuldbefreiung seiner Gesellschaft durch den Insolvenzplan profitieren wollen. Ein korrekturbedürftiger Ermessensfehler des FA ist darin nicht zu erkennen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 10. April 2013  3 K 2990/10 aufgehoben und der Abrechnungsbescheid des Finanzamts vom 11. August 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. August 2010 dahin geändert, dass der Klägerin ein Erstattungsbetrag gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung in Höhe von 18.146,31 € zusteht.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat das Finanzamt zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Vater der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war Kommanditist eines geschlossenen Immobilienfonds und erzielte hierdurch Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er verstarb am 17. November 2002. Zuvor hatte er aufgrund von Verlustzuweisungen ein negatives Kapitalkonto aufgebaut.

2

Auf Antrag der Erben, zu denen auch die Klägerin gehört, ordnete das Nachlassgericht mit Beschluss vom 16. Januar 2003 die Nachlassverwaltung an und bestellte einen Nachlassverwalter. Der Nachlassverwalter kündigte die Kommanditbeteiligung am 15. Februar 2003 zum 31. Dezember 2004, dem frühestmöglichen Zeitpunkt. Dem Nachlass flossen durch die Kündigung keine Mittel zu. Der Fonds setzte seine Forderungen auf Rückzahlung von Ausschüttungen nicht durch, da das Nachlassvermögen nach Abzug der Kosten für die Nachlassverwaltung 0 € betrug.

3

Das für den Fonds zuständige Finanzamt ermittelte in dem bestandskräftigen Gewinnfeststellungsbescheid für das Jahr 2004 einen anteiligen Veräußerungsgewinn der Klägerin in Höhe von 35.710,60 €, der aus der Auflösung des negativen Kapitalkontos stammt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Einkommensteuer für das Jahr 2004 gegenüber der Klägerin unter nachträglicher Berücksichtigung dieses Veräußerungsgewinns fest. Der Bescheid ist bestandskräftig und führte zu einer Einkommensteuernachzahlung einschließlich Solidaritätszuschlag und Zinsen in Höhe von 18.146,31 €.

4

Nachdem die Klägerin mit ihrem Hinweis auf die beschränkte Erbenhaftung gemäß § 1975 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) keinen Erfolg hatte, zahlte sie die auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuerbeträge, um weitere Vollstreckungsmaßnahmen zu vermeiden. Einspruch und Klage gegen den Abrechnungsbescheid des FA vom 11. August 2009, der hinsichtlich der auf den Veräußerungsgewinn gezahlten Steuerbeträge keinen Erstattungsanspruch der Klägerin auswies, blieben erfolglos.

5

Das Finanzgericht (FG) urteilte, der Klägerin stehe der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zu, da sie sich trotz der Nachlassverwaltung nicht auf die dauernde Einrede der beschränkten Erbenhaftung berufen könne. Auch diejenigen Steuerbeträge, die auf den Veräußerungsgewinn entfielen, seien keine Nachlassverbindlichkeiten i.S. des § 45 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. §§ 1975, 1967 Abs. 2 BGB (Erblasser- oder Erbfallschulden), sondern Eigenschulden der Erben. Trotz Anordnung der Nachlassverwaltung verwirklichten die Erben selbst den Tatbestand der Einkünfteerzielung. Auch unter Berücksichtigung des Senatsurteils vom 11. August 1998 VII R 118/95 (BFHE 186, 328, BStBl II 1998, 705) komme im Streitfall keine Ausnahme in Betracht. Denn das Kündigungsrecht habe allein den Miterben zugestanden, die sich die Kündigung durch den Nachlassverwalter, d.h. die Rechtshandlung, die den steuerpflichtigen Gewinn ausgelöst habe, materiell zurechnen lassen müssten. Im Übrigen führe auch eine Qualifizierung als sog. Nachlasserbenschuld zu keinem günstigeren Ergebnis. Denn für eine solche Schuld hafte sowohl der Nachlass als auch das Eigenvermögen der Erben (doppelter Haftungsgrund). Die streitigen Rechtsfolgen hätten nur durch eine Ausschlagung der Erbschaft nach §§ 1942 ff. BGB vermieden werden können. Die Gründe sind in Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 1357 veröffentlicht.

6

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, sie sei zwar Steuerschuldnerin geworden, könne sich aber hinsichtlich der streitigen Beträge auf die dauerhafte Einrede einer beschränkten Erbenhaftung gemäß § 1975 BGB berufen. Dies führe zu einem Erstattungsanspruch gemäß § 37 AO.

7

Die auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuerbeträge seien als Nachlassverbindlichkeit i.S. des § 1975 BGB einzuordnen. Der wesentliche Entstehungstatbestand liege in der Sphäre des Erblassers, der die Verlustzuweisungen, die zu dem negativen Kapitalkonto geführt hätten, genutzt und anschließend bewusst entschieden habe, die Beteiligung weiter zu halten und die Besteuerung hinauszuschieben. Die spätere Kündigung sei lediglich als formaler Akt anzusehen, auf den sie, die Klägerin, aufgrund der Nachlassverwaltung keinen Einfluss gehabt habe. Deshalb sei sie auch nicht als Mitunternehmerin anzusehen. Im Übrigen sei sie zum Zeitpunkt der Veräußerung noch nicht im Handelsregister eingetragen gewesen und habe aus der völlig wertlosen Beteiligung keinerlei Vorteile gezogen.

8

Darüber hinaus könne sie nicht auf die Möglichkeit der Ausschlagung der Erbschaft verwiesen werden. Die Ausschlagung sei nur binnen einer Frist von sechs Wochen möglich. Mit § 1975 BGB habe der Gesetzgeber dagegen einen ausgewogenen und gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der Erben sowie den Interessen der Eigengläubiger der Erben und der Nachlassgläubiger geschaffen. Diese Vorschrift habe nicht dazu führen sollen, dass der Fiskus im Vergleich zur Situation ohne Erbfall eine zusätzliche Haftungsgrundlage erhalte. Schließlich widerspreche es der Rechtssicherheit und dem Vertrauensschutz, wenn sie, die Klägerin, sich nicht auf § 1975 BGB berufen könne.

9

Das FA folgt der Begründung des FG und verweist auf seine Ausführungen im Klageverfahren. Die streitigen Steuerschulden seien keine Nachlassverbindlichkeiten i.S. des § 1975 BGB, sondern Nachlasserbenschulden, für welche die Klägerin auch mit ihrem eigenen Vermögen hafte. Die Klägerin könne sich nicht auf hypothetische Geschehensabläufe (Ausschlagung der Erbschaft oder Verkauf der Beteiligung durch den Erblasser) berufen. Maßgebend sei allein der tatsächliche Geschehensablauf.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des FG wird aufgehoben und der Abrechnungsbescheid vom 11. August 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. August 2010 dahin geändert, dass der Klägerin ein Erstattungsbetrag gemäß § 37 Abs. 2 AO in Höhe von 18.146,31 € zusteht (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

11

Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Soweit das FA einen Erstattungsanspruch in Höhe von 18.146,31 € abgelehnt hat, ist der angefochtene Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO) rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der Abrechnungsbescheid war entsprechend zu ändern (§ 100 Abs. 2 Satz 1 FGO).

12

1. Das FG ist für die streitigen Steuerbeträge, die durch den Veräußerungsgewinn i.S. des § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG) infolge der Kündigung der Kommanditbeteiligung ausgelöst worden sind, zutreffend von einer eigenen Steuerschuld der Klägerin ausgegangen.

13

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (vgl. Senatsurteil in BFHE 186, 328, BStBl II 1998, 705, m.w.N.) sind einkommensteuerrechtliche Ansprüche des Finanzamts, die infolge der Veräußerung eines zum Nachlass des Erblassers gehörenden Gegenstands entstehen oder aus Erträgen des Nachlassvermögens resultieren, gegen den Erben und nicht gegen den Nachlass zu richten. Nach dem Tod des Erblassers verwirklichen allein die Erben den Tatbestand der Einkünfteerzielung. Der Nachlass ist weder Einkommensteuer- noch Körperschaftsteuersubjekt. Dies gilt trotz der Verwaltungs- und Verfügungsbeschränkung gemäß § 1984 Abs. 1 BGB auch im Fall der Anordnung einer Nachlassverwaltung (vgl. auch Musil in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 2 EStG Rz 340 "Nachlassverwalter"; Reiß in Kirchhof, EStG, 14. Aufl. 2015, § 15 Rz 154).

14

Im Übrigen sind im Streitfall sowohl der Gewinnfeststellungsbescheid als auch die Steuerbescheide für das Jahr 2004 bestandskräftig.

15

2. Macht ein Erbe gegenüber einer solchen Steuerschuld im Erhebungsverfahren geltend, sie sei wegen der Anordnung einer Nachlassverwaltung gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 AO i.V.m. § 1975 BGB nur aus dem Nachlass zu begleichen, kann er nicht nur die gegen ihn gerichteten Vollstreckungsakte angreifen (so die Verfahrenskonstellation im Senatsurteil in BFHE 186, 328, BStBl II 1998, 705), sondern auch --wie im Streitfall-- die Steuerschuld (unter Protest) begleichen und anschließend einen Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO geltend machen. Das FG hat insofern zutreffend festgestellt, dass im Fall der Geltendmachung der dauerhaften Einrede des § 1975 BGB die Steuer ohne rechtlichen Grund i.S. des § 37 Abs. 2 AO gezahlt wird (vgl. bereits Senatsurteil vom 28. April 1992 VII R 33/91, BFHE 168, 206, BStBl II 1992, 781, das hierzu aber noch keine abschließende Aussage getroffen hat). Über den Erstattungsanspruch ist durch Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO) zu entscheiden.

16

Einwendungen, die sich gegen die Steuerfestsetzung selbst richten, können im Erhebungsverfahren allerdings nicht mehr vorgebracht werden (Senatsurteil in BFHE 168, 206, BStBl II 1992, 781). Hierzu zählt insbesondere der Einwand der Klägerin, sie sei wegen der Nachlassverwaltung nicht als Mitunternehmerin i.S. des § 16 EStG anzusehen.

17

3. Entgegen der Auffassung des FG liegen im Streitfall die Voraussetzungen einer dauerhaften Einrede gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 AO i.V.m. § 1975 BGB vor, so dass der Klägerin der geltend gemachte Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO zusteht.

18

a) Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 AO haben Erben für die aus dem Nachlass zu entrichtenden Schulden nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten einzustehen. Dies ist als Rechtsgrundverweisung auf die zivilrechtlichen Vorschriften zu verstehen, die trotz des Wortlauts "aus dem Nachlass zu entrichtende Schulden" auch dann gilt, wenn der Erbe die Steuer selbst schuldet.

19

b) Der Senat weicht insofern von seiner Rechtsprechung in BFHE 168, 206, BStBl II 1992, 781 ab, die auch im Fall einer Nachlassverwaltung allenfalls von einer Nachlasserbenschuld, d.h. einer Doppelstellung als Nachlassverbindlichkeit und als Eigenschuld des Erben, ausgegangen ist und hierfür maßgeblich darauf abgestellt hat, dass nach dem Tod des Erblassers allein der Erbe den einkommensteuerlichen Tatbestand der Einkünfteerzielung verwirklicht (so weiterhin Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 45 AO Rz 27).

20

Die hieran geäußerte Kritik hat der Senat bereits in seinem Urteil in BFHE 186, 328, BStBl II 1998, 705 aufgegriffen und statt der zwangsläufigen Anknüpfung an das steuerrechtliche Eigenschuldkonzept eine erbrechtliche Beurteilung nach materiellen Zurechnungsgesichtspunkten in Erwägung gezogen. Letztlich musste der Senat in jenem Fall aber keine abschließende Entscheidung treffen, da nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt weder die Erben noch der Nachlassverwalter Einfluss auf die Entstehung der Einkommensteuerschuld hatten. Vielmehr waren allein die Handlungen des Erblassers ursächlich. Diese besonderen Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

21

Nach geänderter Auffassung des Senats kommt es für die Anwendung des § 45 Abs. 2 Satz 1 AO i.V.m. § 1975 BGB allein darauf an, ob zivilrechtlich eine Nachlassverbindlichkeit vorliegt (so auch Koenig in Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 45 Rz 21). Dass der Nachlass als solcher weder Einkommensteuer- noch Körperschaftsteuersubjekt ist, sondern allein der Erbe den steuerrechtlichen Tatbestand der Einkünfteerzielung verwirklichen kann, führt nicht zur Ablehnung einer Nachlassverbindlichkeit. Aus § 45 Abs. 2 Satz 1 AO ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Besserstellung des Fiskus. Vielmehr folgt aus dieser Vorschrift, dass die für den Erben in § 1975 BGB geregelten Schutzmöglichkeiten in vollem Umfang auch gegenüber dem Fiskus gelten müssen. Danach haften Erben zwar auch für Nachlassverbindlichkeiten grundsätzlich unbeschränkt (§ 1967 Abs. 1 BGB). Im Fall der Anordnung der Nachlassverwaltung (Nachlasspflegschaft zum Zweck der Befriedigung der Nachlassgläubiger) ist ihre Haftung für Nachlassverbindlichkeiten allerdings auf den Nachlass beschränkbar (§ 1975 BGB).

22

c) Als Nachlassverbindlichkeit sind gemäß § 1967 Abs. 2 BGB nicht nur die vom Erblasser herrührenden Schulden (Erblasserschulden), sondern auch die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten (Erbfallschulden) anzusehen. Im Streitfall fallen die auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuerbeträge unter die Fallgruppe der Erbfallschulden.

23

Zu den Erbfallschulden gehören zivilrechtlich nicht nur die ausdrücklich in § 1967 Abs. 2 BGB genannten Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen, sondern u.a. auch diejenigen Verbindlichkeiten, die zwar nicht mit dem Erbfall, aber infolge des Erbfalls entstehen. Diese Untergruppe kann als Nachlasskosten- bzw. Nachlassverwaltungsschulden bezeichnet werden (MünchKommBGB/Küpper, 7. Aufl., § 1967 Rz 10a). Sie erfasst unter anderem die durch die Tätigkeit eines Nachlassverwalters verursachten Verbindlichkeiten. Nachlasserbenschulden, die sowohl als Nachlassverbindlichkeit als auch als Eigenschuld des Erben anzusehen sind, setzen dagegen eine eigenhändige Verwaltung des Nachlasses durch den Erben voraus (Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 5. Juli 2013 V ZR 81/12, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2013, 3446; (MünchKommBGB/Küpper, 7. Aufl., § 1967 Rz 12 und 21, jeweils m.w.N.; abweichend noch BGH-Urteil vom 4. November 2011 V ZR 82/11, NJW 2012, 316, wonach es im Fall einer Testamentsvollstreckung zu Nachlasserbenschulden kommt).

24

Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hat im Streitfall der Nachlassverwalter die Kommanditbeteiligung gekündigt und damit die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Einkommensteuerschuld ausgelöst. Unabhängig davon, ob er dazu trotz der grundsätzlichen Einschränkung der Verwaltungsbefugnis im Rahmen der Beteiligung an Personengesellschaften (BGH-Urteil vom 30. März 1967 II ZR 102/65, BGHZ 47, 293) gemäß § 1985 BGB i.V.m. einer analogen Anwendung des § 725 BGB befugt war (vgl. hierzu Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. November 1992  15 W 129/92, Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen 1993, 147; (MünchKommBGB/Küpper, 7. Aufl., § 1985 Rz 6; Marotzke in Staudinger, § 1985 BGB Rz 21, jeweils m.w.N.), kommt somit keine Nachlasserbenschuld in Betracht. Die durch den Nachlassverwalter ausgesprochene Kündigung führt vielmehr zu einer Erbfallschuld in Form einer Nachlassverwaltungsschuld. Für diese (reine) Nachlassverbindlichkeit kann sich die Klägerin auf die Beschränkung der Erbenhaftung gemäß § 1975 BGB berufen.

25

d) Die geänderte Auffassung des Senats deckt sich mit der Rechtsprechung des X. Senats, der im Fall der Testamentsvollstreckung ebenfalls von einer Erbfallschuld ausgeht (allerdings nur bezogen auf § 24 Nr. 2 EStG, vgl. BFH-Urteil vom 24. Januar 1996 X R 14/94, BFHE 179, 406, BStBl II 1996, 287). Eine Abweichung von dem Urteil des II. Senats vom 4. Juli 2012 II R 15/11 (BFHE 238, 233, BStBl II 2012, 790) liegt nicht vor, da es dort um die Auslegung des § 10 Abs. 5 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes ging und darüber hinaus keine Nachlassverwaltung angeordnet war.

26

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) In den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, ist die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.

(2) Gegenstand der Anfechtungsklage nach einem Vorverfahren ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat.

Tenor

Der Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 20. November 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Juni 2010 wird dahin geändert, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit Ausnahme der Steuererstattungszinsen gemäß § 233a der Abgabenordnung zu den Umsatzsteuerfestsetzungen für 1999 bis 2002 (35.522 Euro) als außerordentliche Einkünfte i. S. von § 34 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung besteuert werden. Die danach festzusetzende Steuer ist gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung vom Beklagten zu ermitteln. Das Leistungsgebot wird aufgehoben. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 75 % und der Beklagte zu 25 %.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.


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(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Die Buchführung muß so beschaffen sein, daß sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen.

(2) Der Kaufmann ist verpflichtet, eine mit der Urschrift übereinstimmende Wiedergabe der abgesandten Handelsbriefe (Kopie, Abdruck, Abschrift oder sonstige Wiedergabe des Wortlauts auf einem Schrift-, Bild- oder anderen Datenträger) zurückzubehalten.

Tatbestand

1

A. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hat mit seiner Revision das Urteil der Vorinstanz im Hinblick auf die Bescheide des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) über Körperschaftsteuer 2008 und Gewerbesteuermessbeträgen 2006 bis 2008 sowie über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2004 und des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2004 angefochten. Aus dem unter dem Aktenzeichen I R 59/12 anhängigen Verfahren wurde das Verfahren wegen der Feststellungsbescheide durch Beschluss vom 26. Februar 2014 abgetrennt (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Es wird insoweit unter dem hiesigen Aktenzeichen I R 12/14 weitergeführt und ist allein Gegenstand dieser Entscheidung. Gestritten wird unter den Beteiligten hierbei über die bilanziellen Folgen der Einbuchung einer Gesellschafterforderung im Streitjahr 2004.

2

Der Kläger war Insolvenzverwalter in dem am … Juli 2005 eröffneten und am … November 2012 nach vollzogener Schlussverteilung aufgehobenen Insolvenzverfahren über das Vermögen der B-GmbH. Unternehmensgegenstand der 1992 errichteten B-GmbH war die Erbringung von Dienstleistungen aller Art im Zusammenhang mit der Durchführung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme einschließlich des An- und Verkaufs von bebauten und unbebauten Grundstücken, der Erarbeitung von wirtschaftlichen Nutzungskonzepten für Entwicklungsgebiete sowie deren Umsetzung und die Übernahme der wirtschaftlichen Betreuung von Entwicklungs- und Erschließungsmaßnahmen.

3

Die B-GmbH schloss am 16. Oktober 1992 (mit einem Nachtrag vom 1. Januar 1998) eine Kooperationsvereinbarung mit der D-GmbH, die vom Land X mit der Durchführung der vorstehend genannten städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme betraut worden war. Die B-GmbH sollte die für die Aufgaben der D-GmbH erforderlichen Grundstücke soweit wie möglich auf eigene Rechnung erwerben. Die Planung ging dahin, dass sich die Gesamtkosten der Entwicklungsmaßnahme einschließlich der der B-GmbH zustehenden Vergütung aus der Differenz zwischen Ein- und Verkaufspreis der Grundstücke sowie eventuellen Erlösen aus der Grundstücksbewirtschaftung decken lassen würden. Im Übrigen sollte die B-GmbH die Differenz zwischen Ein- und Verkaufspreis bei den Grundstücksgeschäften unter Abzug der ihr entstandenen Kosten an die D-GmbH abführen. Da die Grundstücksgeschäfte und die Grundstücksbewirtschaftung anders als erwartet verliefen, überstiegen die der B-GmbH entstandenen Aufwendungen die Einnahmen. Daher machte die B-GmbH eine Forderung in Höhe von 44.187.069 € gegen die D-GmbH geltend (Aktivierung in den Bilanzen). Da der (Landes-)Rechnungshof in der Folgezeit Bedenken zum Bestand einer Ausgleichsforderung äußerte, bestritt die D-GmbH den Bestand der Forderung. Die von der B-GmbH erhobene Klage wies das Landgericht (LG) … ab (Urteil vom 24. Februar 2004). Die Berufung war aber erfolgreich (Urteil des Berufungsgerichts vom 18. Juli 2006): Dem Grundgehalt der Kooperationsvereinbarung, durch die sich die D-GmbH der Dienste der B-GmbH gegen bloße Kostenerstattung zur Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben bedient habe, entspreche es, die B-GmbH, die an etwaigen Gewinnen nicht teilnehmen und auch sonst an dem Vertrag nichts verdienen sollte, beim Fehlschlagen dieser gemeinsamen Gewinnerwartung von jeglichen Verlusten freizustellen. Die D-GmbH bekomme dafür die in ihrem Auftrag erworbenen Grundstücke und müsse der B-GmbH sämtliche Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb, der Grundstücksbewirtschaftung und -finanzierung erstatten.

4

Nachdem der Kläger bereits im Oktober 2007 die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärungen der B-GmbH für den Zeitraum 1. Januar 2005 bis zum Ende der werbenden Gesellschaft (27. Juli 2005) abgegeben hatte, reichte er im Oktober 2008 beim FA die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärungen für den aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 11 Abs. 7 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) geltenden dreijährigen Abwicklungszeitraum der B-GmbH (28. Juli 2005 bis 31. Juli 2008), die Jahresabschlüsse zum 31. Dezember 2004 bis 31. Dezember 2007 sowie den Zwischenabschluss zum 31. Juli 2008 ein. Im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2004, der am 11. April 2005 aufgestellt worden war, wurden "zum Verkauf bestimmte Grundstücke" in Höhe von 45.840.880 € aktiviert und die gegenüber der D-GmbH geltend gemachten Forderungen in Höhe von 44.187.069 € aufgrund des Urteils des LG wertberichtigt und damit vollständig abgeschrieben. Dies führte zu einem Jahresfehlbetrag in Höhe von 46.618.630 €. Unter Hinweis auf das Urteil des Berufungsgerichts kam es im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2006 zu einer vollständigen Wertaufholung der zuvor abgeschriebenen Forderung. Dies ergab zum 31. Dezember 2006 einen Jahresüberschuss in Höhe von 74.691.354 €.

5

Das FA folgte den Erklärungen und Abschlüssen und setzte den körperschaftsteuerlichen Gesamtbetrag der Einkünfte des Abwicklungszeitraums vom 28. Juli 2005 bis zum 31. Juli 2008 (78.162.546 €) zum Ende des Abwicklungszeitraums an, wobei es die aufgelaufenen Verluste (72.353.821 €) unter Anwendung von § 8 Abs. 1 KStG 2002 i.V.m. § 10d Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) nur in Höhe von 46.297.528 € berücksichtigte. Darüber hinaus verteilte es den Gewerbeertrag zeitanteilig auf den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juli 2008, wobei die festgestellten Gewerbeverluste nur nach Maßgabe des § 10a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 2002 a.F.) abgezogen wurden. Dementsprechend erließ es u.a. am 19. Dezember 2008 den Körperschaftsteuerbescheid 2008 (festgesetzte Steuer: 4.629.752 €), den Bescheid wegen des Solidaritätszuschlags zur Körperschaftsteuer 2008 sowie den Gewerbesteuermessbescheid 2008 (Gewerbesteuermessbetrag: 220.517 €), am 29. Dezember 2008 den Gewerbesteuermessbescheid für 2006 (Gewerbesteuermessbetrag: 559.770 €) und am 5. Januar 2009 den Gewerbesteuermessbescheid für 2007 (Gewerbesteuermessbetrag: 555.320 €). Die aus den Steuerbescheiden resultierenden Steuerforderungen wurden durch Zahlungen der D-GmbH erfüllt.

6

Darüber hinaus ergingen am 29. Dezember 2008 der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2004 (festgestellt: 46.763.079 €) und der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2004 (festgestellt: 45.385.067 €).

7

Beide Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO). Der Kläger beantragte in 2010, diese Bescheide nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO abzuändern und einen um die Wertberichtigung der Forderungen gegenüber der D-GmbH in Höhe von 44.187.069 € geminderten verbleibenden Verlustvortrag sowie vortragsfähigen Gewerbeverlust festzustellen. Die Wertberichtigung sei, wie sich aus dem nachfolgenden Urteil des Berufungsgerichts ergebe, seinerzeit zu Unrecht erfolgt. Das FA lehnte den Änderungsantrag ab.

8

Die sowohl dagegen als auch gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2008 und die Gewerbesteuermessbescheide 2006 bis 2008 erhobene Klage blieb erfolglos (Finanzgericht --FG-- Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. April 2012  12 K 12179/09, 12 K 12177/10, abgedruckt in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2013, 413).

9

Der Kläger rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts. Er beantragt, unter Aufhebung des FG-Urteils die Gewerbesteuermessbescheide 2006 bis 2008 und den Körperschaftsteuerbescheid 2008 dahingehend abzuändern, dass die Gewerbesteuermessbeträge jeweils auf 0 € und die Körperschaftsteuer ebenfalls auf 0 € festgesetzt werden.

10

Bezogen auf das abgetrennte hiesige Revisionsverfahren beantragt er "hilfsweise", das FA zu verpflichten, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2004 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2004 dahingehend zu ändern, dass ein jeweils um den Betrag von 44.187.069 € geringerer Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer bzw. geringerer vortragsfähiger Gewerbeverlust festgestellt wird.

11

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

12

Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 FGO).

Entscheidungsgründe

13

B. I. Die Revision ist zulässig. Der Kläger ist zur Prozessführung befugt.

14

1. Zwar ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B-GmbH durch Beschluss vom … November 2012 nach vollzogener Schlussverteilung aufgehoben worden. Ein Insolvenzverwalter kann aber, wenn es um einen sog. Aktivprozess geht, einen Rechtsstreit mit Blick auf eine mögliche Nachtragsverteilung (§ 203 Abs. 1 der Insolvenzordnung --InsO--) für die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöste GmbH auch nach einer Schlussverteilung (§ 196 InsO) und der sich daran anschließenden Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 200 Abs. 1 InsO) fortführen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. Juli 2011 II R 34/10, BFH/NV 2012, 10; BFH-Beschluss vom 23. August 1993 V B 135/91, BFH/NV 1994, 186; s.a. Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 23. Mai 2007  3 K 1407/03 B, Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1344; Klopp/Kluth in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 75 Rz 11; Füchsl/Weishäupl/Kebekus/Schwarzer in MünchKomm zur InsO, 3. Aufl., § 196 Rz 4 f., 7). Der Normalfall einer durch die Verfahrensaufhebung zurückerlangten Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Gemeinschuldners wird insoweit "aufgehalten" – der Insolvenzverwalter bleibt "weiterhin aktivlegitimiert und prozessführungsbefugt" (Füchsl/Weishäupl/Kebekus/ Schwarzer in MünchKomm zur InsO, § 196 Rz 7).

15

2. Im Streitfall liegt ein sog. Aktivprozess vor. Die aus den --mit den nach der Verfahrenstrennung allein streitgegenständlichen Feststellungsbescheiden in einem engen Zusammenhang stehenden-- Steuerbescheiden (Verfahren I R 59/12, BFHE 246, 27) folgenden Steuerschulden sind bezahlt worden. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Zahlungen durch die D-GmbH erfolgten. Die Zahlungen sind für Rechnung der Gemeinschuldnerin (B-GmbH) beim FA eingegangen und hatten das Erlöschen des entsprechenden Steueranspruchs zur Folge (§ 47 Alternative 1 i.V.m. § 48 Abs. 1 AO). Ein etwaiger Erstattungsanspruch steht dann nicht dem Leistenden, sondern dem Steuerpflichtigen zu (z.B. BFH-Urteil vom 30. September 2008 VII R 18/08, BFHE 222, 235, BStBl II 2009, 38).

16

II. Die Revision ist aber nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FA hat es zu Recht abgelehnt, den festgestellten verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2004 sowie den festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 2004 dahingehend zu ändern, dass der festgestellte Betrag jeweils um den Betrag von 44.187.069 € (Abschreibung einer Forderung zum 31. Dezember 2004) gemindert wird. Zwar standen dem Änderungsantrag keine formellen Bedenken entgegen. Das gilt sowohl mit Blick auf den Fortbestand der Nebenbestimmung des § 164 Abs. 1 AO in der Einspruchsentscheidung vom 22. Juli 2009 als auch den Zugang des Änderungsantrags vor dem Eintritt der Festsetzungsverjährung (s. zu dieser Voraussetzung § 164 Abs. 4 i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO). Eine Änderung dieser Bescheide kommt aber nicht in Betracht, da sie rechtmäßig sind.

17

1. Die Bilanz der B-GmbH zum 31. Dezember 2004 ist in Bezug auf die Forderung gegen die D-GmbH (Teilwertabschreibung um 44.187.069 €) nicht fehlerhaft. Denn die (Wieder-)Einbuchung einer Forderung der B-GmbH gegen die D-GmbH zum 31. Dezember 2006 war erfolgswirksam und nicht als ergebnisneutrale Berichtigung eines früheren Bilanzierungsfehlers in der ersten noch offenen Schlussbilanz zu berücksichtigen.

18

a) Nach § 8 Abs. 1 KStG 2002 i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 hatte die B-GmbH in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen war. Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich u.a. aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs "Vorschriften für alle Kaufleute" der §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB). Hierzu gehört nicht nur der Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs, nach dem alle Positionen der Anfangsbilanz eines Geschäftsjahres mit denjenigen zum Ende des vorangegangenen Jahres übereinstimmen müssen (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB), sondern auch das mit dem Vorsichtsprinzip verbundene Realisationsprinzip, demzufolge nur hinreichend sichere Ansprüche in der Bilanz ausgewiesen werden dürfen (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB).

19

b) Entgegen dem Vortrag der Revision war es ausgeschlossen, das zusprechende Urteil des Berufungsgerichts vom 18. Juli 2006 (Erstattungsanspruch gegen die D-GmbH) bereits im Jahresabschluss der B-GmbH zum 31. Dezember 2004 zu berücksichtigen; es war vielmehr in Überstimmung mit der Ansicht des FG in der Bilanz zum 31. Dezember 2006 zu erfassen. Damit liegt ein Bilanzierungsfehler (§ 4 Abs. 2 Satz 1 EStG 2002) als Grundlage für einen erfolgsneutralen Ausgleich in 2006 nicht vor.

20

aa) Nach dem auch steuerrechtlich zu beachtenden Vorsichtsprinzip des Handelsbilanzrechts (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG 2002 und § 8 Abs. 1 KStG 2002) dürfen Forderungen, die in vollem Umfang bestritten werden, erst dann aktiviert und als realisierte Erträge erfasst werden, wenn (und soweit) sie entweder rechtskräftig festgestellt oder vom Schuldner anerkannt worden sind (z.B. Senatsurteile vom 26. April 1989 I R 147/84, BFHE 157, 121, BStBl II 1991, 213; vom 29. April 2008 I R 67/06, BFHE 221, 201, BStBl II 2011, 55; vom 15. November 2011 I R 96/10, BFH/NV 2012, 991). Dabei können nach ständiger BFH-Rechtsprechung rechtskräftige Urteile, die dem Gläubiger eine bis dahin bestrittene Forderung zusprechen, auf deren Aktivierung nach den Grundsätzen des Vorsichtsprinzips nicht werterhellend, sondern nur wertbegründend einwirken (z.B. Senatsurteil in BFH/NV 2012, 991, m.w.N.).

21

bb) Diese Grundsätze werden --wie der Senat schon in seinem Urteil in BFH/NV 2012, 991 (zu der im Entscheidungszeitpunkt noch anhängigen Vorlagefrage) ausgeführt hat-- durch den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 31. Januar 2013 GrS 1/10 (BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317) nicht berührt, und zwar unabhängig von der zwischen den Beteiligten streitigen Frage, ob diesem Beschluss auch Aussagen zu Tatsachenfeststellungen entnommen werden können. Denn es geht insoweit nicht um die Berücksichtigung ungeklärter bilanzrechtlicher Fragen, sondern um Grundsätze des Vorsichtsprinzips, deren inhaltliche (bilanzrechtliche) Anforderungen geklärt waren und sind. Demgemäß konnte aus Sicht der Geschäftsführung der B-GmbH auch kein Zweifel darüber bestehen, dass am Bilanzstichtag 31. Dezember 2004 (bzw. nach Maßgabe des Kenntnisstands an dem Zeitpunkt, an dem die B-GmbH die Bilanz spätestens hätte erstellen müssen, s. BFH-Urteil vom 3. Juli 1991 X R 163-164/87, BFHE 164, 556, BStBl II 1991, 802; s.a. Senatsurteil vom 23. Januar 2008 I R 40/07, BFHE 220, 361, BStBl II 2008, 669) nur ein hinreichend sicherer Anspruch aktiviert werden durfte, wovon allerdings im Hinblick auf das den Anspruch abweisende LG-Urteil keine Rede sein konnte. Insoweit war vielmehr, was auch das FG entschieden hat, zum 31. Dezember 2004 nur der Ansatz eines Erinnerungspostens zulässig.

22

c) Eine Bilanzierung der Forderung in 2004 (als Grundlage der Forderungsabschreibung zum 31. Dezember 2004) war auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer bestehenden Treuhandvereinbarung ausgeschlossen. Denn ein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis zwischen der B-GmbH und der D-GmbH bestand im Streitfall nicht.

23

aa) Nach ständiger BFH-Rechtsprechung liegt ein Treuhandverhältnis nur dann vor, wenn die mit der rechtlichen Eigentümer- bzw. Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht des Treuhänders in solchem Umfang zu Gunsten des Treugebers eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw. die rechtliche Inhaberschaft als "leere Hülle" erscheint (z.B. Senatsurteil vom 24. November 2009 I R 12/09, BFHE 228, 195, BStBl II 2010, 590, m.w.N.). Der Treugeber muss das Treuhandverhältnis beherrschen, und zwar nicht nur nach den mit dem Treuhänder getroffenen Absprachen, sondern auch bei deren tatsächlichem Vollzug (z.B. Senatsurteil in BFHE 228, 195, BStBl II 2010, 590). Es muss zweifelsfrei erkennbar sein, dass der Treuhänder ausschließlich für Rechnung des Treugebers handelt. Wesentliches und im Grundsatz unverzichtbares Merkmal einer solchen Beherrschung ist eine Weisungsbefugnis des Treugebers --und damit korrespondierend die Weisungsgebundenheit des Treuhänders-- in Bezug auf die Behandlung des Treuguts (Senatsurteil in BFHE 228, 195, BStBl II 2010, 590). Zudem muss der Treugeber berechtigt sein, jederzeit die Rückgabe des Treuguts zu verlangen, wobei die Vereinbarung einer angemessenen Kündigungsfrist unschädlich ist. Die Vereinbarung eines Treuhandentgelts ist keine notwendige Bedingung, kann aber ein Anzeichen für das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses sein. Schließlich kommt bei der Frage nach der Durchführung einer Treuhandvereinbarung der bilanziellen Behandlung des Treuguts indizielle Bedeutung zu (Senatsurteil in BFHE 228, 195, BStBl II 2010, 590, m.w.N.).

24

bb) Die Auslegung von Verträgen und deren Würdigung obliegt dem FG als Tatsacheninstanz. Soweit diese den gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) entspricht und nicht gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verstößt, ist sie daher für den BFH als Revisionsgericht bindend (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), selbst wenn die vorgenommene Wertung nicht zwingend, sondern lediglich möglich ist (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 30. November 2005 I R 110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251).

25

cc) Das FG hat auf dieser Grundlage den Inhalt der Kooperationsvereinbarung für das Revisionsverfahren bindend dahin gewürdigt, dass eine steuerrechtlich wirksame Treuhandvereinbarung nicht vorgelegen hat. Es hat dabei insbesondere auf den Inhalt der Vereinbarung abgestellt: Es sei nicht um die Überlassung von Treugut gegangen, sondern um einen Erwerb auf eigene Rechnung durch die B-GmbH, einer anschließenden Besitznahme mit Bewirtschaftung und späteren Herausgabe von Verwertungsüberschüssen an die D-GmbH.

26

Darüber hinaus hat das FG zutreffend darauf verwiesen, dass die bilanzielle Behandlung bei der B-GmbH gegen eine solche Vereinbarung gesprochen hat. Denn die B-GmbH hat die Grundstücke --auf der Grundlage eines Erwerbs im eigenen Namen und ohne Hinweis auf ein Treuhandverhältnis-- als eigenes Betriebsvermögen ausgewiesen. Die dadurch ausgelöste (negative) Indizwirkung kann von der Revision nicht mit dem Hinweis auf das Senatsurteil vom 28. Februar 2001 I R 12/00 (BFHE 194, 320, BStBl II 2001, 468) mit Erfolg in Frage gestellt werden. Zwar beruht jene Entscheidung im Wesentlichen auf den erhöhten Anforderungen, die durch die Rechtsprechung an die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern und der Kapitalgesellschaft im Vergleich zu denen mit fremden Dritten gestellt werden. Entscheidungserheblich war aber die Frage, ob die Indizwirkung auch gilt, wenn die Gesellschaft das treuhänderisch erworbene Wirtschaftsgut nicht schon in ihrer laufenden Buchführung, sondern erst im Jahresabschluss als Treuhandvermögen ausgewiesen hat. Insoweit kam es darauf an, ob die unrichtige Verbuchung (laufende Buchführung) nicht auf eine ausdrückliche Maßnahme der Geschäftsleitung der Gesellschaft zurückzuführen oder mit deren Einverständnis erfolgt ist. Eine Diskrepanz zwischen der Erfassung in der laufenden Buchführung und dem Jahresabschluss besteht im Streitfall aber nicht.

27

Nicht zuletzt erbringt das nicht nach steuerrechtlichen Maßgaben ergangene Urteil des Berufungsgerichts vom 18. Juli 2006 auch keinen Beweis über eine Treuhandschaft i.S. des § 159 Abs. 1 Satz 1 AO im Verhältnis der B-GmbH zur D-GmbH. Das Berufungsgericht hat in den Entscheidungsgründen lediglich ausgeführt, dass die Rechtsstellung der B-GmbH "einem nachgeschalteten treuhänderischen Vermögensverwahrer des Landes X" (dies ist die Rechtsposition der D-GmbH im Verhältnis zu ihrem Gesellschafter) "angeglichen" sei. Die Feststellung eines Treuhandverhältnisses zwischen der B-GmbH und der D-GmbH mit bindender Wirkung für einen Finanzprozess liegt darin nicht.

28

2. Der Senat kann über die nach § 73 Abs. 1 FGO abgetrennte Revision gegen die Feststellungsbescheide durch Endurteil entscheiden, obschon der Kläger diesen Antrag erklärtermaßen nur "hilfsweise" für den Fall gestellt hat, dass er mit seinem Hauptantrag nicht durchdringt, der Senat über den Hauptantrag aber noch nicht abschließend entschieden, sondern die dort zugrunde liegende Rechtsfrage nach der Verfassungsmäßigkeit der sog. Mindeststeuer nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 2002 und nach § 10a Satz 2 GewStG 2002 dem Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 26. Februar 2014 I R 59/12, BFHE 246, 27, im Rahmen eines Normenkontrollersuchens vorgelegt hat. Es handelt sich damit zwar um eine objektive Klagehäufung, bei der Haupt- und Hilfsantrag in einem Eventualverhältnis zueinander stehen. Jedoch betreffen die Anträge verschiedene Streitgegenstände mit unterschiedlichen Sachverhalten. Der Hauptantrag geht gegen die Rechtmäßigkeit der Festsetzungen über Körperschaftsteuer 2008 und Gewerbesteuermessbeträge 2006 bis 2008 und richtet sich in diesem Zusammenhang vor allem gegen den nur beschränkten Abzug des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer sowie des vortragsfähigen Gewerbeverlustes. Der Hilfsantrag zielt hingegen auf die Änderung der hier streitgegenständlichen Bescheide über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags und des vortragsfähigen Gewerbeverlustes mit der Begründung, die festgestellten Beträge seien zu vermindern, weil die Verlustermittlung auf einer bilanziellen Fehleinschätzung beruhe. Bei dieser Sachlage bedarf es, anders als in Fällen, in denen Haupt- und Hilfsantrag aufgrund eines einheitlichen Sachverhalts gestellt werden, aber eines Ausspruchs über den Hilfsantrag (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 24. August 1972 VIII R 21/69, BFHE 107, 202, BStBl II 1973, 55).

29

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

A. Der Beklagte und Revisionskläger (Beklagter) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der S-GmbH. Die S-GmbH hat im Streitjahr (2005) Spielstätten unterhalten, in denen sich auch Glückspielautomaten befanden.

2

Der Kläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 10. Januar 2007 für das Streitjahr (2005) sowohl die Körperschaftsteuer als auch den Solidaritätszuschlag fest. Hierbei erhöhte es das von der S-GmbH erklärte Einkommen um 310.245 €. Hintergrund der Hinzurechnung war der Umstand, dass das FA die Geldspielautomatenumsätze der S-GmbH zunächst der Umsatzsteuer unterworfen, die Steuerfestsetzungen 1996 bis 2004 jedoch im Anschluss an die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, jetzt Gerichtshof der Europäischen Union, (EuGH) vom 17. Februar 2005 C-453/02 und C-462/02 "Linneweber u.a." (Slg. 2005, I-1131, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2005, 200) sowie des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Mai 2005 V R 7/02 (BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617) geändert hatte und sich hieraus zugunsten der S-GmbH sowohl Steuererstattungsansprüche als auch Zinsforderungen gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO) ergaben. Die geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen sind für die Jahre 1996 bis 2003 noch im Streitjahr, der Änderungsbescheid für das Jahr 2004 ist hingegen erst im Jahr 2006 ergangen.

3

Die S-GmbH hat nach erfolglosem Einspruch Klage erhoben. Während des Klageverfahrens ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der S-GmbH eröffnet worden. Das FA hat daraufhin seine Steuerforderungen (Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag) für das Streitjahr sowie die entsprechenden Vorauszahlungen zur Eintragung in die Insolvenztabelle angemeldet. Nachdem der Beklagte der Anmeldung im Umfang von insgesamt 55.149,50 € widersprochen hatte, wurde das Klageverfahren vom FA mit dem Ziel wieder aufgenommen, die angemeldeten Steuerforderungen in entsprechender Höhe festzustellen. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) beantragt, die Klage abzuweisen. Das FG Düsseldorf hat der Klage des FA mit Urteil vom 21. September 2010 6 K 1271/08 K (Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 543) im Wesentlichen stattgegeben. Die Feststellung der Steueransprüche (Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag) sei lediglich mit Rücksicht darauf zu kürzen, dass der Zinsanspruch für das Jahr 2004 doppelt berücksichtigt worden sei.

4

Mit der vom FG zugelassenen Revision hat der Beklagte zunächst die Verletzung materiellen Rechts gerügt. Darüber hinaus hat er die Rüge mangelnder Sachaufklärung erhoben und geltend gemacht, das FG habe es versäumt, die von der S-GmbH erstellten Bilanzen sowie die Körperschaftsteuererklärung 2005 auf die Höhe der dort bereits erfassten Zinsansprüche zu überprüfen.

5

Der Beklagte beantragt sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Mit seinem nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist beim BFH eingegangenen Schriftsatz vom 20. Januar 2011 hat der Beklagte ferner sinngemäß beantragt, die Bescheide über die Körperschaftsteuer 2005 und den Solidaritätszuschlag 2005 vom 10. Januar 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. März 2008 entsprechend der Körperschaftsteuererklärung 2005 zu ändern.

