Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Juli 2015 - 1 K 772/15

bei uns veröffentlicht am15.07.2015

Tenor

Der Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 4. September 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Januar 2010 wird aufgehoben.

Die Umsatzsteuerbescheide 2007 und 2008 vom 7. Dezember 2010, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Januar 2010, werden dahin abgeändert, dass die Bemessungsgrundlage der Umsätze zum ermäßigten Steuersatz (7 %)

für 2007 in Höhe von 1.487.012 EUR und

für 2008 in Höhe von 1.359.775 EUR,

sowie die Bemessungsgrundlage der Umsätze zum Regelsteuersatz (19 %)

für 2007 in Höhe von 43.055 EUR und

für 2008 in Höhe von 391.675 EUR anzusetzen sind.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Streitig ist, ob mit Taxen durchgeführte Krankenfahrten dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.
Die Klägerin führt im Auftrag von Krankenkassen durch Taxi- und Mietwagenunternehmen Krankenfahrten mit hierfür nicht besonders eingerichteten Fahrzeugen durch. Sie hat mit verschiedenen Krankenkassen am 1. Juni 2006 einen Rahmenvertrag über die Durchführung und Vergütung von Krankenfahrten gemäß §§ 60, 133 des Fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V) geschlossen. Darin hat sich die Klägerin verpflichtet, die Krankenfahrten zeit-, sach- und verkehrsgerecht zu disponieren und von den ihr angeschlossenen Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen durchführen zu lassen (vgl. § 4 Abs. 1 des Rahmenvertrages). Zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten gegenüber den Krankenversicherungen hat die Klägerin mit verschiedenen Taxi- und Mietwagenunternehmen Kooperationsverträge über die Vergabe, Durchführung und Vergütung von Krankenfahrten geschlossen. Nach § 3 Abs. 1 des Kooperationsvertrages ist die Klägerin verpflichtet, die ihr erteilten Aufträge zur Durchführung von Krankenfahrten zu erfassen, planen, koordinieren und anschließend an die Kooperationspartner zu vergeben. Die beauftragen Krankenfahrten dürfen nur von Personen durchgeführt werden, die im Besitz einer gültigen Konzession nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) sind und die Zulassung einer Krankenkasse oder Krankenkassenverbandes besitzen (§ 1 des Rahmenvertrages). Die Klägerin selbst besaß in den Streitjahren keine Konzession nach dem Personenbeförderungsgesetz.
Die jeweiligen Taxi- und Mietwagenunternehmen rechneten die Krankenfahrten mit der Klägerin nach Maßgabe der vereinbarten Entgelte ab (Preisvereinbarung zwischen dem Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen und der Klägerin, Anlage 2 des Kooperationsvertrages). Die Taxiunternehmer wiesen für ihre gegenüber der Klägerin abgerechneten Leistungen den ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Umsatzsteuergesetz (UStG) aus. Soweit im Streitjahr 2008 erstmals auch Mietwagenunternehmer die Krankenfahrten durchgeführt hatten, wurden die Umsätze dem Regelsteuersatz unterworfen.
Die Klägerin rechnete die Krankenfahrten mit den Krankenkassen ab, mit denen eine vom Kooperationsvertrag abweichende Vergütungsvereinbarung bestand, nach der in den Beförderungsentgelten die aktuelle gesetzliche Umsatzsteuer enthalten ist (vgl. § 2 Satz 5 der Vergütungsvereinbarung zwischen der Klägerin und den Krankenkassen, Anlage 1 des Rahmenvertrages). Die streitigen Abrechnungen der Klägerin gegenüber den Krankenkassen wiesen den ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG aus, soweit sie auf Taxiunternehmen entfielen. Bei Auszahlung der von den Taxi- und Mietwagenunternehmen in Rechnung gestellten Beförderungsentgelte behielt die Klägerin eine Abrechnungsprovision von 2,8% der Bruttoabrechnungssumme zuzüglich 19% Umsatzsteuer ein (§ 1 Nr. 4 der Preisvereinbarung zwischen dem Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen und der Klägerin). Die dem Regelsteuersatz unterworfenen Umsätze sind nicht streitig.
In ihren Umsatzsteuererklärungen teilte die Klägerin die Umsätze wie folgt auf:
Umsatzerlöse netto (Steuersatz)
2006   
2007   
2008   
Beförderungen mit Taxen (7%)
220.099,00
1.487.012,00
1.359.775,00
Beförderungen mit Mietwagen (16 % im Jahr 2006, danach 19 %)
0,00
0,00
253.317,00
Abrechnungsprovisionen (19 %) und sonstige Umsätze (19%)
7.369,00
43.055,00
138.358,00
Eine für den Besteuerungszeitraum 2006 und die Voranmeldungszeiträume Januar bis Dezember 2007 durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat die Auffassung, dass die von Taxiunternehmen erbrachten und von der Klägerin an die Krankenkassen weiterberechneten Umsätze dem vollen Steuersatz unterlägen, weil es sich dabei nicht um Fahrten im Taxiverkehr i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG handeln würde. Zum einen deshalb, weil die Klägerin weder über eine Konzession für die Personenbeförderung verfüge noch eigene Fahrzeuge besitze und zum anderen, weil die Krankenfahrten keine Fahrten im Taxiverkehr seien, die von Taxen an behördlich zugelassenen Stellen („Taxiständen“) durchgeführt würden. Das beklagte Finanzamt (FA) folgte dieser Auffassung und unterwarf sämtliche Umsätze der Klägerin dem vollen Steuersatz.
Gegen den entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 4. September 2008 und den Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid Dezember 2007 vom 15. September 2008 legte die Klägerin Einspruch ein. Nachdem das FA am 8. Januar 2009 auch in den Umsatzsteuervorauszahlungsbescheiden für Januar bis März 2008 sowie für das II. und III. Quartal 2008 die Umsätze der Klägerin dem vollen Steuersatz unterworfen hatte, wurden auch diese Bescheide mit Einspruch angefochten.
Das FA wies die Einsprüche mit Entscheidung vom 11. Januar 2010 als unbegründet zurück. Die gegenüber den Krankenkassen erbrachten Leistungen der Klägern unterlägen nicht der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG, da die Klägerin weder eine Taxikonzession noch eigene Fahrzeuge besitze und deshalb die personengebundenen Voraussetzungen nach § 47 Abs. 1 PBerfG nicht erfüllen könne.
10 
Mit ihrer am 8. Februar 2010 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Anerkennung des ermäßigten Steuersatzes weiter. Entgegen der Rechtsauffassung des FA seien die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG erfüllt, auch wenn die Klägerin keine eigenen Fahrzeuge und keine Verkehrsgenehmigung nach dem PBefG besitze. Die begünstigte Personenbeförderung im Verkehr mit Taxen müsse nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG nicht durch den Steuerpflichtigen selbst durchgeführt werden. Das Gesetz verlange auch nicht, dass der Unternehmer nach § 47 PBefG zur Personenbeförderung berechtigt sein müsse. Die Steuersatzermäßigung diene dem öffentlichen Personennahverkehr als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Hierfür sei nur entscheidungserheblich, dass die Beförderungsleistung tatsächlich mit einem Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs durchgeführt werde und nicht, wer hierüber abrechne.
11 
Im Laufe des Klageverfahrens ergingen zuletzt am 7. Dezember 2010 Umsatzsteuerbescheide für 2007 und 2008.
12 
Die Klägerin beantragt,
        
1.    
den Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 4. September 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Januar 2010 aufzuheben,
        
2.    
die Umsatzsteuerbescheide 2007 und 2008 vom 7. Dezember 2010, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Januar 2010, dahin abzuändern, dass die Bemessungsgrundlage der Umsätze zum ermäßigten Steuersatz (7 %)
                 
für 2007 in Höhe von 1.487.012 EUR und
                 
für 2008 in Höhe von 1.359.775 EUR,
                 
sowie die Bemessungsgrundlage der Umsätze zum Regelsteuersatz (19 %)
                 
für 2007 in Höhe von 43.055 EUR und
                 
für 2008 in Höhe von 391.675 EUR anzusetzen sind, und
        
3.    
die Revision zuzulassen.
13 
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
14 
Es hält an seiner Auffassung fest, dass die Privilegierung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG nur dem Unternehmer zugutekomme, der aufgrund einer Taxikonzession die Beförderung selbst ausführe. Das ergebe sich aus § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG i.V.m. § 47 Abs. 1 PBefG, der den Verkehr mit Taxen als Eigenleistung eines konzessionierten Unternehmers definiere. Die Klägerin könne die begünstigte Beförderungsleistung weder tatsächlich noch rechtlich selbst erbringen, sondern rechne gegenüber den Krankenkassen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung eine von der Beförderungsleistung zu unterscheidende Logistikleistung ab.

Entscheidungsgründe

15 
Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2006 bis 2008 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO). Die von der Klägerin mit Taxen gegenüber den Krankenkassen erbrachten Leistungen unterliegen als einheitliche Beförderungsleistung dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG.
16 
1. Das von der Klägerin ausgeführte Bündel von Leistungen in Gestalt der Koordination, Organisation, Durchführung und Abrechnung der Krankenfahrten stellt einen einheitlichen, von § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG umfassten Umsatz dar. Kern und charakteristisches Merkmal der Gesamtleistung der Klägerin ist die Beförderung von Personen.
17 
a) Zur Beantwortung der Frage, ob mehrere Leistungen steuerrechtlich nur zu einem Umsatz oder zu mehreren eigenständigen Umsätzen führen, gelten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), der sich der Bundesfinanzhof (BFH) angeschlossen hat, folgende Grundsätze (vgl. BFH-Urteil vom 10. Januar 2013 V R 31/10, BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352; BFH-Beschluss vom 28. Oktober 2010 V R 9/10, BFHE 231, 360, BStBl II 2011, 360, m.w.N.): In der Regel ist jeder Umsatz als eigenständige, selbstständige Leistung zu betrachten. Allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb sind die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Unternehmer dem Leistungsempfänger mehrere selbständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn eine oder mehrere Einzelleistungen eine Hauptleistung und die andere Einzelleistung oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebentätigkeiten bilden, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen, wobei eine Leistung als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen ist, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Das Gleiche gilt, wenn der Unternehmer für den Leistungsempfänger zwei oder mehrere Handlungen vornimmt, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
18 
b) Nach diesen Maßstäben ist die Beförderungsleistung der Klägerin die umsatzsteuerlich maßgebliche Hauptleistung, der gegenüber die Organisations- und Abrechnungsleistungen nur Nebenleistungen sind. Das ergibt sich aus den Regelungen des Rahmenvertrages, die von den Vertragsparteien auch tatsächlich so durchgeführt wurden.
19 
Der mit „Gegenstand dieses Vertrages“ überschriebene § 2 des Rahmenvertrages bestimmt in seinem Abs. 1 die Durchführung von Krankenfahrten als die vertragliche Hauptpflicht der Klägerin. § 4 des Rahmenvertrages konkretisiert diese Hauptpflicht in seinem Abs. 1 Satz 1 dahin, dass sich die Klägerin verpflichtet, die Krankenfahrten nach den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zeit-, sach- und verkehrsgerecht zu disponieren und von den ihr angeschlossenen Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen durchführen zu lassen. Die Disposition der Fahrten dient danach nur dem Zweck, die Beförderungsleistung als Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.
20 
Die Qualifizierung der Beförderungsleistung als Hauptleistung ergibt sich auch aus der zwischen den Vertragsparteien getroffenen Preisabrede. Nach § 1 der Vergütungsvereinbarung (Anlage 1 des Rahmenvertrages) werden die von der Klägerin organisierten und durchgeführten Krankenfahrten nach den in § 2 der Vergütungsvereinbarung genannten Beförderungsentgelten vergütet. Die Beförderungsentgelte richten sich neben dem Grundpreis für die Inanspruchnahme des Fahrzeugs und eventuellen Wartezeiten nach einem „Streckentarif je Besetzt-Kilometer“. Das von den Krankenkassen für das Leistungsbündel der Klägerin gezahlte Entgelt wird daher nur an den Kosten der Beförderungsleistung bemessen. Preisvereinbarungen für gegenüber den Krankenkassen erbrachte Nebenleistungen wie Organisation, Koordination und Abrechnung bestehen nicht.
21 
2. Die Klägerin hat sich durch den Rahmenvertrag gegenüber den Krankenkassen zur Beförderung von Versicherten für ein festgelegtes Entgelt verpflichtet. Diese Leistung hat sie in eigenem Namen und auf eigene Rechnung gegenüber den Krankenkassen erbracht und abgerechnet. Die Umsätze der Klägerin sind daher keine bloßen Vermittlungsleistungen, die dem vollen Steuersatz unterliegen (vgl. BFH-Beschluss vom 18. April 2007 V B 157/05, BFH/NV 2007, 1544).
22 
Dass die Klägerin ihre Beförderungspflichten nicht selbst erfüllt, sondern sich hierfür anderer Taxi- und Mietwagenunternehmen als Subunternehmer bedient, ist vertraglich ausdrücklich vorgesehen und ändert nichts an der umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehung zwischen der Klägerin und den Krankenkassen. Die Klägerin hat sich gegenüber den Krankenkassen verpflichtet, Krankenfahrten durchzuführen bzw. durchführen zu lassen (§ 2 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 des Rahmenvertrages). Dabei waren sich die Vertragsparteien einig, dass die Klägerin ihre Beförderungspflicht nicht in eigener Person und durch eigene Fahrzeuge erfüllt, sondern mit Taxi- und Mietwagenunternehmen Kooperationsverträge abschließt, „in deren Rahmen die Verpflichtungen dieses Rahmenvertrages weitergegeben werden“ (§ 1 des Rahmenvertrages). Zwischen den Taxi- und Mietwagenunternehmen und den Krankenkassen bestanden keine Verträge und auch sonst keine umsatzsteuerliche Leistungsbeziehung. Nur die Klägerin war gegenüber den Krankenkassen zur Beförderung verpflichtet und zur Abrechnung berechtigt.
23 
Da die Klägerin gegenüber den Krankenkassen nicht auf fremde Rechnung (der Taxi- und Mietwagenunternehmen), sondern auf eigene Rechnung und auf Grundlage einer eigenständigen Entgeltvereinbarung abgerechnet hat, liegt kein Fall der Dienstleistungskommission vor (§ 3 Abs. 11 UStG). Soweit die Klägerin gegenüber den Taxi- und Mietwagenunternehmen Vermittlungs- und Abrechnungsleistungen erbracht hat, waren auf diese - was unstreitig ist - der volle Steuersatz anzuwenden.
24 
3. Die von der Klägerin mit Taxen durchgeführten Krankenfahrten unterliegen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG. Danach ermäßigt sich der Steuersatz auf 7 Prozent u.a. für die Beförderung von Personen im Verkehr mit Kraftdroschken innerhalb einer Gemeinde oder wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km beträgt. In der Fassung des UStG für die Streitjahre ab 2007 wurde der Begriff der Kraftdroschke in Anpassung an das Personenbeförderungsgesetz durch das Wort Taxen ersetzt.
25 
Die Regelung beruht auf Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 i.V.m. Anhang H Kategorie Nr. 5 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) und auf Art 98 Abs. 1 der in den Streitjahren 2007 und 2008 geltenden Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie in Verbindung mit deren Anhang III Ziffer 5. Danach sind die Mitgliedstaaten ermächtigt, einen ermäßigten Steuersatz auf die "Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks" anzuwenden.
26 
a) Die Klägerin hat Leistungen durch Personenbeförderung ausgeführt, weil sie Personen mit Kraftfahrzeugen als Beförderungsmittel fortbewegt hat (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 1. August 1998 V R 58/94, BFHE 181, 208, BStBl II 1997, 160, m.w.N. zum Begriff Beförderungsleistungen).
27 
b) Bei den streitigen Personenbeförderungsleistungen handelt es sich um steuerbegünstigte Beförderungen „im Verkehr mit Taxen“. Die Krankenversicherten wurden mit Kraftfahrzeugen befördert, für die den jeweiligen Taxiunternehmern die behördliche Genehmigung zum Verkehr mit Taxen nach § 47 PBefG erteilt war. Ein Verkehr mit Taxen liegt auch vor, wenn Krankenfahrten von Taxiunternehmen durchgeführt werden (vgl. BFH-Urteil vom 31. Mai 2007 V R 18/05, BFHE 217, 88, BStBl II 2008, 206). Die Beförderungsstrecke betrug in allen Fällen unstreitig nicht mehr als 50 km.
28 
c) Die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG scheitert nicht daran, dass die Klägerin selbst keine eigenen Fahrzeuge für die Personenbeförderung mit Taxen und keine hierfür notwendige Genehmigung besaß (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. August 2009 1 V 1346/09, EFG 2010, 87; FG Münster, Urteil vom 17. Juni 2014 15 K 3100/09, EFG 2014, 1623; Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. März 2015 1 K 195/11, juris; Klenk in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 12 Rz 502; a. A. Abschnitt 12.13. Abs. 7 Satz 6 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses).
29 
aa) Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG enthält keinen Hinweis auf die Notwendigkeit eines personenbezogenen Merkmals dahin, dass nur der Taxiunternehmer selbst in den Genuss der Steuervergünstigung kommen soll. Der Gesetzgeber knüpft die Steuerermäßigung für die Personenbeförderung an zwei Voraussetzungen: die Beförderungsart (Taxenverkehr) und die Beförderungsstrecke (Nahverkehr oder Beförderungsstrecke von nicht mehr als 50 km). Beide sind objektiv an die Leistung und nicht an den Leistungserbringer anknüpfende Merkmale, die im Streitfall erfüllt sind.
30 
Zwar ist bei der Auslegung zu beachten, dass der Gesetzgeber mit den in § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG verwendeten Begriffen an deren verkehrsrechtliche Bedeutung nach dem Personenbeförderungsgesetz angeknüpft hat (vgl. BFH-Urteil vom 30. Juni 2011 V R 44/10, BStBl II 2011, 1003). Daraus ergibt sich aber nicht, dass die an den Unternehmer im Sinne des Personenbeförderungsrechts zu stellenden Anforderungen auf die Steuervergünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG im Sinne eines persönlichen Merkmals des leistenden Unternehmers zu erstrecken wären. Anders als für die ebenfalls begünstigte Beförderung von Personen „im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen“, mit der § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG für diese in §§ 42, 43 PBefG näher bestimmte Beförderungsart auch deren Genehmigungserfordernis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PBefG in Bezug nimmt, fehlt ein entsprechender Zusatz für den nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 (in Verbindung mit §§ 46 Abs. 2 Nr. 1, 47 PBefG) genehmigungsbedürftigen Verkehr mit Taxen. Das Wort „genehmigt“ beschreibt nach seiner Stellung in § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG allein den „Linienverkehr“ näher, nicht aber den Verkehr mit Taxen. Gleiches gilt für die vorangegangene Fassung des Gesetzes, nach der sich die Steuer (unter anderem) für die Beförderung von Personen „im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen“ und „im Kraftdroschkenverkehr“ ermäßigte (Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. März 2015 1 K 195/11, juris).
31 
Aus dem Personenbeförderungsrecht ergeben sich auch sonst keine die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG einschränkenden Voraussetzungen. Insbesondere kann die Steuerermäßigung nicht versagt werden, weil die Krankenfahrten nicht von einem Taxistand aus angetreten und die Beförderungsaufträge nur am Betriebssitz der Klägerin entgegen genommen wurden. Das ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 2 PBefG, der den Verkehr mit Taxen auf Beförderungsaufträge erweitert, die der Unternehmer während der Fahrt oder am Betriebssitz entgegennimmt. Die zentrale Auftragsannahme der Klägerin entspricht insoweit der einer Taxizentrale. Dass die zentral organisierte Krankenbeförderung eine besondere Ausprägung des Taxenverkehrs ist, ergibt sich des Weiteren aus der Verordnungsermächtigung für Beförderungsentgelte und -bedingungen in § 51 PBefG, nach dessen Abs. 2 Sondervereinbarungen für den Taxenverkehr zulässig sind. Zu den zulässigen Sondervereinbarungen gehören auch Verträge über die Durchführung und Vergütung von Krankenfahrten (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 21. Juli 2009  4 LB 3/08, juris; VG Karlsruhe, Beschluss vom 18. Januar 2012  6 K 3050/11, juris).
32 
bb) Sinn und Zweck des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG legen es ebenfalls nahe, den ermäßigten Steuersatz auch dann anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer zwar nicht selbst über eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz verfügt, die Patienten jedoch auf der Grundlage einer mit einer gesetzlichen Krankenkasse getroffenen Vereinbarung mit Taxen befördert werden und die beauftragten Subunternehmer die erforderliche Genehmigung für den Verkehr mit Taxen besitzen.
33 
Aufgrund des allgemeinen Verbrauchsteuercharakters der Umsatzsteuer werden Steuervergünstigungen grundsätzlich nur im Interesse der Letztverbraucher gewährt. Bei der Auslegung ist daher in erster Linie dem Gedanken Rechnung zu tragen, dass die Preise für den Personennahverkehr durch den ermäßigten Steuersatz verbilligt werden sollen. Aus der Sicht des Letztverbrauchers spielt es keine Rolle, ob die von ihm in Anspruch genommene Beförderungsleistung eines Taxiunternehmers auf einem Direktauftrag beruht oder der Auftrag weiter vermittelt wurde.
34 
cc) Auch aus dem Unionsrecht, das uneingeschränkt die Ermäßigung für (jede) "Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks" erlaubt, ergibt sich kein Anhaltspunkt für einen Ausschluss von Beförderungen, die zwar mit Taxen aber nicht von einem konzessionierten Taxiunternehmer selbst erbracht werden.
35 
Eine selektive Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Personenbeförderungen mit Taxen durch den Inhaber der Genehmigung selbst wäre nur unter der zweifachen Bedingung zulässig, dass damit zum einen für die Zwecke der Anwendung des ermäßigten Satzes konkrete und spezifische Aspekte der in Rede stehenden Kategorie von Leistungen herausgelöst werden und zum anderen der Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird (EuGH-Urteil vom 27. Februar 2014 in den verbundenen Rechtssachen C-454/12 - Pro Med Logistik GmbH - und C-455/12 - Eckard Pongratz -, ABl EU 2014, Nr C 112, 8).
36 
Gemeinschaftsrechtlich ist es daher grundsätzlich zulässig, den ermäßigten Steuersatz auf den Verkehr mit Taxen zu beschränken und den Verkehr mit Mietwagen dem vollen Steuersatz zu unterwerfen, wenn und soweit der Verkehr mit Taxen einem besonderen Rechtsrahmen unterworfen ist, der die selektive Anwendung des ermäßigten Steuersatzes rechtfertigt (BFH-Urteil vom 2. Juli 2014 XI R 39/10, BFH/NV 2014, 2019). Hierzu zählen insbesondere die Beförderungspflicht im Sinne von § 22 PBefG und die festgesetzten Beförderungsentgelte (§ 47 Abs. 4 und 51 Abs. 1 PBefG). Werden allerdings Personenbeförderungsleistungen auf der Grundlage einer für Taxiunternehmen und Mietwagenunternehmen gleichermaßen geltenden Sondervereinbarung mit einer Krankenkasse ausgeführt, sind diese gleich zu besteuern, wenn die Beförderung der Personen mit einem Taxi keinen konkreten und spezifischen Aspekt der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks darstellt und wenn die im Rahmen dieser Vereinbarung durchgeführten Tätigkeiten aus der Sicht des durchschnittlichen Nutzers als gleichartig anzusehen sind (vgl. EuGH-Urteil vom 27. Februar 2014, a.a.O. und BFH-Urteil vom 2. Juli 2014 a.a.O.).
37 
Nach diesen Grundsätzen bestehen aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers zwischen einer durch den Inhaber einer Taxigenehmigung erbrachten Beförderungsleistung und einer Beförderungsleistung mit einem Taxi, die durch einen Unternehmer erbracht wird, der hierfür Subunternehmer einsetzt, keine hinreichenden Unterschiede, die eine unterschiedliche Behandlung gemeinschaftsrechtlich rechtfertigen. In beiden Fällen handelt es sich um die Personenbeförderungsleistung mit einem Taxi, ohne dass konkret und spezifisch auf die Beförderungsleistung bezogene Unterscheidungsmerkmale vorhanden sind. Beide Leistungsvarianten sind für einen Durchschnittsverbraucher gleichartig, weil sie sich qualitativ nicht unterscheiden. Aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers dienen beide der Befriedigung desselben Bedürfnisses. Beide haben die – kostenmäßig von der gesetzlichen Krankenkasse zu tragende (vgl. § 60 SGB V) – Beförderung von Patienten zu medizinischen Einrichtungen zum Gegenstand. Ob die Beförderungsleistung von einem Taxiunternehmer selbst oder von einem Unternehmer ausgeführt wird, der nicht selbst eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzt und die Fahrten mithilfe von Subunternehmern ausführt, macht aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers keinen erheblichen Unterschied, wenn die Krankenfahrten – wie im Streitfall – mit Taxen von Subunternehmern ausgeführt werden, die eine entsprechende Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzen, die Abrechnung dieser Fahrten auf der Grundlage einer mit einer gesetzlichen Krankenkasse getroffenen Vereinbarung beruht und daher den einschränkenden Regelungen der §§ 71, 133 SGB V unterworfen ist. Die Klägerin hatte für ihre mit Taxen von Subunternehmern erbrachten Personenbeförderungsleistungen auch sämtliche für den Verkehr mit Taxen bestehenden Regelungen zu erfüllen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 des Rahmenvertrages ist die Klägerin dafür verantwortlich, dass die ihr angeschlossenen Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen die rechtlichen Bestimmungen, insbesondere nach dem Personenbeförderungsgesetz, einhalten. In Bezug auf die Personenbeförderungsleistung bestehen daher keine anderen rechtlichen Rahmenbedingungen, wenn ein weiterer Unternehmer in der Leistungskette dazwischengeschaltet wird.
38 
4. Soweit das FA die von der Klägerin mit Taxen erbrachten Beförderungsleistungen dem vollen statt dem ermäßigten Steuersatz unterworfen hat, sind die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2006 bis 2008 rechtswidrig. Für das Streitjahr 2006 ist die Umsatzsteuer wie von der Klägerin erklärt festzusetzen und der hiervon abweichende Umsatzsteuerbescheid 2006 aufzuheben. Für die Streitjahre 2007 und 2008 sind die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide wie im Tenor bezeichnet zu ändern. Die Neuberechnung der festzusetzenden Umsatzsteuer wird nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.
39 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und §§ 709, 711 der Zivilprozessordnung.
40 
6. Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil bisher - soweit ersichtlich - höchstrichterlich nicht entschieden ist, ob gegenüber einer gesetzlichen Krankenkasse abgerechnete Krankentransporte mit Taxen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unterliegen, wenn der leistende Unternehmer selbst keine Genehmigung für den Verkehr mit Taxen besitzt, die Fahrten aber von nach dem Personenbeförderungsgesetz konzessionierten Subunternehmern durchgeführt werden.

Gründe

15 
Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2006 bis 2008 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO). Die von der Klägerin mit Taxen gegenüber den Krankenkassen erbrachten Leistungen unterliegen als einheitliche Beförderungsleistung dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG.
16 
1. Das von der Klägerin ausgeführte Bündel von Leistungen in Gestalt der Koordination, Organisation, Durchführung und Abrechnung der Krankenfahrten stellt einen einheitlichen, von § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG umfassten Umsatz dar. Kern und charakteristisches Merkmal der Gesamtleistung der Klägerin ist die Beförderung von Personen.
17 
a) Zur Beantwortung der Frage, ob mehrere Leistungen steuerrechtlich nur zu einem Umsatz oder zu mehreren eigenständigen Umsätzen führen, gelten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), der sich der Bundesfinanzhof (BFH) angeschlossen hat, folgende Grundsätze (vgl. BFH-Urteil vom 10. Januar 2013 V R 31/10, BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352; BFH-Beschluss vom 28. Oktober 2010 V R 9/10, BFHE 231, 360, BStBl II 2011, 360, m.w.N.): In der Regel ist jeder Umsatz als eigenständige, selbstständige Leistung zu betrachten. Allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb sind die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Unternehmer dem Leistungsempfänger mehrere selbständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn eine oder mehrere Einzelleistungen eine Hauptleistung und die andere Einzelleistung oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebentätigkeiten bilden, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen, wobei eine Leistung als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen ist, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Das Gleiche gilt, wenn der Unternehmer für den Leistungsempfänger zwei oder mehrere Handlungen vornimmt, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
18 
b) Nach diesen Maßstäben ist die Beförderungsleistung der Klägerin die umsatzsteuerlich maßgebliche Hauptleistung, der gegenüber die Organisations- und Abrechnungsleistungen nur Nebenleistungen sind. Das ergibt sich aus den Regelungen des Rahmenvertrages, die von den Vertragsparteien auch tatsächlich so durchgeführt wurden.
19 
Der mit „Gegenstand dieses Vertrages“ überschriebene § 2 des Rahmenvertrages bestimmt in seinem Abs. 1 die Durchführung von Krankenfahrten als die vertragliche Hauptpflicht der Klägerin. § 4 des Rahmenvertrages konkretisiert diese Hauptpflicht in seinem Abs. 1 Satz 1 dahin, dass sich die Klägerin verpflichtet, die Krankenfahrten nach den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zeit-, sach- und verkehrsgerecht zu disponieren und von den ihr angeschlossenen Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen durchführen zu lassen. Die Disposition der Fahrten dient danach nur dem Zweck, die Beförderungsleistung als Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.
20 
Die Qualifizierung der Beförderungsleistung als Hauptleistung ergibt sich auch aus der zwischen den Vertragsparteien getroffenen Preisabrede. Nach § 1 der Vergütungsvereinbarung (Anlage 1 des Rahmenvertrages) werden die von der Klägerin organisierten und durchgeführten Krankenfahrten nach den in § 2 der Vergütungsvereinbarung genannten Beförderungsentgelten vergütet. Die Beförderungsentgelte richten sich neben dem Grundpreis für die Inanspruchnahme des Fahrzeugs und eventuellen Wartezeiten nach einem „Streckentarif je Besetzt-Kilometer“. Das von den Krankenkassen für das Leistungsbündel der Klägerin gezahlte Entgelt wird daher nur an den Kosten der Beförderungsleistung bemessen. Preisvereinbarungen für gegenüber den Krankenkassen erbrachte Nebenleistungen wie Organisation, Koordination und Abrechnung bestehen nicht.
21 
2. Die Klägerin hat sich durch den Rahmenvertrag gegenüber den Krankenkassen zur Beförderung von Versicherten für ein festgelegtes Entgelt verpflichtet. Diese Leistung hat sie in eigenem Namen und auf eigene Rechnung gegenüber den Krankenkassen erbracht und abgerechnet. Die Umsätze der Klägerin sind daher keine bloßen Vermittlungsleistungen, die dem vollen Steuersatz unterliegen (vgl. BFH-Beschluss vom 18. April 2007 V B 157/05, BFH/NV 2007, 1544).
22 
Dass die Klägerin ihre Beförderungspflichten nicht selbst erfüllt, sondern sich hierfür anderer Taxi- und Mietwagenunternehmen als Subunternehmer bedient, ist vertraglich ausdrücklich vorgesehen und ändert nichts an der umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehung zwischen der Klägerin und den Krankenkassen. Die Klägerin hat sich gegenüber den Krankenkassen verpflichtet, Krankenfahrten durchzuführen bzw. durchführen zu lassen (§ 2 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 des Rahmenvertrages). Dabei waren sich die Vertragsparteien einig, dass die Klägerin ihre Beförderungspflicht nicht in eigener Person und durch eigene Fahrzeuge erfüllt, sondern mit Taxi- und Mietwagenunternehmen Kooperationsverträge abschließt, „in deren Rahmen die Verpflichtungen dieses Rahmenvertrages weitergegeben werden“ (§ 1 des Rahmenvertrages). Zwischen den Taxi- und Mietwagenunternehmen und den Krankenkassen bestanden keine Verträge und auch sonst keine umsatzsteuerliche Leistungsbeziehung. Nur die Klägerin war gegenüber den Krankenkassen zur Beförderung verpflichtet und zur Abrechnung berechtigt.
23 
Da die Klägerin gegenüber den Krankenkassen nicht auf fremde Rechnung (der Taxi- und Mietwagenunternehmen), sondern auf eigene Rechnung und auf Grundlage einer eigenständigen Entgeltvereinbarung abgerechnet hat, liegt kein Fall der Dienstleistungskommission vor (§ 3 Abs. 11 UStG). Soweit die Klägerin gegenüber den Taxi- und Mietwagenunternehmen Vermittlungs- und Abrechnungsleistungen erbracht hat, waren auf diese - was unstreitig ist - der volle Steuersatz anzuwenden.
24 
3. Die von der Klägerin mit Taxen durchgeführten Krankenfahrten unterliegen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG. Danach ermäßigt sich der Steuersatz auf 7 Prozent u.a. für die Beförderung von Personen im Verkehr mit Kraftdroschken innerhalb einer Gemeinde oder wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km beträgt. In der Fassung des UStG für die Streitjahre ab 2007 wurde der Begriff der Kraftdroschke in Anpassung an das Personenbeförderungsgesetz durch das Wort Taxen ersetzt.
25 
Die Regelung beruht auf Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 i.V.m. Anhang H Kategorie Nr. 5 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) und auf Art 98 Abs. 1 der in den Streitjahren 2007 und 2008 geltenden Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie in Verbindung mit deren Anhang III Ziffer 5. Danach sind die Mitgliedstaaten ermächtigt, einen ermäßigten Steuersatz auf die "Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks" anzuwenden.
26 
a) Die Klägerin hat Leistungen durch Personenbeförderung ausgeführt, weil sie Personen mit Kraftfahrzeugen als Beförderungsmittel fortbewegt hat (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 1. August 1998 V R 58/94, BFHE 181, 208, BStBl II 1997, 160, m.w.N. zum Begriff Beförderungsleistungen).
27 
b) Bei den streitigen Personenbeförderungsleistungen handelt es sich um steuerbegünstigte Beförderungen „im Verkehr mit Taxen“. Die Krankenversicherten wurden mit Kraftfahrzeugen befördert, für die den jeweiligen Taxiunternehmern die behördliche Genehmigung zum Verkehr mit Taxen nach § 47 PBefG erteilt war. Ein Verkehr mit Taxen liegt auch vor, wenn Krankenfahrten von Taxiunternehmen durchgeführt werden (vgl. BFH-Urteil vom 31. Mai 2007 V R 18/05, BFHE 217, 88, BStBl II 2008, 206). Die Beförderungsstrecke betrug in allen Fällen unstreitig nicht mehr als 50 km.
28 
c) Die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG scheitert nicht daran, dass die Klägerin selbst keine eigenen Fahrzeuge für die Personenbeförderung mit Taxen und keine hierfür notwendige Genehmigung besaß (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. August 2009 1 V 1346/09, EFG 2010, 87; FG Münster, Urteil vom 17. Juni 2014 15 K 3100/09, EFG 2014, 1623; Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. März 2015 1 K 195/11, juris; Klenk in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 12 Rz 502; a. A. Abschnitt 12.13. Abs. 7 Satz 6 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses).
29 
aa) Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG enthält keinen Hinweis auf die Notwendigkeit eines personenbezogenen Merkmals dahin, dass nur der Taxiunternehmer selbst in den Genuss der Steuervergünstigung kommen soll. Der Gesetzgeber knüpft die Steuerermäßigung für die Personenbeförderung an zwei Voraussetzungen: die Beförderungsart (Taxenverkehr) und die Beförderungsstrecke (Nahverkehr oder Beförderungsstrecke von nicht mehr als 50 km). Beide sind objektiv an die Leistung und nicht an den Leistungserbringer anknüpfende Merkmale, die im Streitfall erfüllt sind.
30 
Zwar ist bei der Auslegung zu beachten, dass der Gesetzgeber mit den in § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG verwendeten Begriffen an deren verkehrsrechtliche Bedeutung nach dem Personenbeförderungsgesetz angeknüpft hat (vgl. BFH-Urteil vom 30. Juni 2011 V R 44/10, BStBl II 2011, 1003). Daraus ergibt sich aber nicht, dass die an den Unternehmer im Sinne des Personenbeförderungsrechts zu stellenden Anforderungen auf die Steuervergünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG im Sinne eines persönlichen Merkmals des leistenden Unternehmers zu erstrecken wären. Anders als für die ebenfalls begünstigte Beförderung von Personen „im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen“, mit der § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG für diese in §§ 42, 43 PBefG näher bestimmte Beförderungsart auch deren Genehmigungserfordernis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PBefG in Bezug nimmt, fehlt ein entsprechender Zusatz für den nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 (in Verbindung mit §§ 46 Abs. 2 Nr. 1, 47 PBefG) genehmigungsbedürftigen Verkehr mit Taxen. Das Wort „genehmigt“ beschreibt nach seiner Stellung in § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG allein den „Linienverkehr“ näher, nicht aber den Verkehr mit Taxen. Gleiches gilt für die vorangegangene Fassung des Gesetzes, nach der sich die Steuer (unter anderem) für die Beförderung von Personen „im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen“ und „im Kraftdroschkenverkehr“ ermäßigte (Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. März 2015 1 K 195/11, juris).
31 
Aus dem Personenbeförderungsrecht ergeben sich auch sonst keine die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG einschränkenden Voraussetzungen. Insbesondere kann die Steuerermäßigung nicht versagt werden, weil die Krankenfahrten nicht von einem Taxistand aus angetreten und die Beförderungsaufträge nur am Betriebssitz der Klägerin entgegen genommen wurden. Das ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 2 PBefG, der den Verkehr mit Taxen auf Beförderungsaufträge erweitert, die der Unternehmer während der Fahrt oder am Betriebssitz entgegennimmt. Die zentrale Auftragsannahme der Klägerin entspricht insoweit der einer Taxizentrale. Dass die zentral organisierte Krankenbeförderung eine besondere Ausprägung des Taxenverkehrs ist, ergibt sich des Weiteren aus der Verordnungsermächtigung für Beförderungsentgelte und -bedingungen in § 51 PBefG, nach dessen Abs. 2 Sondervereinbarungen für den Taxenverkehr zulässig sind. Zu den zulässigen Sondervereinbarungen gehören auch Verträge über die Durchführung und Vergütung von Krankenfahrten (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 21. Juli 2009  4 LB 3/08, juris; VG Karlsruhe, Beschluss vom 18. Januar 2012  6 K 3050/11, juris).
32 
bb) Sinn und Zweck des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG legen es ebenfalls nahe, den ermäßigten Steuersatz auch dann anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer zwar nicht selbst über eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz verfügt, die Patienten jedoch auf der Grundlage einer mit einer gesetzlichen Krankenkasse getroffenen Vereinbarung mit Taxen befördert werden und die beauftragten Subunternehmer die erforderliche Genehmigung für den Verkehr mit Taxen besitzen.
33 
Aufgrund des allgemeinen Verbrauchsteuercharakters der Umsatzsteuer werden Steuervergünstigungen grundsätzlich nur im Interesse der Letztverbraucher gewährt. Bei der Auslegung ist daher in erster Linie dem Gedanken Rechnung zu tragen, dass die Preise für den Personennahverkehr durch den ermäßigten Steuersatz verbilligt werden sollen. Aus der Sicht des Letztverbrauchers spielt es keine Rolle, ob die von ihm in Anspruch genommene Beförderungsleistung eines Taxiunternehmers auf einem Direktauftrag beruht oder der Auftrag weiter vermittelt wurde.
34 
cc) Auch aus dem Unionsrecht, das uneingeschränkt die Ermäßigung für (jede) "Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks" erlaubt, ergibt sich kein Anhaltspunkt für einen Ausschluss von Beförderungen, die zwar mit Taxen aber nicht von einem konzessionierten Taxiunternehmer selbst erbracht werden.
35 
Eine selektive Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Personenbeförderungen mit Taxen durch den Inhaber der Genehmigung selbst wäre nur unter der zweifachen Bedingung zulässig, dass damit zum einen für die Zwecke der Anwendung des ermäßigten Satzes konkrete und spezifische Aspekte der in Rede stehenden Kategorie von Leistungen herausgelöst werden und zum anderen der Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird (EuGH-Urteil vom 27. Februar 2014 in den verbundenen Rechtssachen C-454/12 - Pro Med Logistik GmbH - und C-455/12 - Eckard Pongratz -, ABl EU 2014, Nr C 112, 8).
36 
Gemeinschaftsrechtlich ist es daher grundsätzlich zulässig, den ermäßigten Steuersatz auf den Verkehr mit Taxen zu beschränken und den Verkehr mit Mietwagen dem vollen Steuersatz zu unterwerfen, wenn und soweit der Verkehr mit Taxen einem besonderen Rechtsrahmen unterworfen ist, der die selektive Anwendung des ermäßigten Steuersatzes rechtfertigt (BFH-Urteil vom 2. Juli 2014 XI R 39/10, BFH/NV 2014, 2019). Hierzu zählen insbesondere die Beförderungspflicht im Sinne von § 22 PBefG und die festgesetzten Beförderungsentgelte (§ 47 Abs. 4 und 51 Abs. 1 PBefG). Werden allerdings Personenbeförderungsleistungen auf der Grundlage einer für Taxiunternehmen und Mietwagenunternehmen gleichermaßen geltenden Sondervereinbarung mit einer Krankenkasse ausgeführt, sind diese gleich zu besteuern, wenn die Beförderung der Personen mit einem Taxi keinen konkreten und spezifischen Aspekt der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks darstellt und wenn die im Rahmen dieser Vereinbarung durchgeführten Tätigkeiten aus der Sicht des durchschnittlichen Nutzers als gleichartig anzusehen sind (vgl. EuGH-Urteil vom 27. Februar 2014, a.a.O. und BFH-Urteil vom 2. Juli 2014 a.a.O.).
37 
Nach diesen Grundsätzen bestehen aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers zwischen einer durch den Inhaber einer Taxigenehmigung erbrachten Beförderungsleistung und einer Beförderungsleistung mit einem Taxi, die durch einen Unternehmer erbracht wird, der hierfür Subunternehmer einsetzt, keine hinreichenden Unterschiede, die eine unterschiedliche Behandlung gemeinschaftsrechtlich rechtfertigen. In beiden Fällen handelt es sich um die Personenbeförderungsleistung mit einem Taxi, ohne dass konkret und spezifisch auf die Beförderungsleistung bezogene Unterscheidungsmerkmale vorhanden sind. Beide Leistungsvarianten sind für einen Durchschnittsverbraucher gleichartig, weil sie sich qualitativ nicht unterscheiden. Aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers dienen beide der Befriedigung desselben Bedürfnisses. Beide haben die – kostenmäßig von der gesetzlichen Krankenkasse zu tragende (vgl. § 60 SGB V) – Beförderung von Patienten zu medizinischen Einrichtungen zum Gegenstand. Ob die Beförderungsleistung von einem Taxiunternehmer selbst oder von einem Unternehmer ausgeführt wird, der nicht selbst eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzt und die Fahrten mithilfe von Subunternehmern ausführt, macht aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers keinen erheblichen Unterschied, wenn die Krankenfahrten – wie im Streitfall – mit Taxen von Subunternehmern ausgeführt werden, die eine entsprechende Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzen, die Abrechnung dieser Fahrten auf der Grundlage einer mit einer gesetzlichen Krankenkasse getroffenen Vereinbarung beruht und daher den einschränkenden Regelungen der §§ 71, 133 SGB V unterworfen ist. Die Klägerin hatte für ihre mit Taxen von Subunternehmern erbrachten Personenbeförderungsleistungen auch sämtliche für den Verkehr mit Taxen bestehenden Regelungen zu erfüllen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 des Rahmenvertrages ist die Klägerin dafür verantwortlich, dass die ihr angeschlossenen Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen die rechtlichen Bestimmungen, insbesondere nach dem Personenbeförderungsgesetz, einhalten. In Bezug auf die Personenbeförderungsleistung bestehen daher keine anderen rechtlichen Rahmenbedingungen, wenn ein weiterer Unternehmer in der Leistungskette dazwischengeschaltet wird.
38 
4. Soweit das FA die von der Klägerin mit Taxen erbrachten Beförderungsleistungen dem vollen statt dem ermäßigten Steuersatz unterworfen hat, sind die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2006 bis 2008 rechtswidrig. Für das Streitjahr 2006 ist die Umsatzsteuer wie von der Klägerin erklärt festzusetzen und der hiervon abweichende Umsatzsteuerbescheid 2006 aufzuheben. Für die Streitjahre 2007 und 2008 sind die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide wie im Tenor bezeichnet zu ändern. Die Neuberechnung der festzusetzenden Umsatzsteuer wird nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.
39 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und §§ 709, 711 der Zivilprozessordnung.
40 
6. Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil bisher - soweit ersichtlich - höchstrichterlich nicht entschieden ist, ob gegenüber einer gesetzlichen Krankenkasse abgerechnete Krankentransporte mit Taxen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unterliegen, wenn der leistende Unternehmer selbst keine Genehmigung für den Verkehr mit Taxen besitzt, die Fahrten aber von nach dem Personenbeförderungsgesetz konzessionierten Subunternehmern durchgeführt werden.

Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Juli 2015 - 1 K 772/15

Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Juli 2015 - 1 K 772/15

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu
Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Juli 2015 - 1 K 772/15 zitiert 24 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 100


(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an di

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 151


(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; §

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 3 Lieferung, sonstige Leistung


(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 12 Steuersätze


(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4). (2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:1.die Lieferungen, die Einfuhr u

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 71 Beitragssatzstabilität, besondere Aufsichtsmittel


(1) Die Vertragspartner auf Seiten der Krankenkassen und der Leistungserbringer haben die Vereinbarungen über die Vergütungen nach diesem Buch so zu gestalten, dass Beitragserhöhungen ausgeschlossen werden, es sei denn, die notwendige medizinische Ve

Personenbeförderungsgesetz - PBefG | § 2 Genehmigungspflicht


(1) Wer im Sinne des § 1 Abs. 1 1. mit Straßenbahnen,2. mit Obussen,3. mit Kraftfahrzeugen im Linienverkehr (§§ 42, 42a, 43 und 44) oder4. mit Kraftfahrzeugen im Gelegenheitsverkehr (§ 46)Personen befördert, muß im Besitz einer Genehmigung sein. Er i

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 60 Fahrkosten


(1) Die Krankenkasse übernimmt nach den Absätzen 2 und 3 die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. W

Personenbeförderungsgesetz - PBefG | § 42 Begriffsbestimmung Linienverkehr


Linienverkehr ist eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können. Er setzt nicht voraus, daß ein Fahrplan mit bestimmten Abfahrts

Personenbeförderungsgesetz - PBefG | § 47 Verkehr mit Taxen


(1) Verkehr mit Taxen ist die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen bereithält und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführt. Der Unternehmer kann Beförderung

Personenbeförderungsgesetz - PBefG | § 43 Sonderformen des Linienverkehrs


Als Linienverkehr gilt, unabhängig davon, wer den Ablauf der Fahrten bestimmt, auch der Verkehr, der unter Ausschluß anderer Fahrgäste der regelmäßigen Beförderung von 1. Berufstätigen zwischen Wohnung und Arbeitsstelle (Berufsverkehr),2. Schülern zw

Personenbeförderungsgesetz - PBefG | § 46 Formen des Gelegenheitsverkehrs


(1) Gelegenheitsverkehr ist die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen, die nicht Linienverkehr nach den §§ 42, 42a, 43 und 44 ist. (2) Als Formen des Gelegenheitsverkehrs sind nur zulässig 1. Verkehr mit Taxen (§ 47),2. Ausflugsfahrten und

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 133 Versorgung mit Krankentransportleistungen


(1) Soweit die Entgelte für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rettungsdienstes und anderer Krankentransporte nicht durch landesrechtliche oder kommunalrechtliche Bestimmungen festgelegt werden, schließen die Krankenkassen oder ihre Landesverbänd

Personenbeförderungsgesetz - PBefG | § 51 Beförderungsentgelte und -bedingungen im Taxenverkehr


(1) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Beförderungsentgelte und -bedingungen für den Taxenverkehr festzusetzen. Die Rechtsverordnung kann insbesondere Regelungen vorsehen über 1. Grundpreise, Kilometerpreise und Zeitpreise so

Personenbeförderungsgesetz - PBefG | § 22 Beförderungspflicht


Der Unternehmer ist zur Beförderung verpflichtet, wenn 1. die Beförderungsbedingungen eingehalten werden,2. die Beförderung mit den regelmäßig eingesetzten Beförderungsmitteln möglich ist und3. die Beförderung nicht durch Umstände verhindert wird, di

Referenzen - Urteile

Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Juli 2015 - 1 K 772/15 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Juli 2015 - 1 K 772/15 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 18. März 2015 - 1 K 195/11

bei uns veröffentlicht am 18.03.2015

Tenor Abweichend von dem Bescheid über Umsatzsteuer vom 28.01.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.04.2011 wird die Umsatzsteuer für 2007 um … € auf … € herabgesetzt. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte. Die Zuziehu

Bundesfinanzhof Urteil, 02. Juli 2014 - XI R 39/10

bei uns veröffentlicht am 02.07.2014

Tatbestand 1 I. Streitig ist, ob für Umsätze aus Personenbeförderungsleistungen mit Mietwagen --im Streitfall Krankenfahrten mit nicht hierfür besonders eingerichteten F

Bundesfinanzhof Urteil, 10. Jan. 2013 - V R 31/10

bei uns veröffentlicht am 10.01.2013

Tatbestand 1 I. Streitig ist, ob die Umsätze aus der Veranstaltung einer "Dinner-Show" als einheitliche Leistung anzusehen sind und dem Regelsteuersatz unterliegen.

Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 18. Jan. 2012 - 6 K 3050/11

bei uns veröffentlicht am 18.01.2012

Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt.2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.3. Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt. Gründe  I.1 Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres gegen die

Bundesfinanzhof Urteil, 30. Juni 2011 - V R 44/10

bei uns veröffentlicht am 30.06.2011

Tatbestand 1 I. Streitig ist, ob die von der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) ausgeführten Stadtrundfahrten im Streitjahr 2007 dem ermäßigten Umsatzsteuersatz

Finanzgericht Baden-Württemberg Beschluss, 04. Aug. 2009 - 1 V 1346/09

bei uns veröffentlicht am 04.08.2009

Tatbestand   1  I. Die Antragstellerin lässt im X-Raum durch Taxi- und Mietwagenunternehmen Krankenfahrten für gesetzlich Versicherte durchführen. Sie hat mit verschiedenen Krankenkassen am 1. Juni 2006 einen Rahmenvertrag über

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 21. Juli 2009 - 4 LB 3/08

bei uns veröffentlicht am 21.07.2009

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 3. Kammer – vom 19. Februar 2008 wird zurückgewiesen Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der

Referenzen

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

(1) Verkehr mit Taxen ist die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen bereithält und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführt. Der Unternehmer kann Beförderungsaufträge auch während einer Fahrt oder am Betriebssitz entgegennehmen.

(2) Taxen dürfen nur an behördlich zugelassenen Stellen und in der Gemeinde bereitgehalten werden, in der der Unternehmer seinen Betriebssitz hat. Fahrten auf vorherige Bestellung dürfen auch von anderen Gemeinden aus durchgeführt werden. Die Genehmigungsbehörde kann im Einvernehmen mit anderen Genehmigungsbehörden das Bereithalten an behördlich zugelassenen Stellen außerhalb der Betriebssitzgemeinde gestatten und einen größeren Bezirk festsetzen.

(3) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung den Umfang der Betriebspflicht, die Ordnung auf Taxenständen sowie Einzelheiten des Dienstbetriebs zu regeln. Sie kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung übertragen. In der Rechtsverordnung können insbesondere Regelungen getroffen werden über

1.
das Bereithalten von Taxen in Sonderfällen einschließlich eines Bereitschaftsdienstes,
2.
die Annahme und Ausführung von fernmündlichen Fahraufträgen,
3.
den Fahr- und Funkbetrieb,
4.
die Behindertenbeförderung und
5.
die Krankenbeförderung, soweit es sich nicht um Beförderungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 handelt.

(4) Die Beförderungspflicht besteht nur für Fahrten innerhalb des Geltungsbereichs der nach § 51 Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 2 Satz 1 festgesetzten Beförderungsentgelte (Pflichtfahrbereich).

(5) Die Vermietung von Taxen an Selbstfahrer ist verboten.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

(1) Verkehr mit Taxen ist die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen bereithält und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführt. Der Unternehmer kann Beförderungsaufträge auch während einer Fahrt oder am Betriebssitz entgegennehmen.

(2) Taxen dürfen nur an behördlich zugelassenen Stellen und in der Gemeinde bereitgehalten werden, in der der Unternehmer seinen Betriebssitz hat. Fahrten auf vorherige Bestellung dürfen auch von anderen Gemeinden aus durchgeführt werden. Die Genehmigungsbehörde kann im Einvernehmen mit anderen Genehmigungsbehörden das Bereithalten an behördlich zugelassenen Stellen außerhalb der Betriebssitzgemeinde gestatten und einen größeren Bezirk festsetzen.

(3) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung den Umfang der Betriebspflicht, die Ordnung auf Taxenständen sowie Einzelheiten des Dienstbetriebs zu regeln. Sie kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung übertragen. In der Rechtsverordnung können insbesondere Regelungen getroffen werden über

1.
das Bereithalten von Taxen in Sonderfällen einschließlich eines Bereitschaftsdienstes,
2.
die Annahme und Ausführung von fernmündlichen Fahraufträgen,
3.
den Fahr- und Funkbetrieb,
4.
die Behindertenbeförderung und
5.
die Krankenbeförderung, soweit es sich nicht um Beförderungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 handelt.

(4) Die Beförderungspflicht besteht nur für Fahrten innerhalb des Geltungsbereichs der nach § 51 Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 2 Satz 1 festgesetzten Beförderungsentgelte (Pflichtfahrbereich).

(5) Die Vermietung von Taxen an Selbstfahrer ist verboten.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die Umsätze aus der Veranstaltung einer "Dinner-Show" als einheitliche Leistung anzusehen sind und dem Regelsteuersatz unterliegen.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt ein Hotel. In einem vor dem Hotelgebäude aufgebauten Zelt veranstaltete sie in den Streitjahren 2004 und 2005 eine "Dinner-Show". Die Eintrittskarten kosteten zwischen 93 € und 109 € und umfassten eine Varieté- und Theatershow, ein Menü mit vier Gängen und die Garderobe. Getränke wurden gesondert berechnet. Während der Veranstaltung saßen die Gäste nicht in Stuhlreihen, sondern an Tischen. Vor und zwischen den musikalischen und künstlerischen Darbietungen wurden die einzelnen Gänge und Getränke serviert und abgeräumt. Zur Unterhaltung während des Essens fand als "Nebenprogramm" eine musikalische Begleitung statt. Die Gesamtdauer der Veranstaltung betrug vier Stunden. Davon entfielen circa eineinhalb Stunden auf das Menü.

3

Die Klägerin ging davon aus, dass sie mit der Veranstaltung der "Dinner-Show" zwei selbständige Leistungen erbringe: Umsätze, die dem Regelsteuersatz unterliegen (Menü) und solche, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen (Varieté). Als Entgelt für die regelbesteuerte Leistung, das Menü, legte sie einen Betrag von 15 € zugrunde, den Restbetrag unterwarf die Klägerin dem ermäßigten Steuersatz.

4

Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, dass die kulinarischen und künstlerischen Elemente der "Dinner-Show" zwar gleichwertig nebeneinander ständen, aber aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers ein "Kombinationserlebnis" im Vordergrund stehe. Es handele sich somit um eine einheitliche Leistung, die in voller Höhe dem Regelsteuersatz unterliege. In den geänderten Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre vom 19. März 2009 erhöhte das FA dementsprechend die auf die Umsätze aus der "Dinner-Show" entfallende Umsatzsteuer für 2004 um 63.798,90 € und für 2005 um 43.265,05 €. Der dagegen gerichtete Einspruch der Klägerin blieb insoweit ohne Erfolg.

5

Die aus Gründen, die nicht den streitigen Sachverhalt betreffen, geänderten Umsatzsteuerbescheide für 2004 und 2005 vom 7. April 2010 waren Gegenstand des Klageverfahrens.

6

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit dem in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2010, 1839 veröffentlichten Urteil statt. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass das FA die Umsätze zu Unrecht insgesamt dem Regelsteuersatz unterworfen habe. Die Leistungen der Klägerin seien nicht als einheitliche sonstige Leistung zu beurteilen.

7

Der wirtschaftliche Gehalt der Leistungen bestehe in einer Mischung aus Unterhaltung und gutem Essen verbunden mit dem Ambiente eines sog. Spiegelzeltes. Die künstlerischen und kulinarischen Leistungen seien aufeinander abgestimmt, miteinander verbunden und griffen in zeitlicher Hinsicht ineinander. Angesichts der Höhe des Eintrittspreises sei davon auszugehen, dass die Veranstaltungen vom Durchschnittsverbraucher nicht ausschließlich wegen der Varieté- und Theatershow oder ausschließlich wegen des Menüs besucht würden. Gerade die Kombination, durch die eine "Dinner-Show" als etwas eigenständiges "Drittes" geschaffen werde, präge den Charakter der Veranstaltungen und stelle den besonderen Anreiz für die Besucher dar. Der Umstand, dass die Leistungen in einem "Paket" in Anspruch genommen werden könnten, führe nicht zur Annahme einer einheitlichen Leistung. Die einzelnen künstlerischen und kulinarischen Bausteine hätten jeweils einen eigenständigen Wert für den Gast und träten nicht hinter einer Gesamtleistung zurück. Beide Leistungen könnten im Wirtschaftsleben ohne weiteres voneinander getrennt werden. Den Besuchern komme es bei lebensnaher Betrachtung nicht allein auf die künstlerischen Darbietungen an. Gleichermaßen wichtig sei die Möglichkeit zum Genuss der einzelnen Gänge eines von der Küche eines 5-Sterne-Hotels kreierten Menüs. Beide Leistungen kämen nicht üblicherweise "im Gefolge" der jeweils anderen Leistung vor. Da die künstlerischen Darbietungen die Höhe des pauschalen Eintrittspreises wesentlich mitbestimmen würden und das Menü ebenfalls nicht ohne spürbare Auswirkung auf den Eintrittspreis bleibe, könnten beide Leistungen keine reinen Nebenleistungen sein. Vielmehr stünden künstlerische und kulinarische Leistungen in einem gleichgeordneten Verhältnis.

8

Für die Berechnung des auf die ermäßigt zu besteuernde künstlerische Leistung bezogenen Teils des Gesamtpreises sei von einem durchschnittlichen Gesamtpreis pro Eintrittskarte von 100 € brutto und einem durchschnittlichen Menüpreis von 40 € brutto auszugehen. Da die Klägerin bereits 15 € brutto des auf die Restaurationsleistungen entfallenden Anteils von 40 € dem Regelsteuersatz unterworfen habe, seien die noch streitigen Umsätze im Verhältnis 25/85 (Regelsteuersatz) und 60/85 (ermäßigter Steuersatz) aufzuteilen.

9

Mit seiner Revision macht das FA die Verletzung materiellen Rechts geltend.

10

Es ist der Auffassung, dass es sich um eine einheitliche, nicht teilbare Leistung handele, die nicht ermäßigt zu besteuern sei. Erhebliche Gesichtspunkte seien der einheitliche Eintrittspreis und die einheitliche Vertragsgrundlage. Hinzu komme, dass die Leistungskomponenten nur einheitlich in Anspruch genommen werden könnten und aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers untrennbar verbunden seien. Es bestehe kein bloßes Nebeneinander von im Paket angebotenen Leistungen. Durch die Kombination werde --wie auch das FG festgestellt habe-- etwas selbständiges "Drittes" geschaffen.

11

Dass abstrakt betrachtet ein Menü und eine Varietédarbietung auch gesondert angeboten und in Anspruch genommen werden könnten, spiele für die Beurteilung des konkreten Umsatzes keine Rolle. Der besondere Wert der "Dinner-Show" liege gerade in der Kombination. Eine Aufspaltung wäre künstlich und widerspräche der wirtschaftlichen Zusammengehörigkeit. Sie wäre auch mit praktischen Schwierigkeiten verbunden, da unklar sei, welcher Aufteilungsmaßstab zu wählen wäre.

12

Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

13

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

14

Sie schließt sich im Wesentlichen den Ausführungen des FG an. Die Verbindung von Restauration mit Varieté gebe im vorliegenden Fall der jeweiligen anderen Leistung kein anderes Gepräge und führe nicht unter Auflösung der Einzelleistungen zu einer anderen Leistung eigener Art. Insbesondere dienten die Einzelleistungen durch ihre Kombination nicht einem weiteren, dem wirtschaftlichen Ziel der jeweiligen Einzelleistungen entrückten, einheitlichen Leistungsziel. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Verkauf von Getränken im Rahmen der "Dinner-Show" als eigenständige Leistung beurteilt worden sei. Dies lasse darauf schließen, dass auch die streitgegenständlichen Leistungskomponenten (künstlerische Leistung, Restauration) grundsätzlich wirtschaftlich trennbar seien. Der Bundesfinanzhof (BFH) sei zudem an die Würdigung durch das FG, die weder widersprüchlich sei noch gegen Denkgesetze verstoße, gebunden. Auch bei Schaffung eines eigenständigen Werts könnten die Einzelleistungen ihre eigenständige Bedeutung behalten. Die Kombination der beiden Elemente wirke nicht prägend. Selbst wenn man von einer Einheitlichkeit ausgehe, stehe das Showelement im Vordergrund, so dass dann die gesamte Leistung dem ermäßigten Steuersatz unterliege. Das Verpflegungselement könne der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf das Showelement nicht entgegenstehen. Zur Klärung der Rechtsfrage, ob die im Rahmen einer "Dinner-Show" erbrachten Leistungen als eine einheitliche oder als selbständige Leistungen anzusehen seien, werde die Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) angeregt.

Entscheidungsgründe

15

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG geht zu Unrecht davon aus, dass die im Rahmen der "Dinner-Show" erbrachten künstlerischen Leistungen als selbständige Leistungen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a der in den Streitjahren gültigen Fassung des Umsatzsteuergesetzes 1999 bzw. 2005 (UStG) dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

16

1. Die Klägerin erbrachte mit der Veranstaltung der "Dinner-Shows" eine einheitliche, insgesamt dem Regelsteuersatz unterfallende sonstige Leistung.

17

a) Nach der Rechtsprechung des EuGH, der sich der BFH angeschlossen hat, gelten für die Frage, ob mehrere Tätigkeiten steuerrechtlich zu nur einem Umsatz oder mehreren eigenständigen Umsätzen führen, folgende Grundsätze (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Oktober 2010 V R 9/10, BFHE 231, 360, BStBl II 2011, 360, m.w.N.):

18

aa) Zunächst ist in der Regel jede Lieferung oder Dienstleistung als eigene, selbständige Leistung zu betrachten. Bei einem Umsatz, der ein Bündel von Einzelleistungen und Handlungen umfasst, ist aber im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu bestimmen, ob zwei oder mehr getrennte Umsätze vorliegen oder ein einheitlicher Umsatz. Dabei sind unter Berücksichtigung eines Durchschnittsverbrauchers die charakteristischen Merkmale des Umsatzes zu ermitteln. Insoweit darf einerseits eine wirtschaftlich einheitliche Leistung nicht künstlich aufgespalten werden. Andererseits sind mehrere formal getrennt erbrachte Einzelumsätze als einheitlicher Umsatz anzusehen, wenn sie nicht selbständig sind.

19

bb) Einen einheitlichen Umsatz hat der EuGH für zwei Fallgruppen bejaht.

20

(1) Zum einen liegt eine einheitliche Leistung vor, wenn eine oder mehrere Einzelleistungen eine Hauptleistung bilden und die andere Einzelleistung oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebenleistungen bilden, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist insbesondere dann Neben- und nicht Hauptleistung, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 10. März 2011 C-497/09, Bog u.a., Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2011, 272 Rdnr. 54, m.w.N.).

21

(2) Zum anderen kann sich eine einheitliche Leistung daraus ergeben, dass zwei oder mehrere Handlungen oder Einzelleistungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl. z.B. EuGH-Urteil Bog u.a. in UR 2011, 272 Rdnr. 53, m.w.N.; EuGH-Beschluss vom 19. Januar 2012 C-117/11, Purple Parking Ltd. und Airpark Services Ltd., Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2012, 674 Rdnr. 29; EuGH-Urteil vom 19. Juli 2012 C-44/11, Deutsche Bank AG, Der Betrieb --DB-- 2012, 1662 Rdnr. 21).

22

So ist der EuGH z.B. in folgenden Fällen von einem einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang ausgegangen:

23

- Erwerb einer Software, die in diesem Zustand für die wirtschaftliche Tätigkeit des Leistungsempfängers nutzlos ist, und nachfolgende Anpassungen, die die Software erst nützlich werden lassen, wenn der wirtschaftliche Zweck darin besteht, eine speziell an die Bedürfnisse des Leistungsempfängers angepasste einsatzfähige Software zu erhalten (EuGH-Urteil vom 27. Oktober 2005 C-41/04, Levob, Slg. 2005, I-9433, BFH/NV Beilage 2006, 38 Rdnr. 24),

24

- Erwerb eines Glasfaserkabels und die mit der Verlegung dieses Kabels zusammenhängenden Dienstleistungen, die zur Veräußerung eines verlegten und funktionstüchtigen Kabels erforderlich und hiermit eng miteinander verbunden sind (EuGH-Urteil vom 29. März 2007 C-111/05, Aktiebolaget NN, Slg. 2007, I-2697, BFH/NV Beilage 2007, 293 Rdnr. 25),

25

- Erwerb eines alten Gebäudes mit dem dazugehörigen Grund und Boden, der in diesem Zustand ohne jeden Nutzen für die wirtschaftliche Tätigkeit des Leistungsempfängers ist, und den Leistungen in Bezug auf den Abriss der Gebäude, die allein geeignet sind, dem Grundstück einen wirtschaftlichen Nutzen zu verleihen (EuGH-Urteil vom 19. November 2009 C-461/08, Don Bosco, Slg. 2009, I-11079, BFH/NV 2010, 144 Rdnr. 38),

26

- Parken eines PKWs auf einem außerhalb eines Flugplatzgeländes gelegenen Parkplatzes und die Beförderung der Insassen dieses PKWs zwischen dem Parkplatz und dem Flughafenterminal (EuGH-Beschluss Purple Parking Ltd. und Airpark Services Ltd. in HFR 2012, 674, Leitsatz),

27

- Portfolioverwaltung, bei der ein Steuerpflichtiger aufgrund eigenen Ermessens über den Kauf und Verkauf von Wertpapieren entscheidet und diese Entscheidung durch den Kauf und Verkauf vollzieht (EuGH-Urteil Deutsche Bank AG in DB 2012, 1662 Rdnr. 29).

28

Wie der EuGH in seinem Urteil Deutsche Bank AG in DB 2012, 1662 Rdnr. 25 entschieden hat, kommt es für die Beurteilung, ob ein Vorgang "untrennbar" ist, auf die Sicht des Durchschnittskunden an, dem es ggf. um die Verbindung verschiedener Elemente geht.

29

cc) Ob im konkreten Fall eine einheitliche Leistung vorliegt, haben im Rahmen der mit Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union errichteten Zusammenarbeit die nationalen Gerichte festzustellen, die dazu alle endgültigen Tatsachenbeurteilungen vorzunehmen haben (EuGH-Urteil Bog u.a. in UR 2011, 272 Rdnr. 55, m.w.N.). Die erforderliche Gesamtbetrachtung ist im Wesentlichen das Ergebnis einer tatsächlichen Würdigung durch das FG, die den BFH grundsätzlich gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindet (z.B. BFH-Urteil vom 13. Januar 2011 V R 63/09, BFHE 233, 64, BStBl II 2011, 461, m.w.N.).

30

b) Ausgehend hiervon ist die Würdigung des FG nicht zu beanstanden, wonach die Restaurationsleistungen und die künstlerischen Darbietungen nicht im Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung stehen.

31

Das FG hat unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH und des BFH den Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass die Leistungen kein bloßes Mittel seien, um die jeweils andere Leistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können und daher nicht als Nebenleistungen der jeweils anderen anzusehen seien. Show und Menü dienten ganz unterschiedlichen und gleichgewichtigen Zwecken. Den Besuchern komme es nicht allein auf die künstlerischen Darbietungen an. Gleichermaßen wichtig sei die Möglichkeit zum Genuss der einzelnen Gänge eines von der Küche eines 5-Sterne-Hotels kreierten Menüs.

32

Dies entspricht der Rechtsprechung des BFH, der bereits entschieden hat, dass Gastronomieumsätze vor, während oder nach einer künstlerischen Veranstaltung aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers einen eigenen, vom Theaterbesuch unabhängigen Zweck haben und zur Durchführung kultureller Dienstleistungen aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers nicht unerlässlich sind und somit keine Nebenleistungen darstellen (vgl. BFH-Urteile vom 18. August 2005 V R 20/03, BFHE 211, 85, BStBl II 2005, 910 zu Gastronomieumsätzen im für jedermann zugänglichen Gastronomiebereich eines Theaters; vom 14. Mai 1998 V R 85/97, BFHE 186, 151, BStBl II 1999, 145 zur Abgabe von Speisen und Getränken in einem Kabarett; ebenso für sog. Verzehrkinos BFH-Urteil vom 7. März 1995 XI R 46/93, BFHE 177, 165, BStBl II 1995, 429; für den Getränkeausschank außerhalb eines Verzehrkinos im Foyer BFH-Urteil vom 1. Juni 1995 V R 90/93, BFHE 178, 248, BStBl II 1995, 914; für die Lieferung von Speiseeis bei Filmvorführungen BFH-Urteil vom 9. Mai 1996 V R 30/95, BFH/NV 1997, 70).

33

c) Entgegen der Auffassung des FG liegt jedoch eine komplexe Leistung vor.

34

aa) Das FG geht davon aus, dass durch die Kombination der künstlerischen und kulinarischen Leistungen in Form der "Dinner-Show" etwas eigenständiges "Drittes" geschaffen worden sei. Gleichwohl hätten die einzelnen künstlerischen und kulinarischen Bausteine jeweils einen eigenständigen Wert für den Gast und würden nicht hinter einer Gesamtleistung zurücktreten. Die Show und das Menü seien nicht so eng miteinander verbunden, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bildeten, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Sie könnten "im Wirtschaftsleben" ohne weiteres voneinander getrennt werden.

35

bb) Diese Würdigung des Sachverhalts durch das FG ist entgegen der Auffassung der Klägerin in sich widersprüchlich und verstößt daher gegen die Denkgesetze, denn die Feststellung, dass etwas eigenständiges "Drittes" entstanden sei mit der Folge, dass die enthaltenen Leistungen ihren eigenständigen Charakter verlieren, und die Beurteilung, dass einzelne Bestandteile eines Leistungsbündels ihren eigenständigen Wert behalten, schließen sich gegenseitig aus. Der Senat ist daher nicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO daran gebunden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 1. Februar 2012 I R 57/10, BFHE 236, 374, BStBl II 2012, 407, m.w.N.).

36

cc) Aufgrund der vom FG festgestellten konkreten Ausgestaltung sind im Streitfall die künstlerischen und kulinarischen Leistungen untrennbar miteinander verbunden und bilden eine komplexe Leistung. Der Charakter der im Streitfall zu beurteilenden Leistungen wird wesentlich durch die Mischung aus Unterhaltung und gutem Essen verbunden mit dem Ambiente eines Spiegelzeltes bestimmt. Die künstlerischen und kulinarischen Leistungen sind aufeinander abgestimmt und greifen in zeitlicher Hinsicht ineinander. Durch die Verflechtung beider Komponenten ist es dem Verbraucher nicht möglich, nur die künstlerische oder nur die kulinarische Leistung in Anspruch zu nehmen. Zwar werden Varieté Shows und 4-Gänge-Menüs im Wirtschaftsleben auch getrennt erbracht. Dies allein rechtfertigt jedoch keine Aufspaltung des Vorgangs. Dem durchschnittlichen Besucher der im Streitfall zu beurteilenden "Dinner-Show" geht es, wie das FG ausgeführt hat, gerade um die Verbindung der beiden Elemente (vgl. zur Portfolioverwaltung EuGH-Urteil Deutsche Bank AG in DB 2012, 1662 Rdnr. 25). Die Aufspaltung in eine kulinarische und eine künstlerische Leistung wäre daher aufgrund der vom Durchschnittskunden gewünschten Verbindung im Streitfall lebensfremd.

37

Hiergegen spricht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht, dass der Kunde der "Dinner-Show" ein abtrennbares Interesse an den einzelnen Leistungen habe, da diese jeweils für sich und unabhängig voneinander ihren eigenständigen Wert und Charakter hätten, da sich z.B. eine langweilige Aufführung nicht auf die Qualität des Essens auswirke und die künstlerischen Leistungen ebenso nicht von der Qualität des Essens bestimmt würden. Denn maßgeblich bleibt gleichwohl die ebenso wie im Fall der Portfolioverwaltung durch den Kunden gewünschte Verbindung der einzelnen Leistungselemente. Soweit sich die Klägerin weiter für ihre Auffassung auf Lange (UR 2009, 289 ff., 294) beruft, der bei einer "Dinner-Show" eine Aufteilung in zwei Leistungselemente befürwortet, schließt sich der erkennende Senat dem im Hinblick auf das EuGH-Urteil Deutsche Bank AG in DB 2012, 1662 nicht an.

38

d) Für ihre Gegenauffassung kann sich die Klägerin auch nicht auf das EuGH-Urteil vom 11. Juni 2009, C-572/07, RLRE Tellmer Property (Slg. 2009, I-4983) berufen. Denn wie der EuGH im Anschluss hieran in seinem Urteil vom 27. September 2012 C-392/11, Field Fisher Waterhouse (UR 2012, 964 Rdnr. 26) entschieden hat, ist allein die Möglichkeit, dass grundsätzlich ein Dritter bestimmte Dienstleistungen erbringen kann, nicht entscheidend, da die Möglichkeit, dass Teile einer einheitlichen Leistung unter anderen Umständen isoliert erbracht werden, zum "Konzept des zusammengesetzten einheitlichen Umsatzes" gehört.

39

2. Die komplexe Leistung der "Dinner-Show" unterliegt nicht gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz.

40

a) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 % u.a. für die --bis zum 15. Dezember 2004 ausgeführten-- Leistungen der Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre und Museen sowie die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer bzw. für die --ab dem 16. Dezember 2004 ausgeführten-- Umsätze mit Eintrittsberechtigungen für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler (§ 27 Abs. 1 UStG i.V.m. Art. 5 Nr. 8 und Art. 22 Abs. 1 des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 9. Dezember 2004, BGBl I 2004, 3310).

41

Unionsrechtliche Grundlage für die Steuerermäßigung ist Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) i.V.m. Anhang H Nr. 7 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach können die Mitgliedstaaten einen ermäßigten Steuersatz anwenden auf die Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen, Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen.

42

b) Die von der Klägerin veranstaltete "Dinner-Show" enthält zwar Elemente, die für sich betrachtet Theatervorführungen i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG sein können, da nicht nur Aufführungen von Theaterstücken im engeren Sinn, sondern auch Darbietungen der Pantomime und Tanzkunst, der Kleinkunst und des Varietés (vgl. BFH-Urteile vom 19. Oktober 2011 XI R 40/09, BFH/NV 2012, 798; vom 9. Oktober 2003 V R 86/01, BFH/NV 2004, 984) erfasst werden. Begünstigt sind auch Mischformen von Sprech-, Musik- und Tanzdarbietungen, so dass eine "Unterhaltungsshow" ebenfalls eine Theateraufführung i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG sein kann (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2012, 798, und in BFH/NV 2004, 984, unter II.1.a und c).