7

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

B. I. Der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 20. Januar 2011 gestellte Antrag, die Körperschaftsteuer und den Solidaritätszuschlag entsprechend der Steuerklärung der S-GmbH festzusetzen, ist unzulässig. Er überschreitet den Rahmen revisionsrechtlicher Prüfung.

9

1. Das durch die Klage der S-GmbH anhängig gewordene Klageverfahren ist aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der S-GmbH unterbrochen worden (§ 155 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 240 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Das Verfahren ist vom FA, nachdem es die Ansprüche auf Körperschaftsteuer und den Solidaritätszuschlag zur Eintragung in die Insolvenztabelle angemeldet und der Insolvenzverwalter Widerspruch erhoben hatte (§ 174, § 175 Abs. 1 Satz 1, § 178 Abs. 1 Satz 1 der Insolvenzordnung --InsO--), wieder aufgenommen worden. Obgleich die Steueransprüche i.S. von § 179 Abs. 2 InsO tituliert sind, war auch das FA gemäß § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2, § 185 Sätze 1 und 2 InsO zur Wiederaufnahme des unterbrochenen Klageverfahrens befugt (BFH-Urteile vom 7. März 2006 VII R 11/05, BFHE 212, 11, BStBl II 2006, 573; vom 13. November 2007 VII R 61/06, BFHE 220, 289, BStBl II 2008, 790). Folge hiervon ist zum einen, dass das FA nunmehr als Kläger und der Insolvenzverwalter als Beklagter am Verfahren beteiligt sind (Urteil in BFHE 220, 289, BStBl II 2008, 790; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 251 AO Rz 53a). Zum anderen ist --wie im Streitfall geschehen-- dem gesetzlichen Übergang vom bisherigen Anfechtungs- zum Insolvenzfeststellungsverfahren und dem damit verbundenen Wechsel des Streitgegenstands durch Umstellung des Klageantrags zu entsprechen. Der Antrag ist nicht mehr auf eine geänderte Steuerfestsetzung, sondern darauf gerichtet, die zur Insolvenztabelle angemeldeten Steuerforderungen festzustellen und hierdurch den Widerspruch des Insolvenzverwalters zu beseitigen (BFH-Urteil in BFHE 212, 11, BStBl II 2006, 573 a.E.).

10

2. Ob hiernach in einem vom Insolvenzverwalter aufgenommenen Klageverfahren überhaupt noch Raum dafür besteht, den früheren Anfechtungsantrag aufrechtzuerhalten (so zur Konkursordnung BFH-Urteil vom 3. Mai 1978 II R 148/75, BFHE 125, 202, BStBl II 1978, 472; zustimmend Uhlenbruck/Sinz, Insolvenzordnung, 13. Aufl., § 185 Rz 13), kann der Senat offenlassen (vgl. aber BFH-Urteil in BFHE 212, 11, BStBl II 2006, 573; BFH-Beschluss vom 26. September 2006 X S 4/06, BFHE 214, 201, BStBl II 2007, 55 betreffend Streitwert). Jedenfalls war es dem Insolvenzverwalter, der aufgrund der Wiederaufnahmeerklärung des FA im erstinstanzlichen Verfahren in die Stellung des Beklagten eingerückt ist, verwehrt, einen solchen Anfechtungsantrag erstmals im Revisionsverfahren zu stellen. Er ist bereits mangels formeller Beschwer, d.h. deshalb unzulässig, weil er nicht Gegenstand des Klageverfahrens war und somit auch nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens sein kann (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 123 Rz 2). Hinzu kommt, dass der Übergang zur Anfechtungsklage eine erneute Änderung des Streitgegenstands und --hiermit verknüpft-- einen erneuten Wechsel in der Beteiligtenstellung bedingen würde; beides ist jedoch nach § 123 FGO ausgeschlossen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 123 Rz 2; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 123 FGO Rz 4).

11

3. Anderes ergibt sich nicht aus dem Vortrag des Beklagten, dass er den Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzungen nicht erst während des Revisionsverfahrens, sondern bereits mit Schriftsatz vom 8. September 2010 im Anschluss an die Wiederaufnahme des Klageverfahrens durch das FA gestellt habe. Der Vortrag lässt außer Acht, dass das FG seiner Entscheidung auch dann die in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge zugrunde zu legen hat und über das hierdurch bestimmte Begehren nicht hinausgehen darf (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO), wenn die Beteiligten zuvor schriftsätzlich weiterreichende Anträge formuliert haben (§ 92 Abs. 3 FGO; BFH-Beschluss vom 14. Juni 1994 IX R 36/89, BFH/NV 1995, 218). Vorliegend hat sich der Beklagte sowohl nach dem Tatbestand des finanzgerichtlichen Urteils als auch nach dem Sitzungsprotokoll auf den Antrag beschränkt, die auf die Feststellung der Insolvenzforderungen gerichtete Klage des FA abzuweisen (§ 155 FGO i.V.m. § 297 Abs. 1 Satz 3, § 314 ZPO). Da der Beklagte zudem kein Verfahren zur Berichtigung des Tatbestands nach § 108 FGO betrieben hat (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Januar 2006 XI B 18/05, BFH/NV 2006, 1113), ist es --nach den vorstehenden Erläuterungen-- ausgeschlossen, in der Revisionsinstanz über einen in der mündlichen Verhandlung vor dem FG nicht gestellten Antrag zu entscheiden.

12

II. Im Übrigen ist die Revision begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

13

Das FG ist im Grundsatz zu Recht davon ausgegangen, dass die Umsatzsteuererstattungsansprüche sowie die hieraus sich nach § 233a AO ergebenden Zinsansprüche der S-GmbH im Streitjahr zu aktivieren waren. Sie erhöhten deshalb nicht nur das Einkommen der S-GmbH und damit die Bemessungsgrundlage ihrer Körperschaftsteuerschuld 2005 (§ 7 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr 2005 anzuwendenden Fassung --KStG 2005--). Gleichermaßen erhöhte sich auch die Bemessungsgrundlage des für das Streitjahr festzusetzenden Solidaritätszuschlags (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Solidaritätszuschlagsgesetzes). Der Senat ist aufgrund der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen zum Feststellungsumfang jedoch gehindert durchzuerkennen.

14

1. Nach § 8 Abs. 1 KStG 2005 i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 2005 anzuwendenden Fassung (EStG 2005) hatte die S-GmbH in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen war. Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich u.a. aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs "Vorschriften für alle Kaufleute" der §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB). Hierzu gehört nicht nur der Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs, nach dem alle Positionen der Anfangsbilanz eines Geschäftsjahres mit denjenigen zum Ende des vorangegangenen Jahres übereinstimmen müssen (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB), sondern auch das mit dem Vorsichtsprinzip verbundene Realisationsprinzip, demzufolge nur hinreichend sichere Ansprüche in der Bilanz ausgewiesen werden dürfen (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB; Blümich/Buciek, § 5 EStG Rz 240, 241, 480 ff.).

15

2. Entgegen dem Vortrag des Beklagten war es nach dem Vorsichtsprinzip ausgeschlossen, seine Umsatzsteuererstattungs- und Zinsansprüche bereits in den Bilanzen der Jahre 2002 bis 2004 zu aktivieren. Sie waren vielmehr --soweit sie die Erstattungs- und Zinsansprüche bis einschließlich 2004 betrafen-- in Überstimmung mit der Ansicht des FA in der Bilanz des Streitjahres zu erfassen. Angesichts dieser materiell-rechtlichen Beurteilung, bedarf es auch keiner Stellungnahme des Senats dazu, ob die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs, nach denen ein in bestandskräftig veranlagten Vorjahren zu Unrecht unterbliebener Forderungsausweis im ersten offenen Jahr erfolgswirksam zu aktivieren ist, dann ausnahmsweise zu durchbrechen ist, wenn das Finanzamt dem Steuerpflichtigen einen solchen Bilanzierungsfehler aufgedrängt hat (vgl. zum Streitstand Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 4 EStG Rz 436, m.w.N.).

16

3. Nach dem auch steuerrechtlich zu beachtenden Vorsichtsprinzip des Handelsbilanzrechts (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG und § 8 Abs. 1 KStG (2005)) dürfen Forderungen, die in vollem Umfang bestritten werden, erst dann aktiviert und als realisierte Erträge erfasst werden, wenn (und soweit) sie entweder rechtkräftig festgestellt oder vom Schuldner anerkannt worden sind (z.B. BFH-Urteile vom 26. April 1989 I R 147/84, BFHE 157, 121, BStBl II 1991, 213; vom 29. April 2008 I R 67/06, BFHE 221, 201, BStBl II 2011, 55; vom 14. März 2006 VIII R 60/03, BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650; Blümich/ Buciek, § 5 EStG Rz 481, m.w.N.). In der Rechtsprechung ist ferner geklärt, dass auch Steuererstattungsansprüche nur dann in der Bilanz ausgewiesen werden können, wenn sie einen durchsetzbaren gegenwärtigen Vermögenswert verkörpern, und es der Annahme einer solchen hinreichend sicheren und wirtschaftlich durchsetzbaren Position entgegensteht, wenn und solange die Ansprüche vom FA bestritten werden (BFH-Urteile vom 15. März 2000 II R 15/98, BFHE 191, 403, BStBl II 2000, 588; vom 12. Mai 1993 XI R 1/93, BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786).

17

a) Soweit das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 5. Juli 2006 (BStBl I 2006, 418) im Hinblick darauf, dass nach dem Urteil des BFH in BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617 Umsätze aus dem Betrieb von Glückspielautomaten von der Umsatzsteuer befreit sind und diese Entscheidung im BStBl II vom 30. September 2005 (BStBl II 2005, 617) vorbehaltlos veröffentlicht worden ist, annimmt, dass die bis dahin vom FA bestrittenen Umsatzsteuerforderungen auch dann in einer auf den 31. Dezember 2005 zu erstellenden Bilanz auszuweisen sind, wenn die Umsatzsteuerfestsetzungen erst im Jahre 2006 (oder später) geändert wurden, kann dies im anhängigen Verfahren offenbleiben. Mit Rücksicht auf die Erstattungsansprüche für die Jahre 1996 bis 2003 kommt es auf die Einschätzung der Finanzbehörden deshalb nicht an, weil die entsprechenden Umsatzsteuerfestsetzungen noch im Dezember 2005 geändert worden sind und jedenfalls zu diesem Zeitpunkt die Realisierbarkeit der Erstattungsansprüche sowie der hieraus nach den gesetzlichen Vorgaben des § 233a AO abzuleitenden Zinsansprüche außer Frage stand. Folge hiervon ist des Weiteren, dass in der Bilanz des Streitjahres auch die Erstattungs- und Zinsansprüche für das Jahr 2004 zu aktivieren waren. Zwar wurde die Umsatzsteuerfestsetzung 2004 erst im Jahre 2006 geändert; hierauf kann jedoch --wie vom FG zutreffend erkannt-- vorliegend deshalb nicht abgestellt werden, weil das FA mit den noch im Streitjahr erlassenen Änderungsbescheiden betreffend die Jahre 1996 bis 2003 zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht hat, dass es sämtlichen die S-GmbH betreffenden Umsatzsteuerfestsetzungen und mithin auch derjenigen des Jahres 2004 die Rechtsprechung von EuGH und Bundesgerichtshof zugrunde legen werde.

18

b) Der Beklagte wendet hiergegen ein, dass die Umsatzsteuererstattungsansprüche deshalb nicht erst in der Bilanz des Streitjahres, sondern zeitkongruent in den im Juni 2005 erstellen Abschlüssen der Jahre 2002 bis 2004 auszuweisen gewesen seien, weil Steuererstattungsansprüche --wie vom BFH im Zusammenhang mit der Aufrechnung von Insolvenzforderungen gemäß § 95 InsO bestätigt (Hinweis auf BFH-Urteil vom 16. November 2004 VII R 75/03, BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193)-- bereits im Zeitpunkt der materiell-rechtlichen Überzahlung entstünden; im Übrigen habe der Kaufmann nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB (i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG und § 8 Abs. 1 KStG (2005)) die bei Erstellung der Bilanzen vorliegenden Erkenntnisse über das Vorliegen solcher Ansprüche als sog. werterhellende Umstände zu berücksichtigen (hier: Veröffentlichung des EuGH-Urteils in Slg. 2005, I-1131). Beides rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht.

19

aa) Der Beklagte lässt zum einen außer Acht, dass rechtskräftige Urteile, die dem Gläubiger eine bis dahin bestrittene Forderung zusprechen, auf deren Aktivierung nach den Grundsätzen des Vorsichtsprinzips nicht werterhellend, sondern wertbegründend einwirken (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteile in BFHE 191, 403, BStBl II 2000, 588; vom 19. Oktober 2005 XI R 64/04, BFHE 211, 475, BStBl II 2006, 371). Gleiches gilt, wenn und soweit ein zwischen anderen Prozessbeteiligten ergangenes rechtskräftiges Urteil dem Schuldner Veranlassung gibt, nunmehr der Forderung seines Gläubigers zu entsprechen.

20

bb) Der Vortrag lässt zum anderen unberücksichtigt, dass das Vorsichtsprinzip einem überhöhten Vermögensausweis begegnen und hierdurch insbesondere das Schuldendeckungspotential des Unternehmens erhalten will (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 30. Aufl., § 5 Rz 77; HHR/Stobbe, § 5 EStG Rz 219, jeweils m.w.N.). Seine Geltung wird deshalb weder durch die Antwort auf die Frage, zu welchem Zeitpunkt ein Steuererstattungsanspruch entsteht (vgl. zur sog. materiellen Rechtsgrundtheorie Klein/Brockmeyer, AO, 10. Aufl., § 37 Rz 4, § 38 Rz 9; Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 38 AO Rz 37, jeweils m.w.N.), noch durch die Regelung des § 95 InsO, die das Vertrauen des Insolvenzgläubigers, seine Forderung noch während des Insolvenzverfahrens durch Aufrechnung durchsetzen zu können (vgl. z.B. Senatsurteil vom 23. Februar 2011 I R 20/10, BFHE 233, 114, BStBl II 2011, 822, m.w.N.), eingeschränkt. Vielmehr ist das Vorsichtsprinzip auch für unbedingt entstandene und fällige Ansprüche des Kaufmanns zu beachten und unterwirft deren Aktivierung dem zusätzlichen Erfordernis, dass der Anspruch hinreichend sicher sein muss und damit insbesondere vom Schuldner (hier: FA) nicht (mehr) bestritten wird.

21

4. Schließlich ist der Vorinstanz auch darin zuzustimmen, dass die dem Großen Senat vorgelegte Rechtsfrage, ob bei der Beurteilung ungeklärter bilanzrechtlicher Fragen nicht --wie bisher vom BFH angenommen-- auf die (subjektiven) Erkenntnismöglichkeiten des Steuerpflichtigen, sondern --so nunmehr der erkennende Senat-- auf die tatsächlich bestehende objektive Rechtslage abzustellen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 7. April 2010 I R 77/08, BFHE 228, 533, BStBl II 2010, 739), in keinem Zusammenhang mit dem anhängigen Rechtstreit steht. Die vorliegend streitentscheidenden Grundsätze des Vorsichtsprinzips sind nicht ungeklärt; vielmehr stehen die inhaltlichen (bilanzrechtlichen) Anforderungen, die aus dem Vorsichtsprinzip für die Aktivierung von Steuererstattungsansprüchen abzuleiten sind, nach höchstrichterlicher Rechtsprechung seit langem außer Streit. Demgemäß konnte aus Sicht der geschäftsführenden Organe der S-GmbH auch kein Zweifel darüber bestehen, dass an den jeweiligen Bilanzstichtagen nur hinreichend sichere (Steuer-)Ansprüche aktiviert werden durften.

22

5. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des FG nicht beurteilen, ob dem Feststellungsantrag des FA in dem von der Vorinstanz zugesprochenen Umfang (52.257 €) stattgegeben werden kann.

23

a) Zum einen umfasst der Tenor des FG-Urteils auch die Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen 2005. Diese sind zwar nach der Einlassung des FA im finanzgerichtlichen Verfahren zur Eintragung in die Insolvenztabelle angemeldet worden. Gleichwohl können die Vorauszahlungen jedenfalls dann nicht Gegenstand des (gerichtlichen) Feststellungsverfahrens sein, wenn --wie im Streitfall-- der der Anmeldung zugrunde liegende Körperschaftsteueranspruch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens festgesetzt und der Vorauszahlungsbescheid hierdurch nach § 124 Abs. 2 AO unwirksam geworden ist (BFH-Beschluss vom 3. Juli 1995 GrS 3/93, BFHE 178, 11, BStBl II 1995, 730). Da sich in dieser Situation die Anfechtungsklage nur gegen den Festsetzungsbescheid richtet und gemäß § 180 Abs. 2 InsO (i.V.m. § 185 Satz 2 InsO) nur die Steuerforderungen in das Feststellungsverfahren überführt werden können, die bereits zuvor Gegenstand des Anfechtungsverfahrens gewesen sind (Grundsatz der Forderungsidentität; vgl. Uhlenbruck/Sinz, a.a.O., § 180 Rz 26), kann es auch im Streitfall nicht in Betracht kommen, die Vorauszahlungsansprüche des FA in den Feststellungsausspruch einzubeziehen.

24

b) Zum anderen fehlen --auch mit Rücksicht auf die Behandlung der Erstattungszinsen für das Jahr 2004-- nachvollziehbare Ausführungen des FG dazu, in welchem Umfang die im Streitjahr angesetzten Erstattungszinsen bereits Eingang in die von der S-GmbH erstellten Bilanzen und Steuererklärungen gefunden haben und deshalb im Rahmen der Veranlagung des Streitjahres nicht ein weiteres Mal im Wege der Hinzurechnung einkommenserhöhend angesetzt werden durften. Auch hierin liegt ein materieller Mangel des finanzgerichtlichen Urteils, der im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten ist und zur Zurückverweisung der Sache an das FG führt (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 81, § 126 Rz 11).

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte u.a. aus dem Betrieb von Geldspielautomaten Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Die Umsätze aus dem Betrieb der Geldspielautomaten wurden zunächst der Umsatzsteuer unterworfen.

2

Am 15. November 2001 (für die Umsatzsteuer der Jahre 1996 bis 1999) und am 27. November 2003 (für die Jahre 2000 und 2001) beantragte der Kläger im Hinblick auf die europarechtlichen Bedenken gegen die in Deutschland geltende Rechtslage, diese Umsätze steuerfrei zu belassen und die --unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden-- Umsatzsteuer-Festsetzungen entsprechend herabzusetzen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte die Änderungsanträge am 9. Februar 2004 ab und brachte das anschließende Einspruchsverfahren am 10. März 2004 zum Ruhen.

3

Mit Urteil vom 17. Februar 2005 Rs. C-453, 462/02 --Linneweber und Akritidis-- (Slg. 2005, I-1131) entschied der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) auf entsprechende Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs (BFH), Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG stehe nationalen Rechtsvorschriften entgegen, nach denen die Veranstaltung von Glücksspielen oder der Betrieb von Glücksspielgeräten durch sonstige Wirtschaftsteilnehmer nicht von der Umsatzsteuer befreit sei. In einem der Revisionsverfahren, die zur Anrufung des EuGH geführt hatten, entschied der BFH nachfolgend mit Urteil vom 12. Mai 2005 V R 7/02 (BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617), ein Betreiber von Geldspielautomaten könne sich für die Umsatzsteuerfreiheit seiner Umsätze unmittelbar auf die Richtlinie 77/388/EWG berufen. Die Finanzverwaltung hat das genannte BFH-Urteil vorbehaltlos in der am 30. September 2005 ausgegebenen Nr. 15 des Jahrgangs 2005 des BStBl II veröffentlicht.

4

Der Kläger bezifferte seine Erstattungsansprüche für die Jahre 1996 bis 2001 in dem anhängigen Einspruchsverfahren mit mehreren Schreiben, deren erstes vom 16. Februar 2006 datiert. Das FA erließ --für das Jahr 1998 nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung hinsichtlich der zu erstattenden Beträge am 10. Oktober 2006-- nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte Umsatzsteuerbescheide, aus denen sich die folgenden Erstattungsbeträge ergaben:

5

Jahr

Datum des Bescheids

Umsatzsteuer-Erstattung

Erstattungszinsen § 233a AO

1996

08.05.2006

33.168,53 €

16.078,00 €

1997

08.05.2006

79.663,37 €

33.846,00 €

1998

26.10.2006

89.703,09 €

34.979,75 €

1999

22.11.2006

101.412,19 €

33.969,00 €

2000

29.12.2006

85.693,54 €

24.408,00 €

2001

16.01.2007

88.271,98 €

19.707,00 €

Summe

477.912,70 €

162.987,75 €

6

Der Kläger stellte seinen Jahresabschluss für das Streitjahr 2005 am 26. April 2007 auf. Darin berücksichtigte er keine Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche für die Jahre 1996 bis 2001.

7

Demgegenüber erfasste das FA in den angefochtenen Bescheiden über Einkommensteuer sowie die Festsetzung und Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags für 2005 die genannten Erstattungsansprüche einschließlich des Gesamtbetrags der Erstattungszinsen gewinnerhöhend. Hierfür berief es sich auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 5. Juli 2006 (BStBl I 2006, 418). Gegenläufig erhöhte es die Gewerbesteuer-Rückstellung.

8

Der Einspruch blieb im hier interessierenden Punkt ohne Erfolg. Das FA führte aus, der Kläger habe spätestens mit der vorbehaltlosen Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II vom 30. September 2005 von der Anerkennung seiner Erstattungsansprüche durch das FA ausgehen können. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätten die Ansprüche auch Eingang in die Bewertung des Betriebs durch einen potenziellen Erwerber gefunden. Demgegenüber sei der Erlass geänderter Steuerbescheide für die Aktivierung von Steuererstattungsansprüchen nicht zwingend erforderlich, weil keine formale, sondern eine wirtschaftliche Betrachtung geboten sei.

9

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1521). Bestrittene Forderungen seien erst zu aktivieren, wenn sie rechtskräftig zuerkannt seien oder der Schuldner sein Bestreiten aufgegeben habe. Diese Grundsätze seien nicht nur auf zivilrechtliche Ansprüche, sondern auch auf Steuererstattungsansprüche anwendbar. Solange eine entgegenstehende Steuerfestsetzung noch nicht geändert sei oder das FA dem Steuerpflichtigen auf andere Weise zu erkennen gebe, dass es den Steuererstattungsanspruch akzeptieren werde, komme eine Aktivierung nicht in Betracht. Vorliegend habe das FA allein aufgrund der Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II noch keine geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen erlassen. Vielmehr habe es sich mit dem --bis dahin bestrittenen-- Änderungsantrag des Klägers erst auseinandergesetzt, nachdem dieser am 16. Februar 2006 das Einspruchsverfahren aufgegriffen habe. Sodann habe das FA sich die Höhe der Ansprüche im Einzelnen nachweisen lassen und teilweise im Wege einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung geprüft. Es komme auch nicht darauf an, dass die Änderungsbescheide noch vor der Aufstellung des Jahresabschlusses für 2005 ergangen seien. Denn der Umstand, dass das FA sein Bestreiten aufgegeben habe, stelle eine wertbegründende Tatsache dar, die nur berücksichtigt werden dürfe, wenn sie bereits am Bilanzstichtag gegeben sei.

10

Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung des § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 252 Abs. 1 Nr. 4 des Handelsgesetzbuchs (HGB).

11

Das FA beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

14

Das FG hat rechtsfehlerhaft eine Aktivierung der Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche und Erstattungszinsen abgelehnt. Allerdings darf der Teil der Erstattungszinsen, der auf Zeiträume nach dem 31. Dezember 2005 entfällt, nicht bereits zu diesem Stichtag aktiviert werden. Zur Ermittlung der Höhe dieses Teilbetrags geht die Sache an das FG zurück.

15

1. Die Aktivierung von Forderungen richtet sich bei buchführenden Gewerbetreibenden nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 HGB sind Gewinne nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind.

16

Nach dem (imparitätischen) Realisationsprinzip, das einen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung i.S. des § 5 Abs. 1 EStG darstellt, darf ein Gewinn grundsätzlich erst ausgewiesen werden, wenn er durch Umsatz (Veräußerung oder sonstigen Leistungsaustausch) verwirklicht ist; Vermögensmehrungen dürfen nur erfasst werden, wenn sie disponibel sind. Gewinnrealisierung tritt dann ein, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldeten Erfüllungshandlungen in der Weise erbracht hat, dass ihm die Forderung auf die Gegenleistung (z.B. die Zahlung) --von den mit jeder Forderung verbundenen Risiken abgesehen-- so gut wie sicher ist (BFH-Urteil vom 23. März 2011 X R 42/08, BFHE 233, 398, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2011, 1603, mit weiteren Nachweisen).

17

Dementsprechend sind Forderungen (§ 266 Abs. 2 B.II. HGB), insbesondere Geldforderungen aus Lieferungen und Leistungen, zu aktivieren, sobald sie (unabhängig von der rechtlichen Entstehung) wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht und am Bilanzstichtag hinreichend sicher sind (BFH-Urteile vom 12. Mai 1993 XI R 1/93, BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786; vom 3. August 2005 I R 94/03, BFHE 210, 398, BStBl II 2006, 20; vom 14. März 2006 VIII R 60/03, BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 30. Aufl., § 5 Rz 270 "Forderungen").

18

Für die Bilanzierung kommt es nicht entscheidend darauf an, ob ein Anspruch bereits im zivil- oder öffentlich-rechtlichen Sinne entstanden ist. Maßgebend ist bei einem erst in der Entstehung begriffenen Anspruch vielmehr, ob sich die Anwartschaft genügend konkretisiert hat und im Falle einer Betriebsveräußerung von den Vertragsparteien bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt würde (BFH-Urteil vom 28. September 1967 IV 291/65, BFHE 90, 69, BStBl III 1967, 763, betr. Anspruch auf Auszahlung einer formell noch nicht entstandenen Umsatzsteuer-Vergütung). In dieser Entscheidung hat der BFH weiter ausgeführt, für die Aktivierung eines Steuererstattungsanspruchs genüge es, wenn der Anspruch, dessen Realisierung sich kein Kaufmann vernünftigerweise entgehen lasse, erhoben werden könne.

19

So muss beispielsweise ein auf der Geltendmachung von Vorsteuer beruhender Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch bereits dann aktiviert werden, wenn zunächst nur eine nicht ordnungsgemäße Rechnung vorhanden ist, sofern --wie im Regelfall-- nicht damit zu rechnen ist, dass der Rechnungsaussteller sich einer Berichtigung dieser Rechnung widersetzen werde (BFH-Urteil in BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786, unter II.2.). Denn die Notwendigkeit, die Rechnung berichtigen zu lassen, ist im Vergleich zum Tatbestandsmerkmal der "Ausführung der Leistung" von untergeordneter Bedeutung und beeinträchtigt die Sicherheit der Forderung nicht in einem Maße, das in Anwendung des Realisationsprinzips eine Bilanzierung verbieten könnte.

20

Zivilrechtliche Ansprüche können selbst dann zu aktivieren sein, wenn sie formal noch unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit stehen, sofern der Kaufmann nach den Umständen des Einzelfalls bereits am Bilanzstichtag bei normalem Geschäftsablauf fest mit der Zahlung rechnen kann (BFH-Urteil vom 9. Februar 1978 IV R 201/74, BFHE 124, 520, BStBl II 1978, 370).

21

2. Nach diesen Grundsätzen hatte der Kläger die streitgegenständlichen Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche für die Jahre 1996 bis 2001 zum 31. Dezember 2005 zu aktivieren.

22

Bereits zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch realisiert. Denn der Realisierung der genannten Erstattungsansprüche standen im maßgebenden Zeitpunkt weder materiell-rechtliche (dazu unten a) noch verfahrensrechtliche Hindernisse (unten b) entgegen. Aufgrund der verwaltungsinternen Weisungslage war das für die Besteuerung des Klägers zuständige FA zur Anwendung der Rechtsprechung des EuGH und BFH verpflichtet (unten c). Dass die Änderung der Steuerbescheide am Bilanzstichtag noch ausstand (unten d) und der Kläger seine Anträge noch nicht beziffert hatte (unten e), schließt bei dieser Sachlage eine Aktivierung der Steuererstattungsansprüche nicht aus.

23

a) Materiell-rechtlich stand seit Ergehen des EuGH-Urteils in Slg. 2005, I-1131, spätestens aber seit Veröffentlichung des BFH-Urteils in BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617 fest, dass der Kläger sich für die Steuerfreiheit seiner Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten unmittelbar auf die Richtlinie 77/388/EWG berufen konnte. Hieraus ergab sich zugleich die materiell-rechtliche Fehlerhaftigkeit der gegen den Kläger ergangenen Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 1996 bis 2001.

24

b) Ebenso wenig bestanden verfahrensrechtliche Hindernisse für eine Änderung der Festsetzungen. Diese standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und waren daher nicht in materielle Bestandskraft erwachsen. Die Änderungsanträge des Klägers vom 15. November 2001 bzw. 27. November 2003 hatten jeweils zweifelsfrei die Festsetzungsfrist gewahrt. Der nach Ablehnung der Änderungsanträge eingelegte Einspruch war in offensichtlich zulässiger Weise erhoben worden.

25

c) Mit der Veröffentlichung des BFH-Urteils in BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617 in der am 30. September 2005 herausgegebenen Ausgabe des BStBl II war das FA verwaltungsintern verpflichtet, diese Rechtsprechung zugunsten des Klägers anzuwenden. Die Veröffentlichung von BFH-Entscheidungen im BStBl II beruht in jedem Einzelfall auf einer Entscheidung der für das jeweilige steuerrechtliche Sachgebiet zuständigen Vertreter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder. In der vorbehaltlosen Veröffentlichung einer BFH-Entscheidung im BStBl II liegt zugleich die Anweisung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder an die nachgeordneten Dienststellen der Finanzverwaltung, die in der jeweiligen Entscheidung enthaltenen Rechtsgrundsätze auf gleichgelagerte Sachverhalte allgemein --über den entschiedenen Einzelfall hinaus-- anzuwenden (vgl. auch Verfügung der Oberfinanzdirektion Hannover vom 9. März 2004, DStR 2004, 1047).

26

Damit stand aufgrund dieser noch im Jahr 2005 ergangenen Anweisung fest, dass das FA die Erstattungsansprüche des Klägers dem Grunde nach nicht mehr bestreiten würde.

27

Soweit das FG formuliert hat, das FA habe sich erst nach dem Schreiben des Klägers vom 16. Februar 2006 mit dem "bis dahin bestrittenen" Änderungsbegehren auseinandergesetzt, liegt darin keine den Senat i.S. des § 118 Abs. 2 FGO bindende Tatsachenfeststellung des Inhalts, dass das FA die Ansprüche des Klägers noch konkret bestritten hätte. Denn aus den vom FG getroffenen Feststellungen zu dem Schriftverkehr zwischen dem Kläger und dem FA geht lediglich hervor, dass das FA letztmalig am 9. Februar 2004 --vor Ergehen der einschlägigen Entscheidungen des EuGH bzw. BFH-- negativ zu dem Änderungsbegehren des Klägers Stellung genommen und sodann am 10. März 2004 das Einspruchsverfahren im Hinblick auf das anhängige Vorabentscheidungsverfahren zum Ruhen gebracht hat. Damit hat das FA aber gerade zum Ausdruck gebracht, dass es der zu erwartenden Entscheidung des EuGH --vorbehaltlich anderslautender Weisungen seiner vorgesetzten Behörden-- maßgebende Bedeutung für das konkrete Besteuerungsverfahren des Klägers beimisst. Dass das FA dem Änderungsbegehren des Klägers während des Ruhens des Einspruchsverfahrens, insbesondere nach Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II, noch konkret entgegengetreten wäre, hat das FG nicht festgestellt. Allein der Umstand, dass das FA die Steuerfestsetzungen --so das FG-- nicht "ohne Weiteres", sondern erst nach einer Bezifferung der zuvor offenbar zahlenmäßig nicht konkretisierten Änderungsanträge durch den Kläger geändert hat, steht einem Bestreiten des Anspruchs nicht gleich.

28

Soweit das BMF-Schreiben vom 5. Juni 2006 (BStBl I 2006, 418) für den Zeitpunkt der Aktivierung von Steuererstattungsansprüchen, die sich aus der angeführten Entscheidung des EuGH ergeben, abweichend von den hier dargestellten Grundsätzen nicht erst auf die Veröffentlichung der BFH-Nachfolgeentscheidung im BStBl II abstellt, sondern bereits auf die --von der deutschen Finanzverwaltung zunächst unkommentiert gelassene-- Bekanntgabe der EuGH-Entscheidung, kann dahinstehen, ob der Senat dem folgen könnte. Für die Entscheidung des Streitfalls ist dies indes ohne Bedeutung, da beide Zeitpunkte im Wirtschaftsjahr (= Kalenderjahr) 2005 liegen.

29

d) Bei einer solchermaßen eindeutig für den Kläger und die problemlose Realisierbarkeit seiner Steuererstattungsansprüche sprechenden materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Lage (einschließlich verwaltungsinterner Weisungen) steht allein die noch ausstehende Umsetzung dieser Rechts- und Weisungslage in geänderte Umsatzsteuerbescheide einer Aktivierung entsprechender Forderungen nicht entgegen.

30

aa) Wie bereits dargestellt, bestimmt sich die Aktivierung von Vermögensgegenständen in der Handelsbilanz --und damit der Ansatz von Wirtschaftsgütern in der Steuerbilanz-- in erster Linie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten (BFH-Urteil in BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650, unter II.2.). Die wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen für die Realisierung des Anspruchs waren im Streitfall mit der objektiven Klärung der materiell- und verfahrensrechtlichen Rechtslage sowie der Anweisung an die Finanzbehörden, die zugunsten der Betreiber von Geldspielgeräten ergangene Rechtsprechung allgemein anzuwenden, bereits im Jahr 2005 gesetzt. In einer solchen Situation stellt sich der Erlass der Steuerbescheide --ähnlich wie die Berichtigung einer zunächst aus formalen Gründen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786)-- nur noch als wirtschaftlich unwesentlicher, formalrechtlicher Akt dar. Auch ein Betriebserwerber hätte zum 31. Dezember 2005 die gegen das FA gerichteten Steuererstattungsansprüche des Klägers im Rahmen der Bemessung des Unternehmenskaufpreises vergütet.

31

Von der hier vertretenen Auffassung geht im Ergebnis auch das BFH-Urteil vom 17. Januar 2007 XI R 8/04 (nicht veröffentlicht, juris) aus. Dem lag der Sachverhalt zugrunde, dass das dort zuständige FA in einem Änderungsbescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns für das dortige Streitjahr einen Mehrgewinn aus einem Gewerbesteuer-Erstattungsanspruch für dasselbe Jahr angesetzt hatte, der sich erst aus einem --nach dem Bilanzstichtag ergangenen-- Änderungsbescheid ergab. Der XI. Senat des BFH hat insoweit zur Begründung lediglich ausgeführt, der --für den Steuerpflichtigen günstige-- geänderte Gewerbesteuermessbescheid sei nicht angefochten worden, so dass der darauf beruhende Erstattungsanspruch bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen sei.

32

bb) Gegenteiliges folgt nicht aus der vom Kläger und dem FG herangezogenen Rechtsprechung des II. Senats des BFH zur --früheren-- Rechtslage bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens sowie im Recht der Vermögensteuer und Erbschaftsteuer.

33

(1) Nach dem BFH-Urteil vom 15. Oktober 1997 II R 56/94 (BFHE 184, 111, BStBl II 1997, 796) waren Steuererstattungsansprüche, die auf höchstrichterlicher Rechtsprechung beruhten, bei der Feststellung von Einheitswerten des Betriebsvermögens für Stichtage vor dem 1. Januar 1993 --als noch keine Bindung an die Steuerbilanz bestand-- nicht anzusetzen.

34

Diese Rechtsprechung beruht indes auf den Besonderheiten des Bewertungsrechts (strenges Stichtagsprinzip), das insoweit von der stärker wirtschaftlich geprägten Betrachtungsweise des Bilanzsteuerrechts abweicht. Dies zeigt sich auch daran, dass Ansprüche auf Erstattung von Körperschaftsteuer, die auf einer erst nach dem Bewertungsstichtag beschlossenen Gewinnausschüttung beruhten, zwar nicht in einer Vermögensaufstellung für Stichtage vor dem 1. Januar 1993 (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1998 II R 60/96, BFHE 187, 113, BStBl II 1999, 162, unter II.2.), wohl aber in Anwendung der ab dem 1. Januar 1993 geltenden bewertungsrechtlichen Rechtslage --die mit der bilanzsteuerrechtlichen Lage übereinstimmte (vgl. § 109 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes in der ab dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung)-- anzusetzen waren (BFH-Urteil in BFHE 187, 113, BStBl II 1999, 162, unter II.1.).

35

Im Übrigen betraf das Urteil in BFHE 184, 111, BStBl II 1997, 796 einen Bewertungsstichtag, der noch vor der Veröffentlichung der --die Durchsetzbarkeit des Steuererstattungsanspruchs gegenüber der Finanzverwaltung wirtschaftlich begründenden-- BFH-Entscheidung im entsprechenden Musterverfahren lag.

36

(2) Eine vergleichbare Zeitfolge lag auch dem --zum Erbschaftsteuerrecht für Stichtage ab dem 1. Januar 1993 ergangenen-- BFH-Urteil vom 15. März 2000 II R 15/98 (BFHE 191, 403, BStBl II 2000, 588) zugrunde. Zudem hatte dort das für den Einzelfall zuständige FA --ebenfalls hinsichtlich der Umsatzsteuer auf Umsätze mit Geldspielautomaten-- noch nach dem Ergehen einer für den dortigen Steuerpflichtigen günstigen Entscheidung des EuGH die Änderung ergangener Umsatzsteuerbescheide ausdrücklich abgelehnt, und dies darauf gestützt, dass ein früheres BMF-Schreiben noch fortgelte und bisher nicht an die EuGH-Rechtsprechung angepasst worden sei. Erst nach Ergehen eines neuen BMF-Schreibens half das dortige FA dem Änderungsbegehren ab.

37

Hinsichtlich der Erbschaftsteuer hat der II. Senat des BFH zudem zwischenzeitlich entschieden, dass die Notwendigkeit einer aus Sicht des Bewertungsstichtags noch vorzunehmenden Änderung von Steuerbescheiden dem Ansatz entsprechender Steuererstattungsansprüche beim steuerpflichtigen Erwerb nicht entgegensteht (BFH-Urteil vom 16. Januar 2008 II R 30/06, BFHE 220, 518, BStBl II 2008, 626, unter II.A.1.b). Dies ist seit 2009 auch ausdrücklich in § 10 Abs. 1 Satz 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes festgeschrieben.

38

(3) Das BFH-Urteil vom 2. Dezember 2003 II R 5/03 (BFHE 203, 512, BStBl II 2004, 203) befasste sich für Zwecke der Vermögensteuer mit einem Steuererstattungsanspruch im Privatvermögen. Auch dort galt aber das strenge Stichtagsprinzip, das --wie unter (1) dargestellt-- im Bilanzsteuerrecht aufgrund des Vorrangs wirtschaftlicher Gesichtspunkte nicht anwendbar ist.

39

e) Auch der Umstand, dass der Kläger seine --vor dem Bilanzstichtag gestellten-- Änderungsanträge am Stichtag noch nicht beziffert hatte, und das FA daher noch keine Prüfung der Höhe des Anspruchs hatte vornehmen können, hindert eine Aktivierung nicht.

40

aa) Der Zeitpunkt, zu dem der Inhaber eines --dem Grunde nach bestehenden-- Anspruchs diesen zahlenmäßig beziffert, steht grundsätzlich im Belieben des Anspruchstellers. Besteht ein solcher Anspruch objektiv und liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Anspruchsinhaber auf Dauer von dessen Durchsetzung absehen werde, kann die Gewinnrealisierung nicht dadurch hinausgeschoben werden, dass ein bereits dem Grunde nach geltend gemachter und vom Anspruchsgegner nicht --bzw. nicht mehr-- bestrittener Anspruch der Höhe nach zunächst noch nicht konkretisiert wird.

41

Hierzu hat der BFH bereits ausgeführt, für die Aktivierung eines Steuererstattungsanspruchs genüge es, wenn der Anspruch, dessen Realisierung sich kein Kaufmann vernünftigerweise entgehen lasse, erhoben werden könne (Urteil in BFHE 90, 69, BStBl III 1967, 763). Die Realisierung eines gegen das FA gerichteten Anspruchs, der materiell- und verfahrensrechtlich sowie nach der geltenden Weisungslage unzweifelhaft besteht und dessen Umsetzung in konkrete Steuerbescheide nur noch von einer Bezifferung durch den Steuerpflichtigen abhängig ist, wird sich kein Kaufmann entgehen lassen.

42

Im Übrigen setzt eine Gewinnrealisierung nach ständiger Rechtsprechung nicht voraus, dass bereits am Bilanzstichtag über den Anspruch --zahlenmäßig-- abgerechnet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14. April 2011 X B 104/10, BFH/NV 2011, 1343, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

43

bb) Wenn aber die noch ausstehende zahlenmäßige Konkretisierung des Erstattungsanspruchs durch den Kläger einer Aktivierung nicht entgegensteht, dann gilt dies auch für die Überprüfung dieser zahlenmäßigen Konkretisierung durch das FA. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das FA seine Überprüfungshandlungen an Amtsstelle oder im Wege einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung vornimmt. Aus den Feststellungen des FG ergibt sich nicht, dass die Umsatzsteuer-Sonderprüfung --die sich ohnehin allein auf das Jahr 1998 bezogen und nicht zu Beanstandungen geführt hat-- zum Ziel gehabt haben könnte, über die Prüfung der Zahlenangaben des Klägers hinaus Anhaltspunkte für ein Bestreiten der Erstattungsansprüche dem Grunde nach zu ermitteln.

44

3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das FA hat sämtliche Erstattungszinsen, die in den --erst nach dem Bilanzstichtag ergangenen-- Umsatzsteuer- und Zinsbescheiden festgesetzt worden sind, bereits zum Bilanzstichtag aktiviert. Ansprüche auf Erstattungszinsen, die wirtschaftlich auf die Zeit nach dem 31. Dezember 2005 entfallen, dürfen aber nicht schon zu diesem Zeitpunkt aktiviert werden. Das FG wird im zweiten Rechtsgang Feststellungen zur Höhe der bis zum Bilanzstichtag entstandenen Erstattungszinsen nachholen.

45

4. Die dargestellten Grundsätze gelten gemäß § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes auch für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und den sich daran anschließenden Zerlegungsbescheid.

(1)1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung

1.
des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs.2Als Teilbetrieb gilt auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft ist § 17 Absatz 4 Satz 3 sinngemäß anzuwenden;
2.
des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2);
3.
des gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3).
2Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Anteils im Sinne von Satz 1 Nummer 2 oder 3 erzielt werden, sind laufende Gewinne.

(2)1Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) übersteigt.2Der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Absatz 1 oder nach § 5 zu ermitteln.3Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit jedoch als laufender Gewinn.

(3)1Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs sowie eines Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3.2Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden; § 4 Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.3Dagegen ist für den jeweiligen Übertragungsvorgang rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen, soweit bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen worden sind, zum Buchwert übertragener Grund und Boden, übertragene Gebäude oder andere übertragene wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb einer Sperrfrist nach der Übertragung veräußert oder entnommen werden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung.4Satz 2 ist bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, nicht anzuwenden, soweit die Wirtschaftsgüter unmittelbar oder mittelbar auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse übertragen werden; in diesem Fall ist bei der Übertragung der gemeine Wert anzusetzen.5Soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs als laufender Gewinn.6Werden die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert, so sind die Veräußerungspreise anzusetzen.7Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen.8Bei Aufgabe eines Gewerbebetriebs, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ist für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.

(3a) Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich; § 4 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(3b)1In den Fällen der Betriebsunterbrechung und der Betriebsverpachtung im Ganzen gilt ein Gewerbebetrieb sowie ein Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 nicht als aufgegeben, bis

1.
der Steuerpflichtige die Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt oder
2.
dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 erfüllt sind.
2Die Aufgabe des Gewerbebetriebs oder Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 ist in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 rückwirkend für den vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt anzuerkennen, wenn die Aufgabeerklärung spätestens drei Monate nach diesem Zeitpunkt abgegeben wird.3Wird die Aufgabeerklärung nicht spätestens drei Monate nach dem vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt abgegeben, gilt der Gewerbebetrieb oder Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erst in dem Zeitpunkt als aufgegeben, in dem die Aufgabeerklärung beim Finanzamt eingeht.

(4)1Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 45 000 Euro übersteigt.2Der Freibetrag ist dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren.3Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 Euro übersteigt.

(5) Werden bei einer Realteilung, bei der Teilbetriebe auf einzelne Mitunternehmer übertragen werden, Anteile an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unmittelbar oder mittelbar von einem nicht von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Steuerpflichtigen auf einen von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Mitunternehmer übertragen, ist abweichend von Absatz 3 Satz 2 rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen, wenn der übernehmende Mitunternehmer die Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Realteilung unmittelbar oder mittelbar veräußert oder durch einen Vorgang nach § 22 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 bis 5 des Umwandlungssteuergesetzes weiter überträgt; § 22 Absatz 2 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes gilt entsprechend.

(1)1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind

1.
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind;
2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.2Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind;
3.
die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfallen, und die Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.
2Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt auch für Vergütungen, die als nachträgliche Einkünfte (§ 24 Nummer 2) bezogen werden.3§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem gewerblichen Betriebsvermögen gehört hat.

(1a)1In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 5 ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.2Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.

(2)1Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.2Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1.3Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.

(3) Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit

1.
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht.2Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 positiv oder negativ sind;
2.
einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).2Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.

(4)1Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.4Satz 3 gilt nicht für die Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.5Satz 4 gilt nicht, wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben.6Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist, dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.7Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft, Unterbeteiligung oder sonstigen Innengesellschaft bezieht; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.8Die Sätze 6 und 7 gelten nicht, soweit der Verlust auf eine natürliche Person als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

(1)1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung

1.
des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs.2Als Teilbetrieb gilt auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft ist § 17 Absatz 4 Satz 3 sinngemäß anzuwenden;
2.
des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2);
3.
des gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3).
2Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Anteils im Sinne von Satz 1 Nummer 2 oder 3 erzielt werden, sind laufende Gewinne.

(2)1Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) übersteigt.2Der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Absatz 1 oder nach § 5 zu ermitteln.3Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit jedoch als laufender Gewinn.

(3)1Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs sowie eines Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3.2Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden; § 4 Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.3Dagegen ist für den jeweiligen Übertragungsvorgang rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen, soweit bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen worden sind, zum Buchwert übertragener Grund und Boden, übertragene Gebäude oder andere übertragene wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb einer Sperrfrist nach der Übertragung veräußert oder entnommen werden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung.4Satz 2 ist bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, nicht anzuwenden, soweit die Wirtschaftsgüter unmittelbar oder mittelbar auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse übertragen werden; in diesem Fall ist bei der Übertragung der gemeine Wert anzusetzen.5Soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs als laufender Gewinn.6Werden die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert, so sind die Veräußerungspreise anzusetzen.7Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen.8Bei Aufgabe eines Gewerbebetriebs, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ist für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.

(3a) Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich; § 4 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(3b)1In den Fällen der Betriebsunterbrechung und der Betriebsverpachtung im Ganzen gilt ein Gewerbebetrieb sowie ein Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 nicht als aufgegeben, bis

1.
der Steuerpflichtige die Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt oder
2.
dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 erfüllt sind.
2Die Aufgabe des Gewerbebetriebs oder Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 ist in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 rückwirkend für den vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt anzuerkennen, wenn die Aufgabeerklärung spätestens drei Monate nach diesem Zeitpunkt abgegeben wird.3Wird die Aufgabeerklärung nicht spätestens drei Monate nach dem vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt abgegeben, gilt der Gewerbebetrieb oder Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erst in dem Zeitpunkt als aufgegeben, in dem die Aufgabeerklärung beim Finanzamt eingeht.

(4)1Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 45 000 Euro übersteigt.2Der Freibetrag ist dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren.3Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 Euro übersteigt.

(5) Werden bei einer Realteilung, bei der Teilbetriebe auf einzelne Mitunternehmer übertragen werden, Anteile an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unmittelbar oder mittelbar von einem nicht von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Steuerpflichtigen auf einen von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Mitunternehmer übertragen, ist abweichend von Absatz 3 Satz 2 rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen, wenn der übernehmende Mitunternehmer die Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Realteilung unmittelbar oder mittelbar veräußert oder durch einen Vorgang nach § 22 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 bis 5 des Umwandlungssteuergesetzes weiter überträgt; § 22 Absatz 2 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes gilt entsprechend.

(1)1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind

1.
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind;
2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.2Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind;
3.
die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfallen, und die Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.
2Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt auch für Vergütungen, die als nachträgliche Einkünfte (§ 24 Nummer 2) bezogen werden.3§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem gewerblichen Betriebsvermögen gehört hat.

(1a)1In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 5 ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.2Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.

(2)1Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.2Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1.3Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.

(3) Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit

1.
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht.2Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 positiv oder negativ sind;
2.
einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).2Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.

(4)1Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.4Satz 3 gilt nicht für die Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.5Satz 4 gilt nicht, wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben.6Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist, dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.7Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft, Unterbeteiligung oder sonstigen Innengesellschaft bezieht; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.8Die Sätze 6 und 7 gelten nicht, soweit der Verlust auf eine natürliche Person als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

Tenor

Der Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 20. November 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Juni 2010 wird dahin geändert, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit Ausnahme der Steuererstattungszinsen gemäß § 233a der Abgabenordnung zu den Umsatzsteuerfestsetzungen für 1999 bis 2002 (35.522 Euro) als außerordentliche Einkünfte i. S. von § 34 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung besteuert werden. Die danach festzusetzende Steuer ist gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung vom Beklagten zu ermitteln. Das Leistungsgebot wird aufgehoben. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 75 % und der Beklagte zu 25 %.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.


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Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Absatz 1 gehören auch

1.
Entschädigungen, die gewährt worden sind
a)
als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder
b)
für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche;
c)
als Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b des Handelsgesetzbuchs;
2.
Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 oder aus einem früheren Rechtsverhältnis im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 7, und zwar auch dann, wenn sie dem Steuerpflichtigen als Rechtsnachfolger zufließen;
3.
Nutzungsvergütungen für die Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke sowie Zinsen auf solche Nutzungsvergütungen und auf Entschädigungen, die mit der Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke zusammenhängen.

(1)1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung

1.
des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs.2Als Teilbetrieb gilt auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft ist § 17 Absatz 4 Satz 3 sinngemäß anzuwenden;
2.
des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2);
3.
des gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3).
2Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Anteils im Sinne von Satz 1 Nummer 2 oder 3 erzielt werden, sind laufende Gewinne.

(2)1Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) übersteigt.2Der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Absatz 1 oder nach § 5 zu ermitteln.3Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit jedoch als laufender Gewinn.

(3)1Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs sowie eines Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3.2Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden; § 4 Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.3Dagegen ist für den jeweiligen Übertragungsvorgang rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen, soweit bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen worden sind, zum Buchwert übertragener Grund und Boden, übertragene Gebäude oder andere übertragene wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb einer Sperrfrist nach der Übertragung veräußert oder entnommen werden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung.4Satz 2 ist bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, nicht anzuwenden, soweit die Wirtschaftsgüter unmittelbar oder mittelbar auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse übertragen werden; in diesem Fall ist bei der Übertragung der gemeine Wert anzusetzen.5Soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs als laufender Gewinn.6Werden die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert, so sind die Veräußerungspreise anzusetzen.7Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen.8Bei Aufgabe eines Gewerbebetriebs, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ist für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.

(3a) Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich; § 4 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(3b)1In den Fällen der Betriebsunterbrechung und der Betriebsverpachtung im Ganzen gilt ein Gewerbebetrieb sowie ein Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 nicht als aufgegeben, bis

1.
der Steuerpflichtige die Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt oder
2.
dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 erfüllt sind.
2Die Aufgabe des Gewerbebetriebs oder Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 ist in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 rückwirkend für den vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt anzuerkennen, wenn die Aufgabeerklärung spätestens drei Monate nach diesem Zeitpunkt abgegeben wird.3Wird die Aufgabeerklärung nicht spätestens drei Monate nach dem vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt abgegeben, gilt der Gewerbebetrieb oder Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erst in dem Zeitpunkt als aufgegeben, in dem die Aufgabeerklärung beim Finanzamt eingeht.

(4)1Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 45 000 Euro übersteigt.2Der Freibetrag ist dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren.3Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 Euro übersteigt.

(5) Werden bei einer Realteilung, bei der Teilbetriebe auf einzelne Mitunternehmer übertragen werden, Anteile an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unmittelbar oder mittelbar von einem nicht von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Steuerpflichtigen auf einen von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Mitunternehmer übertragen, ist abweichend von Absatz 3 Satz 2 rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen, wenn der übernehmende Mitunternehmer die Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Realteilung unmittelbar oder mittelbar veräußert oder durch einen Vorgang nach § 22 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 bis 5 des Umwandlungssteuergesetzes weiter überträgt; § 22 Absatz 2 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes gilt entsprechend.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Führt die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einem Unterschiedsbetrag im Sinne des Absatzes 3, ist dieser zu verzinsen. Dies gilt nicht für die Festsetzung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen.

(2) Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Er beginnt für die Einkommen- und Körperschaftsteuer 23 Monate nach diesem Zeitpunkt, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte überwiegen; hierbei sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes nicht zu berücksichtigen. Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird.

(2a) Soweit die Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2) oder auf einem Verlustabzug nach § 10d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes beruht, beginnt der Zinslauf abweichend von Absatz 2 Satz 1 und 2 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist.

(3) Maßgebend für die Zinsberechnung ist die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (Unterschiedsbetrag). Bei der Vermögensteuer ist als Unterschiedsbetrag für die Zinsberechnung die festgesetzte Steuer, vermindert um die festgesetzten Vorauszahlungen oder die bisher festgesetzte Jahressteuer, maßgebend. Ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen ist nur bis zur Höhe des zu erstattenden Betrags zu verzinsen; die Verzinsung beginnt frühestens mit dem Tag der Zahlung. Besteht der Erstattungsbetrag aus mehreren Teil-Leistungen, richtet sich der Zinsberechnungszeitraum jeweils nach dem Zeitpunkt der einzelnen Leistung; die Leistungen sind in chronologischer Reihenfolge zu berücksichtigen, beginnend mit der jüngsten Leistung.

(4) Die Festsetzung der Zinsen soll mit der Steuerfestsetzung verbunden werden.

(5) Wird die Steuerfestsetzung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, ist eine bisherige Zinsfestsetzung zu ändern; Gleiches gilt, wenn die Anrechnung von Steuerbeträgen zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Maßgebend für die Zinsberechnung ist der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der vorher festgesetzten Steuer, jeweils vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und um die anzurechnende Körperschaftsteuer. Dem sich hiernach ergebenden Zinsbetrag sind bisher festzusetzende Zinsen hinzuzurechnen; bei einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen entfallen darauf festgesetzte Zinsen. Im Übrigen gilt Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten bei der Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs entsprechend.

(7) Bei Anwendung des Absatzes 2a gelten die Absätze 3 und 5 mit der Maßgabe, dass der Unterschiedsbetrag in Teil-Unterschiedsbeträge mit jeweils gleichem Zinslaufbeginn aufzuteilen ist; für jeden Teil-Unterschiedsbetrag sind Zinsen gesondert und in der zeitlichen Reihenfolge der Teil-Unterschiedsbeträge zu berechnen, beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem ältesten Zinslaufbeginn. Ergibt sich ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen, entfallen auf diesen Betrag festgesetzte Zinsen frühestens ab Beginn des für diesen Teil-Unterschiedsbetrag maßgebenden Zinslaufs; Zinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs dieses Teil-Unterschiedsbetrags bleiben endgültig bestehen. Dies gilt auch, wenn zuvor innerhalb derselben Zinsberechnung Zinsen auf einen Teil-Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen berechnet worden sind.

(8) Zinsen auf einen Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen (Nachzahlungszinsen) sind entweder nicht festzusetzen oder zu erlassen, soweit Zahlungen oder andere Leistungen auf eine später wirksam gewordene Steuerfestsetzung erbracht wurden, die Finanzbehörde diese Leistungen angenommen und auf die festgesetzte und zu entrichtende Steuer angerechnet hat. Absatz 3 Satz 4 ist hierbei entsprechend anzuwenden. Soweit Nachzahlungszinsen aufgrund einer Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung nach Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz entfallen, mindert sich der Zinsverzicht nach Satz 1 entsprechend. Die §§ 163 und 227 bleiben unberührt.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte u.a. aus dem Betrieb von Geldspielautomaten Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Die Umsätze aus dem Betrieb der Geldspielautomaten wurden zunächst der Umsatzsteuer unterworfen.

2

Am 15. November 2001 (für die Umsatzsteuer der Jahre 1996 bis 1999) und am 27. November 2003 (für die Jahre 2000 und 2001) beantragte der Kläger im Hinblick auf die europarechtlichen Bedenken gegen die in Deutschland geltende Rechtslage, diese Umsätze steuerfrei zu belassen und die --unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden-- Umsatzsteuer-Festsetzungen entsprechend herabzusetzen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte die Änderungsanträge am 9. Februar 2004 ab und brachte das anschließende Einspruchsverfahren am 10. März 2004 zum Ruhen.

3

Mit Urteil vom 17. Februar 2005 Rs. C-453, 462/02 --Linneweber und Akritidis-- (Slg. 2005, I-1131) entschied der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) auf entsprechende Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs (BFH), Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG stehe nationalen Rechtsvorschriften entgegen, nach denen die Veranstaltung von Glücksspielen oder der Betrieb von Glücksspielgeräten durch sonstige Wirtschaftsteilnehmer nicht von der Umsatzsteuer befreit sei. In einem der Revisionsverfahren, die zur Anrufung des EuGH geführt hatten, entschied der BFH nachfolgend mit Urteil vom 12. Mai 2005 V R 7/02 (BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617), ein Betreiber von Geldspielautomaten könne sich für die Umsatzsteuerfreiheit seiner Umsätze unmittelbar auf die Richtlinie 77/388/EWG berufen. Die Finanzverwaltung hat das genannte BFH-Urteil vorbehaltlos in der am 30. September 2005 ausgegebenen Nr. 15 des Jahrgangs 2005 des BStBl II veröffentlicht.

4

Der Kläger bezifferte seine Erstattungsansprüche für die Jahre 1996 bis 2001 in dem anhängigen Einspruchsverfahren mit mehreren Schreiben, deren erstes vom 16. Februar 2006 datiert. Das FA erließ --für das Jahr 1998 nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung hinsichtlich der zu erstattenden Beträge am 10. Oktober 2006-- nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte Umsatzsteuerbescheide, aus denen sich die folgenden Erstattungsbeträge ergaben:

5

Jahr

Datum des Bescheids

Umsatzsteuer-Erstattung

Erstattungszinsen § 233a AO

1996

08.05.2006

33.168,53 €

16.078,00 €

1997

08.05.2006

79.663,37 €

33.846,00 €

1998

26.10.2006

89.703,09 €

34.979,75 €

1999

22.11.2006

101.412,19 €

33.969,00 €

2000

29.12.2006

85.693,54 €

24.408,00 €

2001

16.01.2007

88.271,98 €

19.707,00 €

Summe

477.912,70 €

162.987,75 €

6

Der Kläger stellte seinen Jahresabschluss für das Streitjahr 2005 am 26. April 2007 auf. Darin berücksichtigte er keine Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche für die Jahre 1996 bis 2001.

7

Demgegenüber erfasste das FA in den angefochtenen Bescheiden über Einkommensteuer sowie die Festsetzung und Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags für 2005 die genannten Erstattungsansprüche einschließlich des Gesamtbetrags der Erstattungszinsen gewinnerhöhend. Hierfür berief es sich auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 5. Juli 2006 (BStBl I 2006, 418). Gegenläufig erhöhte es die Gewerbesteuer-Rückstellung.

8

Der Einspruch blieb im hier interessierenden Punkt ohne Erfolg. Das FA führte aus, der Kläger habe spätestens mit der vorbehaltlosen Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II vom 30. September 2005 von der Anerkennung seiner Erstattungsansprüche durch das FA ausgehen können. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätten die Ansprüche auch Eingang in die Bewertung des Betriebs durch einen potenziellen Erwerber gefunden. Demgegenüber sei der Erlass geänderter Steuerbescheide für die Aktivierung von Steuererstattungsansprüchen nicht zwingend erforderlich, weil keine formale, sondern eine wirtschaftliche Betrachtung geboten sei.

9

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1521). Bestrittene Forderungen seien erst zu aktivieren, wenn sie rechtskräftig zuerkannt seien oder der Schuldner sein Bestreiten aufgegeben habe. Diese Grundsätze seien nicht nur auf zivilrechtliche Ansprüche, sondern auch auf Steuererstattungsansprüche anwendbar. Solange eine entgegenstehende Steuerfestsetzung noch nicht geändert sei oder das FA dem Steuerpflichtigen auf andere Weise zu erkennen gebe, dass es den Steuererstattungsanspruch akzeptieren werde, komme eine Aktivierung nicht in Betracht. Vorliegend habe das FA allein aufgrund der Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II noch keine geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen erlassen. Vielmehr habe es sich mit dem --bis dahin bestrittenen-- Änderungsantrag des Klägers erst auseinandergesetzt, nachdem dieser am 16. Februar 2006 das Einspruchsverfahren aufgegriffen habe. Sodann habe das FA sich die Höhe der Ansprüche im Einzelnen nachweisen lassen und teilweise im Wege einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung geprüft. Es komme auch nicht darauf an, dass die Änderungsbescheide noch vor der Aufstellung des Jahresabschlusses für 2005 ergangen seien. Denn der Umstand, dass das FA sein Bestreiten aufgegeben habe, stelle eine wertbegründende Tatsache dar, die nur berücksichtigt werden dürfe, wenn sie bereits am Bilanzstichtag gegeben sei.

10

Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung des § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 252 Abs. 1 Nr. 4 des Handelsgesetzbuchs (HGB).

11

Das FA beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

14

Das FG hat rechtsfehlerhaft eine Aktivierung der Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche und Erstattungszinsen abgelehnt. Allerdings darf der Teil der Erstattungszinsen, der auf Zeiträume nach dem 31. Dezember 2005 entfällt, nicht bereits zu diesem Stichtag aktiviert werden. Zur Ermittlung der Höhe dieses Teilbetrags geht die Sache an das FG zurück.

15

1. Die Aktivierung von Forderungen richtet sich bei buchführenden Gewerbetreibenden nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 HGB sind Gewinne nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind.

16

Nach dem (imparitätischen) Realisationsprinzip, das einen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung i.S. des § 5 Abs. 1 EStG darstellt, darf ein Gewinn grundsätzlich erst ausgewiesen werden, wenn er durch Umsatz (Veräußerung oder sonstigen Leistungsaustausch) verwirklicht ist; Vermögensmehrungen dürfen nur erfasst werden, wenn sie disponibel sind. Gewinnrealisierung tritt dann ein, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldeten Erfüllungshandlungen in der Weise erbracht hat, dass ihm die Forderung auf die Gegenleistung (z.B. die Zahlung) --von den mit jeder Forderung verbundenen Risiken abgesehen-- so gut wie sicher ist (BFH-Urteil vom 23. März 2011 X R 42/08, BFHE 233, 398, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2011, 1603, mit weiteren Nachweisen).

17

Dementsprechend sind Forderungen (§ 266 Abs. 2 B.II. HGB), insbesondere Geldforderungen aus Lieferungen und Leistungen, zu aktivieren, sobald sie (unabhängig von der rechtlichen Entstehung) wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht und am Bilanzstichtag hinreichend sicher sind (BFH-Urteile vom 12. Mai 1993 XI R 1/93, BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786; vom 3. August 2005 I R 94/03, BFHE 210, 398, BStBl II 2006, 20; vom 14. März 2006 VIII R 60/03, BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 30. Aufl., § 5 Rz 270 "Forderungen").

18

Für die Bilanzierung kommt es nicht entscheidend darauf an, ob ein Anspruch bereits im zivil- oder öffentlich-rechtlichen Sinne entstanden ist. Maßgebend ist bei einem erst in der Entstehung begriffenen Anspruch vielmehr, ob sich die Anwartschaft genügend konkretisiert hat und im Falle einer Betriebsveräußerung von den Vertragsparteien bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt würde (BFH-Urteil vom 28. September 1967 IV 291/65, BFHE 90, 69, BStBl III 1967, 763, betr. Anspruch auf Auszahlung einer formell noch nicht entstandenen Umsatzsteuer-Vergütung). In dieser Entscheidung hat der BFH weiter ausgeführt, für die Aktivierung eines Steuererstattungsanspruchs genüge es, wenn der Anspruch, dessen Realisierung sich kein Kaufmann vernünftigerweise entgehen lasse, erhoben werden könne.

19

So muss beispielsweise ein auf der Geltendmachung von Vorsteuer beruhender Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch bereits dann aktiviert werden, wenn zunächst nur eine nicht ordnungsgemäße Rechnung vorhanden ist, sofern --wie im Regelfall-- nicht damit zu rechnen ist, dass der Rechnungsaussteller sich einer Berichtigung dieser Rechnung widersetzen werde (BFH-Urteil in BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786, unter II.2.). Denn die Notwendigkeit, die Rechnung berichtigen zu lassen, ist im Vergleich zum Tatbestandsmerkmal der "Ausführung der Leistung" von untergeordneter Bedeutung und beeinträchtigt die Sicherheit der Forderung nicht in einem Maße, das in Anwendung des Realisationsprinzips eine Bilanzierung verbieten könnte.

20

Zivilrechtliche Ansprüche können selbst dann zu aktivieren sein, wenn sie formal noch unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit stehen, sofern der Kaufmann nach den Umständen des Einzelfalls bereits am Bilanzstichtag bei normalem Geschäftsablauf fest mit der Zahlung rechnen kann (BFH-Urteil vom 9. Februar 1978 IV R 201/74, BFHE 124, 520, BStBl II 1978, 370).

21

2. Nach diesen Grundsätzen hatte der Kläger die streitgegenständlichen Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche für die Jahre 1996 bis 2001 zum 31. Dezember 2005 zu aktivieren.

22

Bereits zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch realisiert. Denn der Realisierung der genannten Erstattungsansprüche standen im maßgebenden Zeitpunkt weder materiell-rechtliche (dazu unten a) noch verfahrensrechtliche Hindernisse (unten b) entgegen. Aufgrund der verwaltungsinternen Weisungslage war das für die Besteuerung des Klägers zuständige FA zur Anwendung der Rechtsprechung des EuGH und BFH verpflichtet (unten c). Dass die Änderung der Steuerbescheide am Bilanzstichtag noch ausstand (unten d) und der Kläger seine Anträge noch nicht beziffert hatte (unten e), schließt bei dieser Sachlage eine Aktivierung der Steuererstattungsansprüche nicht aus.

23

a) Materiell-rechtlich stand seit Ergehen des EuGH-Urteils in Slg. 2005, I-1131, spätestens aber seit Veröffentlichung des BFH-Urteils in BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617 fest, dass der Kläger sich für die Steuerfreiheit seiner Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten unmittelbar auf die Richtlinie 77/388/EWG berufen konnte. Hieraus ergab sich zugleich die materiell-rechtliche Fehlerhaftigkeit der gegen den Kläger ergangenen Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 1996 bis 2001.

24

b) Ebenso wenig bestanden verfahrensrechtliche Hindernisse für eine Änderung der Festsetzungen. Diese standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und waren daher nicht in materielle Bestandskraft erwachsen. Die Änderungsanträge des Klägers vom 15. November 2001 bzw. 27. November 2003 hatten jeweils zweifelsfrei die Festsetzungsfrist gewahrt. Der nach Ablehnung der Änderungsanträge eingelegte Einspruch war in offensichtlich zulässiger Weise erhoben worden.

25

c) Mit der Veröffentlichung des BFH-Urteils in BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617 in der am 30. September 2005 herausgegebenen Ausgabe des BStBl II war das FA verwaltungsintern verpflichtet, diese Rechtsprechung zugunsten des Klägers anzuwenden. Die Veröffentlichung von BFH-Entscheidungen im BStBl II beruht in jedem Einzelfall auf einer Entscheidung der für das jeweilige steuerrechtliche Sachgebiet zuständigen Vertreter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder. In der vorbehaltlosen Veröffentlichung einer BFH-Entscheidung im BStBl II liegt zugleich die Anweisung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder an die nachgeordneten Dienststellen der Finanzverwaltung, die in der jeweiligen Entscheidung enthaltenen Rechtsgrundsätze auf gleichgelagerte Sachverhalte allgemein --über den entschiedenen Einzelfall hinaus-- anzuwenden (vgl. auch Verfügung der Oberfinanzdirektion Hannover vom 9. März 2004, DStR 2004, 1047).

26

Damit stand aufgrund dieser noch im Jahr 2005 ergangenen Anweisung fest, dass das FA die Erstattungsansprüche des Klägers dem Grunde nach nicht mehr bestreiten würde.

27

Soweit das FG formuliert hat, das FA habe sich erst nach dem Schreiben des Klägers vom 16. Februar 2006 mit dem "bis dahin bestrittenen" Änderungsbegehren auseinandergesetzt, liegt darin keine den Senat i.S. des § 118 Abs. 2 FGO bindende Tatsachenfeststellung des Inhalts, dass das FA die Ansprüche des Klägers noch konkret bestritten hätte. Denn aus den vom FG getroffenen Feststellungen zu dem Schriftverkehr zwischen dem Kläger und dem FA geht lediglich hervor, dass das FA letztmalig am 9. Februar 2004 --vor Ergehen der einschlägigen Entscheidungen des EuGH bzw. BFH-- negativ zu dem Änderungsbegehren des Klägers Stellung genommen und sodann am 10. März 2004 das Einspruchsverfahren im Hinblick auf das anhängige Vorabentscheidungsverfahren zum Ruhen gebracht hat. Damit hat das FA aber gerade zum Ausdruck gebracht, dass es der zu erwartenden Entscheidung des EuGH --vorbehaltlich anderslautender Weisungen seiner vorgesetzten Behörden-- maßgebende Bedeutung für das konkrete Besteuerungsverfahren des Klägers beimisst. Dass das FA dem Änderungsbegehren des Klägers während des Ruhens des Einspruchsverfahrens, insbesondere nach Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II, noch konkret entgegengetreten wäre, hat das FG nicht festgestellt. Allein der Umstand, dass das FA die Steuerfestsetzungen --so das FG-- nicht "ohne Weiteres", sondern erst nach einer Bezifferung der zuvor offenbar zahlenmäßig nicht konkretisierten Änderungsanträge durch den Kläger geändert hat, steht einem Bestreiten des Anspruchs nicht gleich.

28

Soweit das BMF-Schreiben vom 5. Juni 2006 (BStBl I 2006, 418) für den Zeitpunkt der Aktivierung von Steuererstattungsansprüchen, die sich aus der angeführten Entscheidung des EuGH ergeben, abweichend von den hier dargestellten Grundsätzen nicht erst auf die Veröffentlichung der BFH-Nachfolgeentscheidung im BStBl II abstellt, sondern bereits auf die --von der deutschen Finanzverwaltung zunächst unkommentiert gelassene-- Bekanntgabe der EuGH-Entscheidung, kann dahinstehen, ob der Senat dem folgen könnte. Für die Entscheidung des Streitfalls ist dies indes ohne Bedeutung, da beide Zeitpunkte im Wirtschaftsjahr (= Kalenderjahr) 2005 liegen.

29

d) Bei einer solchermaßen eindeutig für den Kläger und die problemlose Realisierbarkeit seiner Steuererstattungsansprüche sprechenden materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Lage (einschließlich verwaltungsinterner Weisungen) steht allein die noch ausstehende Umsetzung dieser Rechts- und Weisungslage in geänderte Umsatzsteuerbescheide einer Aktivierung entsprechender Forderungen nicht entgegen.

30

aa) Wie bereits dargestellt, bestimmt sich die Aktivierung von Vermögensgegenständen in der Handelsbilanz --und damit der Ansatz von Wirtschaftsgütern in der Steuerbilanz-- in erster Linie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten (BFH-Urteil in BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650, unter II.2.). Die wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen für die Realisierung des Anspruchs waren im Streitfall mit der objektiven Klärung der materiell- und verfahrensrechtlichen Rechtslage sowie der Anweisung an die Finanzbehörden, die zugunsten der Betreiber von Geldspielgeräten ergangene Rechtsprechung allgemein anzuwenden, bereits im Jahr 2005 gesetzt. In einer solchen Situation stellt sich der Erlass der Steuerbescheide --ähnlich wie die Berichtigung einer zunächst aus formalen Gründen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786)-- nur noch als wirtschaftlich unwesentlicher, formalrechtlicher Akt dar. Auch ein Betriebserwerber hätte zum 31. Dezember 2005 die gegen das FA gerichteten Steuererstattungsansprüche des Klägers im Rahmen der Bemessung des Unternehmenskaufpreises vergütet.

31

Von der hier vertretenen Auffassung geht im Ergebnis auch das BFH-Urteil vom 17. Januar 2007 XI R 8/04 (nicht veröffentlicht, juris) aus. Dem lag der Sachverhalt zugrunde, dass das dort zuständige FA in einem Änderungsbescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns für das dortige Streitjahr einen Mehrgewinn aus einem Gewerbesteuer-Erstattungsanspruch für dasselbe Jahr angesetzt hatte, der sich erst aus einem --nach dem Bilanzstichtag ergangenen-- Änderungsbescheid ergab. Der XI. Senat des BFH hat insoweit zur Begründung lediglich ausgeführt, der --für den Steuerpflichtigen günstige-- geänderte Gewerbesteuermessbescheid sei nicht angefochten worden, so dass der darauf beruhende Erstattungsanspruch bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen sei.

32

bb) Gegenteiliges folgt nicht aus der vom Kläger und dem FG herangezogenen Rechtsprechung des II. Senats des BFH zur --früheren-- Rechtslage bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens sowie im Recht der Vermögensteuer und Erbschaftsteuer.

33

(1) Nach dem BFH-Urteil vom 15. Oktober 1997 II R 56/94 (BFHE 184, 111, BStBl II 1997, 796) waren Steuererstattungsansprüche, die auf höchstrichterlicher Rechtsprechung beruhten, bei der Feststellung von Einheitswerten des Betriebsvermögens für Stichtage vor dem 1. Januar 1993 --als noch keine Bindung an die Steuerbilanz bestand-- nicht anzusetzen.

34

Diese Rechtsprechung beruht indes auf den Besonderheiten des Bewertungsrechts (strenges Stichtagsprinzip), das insoweit von der stärker wirtschaftlich geprägten Betrachtungsweise des Bilanzsteuerrechts abweicht. Dies zeigt sich auch daran, dass Ansprüche auf Erstattung von Körperschaftsteuer, die auf einer erst nach dem Bewertungsstichtag beschlossenen Gewinnausschüttung beruhten, zwar nicht in einer Vermögensaufstellung für Stichtage vor dem 1. Januar 1993 (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1998 II R 60/96, BFHE 187, 113, BStBl II 1999, 162, unter II.2.), wohl aber in Anwendung der ab dem 1. Januar 1993 geltenden bewertungsrechtlichen Rechtslage --die mit der bilanzsteuerrechtlichen Lage übereinstimmte (vgl. § 109 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes in der ab dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung)-- anzusetzen waren (BFH-Urteil in BFHE 187, 113, BStBl II 1999, 162, unter II.1.).

35

Im Übrigen betraf das Urteil in BFHE 184, 111, BStBl II 1997, 796 einen Bewertungsstichtag, der noch vor der Veröffentlichung der --die Durchsetzbarkeit des Steuererstattungsanspruchs gegenüber der Finanzverwaltung wirtschaftlich begründenden-- BFH-Entscheidung im entsprechenden Musterverfahren lag.

36

(2) Eine vergleichbare Zeitfolge lag auch dem --zum Erbschaftsteuerrecht für Stichtage ab dem 1. Januar 1993 ergangenen-- BFH-Urteil vom 15. März 2000 II R 15/98 (BFHE 191, 403, BStBl II 2000, 588) zugrunde. Zudem hatte dort das für den Einzelfall zuständige FA --ebenfalls hinsichtlich der Umsatzsteuer auf Umsätze mit Geldspielautomaten-- noch nach dem Ergehen einer für den dortigen Steuerpflichtigen günstigen Entscheidung des EuGH die Änderung ergangener Umsatzsteuerbescheide ausdrücklich abgelehnt, und dies darauf gestützt, dass ein früheres BMF-Schreiben noch fortgelte und bisher nicht an die EuGH-Rechtsprechung angepasst worden sei. Erst nach Ergehen eines neuen BMF-Schreibens half das dortige FA dem Änderungsbegehren ab.

37

Hinsichtlich der Erbschaftsteuer hat der II. Senat des BFH zudem zwischenzeitlich entschieden, dass die Notwendigkeit einer aus Sicht des Bewertungsstichtags noch vorzunehmenden Änderung von Steuerbescheiden dem Ansatz entsprechender Steuererstattungsansprüche beim steuerpflichtigen Erwerb nicht entgegensteht (BFH-Urteil vom 16. Januar 2008 II R 30/06, BFHE 220, 518, BStBl II 2008, 626, unter II.A.1.b). Dies ist seit 2009 auch ausdrücklich in § 10 Abs. 1 Satz 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes festgeschrieben.

38

(3) Das BFH-Urteil vom 2. Dezember 2003 II R 5/03 (BFHE 203, 512, BStBl II 2004, 203) befasste sich für Zwecke der Vermögensteuer mit einem Steuererstattungsanspruch im Privatvermögen. Auch dort galt aber das strenge Stichtagsprinzip, das --wie unter (1) dargestellt-- im Bilanzsteuerrecht aufgrund des Vorrangs wirtschaftlicher Gesichtspunkte nicht anwendbar ist.

39

e) Auch der Umstand, dass der Kläger seine --vor dem Bilanzstichtag gestellten-- Änderungsanträge am Stichtag noch nicht beziffert hatte, und das FA daher noch keine Prüfung der Höhe des Anspruchs hatte vornehmen können, hindert eine Aktivierung nicht.

40

aa) Der Zeitpunkt, zu dem der Inhaber eines --dem Grunde nach bestehenden-- Anspruchs diesen zahlenmäßig beziffert, steht grundsätzlich im Belieben des Anspruchstellers. Besteht ein solcher Anspruch objektiv und liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Anspruchsinhaber auf Dauer von dessen Durchsetzung absehen werde, kann die Gewinnrealisierung nicht dadurch hinausgeschoben werden, dass ein bereits dem Grunde nach geltend gemachter und vom Anspruchsgegner nicht --bzw. nicht mehr-- bestrittener Anspruch der Höhe nach zunächst noch nicht konkretisiert wird.

41

Hierzu hat der BFH bereits ausgeführt, für die Aktivierung eines Steuererstattungsanspruchs genüge es, wenn der Anspruch, dessen Realisierung sich kein Kaufmann vernünftigerweise entgehen lasse, erhoben werden könne (Urteil in BFHE 90, 69, BStBl III 1967, 763). Die Realisierung eines gegen das FA gerichteten Anspruchs, der materiell- und verfahrensrechtlich sowie nach der geltenden Weisungslage unzweifelhaft besteht und dessen Umsetzung in konkrete Steuerbescheide nur noch von einer Bezifferung durch den Steuerpflichtigen abhängig ist, wird sich kein Kaufmann entgehen lassen.

42

Im Übrigen setzt eine Gewinnrealisierung nach ständiger Rechtsprechung nicht voraus, dass bereits am Bilanzstichtag über den Anspruch --zahlenmäßig-- abgerechnet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14. April 2011 X B 104/10, BFH/NV 2011, 1343, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

43

bb) Wenn aber die noch ausstehende zahlenmäßige Konkretisierung des Erstattungsanspruchs durch den Kläger einer Aktivierung nicht entgegensteht, dann gilt dies auch für die Überprüfung dieser zahlenmäßigen Konkretisierung durch das FA. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das FA seine Überprüfungshandlungen an Amtsstelle oder im Wege einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung vornimmt. Aus den Feststellungen des FG ergibt sich nicht, dass die Umsatzsteuer-Sonderprüfung --die sich ohnehin allein auf das Jahr 1998 bezogen und nicht zu Beanstandungen geführt hat-- zum Ziel gehabt haben könnte, über die Prüfung der Zahlenangaben des Klägers hinaus Anhaltspunkte für ein Bestreiten der Erstattungsansprüche dem Grunde nach zu ermitteln.

44

3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das FA hat sämtliche Erstattungszinsen, die in den --erst nach dem Bilanzstichtag ergangenen-- Umsatzsteuer- und Zinsbescheiden festgesetzt worden sind, bereits zum Bilanzstichtag aktiviert. Ansprüche auf Erstattungszinsen, die wirtschaftlich auf die Zeit nach dem 31. Dezember 2005 entfallen, dürfen aber nicht schon zu diesem Zeitpunkt aktiviert werden. Das FG wird im zweiten Rechtsgang Feststellungen zur Höhe der bis zum Bilanzstichtag entstandenen Erstattungszinsen nachholen.

45

4. Die dargestellten Grundsätze gelten gemäß § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes auch für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und den sich daran anschließenden Zerlegungsbescheid.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Führt die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einem Unterschiedsbetrag im Sinne des Absatzes 3, ist dieser zu verzinsen. Dies gilt nicht für die Festsetzung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen.

(2) Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Er beginnt für die Einkommen- und Körperschaftsteuer 23 Monate nach diesem Zeitpunkt, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte überwiegen; hierbei sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes nicht zu berücksichtigen. Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird.

(2a) Soweit die Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2) oder auf einem Verlustabzug nach § 10d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes beruht, beginnt der Zinslauf abweichend von Absatz 2 Satz 1 und 2 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist.

(3) Maßgebend für die Zinsberechnung ist die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (Unterschiedsbetrag). Bei der Vermögensteuer ist als Unterschiedsbetrag für die Zinsberechnung die festgesetzte Steuer, vermindert um die festgesetzten Vorauszahlungen oder die bisher festgesetzte Jahressteuer, maßgebend. Ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen ist nur bis zur Höhe des zu erstattenden Betrags zu verzinsen; die Verzinsung beginnt frühestens mit dem Tag der Zahlung. Besteht der Erstattungsbetrag aus mehreren Teil-Leistungen, richtet sich der Zinsberechnungszeitraum jeweils nach dem Zeitpunkt der einzelnen Leistung; die Leistungen sind in chronologischer Reihenfolge zu berücksichtigen, beginnend mit der jüngsten Leistung.

(4) Die Festsetzung der Zinsen soll mit der Steuerfestsetzung verbunden werden.

(5) Wird die Steuerfestsetzung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, ist eine bisherige Zinsfestsetzung zu ändern; Gleiches gilt, wenn die Anrechnung von Steuerbeträgen zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Maßgebend für die Zinsberechnung ist der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der vorher festgesetzten Steuer, jeweils vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und um die anzurechnende Körperschaftsteuer. Dem sich hiernach ergebenden Zinsbetrag sind bisher festzusetzende Zinsen hinzuzurechnen; bei einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen entfallen darauf festgesetzte Zinsen. Im Übrigen gilt Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten bei der Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs entsprechend.

(7) Bei Anwendung des Absatzes 2a gelten die Absätze 3 und 5 mit der Maßgabe, dass der Unterschiedsbetrag in Teil-Unterschiedsbeträge mit jeweils gleichem Zinslaufbeginn aufzuteilen ist; für jeden Teil-Unterschiedsbetrag sind Zinsen gesondert und in der zeitlichen Reihenfolge der Teil-Unterschiedsbeträge zu berechnen, beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem ältesten Zinslaufbeginn. Ergibt sich ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen, entfallen auf diesen Betrag festgesetzte Zinsen frühestens ab Beginn des für diesen Teil-Unterschiedsbetrag maßgebenden Zinslaufs; Zinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs dieses Teil-Unterschiedsbetrags bleiben endgültig bestehen. Dies gilt auch, wenn zuvor innerhalb derselben Zinsberechnung Zinsen auf einen Teil-Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen berechnet worden sind.

(8) Zinsen auf einen Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen (Nachzahlungszinsen) sind entweder nicht festzusetzen oder zu erlassen, soweit Zahlungen oder andere Leistungen auf eine später wirksam gewordene Steuerfestsetzung erbracht wurden, die Finanzbehörde diese Leistungen angenommen und auf die festgesetzte und zu entrichtende Steuer angerechnet hat. Absatz 3 Satz 4 ist hierbei entsprechend anzuwenden. Soweit Nachzahlungszinsen aufgrund einer Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung nach Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz entfallen, mindert sich der Zinsverzicht nach Satz 1 entsprechend. Die §§ 163 und 227 bleiben unberührt.

(1)1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind

1.
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind;
2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.2Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind;
3.
die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfallen, und die Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.
2Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt auch für Vergütungen, die als nachträgliche Einkünfte (§ 24 Nummer 2) bezogen werden.3§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem gewerblichen Betriebsvermögen gehört hat.

(1a)1In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 5 ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.2Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.

(2)1Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.2Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1.3Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.

(3) Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit

1.
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht.2Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 positiv oder negativ sind;
2.
einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).2Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.

(4)1Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.4Satz 3 gilt nicht für die Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.5Satz 4 gilt nicht, wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben.6Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist, dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.7Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft, Unterbeteiligung oder sonstigen Innengesellschaft bezieht; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.8Die Sätze 6 und 7 gelten nicht, soweit der Verlust auf eine natürliche Person als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

(1)1Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.2Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.3Der Steuerpflichtige kann Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung im Sinne des Absatzes 2 Satz 3 beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Für Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gilt § 38a Absatz 1 Satz 2 und 3 und § 40 Absatz 3 Satz 2.5Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.

(2)1Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.2Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben gilt Absatz 1 Satz 2 entsprechend.3Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Satz 3 ist auf ein Damnum oder Disagio nicht anzuwenden, soweit dieses marktüblich ist.5§ 42 der Abgabenordnung bleibt unberührt.6Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein kommunaler Zweckverband. Er wurde 1998 im Zuge der Neuordnung der Abfall- und Abwasserwirtschaft in … gegründet und ist hierdurch Rechtsnachfolger u.a. des V-Verbands (V) geworden, der sich gleichfalls mit der Abfallentsorgung und -verwertung befasste und verschiedene Betriebe gewerblicher Art (BgA) unterhielt.

2

In diesem Zusammenhang hatte der V sich dafür entschieden, eine Müllverwertungs- und Verbrennungsanlage, die Anlage (Anlage X), --auf der Grundlage eines Erbbaurechts-- durch eine Besitzgesellschaft zu errichten und von dieser entgeltlich einer Betriebsführungsgesellschaft (Betreibergesellschaft) zu überlassen. Die Arbeiten zur Errichtung der Anlage X sind in den Jahren 1994 und 1995 von einem Eigenbetrieb des V --einem sog. Vorgründungs-BgA-- durchgeführt worden; dessen Vermögen wurde --nach Feststellungen der Vorinstanz vorbehaltlich von Vorsteuererstattungsansprüchen-- zum 1. April 1995 in die neu gegründete Besitzgesellschaft, die V-GmbH, als Sacheinlage eingebracht.