43

Die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG setzt jedoch voraus, dass die Theatervorführung Hauptbestandteil der einheitlichen Gesamtleistung ist (vgl. zu § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c BFH-Urteil vom 21. Oktober 2009 V R 8/08, BFH/NV 2010, 476, m.w.N.). Die Theatervorführung muss den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmachen (BFH-Urteil vom 26. April 1995 XI R 20/94, BFHE 177, 548, BStBl II 1995, 519). Daran fehlt es hier, da --wie bereits ausgeführt-- der Charakter der im Streitfall zu beurteilenden komplexen Leistung wesentlich durch die Mischung aus Unterhaltung und gutem Essen verbunden mit dem Ambiente eines Spiegelzeltes bestimmt wird und sich beide Leistungsbestandteile gleichwertig gegenüberstehen.

44

Für ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH besteht kein Anlass. Die Grundsätze, nach welchen Kriterien zu beurteilen ist, ob der Steuerpflichtige in einem konkreten Fall eine einheitliche Leistung erbringt, sind durch die Rechtsprechung des EuGH geklärt; wie der Gerichtshof im Urteil Field Fisher Waterhouse in UR 2012, 964 im Anschluss daran weiter ausführt, gibt es jedoch für die Bestimmung des Umfangs einer Leistung aus mehrwertsteuerlicher Sicht keine Regel mit absoluter Geltung; daher sind für die Bestimmung des Umfangs einer Leistung die Gesamtumstände zu berücksichtigen; ob der Steuerpflichtige in einem konkreten Fall eine einheitliche Leistung erbringt, haben im Rahmen der mit Art. 267 errichteten Zusammenarbeit die nationalen Gerichte festzustellen, die dazu alle endgültigen Tatsachenbeurteilungen vorzunehmen haben (EuGH-Urteil Field Fisher Waterhouse in UR 2012, 964 Rdnrn. 19 f.).

(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

(1a) Als Lieferung gegen Entgelt gilt das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in den Fällen des § 6b.

(1b) Einer Lieferung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen;
2.
die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;
3.
jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens.
Voraussetzung ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

(2) (weggefallen)

(3) Beim Kommissionsgeschäft (§ 383 des Handelsgesetzbuchs) liegt zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor. Bei der Verkaufskommission gilt der Kommissionär, bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer.

(3a) Ein Unternehmer, der mittels seiner elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 unterstützt, wird behandelt, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Unternehmer mittels seiner elektronischen Schnittstelle den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro unterstützt. Eine elektronische Schnittstelle im Sinne der Sätze 1 und 2 ist ein elektronischer Marktplatz, eine elektronische Plattform, ein elektronisches Portal oder Ähnliches. Ein Fernverkauf im Sinne des Satzes 2 ist die Lieferung eines Gegenstands, der durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus dem Drittlandsgebiet an einen Erwerber in einem Mitgliedstaat befördert oder versendet wird, einschließlich jener Lieferung, an deren Beförderung oder Versendung der Lieferer indirekt beteiligt ist. Erwerber im Sinne des Satzes 4 ist ein in § 3a Absatz 5 Satz 1 bezeichneter Empfänger oder eine in § 1a Absatz 3 Nummer 1 genannte Person, die weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet; im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ist die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Erwerbsschwelle maßgebend. Satz 2 gilt nicht für die Lieferung neuer Fahrzeuge und eines Gegenstandes, der mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert wird.

(4) Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so ist die Leistung als Lieferung anzusehen (Werklieferung), wenn es sich bei den Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Das gilt auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden werden.

(5) Hat ein Abnehmer dem Lieferer die Nebenerzeugnisse oder Abfälle, die bei der Bearbeitung oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstands entstehen, zurückzugeben, so beschränkt sich die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands an den Bestandteilen, die dem Abnehmer verbleiben. Das gilt auch dann, wenn der Abnehmer an Stelle der bei der Bearbeitung oder Verarbeitung entstehenden Nebenerzeugnisse oder Abfälle Gegenstände gleicher Art zurückgibt, wie sie in seinem Unternehmen regelmäßig anfallen.

(5a) Der Ort der Lieferung richtet sich vorbehaltlich der §§ 3c, 3e und 3g nach den Absätzen 6 bis 8.

(6) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Befördern ist jede Fortbewegung eines Gegenstands. Versenden liegt vor, wenn jemand die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten.

(6a) Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Liefergeschäfte ab und gelangt dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer (Reihengeschäft), so ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung dabei durch den ersten Unternehmer in der Reihe befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist (Zwischenhändler), ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat. Gelangt der Gegenstand der Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates und verwendet der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Gelangt der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Steuernummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde. Gelangt der Gegenstand der Lieferung vom Drittlandsgebiet in das Gemeinschaftsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Namen des Zwischenhändlers oder im Rahmen der indirekten Stellvertretung (Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1) für seine Rechnung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wird.

(6b) Wird ein Unternehmer gemäß Absatz 3a behandelt, als ob er einen Gegenstand selbst erhalten und geliefert hätte, wird die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung durch diesen Unternehmer zugeschrieben.

(7) Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. In den Fällen der Absätze 6a und 6b gilt Folgendes:

1.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt.
2.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet.

(8) Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, gilt der Ort der Lieferung dieses Gegenstands als im Inland gelegen, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist.

(8a) (weggefallen)

(9) Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind. Sie können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustands bestehen.

(9a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; dies gilt nicht, wenn der Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1b ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Absatz 6a durchzuführen ist;
2.
die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.

(10) Überlässt ein Unternehmer einem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstands übergeben hat, an Stelle des herzustellenden Gegenstands einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchem Stoff herzustellen pflegt, so gilt die Leistung des Unternehmers als Werkleistung, wenn das Entgelt für die Leistung nach Art eines Werklohns unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffs und dem des überlassenen Gegenstandes berechnet wird.

(11) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.

(11a) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung, die über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht wird, eingeschaltet, gilt er im Sinne von Absatz 11 als im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelnd. Dies gilt nicht, wenn der Anbieter dieser sonstigen Leistung von dem Unternehmer als Leistungserbringer ausdrücklich benannt wird und dies in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien zum Ausdruck kommt. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn

1.
in den von jedem an der Erbringung beteiligten Unternehmer ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind;
2.
in den dem Leistungsempfänger ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind.
Die Sätze 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn der Unternehmer hinsichtlich der Erbringung der sonstigen Leistung im Sinne des Satzes 2
1.
die Abrechnung gegenüber dem Leistungsempfänger autorisiert,
2.
die Erbringung der sonstigen Leistung genehmigt oder
3.
die allgemeinen Bedingungen der Leistungserbringung festlegt.
Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Unternehmer lediglich Zahlungen in Bezug auf die erbrachte sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 abwickelt und nicht an der Erbringung dieser sonstigen Leistung beteiligt ist.

(12) Ein Tausch liegt vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht.

(13) Ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ist ein Instrument, bei dem

1.
die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und
2.
der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.
Instrumente, die lediglich zu einem Preisnachlass berechtigen, sind keine Gutscheine im Sinne des Satzes 1.

(14) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, ist ein Einzweck-Gutschein. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt die Übertragung des Gutscheins als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im Namen eines anderen Unternehmers, gilt diese Übertragung als Lieferung des Gegenstands oder Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, durch den Unternehmer, in dessen Namen die Übertragung des Gutscheins erfolgt. Wird die im Einzweck-Gutschein bezeichnete Leistung von einem anderen Unternehmer erbracht als dem, der den Gutschein im eigenen Namen ausgestellt hat, wird der leistende Unternehmer so behandelt, als habe er die im Gutschein bezeichnete Leistung an den Aussteller erbracht. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt in den Fällen der Sätze 2 bis 4 nicht als unabhängiger Umsatz.

(15) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt, ist ein Mehrzweck-Gutschein. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, unterliegt der Umsatzsteuer nach § 1 Absatz 1, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

(1) Verkehr mit Taxen ist die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen bereithält und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführt. Der Unternehmer kann Beförderungsaufträge auch während einer Fahrt oder am Betriebssitz entgegennehmen.

(2) Taxen dürfen nur an behördlich zugelassenen Stellen und in der Gemeinde bereitgehalten werden, in der der Unternehmer seinen Betriebssitz hat. Fahrten auf vorherige Bestellung dürfen auch von anderen Gemeinden aus durchgeführt werden. Die Genehmigungsbehörde kann im Einvernehmen mit anderen Genehmigungsbehörden das Bereithalten an behördlich zugelassenen Stellen außerhalb der Betriebssitzgemeinde gestatten und einen größeren Bezirk festsetzen.

(3) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung den Umfang der Betriebspflicht, die Ordnung auf Taxenständen sowie Einzelheiten des Dienstbetriebs zu regeln. Sie kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung übertragen. In der Rechtsverordnung können insbesondere Regelungen getroffen werden über

1.
das Bereithalten von Taxen in Sonderfällen einschließlich eines Bereitschaftsdienstes,
2.
die Annahme und Ausführung von fernmündlichen Fahraufträgen,
3.
den Fahr- und Funkbetrieb,
4.
die Behindertenbeförderung und
5.
die Krankenbeförderung, soweit es sich nicht um Beförderungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 handelt.

(4) Die Beförderungspflicht besteht nur für Fahrten innerhalb des Geltungsbereichs der nach § 51 Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 2 Satz 1 festgesetzten Beförderungsentgelte (Pflichtfahrbereich).

(5) Die Vermietung von Taxen an Selbstfahrer ist verboten.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

Tatbestand

 
I. Die Antragstellerin lässt im X-Raum durch Taxi- und Mietwagenunternehmen Krankenfahrten für gesetzlich Versicherte durchführen. Sie hat mit verschiedenen Krankenkassen am 1. Juni 2006 einen Rahmenvertrag über die Durchführung und Vergütung von Krankenfahrten gemäß §§ 60, 133 SGB V im Rahmen des Personenbeförderungsgesetzes geschlossen. Darin hat sich die Antragstellerin verpflichtet, die Krankenfahrten zeit-, sach- und verkehrsgerecht zu disponieren und von den ihr angeschlossenen Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen durchführen zu lassen (vgl. § 4 Abs. 1 des Rahmenvertrages auf dessen weitere Einzelregelungen verwiesen wird, Bl. 57 bis 69 d. Betriebsprüfungshandakte). Zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten gegenüber den Krankenversicherungen hat die Antragstellerin mit verschiedenen Taxi- und Mietwagenunternehmen Kooperationsverträge über die Vergabe, Durchführung und Vergütung von Krankenfahrten geschlossen (vgl. Bl. 70 bis 82 d. Betriebsprüfungshandakte). Nach § 3 Abs. 1 des Kooperationsvertrages verpflichtet sich die Antragstellerin die ihr erteilten Aufträge zur Durchführung von Krankenfahrten zu erfassen, planen, koordinieren und anschließend an die Kooperationspartner zu vergeben. Die beauftragen Krankenfahrten dürfen nur von Personen durchgeführt werden, die im Besitz einer gültigen Konzession nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) und die Zulassung einer Krankenkasse oder Krankenkassenverbandes besitzen. Die Antragstellerin selbst besitzt keine Konzession nach dem Personenbeförderungsgesetz.
Die durchgeführten Krankenfahrten rechneten die jeweiligen Taxi- und Mietwagenunternehmen mit der Antragstellerin nach Maßgabe der mit ihr vereinbarten Entgelte ab (Preisvereinbarung zwischen dem Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen und der Antragstellerin, Anlage 2 des Kooperationsvertrages, Bl. 79 ff. d. Betriebsprüfungshandakten). Die Taxiunternehmer wiesen für ihre gegenüber der Antragstellerin abgerechneten Leistungen den ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG aus. Soweit Krankenfahrten mit Mietwagenunternehmen durchgeführt wurden, wurden die Umsätze dem Regelsteuersatz unterworfen. Die Antragstellerin rechnete die durchgeführten Krankenfahrten wiederum mit den Krankenkassen ab, mit denen ebenfalls eine detaillierte Vergütungsvereinbarung besteht, nach der in den Beförderungsentgelten die aktuelle gesetzliche Umsatzsteuer enthalten ist (vgl. § 2 Satz 5 der Vergütungsvereinbarung zwischen der Antragstellerin und den Krankenkassen, Anlage 1 des Rahmenvertrages, Bl. 64 ff. d. Betriebsprüfungshandakte). Die Abrechnungen der Antragstellerin gegenüber den Krankenversicherungen wiesen ebenfalls den ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG aus, soweit sie auf Taxiunternehmen entfielen (etwa 85%). Bei Auszahlung der von den Fuhrunternehmen in Rechnung gestellten Beförderungsleistungen behielt die Antragstellerin eine Abrechnungsprovision von 2,8% der Bruttoabrechnungssumme zuzüglich 19% Umsatzsteuer ein (§ 1 Nr. 4 der Preisvereinbarung zwischen dem Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen und der Antragstellerin).
Eine für den Besteuerungszeitraum 2006 und die Voranmeldungszeiträume Januar bis Dezember 2007 durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung stellte fest, dass neben den von Mietwagenunternehmen auch die von Taxifahrern an die Antragstellerin erbrachten und von ihr an die Krankenkassen weiterberechneten Umsätze dem vollen Steuersatz unterliegen würden, weil es sich dabei nicht um Fahrten im Taxiverkehr i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG handeln würde. Zum einen deshalb, weil die Antragstellerin weder über eine Konzession für die Personenbeförderung noch eigene Fahrzeuge besitze und zum anderen, weil die Krankenfahrten keine Fahrten im Taxiverkehr seien, die von Taxen an behördlich zugelassenen Stellen („Taxiständen“) durchgeführt würden. Auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen unterwarf der Antragsgegner - das Finanzamt (FA) – sämtliche Umsätze der Antragstellerin dem vollen Steuersatz und änderte die Umsatzsteuerfestsetzung für 2006 und den Voranmeldungszeitraum Dezember 2007 entsprechend ab.
Gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 4. September 2009 und den Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid Dezember 2007 vom 15. September 2008 legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Mit dem gleichen Rechtsschutzziel wendete sich die Antragstellerin auch gegen die vom FA geänderten Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für Januar bis März 2008 sowie für das II. und III. Quartal 2008  jeweils vom 8. Januar 2009, in denen die Umsätze der Antragstellerin ebenfalls dem vollen Steuersatz unterworfen wurden. Zur Begründung ihres Aussetzungsbegehrens trug die Antragstellerin vor, sie rechne die Krankenfahrten im Namen und im Auftrag der angeschlossenen Taxi- und Mietwagenunternehmen gegenüber den Krankenkassen ab. Bei Mietwagenunternehmen werde der Regelsteuersatz und bei Taxiunternehmen der ermäßigte Steuersatz berechnet. Für die Rechnungsstellung bediene sich die Antragstellerin der Firma D. Die zwischengeschaltete Firma stelle die Rechnungen an die Krankenkassen, die den Rechnungsbetrag an die Firma D auszahlen würden, die den Zahlbetrag unter Abzug ihrer Gebühren (einschließlich 19% Umsatzsteuer) an die Antragstellerin weiterleite. Die Antragstellerin leite den Betrag unter Abzug ihrer ebenfalls mit 19% Umsatzsteuer belasteten Gebühren an die Fahrdienstunternehmen weiter. Bei der Antragstellerin liege damit der gleiche Abrechnungsvorgang vor, wie bei der bundesweit tätigen Firma D, die ihre Dienstleistungen ebenfalls mit 19% Umsatzsteuer berechne, wobei die Fahrdienstleistungen als durchlaufende Posten behandelt würden.
Nachdem das FA die Aussetzungsanträge mit Bescheiden vom 15. Oktober 2008 und 11. Februar 2009 abgelehnt hatte, verfolgt die Antragstellerin ihr Aussetzungsbegehren gerichtlich weiter. Zur Begründung trägt sie vor, die von der Antragstellerin vereinnahmten Entgelte würden nicht dem Regelsteuersatz, sondern dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Entgegen der Rechtsauffassung des FA seien die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG erfüllt, auch wenn die Antragstellerin keine eigenen Fahrzeuge und keine Verkehrsgenehmigung nach dem PBefG besitze. Die begünstigte Personenbeförderung im Verkehr mit Taxen müsse nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG nicht durch den Steuerpflichtigen selbst durchgeführt werden. Das Gesetz verlange auch nicht, dass der Unternehmer nach § 47 PBefG zur Personenbeförderung berechtigt sein müsse. Die Steuersatzermäßigung diene dem öffentlichen Personennahverkehr als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Hierfür sei nur entscheidungserheblich, dass die Beförderungsleistung tatsächlich mit einem Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs durchgeführt werden und nicht, wer hierüber abrechne. Die AdV sei auch aus Billigkeitsgründen geboten.
Die Antragstellerin beantragt, die Vollziehung des
1. Umsatzsteuerbescheides 2006 vom 04.09.2008 i.H.v. 17.076,59 EUR
2. Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides für den Monat Dezember 2007 vom 15.09.2008 i.H.v. 151.561,04 EUR
3. Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides für den Monat Januar 2008 vom 08.01.2009 i.H.v. 17.805,85 EUR
4. Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides für den Monat Februar 2008 vom 08.01.2009 i.H.v. 12.622,72 EUR
5. Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides für den Monat März 2008 vom 08.01.2009 i.H.v. 15.727,71 EUR
6. Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides für das II. Kalenderjahr 2008 vom 08.01.2009 i.H.v. 31.328,14 EUR
7. Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides für das III. Kalenderjahr vom 08.01.2009 i.H.v. 29.809,78 EUR
auszusetzen und soweit Aussetzung der Vollziehung zu den Anträgen Ziff. 1. bis 7. gewährt wird, die Verwirkung von Säumniszuschlägen bis zum Ergehen der gerichtlichen Entscheidung über den Aussetzungsantrag aufzuheben.
Das FA beantragt, die Aussetzungsanträge abzulehnen.
Die Privilegierung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG komme nur dem Unternehmer zugute, der aufgrund einer Taxikonzession die Beförderung selbst ausführe. Das ergebe sich aus § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG i.V.m. § 47 Abs. 1 PBefG, der den Verkehr mit Taxen als Eigenleistung eines konzessionierten Unternehmers definiere. Die Antragstellerin könne die begünstigte Beförderungsleistung weder tatsächlich noch rechtlich selbst erbringen, sondern rechne gegenüber den Krankenkassen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung eine von der Beförderungsleistung zu unterscheidende Logistikleistung ab. Gründe für eine unbillige Härte durch den Vollzug der Bescheide seien nicht gegeben, weil der Antrag auf AdV offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe.

Entscheidungsgründe

 
II. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das wiederum ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Fall, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (BFH-Beschluss vom 11. Juni 2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663, m.w.N.). Die Aussetzung der Vollziehung setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (BFH-Beschluss vom 10. Mai 2001 I S 3/01, BFHE 194, 360, m.w.N.). Ist die Rechtslage nicht eindeutig, so ist im summarischen Verfahren nicht abschließend zu entscheiden, sondern zumindest im Regelfall die Vollziehung auszusetzen.
10 
Nach diesem Maßstab bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide. Die Frage, ob von einem nicht personenbeförderungsberechtigten Unternehmer abgerechnete Krankenfahrten, die nicht durch ihn selbst sondern konzessionierte Taxiunterunternehmer erbracht werden, dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, ist nicht eindeutig aus dem Gesetz abzuleiten.
11 
1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG ermäßigt sich der Steuersatz u.a. für die Beförderung von Personen im Verkehr mit Kraftdroschken innerhalb einer Gemeinde oder wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km beträgt. In der Fassung des UStG 2007 wurde der altertümliche Begriff der Kraftdroschke in Anpassung an das Personenbeförderungsgesetz durch das Wort Taxen ersetzt. Gemeinschaftsrechtliche "Grundlage" für diese - bereits vor Erlass der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) bestehende - Regelung ist Art. 12 Abs. 3 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach können die Mitgliedstaaten auf die in Anhang H bezeichneten Lieferungen und Dienstleistungen einen ermäßigten Steuersatz anwenden. Nach Anhang H Kategorie Nr. 5 gehört dazu auch die "Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks". Mit der Steuerbegünstigung sollen die Beförderungen im öffentlichen Nahverkehr, zu denen auch der besonderen Anforderungen unterliegende Betrieb von Taxen gehört, gleichermaßen erfasst werden. Die Regelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, soweit sie den Personenverkehr mit Taxen umsatzsteuerrechtlich besser behandelt als den Personenverkehr mit Mietwagen (Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 11. Februar 1992  1 BvL 29/87, BVerfGE 85, 238).
12 
2. Bei den streitigen Beförderungsleistungen handelt es sich um steuerbegünstigte Beförderungen von Personen im Taxenverkehr. Die Krankenversicherten wurden mit Kfz befördert, für die den jeweiligen Taxenunternehmern die behördliche Genehmigung zum Verkehr mit Taxen nach § 47 PBefG erteilt war. Die Beförderungsstrecke betrug nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragstellerin in allen Fällen nicht mehr als 50 km. Dass auch von Taxenunternehmern durchgeführte Krankenfahrten den Tatbestand des Taxenverkehrs erfüllen, ist in der Rechtsprechung des BFH anerkannt (BFH-Urteil vom 31. Mai 2007 V R 18/05, BFHE 217, 88, BStBl II 2008, 206).
13 
Entgegen der noch von der Betriebsprüfung geäußerten Auffassung kann die Steuerbegünstigung daher nicht versagt werden, weil die Krankenfahrt nicht von einem Taxistand aus angetreten wird und die Beförderungsaufträge nur am Betriebssitz der Antragstellerin entgegen genommen werden. Das ergibt sich auch aus § 47 Abs. 1 Satz 2 PBefG, der den Verkehr mit Taxen auf Beförderungsaufträge erweitert, die der Unternehmer während der Fahrt oder am Betriebssitz entgegennimmt. Die zentrale Auftragsannahme der Antragstellerin entspricht insoweit der einer Taxizentrale und macht die Beförderungsleistungen nicht zu einem Mietwagenverkehr. Ein Verkehr mit Mietwagen liegt nach § 49 Abs. 4 PBefG nicht vor, wenn die Personenbeförderung ein Verkehr mit Taxen nach § 47 PBefG ist. Die Ausführung von Beförderungsaufträgen, die am Betriebssitz des Unternehmers eingegangen sind, ist daher kein geeignetes Unterscheidungsmerkmal. Dass die Krankenbeförderung eine besondere Ausprägung des Taxenverkehrs ist, ergibt sich des weiteren aus der Verordnungsermächtigung in § 51 Abs. 3 PBefG, nach dessen Satz 3 Nr. 5 besondere Regelungen über die Krankenbeförderung mit Taxen getroffen werden können.
14 
Die der Besteuerung zugrunde gelegten Umsätze der Antragstellerin sind auch keine bloßen Vermittlungsleistungen, die dem vollen Steuersatz unterliegen würden (vgl. BFH-Beschluss vom 18. April 2007 V B 157/05, BFH/NV 2007, 1544). Die Antragstellerin hat sich durch den Rahmenvertrag gegenüber den Krankenkassen zur Beförderung von Versicherten für ein festgelegtes Entgelt verpflichtet. Diese Leistung hat sie - entgegen ihrem Vorbringen im behördlichen Aussetzungsverfahren - in eigenem Namen und auf eigene Rechnung gegenüber den Krankenkassen abgerechnet. Das ergibt sich bei summarischer Prüfung aus § 8 des Rahmenvertrages und den vorliegenden Abrechnungen der Antragstellerin (vgl. Bl. 87 d. Betriebsprüfungshandakte). Soweit die Antragstellerin gegenüber den Taxen- und Mietwagenunternehmen Vermittlungs- und Abrechnungsleistungen erbracht hat, waren diese dem vollen Steuersatz zu unterwerfen (vgl. § 1 Nr. 4 der Preisvereinbarung zwischen dem Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen und der Antragstellerin). Dass die Antragstellerin ihre Beförderungspflichten nicht selbst durchführt, sondern sich hierfür der Taxen- und Mietwagenunternehmen als Subunternehmer bzw. Kooperationspartner bedient, ist vertraglich vorgesehen (vgl. § 4 des Rahmenvertrages und § 3 des Kooperationsvertrages) und ändert nichts an der umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehung zwischen Antragstellerin und Krankenkassen. Da die Antragstellerin gegenüber den Krankenkassen nicht auf fremde Rechnung (der Taxen- und Mietwagenunternehmer) sondern auf eigene Rechnung und auf Grundlage einer eigenständigen Entgeltvereinbarung abgerechnet hat, liegt nach Aktenlage auch kein Fall der Dienstleistungskommission vor (§ 3 Abs. 11 UStG).
15 
3. Sind die auf die steuerbegünstigte Leistung bezogenen sachlichen Tatbestandsmerkmale des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG erfüllt, ist ernstlich zweifelhaft ob die Steuervergünstigung versagt werden darf, weil die Antragstellerin selbst keine eigenen Fahrzeuge für die Personenbeförderung und die hierfür notwendige Genehmigung besitzt.
16 
Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG enthält keinen Hinweis auf die Notwendigkeit eines personenbezogenen Merkmals dahin, dass nur der Taxenunternehmer selbst in den Genuss der Steuervergünstigung kommen soll. Der Gesetzgeber knüpft die Steuerermäßigung für die Personenbeförderung an zwei Voraussetzungen: die Beförderungsart (Taxenverkehr) und die Beförderungsstrecke (Nahverkehr oder Beförderungsstrecke von nicht mehr als 50 km). Beides sind objektiv an die Leistung und nicht an den Leistungserbringer anknüpfende Merkmale. Soweit das Personenbeförderungsrecht die Beförderungsleistung und die Person des sie ausführenden Taxenunternehmers dahin verknüpft, dass nur fachlich geeignete Personen eine für die Personenbeförderung notwendige Genehmigung erhalten (§ 13 Abs. 1 PBefG), liegen dem spezifisch polizeirechtliche, nicht aber steuerliche Gründe zugrunde. Eine Erstreckung der an den Unternehmer im Sinne des Personenbeförderungsrechts zu stellenden Anforderungen auf die Steuervergünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG erscheint nicht geboten. Aufgrund des allgemeinen Verbrauchsteuercharakters der Umsatzsteuer werden Steuervergünstigungen grundsätzlich nur im Interesse der Letztverbraucher gewährt (Klenk in: Sölch/Ringleb, UStG, § 12 Rdnr. 471). Bei der Auslegung der Steuervergünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG ist daher in erster Linie dem Gedanken Rechnung zu tragen, dass die Preise für den Personennahverkehr durch den ermäßigten Steuersatz verbilligt werden sollen. Aus der Sicht des Letztverbrauchers spielt es aber keine Rolle, ob die von ihm in Anspruch genommene Beförderungsleistung eines Taxenunternehmers auf einem Direktauftrag beruht oder der Auftrag weiter vermittelt wurde.
17 
Der wirtschaftliche und rechtliche Hintergrund der von der Antragstellerin betriebenen Krankenfahrten liefert ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, die Steuervergünstigung auf Taxenunternehmer zu beschränken. Die rechtlichen Grundlagen für die Erstattung von Fahrkosten (für Krankenfahrten) finden sich in §§ 60 und 133 SGB V. § 60 SGB V regelt den Anspruch des Versicherten auf Übernahme von Fahrkosten als Sachleistung der Krankenkassen. Fahrkosten werden - nach Maßgabe weiterer (einschränkender) Voraussetzungen - übernommen, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Kann der Versicherte ein öffentliches Verkehrsmittel nicht benutzen und fährt er deshalb mit einem Taxi oder Mietwagen, wird gem. § 60 Abs. 3 Nr. 2 SGB V der nach § 133 SGB V berechnungsfähige Betrag anerkannt. Die letztgenannte Vorschrift hat die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den Erbringern von Krankentransportleistungen zum Gegenstand. Nach § 133 Abs. 1 SGB V schließen die Krankenkassen oder ihre Verbände Verträge über die Vergütung von Krankentransportleistungen, soweit die Entgelte für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rettungsdienstes und anderer Krankentransporte nicht durch landesrechtliche oder kommunalrechtliche Bestimmungen (vgl. das Rettungsdienstgesetz Baden Württemberg v. 16.7.1998, GBl. S. 437) festgelegt werden. Dabei haben sie zur Kostendämpfung den Grundsatz der Beitragssatzstabilität in § 71 Abs. 1 bis 3 SGB V zu beachten und die Preisvereinbarung auf möglichst preisgünstige Versorgungsmöglichkeiten auszurichten (§ 133 Abs. 1 Satz 1 und 7 SGB V). Die vereinbarten Preise sind außerdem Höchstpreise (§ 133 Abs. 1 Satz 6 SGB V). Diese Bestimmungen gelten gem. § 133 Abs. 3 SGB V auch für die hier streitigen Leistungen des so genannten „einfachen Krankentransports“ im Rahmen des Personenbeförderungsgesetzes.
18 
Auf der Grundlage dieser Regelungen hat die Antragstellerin mit verschiedenen Krankenkassen den Rahmenvertrag vom 1. Juni 2006 über die Durchführung und Vergütung von Krankenfahrten abgeschlossen. Bestandteil dieses Rahmenvertrags ist die Preisvereinbarung (Anlage 2 des Rahmenvertrags). Hierdurch können die Krankenkassen durch den Abschluss von Sondervereinbarungen nach § 51 Abs. 2 PBefG Einfluss auf die wirtschaftliche Leistungserbringung nehmen. Ihre Einflussmöglichkeiten muss sie nicht zuletzt im Hinblick auf den Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V) und das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) auch wahrnehmen. Die Sondervereinbarungen sind daher sowohl sozialversicherungsrechtlich als personenbeförderungsrechtlich üblich und anerkannt (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. April 2007 L 5 KR 518/07 ER-B, juris; VG Schleswig-Holstein, Beschluss vom  20. Oktober 2006 3 B 120/06, juris).
19 
Die Aussetzung der Vollziehung wirkt nur in die Zukunft und ist deshalb insbesondere nicht geeignet, Säumniszuschläge zu beseitigen, die in der Zeit zwischen der Fälligkeit der festgesetzten Steuer und der Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung entstanden sind (BFH-Beschlüsse vom 23. Juni 1977 V B 41/73, BFHE 122, 258, BStBl II 1977, 645; vom 6. September 1989 II B 33/89, BFH/NV 1990, 670). Dazu bedarf es der in § 69 Abs. 2 und 3 FGO ebenfalls vorgesehenen Aufhebung der Vollziehung (BFH-Urteil vom 30. März 1993 VII R 37/92, BFH/NV 1994, 4; BFH-Beschluss vom 10. Dezember 1986 I B 121/86, BFHE 149, 6, BStBl II 1987, 389). Auch diese ist der Antragstellerin zu gewähren.
20 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Gründe

 
II. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das wiederum ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Fall, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (BFH-Beschluss vom 11. Juni 2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663, m.w.N.). Die Aussetzung der Vollziehung setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (BFH-Beschluss vom 10. Mai 2001 I S 3/01, BFHE 194, 360, m.w.N.). Ist die Rechtslage nicht eindeutig, so ist im summarischen Verfahren nicht abschließend zu entscheiden, sondern zumindest im Regelfall die Vollziehung auszusetzen.
10 
Nach diesem Maßstab bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide. Die Frage, ob von einem nicht personenbeförderungsberechtigten Unternehmer abgerechnete Krankenfahrten, die nicht durch ihn selbst sondern konzessionierte Taxiunterunternehmer erbracht werden, dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, ist nicht eindeutig aus dem Gesetz abzuleiten.
11 
1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG ermäßigt sich der Steuersatz u.a. für die Beförderung von Personen im Verkehr mit Kraftdroschken innerhalb einer Gemeinde oder wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km beträgt. In der Fassung des UStG 2007 wurde der altertümliche Begriff der Kraftdroschke in Anpassung an das Personenbeförderungsgesetz durch das Wort Taxen ersetzt. Gemeinschaftsrechtliche "Grundlage" für diese - bereits vor Erlass der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) bestehende - Regelung ist Art. 12 Abs. 3 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach können die Mitgliedstaaten auf die in Anhang H bezeichneten Lieferungen und Dienstleistungen einen ermäßigten Steuersatz anwenden. Nach Anhang H Kategorie Nr. 5 gehört dazu auch die "Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks". Mit der Steuerbegünstigung sollen die Beförderungen im öffentlichen Nahverkehr, zu denen auch der besonderen Anforderungen unterliegende Betrieb von Taxen gehört, gleichermaßen erfasst werden. Die Regelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, soweit sie den Personenverkehr mit Taxen umsatzsteuerrechtlich besser behandelt als den Personenverkehr mit Mietwagen (Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 11. Februar 1992  1 BvL 29/87, BVerfGE 85, 238).
12 
2. Bei den streitigen Beförderungsleistungen handelt es sich um steuerbegünstigte Beförderungen von Personen im Taxenverkehr. Die Krankenversicherten wurden mit Kfz befördert, für die den jeweiligen Taxenunternehmern die behördliche Genehmigung zum Verkehr mit Taxen nach § 47 PBefG erteilt war. Die Beförderungsstrecke betrug nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragstellerin in allen Fällen nicht mehr als 50 km. Dass auch von Taxenunternehmern durchgeführte Krankenfahrten den Tatbestand des Taxenverkehrs erfüllen, ist in der Rechtsprechung des BFH anerkannt (BFH-Urteil vom 31. Mai 2007 V R 18/05, BFHE 217, 88, BStBl II 2008, 206).
13 
Entgegen der noch von der Betriebsprüfung geäußerten Auffassung kann die Steuerbegünstigung daher nicht versagt werden, weil die Krankenfahrt nicht von einem Taxistand aus angetreten wird und die Beförderungsaufträge nur am Betriebssitz der Antragstellerin entgegen genommen werden. Das ergibt sich auch aus § 47 Abs. 1 Satz 2 PBefG, der den Verkehr mit Taxen auf Beförderungsaufträge erweitert, die der Unternehmer während der Fahrt oder am Betriebssitz entgegennimmt. Die zentrale Auftragsannahme der Antragstellerin entspricht insoweit der einer Taxizentrale und macht die Beförderungsleistungen nicht zu einem Mietwagenverkehr. Ein Verkehr mit Mietwagen liegt nach § 49 Abs. 4 PBefG nicht vor, wenn die Personenbeförderung ein Verkehr mit Taxen nach § 47 PBefG ist. Die Ausführung von Beförderungsaufträgen, die am Betriebssitz des Unternehmers eingegangen sind, ist daher kein geeignetes Unterscheidungsmerkmal. Dass die Krankenbeförderung eine besondere Ausprägung des Taxenverkehrs ist, ergibt sich des weiteren aus der Verordnungsermächtigung in § 51 Abs. 3 PBefG, nach dessen Satz 3 Nr. 5 besondere Regelungen über die Krankenbeförderung mit Taxen getroffen werden können.
14 
Die der Besteuerung zugrunde gelegten Umsätze der Antragstellerin sind auch keine bloßen Vermittlungsleistungen, die dem vollen Steuersatz unterliegen würden (vgl. BFH-Beschluss vom 18. April 2007 V B 157/05, BFH/NV 2007, 1544). Die Antragstellerin hat sich durch den Rahmenvertrag gegenüber den Krankenkassen zur Beförderung von Versicherten für ein festgelegtes Entgelt verpflichtet. Diese Leistung hat sie - entgegen ihrem Vorbringen im behördlichen Aussetzungsverfahren - in eigenem Namen und auf eigene Rechnung gegenüber den Krankenkassen abgerechnet. Das ergibt sich bei summarischer Prüfung aus § 8 des Rahmenvertrages und den vorliegenden Abrechnungen der Antragstellerin (vgl. Bl. 87 d. Betriebsprüfungshandakte). Soweit die Antragstellerin gegenüber den Taxen- und Mietwagenunternehmen Vermittlungs- und Abrechnungsleistungen erbracht hat, waren diese dem vollen Steuersatz zu unterwerfen (vgl. § 1 Nr. 4 der Preisvereinbarung zwischen dem Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen und der Antragstellerin). Dass die Antragstellerin ihre Beförderungspflichten nicht selbst durchführt, sondern sich hierfür der Taxen- und Mietwagenunternehmen als Subunternehmer bzw. Kooperationspartner bedient, ist vertraglich vorgesehen (vgl. § 4 des Rahmenvertrages und § 3 des Kooperationsvertrages) und ändert nichts an der umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehung zwischen Antragstellerin und Krankenkassen. Da die Antragstellerin gegenüber den Krankenkassen nicht auf fremde Rechnung (der Taxen- und Mietwagenunternehmer) sondern auf eigene Rechnung und auf Grundlage einer eigenständigen Entgeltvereinbarung abgerechnet hat, liegt nach Aktenlage auch kein Fall der Dienstleistungskommission vor (§ 3 Abs. 11 UStG).
15 
3. Sind die auf die steuerbegünstigte Leistung bezogenen sachlichen Tatbestandsmerkmale des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG erfüllt, ist ernstlich zweifelhaft ob die Steuervergünstigung versagt werden darf, weil die Antragstellerin selbst keine eigenen Fahrzeuge für die Personenbeförderung und die hierfür notwendige Genehmigung besitzt.
16 
Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG enthält keinen Hinweis auf die Notwendigkeit eines personenbezogenen Merkmals dahin, dass nur der Taxenunternehmer selbst in den Genuss der Steuervergünstigung kommen soll. Der Gesetzgeber knüpft die Steuerermäßigung für die Personenbeförderung an zwei Voraussetzungen: die Beförderungsart (Taxenverkehr) und die Beförderungsstrecke (Nahverkehr oder Beförderungsstrecke von nicht mehr als 50 km). Beides sind objektiv an die Leistung und nicht an den Leistungserbringer anknüpfende Merkmale. Soweit das Personenbeförderungsrecht die Beförderungsleistung und die Person des sie ausführenden Taxenunternehmers dahin verknüpft, dass nur fachlich geeignete Personen eine für die Personenbeförderung notwendige Genehmigung erhalten (§ 13 Abs. 1 PBefG), liegen dem spezifisch polizeirechtliche, nicht aber steuerliche Gründe zugrunde. Eine Erstreckung der an den Unternehmer im Sinne des Personenbeförderungsrechts zu stellenden Anforderungen auf die Steuervergünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG erscheint nicht geboten. Aufgrund des allgemeinen Verbrauchsteuercharakters der Umsatzsteuer werden Steuervergünstigungen grundsätzlich nur im Interesse der Letztverbraucher gewährt (Klenk in: Sölch/Ringleb, UStG, § 12 Rdnr. 471). Bei der Auslegung der Steuervergünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG ist daher in erster Linie dem Gedanken Rechnung zu tragen, dass die Preise für den Personennahverkehr durch den ermäßigten Steuersatz verbilligt werden sollen. Aus der Sicht des Letztverbrauchers spielt es aber keine Rolle, ob die von ihm in Anspruch genommene Beförderungsleistung eines Taxenunternehmers auf einem Direktauftrag beruht oder der Auftrag weiter vermittelt wurde.
17 
Der wirtschaftliche und rechtliche Hintergrund der von der Antragstellerin betriebenen Krankenfahrten liefert ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, die Steuervergünstigung auf Taxenunternehmer zu beschränken. Die rechtlichen Grundlagen für die Erstattung von Fahrkosten (für Krankenfahrten) finden sich in §§ 60 und 133 SGB V. § 60 SGB V regelt den Anspruch des Versicherten auf Übernahme von Fahrkosten als Sachleistung der Krankenkassen. Fahrkosten werden - nach Maßgabe weiterer (einschränkender) Voraussetzungen - übernommen, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Kann der Versicherte ein öffentliches Verkehrsmittel nicht benutzen und fährt er deshalb mit einem Taxi oder Mietwagen, wird gem. § 60 Abs. 3 Nr. 2 SGB V der nach § 133 SGB V berechnungsfähige Betrag anerkannt. Die letztgenannte Vorschrift hat die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den Erbringern von Krankentransportleistungen zum Gegenstand. Nach § 133 Abs. 1 SGB V schließen die Krankenkassen oder ihre Verbände Verträge über die Vergütung von Krankentransportleistungen, soweit die Entgelte für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rettungsdienstes und anderer Krankentransporte nicht durch landesrechtliche oder kommunalrechtliche Bestimmungen (vgl. das Rettungsdienstgesetz Baden Württemberg v. 16.7.1998, GBl. S. 437) festgelegt werden. Dabei haben sie zur Kostendämpfung den Grundsatz der Beitragssatzstabilität in § 71 Abs. 1 bis 3 SGB V zu beachten und die Preisvereinbarung auf möglichst preisgünstige Versorgungsmöglichkeiten auszurichten (§ 133 Abs. 1 Satz 1 und 7 SGB V). Die vereinbarten Preise sind außerdem Höchstpreise (§ 133 Abs. 1 Satz 6 SGB V). Diese Bestimmungen gelten gem. § 133 Abs. 3 SGB V auch für die hier streitigen Leistungen des so genannten „einfachen Krankentransports“ im Rahmen des Personenbeförderungsgesetzes.
18 
Auf der Grundlage dieser Regelungen hat die Antragstellerin mit verschiedenen Krankenkassen den Rahmenvertrag vom 1. Juni 2006 über die Durchführung und Vergütung von Krankenfahrten abgeschlossen. Bestandteil dieses Rahmenvertrags ist die Preisvereinbarung (Anlage 2 des Rahmenvertrags). Hierdurch können die Krankenkassen durch den Abschluss von Sondervereinbarungen nach § 51 Abs. 2 PBefG Einfluss auf die wirtschaftliche Leistungserbringung nehmen. Ihre Einflussmöglichkeiten muss sie nicht zuletzt im Hinblick auf den Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V) und das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) auch wahrnehmen. Die Sondervereinbarungen sind daher sowohl sozialversicherungsrechtlich als personenbeförderungsrechtlich üblich und anerkannt (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. April 2007 L 5 KR 518/07 ER-B, juris; VG Schleswig-Holstein, Beschluss vom  20. Oktober 2006 3 B 120/06, juris).
19 
Die Aussetzung der Vollziehung wirkt nur in die Zukunft und ist deshalb insbesondere nicht geeignet, Säumniszuschläge zu beseitigen, die in der Zeit zwischen der Fälligkeit der festgesetzten Steuer und der Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung entstanden sind (BFH-Beschlüsse vom 23. Juni 1977 V B 41/73, BFHE 122, 258, BStBl II 1977, 645; vom 6. September 1989 II B 33/89, BFH/NV 1990, 670). Dazu bedarf es der in § 69 Abs. 2 und 3 FGO ebenfalls vorgesehenen Aufhebung der Vollziehung (BFH-Urteil vom 30. März 1993 VII R 37/92, BFH/NV 1994, 4; BFH-Beschluss vom 10. Dezember 1986 I B 121/86, BFHE 149, 6, BStBl II 1987, 389). Auch diese ist der Antragstellerin zu gewähren.
20 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Tenor

Abweichend von dem Bescheid über Umsatzsteuer vom 28.01.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.04.2011 wird die Umsatzsteuer für 2007 um … € auf … € herabgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob von der Klägerin gegenüber einer gesetzlichen Krankenkasse abgerechnete Krankenfahrten mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen und mit Taxen nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b des UmsatzsteuergesetzesUStG – steuerfrei bzw. nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung mit dem ermäßigten Steuersatz oder ob diese Fahrten mit dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG zu versteuern sind.

2

Die Klägerin ist eine im … von Ärzten gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Gegenstand ihres Unternehmens ist die logistische Unterstützung der Praxen im … . Am 26.09.2007 schloss sie mit der K (nachfolgend Krankenkasse) eine Vereinbarung über die Durchführung von Krankenfahrten zur Dialyse. Die als modellhaft bezeichnete Vereinbarung regelte die Koordination und Organisation sowie die Rechnungslegung und Vergütung von Fahrten nach § 60 des Sozialgesetzbuches – SGB – Fünftes Buch – V – (Krankenfahrten) in eine Gemeinschaftspraxis für … in … (vgl. § 1 Abs. 1 der Vereinbarung). Zweck der Vereinbarung war eine Optimierung der Krankenfahrten unter Beachtung des § 12 SGB V (Wirtschaftlichkeitsgebot) für Dialysepatienten unter anderem durch die Organisation von Gemeinschaftsfahrten (vgl. § 1 Abs. 2 der Vereinbarung). Die Vereinbarung sah vor, dass die Klägerin für die Koordination und Organisation der Fahraufträge mit geeigneten Taxi- oder Mietwagenunternehmen unter Berücksichtigung der in dieser Vereinbarung getroffenen Regelungen gesonderte Vereinbarungen für Serien- und Gemeinschaftsfahrten von Patienten der oben genannten Praxis zu Dialysebehandlungen schloss (vgl. § 2 Abs. 1 der Vereinbarung). Gemäß § 2 Abs. 2 der Vereinbarung gewährleistete die Klägerin, dass die Patientenfahrten nach den gesetzlichen und vertraglichen Qualitätsstandards erfolgen. § 2 Abs. 3 der Vereinbarung sah vor, dass die Klägerin die Durchführung der Serien- und Gemeinschaftsfahrten im Auftrag der durch den Abschluss einer Patiententransportvereinbarung beteiligten Unternehmen organisiert und dass die Organisation und Koordination der Serien- und Gemeinschaftsfahrten im Rahmen der Patiententransportvereinbarung durch die Erteilung von Fahraufträgen an die Unternehmer erfolgt. § 3 der Vereinbarung bestimmte die einzuhaltenden Qualitätskriterien näher. Er sah unter anderem vor, dass die Unternehmen die anfallenden Patientenfahrten erst nach Vorlage der auf den Namen der Krankenkasse vollständig ausgefüllten ärztlichen Verordnung einer Krankenbeförderung und nach vorheriger Genehmigung durchführen (Abs. 1), dass die Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes in der jeweils gültigen Fassung einzuhalten sind (Abs. 2) und dass die Unternehmen sicherstellen, dass die Fahrten zur Behandlung zeitlich so angetreten werden, dass ein termingerechter Behandlungstermin und eine termingerechte Rückfahrt gesichert sind (Abs. 3). § 4 Abs. 1 der Vereinbarung sah vor, dass der Klägerin die Krankenfahrten zur Dialyse, die im Rahmen dieses Vertrages durchgeführt werden, von der Krankenkasse pauschal pro Fahrt und Patient vergütet werden. Die Höhe der Pauschale hing von der Art und Weise der Beförderung ab (vgl. § 4 Abs. 2 bis 5 der Vereinbarung). Neben den hier geregelten Preisen durften keine zusätzlichen Beförderungsentgelte erhoben werden (vgl. § 4 Abs. 6 der Vereinbarung). Die Koordination und Organisation der Fahrten  erfolgte nach § 4 Abs. 7 dieser Vereinbarung durch die Klägerin und war für die Krankenkasse unentgeltlich. Die Vereinbarung vom 26.09.2007, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 15 bis 22 der Umsatzsteuerakte), trat am 01.10.2007 in Kraft (vgl. § 10 der Vereinbarung).

3

Vorbild für diese Vereinbarung war nach Auskunft der X ein Vertrag, der im Jahr 2006 zwischen der Krankenkasse und dem Y geschlossen worden war. Von der Krankenkasse seien – mit Ausnahme der Vergütungshöhe – sieben Verträge gleichen Inhalts geschlossen worden, davon einer mit einem Taxiunternehmen als Koordinator. Die Vertragsbedingungen seien von der Krankenkasse vorgegeben bzw. einheitliche Vertragsbedingungen von ihr – mit Ausnahme der Vergütung – durchgesetzt worden. Außerdem sei zeitgleich mit dem Vertrag mit der Klägerin eine Vereinbarung mit dem Z in Kraft getreten, die für alle Taxi- und Mietwagenunternehmer gelte, die diese Vereinbarung schriftlich anerkennen würden. Die vertraglichen Bedingungen (Qualitätskriterien), die für Taxi- und Mietwagenunternehmer gegolten hätten, die die mit dem Z geschlossene Vereinbarung anerkannt hätten, seien mit den Bedingungen (Qualitätskriterien) für Unternehmen, die einen Vertrag mit der Klägerin geschlossen hätten, zwar nicht identisch, aber aufgrund der gesetzlichen Vorgaben und der vertraglichen Qualitätsstandards (vgl. § 3 Abs. 1 bis 5 des Vertrages mit der Klägerin) – mit Ausnahme der auf Wunsch der Patienten vorzunehmenden Begleitung vom Fahrzeug bis zur Praxis bzw. umgekehrt (vgl. § 3 Abs. 6 des Vertrages mit der Klägerin) – im Wesentlichen vergleichbar gewesen. Allerdings habe sich die Höhe der mit der Klägerin vereinbarten Vergütung für Krankenfahrten zur Dialyse und die Höhe der Vergütung, die Taxi- und Mietwagenunternehmer, die den mit dem Z abgeschlossenen Vertrag anerkannt hätten, grundsätzlich unterschieden. Wegen der Einzelheiten wird auf die beiden Auskünfte der X vom 23.01.2015 und 05.02.2015 (Bl. 271, 272, 279 und 280 der Gerichtsakte) Bezug genommen.

4

Die Klägerin schloss ihrerseits Vereinbarungen über die Durchführung von Krankenfahrten zur Dialysebehandlung mit Beförderungsunternehmen ab, die eine Genehmigung für den Verkehr mit Taxen hatten. Während § 4 der zwischen der Klägerin und der Krankenkasse getroffenen Vereinbarung kilometerunabhängige Pauschalen je Fahrt und Versicherten vorsah, hing die zwischen der Klägerin und den Beförderungsunternehmen vereinbarte Vergütung auch von der gefahrenen Strecke ab (vgl. Bl. 23 bis 29 der Umsatzsteuerakte). Nach den Feststellungen der vom Beklagten durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung führten die privaten Taxiunternehmen die Krankentransporte mit dafür besonders hergerichteten Fahrzeugen und mit „normalen“ Taxen durch.

5

Die Taxiunternehmen rechneten die von ihnen durchgeführten Krankenfahrten entsprechend den mit der Klägerin vereinbarten Entgelten ab. Die Klägerin rechnete die durchgeführten Krankenfahrten wiederum gegenüber der Krankenkasse auf der Grundlage des mit ihr geschlossenen Vertrages ab. In ihrer Buchführung wies die Klägerin für die von der Krankenkasse vergüteten Krankenfahrten nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG steuerfreie Umsätze in Höhe von … € netto (Konto 08110) und mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernde Transporterlöse in Höhe von … € netto (Konto 08301) aus. Diese Beträge sind unstreitig. Eine vom Beklagten festgestellte Differenz zu den von der Klägerin vorgelegten Abrechnungen mit der Krankenkasse über … € (brutto) vermögen die Beteiligten nicht mehr aufzuklären. Die Klägerin ist damit einverstanden, dass aus Vereinfachungsgründen die sich aus ihrer Buchführung ergebenden (höheren) Nettoerlöse zu Grunde gelegt werden (Schriftsatz vom 16.07.2014). Zwischen den Beteiligten ist ebenfalls unstreitig, dass den auf dem Konto 08110 ausgewiesenen Nettoerlösen Beförderungen von kranken oder verletzten Personen mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen der Subunternehmer und dass den auf dem Konto 08301 ausgewiesenen Nettoerlösen Fahrten mit Taxen der Subunternehmer innerhalb der Grenzen des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b Doppelbuchstaben aa oder bb UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung zugrunde liegen.

6

In seinem Bericht über die bei der Klägerin durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat der Prüfer des Beklagten die Ansicht, dass die Klägerin gegenüber der Krankenkasse eine einheitliche Leistung (Koordination, Organisation, Rechnungslegung und Vergütung von Krankenfahrten) erbringe. Die Beförderungsleistungen (Krankenfahrten) seien keine selbständigen Leistungen, sondern Bestandteil einer Gesamtleistung, die der Regelbesteuerung unterliege, weil es an einem Befreiungstatbestand fehle und der ermäßigte Steuersatz nicht anzuwenden sei. Für die auf dem Konto 08110 ausgewiesenen Nettoerlöse ermittelte der Prüfer Mehrsteuern in Höhe von … € (… € x 19 %), für die auf dem Konto 08301 ausgewiesenen Nettoerlöse Mehrsteuern in Höhe von … € (rund … € x 12%).

7

Der Beklagte folgte den Feststellungen seines Prüfers und setzte die Umsatzsteuer für 2007 mit Bescheid vom 28.01.2009 entsprechend fest. Den hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Einspruch, mit dem die Klägerin daran festhielt, dass sie steuerfreie Krankenfahrten und steuerermäßigte Taxileistungen erbracht habe, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 13.04.2011 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin weder nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG steuerfreie noch nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG steuerermäßigte Umsätze ausgeführt habe. Nach diesen Vorschriften seien zwar die von den Taxiunternehmen ausgeführten Umsätze steuerfrei bzw. steuerermäßigt gewesen, nicht aber die der Klägerin, weil diese die Krankenfahrten nicht selbst ausgeführt habe. Für die Vermittlung der Krankenfahrten sehe das Gesetz keinen Befreiungstatbestand vor. Die Klägerin habe sich mit dem Rahmenvertrag gegenüber der Krankenkasse zur Beförderung ihrer Versicherten für ein festgelegtes Entgelt verpflichtet. Diese Leistungen habe sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gegenüber der Krankenkasse abgerechnet. Dass die Klägerin ihre Beförderungspflichten nicht selbst durchführe, sondern sich hierfür anderer Unternehmen als Subunternehmer bedient habe, sei vertraglich vorgesehen gewesen. Insofern habe die Klägerin wie eine Taxizentrale agiert. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Umsätze einer Taxizentrale komme indes nur in Betracht, wenn diese über eine eigene Taxikonzession verfüge. Über eine solche Konzession habe die Klägerin nicht verfügt. Da die Klägerin ihre Leistungen gegenüber der Krankenkasse nicht für fremde, sondern auf eigene Rechnung abgerechnet habe, liege auch kein Fall einer Dienstleistungskommission (§ 3 Abs. 11 UStG) vor. Die Klägerin könne sich für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen (§ 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG) auch nicht auf das Urteil des Bundesfinanzhofes – BFH – vom 18.01.1995 (XI R 71/93, BStBl II 1995, 559) berufen, weil sie – anders als die Klägerin in dem dortigen Verfahren – über keine eigenen Fahrzeuge verfügt und die Leistungen auch nicht selbst erbracht habe.

8

Die Klägerin hat am 05.05.2011 Klage erhoben.

9

Sie weist darauf hin, dass Hauptinhalt des von ihr mit der Krankenkasse abgeschlossenen Vertrages der Krankentransport sei. Die Klägerin sei dafür verantwortlich, dass kranke Menschen zur Dialyse gebracht würden. Die Koordinierung und Abrechnung der Fahrten sei nur eine unselbständige Nebenleistung.

10

Für die Steuerfreiheit der von ihr erbrachten Leistungen beruft sie sich auf die Gesetzesbegründung (Begründung zum Entwurf eines Umsatzsteuergesetzes 1979, BT-Drucksache 8/1779, Seite 34) und von ihr näher bezeichnete Rechtsprechung und Kommentarliteratur, nach der § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG weder verlange, dass die Beförderungen aufgrund von Beförderungsverträgen erbracht würden, noch dass der Empfänger der umsatzsteuerlichen Leistung und die beförderte Person identisch seien. Die Krankenfahrten, für die sie die Umsatzsteuerfreiheit begehre, seien mit für die Beförderung von kranken und verletzten Personen besonders eingerichteten Fahrzeugen durchgeführt worden. Abweichend von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe p der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art 132 Abs. 1 Buchstabe p der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) verlange § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG für die Steuerfreiheit keine „ordnungsgemäß anerkannte Einrichtung“. Die Steuerfreiheit könne auch nicht deshalb versagt werden, weil sie die Krankenfahrten nicht mit eigenen Fahrzeugen durchgeführt habe. § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG verlange nur, dass es sich um Leistungen handele, die ihrer Art nach die Beförderung von kranken und verletzten Personen mit besonders eingerichteten Fahrzeugen zum Gegenstand hätten.

11

Für die Steuerermäßigung der von ihr erbrachten Leistungen beruft sie sich auf eine Entscheidung des Finanzgerichts – FG – Baden-Württemberg vom 04.08.2009. Das Finanzgericht habe für einen vergleichbaren Fall entschieden, dass ernstlich zweifelhaft sei, ob von einem nicht personenbeförderungsberechtigten Unternehmer gegenüber Krankenkassen abgerechnete Krankenfahrten, die nicht von dem Unternehmer selbst, sondern von konzessionierten Taxiunternehmern erbracht würden, dem vollen Steuersatz unterlägen (FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009 1 V 1346/09, EFG 2010, 87). Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG enthalte keinen Hinweis auf die Notwendigkeit eines personenbezogenen Merkmals. Somit kämen nicht nur Taxiunternehmer sondern auch andere Personenbeförderer in den Genuss des ermäßigten Steuersatzes. Der Gesetzgeber habe die Steuerermäßigung für die Personenbeförderung von zwei objektiv an die Leistung anknüpfende Voraussetzungen – die Beförderungsart (Taxenverkehr) und die Beförderungstrecke (Nahverkehr oder nicht mehr als 50 km) abhängig gemacht. Auch aus der maßgeblichen Sicht des Letztverbrauchers spiele es keine Rolle, ob die von ihm in Anspruch genommene Beförderungsleistung auf einem Direkt- oder einem weiter vermittelten Auftrag beruhe. Außerdem beruft sich die Klägerin für die Steuerermäßigung auf die nunmehr ergangenen Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft – EuGH – vom 27.02.2014 (C-454/12 und C 455/12, juris) und des BFH vom 02.07.2014 (XI R 39/10, BFH/NV 2014, 2019). Hiernach sei der ermäßigte Steuersatz für Krankentransporte anzuwenden, die aufgrund einer auch für Taxiunternehmen geltenden Sondervereinbarung mit einer Krankenkasse erbracht würden.

12

Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 18.01.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.04.2011 aufzuheben und die Umsatzsteuer für das Jahr 2007 auf … € festzusetzen sowie
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

13

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

14

Er weist darauf hin, dass der von der Klägerin zitierte Beschluss des Finanzgerichts Baden-Württemberg in einem „AdV-Verfahren“ ergangen sei. Im Übrigen übersehe die Klägerin, dass im Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG zu überprüfen sei, ob ein begünstigter Taxenverkehr im Sinne des § 47 des PersonenbeförderungsgesetzesPBefG – vorliege. Da die Klägerin die für den Verkehr mit Taxen erforderliche Genehmigung nicht besitze, seien ihre Leistungen nicht steuerermäßigt. Im Übrigen nimmt er Bezug auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung und weist noch einmal darauf hin, dass die Klägerin die Leistungen nicht mit eigenen Fahrzeugen erbracht habe.

15

Das Verfahren hat aufgrund des Beschlusses des Berichterstatters vom 31.01.2014 bis zur Entscheidung in dem beim EuGH unter den Aktenzeichen C-454/12 und C-455/12 anhängig gewesenen Verfahren am 27.02.2014 geruht.

16

Dem Senat lagen je ein Band Umsatzsteuer- und Rechtsbehelfsakten des Beklagten vor.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Klage ist begründet.

18

I.) Der angefochtene Bescheid und die Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO).

19

Abweichend von den angefochtenen Bescheiden war die Umsatzsteuer für 2007 um … € auf … € herabzusetzen. Denn die von der Klägerin gegenüber der Krankenkasse abgerechneten Leistungen sind im Umfang der sich aus dem Konto 08110 ergebenden Nettoerlöse (… €) steuerfrei und im Umfang der sich aus dem Konto 08301 ergebenden Nettoerlöse (rund … €) nur mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern. Die Klägerin hat gegenüber der Krankenkasse im eigenen Namen und für eigene Rechnung einheitliche Leistungen – nämlich die Koordination, Organisation, Durchführung und Abrechnung von Krankenfahrten – erbracht, deren steuerliches Schicksal sich nach den von ihr dabei erbrachten Hauptleistungen – der Beförderung der Patienten zur Dialyseeinrichtung und zurück – richtet. Soweit diese Krankenfahrten mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen der Subunternehmer durchgeführt worden sind, sind auch die von der Klägerin gegenüber der Krankenkasse erbrachten Leistungen nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG steuerfrei. Soweit sie mit Taxen der Subunternehmer innerhalb der Grenzen des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b Doppelbuchstaben aa oder bb UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung durchgeführt worden sind, sind sie nur mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern.

20

1.) Da die Klägerin – wie sich aus den vorliegenden Verträgen und deren Durchführung ergibt – gegenüber ihren Vertragspartnern im eigenen Namen und für eigene Rechnung tätig geworden ist, liegt im Streitfall kein Fall einer Leistungskommission (§ 3 Abs. 11 UStG) vor (vgl. Finanzgericht – FG – Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009 1 V 1346/09, EFG 2010, 87; FG Münster, Urteil vom 17.06.2014 15 K 3100/09, EFG 2014, 1623). Die Klägerin hat mit der Koordination, Organisation, Durchführung und Abrechnung der Krankenfahrten vielmehr auf eigene Rechnung Leistungen ausgeführt, deren steuerliches Schicksal sich nach der dabei jeweils erbrachten Hauptleistung – der Beförderung der Patienten zur Dialyseeinrichtung und zurück – richtet.

21

a.) In der Regel ist jeder Umsatz als eigenständige, selbstständige Leistung zu betrachten. Allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb sind die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Unternehmer dem Leistungsempfänger mehrere selbständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn eine oder mehrere Einzelleistungen eine Hauptleistung und die andere Einzelleistung oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebentätigkeiten bilden, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen, wobei eine Leistung als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen ist, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Das Gleiche gilt, wenn der Unternehmer für den Leistungsempfänger zwei oder mehrere Handlungen vornimmt, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl. BFH-Urteil vom 30.06.2011 V R 44/10, BStBl II 2011, 1003; BFH-Urteil vom 08.08.2013 V R 13/12, BFH/NV 2014, 123).

22

b.) Gemäß § 1 („Gegenstand der Vereinbarung“) Abs. 1 der zwischen der Klägerin und der Krankenkasse am 26.09.2007 geschlossenen Vereinbarung regelt diese die Koordination und Organisation sowie die Rechnungsstellung und Vergütung von Krankenfahrten. Zwar wird die Beförderung der Patienten in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung nicht ausdrücklich erwähnt. Dass auch – und gerade diese – Gegenstand der von der Klägerin ausgeführten Leistungen war, ergibt sich indes zwanglos aus der unter § 4 getroffenen Vergütungsregelung. Hiernach hat die Klägerin die Vergütung für die Krankenfahrten erhalten. Die Koordination und Organisation der Krankenfahrten durch die Klägerin ist demgegenüber für die Krankenkasse unentgeltlich gewesen. So ist die Vereinbarung zwischen den Vertragspartnern auch durchgeführt worden. Dass Gegenstand der Vereinbarung vom 26.09.2007 auch die Beförderung der Patienten war, lässt sich zudem der zwischen der Klägerin und der Krankenkasse im März 2009 geschlossenen Folgevereinbarung entnehmen. Diese Vereinbarung, die die bis dahin bestehende Vereinbarung nach ihrem § 10 Abs. 1 Satz 2 „präzisiert“ hat, hat schon in § 1 Abs. 1 bestimmt, dass Gegenstand der Vereinbarung „die Krankenfahrten zur Dialysebehandlung sowie deren Rechnungsstellung und Vergütung“ sind.

23

Die Klägerin hat die Koordination, Organisation, Durchführung und Abrechnung der Krankenfahrten gegenüber der Krankenkasse auch als einheitliche Leistung ausgeführt. Zum einen sind diese Tätigkeiten so eng miteinander verbunden, dass ihre Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Zum anderen handelt es sich bei der Koordination, Organisation und Abrechnung der Krankenfahrten um Nebenleistungen, die nur dazu bestimmt sind, die Hauptleistung – die Beförderung der bei der Krankenkasse versicherten Person zur Dialyseeinrichtung – unter optimalen Bedingungen, insbesondere kostengünstig, durchzuführen. Das legt auch die Präambel der Vereinbarung vom 26.09.2007 nahe. Hiernach sollte „mit der Beförderung der Patienten im Wege von Fahrgemeinschaften eine deutliche Reduzierung der entstehenden Fahrtkosten erreicht werden“.

24

In diesem Zusammenhang ist die Beförderung der Patienten zur Dialyseeinrichtung die Hauptleistung, deren Koordination, Organisation und Abrechnung indes nur (unselbständige) Nebenleistung gewesen. Denn Kern und charakteristisches Merkmal der einheitlichen Gesamtleistung ist die Beförderung der bei der Krankenkasse versicherten Personen zur Dialyseeinrichtung gewesen. Hierfür entstehende Kosten hätte die Krankenkasse auch ohne die mit der Klägerin geschlossene Vereinbarung nach § 60 SGB V zu übernehmen. Demzufolge hat sie der Klägerin auch nur für die Krankenfahrten, nicht aber – wie sich aus § 4 Abs. 7 der Vereinbarung vom 26.09.2007 ergibt – für deren Koordination und Organisation das vereinbarte Entgelt bezahlt.

25

2.) Vor diesem Hintergrund sind die über das Konto 08110 abgerechneten Nettoerlöse nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG steuerfrei. Denn diesen Umsatzerlösen lag die Beförderung von kranken Personen mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen der Subunternehmer zu Grunde. Das ist in tatsächlicher Hinsicht zwischen den Beteiligten unstreitig. Soweit der Beklagte die Rechtsauffassung vertritt, die Beförderungsleistungen seien nicht steuerfrei, weil die Klägerin sie nicht mit eigenen Fahrzeugen, sondern mithilfe ihrer Subunternehmer ausgeführt habe, folgt der Senat dem nicht.

26

a.) Nach dem Wortlaut des § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG hängt die Steuerfreiheit allein vom gesundheitlichen Zustand der beförderten Person („Beförderung von kranken und verletzten Personen“) und der Einrichtung des hierfür benutzten Fahrzeuges („mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind“) ab. Dass der Unternehmer – im Streitfall die Klägerin – die kranken Personen mit „eigenen“ Fahrzeugen befördern muss und sich insoweit der Hilfe von Subunternehmern nicht bedienen darf, lässt sich dem Wortlaut des Gesetzes nicht entnehmen.

27

b.) Für eine solche Einschränkung geben auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift und ihr Sinn und Zweck nichts her. Mit der Einführung der Steuerbefreiung für Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen wollte der Gesetzgeber das private Krankentransportgewerbe von der Umsatzsteuer freistellen und hierdurch eine Gleichstellung mit der öffentlichen Hand, den Krankenhäusern und den Wohlfahrtsverbänden erreichen, die mit ihren Krankenbeförderungen bereits von der Umsatzsteuer befreit waren (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Umsatzsteuergesetz 1979, BT-Drucksache 8/1779, Seite 35). Darüber hinaus entlastet die Steuerfreiheit nach dieser Vorschrift – wie auch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG – die gesetzlichen Krankenkassen, die letztlich die Kosten für die Beförderungsleistungen zu tragen haben. Anzunehmen, der Gesetzgeber habe die Beförderung von kranken und verletzten Personen mit hierzu besonders eingerichteten Fahrzeugen nicht von der Umsatzsteuer befreien wollen, wenn der Vertragspartner der Krankenkasse – im Streitfall die Klägerin – sich für die Ausführung ihrer Leistungen Subunternehmer bedient, wäre widersinnig.

28

c.) Der Beklagte kann sich für seine Rechtsauffassung auch nicht auf die unionsrechtlichen Grundlagen des Umsatzsteuergesetzes berufen. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG beruht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe p der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art 132 Abs. 1 Buchstabe p der im Streitjahr bereits geltenden Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie. Hiernach befreien die Mitgliedstaaten die von ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen durchgeführte Beförderung von kranken und verletzten Personen in dafür besonders eingerichteten Fahrzeugen von der Umsatzsteuer. Auch der Richtlinie lässt sich nicht entnehmen, dass der Unternehmer die Beförderungsleistungen mit eigenen Fahrzeugen durchführen muss. § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG verlangt nur – ebenso wie Art. 13 Teil A Buchstabe p der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchstabe p der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) – dass es sich bei den sonstigen Leistungen um Tätigkeiten handelt, die ihrer Art nach die Beförderung von kranken und verletzten Personen mit besonders eingerichteten Fahrzeugen zum Gegenstand haben (vgl. BFH-Urteil vom 18.01.1995 XI R 71/93, BStBl II 1995, 559).

29

d.) Unerheblich ist auch, dass der Empfänger der Beförderungsleistungen – dies ist im Streitfall die Krankenkasse – und die beförderten Personen nicht identisch gewesen sind. Denn das Gesetz verlangt weder, dass die Beförderungen aufgrund von Beförderungsverträgen erbracht werden, noch dass der Empfänger der umsatzsteuerlichen Leistung und die beförderte Person identisch sind (vgl. BFH-Urteil vom 18.01.1995 XI R 71/93, BStBl II 1995, 559). Soweit ersichtlich hat der Bundesfinanzhof bisher auch im Übrigen keine über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehenden Anforderungen an die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG gestellt (vgl. BFH-Urteil vom 18.01.1995 XI R 71/93, BStBl II 1995, 559; BFH-Urteil vom 12.08.2004 V R 45/03, BStBl II 2005, 314).

30

e.) Soweit Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe p der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art 132 Abs. 1 Buchstabe p der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) die Steuerbefreiung davon abhängig macht, dass die Beförderungsleistungen von „von ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen“ erbracht werden, hat der Gesetzgeber diese Voraussetzung nicht in den Tatbestand des § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG übernommen (vgl. auch Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 17 UStG Rn. 11). Befreit sind alle Unternehmen, die Umsätze der in § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG genannten Art ausführen (vgl. Krauesel in Reiß/Kraeusel/Langer, Umsatzsteuergesetz, § 17 UStG Rn. 17). Da der Wortlaut des § 4 Nr. 17 UStG eindeutig ist, lässt sich sein Anwendungsbereich nicht durch eine richtlinienkonforme Auslegung einschränken. Eine Auslegung gegen den Wortlaut und Wortsinn des Gesetzestextes ist nicht möglich (vgl. zu letzterem BFH-Beschluss vom 10.07.2012 XI R 22/10, BStBl II 2013, 291). Für den Fall eines Umsetzungsdefizits könnte sich der Beklagte auch nicht zu Lasten der Klägerin auf einen Anwendungsvorrang der Richtlinie berufen (vgl. hierzu allgemein Robisch in Bunjes, Umsatzsteuergesetz, 11. Auflage, Vor § 1 UStG Rn. 9, 10).

31

Davon abgesehen erfüllt die Klägerin die Voraussetzung einer „ordnungsgemäß anerkannten Einrichtung“ im Sinne der vorstehenden Richtlinienbestimmungen. Wenn es im Anwendungsbereich des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstaben g und h der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchstaben g und h der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) für die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter ausreicht, dass die Kosten für die dort beschriebenen (steuerfreien) Leistungen von einer Krankenkasse oder anderen Einrichtung der sozialen Sicherheit übernommen werden (vgl. dazu BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06, BStBl II 2008, 634; BFH-Urteil vom 08.08.2013 V R 8/12, BFH/NV 2014, 119), muss es auch im Anwendungsbereich von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe p der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchstabe p der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) genügen, wenn die Beförderungsleistungen auf der Grundlage einer zwischen der Klägerin und einer gesetzlichen Krankenkasse getroffenen Vereinbarung ausgeführt und von dieser – wie im Streitfall – vergütet werden.

32

3.) Die über das Konto 08301 abgerechneten Nettoerlöse sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b Doppelbuchstaben aa und bb UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung nur mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern. Hiernach ermäßigt sich die Steuer für die Beförderung von Personen im Schienenbahnverkehr mit Ausnahme der Bergbahnen, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen und die Beförderungen im Fährverkehr innerhalb einer Gemeinde oder wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt, auf sieben Prozent.

33

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass den auf dem Konto 08301 ausgewiesenen Nettoerlösen Fahrten mit Taxen innerhalb der Grenzen des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b Doppelbuchstaben aa oder bb UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung zugrunde liegen. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten scheitert die Steuerermäßigung nach dieser Vorschrift nicht daran, dass die Klägerin diese Krankenfahrten mit Hilfe der von ihr beauftragten Subunternehmer ausgeführt hat und dass nur diese – nicht aber die Klägerin – eine Genehmigung für den Verkehr mit Taxen nach dem Personenbeförderungsgesetz – PBefG – besitzen (vgl. auch FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009, 1 V 1346/09, EFG 2010, 87; FG Münster, Urteil vom 17.06.2014 15 K 3100/09, EFG 2014, 1623). Das folgt aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des Gesetzes sowie dessen richtlinienkonformer Auslegung.

34

a.) Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG zwingt nicht zu der Annahme, dass der leistende Unternehmer die Beförderungsleistungen mit eigenen Taxen ausführen und selbst die Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzen muss. Das Gesetz knüpft die Steuerermäßigung lediglich an zwei Voraussetzungen: die Beförderungsart („Beförderung von Personen … im Verkehr mit Taxen“) und die Beförderungsstrecke (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009 1 V 1346/09, EFG 2010, 87; FG Münster – Urteil vom 17.06.2014, 15 K 3100/09, EFG 2014, 1623). Beide Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.

35

b.) Zwar ist bei der Auslegung zu beachten, dass der Gesetzgeber mit den in § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG verwendeten Begriffen an deren verkehrsrechtliche Bedeutung nach dem Personenbeförderungsgesetz angeknüpft hat (vgl. BFH-Urteil vom 30.06.2011 V R 44/10, BStBl II 2011, 1003). Mit Wirkung vom 19.12.2006 wurde der – bis dahin verwendete – Begriff „Kraftdroschkenverkehr“ durch die Wörter „Verkehr mit Taxen“ ersetzt (Art. 7 Nr. 5 Buchstabe b des Jahressteuergesetzes 2007). Dabei handelte es sich lediglich um eine redaktionelle Änderung, da die Verwendung des Begriffs „Kraftdroschke“ bei Einführung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG in Anlehnung an das Personenbeförderungsgesetz erfolgte und in diesem Gesetz der Begriff „Kraftdroschke“ zwischenzeitlich durch den Begriff „Taxen“ ersetzt worden war (vgl. den Gesetzentwurf des Bundesregierung zum Jahressteuergesetz 2007, BT-Drucksache 16/2712, Seite 75; BFH-Urteil vom 02.07.2014, XI R 39/10, BFH/NV 2014, 2019). Auch damit lässt sich § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG aber nicht entnehmen, dass die Steuerermäßigung für die Beförderung von Personen im Verkehr mit Taxen von personenbezogenen Merkmalen abhängig ist (vgl. auch FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009 1 V 1346/09, EFG 2010, 87; FG Münster – Urteil vom 17.06.2014, 15 K 3100/09, EFG 2014, 1623) oder voraussetzt, dass der Unternehmer die Beförderung mit „eigenen“ Taxen durchführt. Denn das Personenbeförderungsgesetz versteht unter dem Verkehr mit Taxen die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen bereithält und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführt. Der Unternehmer kann Beförderungsaufträge auch während einer Fahrt oder am Betriebssitz entgegennehmen (vgl. § 47 Abs. 1 PBefG).

36

Anders als für die ebenfalls begünstigte Beförderung von Personen „im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen“, mit der § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG für diese in §§ 42, 43 PBefG näher bestimmte Beförderungsart auch deren Genehmigungserfordernis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PBefG in Bezug nimmt, fehlt ein entsprechender Zusatz für den nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 (in Verbindung mit §§ 46 Abs. 2 Nr. 1, 47 PBefG) genehmigungsbedürftigen Verkehr mit Taxen. Das Adjektiv („genehmigt“) beschreibt nach seiner Stellung in § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG allein den „Linienverkehr“ näher, nicht aber den Verkehr mit Taxen. Gleiches gilt für die vorangegangene Fassung des Gesetzes, nach der sich die Steuer (unter anderem) für die Beförderung von Personen „im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen“ und  „im Kraftdroschkenverkehr“ ermäßigte.