3

Nachdem die Finanzbehörden --unter Mitwirkung des verbandsmäßig zuständigen Finanzministeriums-- die Unternehmereigenschaft des Vorgründungs-BgA anerkannt hatten, reichte der Kläger berichtigte Umsatzsteuererklärungen betreffend den Vorgründungszeitraum (1994/1995) ein. Die zusätzlich erklärten Vorsteuerbeträge in Höhe von … DM sowie die angefallenen Zinsen in Höhe von … DM sind dem Kläger am 4. Dezember 2000 erstattet worden. Mit dem gegenüber dem Kläger für den "Vorgründungs-BgA V" ergangenen Körperschaftsteuerbescheid vom 3. November 2005 erfasste der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Erstattungszinsen für das Streitjahr (2000) als Einkommen und setzte die Körperschaftsteuer auf … fest.

4

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wurde vom Finanzgericht (FG) des Saarlandes mit Urteil vom 12. Mai 2011 (Az: 1 K 1099/06) abgewiesen. Das FG erläuterte hierzu, dass es sich bei den Erstattungszinsen um Betriebseinnahmen des Klägers handle, die in einem unmittelbaren Veranlassungszusammenhang mit der wirtschaftlichen (operativen) Tätigkeit des Vorgründungs-BgA stünden; sie seien nicht im Rahmen der Aufgabe des BgA, sondern als nachträgliche Einkünfte i.S. von § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 1999 i.V.m. § 24 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes 1997 zu erfassen. Die Erstattungszinsen teilten als steuerliche Nebenleistung (§ 3 Abs. 4 der Abgabenordnung --AO--) das Schicksal der Vorsteuer-Erstattungsansprüche. Diese seien --nach Einbringung der Anlage X in die V-GmbH-- als Vermögenswerte des V zurückgeblieben und weiterhin dem Vorgründungs-BgA und damit zugleich auch der körperschaftsteuerpflichtigen Sphäre des Klägers (als Rechtsnachfolger des V) zugeordnet. Unerheblich sei dabei, dass die Tätigkeit des Vorgründungs-BgA im Zeitpunkt des Entstehens der Zinsansprüche bereits beendet worden sei. Maßgeblich sei nach der Gesetzessystematik (§§ 3 Abs. 4, 233 ff. AO) vielmehr, dass der Vorsteuer-Erstattungsanspruch durch die Aufgabe des BgA seinen betrieblichen Charakter nicht verloren habe und deshalb --entgegen der Ansicht des Klägers-- für die akzessorischen Zinsansprüche nichts anderes gelten könne. Sie seien demgemäß nicht in den steuerfreien Vermögensbereich überführt worden, sondern wegen des fortbestehenden Veranlassungszusammenhangs als nachträgliche Einnahmen anzusetzen.

5

Mit der vom FG zugelassen Revision macht der Kläger vor allem geltend, alle Beteiligten seien bisher zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Vorsteueransprüche im Vermögen des V (bzw. des Klägers) zurückgeblieben seien. Tatsächlich seien sie in die V-GmbH eingebracht worden. Dies entspreche nicht nur dem "idealtypischen Ablauf" einer GmbH-Gründung, sondern auch den Regelungen des Einbringungsvertrags (EV) vom 27. September 1995. Nach § 1 EV seien die in Anlage I aufgeführten Vermögensgegenstände von dem V der V-GmbH zu übertragen und nach § 2 EV die in der Anlage II aufgeführten Ansprüche abzutreten gewesen. Da die V-GmbH nach der Präambel des EV zudem in die für sie von dem V geschlossenen Verträge mit allen Rechten und Pflichten eingetreten sei, habe die zivilrechtliche Übertragung auch die Vorsteuererstattungsansprüche umfasst. Die im EV genannten Anlagen I und II sind innerhalb der Revisionsbegründungsschrift nicht vorgelegt worden; allerdings hat der Kläger innerhalb dieser Frist Kopien des auf den 31. Dezember 2000 erstellten Jahresabschlusses vorgelegt, aus denen sich nach seiner Ansicht ergebe, dass die V-GmbH in diesem Jahr die Erstattungsansprüche betreffend die Jahre 1994 und 1995 bilanziert habe. Hiervon abweichend sei die Vorinstanz fälschlicherweise von einem Rückbehalt der Vorsteuererstattungsansprüche ausgegangen und habe es hierbei versäumt, den Sachverhalt von Amts wegen nach § 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) weiter aufzuklären. Sollte der Senat diese Ansicht zum Anspruchsübergang nicht bereits aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung teilen, werde deshalb (hilfsweise) eine Zurückverweisung an die Vorinstanz angeregt. Des Weiteren trägt der Kläger vor, dass auch dann, wenn man mit dem FG davon ausgehe, dass die Vorsteueransprüche nicht der V-GmbH abgetreten worden seien, die Revision Erfolg haben müsse, da die Erstattungsansprüche im Hoheitsbereich vereinnahmt worden seien. Der Kläger hat insoweit --ohne weitere Erläuterungen-- auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug genommen.

6

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Körperschaftsteuerbescheid 2000 vom 3. November 2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. April 2006 aufzuheben.

7

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision genügt nicht den Begründungserfordernissen des § 120 Abs. 3 FGO; sie ist deshalb zu verwerfen (§ 124 Abs. 1 i.V.m. § 126 Abs. 1 FGO).

9

1. Auch eine vom FG zugelassene Revision ist nach § 120 Abs. 2 und Abs. 3 FGO zu begründen. Wendet sich der Revisionskläger gegen die materielle Sicht des FG, so hat er die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO); wird die Revision auf die Verletzung von Verfahrensvorschriften gestützt, so sind die Tatsachen zu bezeichnen, die den gerügten Mangel ergeben (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO).

10

a) Soweit der Kläger vorträgt, der Körperschaftsteuerbescheid 2000 erweise sich deshalb als rechtswidrig, weil die Vorsteueransprüche nicht im Vermögen des V (bzw. des Klägers) zurückgeblieben seien, entspricht sein Vortrag nicht den vorgenannten Anforderungen.

11

aa) Auszugehen ist hierbei davon, dass mit einer Revision nach § 118 Abs. 1 Satz 1 FGO nur geltend gemacht werden kann, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruht. An die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen ist der Bundesfinanzhof (BFH) hingegen nach § 118 Abs. 2 FGO grundsätzlich gebunden, es sei denn, dass in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind. Demgemäß kann eine Revision --soweit sie sich gegen die tatsächlichen finanzgerichtlichen Feststellungen oder gegen die tatsächliche Würdigung des Sachverhalts durch die Vorinstanz wendet-- nur auf das Vorliegen eines Verfahrensmangels (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO) oder in materiell-rechtlicher Hinsicht (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO) grundsätzlich nur darauf gestützt werden, dass die tatsächliche Würdigung mit den Denkgesetzen oder mit allgemeinen Erfahrungssätzen nicht vereinbar oder dass sie widersprüchlich oder aus den Gründen des angefochtenen Urteils nicht nachvollziehbar sei (vgl. BFH-Beschluss vom 11. April 2002 VII R 1/02, BFH/NV 2002, 950).

12

bb) Da zu den tatsächlichen Feststellungen i.S. von § 118 Abs. 2 FGO insbesondere auch die für die Entscheidung des FG maßgeblichen Tatsachen gehören, die das FG als unstreitig angesehen hat (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2011 XI S 1/11, BFH/NV 2011, 829; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 39), und das FG im Streitfall --im Einklang mit dem erstinstanzlichen Vortrag der Beteiligten-- davon ausgegangen ist, dass die Vorsteuervergütungsansprüche des V nicht in das Vermögen der V-GmbH (Besitzgesellschaft) eingebracht worden sind, beruht das vorinstanzliche Urteil auf der tatsächlichen Feststellung, dass die Vergütungsansprüche nicht Gegenstand der Abtretungserklärungen im Zuge der Sachgründung des Besitzunternehmens waren.

13

cc) Die hiergegen vom Kläger in der Revisionsbegründungsschrift erhobenen Einwände sind nicht geeignet, eine Rechtsverletzung i.S. von § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO schlüssig darzulegen. Der Kläger hat weder dargetan, dass die Tatsachenfeststellung der Vorinstanz den Denkgesetzen oder den allgemeinen, d.h. den jedermann zugänglichen und durch keine Ausnahmen durchbrochenen Erfahrungssätzen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz 28, m.w.N.) widerstreite. Insbesondere kann Letzteres nicht in der --nicht näher belegten-- Behauptung gesehen werden, es entspreche dem idealtypischen Ablauf einer GmbH-Gründung, dass die Vorgründungsgesellschaft ihr gesamtes Vermögen der GmbH übertrage. Noch kann dem Vortrag des Klägers eine substantiierte Erläuterung dazu entnommen werden, dass die tatsächliche Feststellung zum Rückbehalt der Vorsteueransprüche nicht nachvollziehbar sei; dem steht --was die Revisionsbegründungsschrift nicht hinreichend gewürdigt hat-- jedenfalls entgegen, dass auch die Beteiligten bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens von dem vom FG angenommenen Sachverhalt ausgegangen sind.

14

dd) Die Revisionsbegründung genügt mit Rücksicht auf die Zuordnung der Vorsteuervergütungsansprüche zum Vermögensbereich des V (bzw. des Klägers) auch nicht den formellen Anforderungen an eine Verfahrensrüge (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO).

15

Wird --wie vom Kläger-- geltend gemacht, dass das FG gegen seine Pflicht zur Sachaufklärung von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen habe, so ist innerhalb der Revisionsbegründungfrist u.a. konkret darzulegen, aus welchen Gründen sich dem FG eine weitere Sachaufklärung ohne einen entsprechenden Beweisantrag der Beteiligten hätte aufdrängen müssen und welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich hierbei voraussichtlich ergeben hätten (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 70, mit umfangreichen Nachweisen).

16

Abgesehen davon, dass den bis zum Ablauf der Revisionsfrist vorgelegten Unterlagen nicht --jedenfalls aber nicht hinreichend konkret-- die behauptete Abtretung der Vorsteuervergütungsansprüche entnommen werden kann und der Kläger auch nicht die Wahrung der Anzeigeerfordernisse des § 46 AO erläutert hat, ist der Revisionsvortrag auch deshalb nicht geeignet, einen Verstoß gegen § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO darzulegen, weil nicht erkennbar ist, weshalb der Vorinstanz sich insoweit eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen. Hiergegen spricht bereits, dass --wie in der Revisionsbegründungsschrift eingeräumt-- die Beteiligten während des gesamten finanzgerichtlichen Verfahrens vom Rückbehalt der Vorsteuervergütungsansprüche ausgegangen sind; hinzu kommt, dass nur auf der Grundlage dieses Geschehensablaufs erklärbar ist, dass der Kläger (als Rechtsnachfolger des V) Umsatzsteuererklärungen betreffend den Vorgründungszeitraum der V-GmbH eingereicht und ihm im Dezember 2000 sowohl die erklärten Vorsteuerbeträge als auch die hierauf entfallenden Zinsen erstattet worden sind. Demgemäß ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen es sich dem FG hätte aufdrängen müssen, der Frage einer --nach dem Vorbringen des Klägers innerhalb der Revisionsbegründungsfrist zudem nicht konkret belegten-- Abtretung der Vergütungsansprüche nachzugehen.

17

b) Die Revision des Klägers ist schließlich nicht deshalb hinreichend begründet, weil die Revisionsbegründungsschrift hilfsweise, d.h. für den Fall, dass die Vorsteuervergütungsansprüche nicht der V-GmbH abgetreten worden sein sollten, zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren verweist, nach denen die Erstattungszinsen im Hoheitsbereich vereinnahmt worden seien, weil der Vorgründungs-BgA im Streitjahr (2000) nicht mehr existiert habe.

18

aa) Der Kläger hat insoweit außer Acht gelassen, dass die in § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO geforderte Bezeichnung der die Rechtsverletzung begründenden Umstände auch Angaben dazu umfasst, aus welchen Gründen der Revisionskläger das erstinstanzliche Urteil als unrichtig erachtet. Demgemäß gehört nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung u.a. die Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen FG-Urteils; es muss erkennbar sein, dass der Revisionskläger die Begründung jenes Urteils und sein eigenes bisheriges Vorbringen überprüft hat. Deshalb ist darzutun, welche Ausführungen der Vorinstanz aus welchen Gründen unrichtig sein sollen. Die Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen des Revisionsklägers genügt dem regelmäßig nicht (BFH-Urteil vom 20. April 1999 VIII R 81/94, BFH/NV 1999, 1457; Senatsbeschluss vom 1. Juni 2006 I R 12/05, BFH/NV 2006, 2088). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur dann, wenn der Revisionskläger sich schon in der Klageschrift umfassend und abschließend mit den Argumenten auseinandergesetzt hat, auf die das FG in der Folge seine Entscheidung gestützt hat (Senatsurteil vom 25. August 2009 I R 88, 89/07, BFHE 226, 296, BFH/NV 2009, 2047; BFH-Beschluss vom 19. Oktober 2000 VI R 73/00, BFH/NV 2001, 333; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 61, m.w.N.).

19

bb) Die Revisionsbegründungschrift wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Sie enthält weder eine Auseinandersetzung mit den Gründen des vorinstanzlichen Urteils, sondern beschränkt sich --gestützt auf eine bloße Rechtsbehauptung (Zuordnung des Vergütungsanspruchs zum hoheitlichen Bereich des V bzw. des Klägers)-- darauf, den eigenen Rechtsstandpunkt zu wiederholen. Noch erfüllt der pauschale Verweis auf die erstinstanzlichen Schriftsätze die vorgenannten Voraussetzungen, nach denen ausnahmsweise eine Revision mittels Bezugnahme auf den finanzgerichtlichen Vortrag begründet werden kann. Das FG ist der Ansicht des Klägers, die Zinsansprüche seien nach Aufgabe des Vorgründungs-BgA dem Hoheitsbereich des V zugewiesen gewesen, vor allem deshalb nicht gefolgt, weil die Erstattungszinsen in einem unmittelbaren und fortbestehenden Veranlassungszusammenhang zu der wirtschaftlichen (operativen) Tätigkeit des Vorgründungs-BgA stünden und als (akzessorische) steuerliche Nebenleistung das Schicksal der als (Rest-)Betriebsvermögen zurückgebliebenen Vorsteuer-Erstattungsansprüche mit der weiteren Folge teilten, dass sie nicht im Rahmen der Aufgabe des BgA, sondern als nachträgliche Einkünfte zu erfassen seien. Nach den dem Senat vorgelegten Akten hat sich der Kläger im Rahmen seines erstinstanzlichen Vorbringens mit diesen Erwägungen und ihrer von der Vorinstanz vertretenen systematischen Zusammenschau nicht --jedenfalls nicht substantiell-- auseinandergesetzt. Demgemäß kann der Senat auch offenlassen, ob --woran es vorliegend gleichfalls fehlen würde-- ein Verweis auf den erstinstanzlichen Vortrag nur dann den Begründungserfordernissen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO zu genügen vermag, wenn der Revisionskläger die einschlägigen Schriftsätze des finanzgerichtlichen Verfahrens benennt und die hierdurch in Bezug genommenen Ausführungen zumindest stichwortartig umreißt.

20

2. Die Verwerfung der Revision ist durch Beschluss auszusprechen (§ 126 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 3 FGO; Gräber/Ruban, a.a.O., § 10 Rz 2, § 126 Rz 4).

(1) Führt die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einem Unterschiedsbetrag im Sinne des Absatzes 3, ist dieser zu verzinsen. Dies gilt nicht für die Festsetzung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen.

(2) Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Er beginnt für die Einkommen- und Körperschaftsteuer 23 Monate nach diesem Zeitpunkt, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte überwiegen; hierbei sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes nicht zu berücksichtigen. Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird.

(2a) Soweit die Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2) oder auf einem Verlustabzug nach § 10d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes beruht, beginnt der Zinslauf abweichend von Absatz 2 Satz 1 und 2 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist.

(3) Maßgebend für die Zinsberechnung ist die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (Unterschiedsbetrag). Bei der Vermögensteuer ist als Unterschiedsbetrag für die Zinsberechnung die festgesetzte Steuer, vermindert um die festgesetzten Vorauszahlungen oder die bisher festgesetzte Jahressteuer, maßgebend. Ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen ist nur bis zur Höhe des zu erstattenden Betrags zu verzinsen; die Verzinsung beginnt frühestens mit dem Tag der Zahlung. Besteht der Erstattungsbetrag aus mehreren Teil-Leistungen, richtet sich der Zinsberechnungszeitraum jeweils nach dem Zeitpunkt der einzelnen Leistung; die Leistungen sind in chronologischer Reihenfolge zu berücksichtigen, beginnend mit der jüngsten Leistung.

(4) Die Festsetzung der Zinsen soll mit der Steuerfestsetzung verbunden werden.

(5) Wird die Steuerfestsetzung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, ist eine bisherige Zinsfestsetzung zu ändern; Gleiches gilt, wenn die Anrechnung von Steuerbeträgen zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Maßgebend für die Zinsberechnung ist der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der vorher festgesetzten Steuer, jeweils vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und um die anzurechnende Körperschaftsteuer. Dem sich hiernach ergebenden Zinsbetrag sind bisher festzusetzende Zinsen hinzuzurechnen; bei einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen entfallen darauf festgesetzte Zinsen. Im Übrigen gilt Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten bei der Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs entsprechend.

(7) Bei Anwendung des Absatzes 2a gelten die Absätze 3 und 5 mit der Maßgabe, dass der Unterschiedsbetrag in Teil-Unterschiedsbeträge mit jeweils gleichem Zinslaufbeginn aufzuteilen ist; für jeden Teil-Unterschiedsbetrag sind Zinsen gesondert und in der zeitlichen Reihenfolge der Teil-Unterschiedsbeträge zu berechnen, beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem ältesten Zinslaufbeginn. Ergibt sich ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen, entfallen auf diesen Betrag festgesetzte Zinsen frühestens ab Beginn des für diesen Teil-Unterschiedsbetrag maßgebenden Zinslaufs; Zinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs dieses Teil-Unterschiedsbetrags bleiben endgültig bestehen. Dies gilt auch, wenn zuvor innerhalb derselben Zinsberechnung Zinsen auf einen Teil-Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen berechnet worden sind.

(8) Zinsen auf einen Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen (Nachzahlungszinsen) sind entweder nicht festzusetzen oder zu erlassen, soweit Zahlungen oder andere Leistungen auf eine später wirksam gewordene Steuerfestsetzung erbracht wurden, die Finanzbehörde diese Leistungen angenommen und auf die festgesetzte und zu entrichtende Steuer angerechnet hat. Absatz 3 Satz 4 ist hierbei entsprechend anzuwenden. Soweit Nachzahlungszinsen aufgrund einer Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung nach Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz entfallen, mindert sich der Zinsverzicht nach Satz 1 entsprechend. Die §§ 163 und 227 bleiben unberührt.

(1)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen.2Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte.3Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer.4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1, wenn der Steuerpflichtige auf diese Einkünfte ganz oder teilweise § 6b oder § 6c anwendet.

(2) Als außerordentliche Einkünfte kommen nur in Betracht:

1.
Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 14a Absatz 1, der §§ 16 und 18 Absatz 3 mit Ausnahme des steuerpflichtigen Teils der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nummer 40 Buchstabe b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerbefreit sind;
2.
Entschädigungen im Sinne des § 24 Nummer 1;
3.
Nutzungsvergütungen und Zinsen im Sinne des § 24 Nummer 3, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden;
4.
Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten; mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.

(3)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 enthalten, so kann auf Antrag abweichend von Absatz 1 die auf den Teil dieser außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von insgesamt 5 Millionen Euro nicht übersteigt, entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist.2Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 14 Prozent.3Auf das um die in Satz 1 genannten Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) sind vorbehaltlich des Absatzes 1 die allgemeinen Tarifvorschriften anzuwenden.4Die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen.5Erzielt der Steuerpflichtige in einem Veranlagungszeitraum mehr als einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn im Sinne des Satzes 1, kann er die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 nur für einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn beantragen.6Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

I. Es ist streitig, ob der vom Kläger, Revisionsbeklagten und Anschlussrevisionskläger (Kläger) im Jahr 2005 (Streitjahr) bezogene einmalige Ertrag aus Umsatzsteuer-Erstattungen nebst Erstattungszinsen für die Jahre 1996 bis 2003 nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) tarifbegünstigt zu besteuern ist.

2

Der Kläger betrieb im Streitjahr eine Spielhalle und erzielte aus dieser Tätigkeit gewerbliche Einkünfte. Er ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Im Jahr 2005 wurde höchstrichterlich geklärt, dass Umsätze aus Glücksspielen mit Geldeinsatz außerhalb öffentlicher Spielbanken nach damaliger Rechtslage von der Umsatzsteuer befreit waren, wenn der Betrieb solcher Glücksspiele in öffentlichen Spielbanken steuerfrei war (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 17. Februar 2005 Rs. C-453, C-462/02 --Linneweber und Akritidis--, Slg. 2005, I-1131; Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Mai 2005 V R 7/02, BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617). Infolgedessen erstattete der Beklagte, Revisionskläger und Anschlussrevisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) dem Kläger die von ihm gezahlte Umsatzsteuer nebst Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung (AO) für die Jahre 1996 bis 2003 in Höhe von insgesamt 177.089,89 € (Umsatzsteuer: 139.567,89 €; Erstattungszinsen: 37.522 €). Nach Verrechnung mit Steuerrückständen des Klägers und der Einkommensteuer-Vorauszahlung für das Jahr 2005 in Höhe von insgesamt 70.980,09 € zahlte das FA im November 2005 hiervon noch einen Betrag in Höhe von 106.109,80 € an den Kläger aus.

3

In seiner Einkommensteuererklärung für 2005 erklärte der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 130.786 €. Er gab an, dass in diesem Betrag tarifbegünstigte Gewinne i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 EStG in Höhe von 177.089 € enthalten seien. Das FA besteuerte diesen Betrag jedoch nicht tarifbegünstigt, sondern mit dem Regelsteuersatz. Es setzte die Einkommensteuer mit Bescheid vom 31. August 2006 auf 41.445 € fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 5. November 2007).

4

Das Finanzgericht (FG) setzte die Einkommensteuer 2005 unter Änderung des Bescheids vom 31. August 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. November 2007 auf den Betrag herab, der sich ergibt, wenn die Umsatzsteuer-Erstattungen für die Jahre 1996 bis 2003 in Höhe von 139.567,89 € als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG behandelt werden. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die Berechnung der Steuer übertrug es dem FA. Die Kosten des Verfahrens legte es dem FA zu 80 % und dem Kläger zu 20 % auf. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 931 abgedruckt.

5

Das FA hat Revision, der Kläger Anschlussrevision eingelegt.

6

Das FA wendet sich mit seiner Revision gegen die Vorentscheidung, soweit das FG die Umsatzsteuer-Erstattungen für die Jahre 1996 bis 2003 als Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG qualifiziert hat. Es seien keine "außerordentlichen" Einkünfte gegeben. Eine rechtliche Auseinandersetzung könne nur dann zu tarifbegünstigten Einkünften führen, wenn einkommensteuerpflichtige Einnahmen streitig seien. Hieran fehle es, weil die Umsatzsteuer gewinnneutral sei. Außerdem seien bei Gewerbetreibenden Steuererstattungen für mehrere Veranlagungszeiträume kein ungewöhnlicher Vorgang. Ebenso liege den Umsatzsteuer-Erstattungen keine mehrjährige Tätigkeit zugrunde. Dieses Tatbestandsmerkmal beziehe sich auf die Dauer der einzelnen Leistungserbringung. Danach sei es ausgeschlossen, die mit den einzelnen Spielern durchgeführten Geschäfte (Spielumsätze) als mehrjährige Tätigkeit zu qualifizieren. Schließlich sei auch keine Vergütung i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG gegeben. Denn die (nachträgliche) Steuerfreistellung führe nicht zu einer teilweisen Rückgewähr der Spieleinsätze. Abgesehen davon entspreche es nicht der Zielsetzung des Gesetzgebers, den Kläger über die Umsatzsteuer-Erstattungen hinaus zusätzlich durch einen begünstigten Steuertarif zu privilegieren.

7

Das FA beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben, soweit das FG die Einkommensteuer 2005 auf den Betrag herabgesetzt hat, der sich ergibt, wenn die Umsatzsteuer-Erstattungen in Höhe von 139.567,89 € als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG behandelt werden, und die Klage auch insoweit abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision des FA zurückzuweisen, sowie im Wege der Anschlussrevision die Einkommensteuer 2005 auf den Betrag herabzusetzen, der sich ergibt, wenn zusätzlich die Erstattungszinsen in Höhe von 37.522 € als außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG behandelt werden.

9

Der Kläger wendet sich zum einen gegen die Revision des FA. Zum anderen macht er im Wege der Anschlussrevision geltend, dass auch die Erstattungszinsen nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG tarifbegünstigt zu besteuern seien. Diese Zinsen erfüllten sowohl den Tatbestand des § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG als auch den des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Anschlussrevision des Klägers ist unzulässig und daher zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).

11

A. Revision des FA

12

Nach § 34 Abs. 1 EStG ist für außerordentliche Einkünfte ein begünstigter Steuersatz zu gewähren. Als außerordentliche Einkünfte kommen nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG u.a. Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten in Betracht. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der vom Kläger im Streitjahr 2005 zusammengeballt bezogene Ertrag aus den Umsatzsteuer-Erstattungen für die Jahre 1996 bis 2003 nach diesen Vorschriften tarifbegünstigt zu besteuern ist.

13

1. Die Umsatzsteuer-Erstattungen sind ein betrieblicher Ertrag, der als "außerordentlich" i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG zu beurteilen ist.

14

Der Senat teilt die Rechtsauffassung des X. Senats, wonach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG --sofern im Übrigen eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit vorliegt (dazu 2.)-- anwendbar ist, wenn der Steuerpflichtige die Einkünfte aufgrund einer vorangegangenen rechtlichen Auseinandersetzung atypisch zusammengeballt bezieht (BFH-Urteil vom 25. Februar 2014 X R 10/12, BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668, Rz 33 ff.).

15

a) Der Senat hat in seinem Urteil vom 30. Januar 2013 III R 84/11 (BFHE 240, 156) entschieden, dass § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG auf ein von einem Rechtsanwalt vereinnahmtes berufsübliches Honorar für die Bearbeitung eines mehrjährigen Mandats nicht anwendbar ist. Dabei ließ der Senat mangels Entscheidungserheblichkeit offen, ob er der Rechtsauffassung des IV. Senats in dessen Urteil vom 14. Dezember 2006 IV R 57/05 (BFHE 216, 247, BStBl II 2007, 180) beitreten könnte, wonach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG zur Anwendung kommt, wenn eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit aufgrund einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung zusammengeballt zufließt (Senatsurteil in BFHE 240, 156, Rz 14). Zudem merkte er an, dass sich der entschiedene Fall nicht mit dem des IV. Senats in BFHE 216, 247, BStBl II 2007, 180 vergleichen lasse, selbst wenn ein Rechtsanwalt ein solches Honorar nicht durch eine freiwillige Zahlung, sondern erst aufgrund einer Honorarklage erhalte (Senatsurteil in BFHE 240, 156, Rz 20).

16

Ungeachtet dessen schließt sich der Senat für den Streitfall --wie bereits der X. Senat in dessen Urteil in BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668, Rz 33-- der Rechtsauffassung des IV. Senats an. Der hier zu entscheidende Sachverhalt unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von dem, der in dem Senatsurteil in BFHE 240, 156 zu beurteilen war.

17

aa) So ist in Fällen vorliegender Art unerheblich, ob es sich um eine ausschließliche oder eine abgrenzbare Sondertätigkeit handelt, weil diejenigen Gesichtspunkte, die im Regelfall für eine einschränkende Auslegung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG sprechen (insbesondere Vermeidung von Gestaltungs- und Missbrauchsmöglichkeiten, fehlende Praktikabilität), bei der hier zu beurteilenden Fallkonstellation nicht zum Tragen kommen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Ausführungen im BFH-Urteil in BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668, Rz 34 und 36.

18

bb) Zudem liegt den im Streitfall zu beurteilenden Umsatzsteuer-Erstattungen gerade kein gewöhnliches Geschehen, sondern ein atypischer Vorgang zugrunde. Selbst wenn bei Gewerbetreibenden Steuererstattungen für mehrere Jahre --wie das FA ausführt-- kein ungewöhnliches Ereignis sein sollten, handelt es sich hier nicht um eine gewöhnliche Steuererstattung, sondern um einen atypisch zusammengeballten ("außerordentlichen") Ertrag, der daraus resultiert, dass aufgrund der Europarechtswidrigkeit der entsprechenden Vorschrift des deutschen Umsatzsteuerrechts die Glücksspielumsätze des Klägers als umsatzsteuerfrei angesehen werden und dies nachträglich Auswirkungen auf die Höhe der Umsatzsteuer verfahrensrechtlich noch offener Veranlagungszeiträume hat. Eine solche Steuererstattung beruht nicht auf den --als üblich anzusehenden-- unterschiedlichen Rechtsauffassungen zwischen dem Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde zu den sich typischerweise stellenden Einzelfragen, sondern auf einer grundlegenden umsatzsteuerrechtlichen Neubeurteilung der Glücksspielumsätze (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668, Rz 44).

19

b) Die Anwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG scheitert auch nicht daran, dass es in Fällen vorliegender Art an der erforderlichen --typischerweise zu erwartenden-- Progressionswirkung fehlt (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 216, 247, BStBl II 2007, 180, Rz 21).

20

Die Umsatzsteuer-Erstattungen begründeten einen einmalig anfallenden Ertrag, der sich für jedes verfahrensrechtlich noch offene Jahr auf 15 % (1996 und 1997) oder 16 % (1998 bis 2003) der entsprechenden Glücksspielumsätze belief. Danach führen bei Spielhallenbetreibern derartige Umsatzsteuer-Erstattungen, die für (offene) Veranlagungszeiträume geballt bezogen werden, regelmäßig zu einem ins Gewicht fallenden zusätzlichen Gewinn. So ergibt sich im Streitfall aus den Umsatzsteuer-Erstattungen für acht Jahre ein zusätzlicher Gewinn, der den in diesem Zeitraum erwirtschafteten durchschnittlichen Jahresumsatz aus dieser Tätigkeit übersteigt. Damit lassen derartige Fälle typischerweise eine Progressionswirkung erwarten (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668, Rz 35).

21

c) Im Übrigen schließt sich der Senat der Rechtsauffassung des X. Senats an, nach der § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG in der hier gegebenen Fallkonstellation auch zugunsten der Bezieher von Einkünften aus Gewerbebetrieb anwendbar ist, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln (BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668, Rz 37 ff.).

22

2. Die Umsatzsteuer-Erstattungen sind ferner "Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten" i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG.

23

Der X. Senat hat in dem Urteil in BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668 in Rz 45 ff. im Einzelnen dargelegt, dass Umsatzsteuer-Erstattungen der vorliegenden Art sowohl den Vergütungsbegriff als auch das Erfordernis erfüllen, für eine mehrjährige Tätigkeit bezogen zu werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf diese Ausführungen.

24

B. Anschlussrevision des Klägers

25

Die Anschlussrevision des Klägers ist mangels Beschwer unzulässig.

26

1. Die Zulässigkeit der Anschlussrevision setzt u.a. voraus, dass der Anschlussrevisionskläger durch das Urteil des FG beschwert ist (BFH-Urteil vom 29. Oktober 2002 VII R 48/01, BFHE 200, 66, Rz 23, m.w.N.). Legt der Kläger die Anschlussrevision ein, ist die erforderliche (formelle) Beschwer gegeben, soweit das FG dem Klagebegehren nicht voll entsprochen hat (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15. Mai 2013 X R 27/11, BFH/NV 2013, 1583, Rz 5, betreffend die Einlegung der Revision). Bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit eines Einkommensteuerbescheids ist dies nach der Differenz zwischen der begehrten und der festgesetzten Steuer zu beurteilen (BFH-Urteil vom 15. November 1995 X R 87/92, BFH/NV 1996, 545, unter B I.).

27

Danach fehlt es im Streitfall an der erforderlichen Beschwer, weil das FG die Einkommensteuer im Ergebnis auf den vom Kläger beantragten Betrag herabgesetzt und damit dem Klagebegehren voll entsprochen hat. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

28

a) Der Kläger hat vor dem FG beantragt, die Einkommensteuer 2005 auf den Betrag herabzusetzen, der sich ergibt, wenn die Umsatzsteuer-Erstattungen und Erstattungszinsen für die Jahre 1996 bis 2003 in Höhe von insgesamt 177.089 € als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 EStG behandelt werden. Das FG entschied, dass "... die Einkommensteuer für das Jahr 2005 unter Berücksichtigung der erstatteten Umsatzsteuerbeträge in Höhe von 139.567,89 € als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG festgesetzt" wird. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die Berechnung der Steuer übertrug es gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA. Ausweislich des angefochtenen Einkommensteuerbescheids 2005 vom 31. August 2006 belief sich das zu versteuernde Einkommen (zvE) des Klägers auf 135.695 €.

29

b) Für die betragsmäßige Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer bedeutet dies:

30

Nach Abzug der Umsatzsteuer-Erstattungen in Höhe von 139.567,89 € als tarifbegünstigte Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 EStG von dem (positiven) zvE in Höhe von 135.695 € ergibt sich ein negatives verbleibendes zvE. Für einen derartigen Fall ordnet § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG an, dass die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zvE entfallenden Einkommensteuer beträgt. Demnach ist im Streitfall das gesamte positive zvE des Klägers in Höhe von 135.695 € bereits deshalb nach § 34 Abs. 1 EStG tarifbegünstigt, weil die tarifbegünstigten Umsatzsteuer-Erstattungen diesen Betrag übersteigen. Mit einer Erhöhung der außerordentlichen Einkünfte um die Erstattungszinsen lässt sich daher kein weitergehender Entlastungseffekt und somit keine weitergehende Herabsetzung der Einkommensteuer 2005 erreichen.

31

Zur Verdeutlichung dieses Ergebnisses weist der Senat auf die in der Akte des FG befindliche Probeberechnung des FA vom ... hin, für deren Zwecke offensichtlich tarifbegünstigte Einkünfte des Klägers nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG in Höhe von 177.090 € unterstellt wurden (vgl. ...). Das FA errechnete für diesen Fall eine festzusetzende Einkommensteuer 2005 in Höhe von 16.938 €. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man, wenn nur die Umsatzsteuer-Erstattungen in Höhe von 139.567 € als tarifbegünstigte Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG behandelt werden (vgl. dazu auch H 34.2 der Einkommensteuerhinweise 2005 und 2010 Beispiel 2):

zvE:   

135.695 €

abzüglich Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 EStG

139.567 €

verbleibendes zvE:

- 3.872 €

                 

tarifbegünstigt nach § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG

135.695 €

Steuer auf 1/5 des zvE (27.139 €)

4.914 €

tarifliche Einkommensteuer: 4.914 € x 5

24.570 €

abzüglich Steuerermäßigung § 35 EStG:

7.632 €

festzusetzende Einkommensteuer:

16.938 €

32

Somit hat das FG die Einkommensteuer 2005 auf die vom Kläger beantragte Höhe herabgesetzt. Dabei ist unerheblich, dass es die Steuerberechnung gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen hat (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2013, 1583, Rz 6). Die vom FG im Übrigen ausgesprochene Klageabweisung geht ins Leere.

33

c) Da Gegenstand des Klagebegehrens (Streitgegenstand) im finanzgerichtlichen Verfahren nicht ein einzelnes Besteuerungsmerkmal, sondern die Rechtmäßigkeit des die Einkommensteuer festsetzenden Bescheids ist (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 1996, 545, unter B I.), kann die Beschwer auch nicht darin gesehen werden, dass das FG die Erstattungszinsen nicht als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG qualifiziert hat.

34

d) Die Anschlussrevision ist auch nicht deshalb zulässig, weil sie --anders als (selbständige) Rechtsmittel (vgl. § 145 FGO)-- auf die Anfechtung der Kostenentscheidung des FG beschränkt werden kann (BFH-Urteil vom 22. April 2004 V R 72/03, BFHE 205, 525, BStBl II 2004, 684, unter II.2.a, m.w.N.).

35

Eine solche Beschränkung kann nur dann zulässig sein, wenn der Anschlussrevisionskläger auch tatsächlich eine entsprechende Beschwer durch die Kostenentscheidung der Vorinstanz geltend macht (vgl. BFH-Urteil vom 27. September 1994 VIII R 36/89, BFHE 176, 289, BStBl II 1995, 353, unter B.). Hieran fehlt es.

36

2. Zur Sache weist der Senat ergänzend daraufhin, dass nach der jüngsten Rechtsprechung des BFH Erstattungszinsen gemäß § 233a AO keine außerordentlichen Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG sind. Solche Zinsen erfüllen weder den Tatbestand des § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG noch den des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG (BFH-Urteil vom 12. November 2013 VIII R 36/10, BFHE 243, 506, BStBl II 2014, 168, Rz 33 ff.).

37

3. Wird neben einer zulässigen Revision eine unzulässige Anschlussrevision eingelegt, kann der Senat insgesamt über beide Revisionen durch Urteil entscheiden (BFH-Urteil vom 11. September 2013 II R 37/12, BFHE 243, 1, BStBl II 2014, 114, Rz 39).

38

C. Kostenentscheidung

39

Die Kosten des gesamten Verfahrens sind vom FA zu tragen.

40

1. Dabei kann hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens dahinstehen, ob die Entscheidung insoweit nach § 136 Abs. 1 oder § 135 Abs. 2 FGO zu treffen ist.

41

Haben beide Beteiligte Rechtsmittel eingelegt und bleiben beide erfolglos, ist über die Kosten des Revisionsverfahrens grundsätzlich nach § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO unter Zusammenrechnung der Streitwerte der Revision und Anschlussrevision zu entscheiden (vgl. BFH-Urteile vom 2. Februar 1967 IV 224/64, BFHE 88, 23, BStBl III 1967, 274; vom 24. März 1988 V R 126/81, BFH/NV 1989, 33, unter C.; vgl. auch Brandt in Beermann/Gosch, FGO § 136 Rz 18). Setzte man hiervon ausgehend für die Anschlussrevision, der mangels Beschwer erkennbar keine Bedeutung zukommt, den Eingangswert der Streitwerttabelle von 300 € an (§ 34 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. Anlage 2; vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 17. Oktober 2005 V 286/99, EFG 2006, 440), wären dem FA die Kosten nach § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO ganz aufzuerlegen.

42

Wollte man hingegen die Kostenentscheidung auf § 135 Abs. 2 FGO stützen, weil sich das Rechtsmittelbegehren des Klägers in der Hauptsache bereits vollumfänglich in seinem Antrag auf Zurückweisung der Revision des FA wiederfindet, käme man zum gleichen Ergebnis.

43

2. Die Kostenentscheidung des FG ist unrichtig und deshalb unabhängig vom Ausgang des Revisionsverfahrens von Amts wegen durch den Senat richtigzustellen (Senatsurteil vom 27. September 2012 III R 70/11, BFHE 239, 116, BStBl II 2013, 544, Rz 34; Brandt in Beermann/Gosch, FGO § 143 Rz 90); die Kostenentscheidung kann im Revisionsverfahren auch zum Nachteil des Rechtsmittelführers berichtigt werden (z.B. BFH-Urteil vom 10. August 1989 V R 36/84, BFH/NV 1990, 386, unter II.3.).

44

Die vom FG vorgenommene verhältnismäßige Teilung der Kosten ist unzutreffend. Insoweit ist die Kostenentscheidung nicht nach § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO, sondern nach § 135 Abs. 1 FGO zu treffen. Danach sind die Kosten des Klageverfahrens allein dem FA aufzuerlegen, weil es vor dem FG voll unterlegen war (vgl. oben B.1.b).

(1) Die Steuern werden, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetzt. Steuerbescheid ist der nach § 122 Abs. 1 bekannt gegebene Verwaltungsakt. Dies gilt auch für die volle oder teilweise Freistellung von einer Steuer und für die Ablehnung eines Antrags auf Steuerfestsetzung.

(2) Ein Steuerbescheid kann erteilt werden, auch wenn ein Grundlagenbescheid noch nicht erlassen wurde.

(3) Schulden mehrere Steuerpflichtige eine Steuer als Gesamtschuldner, so können gegen sie zusammengefasste Steuerbescheide ergehen. Mit zusammengefassten Steuerbescheiden können Verwaltungsakte über steuerliche Nebenleistungen oder sonstige Ansprüche, auf die dieses Gesetz anzuwenden ist, gegen einen oder mehrere der Steuerpflichtigen verbunden werden. Das gilt auch dann, wenn festgesetzte Steuern, steuerliche Nebenleistungen oder sonstige Ansprüche nach dem zwischen den Steuerpflichtigen bestehenden Rechtsverhältnis nicht von allen Beteiligten zu tragen sind.

(4) Die Finanzbehörden können Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen auf der Grundlage der ihnen vorliegenden Informationen und der Angaben des Steuerpflichtigen ausschließlich automationsgestützt vornehmen, berichtigen, zurücknehmen, widerrufen, aufheben oder ändern, soweit kein Anlass dazu besteht, den Einzelfall durch Amtsträger zu bearbeiten. Das gilt auch

1.
für den Erlass, die Berichtigung, die Rücknahme, den Widerruf, die Aufhebung und die Änderung von mit den Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen verbundenen Verwaltungsakten sowie,
2.
wenn die Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen mit Nebenbestimmungen nach § 120 versehen oder verbunden werden, soweit dies durch eine Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums der Finanzen oder der obersten Landesfinanzbehörden allgemein angeordnet ist.
Ein Anlass zur Bearbeitung durch Amtsträger liegt insbesondere vor, soweit der Steuerpflichtige in einem dafür vorgesehenen Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung Angaben im Sinne des § 150 Absatz 7 gemacht hat. Bei vollständig automationsgestütztem Erlass eines Verwaltungsakts gilt die Willensbildung über seinen Erlass und über seine Bekanntgabe im Zeitpunkt des Abschlusses der maschinellen Verarbeitung als abgeschlossen.

(5) Die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sind auf die Festsetzung einer Steuervergütung sinngemäß anzuwenden.

Die Insolvenzgläubiger können ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen.

(1) Die Insolvenzgläubiger haben ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden. Der Anmeldung sollen die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden. Zur Vertretung des Gläubigers im Verfahren nach diesem Abschnitt sind auch Personen befugt, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes).

(2) Bei der Anmeldung sind der Grund und der Betrag der Forderung anzugeben sowie die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung, eine vorsätzliche pflichtwidrige Verletzung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht oder eine Steuerstraftat des Schuldners nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung zugrunde liegt.

(3) Die Forderungen nachrangiger Gläubiger sind nur anzumelden, soweit das Insolvenzgericht besonders zur Anmeldung dieser Forderungen auffordert. Bei der Anmeldung solcher Forderungen ist auf den Nachrang hinzuweisen und die dem Gläubiger zustehende Rangstelle zu bezeichnen.

(4) Die Anmeldung kann durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments erfolgen, wenn der Insolvenzverwalter der Übermittlung elektronischer Dokumente ausdrücklich zugestimmt hat. Als Urkunde im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 kann in diesem Fall auch eine elektronische Rechnung übermittelt werden. Auf Verlangen des Insolvenzverwalters oder des Insolvenzgerichts sind Ausdrucke, Abschriften oder Originale von Urkunden einzureichen.

Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).

(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem nur vollstreckt werden, soweit die Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung nicht ausgesetzt ist (Artikel 108 Absatz 3 des Zollkodex der Union).

(2) Unberührt bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung sowie § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Die Finanzbehörde ist berechtigt, in den Fällen des § 201 Abs. 2, §§ 257 und 308 Abs. 1 der Insolvenzordnung sowie des § 71 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes gegen den Schuldner im Verwaltungswege zu vollstrecken.

(3) Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt fest.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

(1) Die Insolvenzgläubiger können nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ihre restlichen Forderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen.

(2) Die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, können aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. Einer nicht bestrittenen Forderung steht eine Forderung gleich, bei der ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Der Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung aus der Tabelle kann erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gestellt werden.

(3) Die Vorschriften über die Restschuldbefreiung bleiben unberührt.

(1) Das Insolvenzgericht entscheidet nach dem regulären Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Der Beschluss ergeht nach Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters oder Treuhänders und des Schuldners. Eine nach Satz 1 erteilte Restschuldbefreiung gilt als mit Ablauf der Abtretungsfrist erteilt.

(2) Wurden im Insolvenzverfahren keine Forderungen angemeldet oder sind die Insolvenzforderungen befriedigt worden und hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten berichtigt, so entscheidet das Gericht auf Antrag des Schuldners schon vor Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 ist vom Schuldner glaubhaft zu machen. Wird die Restschuldbefreiung nach Satz 1 erteilt, so gelten die §§ 299 und 300a entsprechend.

(3) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn die Voraussetzungen des § 290 Absatz 1, des § 296 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 3, des § 297 oder des § 297a vorliegen, oder auf Antrag des Treuhänders, wenn die Voraussetzungen des § 298 vorliegen.

(4) Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen. Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der bei der Anhörung nach Absatz 1 oder Absatz 2 die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt oder der das Nichtvorliegen der Voraussetzungen einer vorzeitigen Restschuldbefreiung nach Absatz 2 geltend gemacht hat, die sofortige Beschwerde zu.

(1) Auf Antrag eines Insolvenzgläubigers widerruft das Insolvenzgericht die Erteilung der Restschuldbefreiung, wenn

1.
sich nachträglich herausstellt, dass der Schuldner eine seiner Obliegenheiten vorsätzlich verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger erheblich beeinträchtigt hat,
2.
sich nachträglich herausstellt, dass der Schuldner während der Abtretungsfrist nach Maßgabe von § 297 Absatz 1 verurteilt worden ist, oder wenn der Schuldner erst nach Erteilung der Restschuldbefreiung wegen einer bis zum Ende der Abtretungsfrist begangenen Straftat nach Maßgabe von § 297 Absatz 1 verurteilt wird oder
3.
der Schuldner nach Erteilung der Restschuldbefreiung Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat, die ihm nach diesem Gesetz während des Insolvenzverfahrens obliegen.

(2) Der Antrag des Gläubigers ist nur zulässig, wenn er innerhalb eines Jahres nach der Rechtskraft der Entscheidung über die Restschuldbefreiung gestellt wird; ein Widerruf nach Absatz 1 Nummer 3 kann bis zu sechs Monate nach rechtskräftiger Aufhebung des Insolvenzverfahrens beantragt werden. Der Gläubiger hat die Voraussetzungen des Widerrufsgrundes glaubhaft zu machen. In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 hat der Gläubiger zudem glaubhaft zu machen, dass er bis zur Rechtskraft der Entscheidung keine Kenntnis vom Widerrufsgrund hatte.

(3) Vor der Entscheidung sind der Schuldner und in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 3 auch der Treuhänder oder Insolvenzverwalter zu hören. Gegen die Entscheidung steht dem Antragsteller und dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Die Entscheidung, durch welche die Restschuldbefreiung widerrufen wird, ist öffentlich bekanntzumachen.

Tenor

Auf die Revision des Finanzamts wird das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 9. Dezember 2015  8 K 1112/15 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Über das Vermögen des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) wurde am 15. März 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet. Für das Jahr 2008 entstand aufgrund der Verwertung von Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter Einkommensteuer, die aus der Masse nicht bezahlt wurde.

2

Am 20. März 2012 zeigte der Insolvenzverwalter Masseunzulänglichkeit an. Am 15. Juli 2013 wurde das Insolvenzverfahren eingestellt; dem Kläger wurde Restschuldbefreiung erteilt.

3

Mit Bescheid vom 27. März 2015 setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) Einkommensteuer für 2013 fest. Aufgrund von Vorauszahlungen und einbehaltener Lohnsteuer führte die Festsetzung zu einem Erstattungsanspruch des Klägers. Diesen verrechnete das FA mit der noch offenen Forderung aus Einkommensteuer 2008 und erließ am 31. März 2015 einen entsprechenden Abrechnungsbescheid.

4

Den Einspruch des Klägers wies das FA als unbegründet zurück.

5

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, der Aufrechnung stehe § 390 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) i.V.m. § 226 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) entgegen; denn die Forderung aus Einkommensteuer 2008 sei als Masseforderung wegen der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners einredebehaftet. Das Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters sei auf die zur Insolvenzmasse gehörenden Gegenstände beschränkt; der Insolvenzverwalter könne nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) den Insolvenzschuldner im Hinblick auf dessen insolvenzfreies Vermögen nicht verpflichten (BGH-Teilurteil vom 24. September 2009 IX ZR 234/07, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2010, 69). Dementsprechend gehe auch der Bundesfinanzhof (BFH) von einer nur beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners für Masseverbindlichkeiten aus (BFH-Urteil vom 26. Mai 2013 IV R 23/11, BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759). Der Abrechnungsbescheid sei daher in der vom Kläger beantragten Höhe aufzuheben. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 785 veröffentlicht.

6

Mit seiner Revision trägt das FA im Wesentlichen vor, für die Auffassung des FG, der als Masseforderung entstandenen Steuerforderung stehe eine Einrede entgegen, gebe es keine gesetzliche Grundlage. § 80 der Insolvenzordnung (InsO) entfalte Wirkung nur für das laufende Insolvenzverfahren; nach dessen Beendigung sei die Unterscheidung zwischen Masse und insolvenzfreiem Vermögen obsolet. Folgte man der Auffassung des FG, könnte die nicht beglichene Masseforderung weder beim Steuerschuldner noch, da § 61 InsO nach der BGH-Rechtsprechung (BGH-Beschluss vom 14. Oktober 2010 IX ZB 224/08, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 2010, 2252) bei Steuerforderungen nicht eingreife, beim Insolvenzverwalter erhoben werden. Faktisch führe dies zu einem Erlass der nach Beendigung des Insolvenzverfahrens noch offenen Masseverbindlichkeiten.

7

Der Kläger erwidert, der Grundsatz, dass der Schuldner für Masseverbindlichkeiten ausschließlich mit der Insolvenzmasse hafte, gelte auch für die Zeit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Schon der BGH habe in ständiger Rechtsprechung seit dem Jahr 1954 zur damals geltenden Konkursordnung entschieden, dass ein Konkursverwalter nur die Rechtsmacht habe, Masseverbindlichkeiten zu begründen, nicht hingegen die Befugnis, den Schuldner persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen zu verpflichten. Das entspreche auch der gesicherten BFH-Rechtsprechung; der Auffassung des IV. Senats habe sich inzwischen auch der X. Senat angeschlossen (BFH-Beschluss vom 18. Dezember 2014 X B 89/14, BFH/NV 2015, 470, und BFH-Urteil vom 9. Dezember 2014 X R 12/12, BFHE 252, 482, BStBl II 2016, 852). Die gegenteilige Ansicht widerspreche dem in § 1 Satz 2 InsO niedergelegten Zweck des Insolvenzverfahrens bzw. der Restschuldbefreiung. Dass nach dem Wortlaut des § 301 InsO der redliche Schuldner nur von den Insolvenzforderungen befreit werde, nicht aber von den Masseverbindlichkeiten, sei ein kapitaler "Webfehler" der Insolvenzordnung. Daher müsse unterstellt werden, dass der Gesetzgeber an die BGH-Rechtsprechung habe anknüpfen wollen, der zufolge auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens aufgrund von Masseverbindlichkeiten nicht auf das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners zugegriffen werden dürfe. Dies zeige indiziell auch die Regelung des § 201 Abs. 1 InsO, die gerade nicht für Masseforderungen gelte. Schließlich sprächen auch das Leistungsfähigkeitsprinzip und der Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gegen die von der Revision angestrebte Lösung; denn sämtliche Einnahmen aus der Verwertung der Insolvenzmasse seien dem Zugriff des Insolvenzschuldners entzogen.

Entscheidungsgründe

II.

8

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Das FG hat den Abrechnungsbescheid zu Unrecht teilweise aufgehoben.

9

Das FA hat nach Einstellung des Insolvenzverfahrens wirksam gegenüber dem Kläger mit seiner Forderung aus Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag 2008 aufgerechnet. Der Anspruch des Klägers auf Erstattung der Einkommensteuer 2013 ist dadurch in der hier streitigen Höhe erloschen.

10

1. Aufgrund der von der Vorinstanz getroffenen Feststellungen, die für den erkennenden Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 FGO), ist davon auszugehen, dass der Kläger einen Erstattungsanspruch aus Einkommensteuer für 2013 hatte und dass diesem Anspruch gleichartige Leistungen (§ 387 BGB i.V.m. § 226 Abs. 1 AO) in Form von Steuerforderungen des FA aus Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für 2008 gegenüberstanden.

11

2. § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO steht der Aufrechnung nicht entgegen, auch nicht im Fall einer entsprechenden Anwendung dieser Regelung zu Lasten von Altmassegläubigern nach angezeigter Masseunzulänglichkeit (vgl. MünchKommInsO-Hefermehl InsO § 210 Rz 12). Denn im Streitfall war das Insolvenzverfahren zum Zeitpunkt der Aufrechnung bereits beendet (vgl. auch BFH-Urteil vom 13. Dezember 2016 VII R 1/15, BFHE 256, 388, BStBl II 2017, 541).

12

3. Die Forderung des FA aus Einkommensteuer 2008 fällt als Masseverbindlichkeit nicht unter die dem Kläger erteilte Restschuldbefreiung.

13

Die Restschuldbefreiung wirkt gemäß § 286 und § 301 Abs. 1 Satz 1 InsO gegen alle Insolvenzgläubiger. Insolvenzgläubiger sind alle persönlichen Gläubiger des Schuldners, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (§ 38 InsO). Der anspruchsbegründende Tatbestand muss also bereits vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen sein (vgl. auch BGH-Urteil vom 5. April 2016 VI ZR 283/15, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2017, 37).

14

Massegläubiger (§ 53 InsO) sind keine Insolvenzgläubiger und Masseverbindlichkeiten sind keine Insolvenzforderungen. Daher werden Masseverbindlichkeiten nach dem eindeutigen Wortlaut des § 301 Abs. 1 Satz 1 InsO und der Systematik der §§ 35 ff. und 286 ff. InsO von der Restschuldbefreiung nicht erfasst.

15

Sinn und Zweck der Regelungen über die Restschuldbefreiung gebieten es nicht, deren Wirkung über den Wortlaut des § 301 InsO hinaus auch auf Masseforderungen zu erstrecken (offen gelassen in BGH-Urteil vom 28. Juni 2007 IX ZR 73/06, Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung --NZI-- 2007, 670, Rz 16; wie hier: Uhlenbruck/Sternal InsO § 301 Rz 6; MünchKommInsO-Stephan InsO § 301 Rz 8; Wenzel in Kübler/ Prütting/Bork, InsO, § 301, Rz 3; Waltenberger in Kayser/ Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 8. Aufl. 2016, § 301 Rz 15; HambKomm/Streck, InsO, 6. Aufl., § 301 Rz 3; Kexel in Graf-Schlicker, InsO, § 301 Rz 4; a.A.: Voigt, Weiter im Schuldturm trotz Restschuldbefreiung? Gedanken zur Auslegung von §§ 286, 301 InsO, ZInsO 2002, 569, 572 f.).

16

Zwar trifft es zu, dass es das Ziel des Insolvenzverfahrens ist, dem redlichen Schuldner Gelegenheit zu geben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien (§ 1 Satz 2 InsO). Aber unter welchen formellen und materiellen Voraussetzungen und in welchem Umfang dies geschehen soll, wird allein durch die gesetzlichen Regelungen der InsO bestimmt, im Fall der Restschuldbefreiung durch § 301 InsO. Die in dieser Regelung klar vorgegebene Reichweite der Restschuldbefreiung kann nicht unter Hinweis auf die allgemeine Zielsetzung der InsO auf Masseverbindlichkeiten ausgedehnt werden. Hätte der Gesetzgeber Masseverbindlichkeiten in die Restschuldbefreiung einbeziehen wollen, hätte er den Anwendungsbereich des § 301 InsO nicht ausdrücklich auf Insolvenzgläubiger beschränkt.

17

Aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip und Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich kein anderes Ergebnis herleiten. Einnahmen, die aus der Verwertung der Insolvenzmasse resultieren, sind Einnahmen des Insolvenzschuldners, ohne dass es darauf ankommt, ob die Einkünfte in das insolvenzfreie Vermögen fließen oder in die Insolvenzmasse (so schon BFH-Urteil vom 7. November 1963 IV 210/62 S, BFHE 78, 172, BStBl III 1964, 70; Roth, Insolvenzsteuerrecht, 2. Aufl. 2016, Rz 4.10 f.). Die fehlende Verfügungsbefugnis über das insolvenzbefangene Vermögen (vgl. § 80 InsO) berührt das Steuerrechtsverhältnis nicht (s. im Einzelnen unten: II.4.c bb).

18

4. Der Aufrechnung des FA steht auch keine auf § 80 Abs. 1 InsO zurückzuführende Einrede der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners entgegen.

19

a) Gemäß § 80 Abs. 1 InsO geht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Damit verliert der Insolvenzschuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis in Bezug auf sein vom Insolvenzbeschlag erfasstes Vermögen. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, die gemeinschaftliche Befriedigung aller persönlichen Gläubiger zu sichern (vgl. Uhlenbruck/Mock InsO § 80 Rz 4; Lüke in Kübler/Prütting/Bork, a.a.O., § 80 InsO, Rz 3).

20

Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 200 InsO) bzw. mit dessen Einstellung (§§ 207 ff. InsO) endet grundsätzlich auch die Wirkung des § 80 Abs. 1 InsO; der Insolvenzschuldner erhält seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zurück (s.a. Uhlenbruck/Mock, a.a.O., § 80 Rz 7).

21

b) Allerdings leitet der BGH aus § 80 Abs. 1 InsO eine sog. Haftungsbeschränkung auch für solche Masseverbindlichkeiten ab, die nach Verfahrenseröffnung durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters begründet worden sind (BGH-Teilurteil in NJW 2010, 69, Rz 12, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

22

Der Insolvenzschuldner bleibe zwar Schuldner aller durch die Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters nach Verfahrenseröffnung begründeten Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 InsO). Allerdings beschränke sich die Haftung während des Verfahrens auf die Gegenstände der Insolvenzmasse. Es handele sich um eine dem Verfahren immanente Haftungsbeschränkung. Für diese sei maßgeblich, dass der Verwalter nicht befugt sei, den Schuldner persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen zu verpflichten, weil seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen beschränkt sei (BGH-Teilurteil in NJW 2010, 69, Rz 12).

23

Der BGH verweist dabei auf eine frühere Entscheidung, in der er eine entsprechende Beschränkung der Inanspruchnahme auch für die Zeit nach Beendigung der (Zwangs-)Verwaltung bejaht hat, nachdem also das Verwaltungs- und Verfügungsrecht wieder auf den Vermögensinhaber übergegangen ist (BGH-Urteil vom 25. November 1954 IV ZR 81/54, NJW 1955, 339). Der BGH führte in diesem Zusammenhang aus, es sei zunächst für den Konkursverwalter ausgesprochen worden, dass der Vermögensinhaber für die von ihm Dritten gegenüber begründeten rechtsgeschäftlichen Verbindlichkeiten nur mit dem mit Beschlag belegten Vermögen hafte und dass er mit seinem verwaltungsfreien Vermögen für diese Schulden nicht einstehen müsse. Das folge daraus, dass das Verwaltungsrecht des Konkursverwalters auf das dem Konkursbeschlag unterworfene Vermögen beschränkt sei. Es handele sich um einen allgemeinen Grundsatz des deutschen Rechts, der in verschiedenen Bestimmungen des Gesetzes seinen Ausdruck gefunden habe (wird unter 2.c) der Entscheidungsgründe ausgeführt).

24

Auch das insolvenzrechtliche Schrifttum geht ganz überwiegend davon aus, dass sich eine Haftung des Insolvenzschuldners für Ansprüche, die erst während des Insolvenzverfahrens als Masseansprüche begründet und nicht aus der Masse gezahlt worden sind, auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nur auf Massegegenstände beschränkt, die als Überschuss dem Schuldner zurückgegeben werden (§ 199 Satz 1 InsO), oder auf Gegenstände, die der Insolvenzverwalter als unverwertbar freigegeben hat (§ 197 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 InsO). Denn --so auch hier die Begründung-- die Tätigkeit des Verwalters beschränke sich ausschließlich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen; eine Haftung des gesamten Vermögens des Schuldners nach Beendigung des Insolvenzverfahrens könne daher durch das Handeln des Verwalters nicht begründet werden (s. z.B. MünchKommInsO-Hintzen § 201 Rz 16, und MünchKommInsO-Hefermehl § 53 Rz 34a). Dafür fehle es an einer rechtlichen Grundlage (so Meller-Hannich in Jaeger, InsO, § 201 Rz 8). Die Beschränkung der Schuldnerhaftung auf die Restmasse sei für die Massegläubiger auch nicht unzumutbar, weil der Insolvenzverwalter nach § 61 InsO für die Erfüllung dieser Masseverbindlichkeiten hafte (so Uhlenbruck/Wegener, a.a.O., § 201 Rz 17, unter Hinweis auf BGH-Urteil vom 6. Mai 2004 IX ZR 48/03, BGHZ 159, 104, ZIP 2004, 1107).

25

Dagegen befürwortet ein Teil des Schrifttums eine uneingeschränkte Haftung des Insolvenzschuldners für Masseverbindlichkeiten, insbesondere auch für Steuerforderungen (HambKommInsO-Herchen, a.a.O., § 201 Rz 6 f.; Runkel/ Schnurbusch, Rechtsfolgen der Masseunzulänglichkeit, NZI 2000, 49; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 4. Aufl. 2007, Rz 25.30 f.). Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass es im Geltungsbereich der InsO (und der Konkursordnung) an Vorschriften fehle, die der Konzeption der §§ 1967 ff. bzw. 1993 ff., 1975 ff. BGB entsprächen; soweit aber solche Regelungen nicht existierten, müsse das gesamte Vermögen einer Person ihren Gläubigern haften (so Runkel/Schnurbusch, NZI 2000, 49, 56 f.).

26

c) Unabhängig davon, ob man der Auffassung des BGH und der herrschenden Ansicht im insolvenzrechtlichen Schrifttum grundsätzlich folgen mag, gilt eine auf § 80 Abs. 1 InsO gestützte Einrede der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners jedenfalls nicht in Bezug auf die hier streitigen Steuerschulden für die Zeit nach Beendigung des Insolvenzverfahrens.

27

aa) Der erkennende Senat hat zunächst Zweifel, ob die im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung begründete Einrede der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners für die Zeit nach Beendigung des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens noch Bestand haben kann, nachdem zum 1. Januar 1999 die InsO in Kraft getreten ist. Denn eine solche Einrede ist in der InsO nicht kodifiziert worden. Dies hätte aber in Anbetracht der weitreichenden Folgen einer solchen Einrede nahegelegen, und zwar umso mehr, als sie im Ergebnis einer in § 301 InsO gerade nicht vorgesehenen Ausdehnung der Wirkung der Restschuldbefreiungen auf Masseverbindlichkeiten gleichkommt.

28

In seinem Teilurteil vom 24. September 2009 in NJW 2010, 69, Rz 12 hat sich der BGH tatsächlich auch nur zu einer Haftungsbeschränkung während des Insolvenzverfahrens geäußert, auch wenn er sich dabei gleichwohl --ohne jede Einschränkung-- auf die frühere BGH-Rechtsprechung bezieht.

29

bb) Doch braucht diese Frage im Hinblick auf die hier streitigen Steuerschulden nicht entschieden zu werden.

30

Der Steuerpflichtige ist als Subjekt der Einkommensteuer (§ 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) grundsätzlich zugleich auch Steuerschuldner (vgl. § 36 Abs. 4 Satz 1 EStG). Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ändert daran nichts. Das öffentlich-rechtliche Steuerschuldverhältnis gegenüber dem Steuerpflichtigen bleibt bestehen (vgl. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 251 AO, Rz 41, m.w.N.; ebenso Uhländer in: Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 11. Aufl. 2015, S. 645 f.).

31

Die Einkommensteuerschuld des Steuerpflichtigen entsteht kraft Gesetzes durch Verwirklichung des maßgeblichen Tatbestands (§ 38 AO), nicht dadurch, dass der Insolvenzverwalter den insolventen Steuerpflichtigen aufgrund seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO zur Zahlung der Steuer verpflichtet. Lediglich mittelbar knüpft die Steuer an die Handlungen des Insolvenzverwalters an, soweit diese zu Einkünften i.S. der §§ 2 ff. EStG führen, die dem Steuerpflichtigen nach den allgemeinen einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen zuzurechnen sind. Daher kann es hinsichtlich der Frage, mit welchem Vermögen der Steuerpflichtige nach Abschluss des Insolvenzverfahrens für die noch bestehenden Steuerschulden einstehen muss, nicht auf die Reichweite der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse des Insolvenzverwalters ankommen.

32

cc) Eine solche Differenzierung legt im Grunde auch schon die Rechtsprechung des BGH nahe. Denn auch der BGH unterscheidet in dem oben genannten Urteil (BGH-Teilurteil in NJW 2010, 69, Rz 19 ff.) zwischen Verbindlichkeiten, die nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 InsO durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters begründet werden, und solchen, die den Schuldner unmittelbar aufgrund gesetzlicher Regelungen treffen.

33

So hat der BGH zwar entschieden, dass der Insolvenzschuldner auch für die Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) nicht mit seinem Privatvermögen haftet. Der Grund hierfür liegt aber nach Auffassung des BGH nicht in der nur beschränkten Verwaltungs- und Verfügungsmacht des Insolvenzverwalters nach § 80 Abs. 1 InsO. Denn die Kosten unterschieden sich --so der BGH-- von den in § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 InsO genannten Verbindlichkeiten schon dadurch, dass sie nicht erst durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters begründet werden. Ihre Grundlage hätten sie vielmehr bereits in der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 58 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes, § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 1 Abs. 1 der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung). Dass der Insolvenzschuldner gleichwohl nicht mit seinem Privatvermögen hafte, beruhe allein darauf, dass die Kosten des Insolvenzverfahrens nach den einschlägigen insolvenzrechtlichen Bestimmungen darauf angelegt seien, allein aus der Masse des insolventen Rechtsträgers beglichen zu werden (BGH-Teilurteil in NJW 2010, 69, Rz 21, m.w.N.). Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 InsO weise das Insolvenzgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen werde, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Nach § 207 Abs. 1 Satz 1 InsO sei das Verfahren einzustellen, wenn sich nach Verfahrenseröffnung herausstelle, dass die Insolvenzmasse nicht ausreiche, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Nach diesen Vorschriften sei also die Deckung der Verfahrenskosten aus der Masse grundsätzlich Voraussetzung für die Durchführung eines Insolvenzverfahrens (s.a. BGH-Beschluss vom 16. Juli 2009 IX ZB 221/08, ZIP 2009, 1591, Rz 9).

34

Entsprechende Regelungen für die Einkommensteuer, denen zufolge die Deckung der als Masseverbindlichkeiten entstehenden Steuerschulden Voraussetzung für die Durchführung eines Insolvenzverfahrens ist, gibt es in der InsO nicht.

35

dd) Es gibt auch im Übrigen keine gesetzlichen Regelungen, nach denen die Steuerschuld auf das ehemals zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des Steuerpflichtigen nach Abschluss des Insolvenzverfahrens beschränkt ist. Auch aus § 201 InsO lässt sich eine solche Beschränkung nicht herleiten.

36

ee) Dass sich eine Einrede der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners nicht auf die hier streitigen Steuerschulden erstrecken kann, erscheint auch insoweit sachgerecht und konsequent, als die BGH-Rechtsprechung den Begriff "Rechtshandlung" in § 61 InsO eng auslegt mit der Folge, dass ein Insolvenzverwalter, der es unterlässt, Steuern an das Finanzamt abzuführen, die durch die Verwertung von Masse als Masseverbindlichkeiten entstanden sind, hierfür nicht persönlich haftet (BGH-Beschluss in ZIP 2010, 2252, unter Berufung auf BGH-Urteil vom 2. Dezember 2004 IX ZR 142/03, BGHZ 161, 236, ZIP 2005, 131; s.a. Lüke in Kübler/Prütting/Bork, a.a.O., § 61 Rz 4d; MünchKommInsO-Schoppmeyer, a.a.O., § 61 Rz 11).

37

d) Aus dem Umstand, dass sich der IV. Senat des BFH der Rechtsprechung des BGH angeschlossen hat (BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, Rz 27 ff.), ergibt sich nichts anderes.

38

Zwar führt auch der IV. Senat des BFH in seinem Urteil aus, die Rechtsmacht des Verwalters, mit Wirkung für und gegen den Schuldner zu handeln, sei gegenständlich nach § 80 Abs. 1 InsO auf die Insolvenzmasse beschränkt; er könne ausschließlich Masseverbindlichkeiten begründen, nicht hingegen den Schuldner persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen verpflichten (BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, Rz 30). Doch geht es in dem vom IV. Senat des BFH entschiedenen Fall allein um die Frage, ob die Einkommensteuer auf Veräußerungsgewinne, die der Insolvenzverwalter durch Verwertung der zur Insolvenzmasse gehörenden Wirtschaftsgüter erzielt hat, in voller Höhe als sonstige Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu qualifizieren und gegenüber dem Insolvenzverwalter als Bekanntgabeadressat geltend zu machen ist. Dabei beziehen sich die Ausführungen des IV. Senats des BFH --ebenso wie die des BGH-Teilurteils in NJW 2010, 69-- auf ein noch nicht abgeschlossenes Insolvenzverfahren. Zu der Frage, welche Konsequenzen sich aus der Rechtsprechung des BGH in Bezug auf die sog. Nachhaftung des ehemaligen Insolvenzschuldners für die als Masseverbindlichkeiten entstandene Steuerschulden nach Abschluss des Insolvenzverfahrens ergeben, äußert sich der IV. Senat nicht.

39

Das gilt auch für die von der Revision angeführten Entscheidungen des X. Senats des BFH (BFH-Urteil in BFHE 252, 482, BStBl II 2016, 852, und BFH-Beschluss in BFH/NV 2015, 470).

40

5. In Anbetracht dieses Ergebnisses kann dahingestellt bleiben, ob die streitigen Steuerschulden des Klägers aus Einkommensteuer für 2008 --wie vom FG festgestellt-- insgesamt als Masseverbindlichkeiten i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO anzusehen (vgl. dazu im Einzelnen BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, m.w.N.) oder teilweise --wie vom FA mit der Revision vorgetragen-- dem insolvenzfreien Bereich des Klägers zuzuordnen sind (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 2015 VII R 27/14, BFHE 248, 518, BStBl II 2015, 993; s. allgemein auch Paul in Graf-Schlicker, InsO § 55 Rz 19 ff.; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 251 AO Rz 72). Denn auch dann, wenn bzw. soweit es sich um Masseverbindlichkeiten gehandelt hat, war die Aufrechnung --wie dargelegt-- zulässig.

41

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

Aus der Insolvenzmasse sind die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten vorweg zu berichtigen.

Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn B (im Folgenden: Steuerpflichtiger). Über das Vermögen wurde am 19. Mai 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet.

2

Der Steuerpflichtige war an der R-Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt. Die Gesellschaft betätigte sich als Bauträger.

3

Die GbR hatte in früheren Jahren in ihren Bilanzen Rückstellungen für Mietgarantien und drohende Rückabwicklungen gebildet. Zugrunde lagen Bauvorhaben, die die GbR in den Jahren 1994 und 1995 vermarktet hatte. Die Rückstellungen sollten bis zum Ablauf der Verjährungsfristen eingestellt bleiben.

4

Im Streitjahr 2004 löste die GbR die Rückstellungen in Höhe von 1.687.131 € auf. Daneben wies die GbR sonstige betriebliche Erträge in Höhe von 489.956 € aus, die allem Anschein nach aus der Realisierung stiller Reserven herrührten. Der erzielte Gewinn betrug 1.304.991 €. Der auf den Steuerpflichtigen entfallende Gewinnanteil betrug 326.247 €. Das zuständige Finanzamt erließ einen entsprechenden Gewinnfeststellungsbescheid.

5

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 erklärte der Steuerpflichtige nur negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte. Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Steuerpflichtigen zunächst erklärungsgemäß veranlagt hatte, erging unter dem 20. November 2006 ein nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderter Einkommensteuerbescheid für 2004, der an den Insolvenzverwalter gerichtet war und der den Gewinnanteil des Steuerpflichtigen an der GbR berücksichtigte. Die festgesetzte Einkommensteuer betrug 107.110 €. Das FA begründete die geänderte Steuerfestsetzung damit, dass es sich bei der Steuer, die auf den GbR-Gewinnanteil entfalle, um eine Masseverbindlichkeit handele.

6

Unter dem 17. August 2007 änderte das FA die Steuerfestsetzung dahingehend, dass die auf die sonstigen Einkünfte entfallende Einkommensteuer dem insolvenzfreien Bereich zugeordnet wurde. Insoweit erließ es einen an den Steuerpflichtigen gerichteten Einkommensteuerbescheid. Entsprechend reduzierte sich die gegenüber dem Kläger festgesetzte Einkommensteuer geringfügig.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ab. Das FA habe die auf dem Gewinnanteil an der GbR beruhende Einkommensteuer für das Jahr 2004 zu Recht als Masseverbindlichkeit behandelt und gegenüber dem Kläger zu Recht mittels Einkommensteuerbescheid geltend gemacht.

8

Mit der Revision macht der Kläger geltend:

9

1. Bereits in den Jahren 1994/95 habe festgestanden, dass die Auflösung der (wegen übernommener Mietgarantien und etwaiger Rückabwicklungen gebildeten) Rückstellungen die Steuerersparnis rückgängig machen würde. Der zivilrechtliche Sachverhalt sei bereits 1994/95 abgeschlossen gewesen. Die Auffassung, dass die Auflösung einer Rückstellung nicht rückwirkend für 1994/95 vorgenommen werden könne, sei unzutreffend.

10

Entgegen der Auffassung des FA hätten die Rückstellungen spätestens zum 31. Dezember 2000 aufgelöst werden müssen. Die Mietgarantien seien zum 31. Dezember 2000 ausgelaufen. Danach hätten weder Inanspruchnahmen aus Mietgarantien noch Rückabwicklungen gedroht. Es gebe auch keine Verjährungsfristen, die erst im Jahr 2004 abgelaufen wären. Die Auflösung der Rückstellungen erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei augenscheinlich allein deshalb erfolgt, um Steuerforderungen auf die Insolvenzmasse abwälzen zu können.

11

Die Steuerforderung sei vom Grunde her bereits mit Vereinnahmung der Veräußerungserlöse in den Jahren 1994/95 entstanden. Die Auflösung der Rückstellungen bewirke nur, dass der Anspruch nunmehr steuerrechtlich fällig werde. Zu unterscheiden sei zwischen der --maßgeblichen-- Entstehung und der Fälligkeit.

12

2. Es bestünden auch keine praktischen Schwierigkeiten, auf die einzelnen Geschäftsvorfälle abzustellen. Auch ansonsten berücksichtige die Finanzverwaltung die Ausbuchungen des Insolvenzverwalters bei einem Buchforderungsbestand (Debitoren) als massewirksam nur dann, wenn der Grund für die Ausbuchung der Altforderungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens liege. Hätten die Forderungen vorinsolvenzlich ausgebucht werden müssen, könne der Insolvenzverwalter keine zurückzuzahlende Umsatzsteuer aus der Ausbuchung der Forderung als Masseanspruch geltend machen. Die Anmeldung zur Insolvenztabelle sei ohne weiteres möglich.

13

3. Der Vergleich mit der Verwertung betrieblicher Wirtschaftsgüter gehe fehl; in diesen Fällen würde die Verwertung dazu führen, dass der Insolvenzmasse echte Vermögenswerte zuflössen. Der erzielte Gewinn habe auch nicht mittelbar den Wert der Beteiligung erhöht.

14

Für die Geltendmachung einer Steuerforderung als Masseverbindlichkeit müssten zwei Voraussetzungen kumulativ vorliegen, die Entstehung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 55 der Insolvenzordnung (InsO).

15

4. Die Belastung der Insolvenzmasse mit Steuerverbindlichkeiten sei nur dann gerechtfertigt, wenn der Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Geschäfte tätige und dadurch Vermögensmehrungen zur Insolvenzmasse gelangten (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. März 2008 X R 60/04, BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787). Ein Zusammenhang mit der Masse sei auch nicht in anderer Weise gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 InsO begründet worden. Die vorliegende Steuerforderung sei ohne jede Möglichkeit der Einflussnahme des Klägers entstanden. Es sei ein Verhalten des Insolvenzverwalters notwendig (Braun/Bäuerle, InsO, 3. Aufl., § 55 Rz 15). Nur in Ausnahmefällen habe der BFH das Verhalten Dritter für ausreichend erachtet.

16

5. Die Urteile vom 29. Januar 2009 V R 64/07 (BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682) und vom 7. April 2005 V R 5/04 (BFHE 210, 156, BStBl II 2005, 848) beruhten auf den Besonderheiten der Umsatzsteuer. Das Urteil vom 16. August 2001 V R 59/99 (BFHE 196, 341, BStBl II 2003, 208) verlange, dass ein realer Vermögenswert zugeflossen sei. Der Buchgewinn habe weder unmittelbar noch mittelbar den Wert der Beteiligung erhöht.

17

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil sowie den Bescheid vom 20. November 2006, geändert durch Bescheid vom 17. August 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. August 2007 aufzuheben.

18

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen,

19

und trägt vor:

20

1. Der Umstand, dass die Rückstellung bereits früher hätte aufgelöst werden müssen, könne im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden; es sei kein Umstand bekannt, nach dem die Verjährungsfrist unzutreffend berechnet worden sei. Nach den Angaben zu den Bilanz-Erläuterungen sei nur mit einem Teil der Erwerber ein Vergleich wegen geltend gemachter Garantien geschlossen worden.

21

Selbst wenn der Garantiezeitraum im Jahr 2000 abgelaufen gewesen wäre, hätten Ansprüche aus der Garantie noch innerhalb der Verjährungsfrist geltend gemacht werden können. Die vierjährige Frist gelte auch für Mietgarantien. Tatsachen, die eine andere rechtliche Würdigung zulassen würden, seien nicht benannt und könnten im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden.

22

2. Der Ansicht, Steuerforderungen aus der Auflösung einer Rückstellung seien bereits bei deren Bildung aufschiebend bedingt entstanden, könne nicht gefolgt werden. Bei Auflösung werde der Gewinn des Auflösungsjahres geändert. Der Beschluss vom 7. Juni 2006 VII B 329/05 (BFHE 212, 436, BStBl II 2006, 641) betreffe nur Einkommensteuervorauszahlungen. Die Auflösung der Rückstellung könne nicht rückwirkend vorgenommen werden.

23

3. Der Hinweis des Klägers, eine Anmeldung zur Tabelle sei noch ohne Schwierigkeiten möglich, übersehe, dass der Steuerbescheid nicht mehr geändert werden könne.

24

4. In den Vorjahren entstandene stille Reserven würden bei Veräußerung auch erst im Jahr der Veräußerung erfasst.

25

5. Es werde nicht bestritten, dass bei Versteuerung der Buchgewinne der Insolvenzmasse keine Vermögenswerte zuflössen. Es bestehe aber kein Rechtsgrundsatz, dass in diesen Fällen eine Belastung der Insolvenzmasse mit Steuerschulden nicht gerechtfertigt sei. Dem Urteil in BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787 lasse sich diese Einschränkung nicht entnehmen. Der Wert der Beteiligung sei gestiegen, da sich infolge der Verringerung der Verbindlichkeiten eine Erhöhung des Kapitalanteils ergeben habe.

26

Der BFH habe durch Urteil in BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682 entschieden, dass auch die Umsatzsteuer zu den Masseverbindlichkeiten gehöre, die nicht durch Handlungen des Insolvenzverwalters entstanden sei.

27

Nach dem Urteil in BFHE 210, 156, BStBl II 2005, 848 komme es nur darauf an, ob es sich um eine ertragbringende Nutzung der zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögensgegenstände handele. Entsprechend sei auch bei Verwertungshandlungen eines Absonderungsberechtigten die Zuordnung der Umsatzsteuer zu den Massekosten anerkannt (BFH-Urteil in BFHE 196, 341, BStBl II 2003, 208; BFH-Beschluss vom 15. Februar 2008 XI B 179/07, BFH/NV 2008, 819).

28

6. Die Einordnung einer (nicht auf einem tatsächlichen Geldzufluss beruhenden) Einkommensteuerschuld als Masseverbindlichkeit sei höchstrichterlich noch nicht geklärt. Einzelne Entscheidungen sprächen eher dafür; im Verfahren des Urteils in BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682 sei eine Masseverbindlichkeit bejaht worden, obwohl der Insolvenzverwalter an der Entstehung der Umsatzsteuer nicht beteiligt gewesen sei (die Kommentarstelle bei Braun/Bäuerle sei daher zu eng); es komme darauf an, wann der Steuertatbestand vollständig verwirklicht worden sei.

29

In dem Fall des Urteils in BFHE 196, 341, BStBl II 2003, 208 sei der Verkaufserlös nach Freigabe gerade nicht in die Konkursmasse geflossen; gleichwohl sei die Umsatzsteuer als Masseverbindlichkeit erfasst worden.

30

Mit Urteil in BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787 habe der BFH entschieden, dass trotz der Einkünfte aus der Konkursmasse der Einkommensteuerbescheid gegen den Konkursverwalter über das Vermögen des Mitunternehmers zu richten sei.

Entscheidungsgründe

31

II. Die Revision ist gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unbegründet. Die Entscheidung des FG ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat die Einkommensteuerschuld des Klägers zutreffend als Masseverbindlichkeit beurteilt.

32

1. Neben den Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) sind gemäß § 55 Abs. 1 InsO Masseverbindlichkeiten auch (1.) die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören, (2.) Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss, (3.) Verbindlichkeiten aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

33

Die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen/-verbindlichkeiten und Masseforderungen/-verbindlichkeiten richtet sich nach dem Zeitpunkt der insolvenzrechtlichen Begründung. Auf die steuerliche Entstehung der Forderung und deren Fälligkeit kommt es nicht an (BFH-Beschluss in BFHE 212, 436, BStBl II 2006, 641; MünchKommInsO-Hefermehl, § 55 Rz 71).

34

Gemäß § 35 Abs. 1 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können (§ 35 Abs. 2 Sätze 1 und 2 InsO). Zu den kraft Gesetzes entstehenden Masseverbindlichkeiten zählen vor allem auch Steuerforderungen/-verbindlichkeiten, die nach Verfahrenseröffnung entstehen (Henkel in Jaeger, InsO, § 55 Rz 33; Braun/Bäuerle, InsO, 4. Aufl., § 55 Rz 19 ff., 26; FK-InsO/Schumacher, § 55 Rz 13). Dazu gehört z.B. auch die Einkommensteuer, die aus fortbestehenden oder neu begründeten Arbeitsverhältnissen entsteht.

35

2. Im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits begründete Steueransprüche sind zur Insolvenztabelle anzumelden. Nach Insolvenzeröffnung begründete Steueransprüche, die als Massekosten oder Masseschulden zu qualifizieren sind, sind gegen den Insolvenzverwalter festzusetzen und von diesem vorweg aus der Insolvenzmasse zu befriedigen. Alle sonstigen Steueransprüche sind insolvenzfrei. Die aus der Verwertung der Insolvenzmasse sich ergebende Einkommensteuerschuld ist in einem auf den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung beschränkten Einkommensteuerbescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter festzusetzen. Die einheitliche Einkommensteuerschuld ist gegebenenfalls --aus Sicht des FA-- in eine Insolvenzforderung, eine Masseforderung und eine insolvenzfreie Forderung aufzuteilen. Steuern, die auf Einkünften der Insolvenzmasse beruhen und zu Massekosten führen, sind durch Steuerbescheid festzusetzen (zu Vorstehendem vgl. BFH-Urteil in BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787, m.w.N.). Der gegen die Masse gerichtete Bescheid ist ein gegenständlich beschränkter Steuerbescheid, mit dem die Einkommensteuer festgesetzt wird; er ist Teil des Festsetzungsverfahrens. Nach dem BFH-Urteil in BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787 kann das FA die Einkommensteuer einer Mitunternehmerin nicht gegenüber dem Konkursverwalter (Insolvenzverwalter) der Konkursmasse (Insolvenzmasse) der Mitunternehmerschaft als Massekosten geltend machen.

36

3. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die aus der Beteiligung an der GbR resultierende Einkommensteuerschuld zutreffend als Masseverbindlichkeit behandelt worden.

37

a) Masseverbindlichkeiten sind --unstreitig-- die Einkommensteuerschulden, die sich aus "echten" Gewinnen der Personengesellschaft ergeben (Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 251 AO Rz 72; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 6. Aufl., S. 138); in diesem Fall kommt der gegen die Gesellschaft gerichtete Gewinnanspruch unmittelbar der Insolvenzmasse zugute. Masseverbindlichkeiten sind aber auch die Einkommensteuerschulden, die sich daraus ergeben, dass nach Auflösung einer Rückstellung auf der Ebene der Gesellschaft ein Gewinn entsteht. In diesen Fällen handelt es sich zwar nicht um einen Gewinn, der zu einer Vermögensmehrung führt. Vielmehr --so auch im Streitfall-- wird ein Gewinn früherer Jahre in gewisser Weise nachversteuert. Der frühere Gewinn war im Hinblick auf drohende Verbindlichkeiten gekürzt worden; im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass die Kürzung nicht erforderlich war. Die frühere Gewinnkürzung wird nunmehr durch Auflösung ausgeglichen; der vermeintliche Aufwand wird storniert.

38

b) Nach den steuerrechtlichen Regelungen kann der Kläger im Einkommensteuerbescheid nicht geltend machen, dass die Rückstellung schon früher hätte aufgelöst werden müssen; das ist allein im (vorrangigen) Feststellungsverfahren zu beurteilen. Die im Feststellungsverfahren getroffenen Feststellungen sind für die Einkommensteuerveranlagung bindend (§ 182 Abs. 1 AO); der Feststellungsbescheid ist ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO).

39

Für die Einordnung der Einkommensteuerschuld als Masseverbindlichkeit kommt es demnach nicht darauf an, wie der Gewinn des Streitjahres entstanden ist, ob als "echter Ertrag" oder durch Auflösung einer Rückstellung, also durch Stornierung von Aufwand. Allein maßgeblich ist, dass der Gewinn steuerrechtlich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist. Das ist hier der Fall; das Insolvenzverfahren wurde am 19. Mai 2003 eröffnet, der Gewinn der Gesellschaft wurde im Feststellungszeitraum 2004 erfasst und entsprechend festgestellt.

40

c) Es trifft zwar zu, dass der Insolvenzmasse durch den für 2004 festgestellten Gewinn der GbR kein Wert zugeflossen ist; die Insolvenzmasse ist aber durch die Verminderung der sie treffenden Verpflichtungen bereichert (vgl. Frotscher, a.a.O., S. 138); sie wird von der drohenden Verpflichtung entlastet. Weitergehend stellt die Rechtsprechung bei der Verwertung betrieblichen Vermögens (ganz formal) auf den Zeitpunkt der Realisation ab; nicht maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem die Wertzuwächse (die stillen Reserven) entstanden sind (BFH-Urteil vom 11. November 1993 XI R 73/92, BFH/NV 1994, 477, m.w.N.; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 251 AO Rz 72; kritisch Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 8. Aufl., S. 356 Rz 1472; einschränkend Braun/Bäuerle, a.a.O., § 55 Rz 26; ähnlich Frotscher, a.a.O., S. 121).