37

c.) Der Sinn und Zweck des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG legen es nahe, den ermäßigten Steuersatz auch dann anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer zwar nicht selbst über die Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz verfügt, die Patienten jedoch – wie im Streitfall – auf der Grundlage einer mit einer gesetzlichen Krankenkasse getroffenen Vereinbarung mit Taxen innerhalb der Grenzen der Doppelbuchstaben aa) oder bb) befördert werden und zumindest die beauftragten Subunternehmer die erforderliche Genehmigung für den Verkehr mit Taxen besitzen.

38

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Umsatzsteuergesetz aus der vierten Wahlperiode (BT-Drucksache IV/1590, Seite 8) und der Entwurf eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) aus der fünften Wahlperiode (BT-Drucksache V/48, Seite 8), sahen ursprünglich keinen ermäßigten Steuersatz für die – bis dahin weitgehend begünstigten – Beförderungen von Personen im Nahverkehr vor. Der Finanzausschuss des Bundestages hielt jedoch eine Sonderregelung auch im neuen Umsatzsteuerrecht für geboten. Nach seiner Ansicht sollte der ermäßigte Steuersatz auch für die Personenbeförderung im Nahverkehr gelten, um die bisherige beförderungsrechtliche Begünstigung der Sozialverkehre beibehalten zu können und Tariferhöhungen in diesem Bereich bzw. – soweit solche Erhöhungen politisch nicht durchsetzbar seien – um weitere Subventionen der Verkehrsträger zu vermeiden (vgl. den Schriftlichen Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) zu BT-Drucksache V/1581, Seite 4). Die Ansicht des Finanzausschusses hat sich in der Regelung des § 12 Abs. 2 UStG durchgesetzt. § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG dient damit auch – wenn auch nicht ausschließlich (vgl. BFH-Urteil vom 30.06.2011 V R 44/10, BStBl II 2011, 1003) – sozialen Zwecken (vgl. Heidner in Bunjes, Umsatzsteuergesetz, 11. Auflage, § 12 UStG Rn. 193). Daneben hat der Gesetzgeber – um die sozialen Sicherungssysteme zu entlasten – in weiteren Vorschriften seinen Willen zum Ausdruck gebracht, Leistungen, deren Kosten von gesetzlichen Krankenkassen oder anderen Trägern der sozialen Sicherung getragen werden müssen, umsatzsteuerrechtlich zu begünstigen (vgl. beispielsweise die Steuerbefreiungen in § 4 Nr. 14, 15, 16 und 17 UStG). Vor diesem Hintergrund wäre es widersinnig, die Beförderung kranker Personen dem Regelsteuersatz zu unterwerfen, nur weil der leistende Unternehmer sich bei der Ausführung seiner Beförderungsleistung konzessionierter Taxiunternehmer bedient, aber nicht selbst über eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz verfügt, wenn dessen Einschaltung in die Leistungskette gerade deshalb erfolgt, um die von der gesetzlichen Krankenkasse zu tragenden Fahrtkosten zu reduzieren. Das war – wie sich aus der Präambel der zwischen der Klägerin und der Krankenkasse im September 2007 geschlossen Vereinbarung ergibt – das Ziel der gewählten Konstruktion.

39

d.) Ein solches Verständnis von § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG gebietet auch dessen richtlinienkonforme Auslegung. Unionsrechtliche Grundlage für diese Steuerermäßigung ist Art. 12 Abs. 3 Buchstabe a Unterabsatz 3 der Richtlinie 77/388/EWG in Verbindung mit deren Anhang H Kategorie 5 und Art 98 Abs. 1 der im Streitjahr bereites geltenden Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie in Verbindung mit deren Anhang III Ziffer 5. Hiernach können die Mitgliedstaaten für die „Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks“ einen ermäßigten Steuersatz anwenden. Diese Voraussetzungen erfüllen die von der Klägerin erbrachten Beförderungsleistungen zweifelsohne.

40

aa.) Zwar zwingen der Wortlaut des Art. 12 Abs. 3 Buchstabe a Unterabsatz 3 der Richtlinie 77/388/EWG und der des Art. 98 Abs. 1 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie nicht zu der Auslegung, dass der ermäßigte Steuersatz nur dann angewandt werden kann, wenn er sich auf alle Aspekte einer Kategorie von Leistungen im Sinne des Anhangs H bzw. III dieser Richtlinie bezieht, so dass eine selektive Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht ausgeschlossen ist, sofern sie keine Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung nach sich zieht. Daher haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, konkrete und spezifische Aspekte einer Kategorie von Leistungen im Sinne des Anhanges H der Richtlinie 77/388/EWG und des Anhangs III der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie mit einem ermäßigten Steuersatz zu belegen. Die selektive Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes unterliegt indes der zweifachen Bedingung, dass zum einen für die Zwecke der Anwendung des ermäßigten Satzes nur konkrete und spezifische Aspekte der in Rede stehenden Kategorie von Leistungen herausgelöst werden und zum anderen der Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird (vgl. EuGH-Urteil vom 27.02.2014 C-454/12, juris).

41

Die Beförderung von Personen im Nahverkehr mit Taxen ist ein konkreter und spezifischer Aspekt der im Anhang H der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Anhang III der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie beschriebenen „Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks“. Denn die Taxiunternehmer gelten in vollem Umfang als Erbringer einer öffentlichen Dienstleistung der Beförderung von Personen, deren Tätigkeit von der Erteilung einer Genehmigung durch die zuständige Behörde abhängig ist und erheblichen weiteren Verpflichtungen unterliegt. Dazu gehört unter anderem, dass sie ihre Tätigkeit entsprechend den öffentlichen Verkehrsinteressen aufrechterhalten (§ 21 PBefG), ihrer Beförderungspflicht im Sinne von § 22 PBefG nachkommen und die festgesetzten Beförderungsentgelte beachten (§ 47 Abs. 4 und 51 Abs. 1 PBefG; vgl. BFH-Urteil vom 02.07.2014 XI R 39/10, BFH/NV 2014, 2019). Ein rechtlicher Rahmen, der Taxiunternehmer – im Unterschied zu Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung – zwingt, Beförderungsleistungen unter Übernahme einer Betriebspflicht zu erbringen, und ihnen verbietet, eine Beförderung in Erwartung insbesondere einer profitableren Fahrt abzulehnen oder Situationen gewinnbringend zu nutzen, in denen sie ein vom offiziellen Tarif abweichendes Beförderungsentgelt verlangen könnten, ist geeignet, unterschiedliche Leistungen zu kennzeichnen (vgl. EuGH-Urteil vom 27.02.2014 C-454/12, juris).

42

Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität lässt es nicht zu, gleichartige und deshalb miteinander im Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln. Dienstleistungen sind gleichartig, wenn sie – aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers – ähnliche Eigenschaften haben und beim Verbraucher nach Maßgabe eines Kriteriums der Vergleichbarkeit in der Verwendung denselben Bedürfnissen dienen und wenn die bestehenden Unterschiede die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers, die eine oder andere Dienstleistung zu wählen, nicht erheblich beeinflussen. Dabei kommt es nicht allein auf die Gegenüberstellung einzelner Leistungen an, sondern ist der Kontext zu berücksichtigen. Zu einer Unterscheidbarkeit können unter Berücksichtigung der jeweiligen Wirtschaftszweige in Ausnahmefällen auch Unterschiede im rechtlichen Rahmen und in der rechtlichen Regelung der betreffenden Dienstleistungen führen (vgl. EuGH-Urteil vom 27.02.2014 C-454/12, juris).

43

Vor diesem Hintergrund sind Personenbeförderungsleistungen, die auf der Grundlage einer für Taxiunternehmen und Mietwagenunternehmen gleichermaßen geltenden Sondervereinbarung mit einer Krankenkasse ausgeführt werden, gleich zu besteuern, wenn die Beförderung der Personen mit einem Taxi keinen konkreten und spezifischen Aspekt der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks darstellt und wenn die im Rahmen dieser Vereinbarung durchgeführten Tätigkeiten aus der Sicht des durchschnittlichen Nutzers als gleichartig anzusehen sind (vgl. EuGH-Urteil vom 27.02.2014 C-454/12, juris; BFH-Urteil vom 02.07.2014 XI R 39/10, BFH/NV 2014, 2019).

44

bb.) Vorliegend hat die Klägerin ihre Leistungen zwar nicht auf der Grundlage einer gleichermaßen auch für Taxiunternehmer geltenden Sondervereinbarung mit der Krankenkasse ausgeführt. Der zwischen ihr und der Krankenkasse geschlossene Vertrag nahm keinen Bezug auf die zeitgleich in Kraft getretene Vereinbarung zwischen der Krankenkasse und dem Z. Gleichwohl haben die zwischen der Klägerin und der Krankenkasse vereinbarten Regelungen zu Folge, dass die von ihr mit Taxen ihrer Subunternehmer ausgeführten Personenbeförderungsleistungen sich von vergleichbaren Personenbeförderungsleistungen von Taxiunternehmen nicht mehr in seiner solchen Weise unterscheiden, dass diese sich gegenüber den von  der Klägerin ausgeführten Leistungen noch als konkreter und spezifischer Aspekt der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks abgrenzen lassen.

45

Denn die zwischen der Klägerin und der Krankenkasse getroffenen Vereinbarungen kommen in Bezug auf die Beförderung der Patienten einer Betriebs- und Beförderungspflicht gleich. Nach dem zwischen ihr und der Krankenkasse geschlossenen Vertrag hatte die Klägerin zu gewährleisten, dass die Patientenfahrten nach den gesetzlichen und vertraglichen Qualitätsstandards erfolgen. Die vertraglich vereinbarten Qualitätskriterien sahen neben der Einhaltung der Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes vor, dass die Fahrten zur Behandlung zeitlich so angetreten werden, dass ein termingerechter Behandlungstermin und eine termingerechte Rückfahrt gesichert sind.

46

Zwar galten für die Klägerin nicht die in Gebührenordnungen für Taxiunternehmer geregelten Beförderungsentgelte und wichen die zwischen ihr und der Krankenkasse vereinbarten Pauschalen für die Beförderung der Patienten von den zwischen der Krankenkasse und dem Z vereinbarten Beträgen ab. Da die Klägerin jedoch – neben den vereinbarten Pauschalen – keine weiteren Beförderungsentgelte erheben durfte und die gesetzliche Krankenklasse sowohl beim Abschluss des Vertrages mit der Klägerin als auch bei Abschluss der Vereinbarung mit dem Z aufgrund der für sie geltenden Vorgaben in § 133 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 SGB V den Grundsatz der Beitragsstabilität (§ 71 Abs. 1 Satz 1 SGB V) zu beachten hatte, die Beförderungsentgelte also nicht dem freien Spiel des Marktes, sondern einschränkenden gesetzlichen Vorgaben unterworfen waren, rechtfertigen die unterschiedlichen Pauschalen allein nicht mehr, die von der Klägerin mit den Taxen ihrer Subunternehmer ausgeführten Beförderungsleistungen aus dem Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG auszunehmen.

47

Vor diesem Hintergrund sind die von der Klägerin mit Taxen ihrer Subunternehmer ausgeführten Beförderungsleistungen schließlich mit von Taxiunternehmern selbst ausgeführten Patientenfahrten gleichartig. Aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers dienen beide der Befriedigung desselben Bedürfnisses. Beide haben die – kostenmäßig von der gesetzlichen Krankenkasse zu tragende (vgl. § 60 SGB V) – Beförderung von Patienten zu medizinischen Einrichtungen zum Gegenstand. Ob die Beförderungsleistung von einem Taxiunternehmer selbst oder von einem Unternehmer ausgeführt wird, der nicht selbst eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzt und die Fahrten mithilfe von Subunternehmern ausführt, macht aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers keinen erheblichen Unterschied mehr, wenn die Krankenfahrten – wie im Streitfall – mit Taxen von Subunternehmern ausgeführt werden, die eine entsprechende Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzen, die Abrechnung dieser Fahrten auf der Grundlage einer mit einer gesetzlichen Krankenkasse getroffenen Vereinbarung beruht und daher den einschränkenden Regelungen der §§ 71, 133 SGB V unterworfen ist.

48

II.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären.

49

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 FGO und der entsprechenden Anwendung von §§ 708 Nr. 10, 711 der ZivilprozessordnungZPO.

50

Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 1. Alternative FGO zugelassen. Die Frage, ob gegenüber einer gesetzlichen Krankenkasse abgerechnete Krankentransporte mit Taxen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unterliegen, wenn der leistende Unternehmer selbst keine Genehmigung für den Verkehr mit Taxen hat, die Fahrten aber von seinen Subunternehmen durchgeführt werden, die eine solche Genehmigung besitzen, hat grundsätzliche Bedeutung. Der Senat hält insoweit auch eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes zur Fortbildung des Rechts für erforderlich.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die von der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) ausgeführten Stadtrundfahrten im Streitjahr 2007 dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen.

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Die Klägerin nimmt für Touristen mit Kraftomnibussen Stadtrundfahrten in X und Umgebung vor. Sie bedient vier Linien.

3

Die Linie 1 führt vom Ausgangspunkt über 22 Haltestellen zurück. Die Fahrgäste können an den Haltestellen ein- und aussteigen und ggf. einen späteren Bus zur Weiterfahrt nutzen. Der Fahrgast erhält über Bandansage Informationen zu den Sehenswürdigkeiten, die an der Fahrstrecke gelegen sind. Die Klägerin erhob im Streitjahr 2007 für die Gesamtfahrt auf der Linie 1 ein Entgelt von 18 €, das auch zur Teilnahme an Führungen berechtigt. Das Angebot, an geführten Besichtigungen teilzunehmen, nahmen nur ca. 14 % der Fahrgäste wahr. Abendfahrten in der Zeit von 18:00 Uhr bis 22:00 Uhr, die ohne Führungen angeboten werden, kosteten 12 €.

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Der Linienverkehr der Linie 1 ist durch das Regierungspräsidium mit Bescheid vom 14. Juli 2006 nach § 42 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) genehmigt worden. Die Genehmigung legt die Haltestellen, die Abfahrzeiten und das Entgelt (für die Gesamtfahrt 18 €, für eine Teilstrecke 3 €) fest.

5

Die Genehmigungen der Linien 2 bis 4 (vom 9. November 2001 und am 17. Januar 2005 für die Linie 2, sowie vom 5. April 2001 für die Linien 3 und 4) beruhen auf § 43 PBefG. Sie bestimmen zwar die Linienführung, enthalten aber keine Vorschriften zu Beförderungsentgelten oder einen Fahrplan. Im Laufe des Jahres 2008 wurden vom Regierungspräsidium für diese Linien neue Genehmigungen auf der Grundlage des § 42 PBefG erteilt und neben der Fahrstrecke auch Abfahrzeiten und Entgelte vorgeschrieben. Die von der Klägerin im Jahre 2007 erhobenen Entgelte entsprechen der Höhe nach den in der Genehmigung im Jahr 2008 erwähnten Entgelten.

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In ihren monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen für 2007 erklärte die Klägerin die Umsätze aus den Stadtrundfahrten mit dem ermäßigten Steuersatz. Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, die streitigen Umsätze unterlägen der Regelbesteuerung und erließ entsprechend geänderte Vorauszahlungsbescheide. Während des Einspruchsverfahrens, am 23. Juni 2009, erging der Umsatzsteuerjahresbescheid für 2007, der in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 28. September 2009 von Beförderungsentgelten in Höhe von 3.288.834 € ausgeht und die Umsatzsteuer nach dem Regelsteuersatz von 19 % auf 399.300 € festsetzt.

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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit der Begründung statt, die Klägerin habe eine einheitlich als Personenbeförderung zu beurteilende Leistung erbracht, die nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % unterliege. Auf den Zweck der Beförderung komme es für den Begriff der Personenbeförderung nicht an. Zu Unrecht sei das FA der Auffassung, die Leistung der Klägerin sei keine "Personenbeförderung mit Kraftfahrzeugen im genehmigten Linienverkehr", sondern eine Leistung eigener Art, bei der es dem Kunden auf eine Kombination aus Führungen, Museumseintritten und Beförderung ankomme, ohne dass den einzelnen Aspekten dieser Leistung eine selbständige Bedeutung oder gar der Beförderung die Hauptbedeutung zukomme; denn in dem Entgelt, das die Klägerin im Streitjahr für die Beförderung erhoben habe, sei kein Eintrittsgeld für Museen oder etwaiges Entgelt für die Teilnahme an Führungen enthalten; die Klägerin habe nur Fahrpreise in der Höhe verlangt, wie sie in den (für die Linie 1 im Streitjahr und für die Linien 2 bis 4 im Jahr 2008 erteilten) Genehmigungen als Linienverkehr festgelegt seien. Der Kunde bezahle also im Wesentlichen für die Beförderung. Dass er durch die Vorbeifahrt an Sehenswürdigkeiten, erläuternde Bandansagen und die Möglichkeit, an Führungen teilzunehmen, Vergnügen empfinde, mache die Beförderungsfahrt nicht zu einer anderen Leistung, da ihr Zweck unerheblich sei.

8

Mit der Revision macht das FA geltend, die Umsätze der Klägerin unterlägen dem Regelsteuersatz, weil die durchgeführten Stadtrundfahrten keine Personenbeförderung im Linienverkehr, sondern eine sonstige Leistung eigener Art darstellten. Dies ergebe sich aus den Feststellungen des FG, wonach die Teilnehmer der Stadtrundfahrten überwiegend Touristen waren, während der Fahrt Bandansagen zu den Sehenswürdigkeiten erfolgten und die Teilnahme an Führungen im Entgelt enthalten sei. Für die Leistung der Klägerin sei das gemeinsame "Sightseeing" prägend. Es fehle zudem an der weiteren Voraussetzung einer Beförderung im Linienverkehr, weil es sich bei den Teilnehmern der Stadtrundfahrt nicht um einen unbestimmten Teilnehmerkreis gemäß § 42 PBefG gehandelt habe. Zwar sei der Klägerin für die Stadtrundfahrten tatsächlich eine Genehmigung für die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen im Linienverkehr erteilt worden. Dies sei jedoch unerheblich, da es gemäß § 38 der Abgabenordnung (AO) nur auf die tatsächlichen Gegebenheiten ankomme. Die Genehmigung sei zudem nach § 44 Abs. 2 Nr.4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) nichtig, weil die Genehmigung keine Aussage zu den Bandansagen während der Fahrt enthielten, diese deshalb nicht genehmigt seien und sich hierdurch der Charakter der Fahrten verändert habe. Auch handele es sich nach verwaltungsrechtlicher Rechtsprechung bei Stadtrundfahrten nicht um Linienverkehr i.S. des § 42 PBefG, sondern um Ausflugsverkehr und damit um Gelegenheitsverkehr i.S. des § 48 PBefG. Ein nichtiger Verwaltungsakt binde die Finanzverwaltung nicht. Die Einbeziehung eines Freizeit- und Tourismusverkehrs bei Stadtrundfahrten widerspreche auch dem historischen Normzweck, aus sozialen Gründen die Fahrpreise günstig zu halten. Von der Begünstigung seien Verkehrsmittel, die --wie die Bergbahnen-- touristischen Zwecken dienten, jedenfalls bis zum Streitjahr 2007 ausgenommen worden. Auch die Einbeziehung der Bergbahnen in die Begünstigung ab dem 1. Januar 2008 sei nach der Gesetzesbegründung "aus sozialen Gründen" erfolgt.

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Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.

10

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

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Sie ist der Auffassung, sie habe eine Beförderungsleistung erbracht, denn auch die Durchführung von Stadtrundfahrten sei eine der Raumüberwindung dienende Tätigkeit. Diese zum Beförderungsgesetz a.F. entwickelte Definition (Beförderung als Raumüberwindung) gelte auch für das UStG fort. Der Zweck der Fahrt sei unerheblich. Zwar habe der Gesetzgeber in § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG a.F. die Bergbahnen und Aufstiegshilfen (Sesselbahnen und Skilifte) von der Begünstigung ausgenommen, diesen Ausnahmetatbestand jedoch zum 1. Januar 2008 aufgehoben. Auch bei der Besteuerung von Personen mit Schiffen sei schon vor 2008 anerkannt, dass auch die Schifffahrten im Freizeit- und Tourismusverkehr unter den Begünstigungstatbestand fielen (FG München, Urteil vom 19. Oktober 2005  3 K 3912/02, Entscheidungen der Finanzgerichte 2006, 456). Auch wenn der historische Wille des Gesetzgebers auf eine Begünstigung des Nahverkehrs aus sozialen Gründen ausgerichtet gewesen sei, habe dies im Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck gefunden. § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG wolle vielmehr jegliche Beförderung im Nahverkehr begünstigen, denn auch der Verkehr mit Taxen sei begünstigt. Ebenso sei der Linienverkehr zu Flughäfen, Museen oder Spielbanken begünstigt. Das PBefG klassifiziere eine Verkehrsleistung nicht nach dem Benutzerkreis, sondern nach den Merkmalen der Verkehrsleistung.

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Entgegen der Rechtsauffassung des FA liege auch keine mit dem Regelsteuersatz zu besteuernde sonstige Leistung eigener Art vor, da die Beförderung der Leistung das Gepräge gebe, bei der die sonstigen Bestandteile das Schicksal der Beförderung teilten oder zumindest selbständig neben die Beförderung träten. Nach der maßgeblichen Sicht des Durchschnittsverbrauchers seien die während der Stadtrundfahrt erfolgten Bandansagen und auch die Führungen zu den Sehenswürdigkeiten als unselbständige Nebenleistungen zur Beförderungsleistung zu beurteilen, die lediglich von 14 % der Gäste genutzt würden. Wäre von selbständigen Nebenleistungen auszugehen, müssten diese im Schätzungswege aufgeteilt werden. Die Steuerbegünstigung entfalle auch nicht, weil die Genehmigung nach dem PBefG nichtig sei. Es handele sich hierbei um einen Grundlagenbescheid einer Verwaltungsbehörde i.S. des § 171 Abs. 10 AO. Zudem handele es sich --wie § 43 PBefG zeige-- auch materiell-rechtlich um Linienverkehr.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision des FA führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Beurteilung als Beförderungsleistung steht nicht entgegen, dass die Beförderung touristischen Zwecken dient. Umfassten die Leistungen der Klägerin zusätzlich zur Beförderung auch die Berechtigung zur Teilnahme an entgeltlichen Führungen, liegen zwei selbständige Leistungen vor, von denen nur die Beförderungsleistung dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unterliegt. Die Feststellungen des FG erlauben insoweit keine abschließende Entscheidung.

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1. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG ermäßigt sich die Steuer auf sieben Prozent u.a. "für die Beförderungen von Personen ... im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Kraftdroschkenverkehr ...

a) innerhalb einer Gemeinde oder

b) wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als fünfzig Kilometer beträgt".

15

Die Regelung beruht auf Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 i.V.m. Anhang H Kategorie Nr. 5 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach sind die Mitgliedstaaten ermächtigt, einen ermäßigten Steuersatz auf die "Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks" anzuwenden. Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG gibt den Mitgliedstaaten lediglich einen Rahmen vor, den diese nicht überschreiten dürfen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ist auch eine selektive Anwendung der Ermächtigung zur Einführung eines ermäßigten Steuersatzes erlaubt (EuGH-Urteil vom 8. Mai 2003 C-384/01, Kommission/Frankreich, Slg. 2003, I-4395 Rdnr. 27; vom 6. Mai 2010 C-94/09, Kommission/Frankreich, BFH/NV 2010, 1401 Rdnr. 29), wenn die nationale Regelung insoweit --wie hier mit der Beschränkung der Ermäßigung auf kurze Strecken der Personenbeförderung-- den in der Richtlinie vorgegebenen Rahmen nicht überschreitet.

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a) Die Klägerin hat Leistungen durch Personenbeförderung ausgeführt, weil sie Personen mit Kraftfahrzeugen als Beförderungsmittel fortbewegt hat (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1. August 1998 V R 58/94, BFHE 181, 208, BStBl II 1997, 160, m.w.N. zum Begriff Beförderungsleistungen).

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b) § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG erlaubt die Ermäßigung für die Beförderung von Personen "im genehmigten Linienverkehr". Für die Auslegung der Vorschrift ist deshalb die verkehrsrechtliche Bedeutung dieser Begriffe maßgebend (BFH-Urteil vom 26. August 1976 V R 55/73, BFHE 120, 419, BStBl II 1977, 105).

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Nach § 2 PBefG ist genehmigungspflichtig "die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen im Linienverkehr (§ 42 und § 43 PBefG)". Nach § 42 PBefG ist Linienverkehr "eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können". Er setzt nicht voraus, dass ein Fahrplan mit bestimmten Abfahrts- und Ankunftszeiten besteht oder Zwischenhaltestellen eingerichtet sind. Nach § 43 PBefG gilt als Linienverkehr "unabhängig davon, wer den Ablauf der Fahrten bestimmt, auch der Verkehr, der unter Ausschluß anderer Fahrgäste der regelmäßigen Beförderung von

1. Berufstätigen zwischen Wohnung und Arbeitsstelle (Berufsverkehr),

2. Schülern zwischen Wohnung und Lehranstalt (Schülerfahrten),

3. Personen zum Besuch von Märkten (Marktfahrten),

4. Theaterbesuchern

dient. Die Regelmäßigkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Ablauf der Fahrten wechselnden Bedürfnissen der Beteiligten angepaßt wird".

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aa) § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG setzt nach dem Wortlaut lediglich voraus, dass es sich um eine Personenbeförderung im genehmigten Linienverkehr handelt und die Beförderungsstrecke entweder innerhalb einer Gemeinde erfolgt oder eine bestimmte Strecke nicht überschreitet. Die Regelung ergibt keinen Anhaltspunkt für die Auffassung des FA, die Ermäßigung diene allein sozialen Zwecken und schließe daher Beförderungen im Freizeit- und Tourismusverkehr aus. Aus der Beschränkung auf Fahrten innerhalb einer Gemeinde und Beförderungsstrecken unter 50 km (Buchst. a und Buchst. b), ergibt sich lediglich, dass nur der bezeichnete Nahverkehr begünstigt sein soll (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19. Juli 2007 V R 68/05, BFHE 219, 224, BStBl II 2008, 208; Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Februar 1992  1 BvL 29/87, BVerfGE 85, 238); eine weitere Einschränkung in Bezug auf den "genehmigten Linienverkehr" ergibt sich weder daraus noch --wie das FA meint-- aus der "Systematik" der in § 12 Abs. 2 UStG genannten Ermäßigungen. Insoweit genügt der Hinweis, dass die Regelung Beförderungen im genehmigten Linienverkehr nach § 43 Nrn. 3 und 4 PBefG --Personenbeförderungen, die "Vergnügungsziele" (z.B. Theater- oder Marktbesuche)-- zum Gegenstand haben, nicht ausschließt. Unerheblich ist daher auch, ob es sich um eine "Rundfahrt" handelt, bei der Anfangspunkt und Endpunkt der Fahrstrecke zusammenfallen (vgl. bereits BFH-Urteil vom 14. Dezember 1951 II 176/51 U, BFHE 56, 52, BStBl III 1952, 22).

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bb) Auch aus dem Unionsrecht, das uneingeschränkt die Ermäßigung für (jede) "Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks" erlaubt, ergibt sich kein Anhaltspunkt für einen Ausschluss von "Beförderungen, die zu touristischen oder Vergnügungszwecken" angeboten werden.

21

c) Nach den Feststellungen des FG hat die Klägerin für die streitigen Personenbeförderungen auch Linienverkehrsgenehmigungen nach § 42 und § 43 des PBefG erhalten.

22

Ohne Erfolg macht das FA geltend, die Genehmigungen seien rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für die Genehmigung nach §§ 42 und 43 PBefG nicht vorgelegen hätten. Die materielle Bindungswirkung einer Genehmigung als Linienverkehr erstreckt sich nicht nur auf den Unternehmer, dem die Genehmigung erteilt worden ist, sondern auch auf andere Behörden. Dies folgt nach der übereinstimmenden Rechtsprechung aller obersten Bundesgerichte aus dem Grundsatz der Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten, wonach, wenn eine Behörde durch Verwaltungsakt zu einer verbindlichen Regelung oder Qualifikation gelangt, dieser Verwaltungsakt Tatbestandswirkung entfaltet, solange er nicht offensichtlich rechtswidrig und daher nichtig ist. Auch Gerichte, die nicht selbst mit der Kontrolle der betreffenden Genehmigung im Rahmen von Klagen und Anträgen befasst sind, sind als Teil des staatlichen Kompetenzgefüges an den Inhalt einer bestandskräftigen, formell wirksamen Genehmigung gebunden (z.B. BFH-Urteil vom 17. Juni 2010 VI R 18/08, BFHE 230, 67, BStBl II 2010, 1072; vom 21. Januar 2010 VI R 52/08, BFHE 228, 295, BStBl II 2010, 703; vom 14. November 2001 X R 24/00, BFHE 197, 301, BStBl II 2002, 514; zur Bindung einer verkehrsrechtlichen Genehmigung für andere Behörden z.B. Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Januar 2008  11 CE 08.3037, juris).

23

d) Entgegen der Rechtsauffassung des FA sind die erteilten Genehmigungen nicht nichtig.

24

aa) Insoweit fehlt es schon daran, dass die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes nach § 44 Abs. 1 VwVfG (wie im Übrigen auch nach § 125 Abs. 1 AO) voraussetzt, dass er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Ein Verwaltungsakt ist jedoch nicht allein deswegen nichtig, weil er der gesetzlichen Grundlage entbehrt oder weil die in Betracht kommenden Rechtsvorschriften --auch diejenigen des formellen Rechts (Verfahrensrechts)-- unrichtig angewendet worden sind (z.B. Senatsurteil vom 16. September 2010 V R 57/09, BFHE 230, 504, BStBl II 2011, 151).

25

bb) Schon der zutreffende Hinweis des FA, dass die Beurteilung der Stadtrundfahrten in der verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung umstritten ist und es unterschiedliche Auffassungen zur Frage gibt, ob Stadtrundfahrten mit jederzeitiger Zustiegsmöglichkeit wegen des gemeinsamen touristischen Zwecks Linienverkehr sind (ablehnend Oberverwaltungsgericht --OVG-- Hamburg, Beschluss vom 20. September 2004  1 Bs 303/04, Deutsches Verwaltungsblatt 2005, 260; zustimmend OVG Münster, Beschluss vom 24. Mai 2007  13 B 577/07, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungsreport 2007, 561: Linienverkehr "sui generis"), belegt, dass, selbst wenn die Genehmigungen im Streitfall nicht hätten erteilt werden dürfen, jedenfalls kein besonders schwerwiegender und offensichtlicher Fehler vorliegt.

26

2. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil die tatsächlichen Feststellungen des FG widersprüchlich sind.

27

a) Nach den Feststellungen im Tatbestand des FG enthält das Entgelt von 18 € auch die Berechtigung zur Teilnahme an Führungen, während "Abendfahrten, die ohne Führungen angeboten wurden", 12 € kosteten. Dies könnte die Annahme nahelegen, dass die Klägerin zusätzlich zur Beförderung Führungen im Wert von 6 € anbietet. Andererseits geht das FG im Urteil davon aus, dass das von der Klägerin erhobene Entgelt dem Betrag entspreche, den die Genehmigungsbehörde für die betreffende Beförderung festgelegt hat. Aus einem bei den Akten befindlichen Bescheid vom 14. Juli 2006 ergibt sich, dass die Genehmigung für die Linie 1 in der Anlage 2 hierzu die Haltestellen und die Fahrzeiten genau (Fahrzeiten von 9:30 Uhr bis zuletzt 18:30 Uhr) bezeichnet, das Beförderungsentgelt mit 18 € für die Gesamtstrecke und 3 € für die Einzelfahrt angibt. Weiter ist dort unter "Bedingungen und Anlagen" bestimmt, dass "der Fahrplan und die Beförderungsentgelte, denen die Genehmigungsbehörde zugestimmt hat, genau einzuhalten" sind. Dies könnte die Annahme nahelegen, dass es sich bei den erwähnten Führungen um solche handelt, an denen jedermann kostenlos teilnehmen kann, und der Feststellung des FG insoweit eine irreführende Werbeaussage der Klägerin zugrunde liegen könnte. Zweifelhaft ist jedoch, ob es sich bei der bei den Akten befindlichen Genehmigungsurkunde vom 14. Juli 2006 um den vom FG in Bezug genommenen Genehmigungsbescheid handelt, denn die Zahl der Haltestellen stimmt nicht mit der vom FG genannten Zahl von 22 überein. Auch ist darin nicht von genehmigten Abendfahrten "von 18.00 bis 22.00 Uhr zum Fahrpreis von 12 €" die Rede. Vergleichbares gilt für die im Streitjahr überdies noch nicht geltenden Genehmigungen für die Linien 2 bis 4. Zum Inhalt der im Streitjahr geltenden Genehmigungen für die Linien 2 bis 4 hat das FG lediglich festgestellt, es handele sich um Genehmigungen nach § 43 PBefG.

28

Die Sache geht daher an das FG zurück, das den Inhalt der Genehmigungen und weiter feststellen muss, ob es sich bei den "angebotenen" Führungen um solche handelt, die für jedermann kostenlos sind.

29

b) Das FG wird bei seiner Entscheidung Folgendes zu berücksichtigen haben:

30

Nach der Rechtsprechung des EuGH, der sich der BFH angeschlossen hat, gelten für die Frage, unter welchen Bedingungen mehrere zusammenhängende Leistungen als eine Gesamtleistung zu behandeln sind, folgende Grundsätze (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 25. Juni 2009 V R 25/07, BFHE 226, 407, BStBl II 2010, 239; vom 2. März 2011 XI R 25/09, BStBl II 2011, 737, m.w.N. zur Rechtsprechung des EuGH):

31

Jeder Umsatz ist in der Regel als eigenständige, selbständige Leistung zu betrachten; allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb sind die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Unternehmer dem Leistungsempfänger mehrere selbständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist.

32

Eine einheitliche Leistung liegt danach insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistungen sind, die das steuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Das Gleiche gilt, wenn der Unternehmer für den Leistungsempfänger zwei oder mehr Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.

33

aa) Das FG geht bei seiner Entscheidung im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die Bandansagen, mit denen die Passagiere während der Beförderung auf Sehenswürdigkeiten hingewiesen werden, eine Nebenleistung zur Beförderung darstellen. Ziel, Dauer und Umstände der Personenbeförderung sind Anlass und Grund für die Wahl des Kunden für die betreffende Beförderungsstrecke mit touristisch interessanten Haltepunkten. Die Informationen während der Fahrt beeinflussen jedoch nicht die Art der Personenbeförderung, sondern nur die Umstände, unter denen sie durchgeführt wird und lassen sich von der Beförderung nicht trennen. Sie dient für den Fahrgast aus der Sicht eines Durchschnittsbetrachters nur dazu, die Beförderung auf der Linie, die an Sehenswürdigkeiten vorbeiführt oder an Sehenswürdigkeiten hält, unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.

34

bb) Umfasste das Beförderungsentgelt auch Entgelte für die Teilnahme an Führungen, handelt es sich um zwei selbständige Leistungen, von denen nur die Beförderung dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Die Voraussetzungen für die Annahme einer einheitlichen Leistung liegen nicht vor, denn weder stellt die beliebige Teilnahme eines Fahrgastes an Führungen vor einer oder im Anschluss an eine Beförderung ein Mittel dar, um die Beförderungsleistung selbst unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen, noch sind beide Leistungen so miteinander verbunden, dass deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Denn wie sich aus den Feststellungen des FG ergibt, nehmen nur 14 % der Fahrgäste an den Führungen teil. Ohne Bedeutung ist, dass der Fahrgast nach einem Zwischenaufenthalt mit einer Führung mit derselben Fahrkarte von der Klägerin auf der betreffenden Linie weiter befördert wird. Umsatzsteuerrechtlich liegt eine einheitliche Leistung nicht allein deshalb vor, weil Leistungen aufgrund einer einzigen Vertragsgrundlage erbracht werden. Zu Beförderungsleistungen hat der Senat bereits im Urteil vom 31. Mai 2007 V R 18/05 (BFHE 217, 88, BStBl II 2008, 206) entschieden, dass die Beförderung eines Fahrgastes von dessen Wohnung zum Bestimmungsort und zurück durch denselben Taxiunternehmer umsatzsteuerrechtlich keine einheitliche (einzige) Beförderungsleistung mit einer Gesamtbeförderungsstrecke, sondern auch dann in zwei getrennte Beförderungsleistungen aufzuteilen ist, wenn das Taxi nach Durchführung der Hinfahrt zum Bestimmungsort nicht auf den Kunden wartet, sondern der Kunde später --sei es aufgrund vorheriger Vereinbarung über den Abholzeitpunkt oder aufgrund erneuter telefonischer Bestellung-- erneut mit einem Taxi am Bestimmungsort abgeholt und zum Ausgangsort zurückbefördert wird. Nichts anderes gilt für den vorliegenden Sachverhalt, wenn der Kunde aufgrund einer die gesamte Strecke umfassenden Fahrkarte nach einer Unterbrechung weiterfährt. Bei einem einheitlichen Entgelt für zwei selbständige Leistungen ist dieses nach der einfachst möglichen Berechnungs- oder Bewertungsmethode aufzuteilen (z.B. EuGH-Urteil vom 25. Februar 1999 C-349/96, CPP, Slg. 1999, I-973 Rdnr. 31). Insoweit kann z.B. der Unterschied zwischen Tag- und Abendfahrten oder der Umstand von Bedeutung sein, ob die Klägerin entgeltliche Führungen auch isoliert von der Beförderung angeboten hat.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

Linienverkehr ist eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können. Er setzt nicht voraus, daß ein Fahrplan mit bestimmten Abfahrts- und Ankunftszeiten besteht oder Zwischenhaltestellen eingerichtet sind.

Als Linienverkehr gilt, unabhängig davon, wer den Ablauf der Fahrten bestimmt, auch der Verkehr, der unter Ausschluß anderer Fahrgäste der regelmäßigen Beförderung von

1.
Berufstätigen zwischen Wohnung und Arbeitsstelle (Berufsverkehr),
2.
Schülern zwischen Wohnung und Lehranstalt (Schülerfahrten),
3.
Personen zum Besuch von Märkten (Marktfahrten),
4.
Theaterbesuchern
dient. Die Regelmäßigkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Ablauf der Fahrten wechselnden Bedürfnissen der Beteiligten angepaßt wird.

(1) Wer im Sinne des § 1 Abs. 1

1.
mit Straßenbahnen,
2.
mit Obussen,
3.
mit Kraftfahrzeugen im Linienverkehr (§§ 42, 42a, 43 und 44) oder
4.
mit Kraftfahrzeugen im Gelegenheitsverkehr (§ 46)
Personen befördert, muß im Besitz einer Genehmigung sein. Er ist Unternehmer im Sinne dieses Gesetzes.

(1a) Wer als Nachunternehmer im Auftrag des Unternehmers eine entgeltliche Beförderung von Personen mit Kraftomnibussen durchführt, muss eine Genehmigung nach diesem Gesetz besitzen, die die eingesetzten Fahrzeuge umfasst. Dies gilt nicht, wenn die Voraussetzungen nach Artikel 1 Absatz 4 Buchstabe b oder c der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 zur Festlegung gemeinsamer Regeln für die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers und zur Aufhebung der Richtlinie 96/26/EG des Rates (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 51), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 517/2013 (ABl. L 158 vom 10.6.2013, S. 1) geändert worden ist, erfüllt sind oder der Nachunternehmer ausschließlich innerstaatliche Beförderungen im Sinne des Artikels 1 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 durchführt.

(1b) Wer im Sinne des § 1 Absatz 3 eine Beförderung vermittelt, muss nicht im Besitz einer Genehmigung sein. Er ist Vermittler im Sinne dieses Gesetzes.

(2) Der Genehmigung bedarf auch

1.
jede Erweiterung oder wesentliche Änderung des Unternehmens,
2.
die Übertragung der aus der Genehmigung erwachsenden Rechte und Pflichten (Genehmigungsübertragung) sowie
3.
die Übertragung der Betriebsführung auf einen anderen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Nr. 2 dürfen im Verkehr mit Taxen die aus der Genehmigung erwachsenden Rechte und Pflichten nur übertragen werden, wenn gleichzeitig das ganze Unternehmen oder wesentliche selbständige und abgrenzbare Teile des Unternehmens übertragen werden.

(4) Die Genehmigungsbehörde kann bei einem Linienverkehr nach § 43 dieses Gesetzes und bei Beförderungen nach § 1 Nr. 4 Buchstaben d und i der Freistellungs-Verordnung Befreiung vom Verbot der Mitnahme anderer Fahrgäste erteilen, wenn dies im öffentlichen Verkehrsinteresse geboten und mit Rücksicht auf bestehende öffentliche Verkehrseinrichtungen wirtschaftlich vertretbar ist.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht zum vorübergehenden Einsatz von Kraftfahrzeugen bei Notständen und Betriebsstörungen im Verkehr, insbesondere im Schienen-, Bergbahn- oder Obusverkehr. Wenn die Störungen länger als 72 Stunden dauern, haben die Unternehmer der von der Störung betroffenen Betriebe der Genehmigungsbehörde (§ 11) Art, Umfang und voraussichtliche Dauer eines solchen vorübergehenden Einsatzes von Kraftfahrzeugen unverzüglich mitzuteilen.

(5a) Wer Gelegenheitsverkehre in der Form der Ausflugsfahrt (§ 48 Abs. 1) oder der Ferienziel-Reise (§ 48 Abs. 2) plant, organisiert und anbietet, dabei gegenüber den Teilnehmern jedoch eindeutig zum Ausdruck bringt, dass die Beförderungen nicht von ihm selbst, sondern von einem bestimmten Unternehmer, der Inhaber einer Genehmigung nach diesem Gesetz ist, durchgeführt werden, muss selbst nicht im Besitz einer Genehmigung sein.

(6) Anstelle der Ablehnung einer Genehmigung kann im Fall einer Beförderung, die nicht alle Merkmale einer Verkehrsart oder Verkehrsform erfüllt, eine Genehmigung nach denjenigen Vorschriften dieses Gesetzes erteilt werden, denen diese Beförderung am meisten entspricht, soweit öffentliche Verkehrsinteressen nicht entgegenstehen.

(7) Zur praktischen Erprobung neuer Verkehrsarten oder Verkehrsmittel kann die Genehmigungsbehörde auf Antrag im Einzelfall Abweichungen von Vorschriften dieses Gesetzes oder von auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften für die Dauer von höchstens fünf Jahren genehmigen, soweit öffentliche Verkehrsinteressen nicht entgegenstehen.

(1) Gelegenheitsverkehr ist die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen, die nicht Linienverkehr nach den §§ 42, 42a, 43 und 44 ist.

(2) Als Formen des Gelegenheitsverkehrs sind nur zulässig

1.
Verkehr mit Taxen (§ 47),
2.
Ausflugsfahrten und Ferienziel-Reisen (§ 48),
3.
Verkehr mit Mietomnibussen und mit Mietwagen (§ 49),
4.
gebündelter Bedarfsverkehr (§ 50).

(3) In Orten mit mehr als 50 000 Einwohnern oder in den von der höheren Verwaltungsbehörde bestimmten Orten unter 50 000 Einwohnern darf eine Genehmigung für den Taxenverkehr, den Mietwagenverkehr oder den gebündelten Bedarfsverkehr nicht für denselben Personenkraftwagen erteilt werden.

Tenor

Abweichend von dem Bescheid über Umsatzsteuer vom 28.01.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.04.2011 wird die Umsatzsteuer für 2007 um … € auf … € herabgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob von der Klägerin gegenüber einer gesetzlichen Krankenkasse abgerechnete Krankenfahrten mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen und mit Taxen nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b des UmsatzsteuergesetzesUStG – steuerfrei bzw. nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung mit dem ermäßigten Steuersatz oder ob diese Fahrten mit dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG zu versteuern sind.

2

Die Klägerin ist eine im … von Ärzten gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Gegenstand ihres Unternehmens ist die logistische Unterstützung der Praxen im … . Am 26.09.2007 schloss sie mit der K (nachfolgend Krankenkasse) eine Vereinbarung über die Durchführung von Krankenfahrten zur Dialyse. Die als modellhaft bezeichnete Vereinbarung regelte die Koordination und Organisation sowie die Rechnungslegung und Vergütung von Fahrten nach § 60 des Sozialgesetzbuches – SGB – Fünftes Buch – V – (Krankenfahrten) in eine Gemeinschaftspraxis für … in … (vgl. § 1 Abs. 1 der Vereinbarung). Zweck der Vereinbarung war eine Optimierung der Krankenfahrten unter Beachtung des § 12 SGB V (Wirtschaftlichkeitsgebot) für Dialysepatienten unter anderem durch die Organisation von Gemeinschaftsfahrten (vgl. § 1 Abs. 2 der Vereinbarung). Die Vereinbarung sah vor, dass die Klägerin für die Koordination und Organisation der Fahraufträge mit geeigneten Taxi- oder Mietwagenunternehmen unter Berücksichtigung der in dieser Vereinbarung getroffenen Regelungen gesonderte Vereinbarungen für Serien- und Gemeinschaftsfahrten von Patienten der oben genannten Praxis zu Dialysebehandlungen schloss (vgl. § 2 Abs. 1 der Vereinbarung). Gemäß § 2 Abs. 2 der Vereinbarung gewährleistete die Klägerin, dass die Patientenfahrten nach den gesetzlichen und vertraglichen Qualitätsstandards erfolgen. § 2 Abs. 3 der Vereinbarung sah vor, dass die Klägerin die Durchführung der Serien- und Gemeinschaftsfahrten im Auftrag der durch den Abschluss einer Patiententransportvereinbarung beteiligten Unternehmen organisiert und dass die Organisation und Koordination der Serien- und Gemeinschaftsfahrten im Rahmen der Patiententransportvereinbarung durch die Erteilung von Fahraufträgen an die Unternehmer erfolgt. § 3 der Vereinbarung bestimmte die einzuhaltenden Qualitätskriterien näher. Er sah unter anderem vor, dass die Unternehmen die anfallenden Patientenfahrten erst nach Vorlage der auf den Namen der Krankenkasse vollständig ausgefüllten ärztlichen Verordnung einer Krankenbeförderung und nach vorheriger Genehmigung durchführen (Abs. 1), dass die Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes in der jeweils gültigen Fassung einzuhalten sind (Abs. 2) und dass die Unternehmen sicherstellen, dass die Fahrten zur Behandlung zeitlich so angetreten werden, dass ein termingerechter Behandlungstermin und eine termingerechte Rückfahrt gesichert sind (Abs. 3). § 4 Abs. 1 der Vereinbarung sah vor, dass der Klägerin die Krankenfahrten zur Dialyse, die im Rahmen dieses Vertrages durchgeführt werden, von der Krankenkasse pauschal pro Fahrt und Patient vergütet werden. Die Höhe der Pauschale hing von der Art und Weise der Beförderung ab (vgl. § 4 Abs. 2 bis 5 der Vereinbarung). Neben den hier geregelten Preisen durften keine zusätzlichen Beförderungsentgelte erhoben werden (vgl. § 4 Abs. 6 der Vereinbarung). Die Koordination und Organisation der Fahrten  erfolgte nach § 4 Abs. 7 dieser Vereinbarung durch die Klägerin und war für die Krankenkasse unentgeltlich. Die Vereinbarung vom 26.09.2007, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 15 bis 22 der Umsatzsteuerakte), trat am 01.10.2007 in Kraft (vgl. § 10 der Vereinbarung).

3

Vorbild für diese Vereinbarung war nach Auskunft der X ein Vertrag, der im Jahr 2006 zwischen der Krankenkasse und dem Y geschlossen worden war. Von der Krankenkasse seien – mit Ausnahme der Vergütungshöhe – sieben Verträge gleichen Inhalts geschlossen worden, davon einer mit einem Taxiunternehmen als Koordinator. Die Vertragsbedingungen seien von der Krankenkasse vorgegeben bzw. einheitliche Vertragsbedingungen von ihr – mit Ausnahme der Vergütung – durchgesetzt worden. Außerdem sei zeitgleich mit dem Vertrag mit der Klägerin eine Vereinbarung mit dem Z in Kraft getreten, die für alle Taxi- und Mietwagenunternehmer gelte, die diese Vereinbarung schriftlich anerkennen würden. Die vertraglichen Bedingungen (Qualitätskriterien), die für Taxi- und Mietwagenunternehmer gegolten hätten, die die mit dem Z geschlossene Vereinbarung anerkannt hätten, seien mit den Bedingungen (Qualitätskriterien) für Unternehmen, die einen Vertrag mit der Klägerin geschlossen hätten, zwar nicht identisch, aber aufgrund der gesetzlichen Vorgaben und der vertraglichen Qualitätsstandards (vgl. § 3 Abs. 1 bis 5 des Vertrages mit der Klägerin) – mit Ausnahme der auf Wunsch der Patienten vorzunehmenden Begleitung vom Fahrzeug bis zur Praxis bzw. umgekehrt (vgl. § 3 Abs. 6 des Vertrages mit der Klägerin) – im Wesentlichen vergleichbar gewesen. Allerdings habe sich die Höhe der mit der Klägerin vereinbarten Vergütung für Krankenfahrten zur Dialyse und die Höhe der Vergütung, die Taxi- und Mietwagenunternehmer, die den mit dem Z abgeschlossenen Vertrag anerkannt hätten, grundsätzlich unterschieden. Wegen der Einzelheiten wird auf die beiden Auskünfte der X vom 23.01.2015 und 05.02.2015 (Bl. 271, 272, 279 und 280 der Gerichtsakte) Bezug genommen.

4

Die Klägerin schloss ihrerseits Vereinbarungen über die Durchführung von Krankenfahrten zur Dialysebehandlung mit Beförderungsunternehmen ab, die eine Genehmigung für den Verkehr mit Taxen hatten. Während § 4 der zwischen der Klägerin und der Krankenkasse getroffenen Vereinbarung kilometerunabhängige Pauschalen je Fahrt und Versicherten vorsah, hing die zwischen der Klägerin und den Beförderungsunternehmen vereinbarte Vergütung auch von der gefahrenen Strecke ab (vgl. Bl. 23 bis 29 der Umsatzsteuerakte). Nach den Feststellungen der vom Beklagten durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung führten die privaten Taxiunternehmen die Krankentransporte mit dafür besonders hergerichteten Fahrzeugen und mit „normalen“ Taxen durch.

5

Die Taxiunternehmen rechneten die von ihnen durchgeführten Krankenfahrten entsprechend den mit der Klägerin vereinbarten Entgelten ab. Die Klägerin rechnete die durchgeführten Krankenfahrten wiederum gegenüber der Krankenkasse auf der Grundlage des mit ihr geschlossenen Vertrages ab. In ihrer Buchführung wies die Klägerin für die von der Krankenkasse vergüteten Krankenfahrten nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG steuerfreie Umsätze in Höhe von … € netto (Konto 08110) und mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernde Transporterlöse in Höhe von … € netto (Konto 08301) aus. Diese Beträge sind unstreitig. Eine vom Beklagten festgestellte Differenz zu den von der Klägerin vorgelegten Abrechnungen mit der Krankenkasse über … € (brutto) vermögen die Beteiligten nicht mehr aufzuklären. Die Klägerin ist damit einverstanden, dass aus Vereinfachungsgründen die sich aus ihrer Buchführung ergebenden (höheren) Nettoerlöse zu Grunde gelegt werden (Schriftsatz vom 16.07.2014). Zwischen den Beteiligten ist ebenfalls unstreitig, dass den auf dem Konto 08110 ausgewiesenen Nettoerlösen Beförderungen von kranken oder verletzten Personen mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen der Subunternehmer und dass den auf dem Konto 08301 ausgewiesenen Nettoerlösen Fahrten mit Taxen der Subunternehmer innerhalb der Grenzen des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b Doppelbuchstaben aa oder bb UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung zugrunde liegen.

6

In seinem Bericht über die bei der Klägerin durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat der Prüfer des Beklagten die Ansicht, dass die Klägerin gegenüber der Krankenkasse eine einheitliche Leistung (Koordination, Organisation, Rechnungslegung und Vergütung von Krankenfahrten) erbringe. Die Beförderungsleistungen (Krankenfahrten) seien keine selbständigen Leistungen, sondern Bestandteil einer Gesamtleistung, die der Regelbesteuerung unterliege, weil es an einem Befreiungstatbestand fehle und der ermäßigte Steuersatz nicht anzuwenden sei. Für die auf dem Konto 08110 ausgewiesenen Nettoerlöse ermittelte der Prüfer Mehrsteuern in Höhe von … € (… € x 19 %), für die auf dem Konto 08301 ausgewiesenen Nettoerlöse Mehrsteuern in Höhe von … € (rund … € x 12%).

7

Der Beklagte folgte den Feststellungen seines Prüfers und setzte die Umsatzsteuer für 2007 mit Bescheid vom 28.01.2009 entsprechend fest. Den hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Einspruch, mit dem die Klägerin daran festhielt, dass sie steuerfreie Krankenfahrten und steuerermäßigte Taxileistungen erbracht habe, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 13.04.2011 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin weder nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG steuerfreie noch nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG steuerermäßigte Umsätze ausgeführt habe. Nach diesen Vorschriften seien zwar die von den Taxiunternehmen ausgeführten Umsätze steuerfrei bzw. steuerermäßigt gewesen, nicht aber die der Klägerin, weil diese die Krankenfahrten nicht selbst ausgeführt habe. Für die Vermittlung der Krankenfahrten sehe das Gesetz keinen Befreiungstatbestand vor. Die Klägerin habe sich mit dem Rahmenvertrag gegenüber der Krankenkasse zur Beförderung ihrer Versicherten für ein festgelegtes Entgelt verpflichtet. Diese Leistungen habe sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gegenüber der Krankenkasse abgerechnet. Dass die Klägerin ihre Beförderungspflichten nicht selbst durchführe, sondern sich hierfür anderer Unternehmen als Subunternehmer bedient habe, sei vertraglich vorgesehen gewesen. Insofern habe die Klägerin wie eine Taxizentrale agiert. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Umsätze einer Taxizentrale komme indes nur in Betracht, wenn diese über eine eigene Taxikonzession verfüge. Über eine solche Konzession habe die Klägerin nicht verfügt. Da die Klägerin ihre Leistungen gegenüber der Krankenkasse nicht für fremde, sondern auf eigene Rechnung abgerechnet habe, liege auch kein Fall einer Dienstleistungskommission (§ 3 Abs. 11 UStG) vor. Die Klägerin könne sich für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen (§ 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG) auch nicht auf das Urteil des Bundesfinanzhofes – BFH – vom 18.01.1995 (XI R 71/93, BStBl II 1995, 559) berufen, weil sie – anders als die Klägerin in dem dortigen Verfahren – über keine eigenen Fahrzeuge verfügt und die Leistungen auch nicht selbst erbracht habe.

8

Die Klägerin hat am 05.05.2011 Klage erhoben.

9

Sie weist darauf hin, dass Hauptinhalt des von ihr mit der Krankenkasse abgeschlossenen Vertrages der Krankentransport sei. Die Klägerin sei dafür verantwortlich, dass kranke Menschen zur Dialyse gebracht würden. Die Koordinierung und Abrechnung der Fahrten sei nur eine unselbständige Nebenleistung.

10

Für die Steuerfreiheit der von ihr erbrachten Leistungen beruft sie sich auf die Gesetzesbegründung (Begründung zum Entwurf eines Umsatzsteuergesetzes 1979, BT-Drucksache 8/1779, Seite 34) und von ihr näher bezeichnete Rechtsprechung und Kommentarliteratur, nach der § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG weder verlange, dass die Beförderungen aufgrund von Beförderungsverträgen erbracht würden, noch dass der Empfänger der umsatzsteuerlichen Leistung und die beförderte Person identisch seien. Die Krankenfahrten, für die sie die Umsatzsteuerfreiheit begehre, seien mit für die Beförderung von kranken und verletzten Personen besonders eingerichteten Fahrzeugen durchgeführt worden. Abweichend von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe p der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art 132 Abs. 1 Buchstabe p der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) verlange § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG für die Steuerfreiheit keine „ordnungsgemäß anerkannte Einrichtung“. Die Steuerfreiheit könne auch nicht deshalb versagt werden, weil sie die Krankenfahrten nicht mit eigenen Fahrzeugen durchgeführt habe. § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG verlange nur, dass es sich um Leistungen handele, die ihrer Art nach die Beförderung von kranken und verletzten Personen mit besonders eingerichteten Fahrzeugen zum Gegenstand hätten.

11

Für die Steuerermäßigung der von ihr erbrachten Leistungen beruft sie sich auf eine Entscheidung des Finanzgerichts – FG – Baden-Württemberg vom 04.08.2009. Das Finanzgericht habe für einen vergleichbaren Fall entschieden, dass ernstlich zweifelhaft sei, ob von einem nicht personenbeförderungsberechtigten Unternehmer gegenüber Krankenkassen abgerechnete Krankenfahrten, die nicht von dem Unternehmer selbst, sondern von konzessionierten Taxiunternehmern erbracht würden, dem vollen Steuersatz unterlägen (FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009 1 V 1346/09, EFG 2010, 87). Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG enthalte keinen Hinweis auf die Notwendigkeit eines personenbezogenen Merkmals. Somit kämen nicht nur Taxiunternehmer sondern auch andere Personenbeförderer in den Genuss des ermäßigten Steuersatzes. Der Gesetzgeber habe die Steuerermäßigung für die Personenbeförderung von zwei objektiv an die Leistung anknüpfende Voraussetzungen – die Beförderungsart (Taxenverkehr) und die Beförderungstrecke (Nahverkehr oder nicht mehr als 50 km) abhängig gemacht. Auch aus der maßgeblichen Sicht des Letztverbrauchers spiele es keine Rolle, ob die von ihm in Anspruch genommene Beförderungsleistung auf einem Direkt- oder einem weiter vermittelten Auftrag beruhe. Außerdem beruft sich die Klägerin für die Steuerermäßigung auf die nunmehr ergangenen Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft – EuGH – vom 27.02.2014 (C-454/12 und C 455/12, juris) und des BFH vom 02.07.2014 (XI R 39/10, BFH/NV 2014, 2019). Hiernach sei der ermäßigte Steuersatz für Krankentransporte anzuwenden, die aufgrund einer auch für Taxiunternehmen geltenden Sondervereinbarung mit einer Krankenkasse erbracht würden.

12

Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 18.01.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.04.2011 aufzuheben und die Umsatzsteuer für das Jahr 2007 auf … € festzusetzen sowie
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

13

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

14

Er weist darauf hin, dass der von der Klägerin zitierte Beschluss des Finanzgerichts Baden-Württemberg in einem „AdV-Verfahren“ ergangen sei. Im Übrigen übersehe die Klägerin, dass im Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG zu überprüfen sei, ob ein begünstigter Taxenverkehr im Sinne des § 47 des PersonenbeförderungsgesetzesPBefG – vorliege. Da die Klägerin die für den Verkehr mit Taxen erforderliche Genehmigung nicht besitze, seien ihre Leistungen nicht steuerermäßigt. Im Übrigen nimmt er Bezug auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung und weist noch einmal darauf hin, dass die Klägerin die Leistungen nicht mit eigenen Fahrzeugen erbracht habe.

15

Das Verfahren hat aufgrund des Beschlusses des Berichterstatters vom 31.01.2014 bis zur Entscheidung in dem beim EuGH unter den Aktenzeichen C-454/12 und C-455/12 anhängig gewesenen Verfahren am 27.02.2014 geruht.

16

Dem Senat lagen je ein Band Umsatzsteuer- und Rechtsbehelfsakten des Beklagten vor.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Klage ist begründet.

18

I.) Der angefochtene Bescheid und die Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO).

19

Abweichend von den angefochtenen Bescheiden war die Umsatzsteuer für 2007 um … € auf … € herabzusetzen. Denn die von der Klägerin gegenüber der Krankenkasse abgerechneten Leistungen sind im Umfang der sich aus dem Konto 08110 ergebenden Nettoerlöse (… €) steuerfrei und im Umfang der sich aus dem Konto 08301 ergebenden Nettoerlöse (rund … €) nur mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern. Die Klägerin hat gegenüber der Krankenkasse im eigenen Namen und für eigene Rechnung einheitliche Leistungen – nämlich die Koordination, Organisation, Durchführung und Abrechnung von Krankenfahrten – erbracht, deren steuerliches Schicksal sich nach den von ihr dabei erbrachten Hauptleistungen – der Beförderung der Patienten zur Dialyseeinrichtung und zurück – richtet. Soweit diese Krankenfahrten mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen der Subunternehmer durchgeführt worden sind, sind auch die von der Klägerin gegenüber der Krankenkasse erbrachten Leistungen nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG steuerfrei. Soweit sie mit Taxen der Subunternehmer innerhalb der Grenzen des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b Doppelbuchstaben aa oder bb UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung durchgeführt worden sind, sind sie nur mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern.

20

1.) Da die Klägerin – wie sich aus den vorliegenden Verträgen und deren Durchführung ergibt – gegenüber ihren Vertragspartnern im eigenen Namen und für eigene Rechnung tätig geworden ist, liegt im Streitfall kein Fall einer Leistungskommission (§ 3 Abs. 11 UStG) vor (vgl. Finanzgericht – FG – Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009 1 V 1346/09, EFG 2010, 87; FG Münster, Urteil vom 17.06.2014 15 K 3100/09, EFG 2014, 1623). Die Klägerin hat mit der Koordination, Organisation, Durchführung und Abrechnung der Krankenfahrten vielmehr auf eigene Rechnung Leistungen ausgeführt, deren steuerliches Schicksal sich nach der dabei jeweils erbrachten Hauptleistung – der Beförderung der Patienten zur Dialyseeinrichtung und zurück – richtet.

21

a.) In der Regel ist jeder Umsatz als eigenständige, selbstständige Leistung zu betrachten. Allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb sind die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Unternehmer dem Leistungsempfänger mehrere selbständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn eine oder mehrere Einzelleistungen eine Hauptleistung und die andere Einzelleistung oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebentätigkeiten bilden, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen, wobei eine Leistung als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen ist, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Das Gleiche gilt, wenn der Unternehmer für den Leistungsempfänger zwei oder mehrere Handlungen vornimmt, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl. BFH-Urteil vom 30.06.2011 V R 44/10, BStBl II 2011, 1003; BFH-Urteil vom 08.08.2013 V R 13/12, BFH/NV 2014, 123).

22

b.) Gemäß § 1 („Gegenstand der Vereinbarung“) Abs. 1 der zwischen der Klägerin und der Krankenkasse am 26.09.2007 geschlossenen Vereinbarung regelt diese die Koordination und Organisation sowie die Rechnungsstellung und Vergütung von Krankenfahrten. Zwar wird die Beförderung der Patienten in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung nicht ausdrücklich erwähnt. Dass auch – und gerade diese – Gegenstand der von der Klägerin ausgeführten Leistungen war, ergibt sich indes zwanglos aus der unter § 4 getroffenen Vergütungsregelung. Hiernach hat die Klägerin die Vergütung für die Krankenfahrten erhalten. Die Koordination und Organisation der Krankenfahrten durch die Klägerin ist demgegenüber für die Krankenkasse unentgeltlich gewesen. So ist die Vereinbarung zwischen den Vertragspartnern auch durchgeführt worden. Dass Gegenstand der Vereinbarung vom 26.09.2007 auch die Beförderung der Patienten war, lässt sich zudem der zwischen der Klägerin und der Krankenkasse im März 2009 geschlossenen Folgevereinbarung entnehmen. Diese Vereinbarung, die die bis dahin bestehende Vereinbarung nach ihrem § 10 Abs. 1 Satz 2 „präzisiert“ hat, hat schon in § 1 Abs. 1 bestimmt, dass Gegenstand der Vereinbarung „die Krankenfahrten zur Dialysebehandlung sowie deren Rechnungsstellung und Vergütung“ sind.

23

Die Klägerin hat die Koordination, Organisation, Durchführung und Abrechnung der Krankenfahrten gegenüber der Krankenkasse auch als einheitliche Leistung ausgeführt. Zum einen sind diese Tätigkeiten so eng miteinander verbunden, dass ihre Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Zum anderen handelt es sich bei der Koordination, Organisation und Abrechnung der Krankenfahrten um Nebenleistungen, die nur dazu bestimmt sind, die Hauptleistung – die Beförderung der bei der Krankenkasse versicherten Person zur Dialyseeinrichtung – unter optimalen Bedingungen, insbesondere kostengünstig, durchzuführen. Das legt auch die Präambel der Vereinbarung vom 26.09.2007 nahe. Hiernach sollte „mit der Beförderung der Patienten im Wege von Fahrgemeinschaften eine deutliche Reduzierung der entstehenden Fahrtkosten erreicht werden“.

24

In diesem Zusammenhang ist die Beförderung der Patienten zur Dialyseeinrichtung die Hauptleistung, deren Koordination, Organisation und Abrechnung indes nur (unselbständige) Nebenleistung gewesen. Denn Kern und charakteristisches Merkmal der einheitlichen Gesamtleistung ist die Beförderung der bei der Krankenkasse versicherten Personen zur Dialyseeinrichtung gewesen. Hierfür entstehende Kosten hätte die Krankenkasse auch ohne die mit der Klägerin geschlossene Vereinbarung nach § 60 SGB V zu übernehmen. Demzufolge hat sie der Klägerin auch nur für die Krankenfahrten, nicht aber – wie sich aus § 4 Abs. 7 der Vereinbarung vom 26.09.2007 ergibt – für deren Koordination und Organisation das vereinbarte Entgelt bezahlt.

25

2.) Vor diesem Hintergrund sind die über das Konto 08110 abgerechneten Nettoerlöse nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG steuerfrei. Denn diesen Umsatzerlösen lag die Beförderung von kranken Personen mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen der Subunternehmer zu Grunde. Das ist in tatsächlicher Hinsicht zwischen den Beteiligten unstreitig. Soweit der Beklagte die Rechtsauffassung vertritt, die Beförderungsleistungen seien nicht steuerfrei, weil die Klägerin sie nicht mit eigenen Fahrzeugen, sondern mithilfe ihrer Subunternehmer ausgeführt habe, folgt der Senat dem nicht.

26

a.) Nach dem Wortlaut des § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG hängt die Steuerfreiheit allein vom gesundheitlichen Zustand der beförderten Person („Beförderung von kranken und verletzten Personen“) und der Einrichtung des hierfür benutzten Fahrzeuges („mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind“) ab. Dass der Unternehmer – im Streitfall die Klägerin – die kranken Personen mit „eigenen“ Fahrzeugen befördern muss und sich insoweit der Hilfe von Subunternehmern nicht bedienen darf, lässt sich dem Wortlaut des Gesetzes nicht entnehmen.

27

b.) Für eine solche Einschränkung geben auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift und ihr Sinn und Zweck nichts her. Mit der Einführung der Steuerbefreiung für Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen wollte der Gesetzgeber das private Krankentransportgewerbe von der Umsatzsteuer freistellen und hierdurch eine Gleichstellung mit der öffentlichen Hand, den Krankenhäusern und den Wohlfahrtsverbänden erreichen, die mit ihren Krankenbeförderungen bereits von der Umsatzsteuer befreit waren (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Umsatzsteuergesetz 1979, BT-Drucksache 8/1779, Seite 35). Darüber hinaus entlastet die Steuerfreiheit nach dieser Vorschrift – wie auch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG – die gesetzlichen Krankenkassen, die letztlich die Kosten für die Beförderungsleistungen zu tragen haben. Anzunehmen, der Gesetzgeber habe die Beförderung von kranken und verletzten Personen mit hierzu besonders eingerichteten Fahrzeugen nicht von der Umsatzsteuer befreien wollen, wenn der Vertragspartner der Krankenkasse – im Streitfall die Klägerin – sich für die Ausführung ihrer Leistungen Subunternehmer bedient, wäre widersinnig.

28

c.) Der Beklagte kann sich für seine Rechtsauffassung auch nicht auf die unionsrechtlichen Grundlagen des Umsatzsteuergesetzes berufen. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG beruht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe p der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art 132 Abs. 1 Buchstabe p der im Streitjahr bereits geltenden Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie. Hiernach befreien die Mitgliedstaaten die von ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen durchgeführte Beförderung von kranken und verletzten Personen in dafür besonders eingerichteten Fahrzeugen von der Umsatzsteuer. Auch der Richtlinie lässt sich nicht entnehmen, dass der Unternehmer die Beförderungsleistungen mit eigenen Fahrzeugen durchführen muss. § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG verlangt nur – ebenso wie Art. 13 Teil A Buchstabe p der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchstabe p der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) – dass es sich bei den sonstigen Leistungen um Tätigkeiten handelt, die ihrer Art nach die Beförderung von kranken und verletzten Personen mit besonders eingerichteten Fahrzeugen zum Gegenstand haben (vgl. BFH-Urteil vom 18.01.1995 XI R 71/93, BStBl II 1995, 559).

29

d.) Unerheblich ist auch, dass der Empfänger der Beförderungsleistungen – dies ist im Streitfall die Krankenkasse – und die beförderten Personen nicht identisch gewesen sind. Denn das Gesetz verlangt weder, dass die Beförderungen aufgrund von Beförderungsverträgen erbracht werden, noch dass der Empfänger der umsatzsteuerlichen Leistung und die beförderte Person identisch sind (vgl. BFH-Urteil vom 18.01.1995 XI R 71/93, BStBl II 1995, 559). Soweit ersichtlich hat der Bundesfinanzhof bisher auch im Übrigen keine über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehenden Anforderungen an die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG gestellt (vgl. BFH-Urteil vom 18.01.1995 XI R 71/93, BStBl II 1995, 559; BFH-Urteil vom 12.08.2004 V R 45/03, BStBl II 2005, 314).

30

e.) Soweit Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe p der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art 132 Abs. 1 Buchstabe p der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) die Steuerbefreiung davon abhängig macht, dass die Beförderungsleistungen von „von ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen“ erbracht werden, hat der Gesetzgeber diese Voraussetzung nicht in den Tatbestand des § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG übernommen (vgl. auch Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 17 UStG Rn. 11). Befreit sind alle Unternehmen, die Umsätze der in § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG genannten Art ausführen (vgl. Krauesel in Reiß/Kraeusel/Langer, Umsatzsteuergesetz, § 17 UStG Rn. 17). Da der Wortlaut des § 4 Nr. 17 UStG eindeutig ist, lässt sich sein Anwendungsbereich nicht durch eine richtlinienkonforme Auslegung einschränken. Eine Auslegung gegen den Wortlaut und Wortsinn des Gesetzestextes ist nicht möglich (vgl. zu letzterem BFH-Beschluss vom 10.07.2012 XI R 22/10, BStBl II 2013, 291). Für den Fall eines Umsetzungsdefizits könnte sich der Beklagte auch nicht zu Lasten der Klägerin auf einen Anwendungsvorrang der Richtlinie berufen (vgl. hierzu allgemein Robisch in Bunjes, Umsatzsteuergesetz, 11. Auflage, Vor § 1 UStG Rn. 9, 10).

31

Davon abgesehen erfüllt die Klägerin die Voraussetzung einer „ordnungsgemäß anerkannten Einrichtung“ im Sinne der vorstehenden Richtlinienbestimmungen. Wenn es im Anwendungsbereich des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstaben g und h der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchstaben g und h der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) für die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter ausreicht, dass die Kosten für die dort beschriebenen (steuerfreien) Leistungen von einer Krankenkasse oder anderen Einrichtung der sozialen Sicherheit übernommen werden (vgl. dazu BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06, BStBl II 2008, 634; BFH-Urteil vom 08.08.2013 V R 8/12, BFH/NV 2014, 119), muss es auch im Anwendungsbereich von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe p der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchstabe p der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) genügen, wenn die Beförderungsleistungen auf der Grundlage einer zwischen der Klägerin und einer gesetzlichen Krankenkasse getroffenen Vereinbarung ausgeführt und von dieser – wie im Streitfall – vergütet werden.

32

3.) Die über das Konto 08301 abgerechneten Nettoerlöse sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b Doppelbuchstaben aa und bb UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung nur mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern. Hiernach ermäßigt sich die Steuer für die Beförderung von Personen im Schienenbahnverkehr mit Ausnahme der Bergbahnen, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen und die Beförderungen im Fährverkehr innerhalb einer Gemeinde oder wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt, auf sieben Prozent.

33

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass den auf dem Konto 08301 ausgewiesenen Nettoerlösen Fahrten mit Taxen innerhalb der Grenzen des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b Doppelbuchstaben aa oder bb UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung zugrunde liegen. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten scheitert die Steuerermäßigung nach dieser Vorschrift nicht daran, dass die Klägerin diese Krankenfahrten mit Hilfe der von ihr beauftragten Subunternehmer ausgeführt hat und dass nur diese – nicht aber die Klägerin – eine Genehmigung für den Verkehr mit Taxen nach dem Personenbeförderungsgesetz – PBefG – besitzen (vgl. auch FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009, 1 V 1346/09, EFG 2010, 87; FG Münster, Urteil vom 17.06.2014 15 K 3100/09, EFG 2014, 1623). Das folgt aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des Gesetzes sowie dessen richtlinienkonformer Auslegung.

34

a.) Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG zwingt nicht zu der Annahme, dass der leistende Unternehmer die Beförderungsleistungen mit eigenen Taxen ausführen und selbst die Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzen muss. Das Gesetz knüpft die Steuerermäßigung lediglich an zwei Voraussetzungen: die Beförderungsart („Beförderung von Personen … im Verkehr mit Taxen“) und die Beförderungsstrecke (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009 1 V 1346/09, EFG 2010, 87; FG Münster – Urteil vom 17.06.2014, 15 K 3100/09, EFG 2014, 1623). Beide Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.

35

b.) Zwar ist bei der Auslegung zu beachten, dass der Gesetzgeber mit den in § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG verwendeten Begriffen an deren verkehrsrechtliche Bedeutung nach dem Personenbeförderungsgesetz angeknüpft hat (vgl. BFH-Urteil vom 30.06.2011 V R 44/10, BStBl II 2011, 1003). Mit Wirkung vom 19.12.2006 wurde der – bis dahin verwendete – Begriff „Kraftdroschkenverkehr“ durch die Wörter „Verkehr mit Taxen“ ersetzt (Art. 7 Nr. 5 Buchstabe b des Jahressteuergesetzes 2007). Dabei handelte es sich lediglich um eine redaktionelle Änderung, da die Verwendung des Begriffs „Kraftdroschke“ bei Einführung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG in Anlehnung an das Personenbeförderungsgesetz erfolgte und in diesem Gesetz der Begriff „Kraftdroschke“ zwischenzeitlich durch den Begriff „Taxen“ ersetzt worden war (vgl. den Gesetzentwurf des Bundesregierung zum Jahressteuergesetz 2007, BT-Drucksache 16/2712, Seite 75; BFH-Urteil vom 02.07.2014, XI R 39/10, BFH/NV 2014, 2019). Auch damit lässt sich § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG aber nicht entnehmen, dass die Steuerermäßigung für die Beförderung von Personen im Verkehr mit Taxen von personenbezogenen Merkmalen abhängig ist (vgl. auch FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009 1 V 1346/09, EFG 2010, 87; FG Münster – Urteil vom 17.06.2014, 15 K 3100/09, EFG 2014, 1623) oder voraussetzt, dass der Unternehmer die Beförderung mit „eigenen“ Taxen durchführt. Denn das Personenbeförderungsgesetz versteht unter dem Verkehr mit Taxen die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen bereithält und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführt. Der Unternehmer kann Beförderungsaufträge auch während einer Fahrt oder am Betriebssitz entgegennehmen (vgl. § 47 Abs. 1 PBefG).

36

Anders als für die ebenfalls begünstigte Beförderung von Personen „im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen“, mit der § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG für diese in §§ 42, 43 PBefG näher bestimmte Beförderungsart auch deren Genehmigungserfordernis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PBefG in Bezug nimmt, fehlt ein entsprechender Zusatz für den nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 (in Verbindung mit §§ 46 Abs. 2 Nr. 1, 47 PBefG) genehmigungsbedürftigen Verkehr mit Taxen. Das Adjektiv („genehmigt“) beschreibt nach seiner Stellung in § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG allein den „Linienverkehr“ näher, nicht aber den Verkehr mit Taxen. Gleiches gilt für die vorangegangene Fassung des Gesetzes, nach der sich die Steuer (unter anderem) für die Beförderung von Personen „im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen“ und  „im Kraftdroschkenverkehr“ ermäßigte.

37

c.) Der Sinn und Zweck des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG legen es nahe, den ermäßigten Steuersatz auch dann anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer zwar nicht selbst über die Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz verfügt, die Patienten jedoch – wie im Streitfall – auf der Grundlage einer mit einer gesetzlichen Krankenkasse getroffenen Vereinbarung mit Taxen innerhalb der Grenzen der Doppelbuchstaben aa) oder bb) befördert werden und zumindest die beauftragten Subunternehmer die erforderliche Genehmigung für den Verkehr mit Taxen besitzen.

38

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Umsatzsteuergesetz aus der vierten Wahlperiode (BT-Drucksache IV/1590, Seite 8) und der Entwurf eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) aus der fünften Wahlperiode (BT-Drucksache V/48, Seite 8), sahen ursprünglich keinen ermäßigten Steuersatz für die – bis dahin weitgehend begünstigten – Beförderungen von Personen im Nahverkehr vor. Der Finanzausschuss des Bundestages hielt jedoch eine Sonderregelung auch im neuen Umsatzsteuerrecht für geboten. Nach seiner Ansicht sollte der ermäßigte Steuersatz auch für die Personenbeförderung im Nahverkehr gelten, um die bisherige beförderungsrechtliche Begünstigung der Sozialverkehre beibehalten zu können und Tariferhöhungen in diesem Bereich bzw. – soweit solche Erhöhungen politisch nicht durchsetzbar seien – um weitere Subventionen der Verkehrsträger zu vermeiden (vgl. den Schriftlichen Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) zu BT-Drucksache V/1581, Seite 4). Die Ansicht des Finanzausschusses hat sich in der Regelung des § 12 Abs. 2 UStG durchgesetzt. § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG dient damit auch – wenn auch nicht ausschließlich (vgl. BFH-Urteil vom 30.06.2011 V R 44/10, BStBl II 2011, 1003) – sozialen Zwecken (vgl. Heidner in Bunjes, Umsatzsteuergesetz, 11. Auflage, § 12 UStG Rn. 193). Daneben hat der Gesetzgeber – um die sozialen Sicherungssysteme zu entlasten – in weiteren Vorschriften seinen Willen zum Ausdruck gebracht, Leistungen, deren Kosten von gesetzlichen Krankenkassen oder anderen Trägern der sozialen Sicherung getragen werden müssen, umsatzsteuerrechtlich zu begünstigen (vgl. beispielsweise die Steuerbefreiungen in § 4 Nr. 14, 15, 16 und 17 UStG). Vor diesem Hintergrund wäre es widersinnig, die Beförderung kranker Personen dem Regelsteuersatz zu unterwerfen, nur weil der leistende Unternehmer sich bei der Ausführung seiner Beförderungsleistung konzessionierter Taxiunternehmer bedient, aber nicht selbst über eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz verfügt, wenn dessen Einschaltung in die Leistungskette gerade deshalb erfolgt, um die von der gesetzlichen Krankenkasse zu tragenden Fahrtkosten zu reduzieren. Das war – wie sich aus der Präambel der zwischen der Klägerin und der Krankenkasse im September 2007 geschlossen Vereinbarung ergibt – das Ziel der gewählten Konstruktion.

39

d.) Ein solches Verständnis von § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG gebietet auch dessen richtlinienkonforme Auslegung. Unionsrechtliche Grundlage für diese Steuerermäßigung ist Art. 12 Abs. 3 Buchstabe a Unterabsatz 3 der Richtlinie 77/388/EWG in Verbindung mit deren Anhang H Kategorie 5 und Art 98 Abs. 1 der im Streitjahr bereites geltenden Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie in Verbindung mit deren Anhang III Ziffer 5. Hiernach können die Mitgliedstaaten für die „Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks“ einen ermäßigten Steuersatz anwenden. Diese Voraussetzungen erfüllen die von der Klägerin erbrachten Beförderungsleistungen zweifelsohne.

40

aa.) Zwar zwingen der Wortlaut des Art. 12 Abs. 3 Buchstabe a Unterabsatz 3 der Richtlinie 77/388/EWG und der des Art. 98 Abs. 1 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie nicht zu der Auslegung, dass der ermäßigte Steuersatz nur dann angewandt werden kann, wenn er sich auf alle Aspekte einer Kategorie von Leistungen im Sinne des Anhangs H bzw. III dieser Richtlinie bezieht, so dass eine selektive Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht ausgeschlossen ist, sofern sie keine Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung nach sich zieht. Daher haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, konkrete und spezifische Aspekte einer Kategorie von Leistungen im Sinne des Anhanges H der Richtlinie 77/388/EWG und des Anhangs III der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie mit einem ermäßigten Steuersatz zu belegen. Die selektive Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes unterliegt indes der zweifachen Bedingung, dass zum einen für die Zwecke der Anwendung des ermäßigten Satzes nur konkrete und spezifische Aspekte der in Rede stehenden Kategorie von Leistungen herausgelöst werden und zum anderen der Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird (vgl. EuGH-Urteil vom 27.02.2014 C-454/12, juris).

41

Die Beförderung von Personen im Nahverkehr mit Taxen ist ein konkreter und spezifischer Aspekt der im Anhang H der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Anhang III der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie beschriebenen „Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks“. Denn die Taxiunternehmer gelten in vollem Umfang als Erbringer einer öffentlichen Dienstleistung der Beförderung von Personen, deren Tätigkeit von der Erteilung einer Genehmigung durch die zuständige Behörde abhängig ist und erheblichen weiteren Verpflichtungen unterliegt. Dazu gehört unter anderem, dass sie ihre Tätigkeit entsprechend den öffentlichen Verkehrsinteressen aufrechterhalten (§ 21 PBefG), ihrer Beförderungspflicht im Sinne von § 22 PBefG nachkommen und die festgesetzten Beförderungsentgelte beachten (§ 47 Abs. 4 und 51 Abs. 1 PBefG; vgl. BFH-Urteil vom 02.07.2014 XI R 39/10, BFH/NV 2014, 2019). Ein rechtlicher Rahmen, der Taxiunternehmer – im Unterschied zu Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung – zwingt, Beförderungsleistungen unter Übernahme einer Betriebspflicht zu erbringen, und ihnen verbietet, eine Beförderung in Erwartung insbesondere einer profitableren Fahrt abzulehnen oder Situationen gewinnbringend zu nutzen, in denen sie ein vom offiziellen Tarif abweichendes Beförderungsentgelt verlangen könnten, ist geeignet, unterschiedliche Leistungen zu kennzeichnen (vgl. EuGH-Urteil vom 27.02.2014 C-454/12, juris).

42

Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität lässt es nicht zu, gleichartige und deshalb miteinander im Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln. Dienstleistungen sind gleichartig, wenn sie – aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers – ähnliche Eigenschaften haben und beim Verbraucher nach Maßgabe eines Kriteriums der Vergleichbarkeit in der Verwendung denselben Bedürfnissen dienen und wenn die bestehenden Unterschiede die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers, die eine oder andere Dienstleistung zu wählen, nicht erheblich beeinflussen. Dabei kommt es nicht allein auf die Gegenüberstellung einzelner Leistungen an, sondern ist der Kontext zu berücksichtigen. Zu einer Unterscheidbarkeit können unter Berücksichtigung der jeweiligen Wirtschaftszweige in Ausnahmefällen auch Unterschiede im rechtlichen Rahmen und in der rechtlichen Regelung der betreffenden Dienstleistungen führen (vgl. EuGH-Urteil vom 27.02.2014 C-454/12, juris).

43

Vor diesem Hintergrund sind Personenbeförderungsleistungen, die auf der Grundlage einer für Taxiunternehmen und Mietwagenunternehmen gleichermaßen geltenden Sondervereinbarung mit einer Krankenkasse ausgeführt werden, gleich zu besteuern, wenn die Beförderung der Personen mit einem Taxi keinen konkreten und spezifischen Aspekt der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks darstellt und wenn die im Rahmen dieser Vereinbarung durchgeführten Tätigkeiten aus der Sicht des durchschnittlichen Nutzers als gleichartig anzusehen sind (vgl. EuGH-Urteil vom 27.02.2014 C-454/12, juris; BFH-Urteil vom 02.07.2014 XI R 39/10, BFH/NV 2014, 2019).

44

bb.) Vorliegend hat die Klägerin ihre Leistungen zwar nicht auf der Grundlage einer gleichermaßen auch für Taxiunternehmer geltenden Sondervereinbarung mit der Krankenkasse ausgeführt. Der zwischen ihr und der Krankenkasse geschlossene Vertrag nahm keinen Bezug auf die zeitgleich in Kraft getretene Vereinbarung zwischen der Krankenkasse und dem Z. Gleichwohl haben die zwischen der Klägerin und der Krankenkasse vereinbarten Regelungen zu Folge, dass die von ihr mit Taxen ihrer Subunternehmer ausgeführten Personenbeförderungsleistungen sich von vergleichbaren Personenbeförderungsleistungen von Taxiunternehmen nicht mehr in seiner solchen Weise unterscheiden, dass diese sich gegenüber den von  der Klägerin ausgeführten Leistungen noch als konkreter und spezifischer Aspekt der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks abgrenzen lassen.

45

Denn die zwischen der Klägerin und der Krankenkasse getroffenen Vereinbarungen kommen in Bezug auf die Beförderung der Patienten einer Betriebs- und Beförderungspflicht gleich. Nach dem zwischen ihr und der Krankenkasse geschlossenen Vertrag hatte die Klägerin zu gewährleisten, dass die Patientenfahrten nach den gesetzlichen und vertraglichen Qualitätsstandards erfolgen. Die vertraglich vereinbarten Qualitätskriterien sahen neben der Einhaltung der Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes vor, dass die Fahrten zur Behandlung zeitlich so angetreten werden, dass ein termingerechter Behandlungstermin und eine termingerechte Rückfahrt gesichert sind.

46

Zwar galten für die Klägerin nicht die in Gebührenordnungen für Taxiunternehmer geregelten Beförderungsentgelte und wichen die zwischen ihr und der Krankenkasse vereinbarten Pauschalen für die Beförderung der Patienten von den zwischen der Krankenkasse und dem Z vereinbarten Beträgen ab. Da die Klägerin jedoch – neben den vereinbarten Pauschalen – keine weiteren Beförderungsentgelte erheben durfte und die gesetzliche Krankenklasse sowohl beim Abschluss des Vertrages mit der Klägerin als auch bei Abschluss der Vereinbarung mit dem Z aufgrund der für sie geltenden Vorgaben in § 133 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 SGB V den Grundsatz der Beitragsstabilität (§ 71 Abs. 1 Satz 1 SGB V) zu beachten hatte, die Beförderungsentgelte also nicht dem freien Spiel des Marktes, sondern einschränkenden gesetzlichen Vorgaben unterworfen waren, rechtfertigen die unterschiedlichen Pauschalen allein nicht mehr, die von der Klägerin mit den Taxen ihrer Subunternehmer ausgeführten Beförderungsleistungen aus dem Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG auszunehmen.

47

Vor diesem Hintergrund sind die von der Klägerin mit Taxen ihrer Subunternehmer ausgeführten Beförderungsleistungen schließlich mit von Taxiunternehmern selbst ausgeführten Patientenfahrten gleichartig. Aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers dienen beide der Befriedigung desselben Bedürfnisses. Beide haben die – kostenmäßig von der gesetzlichen Krankenkasse zu tragende (vgl. § 60 SGB V) – Beförderung von Patienten zu medizinischen Einrichtungen zum Gegenstand. Ob die Beförderungsleistung von einem Taxiunternehmer selbst oder von einem Unternehmer ausgeführt wird, der nicht selbst eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzt und die Fahrten mithilfe von Subunternehmern ausführt, macht aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers keinen erheblichen Unterschied mehr, wenn die Krankenfahrten – wie im Streitfall – mit Taxen von Subunternehmern ausgeführt werden, die eine entsprechende Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzen, die Abrechnung dieser Fahrten auf der Grundlage einer mit einer gesetzlichen Krankenkasse getroffenen Vereinbarung beruht und daher den einschränkenden Regelungen der §§ 71, 133 SGB V unterworfen ist.

48

II.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären.

49

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 FGO und der entsprechenden Anwendung von §§ 708 Nr. 10, 711 der ZivilprozessordnungZPO.

50

Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 1. Alternative FGO zugelassen. Die Frage, ob gegenüber einer gesetzlichen Krankenkasse abgerechnete Krankentransporte mit Taxen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unterliegen, wenn der leistende Unternehmer selbst keine Genehmigung für den Verkehr mit Taxen hat, die Fahrten aber von seinen Subunternehmen durchgeführt werden, die eine solche Genehmigung besitzen, hat grundsätzliche Bedeutung. Der Senat hält insoweit auch eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes zur Fortbildung des Rechts für erforderlich.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

(1) Verkehr mit Taxen ist die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen bereithält und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführt. Der Unternehmer kann Beförderungsaufträge auch während einer Fahrt oder am Betriebssitz entgegennehmen.

(2) Taxen dürfen nur an behördlich zugelassenen Stellen und in der Gemeinde bereitgehalten werden, in der der Unternehmer seinen Betriebssitz hat. Fahrten auf vorherige Bestellung dürfen auch von anderen Gemeinden aus durchgeführt werden. Die Genehmigungsbehörde kann im Einvernehmen mit anderen Genehmigungsbehörden das Bereithalten an behördlich zugelassenen Stellen außerhalb der Betriebssitzgemeinde gestatten und einen größeren Bezirk festsetzen.

(3) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung den Umfang der Betriebspflicht, die Ordnung auf Taxenständen sowie Einzelheiten des Dienstbetriebs zu regeln. Sie kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung übertragen. In der Rechtsverordnung können insbesondere Regelungen getroffen werden über

1.
das Bereithalten von Taxen in Sonderfällen einschließlich eines Bereitschaftsdienstes,
2.
die Annahme und Ausführung von fernmündlichen Fahraufträgen,
3.
den Fahr- und Funkbetrieb,
4.
die Behindertenbeförderung und
5.
die Krankenbeförderung, soweit es sich nicht um Beförderungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 handelt.

(4) Die Beförderungspflicht besteht nur für Fahrten innerhalb des Geltungsbereichs der nach § 51 Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 2 Satz 1 festgesetzten Beförderungsentgelte (Pflichtfahrbereich).

(5) Die Vermietung von Taxen an Selbstfahrer ist verboten.

(1) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Beförderungsentgelte und -bedingungen für den Taxenverkehr festzusetzen. Die Rechtsverordnung kann insbesondere Regelungen vorsehen über

1.
Grundpreise, Kilometerpreise und Zeitpreise sowie Festpreise für bestimmte Wegstrecken,
2.
Zuschläge,
3.
Vorauszahlungen,
4.
die Abrechnung,
5.
die Zahlungsweise und
6.
die Zulässigkeit von Sondervereinbarungen für den Pflichtfahrbereich.
Die Landesregierung kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung übertragen. Für Fahrten auf vorherige Bestellung können Festpreise bestimmt oder Regelungen über Mindest- und Höchstpreise getroffen werden, innerhalb derer das Beförderungsentgelt vor Fahrtantritt frei zu vereinbaren ist.

(2) Sondervereinbarungen für den Pflichtfahrbereich sind nur zulässig, wenn

1.
ein bestimmter Zeitraum, eine Mindestfahrtenzahl oder ein Mindestumsatz im Monat festgelegt wird,
2.
eine Ordnung des Verkehrsmarktes nicht gestört wird,
3.
die Beförderungsentgelte und -bedingungen schriftlich vereinbart sind und
4.
in der Rechtsverordnung eine Pflicht zur Genehmigung oder Anzeige vorgesehen ist.

(3) Bei der Festsetzung der Beförderungsentgelte und -bedingungen sind § 14 Abs. 2 und 3 sowie § 39 Abs. 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Die ermächtigten Stellen können für einen Bereich, der über den Zuständigkeitsbereich einer die Beförderungsentgelte und -bedingungen festsetzenden Stelle hinausgeht, in gegenseitigem Einvernehmen einheitliche Beförderungsentgelte und -bedingungen vereinbaren.

(5) Für die Anwendung der Beförderungsentgelte und -bedingungen gilt § 39 Abs. 3 entsprechend.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 3. Kammer – vom 19. Februar 2008 wird zurückgewiesen

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit einer Genehmigung des Beklagten, mit der dieser eine Sondervereinbarung nach § 51 Abs. 2 PBefG genehmigt hat.

2

Die dem Beigeladenen zu 6) nicht angehörende Klägerin betreibt ein Taxi-Unternehmen.

3

Am 14. November 2005 schlossen der Beigeladene zu 6) und die Beigeladenen zu 1) bis 5) eine Vereinbarung nach § 133 Sozialgesetzbuch V über die Durchführung und Vergütung von Patientenfahrten in Schleswig-Holstein (nachfolgend Vereinbarung genannt). Die Vereinbarung besteht aus einem allgemeine Fragen des Vertragsverhältnisses und der Beziehungen zwischen den Vertragsparteien und den Mitgliedern des Beigeladenen zu 6) regelnden Grundvertrag und mehreren Anlagen. In Anlage B enthält die Vereinbarung Vergütungsvereinbarungen, die von den in der Kreisverordnung über Beförderungsentgelte für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen im Kreis Stormarn vom 01. Juli 2006 (nachfolgend: Kreisverordnung) festgelegten Tarifen abweichen. Die vereinbarten Tarife traten teils am 01. Januar 2006, teils am 01. April 2006 in Kraft. Nach der in Artikel III enthaltenen Kündigungsregelung kann die Vereinbarung von jeder Vertragspartei mit einer Frist von einem Monat zum Ende eines Kalendervierteljahres, erstmals zum 31. Dezember 2006, schriftlich gekündigt werden. Im Falle der Kündigung wirkt die Vereinbarung über den Kündigungszeitpunkt nach, bis sie durch eine neue Vereinbarung ersetzt wird oder eine Seite schriftlich das Scheitern weiterer Verhandlungen erklärt.

4

Gemäß § 3 Abs. 4 der Kreisverordnung bedürfen im Kreis Stormarn Sondervereinbarungen für den Pflichtbereich im Sinne des § 51 Abs. 2 PBefG der Genehmigung des Landrates. Dementsprechend beantragte der Beigeladene zu 6) mit Schreiben vom 10. Juli 2006 die erforderliche Genehmigung beim Beklagten. Dieser genehmigte die Sondervereinbarung mit Bescheid vom 20. Dezember 2006. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es liege eine schriftliche Sondervereinbarung nach § 3 Abs. 1 der Kreisverordnung vor, die den Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 PBefG genüge. In der Vereinbarung sei ein bestimmter Zeitraum festgelegt worden. Dabei sei es nicht erforderlich, eine Mindestfahrtenzahl oder einen Mindestumsatz im Monat festzulegen. Auch werde die Ordnung des Verkehrsmarktes nicht gestört. Nach § 52 Abs. 3 PBefG gelte die entsprechende Anwendung des § 39 Abs. 2 PBefG nur für die Festsetzung der Beförderungsentgelte, nicht jedoch für die vertraglich vereinbarten Entgelte. Im Rahmen der freien Vertragsgestaltung sei davon auszugehen, dass die Unternehmer die Preisgestaltung an ihren unternehmerischen Zielen und Bedürfnissen ausrichten werden. Dies gelte insbesondere, wenn die Unternehmen bei den Vertragsverhandlungen durch Berufsverbände vertreten seien, die die unternehmerischen Interessen des Taxigewerbes den Interessen des Vertragspartners, wie es hier die Krankenkassen seien, gleichgewichtig entgegenstellen könnten.

5

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 04. Januar 2007 erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie im Wesentlichen geltend machte, in der Sondervereinbarung seien weder eine Mindestfahrtenzahl noch ein Mindestumsatz noch ein bestimmter Zeitraum vereinbart worden. Dies verstoße gegen § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG. Auch werde die Ordnung des Verkehrsmarktes gestört. Ausweislich eines im Auftrage des Gesamtverbandes Verkehrsgewerbe Niedersachsen e.V. – Bezirksgruppe Stade – in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens und der danach anzusetzenden jährlichen Selbstkosten von Taxifahrzeugen liege es auf der Hand, dass die Entgelte der streitigen Sondervereinbarung keinen nennenswerten Unternehmergewinn, keinerlei Abschreibungen und keinerlei Rücklagen für die Anschaffung neuer Fahrzeuge ermöglichen. Außerdem erhielten Taxiunternehmer, die nicht Mitglied des Landesverbandes seien, jedoch eine Vereinbarung mit den Krankenversicherern schließen wollten, noch geringere Entgelte als in der Vereinbarung vorgesehen. Dadurch werde ein Druck ausgeübt, zum Landesverband beizutreten. Ohne eine Vereinbarung erhalte ein Taxiunternehmer für Krankenfahrten von den Krankenversicherern überhaupt keine Vergütung.

6

Mit Widerspruchsbescheid vom 05. März 2007 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Er wiederholte darin seine Auffassung, dass die in § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG genannten Voraussetzungen nicht kumulativ vorliegen müssten. Ein bestimmter Zeitraum sei in der Sondervereinbarung vorgesehen. Die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 PBefG seien nicht im Rahmen von § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG anwendbar. Aufgrund der Einvernehmlichkeit der Sondervereinbarung könne die Klägerin keine weitergehenden subjektiven Rechte herleiten.

7

Der Bescheid wurde am 07. März 2007 zugestellt.

8

Am 10. April 2007 hat die Klägerin Klage erhoben.

9

Sie hat vorgetragen, im Jahre 2005 habe der Umsatzanteil für Krankenfahrten am Gesamtumsatz etwa 15 % betragen. Die gesetzlichen Krankenversicherer würden es ablehnen, Patientenfahrten von Taxiunternehmen zu erstatten, selbst wenn die Patienten bereit seien, die Differenz zwischen Beförderungsentgelten der Sondervereinbarung auszugleichen. Sie bestünden auf vertraglichen Vereinbarungen zu den Konditionen des Vertrages mit dem Beigeladenen zu 6) oder noch schlechteren. Es entstehe ein erheblicher Druck für Taxiunternehmer, die nicht dem Beigeladenen zu 6) angehörten. Sie hätten die Wahl, entweder in den Verband einzutreten, mangels Vereinbarung überhaupt keine Vergütung zu erhalten oder eine Vereinbarung zu noch niedrigeren Konditionen abzuschließen.

10

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Sondervereinbarung verstoße gegen § 51 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 PBefG. Beide Vorschriften würden ein subjektiv-öffentliches Recht vermitteln. Die Vereinbarung enthalte weder eine Mindestfahrtenzahl noch einen Mindestumsatz noch werde ein bestimmter Zeitraum festgelegt. Zwar enthalte sie eine Mindestlaufzeit; die Vertragsdauer werde aber nur durch Kündigung beendet. Somit liege kein definitives Ende fest, weshalb es sich um einen Vertrag von unbestimmter Dauer handele. Sie – die Klägerin – könne sich darauf berufen, dass die Sondervereinbarung zu einer das Taxigewerbe bedrohenden oder gar vernichtenden Dauereinrichtung werde. Auch verstoße die Vereinbarung gegen § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG. Die Ordnung des Verkehrsmarktes werde gestört. Die vereinbarten Tarife seien nicht geeignet, eine kostendeckende Arbeitsweise zu ermöglichen. Sie seien existenzgefährdend. Jedenfalls bestehe die Gefahr, dass die verbleibenden Unternehmer ihren Fuhrpark nicht mehr ausreichend instand halten könnten. Dies würde zu Gefahren im Straßenverkehr, auch für die Fahrgäste führen.

11

Darüber hinaus hat die Klägerin geltend gemacht, die Sondervereinbarung verstoße gegen § 51 Abs. 3 i.V.m. § 39 Abs. 2 PBefG, da die vereinbarten Entgelte nicht auskömmlich seien. § 39 Abs. 2 PBefG sei im Rahmen des Abschlusses von Sondervereinbarungen anwendbar. Die Vorschrift entfalte auch Drittschutz.

12

Ferner hat die Klägerin die Auffassung vertreten, durch die Genehmigung der Sondervereinbarung sei sie in ihrem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie im Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach Art. 14 verletzt. Ferner verstoße die Sondervereinbarung gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Nicht verbandsangehörige Taxiunternehmer würden durch die Krankenversicherer diskriminiert.

13

Die Klägerin hat beantragt,

14

den Bescheid des Beklagten vom 18. Dezember 2006 (richtig: 20.Dezember 2006) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. März 2007 aufzuheben.

15

Der Beklagte hat beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Er hat zur Begründung seines Klagabweisungsantrages auf die Ausführungen im Bescheid vom 18. Dezember 2006 und im Widerspruchsbescheid vom 05. März 2007 verwiesen.

18

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

19

Die Beigeladene zu 1) hat vorgetragen, das von der Klägerin eingereichte Gutachten sei nicht aussagefähig. Die dort begutachtete Vereinbarung sei mit der streitgegenständlichen nicht vergleichbar, da die Vergütungen eine gänzlich andere Struktur aufweisen würden. Soweit die Klägerin Umsatzerlöse für 2005 und 2006 mitgeteilt habe, seien diese nicht aussagekräftig, weil darin in größerem Umfange Erlöse aus Patientenfahrten enthalten seien, die Ausgangs- und/oder Zielort außerhalb des Kreises Stormarn hätten. Sie würden deshalb von der angefochtenen Genehmigung in keiner Weise tangiert. Im Übrigen seien die vereinbarten Entgelte auskömmlich. Eine Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes liege nicht vor. Bei den Patientenfahrten mit einer Beförderungsleistung von weniger als 1.890 m wäre mit der Sondervereinbarung sogar eine Besserstellung gegenüber den Tarifen der seit dem 01. Juli 2006 geltenden Kreisverordnung verbunden, da der für Patientenfahrten vereinbarte Mindesttarif von 5,-- Euro höher als der behördlich festgesetzte Tarif sei. Im Ergebnis lägen die Vergütungssätze entsprechender Sondervereinbarungen in anderen Bundesländer sehr häufig niedriger.

20

Im Übrigen treffe es auch nicht zu, dass sie – die Beigeladene zu 1) – die Vergütung von Patientenfahrten von Taxiunternehmern ablehne, welche nicht im Landesverband organisiert seien. Lediglich die Direktabrechnung des Unternehmens mit der Krankenkasse könne mangels vertraglicher Regelung nicht erfolgen. Die Versicherten könnten aber im Rahmen der Leistungen der Krankenkasse Kostenerstattung beantragen.

21

Mit Urteil vom 19. Februar 2008 hat das Verwaltungsgericht – 3. Kammer – die Klage abgewiesen.

22

Zwar weise die Klägerin die erforderliche Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO auf, die Klage sei jedoch unbegründet. Die Sondervereinbarung verstoße nicht gegen § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG, da ein bestimmter Zeitraum im Sinne dieser Vorschrift vereinbart worden sei. Auf einen Verstoß gegen § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG könne sich die Klägerin nicht berufen, da die Vorschrift den einzelnen Taxiunternehmer nicht in seinen eigenen subjektiven Rechten schütze. Zwar wolle § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG eine Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes verhindern, dies sei aber nicht im Sinne eines Konkurrentenschutzes zu verstehen. Die Zulässigkeitsvoraussetzung der Sondervereinbarung diene nicht dazu, die derzeitige Position einzelner Unternehmer am Markt zu festigen und in ihrem Bestand zu schützen, sondern es gehe um die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes insgesamt. Die Aufrechterhaltung der Ordnung des Verkehrsmarktes entfalte nicht in der Weise drittschützende Wirkung, dass die Sondervereinbarung nicht nachteilig auf einzelne Unternehmen auswirken dürften. Ausreichend sei, dass das Taxigewerbe im tarifgebundenen Bereich als solches bestehen bleibe. Dem Taxengewerbe als einem öffentlichen Verkehrsträger seien Beschränkungen des freien Wettbewerbs, nämlich die Beförderungspflicht und die Bindung an Beförderungstarife auferlegt. Hierbei handele es sich um Rahmenbedingungen, die jeder Taxenunternehmer, der sich für den Beruf entscheide, vorfinde und mit dem Antrag auf Zulassung zu ihm in Kauf nehme. Aus diesem Grunde sei der in der mündlichen Verhandlung vom Klägervertreter gestellte Beweisantrag als unerheblich abzulehnen gewesen. Dieser habe auf Einholung eines Gutachtens zum Beweis der Tatsache abgezielt, dass die streitgegenständliche Sondervereinbarung für die nicht vereinbarungsgebundenen Unternehmer existenzbedrohende wirtschaftliche Auswirkungen habe. Auf diese Frage komme es jedoch infolge des fehlenden Drittschutzes der Vorschrift nicht an. Darüber hinaus sei der Beweisantrag aber auch "ins Blaue hinein" gestellt gewesen. Die Klägerin hätte zumindest darlegen müssen, welchen Anteil die Krankenfahrten zum gesamten Beförderungsdienst ausmachen. In Anbetracht dessen, dass die streitige Vereinbarung bereits über einen längeren Zeitraum praktiziert werde, hätte sie das angebliche "Unternehmersterben" anhand konkreter Beispiele belegen können. Darüber hinaus vermöge das Gericht auch nicht zu erkennen, dass in der Sache eine Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes gegeben sei. Die Genehmigung der Sondervereinbarung sei vor dem Hintergrund der zum 01. Juli 2006 erfolgten, verbesserten Tarifordnung, welche ihrerseits bereits die Sondervereinbarung im Blick gehabt habe, erteilt worden. Für eine Störung des tarifgebundenen Marktes dadurch, dass ihm bestimmte Krankenfahrten entzogen worden seien, lägen keinerlei Anhaltspunkte vor. Dafür, dass die Beförderungsnachfrage außerhalb von Krankenfahrten im Kreis Stormarn praktisch bedeutungslos geworden sei, habe die Klägerin keine nachvollziehbaren Tatsachen dargelegt. Für das eigene Unternehmen habe sie selbst einen – ehemaligen – Anteil an Krankenfahrten von nur 15 % des Gesamtumsatzes angegeben. Ohnehin sei in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass der wesentliche Anteil an Krankenfahrten bereits durch eine gesetzliche Änderung seit dem 01. Januar 2004 entfallen sei, wonach Krankenfahrten zu niedergelassenen Ärzten, die den Hauptanteil ausmachten, nicht mehr durch die Krankenversicherungen übernommen würden. Vergütet würden nur noch Sonderbereiche, wie Fahrten zur Dialysebehandlung, Chemo- oder Strahlentherapie sowie Fahrten zum Krankenhaus.

23

Das Verwaltungsgericht hat ferner ausgeführt, die rechtlichen Bedenken der Klägerin dahingehend, dass durch die Vereinbarung Druck auf nicht organisierte Unternehmer ausgeübt würden, teile es nicht. Schließlich würden durch die Vereinbarung die gesetzlichen Vorgaben nach § 133 SGB V erfüllt und erst die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme der Patientenfahrten durch die Krankenversicherungen geschaffen. Berufsverbände seien zudem viel besser als jeder Einzelunternehmer in der Lage, die wirtschaftlichen und unternehmerischen Interessen des Taxigewerbes gleichgewichtig gegenüber den Krankenversicherungen zu vertreten und durchzusetzen. Der einzelne Unternehmer müsse sich viel eher dem Diktat der Versicherungen unterwerfen. Auch trage die Vereinbarung durch den Verband als Vertreter einer Vielzahl von Unternehmern auch zu einer Vereinheitlichung der Tarife für Krankenfahrten bei.

24

Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass die in der Sondervereinbarung vereinbarten Tarife nicht auskömmlich sein sollten. § 39 Abs. 2 PBefG schütze nicht die unternehmerischen Interessen Dritter. Der Sinn und Zweck der Regelung entspreche dem allgemeinen Ziel, das im Personenbeförderungsgesetz zum Ausdruck komme, nämlich das wirtschaftliche Interesse des Beförderungsunternehmers und das auf Gewährleistung sicherer und ausreichender Beförderungsmöglichkeiten gerichtete Interesse der Allgemeinheit soweit wie möglich in einen Ausgleich zu bringen. Im Übrigen gelte § 39 Abs. 2 PBefG nicht unmittelbar für Taxiunternehmen. Eine entsprechende Anwendung sei nach dem Wortlaut des § 51 Abs. 3 PBefG auch nur für die Festsetzung von Beförderungsentgelten, also den regulierten Markt angeordnet, nicht jedoch für die vertraglich vereinbarten Beförderungsentgelte.

25

Schließlich hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, eine Verletzung von Grundrechten der Klägerin des Art. 3, 12 und 14 GG seien nicht erkennbar. Zudem sei die Abrede, wonach bei eventuellem Abschluss von Einzelverträgen die Krankenkassen bei der Preisfindung den erhöhten Arbeitsaufwand berücksichtigen werden bzw. der durch Einzelverträge entstehende zusätzliche Verwaltungsaufwand entgeltmindernd wirksam wird, aus der Vereinbarung nach dem Vorbringen der Beigeladenen herausgenommen worden. Dabei bestünden keine Anhaltspunkte mehr für die Annahme einer Diskriminierung oder eines Missbrauchs im Sinne des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder einer Verletzung von Art. 3 oder 12 GG. Zudem sei der Beklagte im Rahmen des Genehmigungsverfahrens auch gar nicht berechtigt, die Tätigkeit der beigeladenen Krankenversicherungen auf die Rechtmäßigkeit nach dem Sozialgesetzbuch V zu überwachen.

26

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

27

Gegen das ihr am 26. Februar 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. März 2008 frist- und formgerecht Berufung eingelegt, welche am 28. April 2008 – einem Montag – begründet worden ist.

28

Zur Begründung trägt die Klägerin unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen vertiefend vor, auch nach ihrer Auffassung müssten die in § 52 Abs. 2 Ziff. 1 PBefG genannten Merkmale nicht kumulativ, sondern nur alternativ vorliegen. In der Sondervereinbarung sei aber weder eine Mindestfahrtenzahl noch ein Mindestumsatz und eben auch kein bestimmter Zeitraum festgelegt worden. Vereinbart worden sei nur der Beginn eines Zeitraumes sowie eine Kündigungsoption innerhalb einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres, erstmals zum 31. Dezember 2006. Zudem gelte auch bei einer Kündigung die Sondervereinbarung auf unbestimmte Zeit weiter, bis sie durch eine neue Sondervereinbarung ersetzt werde oder bis das Scheitern der Verhandlungen von einer Partei erklärt worden sei. Der Wortlaut der Vereinbarung verbiete deshalb die Annahme der Festlegung eines bestimmten Zeitraumes. Das Verwaltungsgericht habe zudem eine Ausnahmevorschrift weit, statt wie geboten eng ausgelegt, wenn der Zweck der Vorschrift darin gesehen werde, zu verhindern, dass nicht nur eine einzelne Fahrt dem Anwendungsbereich einer Sondervereinbarung unterfalle. Bei dieser Auslegung habe das Verwaltungsgericht verkannt, dass neben einer abstrakt-generellen Vielzahl von Fahrten eben auch ein bestimmter Zeitraum vom Gesetzeswortlaut gefordert werde. Hätte der Gesetzgeber einen Mindestzeitraum für ausreichend gehalten, hätte er dies ins Gesetz schreiben müssen. Die Vereinbarung eines zeitlich nicht befristeten Zeitraumes mit Kündigungsmöglichkeit erfülle auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Freiburg (Urt. v. 11.09.2008 – 2 K 1256/07 -) nicht das Merkmal eines bestimmten Zeitraumes. Die Vereinbarung einer Mindestlaufdauer reiche hierfür nicht aus. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Vorschrift des § 51 Abs. 2 Ziff. 1 PBefG auch drittschützend. Die engen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Vorschrift sollten das nicht vertragsgebundene Taxigewerbe vor einer ausufernden Vereinbarungspraxis potentieller Vertragspartner schützen.

29

Die Sondervereinbarung bewirke zudem eine Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes i.S.v. § 51 Abs. 2 PBefG. Sie bewirke erhebliche Verschiebungen am Markt. Viele nicht vertragsgebundene Unternehmen mit bisher hohem Anteil an Patientenfahrten müssten aus dem Markt ausscheiden; jedenfalls seien sie aber nicht mehr zu einer Instandsetzung des Fuhrparks in der Lage, wenn die Patientenfahrten wegfielen oder deren Anzahl geringer würde oder sie sich notgedrungen den ausgehandelten – niedrigeren – Tarifen unterwerfen müssten. Da die Krankenkassen gezielt Hinweise gäben, dass Taxifahrten mit nicht vertragsgebundenen Unternehmen nicht erstattet würden, sei die Annahme des Wegfalls oder der Verringerung der Patientenfahrten realistisch.

30

Im erstinstanzlichen Verfahren sei das Privatgutachten eines Sachverständigen vorgelegt worden; zudem seien eigene Daten zur wirtschaftlichen Betroffenheit beigebracht worden. Bei dieser Sachlage hätte das Verwaltungsgericht den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag über die existenzbedrohenden wirtschaftlichen Nachteile der Sondervereinbarung nicht als "ins Blaue hinein" gestellt ablehnen dürfen. Es sei der Klägerin auch gar nicht möglich, den Anteil der Krankenfahrten zum gesamten Beförderungsdienst zu ermitteln.

31

Die schleichende Unterhöhlung des bedeutsamen Marktsegments "Krankenfahrten" – welches bei Taxiunternehmen zwischen 15 und 70 % liege – bedeute eine Störung der Ordnung des betroffenen Verkehrsmarktes. Das Verwaltungsgericht habe den Druck, der infolge der Sondervereinbarung und der Praktiken der Krankenkassen auf die nicht vertragsgebundenen Taxiunternehmen ausgeübt werde, schlicht verkannt.

32

Die Vorschrift des § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG begründe auch ein subjektiv-öffentliches Recht der Klägerin. Taxiunternehmen sollten durch diese Norm für Sondervereinbarungen geschützt werden, die die genannten Zulässigkeitskriterien nicht erfüllen.

33

Drittschützend sei schließlich auch die Regelung des § 51 Abs. 3 i.V.m. § 39 Abs. 2 PBefG. Diese Vorschrift sei auch im Falle einer Vereinbarung nach § 51 Abs. 2 PBefG anzuwenden. Ansonsten hätte der Gesetzgeber die Regelung des Absatzes 3 nicht nach den ersten beiden Absätzen, sondern am Ende von Absatz 1 eingefügt. Außerdem sei die notwendige Genehmigung der Vereinbarung als Festsetzung der Beförderungsentgelte zu verstehen, so dass auch das Wortlautargument des Verwaltungsgerichts nicht greife. Die Prüfung der Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 PBefG sei bei einer Sondervereinbarung im Hinblick auf ihren Ausnahmecharakter besonders notwendig und entspreche dem Zweck des Gesetzes.

34

Durch die vom Beklagten bei der Genehmigung in Kauf genommenen Nachteile und Verwerfungen für nicht vertragsgebundene Taxiunternehmen würden diese in ihren Rechten aus Art. 12 GG, Art. 14 GG und Art. 3 GG verletzt. Die Genehmigungsbehörde habe nämlich mit der Genehmigung die Grundlage für ein diskriminierendes Verhalten der Krankenversicherer gegenüber Unternehmen, wie der Klägerin, geschaffen. Die vom Verwaltungsgericht für seine den Drittschutz verneinende Auffassung in Anspruch genommene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Mai 1976 (- 2 BvL 1/75 -) lege eher das Gegenteil nahe.

35

Dass im Übrigen entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1) die Vorschrift des § 39 Abs. 2 PBefG auch für Sondervereinbarungen gelte, gehe auch aus einem Vermerk von Herrn Dr. W I vom 21. April 2008 hervor, welcher seinerzeit der im Bundesverkehrsministerium für das Personenbeförderungsrecht zuständige Ministerialdirigent gewesen sei. Nach dessen zutreffender Ansicht habe das einzelne Unternehmen ein subjektiv-öffentliches Recht auf Prüfung der Gesamtumstände, unter denen eine Sondervereinbarung über Krankenfahrten abgeschlossen werde einschließlich der Auswirkungen durch den drohenden Ausschluss einzelner Unternehmer von der Abrechnung von Krankenfahrten durch die Krankenkassen.

36

Die Klägerin beantragt,

37

unter Aufhebung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 19. Februar 2008 den Bescheid des Beklagten vom 20. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. März 2007 aufzuheben.

38

Der Beklagte beantragt,

39

die Berufung zurückzuweisen.

40

Der Beklagte führt unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen ergänzend aus, das gesetzlich in § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG geforderte Minimum an Fahrten und Umsatz könne nur verhindern, dass durch den Abschluss einer Sondervereinbarung nicht die ansonsten bestehende Tarifbindung völlig umgangen werde und die Möglichkeit bestehe, für einzelne Fahrten Preise unter dem Deckmantel einer Sondervereinbarung auszuhandeln und somit die Tarife des Pflichtfahrtbereiches gänzlich zu umgehen. Im gleichen Lichte müsse dann auch das Merkmal des bestimmten Zeitraumes gesehen werden, welches durch die erstmalige Kündigungsmöglichkeit zum 31. Dezember 2006 hinreichend erfüllt werde.

41

Aus einer – von der Klägerin angenommenen – Überschreitung der Zulässigkeitsgrenzen des § 51 Abs. 2 PBefG könne lediglich die objektive Rechtswidrigkeit, nicht jedoch die subjektive Rechtsverletzung der Klägerin hergeleitet werden. Unter Berücksichtigung der Schutznormtheorie sei hier festzustellen, dass § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG nicht drittschützend sei. Zweck der Vorschrift sei nicht, den einzelnen Unternehmer vor wirtschaftlichen Einbußen zu schützen, sondern sicherzustellen, dass das Taxigewerbe im tarifgebundenen Bereich bestehen bleibe.

42

In der Sache liege auch keine Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes vor. Die Genehmigung habe bereits berücksichtigt, dass am 01. Juli 2006 eine Verbesserung der Tarifordnung erfolgt sei, die auch den Zweck gehabt habe, etwaige nachteilige wirtschaftliche Auswirkungen der Sondervereinbarung zu schmälern oder sogar auszugleichen. Die Klägerin selbst habe ihren Anteil der Krankenfahrten mit nur 15 % beziffert, was für die Annahme der Störung des Verkehrsmarktes unter keinen Umständen ausreichend sei.

43

Ein Druck, dem Landesverband beizutreten, bestehe zudem jedenfalls nicht mehr, weil die Abrede, wonach bei einem eventuellen Vertragsabschluss mit einem Einzelunternehmen sich der erhöhte Verwaltungsaufwand entgeltmindernd auswirken würde, aus der Vereinbarung ersatzlos herausgenommen worden sei. Dies habe die Beigeladene zu 6) bereits im Verfahren 3 B 120/06 mitgeteilt. Der Klägerin sei es nun völlig freigestellt, eigene Verträge mit den Krankenkassen zu schließen oder dem Landesverband beizutreten.

44

Zu Recht habe das Verwaltungsgericht die Vorschrift des § 39 Abs. 2 PBefG im Rahmen von § 51 Abs. 2 PBefG nicht für anwendbar gehalten. Nach dem eindeutigen Wortlaut finde § 39 Abs. 2 PBefG nur bei der Festsetzung von Beförderungsentgelten entsprechende Anwendung. Auch das Bundesverfassungsgericht habe in der von der Klägerin zitierten Entscheidung vom 25. Mai 1976 (- 2 BvL 1/75 -) nur den Fall einer Festsetzung der Entgelte durch Verordnung in den Blick genommen.

45

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

46

Die Beigeladene zu 1) meint unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages, die Sondervereinbarung stehe mit § 52 Abs. 2 Nr. 1 PBefG in Einklang, weil in zeitlicher Hinsicht festgelegt worden sei, dass sie jedenfalls für das gesamte Jahr 2006 gelten solle.

47

§ 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG sei nicht drittschützend. Ein einzelner Taxiunternehmer habe keinen Anspruch auf Festsetzung eines bestimmten Beförderungsentgeltes und könne mangels Klagebefugnis eine Festsetzung nicht anfechten. Außerdem sei die Genehmigung einer Sondervereinbarung keine Festsetzung.

48

§ 39 Abs. 2 PBefG sei nicht anwendbar, im Übrigen wäre sie auch nicht drittschützend.

49

Im Übrigen seien die vereinbarten Entgelte aber auch angemessen i.S.v. § 39 Abs. 2 PBefG. Eine Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes liege – unabhängig von der fehlenden Klagebefugnis – nicht vor. Für Patientenfahrten mit einer Beförderungsleistung von weniger als 1.890 m wäre mit einer Sondervereinbarung sogar eine Besserstellung gegenüber den Tarifen der seit dem 01. Juli 2006 geltenden Kreisverordnung gegeben, da der für Patientenfahrten vereinbarte Mindesttarif von 5,-- Euro höher als der behördlich festgesetzte Tarif sei. Das von der Klägerin in Anspruch genommene Gutachten beträfe Niedersachsen mit anderen Entgeltstrukturen und habe für die Beurteilung einer Störung des Verkehrsmarktes im Kreis Stormarn keine Aussagekraft. Im Ergebnis lägen die Vergütungssätze in anderen Bundesländern häufig niedriger.

50

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten – auch derjenigen des beigezogenen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens 3 B 120/06 und 3 B 188/06 – und die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

51

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist auch die Berufungsbegründungsfrist des § 124 a Abs. 2 VwGO eingehalten worden. Hiernach ist die Berufung innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Das Urteil wurde der Klägerin am 26. Februar 2008 zugestellt. Gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 222 Abs. 1 ZPO, 187 ff. BGB fiel das Ende der zweimonatigen Frist auf Sonnabend, den 26. Februar 2008. Da gemäß § 222 Abs. 2 ZPO in den Fällen, in denen das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt, mit Ablauf des nächsten Werktages endet, wahrte die am darauffolgenden Montag, den 28. Februar 2008 eingegangene Berufungsbegründung die Berufungsbegründungsfrist.

52

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht einen Aufhebungsanspruch hinsichtlich der streitgegenständlichen Genehmigung verneint und die Klage abgewiesen. Der Aufhebungsanspruch des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO setzt voraus, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist und den Kläger hierdurch in seinen Rechten verletzt.

53

Auf die Vorschrift des § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG kann sich die Klägerin nicht berufen. Ein Kläger ist in seinen Rechten nur dann verletzt, wenn sein rechtlich geschützter Lebenskreis durch den angefochtenen Verwaltungsakt betroffen wird (vgl. u.a.: BVerwG, Urt. v. 28.01.1960 – I A 17.57 -, BVerwGE 10, 122). Erforderlich ist, dass die in Frage stehende Norm ausschließlich oder zumindest auch dem Schutz der Interessen des Klägers dient (sogenannte Schutznormtheorie). Dabei genügt es regelmäßig nicht, dass mit dem in Frage stehenden Rechtssatz und einem darauf gestützten Verwaltungsakt Reflexwirkungen zugunsten Dritter verbunden sind. Ob ein Rechtssatz danach im Sinne der Schutznormtheorie dem Schutz der Individualinteressen dient oder lediglich Reflexwirkungen entfaltet, ist eine Frage der Auslegung (Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 42 Rdnr. 78 ff., 83). Die Auslegung ergibt im vorliegenden Falle, dass eine solche drittschützende Wirkung zu verneinen ist. Dies macht nach Auffassung des Senats bereits der Wortlaut der Norm hinreichend deutlich. Das Gesetz verlangt – alternativ – entweder einen bestimmten Zeitraum oder eine Mindestfahrtenzahl oder einen Mindestumsatz. Dass die genannten drei Voraussetzungen nicht kumulativ, sondern nur alternativ vorliegen müssen, ist vom Verwaltungsgericht ausführlich und überzeugend dargelegt worden und wird auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt. Eine Begrenzung von Sondervereinbarungen mit dem Ziel eines Schutzes der Taxiunternehmer vor Umsatzeinbußen wäre aber durch das Zulässigkeitskriterium einer Höchstfahrtenfahrtenzahl bzw. eines Maximalumsatzes zu bewirken, nicht aber durch das Erfordernis einer Mindestfahrtenzahl oder eines Mindestumsatzes. Dann spricht aber auch nichts dafür, aus dem Kriterium des bestimmten Zeitraumes den Drittschutz herzuleiten. Zum einen wäre es – da die Zulässigkeitsmerkmale lediglich alternativ vorliegen müssen – nach dem Gesetz ohne weiteres zulässig, eine Sondervereinbarung mit der Regelung einer Mindestfahrtenzahl oder eines Mindestumsatzes abzuschließen. Diesen Merkmalen kommt aber offensichtlich keine drittschützende Wirkung zu, was bereits allein den Schluss rechtfertigt, dass die Vorschrift des § 51 Abs. 2 Nr.1 PBefG nicht drittschützend ist.

54

Zum anderen kann auch ein sehr langer Zeitraum ein bestimmter Zeitraum im Sinne der Bestimmung sein. Auch durch das Erfordernis des bestimmten Zeitraumes werden von Sondervereinbarungen herrührende Umsatzeinbußen des Taxigewerbes nicht begrenzt. Nach allem zielt die Vorschrift des § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG nicht darauf ab, die von der Vereinbarung nicht erfassten Unternehmer vor Umsatzeinbußen oder nachlassender Beförderungsnachfrage zu schützen.

55

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht aber auch in der Sache einen Verstoß gegen § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG verneint. Hiernach sind Sondervereinbarungen für den Pflichtfahrbereich nur zulässig, wenn ein bestimmter Zeitraum, eine Mindestfahrtenzahl oder ein Mindestumsatz im Monat festgelegt wird.

56

Da in der Sondervereinbarung unstreitig eine Mindestfahrtenzahl oder ein Mindestumsatz im Monat nicht festgelegt wurde, ist vorliegend entscheidend, ob in der Vereinbarung ein bestimmter Zeitraum im Sinne der Vorschrift festgelegt worden ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Verwaltungsgericht dies zu Recht bejaht. Für die Auffassung der Klägerin könnte allerdings zunächst sprechen, dass nach dem Wortlaut des § 9 der Vereinbarung lediglich der Beginn – nämlich das Inkrafttreten der Vereinbarung am 01. Januar 2006 – nicht jedoch ein konkretes Datum für deren Ende vereinbart wurde. Vielmehr ist im Hinblick auf das Ende lediglich eine Kündigungsmöglichkeit für jede Vertragspartei mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres, erstmals zum 31. Dezember 2006, vereinbart worden. Gemäß § 9 Abs. 2 der Sondervereinbarung wirkt im Falle der Kündigung die Vereinbarung über den Kündigungszeitpunkt nach, bis sie durch eine neue Vereinbarung ersetzt wird oder die kündigende Partei schriftlich das Scheitern weiterer Verhandlungen erklärt. Eine derartige vertragliche Regelung reicht für die Annahme eines bestimmten Zeitraumes i.S.v. § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG aus. Hierbei ist entscheidend, dass ein Mindestzeitraum nach Anfang und Ende vereinbart wurde. Da eine Kündigungsmöglichkeit erstmals zum 31. Dezember 2006 möglich war, währt die Mindestlaufzeit der Sondervereinbarung vom 01. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2006, also ein Jahr. Dass die Zeitdauer der Vereinbarung insofern unbestimmt ist, weil deren Ende vom Verhalten der Vertragspartei abhängt, hindert die Annahme eines bestimmten Zeitraumes nicht. Auch ein Mindestzeitraum mit der hier vorgesehenen Kündigungsmöglichkeit ist ein bestimmter Zeitraum im Sinne von § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG.

57

Eine andere Auslegung ist auch nicht nach Sinn und Zweck des Gesetzes geboten. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht in dieser Hinsicht ausgeführt, durch die Regelung des § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG solle erreicht werden, dass nicht nur eine einzelne Fahrt dem Anwendungsbereich einer Sondervereinbarung unterfalle. Es solle nicht möglich sein, jeweils für einzelne, konkret-individuelle Fahrten Preise auszuhandeln und diese als Sondervereinbarungen zu deklarieren, um so die Tarifpflicht auszuhöhlen. Gewährleistet werden solle vielmehr, dass die abgeschlossene Sondervereinbarung tatsächlich für eine abstrakt-generell bestimmte Vielzahl von Fahrten anzuwenden ist und damit das Außerkraftsetzen der ebenfalls abstrakt-generellen Tarifpflicht gerechtfertigt werden kann. Zu dieser Zielsetzung passt, dass bei den anderen beiden Merkmalen des § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG keine Maximalbegrenzung der Fahrten oder des Umsatzes gefordert wird, sondern nur eine Mindestfahrtenzahl oder ein Mindestumsatz vorliegen muss.

58

Die andere Auffassung des Verwaltungsgerichts Freiburg in seinem Urteil vom 11. November 2008 (- 2 K 1256/07 -) überzeugt nicht. Das Verwaltungsgericht Freiburg ist der Auffassung, mit der Bestimmung in § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG solle den Taxiunternehmern eine gewisse Planungssicherheit verschafft werden; auf der anderen Seite solle die Aufsichts-/Genehmigungsbehörde durch eine zeitliche und/oder quantitative Eingrenzung des Geltungsbereiches der Sondervereinbarung überhaupt erst in die Lage versetzt werden, deren Auswirkungen auf den "normalen" Pflichtfahrbereich einzuschätzen und zu überprüfen, ob die Vereinbarung mit dem Schutzzweck der gesetzlichen Regelung des § 51 Abs. 2 PBefG vereinbar sei. Hieraus folge, dass eine ausdrückliche Befristung der Vereinbarung vorliegen müsse. Nur so ließen sich nämlich die Auswirkungen des vereinbarten Sondertarifes verlässlich abschätzen, während die Folgen einer unbefristeten Regelung nicht zuletzt vor dem Hintergrund von Preisentwicklungen kaum zuverlässig prognostiziert werden könnten. Die Möglichkeit einer Kündigung und einer Mindestlaufdauer der Vereinbarung ändere hieran nichts, weil allein das Erreichen der Mindestlaufzeit der Behörde noch keine Prüfung des Einhaltens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG erlaube.

59

Dies überzeugt nicht. Die Genehmigungsbehörde wird bei einer Vertragsgestaltung wie der hier vorliegenden grundsätzlich davon auszugehen haben, dass sich die möglichen Auswirkungen über einen langen Zeitraum auswirken können. Dies ist eine ausreichende Grundlage für die Abschätzung, ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG gegeben sind. Sinn und Zweck der Vorschrift ist zudem nicht, lange Laufzeiten einer Sondervereinbarung zu verhindern, um hierdurch etwa die Auswirkungen einer Sondervereinbarung auf die Ordnung des Verkehrsmarktes gering zu halten. Eine maximal erlaubte Zeitdauer einer Sondervereinbarung ist im Gesetz nicht als Zulässigkeitsvoraussetzung normiert. Die Festlegung einer Mindestlaufzeit, welche nach Anfang und Ende bestimmt ist, verbunden mit einer Kündigungsoption wie im vorliegenden Falle genügt daher den Anforderungen des § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG im Hinblick auf das Merkmal "bestimmter Zeitraum".

60

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ferner angenommen, die Klägerin könne sich auf die Vorschrift des § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG nicht berufen, weil diese Vorschrift nicht drittschützend sei. Gemäß § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG sind Sondervereinbarungen für den Pflichtfahrbereich nur zulässig, wenn eine Ordnung des Verkehrsmarktes nicht gestört wird. Bereits die allgemeine Formulierung "eine Ordnung des Verkehrsmarktes" spricht gegen die Annahme, die Vorschrift sei zumindest auch den Interessen des – abgrenzbaren – Kreises der örtlichen Taxiunternehmen zu dienen bestimmt. Der Begriff "Ordnung des Verkehrsmarktes" ist im Personenbeförderungsgesetz nicht definiert. In § 13 Abs. 4 PBefG verwendet der Gesetzgeber den Begriff der "öffentlichen Verkehrsinteressen". Nach dieser Vorschrift ist beim Verkehr mit Taxen die Genehmigung zu versagen, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird. Diese Vorschrift ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht drittschützend. Ziel der Bestimmung ist nicht der Schutz der bereits in dem Beruf Tätigen vor wirtschaftlich spürbarer Konkurrenz und vor den wirtschaftlichen Risiken des Berufs (BVerwG, Beschl. v. 31.01.2008 – 3 B 77.99 -, zitiert nach juris). Die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes ist nur um des öffentlichen Verkehrsinteresses willen geschützt, nicht hingegen zum Schutz des bestehenden Gewerbes vor – möglicherweise einzelne Unternehmer ruinierender – Konkurrenz (BVerwG, Urt. v. 07.09.1989 – 7 C 44.88 -, DVBl. 1990, 50 ff.). Zwar wird in der Kommentarliteratur darauf hingewiesen, dass sich der in § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG verwendete Terminus von dem ansonsten im Personenbeförderungsgesetz gebrauchten Begriff des öffentlichen Verkehrsinteresses insoweit unterscheidet, als dort der Verkehrsnutzer im Vordergrund steht, während hier der Gesetzgeber die Verkehrsanbieter in ihrer Gesamtheit schützen wolle (Fielitz/Grätz, PBefG, § 51 Rdnr. 9). Der Gesetzgeber verwendet jedoch den Begriff des Verkehrsmarktes. Am Verkehrsmarkt beteiligt sind aber nicht nur die Beförderer sondern auch die zu befördernden Personen. Ein bestimmter, abgrenzbarer Personenkreis wird in der Vorschrift gerade nicht angesprochen.

61

Drittschutz kann nach Auffassung des Senats auch nicht aus der Vorschrift des § 51 Abs. 3 i.V.m. § 39 Abs. 2 PBefG hergeleitet werden. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Sondervereinbarungen (a.A. Bidinger, PBefG, 2. Aufl., § 51 zu Abs. 2 Rdnr. 19 c), weil § 39 Abs. 2 PBefG gem. § 51 Abs. 3 PBefG nur bei der Festsetzung, nicht jedoch bei der Vereinbarung von Beförderungsentgelten Anwendung findet.

62

Gemäß § 39 Abs. 2 PBefG hat die Genehmigungsbehörde die Beförderungsentgelte insbesondere daraufhin zu prüfen, ob sie unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmers, einer ausreichenden Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals und der notwendigen technischen Entwicklung angemessen sind. § 39 Abs. 2 PBefG gilt nicht unmittelbar für Taxiunternehmen. Lediglich über die Vorschrift des § 51 Abs. 3 PBefG wird eine entsprechende Anwendung der Norm bei der Festsetzung der Beförderungsentgelte und –bedingungen angeordnet. Die gesetzliche Terminologie macht hinreichend deutlich, dass die entsprechende Anwendung von § 39 Abs. 2 PBefG nicht im Rahmen des § 51 Abs. 2 PBefG gilt. Abs. 2 regelt gerade nicht die Festsetzung von Beförderungsentgelten, sondern die Zulässigkeit von Sondervereinbarungen für den Pflichtfahrbereich. Der Auffassung, wonach für die Höhe der Beförderungsentgelte in Sondervereinbarungen grundsätzlich ebenfalls § 39 Abs. 2 PBefG gilt, ist entgegenzuhalten, dass Entgelte in Sondervereinbarungen eben nicht festgesetzt, sondern vereinbart werden (OVG Schleswig, Beschl. v. 17.04.2007 – 4 MB 7 -, zitiert nach juris). Der Drittschutz kann daher auch nicht aus der Vorschrift des § 51 Abs. 3 i.V.m. § 39 Abs. 2 BPefG hergeleitet werden.

63

Zu Recht hat deshalb das Verwaltungsgericht angenommen, die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 51 Abs. 2 PBefG dienten nicht dazu, die derzeitige Position einzelner Unternehmer am Markt zu festigen und ihren Bestand zu schützen, sondern die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes insgesamt dahingehend zu schützen, dass neben dem vertraglich gebundenen ein funktionierendes Taxigewerbe im tarifgebundenen Bereich erhalten bleiben soll.

64

Die sowohl vom Verwaltungsgericht als auch von der Klägerin zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25.05.1976 (2 BvL 1/75 – DVBl. 1977, 820 ff.) gibt für die Annahme einer drittschützenden Wirkung von § 52 Abs. 2 PBefG n.F. nichts her. Die Entscheidung beschäftigt sich mit der Frage der hinreichenden Bestimmtheit der seinerzeitigen Ermächtigungsgrundlage des § 51 Abs. 2 PBefG i.d.F. vom 24.08.1965, soweit hierin die Ermächtigung enthalten war, für den Gelegenheitsverkehr zum Zwecke des Krankenhaustransports durch Rechtsverordnung Beförderungsentgelte festzusetzen. Abgesehen davon, dass sich die Entscheidung mit der hier interessierenden Frage der Rechtmäßigkeit einer Genehmigung von Sondervereinbarungen nicht beschäftigt, hat das Bundesverfassungsgericht aber auch betont, dass die vom Gesetzgeber gewünschte Erhaltung der Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit der Beförderer im öffentlichen Interesse erfolgt.

65

Die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes wird – wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat – von zwei Seiten geschützt: Während § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG verhindern will, dass bereits eine einzelne Fahrt als Sondervereinbarung deklariert werden und auf diesem Wege die grundsätzliche Tarifpflicht umgangen werden kann, will § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG verhindern, dass Sondervereinbarungen eine derart umfassende Anwendbarkeit erfahren, dass praktisch jede Fahrt nach gesondert vereinbarten Tarifen abgerechnet wird und auf diesem Wege eine Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes eintritt. Der danach verbleibende Spielraum für den zulässigen Abschluss von Sondervereinbarungen stellt sich als Ausfluss des allgemeinen Zwecks des Personenbeförderungsgesetzes dar, das wirtschaftliche Interesse des Beförderungsunternehmers und das auf Gewährleistung sicherer und ausreichender Beförderungsmöglichkeiten der Allgemeinheit soweit wie möglich in einen Ausgleich zu bringen, in dem in privatautonomer Weise von der allgemeinen Tarifpflicht durch die Betroffenen Abweichungen in einem für den Verkehrsmarkt verträglichen Maß getroffen werden können (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.05.1976 – 2 BvL 1/75 -, a.a.O.). Wortlaut und Zweck des Gesetzes sprechen nach allem für die Auslegung, dass sich der einzelne Taxenunternehmer nicht auf einen Verstoß gegen § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG berufen kann.

66

Darüber hinaus ist aber – mit dem Verwaltungsgericht – auch eine Störung einer Ordnung des Verkehrsmarktes in der Sache zu verneinen. Wie bereits oben ausgeführt wurde, ist der Begriff "eine Ordnung des Verkehrsmarktes" im Gesetz nicht näher definiert. Mit dem Begriff des Verkehrsmarktes kann aber unter Berücksichtigung des Regelungsgegenstandes des Gesetzes nicht etwa der gesamte Verkehrsmarkt, sondern nur der öffentliche Personennahverkehr gemeint sein. Unter Störung einer Ordnung dieses Marktes wiederum kann nur eine Störung der Tarifordnung gemeint sein. Wie der Senat bereits im Beschluss vom 17.4.2007 (Az. 4 M 7) ausgeführt hat, führen etwaige Umsatzverluste bei Patientenfahrten infolge der Sondervereinbarung bei Drittbetroffenen nicht ohne weiteres zur Störung einer Ordnung des Verkehrsmarktes im Sinne des § 51 Abs. 2 Nr. PBefG. Eine Störung im genannten Sinne kann vielmehr erst dann angenommen werden, wenn die Tarifordnung durch Sondervereinbarungen ausgehöhlt und nur noch als eine Art Mantel erscheint, weil die durchgeführten Taxifahrten im Kreisgebiet ganz überwiegend Sondervereinbarungen unterfallen. Es müssten derartige Verwerfungen und Verschiebungen auf dem Verkehrsmarkt festzustellen sein, dass die Nachfrage nach Beförderungen im Pflichtfahrbereich nur noch von marginaler Bedeutung ist und deshalb insbesondere die Entgelte nach der Kreisverordnung über Beförderungsentgelte für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen im Kreis Stormarn nicht mehr auskömmlich im Sinne von § 39 Abs. 2 PBefG sind. Hierfür bestehen nach Auffassung des Senats keine Anhaltspunkte; die gegenteilige Behauptung der Klägerin, die Sondervereinbarung führe zu ruinösen Bedingungen und zu einem Unternehmersterben, erscheint als eine Tatsachenbehauptung, für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, die mit anderen Wort ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich "aus der Luft gegriffen", "ins Blaue hinein", also "erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage" erhoben worden ist (BVerwG, Beschluss vom 30.6.2008 – 5 M 198/07 – Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 98; BVerwG, Beschluss vom 29. April 2002 – BVerwG 1 B 59.02 – Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 60; BVerfG, Beschluss vom 26. August 1996 – 2 BvR 1968/94 -, zitiert nach juris).

67

Die Klägerin ist jeden Beleg dafür schuldig geblieben, dass der Anteil der Patientenfahrten im Verhältnis zu den Gesamtfahrten im Kreisgebiet überhaupt einen substantiellen, die Tarifordnung zu unterhöhlen geeigneten Anteil (von jedenfalls mehr als 50%) ausmacht. Für sich selbst hat sie den Anteil für die Vergangenheit mit 15% angegeben, allerdings ohne hier zwischen den Fahrten innerhalb des Kreisgebietes und solchen, die außerhalb des Kreisgebietes endeten, zu differenzieren. Für den Senat spricht alles dafür, dass der Anteil der Patientenfahrten am Gesamtumsatz typischerweise noch unter 15% liegt. Die durch keine Substantiierung näher gestützte Behauptung der Klägerin, der Anteil der Patientenfahrten liege bei den einzelnen Taxiunternehmen zwischen 15 und 70 % ist als ins Blaue hinein gestellte Behauptung zu werten. Insoweit hat bereits das Verwaltungsgericht im Urteil vom 19. Februar 2008 unter Berufung auf den in der mündlichen Verhandlung erfolgten Vortrag der Beigeladenen darauf hingewiesen, der wesentliche Anteil an Krankenfahrten sei infolge einer gesetzlichen Änderung seit dem 01. Januar 2004 in Fortfall gekommen, da Krankenfahrten zu niedergelassenen Ärzten, die den Hauptanteil in der Vergangenheit ausgemacht hätten, nicht mehr durch die Krankenversicherung übernommen würden. Vielmehr würden nur noch Sonderbereiche wie Fahrten für Chemo- oder Strahlentherapie sowie Fahrten zum Krankenhaus für die stationäre Versorgung vergütet. Dem ist die Klägerin im Berufungsverfahren nicht entgegengetreten. Sie ist auch jeden Beweis und jedes Beispiel dafür schuldig geblieben, dass Taxiunternehmen in Folge der seit mehreren Jahren bereits praktizierten Sondervereinbarung in den Ruin getrieben worden wären. Für die Annahme einer Störung des Verkehrsmarktes bietet der Prozessstoff nicht einmal wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit, so dass auch weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht geboten waren. Die Klägerin selbst hat sich auf ein vom Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachen e.V., Bezirksgruppe Stade, in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten des Gutachters Volker … vom 26. Juli 2006 (im Folgenden: Gutachten …) berufen. Dieser gibt für ein Fahrzeug "Daimler Chrysler E 200 CDI, Classic" in der Branchenausstattung "Das Taxi" einen Selbstkostenbetrag pro gefahrenem Kilometer von 0,7407 Euro an. Bei einer Kalkulation auf der Basis von Teilkosten (Deckungsbeitragsrechnung) betrage die "kurzfristige Preisuntergrenze" (variable Fahrzeugkosten plus Fahrpersonalkosten dividiert durch Jahreskilometer) einen Betrag von 0,5137 Euro pro Kilometer. Für ein Fahrzeug "Volkswagen Variant Passat B 6" in der Branchenausstattung "Taxipaket" liegen die entsprechenden Werte bei 0,6514 Euro pro Kilometer beziehungsweise 0,4554 Euro pro Kilometer und für ein Fahrzeug "Daimler Chrysler B 180 CDI" in der Branchenausstattung "Das Taxi" bei 0,6977 beziehungsweise 0,5992 Euro pro Kilometer. Der Senat hat bereits im Beschluss vom 17. April 2007 darauf hingewiesen, dass die hier in der Kalkulation angesetzten allgemeinen Verwaltungskosten zu hoch erscheinen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den Anteil für Miete und Mietnebenkosten, welche mit 4.000,-- Euro pro Jahr veranschlagt werden, was jedoch – als Miet- und Mietnebenkosten für ein einzelnes Taxi – nicht nachvollziehbar ist. Insgesamt erscheinen die (immerhin etwa 1/6 der Gesamtkosten ausmachenden) für die allgemeinen Verwaltungskosten in die Kalkulation eingestellten Kosten zu hoch.

68

Selbst wenn man aber zu Gunsten der Klägerin die angegebenen Selbstkostenpreise zu Grunde legt, so ergibt sich, dass die Sondervereinbarung unter Berücksichtigung des vereinbarten Grundpreises bis zu Strecken von 12 Kilometern jedenfalls zu kostendeckenden Preisen führt (vgl. die im Schriftsatz der Beigeladenen zu 1) vom 13.08.2007 mitgeteilte Tabelle, Bl. 92 GA). Nimmt man längere Strecken in den Blick, muss auch berücksichtigt werden, dass für Fahrten außerhalb des Pflichtfahrbereichs die Tarife der Kreisordnung nicht gelten. Eine Vielzahl der Patientenfahrten verlässt aber das Kreisgebiet. Diese müssen bei der Betrachtung von vornherein außer Betracht bleiben, weil sie nicht der Tarifpflicht unterfallen und daher auch keine Störung einer Ordnung des Verkehrsmarktes bewirken können. Weiter hat die Beigeladene zu 1) auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Sondervereinbarung mit ihren seit dem 01. Januar 2006 geltenden Tarifen für Kurzstrecken (bis 1.890 Metern) mehr abwirft als die seit dem 01. Juli 2006 geltenden Tarife der Kreisverordnung. Dies liegt daran, dass bei Entfernungen unterhalb von 1.890 Metern der Tarif nach der Kreisverordnung unter den Mindestpreis der Sondervereinbarung sinkt, welcher 5,-- Euro beträgt. Fährt beispielsweise ein Taxiunternehmer eine Strecke von 1.800 Metern, so erhielte er nach der Kreisverordnung einen Grundpreis von 2,40 Euro (welche eine Fahrtstrecke von 70 Metern beinhaltet) und eine Beförderungsleistung von 2,47 Euro (1.800 Meter minus 70 Meter = 1.730 Meter; 1.730 Meter geteilt durch 70 Meter = 24,714 Meter; 24,714 Meter mal 0,10 Euro = 2,47 Euro), insgesamt mithin 4,87 Euro, also weniger als den Mindestpreis nach der Sondervereinbarung. Nach Inkrafttreten der neuen Tarife durch die Kreisverordnung in der Fassung vom 01. August 2008 ist dies – auf Grund der Anhebung der Tarife – immerhin noch ebenso der Fall bis zu einer Kurzstrecke von 1.525 Metern. Bei Überschreiten dieser Kurzstrecken liegt der Tarif für Patientenfahrten zwar unter dem der Kreisordnung, jedoch zunächst immer noch deutlich über dem von der Klägerin unter Berufung auf das Gutachten … angegebenen Selbstkostenpreis. Da die Fixkosten ohnehin aufgebracht werden müssen, tragen folglich auch solche Fahrten zu einer Auslastung des Fuhrparks und zu einer Einnahmenverbesserung bei. Insgesamt ist der Anteil der Patientenfahrten als ein Randsegment einzustufen, wobei die Abdeckung der variablen Kosten gewährleistet ist und darüber hinaus ein Beitrag zur Abdeckung der Fixkosten erfolgt, soweit keine Vollkostendeckung gegeben ist.

69

Dafür, dass die Sondervereinbarung zu einer Störung einer Ordnung des Verkehrsmarktes im Sinne der Störung der Tarifordnung führt und im Ergebnis bewirkt, dass die in der Kreisverordnung festgesetzten Tarife nicht mehr auskömmlich im Sinne von § 39 Abs. 2 PBefG sind, spricht nach allem nichts. Dies wird auch durch die – angehobenen – Tarife der Kreisverordnung in der seit dem 01. August 2008 gültigen Fassung bestätigt. Die dort festgesetzten Tarife liegen deutlich über dem vom Gutachter … angegebenen Selbstkostenpreis, nämlich bei Strecken von bis zu 5 Kilometern bei mehr als dem Dreifachen und bei Strecken von bis zu 30 Kilometern jedenfalls bei mehr als dem Doppelten.

70

Der Senat vermag bei dieser Sachlage auch nicht zu erkennen, dass die Genehmigung der Sondervereinbarung die Klägerin in ihren durch Art. 14 GG geschützten Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes oder in ihrem Grundrecht aus Art. 12 GG verletzt. Die dem Taxengewerbe als einem öffentlichen Verkehrsträger auferlegten Beschränkungen des freien Wettbewerbs, nämlich die Beförderungspflicht und die Bindung der Beförderungstarife sowie die gesetzlich vorgegebene Möglichkeit einer Sondervereinbarung sind Rahmenbedingungen des Taxengewerbes, die jeder Taxenunternehmer, der sich für diesen Beruf entscheidet, vorfindet und mit dem Antrag auf Zulassung zu ihm in Kauf nimmt (BVerwG, Urt. v. 15.04.1988 – 7 C 94/86 -, DÖV 1988, 923 ff.). Es ist deshalb von Verfassungs wegen auch nicht geboten, bei der Normierung von Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Sondervereinbarung im Taxengewerbe zu gewährleisten, die bereits in diesem Beruf Tätigen vor wirtschaftlich spürbarer – auch harter – Konkurrenz und vor den wirtschaftlichen – bis zum möglichen finanziellen Ruin reichenden – Risiken dieses Berufs zu schützen.

71

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

72

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegen.


Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres gegen die Genehmigung einer Sondervereinbarung nach § 51 Abs. 2 PBefG erhobenen Widerspruchs.
Sie betreibt im Gebiet der Antragsgegnerin ein Taxiunternehmen mit fünf Fahrzeugen, für das die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin über die Festsetzung der Beförderungsentgelte für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen im Stadtkreis ... (Taxentarif) vom 24.06.2009 einzelne Beförderungsentgelte vorsieht (§ 2) und die Möglichkeit von Sondervereinbarungen unter bestimmten Bedingungen und nach Genehmigung durch die Genehmigungsbehörde zulässt (§ 5).
Der Verband ..., dem laut Vortrag der Antragsgegnerin auch die Antragstellerin als Mitglied angehört, legte der Antragsgegnerin einen Rahmenvertrag vom 14.02.2011 vor. Dieser Vertrag, deren Vertragsparteien u.a. der genannte Verband und im Übrigen mehrere Krankenkassen sind, „regelt die Durchführung und die Vergütung aller Krankenfahrten, die aufgrund des § 60 SGB V für Versicherte von Krankenkassen durch Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen erbracht werden“ (§ 2 Nr. 1) und sieht in § 7 in Verbindung mit Anlage 2 zu dem Rahmenvertrag für Fahrten innerhalb des Tarifgeltungsbereichs einen Abschlag von 10% auf den abrechnungsfähigen Gesamtfahrpreis vor (§ 2 I. Nr. 3 der Anlage 2).
Die Antragsgegnerin räumte u.a. der Antragstellerin Gelegenheit zur Stellungnahme ein und genehmigte mit Entscheidung vom 28.07.2011 den Rahmenvertrag vom 14.02.2011 mit sofortiger Wirkung. Darüber hinaus ordnete sie am 21.10.2011 die sofortige Vollziehung ihrer Entscheidung vom 28.07.2011 an.
In einem Aktenvermerk vom 28.07.2011 führte die Antragsgegnerin zur Ordnung des Verkehrsmarktes folgendes aus:
„Der ... legt im Anhörungsverfahren keine Zahlen/Daten vor, die eine Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes belegen.
Die Berechnung der Strecke ist bei einer Krankenfahrt eine ganz andere, nämlich länger. Nach „normalem“ Taxitarif wird die Strecke vom Einstieg der Person (z.B. Wohnung) bis zum Ausstieg (z.B. Krankenhaus) berechnet.
Im Rahmenvertrag (§ 6 Nr. 2 Abs. 2) gilt als Berechnungsstrecke die Strecke zwischen (z.B. der Wohnung der Personen) nächstgelegenen Standplatz des Taxis bis zur Rückkehr an den nächstgelegenen Standplatz, also eine eindeutig größere Strecke als im „normalen“ Taxiverkehr. Dies allein müsste schon die 10 % Abschlag abfangen. […]
Bei für den Unternehmer kostengünstigeren Gemeinschaftsfahrten wird sogar ein Zuschlag von 30 % für die zweite und für weitere Personen sogar noch einmal je 10 % Zuschlag bezahlt, was es bei „normalen“ Fahrten ja nicht gibt. Da bliebe der Preis unabhängig von der Anzahl der Personen gleich.
10 
Eine Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes ist nicht erkennbar.“
11 
Gegen die Genehmigungsentscheidung vom 28.07.2011 erhob die Antragstellerin am 01.09.2011 Widerspruch. Mit ihm machte sie geltend, der Verband des ... sei bereits nicht antragsbefugt gewesen, die Genehmigung durch die Antragsgegnerin herbeizuführen. Hierzu seien lediglich die betroffenen Taxiunternehmen berufen, die jedoch keinen derartigen Antrag gestellt hätten.
12 
Sie hat am 17.11.2011 darüber hinaus einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt. Mit ihm macht sie geltend, sie sei schon deshalb antragsbefugt, weil die Antragsgegnerin zu Unrecht von der Wirksamkeit des Rahmenvertrags ausgehe. Gleichzeitig trägt sie vor, ihr geschäftsführender Betriebsleiter sei nicht Mitglied des Verbands des ... .
13 
Sie trägt im Übrigen vor, dem antragstellenden Verband habe die Antragsberechtigung gefehlt, auch in Bezug auf den Antrag, die sofortige Vollziehung der Genehmigung anzuordnen. Der im Rahmenvertrag vereinbarte pauschale Abschlag von 10% auf den jeweils gültigen Taxitarif erfülle nicht das Bestimmtheitserfordernis und genüge damit nicht dem Schriftformerfordernis des § 51 Abs. 2 Nr. 3 PBefG. Die Antragsgegnerin habe auch offensichtlich nicht die Auswirkungen der Tarifänderung auf das örtliche Taxigewerbe geprüft. Soweit sie davon ausgegangen sei, dass der Umsatz der örtlichen Taxiunternehmern der Höhe nach nur erhalten bleiben würde, wenn der Rahmenvertrag genehmigt werde, belege, dass sie ausschließlich den Interessen der Krankenkassen Rechnung getragen habe.
14 
Es liege auch eine Ungleichbehandlung vor. Sondervereinbarungen hätten für alle Taxiunternehmen gleichermaßen zu gelten, der Vollzug der Rahmenvereinbarung setze jedoch voraus, dass die „teilnehmenden“ Taxiunternehmen eine individuelle Verpflichtungserklärung abgeben würden. Ferner würden Fahrgäste, die Krankenfahrten als Selbstzahler oder als Mitglieder anderer Krankenkassen als den vertragschließenden unternehmen würden, ungleich behandelt, da ihnen der pauschale Nachlass nicht gewährt werden dürfe. Hierdurch würde den privaten Interessen Einzelner, namentlich der vertragschließenden Krankenversicherungen, zur Durchsetzung verholfen. Die Antragsgegnerin habe auch nicht geprüft, ob die Ordnung des Verkehrsmarktes nicht im Sinne des § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG gestört werde. Derartiges sei aber schon deshalb zu befürchten, weil Ansprüche anderer Kundenkreise geweckt würden und notwendige Tariferhöhungen so Taxinutzern nur schwer zu vermitteln seien.
15 
Die Antragstellerin beantragt,
16 
1. die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 01.09.2011 gegen die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 28.07.2011 wiederherzustellen,
17 
2. die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Antragsgegnerin vom 21.10.2011 zur Entscheidung vom 28.07.2011 wird aufgehoben,
18 
3. Hilfsweise, ergänzend: Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 28.07.2011 wird aufgehoben,
19 
4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten war notwendig.
20 
Die Antragsgegnerin beantragt,
21 
den Antrag abzulehnen.
22 
Sie macht insbesondere geltend, auf einen Verstoß gegen § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG könne sich die Antragstellerin nicht berufen, da die Vorschrift den einzelnen Taxiunternehmer nicht in seinen eigenen subjektiven Rechten verletze. Die Vorschrift vermittle insbesondere keinen Konkurrenzschutz. Die Krankenfahrten sicherten den Taxi- und Mietwagenunternehmen eine Grundauslastung und damit ein langfristiges Beförderungsangebot. Der Verband des ... sei auch antragsbefugt gewesen, denn auch örtliche oder regionale Gewerbevertretungen dürften Sondervereinbarungen treffen.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und Anlagen sowie auf die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
24 
1. Der Antrag der Antragstellerin,
25 
die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 01.09.2011 gegen die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 28.07.2011 wiederherzustellen,
26 
ist unzulässig (dazu unter a)) und im Übrigen auch unbegründet (dazu unter b)).
27 
a) Der Antrag ist unzulässig. Der Antragstellerin fehlt die erforderliche Antragsbefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO.
28 
Nach dieser Vorschrift ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die Klage (bzw. hier: der Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO) nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
29 
§ 42 Abs. 2 VwGO ist Ausdruck der subjektiv-rechtlichen Prägung des deutschen Verwaltungsprozesses und findet als allgemeines Rechtsinstitut auch in den Fällen des – hier einschlägigen – Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO Anwendung (vgl. Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 22. Erg.-Lfg. 2011, § 42, Rn. 6 sowie Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 22. Erg.-Lfg. 2011, § 80, Rn. 83, jeweils m.w.N.). Die Antragsbefugnis lässt die Geltendmachung fremder Rechte nicht zu und begrenzt den verwaltungsrechtlichen Rechtsschutz auf einen Individualrechtsschutz. Sie schließt demnach die Popularklage aus (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 06.10.1964 – V C 58.63 – BVerwGE 19, 269).
30 
In der hier vorliegenden Drittanfechtungssituation erfordert die Zuerkennung einer Antragsbefugnis von der Antragstellerin darüber hinaus die Behauptung, durch die gegenüber den Vertragsparteien des streitgegenständlichen Rahmenvertrags ergangene Genehmigungsentscheidung der Antragsgegnerin in eigenen, sie individuell schützenden Rechten verletzt zu sein (BVerwG, Urteil vom 23.08.1974 – IV C 29.73 – BVerwGE 47, 19 und Beschluss vom 21.01.1993 – 4 B 206/92 – NVwZ 1993, 884). Weder aus § 51 Abs. 2 PBefG (dazu unter aa)), noch aus den Grundrechten, insbesondere Art. 3 Abs. 1 GG (dazu unter bb)) lässt sich aber eine Antragsbefugnis ableiten.
31 
aa) Eine Antragsbefugnis ergibt sich zunächst nicht aus § 51 Abs. 2 PBefG.
32 
Nach dieser Vorschrift sind Sondervereinbarungen für den Pflichtfahrbereich nur zulässig, wenn ein bestimmter Zeitraum, eine Mindestfahrtenzahl oder ein Mindestumsatz im Monat festgelegt wird (Nr. 1), eine Ordnung des Verkehrsmarktes nicht gestört wird (Nr. 2), die Beförderungsentgelte und -bedingungen schriftlich vereinbart sind (Nr. 3) und in der Rechtsverordnung eine Pflicht zur Genehmigung oder Anzeige vorgesehen ist (Nr. 4).
33 
Die in § 51 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 PBefG niedergelegten gesetzlichen Vorgaben erfüllen einen rein objektivrechtlichen Ordnungszweck und sind nicht darüber hinaus auch zum Schutz einzelner Taxiunternehmen zu dienen bestimmt.
34 
§ 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG trägt dem Gedanken des Personenbeförderungsgesetzes Rechnung, dass im Pflichtfahrbereich die Vertragsautonomie weitestgehend aufgehoben und Entgelte für Fahrten durch Rechtsverordnung der Höhe nach gesetzlich bestimmt werden, um das wirtschaftliche Interesse der Beförderungsunternehmen und das auf Gewährleistung sicherer und ausreichender Personenbeförderungsmöglichkeiten gerichtete Interesse der Allgemeinheit so weit wie möglich in einen Ausgleich zu bringen (vgl. § 47 Abs. 4 i.V.m. §§ 39 Abs. 3, 51 Abs. 1 PBefG und BVerfG, Beschluss vom 25.05.1976 – 2 BvL 1/75 – BVerfGE 42, 191). Abweichungen von diesem Grundsatz, wie beispielsweise durch Sondervereinbarungen im Sinne des § 51 Abs. 2 PBefG, lässt das Gesetz folgerichtig auch nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zu. Die Festlegung eines bestimmten Zeitraums, einer Mindestfahrtenzahl oder eines Mindestumsatzes im Monat, wie es § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG vorsieht, sichert durch die vom Gesetz zwingend vorgesehenen Begrenzungen den Ausnahmecharakter von Sondervereinbarungen. Hieraus wird aber zugleich deutlich, dass dieser Vorschrift ein bloß ordnungsrechtlicher Charakter zukommt und nicht zugleich auch den einzelnen Taxiunternehmer schützen möchte. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die Regelung in besonders krass gelagerten Ausnahmefällen, in denen beispielsweise durch Vereinbarung eines besonders langen Geltungszeitraums der Sondervereinbarung, einer außergewöhnlich niedrigen Mindestfahrtenzahl oder eines auffallend hohen Mindestumsatzes unter Umständen auch individuellen Schutz vermitteln mag. Derartiges hat die Antragstellerin aber noch nicht einmal ansatzweise vorgetragen. Auch aus den Akten ergeben sich hierfür keinerlei Anhaltspunkte.
35 
Dass § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG erst Recht keinen Drittschutz vermittelt, gilt insbesondere dann, wenn man den Vortrag der Antragstellerin zugrunde legt, selbst gar nicht Mitglied des Verbands des... zu sein. Denn in diesem Fall wäre individueller Schutz in Form eines Konkurrentenschutzes allenfalls dann denkbar, wenn § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG beispielsweise eine zulässige Höchstfahrtenzahl oder einen maximal zulässigen Umsatz festschreiben würde und nicht, wie es im Gesetz der Fall ist, eine Mindestfahrtenzahl oder einen Mindestumsatz (so OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.07.2009 – 4 LB 3/08 – juris).
36 
Drittschutz lässt sich auch nicht aus § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG ableiten. Denn auch bei der zu verhindernden Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes handelt es sich um einen objektiv-rechtlichen Belang, der nicht zugleich auch dem individuellen Interesse der Antragstellerin zu dienen bestimmt ist (wie hier OVG Schleswig-Holstein, a.a.O.; vgl. zur abweichenden Ansicht VG Freiburg, Urteil vom 11.09.2008 – 2 K 1256/07 – juris im Anschluss an VG Schleswig, Urteil vom 19.02.2008 – 3 A 74/07 – juris). Dass auch hier in besonders krass gelagerten Ausnahmefällen der Begriff der Ordnung des Verkehrsmarktes Drittschutz vermitteln mag, kann hier dahinstehen. Denn die Antragstellerin hat diesbezüglich nichts vorgetragen.
37 
Auch das in § 51 Abs. 2 Nr. 3 PBefG normierte Schriftformerfordernis vermittelt der Antragstellerin kein Recht, dessen Verletzung sie behaupten könnte. Es dient, wie andere gesetzlich vorgeschriebene Schriftformerfordernisse auch, der Klarheit der zu treffenden vertraglichen Regelung, der Beweissicherung und der staatlichen Kontrolle (vgl. allgemein zum Schutzzweck von Schriftformerfordernissen Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl., § 57, Rn. 1; Christian Hertel, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2004, § 126, Rn. 6). Es stellt im konkreten Fall sicher, dass die Parteien des Vertrages sich über den notwendigen Inhalt der Vereinbarung im Klaren sind und vor allem, dass die besonderen gesetzlichen Vorgaben an die Sondervereinbarungen beachtet werden. Das Schriftformerfordernis des § 51 Abs. 2 Nr. 3 PBefG verfolgt damit – ebenfalls – einen rein objektivrechtlichen Zweck.
38 
Offensichtlich nichts anderes gilt für die Anforderungen des § 51 Abs. 2 Nr. 4 PBefG an die Rechtsverordnung im Sinne des § 51 Abs. 1 PBefG.
39 
bb) Die Antragstellerin kann ferner keine Antragsbefugnis aus der von ihr behaupteten Verletzung des Gleichbehandlungsrechts aus Art. 3 Abs. 1 GG herleiten. Ob aus Grundrechten unmittelbar eine Antragsbefugnis abgeleitet werden kann, muss hier nicht abschließend entschieden werden (vgl. zum Meinungsstand Wahl/Schütz, a.a.O., Rn. 57 ff.). Denn jedenfalls behauptet die Antragstellerin keine eigene Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG.
40 
Soweit sie geltend macht, Sondervereinbarungen hätten für alle Taxiunternehmen gleichermaßen zu gelten, der Vollzug der Rahmenvereinbarung setze jedoch voraus, dass die „teilnehmenden“ Taxiunternehmen eine individuelle Verpflichtungserklärung abgeben würden, greift der Einwand nicht durch.
41 
Bedenken gegen die Vereinbarkeit des § 51 Abs. 2 PBefG mit höherrangigem Recht, insbesondere mit Art. 3 Abs. 1 GG, bestehen keine. Zwar erlaubt diese Vorschrift eine Ungleichbehandlung im Hinblick auf Beförderungsentgelte für Fahrten im Pflichtfahrbereich. Sie ist aber aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. Denn die Möglichkeit von Sondervereinbarungen sichert den Taxiunternehmern eine Grundauslastung durch das kontinuierliche Geschäft mit Krankentransporten und gewährleistet so für den Individualtransport, dass ausreichend Taxen jederzeit zur Verfügung stehen. Angesichts dessen erscheint es, gerade im Hinblick auf die strengen Kriterien des § 51 Abs. 2 PBefG, ohne weiteres zulässig, dass in überschaubarem Umfang von den regulär geltenden Entgelten – hier – zu Lasten der Beförderungsunternehmer abgewichen wird.
42 
Ferner übersieht die Antragstellerin, dass eine generelle Geltung des geschlossenen Rahmenvertrags auch deshalb ausscheidet, weil er andernfalls zu einer alle Beförderungsunternehmer bindenden vertraglichen Verpflichtung führen würde, obwohl einzelne Vertragsparteien möglicherweise gar nicht verpflichtet werden wollen. Der von der Antragstellerin angedachte Vertrag zu Lasten Dritter ist folgerichtig nicht anerkannt und auch nicht zulässig.
43 
Soweit die Antragstellerin im Übrigen geltend macht, Fahrgäste, die Krankenfahrten als Selbstzahler oder als Mitglieder anderer Krankenkassen als den vertragschließenden unternehmen würden, würden ungleich behandelt, da ihnen der pauschale Nachlass nicht gewährt werden dürfe, behauptet sie keine eigene Rechtsverletzung. Sie ist selbst durch individuelle Verpflichtungserklärung dem Rahmenvertrag beigetreten und kommt folglich in den Genuss der vertraglichen Regelungen. Zwar muss sie einen Abschlag auf den Fahrpreis hinnehmen, gleichzeitig ist aber davon auszugehen, dass sie regelmäßig mit Krankentransporten beauftragt werden wird. Dass daneben ein Unternehmen, das dem Rahmenvertrag nicht beigetreten ist, diese Vergünstigungen an die Fahrgästen nicht weitergeben darf, mag jene Beförderungsunternehmen möglicherweise in eigenen Rechten verletzen. Jedenfalls aber ist die Antragstellerin nicht befugt, deren Rechtsverletzung quasi als „Sachwalter“ in ihrem eigenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend zu machen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 13.08.2007 – 22 ZB 06.1794 – juris).
44 
cc) Es liegt schließlich auch keine gesetzliche Bestimmung vor, die ausnahmsweise die Erhebung eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässt, ohne dass es einer eigenen Antragsbefugnis bedürfte (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO, erster Halbsatz).
45 
b) Die Kammer lässt offen, ob sich die Antragstellerin darüber hinaus auf ein Rechtschutzinteresse berufen kann. Hieran bestehen insofern Zweifel, als sie zwar dem Rahmenvertrag beigetreten ist, gleichzeitig aber dessen Konformität mit § 51 Abs. 2 PBefG bezweifelt. Darüber hinaus hätte nach Auffassung der Kammer der Antrag in der Sache ohnehin keine Aussicht auf Erfolg. Denn weder die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 3 VwGO ist in rechtlicher Hinsicht zu beanstanden (dazu unter aa)), noch würde die nach § 80a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zur gerichtlichen Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des erhobenen Widerspruchs führen (dazu unter bb)).
46 
aa) Die Vorgaben für die Begründung der sofortigen Vollziehung im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO sind gewahrt. Der von der Antragstellerin auf die Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung gerichtete Antrag zu 2 bleibt daher erfolglos.
47 
Nach dieser Vorschrift ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen, was die Antragsgegnerin in ausreichender Weise getan hat.
48 
Das Begründungserfordernis dient insbesondere dazu, die Behörde dazu anzuhalten, sich den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung klar zu machen. Diese – dem Zitiergebot gem. Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG vergleichbare – Warnfunktion soll zu einer sorgfältigen Prüfung des Interesses an der sofortigen Vollziehung veranlassen. Es dient ferner dazu, dass der Betroffene über die Gründe, die für die behördliche Entscheidung maßgebend gewesen sind, unterrichtet wird. Schließlich kommt der Begründung die Funktion zu, dem Gericht eine ordnungsgemäße Rechtskontrolle der verwaltungsbehördlichen Erwägungen für die sofortige Vollziehbarkeit zu erlauben (zu alledem Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 20. Erg.-Lfg. 2010, § 80, Rn. 176 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.12.2005 – 10 S 644/05 – juris).
49 
Angesichts dieser Funktionen darf die Begründung der sofortigen Vollziehung nicht formelhaft sein, sondern sie muss – wobei eine knappe Begründung genügen kann – auf den jeweiligen Einzelfall bezogen sein (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 08.12.1994 – 10 S 1305/94 – NVwZ 1996, 281). Aus der Begründung muss nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen Interesse liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz des Betroffenen einstweilen zurück zu stellen (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.12.2005 – 10 S 644/05 – juris).
50 
Diesen Anforderungen wird die Begründung ohne Weiteres gerecht. Sie legt bezogen auf den konkreten Einzelfall ausführlich dar, dass über das jedem Verwaltungsakt innewohnende Vollzugsinteresse Gründe für dessen sofortige Vollziehung bestehen.
51 
bb) Die nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO darüber hinaus vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse der Adressaten der Genehmigungsentscheidung bereits vor bestands- bzw. rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache das gegenläufige Interesse der Antragstellerin schon deshalb überwiegt, weil nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage die angefochtene Genehmigungsentscheidung mit dem Gesetz übereinstimmt.
52 
Die Vorgaben des § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG sind offensichtlich eingehalten. Die streitgegenständliche Sondervereinbarung enthält – wie es das Gesetz verlangt – in ihrer Anlage 4 einen monatlichen Mindestumsatz für das maßgebliche Pflichtfahrgebiet.
53 
Es ist auch nicht von einer Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes auszugehen (vgl. § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat sich die Antragsgegnerin hiermit auseinandergesetzt (siehe Aktenvermerk vom 28.07.2011). Angesichts der im Rahmenvertrag angelegten Kompensationsmöglichkeiten (Streckenberechnung bei Krankenfahrten, Zuschläge bei Gemeinschaftsfahrten) ist eine relevante Störung des Verkehrsmarkts nicht zu befürchten. Derartiges legt die Antragstellerin auch nicht dar.
54 
Es bestehen weiter auch keine Zweifel, dass die Beförderungsentgelte und -bedingungen schriftlich im Sinne des § 51 Abs. 2 Nr. 3 PBefG vereinbart sind. Soweit die Antragstellerin den pauschalen Abschlag von 10% als unbestimmt ansieht, folgt dem die Kammer nicht. Denn die Beförderungsentgelte und -bedingungen ergeben sich in einem ersten Schritt ohne weiteres aus der Rechtsverordnung der Antragsgegnerin vom 24.06.2009, auf die der Rahmenvertrag Bezug nimmt (vgl. § 2 I. Nr. 1 der Anlage 2 zum Rahmenvertrag). Anknüpfend an die hieraus folgende Berechnung des Beförderungsentgelts ist dann der Abschlag von 10% vorzunehmen. Der Fahrpreis ist daher ohne Umstände nach den ihm zugrundeliegenden Bedingungen und der Höhe nach bestimmbar.
55 
Schließlich sieht die maßgebliche Rechtsverordnung in § 5 Nr. 2 die Pflicht zur Genehmigung der Sondervereinbarung im Sinne des § 51 Abs. 2 Nr. 4 PBefG vor.
56 
Soweit die Antragstellerin abschließend geltend macht, dem Verband des ... habe eine Antragsbefugnis zum Abschluss des Rahmenvertrags gefehlt, fehlt ihr schon die Antragsbefugnis im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO analog, einen derartigen Rechtsverstoß - sein Vorliegen unterstellt - geltend zu machen. Im Übrigen begegnet es keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass ein überregionaler Interessenverband die Genehmigung einer getroffenen Sondervereinbarung beantragt (vgl. wie hier Bidinger, Personenbeförderungsrecht, § 51, Ziff. 19, Buchst. b).
57 
2. Der Hilfsantrag,
58 
den Bescheid der Antragsgegnerin vom 28.07.2011 aufzuheben,
59 
bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Der Antrag zielt auf die Aufhebung der Genehmigungsentscheidung und ist als Anfechtungsantrag gemäß § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO allenfalls in einem Hauptsacheverfahren, nicht aber in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft.
60 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Soweit die Antragstellerin beantragt, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären (Antrag zu 4), kann ein Ausspruch nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO nicht erfolgen, da bei dem vorliegenden Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO kein Vorverfahren geschwebt hat.
61 
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 2 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob für Umsätze aus Personenbeförderungsleistungen mit Mietwagen --im Streitfall Krankenfahrten mit nicht hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen im Auftrag von Krankenkassen-- der ermäßigte Steuersatz anwendbar ist, der nach nationalem Recht für Personenbeförderungsleistungen mit Kraftdroschken (Taxen) im Nahverkehr gilt.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die u.a. über eine Genehmigung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4, §§ 9 ff., § 46 Abs. 2 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) für den Verkehr mit Mietwagen verfügt, nicht jedoch über eine Genehmigung für den Verkehr mit Taxen (§ 47 PBefG).

3

In den Streitjahren 2006 und 2007 führte die Klägerin im Auftrag von Krankenkassen Krankenfahrten mit hierfür nicht besonders eingerichteten Fahrzeugen durch.

4

Sie erkannte am 27. November 2007 gegenüber der Krankenkasse A den zum 1. Oktober 2007 zwischen dieser und dem Taxi- und Mietwagenunternehmerverband (V) geschlossenen Vertrag zur Durchführung von Krankenfahrten für Versicherte der Krankenkasse A mittels Taxiunternehmen an und verpflichtete sich, alle in diesem Vertrag vereinbarten Bedingungen zu erfüllen. Gegenstand des Vertrages ist nach dessen § 1 Abs. 1 Satz 1 die Beteiligung der im V organisierten Taxiunternehmen an der Durchführung von planbaren Krankenfahrten, die für die Versicherten der Krankenkasse A im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse notwendig werden. Gemäß § 5 Abs. 1 des Vertrages gilt für die Vergütung der Krankenfahrten die Gebührenvereinbarung nach Anlage 1 des Vertrages.

5

Die Klägerin erklärte die Umsätze entsprechend einer Beanstandung durch eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) mit dem allgemeinen Steuersatz (§ 12 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--). Ihre Einsprüche, mit denen sie eine Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG) begehrte, blieben ohne Erfolg. Der Klage wurde nur aus anderen, hier nicht streitigen Gründen teilweise stattgegeben.

6

Das Finanzgericht (FG) entschied, die Klägerin könne für die betreffenden Beförderungsleistungen nicht den ermäßigten Steuersatz beanspruchen, da sie mangels entsprechender Genehmigung keine Beförderung im Verkehr mit Taxen erbracht habe. Eine Ausdehnung der Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG auf die von der Klägerin als Mietwagenunternehmerin durchgeführten Fahrten sei verfassungsrechtlich nicht geboten. Allerdings handele es sich bei den vorliegenden Krankenfahrten im Auftrag von Krankenkassen um eine besondere Fallkonstellation, in der eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung möglich erscheine. Für Taxiunternehmen mit Betriebssitz in X bestehe aufgrund der Verordnung der Stadt X über die Beförderungsentgelte und -bedingungen für den Verkehr von Taxen nach entsprechender Genehmigung die Möglichkeit, Beförderungsleistungen gegenüber Krankenkassen zu erbringen, die nicht der strengen Bindung an Beförderungspreise unterlägen, sondern auf Vereinbarungen mit den Krankenkassen beruhten. Beförderungsleistungen von Taxiunternehmern, die derartigen Verträgen unterfielen, fehlten die wesentlichen Merkmale des öffentlichen Nahverkehrs, auf denen die Begünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG ihrem Sinn und Zweck nach beruhe.

7

Letztlich könne dies jedoch dahinstehen, da auch eine verfassungsrechtlich zu beanstandende Ungleichbehandlung nicht zu einem Anspruch der Klägerin auf Anwendung des ermäßigten Steuersatzes führe. Die Klägerin werde durch die zu niedrige Besteuerung ihrer Konkurrenten nicht rechtsschutzlos gestellt, sondern könne ihr Recht außerhalb dieses Verfahrens mit einem Antrag auf volle Besteuerung der in Rede stehenden "Taxi"-Umsätze verfolgen. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität gewährleiste den Schutz vor zu niedriger Besteuerung von Konkurrenten (Hinweis auf Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 8. Juni 2006 C-430/04 --Feuerbestattungsverein Halle e.V.--, Slg. 2006, I-4999, Umsatzsteuer-Rundschau 2006, 459, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2006, 830; Urteil des Bundesfinanzhofs vom 5. Oktober 2006 VII R 24/03, BFHE 215, 32, BStBl II 2007, 243).

8

Schließlich begründe auch das Unionsrecht keinen Anspruch der Klägerin auf Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die von ihr erbrachten Leistungen.

9

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Nach Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 i.V.m. Anhang H Kategorie 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) könnten die Mitgliedstaaten auf die Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks einen ermäßigten Steuersatz anwenden. Die Umsatzsteuer müsse jedoch auch hier wettbewerbsneutral ausgestaltet sein. Die vorliegende Wettbewerbsverzerrung könne dadurch beseitigt werden, dass ihr --der Klägerin-- durch Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG über den Wortlaut hinaus auch als Mietwagenunternehmerin der ermäßigte Steuersatz gewährt werde. Dies sei auch geboten, da anderweitige Rechtsschutzmöglichkeiten wie Konkurrentenklagen wegen zu niedriger Besteuerung erst noch zu ermittelnder konkurrierender Taxiunternehmer ihr nicht zumutbar seien.

10

Der Senat hat mit Beschluss vom 10. Juli 2012 XI R 39/10 (BFHE 239, 164, BStBl II 2013, 296) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

"1. Stehen Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 i.V.m. Anhang H Kategorie 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern und Art. 98 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Kategorie 5 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 347/1) unter Beachtung des Neutralitätsprinzips einer nationalen Regelung entgegen, die für die Beförderung von Personen im Verkehr mit Taxen im Nahverkehr den ermäßigten Umsatzsteuersatz vorsieht, wohingegen für die Beförderung von Personen mit sog. Mietwagen im Nahverkehr der Regelsteuersatz gilt?

2. Ist bei der Beantwortung der ersten Frage von Bedeutung, ob Fahrten auf der Grundlage von Sondervereinbarungen mit Großkunden unter nahezu gleichlautenden Bedingungen von Kraftdroschken- bzw. Taxiunternehmern und Mietwagenunternehmern ausgeführt werden?"

11

Der EuGH hat diese Fragen mit Urteil vom 27. Februar 2014 in den verbundenen Rechtssachen C-454/12 --Pro Med Logistik GmbH-- und C-455/12 --Eckard Pongratz-- (Der Betrieb --DB-- 2014, 581, HFR 2014, 470) wie folgt beantwortet:

"1. Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 in Verbindung mit Anhang H Kategorie 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 2001/4/EG des Rates vom 19. Januar 2001 geänderten Fassung und Art. 98 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Anhang III Nr. 5 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind unter Beachtung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität dahin auszulegen, dass sie der Anwendung unterschiedlicher Mehrwertsteuersätze, eines ermäßigten und des normalen Steuersatzes, auf zwei Arten von Dienstleistungen der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks im Nahverkehr, nämlich zum einen per Taxi und zum anderen per Mietwagen mit Fahrergestellung, nicht entgegenstehen, sofern zum einen aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen, denen diese beiden Beförderungsarten unterliegen, die Tätigkeit der Beförderung von Personen im Nahverkehr per Taxi einen konkreten und spezifischen Aspekt der Dienstleistungskategorie der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks im Sinne von Kategorie 5 bzw. Nr. 5 der Anhänge dieser Richtlinien darstellt und zum anderen die fraglichen Unterschiede maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung des durchschnittlichen Nutzers für die eine oder die andere Beförderungsart haben. Es ist Sache des vorliegenden Gerichts, zu prüfen, ob dies in den Ausgangsverfahren der Fall ist.

2. Dagegen sind Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 in Verbindung mit Anhang H Kategorie 5 der Sechsten Richtlinie 77/388 in der durch die Richtlinie 2001/4 geänderten Fassung und Art. 98 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Anhang III Nr. 5 der Richtlinie 2006/112 unter Beachtung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität dahin auszulegen, dass sie der Anwendung unterschiedlicher Mehrwertsteuersätze auf zwei Arten von Dienstleistungen der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks im Nahverkehr, nämlich zum einen per Taxi und zum anderen per Mietwagen mit Fahrergestellung, entgegenstehen, wenn aufgrund einer Sondervereinbarung, die auf die Taxiunternehmen und die Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung, mit denen sie getroffen wurde, unterschiedslos angewandt wird, die Beförderung von Personen per Taxi keinen konkreten und spezifischen Aspekt der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks darstellt und wenn die im Rahmen dieser Vereinbarung durchgeführte Tätigkeit, aus der Sicht des durchschnittlichen Nutzers, als der Tätigkeit der Beförderung von Personen im Nahverkehr per Mietwagen mit Fahrergestellung gleichartig anzusehen ist; dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts."

12

Die Klägerin begehrt insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen des EuGH unter Rz 4 seiner Entscheidung die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die von ihr im Rahmen des Patiententransports durchgeführten Krankentransporte.

13

Sie beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Umsatzsteuerbescheide für 2006 und für 2007 dahingehend zu ändern, dass die Umsätze aus Krankenfahrten dem ermäßigten Steuersatz unterworfen werden.

14

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

15

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

16

Das FG ist bei seiner Entscheidung zum Teil von unzutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Die bislang vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen reichen nicht aus, um eine abschließende Entscheidung zur Frage der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die streitbefangenen Umsätze zu treffen.

17

1. Nach der in den Streitjahren 2006 und 2007 geltenden Fassungen des § 12 Abs. 1 UStG betrug die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 16 % (2006) bzw. 19 % (2007) der Bemessungsgrundlage.

18

Der Steuersatz ermäßigte sich nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG in der für das Streitjahr 2006 geltenden Fassung auf 7 % für die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr mit Ausnahme der Bergbahnen, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kfz, im Kraftdroschkenverkehr und die Beförderungen im Fährverkehr
aa) innerhalb einer Gemeinde oder
bb) wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km betrug.

19

Mit Wirkung vom 19. Dezember 2006 wurde der Begriff "Kraftdroschkenverkehr" durch die Wörter "Verkehr mit Taxen" ersetzt (Art. 7 Nr. 5 Buchst. b des Jahressteuergesetzes 2007). Dabei handelt es sich "um eine redaktionelle Änderung", da die Verwendung des Begriffs "Kraftdroschke" bei Einführung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG in Anlehnung an das PBefG erfolgte, und in diesem Gesetz der Begriff "Kraftdroschke" zwischenzeitlich durch den Begriff "Taxen" ersetzt worden war (BTDrucks 16/2712, S. 75).

20

2. Nach Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 der im Streitjahr 2006 geltenden Richtlinie 77/388/EWG und nach Art. 98 Abs. 1 der im Streitjahr 2007 geltenden Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) können die Mitgliedstaaten (neben dem Normalsatz) einen oder zwei ermäßigte Sätze anwenden. Diese ermäßigten Sätze werden als ein Prozentsatz der Besteuerungsgrundlage festgelegt, der nicht niedriger als 5 % sein darf, und sind nur auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der in Anhang H (Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG) bzw. der in Anhang III (Art. 98 Abs. 2, Art. 99 Abs. 1 der MwStSystRL) genannten Kategorien anwendbar.

21

Anhang H der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Anhang III der MwStSystRL enthält ein Verzeichnis der Gegenstände und Dienstleistungen, auf die ermäßigte Mehrwertsteuersätze angewandt werden können. Kategorie 5 des Anhangs H der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Nr. 5 des Anhangs III der MwStSystRL lässt dies für die "Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks" zu. Darunter fallen die Umsätze der Klägerin, die unstreitig in der Beförderung von Personen bestehen. Insoweit wäre die Bundesrepublik Deutschland befugt, dafür in ihrem nationalen Umsatzsteuerrecht einen ermäßigten Steuersatz anzuwenden.

22

3. Das PBefG in der in den Streitjahren geltenden Fassung vom 8. August 1990 (BGBl I 1990, 1690) definiert den Verkehr mit Taxen als die Beförderung von Personen mit PKW, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen bereithält und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführt (§ 47 Abs. 1 PBefG). Der Unternehmer kann Beförderungsaufträge auch während einer Fahrt oder am Betriebssitz entgegennehmen (§ 47 Abs. 1 Satz 2 PBefG).

23

Die Beförderungsentgelte und -bedingungen werden gemäß § 51 Abs. 1 PBefG für Taxen durch Rechtsverordnung festgesetzt. Für den Pflichtfahrbereich, dem räumlichen Geltungsbereich der festgesetzten Beförderungsentgelte (§ 47 Abs. 4 PBefG), sind Sondervereinbarungen --zwischen dem örtlichen Taxigewerbe und Großkunden-- unter den weiteren Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 PBefG zulässig.

24

Im Pflichtfahrbereich besteht nach § 22 i.V.m. § 47 Abs. 4 PBefG eine Beförderungspflicht. Die Unternehmer des Taxenverkehrs unterliegen einer Betriebspflicht, die allgemein auf die ordnungsmäßige Einrichtung und Aufrechterhaltung des Betriebs gerichtet ist (§ 21 PBefG) und deren Umfang durch Rechtsverordnung noch weiter ausgestaltet werden kann, insbesondere auch durch Vorschriften über das Bereithalten von Taxen in Sonderfällen einschließlich eines Bereitschaftsdienstes (§ 47 Abs. 3 Nr. 1 PBefG).

25

Verkehr mit Mietwagen ist nach § 49 Abs. 4 Satz 1 PBefG die Beförderung von Personen mit PKW, die nur im Ganzen zur Beförderung angemietet werden und mit denen der Unternehmer Fahrten ausführt, deren Zweck, Ziel und Ablauf der Mieter bestimmt und die nicht Verkehr mit Taxen nach § 47 PBefG sind.

26

Mit Mietwagen dürfen nur Beförderungsaufträge ausgeführt werden, die am Betriebssitz oder in der Wohnung des Unternehmers eingegangen sind (§ 49 Abs. 4 Satz 2 PBefG). Nach Ausführung des Beförderungsauftrages hat der Mietwagen unverzüglich zum Betriebssitz zurückzukehren, es sei denn, er hat vor der Fahrt von seinem Betriebssitz oder der Wohnung oder während der Fahrt fernmündlich einen neuen Beförderungsauftrag erhalten (§ 49 Abs. 4 Satz 3 PBefG). Der Eingang des Beförderungsauftrages am Betriebssitz oder in der Wohnung hat der Mietwagenunternehmer buchmäßig zu erfassen und die Aufzeichnung ein Jahr aufzubewahren (§ 49 Abs. 4 Satz 4 PBefG). Annahme, Vermittlung und Ausführung von Beförderungsaufträgen, das Bereithalten des Mietwagens sowie Werbung für Mietwagenverkehr dürfen weder allein noch in ihrer Verbindung geeignet sein, zur Verwechslung mit dem Taxenverkehr zu führen (§ 49 Abs. 4 Satz 5 PBefG). Den Taxen vorbehaltene Zeichen und Merkmale dürfen für Mietwagen nicht verwendet werden (§ 49 Abs. 4 Satz 6 PBefG).

27

Für Unternehmer des Mietwagenverkehrs besteht keine Betriebs- und Beförderungspflicht (§ 49 Abs. 4 Satz 7 PBefG). Sie unterliegen anders als die Taxiunternehmer (§ 51 PBefG) keinen Tarifvorschriften, sondern können ihr Entgelt frei vereinbaren.

28

Die Beförderung von Personen mit Kraftdroschken (Taxen) und mit Mietwagen bedarf der Genehmigung (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 46 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 PBefG), wobei für den Verkehr mit Taxen eine besondere Zulassungsschranke besteht, wonach die Genehmigung zu versagen ist, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird (§ 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG).

29

4. Soweit die Klägerin im Streitfall Personenbeförderungsleistungen erbracht hat, die nicht ebenfalls für Taxen geltenden Sondervereinbarungen unterliegen, sind diese Umsätze --wie das FG zu Recht angenommen hat-- nach § 12 Abs. 1 UStG dem allgemeinen Steuersatz zu unterwerfen (vgl. den in dieser Sache ergangenen Vorlagebeschluss in BFHE 238, 551, BStBl II 2013, 296, unter II.2.a, m.w.N.).

30

5. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit dem Unionsrecht.

31

a) Der EuGH hat in seinem Urteil --Pro Med Logistik GmbH-- und --Eckard Pongratz-- in DB 2014, 581, HFR 2014, 470 u.a. ausgeführt:

"43. Der Gerichtshof hat zu Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie bereits ausgeführt, dass der Wortlaut dieser Bestimmung nicht zu der Auslegung zwingt, dass der ermäßigte Steuersatz nur dann angewandt werden kann, wenn er sich auf alle Aspekte einer Kategorie von Leistungen im Sinne des Anhangs H dieser Richtlinie bezieht, so dass eine selektive Anwendung eines ermäßigten Satzes nicht ausgeschlossen ist, sofern sie keine Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung nach sich zieht (vgl. Urteil vom 6. Mai 2010, Kommission/ Frankreich, C-94/09, Slg. 2010, I-4261, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Gerichthof hat ebenfalls klargestellt, dass seine Auslegung von Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Sechsten Richtlinie auf die im Wesentlichen gleichlautenden Abs. 1 und 2 von Art. 98 der Mehrwertsteuerrichtlinie zu erstrecken ist (Urteil Kommission/Frankreich, Rn. 27).

44. Der Gerichtshof hat infolgedessen entschieden, dass die Mitgliedstaaten, sofern der dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegende Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird, die Möglichkeit haben, konkrete und spezifische Aspekte einer Kategorie von Leistungen im Sinne des Anhangs III der Mehrwertsteuerrichtlinie und des Anhangs H der Sechsten Richtlinie mit einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu belegen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Frankreich, Rn. 26 und 27 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

45. Demnach unterliegt die den Mitgliedstaaten zuerkannte Wahrnehmung der Möglichkeit einer selektiven Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes der zweifachen Bedingung, dass zum einen für die Zwecke der Anwendung des ermäßigten Satzes nur konkrete und spezifische Aspekte der in Rede stehenden Kategorie von Leistungen herausgelöst werden und zum anderen der Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird. Diese Bedingungen sollen sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten von dieser Möglichkeit nur unter Umständen Gebrauch machen, die die einfache und korrekte Anwendung des gewählten ermäßigten Satzes gewährleisten und jede Form von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch verhindern (vgl. Urteil Kommission/Frankreich, Rn. 30).

46. Folglich ist zu prüfen, ob die Beförderung von Personen per Taxi, für die nationale Rechtsvorschriften wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden die Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuerssatzes vorsehen, einen konkreten und spezifischen Aspekt der Dienstleistungskategorie 'Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks', die sowohl in Anhang III Nr. 5 der Mehrwertsteuerrichtlinie als auch in Anhang H Kategorie 5 der Sechsten Richtlinie aufgeführt ist, darstellt und, wenn ja, ob die Anwendung dieses Satzes allein auf die Tätigkeit der Beförderung von Personen per Taxi den Grundsatz der steuerlichen Neutralität beeinträchtigt.

...

47. Zur Klärung der Frage, ob die Beförderung von Personen im Nahverkehr per Taxi einen konkreten und spezifischen Aspekt der von den Unternehmen erbrachten Leistungen der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks darstellt, ist zu prüfen, ob es sich um die Erbringung einer Dienstleistung handelt, die getrennt von den übrigen Leistungen dieser Kategorie als solche bestimmbar ist (vgl. entsprechend Urteil Kommission/Frankreich, Rn. 35).

48. Hierzu ergibt sich aus den Angaben in den Vorlageentscheidungen, dass Taxiunternehmen in vollem Umfang als Erbringer einer öffentlichen Dienstleistung der Beförderung von Personen angesehen werden, deren Tätigkeit von der Erteilung einer Genehmigung durch die zuständige Behörde abhängig ist und erheblichen Verpflichtungen unterliegt. Zu diesen Verpflichtungen gehört u.a., dass sie ihre Tätigkeit entsprechend den öffentlichen Verkehrsinteressen aufrechterhalten (§ 21 PBefG), die Beförderung durchführen (§ 22 PBefG) und die festgesetzten Beförderungsentgelte beachten (§§ 47 Abs. 4 und 51 Abs. 1 PBefG).

49. Ein rechtlicher Rahmen, der Taxiunternehmen - im Unterschied zu Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung - zwänge, Beförderungsleistungen unter Übernahme einer Betriebspflicht zu erbringen, und ihnen verböte, eine Beförderung in Erwartung insbesondere einer profitableren Fahrt abzulehnen oder Situationen gewinnbringend zu nutzen, in denen sie ein vom offiziellen Tarif abweichendes Beförderungsentgelt verlangen könnten, ist geeignet, unterschiedliche Leistungen zu kennzeichnen.

50. Unter solchen Umständen kann die Tätigkeit der Beförderung von Personen im Nahverkehr per Taxi als eine Dienstleistung eingestuft werden, die getrennt von den übrigen Leistungen der betreffenden Kategorie – der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks – als solche bestimmbar ist. Diese Tätigkeit könnte somit einen konkreten und spezifischen Aspekt der genannten Kategorie darstellen.

51. Es ist indessen Sache des nationalen Gerichts, anhand der nationalen Regelung und der tatsächlichen Umstände, mit denen es befasst ist, zu prüfen, ob dies in den Ausgangsrechtsstreitigkeiten der Fall ist."

32

b) Soweit der EuGH es in Rz 46 und 51 dem nationalen Gericht aufgegeben hat, zu prüfen, ob die Beförderung von Personen im Nahverkehr per Taxi einen konkreten und spezifischen Aspekt der von den Unternehmern erbrachten Leistungen der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks darstellt, ist dies im Streitfall zu bejahen, soweit die Klägerin Personenbeförderungsleistungen durchgeführt hat, für die keine gleichermaßen für Taxiunternehmer geltenden Sondervereinbarungen bestanden.

33

Denn die Taxiunternehmer gelten in vollem Umfang als Erbringer einer öffentlichen Dienstleistung der Beförderung von Personen, deren Tätigkeit von der Erteilung einer Genehmigung durch die zuständige Behörde abhängig ist und erheblichen weiteren Verpflichtungen unterliegt. Dazu gehört u.a., dass sie ihre Tätigkeit entsprechend den öffentlichen Verkehrsinteressen aufrechterhalten (§ 21 PBefG), ihrer Beförderungspflicht i.S. von § 22 PBefG nachkommen und die festgesetzten Beförderungsentgelte beachten (§ 47 Abs. 4 und § 51 Abs. 1 PBefG).

34

Der EuGH hat insoweit ausgeführt, dass ein entsprechender rechtlicher Rahmen, der nur für Taxiunternehmen und nicht für Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung gilt, geeignet ist, unterschiedliche Leistungen im vorstehenden Sinne zu kennzeichnen, so dass diese Tätigkeit einen konkreten und spezifischen Aspekt der genannten Kategorie darstellen kann (vgl. Rz 49 und 50 des EuGH-Urteils --Pro Med Logistik GmbH und Eckard Pongratz-- in DB 2014, 581, HFR 2014, 470).

35

c) Zur unionsrechtlich darüber hinaus gebotenen Beachtung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität hat der EuGH ferner ausgeführt:

"52. Nach gefestigter Rechtsprechung lässt es der Grundsatz der steuerlichen Neutralität insbesondere nicht zu, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (vgl. Urteil vom 10. November 2011, The Rank Group, C-259/10 und C-260/10, Slg. 2011, I-10947, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

53. Zur Klärung der Frage, ob zwei Dienstleistungen im Sinne dieser Rechtsprechung gleichartig sind, ist in erster Linie auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen, wobei künstliche, auf unbedeutenden Unterschieden beruhende Unterscheidungen vermieden werden müssen (vgl. Urteil The Rank Group, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54. Zwei Dienstleistungen sind daher gleichartig, wenn sie ähnliche Eigenschaften haben und beim Verbraucher nach Maßgabe eines Kriteriums der Vergleichbarkeit in der Verwendung denselben Bedürfnissen dienen und wenn die bestehenden Unterschiede die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers, die eine oder die andere dieser Dienstleistungen zu wählen, nicht erheblich beeinflussen (vgl. Urteil The Rank Group, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55. Ferner ist daran zu erinnern, dass es für die Beurteilung der Vergleichbarkeit von Leistungen nicht allein auf die Gegenüberstellung einzelner Leistungen ankommt, sondern der Kontext zu berücksichtigen ist, in dem sie erbracht werden (vgl. Urteil vom 23. April 2009, TNT Post UK, C-357/07, Slg. 2009, I-3025, Rn. 38).

56. Insoweit hat der Gerichtshof anerkannt, dass in bestimmten Ausnahmefällen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Wirtschaftszweige Unterschiede im rechtlichen Rahmen und in der rechtlichen Regelung der betreffenden Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen in den Augen des Verbrauchers zu einer Unterscheidbarkeit im Hinblick auf die Befriedigung seiner eigenen Bedürfnisse führen können (vgl. in diesem Sinne Urteil The Rank Group, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57. Somit sind auch die unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen, denen die beiden in Rn. 48 des vorliegenden Urteils genannten Beförderungsarten unterliegen, und deshalb ihre jeweiligen Merkmale zu berücksichtigen, die in den Augen der Durchschnittsverbraucher die eine von der anderen unterscheiden.

58. Im vorliegenden Fall hat das vorlegende Gericht ausgeführt, dass Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung nur Beförderungsaufträge annehmen dürften, die am Betriebssitz oder in der Wohnung des Unternehmers eingegangen seien; dagegen sei Taxiunternehmen die Annahme von Aufträgen stets gestattet, was das Vorhandensein von Fahrzeugen an genau bestimmten Stellen oder die Abrufbarkeit voraussetze. Es hat ferner hervorgehoben, dass zwischen diesen beiden Beförderungsarten Unterschiede in Bezug auf die Annahme, die Übermittlung und die Durchführung der Beförderungsaufträge sowie in Bezug auf das Bereithalten des Fahrzeugs und die Werbung bestünden. Das vorlegende Gericht hält diese Unterschiede allein oder in Verbindung miteinander für geeignet, jede Gefahr einer Verwechslung zwischen dem Taxenverkehr und dem Mietwagenverkehr mit Fahrergestellung zu vermeiden. Es hat schließlich darauf hingewiesen, dass den Taxen vorbehaltene Zeichen und Merkmale für Mietwagen mit Fahrergestellung nicht verwendet werden dürften.

59. Solche Unterschiede auf der Ebene der rechtlichen Anforderungen, denen die fraglichen Beförderungsarten unterliegen, können – wenn sie sich als zutreffend erweisen, was zu prüfen Sache des nationalen Gerichts ist – in den Augen des durchschnittlichen Nutzers einen Unterschied zwischen diesen Beförderungsarten schaffen, da jede von ihnen geeignet ist, unterschiedliche Bedürfnisse des Nutzers zu befriedigen, und somit auf seine Entscheidung, die eine oder die andere Beförderungsart zu wählen, maßgeblichen Einfluss haben kann, so dass der Grundsatz der steuerlichen Neutralität ihrer abweichenden steuerlichen Behandlung nicht entgegenstünde."

36

d) Hiernach liegt ein Verstoß gegen das Neutralitätsprinzip nicht vor, soweit die Klägerin ihre Personenbeförderungsleistungen außerhalb von auch für Taxen geltenden Sondervereinbarungen erbracht hat.

37

Denn aus maßgeblicher Sicht des Durchschnittsverbrauchers ist ein Unterschied zwischen den streitbefangenen Beförderungsarten gegeben, wobei jede geeignet ist, unterschiedlichen Bedürfnissen des Nutzers zu entsprechen, und somit auf seine Entscheidung, die eine oder die andere Beförderungsart zu wählen, erheblichen Einfluss haben kann (vgl. Rz 59 des EuGH-Urteils --Pro Med Logistik GmbH und Eckard Pongratz-- in DB 2014, 581, HFR 2014, 470).

38

Der EuGH hält die unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen, denen die beiden genannten Beförderungsarten unterliegen, für maßgeblich (vgl. Rz 57 des EuGH-Urteils). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des EuGH unter Bezugnahme auf den Vorlagebeschluss des Senats in BFHE 238, 551, BStBl II 2013, 291 verwiesen (vgl. Rz 58 des EuGH-Urteils).

39

6. Zu den mit Taxen und Mietwagen im Rahmen von vertraglich vereinbarten Krankentransporten hat der EuGH Folgendes ausgeführt:

"61. Mit seiner zweiten Frage in der Rechtssache C-454/12 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob bei der Beantwortung der ersten Frage in der Rechtssache C-454/12 und der einzigen Frage in der Rechtssache C-455/12 zu berücksichtigen ist, dass Taxiunternehmen und Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung ihre Leistungen auf der Grundlage einer Sondervereinbarung erbringen, die unterschiedslos und unter nahezu gleichlautenden Bedingungen auf diese verschiedenen Unternehmen Anwendung findet.

62. Wie in Rn. 46 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist zur Klärung der Frage, ob ein Mitgliedstaat unter solchen Umständen die Möglichkeit hat, auf die Beförderung von Personen im Nahverkehr per Taxi einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anzuwenden, während er die per Mietwagen mit Fahrergestellung durchgeführte Beförderung dem normalen Steuersatz unterwirft, zu prüfen, ob diese Dienstleistung einen konkreten und spezifischen Aspekt der Dienstleistungskategorie 'Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks', die sowohl in Anhang III Nr. 5 der Mehrwertsteuerrichtlinie als auch in Anhang H Kategorie 5 der Sechsten Richtlinie aufgeführt ist, darstellt und, wenn ja, ob die Anwendung dieses Satzes den Grundsatz der steuerlichen Neutralität beeinträchtigt.

63. Hierzu ist festzustellen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dienstleistungen im Wesentlichen Krankentransporte im Rahmen einer Vereinbarung wie der Vereinbarung zwischen der Krankenkasse A und dem Verband sind, die auf die Taxiunternehmen und die Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung, mit denen sie getroffen wurde, unterschiedslos angewandt wird. Nach den Angaben in den dem Gerichtshof vorliegenden Akten ist das Beförderungsentgelt in dieser Vereinbarung festgelegt und gilt in gleicher Weise für beide Beförderungskategorien. Zudem führe die Vereinbarung für diese beiden Beförderungskategorien zu keiner anderen Beförderungs- und Betriebspflicht als der bereits aufgrund des Vertrags bestehenden Pflicht zur tatsächlichen Durchführung des Transports. Die Taxiunternehmen unterlägen somit im Rahmen einer solchen Vereinbarung nicht den außerhalb dieser Vereinbarung für sie geltenden rechtlichen Anforderungen.

64. Sollten sich diese Umstände als zutreffend erweisen, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist, müsste dieses davon ausgehen, dass im Rahmen der Vereinbarung zwischen der Krankenkasse A und dem Verband die Beförderung von Personen per Taxi keinen konkreten und spezifischen Aspekt der Dienstleistungskategorie der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks darstellt. Zudem wäre diese Tätigkeit daher, aus der Sicht des durchschnittlichen Nutzers, als der Tätigkeit der Beförderung von Personen im Nahverkehr per Mietwagen mit Fahrergestellung gleichartig anzusehen. Das schließt jedoch nicht aus, dass die Tätigkeit des Krankentransports im Rahmen von Vereinbarungen zwischen Krankenkassen und Personenbeförderungsunternehmen in ihrer Gesamtheit einen konkreten und spezifischen Aspekt der von Unternehmen, die Personen und das mitgeführte Gepäck befördern, erbrachten Leistungen im Sinne der in Rn. 44 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung darstellen könnte."

40

7. Insoweit ist das FG bei seiner Entscheidung von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil war daher aufzuheben.

41

8. Der Senat kann nicht durcherkennen, weil die Sache nicht spruchreif ist.

42

Denn den tatsächlichen Feststellungen des FG lässt sich nicht entnehmen, ob und in welchem Umfang die Klägerin die streitbefangenen Krankentransporte auch auf der Grundlage von gleichermaßen für Taxen geltenden Sondervereinbarungen erbracht hat. Festgestellt ist bislang lediglich, dass die Klägerin am 27. November 2007 gegenüber der Krankenkasse A einen für Taxiunternehmer geltenden Vertrag zur Durchführung von Krankenfahrten anerkannt und sich verpflichtet hat, alle in diesem Vertrag vereinbarten Bedingungen zu erfüllen. Hingegen ergibt sich daraus nicht, ob und in welchem Umfang die Klägerin nach Maßgabe dieser Vereinbarung tatsächlich Personenbeförderungsleistungen erbracht hat. Ob es für den Streitzeitraum vor dem 27. November 2007 eine entsprechende verbindliche Vereinbarung und darauf beruhende Fahrten gab, ist bislang gleichfalls noch nicht festgestellt. Im Tatbestand des FG-Urteils ist insoweit nur von --unverbindlichen-- Vertragsentwürfen der AOK Y die Rede. Das FG wird die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.

43

a) Sollten die Personenbeförderungsleistungen der Klägerin außerhalb von ebenfalls für Taxiunternehmer geltenden Sondervereinbarungen erbracht worden sein, wäre die Klage insoweit nach Maßgabe der vom EuGH aufgestellten Rechtsgrundsätze zur ersten Vorlagefrage abzuweisen (vgl. vorstehend unter II.1. bis 5.).

44

b) Soweit die von der Klägerin durchgeführten Krankentransporte in den Streitjahren hingegen auf ebenfalls für Taxen geltenden Sondervereinbarungen beruhen, ist die vom EuGH aufgegebene Prüfung (vgl. Leitsatz 2 und Rz 63, 64 des EuGH-Urteils --Pro Med Logistik GmbH und Eckard Pongratz-- in DB 2014, 581, HFR 2014, 470) durch das FG vorzunehmen.

45

9. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

Der Unternehmer ist zur Beförderung verpflichtet, wenn

1.
die Beförderungsbedingungen eingehalten werden,
2.
die Beförderung mit den regelmäßig eingesetzten Beförderungsmitteln möglich ist und
3.
die Beförderung nicht durch Umstände verhindert wird, die der Unternehmer nicht abwenden und denen er auch nicht abhelfen kann.

(1) Verkehr mit Taxen ist die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen bereithält und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführt. Der Unternehmer kann Beförderungsaufträge auch während einer Fahrt oder am Betriebssitz entgegennehmen.

(2) Taxen dürfen nur an behördlich zugelassenen Stellen und in der Gemeinde bereitgehalten werden, in der der Unternehmer seinen Betriebssitz hat. Fahrten auf vorherige Bestellung dürfen auch von anderen Gemeinden aus durchgeführt werden. Die Genehmigungsbehörde kann im Einvernehmen mit anderen Genehmigungsbehörden das Bereithalten an behördlich zugelassenen Stellen außerhalb der Betriebssitzgemeinde gestatten und einen größeren Bezirk festsetzen.

(3) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung den Umfang der Betriebspflicht, die Ordnung auf Taxenständen sowie Einzelheiten des Dienstbetriebs zu regeln. Sie kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung übertragen. In der Rechtsverordnung können insbesondere Regelungen getroffen werden über

1.
das Bereithalten von Taxen in Sonderfällen einschließlich eines Bereitschaftsdienstes,
2.
die Annahme und Ausführung von fernmündlichen Fahraufträgen,
3.
den Fahr- und Funkbetrieb,
4.
die Behindertenbeförderung und
5.
die Krankenbeförderung, soweit es sich nicht um Beförderungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 handelt.

(4) Die Beförderungspflicht besteht nur für Fahrten innerhalb des Geltungsbereichs der nach § 51 Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 2 Satz 1 festgesetzten Beförderungsentgelte (Pflichtfahrbereich).

(5) Die Vermietung von Taxen an Selbstfahrer ist verboten.

(1) Die Krankenkasse übernimmt nach den Absätzen 2 und 3 die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Welches Fahrzeug benutzt werden kann, richtet sich nach der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall. Die Krankenkasse übernimmt Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages in besonderen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 festgelegt hat. Die Übernahme von Fahrkosten nach Satz 3 und nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 für Fahrten zur ambulanten Behandlung erfolgt nur nach vorheriger Genehmigung durch die Krankenkasse. Für Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung gilt die Genehmigung nach Satz 4 als erteilt, wenn eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:

1.
ein Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „aG“, „Bl“ oder „H“,
2.
eine Einstufung gemäß § 15 des Elften Buches in den Pflegegrad 3, 4 oder 5, bei Einstufung in den Pflegegrad 3 zusätzlich eine dauerhafte Beeinträchtigung der Mobilität, oder
3.
bis zum 31. Dezember 2016 eine Einstufung in die Pflegestufe 2 gemäß § 15 des Elften Buches in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung und seit dem 1. Januar 2017 mindestens eine Einstufung in den Pflegegrad 3.

(2) Die Krankenkasse übernimmt die Fahrkosten in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages je Fahrt übersteigenden Betrages

1.
bei Leistungen, die stationär erbracht werden; dies gilt bei einer Verlegung in ein anderes Krankenhaus nur, wenn die Verlegung aus zwingenden medizinischen Gründen erforderlich ist, oder bei einer mit Einwilligung der Krankenkasse erfolgten Verlegung in ein wohnortnahes Krankenhaus,
2.
bei Rettungsfahrten zum Krankenhaus auch dann, wenn eine stationäre Behandlung nicht erforderlich ist,
3.
bei anderen Fahrten von Versicherten, die während der Fahrt einer fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen eines Krankenkraftwagens bedürfen oder bei denen dies auf Grund ihres Zustandes zu erwarten ist (Krankentransport),
4.
bei Fahrten von Versicherten zu einer ambulanten Krankenbehandlung sowie zu einer Behandlung nach § 115a oder § 115b, wenn dadurch eine an sich gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung (§ 39) vermieden oder verkürzt wird oder diese nicht ausführbar ist, wie bei einer stationären Krankenhausbehandlung.
Soweit Fahrten nach Satz 1 von Rettungsdiensten durchgeführt werden, zieht die Krankenkasse die Zuzahlung in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages je Fahrt von dem Versicherten ein.

(3) Als Fahrkosten werden anerkannt

1.
bei Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels der Fahrpreis unter Ausschöpfen von Fahrpreisermäßigungen,
2.
bei Benutzung eines Taxis oder Mietwagens, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel nicht benutzt werden kann, der nach § 133 berechnungsfähige Betrag,
3.
bei Benutzung eines Krankenkraftwagens oder Rettungsfahrzeugs, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel, ein Taxi oder ein Mietwagen nicht benutzt werden kann, der nach § 133 berechnungsfähige Betrag,
4.
bei Benutzung eines privaten Kraftfahrzeugs für jeden gefahrenen Kilometer den jeweils auf Grund des Bundesreisekostengesetzes festgesetzten Höchstbetrag für Wegstreckenentschädigung, höchstens jedoch die Kosten, die bei Inanspruchnahme des nach Nummer 1 bis 3 erforderlichen Transportmittels entstanden wären.

(4) Die Kosten des Rücktransports in das Inland werden nicht übernommen. § 18 bleibt unberührt.

(5) Im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation werden Reisekosten nach § 73 Absatz 1 und 3 des Neunten Buches übernommen. Zu den Reisekosten nach Satz 1 gehören bei pflegenden Angehörigen auch die Reisekosten, die im Zusammenhang mit der Versorgung Pflegebedürftiger nach § 40 Absatz 3 Satz 2 und 3 entstehen. Die Reisekosten von Pflegebedürftigen, die gemäß § 40 Absatz 3 Satz 3 während einer stationären Rehabilitation ihres pflegenden Angehörigen eine Kurzzeitpflege nach § 42 des Elften Buches erhalten, hat die Pflegekasse des Pflegebedürftigen der Krankenkasse des pflegenden Angehörigen zu erstatten.

(1) Die Vertragspartner auf Seiten der Krankenkassen und der Leistungserbringer haben die Vereinbarungen über die Vergütungen nach diesem Buch so zu gestalten, dass Beitragserhöhungen ausgeschlossen werden, es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven nicht zu gewährleisten (Grundsatz der Beitragssatzstabilität). Ausgabensteigerungen auf Grund von gesetzlich vorgeschriebenen Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen oder für zusätzliche Leistungen, die im Rahmen zugelassener strukturierter Behandlungsprogramme (§ 137g) auf Grund der Anforderungen der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 137f oder der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 erbracht werden, verletzen nicht den Grundsatz der Beitragssatzstabilität.

(2) Um den Vorgaben nach Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 1 zu entsprechen, darf die vereinbarte Veränderung der jeweiligen Vergütung die sich bei Anwendung der Veränderungsrate für das gesamte Bundesgebiet nach Absatz 3 ergebende Veränderung der Vergütung nicht überschreiten. Abweichend von Satz 1 ist eine Überschreitung zulässig, wenn die damit verbundenen Mehrausgaben durch vertraglich abgesicherte oder bereits erfolgte Einsparungen in anderen Leistungsbereichen ausgeglichen werden.

(3) Das Bundesministerium für Gesundheit stellt bis zum 15. September eines jeden Jahres für die Vereinbarungen der Vergütungen des jeweils folgenden Kalenderjahres die nach den Absätzen 1 und 2 anzuwendende durchschnittliche Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen aller Mitglieder der Krankenkassen je Mitglied für den gesamten Zeitraum der zweiten Hälfte des Vorjahres und der ersten Hälfte des laufenden Jahres gegenüber dem entsprechenden Zeitraum der jeweiligen Vorjahre fest. Grundlage sind die monatlichen Erhebungen der Krankenkassen und die vierteljährlichen Rechnungsergebnisse des Gesundheitsfonds, die die beitragspflichtigen Einnahmen aller Mitglieder der Krankenkassen ausweisen. Die Feststellung wird durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Bei der Ermittlung der durchschnittlichen Veränderungsrate nach Satz 1 werden für die Jahre 2017 und 2018 die Mitglieder nicht berücksichtigt, die nach § 5 Absatz 1 Nummer 2a in der am 31. Dezember 2015 geltenden Fassung vorrangig familienversichert gewesen wären.

(3a) (weggefallen)

(4) Die Vereinbarungen über die Vergütung der Leistungen nach § 57 Abs. 1 und 2, §§ 83 und 85 sind den für die Vertragsparteien zuständigen Aufsichtsbehörden vorzulegen. Die Aufsichtsbehörden können die Vereinbarungen bei einem Rechtsverstoß innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage beanstanden. Klagen der Vertragspartner gegen die Beanstandung haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Die Vereinbarungen nach Absatz 4 Satz 1 und die Verträge nach den §§ 73b und 140a sind unabhängig von Absatz 4 auch den für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder, in denen sie wirksam werden, zu übermitteln, soweit diese nicht die Aufsicht über die vertragsschließende Krankenkasse führen.

(6) Wird durch einen der in den §§ 73b, 127 und 140a genannten Verträge das Recht erheblich verletzt, kann die Aufsichtsbehörde abweichend von § 89 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Vierten Buches alle Anordnungen treffen, die für eine sofortige Behebung der Rechtsverletzung geeignet und erforderlich sind. Sie kann gegenüber der Krankenkasse oder der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen insbesondere anordnen, den Vertrag dafür zu ändern oder aufzuheben. Die Krankenkasse oder Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen kann bei einer solchen Anordnung den Vertrag auch außerordentlich kündigen. Besteht die Gefahr eines schweren, nicht wieder gutzumachenden Schadens insbesondere für die Belange der Versicherten, kann die Aufsichtsbehörde einstweilige Maßnahmen anordnen. Ein Zwangsgeld kann bis zu einer Höhe von 10 Millionen Euro zugunsten des Gesundheitsfonds nach § 271 festgesetzt werden. Die Aufsichtsbehörde kann eine erhebliche Rechtsverletzung auch feststellen, nachdem diese beendet ist, sofern ein berechtigtes Interesse an der Feststellung besteht. Rechtsbehelfe gegen Anordnungen nach den Sätzen 1 bis 4 haben keine aufschiebende Wirkung. Die Sätze 1 bis 7 gelten auch für Verträge nach § 140a Absatz 1 Satz 3. Die Sätze 1 und 4 bis 7 gelten entsprechend bei Verstößen gegen die Pflicht nach § 127 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 2, Vertragsverhandlungen zu ermöglichen. Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern dürfen keine Vorschläge in elektronischer oder maschinell verwertbarer Form für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen für den Vertragspartner beinhalten. Die Krankenkassen haben auf Verlangen der zuständigen Aufsichtsbehörde bezüglich der Einhaltung Nachweise zu erbringen.

(1) Soweit die Entgelte für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rettungsdienstes und anderer Krankentransporte nicht durch landesrechtliche oder kommunalrechtliche Bestimmungen festgelegt werden, schließen die Krankenkassen oder ihre Landesverbände Verträge über die Vergütung dieser Leistungen unter Beachtung des § 71 Abs. 1 bis 3 mit dafür geeigneten Einrichtungen oder Unternehmen. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 1 nicht zu Stande und sieht das Landesrecht für diesen Fall eine Festlegung der Vergütungen vor, ist auch bei dieser Festlegung § 71 Abs. 1 bis 3 zu beachten. Sie haben dabei die Sicherstellung der flächendeckenden rettungsdienstlichen Versorgung und die Empfehlungen der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen zu berücksichtigen. Die vereinbarten Preise sind Höchstpreise. Die Preisvereinbarungen haben sich an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten.

(2) Werden die Entgelte für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rettungsdienstes durch landesrechtliche oder kommunalrechtliche Bestimmungen festgelegt, können die Krankenkassen ihre Leistungspflicht zur Übernahme der Kosten auf Festbeträge an die Versicherten in Höhe vergleichbarer wirtschaftlich erbrachter Leistungen beschränken, wenn

1.
vor der Entgeltfestsetzung den Krankenkassen oder ihren Verbänden keine Gelegenheit zur Erörterung gegeben wurde,
2.
bei der Entgeltbemessung Investitionskosten und Kosten der Reservevorhaltung berücksichtigt worden sind, die durch eine über die Sicherstellung der Leistungen des Rettungsdienstes hinausgehende öffentliche Aufgabe der Einrichtungen bedingt sind, oder
3.
die Leistungserbringung gemessen an den rechtlich vorgegebenen Sicherstellungsverpflichtungen unwirtschaftlich ist.

(3) Absatz 1 gilt auch für Leistungen des Rettungsdienstes und andere Krankentransporte im Rahmen des Personenbeförderungsgesetzes.

(4) § 127 Absatz 9 gilt entsprechend.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die Umsätze aus der Veranstaltung einer "Dinner-Show" als einheitliche Leistung anzusehen sind und dem Regelsteuersatz unterliegen.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt ein Hotel. In einem vor dem Hotelgebäude aufgebauten Zelt veranstaltete sie in den Streitjahren 2004 und 2005 eine "Dinner-Show". Die Eintrittskarten kosteten zwischen 93 € und 109 € und umfassten eine Varieté- und Theatershow, ein Menü mit vier Gängen und die Garderobe. Getränke wurden gesondert berechnet. Während der Veranstaltung saßen die Gäste nicht in Stuhlreihen, sondern an Tischen. Vor und zwischen den musikalischen und künstlerischen Darbietungen wurden die einzelnen Gänge und Getränke serviert und abgeräumt. Zur Unterhaltung während des Essens fand als "Nebenprogramm" eine musikalische Begleitung statt. Die Gesamtdauer der Veranstaltung betrug vier Stunden. Davon entfielen circa eineinhalb Stunden auf das Menü.

3

Die Klägerin ging davon aus, dass sie mit der Veranstaltung der "Dinner-Show" zwei selbständige Leistungen erbringe: Umsätze, die dem Regelsteuersatz unterliegen (Menü) und solche, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen (Varieté). Als Entgelt für die regelbesteuerte Leistung, das Menü, legte sie einen Betrag von 15 € zugrunde, den Restbetrag unterwarf die Klägerin dem ermäßigten Steuersatz.

4

Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, dass die kulinarischen und künstlerischen Elemente der "Dinner-Show" zwar gleichwertig nebeneinander ständen, aber aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers ein "Kombinationserlebnis" im Vordergrund stehe. Es handele sich somit um eine einheitliche Leistung, die in voller Höhe dem Regelsteuersatz unterliege. In den geänderten Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre vom 19. März 2009 erhöhte das FA dementsprechend die auf die Umsätze aus der "Dinner-Show" entfallende Umsatzsteuer für 2004 um 63.798,90 € und für 2005 um 43.265,05 €. Der dagegen gerichtete Einspruch der Klägerin blieb insoweit ohne Erfolg.

5

Die aus Gründen, die nicht den streitigen Sachverhalt betreffen, geänderten Umsatzsteuerbescheide für 2004 und 2005 vom 7. April 2010 waren Gegenstand des Klageverfahrens.

6

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit dem in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2010, 1839 veröffentlichten Urteil statt. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass das FA die Umsätze zu Unrecht insgesamt dem Regelsteuersatz unterworfen habe. Die Leistungen der Klägerin seien nicht als einheitliche sonstige Leistung zu beurteilen.

7

Der wirtschaftliche Gehalt der Leistungen bestehe in einer Mischung aus Unterhaltung und gutem Essen verbunden mit dem Ambiente eines sog. Spiegelzeltes. Die künstlerischen und kulinarischen Leistungen seien aufeinander abgestimmt, miteinander verbunden und griffen in zeitlicher Hinsicht ineinander. Angesichts der Höhe des Eintrittspreises sei davon auszugehen, dass die Veranstaltungen vom Durchschnittsverbraucher nicht ausschließlich wegen der Varieté- und Theatershow oder ausschließlich wegen des Menüs besucht würden. Gerade die Kombination, durch die eine "Dinner-Show" als etwas eigenständiges "Drittes" geschaffen werde, präge den Charakter der Veranstaltungen und stelle den besonderen Anreiz für die Besucher dar. Der Umstand, dass die Leistungen in einem "Paket" in Anspruch genommen werden könnten, führe nicht zur Annahme einer einheitlichen Leistung. Die einzelnen künstlerischen und kulinarischen Bausteine hätten jeweils einen eigenständigen Wert für den Gast und träten nicht hinter einer Gesamtleistung zurück. Beide Leistungen könnten im Wirtschaftsleben ohne weiteres voneinander getrennt werden. Den Besuchern komme es bei lebensnaher Betrachtung nicht allein auf die künstlerischen Darbietungen an. Gleichermaßen wichtig sei die Möglichkeit zum Genuss der einzelnen Gänge eines von der Küche eines 5-Sterne-Hotels kreierten Menüs. Beide Leistungen kämen nicht üblicherweise "im Gefolge" der jeweils anderen Leistung vor. Da die künstlerischen Darbietungen die Höhe des pauschalen Eintrittspreises wesentlich mitbestimmen würden und das Menü ebenfalls nicht ohne spürbare Auswirkung auf den Eintrittspreis bleibe, könnten beide Leistungen keine reinen Nebenleistungen sein. Vielmehr stünden künstlerische und kulinarische Leistungen in einem gleichgeordneten Verhältnis.

8

Für die Berechnung des auf die ermäßigt zu besteuernde künstlerische Leistung bezogenen Teils des Gesamtpreises sei von einem durchschnittlichen Gesamtpreis pro Eintrittskarte von 100 € brutto und einem durchschnittlichen Menüpreis von 40 € brutto auszugehen. Da die Klägerin bereits 15 € brutto des auf die Restaurationsleistungen entfallenden Anteils von 40 € dem Regelsteuersatz unterworfen habe, seien die noch streitigen Umsätze im Verhältnis 25/85 (Regelsteuersatz) und 60/85 (ermäßigter Steuersatz) aufzuteilen.

9

Mit seiner Revision macht das FA die Verletzung materiellen Rechts geltend.

10

Es ist der Auffassung, dass es sich um eine einheitliche, nicht teilbare Leistung handele, die nicht ermäßigt zu besteuern sei. Erhebliche Gesichtspunkte seien der einheitliche Eintrittspreis und die einheitliche Vertragsgrundlage. Hinzu komme, dass die Leistungskomponenten nur einheitlich in Anspruch genommen werden könnten und aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers untrennbar verbunden seien. Es bestehe kein bloßes Nebeneinander von im Paket angebotenen Leistungen. Durch die Kombination werde --wie auch das FG festgestellt habe-- etwas selbständiges "Drittes" geschaffen.

11

Dass abstrakt betrachtet ein Menü und eine Varietédarbietung auch gesondert angeboten und in Anspruch genommen werden könnten, spiele für die Beurteilung des konkreten Umsatzes keine Rolle. Der besondere Wert der "Dinner-Show" liege gerade in der Kombination. Eine Aufspaltung wäre künstlich und widerspräche der wirtschaftlichen Zusammengehörigkeit. Sie wäre auch mit praktischen Schwierigkeiten verbunden, da unklar sei, welcher Aufteilungsmaßstab zu wählen wäre.