41

d) Es ist auch insolvenzrechtlich gerechtfertigt, die aus der Auflösung einer Rückstellung entstehende Steuerforderung sowohl im Fall der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft als auch bei einem Einzelunternehmen als Masseverbindlichkeit zu erfassen. Neben den Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) sind gemäß § 55 Abs. 1 InsO auch die Verbindlichkeiten Masseverbindlichkeiten, die (1.) durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder (2.) in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Das Gesetz sieht also ausdrücklich vor, dass Masseverbindlichkeiten nicht nur durch Handlungen des Insolvenzverwalters entstehen können. So ist für die Umsatzsteuer maßgeblich, ob die umsatzsteuerpflichtige Leistung aus dem insolvenzbefangenen Vermögen erbracht worden ist (MünchKommInsO-Hefermehl, § 55 Rz 70 ff.; vgl. auch Braun/Bäuerle, a.a.O., § 55 Rz 15); für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehende Kraftfahrzeugsteuer ist unmaßgeblich, dass sie nicht auf einer Handlung des Insolvenzverwalters beruht (BFH-Urteil vom 29. August 2007 IX R 4/07, BFHE 218, 435, BStBl II 2010, 145).

42

Im Streitfall ist die Steuerverbindlichkeit "in anderer Weise durch die Verwaltung der Insolvenzmasse" begründet worden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Die Entstehung der Steuerverbindlichkeit hat ihre Ursache in der (zur Masse gehörenden) Beteiligung des Steuerpflichtigen an der GbR und die daraus entstehende Teilhabe an deren Ergebnissen.

43

4. Die bisherige Rechtsprechung steht dieser Beurteilung nicht entgegen.

44

In dem Urteil in BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787 hat der erkennende Senat entschieden, dass das Finanzamt die Einkommensteuer einer Mitunternehmerin nicht gegenüber dem Konkursverwalter der Konkursmasse der Mitunternehmerschaft als Massekosten geltend machen kann. Der Streitfall indes betrifft die Geltendmachung der Einkommensteuer des Mitunternehmers gegenüber dessen Insolvenzmasse. Auch betraf der Fall "tatsächlich" erzielte Gewinne.

45

Auch das BFH-Urteil in BFHE 210, 156, BStBl II 2005, 848 betrifft einen anderen Fall, nämlich die Aufnahme einer neuen Erwerbstätigkeit durch den Insolvenzschuldner.

46

Nach dem BFH-Urteil in BFHE 196, 341, BStBl II 2003, 208 gehört die Umsatzsteuer für die steuerpflichtige Lieferung eines mit Grundpfandrechten belasteten Grundstücks im Konkurs durch den Gemeinschuldner nach "Freigabe" durch den Konkursverwalter zu den Massekosten und ist durch Steuerbescheid gegen den Konkursverwalter festzusetzen. Diese Entscheidung enthält keine Aussage zu der Frage, gegenüber wem die Einkommensteuer geltend zu machen ist, die durch die Auflösung einer Rückstellung bei der Mitunternehmerschaft entstanden ist.

47

Nach dem BFH-Urteil in BFHE 218, 435, BStBl II 2010, 145 muss eine Insolvenzverbindlichkeit weder durch eine Handlung noch durch ein Unterlassen des Insolvenzverwalters entstanden sein; eine Begründung kraft Gesetzes könne ausreichen; danach ist die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer auch dann Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn sich das Kraftfahrzeug nicht mehr im Besitz des Schuldners befindet, die Steuerpflicht aber noch andauert. Der IX. Senat stützte sich vor allem auf die Erwägung, dass zu der Insolvenzmasse auch die Rechtsposition als Halter des Kraftfahrzeugs gehöre, so dass der Kläger die Steuer als Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO schulde. Da die Kraftfahrzeugsteuer weder durch eine Handlung noch durch ein Unterlassen des Insolvenzverwalters entstehe, sondern kraft Gesetzes begründet werde, sei sie eine Verbindlichkeit, die durch die Verwaltung der Insolvenzmasse begründet worden sei (§ 55 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alternative InsO).

48

Im Beschluss in BFHE 212, 436, BStBl II 2006, 641 heißt es, der Senat habe wiederholt entschieden, dass es auch unter der Geltung der InsO hinsichtlich der Frage, ob ein steuerrechtlicher Anspruch zur Insolvenzmasse gehöre oder ob die Forderung des Gläubigers eine Insolvenzforderung sei, nicht darauf ankomme, ob der Anspruch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im steuerrechtlichen Sinne entstanden sei. Entscheidend sei vielmehr, ob in diesem Zeitpunkt nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch bereits gelegt gewesen sei. Danach entsteht der Anspruch auf Erstattung vorausgezahlter Einkommensteuer bereits mit der Zahlung. Ein solch aufschiebend bedingter Steueranspruch entsteht nicht bei Bildung einer Rückstellung. In diesem Fall entsteht der Gewinn --und die daraus entstehende Steuer-- erst, wenn feststeht, dass die Ursache für die Bildung der Rückstellung entfallen ist. Rückstellungsaufwand ist "echter" Aufwand, der erst zu stornieren ist, wenn feststeht, dass eine Inanspruchnahme nicht mehr zu erwarten und die Rückstellung --gegebenenfalls nach den Grundsätzen des formellen Bilanzzusammenhangs-- aufzulösen ist.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 25. November 2015  2 K 152/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erhobenen Rügen sind unbegründet.

2

1. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung noch zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Alternative 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zuzulassen.

3

a) Bei der Rechtsfortbildungsrevision (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) handelt es sich um einen speziellen Tatbestand der Grundsatzrevision (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). In den Fällen, in denen eine Entscheidung des Revisionsgerichts der Rechtsfortbildung dient, liegt deshalb regelmäßig auch eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung vor (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. März 2010 IV B 131/08, m.w.N.).

4

Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig ist (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 20. Juni 2012 IV B 122/11). Ein im allgemeinen Interesse liegendes Bedürfnis nach Klärung einer Rechtsfrage ist gegeben, wenn sich diese Frage nicht ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt, wenn sie nicht bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist oder wenn neue Gesichtspunkte zu Unsicherheiten in der Beantwortung der Rechtsfrage führen und eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. Mai 2010 IV B 19/09, und vom 20. Juni 2012 IV B 122/11; jeweils m.w.N.).

5

b) Die von dem Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine entsprechende Anwendung der zur Einkommensteuer ergangenen Rechtsprechungsgrundsätze zur Aufdeckung von stillen Reserven im Insolvenzverfahren auf die Gewinnermittlung nach der Tonnage sowie auf die Gewerbesteuer rechtmäßig sei, so dass der Gewerbesteueranspruch, der im Insolvenzverfahren aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags bei der Gewinnermittlung nach der Tonnage resultiere, als Masseverbindlichkeit zu qualifizieren sei, wenn der Unterschiedsbetrag bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Zeitpunkt des Wechsels der Gewinnermittlungsart nach der Tonnage gesondert und einheitlich festgestellt worden sei, ist nicht klärungsbedürftig, da sie, wie von dem Finanzgericht (FG) auch zutreffend dargelegt, durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist.

6

aa) Mit Urteil vom 16. Mai 2013 IV R 23/11 (BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759) hat der BFH unter Hinweis auf die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung grundsätzlich zu der Abgrenzung einer Insolvenzforderung zu einer Masseverbindlichkeit Stellung genommen. Danach sind Insolvenzforderungen nach § 38 der Insolvenzordnung (InsO) solche Forderungen, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet waren. Die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und (sonstigen) Masseverbindlichkeiten richtet sich ausschließlich nach dem Zeitpunkt der insolvenzrechtlichen Begründung. Auf die steuerliche Entstehung der Forderung (z.B. § 38 der Abgabenordnung i.V.m. § 36 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) und deren Fälligkeit kommt es dagegen nicht an. Entscheidend ist, wann der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt wurde. Der Rechtsgrund für einen (abstrakten) Steueranspruch ist gelegt, wenn der gesetzliche Besteuerungstatbestand verwirklicht wird. Ob und wann ein Besteuerungstatbestand nach seiner Art und Höhe tatbestandlich verwirklicht und damit insolvenzrechtlich begründet ist, richtet sich auch im Anschluss an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausschließlich nach steuerrechtlichen Grundsätzen. Bezogen auf die Einkommensteuer kommt es für die insolvenzrechtliche Begründung der Steuerforderung folglich darauf an, ob der einzelne (unselbständige) Besteuerungstatbestand --insbesondere die Einkünfte nach § 2 Abs. 1 EStG-- vor oder nach Insolvenzeröffnung verwirklicht wurde.

7

Im Fall der Veräußerung eines Wirtschaftsguts durch den Insolvenzverwalter wird der Besteuerungstatbestand mithin durch diese Handlung nach Insolvenzeröffnung vollständig verwirklicht und damit insolvenzrechtlich begründet, weshalb die aus der Gewinnrealisierung resultierende Einkommensteuer als sonstige Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu qualifizieren ist. Die vorgenannten Grundsätze sind auch dann anzuwenden, wenn durch die Veräußerung nach Insolvenzeröffnung stille Reserven aufgedeckt werden, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind (BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759).

8

bb) Diese Rechtsprechung ist zwar zu einer Einkommensteuerforderung ergangen, die Rechtsgrundsätze gelten aber gleichermaßen für die Gewerbesteuerforderung. Auch diesbezüglich kommt es darauf an, wann der Besteuerungstatbestand nach seiner Art und Höhe tatbestandlich verwirklicht und damit insolvenzrechtlich begründet ist. Die Gewerbesteuer wird gemäß § 16 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) auf Grund des Steuermessbetrags festgesetzt, der sich gemäß § 11 GewStG unter Anwendung einer Steuermesszahl auf den Gewerbeertrag ermittelt. Der Gewerbeertrag seinerseits ist der nach den Vorschriften des EStG (oder des Körperschaftsteuergesetzes) zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge (§ 7 Satz 1 GewStG). Aus der Anknüpfung an die Gewinnermittlung nach den Vorschriften des EStG folgt, dass die Begründung der Gewerbesteuerforderung nicht anders beurteilt werden kann als die der Einkommensteuerforderung.

9

Das FG hat die Rechtsgrundsätze des BFH-Urteils in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759 daher zu Recht auch auf den Streitfall angewandt und bezüglich der insolvenzrechtlichen Begründung der Gewerbesteuerforderung zutreffend auf den Verkauf des Containerschiffs durch den Kläger abgestellt.

10

Auch der Umstand, dass mit dem Gewinn aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags nicht die stillen Reserven im Zeitpunkt der Auflösung, sondern die stillen Reserven im Zeitpunkt des Wechsels der Gewinnermittlungsart vom Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG zur Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG der Besteuerung unterworfen werden, ändert nichts daran, dass der Besteuerungstatbestand auch bezüglich der stillen Reserven erst durch den Verkauf des Containerschiffs verwirklicht worden ist. Der Gesetzgeber hat sich in § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG, hier Satz 3 Nr. 2, dazu entschieden, die im Zeitpunkt des Wechsels der Gewinnermittlungsart bestehenden stillen Reserven nicht bereits zu diesem Zeitpunkt, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt der Besteuerung zu unterwerfen. Dass diese stillen Reserven aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung gemäß § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG bereits im Zeitpunkt des Wechsels der Gewinnermittlungsart gesondert und einheitlich festgestellt werden, ist daher für die Verwirklichung des Steuertatbestandes nicht von Bedeutung.

11

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

12

3. Von einer weiteren Begründung und insbesondere von einer Darstellung des Sachverhalts sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

(1)1Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.2Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.3Der Steuerpflichtige kann Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung im Sinne des Absatzes 2 Satz 3 beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Für Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gilt § 38a Absatz 1 Satz 2 und 3 und § 40 Absatz 3 Satz 2.5Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.

(2)1Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.2Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben gilt Absatz 1 Satz 2 entsprechend.3Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Satz 3 ist auf ein Damnum oder Disagio nicht anzuwenden, soweit dieses marktüblich ist.5§ 42 der Abgabenordnung bleibt unberührt.6Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 30. November 2011  3 K 581/09 aufgehoben.

Die Sache wird an das Thüringer Finanzgericht zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Mit Beschluss des Amtsgerichts A (Insolvenzgericht) vom 8. Februar 2006 wurde über das Vermögen des X (Insolvenzschuldner) das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger und Revisionskläger (Kläger) zum Insolvenzverwalter bestellt.

2

Bereits durch Beschluss vom 24. Oktober 2005 war der Kläger vom Insolvenzgericht zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden. Ein allgemeines Verfügungsverbot nach § 22 Abs. 2 der Insolvenzordnung (InsO) war dem Insolvenzschuldner in diesem Beschluss nicht auferlegt worden. Das Insolvenzgericht hatte allerdings angeordnet, dass Verfügungen des Insolvenzschuldners nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 InsO nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam seien. Den Pflichtenumfang des vorläufigen Insolvenzverwalters hatte das Insolvenzgericht u.a. wie folgt erweitert:

3

-  

er hatte die Aufgabe, durch Überwachung des Insolvenzschuldners dieses Vermögen zu sichern und zu erhalten,

-  

er wurde ermächtigt, Bankguthaben und sonstige Forderungen des Insolvenzschuldners einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen und auf ein von ihm einzurichtendes Anderkonto einzuzahlen,

-  

er war zur Fortführung des Betriebes bis zur Entscheidung über die Verfahrenseröffnung ermächtigt; zur Stilllegung des Betriebes war er nur mit Zustimmung des Insolvenzgerichts befugt.

4

Der Insolvenzschuldner hatte eine Bäckerei als Einzelunternehmen mit drei Ladenlokalen betrieben. Je ein Ladenlokal befand sich in den Gebäuden, welche im Eigentum der Grundstücksgemeinschaft D Erbengemeinschaft I) bzw. der Grundstücksgemeinschaft E (Erbengemeinschaft II), standen. An beiden Erbengemeinschaften war der Insolvenzschuldner beteiligt. Die Höhe der Beteiligung an der Erbengemeinschaft I betrug 3/8, sein eigenbetrieblich genutzter Anteil dieses Gebäudes umfasste 25 %. An der Erbengemeinschaft II war der Insolvenzschuldner zu 7/18 beteiligt, sein eigenbetrieblich genutzter Anteil umfasste 36 %. Beide Gebäude waren auch fremdvermietet. Das Gewerbe wurde am 11. Februar 2006 abgemeldet. Seinen Gewinn hatte der Insolvenzschuldner mittels Einnahme-Überschussrechnung ermittelt, die er letztmalig für 2003 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (das Finanzamt --FA--) eingereicht hatte. Das Anlageverzeichnis zum 31. Dezember 2003 wies einen Gesamtbuchwert des Anlagevermögens von 87.595 € aus, u.a. auch "Bauten auf eigenem Grundstück" (27.568 €) und "Grundstückswert bebaute Grundstücke" (6.441,85 €).

5

Am 3. Februar 2006 --und damit kurz vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Bestellung des Klägers als Insolvenzverwalter-- veräußerte das Treuhandbüro Z im Namen und im Auftrag des Klägers die Einrichtungsgegenstände aller drei Ladenlokale und weitere Anlagegegenstände zum Preis von 10.000 € sowie den Warenbestand für 1.500 €, jeweils unter verlängertem Eigentumsvorbehalt, vorbehaltlich der Zustimmung der Gläubigerversammlung. Der Kaufpreis floss der Insolvenzmasse nach der Insolvenzeröffnung am 14. Februar 2006 zu. Über das Anwesen Erbengemeinschaft I hat das Amtsgericht B am 16. Juni 2006 die Zwangsverwaltung angeordnet. Das Anwesen der Erbengemeinschaft II wurde am 29. August 2006 für 120.000 € veräußert.

6

Da eine Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2006 weder vom Kläger noch vom Insolvenzschuldner eingereicht worden war, schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 der Abgabenordnung (AO). Dabei ging es von folgenden im vorliegenden Verfahren zwischen den Beteiligten streitigen Besteuerungsgrundlagen aus:

7
- Veräußerungsgewinn:               

o Verkauf durch das Treuhandbüro

10.000 €

o Entnahme des weiteren, nicht veräußerten Anlagevermögens

20.000 €

-

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der beiden Erbengemeinschaften aufgrund der Mitteilungen vom November 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung

6.305 €

8

Die sich u.a. hieraus ergebenden Steuern wurden auf den Zeitraum vor und nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgeteilt und durch Änderungsbescheid während des Klageverfahrens reduziert. In der mündlichen Verhandlung des Finanzgerichts (FG) am 30. November 2011 erklärte sich das FA bereit, Lohnersatzleistungen und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nicht mehr anzusetzen.

9

Das FG wies die Klage mit Urteil vom 30. November 2011  3 K 581/09 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 317) ab, soweit sie die Einkommensteuer betraf.

10

Der Kläger vertritt mit seiner Revision die Ansicht, die Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur insolvenzrechtlichen Begründetheit eines Umsatzsteueranspruchs seien auf einen Einkommensteueranspruch nicht übertragbar und das Zuflussprinzip nicht einschlägig. Der Gewinn sei nicht durch Einnahmen-Überschussrechnung zu ermitteln, weil der Insolvenzschuldner sein entsprechendes Wahlrecht nicht ausgeübt habe. Offen bleibe schon, ob diese Gewinnermittlungsart überhaupt zu Recht für den Veranlagungszeitraum 2003 angewandt worden sei. Aufgrund der verschiedenen vom Insolvenzschuldner betriebenen Verkaufsstellen sei vielmehr zu vermuten, dass der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hätte ermittelt werden müssen.

11

Jedenfalls sei es mit dem Abschluss des Kaufvertrages durch den Insolvenzschuldner und der Überlassung der Kaufgegenstände unabhängig vom Eingang des Kaufpreises bereits vor der Insolvenzeröffnung zur vollständigen Verwirklichung des Steuertatbestandes gekommen, da der Betrieb bereits vor der Insolvenzeröffnung aufgegeben worden sei. Im Zuge des Verkaufs vom 3. Februar 2006 seien alle im Betrieb vorhandenen Anlagegüter veräußert worden. Bereits vor dem Eingang der Gewerbeabmeldung sei somit von einer Einstellung der betrieblichen Tätigkeit auszugehen. Wesentliche Betriebsgrundlagen seien bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr vorhanden gewesen.

12

Soweit Vermietungseinkünfte aus den Grundstücksgemeinschaften dem Kläger anteilig zugerechnet worden seien, fehle es an dem notwendigen Zufluss zur Insolvenzmasse.

13

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen wurde, und die Einkommensteuerfestsetzung ihm gegenüber für 2006 auf 0 € festzusetzen.

14

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

15

Es ist der Ansicht, im Streitfall sei das Zuflussprinzip anzuwenden und folglich sei erst der Zufluss des Kaufpreises als Begründungshandlung i.S. des § 55 Abs. 1 InsO anzusehen. Im Übrigen sei der Zeitpunkt des Besitzübergangs nach wie vor nicht erwiesen, eine Betriebsaufgabe vor der Insolvenzeröffnung sei nicht feststellbar. Es liege nicht außerhalb des Vorstellbaren, dass der Kläger den Gewerbebetrieb habe weiterführen wollen.

16

Die Grundstücke, soweit diese betrieblich genutzt worden seien, seien nach der Insolvenzeröffnung entnommen worden.

Entscheidungsgründe

17

II. Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

18

Zu Recht hat das FG entschieden, dass die zwischen den Beteiligten streitigen Einkommensteuerschulden nicht schon deshalb Masseverbindlichkeiten darstellen, weil das Insolvenzgericht den Pflichtenumfang des Klägers als vorläufigen Insolvenzverwalter erweitert hatte (unter 1.). Ebenso hat das FG zutreffend erkannt, dass es auch in Bezug auf die Einkommensteuern als Masseverbindlichkeiten darauf ankommt, wann der Tatbestand der Einkünfteerzielung vollständig verwirklicht worden ist (unter 2.). Vorliegend ist dabei jedoch nicht (mehr) auf das Zuflussprinzip, sondern auf das Realisationsprinzip abzustellen (unter 3.). In welcher Höhe die streitigen Einkommensteuerschulden Masseverbindlichkeiten sind, kann der Senat auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen (unter 4.). Die Sache ist deshalb an das FG zurückzuweisen (unter 5.).

19

1. Der Kläger hatte trotz der Ausdehnung seiner Befugnisse als vorläufiger Insolvenzverwalter durch den Beschluss des Insolvenzgerichts vom 24. Oktober 2005 weder die Stellung eines "starken" vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO (unter a) noch ist diese Vorschrift analog anwendbar (unter b). Weder einschlägig noch entsprechend anwendbar ist im Streitjahr 2006 auch die Regelung des § 55 Abs. 4 InsO (unter c).

20

a) Nach § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO gelten nach der Eröffnung des Verfahrens auch solche Verbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist. Die Rechtsstellung dieses "starken" vorläufigen Insolvenzverwalters unterscheidet sich deutlich von der des sog. "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalters, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners nicht übergegangen ist. So gelten die von einem "starken" vorläufigen Insolvenzverwalter begründeten Verbindlichkeiten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 2 Satz 1 InsO). Bei Rechtsstreiten, die das Vermögen des Schuldners betreffen, wird das Verfahren nach § 240 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht. Bei dem sog. "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter treten diese Rechtsfolgen nicht ein. Dies gilt auch dann, wenn das Insolvenzgericht gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 InsO anordnet, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. In diesem Fall sind zwar Verfügungen des Schuldners ohne die Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters grundsätzlich unwirksam (vgl. § 24 Abs. 1, § 81 InsO); andererseits kann aber auch der vorläufige Insolvenzverwalter grundsätzlich nicht (allein) über das Vermögen des Schuldners verfügen. Schuldner und vorläufiger Insolvenzverwalter haben eine vergleichbar starke Stellung. Der vorläufige Insolvenzverwalter ist als "Berater" des Schuldners anzusehen (vgl. nur BFH-Urteil vom 1. April 2004 V R 24/03, BFHE 204, 520, BStBl II 2004, 905).

21

Im Streitfall hat das Insolvenzgericht den Kläger nicht als vorläufigen Insolvenzverwalter mit allgemeinem Verfügungsverbot nach § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO bestellt. Stattdessen hat es ihn nur mit einem Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 InsO ausgestattet. Ein "starker" vorläufiger Insolvenzverwalter i.S. des § 22 Abs. 1 InsO ist der Kläger deshalb nicht. Er konnte folglich keine Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO begründen.

22

b) Eine entsprechende Anwendung des § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO ist auch nicht im Hinblick auf die insolvenzgerichtlichen Einzelanordnungen geboten. Unabhängig von der Frage, ob in einem solchen Fall überhaupt eine analoge Anwendung des § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO vorstellbar ist (dagegen: Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Juli 2002 IX ZR 195/01, BGHZ 151, 353), konnte der Kläger mit dem Vertrag vom 3. Februar 2006 keine Masseverbindlichkeiten begründen. Der Kläger war zwar zur "Fortführung des Betriebes" ermächtigt worden. Die hier zu beurteilende Veräußerung von Anlagegegenständen diente aber gerade nicht der Fortführung des Betriebs, sondern seiner Stilllegung, zu der der Kläger nur mit Zustimmung des Insolvenzgerichts befugt war.

23

c) Die Grundsätze des § 55 Abs. 4 InsO sind im Streitfall noch nicht anwendbar. Nach dieser Vorschrift gelten Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Die Vorschrift ist jedoch erst zum 1. Januar 2011 in Kraft getreten (Art. 3 Nr. 2 i.V.m. Art. 24 Abs. 2 des Haushaltbegleitgesetzes 2011, BGBl I 2010, 1885). Eine entsprechende Regelung existierte im Streitjahr noch nicht. Daher waren die Einkommensteuerforderungen nicht bereits deshalb als Masseverbindlichkeiten anzusehen, weil das Insolvenzgericht den Kläger im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages vom 3. Februar 2006 als vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt nach §§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 22 Abs. 2 InsO bestellt hatte.

24

Der Senat sieht weder die Notwendigkeit noch die Möglichkeit, diese Neuregelung entgegen dem objektivierten Willen des historischen Gesetzgebers bereits im Streitjahr und damit rückwirkend anzuwenden. Die Neuregelung des § 55 Abs. 4 InsO sollte allein mit Wirkung für die Zukunft die Tatbestände, nach denen Masseverbindlichkeiten entstehen, erweitern. Dadurch wollte der Gesetzgeber auch der aus seiner Sicht unbefriedigenden Gerichtspraxis Rechnung tragen, dass durch die regelmäßige Bestellung von "schwachen" Insolvenzverwaltern ganz überwiegend Insolvenzforderungen entstanden (vgl. BRDrucks 532/10, 53).

25

2. Entscheidend bleibt somit im Streitjahr für die Qualifikation der Einkommensteuerschulden als Masseverbindlichkeiten, ob die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegeben sind. Danach sind Masseverbindlichkeiten die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. § 55 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 InsO sind ersichtlich nicht einschlägig. Zutreffend hat das FG insoweit entschieden, dass es auch in Bezug auf die Einkommensteuer für die insolvenzrechtliche Begründung der Steuerforderung darauf ankomme, ob der einzelne (unselbständige) Besteuerungstatbestand vor oder nach Insolvenzeröffnung verwirklicht worden ist. Liegt diese Verwirklichung nach der Insolvenzeröffnung, so sind sonstige Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegeben, die gemäß § 53 InsO vorweg aus der Insolvenzmasse zu berichtigen sind.

26

a) Sonstige Masseverbindlichkeiten i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind von den Insolvenzforderungen (§§ 35 Abs. 1, 38, 87, 174 ff., 187 ff. InsO) abzugrenzen. Insolvenzforderungen sind nach § 38 InsO solche Forderungen, die bereits zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet waren. Die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und (sonstigen) Masseverbindlichkeiten richtet sich ausschließlich nach dem Zeitpunkt der insolvenzrechtlichen Begründung. Auf die steuerrechtliche Entstehung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (z.B. § 38 AO i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG) und deren Fälligkeit kommt es dagegen nicht an (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteile vom 16. November 2004 VII R 75/03, BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193, unter II.2. der Gründe und vom 16. Mai 2013 IV R 23/11, BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, unter II.1.a sowie Senatsurteil vom 18. Mai 2010 X R 60/08, BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, unter II.1.).

27

b) Eine Forderung ist insolvenzrechtlich begründet, wenn der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt wurde (BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, unter II.1.a der Gründe unter Hinweis auf Senatsbeschluss vom 1. April 2008 X B 201/07, BFH/NV 2008, 925, unter II.2.c der Gründe, m.w.N.). Der Rechtsgrund für einen (abstrakten) Steueranspruch ist gelegt, wenn der gesetzliche Besteuerungstatbestand verwirklicht wird (so zur Konkursordnung schon BFH-Urteil vom 29. März 1984 IV R 271/83, BFHE 141, 2, BStBl II 1984, 602, unter 2.b; ebenso für die Geltung der Insolvenzordnung BFH in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, unter II.1.a). Ob und wann ein Besteuerungstatbestand nach seiner Art und Höhe tatbestandlich verwirklicht und damit die Steuerforderung insolvenzrechtlich begründet worden ist, richtet sich auch im Anschluss an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausschließlich nach steuerrechtlichen Grundsätzen (ständige Rechtsprechung, so bereits BFH-Urteile in BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193, unter II.2. der Gründe; vom 29. August 2007 IX R 4/07, BFHE 218, 435, BStBl II 2010, 145, unter III.2.b dd (1), m.w.N., sowie in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759; vgl. auch zur Entstehung eines Umsatzsteueranspruchs: BFH-Urteile vom 29. Januar 2009 V R 64/07, BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682, unter II.1., und vom 9. Februar 2011 XI R 35/09, BFHE 233, 86, BStBl II 2011, 1000, unter II.2.).

28

Nach der Entscheidung des IV. Senats des BFH in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, dort unter II.1., kommt es für die insolvenzrechtliche Begründung des Einkommensteueranspruchs darauf an, ob der einzelne (unselbständige) Besteuerungstatbestand --insbesondere die Erzielung von Einkünften nach § 2 Abs. 1 EStG-- vor oder nach Insolvenzeröffnung verwirklicht wurde. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Es ist deshalb zu prüfen, wann der Tatbestand, an den die Besteuerung knüpft, vollständig verwirklicht ist.

29

c) Entscheidend ist daher bei der Einkommensteuer (auch) die Art der Gewinnermittlung. Wird der Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, gilt das Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG. Danach ist der Tatbestand für die Einkommensbesteuerung erst vollständig verwirklicht, wenn die Einnahmen bezogen sind, sie dem Steuerpflichtigen zufließen.

30

Wird der Gewinn hingegen durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG, ggf. i.V.m. § 5 EStG, ermittelt, gilt das Zuflussprinzip nach § 11 Abs. 1 Satz 5 EStG nicht. Stattdessen ist das Realisationsprinzip nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 des Handelsgesetzbuches (HGB) zu beachten, und zwar nicht nur bei der Gewinnermittlung buchführungspflichtiger Kaufleute nach § 5 Abs. 1 EStG, sondern auch bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG (BFH-Urteil vom 6. Dezember 1983 VIII R 110/79, BFHE 140, 74, BStBl II 1984, 227). Ein Gewinn ist in diesem Sinn realisiert, wenn bei gegenseitigen Verträgen der Leistungsverpflichtete die vereinbarte Leistung "wirtschaftlich erfüllt" hat und ihm die Forderung auf die Gegenleistung so gut wie sicher ist (BFH-Urteil vom 10. September 1998 IV R 80/96, BFHE 186, 429, BStBl II 1999, 21, m.w.N.). Folglich ist bereits mit der steuerrechtlichen Realisation einer Forderung die Steuerforderung insolvenzrechtlich begründet.

31

3. Im Streitfall ist zu beachten, dass aufgrund der spätestens mit dem Verkauf des Anlagevermögens durch die Treuhandgesellschaft am 3. Februar 2006 beginnenden Betriebsaufgabe ein notwendiger Wechsel von der bis dahin gewählten Einnahmen-Überschussrechnung --§ 4 Abs. 3 EStG-- (unter a) zum Betriebsvermögensvergleich --§ 4 Abs. 1 EStG-- (unter b) eingetreten ist. Die vollständige Verwirklichung des Tatbestandes ist damit unter Beachtung des Realisationsprinzips zu prüfen.

32

a) Richtigerweise geht das FG davon aus, dass der Insolvenzschuldner auch im Streitjahr seinen Gewinn (noch) durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt hat, so dass das Zuflussprinzip nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG grundsätzlich zum Tragen kommt.

33

Zwar haben weder der Insolvenzschuldner noch der Kläger für das Streitjahr Gewinnermittlungen eingereicht. Doch hat nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit nach § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindenden Feststellungen der Insolvenzschuldner zum 31. Dezember 2003 eine solche Gewinnermittlung eingereicht und zum damaligen Zeitpunkt diese Ermittlungsart gewählt. Das Wahlrecht nach § 4 Abs. 3 EStG muss nicht jährlich neu ausgeübt werden. Die Entscheidung für eine bestimmte Gewinnermittlungsart ist eine "Grundentscheidung", die nicht jährlicher Wiederholung bedarf (so schon Senatsurteil vom 24. September 2008 X R 58/06, BFHE 223, 80, BStBl II 2009, 368, unter II.1.b). Sie bleibt solange maßgeblich, bis entweder das FA den Steuerpflichtigen zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG auffordert oder der Steuerpflichtige eine andere Gewinnermittlungsart zulässigerweise wählt, was sich bereits aus der Regelung des § 141 Abs. 2 Satz 1 AO ergibt.

34

b) Zwar sind beide Alternativen im Streitfall nicht erfüllt. Dennoch entfiel vorliegend das Recht, den Gewinn mittels Einnahmen-Überschussrechnung zu ermitteln, spätestens zum 3. Februar 2006, weil zu diesem Zeitpunkt und damit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG begonnen hat. In einem solchen Fall ist der Aufgabegewinn --wie ein Veräußerungsgewinn-- nach § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG für den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe nach § 4 Abs. 1 EStG oder nach § 5 EStG zu ermitteln. Der Steuerpflichtige, der bislang seinen Gewinn zulässigerweise --wie der Insolvenzschuldner-- mittels Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt hat, muss insoweit zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG übergehen (vgl. etwa BFH-Urteil vom 16. März 1989 IV R 153/86, BFHE 156, 195, BStBl II 1989, 557).

35

aa) Die Betriebsaufgabe beginnt mit der ersten vom Aufgabeentschluss getragenen Handlung, die objektiv auf die Auflösung des Betriebs gerichtet ist, wie z.B. der Einstellung der produktiven Tätigkeit oder der Veräußerung bestimmter, für die Fortführung des Betriebs unerlässlicher Wirtschaftsgüter (z.B. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1993 IV R 42/93, BFHE 173, 285, BStBl II 1994, 385). Der Abgabe einer Aufgabeerklärung bedarf es --anders als im Fall der Betriebsverpachtung im Ganzen (vgl. Senatsurteil vom 3. April 2014 X R 16/10, BFH/NV 2014, 1038, m.w.N.)-- nicht.

36

Der Beginn der Betriebsaufgabe setzt nicht die Veräußerung oder Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen voraus. Vielmehr markiert auch die Veräußerung beweglichen (sonstigen) Anlagevermögens den Beginn der Betriebsaufgabe (so wohl auch Senatsurteil vom 21. Mai 1992 X R 77-78/90, BFH/NV 1992, 659, unter 2.b), wenn der Steuerpflichtige dadurch für den Gesamtbetrieb den Willen bekundet, die gewerbliche Tätigkeit endgültig einzustellen. Er beginnt in diesem Fall damit, seine Absicht ins Werk zu setzen; die Betriebsaufgabe ist beendet, wenn die letzte wesentliche Betriebsgrundlage veräußert oder in das Privatvermögen überführt worden ist (Senatsurteil in BFH/NV 1992, 659).

37

bb) Für die Gewinnverwirklichung im Rahmen einer Betriebsaufgabe ist dabei nicht der Beginn der Betriebsaufgabe, sondern der Zeitpunkt des einzelnen Aufgabeteilakts relevant, so dass der Betriebsaufgabegewinn in verschiedenen Veranlagungszeiträumen entstehen kann (Senatsurteil vom 2. September 2008 X R 32/05, BFHE 224, 217, BStBl II 2009, 634, m.w.N.). Ebenso kann ein Aufgabegewinn teils vor, teils nach der Insolvenzeröffnung entstanden sein.

38

Beabsichtigt der Steuerpflichtige, alle oder einen Teil der wesentlichen Betriebsgrundlagen zu veräußern oder diese zu einem bestimmten Zeitpunkt zu entnehmen, bleiben diese Wirtschaftsgüter bis zum Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme Teil seines Betriebsvermögens. Sie scheiden allerdings zur Vermeidung von "ewigem Betriebsvermögen" spätestens zu dem Zeitpunkt aus, zu dem nicht mehr mit einer Veräußerung zu rechnen ist. Die durch die Veräußerung oder die Entnahme entstehenden Gewinne werden im Falle der Veräußerung mit der Übertragung des rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums auf den Erwerber bzw. dem Zeitpunkt der Entnahme realisiert (Senatsurteil in BFHE 224, 217, BStBl II 2009, 634, unter II.3.b, m.w.N.).

39

cc) Diese Grundsätze hat das FG verkannt, als es für den Zeitpunkt des Beginns der Betriebsaufgabe allein darauf abgestellt hat, dass die wesentlichen Betriebsgrundlagen vor der Insolvenzeröffnung weder veräußert noch entnommen worden seien. Vielmehr ist zumindest die Veräußerung des Anlagevermögens der drei Verkaufsstellen --auch in Verbindung mit der wenig später erfolgten Gewerbeabmeldung-- geeignet, objektiv den Betriebsaufgabewillen zu bekunden. Folglich ist der Aufgabegewinn im Rahmen eines Betriebsvermögensvergleichs nach § 4 Abs. 1 EStG i.V.m. § 5 EStG zu ermitteln und nicht das Zufluss-, sondern das Realisationsprinzip für die (insolvenzrechtliche) Begründung des Einkommensteueranspruchs maßgeblich.

40

4. Mangels Feststellungen des FG kann der Senat nicht entscheiden, ob die Forderung aus dem Vertrag vom 3. Februar 2006 bereits vor oder erst nach der Insolvenzeröffnung begründet worden ist (unter a). Anders verhält es sich mit den Feststellungen des FG in Bezug auf die Einkommensteuerschuld bezüglich der anteiligen Vermietungseinkünfte. Ausgehend von seinen Feststellungen hat das FG zu Recht entschieden, dass insoweit Masseverbindlichkeiten vorliegen, obwohl ein Zufluss dieser Einkünfte zur Masse nicht vorliegt (unter b). Unklar bleibt dagegen aufgrund fehlender Feststellungen, ob und ggf. wann die betrieblich genutzten Teile der Gebäude der Erbengemeinschaften nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entnommen worden sind (unter c).

41

a) Mangels ausreichender Feststellungen des FG kann der Senat nicht entscheiden, ob die Kaufpreisforderung des Insolvenzschuldners aus dem Vertrag vom 3. Februar 2006 vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens realisiert worden ist. So ist schon unklar, ob der Kläger bei Abschluss dieses Vertrages mit Zustimmung des Insolvenzgerichts gehandelt hat. Da insoweit keine Maßnahmen zur "Fortführung des Betriebs", sondern zu dessen Stilllegung vorliegen, bedurfte es bereits zur Wirksamkeit dieses Vertrages nach dem Beschluss des Insolvenzgerichts vom 24. Oktober 2005 der gerichtlichen Zustimmung. Wann diese erteilt wurde, ist weder festgestellt noch aus den Akten ersichtlich.

42

b) Ausreichend sind die Feststellungen des FG hingegen, soweit sie die anteilige Zurechnung von Vermietungseinkünften aus den beiden Grundstücksgemeinschaften betreffen. Zutreffend hat das FG nach Maßgabe der unter II.2. dargestellten Grundsätze die hieraus resultierende Einkommensteuer, soweit sie den Insolvenzschuldner nach Eröffnung seines Insolvenzverfahrens betrifft, als Masseverbindlichkeit qualifiziert.

43

aa) Sind mehrere Personen in einer Erbengemeinschaft gesamthänderisch zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verbunden, sind die Einkünfte den Teilhabern zuzurechnen, denen die Früchte gemäß §§ 2038, 743, 748 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehen (BFH-Urteil vom 27. Juni 1978 VIII R 168/73, BFHE 125, 532, BStBl II 1978, 674, unter 1.).

44

Betrifft diese Zurechnung von Vermietungseinkünften aus einer Erbengemeinschaft wie hier den Zeitraum nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wird der Besteuerungstatbestand der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erst nach der Insolvenzeröffnung vollständig verwirklicht (so bereits, wenn auch für den Fall der Einkünfte aus Gewerbebetrieb einer Mitunternehmerschaft: Senatsurteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, unter II.3.a).

45

Masseverbindlichkeiten liegen dann hinsichtlich der Einkommensteuerschulden vor, die sich aus "echten" Gewinnen bzw. Überschüssen von Personengesellschaften bzw. Gemeinschaften ergeben. In diesen Fällen kommt der gegen diese gerichtete Anspruch nämlich unmittelbar der Insolvenzmasse zugute. Dies betrifft nicht nur die Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft (vgl. insoweit Senatsurteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, unter II.3.a), sondern auch den gegen eine Erbengemeinschaft gerichteten Anspruch am Überschuss.

46

bb) Die Annahme einer Masseverbindlichkeit scheidet nicht deshalb aus, weil die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht in die Insolvenzmasse geflossen sind. Zwar hatte der IV. Senat u.a. im BFH-Urteil in BFHE 141, 2, BStBl II 1984, 602 (dort unter 3.) zur Konkursordnung entschieden, dass die aus der Veräußerung eines zur Konkursmasse gehörenden Wirtschaftsguts resultierende Einkommensteuer nur insoweit eine Masseverpflichtung sei, als sie auf dem zur Konkursmasse gelangten Betrag laste. An dieser Rechtsansicht hält der IV. Senat unter der Geltung der InsO nicht mehr fest, da eine solche Einschränkung des Begriffs der Masseverbindlichkeit nicht dem Wortlaut des § 55 Abs. 1 InsO entspreche. Auch könne der Insolvenzverwalter den Schuldner nicht persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen verpflichten (BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, unter II.2.b). Letzteres wäre die Konsequenz, wäre die Einkommensteuer auf Handlungen des Insolvenzverwalters nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Masseverbindlichkeit.

47

cc) Angewandt auf den vorliegenden Fall führt dies dazu, dass die festgestellten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die steuerrechtlich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, zeitanteilig auf den Zeitraum vor bzw. nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufzuteilen sind. Die Höhe ergibt sich für die Einkommensteuer nach § 182 Abs. 1 AO bindend aufgrund der im Feststellungsverfahren getroffenen Feststellungen. Gegen die Aufteilung auf der Grundlage von 360 Kalendertagen bestehen keine Bedenken.

48

dd) Die nach Insolvenzeröffnung angeordnete Zwangsverwaltung des Grundstücks im Vermögen der Erbengemeinschaft ändert hieran nichts. Die Einkünfte erzielt in diesem Fall weiterhin derjenige, der Träger der Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag oder dem Pachtvertrag ist (so schon BFH-Urteile vom 16. April 2002 IX R 53/98, BHF/NV 2002, 1152, dort unter II.3.a und vom 11. März 2003 IX R 65-67/01, BFH/NV 2003, 778, dort unter II.2., zuletzt FG Münster vom 29. November 2013  4 K 3607/10 E, EFG 2014, 289, Revision eingelegt unter IX R 23/14).

49

Der Zwangsverwalter hat auch nicht die Einkommensteuer der Mitglieder der Erbengemeinschaft I nach § 34 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO zu entrichten. Ungeachtet der Frage, welchen Einfluss die Zwangsverwaltung auf den zuvor eingetretenen Insolvenzbeschlag des Anteils des Schuldners am Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft I hat, kann jedenfalls der Zwangsverwalter einer solchen Gemeinschaft nicht mehr Pflichten nach § 34 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO haben, als die Erbengemeinschaft selbst hatte. Diese hatte aber die Einkommensteuern ihrer Mitglieder nicht zu entrichten.

50

c) Zu Recht geht das FG weiter davon aus, dass im Hinblick auf die Einkommensteuer, die aus der Entnahme der vom Kläger zuvor eigenbetrieblich genutzten, ihm über die Erbengemeinschaften zuzurechnenden Grundstücksteile resultiert, Masseverbindlichkeiten vorliegen. Mangels Feststellungen des FG kann der Senat jedoch nicht entscheiden, ob die Entnahmen und damit auch die hieraus resultierenden Einkommensteuern das Streitjahr 2006 betreffen. Diese Feststellungen sind vom FG nachzuholen.

51

aa) Ausgehend von den unter II.3.b bb dargestellten Grundsätzen ist für die Gewinnverwirklichung im Rahmen der bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnenden Betriebsaufgabe der Zeitpunkt des einzelnen Aufgabeteilakts relevant. Bis zur Veräußerung oder Entnahme bleiben die Wirtschaftsgüter, insbesondere auch die wesentlichen Betriebsgrundlagen, Teil des Betriebsvermögens. Grundsätzlich verlangt die Entnahme dabei das Vorliegen einer eindeutigen Entnahmehandlung des Steuerpflichtigen (vgl. nur BFH-Urteil vom 11. Dezember 2002 XI R 48/00, BFH/NV 2003, 895). Sie scheiden allerdings zu dem Zeitpunkt aus, zu dem nicht mehr mit einer Veräußerung zu rechnen ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 224, 217, BStBl II 2009, 634, unter II.3.b).

52

(1) Zu Recht geht das FG davon aus, dass die eigenbetrieblich genutzten Grundstücks- und Gebäudeteile, die der Insolvenzschuldner selbst im Anlageverzeichnis zur Gewinnermittlung zum 31. Dezember 2003 aufführte, Wirtschaftsgüter seiner Bäckerei sind, und zwar in Form wesentlicher Betriebsgrundlagen (zur Frage des Ladenlokals als wesentliche Betriebsgrundlage einer handwerklichen Bäckerei vgl. auch Senatsurteil vom 20. Februar 2008 X R 13/05, BFH/NV 2008, 1306, unter II.2.a).

53

(2) Dass diese Wirtschaftsgüter vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entnommen worden wären, ist nicht festgestellt worden. Weder ist eine Entnahmehandlung des Insolvenzschuldners erkennbar, noch ergibt sich eine solche Entnahme aufgrund der Insolvenzeröffnung oder dem vorausgehend aufgrund des Kaufvertrages vom 3. Februar 2006. Dieser betrifft lediglich die in einer Anlage zum Vertrag aufgeführten Anlagegegenstände, nicht aber auch die eigenbetrieblich genutzten Grundstücks- und Gebäudeteile der beiden Grundstücksgemeinschaften.

54

(3) Allerdings hat das FG auch nicht festgestellt, dass die Entnahmen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Streitjahr erfolgten. Im Fall der Erbengemeinschaft II käme nur eine Entnahme vor der Veräußerung durch die Erbengemeinschaft aufgrund des notariellen Vertrages vom 29. August 2006 in Betracht.

55

bb) Eine Schätzung des Anteils des Insolvenzschuldners am Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks der Erbengemeinschaft II nach § 155 Abs. 2 AO i.V.m. § 162 AO scheidet aus, da zwischenzeitlich der Feststellungsbescheid erlassen worden ist und somit eine Befugnis zu einer vorläufigen Maßnahme (vgl. nur Schuster in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 155 AO, Rz 45, m.w.N.) nicht mehr vorliegt.

56

5. Aufgrund der nachzuholenden Feststellungen in Bezug auf den Zeitpunkt der Begründung der Forderung aus dem Vertrag vom 3. Februar 2006 und die Zeitpunkte der Entnahmen der betrieblich genutzten Teile der beiden Grundstücksgemeinschaften ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO zurückzuverweisen.

57

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

Tenor

Der Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 20. November 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Juni 2010 wird dahin geändert, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit Ausnahme der Steuererstattungszinsen gemäß § 233a der Abgabenordnung zu den Umsatzsteuerfestsetzungen für 1999 bis 2002 (35.522 Euro) als außerordentliche Einkünfte i. S. von § 34 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung besteuert werden. Die danach festzusetzende Steuer ist gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung vom Beklagten zu ermitteln. Das Leistungsgebot wird aufgehoben. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 75 % und der Beklagte zu 25 %.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52

Tenor

I. Auf den Antrag des Beklagten wird das Rubrum des Urteils des Finanzgerichts Düsseldorf vom 19. Juli 2016  10 K 2384/10 E dahingehend berichtigt, dass der Kläger darin als "Insolvenzverwalter über den Nachlass des verstorbenen Herrn " bezeichnet wird.

II. Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 19. Juli 2016  10 K 2384/10 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

III. Auf die Beschwerde des Beklagten wegen Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 19. Juli 2016  10 K 2384/10 E hinsichtlich der Kostenentscheidung sowie insoweit aufgehoben, als darin das dem Einkommensteuerbescheid 2006 vom 20. November 2009 beigefügte Leistungsgebot aufgehoben worden ist.

Die Klage gegen das dem Einkommensteuerbescheid 2006 vom 20. November 2009 beigefügte Leistungsgebot wird abgewiesen.

Die Kosten des Klageverfahrens hat der Kläger zu 97 % und der Beklagte zu 3 % zu tragen.

IV. Die Kosten der Beschwerdeverfahren hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger, Beschwerdegegner und Beschwerdeführer (Kläger) ist Insolvenzverwalter über den Nachlass des während des Klageverfahrens verstorbenen Schuldners (S), der gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb von Spielhallen erzielte.

2

Im Jahr 2004 schloss S die Spielhallen im Zuge eines gewerberechtlichen Widerrufsverfahrens und gab die Erlaubnisurkunden zurück. Der Beklagte, Beschwerdeführer und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) und das Finanzgericht (FG) haben dies als Betriebsaufgabe angesehen.

3

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entschied mit Urteil Linneweber und Akritidis vom 17. Februar 2005 C-453/02, C-462/02 (EU:C:2005:92, Slg. 2005, I-1131), dass es nicht zulässig sei, einerseits den Betrieb von Glücksspielgeräten in öffentlichen Spielbanken von der Umsatzsteuer zu befreien, andererseits aber die Ausübung der gleichen Tätigkeit durch andere Wirtschaftsteilnehmer mit Umsatzsteuer zu belasten.

4

Am 17. März 2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des S eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

5

Aufgrund der genannten EuGH-Entscheidung beantragte der Kläger am 9. November 2005 den Erlass geänderter Umsatzsteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume ab 1999. Am 30. Januar 2006 setzte das damals zuständige Betriebs-FA die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 1999 bis 2002 entsprechend herab. Aus den Bescheiden ergaben sich Erstattungsansprüche (Umsatzsteuer und Erstattungszinsen) von insgesamt 222.131,52 €.

6

Am 13. Juli 2006 erließ das Betriebs-FA einen Abrechnungsbescheid gegen den Kläger, in dem es die genannten Erstattungsansprüche gegen Steuerforderungen in Höhe von 160.371,40 € aufrechnete, die es zur Insolvenztabelle angemeldet hatte. Es verblieb ein Betrag von 61.760,12 €, der an den Kläger ausgezahlt wurde. Der Abrechnungsbescheid ist mit Zurückweisung der Revision gegen das klageabweisende Urteil des 12. Senats des FG bestandskräftig geworden (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. August 2015 VII R 29/14, BFH/NV 2016, 87).

7

Einkommensteuerrechtlich vertrat das FA die Auffassung, mit der im Streitjahr 2006 vorgenommenen Auszahlung bzw. Aufrechnung seien der Insolvenzmasse nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 222.131 € zuzurechnen, die nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu ermitteln seien. Auf dieser Grundlage setzte es mit einem an den Kläger und seinen Berufspartner gerichteten Einkommensteuerbescheid 2006 eine Steuer von 85.365 € fest. Nachdem das FA während des anschließenden Einspruchsverfahrens einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) abgelehnt hatte, zeigte der Kläger dem Insolvenzgericht mit einem dort am 10. Dezember 2007 eingegangenen Schreiben die Masseunzulänglichkeit an (§ 208 der Insolvenzordnung --InsO--).

8

Während eines anschließenden Klageverfahrens hob das FA den Bescheid mangels hinreichender Bestimmtheit des Inhaltsadressaten auf.

9

Am 20. November 2009 erließ es den im vorliegenden Verfahren angefochtenen, gegen den Kläger gerichteten Einkommensteuerbescheid 2006. Es setzte die Einkommensteuer erneut auf 85.365 € fest und fügte dem Bescheid ein entsprechendes Leistungsgebot bei.

10

Nach erfolglosem Einspruch machte der Kläger im Klageverfahren geltend, die Einkommensteuerschulden seien keine Masseverbindlichkeiten, sondern lediglich Insolvenzverbindlichkeiten. Sie seien bereits in der für das Jahr 2004 zu erstellenden Aufgabebilanz zu aktivieren. Jedenfalls seien sie nach Bilanzierungsgrundsätzen schon in dem Rumpfwirtschaftsjahr anzusetzen, das mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (17. März 2005) geendet habe und in das die Bekanntgabe der EuGH-Entscheidung (am 17. Februar 2005) falle. Hilfsweise seien Einkünfte aus Gewerbebetrieb nur in Höhe des tatsächlich zur Insolvenzmasse gelangten Betrages von 61.760 € anzusetzen. In Höhe des lediglich verrechneten Teilbetrages fehle es im Übrigen wegen der --seinerzeit-- noch nicht eingetretenen Bestandskraft des Abrechnungsbescheids an einem Zufluss. Der Einkommensteuerbescheid sei auch deswegen unwirksam und aufzuheben, weil er mit einem Leistungsgebot versehen sei, obwohl der Kläger bereits zuvor die Masseunzulänglichkeit angezeigt habe.

11

Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens vertrat der Kläger demgegenüber die Auffassung, die Vorgänge des Jahres 2004 seien nicht als Betriebsaufgabe anzusehen.

12

Der damals zuständige 9. Senat des FG erließ am 8. Juli 2014 gemäß § 99 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ein Zwischenurteil mit dem folgenden Tenor: "Die Umsatzsteuererstattungen aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 17.02.2005 zu den Aktenzeichen Rs. C-453/02 und C-462/02 sind nach der Betriebsaufgabe im Jahre 2004 als nachträgliche Einkünfte in sinngemäßer Anwendung des § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz unter Berücksichtigung des Zu- und Abflussprinzips zu ermitteln." Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der beschließende Senat zurückgewiesen (Beschluss vom 28. Januar 2015 X B 103/14, BFH/NV 2015, 702).

13

In dem vor dem nunmehr zuständigen 10. Senat des FG fortgeführten Klageverfahren hatte die Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 im Wesentlichen keinen Erfolg. Das FG vertrat im Endurteil zwar im Hinblick auf das BFH-Urteil vom 10. Februar 1994 IV R 37/92 (BFHE 174, 140, BStBl II 1994, 564) die Auffassung, der nachträgliche Eingang der zunächst bestrittenen Forderung hätte rückwirkend den Aufgabegewinn des Jahres 2004 erhöhen müssen. Es sei aber gemäß § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 318 der Zivilprozessordnung (ZPO) an die gegenteilige Aussage im rechtskräftig gewordenen Zwischenurteil des 9. Senats gebunden. Daher seien sowohl die Umsatzsteuer-Erstattungen als auch die Verrechnungen einkommensteuerrechtlich gemäß § 4 Abs. 3 EStG als nachträgliche Einkünfte im Streitjahr 2006 zu erfassen. Da der Steuertatbestand damit erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfüllt worden sei, handele es sich um Masseverbindlichkeiten. Die Klage sei nur insoweit begründet, als es sich --mit Ausnahme der Erstattungszinsen-- um Vergütungen für mehrjährige Tätigkeit handele, so dass gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG der ermäßigte Steuersatz anzuwenden sei.

14

Das Leistungsgebot (§ 254 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung --AO--) sei allerdings rechtswidrig und daher aufzuheben. Da der Kläger bereits vor Ergehen des Leistungsgebots die Masseunzulänglichkeit angezeigt habe, stehe es in Widerspruch zum Vollstreckungsverbot des § 210 InsO.

15

Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision, soweit das FG über den Einkommensteuerbescheid 2006 entschieden hat, und begründet dies mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie Divergenz.

16

Das FA begehrt die Zulassung der Revision, soweit das FG über das Leistungsgebot entschieden hat. Es beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Divergenz und Verfahrensmängel.

17

Die Beteiligten treten der Beschwerde des jeweils anderen Beteiligten entgegen.

Entscheidungsgründe

18

II. Auf den entsprechenden Antrag des FA ist das Rubrum des finanzgerichtlichen Urteils gemäß § 107 Abs. 1 FGO dahingehend zu berichtigen, dass der Kläger nicht "als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn" S, sondern "als Insolvenzverwalter über den Nachlass des verstorbenen Herrn" S am Klageverfahren beteiligt war.

19

1. Der unmittelbar beim BFH gestellte Antrag ist zulässig, da auch der BFH eine offenbare Unrichtigkeit des FG-Urteils berichtigen darf (vgl. BFH-Urteil vom 8. September 2011 IV R 44/07, BFHE 235, 231, BStBl II 2012, 136, Rz 13).

20

2. Der Antrag ist auch begründet.

21

Der Tod des S während des Insolvenzverfahrens und des anhängigen finanzgerichtlichen Verfahrens hat ohne Unterbrechung zu einer Überleitung vom Regel- in das Nachlassinsolvenzverfahren geführt (zum Insolvenzeröffnungsverfahren Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, unter II.3.; ebenso zum Tod des Schuldners während des bereits eröffneten Insolvenzverfahrens BGH-Urteil vom 26. September 2013 IX ZR 3/13, Neue Juristische Wochenschrift 2014, 389, Rz 12, m.w.N.).

22

Der Tod des S war dem FG auch bekannt. Dies folgt aus dem --unwidersprochen gebliebenen-- Vorbringen des FA, wonach das FG in der mündlichen Verhandlung selbst auf diesen Umstand hingewiesen hat, auch wenn es diesen Hinweis nicht im Protokoll vermerkt hat.

23

Damit liegt ein mechanisches Versehen des FG bei der Abfassung des Rubrums vor. Ein Rechtsfehler dergestalt, dass das FG weiterhin von einem Insolvenzverfahren über das Vermögen des --nicht mehr lebenden-- S ausgegangen sein könnte, ist ausgeschlossen.

24

III. Die vom Kläger in Bezug auf den Teil des FG-Urteils, mit dem über den Einkommensteuerbescheid 2006 entschieden worden ist, erhobene Beschwerde ist unbegründet.

25

Keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe ist tatsächlich gegeben.

26

1. Dies gilt zunächst für die vom Kläger geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

27

a) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger BFH-Rechtsprechung zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (Senatsbeschluss vom 19. Januar 2011 X B 43/10, BFH/NV 2011, 636, unter II.1.).

28

Eine Rechtsfrage ist nur dann klärungsfähig, wenn sie in einem künftigen Revisionsverfahren für die Entscheidung des Streitfalls rechtserheblich ist (Senatsbeschluss vom 23. Januar 2013 X B 84/12, BFH/NV 2013, 771, unter II.1.a, m.w.N.).

29

b) Der Kläger formuliert die folgende Rechtsfrage: "Kann ein im Zeitpunkt nach Insolvenzeröffnung materiell-rechtlich steuerlich neutraler Vorgang durch fehlerhafte Rechtsanwendung in den Rang einer Masseverbindlichkeit erhoben werden oder steht der § 38 InsO entgegen, nach dem Insolvenzgläubiger ist, wer gegen den Schuldner einen zur Zeit der Insolvenzeröffnung begründeten Anspruch hat, wenn die Forderung 'ihrem Kern nach' bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet ist?"

30

c) Diese Rechtsfrage wäre in einem im Streitfall durchgeführten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig.

31

Entscheidungserheblich ist vorliegend nicht eine nach Auffassung des Klägers "fehlerhafte Rechtsanwendung", sondern die besondere prozessuale Konstellation, die daraus folgt, dass das FG im Endurteil an den Tenor des vorangegangenen, rechtskräftig gewordenen Zwischenurteils gebunden war. Rechtskräftig gewordene Zwischenurteile binden sowohl das Gericht (§ 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 318 ZPO; zu einem Zwischenurteil über den Grund gemäß § 99 Abs. 1 FGO vgl. BFH-Urteil vom 12. Juni 1986 V R 93/76, BFH/NV 1987, 781, unter II.3.b) als auch die Beteiligten (§ 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGO; vgl. Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 110 FGO Rz 10).

32

Das FG hat im Endurteil seine Bindung zutreffend unter Verweis auf die genannten gesetzlichen Vorschriften begründet. Diese Ausführungen waren tragend für die im Endurteil getroffene Entscheidung des FG. Hierauf geht die Beschwerdebegründung indes an keiner Stelle ein.

33

Wenn aufgrund dieser Bindungswirkung die im Tenor des Zwischenurteils getroffene materiell-rechtliche Beurteilung (hier: die Zuordnung des Gewinns aus der Realisierung der Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche nicht zum Aufgabegewinn des Jahres 2004, sondern zum nachträglichen laufenden Gewinn des Jahres 2006) auch im weiteren Verfahrensgang zugrunde zu legen ist und daraus im Endurteil der Schluss gezogen wird, dass auf dieser --gemäß § 318 ZPO nicht mehr zu prüfenden-- materiell-rechtlichen Grundlage der Einkommensteueranspruch auch insolvenzrechtlich erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist (zur auch insolvenzrechtlichen Maßgeblichkeit des Zeitpunktes des Zuflusses in Fällen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2014 X R 12/12, BFHE 253, 482, BStBl II 2016, 852, Rz 29 f.), beruht dies auf der Anwendung anerkannter prozessualer Grundsätze über die Rechtskraft und wirft keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen auf. Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob ein Vorgang durch fehlerhafte Rechtsanwendung in den Rang einer Masseverbindlichkeit erhoben werden kann, könnte daher aus Anlass des vorliegenden Einzelfalls nicht in grundsätzlicher und allgemeingültiger Weise beantwortet werden. Sie stellt sich vielmehr gar nicht erst, weil im Streitfall allein die Besonderheiten der gesetzlich angeordneten Bindungswirkung eines (Zwischen-)Urteils entscheidungserheblich sind.

34

2. Die darüber hinaus vom Kläger erhobene Divergenzrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) ist unzulässig.

35

a) Wird die Beschwerde darauf gestützt, dass die Revisionszulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei, weil das FG von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen sei, setzt die Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Gegenüberstellung einander widersprechender abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und der herangezogenen Divergenzentscheidung andererseits voraus (Senatsbeschluss vom 18. Januar 2011 X B 34/10, BFH/NV 2011, 813, unter 1.c, m.w.N.).

36

b) Daran fehlt es. Der Kläger bildet nicht etwa aus dem --im vorliegenden Verfahren allein maßgebenden-- Endurteil des FG, sondern lediglich aus dem vorangegangenen, rechtskräftig gewordenen und daher bindenden Zwischenurteil Rechtssätze. Dies reicht zur Darlegung einer Divergenz nicht aus.

37

Hinzu kommt, dass das vom Kläger als vermeintliche Divergenzentscheidung bezeichnete Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 11. September 2013  1 K 2120/12 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2014, 1404) im Revisionsverfahren durch den erkennenden Senat aufgehoben worden ist (Urteil vom 3. August 2016 X R 25/14, BFH/NV 2017, 317). Eine aufgehobene instanzgerichtliche Entscheidung kann jedoch nicht Grundlage einer Divergenzrüge sein, da nach der Aufhebung nicht mehr die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen besteht.

38

IV. Die vom FA in Bezug auf den Teil des FG-Urteils, mit dem über das Leistungsgebot entschieden worden ist, erhobene Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Klage ist insoweit als unzulässig zu verwerfen.

39

1. Die Beschränkung der Beschwerde auf das Leistungsgebot ist zulässig, da dieses im Verhältnis zur Steuerfestsetzung einen selbständigen Verwaltungsakt darstellt (BFH-Beschlüsse vom 1. Juni 1983 III B 40/82, BFHE 138, 422, BStBl II 1983, 622, unter 1.d, und vom 18. Dezember 1997 III R 12/94, BFH/NV 1998, 975, unter 2.a).

40

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Es stellt einen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) dar, dass das FG über das Leistungsgebot in der Sache entschieden hat, obwohl insoweit das gemäß § 44 Abs. 1 FGO erforderliche Vorverfahren nicht durchgeführt worden ist.

41

a) Ein Verfahrensmangel liegt jedenfalls dann vor, wenn das FG eine zulässige Klage rechtsirrig durch Prozessurteil als unzulässig verwirft (Senatsbeschluss vom 23. Mai 2016 X B 174/15, BFH/NV 2016, 1297, Rz 12).

42

Aber auch für den umgekehrten Fall --ein FG entscheidet über eine unzulässige Klage in der Sache-- ist in der BFH-Rechtsprechung bereits ein Verfahrensmangel angenommen worden (BFH-Beschluss vom 12. November 2013 VI B 94/13, BFH/NV 2014, 176, betreffend unzutreffende Bejahung der Klagebefugnis durch das FG; allgemein Gräber/Ratschow, § 115 FGO Rz 80). Dies muss auch für den --unter Verstoß gegen § 44 Abs. 1 FGO vorgenommenen-- Erlass einer Sachentscheidung trotz Fehlens des erforderlichen Vorverfahrens gelten (so auch BFH-Beschluss vom 27. Juni 2014 IV B 12/14, BFH/NV 2014, 1570, Rz 4).

43

b) Vorliegend hatte der Kläger nur gegen den Einkommensteuerbescheid 2006, nicht aber gegen das darin enthaltene Leistungsgebot Einspruch eingelegt. Das erforderliche Vorverfahren ist daher in Bezug auf das Leistungsgebot nicht durchgeführt worden.

44

aa) Zwar konnte die Klageschrift vom FG in vertretbarer Weise dahingehend ausgelegt werden, dass der Kläger nicht allein gegen den Einkommensteuerbescheid, sondern auch gegen das Leistungsgebot Klage erheben wollte. Dies folgt aus den Ausführungen auf Blatt 5, 6 der Klageschrift.

45

bb) Es fehlt aber an vergleichbaren auslegungsfähigen Ausführungen im vorangegangenen Einspruchsverfahren.

46

Im Rubrum des Einspruchsschreibens waren nur die "Bescheide für 2006 und 2007 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag" erwähnt. Auch in der Begründung des Einspruchs wurde das Leistungsgebot --anders als in der späteren Klagebegründung-- nicht erwähnt.

47

Der vom Kläger mit seinem Einspruch gestellte Antrag auf AdV des Einkommensteuerbescheids 2006 kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zugleich als Einspruch gegen das Leistungsgebot ausgelegt werden (BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2002 VII B 66/02, BFH/NV 2003, 592, unter 2.).

48

3. Der Senat entscheidet abschließend über die gegen das Leistungsgebot gerichtete Klage und verwirft diese als unzulässig.

49

a) Gemäß § 116 Abs. 6 FGO kann der BFH ein finanzgerichtliches Urteil, das auf einem Verfahrensmangel beruht, aufheben und den Rechtsstreit an das FG zurückverweisen.

50

Diese Vorschrift wird in der BFH-Rechtsprechung aus Gründen der Prozessökonomie über ihren Wortlaut hinaus dahingehend angewendet, dass sie auch eine abschließende Entscheidung durch den BFH ermöglicht, wenn die im Fall der Zurückverweisung zu treffende Entscheidung bereits feststeht. Dies ist beispielsweise bei der --hier gegebenen-- Umwandlung eines Sachurteils in ein Prozessurteil möglich (zur Unzulässigkeit der Klage wegen anderweitiger Rechtshängigkeit BFH-Beschluss vom 8. November 2005 VIII B 3/96, BFH/NV 2006, 570, unter 4.; zur Unzulässigkeit der Klage wegen Nichtdurchführung des Vorverfahrens BFH-Beschluss in BFH/NV 2014, 1570, Rz 2, m.w.N.).

51

b) Danach ist vorliegend das angefochtene Urteil, soweit es über das Leistungsgebot entschieden hat, aufzuheben und die Klage insoweit als unzulässig zu verwerfen.

52

Da es in Bezug auf das Leistungsgebot an der Durchführung eines Einspruchsverfahrens fehlte, war die Klage insoweit unzulässig. Diese Rechtsfolge steht bereits jetzt fest, ohne dass es einer Zurückverweisung an das FG bedürfte.

53

c) Die teilweise Aufhebung des FG-Urteils umfasst auch dessen Kostenentscheidung, die sich nunmehr allein nach dem Obsiegen und Unterliegen hinsichtlich der Einkommensteuer 2006 richtet. Insoweit beruht die Kostenentscheidung auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Dabei hat der Senat darauf verzichtet, aufgrund der gegen das Leistungsgebot erhobenen Klage eine Erhöhung des Streitwerts oder der Kostenquote des Klägers vorzunehmen.

54

V. 1. Die Entscheidung über die Kosten der Beschwerdeverfahren beruht hinsichtlich der vom Kläger erhobenen Beschwerde auf § 135 Abs. 2 FGO und hinsichtlich der vom FA erhobenen Beschwerde auf § 135 Abs. 1 FGO.

55

Eine Entscheidung über die Kosten des Berichtigungsverfahrens nach § 107 FGO ist nicht zu treffen, da dieses Verfahren gerichtsgebührenfrei ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 18. Juni 1986 II B 33/86, BFH/NV 1987, 587, und vom 29. August 2012 X S 27/12, BFH/NV 2013, 55).

56

2. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.

(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 73/06
Verkündet am:
28. Juni 2007
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Inhaber einer so genannten oktroyierten Masseverbindlichkeit hat während
der Wohlverhaltensphase ein Rechtsschutzinteresse an einer Zahlungsklage
gegen den Schuldner.
BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - IX ZR 73/06 - AG Hamburg-Altona
LG Hamburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Juni 2007 durch die Richter Dr. Ganter, Vill, Cierniak, die Richterin
Lohmann und den Richter Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 24. März 2006 wird als unzulässig verworfen, soweit diese die Verurteilung der Beklagten in Höhe von 153 € beantragt hat.
Im Übrigen wird das vorbezeichnete Urteil auf die Revision der Klägerin im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 3.187,05 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 23. Juni 2005 abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.187,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Dezember 2004 zu zahlen. Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin vermietete der Beklagten einen Frisörsalon in Hamburg. Die monatliche Miete betrug 637,57 €. Seit April 2002 blieb die Beklagte den Mietzins schuldig. Auf ihren Antrag wurde das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Der Insolvenzverwalter kündigte das Mietverhältnis zum 30. September 2002. Die Klägerin meldete ihre Mietzinsforderung für den Zeitraum von April bis September 2002 zur Tabelle an. Im Schlusstermin wurde ein Betrag von 642,07 € - die Aprilmiete sowie eine Rücklastgebühr - als Insolvenzforderung festgestellt. Im Übrigen bestritt der Verwalter die Forderung mit der Begründung , dass es sich um eine Masseforderung handele. Diese wurde jedoch aus der Masse nicht beglichen.
2
Insolvenzgericht Das hob das Insolvenzverfahren nach Vollzug der Schlussverteilung mit Beschluss vom 28. Juni 2005 auf; die Beklagte befindet sich nunmehr in der sogenannten "Wohlverhaltensphase".
3
Zusammenhang Im mit dem Insolvenzverfahren nahm die Klägerin zweimal ihre Rechtschutzversicherung in Anspruch; infolge der Selbstbeteiligung entstanden ihr Kosten in Höhe von insgesamt 306 €.
4
Das Amtsgericht hat der Klage auf Zahlung der Mietzinsen für die Monate Mai bis September 2002 sowie auf Ersatz der Selbstbeteiligungskosten im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision begehrt die Klägerin, das amtsgerichtliche Urteil wiederherzustellen.

Entscheidungsgründe:



5
Die Revision hat im Wesentlichen Erfolg.

I.


6
Das Rechtsmittel ist unzulässig, soweit die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils auch insoweit begehrt, als die Beklagte in erster Instanz zur Zahlung von 153 € verurteilt worden ist. Insoweit hat sie die Revision nicht begründet (§ 551 ZPO).

II.


7
Soweit das Rechtsmittel zulässig ist, ist es auch begründet.
8
1. Das Landgericht hat zur Begründung der Klageabweisung Folgendes ausgeführt: Die Berufung der Beklagten sei zulässig, weil sie nicht unter einer Bedingung eingelegt worden sei. Das Rechtsmittel führe zur Abweisung der Klage, weil die Klägerin an der Durchsetzung der Mietforderungen durch §§ 286, 301 InsO gehindert sei.
9
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
a) Allerdings ist das Landgericht mit Recht von einer form- und fristgerecht eingelegten Berufung ausgegangen. Das Berufungsgericht hat den am 26. Juli 2005 eingegangenen Schriftsatz als unbedingt eingelegte Berufung ausgelegt. Diese Auslegung lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Insoweit kann der Senat als Revisionsgericht die Würdigung der in der Berufungseinlegung liegenden prozessualen Willenserklärung uneingeschränkt nachprüfen und die erforderliche Auslegung der Erklärung selbst vornehmen (z.B. BGH, Beschl. v. 11. November 1993 - VII ZB 24/93, NJW-RR 1994, 568; Urt. v. 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94, NJW 1995, 2563, 2564).
11
Der mit "Berufung" überschriebene Schriftsatz ist innerhalb der Berufungsfrist eingegangen und wahrt die erforderlichen Förmlichkeiten. In ihm wird erklärt, dass gegen das näher bezeichnete Urteil des Amtsgerichts namens und in Vollmacht der "Beklagten/Berufungsklägerin" Berufung eingelegt werde. Die Einlegung des Rechtsmittels ist zulässigerweise mit einem Prozesskostenhilfegesuch verbunden worden. In einem solchen Fall muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, er wolle eine (künftige) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung der Prozesskostenhilfe abhängig machen (vgl. BGHZ 165, 318, 320 m.w.N.). Wenn aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift erfüllt sind, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. BGHZ 165, 318, 320 f m.w.N.; ferner BGH, Beschl. v. 16. Dezember 1987 - IVb ZB 161/87, NJW 1988, 2046, 2047). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungseinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich , die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsschrift" bezeichnet wird oder von einer "beabsichtigten Berufung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass "nach Gewährung der Prozesskostenhilfe" Berufung eingelegt werde (vgl. BGHZ 165, 318, 321 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 31. Januar 2007 - XII ZB 207/06, FamRZ 2007, 801, 802).

12
Demgegenüber ist der hier zu beurteilenden Berufungsschrift eine solche eindeutige, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Bedingung nicht zu entnehmen. Sie ist mit "Berufung" überschrieben und enthält zunächst die ausdrückliche und einschränkungslose Erklärung, es werde Berufung eingelegt. Wenn sodann in der Berufungsschrift nach dieser Erklärung der Satz folgt "Die Berufung erfolgt unter dem Vorbehalt, daß der Beklagten /Berufungsklägerin Prozeßkostenhilfe gewährt wird“, so ist dies nicht eindeutig. Diese Erklärung kann auch dahin verstanden werden , dass nur die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang die (weitere ) Durchführung des Rechtsmittelverfahrens - die die Einlegung des Rechtsmittels voraussetzt - von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig gemacht wird, nicht aber die Einlegung selbst, und dass die Beklagte sich für den Fall vollständiger Versagung der Prozesskostenhilfe die Zurücknahme der Berufung vorbehält (vgl. BGHZ 165, 318, 323; BGH, Urt. v. 31. Mai 1995 aaO; Beschl. v. 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04, FamRZ 2004, 1553, 1554). Daran ändert der Umstand, dass der bereits angekündigte Sachantrag mit der Wendung "Im Wege der Prozesskostenhilfe" eingeleitet wird, nichts. Denn § 519 ZPO verlangt noch überhaupt keine Antragstellung.
13
b) Jedoch durfte das Landgericht die Klage nicht mit der Begründung abweisen, die Klägerin sei durch §§ 286, 301 InsO an der Durchsetzung der Mietforderung für Mai bis September 2002 gehindert.
14
Die Klägerin kann die Beklagte persönlich auf Zahlung der Mieten in Anspruch nehmen. Ob ein Massegläubiger im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 InsO seine Forderung schon während des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner persönlich verfolgen kann, ist zwar umstritten (befürwortend LAG München ZIP 1990, 1217, 1218; Kübler/Prütting/Pape, InsO § 53 Rn. 28; a.A. - Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters erforderlich - MünchKomm-InsO/ Hefermehl, § 53 Rn. 46, 53). Jedenfalls dann, wenn sich nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß § 201 Abs. 3, §§ 286 ff InsO die so genannte Wohlverhaltenssphase anschließt, kann - und muss - der Massegläubiger jedoch den Schuldner persönlich verklagen (vgl. Braun/Kießner, InsO 2. Aufl. § 201 Rn. 5). Die Haftung des Schuldners beschränkt sich gegenständlich nicht auf die ihm überlassene restliche, das heißt nicht verwertete Masse. Denn bei der der Klage zugrunde liegenden Mietforderung handelt es sich um eine sogenannte oktroyierte Masseverbindlichkeit im Sinne des § 90 InsO, die bereits von der Beklagten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden war (vgl. FK/InsO-Ahrens, 4. Aufl. § 294 Rn. 14; HK-InsO/Eickmann, 4. Aufl. § 53 Rn. 11).
15
aa) Das Rechtsschutzinteresse kann der Klägerin nicht abgesprochen werden. Über den Antrag der Beklagten auf Erteilung der Restschuldbefreiung ist bisher nicht entschieden worden. Ob der Beklagten die begehrte Restschuldbefreiung erteilt werden wird, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden (vgl. §§ 295 ff InsO). Wird die Restschuldbefreiung versagt, können die Insolvenzgläubiger sofort gegen die Beklagte aus der Eintragung in die Tabelle vollstrecken (§ 201 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 InsO). Das Vollstreckungsverbot des § 294 Abs. 1 InsO steht dem nicht mehr entgegen (vgl. § 299 InsO). Die Beklagte als Massegläubigerin hat während des Insolvenzverfahrens keinen Vollstreckungstitel für ihre Forderung erlangt; der Weg, ihre Forderung zur Ta- belle feststellen zu lassen, stand ihr nicht offen (§§ 87, 174 Abs. 1 InsO). Folglich muss sie einen Titel nunmehr erstreiten können; ein Grund, ihrer Masseforderung (zum Fortbestehen dieser rechtlichen Einordnung vgl. BGH, Beschl. v. 17. März 2005 - IX ZB 214/04, WM 2005, 1129, 1131) eine (mindestens) vergleichbare Vollstreckungsaussicht zu verwehren, besteht nicht.
16
bb) Auf die in den Vorinstanzen erörterte Frage, ob die Klageforderung durch die von der Beklagten beantragte Restschuldbefreiung erfasst wird (§ 301 InsO), kommt es nicht an. Denn der Beklagten ist eine Restschuldbefreiung bisher nicht erteilt worden. Selbst wenn die hier geltend gemachte Masseverbindlichkeit entgegen dem Wortlaut des § 301 Abs. 1 InsO der Restschuldbefreiung unterfiele, vermöchte dieser Umstand ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Frage zu stellen. Während der Wohlverhaltensphase ist die Klägerin berechtigt, in das Vermögen der Beklagten zu vollstrecken. Das Vollstreckungsverbot des § 90 Abs. 1 InsO ist spätestens mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 289 Abs. 2 Satz 2 InsO) entfallen, und dasjenige des § 294 Abs. 1 InsO gilt für Massegläubiger nicht (vgl. FK/InsO-Ahrens, aaO; MünchKomm-InsO/Ehricke, § 294 Rn. 24). Es entzieht, soweit nicht § 287 Abs. 2, § 295 InsO eingreifen, den Neuerwerb der Beklagten dem Zugriff der Insolvenzgläubiger (BGHZ 163, 391, 396 f).
17
cc) Hinzu kommt, dass die Klägerin auch während der Wohlverhaltensperiode bisher nicht an der Verteilung etwaiger Einnahmen des Treuhänders beteiligt worden ist. Gemäß § 292 Abs. 1 InsO ist sie vor den Insolvenzgläubigern zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschl. v. 17. März 2005, aaO); die Klägerin wird ihren Anspruch auf anteilige Ausschüttung gegenüber dem Treuhänder mit größerer Aussicht auf Erfolg durchsetzen können, wenn sie über einen ihre Masseforderung ausweisenden Titel verfügt.

18
c) Da die Mietforderung der Klägerin nach Grund und Höhe unstreitig ist, war das der Klage stattgebende amtsgerichtliche Urteil wiederherzustellen, soweit die Klägerin das Berufungsurteil zulässig mit der Revision angegriffen hat.
Ganter Vill Cierniak
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Altona, Entscheidung vom 23.06.2005 - 318c C 49/05 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 24.03.2006 - 311 S 95/05 -

(1) Zwangsvollstreckungen wegen Masseverbindlichkeiten, die nicht durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden sind, sind für die Dauer von sechs Monaten seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unzulässig.

(2) Nicht als derartige Masseverbindlichkeiten gelten die Verbindlichkeiten:

1.
aus einem gegenseitigen Vertrag, dessen Erfüllung der Verwalter gewählt hat;
2.
aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Verwalter kündigen konnte;
3.
aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der Verwalter für die Insolvenzmasse die Gegenleistung in Anspruch nimmt.

Tenor

Auf die Revision des Finanzamts wird das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 9. Dezember 2015  8 K 1112/15 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Über das Vermögen des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) wurde am 15. März 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet. Für das Jahr 2008 entstand aufgrund der Verwertung von Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter Einkommensteuer, die aus der Masse nicht bezahlt wurde.

2

Am 20. März 2012 zeigte der Insolvenzverwalter Masseunzulänglichkeit an. Am 15. Juli 2013 wurde das Insolvenzverfahren eingestellt; dem Kläger wurde Restschuldbefreiung erteilt.

3

Mit Bescheid vom 27. März 2015 setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) Einkommensteuer für 2013 fest. Aufgrund von Vorauszahlungen und einbehaltener Lohnsteuer führte die Festsetzung zu einem Erstattungsanspruch des Klägers. Diesen verrechnete das FA mit der noch offenen Forderung aus Einkommensteuer 2008 und erließ am 31. März 2015 einen entsprechenden Abrechnungsbescheid.

4

Den Einspruch des Klägers wies das FA als unbegründet zurück.

5

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, der Aufrechnung stehe § 390 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) i.V.m. § 226 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) entgegen; denn die Forderung aus Einkommensteuer 2008 sei als Masseforderung wegen der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners einredebehaftet. Das Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters sei auf die zur Insolvenzmasse gehörenden Gegenstände beschränkt; der Insolvenzverwalter könne nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) den Insolvenzschuldner im Hinblick auf dessen insolvenzfreies Vermögen nicht verpflichten (BGH-Teilurteil vom 24. September 2009 IX ZR 234/07, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2010, 69). Dementsprechend gehe auch der Bundesfinanzhof (BFH) von einer nur beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners für Masseverbindlichkeiten aus (BFH-Urteil vom 26. Mai 2013 IV R 23/11, BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759). Der Abrechnungsbescheid sei daher in der vom Kläger beantragten Höhe aufzuheben. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 785 veröffentlicht.

6

Mit seiner Revision trägt das FA im Wesentlichen vor, für die Auffassung des FG, der als Masseforderung entstandenen Steuerforderung stehe eine Einrede entgegen, gebe es keine gesetzliche Grundlage. § 80 der Insolvenzordnung (InsO) entfalte Wirkung nur für das laufende Insolvenzverfahren; nach dessen Beendigung sei die Unterscheidung zwischen Masse und insolvenzfreiem Vermögen obsolet. Folgte man der Auffassung des FG, könnte die nicht beglichene Masseforderung weder beim Steuerschuldner noch, da § 61 InsO nach der BGH-Rechtsprechung (BGH-Beschluss vom 14. Oktober 2010 IX ZB 224/08, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 2010, 2252) bei Steuerforderungen nicht eingreife, beim Insolvenzverwalter erhoben werden. Faktisch führe dies zu einem Erlass der nach Beendigung des Insolvenzverfahrens noch offenen Masseverbindlichkeiten.

7

Der Kläger erwidert, der Grundsatz, dass der Schuldner für Masseverbindlichkeiten ausschließlich mit der Insolvenzmasse hafte, gelte auch für die Zeit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Schon der BGH habe in ständiger Rechtsprechung seit dem Jahr 1954 zur damals geltenden Konkursordnung entschieden, dass ein Konkursverwalter nur die Rechtsmacht habe, Masseverbindlichkeiten zu begründen, nicht hingegen die Befugnis, den Schuldner persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen zu verpflichten. Das entspreche auch der gesicherten BFH-Rechtsprechung; der Auffassung des IV. Senats habe sich inzwischen auch der X. Senat angeschlossen (BFH-Beschluss vom 18. Dezember 2014 X B 89/14, BFH/NV 2015, 470, und BFH-Urteil vom 9. Dezember 2014 X R 12/12, BFHE 252, 482, BStBl II 2016, 852). Die gegenteilige Ansicht widerspreche dem in § 1 Satz 2 InsO niedergelegten Zweck des Insolvenzverfahrens bzw. der Restschuldbefreiung. Dass nach dem Wortlaut des § 301 InsO der redliche Schuldner nur von den Insolvenzforderungen befreit werde, nicht aber von den Masseverbindlichkeiten, sei ein kapitaler "Webfehler" der Insolvenzordnung. Daher müsse unterstellt werden, dass der Gesetzgeber an die BGH-Rechtsprechung habe anknüpfen wollen, der zufolge auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens aufgrund von Masseverbindlichkeiten nicht auf das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners zugegriffen werden dürfe. Dies zeige indiziell auch die Regelung des § 201 Abs. 1 InsO, die gerade nicht für Masseforderungen gelte. Schließlich sprächen auch das Leistungsfähigkeitsprinzip und der Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gegen die von der Revision angestrebte Lösung; denn sämtliche Einnahmen aus der Verwertung der Insolvenzmasse seien dem Zugriff des Insolvenzschuldners entzogen.

Entscheidungsgründe

II.

8

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Das FG hat den Abrechnungsbescheid zu Unrecht teilweise aufgehoben.

9

Das FA hat nach Einstellung des Insolvenzverfahrens wirksam gegenüber dem Kläger mit seiner Forderung aus Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag 2008 aufgerechnet. Der Anspruch des Klägers auf Erstattung der Einkommensteuer 2013 ist dadurch in der hier streitigen Höhe erloschen.

10

1. Aufgrund der von der Vorinstanz getroffenen Feststellungen, die für den erkennenden Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 FGO), ist davon auszugehen, dass der Kläger einen Erstattungsanspruch aus Einkommensteuer für 2013 hatte und dass diesem Anspruch gleichartige Leistungen (§ 387 BGB i.V.m. § 226 Abs. 1 AO) in Form von Steuerforderungen des FA aus Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für 2008 gegenüberstanden.

11

2. § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO steht der Aufrechnung nicht entgegen, auch nicht im Fall einer entsprechenden Anwendung dieser Regelung zu Lasten von Altmassegläubigern nach angezeigter Masseunzulänglichkeit (vgl. MünchKommInsO-Hefermehl InsO § 210 Rz 12). Denn im Streitfall war das Insolvenzverfahren zum Zeitpunkt der Aufrechnung bereits beendet (vgl. auch BFH-Urteil vom 13. Dezember 2016 VII R 1/15, BFHE 256, 388, BStBl II 2017, 541).

12

3. Die Forderung des FA aus Einkommensteuer 2008 fällt als Masseverbindlichkeit nicht unter die dem Kläger erteilte Restschuldbefreiung.

13

Die Restschuldbefreiung wirkt gemäß § 286 und § 301 Abs. 1 Satz 1 InsO gegen alle Insolvenzgläubiger. Insolvenzgläubiger sind alle persönlichen Gläubiger des Schuldners, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (§ 38 InsO). Der anspruchsbegründende Tatbestand muss also bereits vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen sein (vgl. auch BGH-Urteil vom 5. April 2016 VI ZR 283/15, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2017, 37).

14

Massegläubiger (§ 53 InsO) sind keine Insolvenzgläubiger und Masseverbindlichkeiten sind keine Insolvenzforderungen. Daher werden Masseverbindlichkeiten nach dem eindeutigen Wortlaut des § 301 Abs. 1 Satz 1 InsO und der Systematik der §§ 35 ff. und 286 ff. InsO von der Restschuldbefreiung nicht erfasst.

15

Sinn und Zweck der Regelungen über die Restschuldbefreiung gebieten es nicht, deren Wirkung über den Wortlaut des § 301 InsO hinaus auch auf Masseforderungen zu erstrecken (offen gelassen in BGH-Urteil vom 28. Juni 2007 IX ZR 73/06, Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung --NZI-- 2007, 670, Rz 16; wie hier: Uhlenbruck/Sternal InsO § 301 Rz 6; MünchKommInsO-Stephan InsO § 301 Rz 8; Wenzel in Kübler/ Prütting/Bork, InsO, § 301, Rz 3; Waltenberger in Kayser/ Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 8. Aufl. 2016, § 301 Rz 15; HambKomm/Streck, InsO, 6. Aufl., § 301 Rz 3; Kexel in Graf-Schlicker, InsO, § 301 Rz 4; a.A.: Voigt, Weiter im Schuldturm trotz Restschuldbefreiung? Gedanken zur Auslegung von §§ 286, 301 InsO, ZInsO 2002, 569, 572 f.).