12

Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

13

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

14

Sie schließt sich im Wesentlichen den Ausführungen des FG an. Die Verbindung von Restauration mit Varieté gebe im vorliegenden Fall der jeweiligen anderen Leistung kein anderes Gepräge und führe nicht unter Auflösung der Einzelleistungen zu einer anderen Leistung eigener Art. Insbesondere dienten die Einzelleistungen durch ihre Kombination nicht einem weiteren, dem wirtschaftlichen Ziel der jeweiligen Einzelleistungen entrückten, einheitlichen Leistungsziel. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Verkauf von Getränken im Rahmen der "Dinner-Show" als eigenständige Leistung beurteilt worden sei. Dies lasse darauf schließen, dass auch die streitgegenständlichen Leistungskomponenten (künstlerische Leistung, Restauration) grundsätzlich wirtschaftlich trennbar seien. Der Bundesfinanzhof (BFH) sei zudem an die Würdigung durch das FG, die weder widersprüchlich sei noch gegen Denkgesetze verstoße, gebunden. Auch bei Schaffung eines eigenständigen Werts könnten die Einzelleistungen ihre eigenständige Bedeutung behalten. Die Kombination der beiden Elemente wirke nicht prägend. Selbst wenn man von einer Einheitlichkeit ausgehe, stehe das Showelement im Vordergrund, so dass dann die gesamte Leistung dem ermäßigten Steuersatz unterliege. Das Verpflegungselement könne der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf das Showelement nicht entgegenstehen. Zur Klärung der Rechtsfrage, ob die im Rahmen einer "Dinner-Show" erbrachten Leistungen als eine einheitliche oder als selbständige Leistungen anzusehen seien, werde die Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) angeregt.

Entscheidungsgründe

15

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG geht zu Unrecht davon aus, dass die im Rahmen der "Dinner-Show" erbrachten künstlerischen Leistungen als selbständige Leistungen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a der in den Streitjahren gültigen Fassung des Umsatzsteuergesetzes 1999 bzw. 2005 (UStG) dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

16

1. Die Klägerin erbrachte mit der Veranstaltung der "Dinner-Shows" eine einheitliche, insgesamt dem Regelsteuersatz unterfallende sonstige Leistung.

17

a) Nach der Rechtsprechung des EuGH, der sich der BFH angeschlossen hat, gelten für die Frage, ob mehrere Tätigkeiten steuerrechtlich zu nur einem Umsatz oder mehreren eigenständigen Umsätzen führen, folgende Grundsätze (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Oktober 2010 V R 9/10, BFHE 231, 360, BStBl II 2011, 360, m.w.N.):

18

aa) Zunächst ist in der Regel jede Lieferung oder Dienstleistung als eigene, selbständige Leistung zu betrachten. Bei einem Umsatz, der ein Bündel von Einzelleistungen und Handlungen umfasst, ist aber im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu bestimmen, ob zwei oder mehr getrennte Umsätze vorliegen oder ein einheitlicher Umsatz. Dabei sind unter Berücksichtigung eines Durchschnittsverbrauchers die charakteristischen Merkmale des Umsatzes zu ermitteln. Insoweit darf einerseits eine wirtschaftlich einheitliche Leistung nicht künstlich aufgespalten werden. Andererseits sind mehrere formal getrennt erbrachte Einzelumsätze als einheitlicher Umsatz anzusehen, wenn sie nicht selbständig sind.

19

bb) Einen einheitlichen Umsatz hat der EuGH für zwei Fallgruppen bejaht.

20

(1) Zum einen liegt eine einheitliche Leistung vor, wenn eine oder mehrere Einzelleistungen eine Hauptleistung bilden und die andere Einzelleistung oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebenleistungen bilden, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist insbesondere dann Neben- und nicht Hauptleistung, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 10. März 2011 C-497/09, Bog u.a., Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2011, 272 Rdnr. 54, m.w.N.).

21

(2) Zum anderen kann sich eine einheitliche Leistung daraus ergeben, dass zwei oder mehrere Handlungen oder Einzelleistungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl. z.B. EuGH-Urteil Bog u.a. in UR 2011, 272 Rdnr. 53, m.w.N.; EuGH-Beschluss vom 19. Januar 2012 C-117/11, Purple Parking Ltd. und Airpark Services Ltd., Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2012, 674 Rdnr. 29; EuGH-Urteil vom 19. Juli 2012 C-44/11, Deutsche Bank AG, Der Betrieb --DB-- 2012, 1662 Rdnr. 21).

22

So ist der EuGH z.B. in folgenden Fällen von einem einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang ausgegangen:

23

- Erwerb einer Software, die in diesem Zustand für die wirtschaftliche Tätigkeit des Leistungsempfängers nutzlos ist, und nachfolgende Anpassungen, die die Software erst nützlich werden lassen, wenn der wirtschaftliche Zweck darin besteht, eine speziell an die Bedürfnisse des Leistungsempfängers angepasste einsatzfähige Software zu erhalten (EuGH-Urteil vom 27. Oktober 2005 C-41/04, Levob, Slg. 2005, I-9433, BFH/NV Beilage 2006, 38 Rdnr. 24),

24

- Erwerb eines Glasfaserkabels und die mit der Verlegung dieses Kabels zusammenhängenden Dienstleistungen, die zur Veräußerung eines verlegten und funktionstüchtigen Kabels erforderlich und hiermit eng miteinander verbunden sind (EuGH-Urteil vom 29. März 2007 C-111/05, Aktiebolaget NN, Slg. 2007, I-2697, BFH/NV Beilage 2007, 293 Rdnr. 25),

25

- Erwerb eines alten Gebäudes mit dem dazugehörigen Grund und Boden, der in diesem Zustand ohne jeden Nutzen für die wirtschaftliche Tätigkeit des Leistungsempfängers ist, und den Leistungen in Bezug auf den Abriss der Gebäude, die allein geeignet sind, dem Grundstück einen wirtschaftlichen Nutzen zu verleihen (EuGH-Urteil vom 19. November 2009 C-461/08, Don Bosco, Slg. 2009, I-11079, BFH/NV 2010, 144 Rdnr. 38),

26

- Parken eines PKWs auf einem außerhalb eines Flugplatzgeländes gelegenen Parkplatzes und die Beförderung der Insassen dieses PKWs zwischen dem Parkplatz und dem Flughafenterminal (EuGH-Beschluss Purple Parking Ltd. und Airpark Services Ltd. in HFR 2012, 674, Leitsatz),

27

- Portfolioverwaltung, bei der ein Steuerpflichtiger aufgrund eigenen Ermessens über den Kauf und Verkauf von Wertpapieren entscheidet und diese Entscheidung durch den Kauf und Verkauf vollzieht (EuGH-Urteil Deutsche Bank AG in DB 2012, 1662 Rdnr. 29).

28

Wie der EuGH in seinem Urteil Deutsche Bank AG in DB 2012, 1662 Rdnr. 25 entschieden hat, kommt es für die Beurteilung, ob ein Vorgang "untrennbar" ist, auf die Sicht des Durchschnittskunden an, dem es ggf. um die Verbindung verschiedener Elemente geht.

29

cc) Ob im konkreten Fall eine einheitliche Leistung vorliegt, haben im Rahmen der mit Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union errichteten Zusammenarbeit die nationalen Gerichte festzustellen, die dazu alle endgültigen Tatsachenbeurteilungen vorzunehmen haben (EuGH-Urteil Bog u.a. in UR 2011, 272 Rdnr. 55, m.w.N.). Die erforderliche Gesamtbetrachtung ist im Wesentlichen das Ergebnis einer tatsächlichen Würdigung durch das FG, die den BFH grundsätzlich gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindet (z.B. BFH-Urteil vom 13. Januar 2011 V R 63/09, BFHE 233, 64, BStBl II 2011, 461, m.w.N.).

30

b) Ausgehend hiervon ist die Würdigung des FG nicht zu beanstanden, wonach die Restaurationsleistungen und die künstlerischen Darbietungen nicht im Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung stehen.

31

Das FG hat unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH und des BFH den Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass die Leistungen kein bloßes Mittel seien, um die jeweils andere Leistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können und daher nicht als Nebenleistungen der jeweils anderen anzusehen seien. Show und Menü dienten ganz unterschiedlichen und gleichgewichtigen Zwecken. Den Besuchern komme es nicht allein auf die künstlerischen Darbietungen an. Gleichermaßen wichtig sei die Möglichkeit zum Genuss der einzelnen Gänge eines von der Küche eines 5-Sterne-Hotels kreierten Menüs.

32

Dies entspricht der Rechtsprechung des BFH, der bereits entschieden hat, dass Gastronomieumsätze vor, während oder nach einer künstlerischen Veranstaltung aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers einen eigenen, vom Theaterbesuch unabhängigen Zweck haben und zur Durchführung kultureller Dienstleistungen aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers nicht unerlässlich sind und somit keine Nebenleistungen darstellen (vgl. BFH-Urteile vom 18. August 2005 V R 20/03, BFHE 211, 85, BStBl II 2005, 910 zu Gastronomieumsätzen im für jedermann zugänglichen Gastronomiebereich eines Theaters; vom 14. Mai 1998 V R 85/97, BFHE 186, 151, BStBl II 1999, 145 zur Abgabe von Speisen und Getränken in einem Kabarett; ebenso für sog. Verzehrkinos BFH-Urteil vom 7. März 1995 XI R 46/93, BFHE 177, 165, BStBl II 1995, 429; für den Getränkeausschank außerhalb eines Verzehrkinos im Foyer BFH-Urteil vom 1. Juni 1995 V R 90/93, BFHE 178, 248, BStBl II 1995, 914; für die Lieferung von Speiseeis bei Filmvorführungen BFH-Urteil vom 9. Mai 1996 V R 30/95, BFH/NV 1997, 70).

33

c) Entgegen der Auffassung des FG liegt jedoch eine komplexe Leistung vor.

34

aa) Das FG geht davon aus, dass durch die Kombination der künstlerischen und kulinarischen Leistungen in Form der "Dinner-Show" etwas eigenständiges "Drittes" geschaffen worden sei. Gleichwohl hätten die einzelnen künstlerischen und kulinarischen Bausteine jeweils einen eigenständigen Wert für den Gast und würden nicht hinter einer Gesamtleistung zurücktreten. Die Show und das Menü seien nicht so eng miteinander verbunden, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bildeten, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Sie könnten "im Wirtschaftsleben" ohne weiteres voneinander getrennt werden.

35

bb) Diese Würdigung des Sachverhalts durch das FG ist entgegen der Auffassung der Klägerin in sich widersprüchlich und verstößt daher gegen die Denkgesetze, denn die Feststellung, dass etwas eigenständiges "Drittes" entstanden sei mit der Folge, dass die enthaltenen Leistungen ihren eigenständigen Charakter verlieren, und die Beurteilung, dass einzelne Bestandteile eines Leistungsbündels ihren eigenständigen Wert behalten, schließen sich gegenseitig aus. Der Senat ist daher nicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO daran gebunden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 1. Februar 2012 I R 57/10, BFHE 236, 374, BStBl II 2012, 407, m.w.N.).

36

cc) Aufgrund der vom FG festgestellten konkreten Ausgestaltung sind im Streitfall die künstlerischen und kulinarischen Leistungen untrennbar miteinander verbunden und bilden eine komplexe Leistung. Der Charakter der im Streitfall zu beurteilenden Leistungen wird wesentlich durch die Mischung aus Unterhaltung und gutem Essen verbunden mit dem Ambiente eines Spiegelzeltes bestimmt. Die künstlerischen und kulinarischen Leistungen sind aufeinander abgestimmt und greifen in zeitlicher Hinsicht ineinander. Durch die Verflechtung beider Komponenten ist es dem Verbraucher nicht möglich, nur die künstlerische oder nur die kulinarische Leistung in Anspruch zu nehmen. Zwar werden Varieté Shows und 4-Gänge-Menüs im Wirtschaftsleben auch getrennt erbracht. Dies allein rechtfertigt jedoch keine Aufspaltung des Vorgangs. Dem durchschnittlichen Besucher der im Streitfall zu beurteilenden "Dinner-Show" geht es, wie das FG ausgeführt hat, gerade um die Verbindung der beiden Elemente (vgl. zur Portfolioverwaltung EuGH-Urteil Deutsche Bank AG in DB 2012, 1662 Rdnr. 25). Die Aufspaltung in eine kulinarische und eine künstlerische Leistung wäre daher aufgrund der vom Durchschnittskunden gewünschten Verbindung im Streitfall lebensfremd.

37

Hiergegen spricht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht, dass der Kunde der "Dinner-Show" ein abtrennbares Interesse an den einzelnen Leistungen habe, da diese jeweils für sich und unabhängig voneinander ihren eigenständigen Wert und Charakter hätten, da sich z.B. eine langweilige Aufführung nicht auf die Qualität des Essens auswirke und die künstlerischen Leistungen ebenso nicht von der Qualität des Essens bestimmt würden. Denn maßgeblich bleibt gleichwohl die ebenso wie im Fall der Portfolioverwaltung durch den Kunden gewünschte Verbindung der einzelnen Leistungselemente. Soweit sich die Klägerin weiter für ihre Auffassung auf Lange (UR 2009, 289 ff., 294) beruft, der bei einer "Dinner-Show" eine Aufteilung in zwei Leistungselemente befürwortet, schließt sich der erkennende Senat dem im Hinblick auf das EuGH-Urteil Deutsche Bank AG in DB 2012, 1662 nicht an.

38

d) Für ihre Gegenauffassung kann sich die Klägerin auch nicht auf das EuGH-Urteil vom 11. Juni 2009, C-572/07, RLRE Tellmer Property (Slg. 2009, I-4983) berufen. Denn wie der EuGH im Anschluss hieran in seinem Urteil vom 27. September 2012 C-392/11, Field Fisher Waterhouse (UR 2012, 964 Rdnr. 26) entschieden hat, ist allein die Möglichkeit, dass grundsätzlich ein Dritter bestimmte Dienstleistungen erbringen kann, nicht entscheidend, da die Möglichkeit, dass Teile einer einheitlichen Leistung unter anderen Umständen isoliert erbracht werden, zum "Konzept des zusammengesetzten einheitlichen Umsatzes" gehört.

39

2. Die komplexe Leistung der "Dinner-Show" unterliegt nicht gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz.

40

a) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 % u.a. für die --bis zum 15. Dezember 2004 ausgeführten-- Leistungen der Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre und Museen sowie die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer bzw. für die --ab dem 16. Dezember 2004 ausgeführten-- Umsätze mit Eintrittsberechtigungen für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler (§ 27 Abs. 1 UStG i.V.m. Art. 5 Nr. 8 und Art. 22 Abs. 1 des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 9. Dezember 2004, BGBl I 2004, 3310).

41

Unionsrechtliche Grundlage für die Steuerermäßigung ist Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) i.V.m. Anhang H Nr. 7 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach können die Mitgliedstaaten einen ermäßigten Steuersatz anwenden auf die Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen, Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen.

42

b) Die von der Klägerin veranstaltete "Dinner-Show" enthält zwar Elemente, die für sich betrachtet Theatervorführungen i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG sein können, da nicht nur Aufführungen von Theaterstücken im engeren Sinn, sondern auch Darbietungen der Pantomime und Tanzkunst, der Kleinkunst und des Varietés (vgl. BFH-Urteile vom 19. Oktober 2011 XI R 40/09, BFH/NV 2012, 798; vom 9. Oktober 2003 V R 86/01, BFH/NV 2004, 984) erfasst werden. Begünstigt sind auch Mischformen von Sprech-, Musik- und Tanzdarbietungen, so dass eine "Unterhaltungsshow" ebenfalls eine Theateraufführung i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG sein kann (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2012, 798, und in BFH/NV 2004, 984, unter II.1.a und c).

43

Die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG setzt jedoch voraus, dass die Theatervorführung Hauptbestandteil der einheitlichen Gesamtleistung ist (vgl. zu § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c BFH-Urteil vom 21. Oktober 2009 V R 8/08, BFH/NV 2010, 476, m.w.N.). Die Theatervorführung muss den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmachen (BFH-Urteil vom 26. April 1995 XI R 20/94, BFHE 177, 548, BStBl II 1995, 519). Daran fehlt es hier, da --wie bereits ausgeführt-- der Charakter der im Streitfall zu beurteilenden komplexen Leistung wesentlich durch die Mischung aus Unterhaltung und gutem Essen verbunden mit dem Ambiente eines Spiegelzeltes bestimmt wird und sich beide Leistungsbestandteile gleichwertig gegenüberstehen.

44

Für ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH besteht kein Anlass. Die Grundsätze, nach welchen Kriterien zu beurteilen ist, ob der Steuerpflichtige in einem konkreten Fall eine einheitliche Leistung erbringt, sind durch die Rechtsprechung des EuGH geklärt; wie der Gerichtshof im Urteil Field Fisher Waterhouse in UR 2012, 964 im Anschluss daran weiter ausführt, gibt es jedoch für die Bestimmung des Umfangs einer Leistung aus mehrwertsteuerlicher Sicht keine Regel mit absoluter Geltung; daher sind für die Bestimmung des Umfangs einer Leistung die Gesamtumstände zu berücksichtigen; ob der Steuerpflichtige in einem konkreten Fall eine einheitliche Leistung erbringt, haben im Rahmen der mit Art. 267 errichteten Zusammenarbeit die nationalen Gerichte festzustellen, die dazu alle endgültigen Tatsachenbeurteilungen vorzunehmen haben (EuGH-Urteil Field Fisher Waterhouse in UR 2012, 964 Rdnrn. 19 f.).

(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

(1a) Als Lieferung gegen Entgelt gilt das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in den Fällen des § 6b.

(1b) Einer Lieferung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen;
2.
die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;
3.
jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens.
Voraussetzung ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

(2) (weggefallen)

(3) Beim Kommissionsgeschäft (§ 383 des Handelsgesetzbuchs) liegt zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor. Bei der Verkaufskommission gilt der Kommissionär, bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer.

(3a) Ein Unternehmer, der mittels seiner elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 unterstützt, wird behandelt, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Unternehmer mittels seiner elektronischen Schnittstelle den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro unterstützt. Eine elektronische Schnittstelle im Sinne der Sätze 1 und 2 ist ein elektronischer Marktplatz, eine elektronische Plattform, ein elektronisches Portal oder Ähnliches. Ein Fernverkauf im Sinne des Satzes 2 ist die Lieferung eines Gegenstands, der durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus dem Drittlandsgebiet an einen Erwerber in einem Mitgliedstaat befördert oder versendet wird, einschließlich jener Lieferung, an deren Beförderung oder Versendung der Lieferer indirekt beteiligt ist. Erwerber im Sinne des Satzes 4 ist ein in § 3a Absatz 5 Satz 1 bezeichneter Empfänger oder eine in § 1a Absatz 3 Nummer 1 genannte Person, die weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet; im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ist die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Erwerbsschwelle maßgebend. Satz 2 gilt nicht für die Lieferung neuer Fahrzeuge und eines Gegenstandes, der mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert wird.

(4) Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so ist die Leistung als Lieferung anzusehen (Werklieferung), wenn es sich bei den Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Das gilt auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden werden.

(5) Hat ein Abnehmer dem Lieferer die Nebenerzeugnisse oder Abfälle, die bei der Bearbeitung oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstands entstehen, zurückzugeben, so beschränkt sich die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands an den Bestandteilen, die dem Abnehmer verbleiben. Das gilt auch dann, wenn der Abnehmer an Stelle der bei der Bearbeitung oder Verarbeitung entstehenden Nebenerzeugnisse oder Abfälle Gegenstände gleicher Art zurückgibt, wie sie in seinem Unternehmen regelmäßig anfallen.

(5a) Der Ort der Lieferung richtet sich vorbehaltlich der §§ 3c, 3e und 3g nach den Absätzen 6 bis 8.

(6) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Befördern ist jede Fortbewegung eines Gegenstands. Versenden liegt vor, wenn jemand die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten.

(6a) Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Liefergeschäfte ab und gelangt dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer (Reihengeschäft), so ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung dabei durch den ersten Unternehmer in der Reihe befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist (Zwischenhändler), ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat. Gelangt der Gegenstand der Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates und verwendet der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Gelangt der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Steuernummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde. Gelangt der Gegenstand der Lieferung vom Drittlandsgebiet in das Gemeinschaftsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Namen des Zwischenhändlers oder im Rahmen der indirekten Stellvertretung (Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1) für seine Rechnung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wird.

(6b) Wird ein Unternehmer gemäß Absatz 3a behandelt, als ob er einen Gegenstand selbst erhalten und geliefert hätte, wird die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung durch diesen Unternehmer zugeschrieben.

(7) Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. In den Fällen der Absätze 6a und 6b gilt Folgendes:

1.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt.
2.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet.

(8) Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, gilt der Ort der Lieferung dieses Gegenstands als im Inland gelegen, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist.

(8a) (weggefallen)

(9) Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind. Sie können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustands bestehen.

(9a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; dies gilt nicht, wenn der Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1b ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Absatz 6a durchzuführen ist;
2.
die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.

(10) Überlässt ein Unternehmer einem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstands übergeben hat, an Stelle des herzustellenden Gegenstands einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchem Stoff herzustellen pflegt, so gilt die Leistung des Unternehmers als Werkleistung, wenn das Entgelt für die Leistung nach Art eines Werklohns unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffs und dem des überlassenen Gegenstandes berechnet wird.

(11) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.

(11a) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung, die über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht wird, eingeschaltet, gilt er im Sinne von Absatz 11 als im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelnd. Dies gilt nicht, wenn der Anbieter dieser sonstigen Leistung von dem Unternehmer als Leistungserbringer ausdrücklich benannt wird und dies in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien zum Ausdruck kommt. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn

1.
in den von jedem an der Erbringung beteiligten Unternehmer ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind;
2.
in den dem Leistungsempfänger ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind.
Die Sätze 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn der Unternehmer hinsichtlich der Erbringung der sonstigen Leistung im Sinne des Satzes 2
1.
die Abrechnung gegenüber dem Leistungsempfänger autorisiert,
2.
die Erbringung der sonstigen Leistung genehmigt oder
3.
die allgemeinen Bedingungen der Leistungserbringung festlegt.
Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Unternehmer lediglich Zahlungen in Bezug auf die erbrachte sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 abwickelt und nicht an der Erbringung dieser sonstigen Leistung beteiligt ist.

(12) Ein Tausch liegt vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht.

(13) Ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ist ein Instrument, bei dem

1.
die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und
2.
der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.
Instrumente, die lediglich zu einem Preisnachlass berechtigen, sind keine Gutscheine im Sinne des Satzes 1.

(14) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, ist ein Einzweck-Gutschein. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt die Übertragung des Gutscheins als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im Namen eines anderen Unternehmers, gilt diese Übertragung als Lieferung des Gegenstands oder Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, durch den Unternehmer, in dessen Namen die Übertragung des Gutscheins erfolgt. Wird die im Einzweck-Gutschein bezeichnete Leistung von einem anderen Unternehmer erbracht als dem, der den Gutschein im eigenen Namen ausgestellt hat, wird der leistende Unternehmer so behandelt, als habe er die im Gutschein bezeichnete Leistung an den Aussteller erbracht. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt in den Fällen der Sätze 2 bis 4 nicht als unabhängiger Umsatz.

(15) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt, ist ein Mehrzweck-Gutschein. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, unterliegt der Umsatzsteuer nach § 1 Absatz 1, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

(1) Verkehr mit Taxen ist die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen bereithält und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführt. Der Unternehmer kann Beförderungsaufträge auch während einer Fahrt oder am Betriebssitz entgegennehmen.

(2) Taxen dürfen nur an behördlich zugelassenen Stellen und in der Gemeinde bereitgehalten werden, in der der Unternehmer seinen Betriebssitz hat. Fahrten auf vorherige Bestellung dürfen auch von anderen Gemeinden aus durchgeführt werden. Die Genehmigungsbehörde kann im Einvernehmen mit anderen Genehmigungsbehörden das Bereithalten an behördlich zugelassenen Stellen außerhalb der Betriebssitzgemeinde gestatten und einen größeren Bezirk festsetzen.

(3) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung den Umfang der Betriebspflicht, die Ordnung auf Taxenständen sowie Einzelheiten des Dienstbetriebs zu regeln. Sie kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung übertragen. In der Rechtsverordnung können insbesondere Regelungen getroffen werden über

1.
das Bereithalten von Taxen in Sonderfällen einschließlich eines Bereitschaftsdienstes,
2.
die Annahme und Ausführung von fernmündlichen Fahraufträgen,
3.
den Fahr- und Funkbetrieb,
4.
die Behindertenbeförderung und
5.
die Krankenbeförderung, soweit es sich nicht um Beförderungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 handelt.

(4) Die Beförderungspflicht besteht nur für Fahrten innerhalb des Geltungsbereichs der nach § 51 Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 2 Satz 1 festgesetzten Beförderungsentgelte (Pflichtfahrbereich).

(5) Die Vermietung von Taxen an Selbstfahrer ist verboten.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

Tatbestand

 
I. Die Antragstellerin lässt im X-Raum durch Taxi- und Mietwagenunternehmen Krankenfahrten für gesetzlich Versicherte durchführen. Sie hat mit verschiedenen Krankenkassen am 1. Juni 2006 einen Rahmenvertrag über die Durchführung und Vergütung von Krankenfahrten gemäß §§ 60, 133 SGB V im Rahmen des Personenbeförderungsgesetzes geschlossen. Darin hat sich die Antragstellerin verpflichtet, die Krankenfahrten zeit-, sach- und verkehrsgerecht zu disponieren und von den ihr angeschlossenen Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen durchführen zu lassen (vgl. § 4 Abs. 1 des Rahmenvertrages auf dessen weitere Einzelregelungen verwiesen wird, Bl. 57 bis 69 d. Betriebsprüfungshandakte). Zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten gegenüber den Krankenversicherungen hat die Antragstellerin mit verschiedenen Taxi- und Mietwagenunternehmen Kooperationsverträge über die Vergabe, Durchführung und Vergütung von Krankenfahrten geschlossen (vgl. Bl. 70 bis 82 d. Betriebsprüfungshandakte). Nach § 3 Abs. 1 des Kooperationsvertrages verpflichtet sich die Antragstellerin die ihr erteilten Aufträge zur Durchführung von Krankenfahrten zu erfassen, planen, koordinieren und anschließend an die Kooperationspartner zu vergeben. Die beauftragen Krankenfahrten dürfen nur von Personen durchgeführt werden, die im Besitz einer gültigen Konzession nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) und die Zulassung einer Krankenkasse oder Krankenkassenverbandes besitzen. Die Antragstellerin selbst besitzt keine Konzession nach dem Personenbeförderungsgesetz.
Die durchgeführten Krankenfahrten rechneten die jeweiligen Taxi- und Mietwagenunternehmen mit der Antragstellerin nach Maßgabe der mit ihr vereinbarten Entgelte ab (Preisvereinbarung zwischen dem Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen und der Antragstellerin, Anlage 2 des Kooperationsvertrages, Bl. 79 ff. d. Betriebsprüfungshandakten). Die Taxiunternehmer wiesen für ihre gegenüber der Antragstellerin abgerechneten Leistungen den ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG aus. Soweit Krankenfahrten mit Mietwagenunternehmen durchgeführt wurden, wurden die Umsätze dem Regelsteuersatz unterworfen. Die Antragstellerin rechnete die durchgeführten Krankenfahrten wiederum mit den Krankenkassen ab, mit denen ebenfalls eine detaillierte Vergütungsvereinbarung besteht, nach der in den Beförderungsentgelten die aktuelle gesetzliche Umsatzsteuer enthalten ist (vgl. § 2 Satz 5 der Vergütungsvereinbarung zwischen der Antragstellerin und den Krankenkassen, Anlage 1 des Rahmenvertrages, Bl. 64 ff. d. Betriebsprüfungshandakte). Die Abrechnungen der Antragstellerin gegenüber den Krankenversicherungen wiesen ebenfalls den ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG aus, soweit sie auf Taxiunternehmen entfielen (etwa 85%). Bei Auszahlung der von den Fuhrunternehmen in Rechnung gestellten Beförderungsleistungen behielt die Antragstellerin eine Abrechnungsprovision von 2,8% der Bruttoabrechnungssumme zuzüglich 19% Umsatzsteuer ein (§ 1 Nr. 4 der Preisvereinbarung zwischen dem Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen und der Antragstellerin).
Eine für den Besteuerungszeitraum 2006 und die Voranmeldungszeiträume Januar bis Dezember 2007 durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung stellte fest, dass neben den von Mietwagenunternehmen auch die von Taxifahrern an die Antragstellerin erbrachten und von ihr an die Krankenkassen weiterberechneten Umsätze dem vollen Steuersatz unterliegen würden, weil es sich dabei nicht um Fahrten im Taxiverkehr i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG handeln würde. Zum einen deshalb, weil die Antragstellerin weder über eine Konzession für die Personenbeförderung noch eigene Fahrzeuge besitze und zum anderen, weil die Krankenfahrten keine Fahrten im Taxiverkehr seien, die von Taxen an behördlich zugelassenen Stellen („Taxiständen“) durchgeführt würden. Auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen unterwarf der Antragsgegner - das Finanzamt (FA) – sämtliche Umsätze der Antragstellerin dem vollen Steuersatz und änderte die Umsatzsteuerfestsetzung für 2006 und den Voranmeldungszeitraum Dezember 2007 entsprechend ab.
Gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 4. September 2009 und den Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid Dezember 2007 vom 15. September 2008 legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Mit dem gleichen Rechtsschutzziel wendete sich die Antragstellerin auch gegen die vom FA geänderten Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für Januar bis März 2008 sowie für das II. und III. Quartal 2008  jeweils vom 8. Januar 2009, in denen die Umsätze der Antragstellerin ebenfalls dem vollen Steuersatz unterworfen wurden. Zur Begründung ihres Aussetzungsbegehrens trug die Antragstellerin vor, sie rechne die Krankenfahrten im Namen und im Auftrag der angeschlossenen Taxi- und Mietwagenunternehmen gegenüber den Krankenkassen ab. Bei Mietwagenunternehmen werde der Regelsteuersatz und bei Taxiunternehmen der ermäßigte Steuersatz berechnet. Für die Rechnungsstellung bediene sich die Antragstellerin der Firma D. Die zwischengeschaltete Firma stelle die Rechnungen an die Krankenkassen, die den Rechnungsbetrag an die Firma D auszahlen würden, die den Zahlbetrag unter Abzug ihrer Gebühren (einschließlich 19% Umsatzsteuer) an die Antragstellerin weiterleite. Die Antragstellerin leite den Betrag unter Abzug ihrer ebenfalls mit 19% Umsatzsteuer belasteten Gebühren an die Fahrdienstunternehmen weiter. Bei der Antragstellerin liege damit der gleiche Abrechnungsvorgang vor, wie bei der bundesweit tätigen Firma D, die ihre Dienstleistungen ebenfalls mit 19% Umsatzsteuer berechne, wobei die Fahrdienstleistungen als durchlaufende Posten behandelt würden.
Nachdem das FA die Aussetzungsanträge mit Bescheiden vom 15. Oktober 2008 und 11. Februar 2009 abgelehnt hatte, verfolgt die Antragstellerin ihr Aussetzungsbegehren gerichtlich weiter. Zur Begründung trägt sie vor, die von der Antragstellerin vereinnahmten Entgelte würden nicht dem Regelsteuersatz, sondern dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Entgegen der Rechtsauffassung des FA seien die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG erfüllt, auch wenn die Antragstellerin keine eigenen Fahrzeuge und keine Verkehrsgenehmigung nach dem PBefG besitze. Die begünstigte Personenbeförderung im Verkehr mit Taxen müsse nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG nicht durch den Steuerpflichtigen selbst durchgeführt werden. Das Gesetz verlange auch nicht, dass der Unternehmer nach § 47 PBefG zur Personenbeförderung berechtigt sein müsse. Die Steuersatzermäßigung diene dem öffentlichen Personennahverkehr als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Hierfür sei nur entscheidungserheblich, dass die Beförderungsleistung tatsächlich mit einem Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs durchgeführt werden und nicht, wer hierüber abrechne. Die AdV sei auch aus Billigkeitsgründen geboten.
Die Antragstellerin beantragt, die Vollziehung des
1. Umsatzsteuerbescheides 2006 vom 04.09.2008 i.H.v. 17.076,59 EUR
2. Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides für den Monat Dezember 2007 vom 15.09.2008 i.H.v. 151.561,04 EUR
3. Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides für den Monat Januar 2008 vom 08.01.2009 i.H.v. 17.805,85 EUR
4. Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides für den Monat Februar 2008 vom 08.01.2009 i.H.v. 12.622,72 EUR
5. Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides für den Monat März 2008 vom 08.01.2009 i.H.v. 15.727,71 EUR
6. Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides für das II. Kalenderjahr 2008 vom 08.01.2009 i.H.v. 31.328,14 EUR
7. Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides für das III. Kalenderjahr vom 08.01.2009 i.H.v. 29.809,78 EUR
auszusetzen und soweit Aussetzung der Vollziehung zu den Anträgen Ziff. 1. bis 7. gewährt wird, die Verwirkung von Säumniszuschlägen bis zum Ergehen der gerichtlichen Entscheidung über den Aussetzungsantrag aufzuheben.
Das FA beantragt, die Aussetzungsanträge abzulehnen.
Die Privilegierung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG komme nur dem Unternehmer zugute, der aufgrund einer Taxikonzession die Beförderung selbst ausführe. Das ergebe sich aus § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG i.V.m. § 47 Abs. 1 PBefG, der den Verkehr mit Taxen als Eigenleistung eines konzessionierten Unternehmers definiere. Die Antragstellerin könne die begünstigte Beförderungsleistung weder tatsächlich noch rechtlich selbst erbringen, sondern rechne gegenüber den Krankenkassen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung eine von der Beförderungsleistung zu unterscheidende Logistikleistung ab. Gründe für eine unbillige Härte durch den Vollzug der Bescheide seien nicht gegeben, weil der Antrag auf AdV offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe.

Entscheidungsgründe

 
II. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das wiederum ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Fall, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (BFH-Beschluss vom 11. Juni 2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663, m.w.N.). Die Aussetzung der Vollziehung setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (BFH-Beschluss vom 10. Mai 2001 I S 3/01, BFHE 194, 360, m.w.N.). Ist die Rechtslage nicht eindeutig, so ist im summarischen Verfahren nicht abschließend zu entscheiden, sondern zumindest im Regelfall die Vollziehung auszusetzen.
10 
Nach diesem Maßstab bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide. Die Frage, ob von einem nicht personenbeförderungsberechtigten Unternehmer abgerechnete Krankenfahrten, die nicht durch ihn selbst sondern konzessionierte Taxiunterunternehmer erbracht werden, dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, ist nicht eindeutig aus dem Gesetz abzuleiten.
11 
1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG ermäßigt sich der Steuersatz u.a. für die Beförderung von Personen im Verkehr mit Kraftdroschken innerhalb einer Gemeinde oder wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km beträgt. In der Fassung des UStG 2007 wurde der altertümliche Begriff der Kraftdroschke in Anpassung an das Personenbeförderungsgesetz durch das Wort Taxen ersetzt. Gemeinschaftsrechtliche "Grundlage" für diese - bereits vor Erlass der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) bestehende - Regelung ist Art. 12 Abs. 3 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach können die Mitgliedstaaten auf die in Anhang H bezeichneten Lieferungen und Dienstleistungen einen ermäßigten Steuersatz anwenden. Nach Anhang H Kategorie Nr. 5 gehört dazu auch die "Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks". Mit der Steuerbegünstigung sollen die Beförderungen im öffentlichen Nahverkehr, zu denen auch der besonderen Anforderungen unterliegende Betrieb von Taxen gehört, gleichermaßen erfasst werden. Die Regelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, soweit sie den Personenverkehr mit Taxen umsatzsteuerrechtlich besser behandelt als den Personenverkehr mit Mietwagen (Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 11. Februar 1992  1 BvL 29/87, BVerfGE 85, 238).
12 
2. Bei den streitigen Beförderungsleistungen handelt es sich um steuerbegünstigte Beförderungen von Personen im Taxenverkehr. Die Krankenversicherten wurden mit Kfz befördert, für die den jeweiligen Taxenunternehmern die behördliche Genehmigung zum Verkehr mit Taxen nach § 47 PBefG erteilt war. Die Beförderungsstrecke betrug nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragstellerin in allen Fällen nicht mehr als 50 km. Dass auch von Taxenunternehmern durchgeführte Krankenfahrten den Tatbestand des Taxenverkehrs erfüllen, ist in der Rechtsprechung des BFH anerkannt (BFH-Urteil vom 31. Mai 2007 V R 18/05, BFHE 217, 88, BStBl II 2008, 206).
13 
Entgegen der noch von der Betriebsprüfung geäußerten Auffassung kann die Steuerbegünstigung daher nicht versagt werden, weil die Krankenfahrt nicht von einem Taxistand aus angetreten wird und die Beförderungsaufträge nur am Betriebssitz der Antragstellerin entgegen genommen werden. Das ergibt sich auch aus § 47 Abs. 1 Satz 2 PBefG, der den Verkehr mit Taxen auf Beförderungsaufträge erweitert, die der Unternehmer während der Fahrt oder am Betriebssitz entgegennimmt. Die zentrale Auftragsannahme der Antragstellerin entspricht insoweit der einer Taxizentrale und macht die Beförderungsleistungen nicht zu einem Mietwagenverkehr. Ein Verkehr mit Mietwagen liegt nach § 49 Abs. 4 PBefG nicht vor, wenn die Personenbeförderung ein Verkehr mit Taxen nach § 47 PBefG ist. Die Ausführung von Beförderungsaufträgen, die am Betriebssitz des Unternehmers eingegangen sind, ist daher kein geeignetes Unterscheidungsmerkmal. Dass die Krankenbeförderung eine besondere Ausprägung des Taxenverkehrs ist, ergibt sich des weiteren aus der Verordnungsermächtigung in § 51 Abs. 3 PBefG, nach dessen Satz 3 Nr. 5 besondere Regelungen über die Krankenbeförderung mit Taxen getroffen werden können.
14 
Die der Besteuerung zugrunde gelegten Umsätze der Antragstellerin sind auch keine bloßen Vermittlungsleistungen, die dem vollen Steuersatz unterliegen würden (vgl. BFH-Beschluss vom 18. April 2007 V B 157/05, BFH/NV 2007, 1544). Die Antragstellerin hat sich durch den Rahmenvertrag gegenüber den Krankenkassen zur Beförderung von Versicherten für ein festgelegtes Entgelt verpflichtet. Diese Leistung hat sie - entgegen ihrem Vorbringen im behördlichen Aussetzungsverfahren - in eigenem Namen und auf eigene Rechnung gegenüber den Krankenkassen abgerechnet. Das ergibt sich bei summarischer Prüfung aus § 8 des Rahmenvertrages und den vorliegenden Abrechnungen der Antragstellerin (vgl. Bl. 87 d. Betriebsprüfungshandakte). Soweit die Antragstellerin gegenüber den Taxen- und Mietwagenunternehmen Vermittlungs- und Abrechnungsleistungen erbracht hat, waren diese dem vollen Steuersatz zu unterwerfen (vgl. § 1 Nr. 4 der Preisvereinbarung zwischen dem Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen und der Antragstellerin). Dass die Antragstellerin ihre Beförderungspflichten nicht selbst durchführt, sondern sich hierfür der Taxen- und Mietwagenunternehmen als Subunternehmer bzw. Kooperationspartner bedient, ist vertraglich vorgesehen (vgl. § 4 des Rahmenvertrages und § 3 des Kooperationsvertrages) und ändert nichts an der umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehung zwischen Antragstellerin und Krankenkassen. Da die Antragstellerin gegenüber den Krankenkassen nicht auf fremde Rechnung (der Taxen- und Mietwagenunternehmer) sondern auf eigene Rechnung und auf Grundlage einer eigenständigen Entgeltvereinbarung abgerechnet hat, liegt nach Aktenlage auch kein Fall der Dienstleistungskommission vor (§ 3 Abs. 11 UStG).
15 
3. Sind die auf die steuerbegünstigte Leistung bezogenen sachlichen Tatbestandsmerkmale des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG erfüllt, ist ernstlich zweifelhaft ob die Steuervergünstigung versagt werden darf, weil die Antragstellerin selbst keine eigenen Fahrzeuge für die Personenbeförderung und die hierfür notwendige Genehmigung besitzt.
16 
Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG enthält keinen Hinweis auf die Notwendigkeit eines personenbezogenen Merkmals dahin, dass nur der Taxenunternehmer selbst in den Genuss der Steuervergünstigung kommen soll. Der Gesetzgeber knüpft die Steuerermäßigung für die Personenbeförderung an zwei Voraussetzungen: die Beförderungsart (Taxenverkehr) und die Beförderungsstrecke (Nahverkehr oder Beförderungsstrecke von nicht mehr als 50 km). Beides sind objektiv an die Leistung und nicht an den Leistungserbringer anknüpfende Merkmale. Soweit das Personenbeförderungsrecht die Beförderungsleistung und die Person des sie ausführenden Taxenunternehmers dahin verknüpft, dass nur fachlich geeignete Personen eine für die Personenbeförderung notwendige Genehmigung erhalten (§ 13 Abs. 1 PBefG), liegen dem spezifisch polizeirechtliche, nicht aber steuerliche Gründe zugrunde. Eine Erstreckung der an den Unternehmer im Sinne des Personenbeförderungsrechts zu stellenden Anforderungen auf die Steuervergünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG erscheint nicht geboten. Aufgrund des allgemeinen Verbrauchsteuercharakters der Umsatzsteuer werden Steuervergünstigungen grundsätzlich nur im Interesse der Letztverbraucher gewährt (Klenk in: Sölch/Ringleb, UStG, § 12 Rdnr. 471). Bei der Auslegung der Steuervergünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG ist daher in erster Linie dem Gedanken Rechnung zu tragen, dass die Preise für den Personennahverkehr durch den ermäßigten Steuersatz verbilligt werden sollen. Aus der Sicht des Letztverbrauchers spielt es aber keine Rolle, ob die von ihm in Anspruch genommene Beförderungsleistung eines Taxenunternehmers auf einem Direktauftrag beruht oder der Auftrag weiter vermittelt wurde.
17 
Der wirtschaftliche und rechtliche Hintergrund der von der Antragstellerin betriebenen Krankenfahrten liefert ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, die Steuervergünstigung auf Taxenunternehmer zu beschränken. Die rechtlichen Grundlagen für die Erstattung von Fahrkosten (für Krankenfahrten) finden sich in §§ 60 und 133 SGB V. § 60 SGB V regelt den Anspruch des Versicherten auf Übernahme von Fahrkosten als Sachleistung der Krankenkassen. Fahrkosten werden - nach Maßgabe weiterer (einschränkender) Voraussetzungen - übernommen, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Kann der Versicherte ein öffentliches Verkehrsmittel nicht benutzen und fährt er deshalb mit einem Taxi oder Mietwagen, wird gem. § 60 Abs. 3 Nr. 2 SGB V der nach § 133 SGB V berechnungsfähige Betrag anerkannt. Die letztgenannte Vorschrift hat die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den Erbringern von Krankentransportleistungen zum Gegenstand. Nach § 133 Abs. 1 SGB V schließen die Krankenkassen oder ihre Verbände Verträge über die Vergütung von Krankentransportleistungen, soweit die Entgelte für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rettungsdienstes und anderer Krankentransporte nicht durch landesrechtliche oder kommunalrechtliche Bestimmungen (vgl. das Rettungsdienstgesetz Baden Württemberg v. 16.7.1998, GBl. S. 437) festgelegt werden. Dabei haben sie zur Kostendämpfung den Grundsatz der Beitragssatzstabilität in § 71 Abs. 1 bis 3 SGB V zu beachten und die Preisvereinbarung auf möglichst preisgünstige Versorgungsmöglichkeiten auszurichten (§ 133 Abs. 1 Satz 1 und 7 SGB V). Die vereinbarten Preise sind außerdem Höchstpreise (§ 133 Abs. 1 Satz 6 SGB V). Diese Bestimmungen gelten gem. § 133 Abs. 3 SGB V auch für die hier streitigen Leistungen des so genannten „einfachen Krankentransports“ im Rahmen des Personenbeförderungsgesetzes.
18 
Auf der Grundlage dieser Regelungen hat die Antragstellerin mit verschiedenen Krankenkassen den Rahmenvertrag vom 1. Juni 2006 über die Durchführung und Vergütung von Krankenfahrten abgeschlossen. Bestandteil dieses Rahmenvertrags ist die Preisvereinbarung (Anlage 2 des Rahmenvertrags). Hierdurch können die Krankenkassen durch den Abschluss von Sondervereinbarungen nach § 51 Abs. 2 PBefG Einfluss auf die wirtschaftliche Leistungserbringung nehmen. Ihre Einflussmöglichkeiten muss sie nicht zuletzt im Hinblick auf den Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V) und das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) auch wahrnehmen. Die Sondervereinbarungen sind daher sowohl sozialversicherungsrechtlich als personenbeförderungsrechtlich üblich und anerkannt (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. April 2007 L 5 KR 518/07 ER-B, juris; VG Schleswig-Holstein, Beschluss vom  20. Oktober 2006 3 B 120/06, juris).
19 
Die Aussetzung der Vollziehung wirkt nur in die Zukunft und ist deshalb insbesondere nicht geeignet, Säumniszuschläge zu beseitigen, die in der Zeit zwischen der Fälligkeit der festgesetzten Steuer und der Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung entstanden sind (BFH-Beschlüsse vom 23. Juni 1977 V B 41/73, BFHE 122, 258, BStBl II 1977, 645; vom 6. September 1989 II B 33/89, BFH/NV 1990, 670). Dazu bedarf es der in § 69 Abs. 2 und 3 FGO ebenfalls vorgesehenen Aufhebung der Vollziehung (BFH-Urteil vom 30. März 1993 VII R 37/92, BFH/NV 1994, 4; BFH-Beschluss vom 10. Dezember 1986 I B 121/86, BFHE 149, 6, BStBl II 1987, 389). Auch diese ist der Antragstellerin zu gewähren.
20 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Gründe

 
II. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das wiederum ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Fall, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (BFH-Beschluss vom 11. Juni 2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663, m.w.N.). Die Aussetzung der Vollziehung setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (BFH-Beschluss vom 10. Mai 2001 I S 3/01, BFHE 194, 360, m.w.N.). Ist die Rechtslage nicht eindeutig, so ist im summarischen Verfahren nicht abschließend zu entscheiden, sondern zumindest im Regelfall die Vollziehung auszusetzen.
10 
Nach diesem Maßstab bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide. Die Frage, ob von einem nicht personenbeförderungsberechtigten Unternehmer abgerechnete Krankenfahrten, die nicht durch ihn selbst sondern konzessionierte Taxiunterunternehmer erbracht werden, dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, ist nicht eindeutig aus dem Gesetz abzuleiten.
11 
1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG ermäßigt sich der Steuersatz u.a. für die Beförderung von Personen im Verkehr mit Kraftdroschken innerhalb einer Gemeinde oder wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km beträgt. In der Fassung des UStG 2007 wurde der altertümliche Begriff der Kraftdroschke in Anpassung an das Personenbeförderungsgesetz durch das Wort Taxen ersetzt. Gemeinschaftsrechtliche "Grundlage" für diese - bereits vor Erlass der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) bestehende - Regelung ist Art. 12 Abs. 3 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach können die Mitgliedstaaten auf die in Anhang H bezeichneten Lieferungen und Dienstleistungen einen ermäßigten Steuersatz anwenden. Nach Anhang H Kategorie Nr. 5 gehört dazu auch die "Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks". Mit der Steuerbegünstigung sollen die Beförderungen im öffentlichen Nahverkehr, zu denen auch der besonderen Anforderungen unterliegende Betrieb von Taxen gehört, gleichermaßen erfasst werden. Die Regelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, soweit sie den Personenverkehr mit Taxen umsatzsteuerrechtlich besser behandelt als den Personenverkehr mit Mietwagen (Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 11. Februar 1992  1 BvL 29/87, BVerfGE 85, 238).
12 
2. Bei den streitigen Beförderungsleistungen handelt es sich um steuerbegünstigte Beförderungen von Personen im Taxenverkehr. Die Krankenversicherten wurden mit Kfz befördert, für die den jeweiligen Taxenunternehmern die behördliche Genehmigung zum Verkehr mit Taxen nach § 47 PBefG erteilt war. Die Beförderungsstrecke betrug nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragstellerin in allen Fällen nicht mehr als 50 km. Dass auch von Taxenunternehmern durchgeführte Krankenfahrten den Tatbestand des Taxenverkehrs erfüllen, ist in der Rechtsprechung des BFH anerkannt (BFH-Urteil vom 31. Mai 2007 V R 18/05, BFHE 217, 88, BStBl II 2008, 206).
13 
Entgegen der noch von der Betriebsprüfung geäußerten Auffassung kann die Steuerbegünstigung daher nicht versagt werden, weil die Krankenfahrt nicht von einem Taxistand aus angetreten wird und die Beförderungsaufträge nur am Betriebssitz der Antragstellerin entgegen genommen werden. Das ergibt sich auch aus § 47 Abs. 1 Satz 2 PBefG, der den Verkehr mit Taxen auf Beförderungsaufträge erweitert, die der Unternehmer während der Fahrt oder am Betriebssitz entgegennimmt. Die zentrale Auftragsannahme der Antragstellerin entspricht insoweit der einer Taxizentrale und macht die Beförderungsleistungen nicht zu einem Mietwagenverkehr. Ein Verkehr mit Mietwagen liegt nach § 49 Abs. 4 PBefG nicht vor, wenn die Personenbeförderung ein Verkehr mit Taxen nach § 47 PBefG ist. Die Ausführung von Beförderungsaufträgen, die am Betriebssitz des Unternehmers eingegangen sind, ist daher kein geeignetes Unterscheidungsmerkmal. Dass die Krankenbeförderung eine besondere Ausprägung des Taxenverkehrs ist, ergibt sich des weiteren aus der Verordnungsermächtigung in § 51 Abs. 3 PBefG, nach dessen Satz 3 Nr. 5 besondere Regelungen über die Krankenbeförderung mit Taxen getroffen werden können.
14 
Die der Besteuerung zugrunde gelegten Umsätze der Antragstellerin sind auch keine bloßen Vermittlungsleistungen, die dem vollen Steuersatz unterliegen würden (vgl. BFH-Beschluss vom 18. April 2007 V B 157/05, BFH/NV 2007, 1544). Die Antragstellerin hat sich durch den Rahmenvertrag gegenüber den Krankenkassen zur Beförderung von Versicherten für ein festgelegtes Entgelt verpflichtet. Diese Leistung hat sie - entgegen ihrem Vorbringen im behördlichen Aussetzungsverfahren - in eigenem Namen und auf eigene Rechnung gegenüber den Krankenkassen abgerechnet. Das ergibt sich bei summarischer Prüfung aus § 8 des Rahmenvertrages und den vorliegenden Abrechnungen der Antragstellerin (vgl. Bl. 87 d. Betriebsprüfungshandakte). Soweit die Antragstellerin gegenüber den Taxen- und Mietwagenunternehmen Vermittlungs- und Abrechnungsleistungen erbracht hat, waren diese dem vollen Steuersatz zu unterwerfen (vgl. § 1 Nr. 4 der Preisvereinbarung zwischen dem Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen und der Antragstellerin). Dass die Antragstellerin ihre Beförderungspflichten nicht selbst durchführt, sondern sich hierfür der Taxen- und Mietwagenunternehmen als Subunternehmer bzw. Kooperationspartner bedient, ist vertraglich vorgesehen (vgl. § 4 des Rahmenvertrages und § 3 des Kooperationsvertrages) und ändert nichts an der umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehung zwischen Antragstellerin und Krankenkassen. Da die Antragstellerin gegenüber den Krankenkassen nicht auf fremde Rechnung (der Taxen- und Mietwagenunternehmer) sondern auf eigene Rechnung und auf Grundlage einer eigenständigen Entgeltvereinbarung abgerechnet hat, liegt nach Aktenlage auch kein Fall der Dienstleistungskommission vor (§ 3 Abs. 11 UStG).
15 
3. Sind die auf die steuerbegünstigte Leistung bezogenen sachlichen Tatbestandsmerkmale des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG erfüllt, ist ernstlich zweifelhaft ob die Steuervergünstigung versagt werden darf, weil die Antragstellerin selbst keine eigenen Fahrzeuge für die Personenbeförderung und die hierfür notwendige Genehmigung besitzt.
16 
Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG enthält keinen Hinweis auf die Notwendigkeit eines personenbezogenen Merkmals dahin, dass nur der Taxenunternehmer selbst in den Genuss der Steuervergünstigung kommen soll. Der Gesetzgeber knüpft die Steuerermäßigung für die Personenbeförderung an zwei Voraussetzungen: die Beförderungsart (Taxenverkehr) und die Beförderungsstrecke (Nahverkehr oder Beförderungsstrecke von nicht mehr als 50 km). Beides sind objektiv an die Leistung und nicht an den Leistungserbringer anknüpfende Merkmale. Soweit das Personenbeförderungsrecht die Beförderungsleistung und die Person des sie ausführenden Taxenunternehmers dahin verknüpft, dass nur fachlich geeignete Personen eine für die Personenbeförderung notwendige Genehmigung erhalten (§ 13 Abs. 1 PBefG), liegen dem spezifisch polizeirechtliche, nicht aber steuerliche Gründe zugrunde. Eine Erstreckung der an den Unternehmer im Sinne des Personenbeförderungsrechts zu stellenden Anforderungen auf die Steuervergünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG erscheint nicht geboten. Aufgrund des allgemeinen Verbrauchsteuercharakters der Umsatzsteuer werden Steuervergünstigungen grundsätzlich nur im Interesse der Letztverbraucher gewährt (Klenk in: Sölch/Ringleb, UStG, § 12 Rdnr. 471). Bei der Auslegung der Steuervergünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG ist daher in erster Linie dem Gedanken Rechnung zu tragen, dass die Preise für den Personennahverkehr durch den ermäßigten Steuersatz verbilligt werden sollen. Aus der Sicht des Letztverbrauchers spielt es aber keine Rolle, ob die von ihm in Anspruch genommene Beförderungsleistung eines Taxenunternehmers auf einem Direktauftrag beruht oder der Auftrag weiter vermittelt wurde.
17 
Der wirtschaftliche und rechtliche Hintergrund der von der Antragstellerin betriebenen Krankenfahrten liefert ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, die Steuervergünstigung auf Taxenunternehmer zu beschränken. Die rechtlichen Grundlagen für die Erstattung von Fahrkosten (für Krankenfahrten) finden sich in §§ 60 und 133 SGB V. § 60 SGB V regelt den Anspruch des Versicherten auf Übernahme von Fahrkosten als Sachleistung der Krankenkassen. Fahrkosten werden - nach Maßgabe weiterer (einschränkender) Voraussetzungen - übernommen, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Kann der Versicherte ein öffentliches Verkehrsmittel nicht benutzen und fährt er deshalb mit einem Taxi oder Mietwagen, wird gem. § 60 Abs. 3 Nr. 2 SGB V der nach § 133 SGB V berechnungsfähige Betrag anerkannt. Die letztgenannte Vorschrift hat die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den Erbringern von Krankentransportleistungen zum Gegenstand. Nach § 133 Abs. 1 SGB V schließen die Krankenkassen oder ihre Verbände Verträge über die Vergütung von Krankentransportleistungen, soweit die Entgelte für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rettungsdienstes und anderer Krankentransporte nicht durch landesrechtliche oder kommunalrechtliche Bestimmungen (vgl. das Rettungsdienstgesetz Baden Württemberg v. 16.7.1998, GBl. S. 437) festgelegt werden. Dabei haben sie zur Kostendämpfung den Grundsatz der Beitragssatzstabilität in § 71 Abs. 1 bis 3 SGB V zu beachten und die Preisvereinbarung auf möglichst preisgünstige Versorgungsmöglichkeiten auszurichten (§ 133 Abs. 1 Satz 1 und 7 SGB V). Die vereinbarten Preise sind außerdem Höchstpreise (§ 133 Abs. 1 Satz 6 SGB V). Diese Bestimmungen gelten gem. § 133 Abs. 3 SGB V auch für die hier streitigen Leistungen des so genannten „einfachen Krankentransports“ im Rahmen des Personenbeförderungsgesetzes.
18 
Auf der Grundlage dieser Regelungen hat die Antragstellerin mit verschiedenen Krankenkassen den Rahmenvertrag vom 1. Juni 2006 über die Durchführung und Vergütung von Krankenfahrten abgeschlossen. Bestandteil dieses Rahmenvertrags ist die Preisvereinbarung (Anlage 2 des Rahmenvertrags). Hierdurch können die Krankenkassen durch den Abschluss von Sondervereinbarungen nach § 51 Abs. 2 PBefG Einfluss auf die wirtschaftliche Leistungserbringung nehmen. Ihre Einflussmöglichkeiten muss sie nicht zuletzt im Hinblick auf den Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V) und das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) auch wahrnehmen. Die Sondervereinbarungen sind daher sowohl sozialversicherungsrechtlich als personenbeförderungsrechtlich üblich und anerkannt (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. April 2007 L 5 KR 518/07 ER-B, juris; VG Schleswig-Holstein, Beschluss vom  20. Oktober 2006 3 B 120/06, juris).
19 
Die Aussetzung der Vollziehung wirkt nur in die Zukunft und ist deshalb insbesondere nicht geeignet, Säumniszuschläge zu beseitigen, die in der Zeit zwischen der Fälligkeit der festgesetzten Steuer und der Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung entstanden sind (BFH-Beschlüsse vom 23. Juni 1977 V B 41/73, BFHE 122, 258, BStBl II 1977, 645; vom 6. September 1989 II B 33/89, BFH/NV 1990, 670). Dazu bedarf es der in § 69 Abs. 2 und 3 FGO ebenfalls vorgesehenen Aufhebung der Vollziehung (BFH-Urteil vom 30. März 1993 VII R 37/92, BFH/NV 1994, 4; BFH-Beschluss vom 10. Dezember 1986 I B 121/86, BFHE 149, 6, BStBl II 1987, 389). Auch diese ist der Antragstellerin zu gewähren.
20 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Tenor

Abweichend von dem Bescheid über Umsatzsteuer vom 28.01.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.04.2011 wird die Umsatzsteuer für 2007 um … € auf … € herabgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob von der Klägerin gegenüber einer gesetzlichen Krankenkasse abgerechnete Krankenfahrten mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen und mit Taxen nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b des UmsatzsteuergesetzesUStG – steuerfrei bzw. nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung mit dem ermäßigten Steuersatz oder ob diese Fahrten mit dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG zu versteuern sind.

2

Die Klägerin ist eine im … von Ärzten gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Gegenstand ihres Unternehmens ist die logistische Unterstützung der Praxen im … . Am 26.09.2007 schloss sie mit der K (nachfolgend Krankenkasse) eine Vereinbarung über die Durchführung von Krankenfahrten zur Dialyse. Die als modellhaft bezeichnete Vereinbarung regelte die Koordination und Organisation sowie die Rechnungslegung und Vergütung von Fahrten nach § 60 des Sozialgesetzbuches – SGB – Fünftes Buch – V – (Krankenfahrten) in eine Gemeinschaftspraxis für … in … (vgl. § 1 Abs. 1 der Vereinbarung). Zweck der Vereinbarung war eine Optimierung der Krankenfahrten unter Beachtung des § 12 SGB V (Wirtschaftlichkeitsgebot) für Dialysepatienten unter anderem durch die Organisation von Gemeinschaftsfahrten (vgl. § 1 Abs. 2 der Vereinbarung). Die Vereinbarung sah vor, dass die Klägerin für die Koordination und Organisation der Fahraufträge mit geeigneten Taxi- oder Mietwagenunternehmen unter Berücksichtigung der in dieser Vereinbarung getroffenen Regelungen gesonderte Vereinbarungen für Serien- und Gemeinschaftsfahrten von Patienten der oben genannten Praxis zu Dialysebehandlungen schloss (vgl. § 2 Abs. 1 der Vereinbarung). Gemäß § 2 Abs. 2 der Vereinbarung gewährleistete die Klägerin, dass die Patientenfahrten nach den gesetzlichen und vertraglichen Qualitätsstandards erfolgen. § 2 Abs. 3 der Vereinbarung sah vor, dass die Klägerin die Durchführung der Serien- und Gemeinschaftsfahrten im Auftrag der durch den Abschluss einer Patiententransportvereinbarung beteiligten Unternehmen organisiert und dass die Organisation und Koordination der Serien- und Gemeinschaftsfahrten im Rahmen der Patiententransportvereinbarung durch die Erteilung von Fahraufträgen an die Unternehmer erfolgt. § 3 der Vereinbarung bestimmte die einzuhaltenden Qualitätskriterien näher. Er sah unter anderem vor, dass die Unternehmen die anfallenden Patientenfahrten erst nach Vorlage der auf den Namen der Krankenkasse vollständig ausgefüllten ärztlichen Verordnung einer Krankenbeförderung und nach vorheriger Genehmigung durchführen (Abs. 1), dass die Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes in der jeweils gültigen Fassung einzuhalten sind (Abs. 2) und dass die Unternehmen sicherstellen, dass die Fahrten zur Behandlung zeitlich so angetreten werden, dass ein termingerechter Behandlungstermin und eine termingerechte Rückfahrt gesichert sind (Abs. 3). § 4 Abs. 1 der Vereinbarung sah vor, dass der Klägerin die Krankenfahrten zur Dialyse, die im Rahmen dieses Vertrages durchgeführt werden, von der Krankenkasse pauschal pro Fahrt und Patient vergütet werden. Die Höhe der Pauschale hing von der Art und Weise der Beförderung ab (vgl. § 4 Abs. 2 bis 5 der Vereinbarung). Neben den hier geregelten Preisen durften keine zusätzlichen Beförderungsentgelte erhoben werden (vgl. § 4 Abs. 6 der Vereinbarung). Die Koordination und Organisation der Fahrten  erfolgte nach § 4 Abs. 7 dieser Vereinbarung durch die Klägerin und war für die Krankenkasse unentgeltlich. Die Vereinbarung vom 26.09.2007, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 15 bis 22 der Umsatzsteuerakte), trat am 01.10.2007 in Kraft (vgl. § 10 der Vereinbarung).

3

Vorbild für diese Vereinbarung war nach Auskunft der X ein Vertrag, der im Jahr 2006 zwischen der Krankenkasse und dem Y geschlossen worden war. Von der Krankenkasse seien – mit Ausnahme der Vergütungshöhe – sieben Verträge gleichen Inhalts geschlossen worden, davon einer mit einem Taxiunternehmen als Koordinator. Die Vertragsbedingungen seien von der Krankenkasse vorgegeben bzw. einheitliche Vertragsbedingungen von ihr – mit Ausnahme der Vergütung – durchgesetzt worden. Außerdem sei zeitgleich mit dem Vertrag mit der Klägerin eine Vereinbarung mit dem Z in Kraft getreten, die für alle Taxi- und Mietwagenunternehmer gelte, die diese Vereinbarung schriftlich anerkennen würden. Die vertraglichen Bedingungen (Qualitätskriterien), die für Taxi- und Mietwagenunternehmer gegolten hätten, die die mit dem Z geschlossene Vereinbarung anerkannt hätten, seien mit den Bedingungen (Qualitätskriterien) für Unternehmen, die einen Vertrag mit der Klägerin geschlossen hätten, zwar nicht identisch, aber aufgrund der gesetzlichen Vorgaben und der vertraglichen Qualitätsstandards (vgl. § 3 Abs. 1 bis 5 des Vertrages mit der Klägerin) – mit Ausnahme der auf Wunsch der Patienten vorzunehmenden Begleitung vom Fahrzeug bis zur Praxis bzw. umgekehrt (vgl. § 3 Abs. 6 des Vertrages mit der Klägerin) – im Wesentlichen vergleichbar gewesen. Allerdings habe sich die Höhe der mit der Klägerin vereinbarten Vergütung für Krankenfahrten zur Dialyse und die Höhe der Vergütung, die Taxi- und Mietwagenunternehmer, die den mit dem Z abgeschlossenen Vertrag anerkannt hätten, grundsätzlich unterschieden. Wegen der Einzelheiten wird auf die beiden Auskünfte der X vom 23.01.2015 und 05.02.2015 (Bl. 271, 272, 279 und 280 der Gerichtsakte) Bezug genommen.

4

Die Klägerin schloss ihrerseits Vereinbarungen über die Durchführung von Krankenfahrten zur Dialysebehandlung mit Beförderungsunternehmen ab, die eine Genehmigung für den Verkehr mit Taxen hatten. Während § 4 der zwischen der Klägerin und der Krankenkasse getroffenen Vereinbarung kilometerunabhängige Pauschalen je Fahrt und Versicherten vorsah, hing die zwischen der Klägerin und den Beförderungsunternehmen vereinbarte Vergütung auch von der gefahrenen Strecke ab (vgl. Bl. 23 bis 29 der Umsatzsteuerakte). Nach den Feststellungen der vom Beklagten durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung führten die privaten Taxiunternehmen die Krankentransporte mit dafür besonders hergerichteten Fahrzeugen und mit „normalen“ Taxen durch.

5

Die Taxiunternehmen rechneten die von ihnen durchgeführten Krankenfahrten entsprechend den mit der Klägerin vereinbarten Entgelten ab. Die Klägerin rechnete die durchgeführten Krankenfahrten wiederum gegenüber der Krankenkasse auf der Grundlage des mit ihr geschlossenen Vertrages ab. In ihrer Buchführung wies die Klägerin für die von der Krankenkasse vergüteten Krankenfahrten nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG steuerfreie Umsätze in Höhe von … € netto (Konto 08110) und mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernde Transporterlöse in Höhe von … € netto (Konto 08301) aus. Diese Beträge sind unstreitig. Eine vom Beklagten festgestellte Differenz zu den von der Klägerin vorgelegten Abrechnungen mit der Krankenkasse über … € (brutto) vermögen die Beteiligten nicht mehr aufzuklären. Die Klägerin ist damit einverstanden, dass aus Vereinfachungsgründen die sich aus ihrer Buchführung ergebenden (höheren) Nettoerlöse zu Grunde gelegt werden (Schriftsatz vom 16.07.2014). Zwischen den Beteiligten ist ebenfalls unstreitig, dass den auf dem Konto 08110 ausgewiesenen Nettoerlösen Beförderungen von kranken oder verletzten Personen mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen der Subunternehmer und dass den auf dem Konto 08301 ausgewiesenen Nettoerlösen Fahrten mit Taxen der Subunternehmer innerhalb der Grenzen des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b Doppelbuchstaben aa oder bb UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung zugrunde liegen.

6

In seinem Bericht über die bei der Klägerin durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat der Prüfer des Beklagten die Ansicht, dass die Klägerin gegenüber der Krankenkasse eine einheitliche Leistung (Koordination, Organisation, Rechnungslegung und Vergütung von Krankenfahrten) erbringe. Die Beförderungsleistungen (Krankenfahrten) seien keine selbständigen Leistungen, sondern Bestandteil einer Gesamtleistung, die der Regelbesteuerung unterliege, weil es an einem Befreiungstatbestand fehle und der ermäßigte Steuersatz nicht anzuwenden sei. Für die auf dem Konto 08110 ausgewiesenen Nettoerlöse ermittelte der Prüfer Mehrsteuern in Höhe von … € (… € x 19 %), für die auf dem Konto 08301 ausgewiesenen Nettoerlöse Mehrsteuern in Höhe von … € (rund … € x 12%).

7

Der Beklagte folgte den Feststellungen seines Prüfers und setzte die Umsatzsteuer für 2007 mit Bescheid vom 28.01.2009 entsprechend fest. Den hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Einspruch, mit dem die Klägerin daran festhielt, dass sie steuerfreie Krankenfahrten und steuerermäßigte Taxileistungen erbracht habe, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 13.04.2011 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin weder nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG steuerfreie noch nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG steuerermäßigte Umsätze ausgeführt habe. Nach diesen Vorschriften seien zwar die von den Taxiunternehmen ausgeführten Umsätze steuerfrei bzw. steuerermäßigt gewesen, nicht aber die der Klägerin, weil diese die Krankenfahrten nicht selbst ausgeführt habe. Für die Vermittlung der Krankenfahrten sehe das Gesetz keinen Befreiungstatbestand vor. Die Klägerin habe sich mit dem Rahmenvertrag gegenüber der Krankenkasse zur Beförderung ihrer Versicherten für ein festgelegtes Entgelt verpflichtet. Diese Leistungen habe sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gegenüber der Krankenkasse abgerechnet. Dass die Klägerin ihre Beförderungspflichten nicht selbst durchführe, sondern sich hierfür anderer Unternehmen als Subunternehmer bedient habe, sei vertraglich vorgesehen gewesen. Insofern habe die Klägerin wie eine Taxizentrale agiert. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Umsätze einer Taxizentrale komme indes nur in Betracht, wenn diese über eine eigene Taxikonzession verfüge. Über eine solche Konzession habe die Klägerin nicht verfügt. Da die Klägerin ihre Leistungen gegenüber der Krankenkasse nicht für fremde, sondern auf eigene Rechnung abgerechnet habe, liege auch kein Fall einer Dienstleistungskommission (§ 3 Abs. 11 UStG) vor. Die Klägerin könne sich für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen (§ 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG) auch nicht auf das Urteil des Bundesfinanzhofes – BFH – vom 18.01.1995 (XI R 71/93, BStBl II 1995, 559) berufen, weil sie – anders als die Klägerin in dem dortigen Verfahren – über keine eigenen Fahrzeuge verfügt und die Leistungen auch nicht selbst erbracht habe.

8

Die Klägerin hat am 05.05.2011 Klage erhoben.

9

Sie weist darauf hin, dass Hauptinhalt des von ihr mit der Krankenkasse abgeschlossenen Vertrages der Krankentransport sei. Die Klägerin sei dafür verantwortlich, dass kranke Menschen zur Dialyse gebracht würden. Die Koordinierung und Abrechnung der Fahrten sei nur eine unselbständige Nebenleistung.

10

Für die Steuerfreiheit der von ihr erbrachten Leistungen beruft sie sich auf die Gesetzesbegründung (Begründung zum Entwurf eines Umsatzsteuergesetzes 1979, BT-Drucksache 8/1779, Seite 34) und von ihr näher bezeichnete Rechtsprechung und Kommentarliteratur, nach der § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG weder verlange, dass die Beförderungen aufgrund von Beförderungsverträgen erbracht würden, noch dass der Empfänger der umsatzsteuerlichen Leistung und die beförderte Person identisch seien. Die Krankenfahrten, für die sie die Umsatzsteuerfreiheit begehre, seien mit für die Beförderung von kranken und verletzten Personen besonders eingerichteten Fahrzeugen durchgeführt worden. Abweichend von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe p der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art 132 Abs. 1 Buchstabe p der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) verlange § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG für die Steuerfreiheit keine „ordnungsgemäß anerkannte Einrichtung“. Die Steuerfreiheit könne auch nicht deshalb versagt werden, weil sie die Krankenfahrten nicht mit eigenen Fahrzeugen durchgeführt habe. § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG verlange nur, dass es sich um Leistungen handele, die ihrer Art nach die Beförderung von kranken und verletzten Personen mit besonders eingerichteten Fahrzeugen zum Gegenstand hätten.

11

Für die Steuerermäßigung der von ihr erbrachten Leistungen beruft sie sich auf eine Entscheidung des Finanzgerichts – FG – Baden-Württemberg vom 04.08.2009. Das Finanzgericht habe für einen vergleichbaren Fall entschieden, dass ernstlich zweifelhaft sei, ob von einem nicht personenbeförderungsberechtigten Unternehmer gegenüber Krankenkassen abgerechnete Krankenfahrten, die nicht von dem Unternehmer selbst, sondern von konzessionierten Taxiunternehmern erbracht würden, dem vollen Steuersatz unterlägen (FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009 1 V 1346/09, EFG 2010, 87). Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG enthalte keinen Hinweis auf die Notwendigkeit eines personenbezogenen Merkmals. Somit kämen nicht nur Taxiunternehmer sondern auch andere Personenbeförderer in den Genuss des ermäßigten Steuersatzes. Der Gesetzgeber habe die Steuerermäßigung für die Personenbeförderung von zwei objektiv an die Leistung anknüpfende Voraussetzungen – die Beförderungsart (Taxenverkehr) und die Beförderungstrecke (Nahverkehr oder nicht mehr als 50 km) abhängig gemacht. Auch aus der maßgeblichen Sicht des Letztverbrauchers spiele es keine Rolle, ob die von ihm in Anspruch genommene Beförderungsleistung auf einem Direkt- oder einem weiter vermittelten Auftrag beruhe. Außerdem beruft sich die Klägerin für die Steuerermäßigung auf die nunmehr ergangenen Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft – EuGH – vom 27.02.2014 (C-454/12 und C 455/12, juris) und des BFH vom 02.07.2014 (XI R 39/10, BFH/NV 2014, 2019). Hiernach sei der ermäßigte Steuersatz für Krankentransporte anzuwenden, die aufgrund einer auch für Taxiunternehmen geltenden Sondervereinbarung mit einer Krankenkasse erbracht würden.

12

Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 18.01.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.04.2011 aufzuheben und die Umsatzsteuer für das Jahr 2007 auf … € festzusetzen sowie
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

13

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

14

Er weist darauf hin, dass der von der Klägerin zitierte Beschluss des Finanzgerichts Baden-Württemberg in einem „AdV-Verfahren“ ergangen sei. Im Übrigen übersehe die Klägerin, dass im Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG zu überprüfen sei, ob ein begünstigter Taxenverkehr im Sinne des § 47 des PersonenbeförderungsgesetzesPBefG – vorliege. Da die Klägerin die für den Verkehr mit Taxen erforderliche Genehmigung nicht besitze, seien ihre Leistungen nicht steuerermäßigt. Im Übrigen nimmt er Bezug auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung und weist noch einmal darauf hin, dass die Klägerin die Leistungen nicht mit eigenen Fahrzeugen erbracht habe.

15

Das Verfahren hat aufgrund des Beschlusses des Berichterstatters vom 31.01.2014 bis zur Entscheidung in dem beim EuGH unter den Aktenzeichen C-454/12 und C-455/12 anhängig gewesenen Verfahren am 27.02.2014 geruht.

16

Dem Senat lagen je ein Band Umsatzsteuer- und Rechtsbehelfsakten des Beklagten vor.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Klage ist begründet.

18

I.) Der angefochtene Bescheid und die Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO).

19

Abweichend von den angefochtenen Bescheiden war die Umsatzsteuer für 2007 um … € auf … € herabzusetzen. Denn die von der Klägerin gegenüber der Krankenkasse abgerechneten Leistungen sind im Umfang der sich aus dem Konto 08110 ergebenden Nettoerlöse (… €) steuerfrei und im Umfang der sich aus dem Konto 08301 ergebenden Nettoerlöse (rund … €) nur mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern. Die Klägerin hat gegenüber der Krankenkasse im eigenen Namen und für eigene Rechnung einheitliche Leistungen – nämlich die Koordination, Organisation, Durchführung und Abrechnung von Krankenfahrten – erbracht, deren steuerliches Schicksal sich nach den von ihr dabei erbrachten Hauptleistungen – der Beförderung der Patienten zur Dialyseeinrichtung und zurück – richtet. Soweit diese Krankenfahrten mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen der Subunternehmer durchgeführt worden sind, sind auch die von der Klägerin gegenüber der Krankenkasse erbrachten Leistungen nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG steuerfrei. Soweit sie mit Taxen der Subunternehmer innerhalb der Grenzen des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b Doppelbuchstaben aa oder bb UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung durchgeführt worden sind, sind sie nur mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern.

20

1.) Da die Klägerin – wie sich aus den vorliegenden Verträgen und deren Durchführung ergibt – gegenüber ihren Vertragspartnern im eigenen Namen und für eigene Rechnung tätig geworden ist, liegt im Streitfall kein Fall einer Leistungskommission (§ 3 Abs. 11 UStG) vor (vgl. Finanzgericht – FG – Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009 1 V 1346/09, EFG 2010, 87; FG Münster, Urteil vom 17.06.2014 15 K 3100/09, EFG 2014, 1623). Die Klägerin hat mit der Koordination, Organisation, Durchführung und Abrechnung der Krankenfahrten vielmehr auf eigene Rechnung Leistungen ausgeführt, deren steuerliches Schicksal sich nach der dabei jeweils erbrachten Hauptleistung – der Beförderung der Patienten zur Dialyseeinrichtung und zurück – richtet.