16

Zwar trifft es zu, dass es das Ziel des Insolvenzverfahrens ist, dem redlichen Schuldner Gelegenheit zu geben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien (§ 1 Satz 2 InsO). Aber unter welchen formellen und materiellen Voraussetzungen und in welchem Umfang dies geschehen soll, wird allein durch die gesetzlichen Regelungen der InsO bestimmt, im Fall der Restschuldbefreiung durch § 301 InsO. Die in dieser Regelung klar vorgegebene Reichweite der Restschuldbefreiung kann nicht unter Hinweis auf die allgemeine Zielsetzung der InsO auf Masseverbindlichkeiten ausgedehnt werden. Hätte der Gesetzgeber Masseverbindlichkeiten in die Restschuldbefreiung einbeziehen wollen, hätte er den Anwendungsbereich des § 301 InsO nicht ausdrücklich auf Insolvenzgläubiger beschränkt.

17

Aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip und Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich kein anderes Ergebnis herleiten. Einnahmen, die aus der Verwertung der Insolvenzmasse resultieren, sind Einnahmen des Insolvenzschuldners, ohne dass es darauf ankommt, ob die Einkünfte in das insolvenzfreie Vermögen fließen oder in die Insolvenzmasse (so schon BFH-Urteil vom 7. November 1963 IV 210/62 S, BFHE 78, 172, BStBl III 1964, 70; Roth, Insolvenzsteuerrecht, 2. Aufl. 2016, Rz 4.10 f.). Die fehlende Verfügungsbefugnis über das insolvenzbefangene Vermögen (vgl. § 80 InsO) berührt das Steuerrechtsverhältnis nicht (s. im Einzelnen unten: II.4.c bb).

18

4. Der Aufrechnung des FA steht auch keine auf § 80 Abs. 1 InsO zurückzuführende Einrede der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners entgegen.

19

a) Gemäß § 80 Abs. 1 InsO geht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Damit verliert der Insolvenzschuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis in Bezug auf sein vom Insolvenzbeschlag erfasstes Vermögen. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, die gemeinschaftliche Befriedigung aller persönlichen Gläubiger zu sichern (vgl. Uhlenbruck/Mock InsO § 80 Rz 4; Lüke in Kübler/Prütting/Bork, a.a.O., § 80 InsO, Rz 3).

20

Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 200 InsO) bzw. mit dessen Einstellung (§§ 207 ff. InsO) endet grundsätzlich auch die Wirkung des § 80 Abs. 1 InsO; der Insolvenzschuldner erhält seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zurück (s.a. Uhlenbruck/Mock, a.a.O., § 80 Rz 7).

21

b) Allerdings leitet der BGH aus § 80 Abs. 1 InsO eine sog. Haftungsbeschränkung auch für solche Masseverbindlichkeiten ab, die nach Verfahrenseröffnung durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters begründet worden sind (BGH-Teilurteil in NJW 2010, 69, Rz 12, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

22

Der Insolvenzschuldner bleibe zwar Schuldner aller durch die Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters nach Verfahrenseröffnung begründeten Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 InsO). Allerdings beschränke sich die Haftung während des Verfahrens auf die Gegenstände der Insolvenzmasse. Es handele sich um eine dem Verfahren immanente Haftungsbeschränkung. Für diese sei maßgeblich, dass der Verwalter nicht befugt sei, den Schuldner persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen zu verpflichten, weil seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen beschränkt sei (BGH-Teilurteil in NJW 2010, 69, Rz 12).

23

Der BGH verweist dabei auf eine frühere Entscheidung, in der er eine entsprechende Beschränkung der Inanspruchnahme auch für die Zeit nach Beendigung der (Zwangs-)Verwaltung bejaht hat, nachdem also das Verwaltungs- und Verfügungsrecht wieder auf den Vermögensinhaber übergegangen ist (BGH-Urteil vom 25. November 1954 IV ZR 81/54, NJW 1955, 339). Der BGH führte in diesem Zusammenhang aus, es sei zunächst für den Konkursverwalter ausgesprochen worden, dass der Vermögensinhaber für die von ihm Dritten gegenüber begründeten rechtsgeschäftlichen Verbindlichkeiten nur mit dem mit Beschlag belegten Vermögen hafte und dass er mit seinem verwaltungsfreien Vermögen für diese Schulden nicht einstehen müsse. Das folge daraus, dass das Verwaltungsrecht des Konkursverwalters auf das dem Konkursbeschlag unterworfene Vermögen beschränkt sei. Es handele sich um einen allgemeinen Grundsatz des deutschen Rechts, der in verschiedenen Bestimmungen des Gesetzes seinen Ausdruck gefunden habe (wird unter 2.c) der Entscheidungsgründe ausgeführt).

24

Auch das insolvenzrechtliche Schrifttum geht ganz überwiegend davon aus, dass sich eine Haftung des Insolvenzschuldners für Ansprüche, die erst während des Insolvenzverfahrens als Masseansprüche begründet und nicht aus der Masse gezahlt worden sind, auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nur auf Massegegenstände beschränkt, die als Überschuss dem Schuldner zurückgegeben werden (§ 199 Satz 1 InsO), oder auf Gegenstände, die der Insolvenzverwalter als unverwertbar freigegeben hat (§ 197 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 InsO). Denn --so auch hier die Begründung-- die Tätigkeit des Verwalters beschränke sich ausschließlich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen; eine Haftung des gesamten Vermögens des Schuldners nach Beendigung des Insolvenzverfahrens könne daher durch das Handeln des Verwalters nicht begründet werden (s. z.B. MünchKommInsO-Hintzen § 201 Rz 16, und MünchKommInsO-Hefermehl § 53 Rz 34a). Dafür fehle es an einer rechtlichen Grundlage (so Meller-Hannich in Jaeger, InsO, § 201 Rz 8). Die Beschränkung der Schuldnerhaftung auf die Restmasse sei für die Massegläubiger auch nicht unzumutbar, weil der Insolvenzverwalter nach § 61 InsO für die Erfüllung dieser Masseverbindlichkeiten hafte (so Uhlenbruck/Wegener, a.a.O., § 201 Rz 17, unter Hinweis auf BGH-Urteil vom 6. Mai 2004 IX ZR 48/03, BGHZ 159, 104, ZIP 2004, 1107).

25

Dagegen befürwortet ein Teil des Schrifttums eine uneingeschränkte Haftung des Insolvenzschuldners für Masseverbindlichkeiten, insbesondere auch für Steuerforderungen (HambKommInsO-Herchen, a.a.O., § 201 Rz 6 f.; Runkel/ Schnurbusch, Rechtsfolgen der Masseunzulänglichkeit, NZI 2000, 49; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 4. Aufl. 2007, Rz 25.30 f.). Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass es im Geltungsbereich der InsO (und der Konkursordnung) an Vorschriften fehle, die der Konzeption der §§ 1967 ff. bzw. 1993 ff., 1975 ff. BGB entsprächen; soweit aber solche Regelungen nicht existierten, müsse das gesamte Vermögen einer Person ihren Gläubigern haften (so Runkel/Schnurbusch, NZI 2000, 49, 56 f.).

26

c) Unabhängig davon, ob man der Auffassung des BGH und der herrschenden Ansicht im insolvenzrechtlichen Schrifttum grundsätzlich folgen mag, gilt eine auf § 80 Abs. 1 InsO gestützte Einrede der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners jedenfalls nicht in Bezug auf die hier streitigen Steuerschulden für die Zeit nach Beendigung des Insolvenzverfahrens.

27

aa) Der erkennende Senat hat zunächst Zweifel, ob die im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung begründete Einrede der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners für die Zeit nach Beendigung des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens noch Bestand haben kann, nachdem zum 1. Januar 1999 die InsO in Kraft getreten ist. Denn eine solche Einrede ist in der InsO nicht kodifiziert worden. Dies hätte aber in Anbetracht der weitreichenden Folgen einer solchen Einrede nahegelegen, und zwar umso mehr, als sie im Ergebnis einer in § 301 InsO gerade nicht vorgesehenen Ausdehnung der Wirkung der Restschuldbefreiungen auf Masseverbindlichkeiten gleichkommt.

28

In seinem Teilurteil vom 24. September 2009 in NJW 2010, 69, Rz 12 hat sich der BGH tatsächlich auch nur zu einer Haftungsbeschränkung während des Insolvenzverfahrens geäußert, auch wenn er sich dabei gleichwohl --ohne jede Einschränkung-- auf die frühere BGH-Rechtsprechung bezieht.

29

bb) Doch braucht diese Frage im Hinblick auf die hier streitigen Steuerschulden nicht entschieden zu werden.

30

Der Steuerpflichtige ist als Subjekt der Einkommensteuer (§ 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) grundsätzlich zugleich auch Steuerschuldner (vgl. § 36 Abs. 4 Satz 1 EStG). Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ändert daran nichts. Das öffentlich-rechtliche Steuerschuldverhältnis gegenüber dem Steuerpflichtigen bleibt bestehen (vgl. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 251 AO, Rz 41, m.w.N.; ebenso Uhländer in: Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 11. Aufl. 2015, S. 645 f.).

31

Die Einkommensteuerschuld des Steuerpflichtigen entsteht kraft Gesetzes durch Verwirklichung des maßgeblichen Tatbestands (§ 38 AO), nicht dadurch, dass der Insolvenzverwalter den insolventen Steuerpflichtigen aufgrund seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO zur Zahlung der Steuer verpflichtet. Lediglich mittelbar knüpft die Steuer an die Handlungen des Insolvenzverwalters an, soweit diese zu Einkünften i.S. der §§ 2 ff. EStG führen, die dem Steuerpflichtigen nach den allgemeinen einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen zuzurechnen sind. Daher kann es hinsichtlich der Frage, mit welchem Vermögen der Steuerpflichtige nach Abschluss des Insolvenzverfahrens für die noch bestehenden Steuerschulden einstehen muss, nicht auf die Reichweite der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse des Insolvenzverwalters ankommen.

32

cc) Eine solche Differenzierung legt im Grunde auch schon die Rechtsprechung des BGH nahe. Denn auch der BGH unterscheidet in dem oben genannten Urteil (BGH-Teilurteil in NJW 2010, 69, Rz 19 ff.) zwischen Verbindlichkeiten, die nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 InsO durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters begründet werden, und solchen, die den Schuldner unmittelbar aufgrund gesetzlicher Regelungen treffen.

33

So hat der BGH zwar entschieden, dass der Insolvenzschuldner auch für die Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) nicht mit seinem Privatvermögen haftet. Der Grund hierfür liegt aber nach Auffassung des BGH nicht in der nur beschränkten Verwaltungs- und Verfügungsmacht des Insolvenzverwalters nach § 80 Abs. 1 InsO. Denn die Kosten unterschieden sich --so der BGH-- von den in § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 InsO genannten Verbindlichkeiten schon dadurch, dass sie nicht erst durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters begründet werden. Ihre Grundlage hätten sie vielmehr bereits in der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 58 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes, § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 1 Abs. 1 der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung). Dass der Insolvenzschuldner gleichwohl nicht mit seinem Privatvermögen hafte, beruhe allein darauf, dass die Kosten des Insolvenzverfahrens nach den einschlägigen insolvenzrechtlichen Bestimmungen darauf angelegt seien, allein aus der Masse des insolventen Rechtsträgers beglichen zu werden (BGH-Teilurteil in NJW 2010, 69, Rz 21, m.w.N.). Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 InsO weise das Insolvenzgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen werde, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Nach § 207 Abs. 1 Satz 1 InsO sei das Verfahren einzustellen, wenn sich nach Verfahrenseröffnung herausstelle, dass die Insolvenzmasse nicht ausreiche, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Nach diesen Vorschriften sei also die Deckung der Verfahrenskosten aus der Masse grundsätzlich Voraussetzung für die Durchführung eines Insolvenzverfahrens (s.a. BGH-Beschluss vom 16. Juli 2009 IX ZB 221/08, ZIP 2009, 1591, Rz 9).

34

Entsprechende Regelungen für die Einkommensteuer, denen zufolge die Deckung der als Masseverbindlichkeiten entstehenden Steuerschulden Voraussetzung für die Durchführung eines Insolvenzverfahrens ist, gibt es in der InsO nicht.

35

dd) Es gibt auch im Übrigen keine gesetzlichen Regelungen, nach denen die Steuerschuld auf das ehemals zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des Steuerpflichtigen nach Abschluss des Insolvenzverfahrens beschränkt ist. Auch aus § 201 InsO lässt sich eine solche Beschränkung nicht herleiten.

36

ee) Dass sich eine Einrede der beschränkten Haftung des Insolvenzschuldners nicht auf die hier streitigen Steuerschulden erstrecken kann, erscheint auch insoweit sachgerecht und konsequent, als die BGH-Rechtsprechung den Begriff "Rechtshandlung" in § 61 InsO eng auslegt mit der Folge, dass ein Insolvenzverwalter, der es unterlässt, Steuern an das Finanzamt abzuführen, die durch die Verwertung von Masse als Masseverbindlichkeiten entstanden sind, hierfür nicht persönlich haftet (BGH-Beschluss in ZIP 2010, 2252, unter Berufung auf BGH-Urteil vom 2. Dezember 2004 IX ZR 142/03, BGHZ 161, 236, ZIP 2005, 131; s.a. Lüke in Kübler/Prütting/Bork, a.a.O., § 61 Rz 4d; MünchKommInsO-Schoppmeyer, a.a.O., § 61 Rz 11).

37

d) Aus dem Umstand, dass sich der IV. Senat des BFH der Rechtsprechung des BGH angeschlossen hat (BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, Rz 27 ff.), ergibt sich nichts anderes.

38

Zwar führt auch der IV. Senat des BFH in seinem Urteil aus, die Rechtsmacht des Verwalters, mit Wirkung für und gegen den Schuldner zu handeln, sei gegenständlich nach § 80 Abs. 1 InsO auf die Insolvenzmasse beschränkt; er könne ausschließlich Masseverbindlichkeiten begründen, nicht hingegen den Schuldner persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen verpflichten (BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, Rz 30). Doch geht es in dem vom IV. Senat des BFH entschiedenen Fall allein um die Frage, ob die Einkommensteuer auf Veräußerungsgewinne, die der Insolvenzverwalter durch Verwertung der zur Insolvenzmasse gehörenden Wirtschaftsgüter erzielt hat, in voller Höhe als sonstige Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu qualifizieren und gegenüber dem Insolvenzverwalter als Bekanntgabeadressat geltend zu machen ist. Dabei beziehen sich die Ausführungen des IV. Senats des BFH --ebenso wie die des BGH-Teilurteils in NJW 2010, 69-- auf ein noch nicht abgeschlossenes Insolvenzverfahren. Zu der Frage, welche Konsequenzen sich aus der Rechtsprechung des BGH in Bezug auf die sog. Nachhaftung des ehemaligen Insolvenzschuldners für die als Masseverbindlichkeiten entstandene Steuerschulden nach Abschluss des Insolvenzverfahrens ergeben, äußert sich der IV. Senat nicht.

39

Das gilt auch für die von der Revision angeführten Entscheidungen des X. Senats des BFH (BFH-Urteil in BFHE 252, 482, BStBl II 2016, 852, und BFH-Beschluss in BFH/NV 2015, 470).

40

5. In Anbetracht dieses Ergebnisses kann dahingestellt bleiben, ob die streitigen Steuerschulden des Klägers aus Einkommensteuer für 2008 --wie vom FG festgestellt-- insgesamt als Masseverbindlichkeiten i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO anzusehen (vgl. dazu im Einzelnen BFH-Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, m.w.N.) oder teilweise --wie vom FA mit der Revision vorgetragen-- dem insolvenzfreien Bereich des Klägers zuzuordnen sind (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 2015 VII R 27/14, BFHE 248, 518, BStBl II 2015, 993; s. allgemein auch Paul in Graf-Schlicker, InsO § 55 Rz 19 ff.; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 251 AO Rz 72). Denn auch dann, wenn bzw. soweit es sich um Masseverbindlichkeiten gehandelt hat, war die Aufrechnung --wie dargelegt-- zulässig.

41

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder die Vollziehung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist (§ 361; § 69 der Finanzgerichtsordnung). Einfuhr- und Ausfuhrabgabenbescheide können außerdem nur vollstreckt werden, soweit die Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung nicht ausgesetzt ist (Artikel 108 Absatz 3 des Zollkodex der Union).

(2) Unberührt bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung sowie § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Die Finanzbehörde ist berechtigt, in den Fällen des § 201 Abs. 2, §§ 257 und 308 Abs. 1 der Insolvenzordnung sowie des § 71 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes gegen den Schuldner im Verwaltungswege zu vollstrecken.

(3) Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt fest.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war alleiniger Anteilseigner und Vorstand der … AG. Wegen Umsatzsteuer und Säumniszuschlägen, die die AG dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) schuldete, nahm das FA den Kläger mit Bescheid vom 28. Februar 2007 in Haftung.

2

In dem über das Vermögen der AG eröffneten Insolvenzverfahren stimmte das FA am 14. Juni 2007 dem inzwischen rechtskräftigen Insolvenzplan zu, wonach die Gläubiger mit einer Quote von 0,5 % ihrer Forderungen befriedigt werden sollten.

3

Einspruch und Klage gegen den Haftungsbescheid blieben bis auf geringfügige Reduzierungen der Haftungssumme erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 905 veröffentlicht.

4

Der Kläger begründet seine Revision damit, dass der Haftungsbescheid angesichts der Zustimmung des FA zum Insolvenzplan gegen Treu und Glauben verstoße. Durch die Inanspruchnahme werde die mit dem Insolvenzplan verfolgte Sanierung des Unternehmens unmöglich gemacht. Denn bei der Insolvenzschuldnerin handele es sich zwar rechtlich um eine AG, tatsächlich aber um ein kleines Einzelunternehmen, das entscheidend von seiner Person abhänge, weil er nicht nur alleiniger Gesellschafter und Vorstand, sondern darüber hinaus als Ingenieur auch die tragende Kraft des Unternehmens sei. Mit seiner Inanspruchnahme werde letztlich vernichtend auf die AG zugegriffen, was durch den Insolvenzplan gerade habe verhindert werden sollen. Der sog. Regresssperre des § 254 Abs. 2 Satz 2 der Insolvenzordnung (InsO) liege der allgemeine Rechtsgedanke zugrunde, dass von der Inanspruchnahme Dritter --hier des Klägers-- keine negativen Auswirkungen auf Durchführung und Verwirklichung des Insolvenzplans ausgehen solle. Damit, aber auch mit der Zustimmung des FA zum Insolvenzplan, sei in der besonderen Gestaltung des Falles die Inanspruchnahme des Alleingesellschafters unvereinbar - ein krasser Fall des venire contra factum proprium.

5

Der Kläger beantragt, das FG-Urteil und die Verwaltungsentscheidungen aufzuheben.

6

Das FA schließt sich dem FG-Urteil an und beantragt, die Revision zurückzuweisen. Der insolvenzrechtlich begründete Teilerlass der planunterworfenen Steuerforderung sei einer auch dem weiteren Gesamtschuldner zugutekommenden Erfüllung der Steuerschuld i.S. des § 44 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) nicht gleichzusetzen. Auch aus § 254 Abs. 2 Satz 1 InsO ergebe sich, dass der Insolvenzplan keinen Einfluss auf die Haftung des Klägers habe.

7

Ergänzend betont das FA, der Kläger müsse sich an der von ihm gewählten Rechtsform für das Unternehmen festhalten lassen. Es habe sich mit seiner Zustimmung zum Insolvenzplan für die AG nicht zugleich verpflichtet, auf den Haftungsanspruch gegen den Kläger zu verzichten. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen, da im Verhältnis zum Haftungsschuldner kein Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei. Im Übrigen sei eine Privilegierung des Haftungsschuldners bei verschuldensabhängiger Haftung --wie im Streitfall nach §§ 69, 34 AO-- dem Gesetz fremd.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

9

Das Urteil des FG entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).

10

1. Es ist nicht streitig und auch nicht zweifelhaft, dass der Kläger die Haftungsvoraussetzungen der §§ 69, 34 AO dem Grunde und der Höhe nach erfüllt.

11

2. Entgegen der Auffassung des Klägers steht seiner Inanspruchnahme als Haftungsschuldner auch nicht entgegen, dass das FA dem Insolvenzplan für die AG zugestimmt hat.

12

a) Nach § 254 Abs. 1 InsO treten mit Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen für und gegen alle Beteiligten ein. Im Streitfall sollen die Gläubiger mit einer Quote von 0,5 % befriedigt werden. Der damit vereinbarte Erlass von 99,5 % der Forderung des FA wirkt nur zwischen den Planbeteiligten. Ausdrücklich bestimmt § 254 Abs. 2 Satz 1 InsO, dass die Rechte der Insolvenzgläubiger gegen Mitschuldner durch den Plan nicht berührt werden. Das entspricht der früheren Rechtslage nach § 82 Abs. 2 der Vergleichsordnung und § 193 Satz 2 der Konkursordnung (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 19. Mai 2011 IX ZR 222/08, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2011, 1380).

13

b) Die mit dem Insolvenzplan bewirkte (teilweise) Befreiung der Schuldnerin von ihrer Steuerschuld führt nicht zu einem Erlöschen der Steuerforderung i.S. des § 47 AO (BGH-Urteil in HFR 2011, 1380). Sie berührt nicht den Bestand der Forderungen als solchen, sondern nur deren Durchsetzbarkeit. Sie ist kein "Erlass" und steht deshalb der Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners nicht nach § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AO entgegen. Denn diese Vorschrift will verhindern, dass ein dem Steuerschuldner gewährter Erlass dadurch wirtschaftlich zunichte gemacht wird, dass der an seiner Stelle in Anspruch genommene Haftungsschuldner bei jenem Regress nimmt. Diese Gefahr besteht im Allgemeinen nicht, wenn über das Vermögen des Steuerschuldners ein Insolvenzverfahren anhängig ist oder gewesen ist.

14

c) Entgegen der Auffassung des Klägers gebieten auch die von ihm hervorgehobenen "Besonderheiten des Sachverhalts" nicht, ihn von der Haftung für die Steuer- und Abgabenschulden der AG freizustellen.

15

aa) Aus dem Gebot der Einheit der Rechtsordnung kann der Kläger nicht ableiten, dass das FA von seiner Haftungsinanspruchnahme absehen müsse, wenn es mit der Zustimmung zum Insolvenzplan dem mit dieser insolvenzrechtlichen Gestaltungsmöglichkeit verfolgten Ziel der Unternehmenssanierung Rechnung trägt. Einen eine Auflösung gebietenden Wertungswiderspruch zwischen dem die Insolvenzordnung prägenden Schuldnerschutz und den Haftungsvorschriften der Abgabenordnung gibt es nicht. Denn die Insolvenzordnung beschränkt --wie oben schon dargestellt-- die Rechtswirkungen des Insolvenzplans ausdrücklich auf die Planbeteiligten und lässt die anderweitig geregelte Inanspruchnahme der Mitschuldner --zu denen die Haftungsschuldner zählen-- ausdrücklich unberührt (§ 254 Abs. 2 Satz 1 InsO). Wie aus der sog. Regresssperre des § 254 Abs. 2 Satz 2 InsO, die ausdrücklich den Schuldner schützt, ein allgemeiner Rechtsgedanke abzuleiten sein könnte, jedwede Inanspruchnahme Dritter sei zu unterlassen, die negative Auswirkungen auf die Durchführung des Insolvenzplans haben könnte, erschließt sich dem Senat nicht.

16

bb) Auch mit einem auf den Grundsatz von Treu und Glauben gestützten Anspruch auf Schutz seines Vertrauens in den im Insolvenzplan vereinbarten Teilerlass des FA kann der Kläger die Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheids nicht begründen. Abgesehen von den vom FA und FG dagegen vorgebrachten Argumenten ist ein solches Vertrauen bei einem wegen schuldhafter Verletzung seiner steuerlichen Pflichten als gesetzlicher Vertreter nach §§ 69, 34 AO Haftenden angesichts der eindeutigen Rechtslage (§ 254 Abs. 2 Satz 1 InsO) grundsätzlich nicht schützenswert.

17

cc) Besonderheiten des Einzelfalles sind regelmäßig im Rahmen der vom FA zu treffenden Ermessensentscheidung über die Haftungsinanspruchnahme gemäß § 191 Abs. 1 AO --ggf. noch in der Einspruchsentscheidung-- zu berücksichtigen. Die gerichtliche Prüfung dieser Ermessensentscheidung ist gemäß § 102 Satz 1 FGO darauf beschränkt, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.

18

In Rechtsprechung und Schrifttum ist anerkannt, dass die Ermessensentscheidung fehlerhaft ist, wenn die Behörde bei ihrer Entscheidung Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art, die nach Sinn und Zweck der Ermessensvorschrift zu berücksichtigen wären, außer Acht lässt. Merkmale des Haftungstatbestandes ebenso wie außertatbestandliche Gesichtspunkte müssen demnach bei der Ermessensentscheidung nach § 191 Abs. 1 AO nur dann berücksichtigt werden, wenn sie nach Sinn und Zweck der Ermessensvorschrift für die Ermessensausübung von Bedeutung sind (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 1996 VII R 53/96, BFH/NV 1997, 386, m.w.N.).

19

Unter Beachtung dieser Grundsätze hat das FG die Entscheidung des FA nicht beanstandet, obwohl dieses den vom Kläger behaupteten negativen Auswirkungen der Haftungsinanspruchnahme auf die Sanierung der AG keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat. Der Senat kann offenlassen, inwieweit solche Auswirkungen bei der Entscheidung über die verschuldensabhängige Haftung nach §§ 69, 34 AO überhaupt beachtlich sein können. Denn weder dem Vorbringen des Klägers noch den Feststellungen des FG ist zu entnehmen, dass das FA die vom Kläger hervorgehobenen besonderen Umstände des Sachverhalts --dass der Kläger faktisch ein Einzelunternehmen geführt habe und seine Haftungsinanspruchnahme deshalb die mit dem Insolvenzplan beabsichtigte Sanierung der AG vereitele-- nicht erkannt hat. Aus den Erwägungen des FA wird vielmehr deutlich, dass ihm die faktischen Auswirkungen der Inanspruchnahme des Klägers auf die Sanierung der AG sehr wohl bewusst waren. Auch hat der Senat keine Zweifel, dass die Entscheidung, gleichwohl an der Haftungsinanspruchnahme festzuhalten, nicht als venire contra factum proprium zu beanstanden ist, sondern auf sachgerechten und plausiblen Erwägungen beruht. Wie sich aus der Einspruchsentscheidung und ergänzend dem Beklagtenvorbringen vor dem FG sinngemäß entnehmen lässt, argumentiert das FA zutreffend, dass es allein in der Gestaltungsfreiheit des Klägers gelegen habe, sein Unternehmen als AG und damit als eigenständige Rechtsperson --auch hinsichtlich der Rechtswirkungen eines Insolvenzplans-- zu führen. Der Kläger kann nicht einerseits den Vorteil der sich aus der Rechtsform der AG ergebenden Haftungsbeschränkung in Anspruch nehmen, gleichwohl andererseits insolvenzrechtlich wie der persönlich haftende Gesellschafter einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit (§ 227 Abs. 2 InsO) von der Schuldbefreiung seiner Gesellschaft durch den Insolvenzplan profitieren wollen. Ein korrekturbedürftiger Ermessensfehler des FA ist darin nicht zu erkennen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 10. April 2013  3 K 2990/10 aufgehoben und der Abrechnungsbescheid des Finanzamts vom 11. August 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. August 2010 dahin geändert, dass der Klägerin ein Erstattungsbetrag gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung in Höhe von 18.146,31 € zusteht.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat das Finanzamt zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Vater der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war Kommanditist eines geschlossenen Immobilienfonds und erzielte hierdurch Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er verstarb am 17. November 2002. Zuvor hatte er aufgrund von Verlustzuweisungen ein negatives Kapitalkonto aufgebaut.

2

Auf Antrag der Erben, zu denen auch die Klägerin gehört, ordnete das Nachlassgericht mit Beschluss vom 16. Januar 2003 die Nachlassverwaltung an und bestellte einen Nachlassverwalter. Der Nachlassverwalter kündigte die Kommanditbeteiligung am 15. Februar 2003 zum 31. Dezember 2004, dem frühestmöglichen Zeitpunkt. Dem Nachlass flossen durch die Kündigung keine Mittel zu. Der Fonds setzte seine Forderungen auf Rückzahlung von Ausschüttungen nicht durch, da das Nachlassvermögen nach Abzug der Kosten für die Nachlassverwaltung 0 € betrug.

3

Das für den Fonds zuständige Finanzamt ermittelte in dem bestandskräftigen Gewinnfeststellungsbescheid für das Jahr 2004 einen anteiligen Veräußerungsgewinn der Klägerin in Höhe von 35.710,60 €, der aus der Auflösung des negativen Kapitalkontos stammt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Einkommensteuer für das Jahr 2004 gegenüber der Klägerin unter nachträglicher Berücksichtigung dieses Veräußerungsgewinns fest. Der Bescheid ist bestandskräftig und führte zu einer Einkommensteuernachzahlung einschließlich Solidaritätszuschlag und Zinsen in Höhe von 18.146,31 €.

4

Nachdem die Klägerin mit ihrem Hinweis auf die beschränkte Erbenhaftung gemäß § 1975 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) keinen Erfolg hatte, zahlte sie die auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuerbeträge, um weitere Vollstreckungsmaßnahmen zu vermeiden. Einspruch und Klage gegen den Abrechnungsbescheid des FA vom 11. August 2009, der hinsichtlich der auf den Veräußerungsgewinn gezahlten Steuerbeträge keinen Erstattungsanspruch der Klägerin auswies, blieben erfolglos.

5

Das Finanzgericht (FG) urteilte, der Klägerin stehe der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zu, da sie sich trotz der Nachlassverwaltung nicht auf die dauernde Einrede der beschränkten Erbenhaftung berufen könne. Auch diejenigen Steuerbeträge, die auf den Veräußerungsgewinn entfielen, seien keine Nachlassverbindlichkeiten i.S. des § 45 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. §§ 1975, 1967 Abs. 2 BGB (Erblasser- oder Erbfallschulden), sondern Eigenschulden der Erben. Trotz Anordnung der Nachlassverwaltung verwirklichten die Erben selbst den Tatbestand der Einkünfteerzielung. Auch unter Berücksichtigung des Senatsurteils vom 11. August 1998 VII R 118/95 (BFHE 186, 328, BStBl II 1998, 705) komme im Streitfall keine Ausnahme in Betracht. Denn das Kündigungsrecht habe allein den Miterben zugestanden, die sich die Kündigung durch den Nachlassverwalter, d.h. die Rechtshandlung, die den steuerpflichtigen Gewinn ausgelöst habe, materiell zurechnen lassen müssten. Im Übrigen führe auch eine Qualifizierung als sog. Nachlasserbenschuld zu keinem günstigeren Ergebnis. Denn für eine solche Schuld hafte sowohl der Nachlass als auch das Eigenvermögen der Erben (doppelter Haftungsgrund). Die streitigen Rechtsfolgen hätten nur durch eine Ausschlagung der Erbschaft nach §§ 1942 ff. BGB vermieden werden können. Die Gründe sind in Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 1357 veröffentlicht.

6

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, sie sei zwar Steuerschuldnerin geworden, könne sich aber hinsichtlich der streitigen Beträge auf die dauerhafte Einrede einer beschränkten Erbenhaftung gemäß § 1975 BGB berufen. Dies führe zu einem Erstattungsanspruch gemäß § 37 AO.

7

Die auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuerbeträge seien als Nachlassverbindlichkeit i.S. des § 1975 BGB einzuordnen. Der wesentliche Entstehungstatbestand liege in der Sphäre des Erblassers, der die Verlustzuweisungen, die zu dem negativen Kapitalkonto geführt hätten, genutzt und anschließend bewusst entschieden habe, die Beteiligung weiter zu halten und die Besteuerung hinauszuschieben. Die spätere Kündigung sei lediglich als formaler Akt anzusehen, auf den sie, die Klägerin, aufgrund der Nachlassverwaltung keinen Einfluss gehabt habe. Deshalb sei sie auch nicht als Mitunternehmerin anzusehen. Im Übrigen sei sie zum Zeitpunkt der Veräußerung noch nicht im Handelsregister eingetragen gewesen und habe aus der völlig wertlosen Beteiligung keinerlei Vorteile gezogen.

8

Darüber hinaus könne sie nicht auf die Möglichkeit der Ausschlagung der Erbschaft verwiesen werden. Die Ausschlagung sei nur binnen einer Frist von sechs Wochen möglich. Mit § 1975 BGB habe der Gesetzgeber dagegen einen ausgewogenen und gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der Erben sowie den Interessen der Eigengläubiger der Erben und der Nachlassgläubiger geschaffen. Diese Vorschrift habe nicht dazu führen sollen, dass der Fiskus im Vergleich zur Situation ohne Erbfall eine zusätzliche Haftungsgrundlage erhalte. Schließlich widerspreche es der Rechtssicherheit und dem Vertrauensschutz, wenn sie, die Klägerin, sich nicht auf § 1975 BGB berufen könne.

9

Das FA folgt der Begründung des FG und verweist auf seine Ausführungen im Klageverfahren. Die streitigen Steuerschulden seien keine Nachlassverbindlichkeiten i.S. des § 1975 BGB, sondern Nachlasserbenschulden, für welche die Klägerin auch mit ihrem eigenen Vermögen hafte. Die Klägerin könne sich nicht auf hypothetische Geschehensabläufe (Ausschlagung der Erbschaft oder Verkauf der Beteiligung durch den Erblasser) berufen. Maßgebend sei allein der tatsächliche Geschehensablauf.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des FG wird aufgehoben und der Abrechnungsbescheid vom 11. August 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. August 2010 dahin geändert, dass der Klägerin ein Erstattungsbetrag gemäß § 37 Abs. 2 AO in Höhe von 18.146,31 € zusteht (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

11

Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Soweit das FA einen Erstattungsanspruch in Höhe von 18.146,31 € abgelehnt hat, ist der angefochtene Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO) rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der Abrechnungsbescheid war entsprechend zu ändern (§ 100 Abs. 2 Satz 1 FGO).

12

1. Das FG ist für die streitigen Steuerbeträge, die durch den Veräußerungsgewinn i.S. des § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG) infolge der Kündigung der Kommanditbeteiligung ausgelöst worden sind, zutreffend von einer eigenen Steuerschuld der Klägerin ausgegangen.

13

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (vgl. Senatsurteil in BFHE 186, 328, BStBl II 1998, 705, m.w.N.) sind einkommensteuerrechtliche Ansprüche des Finanzamts, die infolge der Veräußerung eines zum Nachlass des Erblassers gehörenden Gegenstands entstehen oder aus Erträgen des Nachlassvermögens resultieren, gegen den Erben und nicht gegen den Nachlass zu richten. Nach dem Tod des Erblassers verwirklichen allein die Erben den Tatbestand der Einkünfteerzielung. Der Nachlass ist weder Einkommensteuer- noch Körperschaftsteuersubjekt. Dies gilt trotz der Verwaltungs- und Verfügungsbeschränkung gemäß § 1984 Abs. 1 BGB auch im Fall der Anordnung einer Nachlassverwaltung (vgl. auch Musil in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 2 EStG Rz 340 "Nachlassverwalter"; Reiß in Kirchhof, EStG, 14. Aufl. 2015, § 15 Rz 154).

14

Im Übrigen sind im Streitfall sowohl der Gewinnfeststellungsbescheid als auch die Steuerbescheide für das Jahr 2004 bestandskräftig.

15

2. Macht ein Erbe gegenüber einer solchen Steuerschuld im Erhebungsverfahren geltend, sie sei wegen der Anordnung einer Nachlassverwaltung gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 AO i.V.m. § 1975 BGB nur aus dem Nachlass zu begleichen, kann er nicht nur die gegen ihn gerichteten Vollstreckungsakte angreifen (so die Verfahrenskonstellation im Senatsurteil in BFHE 186, 328, BStBl II 1998, 705), sondern auch --wie im Streitfall-- die Steuerschuld (unter Protest) begleichen und anschließend einen Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO geltend machen. Das FG hat insofern zutreffend festgestellt, dass im Fall der Geltendmachung der dauerhaften Einrede des § 1975 BGB die Steuer ohne rechtlichen Grund i.S. des § 37 Abs. 2 AO gezahlt wird (vgl. bereits Senatsurteil vom 28. April 1992 VII R 33/91, BFHE 168, 206, BStBl II 1992, 781, das hierzu aber noch keine abschließende Aussage getroffen hat). Über den Erstattungsanspruch ist durch Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO) zu entscheiden.

16

Einwendungen, die sich gegen die Steuerfestsetzung selbst richten, können im Erhebungsverfahren allerdings nicht mehr vorgebracht werden (Senatsurteil in BFHE 168, 206, BStBl II 1992, 781). Hierzu zählt insbesondere der Einwand der Klägerin, sie sei wegen der Nachlassverwaltung nicht als Mitunternehmerin i.S. des § 16 EStG anzusehen.

17

3. Entgegen der Auffassung des FG liegen im Streitfall die Voraussetzungen einer dauerhaften Einrede gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 AO i.V.m. § 1975 BGB vor, so dass der Klägerin der geltend gemachte Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO zusteht.

18

a) Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 AO haben Erben für die aus dem Nachlass zu entrichtenden Schulden nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten einzustehen. Dies ist als Rechtsgrundverweisung auf die zivilrechtlichen Vorschriften zu verstehen, die trotz des Wortlauts "aus dem Nachlass zu entrichtende Schulden" auch dann gilt, wenn der Erbe die Steuer selbst schuldet.

19

b) Der Senat weicht insofern von seiner Rechtsprechung in BFHE 168, 206, BStBl II 1992, 781 ab, die auch im Fall einer Nachlassverwaltung allenfalls von einer Nachlasserbenschuld, d.h. einer Doppelstellung als Nachlassverbindlichkeit und als Eigenschuld des Erben, ausgegangen ist und hierfür maßgeblich darauf abgestellt hat, dass nach dem Tod des Erblassers allein der Erbe den einkommensteuerlichen Tatbestand der Einkünfteerzielung verwirklicht (so weiterhin Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 45 AO Rz 27).

20

Die hieran geäußerte Kritik hat der Senat bereits in seinem Urteil in BFHE 186, 328, BStBl II 1998, 705 aufgegriffen und statt der zwangsläufigen Anknüpfung an das steuerrechtliche Eigenschuldkonzept eine erbrechtliche Beurteilung nach materiellen Zurechnungsgesichtspunkten in Erwägung gezogen. Letztlich musste der Senat in jenem Fall aber keine abschließende Entscheidung treffen, da nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt weder die Erben noch der Nachlassverwalter Einfluss auf die Entstehung der Einkommensteuerschuld hatten. Vielmehr waren allein die Handlungen des Erblassers ursächlich. Diese besonderen Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

21

Nach geänderter Auffassung des Senats kommt es für die Anwendung des § 45 Abs. 2 Satz 1 AO i.V.m. § 1975 BGB allein darauf an, ob zivilrechtlich eine Nachlassverbindlichkeit vorliegt (so auch Koenig in Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 45 Rz 21). Dass der Nachlass als solcher weder Einkommensteuer- noch Körperschaftsteuersubjekt ist, sondern allein der Erbe den steuerrechtlichen Tatbestand der Einkünfteerzielung verwirklichen kann, führt nicht zur Ablehnung einer Nachlassverbindlichkeit. Aus § 45 Abs. 2 Satz 1 AO ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Besserstellung des Fiskus. Vielmehr folgt aus dieser Vorschrift, dass die für den Erben in § 1975 BGB geregelten Schutzmöglichkeiten in vollem Umfang auch gegenüber dem Fiskus gelten müssen. Danach haften Erben zwar auch für Nachlassverbindlichkeiten grundsätzlich unbeschränkt (§ 1967 Abs. 1 BGB). Im Fall der Anordnung der Nachlassverwaltung (Nachlasspflegschaft zum Zweck der Befriedigung der Nachlassgläubiger) ist ihre Haftung für Nachlassverbindlichkeiten allerdings auf den Nachlass beschränkbar (§ 1975 BGB).

22

c) Als Nachlassverbindlichkeit sind gemäß § 1967 Abs. 2 BGB nicht nur die vom Erblasser herrührenden Schulden (Erblasserschulden), sondern auch die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten (Erbfallschulden) anzusehen. Im Streitfall fallen die auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuerbeträge unter die Fallgruppe der Erbfallschulden.

23

Zu den Erbfallschulden gehören zivilrechtlich nicht nur die ausdrücklich in § 1967 Abs. 2 BGB genannten Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen, sondern u.a. auch diejenigen Verbindlichkeiten, die zwar nicht mit dem Erbfall, aber infolge des Erbfalls entstehen. Diese Untergruppe kann als Nachlasskosten- bzw. Nachlassverwaltungsschulden bezeichnet werden (MünchKommBGB/Küpper, 7. Aufl., § 1967 Rz 10a). Sie erfasst unter anderem die durch die Tätigkeit eines Nachlassverwalters verursachten Verbindlichkeiten. Nachlasserbenschulden, die sowohl als Nachlassverbindlichkeit als auch als Eigenschuld des Erben anzusehen sind, setzen dagegen eine eigenhändige Verwaltung des Nachlasses durch den Erben voraus (Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 5. Juli 2013 V ZR 81/12, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2013, 3446; (MünchKommBGB/Küpper, 7. Aufl., § 1967 Rz 12 und 21, jeweils m.w.N.; abweichend noch BGH-Urteil vom 4. November 2011 V ZR 82/11, NJW 2012, 316, wonach es im Fall einer Testamentsvollstreckung zu Nachlasserbenschulden kommt).

24

Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hat im Streitfall der Nachlassverwalter die Kommanditbeteiligung gekündigt und damit die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Einkommensteuerschuld ausgelöst. Unabhängig davon, ob er dazu trotz der grundsätzlichen Einschränkung der Verwaltungsbefugnis im Rahmen der Beteiligung an Personengesellschaften (BGH-Urteil vom 30. März 1967 II ZR 102/65, BGHZ 47, 293) gemäß § 1985 BGB i.V.m. einer analogen Anwendung des § 725 BGB befugt war (vgl. hierzu Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. November 1992  15 W 129/92, Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen 1993, 147; (MünchKommBGB/Küpper, 7. Aufl., § 1985 Rz 6; Marotzke in Staudinger, § 1985 BGB Rz 21, jeweils m.w.N.), kommt somit keine Nachlasserbenschuld in Betracht. Die durch den Nachlassverwalter ausgesprochene Kündigung führt vielmehr zu einer Erbfallschuld in Form einer Nachlassverwaltungsschuld. Für diese (reine) Nachlassverbindlichkeit kann sich die Klägerin auf die Beschränkung der Erbenhaftung gemäß § 1975 BGB berufen.

25

d) Die geänderte Auffassung des Senats deckt sich mit der Rechtsprechung des X. Senats, der im Fall der Testamentsvollstreckung ebenfalls von einer Erbfallschuld ausgeht (allerdings nur bezogen auf § 24 Nr. 2 EStG, vgl. BFH-Urteil vom 24. Januar 1996 X R 14/94, BFHE 179, 406, BStBl II 1996, 287). Eine Abweichung von dem Urteil des II. Senats vom 4. Juli 2012 II R 15/11 (BFHE 238, 233, BStBl II 2012, 790) liegt nicht vor, da es dort um die Auslegung des § 10 Abs. 5 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes ging und darüber hinaus keine Nachlassverwaltung angeordnet war.

26

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) In den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, ist die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.

(2) Gegenstand der Anfechtungsklage nach einem Vorverfahren ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat.

Tenor

Der Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 20. November 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Juni 2010 wird dahin geändert, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit Ausnahme der Steuererstattungszinsen gemäß § 233a der Abgabenordnung zu den Umsatzsteuerfestsetzungen für 1999 bis 2002 (35.522 Euro) als außerordentliche Einkünfte i. S. von § 34 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung besteuert werden. Die danach festzusetzende Steuer ist gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung vom Beklagten zu ermitteln. Das Leistungsgebot wird aufgehoben. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 75 % und der Beklagte zu 25 %.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.


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(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.