21

a.) In der Regel ist jeder Umsatz als eigenständige, selbstständige Leistung zu betrachten. Allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb sind die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Unternehmer dem Leistungsempfänger mehrere selbständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn eine oder mehrere Einzelleistungen eine Hauptleistung und die andere Einzelleistung oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebentätigkeiten bilden, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen, wobei eine Leistung als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen ist, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Das Gleiche gilt, wenn der Unternehmer für den Leistungsempfänger zwei oder mehrere Handlungen vornimmt, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl. BFH-Urteil vom 30.06.2011 V R 44/10, BStBl II 2011, 1003; BFH-Urteil vom 08.08.2013 V R 13/12, BFH/NV 2014, 123).

22

b.) Gemäß § 1 („Gegenstand der Vereinbarung“) Abs. 1 der zwischen der Klägerin und der Krankenkasse am 26.09.2007 geschlossenen Vereinbarung regelt diese die Koordination und Organisation sowie die Rechnungsstellung und Vergütung von Krankenfahrten. Zwar wird die Beförderung der Patienten in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung nicht ausdrücklich erwähnt. Dass auch – und gerade diese – Gegenstand der von der Klägerin ausgeführten Leistungen war, ergibt sich indes zwanglos aus der unter § 4 getroffenen Vergütungsregelung. Hiernach hat die Klägerin die Vergütung für die Krankenfahrten erhalten. Die Koordination und Organisation der Krankenfahrten durch die Klägerin ist demgegenüber für die Krankenkasse unentgeltlich gewesen. So ist die Vereinbarung zwischen den Vertragspartnern auch durchgeführt worden. Dass Gegenstand der Vereinbarung vom 26.09.2007 auch die Beförderung der Patienten war, lässt sich zudem der zwischen der Klägerin und der Krankenkasse im März 2009 geschlossenen Folgevereinbarung entnehmen. Diese Vereinbarung, die die bis dahin bestehende Vereinbarung nach ihrem § 10 Abs. 1 Satz 2 „präzisiert“ hat, hat schon in § 1 Abs. 1 bestimmt, dass Gegenstand der Vereinbarung „die Krankenfahrten zur Dialysebehandlung sowie deren Rechnungsstellung und Vergütung“ sind.

23

Die Klägerin hat die Koordination, Organisation, Durchführung und Abrechnung der Krankenfahrten gegenüber der Krankenkasse auch als einheitliche Leistung ausgeführt. Zum einen sind diese Tätigkeiten so eng miteinander verbunden, dass ihre Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Zum anderen handelt es sich bei der Koordination, Organisation und Abrechnung der Krankenfahrten um Nebenleistungen, die nur dazu bestimmt sind, die Hauptleistung – die Beförderung der bei der Krankenkasse versicherten Person zur Dialyseeinrichtung – unter optimalen Bedingungen, insbesondere kostengünstig, durchzuführen. Das legt auch die Präambel der Vereinbarung vom 26.09.2007 nahe. Hiernach sollte „mit der Beförderung der Patienten im Wege von Fahrgemeinschaften eine deutliche Reduzierung der entstehenden Fahrtkosten erreicht werden“.

24

In diesem Zusammenhang ist die Beförderung der Patienten zur Dialyseeinrichtung die Hauptleistung, deren Koordination, Organisation und Abrechnung indes nur (unselbständige) Nebenleistung gewesen. Denn Kern und charakteristisches Merkmal der einheitlichen Gesamtleistung ist die Beförderung der bei der Krankenkasse versicherten Personen zur Dialyseeinrichtung gewesen. Hierfür entstehende Kosten hätte die Krankenkasse auch ohne die mit der Klägerin geschlossene Vereinbarung nach § 60 SGB V zu übernehmen. Demzufolge hat sie der Klägerin auch nur für die Krankenfahrten, nicht aber – wie sich aus § 4 Abs. 7 der Vereinbarung vom 26.09.2007 ergibt – für deren Koordination und Organisation das vereinbarte Entgelt bezahlt.

25

2.) Vor diesem Hintergrund sind die über das Konto 08110 abgerechneten Nettoerlöse nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG steuerfrei. Denn diesen Umsatzerlösen lag die Beförderung von kranken Personen mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen der Subunternehmer zu Grunde. Das ist in tatsächlicher Hinsicht zwischen den Beteiligten unstreitig. Soweit der Beklagte die Rechtsauffassung vertritt, die Beförderungsleistungen seien nicht steuerfrei, weil die Klägerin sie nicht mit eigenen Fahrzeugen, sondern mithilfe ihrer Subunternehmer ausgeführt habe, folgt der Senat dem nicht.

26

a.) Nach dem Wortlaut des § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG hängt die Steuerfreiheit allein vom gesundheitlichen Zustand der beförderten Person („Beförderung von kranken und verletzten Personen“) und der Einrichtung des hierfür benutzten Fahrzeuges („mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind“) ab. Dass der Unternehmer – im Streitfall die Klägerin – die kranken Personen mit „eigenen“ Fahrzeugen befördern muss und sich insoweit der Hilfe von Subunternehmern nicht bedienen darf, lässt sich dem Wortlaut des Gesetzes nicht entnehmen.

27

b.) Für eine solche Einschränkung geben auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift und ihr Sinn und Zweck nichts her. Mit der Einführung der Steuerbefreiung für Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen wollte der Gesetzgeber das private Krankentransportgewerbe von der Umsatzsteuer freistellen und hierdurch eine Gleichstellung mit der öffentlichen Hand, den Krankenhäusern und den Wohlfahrtsverbänden erreichen, die mit ihren Krankenbeförderungen bereits von der Umsatzsteuer befreit waren (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Umsatzsteuergesetz 1979, BT-Drucksache 8/1779, Seite 35). Darüber hinaus entlastet die Steuerfreiheit nach dieser Vorschrift – wie auch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG – die gesetzlichen Krankenkassen, die letztlich die Kosten für die Beförderungsleistungen zu tragen haben. Anzunehmen, der Gesetzgeber habe die Beförderung von kranken und verletzten Personen mit hierzu besonders eingerichteten Fahrzeugen nicht von der Umsatzsteuer befreien wollen, wenn der Vertragspartner der Krankenkasse – im Streitfall die Klägerin – sich für die Ausführung ihrer Leistungen Subunternehmer bedient, wäre widersinnig.

28

c.) Der Beklagte kann sich für seine Rechtsauffassung auch nicht auf die unionsrechtlichen Grundlagen des Umsatzsteuergesetzes berufen. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG beruht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe p der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art 132 Abs. 1 Buchstabe p der im Streitjahr bereits geltenden Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie. Hiernach befreien die Mitgliedstaaten die von ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen durchgeführte Beförderung von kranken und verletzten Personen in dafür besonders eingerichteten Fahrzeugen von der Umsatzsteuer. Auch der Richtlinie lässt sich nicht entnehmen, dass der Unternehmer die Beförderungsleistungen mit eigenen Fahrzeugen durchführen muss. § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG verlangt nur – ebenso wie Art. 13 Teil A Buchstabe p der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchstabe p der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) – dass es sich bei den sonstigen Leistungen um Tätigkeiten handelt, die ihrer Art nach die Beförderung von kranken und verletzten Personen mit besonders eingerichteten Fahrzeugen zum Gegenstand haben (vgl. BFH-Urteil vom 18.01.1995 XI R 71/93, BStBl II 1995, 559).

29

d.) Unerheblich ist auch, dass der Empfänger der Beförderungsleistungen – dies ist im Streitfall die Krankenkasse – und die beförderten Personen nicht identisch gewesen sind. Denn das Gesetz verlangt weder, dass die Beförderungen aufgrund von Beförderungsverträgen erbracht werden, noch dass der Empfänger der umsatzsteuerlichen Leistung und die beförderte Person identisch sind (vgl. BFH-Urteil vom 18.01.1995 XI R 71/93, BStBl II 1995, 559). Soweit ersichtlich hat der Bundesfinanzhof bisher auch im Übrigen keine über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehenden Anforderungen an die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG gestellt (vgl. BFH-Urteil vom 18.01.1995 XI R 71/93, BStBl II 1995, 559; BFH-Urteil vom 12.08.2004 V R 45/03, BStBl II 2005, 314).

30

e.) Soweit Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe p der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art 132 Abs. 1 Buchstabe p der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) die Steuerbefreiung davon abhängig macht, dass die Beförderungsleistungen von „von ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen“ erbracht werden, hat der Gesetzgeber diese Voraussetzung nicht in den Tatbestand des § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG übernommen (vgl. auch Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 17 UStG Rn. 11). Befreit sind alle Unternehmen, die Umsätze der in § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG genannten Art ausführen (vgl. Krauesel in Reiß/Kraeusel/Langer, Umsatzsteuergesetz, § 17 UStG Rn. 17). Da der Wortlaut des § 4 Nr. 17 UStG eindeutig ist, lässt sich sein Anwendungsbereich nicht durch eine richtlinienkonforme Auslegung einschränken. Eine Auslegung gegen den Wortlaut und Wortsinn des Gesetzestextes ist nicht möglich (vgl. zu letzterem BFH-Beschluss vom 10.07.2012 XI R 22/10, BStBl II 2013, 291). Für den Fall eines Umsetzungsdefizits könnte sich der Beklagte auch nicht zu Lasten der Klägerin auf einen Anwendungsvorrang der Richtlinie berufen (vgl. hierzu allgemein Robisch in Bunjes, Umsatzsteuergesetz, 11. Auflage, Vor § 1 UStG Rn. 9, 10).

31

Davon abgesehen erfüllt die Klägerin die Voraussetzung einer „ordnungsgemäß anerkannten Einrichtung“ im Sinne der vorstehenden Richtlinienbestimmungen. Wenn es im Anwendungsbereich des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstaben g und h der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchstaben g und h der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) für die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter ausreicht, dass die Kosten für die dort beschriebenen (steuerfreien) Leistungen von einer Krankenkasse oder anderen Einrichtung der sozialen Sicherheit übernommen werden (vgl. dazu BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06, BStBl II 2008, 634; BFH-Urteil vom 08.08.2013 V R 8/12, BFH/NV 2014, 119), muss es auch im Anwendungsbereich von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe p der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchstabe p der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) genügen, wenn die Beförderungsleistungen auf der Grundlage einer zwischen der Klägerin und einer gesetzlichen Krankenkasse getroffenen Vereinbarung ausgeführt und von dieser – wie im Streitfall – vergütet werden.

32

3.) Die über das Konto 08301 abgerechneten Nettoerlöse sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b Doppelbuchstaben aa und bb UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung nur mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern. Hiernach ermäßigt sich die Steuer für die Beförderung von Personen im Schienenbahnverkehr mit Ausnahme der Bergbahnen, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen und die Beförderungen im Fährverkehr innerhalb einer Gemeinde oder wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt, auf sieben Prozent.

33

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass den auf dem Konto 08301 ausgewiesenen Nettoerlösen Fahrten mit Taxen innerhalb der Grenzen des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b Doppelbuchstaben aa oder bb UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung zugrunde liegen. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten scheitert die Steuerermäßigung nach dieser Vorschrift nicht daran, dass die Klägerin diese Krankenfahrten mit Hilfe der von ihr beauftragten Subunternehmer ausgeführt hat und dass nur diese – nicht aber die Klägerin – eine Genehmigung für den Verkehr mit Taxen nach dem Personenbeförderungsgesetz – PBefG – besitzen (vgl. auch FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009, 1 V 1346/09, EFG 2010, 87; FG Münster, Urteil vom 17.06.2014 15 K 3100/09, EFG 2014, 1623). Das folgt aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des Gesetzes sowie dessen richtlinienkonformer Auslegung.

34

a.) Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG zwingt nicht zu der Annahme, dass der leistende Unternehmer die Beförderungsleistungen mit eigenen Taxen ausführen und selbst die Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzen muss. Das Gesetz knüpft die Steuerermäßigung lediglich an zwei Voraussetzungen: die Beförderungsart („Beförderung von Personen … im Verkehr mit Taxen“) und die Beförderungsstrecke (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009 1 V 1346/09, EFG 2010, 87; FG Münster – Urteil vom 17.06.2014, 15 K 3100/09, EFG 2014, 1623). Beide Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.

35

b.) Zwar ist bei der Auslegung zu beachten, dass der Gesetzgeber mit den in § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG verwendeten Begriffen an deren verkehrsrechtliche Bedeutung nach dem Personenbeförderungsgesetz angeknüpft hat (vgl. BFH-Urteil vom 30.06.2011 V R 44/10, BStBl II 2011, 1003). Mit Wirkung vom 19.12.2006 wurde der – bis dahin verwendete – Begriff „Kraftdroschkenverkehr“ durch die Wörter „Verkehr mit Taxen“ ersetzt (Art. 7 Nr. 5 Buchstabe b des Jahressteuergesetzes 2007). Dabei handelte es sich lediglich um eine redaktionelle Änderung, da die Verwendung des Begriffs „Kraftdroschke“ bei Einführung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG in Anlehnung an das Personenbeförderungsgesetz erfolgte und in diesem Gesetz der Begriff „Kraftdroschke“ zwischenzeitlich durch den Begriff „Taxen“ ersetzt worden war (vgl. den Gesetzentwurf des Bundesregierung zum Jahressteuergesetz 2007, BT-Drucksache 16/2712, Seite 75; BFH-Urteil vom 02.07.2014, XI R 39/10, BFH/NV 2014, 2019). Auch damit lässt sich § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG aber nicht entnehmen, dass die Steuerermäßigung für die Beförderung von Personen im Verkehr mit Taxen von personenbezogenen Merkmalen abhängig ist (vgl. auch FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009 1 V 1346/09, EFG 2010, 87; FG Münster – Urteil vom 17.06.2014, 15 K 3100/09, EFG 2014, 1623) oder voraussetzt, dass der Unternehmer die Beförderung mit „eigenen“ Taxen durchführt. Denn das Personenbeförderungsgesetz versteht unter dem Verkehr mit Taxen die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen bereithält und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführt. Der Unternehmer kann Beförderungsaufträge auch während einer Fahrt oder am Betriebssitz entgegennehmen (vgl. § 47 Abs. 1 PBefG).

36

Anders als für die ebenfalls begünstigte Beförderung von Personen „im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen“, mit der § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG für diese in §§ 42, 43 PBefG näher bestimmte Beförderungsart auch deren Genehmigungserfordernis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PBefG in Bezug nimmt, fehlt ein entsprechender Zusatz für den nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 (in Verbindung mit §§ 46 Abs. 2 Nr. 1, 47 PBefG) genehmigungsbedürftigen Verkehr mit Taxen. Das Adjektiv („genehmigt“) beschreibt nach seiner Stellung in § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG allein den „Linienverkehr“ näher, nicht aber den Verkehr mit Taxen. Gleiches gilt für die vorangegangene Fassung des Gesetzes, nach der sich die Steuer (unter anderem) für die Beförderung von Personen „im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen“ und  „im Kraftdroschkenverkehr“ ermäßigte.

37

c.) Der Sinn und Zweck des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG legen es nahe, den ermäßigten Steuersatz auch dann anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer zwar nicht selbst über die Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz verfügt, die Patienten jedoch – wie im Streitfall – auf der Grundlage einer mit einer gesetzlichen Krankenkasse getroffenen Vereinbarung mit Taxen innerhalb der Grenzen der Doppelbuchstaben aa) oder bb) befördert werden und zumindest die beauftragten Subunternehmer die erforderliche Genehmigung für den Verkehr mit Taxen besitzen.

38

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Umsatzsteuergesetz aus der vierten Wahlperiode (BT-Drucksache IV/1590, Seite 8) und der Entwurf eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) aus der fünften Wahlperiode (BT-Drucksache V/48, Seite 8), sahen ursprünglich keinen ermäßigten Steuersatz für die – bis dahin weitgehend begünstigten – Beförderungen von Personen im Nahverkehr vor. Der Finanzausschuss des Bundestages hielt jedoch eine Sonderregelung auch im neuen Umsatzsteuerrecht für geboten. Nach seiner Ansicht sollte der ermäßigte Steuersatz auch für die Personenbeförderung im Nahverkehr gelten, um die bisherige beförderungsrechtliche Begünstigung der Sozialverkehre beibehalten zu können und Tariferhöhungen in diesem Bereich bzw. – soweit solche Erhöhungen politisch nicht durchsetzbar seien – um weitere Subventionen der Verkehrsträger zu vermeiden (vgl. den Schriftlichen Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) zu BT-Drucksache V/1581, Seite 4). Die Ansicht des Finanzausschusses hat sich in der Regelung des § 12 Abs. 2 UStG durchgesetzt. § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG dient damit auch – wenn auch nicht ausschließlich (vgl. BFH-Urteil vom 30.06.2011 V R 44/10, BStBl II 2011, 1003) – sozialen Zwecken (vgl. Heidner in Bunjes, Umsatzsteuergesetz, 11. Auflage, § 12 UStG Rn. 193). Daneben hat der Gesetzgeber – um die sozialen Sicherungssysteme zu entlasten – in weiteren Vorschriften seinen Willen zum Ausdruck gebracht, Leistungen, deren Kosten von gesetzlichen Krankenkassen oder anderen Trägern der sozialen Sicherung getragen werden müssen, umsatzsteuerrechtlich zu begünstigen (vgl. beispielsweise die Steuerbefreiungen in § 4 Nr. 14, 15, 16 und 17 UStG). Vor diesem Hintergrund wäre es widersinnig, die Beförderung kranker Personen dem Regelsteuersatz zu unterwerfen, nur weil der leistende Unternehmer sich bei der Ausführung seiner Beförderungsleistung konzessionierter Taxiunternehmer bedient, aber nicht selbst über eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz verfügt, wenn dessen Einschaltung in die Leistungskette gerade deshalb erfolgt, um die von der gesetzlichen Krankenkasse zu tragenden Fahrtkosten zu reduzieren. Das war – wie sich aus der Präambel der zwischen der Klägerin und der Krankenkasse im September 2007 geschlossen Vereinbarung ergibt – das Ziel der gewählten Konstruktion.

39

d.) Ein solches Verständnis von § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG gebietet auch dessen richtlinienkonforme Auslegung. Unionsrechtliche Grundlage für diese Steuerermäßigung ist Art. 12 Abs. 3 Buchstabe a Unterabsatz 3 der Richtlinie 77/388/EWG in Verbindung mit deren Anhang H Kategorie 5 und Art 98 Abs. 1 der im Streitjahr bereites geltenden Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie in Verbindung mit deren Anhang III Ziffer 5. Hiernach können die Mitgliedstaaten für die „Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks“ einen ermäßigten Steuersatz anwenden. Diese Voraussetzungen erfüllen die von der Klägerin erbrachten Beförderungsleistungen zweifelsohne.

40

aa.) Zwar zwingen der Wortlaut des Art. 12 Abs. 3 Buchstabe a Unterabsatz 3 der Richtlinie 77/388/EWG und der des Art. 98 Abs. 1 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie nicht zu der Auslegung, dass der ermäßigte Steuersatz nur dann angewandt werden kann, wenn er sich auf alle Aspekte einer Kategorie von Leistungen im Sinne des Anhangs H bzw. III dieser Richtlinie bezieht, so dass eine selektive Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht ausgeschlossen ist, sofern sie keine Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung nach sich zieht. Daher haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, konkrete und spezifische Aspekte einer Kategorie von Leistungen im Sinne des Anhanges H der Richtlinie 77/388/EWG und des Anhangs III der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie mit einem ermäßigten Steuersatz zu belegen. Die selektive Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes unterliegt indes der zweifachen Bedingung, dass zum einen für die Zwecke der Anwendung des ermäßigten Satzes nur konkrete und spezifische Aspekte der in Rede stehenden Kategorie von Leistungen herausgelöst werden und zum anderen der Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird (vgl. EuGH-Urteil vom 27.02.2014 C-454/12, juris).

41

Die Beförderung von Personen im Nahverkehr mit Taxen ist ein konkreter und spezifischer Aspekt der im Anhang H der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Anhang III der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie beschriebenen „Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks“. Denn die Taxiunternehmer gelten in vollem Umfang als Erbringer einer öffentlichen Dienstleistung der Beförderung von Personen, deren Tätigkeit von der Erteilung einer Genehmigung durch die zuständige Behörde abhängig ist und erheblichen weiteren Verpflichtungen unterliegt. Dazu gehört unter anderem, dass sie ihre Tätigkeit entsprechend den öffentlichen Verkehrsinteressen aufrechterhalten (§ 21 PBefG), ihrer Beförderungspflicht im Sinne von § 22 PBefG nachkommen und die festgesetzten Beförderungsentgelte beachten (§ 47 Abs. 4 und 51 Abs. 1 PBefG; vgl. BFH-Urteil vom 02.07.2014 XI R 39/10, BFH/NV 2014, 2019). Ein rechtlicher Rahmen, der Taxiunternehmer – im Unterschied zu Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung – zwingt, Beförderungsleistungen unter Übernahme einer Betriebspflicht zu erbringen, und ihnen verbietet, eine Beförderung in Erwartung insbesondere einer profitableren Fahrt abzulehnen oder Situationen gewinnbringend zu nutzen, in denen sie ein vom offiziellen Tarif abweichendes Beförderungsentgelt verlangen könnten, ist geeignet, unterschiedliche Leistungen zu kennzeichnen (vgl. EuGH-Urteil vom 27.02.2014 C-454/12, juris).

42

Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität lässt es nicht zu, gleichartige und deshalb miteinander im Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln. Dienstleistungen sind gleichartig, wenn sie – aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers – ähnliche Eigenschaften haben und beim Verbraucher nach Maßgabe eines Kriteriums der Vergleichbarkeit in der Verwendung denselben Bedürfnissen dienen und wenn die bestehenden Unterschiede die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers, die eine oder andere Dienstleistung zu wählen, nicht erheblich beeinflussen. Dabei kommt es nicht allein auf die Gegenüberstellung einzelner Leistungen an, sondern ist der Kontext zu berücksichtigen. Zu einer Unterscheidbarkeit können unter Berücksichtigung der jeweiligen Wirtschaftszweige in Ausnahmefällen auch Unterschiede im rechtlichen Rahmen und in der rechtlichen Regelung der betreffenden Dienstleistungen führen (vgl. EuGH-Urteil vom 27.02.2014 C-454/12, juris).

43

Vor diesem Hintergrund sind Personenbeförderungsleistungen, die auf der Grundlage einer für Taxiunternehmen und Mietwagenunternehmen gleichermaßen geltenden Sondervereinbarung mit einer Krankenkasse ausgeführt werden, gleich zu besteuern, wenn die Beförderung der Personen mit einem Taxi keinen konkreten und spezifischen Aspekt der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks darstellt und wenn die im Rahmen dieser Vereinbarung durchgeführten Tätigkeiten aus der Sicht des durchschnittlichen Nutzers als gleichartig anzusehen sind (vgl. EuGH-Urteil vom 27.02.2014 C-454/12, juris; BFH-Urteil vom 02.07.2014 XI R 39/10, BFH/NV 2014, 2019).

44

bb.) Vorliegend hat die Klägerin ihre Leistungen zwar nicht auf der Grundlage einer gleichermaßen auch für Taxiunternehmer geltenden Sondervereinbarung mit der Krankenkasse ausgeführt. Der zwischen ihr und der Krankenkasse geschlossene Vertrag nahm keinen Bezug auf die zeitgleich in Kraft getretene Vereinbarung zwischen der Krankenkasse und dem Z. Gleichwohl haben die zwischen der Klägerin und der Krankenkasse vereinbarten Regelungen zu Folge, dass die von ihr mit Taxen ihrer Subunternehmer ausgeführten Personenbeförderungsleistungen sich von vergleichbaren Personenbeförderungsleistungen von Taxiunternehmen nicht mehr in seiner solchen Weise unterscheiden, dass diese sich gegenüber den von  der Klägerin ausgeführten Leistungen noch als konkreter und spezifischer Aspekt der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks abgrenzen lassen.

45

Denn die zwischen der Klägerin und der Krankenkasse getroffenen Vereinbarungen kommen in Bezug auf die Beförderung der Patienten einer Betriebs- und Beförderungspflicht gleich. Nach dem zwischen ihr und der Krankenkasse geschlossenen Vertrag hatte die Klägerin zu gewährleisten, dass die Patientenfahrten nach den gesetzlichen und vertraglichen Qualitätsstandards erfolgen. Die vertraglich vereinbarten Qualitätskriterien sahen neben der Einhaltung der Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes vor, dass die Fahrten zur Behandlung zeitlich so angetreten werden, dass ein termingerechter Behandlungstermin und eine termingerechte Rückfahrt gesichert sind.

46

Zwar galten für die Klägerin nicht die in Gebührenordnungen für Taxiunternehmer geregelten Beförderungsentgelte und wichen die zwischen ihr und der Krankenkasse vereinbarten Pauschalen für die Beförderung der Patienten von den zwischen der Krankenkasse und dem Z vereinbarten Beträgen ab. Da die Klägerin jedoch – neben den vereinbarten Pauschalen – keine weiteren Beförderungsentgelte erheben durfte und die gesetzliche Krankenklasse sowohl beim Abschluss des Vertrages mit der Klägerin als auch bei Abschluss der Vereinbarung mit dem Z aufgrund der für sie geltenden Vorgaben in § 133 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 SGB V den Grundsatz der Beitragsstabilität (§ 71 Abs. 1 Satz 1 SGB V) zu beachten hatte, die Beförderungsentgelte also nicht dem freien Spiel des Marktes, sondern einschränkenden gesetzlichen Vorgaben unterworfen waren, rechtfertigen die unterschiedlichen Pauschalen allein nicht mehr, die von der Klägerin mit den Taxen ihrer Subunternehmer ausgeführten Beförderungsleistungen aus dem Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG auszunehmen.

47

Vor diesem Hintergrund sind die von der Klägerin mit Taxen ihrer Subunternehmer ausgeführten Beförderungsleistungen schließlich mit von Taxiunternehmern selbst ausgeführten Patientenfahrten gleichartig. Aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers dienen beide der Befriedigung desselben Bedürfnisses. Beide haben die – kostenmäßig von der gesetzlichen Krankenkasse zu tragende (vgl. § 60 SGB V) – Beförderung von Patienten zu medizinischen Einrichtungen zum Gegenstand. Ob die Beförderungsleistung von einem Taxiunternehmer selbst oder von einem Unternehmer ausgeführt wird, der nicht selbst eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzt und die Fahrten mithilfe von Subunternehmern ausführt, macht aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers keinen erheblichen Unterschied mehr, wenn die Krankenfahrten – wie im Streitfall – mit Taxen von Subunternehmern ausgeführt werden, die eine entsprechende Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzen, die Abrechnung dieser Fahrten auf der Grundlage einer mit einer gesetzlichen Krankenkasse getroffenen Vereinbarung beruht und daher den einschränkenden Regelungen der §§ 71, 133 SGB V unterworfen ist.

48

II.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären.

49

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 FGO und der entsprechenden Anwendung von §§ 708 Nr. 10, 711 der ZivilprozessordnungZPO.

50

Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 1. Alternative FGO zugelassen. Die Frage, ob gegenüber einer gesetzlichen Krankenkasse abgerechnete Krankentransporte mit Taxen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unterliegen, wenn der leistende Unternehmer selbst keine Genehmigung für den Verkehr mit Taxen hat, die Fahrten aber von seinen Subunternehmen durchgeführt werden, die eine solche Genehmigung besitzen, hat grundsätzliche Bedeutung. Der Senat hält insoweit auch eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes zur Fortbildung des Rechts für erforderlich.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die von der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) ausgeführten Stadtrundfahrten im Streitjahr 2007 dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen.

2

Die Klägerin nimmt für Touristen mit Kraftomnibussen Stadtrundfahrten in X und Umgebung vor. Sie bedient vier Linien.

3

Die Linie 1 führt vom Ausgangspunkt über 22 Haltestellen zurück. Die Fahrgäste können an den Haltestellen ein- und aussteigen und ggf. einen späteren Bus zur Weiterfahrt nutzen. Der Fahrgast erhält über Bandansage Informationen zu den Sehenswürdigkeiten, die an der Fahrstrecke gelegen sind. Die Klägerin erhob im Streitjahr 2007 für die Gesamtfahrt auf der Linie 1 ein Entgelt von 18 €, das auch zur Teilnahme an Führungen berechtigt. Das Angebot, an geführten Besichtigungen teilzunehmen, nahmen nur ca. 14 % der Fahrgäste wahr. Abendfahrten in der Zeit von 18:00 Uhr bis 22:00 Uhr, die ohne Führungen angeboten werden, kosteten 12 €.

4

Der Linienverkehr der Linie 1 ist durch das Regierungspräsidium mit Bescheid vom 14. Juli 2006 nach § 42 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) genehmigt worden. Die Genehmigung legt die Haltestellen, die Abfahrzeiten und das Entgelt (für die Gesamtfahrt 18 €, für eine Teilstrecke 3 €) fest.

5

Die Genehmigungen der Linien 2 bis 4 (vom 9. November 2001 und am 17. Januar 2005 für die Linie 2, sowie vom 5. April 2001 für die Linien 3 und 4) beruhen auf § 43 PBefG. Sie bestimmen zwar die Linienführung, enthalten aber keine Vorschriften zu Beförderungsentgelten oder einen Fahrplan. Im Laufe des Jahres 2008 wurden vom Regierungspräsidium für diese Linien neue Genehmigungen auf der Grundlage des § 42 PBefG erteilt und neben der Fahrstrecke auch Abfahrzeiten und Entgelte vorgeschrieben. Die von der Klägerin im Jahre 2007 erhobenen Entgelte entsprechen der Höhe nach den in der Genehmigung im Jahr 2008 erwähnten Entgelten.

6

In ihren monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen für 2007 erklärte die Klägerin die Umsätze aus den Stadtrundfahrten mit dem ermäßigten Steuersatz. Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, die streitigen Umsätze unterlägen der Regelbesteuerung und erließ entsprechend geänderte Vorauszahlungsbescheide. Während des Einspruchsverfahrens, am 23. Juni 2009, erging der Umsatzsteuerjahresbescheid für 2007, der in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 28. September 2009 von Beförderungsentgelten in Höhe von 3.288.834 € ausgeht und die Umsatzsteuer nach dem Regelsteuersatz von 19 % auf 399.300 € festsetzt.

7

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit der Begründung statt, die Klägerin habe eine einheitlich als Personenbeförderung zu beurteilende Leistung erbracht, die nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % unterliege. Auf den Zweck der Beförderung komme es für den Begriff der Personenbeförderung nicht an. Zu Unrecht sei das FA der Auffassung, die Leistung der Klägerin sei keine "Personenbeförderung mit Kraftfahrzeugen im genehmigten Linienverkehr", sondern eine Leistung eigener Art, bei der es dem Kunden auf eine Kombination aus Führungen, Museumseintritten und Beförderung ankomme, ohne dass den einzelnen Aspekten dieser Leistung eine selbständige Bedeutung oder gar der Beförderung die Hauptbedeutung zukomme; denn in dem Entgelt, das die Klägerin im Streitjahr für die Beförderung erhoben habe, sei kein Eintrittsgeld für Museen oder etwaiges Entgelt für die Teilnahme an Führungen enthalten; die Klägerin habe nur Fahrpreise in der Höhe verlangt, wie sie in den (für die Linie 1 im Streitjahr und für die Linien 2 bis 4 im Jahr 2008 erteilten) Genehmigungen als Linienverkehr festgelegt seien. Der Kunde bezahle also im Wesentlichen für die Beförderung. Dass er durch die Vorbeifahrt an Sehenswürdigkeiten, erläuternde Bandansagen und die Möglichkeit, an Führungen teilzunehmen, Vergnügen empfinde, mache die Beförderungsfahrt nicht zu einer anderen Leistung, da ihr Zweck unerheblich sei.

8

Mit der Revision macht das FA geltend, die Umsätze der Klägerin unterlägen dem Regelsteuersatz, weil die durchgeführten Stadtrundfahrten keine Personenbeförderung im Linienverkehr, sondern eine sonstige Leistung eigener Art darstellten. Dies ergebe sich aus den Feststellungen des FG, wonach die Teilnehmer der Stadtrundfahrten überwiegend Touristen waren, während der Fahrt Bandansagen zu den Sehenswürdigkeiten erfolgten und die Teilnahme an Führungen im Entgelt enthalten sei. Für die Leistung der Klägerin sei das gemeinsame "Sightseeing" prägend. Es fehle zudem an der weiteren Voraussetzung einer Beförderung im Linienverkehr, weil es sich bei den Teilnehmern der Stadtrundfahrt nicht um einen unbestimmten Teilnehmerkreis gemäß § 42 PBefG gehandelt habe. Zwar sei der Klägerin für die Stadtrundfahrten tatsächlich eine Genehmigung für die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen im Linienverkehr erteilt worden. Dies sei jedoch unerheblich, da es gemäß § 38 der Abgabenordnung (AO) nur auf die tatsächlichen Gegebenheiten ankomme. Die Genehmigung sei zudem nach § 44 Abs. 2 Nr.4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) nichtig, weil die Genehmigung keine Aussage zu den Bandansagen während der Fahrt enthielten, diese deshalb nicht genehmigt seien und sich hierdurch der Charakter der Fahrten verändert habe. Auch handele es sich nach verwaltungsrechtlicher Rechtsprechung bei Stadtrundfahrten nicht um Linienverkehr i.S. des § 42 PBefG, sondern um Ausflugsverkehr und damit um Gelegenheitsverkehr i.S. des § 48 PBefG. Ein nichtiger Verwaltungsakt binde die Finanzverwaltung nicht. Die Einbeziehung eines Freizeit- und Tourismusverkehrs bei Stadtrundfahrten widerspreche auch dem historischen Normzweck, aus sozialen Gründen die Fahrpreise günstig zu halten. Von der Begünstigung seien Verkehrsmittel, die --wie die Bergbahnen-- touristischen Zwecken dienten, jedenfalls bis zum Streitjahr 2007 ausgenommen worden. Auch die Einbeziehung der Bergbahnen in die Begünstigung ab dem 1. Januar 2008 sei nach der Gesetzesbegründung "aus sozialen Gründen" erfolgt.

9

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.

10

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

11

Sie ist der Auffassung, sie habe eine Beförderungsleistung erbracht, denn auch die Durchführung von Stadtrundfahrten sei eine der Raumüberwindung dienende Tätigkeit. Diese zum Beförderungsgesetz a.F. entwickelte Definition (Beförderung als Raumüberwindung) gelte auch für das UStG fort. Der Zweck der Fahrt sei unerheblich. Zwar habe der Gesetzgeber in § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG a.F. die Bergbahnen und Aufstiegshilfen (Sesselbahnen und Skilifte) von der Begünstigung ausgenommen, diesen Ausnahmetatbestand jedoch zum 1. Januar 2008 aufgehoben. Auch bei der Besteuerung von Personen mit Schiffen sei schon vor 2008 anerkannt, dass auch die Schifffahrten im Freizeit- und Tourismusverkehr unter den Begünstigungstatbestand fielen (FG München, Urteil vom 19. Oktober 2005  3 K 3912/02, Entscheidungen der Finanzgerichte 2006, 456). Auch wenn der historische Wille des Gesetzgebers auf eine Begünstigung des Nahverkehrs aus sozialen Gründen ausgerichtet gewesen sei, habe dies im Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck gefunden. § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG wolle vielmehr jegliche Beförderung im Nahverkehr begünstigen, denn auch der Verkehr mit Taxen sei begünstigt. Ebenso sei der Linienverkehr zu Flughäfen, Museen oder Spielbanken begünstigt. Das PBefG klassifiziere eine Verkehrsleistung nicht nach dem Benutzerkreis, sondern nach den Merkmalen der Verkehrsleistung.

12

Entgegen der Rechtsauffassung des FA liege auch keine mit dem Regelsteuersatz zu besteuernde sonstige Leistung eigener Art vor, da die Beförderung der Leistung das Gepräge gebe, bei der die sonstigen Bestandteile das Schicksal der Beförderung teilten oder zumindest selbständig neben die Beförderung träten. Nach der maßgeblichen Sicht des Durchschnittsverbrauchers seien die während der Stadtrundfahrt erfolgten Bandansagen und auch die Führungen zu den Sehenswürdigkeiten als unselbständige Nebenleistungen zur Beförderungsleistung zu beurteilen, die lediglich von 14 % der Gäste genutzt würden. Wäre von selbständigen Nebenleistungen auszugehen, müssten diese im Schätzungswege aufgeteilt werden. Die Steuerbegünstigung entfalle auch nicht, weil die Genehmigung nach dem PBefG nichtig sei. Es handele sich hierbei um einen Grundlagenbescheid einer Verwaltungsbehörde i.S. des § 171 Abs. 10 AO. Zudem handele es sich --wie § 43 PBefG zeige-- auch materiell-rechtlich um Linienverkehr.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision des FA führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Beurteilung als Beförderungsleistung steht nicht entgegen, dass die Beförderung touristischen Zwecken dient. Umfassten die Leistungen der Klägerin zusätzlich zur Beförderung auch die Berechtigung zur Teilnahme an entgeltlichen Führungen, liegen zwei selbständige Leistungen vor, von denen nur die Beförderungsleistung dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unterliegt. Die Feststellungen des FG erlauben insoweit keine abschließende Entscheidung.

14

1. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG ermäßigt sich die Steuer auf sieben Prozent u.a. "für die Beförderungen von Personen ... im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Kraftdroschkenverkehr ...

a) innerhalb einer Gemeinde oder

b) wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als fünfzig Kilometer beträgt".

15

Die Regelung beruht auf Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 i.V.m. Anhang H Kategorie Nr. 5 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach sind die Mitgliedstaaten ermächtigt, einen ermäßigten Steuersatz auf die "Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks" anzuwenden. Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG gibt den Mitgliedstaaten lediglich einen Rahmen vor, den diese nicht überschreiten dürfen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ist auch eine selektive Anwendung der Ermächtigung zur Einführung eines ermäßigten Steuersatzes erlaubt (EuGH-Urteil vom 8. Mai 2003 C-384/01, Kommission/Frankreich, Slg. 2003, I-4395 Rdnr. 27; vom 6. Mai 2010 C-94/09, Kommission/Frankreich, BFH/NV 2010, 1401 Rdnr. 29), wenn die nationale Regelung insoweit --wie hier mit der Beschränkung der Ermäßigung auf kurze Strecken der Personenbeförderung-- den in der Richtlinie vorgegebenen Rahmen nicht überschreitet.

16

a) Die Klägerin hat Leistungen durch Personenbeförderung ausgeführt, weil sie Personen mit Kraftfahrzeugen als Beförderungsmittel fortbewegt hat (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1. August 1998 V R 58/94, BFHE 181, 208, BStBl II 1997, 160, m.w.N. zum Begriff Beförderungsleistungen).

17

b) § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG erlaubt die Ermäßigung für die Beförderung von Personen "im genehmigten Linienverkehr". Für die Auslegung der Vorschrift ist deshalb die verkehrsrechtliche Bedeutung dieser Begriffe maßgebend (BFH-Urteil vom 26. August 1976 V R 55/73, BFHE 120, 419, BStBl II 1977, 105).

18

Nach § 2 PBefG ist genehmigungspflichtig "die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen im Linienverkehr (§ 42 und § 43 PBefG)". Nach § 42 PBefG ist Linienverkehr "eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können". Er setzt nicht voraus, dass ein Fahrplan mit bestimmten Abfahrts- und Ankunftszeiten besteht oder Zwischenhaltestellen eingerichtet sind. Nach § 43 PBefG gilt als Linienverkehr "unabhängig davon, wer den Ablauf der Fahrten bestimmt, auch der Verkehr, der unter Ausschluß anderer Fahrgäste der regelmäßigen Beförderung von

1. Berufstätigen zwischen Wohnung und Arbeitsstelle (Berufsverkehr),

2. Schülern zwischen Wohnung und Lehranstalt (Schülerfahrten),

3. Personen zum Besuch von Märkten (Marktfahrten),

4. Theaterbesuchern

dient. Die Regelmäßigkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Ablauf der Fahrten wechselnden Bedürfnissen der Beteiligten angepaßt wird".

19

aa) § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG setzt nach dem Wortlaut lediglich voraus, dass es sich um eine Personenbeförderung im genehmigten Linienverkehr handelt und die Beförderungsstrecke entweder innerhalb einer Gemeinde erfolgt oder eine bestimmte Strecke nicht überschreitet. Die Regelung ergibt keinen Anhaltspunkt für die Auffassung des FA, die Ermäßigung diene allein sozialen Zwecken und schließe daher Beförderungen im Freizeit- und Tourismusverkehr aus. Aus der Beschränkung auf Fahrten innerhalb einer Gemeinde und Beförderungsstrecken unter 50 km (Buchst. a und Buchst. b), ergibt sich lediglich, dass nur der bezeichnete Nahverkehr begünstigt sein soll (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19. Juli 2007 V R 68/05, BFHE 219, 224, BStBl II 2008, 208; Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Februar 1992  1 BvL 29/87, BVerfGE 85, 238); eine weitere Einschränkung in Bezug auf den "genehmigten Linienverkehr" ergibt sich weder daraus noch --wie das FA meint-- aus der "Systematik" der in § 12 Abs. 2 UStG genannten Ermäßigungen. Insoweit genügt der Hinweis, dass die Regelung Beförderungen im genehmigten Linienverkehr nach § 43 Nrn. 3 und 4 PBefG --Personenbeförderungen, die "Vergnügungsziele" (z.B. Theater- oder Marktbesuche)-- zum Gegenstand haben, nicht ausschließt. Unerheblich ist daher auch, ob es sich um eine "Rundfahrt" handelt, bei der Anfangspunkt und Endpunkt der Fahrstrecke zusammenfallen (vgl. bereits BFH-Urteil vom 14. Dezember 1951 II 176/51 U, BFHE 56, 52, BStBl III 1952, 22).

20

bb) Auch aus dem Unionsrecht, das uneingeschränkt die Ermäßigung für (jede) "Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks" erlaubt, ergibt sich kein Anhaltspunkt für einen Ausschluss von "Beförderungen, die zu touristischen oder Vergnügungszwecken" angeboten werden.

21

c) Nach den Feststellungen des FG hat die Klägerin für die streitigen Personenbeförderungen auch Linienverkehrsgenehmigungen nach § 42 und § 43 des PBefG erhalten.

22

Ohne Erfolg macht das FA geltend, die Genehmigungen seien rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für die Genehmigung nach §§ 42 und 43 PBefG nicht vorgelegen hätten. Die materielle Bindungswirkung einer Genehmigung als Linienverkehr erstreckt sich nicht nur auf den Unternehmer, dem die Genehmigung erteilt worden ist, sondern auch auf andere Behörden. Dies folgt nach der übereinstimmenden Rechtsprechung aller obersten Bundesgerichte aus dem Grundsatz der Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten, wonach, wenn eine Behörde durch Verwaltungsakt zu einer verbindlichen Regelung oder Qualifikation gelangt, dieser Verwaltungsakt Tatbestandswirkung entfaltet, solange er nicht offensichtlich rechtswidrig und daher nichtig ist. Auch Gerichte, die nicht selbst mit der Kontrolle der betreffenden Genehmigung im Rahmen von Klagen und Anträgen befasst sind, sind als Teil des staatlichen Kompetenzgefüges an den Inhalt einer bestandskräftigen, formell wirksamen Genehmigung gebunden (z.B. BFH-Urteil vom 17. Juni 2010 VI R 18/08, BFHE 230, 67, BStBl II 2010, 1072; vom 21. Januar 2010 VI R 52/08, BFHE 228, 295, BStBl II 2010, 703; vom 14. November 2001 X R 24/00, BFHE 197, 301, BStBl II 2002, 514; zur Bindung einer verkehrsrechtlichen Genehmigung für andere Behörden z.B. Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Januar 2008  11 CE 08.3037, juris).

23

d) Entgegen der Rechtsauffassung des FA sind die erteilten Genehmigungen nicht nichtig.

24

aa) Insoweit fehlt es schon daran, dass die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes nach § 44 Abs. 1 VwVfG (wie im Übrigen auch nach § 125 Abs. 1 AO) voraussetzt, dass er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Ein Verwaltungsakt ist jedoch nicht allein deswegen nichtig, weil er der gesetzlichen Grundlage entbehrt oder weil die in Betracht kommenden Rechtsvorschriften --auch diejenigen des formellen Rechts (Verfahrensrechts)-- unrichtig angewendet worden sind (z.B. Senatsurteil vom 16. September 2010 V R 57/09, BFHE 230, 504, BStBl II 2011, 151).

25

bb) Schon der zutreffende Hinweis des FA, dass die Beurteilung der Stadtrundfahrten in der verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung umstritten ist und es unterschiedliche Auffassungen zur Frage gibt, ob Stadtrundfahrten mit jederzeitiger Zustiegsmöglichkeit wegen des gemeinsamen touristischen Zwecks Linienverkehr sind (ablehnend Oberverwaltungsgericht --OVG-- Hamburg, Beschluss vom 20. September 2004  1 Bs 303/04, Deutsches Verwaltungsblatt 2005, 260; zustimmend OVG Münster, Beschluss vom 24. Mai 2007  13 B 577/07, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungsreport 2007, 561: Linienverkehr "sui generis"), belegt, dass, selbst wenn die Genehmigungen im Streitfall nicht hätten erteilt werden dürfen, jedenfalls kein besonders schwerwiegender und offensichtlicher Fehler vorliegt.

26

2. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil die tatsächlichen Feststellungen des FG widersprüchlich sind.

27

a) Nach den Feststellungen im Tatbestand des FG enthält das Entgelt von 18 € auch die Berechtigung zur Teilnahme an Führungen, während "Abendfahrten, die ohne Führungen angeboten wurden", 12 € kosteten. Dies könnte die Annahme nahelegen, dass die Klägerin zusätzlich zur Beförderung Führungen im Wert von 6 € anbietet. Andererseits geht das FG im Urteil davon aus, dass das von der Klägerin erhobene Entgelt dem Betrag entspreche, den die Genehmigungsbehörde für die betreffende Beförderung festgelegt hat. Aus einem bei den Akten befindlichen Bescheid vom 14. Juli 2006 ergibt sich, dass die Genehmigung für die Linie 1 in der Anlage 2 hierzu die Haltestellen und die Fahrzeiten genau (Fahrzeiten von 9:30 Uhr bis zuletzt 18:30 Uhr) bezeichnet, das Beförderungsentgelt mit 18 € für die Gesamtstrecke und 3 € für die Einzelfahrt angibt. Weiter ist dort unter "Bedingungen und Anlagen" bestimmt, dass "der Fahrplan und die Beförderungsentgelte, denen die Genehmigungsbehörde zugestimmt hat, genau einzuhalten" sind. Dies könnte die Annahme nahelegen, dass es sich bei den erwähnten Führungen um solche handelt, an denen jedermann kostenlos teilnehmen kann, und der Feststellung des FG insoweit eine irreführende Werbeaussage der Klägerin zugrunde liegen könnte. Zweifelhaft ist jedoch, ob es sich bei der bei den Akten befindlichen Genehmigungsurkunde vom 14. Juli 2006 um den vom FG in Bezug genommenen Genehmigungsbescheid handelt, denn die Zahl der Haltestellen stimmt nicht mit der vom FG genannten Zahl von 22 überein. Auch ist darin nicht von genehmigten Abendfahrten "von 18.00 bis 22.00 Uhr zum Fahrpreis von 12 €" die Rede. Vergleichbares gilt für die im Streitjahr überdies noch nicht geltenden Genehmigungen für die Linien 2 bis 4. Zum Inhalt der im Streitjahr geltenden Genehmigungen für die Linien 2 bis 4 hat das FG lediglich festgestellt, es handele sich um Genehmigungen nach § 43 PBefG.

28

Die Sache geht daher an das FG zurück, das den Inhalt der Genehmigungen und weiter feststellen muss, ob es sich bei den "angebotenen" Führungen um solche handelt, die für jedermann kostenlos sind.

29

b) Das FG wird bei seiner Entscheidung Folgendes zu berücksichtigen haben:

30

Nach der Rechtsprechung des EuGH, der sich der BFH angeschlossen hat, gelten für die Frage, unter welchen Bedingungen mehrere zusammenhängende Leistungen als eine Gesamtleistung zu behandeln sind, folgende Grundsätze (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 25. Juni 2009 V R 25/07, BFHE 226, 407, BStBl II 2010, 239; vom 2. März 2011 XI R 25/09, BStBl II 2011, 737, m.w.N. zur Rechtsprechung des EuGH):

31

Jeder Umsatz ist in der Regel als eigenständige, selbständige Leistung zu betrachten; allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb sind die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Unternehmer dem Leistungsempfänger mehrere selbständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist.

32

Eine einheitliche Leistung liegt danach insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistungen sind, die das steuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Das Gleiche gilt, wenn der Unternehmer für den Leistungsempfänger zwei oder mehr Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.

33

aa) Das FG geht bei seiner Entscheidung im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die Bandansagen, mit denen die Passagiere während der Beförderung auf Sehenswürdigkeiten hingewiesen werden, eine Nebenleistung zur Beförderung darstellen. Ziel, Dauer und Umstände der Personenbeförderung sind Anlass und Grund für die Wahl des Kunden für die betreffende Beförderungsstrecke mit touristisch interessanten Haltepunkten. Die Informationen während der Fahrt beeinflussen jedoch nicht die Art der Personenbeförderung, sondern nur die Umstände, unter denen sie durchgeführt wird und lassen sich von der Beförderung nicht trennen. Sie dient für den Fahrgast aus der Sicht eines Durchschnittsbetrachters nur dazu, die Beförderung auf der Linie, die an Sehenswürdigkeiten vorbeiführt oder an Sehenswürdigkeiten hält, unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.

34

bb) Umfasste das Beförderungsentgelt auch Entgelte für die Teilnahme an Führungen, handelt es sich um zwei selbständige Leistungen, von denen nur die Beförderung dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Die Voraussetzungen für die Annahme einer einheitlichen Leistung liegen nicht vor, denn weder stellt die beliebige Teilnahme eines Fahrgastes an Führungen vor einer oder im Anschluss an eine Beförderung ein Mittel dar, um die Beförderungsleistung selbst unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen, noch sind beide Leistungen so miteinander verbunden, dass deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Denn wie sich aus den Feststellungen des FG ergibt, nehmen nur 14 % der Fahrgäste an den Führungen teil. Ohne Bedeutung ist, dass der Fahrgast nach einem Zwischenaufenthalt mit einer Führung mit derselben Fahrkarte von der Klägerin auf der betreffenden Linie weiter befördert wird. Umsatzsteuerrechtlich liegt eine einheitliche Leistung nicht allein deshalb vor, weil Leistungen aufgrund einer einzigen Vertragsgrundlage erbracht werden. Zu Beförderungsleistungen hat der Senat bereits im Urteil vom 31. Mai 2007 V R 18/05 (BFHE 217, 88, BStBl II 2008, 206) entschieden, dass die Beförderung eines Fahrgastes von dessen Wohnung zum Bestimmungsort und zurück durch denselben Taxiunternehmer umsatzsteuerrechtlich keine einheitliche (einzige) Beförderungsleistung mit einer Gesamtbeförderungsstrecke, sondern auch dann in zwei getrennte Beförderungsleistungen aufzuteilen ist, wenn das Taxi nach Durchführung der Hinfahrt zum Bestimmungsort nicht auf den Kunden wartet, sondern der Kunde später --sei es aufgrund vorheriger Vereinbarung über den Abholzeitpunkt oder aufgrund erneuter telefonischer Bestellung-- erneut mit einem Taxi am Bestimmungsort abgeholt und zum Ausgangsort zurückbefördert wird. Nichts anderes gilt für den vorliegenden Sachverhalt, wenn der Kunde aufgrund einer die gesamte Strecke umfassenden Fahrkarte nach einer Unterbrechung weiterfährt. Bei einem einheitlichen Entgelt für zwei selbständige Leistungen ist dieses nach der einfachst möglichen Berechnungs- oder Bewertungsmethode aufzuteilen (z.B. EuGH-Urteil vom 25. Februar 1999 C-349/96, CPP, Slg. 1999, I-973 Rdnr. 31). Insoweit kann z.B. der Unterschied zwischen Tag- und Abendfahrten oder der Umstand von Bedeutung sein, ob die Klägerin entgeltliche Führungen auch isoliert von der Beförderung angeboten hat.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

Linienverkehr ist eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können. Er setzt nicht voraus, daß ein Fahrplan mit bestimmten Abfahrts- und Ankunftszeiten besteht oder Zwischenhaltestellen eingerichtet sind.

Als Linienverkehr gilt, unabhängig davon, wer den Ablauf der Fahrten bestimmt, auch der Verkehr, der unter Ausschluß anderer Fahrgäste der regelmäßigen Beförderung von

1.
Berufstätigen zwischen Wohnung und Arbeitsstelle (Berufsverkehr),
2.
Schülern zwischen Wohnung und Lehranstalt (Schülerfahrten),
3.
Personen zum Besuch von Märkten (Marktfahrten),
4.
Theaterbesuchern
dient. Die Regelmäßigkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Ablauf der Fahrten wechselnden Bedürfnissen der Beteiligten angepaßt wird.

(1) Wer im Sinne des § 1 Abs. 1

1.
mit Straßenbahnen,
2.
mit Obussen,
3.
mit Kraftfahrzeugen im Linienverkehr (§§ 42, 42a, 43 und 44) oder
4.
mit Kraftfahrzeugen im Gelegenheitsverkehr (§ 46)
Personen befördert, muß im Besitz einer Genehmigung sein. Er ist Unternehmer im Sinne dieses Gesetzes.

(1a) Wer als Nachunternehmer im Auftrag des Unternehmers eine entgeltliche Beförderung von Personen mit Kraftomnibussen durchführt, muss eine Genehmigung nach diesem Gesetz besitzen, die die eingesetzten Fahrzeuge umfasst. Dies gilt nicht, wenn die Voraussetzungen nach Artikel 1 Absatz 4 Buchstabe b oder c der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 zur Festlegung gemeinsamer Regeln für die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers und zur Aufhebung der Richtlinie 96/26/EG des Rates (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 51), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 517/2013 (ABl. L 158 vom 10.6.2013, S. 1) geändert worden ist, erfüllt sind oder der Nachunternehmer ausschließlich innerstaatliche Beförderungen im Sinne des Artikels 1 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 durchführt.

(1b) Wer im Sinne des § 1 Absatz 3 eine Beförderung vermittelt, muss nicht im Besitz einer Genehmigung sein. Er ist Vermittler im Sinne dieses Gesetzes.

(2) Der Genehmigung bedarf auch

1.
jede Erweiterung oder wesentliche Änderung des Unternehmens,
2.
die Übertragung der aus der Genehmigung erwachsenden Rechte und Pflichten (Genehmigungsübertragung) sowie
3.
die Übertragung der Betriebsführung auf einen anderen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Nr. 2 dürfen im Verkehr mit Taxen die aus der Genehmigung erwachsenden Rechte und Pflichten nur übertragen werden, wenn gleichzeitig das ganze Unternehmen oder wesentliche selbständige und abgrenzbare Teile des Unternehmens übertragen werden.

(4) Die Genehmigungsbehörde kann bei einem Linienverkehr nach § 43 dieses Gesetzes und bei Beförderungen nach § 1 Nr. 4 Buchstaben d und i der Freistellungs-Verordnung Befreiung vom Verbot der Mitnahme anderer Fahrgäste erteilen, wenn dies im öffentlichen Verkehrsinteresse geboten und mit Rücksicht auf bestehende öffentliche Verkehrseinrichtungen wirtschaftlich vertretbar ist.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht zum vorübergehenden Einsatz von Kraftfahrzeugen bei Notständen und Betriebsstörungen im Verkehr, insbesondere im Schienen-, Bergbahn- oder Obusverkehr. Wenn die Störungen länger als 72 Stunden dauern, haben die Unternehmer der von der Störung betroffenen Betriebe der Genehmigungsbehörde (§ 11) Art, Umfang und voraussichtliche Dauer eines solchen vorübergehenden Einsatzes von Kraftfahrzeugen unverzüglich mitzuteilen.

(5a) Wer Gelegenheitsverkehre in der Form der Ausflugsfahrt (§ 48 Abs. 1) oder der Ferienziel-Reise (§ 48 Abs. 2) plant, organisiert und anbietet, dabei gegenüber den Teilnehmern jedoch eindeutig zum Ausdruck bringt, dass die Beförderungen nicht von ihm selbst, sondern von einem bestimmten Unternehmer, der Inhaber einer Genehmigung nach diesem Gesetz ist, durchgeführt werden, muss selbst nicht im Besitz einer Genehmigung sein.

(6) Anstelle der Ablehnung einer Genehmigung kann im Fall einer Beförderung, die nicht alle Merkmale einer Verkehrsart oder Verkehrsform erfüllt, eine Genehmigung nach denjenigen Vorschriften dieses Gesetzes erteilt werden, denen diese Beförderung am meisten entspricht, soweit öffentliche Verkehrsinteressen nicht entgegenstehen.

(7) Zur praktischen Erprobung neuer Verkehrsarten oder Verkehrsmittel kann die Genehmigungsbehörde auf Antrag im Einzelfall Abweichungen von Vorschriften dieses Gesetzes oder von auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften für die Dauer von höchstens fünf Jahren genehmigen, soweit öffentliche Verkehrsinteressen nicht entgegenstehen.

(1) Gelegenheitsverkehr ist die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen, die nicht Linienverkehr nach den §§ 42, 42a, 43 und 44 ist.

(2) Als Formen des Gelegenheitsverkehrs sind nur zulässig

1.
Verkehr mit Taxen (§ 47),
2.
Ausflugsfahrten und Ferienziel-Reisen (§ 48),
3.
Verkehr mit Mietomnibussen und mit Mietwagen (§ 49),
4.
gebündelter Bedarfsverkehr (§ 50).

(3) In Orten mit mehr als 50 000 Einwohnern oder in den von der höheren Verwaltungsbehörde bestimmten Orten unter 50 000 Einwohnern darf eine Genehmigung für den Taxenverkehr, den Mietwagenverkehr oder den gebündelten Bedarfsverkehr nicht für denselben Personenkraftwagen erteilt werden.

Tenor

Abweichend von dem Bescheid über Umsatzsteuer vom 28.01.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.04.2011 wird die Umsatzsteuer für 2007 um … € auf … € herabgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob von der Klägerin gegenüber einer gesetzlichen Krankenkasse abgerechnete Krankenfahrten mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen und mit Taxen nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b des UmsatzsteuergesetzesUStG – steuerfrei bzw. nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung mit dem ermäßigten Steuersatz oder ob diese Fahrten mit dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG zu versteuern sind.

2

Die Klägerin ist eine im … von Ärzten gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Gegenstand ihres Unternehmens ist die logistische Unterstützung der Praxen im … . Am 26.09.2007 schloss sie mit der K (nachfolgend Krankenkasse) eine Vereinbarung über die Durchführung von Krankenfahrten zur Dialyse. Die als modellhaft bezeichnete Vereinbarung regelte die Koordination und Organisation sowie die Rechnungslegung und Vergütung von Fahrten nach § 60 des Sozialgesetzbuches – SGB – Fünftes Buch – V – (Krankenfahrten) in eine Gemeinschaftspraxis für … in … (vgl. § 1 Abs. 1 der Vereinbarung). Zweck der Vereinbarung war eine Optimierung der Krankenfahrten unter Beachtung des § 12 SGB V (Wirtschaftlichkeitsgebot) für Dialysepatienten unter anderem durch die Organisation von Gemeinschaftsfahrten (vgl. § 1 Abs. 2 der Vereinbarung). Die Vereinbarung sah vor, dass die Klägerin für die Koordination und Organisation der Fahraufträge mit geeigneten Taxi- oder Mietwagenunternehmen unter Berücksichtigung der in dieser Vereinbarung getroffenen Regelungen gesonderte Vereinbarungen für Serien- und Gemeinschaftsfahrten von Patienten der oben genannten Praxis zu Dialysebehandlungen schloss (vgl. § 2 Abs. 1 der Vereinbarung). Gemäß § 2 Abs. 2 der Vereinbarung gewährleistete die Klägerin, dass die Patientenfahrten nach den gesetzlichen und vertraglichen Qualitätsstandards erfolgen. § 2 Abs. 3 der Vereinbarung sah vor, dass die Klägerin die Durchführung der Serien- und Gemeinschaftsfahrten im Auftrag der durch den Abschluss einer Patiententransportvereinbarung beteiligten Unternehmen organisiert und dass die Organisation und Koordination der Serien- und Gemeinschaftsfahrten im Rahmen der Patiententransportvereinbarung durch die Erteilung von Fahraufträgen an die Unternehmer erfolgt. § 3 der Vereinbarung bestimmte die einzuhaltenden Qualitätskriterien näher. Er sah unter anderem vor, dass die Unternehmen die anfallenden Patientenfahrten erst nach Vorlage der auf den Namen der Krankenkasse vollständig ausgefüllten ärztlichen Verordnung einer Krankenbeförderung und nach vorheriger Genehmigung durchführen (Abs. 1), dass die Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes in der jeweils gültigen Fassung einzuhalten sind (Abs. 2) und dass die Unternehmen sicherstellen, dass die Fahrten zur Behandlung zeitlich so angetreten werden, dass ein termingerechter Behandlungstermin und eine termingerechte Rückfahrt gesichert sind (Abs. 3). § 4 Abs. 1 der Vereinbarung sah vor, dass der Klägerin die Krankenfahrten zur Dialyse, die im Rahmen dieses Vertrages durchgeführt werden, von der Krankenkasse pauschal pro Fahrt und Patient vergütet werden. Die Höhe der Pauschale hing von der Art und Weise der Beförderung ab (vgl. § 4 Abs. 2 bis 5 der Vereinbarung). Neben den hier geregelten Preisen durften keine zusätzlichen Beförderungsentgelte erhoben werden (vgl. § 4 Abs. 6 der Vereinbarung). Die Koordination und Organisation der Fahrten  erfolgte nach § 4 Abs. 7 dieser Vereinbarung durch die Klägerin und war für die Krankenkasse unentgeltlich. Die Vereinbarung vom 26.09.2007, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 15 bis 22 der Umsatzsteuerakte), trat am 01.10.2007 in Kraft (vgl. § 10 der Vereinbarung).

3

Vorbild für diese Vereinbarung war nach Auskunft der X ein Vertrag, der im Jahr 2006 zwischen der Krankenkasse und dem Y geschlossen worden war. Von der Krankenkasse seien – mit Ausnahme der Vergütungshöhe – sieben Verträge gleichen Inhalts geschlossen worden, davon einer mit einem Taxiunternehmen als Koordinator. Die Vertragsbedingungen seien von der Krankenkasse vorgegeben bzw. einheitliche Vertragsbedingungen von ihr – mit Ausnahme der Vergütung – durchgesetzt worden. Außerdem sei zeitgleich mit dem Vertrag mit der Klägerin eine Vereinbarung mit dem Z in Kraft getreten, die für alle Taxi- und Mietwagenunternehmer gelte, die diese Vereinbarung schriftlich anerkennen würden. Die vertraglichen Bedingungen (Qualitätskriterien), die für Taxi- und Mietwagenunternehmer gegolten hätten, die die mit dem Z geschlossene Vereinbarung anerkannt hätten, seien mit den Bedingungen (Qualitätskriterien) für Unternehmen, die einen Vertrag mit der Klägerin geschlossen hätten, zwar nicht identisch, aber aufgrund der gesetzlichen Vorgaben und der vertraglichen Qualitätsstandards (vgl. § 3 Abs. 1 bis 5 des Vertrages mit der Klägerin) – mit Ausnahme der auf Wunsch der Patienten vorzunehmenden Begleitung vom Fahrzeug bis zur Praxis bzw. umgekehrt (vgl. § 3 Abs. 6 des Vertrages mit der Klägerin) – im Wesentlichen vergleichbar gewesen. Allerdings habe sich die Höhe der mit der Klägerin vereinbarten Vergütung für Krankenfahrten zur Dialyse und die Höhe der Vergütung, die Taxi- und Mietwagenunternehmer, die den mit dem Z abgeschlossenen Vertrag anerkannt hätten, grundsätzlich unterschieden. Wegen der Einzelheiten wird auf die beiden Auskünfte der X vom 23.01.2015 und 05.02.2015 (Bl. 271, 272, 279 und 280 der Gerichtsakte) Bezug genommen.

4

Die Klägerin schloss ihrerseits Vereinbarungen über die Durchführung von Krankenfahrten zur Dialysebehandlung mit Beförderungsunternehmen ab, die eine Genehmigung für den Verkehr mit Taxen hatten. Während § 4 der zwischen der Klägerin und der Krankenkasse getroffenen Vereinbarung kilometerunabhängige Pauschalen je Fahrt und Versicherten vorsah, hing die zwischen der Klägerin und den Beförderungsunternehmen vereinbarte Vergütung auch von der gefahrenen Strecke ab (vgl. Bl. 23 bis 29 der Umsatzsteuerakte). Nach den Feststellungen der vom Beklagten durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung führten die privaten Taxiunternehmen die Krankentransporte mit dafür besonders hergerichteten Fahrzeugen und mit „normalen“ Taxen durch.

5

Die Taxiunternehmen rechneten die von ihnen durchgeführten Krankenfahrten entsprechend den mit der Klägerin vereinbarten Entgelten ab. Die Klägerin rechnete die durchgeführten Krankenfahrten wiederum gegenüber der Krankenkasse auf der Grundlage des mit ihr geschlossenen Vertrages ab. In ihrer Buchführung wies die Klägerin für die von der Krankenkasse vergüteten Krankenfahrten nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG steuerfreie Umsätze in Höhe von … € netto (Konto 08110) und mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernde Transporterlöse in Höhe von … € netto (Konto 08301) aus. Diese Beträge sind unstreitig. Eine vom Beklagten festgestellte Differenz zu den von der Klägerin vorgelegten Abrechnungen mit der Krankenkasse über … € (brutto) vermögen die Beteiligten nicht mehr aufzuklären. Die Klägerin ist damit einverstanden, dass aus Vereinfachungsgründen die sich aus ihrer Buchführung ergebenden (höheren) Nettoerlöse zu Grunde gelegt werden (Schriftsatz vom 16.07.2014). Zwischen den Beteiligten ist ebenfalls unstreitig, dass den auf dem Konto 08110 ausgewiesenen Nettoerlösen Beförderungen von kranken oder verletzten Personen mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen der Subunternehmer und dass den auf dem Konto 08301 ausgewiesenen Nettoerlösen Fahrten mit Taxen der Subunternehmer innerhalb der Grenzen des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b Doppelbuchstaben aa oder bb UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung zugrunde liegen.

6

In seinem Bericht über die bei der Klägerin durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat der Prüfer des Beklagten die Ansicht, dass die Klägerin gegenüber der Krankenkasse eine einheitliche Leistung (Koordination, Organisation, Rechnungslegung und Vergütung von Krankenfahrten) erbringe. Die Beförderungsleistungen (Krankenfahrten) seien keine selbständigen Leistungen, sondern Bestandteil einer Gesamtleistung, die der Regelbesteuerung unterliege, weil es an einem Befreiungstatbestand fehle und der ermäßigte Steuersatz nicht anzuwenden sei. Für die auf dem Konto 08110 ausgewiesenen Nettoerlöse ermittelte der Prüfer Mehrsteuern in Höhe von … € (… € x 19 %), für die auf dem Konto 08301 ausgewiesenen Nettoerlöse Mehrsteuern in Höhe von … € (rund … € x 12%).

7

Der Beklagte folgte den Feststellungen seines Prüfers und setzte die Umsatzsteuer für 2007 mit Bescheid vom 28.01.2009 entsprechend fest. Den hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Einspruch, mit dem die Klägerin daran festhielt, dass sie steuerfreie Krankenfahrten und steuerermäßigte Taxileistungen erbracht habe, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 13.04.2011 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin weder nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG steuerfreie noch nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG steuerermäßigte Umsätze ausgeführt habe. Nach diesen Vorschriften seien zwar die von den Taxiunternehmen ausgeführten Umsätze steuerfrei bzw. steuerermäßigt gewesen, nicht aber die der Klägerin, weil diese die Krankenfahrten nicht selbst ausgeführt habe. Für die Vermittlung der Krankenfahrten sehe das Gesetz keinen Befreiungstatbestand vor. Die Klägerin habe sich mit dem Rahmenvertrag gegenüber der Krankenkasse zur Beförderung ihrer Versicherten für ein festgelegtes Entgelt verpflichtet. Diese Leistungen habe sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gegenüber der Krankenkasse abgerechnet. Dass die Klägerin ihre Beförderungspflichten nicht selbst durchführe, sondern sich hierfür anderer Unternehmen als Subunternehmer bedient habe, sei vertraglich vorgesehen gewesen. Insofern habe die Klägerin wie eine Taxizentrale agiert. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Umsätze einer Taxizentrale komme indes nur in Betracht, wenn diese über eine eigene Taxikonzession verfüge. Über eine solche Konzession habe die Klägerin nicht verfügt. Da die Klägerin ihre Leistungen gegenüber der Krankenkasse nicht für fremde, sondern auf eigene Rechnung abgerechnet habe, liege auch kein Fall einer Dienstleistungskommission (§ 3 Abs. 11 UStG) vor. Die Klägerin könne sich für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen (§ 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG) auch nicht auf das Urteil des Bundesfinanzhofes – BFH – vom 18.01.1995 (XI R 71/93, BStBl II 1995, 559) berufen, weil sie – anders als die Klägerin in dem dortigen Verfahren – über keine eigenen Fahrzeuge verfügt und die Leistungen auch nicht selbst erbracht habe.

8

Die Klägerin hat am 05.05.2011 Klage erhoben.

9

Sie weist darauf hin, dass Hauptinhalt des von ihr mit der Krankenkasse abgeschlossenen Vertrages der Krankentransport sei. Die Klägerin sei dafür verantwortlich, dass kranke Menschen zur Dialyse gebracht würden. Die Koordinierung und Abrechnung der Fahrten sei nur eine unselbständige Nebenleistung.

10

Für die Steuerfreiheit der von ihr erbrachten Leistungen beruft sie sich auf die Gesetzesbegründung (Begründung zum Entwurf eines Umsatzsteuergesetzes 1979, BT-Drucksache 8/1779, Seite 34) und von ihr näher bezeichnete Rechtsprechung und Kommentarliteratur, nach der § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG weder verlange, dass die Beförderungen aufgrund von Beförderungsverträgen erbracht würden, noch dass der Empfänger der umsatzsteuerlichen Leistung und die beförderte Person identisch seien. Die Krankenfahrten, für die sie die Umsatzsteuerfreiheit begehre, seien mit für die Beförderung von kranken und verletzten Personen besonders eingerichteten Fahrzeugen durchgeführt worden. Abweichend von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe p der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art 132 Abs. 1 Buchstabe p der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) verlange § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG für die Steuerfreiheit keine „ordnungsgemäß anerkannte Einrichtung“. Die Steuerfreiheit könne auch nicht deshalb versagt werden, weil sie die Krankenfahrten nicht mit eigenen Fahrzeugen durchgeführt habe. § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG verlange nur, dass es sich um Leistungen handele, die ihrer Art nach die Beförderung von kranken und verletzten Personen mit besonders eingerichteten Fahrzeugen zum Gegenstand hätten.

11

Für die Steuerermäßigung der von ihr erbrachten Leistungen beruft sie sich auf eine Entscheidung des Finanzgerichts – FG – Baden-Württemberg vom 04.08.2009. Das Finanzgericht habe für einen vergleichbaren Fall entschieden, dass ernstlich zweifelhaft sei, ob von einem nicht personenbeförderungsberechtigten Unternehmer gegenüber Krankenkassen abgerechnete Krankenfahrten, die nicht von dem Unternehmer selbst, sondern von konzessionierten Taxiunternehmern erbracht würden, dem vollen Steuersatz unterlägen (FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009 1 V 1346/09, EFG 2010, 87). Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG enthalte keinen Hinweis auf die Notwendigkeit eines personenbezogenen Merkmals. Somit kämen nicht nur Taxiunternehmer sondern auch andere Personenbeförderer in den Genuss des ermäßigten Steuersatzes. Der Gesetzgeber habe die Steuerermäßigung für die Personenbeförderung von zwei objektiv an die Leistung anknüpfende Voraussetzungen – die Beförderungsart (Taxenverkehr) und die Beförderungstrecke (Nahverkehr oder nicht mehr als 50 km) abhängig gemacht. Auch aus der maßgeblichen Sicht des Letztverbrauchers spiele es keine Rolle, ob die von ihm in Anspruch genommene Beförderungsleistung auf einem Direkt- oder einem weiter vermittelten Auftrag beruhe. Außerdem beruft sich die Klägerin für die Steuerermäßigung auf die nunmehr ergangenen Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft – EuGH – vom 27.02.2014 (C-454/12 und C 455/12, juris) und des BFH vom 02.07.2014 (XI R 39/10, BFH/NV 2014, 2019). Hiernach sei der ermäßigte Steuersatz für Krankentransporte anzuwenden, die aufgrund einer auch für Taxiunternehmen geltenden Sondervereinbarung mit einer Krankenkasse erbracht würden.

12

Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 18.01.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.04.2011 aufzuheben und die Umsatzsteuer für das Jahr 2007 auf … € festzusetzen sowie
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

13

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

14

Er weist darauf hin, dass der von der Klägerin zitierte Beschluss des Finanzgerichts Baden-Württemberg in einem „AdV-Verfahren“ ergangen sei. Im Übrigen übersehe die Klägerin, dass im Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG zu überprüfen sei, ob ein begünstigter Taxenverkehr im Sinne des § 47 des PersonenbeförderungsgesetzesPBefG – vorliege. Da die Klägerin die für den Verkehr mit Taxen erforderliche Genehmigung nicht besitze, seien ihre Leistungen nicht steuerermäßigt. Im Übrigen nimmt er Bezug auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung und weist noch einmal darauf hin, dass die Klägerin die Leistungen nicht mit eigenen Fahrzeugen erbracht habe.

15

Das Verfahren hat aufgrund des Beschlusses des Berichterstatters vom 31.01.2014 bis zur Entscheidung in dem beim EuGH unter den Aktenzeichen C-454/12 und C-455/12 anhängig gewesenen Verfahren am 27.02.2014 geruht.

16

Dem Senat lagen je ein Band Umsatzsteuer- und Rechtsbehelfsakten des Beklagten vor.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Klage ist begründet.

18

I.) Der angefochtene Bescheid und die Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO).

19

Abweichend von den angefochtenen Bescheiden war die Umsatzsteuer für 2007 um … € auf … € herabzusetzen. Denn die von der Klägerin gegenüber der Krankenkasse abgerechneten Leistungen sind im Umfang der sich aus dem Konto 08110 ergebenden Nettoerlöse (… €) steuerfrei und im Umfang der sich aus dem Konto 08301 ergebenden Nettoerlöse (rund … €) nur mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern. Die Klägerin hat gegenüber der Krankenkasse im eigenen Namen und für eigene Rechnung einheitliche Leistungen – nämlich die Koordination, Organisation, Durchführung und Abrechnung von Krankenfahrten – erbracht, deren steuerliches Schicksal sich nach den von ihr dabei erbrachten Hauptleistungen – der Beförderung der Patienten zur Dialyseeinrichtung und zurück – richtet. Soweit diese Krankenfahrten mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen der Subunternehmer durchgeführt worden sind, sind auch die von der Klägerin gegenüber der Krankenkasse erbrachten Leistungen nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG steuerfrei. Soweit sie mit Taxen der Subunternehmer innerhalb der Grenzen des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b Doppelbuchstaben aa oder bb UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung durchgeführt worden sind, sind sie nur mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern.

20

1.) Da die Klägerin – wie sich aus den vorliegenden Verträgen und deren Durchführung ergibt – gegenüber ihren Vertragspartnern im eigenen Namen und für eigene Rechnung tätig geworden ist, liegt im Streitfall kein Fall einer Leistungskommission (§ 3 Abs. 11 UStG) vor (vgl. Finanzgericht – FG – Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009 1 V 1346/09, EFG 2010, 87; FG Münster, Urteil vom 17.06.2014 15 K 3100/09, EFG 2014, 1623). Die Klägerin hat mit der Koordination, Organisation, Durchführung und Abrechnung der Krankenfahrten vielmehr auf eigene Rechnung Leistungen ausgeführt, deren steuerliches Schicksal sich nach der dabei jeweils erbrachten Hauptleistung – der Beförderung der Patienten zur Dialyseeinrichtung und zurück – richtet.

21

a.) In der Regel ist jeder Umsatz als eigenständige, selbstständige Leistung zu betrachten. Allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb sind die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Unternehmer dem Leistungsempfänger mehrere selbständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn eine oder mehrere Einzelleistungen eine Hauptleistung und die andere Einzelleistung oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebentätigkeiten bilden, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen, wobei eine Leistung als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen ist, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Das Gleiche gilt, wenn der Unternehmer für den Leistungsempfänger zwei oder mehrere Handlungen vornimmt, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl. BFH-Urteil vom 30.06.2011 V R 44/10, BStBl II 2011, 1003; BFH-Urteil vom 08.08.2013 V R 13/12, BFH/NV 2014, 123).

22

b.) Gemäß § 1 („Gegenstand der Vereinbarung“) Abs. 1 der zwischen der Klägerin und der Krankenkasse am 26.09.2007 geschlossenen Vereinbarung regelt diese die Koordination und Organisation sowie die Rechnungsstellung und Vergütung von Krankenfahrten. Zwar wird die Beförderung der Patienten in § 1 Abs. 1 der Vereinbarung nicht ausdrücklich erwähnt. Dass auch – und gerade diese – Gegenstand der von der Klägerin ausgeführten Leistungen war, ergibt sich indes zwanglos aus der unter § 4 getroffenen Vergütungsregelung. Hiernach hat die Klägerin die Vergütung für die Krankenfahrten erhalten. Die Koordination und Organisation der Krankenfahrten durch die Klägerin ist demgegenüber für die Krankenkasse unentgeltlich gewesen. So ist die Vereinbarung zwischen den Vertragspartnern auch durchgeführt worden. Dass Gegenstand der Vereinbarung vom 26.09.2007 auch die Beförderung der Patienten war, lässt sich zudem der zwischen der Klägerin und der Krankenkasse im März 2009 geschlossenen Folgevereinbarung entnehmen. Diese Vereinbarung, die die bis dahin bestehende Vereinbarung nach ihrem § 10 Abs. 1 Satz 2 „präzisiert“ hat, hat schon in § 1 Abs. 1 bestimmt, dass Gegenstand der Vereinbarung „die Krankenfahrten zur Dialysebehandlung sowie deren Rechnungsstellung und Vergütung“ sind.

23

Die Klägerin hat die Koordination, Organisation, Durchführung und Abrechnung der Krankenfahrten gegenüber der Krankenkasse auch als einheitliche Leistung ausgeführt. Zum einen sind diese Tätigkeiten so eng miteinander verbunden, dass ihre Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Zum anderen handelt es sich bei der Koordination, Organisation und Abrechnung der Krankenfahrten um Nebenleistungen, die nur dazu bestimmt sind, die Hauptleistung – die Beförderung der bei der Krankenkasse versicherten Person zur Dialyseeinrichtung – unter optimalen Bedingungen, insbesondere kostengünstig, durchzuführen. Das legt auch die Präambel der Vereinbarung vom 26.09.2007 nahe. Hiernach sollte „mit der Beförderung der Patienten im Wege von Fahrgemeinschaften eine deutliche Reduzierung der entstehenden Fahrtkosten erreicht werden“.

24

In diesem Zusammenhang ist die Beförderung der Patienten zur Dialyseeinrichtung die Hauptleistung, deren Koordination, Organisation und Abrechnung indes nur (unselbständige) Nebenleistung gewesen. Denn Kern und charakteristisches Merkmal der einheitlichen Gesamtleistung ist die Beförderung der bei der Krankenkasse versicherten Personen zur Dialyseeinrichtung gewesen. Hierfür entstehende Kosten hätte die Krankenkasse auch ohne die mit der Klägerin geschlossene Vereinbarung nach § 60 SGB V zu übernehmen. Demzufolge hat sie der Klägerin auch nur für die Krankenfahrten, nicht aber – wie sich aus § 4 Abs. 7 der Vereinbarung vom 26.09.2007 ergibt – für deren Koordination und Organisation das vereinbarte Entgelt bezahlt.

25

2.) Vor diesem Hintergrund sind die über das Konto 08110 abgerechneten Nettoerlöse nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG steuerfrei. Denn diesen Umsatzerlösen lag die Beförderung von kranken Personen mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen der Subunternehmer zu Grunde. Das ist in tatsächlicher Hinsicht zwischen den Beteiligten unstreitig. Soweit der Beklagte die Rechtsauffassung vertritt, die Beförderungsleistungen seien nicht steuerfrei, weil die Klägerin sie nicht mit eigenen Fahrzeugen, sondern mithilfe ihrer Subunternehmer ausgeführt habe, folgt der Senat dem nicht.

26

a.) Nach dem Wortlaut des § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG hängt die Steuerfreiheit allein vom gesundheitlichen Zustand der beförderten Person („Beförderung von kranken und verletzten Personen“) und der Einrichtung des hierfür benutzten Fahrzeuges („mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind“) ab. Dass der Unternehmer – im Streitfall die Klägerin – die kranken Personen mit „eigenen“ Fahrzeugen befördern muss und sich insoweit der Hilfe von Subunternehmern nicht bedienen darf, lässt sich dem Wortlaut des Gesetzes nicht entnehmen.

27

b.) Für eine solche Einschränkung geben auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift und ihr Sinn und Zweck nichts her. Mit der Einführung der Steuerbefreiung für Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen wollte der Gesetzgeber das private Krankentransportgewerbe von der Umsatzsteuer freistellen und hierdurch eine Gleichstellung mit der öffentlichen Hand, den Krankenhäusern und den Wohlfahrtsverbänden erreichen, die mit ihren Krankenbeförderungen bereits von der Umsatzsteuer befreit waren (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Umsatzsteuergesetz 1979, BT-Drucksache 8/1779, Seite 35). Darüber hinaus entlastet die Steuerfreiheit nach dieser Vorschrift – wie auch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG – die gesetzlichen Krankenkassen, die letztlich die Kosten für die Beförderungsleistungen zu tragen haben. Anzunehmen, der Gesetzgeber habe die Beförderung von kranken und verletzten Personen mit hierzu besonders eingerichteten Fahrzeugen nicht von der Umsatzsteuer befreien wollen, wenn der Vertragspartner der Krankenkasse – im Streitfall die Klägerin – sich für die Ausführung ihrer Leistungen Subunternehmer bedient, wäre widersinnig.

28

c.) Der Beklagte kann sich für seine Rechtsauffassung auch nicht auf die unionsrechtlichen Grundlagen des Umsatzsteuergesetzes berufen. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG beruht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe p der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art 132 Abs. 1 Buchstabe p der im Streitjahr bereits geltenden Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie. Hiernach befreien die Mitgliedstaaten die von ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen durchgeführte Beförderung von kranken und verletzten Personen in dafür besonders eingerichteten Fahrzeugen von der Umsatzsteuer. Auch der Richtlinie lässt sich nicht entnehmen, dass der Unternehmer die Beförderungsleistungen mit eigenen Fahrzeugen durchführen muss. § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG verlangt nur – ebenso wie Art. 13 Teil A Buchstabe p der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchstabe p der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) – dass es sich bei den sonstigen Leistungen um Tätigkeiten handelt, die ihrer Art nach die Beförderung von kranken und verletzten Personen mit besonders eingerichteten Fahrzeugen zum Gegenstand haben (vgl. BFH-Urteil vom 18.01.1995 XI R 71/93, BStBl II 1995, 559).

29

d.) Unerheblich ist auch, dass der Empfänger der Beförderungsleistungen – dies ist im Streitfall die Krankenkasse – und die beförderten Personen nicht identisch gewesen sind. Denn das Gesetz verlangt weder, dass die Beförderungen aufgrund von Beförderungsverträgen erbracht werden, noch dass der Empfänger der umsatzsteuerlichen Leistung und die beförderte Person identisch sind (vgl. BFH-Urteil vom 18.01.1995 XI R 71/93, BStBl II 1995, 559). Soweit ersichtlich hat der Bundesfinanzhof bisher auch im Übrigen keine über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehenden Anforderungen an die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG gestellt (vgl. BFH-Urteil vom 18.01.1995 XI R 71/93, BStBl II 1995, 559; BFH-Urteil vom 12.08.2004 V R 45/03, BStBl II 2005, 314).

30

e.) Soweit Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe p der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art 132 Abs. 1 Buchstabe p der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) die Steuerbefreiung davon abhängig macht, dass die Beförderungsleistungen von „von ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen“ erbracht werden, hat der Gesetzgeber diese Voraussetzung nicht in den Tatbestand des § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG übernommen (vgl. auch Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 17 UStG Rn. 11). Befreit sind alle Unternehmen, die Umsätze der in § 4 Nr. 17 Buchstabe b UStG genannten Art ausführen (vgl. Krauesel in Reiß/Kraeusel/Langer, Umsatzsteuergesetz, § 17 UStG Rn. 17). Da der Wortlaut des § 4 Nr. 17 UStG eindeutig ist, lässt sich sein Anwendungsbereich nicht durch eine richtlinienkonforme Auslegung einschränken. Eine Auslegung gegen den Wortlaut und Wortsinn des Gesetzestextes ist nicht möglich (vgl. zu letzterem BFH-Beschluss vom 10.07.2012 XI R 22/10, BStBl II 2013, 291). Für den Fall eines Umsetzungsdefizits könnte sich der Beklagte auch nicht zu Lasten der Klägerin auf einen Anwendungsvorrang der Richtlinie berufen (vgl. hierzu allgemein Robisch in Bunjes, Umsatzsteuergesetz, 11. Auflage, Vor § 1 UStG Rn. 9, 10).

31

Davon abgesehen erfüllt die Klägerin die Voraussetzung einer „ordnungsgemäß anerkannten Einrichtung“ im Sinne der vorstehenden Richtlinienbestimmungen. Wenn es im Anwendungsbereich des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstaben g und h der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchstaben g und h der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) für die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter ausreicht, dass die Kosten für die dort beschriebenen (steuerfreien) Leistungen von einer Krankenkasse oder anderen Einrichtung der sozialen Sicherheit übernommen werden (vgl. dazu BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06, BStBl II 2008, 634; BFH-Urteil vom 08.08.2013 V R 8/12, BFH/NV 2014, 119), muss es auch im Anwendungsbereich von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe p der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchstabe p der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) genügen, wenn die Beförderungsleistungen auf der Grundlage einer zwischen der Klägerin und einer gesetzlichen Krankenkasse getroffenen Vereinbarung ausgeführt und von dieser – wie im Streitfall – vergütet werden.

32

3.) Die über das Konto 08301 abgerechneten Nettoerlöse sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b Doppelbuchstaben aa und bb UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung nur mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern. Hiernach ermäßigt sich die Steuer für die Beförderung von Personen im Schienenbahnverkehr mit Ausnahme der Bergbahnen, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen und die Beförderungen im Fährverkehr innerhalb einer Gemeinde oder wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt, auf sieben Prozent.

33

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass den auf dem Konto 08301 ausgewiesenen Nettoerlösen Fahrten mit Taxen innerhalb der Grenzen des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b Doppelbuchstaben aa oder bb UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung zugrunde liegen. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten scheitert die Steuerermäßigung nach dieser Vorschrift nicht daran, dass die Klägerin diese Krankenfahrten mit Hilfe der von ihr beauftragten Subunternehmer ausgeführt hat und dass nur diese – nicht aber die Klägerin – eine Genehmigung für den Verkehr mit Taxen nach dem Personenbeförderungsgesetz – PBefG – besitzen (vgl. auch FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009, 1 V 1346/09, EFG 2010, 87; FG Münster, Urteil vom 17.06.2014 15 K 3100/09, EFG 2014, 1623). Das folgt aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des Gesetzes sowie dessen richtlinienkonformer Auslegung.

34

a.) Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG zwingt nicht zu der Annahme, dass der leistende Unternehmer die Beförderungsleistungen mit eigenen Taxen ausführen und selbst die Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzen muss. Das Gesetz knüpft die Steuerermäßigung lediglich an zwei Voraussetzungen: die Beförderungsart („Beförderung von Personen … im Verkehr mit Taxen“) und die Beförderungsstrecke (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009 1 V 1346/09, EFG 2010, 87; FG Münster – Urteil vom 17.06.2014, 15 K 3100/09, EFG 2014, 1623). Beide Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.

35

b.) Zwar ist bei der Auslegung zu beachten, dass der Gesetzgeber mit den in § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG verwendeten Begriffen an deren verkehrsrechtliche Bedeutung nach dem Personenbeförderungsgesetz angeknüpft hat (vgl. BFH-Urteil vom 30.06.2011 V R 44/10, BStBl II 2011, 1003). Mit Wirkung vom 19.12.2006 wurde der – bis dahin verwendete – Begriff „Kraftdroschkenverkehr“ durch die Wörter „Verkehr mit Taxen“ ersetzt (Art. 7 Nr. 5 Buchstabe b des Jahressteuergesetzes 2007). Dabei handelte es sich lediglich um eine redaktionelle Änderung, da die Verwendung des Begriffs „Kraftdroschke“ bei Einführung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG in Anlehnung an das Personenbeförderungsgesetz erfolgte und in diesem Gesetz der Begriff „Kraftdroschke“ zwischenzeitlich durch den Begriff „Taxen“ ersetzt worden war (vgl. den Gesetzentwurf des Bundesregierung zum Jahressteuergesetz 2007, BT-Drucksache 16/2712, Seite 75; BFH-Urteil vom 02.07.2014, XI R 39/10, BFH/NV 2014, 2019). Auch damit lässt sich § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG aber nicht entnehmen, dass die Steuerermäßigung für die Beförderung von Personen im Verkehr mit Taxen von personenbezogenen Merkmalen abhängig ist (vgl. auch FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009 1 V 1346/09, EFG 2010, 87; FG Münster – Urteil vom 17.06.2014, 15 K 3100/09, EFG 2014, 1623) oder voraussetzt, dass der Unternehmer die Beförderung mit „eigenen“ Taxen durchführt. Denn das Personenbeförderungsgesetz versteht unter dem Verkehr mit Taxen die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen bereithält und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführt. Der Unternehmer kann Beförderungsaufträge auch während einer Fahrt oder am Betriebssitz entgegennehmen (vgl. § 47 Abs. 1 PBefG).

36

Anders als für die ebenfalls begünstigte Beförderung von Personen „im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen“, mit der § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG für diese in §§ 42, 43 PBefG näher bestimmte Beförderungsart auch deren Genehmigungserfordernis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PBefG in Bezug nimmt, fehlt ein entsprechender Zusatz für den nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 (in Verbindung mit §§ 46 Abs. 2 Nr. 1, 47 PBefG) genehmigungsbedürftigen Verkehr mit Taxen. Das Adjektiv („genehmigt“) beschreibt nach seiner Stellung in § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG allein den „Linienverkehr“ näher, nicht aber den Verkehr mit Taxen. Gleiches gilt für die vorangegangene Fassung des Gesetzes, nach der sich die Steuer (unter anderem) für die Beförderung von Personen „im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen“ und  „im Kraftdroschkenverkehr“ ermäßigte.

37

c.) Der Sinn und Zweck des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG legen es nahe, den ermäßigten Steuersatz auch dann anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer zwar nicht selbst über die Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz verfügt, die Patienten jedoch – wie im Streitfall – auf der Grundlage einer mit einer gesetzlichen Krankenkasse getroffenen Vereinbarung mit Taxen innerhalb der Grenzen der Doppelbuchstaben aa) oder bb) befördert werden und zumindest die beauftragten Subunternehmer die erforderliche Genehmigung für den Verkehr mit Taxen besitzen.

38

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Umsatzsteuergesetz aus der vierten Wahlperiode (BT-Drucksache IV/1590, Seite 8) und der Entwurf eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) aus der fünften Wahlperiode (BT-Drucksache V/48, Seite 8), sahen ursprünglich keinen ermäßigten Steuersatz für die – bis dahin weitgehend begünstigten – Beförderungen von Personen im Nahverkehr vor. Der Finanzausschuss des Bundestages hielt jedoch eine Sonderregelung auch im neuen Umsatzsteuerrecht für geboten. Nach seiner Ansicht sollte der ermäßigte Steuersatz auch für die Personenbeförderung im Nahverkehr gelten, um die bisherige beförderungsrechtliche Begünstigung der Sozialverkehre beibehalten zu können und Tariferhöhungen in diesem Bereich bzw. – soweit solche Erhöhungen politisch nicht durchsetzbar seien – um weitere Subventionen der Verkehrsträger zu vermeiden (vgl. den Schriftlichen Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) zu BT-Drucksache V/1581, Seite 4). Die Ansicht des Finanzausschusses hat sich in der Regelung des § 12 Abs. 2 UStG durchgesetzt. § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG dient damit auch – wenn auch nicht ausschließlich (vgl. BFH-Urteil vom 30.06.2011 V R 44/10, BStBl II 2011, 1003) – sozialen Zwecken (vgl. Heidner in Bunjes, Umsatzsteuergesetz, 11. Auflage, § 12 UStG Rn. 193). Daneben hat der Gesetzgeber – um die sozialen Sicherungssysteme zu entlasten – in weiteren Vorschriften seinen Willen zum Ausdruck gebracht, Leistungen, deren Kosten von gesetzlichen Krankenkassen oder anderen Trägern der sozialen Sicherung getragen werden müssen, umsatzsteuerrechtlich zu begünstigen (vgl. beispielsweise die Steuerbefreiungen in § 4 Nr. 14, 15, 16 und 17 UStG). Vor diesem Hintergrund wäre es widersinnig, die Beförderung kranker Personen dem Regelsteuersatz zu unterwerfen, nur weil der leistende Unternehmer sich bei der Ausführung seiner Beförderungsleistung konzessionierter Taxiunternehmer bedient, aber nicht selbst über eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz verfügt, wenn dessen Einschaltung in die Leistungskette gerade deshalb erfolgt, um die von der gesetzlichen Krankenkasse zu tragenden Fahrtkosten zu reduzieren. Das war – wie sich aus der Präambel der zwischen der Klägerin und der Krankenkasse im September 2007 geschlossen Vereinbarung ergibt – das Ziel der gewählten Konstruktion.

39

d.) Ein solches Verständnis von § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG gebietet auch dessen richtlinienkonforme Auslegung. Unionsrechtliche Grundlage für diese Steuerermäßigung ist Art. 12 Abs. 3 Buchstabe a Unterabsatz 3 der Richtlinie 77/388/EWG in Verbindung mit deren Anhang H Kategorie 5 und Art 98 Abs. 1 der im Streitjahr bereites geltenden Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie in Verbindung mit deren Anhang III Ziffer 5. Hiernach können die Mitgliedstaaten für die „Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks“ einen ermäßigten Steuersatz anwenden. Diese Voraussetzungen erfüllen die von der Klägerin erbrachten Beförderungsleistungen zweifelsohne.

40

aa.) Zwar zwingen der Wortlaut des Art. 12 Abs. 3 Buchstabe a Unterabsatz 3 der Richtlinie 77/388/EWG und der des Art. 98 Abs. 1 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie nicht zu der Auslegung, dass der ermäßigte Steuersatz nur dann angewandt werden kann, wenn er sich auf alle Aspekte einer Kategorie von Leistungen im Sinne des Anhangs H bzw. III dieser Richtlinie bezieht, so dass eine selektive Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht ausgeschlossen ist, sofern sie keine Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung nach sich zieht. Daher haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, konkrete und spezifische Aspekte einer Kategorie von Leistungen im Sinne des Anhanges H der Richtlinie 77/388/EWG und des Anhangs III der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie mit einem ermäßigten Steuersatz zu belegen. Die selektive Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes unterliegt indes der zweifachen Bedingung, dass zum einen für die Zwecke der Anwendung des ermäßigten Satzes nur konkrete und spezifische Aspekte der in Rede stehenden Kategorie von Leistungen herausgelöst werden und zum anderen der Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird (vgl. EuGH-Urteil vom 27.02.2014 C-454/12, juris).

41

Die Beförderung von Personen im Nahverkehr mit Taxen ist ein konkreter und spezifischer Aspekt der im Anhang H der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Anhang III der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie beschriebenen „Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks“. Denn die Taxiunternehmer gelten in vollem Umfang als Erbringer einer öffentlichen Dienstleistung der Beförderung von Personen, deren Tätigkeit von der Erteilung einer Genehmigung durch die zuständige Behörde abhängig ist und erheblichen weiteren Verpflichtungen unterliegt. Dazu gehört unter anderem, dass sie ihre Tätigkeit entsprechend den öffentlichen Verkehrsinteressen aufrechterhalten (§ 21 PBefG), ihrer Beförderungspflicht im Sinne von § 22 PBefG nachkommen und die festgesetzten Beförderungsentgelte beachten (§ 47 Abs. 4 und 51 Abs. 1 PBefG; vgl. BFH-Urteil vom 02.07.2014 XI R 39/10, BFH/NV 2014, 2019). Ein rechtlicher Rahmen, der Taxiunternehmer – im Unterschied zu Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung – zwingt, Beförderungsleistungen unter Übernahme einer Betriebspflicht zu erbringen, und ihnen verbietet, eine Beförderung in Erwartung insbesondere einer profitableren Fahrt abzulehnen oder Situationen gewinnbringend zu nutzen, in denen sie ein vom offiziellen Tarif abweichendes Beförderungsentgelt verlangen könnten, ist geeignet, unterschiedliche Leistungen zu kennzeichnen (vgl. EuGH-Urteil vom 27.02.2014 C-454/12, juris).

42

Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität lässt es nicht zu, gleichartige und deshalb miteinander im Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln. Dienstleistungen sind gleichartig, wenn sie – aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers – ähnliche Eigenschaften haben und beim Verbraucher nach Maßgabe eines Kriteriums der Vergleichbarkeit in der Verwendung denselben Bedürfnissen dienen und wenn die bestehenden Unterschiede die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers, die eine oder andere Dienstleistung zu wählen, nicht erheblich beeinflussen. Dabei kommt es nicht allein auf die Gegenüberstellung einzelner Leistungen an, sondern ist der Kontext zu berücksichtigen. Zu einer Unterscheidbarkeit können unter Berücksichtigung der jeweiligen Wirtschaftszweige in Ausnahmefällen auch Unterschiede im rechtlichen Rahmen und in der rechtlichen Regelung der betreffenden Dienstleistungen führen (vgl. EuGH-Urteil vom 27.02.2014 C-454/12, juris).

43

Vor diesem Hintergrund sind Personenbeförderungsleistungen, die auf der Grundlage einer für Taxiunternehmen und Mietwagenunternehmen gleichermaßen geltenden Sondervereinbarung mit einer Krankenkasse ausgeführt werden, gleich zu besteuern, wenn die Beförderung der Personen mit einem Taxi keinen konkreten und spezifischen Aspekt der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks darstellt und wenn die im Rahmen dieser Vereinbarung durchgeführten Tätigkeiten aus der Sicht des durchschnittlichen Nutzers als gleichartig anzusehen sind (vgl. EuGH-Urteil vom 27.02.2014 C-454/12, juris; BFH-Urteil vom 02.07.2014 XI R 39/10, BFH/NV 2014, 2019).

44

bb.) Vorliegend hat die Klägerin ihre Leistungen zwar nicht auf der Grundlage einer gleichermaßen auch für Taxiunternehmer geltenden Sondervereinbarung mit der Krankenkasse ausgeführt. Der zwischen ihr und der Krankenkasse geschlossene Vertrag nahm keinen Bezug auf die zeitgleich in Kraft getretene Vereinbarung zwischen der Krankenkasse und dem Z. Gleichwohl haben die zwischen der Klägerin und der Krankenkasse vereinbarten Regelungen zu Folge, dass die von ihr mit Taxen ihrer Subunternehmer ausgeführten Personenbeförderungsleistungen sich von vergleichbaren Personenbeförderungsleistungen von Taxiunternehmen nicht mehr in seiner solchen Weise unterscheiden, dass diese sich gegenüber den von  der Klägerin ausgeführten Leistungen noch als konkreter und spezifischer Aspekt der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks abgrenzen lassen.

45

Denn die zwischen der Klägerin und der Krankenkasse getroffenen Vereinbarungen kommen in Bezug auf die Beförderung der Patienten einer Betriebs- und Beförderungspflicht gleich. Nach dem zwischen ihr und der Krankenkasse geschlossenen Vertrag hatte die Klägerin zu gewährleisten, dass die Patientenfahrten nach den gesetzlichen und vertraglichen Qualitätsstandards erfolgen. Die vertraglich vereinbarten Qualitätskriterien sahen neben der Einhaltung der Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes vor, dass die Fahrten zur Behandlung zeitlich so angetreten werden, dass ein termingerechter Behandlungstermin und eine termingerechte Rückfahrt gesichert sind.

46

Zwar galten für die Klägerin nicht die in Gebührenordnungen für Taxiunternehmer geregelten Beförderungsentgelte und wichen die zwischen ihr und der Krankenkasse vereinbarten Pauschalen für die Beförderung der Patienten von den zwischen der Krankenkasse und dem Z vereinbarten Beträgen ab. Da die Klägerin jedoch – neben den vereinbarten Pauschalen – keine weiteren Beförderungsentgelte erheben durfte und die gesetzliche Krankenklasse sowohl beim Abschluss des Vertrages mit der Klägerin als auch bei Abschluss der Vereinbarung mit dem Z aufgrund der für sie geltenden Vorgaben in § 133 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 SGB V den Grundsatz der Beitragsstabilität (§ 71 Abs. 1 Satz 1 SGB V) zu beachten hatte, die Beförderungsentgelte also nicht dem freien Spiel des Marktes, sondern einschränkenden gesetzlichen Vorgaben unterworfen waren, rechtfertigen die unterschiedlichen Pauschalen allein nicht mehr, die von der Klägerin mit den Taxen ihrer Subunternehmer ausgeführten Beförderungsleistungen aus dem Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG auszunehmen.

47

Vor diesem Hintergrund sind die von der Klägerin mit Taxen ihrer Subunternehmer ausgeführten Beförderungsleistungen schließlich mit von Taxiunternehmern selbst ausgeführten Patientenfahrten gleichartig. Aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers dienen beide der Befriedigung desselben Bedürfnisses. Beide haben die – kostenmäßig von der gesetzlichen Krankenkasse zu tragende (vgl. § 60 SGB V) – Beförderung von Patienten zu medizinischen Einrichtungen zum Gegenstand. Ob die Beförderungsleistung von einem Taxiunternehmer selbst oder von einem Unternehmer ausgeführt wird, der nicht selbst eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzt und die Fahrten mithilfe von Subunternehmern ausführt, macht aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers keinen erheblichen Unterschied mehr, wenn die Krankenfahrten – wie im Streitfall – mit Taxen von Subunternehmern ausgeführt werden, die eine entsprechende Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz besitzen, die Abrechnung dieser Fahrten auf der Grundlage einer mit einer gesetzlichen Krankenkasse getroffenen Vereinbarung beruht und daher den einschränkenden Regelungen der §§ 71, 133 SGB V unterworfen ist.

48

II.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären.

49

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 FGO und der entsprechenden Anwendung von §§ 708 Nr. 10, 711 der ZivilprozessordnungZPO.

50

Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 1. Alternative FGO zugelassen. Die Frage, ob gegenüber einer gesetzlichen Krankenkasse abgerechnete Krankentransporte mit Taxen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unterliegen, wenn der leistende Unternehmer selbst keine Genehmigung für den Verkehr mit Taxen hat, die Fahrten aber von seinen Subunternehmen durchgeführt werden, die eine solche Genehmigung besitzen, hat grundsätzliche Bedeutung. Der Senat hält insoweit auch eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes zur Fortbildung des Rechts für erforderlich.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

(1) Verkehr mit Taxen ist die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen bereithält und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführt. Der Unternehmer kann Beförderungsaufträge auch während einer Fahrt oder am Betriebssitz entgegennehmen.

(2) Taxen dürfen nur an behördlich zugelassenen Stellen und in der Gemeinde bereitgehalten werden, in der der Unternehmer seinen Betriebssitz hat. Fahrten auf vorherige Bestellung dürfen auch von anderen Gemeinden aus durchgeführt werden. Die Genehmigungsbehörde kann im Einvernehmen mit anderen Genehmigungsbehörden das Bereithalten an behördlich zugelassenen Stellen außerhalb der Betriebssitzgemeinde gestatten und einen größeren Bezirk festsetzen.

(3) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung den Umfang der Betriebspflicht, die Ordnung auf Taxenständen sowie Einzelheiten des Dienstbetriebs zu regeln. Sie kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung übertragen. In der Rechtsverordnung können insbesondere Regelungen getroffen werden über

1.
das Bereithalten von Taxen in Sonderfällen einschließlich eines Bereitschaftsdienstes,
2.
die Annahme und Ausführung von fernmündlichen Fahraufträgen,
3.
den Fahr- und Funkbetrieb,
4.
die Behindertenbeförderung und
5.
die Krankenbeförderung, soweit es sich nicht um Beförderungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 handelt.

(4) Die Beförderungspflicht besteht nur für Fahrten innerhalb des Geltungsbereichs der nach § 51 Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 2 Satz 1 festgesetzten Beförderungsentgelte (Pflichtfahrbereich).

(5) Die Vermietung von Taxen an Selbstfahrer ist verboten.

(1) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Beförderungsentgelte und -bedingungen für den Taxenverkehr festzusetzen. Die Rechtsverordnung kann insbesondere Regelungen vorsehen über

1.
Grundpreise, Kilometerpreise und Zeitpreise sowie Festpreise für bestimmte Wegstrecken,
2.
Zuschläge,
3.
Vorauszahlungen,
4.
die Abrechnung,
5.
die Zahlungsweise und
6.
die Zulässigkeit von Sondervereinbarungen für den Pflichtfahrbereich.
Die Landesregierung kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung übertragen. Für Fahrten auf vorherige Bestellung können Festpreise bestimmt oder Regelungen über Mindest- und Höchstpreise getroffen werden, innerhalb derer das Beförderungsentgelt vor Fahrtantritt frei zu vereinbaren ist.

(2) Sondervereinbarungen für den Pflichtfahrbereich sind nur zulässig, wenn

1.
ein bestimmter Zeitraum, eine Mindestfahrtenzahl oder ein Mindestumsatz im Monat festgelegt wird,
2.
eine Ordnung des Verkehrsmarktes nicht gestört wird,
3.
die Beförderungsentgelte und -bedingungen schriftlich vereinbart sind und
4.
in der Rechtsverordnung eine Pflicht zur Genehmigung oder Anzeige vorgesehen ist.

(3) Bei der Festsetzung der Beförderungsentgelte und -bedingungen sind § 14 Abs. 2 und 3 sowie § 39 Abs. 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Die ermächtigten Stellen können für einen Bereich, der über den Zuständigkeitsbereich einer die Beförderungsentgelte und -bedingungen festsetzenden Stelle hinausgeht, in gegenseitigem Einvernehmen einheitliche Beförderungsentgelte und -bedingungen vereinbaren.

(5) Für die Anwendung der Beförderungsentgelte und -bedingungen gilt § 39 Abs. 3 entsprechend.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 3. Kammer – vom 19. Februar 2008 wird zurückgewiesen

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit einer Genehmigung des Beklagten, mit der dieser eine Sondervereinbarung nach § 51 Abs. 2 PBefG genehmigt hat.

2

Die dem Beigeladenen zu 6) nicht angehörende Klägerin betreibt ein Taxi-Unternehmen.

3

Am 14. November 2005 schlossen der Beigeladene zu 6) und die Beigeladenen zu 1) bis 5) eine Vereinbarung nach § 133 Sozialgesetzbuch V über die Durchführung und Vergütung von Patientenfahrten in Schleswig-Holstein (nachfolgend Vereinbarung genannt). Die Vereinbarung besteht aus einem allgemeine Fragen des Vertragsverhältnisses und der Beziehungen zwischen den Vertragsparteien und den Mitgliedern des Beigeladenen zu 6) regelnden Grundvertrag und mehreren Anlagen. In Anlage B enthält die Vereinbarung Vergütungsvereinbarungen, die von den in der Kreisverordnung über Beförderungsentgelte für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen im Kreis Stormarn vom 01. Juli 2006 (nachfolgend: Kreisverordnung) festgelegten Tarifen abweichen. Die vereinbarten Tarife traten teils am 01. Januar 2006, teils am 01. April 2006 in Kraft. Nach der in Artikel III enthaltenen Kündigungsregelung kann die Vereinbarung von jeder Vertragspartei mit einer Frist von einem Monat zum Ende eines Kalendervierteljahres, erstmals zum 31. Dezember 2006, schriftlich gekündigt werden. Im Falle der Kündigung wirkt die Vereinbarung über den Kündigungszeitpunkt nach, bis sie durch eine neue Vereinbarung ersetzt wird oder eine Seite schriftlich das Scheitern weiterer Verhandlungen erklärt.

4

Gemäß § 3 Abs. 4 der Kreisverordnung bedürfen im Kreis Stormarn Sondervereinbarungen für den Pflichtbereich im Sinne des § 51 Abs. 2 PBefG der Genehmigung des Landrates. Dementsprechend beantragte der Beigeladene zu 6) mit Schreiben vom 10. Juli 2006 die erforderliche Genehmigung beim Beklagten. Dieser genehmigte die Sondervereinbarung mit Bescheid vom 20. Dezember 2006. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es liege eine schriftliche Sondervereinbarung nach § 3 Abs. 1 der Kreisverordnung vor, die den Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 PBefG genüge. In der Vereinbarung sei ein bestimmter Zeitraum festgelegt worden. Dabei sei es nicht erforderlich, eine Mindestfahrtenzahl oder einen Mindestumsatz im Monat festzulegen. Auch werde die Ordnung des Verkehrsmarktes nicht gestört. Nach § 52 Abs. 3 PBefG gelte die entsprechende Anwendung des § 39 Abs. 2 PBefG nur für die Festsetzung der Beförderungsentgelte, nicht jedoch für die vertraglich vereinbarten Entgelte. Im Rahmen der freien Vertragsgestaltung sei davon auszugehen, dass die Unternehmer die Preisgestaltung an ihren unternehmerischen Zielen und Bedürfnissen ausrichten werden. Dies gelte insbesondere, wenn die Unternehmen bei den Vertragsverhandlungen durch Berufsverbände vertreten seien, die die unternehmerischen Interessen des Taxigewerbes den Interessen des Vertragspartners, wie es hier die Krankenkassen seien, gleichgewichtig entgegenstellen könnten.

5

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 04. Januar 2007 erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie im Wesentlichen geltend machte, in der Sondervereinbarung seien weder eine Mindestfahrtenzahl noch ein Mindestumsatz noch ein bestimmter Zeitraum vereinbart worden. Dies verstoße gegen § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG. Auch werde die Ordnung des Verkehrsmarktes gestört. Ausweislich eines im Auftrage des Gesamtverbandes Verkehrsgewerbe Niedersachsen e.V. – Bezirksgruppe Stade – in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens und der danach anzusetzenden jährlichen Selbstkosten von Taxifahrzeugen liege es auf der Hand, dass die Entgelte der streitigen Sondervereinbarung keinen nennenswerten Unternehmergewinn, keinerlei Abschreibungen und keinerlei Rücklagen für die Anschaffung neuer Fahrzeuge ermöglichen. Außerdem erhielten Taxiunternehmer, die nicht Mitglied des Landesverbandes seien, jedoch eine Vereinbarung mit den Krankenversicherern schließen wollten, noch geringere Entgelte als in der Vereinbarung vorgesehen. Dadurch werde ein Druck ausgeübt, zum Landesverband beizutreten. Ohne eine Vereinbarung erhalte ein Taxiunternehmer für Krankenfahrten von den Krankenversicherern überhaupt keine Vergütung.

6

Mit Widerspruchsbescheid vom 05. März 2007 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Er wiederholte darin seine Auffassung, dass die in § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG genannten Voraussetzungen nicht kumulativ vorliegen müssten. Ein bestimmter Zeitraum sei in der Sondervereinbarung vorgesehen. Die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 PBefG seien nicht im Rahmen von § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG anwendbar. Aufgrund der Einvernehmlichkeit der Sondervereinbarung könne die Klägerin keine weitergehenden subjektiven Rechte herleiten.

7

Der Bescheid wurde am 07. März 2007 zugestellt.

8

Am 10. April 2007 hat die Klägerin Klage erhoben.

9

Sie hat vorgetragen, im Jahre 2005 habe der Umsatzanteil für Krankenfahrten am Gesamtumsatz etwa 15 % betragen. Die gesetzlichen Krankenversicherer würden es ablehnen, Patientenfahrten von Taxiunternehmen zu erstatten, selbst wenn die Patienten bereit seien, die Differenz zwischen Beförderungsentgelten der Sondervereinbarung auszugleichen. Sie bestünden auf vertraglichen Vereinbarungen zu den Konditionen des Vertrages mit dem Beigeladenen zu 6) oder noch schlechteren. Es entstehe ein erheblicher Druck für Taxiunternehmer, die nicht dem Beigeladenen zu 6) angehörten. Sie hätten die Wahl, entweder in den Verband einzutreten, mangels Vereinbarung überhaupt keine Vergütung zu erhalten oder eine Vereinbarung zu noch niedrigeren Konditionen abzuschließen.

10

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Sondervereinbarung verstoße gegen § 51 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 PBefG. Beide Vorschriften würden ein subjektiv-öffentliches Recht vermitteln. Die Vereinbarung enthalte weder eine Mindestfahrtenzahl noch einen Mindestumsatz noch werde ein bestimmter Zeitraum festgelegt. Zwar enthalte sie eine Mindestlaufzeit; die Vertragsdauer werde aber nur durch Kündigung beendet. Somit liege kein definitives Ende fest, weshalb es sich um einen Vertrag von unbestimmter Dauer handele. Sie – die Klägerin – könne sich darauf berufen, dass die Sondervereinbarung zu einer das Taxigewerbe bedrohenden oder gar vernichtenden Dauereinrichtung werde. Auch verstoße die Vereinbarung gegen § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG. Die Ordnung des Verkehrsmarktes werde gestört. Die vereinbarten Tarife seien nicht geeignet, eine kostendeckende Arbeitsweise zu ermöglichen. Sie seien existenzgefährdend. Jedenfalls bestehe die Gefahr, dass die verbleibenden Unternehmer ihren Fuhrpark nicht mehr ausreichend instand halten könnten. Dies würde zu Gefahren im Straßenverkehr, auch für die Fahrgäste führen.

11

Darüber hinaus hat die Klägerin geltend gemacht, die Sondervereinbarung verstoße gegen § 51 Abs. 3 i.V.m. § 39 Abs. 2 PBefG, da die vereinbarten Entgelte nicht auskömmlich seien. § 39 Abs. 2 PBefG sei im Rahmen des Abschlusses von Sondervereinbarungen anwendbar. Die Vorschrift entfalte auch Drittschutz.

12

Ferner hat die Klägerin die Auffassung vertreten, durch die Genehmigung der Sondervereinbarung sei sie in ihrem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie im Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach Art. 14 verletzt. Ferner verstoße die Sondervereinbarung gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Nicht verbandsangehörige Taxiunternehmer würden durch die Krankenversicherer diskriminiert.

13

Die Klägerin hat beantragt,

14

den Bescheid des Beklagten vom 18. Dezember 2006 (richtig: 20.Dezember 2006) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. März 2007 aufzuheben.

15

Der Beklagte hat beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Er hat zur Begründung seines Klagabweisungsantrages auf die Ausführungen im Bescheid vom 18. Dezember 2006 und im Widerspruchsbescheid vom 05. März 2007 verwiesen.

18

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

19

Die Beigeladene zu 1) hat vorgetragen, das von der Klägerin eingereichte Gutachten sei nicht aussagefähig. Die dort begutachtete Vereinbarung sei mit der streitgegenständlichen nicht vergleichbar, da die Vergütungen eine gänzlich andere Struktur aufweisen würden. Soweit die Klägerin Umsatzerlöse für 2005 und 2006 mitgeteilt habe, seien diese nicht aussagekräftig, weil darin in größerem Umfange Erlöse aus Patientenfahrten enthalten seien, die Ausgangs- und/oder Zielort außerhalb des Kreises Stormarn hätten. Sie würden deshalb von der angefochtenen Genehmigung in keiner Weise tangiert. Im Übrigen seien die vereinbarten Entgelte auskömmlich. Eine Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes liege nicht vor. Bei den Patientenfahrten mit einer Beförderungsleistung von weniger als 1.890 m wäre mit der Sondervereinbarung sogar eine Besserstellung gegenüber den Tarifen der seit dem 01. Juli 2006 geltenden Kreisverordnung verbunden, da der für Patientenfahrten vereinbarte Mindesttarif von 5,-- Euro höher als der behördlich festgesetzte Tarif sei. Im Ergebnis lägen die Vergütungssätze entsprechender Sondervereinbarungen in anderen Bundesländer sehr häufig niedriger.

20

Im Übrigen treffe es auch nicht zu, dass sie – die Beigeladene zu 1) – die Vergütung von Patientenfahrten von Taxiunternehmern ablehne, welche nicht im Landesverband organisiert seien. Lediglich die Direktabrechnung des Unternehmens mit der Krankenkasse könne mangels vertraglicher Regelung nicht erfolgen. Die Versicherten könnten aber im Rahmen der Leistungen der Krankenkasse Kostenerstattung beantragen.

21

Mit Urteil vom 19. Februar 2008 hat das Verwaltungsgericht – 3. Kammer – die Klage abgewiesen.

22

Zwar weise die Klägerin die erforderliche Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO auf, die Klage sei jedoch unbegründet. Die Sondervereinbarung verstoße nicht gegen § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG, da ein bestimmter Zeitraum im Sinne dieser Vorschrift vereinbart worden sei. Auf einen Verstoß gegen § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG könne sich die Klägerin nicht berufen, da die Vorschrift den einzelnen Taxiunternehmer nicht in seinen eigenen subjektiven Rechten schütze. Zwar wolle § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG eine Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes verhindern, dies sei aber nicht im Sinne eines Konkurrentenschutzes zu verstehen. Die Zulässigkeitsvoraussetzung der Sondervereinbarung diene nicht dazu, die derzeitige Position einzelner Unternehmer am Markt zu festigen und in ihrem Bestand zu schützen, sondern es gehe um die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes insgesamt. Die Aufrechterhaltung der Ordnung des Verkehrsmarktes entfalte nicht in der Weise drittschützende Wirkung, dass die Sondervereinbarung nicht nachteilig auf einzelne Unternehmen auswirken dürften. Ausreichend sei, dass das Taxigewerbe im tarifgebundenen Bereich als solches bestehen bleibe. Dem Taxengewerbe als einem öffentlichen Verkehrsträger seien Beschränkungen des freien Wettbewerbs, nämlich die Beförderungspflicht und die Bindung an Beförderungstarife auferlegt. Hierbei handele es sich um Rahmenbedingungen, die jeder Taxenunternehmer, der sich für den Beruf entscheide, vorfinde und mit dem Antrag auf Zulassung zu ihm in Kauf nehme. Aus diesem Grunde sei der in der mündlichen Verhandlung vom Klägervertreter gestellte Beweisantrag als unerheblich abzulehnen gewesen. Dieser habe auf Einholung eines Gutachtens zum Beweis der Tatsache abgezielt, dass die streitgegenständliche Sondervereinbarung für die nicht vereinbarungsgebundenen Unternehmer existenzbedrohende wirtschaftliche Auswirkungen habe. Auf diese Frage komme es jedoch infolge des fehlenden Drittschutzes der Vorschrift nicht an. Darüber hinaus sei der Beweisantrag aber auch "ins Blaue hinein" gestellt gewesen. Die Klägerin hätte zumindest darlegen müssen, welchen Anteil die Krankenfahrten zum gesamten Beförderungsdienst ausmachen. In Anbetracht dessen, dass die streitige Vereinbarung bereits über einen längeren Zeitraum praktiziert werde, hätte sie das angebliche "Unternehmersterben" anhand konkreter Beispiele belegen können. Darüber hinaus vermöge das Gericht auch nicht zu erkennen, dass in der Sache eine Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes gegeben sei. Die Genehmigung der Sondervereinbarung sei vor dem Hintergrund der zum 01. Juli 2006 erfolgten, verbesserten Tarifordnung, welche ihrerseits bereits die Sondervereinbarung im Blick gehabt habe, erteilt worden. Für eine Störung des tarifgebundenen Marktes dadurch, dass ihm bestimmte Krankenfahrten entzogen worden seien, lägen keinerlei Anhaltspunkte vor. Dafür, dass die Beförderungsnachfrage außerhalb von Krankenfahrten im Kreis Stormarn praktisch bedeutungslos geworden sei, habe die Klägerin keine nachvollziehbaren Tatsachen dargelegt. Für das eigene Unternehmen habe sie selbst einen – ehemaligen – Anteil an Krankenfahrten von nur 15 % des Gesamtumsatzes angegeben. Ohnehin sei in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass der wesentliche Anteil an Krankenfahrten bereits durch eine gesetzliche Änderung seit dem 01. Januar 2004 entfallen sei, wonach Krankenfahrten zu niedergelassenen Ärzten, die den Hauptanteil ausmachten, nicht mehr durch die Krankenversicherungen übernommen würden. Vergütet würden nur noch Sonderbereiche, wie Fahrten zur Dialysebehandlung, Chemo- oder Strahlentherapie sowie Fahrten zum Krankenhaus.

23

Das Verwaltungsgericht hat ferner ausgeführt, die rechtlichen Bedenken der Klägerin dahingehend, dass durch die Vereinbarung Druck auf nicht organisierte Unternehmer ausgeübt würden, teile es nicht. Schließlich würden durch die Vereinbarung die gesetzlichen Vorgaben nach § 133 SGB V erfüllt und erst die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme der Patientenfahrten durch die Krankenversicherungen geschaffen. Berufsverbände seien zudem viel besser als jeder Einzelunternehmer in der Lage, die wirtschaftlichen und unternehmerischen Interessen des Taxigewerbes gleichgewichtig gegenüber den Krankenversicherungen zu vertreten und durchzusetzen. Der einzelne Unternehmer müsse sich viel eher dem Diktat der Versicherungen unterwerfen. Auch trage die Vereinbarung durch den Verband als Vertreter einer Vielzahl von Unternehmern auch zu einer Vereinheitlichung der Tarife für Krankenfahrten bei.

24

Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass die in der Sondervereinbarung vereinbarten Tarife nicht auskömmlich sein sollten. § 39 Abs. 2 PBefG schütze nicht die unternehmerischen Interessen Dritter. Der Sinn und Zweck der Regelung entspreche dem allgemeinen Ziel, das im Personenbeförderungsgesetz zum Ausdruck komme, nämlich das wirtschaftliche Interesse des Beförderungsunternehmers und das auf Gewährleistung sicherer und ausreichender Beförderungsmöglichkeiten gerichtete Interesse der Allgemeinheit soweit wie möglich in einen Ausgleich zu bringen. Im Übrigen gelte § 39 Abs. 2 PBefG nicht unmittelbar für Taxiunternehmen. Eine entsprechende Anwendung sei nach dem Wortlaut des § 51 Abs. 3 PBefG auch nur für die Festsetzung von Beförderungsentgelten, also den regulierten Markt angeordnet, nicht jedoch für die vertraglich vereinbarten Beförderungsentgelte.

25

Schließlich hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, eine Verletzung von Grundrechten der Klägerin des Art. 3, 12 und 14 GG seien nicht erkennbar. Zudem sei die Abrede, wonach bei eventuellem Abschluss von Einzelverträgen die Krankenkassen bei der Preisfindung den erhöhten Arbeitsaufwand berücksichtigen werden bzw. der durch Einzelverträge entstehende zusätzliche Verwaltungsaufwand entgeltmindernd wirksam wird, aus der Vereinbarung nach dem Vorbringen der Beigeladenen herausgenommen worden. Dabei bestünden keine Anhaltspunkte mehr für die Annahme einer Diskriminierung oder eines Missbrauchs im Sinne des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder einer Verletzung von Art. 3 oder 12 GG. Zudem sei der Beklagte im Rahmen des Genehmigungsverfahrens auch gar nicht berechtigt, die Tätigkeit der beigeladenen Krankenversicherungen auf die Rechtmäßigkeit nach dem Sozialgesetzbuch V zu überwachen.

26

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

27

Gegen das ihr am 26. Februar 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. März 2008 frist- und formgerecht Berufung eingelegt, welche am 28. April 2008 – einem Montag – begründet worden ist.

28

Zur Begründung trägt die Klägerin unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen vertiefend vor, auch nach ihrer Auffassung müssten die in § 52 Abs. 2 Ziff. 1 PBefG genannten Merkmale nicht kumulativ, sondern nur alternativ vorliegen. In der Sondervereinbarung sei aber weder eine Mindestfahrtenzahl noch ein Mindestumsatz und eben auch kein bestimmter Zeitraum festgelegt worden. Vereinbart worden sei nur der Beginn eines Zeitraumes sowie eine Kündigungsoption innerhalb einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres, erstmals zum 31. Dezember 2006. Zudem gelte auch bei einer Kündigung die Sondervereinbarung auf unbestimmte Zeit weiter, bis sie durch eine neue Sondervereinbarung ersetzt werde oder bis das Scheitern der Verhandlungen von einer Partei erklärt worden sei. Der Wortlaut der Vereinbarung verbiete deshalb die Annahme der Festlegung eines bestimmten Zeitraumes. Das Verwaltungsgericht habe zudem eine Ausnahmevorschrift weit, statt wie geboten eng ausgelegt, wenn der Zweck der Vorschrift darin gesehen werde, zu verhindern, dass nicht nur eine einzelne Fahrt dem Anwendungsbereich einer Sondervereinbarung unterfalle. Bei dieser Auslegung habe das Verwaltungsgericht verkannt, dass neben einer abstrakt-generellen Vielzahl von Fahrten eben auch ein bestimmter Zeitraum vom Gesetzeswortlaut gefordert werde. Hätte der Gesetzgeber einen Mindestzeitraum für ausreichend gehalten, hätte er dies ins Gesetz schreiben müssen. Die Vereinbarung eines zeitlich nicht befristeten Zeitraumes mit Kündigungsmöglichkeit erfülle auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Freiburg (Urt. v. 11.09.2008 – 2 K 1256/07 -) nicht das Merkmal eines bestimmten Zeitraumes. Die Vereinbarung einer Mindestlaufdauer reiche hierfür nicht aus. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Vorschrift des § 51 Abs. 2 Ziff. 1 PBefG auch drittschützend. Die engen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Vorschrift sollten das nicht vertragsgebundene Taxigewerbe vor einer ausufernden Vereinbarungspraxis potentieller Vertragspartner schützen.

29

Die Sondervereinbarung bewirke zudem eine Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes i.S.v. § 51 Abs. 2 PBefG. Sie bewirke erhebliche Verschiebungen am Markt. Viele nicht vertragsgebundene Unternehmen mit bisher hohem Anteil an Patientenfahrten müssten aus dem Markt ausscheiden; jedenfalls seien sie aber nicht mehr zu einer Instandsetzung des Fuhrparks in der Lage, wenn die Patientenfahrten wegfielen oder deren Anzahl geringer würde oder sie sich notgedrungen den ausgehandelten – niedrigeren – Tarifen unterwerfen müssten. Da die Krankenkassen gezielt Hinweise gäben, dass Taxifahrten mit nicht vertragsgebundenen Unternehmen nicht erstattet würden, sei die Annahme des Wegfalls oder der Verringerung der Patientenfahrten realistisch.

30

Im erstinstanzlichen Verfahren sei das Privatgutachten eines Sachverständigen vorgelegt worden; zudem seien eigene Daten zur wirtschaftlichen Betroffenheit beigebracht worden. Bei dieser Sachlage hätte das Verwaltungsgericht den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag über die existenzbedrohenden wirtschaftlichen Nachteile der Sondervereinbarung nicht als "ins Blaue hinein" gestellt ablehnen dürfen. Es sei der Klägerin auch gar nicht möglich, den Anteil der Krankenfahrten zum gesamten Beförderungsdienst zu ermitteln.

31

Die schleichende Unterhöhlung des bedeutsamen Marktsegments "Krankenfahrten" – welches bei Taxiunternehmen zwischen 15 und 70 % liege – bedeute eine Störung der Ordnung des betroffenen Verkehrsmarktes. Das Verwaltungsgericht habe den Druck, der infolge der Sondervereinbarung und der Praktiken der Krankenkassen auf die nicht vertragsgebundenen Taxiunternehmen ausgeübt werde, schlicht verkannt.

32

Die Vorschrift des § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG begründe auch ein subjektiv-öffentliches Recht der Klägerin. Taxiunternehmen sollten durch diese Norm für Sondervereinbarungen geschützt werden, die die genannten Zulässigkeitskriterien nicht erfüllen.

33

Drittschützend sei schließlich auch die Regelung des § 51 Abs. 3 i.V.m. § 39 Abs. 2 PBefG. Diese Vorschrift sei auch im Falle einer Vereinbarung nach § 51 Abs. 2 PBefG anzuwenden. Ansonsten hätte der Gesetzgeber die Regelung des Absatzes 3 nicht nach den ersten beiden Absätzen, sondern am Ende von Absatz 1 eingefügt. Außerdem sei die notwendige Genehmigung der Vereinbarung als Festsetzung der Beförderungsentgelte zu verstehen, so dass auch das Wortlautargument des Verwaltungsgerichts nicht greife. Die Prüfung der Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 PBefG sei bei einer Sondervereinbarung im Hinblick auf ihren Ausnahmecharakter besonders notwendig und entspreche dem Zweck des Gesetzes.

34

Durch die vom Beklagten bei der Genehmigung in Kauf genommenen Nachteile und Verwerfungen für nicht vertragsgebundene Taxiunternehmen würden diese in ihren Rechten aus Art. 12 GG, Art. 14 GG und Art. 3 GG verletzt. Die Genehmigungsbehörde habe nämlich mit der Genehmigung die Grundlage für ein diskriminierendes Verhalten der Krankenversicherer gegenüber Unternehmen, wie der Klägerin, geschaffen. Die vom Verwaltungsgericht für seine den Drittschutz verneinende Auffassung in Anspruch genommene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Mai 1976 (- 2 BvL 1/75 -) lege eher das Gegenteil nahe.

35

Dass im Übrigen entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1) die Vorschrift des § 39 Abs. 2 PBefG auch für Sondervereinbarungen gelte, gehe auch aus einem Vermerk von Herrn Dr. W I vom 21. April 2008 hervor, welcher seinerzeit der im Bundesverkehrsministerium für das Personenbeförderungsrecht zuständige Ministerialdirigent gewesen sei. Nach dessen zutreffender Ansicht habe das einzelne Unternehmen ein subjektiv-öffentliches Recht auf Prüfung der Gesamtumstände, unter denen eine Sondervereinbarung über Krankenfahrten abgeschlossen werde einschließlich der Auswirkungen durch den drohenden Ausschluss einzelner Unternehmer von der Abrechnung von Krankenfahrten durch die Krankenkassen.

36

Die Klägerin beantragt,

37

unter Aufhebung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 19. Februar 2008 den Bescheid des Beklagten vom 20. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. März 2007 aufzuheben.

38

Der Beklagte beantragt,

39

die Berufung zurückzuweisen.

40

Der Beklagte führt unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen ergänzend aus, das gesetzlich in § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG geforderte Minimum an Fahrten und Umsatz könne nur verhindern, dass durch den Abschluss einer Sondervereinbarung nicht die ansonsten bestehende Tarifbindung völlig umgangen werde und die Möglichkeit bestehe, für einzelne Fahrten Preise unter dem Deckmantel einer Sondervereinbarung auszuhandeln und somit die Tarife des Pflichtfahrtbereiches gänzlich zu umgehen. Im gleichen Lichte müsse dann auch das Merkmal des bestimmten Zeitraumes gesehen werden, welches durch die erstmalige Kündigungsmöglichkeit zum 31. Dezember 2006 hinreichend erfüllt werde.

41

Aus einer – von der Klägerin angenommenen – Überschreitung der Zulässigkeitsgrenzen des § 51 Abs. 2 PBefG könne lediglich die objektive Rechtswidrigkeit, nicht jedoch die subjektive Rechtsverletzung der Klägerin hergeleitet werden. Unter Berücksichtigung der Schutznormtheorie sei hier festzustellen, dass § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG nicht drittschützend sei. Zweck der Vorschrift sei nicht, den einzelnen Unternehmer vor wirtschaftlichen Einbußen zu schützen, sondern sicherzustellen, dass das Taxigewerbe im tarifgebundenen Bereich bestehen bleibe.

42

In der Sache liege auch keine Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes vor. Die Genehmigung habe bereits berücksichtigt, dass am 01. Juli 2006 eine Verbesserung der Tarifordnung erfolgt sei, die auch den Zweck gehabt habe, etwaige nachteilige wirtschaftliche Auswirkungen der Sondervereinbarung zu schmälern oder sogar auszugleichen. Die Klägerin selbst habe ihren Anteil der Krankenfahrten mit nur 15 % beziffert, was für die Annahme der Störung des Verkehrsmarktes unter keinen Umständen ausreichend sei.

43

Ein Druck, dem Landesverband beizutreten, bestehe zudem jedenfalls nicht mehr, weil die Abrede, wonach bei einem eventuellen Vertragsabschluss mit einem Einzelunternehmen sich der erhöhte Verwaltungsaufwand entgeltmindernd auswirken würde, aus der Vereinbarung ersatzlos herausgenommen worden sei. Dies habe die Beigeladene zu 6) bereits im Verfahren 3 B 120/06 mitgeteilt. Der Klägerin sei es nun völlig freigestellt, eigene Verträge mit den Krankenkassen zu schließen oder dem Landesverband beizutreten.

44

Zu Recht habe das Verwaltungsgericht die Vorschrift des § 39 Abs. 2 PBefG im Rahmen von § 51 Abs. 2 PBefG nicht für anwendbar gehalten. Nach dem eindeutigen Wortlaut finde § 39 Abs. 2 PBefG nur bei der Festsetzung von Beförderungsentgelten entsprechende Anwendung. Auch das Bundesverfassungsgericht habe in der von der Klägerin zitierten Entscheidung vom 25. Mai 1976 (- 2 BvL 1/75 -) nur den Fall einer Festsetzung der Entgelte durch Verordnung in den Blick genommen.

45

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

46

Die Beigeladene zu 1) meint unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages, die Sondervereinbarung stehe mit § 52 Abs. 2 Nr. 1 PBefG in Einklang, weil in zeitlicher Hinsicht festgelegt worden sei, dass sie jedenfalls für das gesamte Jahr 2006 gelten solle.

47

§ 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG sei nicht drittschützend. Ein einzelner Taxiunternehmer habe keinen Anspruch auf Festsetzung eines bestimmten Beförderungsentgeltes und könne mangels Klagebefugnis eine Festsetzung nicht anfechten. Außerdem sei die Genehmigung einer Sondervereinbarung keine Festsetzung.

48

§ 39 Abs. 2 PBefG sei nicht anwendbar, im Übrigen wäre sie auch nicht drittschützend.

49

Im Übrigen seien die vereinbarten Entgelte aber auch angemessen i.S.v. § 39 Abs. 2 PBefG. Eine Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes liege – unabhängig von der fehlenden Klagebefugnis – nicht vor. Für Patientenfahrten mit einer Beförderungsleistung von weniger als 1.890 m wäre mit einer Sondervereinbarung sogar eine Besserstellung gegenüber den Tarifen der seit dem 01. Juli 2006 geltenden Kreisverordnung gegeben, da der für Patientenfahrten vereinbarte Mindesttarif von 5,-- Euro höher als der behördlich festgesetzte Tarif sei. Das von der Klägerin in Anspruch genommene Gutachten beträfe Niedersachsen mit anderen Entgeltstrukturen und habe für die Beurteilung einer Störung des Verkehrsmarktes im Kreis Stormarn keine Aussagekraft. Im Ergebnis lägen die Vergütungssätze in anderen Bundesländern häufig niedriger.

50

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten – auch derjenigen des beigezogenen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens 3 B 120/06 und 3 B 188/06 – und die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

51

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist auch die Berufungsbegründungsfrist des § 124 a Abs. 2 VwGO eingehalten worden. Hiernach ist die Berufung innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Das Urteil wurde der Klägerin am 26. Februar 2008 zugestellt. Gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 222 Abs. 1 ZPO, 187 ff. BGB fiel das Ende der zweimonatigen Frist auf Sonnabend, den 26. Februar 2008. Da gemäß § 222 Abs. 2 ZPO in den Fällen, in denen das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt, mit Ablauf des nächsten Werktages endet, wahrte die am darauffolgenden Montag, den 28. Februar 2008 eingegangene Berufungsbegründung die Berufungsbegründungsfrist.

52

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht einen Aufhebungsanspruch hinsichtlich der streitgegenständlichen Genehmigung verneint und die Klage abgewiesen. Der Aufhebungsanspruch des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO setzt voraus, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist und den Kläger hierdurch in seinen Rechten verletzt.

53

Auf die Vorschrift des § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG kann sich die Klägerin nicht berufen. Ein Kläger ist in seinen Rechten nur dann verletzt, wenn sein rechtlich geschützter Lebenskreis durch den angefochtenen Verwaltungsakt betroffen wird (vgl. u.a.: BVerwG, Urt. v. 28.01.1960 – I A 17.57 -, BVerwGE 10, 122). Erforderlich ist, dass die in Frage stehende Norm ausschließlich oder zumindest auch dem Schutz der Interessen des Klägers dient (sogenannte Schutznormtheorie). Dabei genügt es regelmäßig nicht, dass mit dem in Frage stehenden Rechtssatz und einem darauf gestützten Verwaltungsakt Reflexwirkungen zugunsten Dritter verbunden sind. Ob ein Rechtssatz danach im Sinne der Schutznormtheorie dem Schutz der Individualinteressen dient oder lediglich Reflexwirkungen entfaltet, ist eine Frage der Auslegung (Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 42 Rdnr. 78 ff., 83). Die Auslegung ergibt im vorliegenden Falle, dass eine solche drittschützende Wirkung zu verneinen ist. Dies macht nach Auffassung des Senats bereits der Wortlaut der Norm hinreichend deutlich. Das Gesetz verlangt – alternativ – entweder einen bestimmten Zeitraum oder eine Mindestfahrtenzahl oder einen Mindestumsatz. Dass die genannten drei Voraussetzungen nicht kumulativ, sondern nur alternativ vorliegen müssen, ist vom Verwaltungsgericht ausführlich und überzeugend dargelegt worden und wird auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt. Eine Begrenzung von Sondervereinbarungen mit dem Ziel eines Schutzes der Taxiunternehmer vor Umsatzeinbußen wäre aber durch das Zulässigkeitskriterium einer Höchstfahrtenfahrtenzahl bzw. eines Maximalumsatzes zu bewirken, nicht aber durch das Erfordernis einer Mindestfahrtenzahl oder eines Mindestumsatzes. Dann spricht aber auch nichts dafür, aus dem Kriterium des bestimmten Zeitraumes den Drittschutz herzuleiten. Zum einen wäre es – da die Zulässigkeitsmerkmale lediglich alternativ vorliegen müssen – nach dem Gesetz ohne weiteres zulässig, eine Sondervereinbarung mit der Regelung einer Mindestfahrtenzahl oder eines Mindestumsatzes abzuschließen. Diesen Merkmalen kommt aber offensichtlich keine drittschützende Wirkung zu, was bereits allein den Schluss rechtfertigt, dass die Vorschrift des § 51 Abs. 2 Nr.1 PBefG nicht drittschützend ist.

54

Zum anderen kann auch ein sehr langer Zeitraum ein bestimmter Zeitraum im Sinne der Bestimmung sein. Auch durch das Erfordernis des bestimmten Zeitraumes werden von Sondervereinbarungen herrührende Umsatzeinbußen des Taxigewerbes nicht begrenzt. Nach allem zielt die Vorschrift des § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG nicht darauf ab, die von der Vereinbarung nicht erfassten Unternehmer vor Umsatzeinbußen oder nachlassender Beförderungsnachfrage zu schützen.

55

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht aber auch in der Sache einen Verstoß gegen § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG verneint. Hiernach sind Sondervereinbarungen für den Pflichtfahrbereich nur zulässig, wenn ein bestimmter Zeitraum, eine Mindestfahrtenzahl oder ein Mindestumsatz im Monat festgelegt wird.

56

Da in der Sondervereinbarung unstreitig eine Mindestfahrtenzahl oder ein Mindestumsatz im Monat nicht festgelegt wurde, ist vorliegend entscheidend, ob in der Vereinbarung ein bestimmter Zeitraum im Sinne der Vorschrift festgelegt worden ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Verwaltungsgericht dies zu Recht bejaht. Für die Auffassung der Klägerin könnte allerdings zunächst sprechen, dass nach dem Wortlaut des § 9 der Vereinbarung lediglich der Beginn – nämlich das Inkrafttreten der Vereinbarung am 01. Januar 2006 – nicht jedoch ein konkretes Datum für deren Ende vereinbart wurde. Vielmehr ist im Hinblick auf das Ende lediglich eine Kündigungsmöglichkeit für jede Vertragspartei mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres, erstmals zum 31. Dezember 2006, vereinbart worden. Gemäß § 9 Abs. 2 der Sondervereinbarung wirkt im Falle der Kündigung die Vereinbarung über den Kündigungszeitpunkt nach, bis sie durch eine neue Vereinbarung ersetzt wird oder die kündigende Partei schriftlich das Scheitern weiterer Verhandlungen erklärt. Eine derartige vertragliche Regelung reicht für die Annahme eines bestimmten Zeitraumes i.S.v. § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG aus. Hierbei ist entscheidend, dass ein Mindestzeitraum nach Anfang und Ende vereinbart wurde. Da eine Kündigungsmöglichkeit erstmals zum 31. Dezember 2006 möglich war, währt die Mindestlaufzeit der Sondervereinbarung vom 01. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2006, also ein Jahr. Dass die Zeitdauer der Vereinbarung insofern unbestimmt ist, weil deren Ende vom Verhalten der Vertragspartei abhängt, hindert die Annahme eines bestimmten Zeitraumes nicht. Auch ein Mindestzeitraum mit der hier vorgesehenen Kündigungsmöglichkeit ist ein bestimmter Zeitraum im Sinne von § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG.

57

Eine andere Auslegung ist auch nicht nach Sinn und Zweck des Gesetzes geboten. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht in dieser Hinsicht ausgeführt, durch die Regelung des § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG solle erreicht werden, dass nicht nur eine einzelne Fahrt dem Anwendungsbereich einer Sondervereinbarung unterfalle. Es solle nicht möglich sein, jeweils für einzelne, konkret-individuelle Fahrten Preise auszuhandeln und diese als Sondervereinbarungen zu deklarieren, um so die Tarifpflicht auszuhöhlen. Gewährleistet werden solle vielmehr, dass die abgeschlossene Sondervereinbarung tatsächlich für eine abstrakt-generell bestimmte Vielzahl von Fahrten anzuwenden ist und damit das Außerkraftsetzen der ebenfalls abstrakt-generellen Tarifpflicht gerechtfertigt werden kann. Zu dieser Zielsetzung passt, dass bei den anderen beiden Merkmalen des § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG keine Maximalbegrenzung der Fahrten oder des Umsatzes gefordert wird, sondern nur eine Mindestfahrtenzahl oder ein Mindestumsatz vorliegen muss.

58

Die andere Auffassung des Verwaltungsgerichts Freiburg in seinem Urteil vom 11. November 2008 (- 2 K 1256/07 -) überzeugt nicht. Das Verwaltungsgericht Freiburg ist der Auffassung, mit der Bestimmung in § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG solle den Taxiunternehmern eine gewisse Planungssicherheit verschafft werden; auf der anderen Seite solle die Aufsichts-/Genehmigungsbehörde durch eine zeitliche und/oder quantitative Eingrenzung des Geltungsbereiches der Sondervereinbarung überhaupt erst in die Lage versetzt werden, deren Auswirkungen auf den "normalen" Pflichtfahrbereich einzuschätzen und zu überprüfen, ob die Vereinbarung mit dem Schutzzweck der gesetzlichen Regelung des § 51 Abs. 2 PBefG vereinbar sei. Hieraus folge, dass eine ausdrückliche Befristung der Vereinbarung vorliegen müsse. Nur so ließen sich nämlich die Auswirkungen des vereinbarten Sondertarifes verlässlich abschätzen, während die Folgen einer unbefristeten Regelung nicht zuletzt vor dem Hintergrund von Preisentwicklungen kaum zuverlässig prognostiziert werden könnten. Die Möglichkeit einer Kündigung und einer Mindestlaufdauer der Vereinbarung ändere hieran nichts, weil allein das Erreichen der Mindestlaufzeit der Behörde noch keine Prüfung des Einhaltens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG erlaube.

59

Dies überzeugt nicht. Die Genehmigungsbehörde wird bei einer Vertragsgestaltung wie der hier vorliegenden grundsätzlich davon auszugehen haben, dass sich die möglichen Auswirkungen über einen langen Zeitraum auswirken können. Dies ist eine ausreichende Grundlage für die Abschätzung, ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG gegeben sind. Sinn und Zweck der Vorschrift ist zudem nicht, lange Laufzeiten einer Sondervereinbarung zu verhindern, um hierdurch etwa die Auswirkungen einer Sondervereinbarung auf die Ordnung des Verkehrsmarktes gering zu halten. Eine maximal erlaubte Zeitdauer einer Sondervereinbarung ist im Gesetz nicht als Zulässigkeitsvoraussetzung normiert. Die Festlegung einer Mindestlaufzeit, welche nach Anfang und Ende bestimmt ist, verbunden mit einer Kündigungsoption wie im vorliegenden Falle genügt daher den Anforderungen des § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG im Hinblick auf das Merkmal "bestimmter Zeitraum".

60

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ferner angenommen, die Klägerin könne sich auf die Vorschrift des § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG nicht berufen, weil diese Vorschrift nicht drittschützend sei. Gemäß § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG sind Sondervereinbarungen für den Pflichtfahrbereich nur zulässig, wenn eine Ordnung des Verkehrsmarktes nicht gestört wird. Bereits die allgemeine Formulierung "eine Ordnung des Verkehrsmarktes" spricht gegen die Annahme, die Vorschrift sei zumindest auch den Interessen des – abgrenzbaren – Kreises der örtlichen Taxiunternehmen zu dienen bestimmt. Der Begriff "Ordnung des Verkehrsmarktes" ist im Personenbeförderungsgesetz nicht definiert. In § 13 Abs. 4 PBefG verwendet der Gesetzgeber den Begriff der "öffentlichen Verkehrsinteressen". Nach dieser Vorschrift ist beim Verkehr mit Taxen die Genehmigung zu versagen, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird. Diese Vorschrift ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht drittschützend. Ziel der Bestimmung ist nicht der Schutz der bereits in dem Beruf Tätigen vor wirtschaftlich spürbarer Konkurrenz und vor den wirtschaftlichen Risiken des Berufs (BVerwG, Beschl. v. 31.01.2008 – 3 B 77.99 -, zitiert nach juris). Die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxengewerbes ist nur um des öffentlichen Verkehrsinteresses willen geschützt, nicht hingegen zum Schutz des bestehenden Gewerbes vor – möglicherweise einzelne Unternehmer ruinierender – Konkurrenz (BVerwG, Urt. v. 07.09.1989 – 7 C 44.88 -, DVBl. 1990, 50 ff.). Zwar wird in der Kommentarliteratur darauf hingewiesen, dass sich der in § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG verwendete Terminus von dem ansonsten im Personenbeförderungsgesetz gebrauchten Begriff des öffentlichen Verkehrsinteresses insoweit unterscheidet, als dort der Verkehrsnutzer im Vordergrund steht, während hier der Gesetzgeber die Verkehrsanbieter in ihrer Gesamtheit schützen wolle (Fielitz/Grätz, PBefG, § 51 Rdnr. 9). Der Gesetzgeber verwendet jedoch den Begriff des Verkehrsmarktes. Am Verkehrsmarkt beteiligt sind aber nicht nur die Beförderer sondern auch die zu befördernden Personen. Ein bestimmter, abgrenzbarer Personenkreis wird in der Vorschrift gerade nicht angesprochen.

61

Drittschutz kann nach Auffassung des Senats auch nicht aus der Vorschrift des § 51 Abs. 3 i.V.m. § 39 Abs. 2 PBefG hergeleitet werden. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Sondervereinbarungen (a.A. Bidinger, PBefG, 2. Aufl., § 51 zu Abs. 2 Rdnr. 19 c), weil § 39 Abs. 2 PBefG gem. § 51 Abs. 3 PBefG nur bei der Festsetzung, nicht jedoch bei der Vereinbarung von Beförderungsentgelten Anwendung findet.

62

Gemäß § 39 Abs. 2 PBefG hat die Genehmigungsbehörde die Beförderungsentgelte insbesondere daraufhin zu prüfen, ob sie unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmers, einer ausreichenden Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals und der notwendigen technischen Entwicklung angemessen sind. § 39 Abs. 2 PBefG gilt nicht unmittelbar für Taxiunternehmen. Lediglich über die Vorschrift des § 51 Abs. 3 PBefG wird eine entsprechende Anwendung der Norm bei der Festsetzung der Beförderungsentgelte und –bedingungen angeordnet. Die gesetzliche Terminologie macht hinreichend deutlich, dass die entsprechende Anwendung von § 39 Abs. 2 PBefG nicht im Rahmen des § 51 Abs. 2 PBefG gilt. Abs. 2 regelt gerade nicht die Festsetzung von Beförderungsentgelten, sondern die Zulässigkeit von Sondervereinbarungen für den Pflichtfahrbereich. Der Auffassung, wonach für die Höhe der Beförderungsentgelte in Sondervereinbarungen grundsätzlich ebenfalls § 39 Abs. 2 PBefG gilt, ist entgegenzuhalten, dass Entgelte in Sondervereinbarungen eben nicht festgesetzt, sondern vereinbart werden (OVG Schleswig, Beschl. v. 17.04.2007 – 4 MB 7 -, zitiert nach juris). Der Drittschutz kann daher auch nicht aus der Vorschrift des § 51 Abs. 3 i.V.m. § 39 Abs. 2 BPefG hergeleitet werden.

63

Zu Recht hat deshalb das Verwaltungsgericht angenommen, die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 51 Abs. 2 PBefG dienten nicht dazu, die derzeitige Position einzelner Unternehmer am Markt zu festigen und ihren Bestand zu schützen, sondern die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes insgesamt dahingehend zu schützen, dass neben dem vertraglich gebundenen ein funktionierendes Taxigewerbe im tarifgebundenen Bereich erhalten bleiben soll.

64

Die sowohl vom Verwaltungsgericht als auch von der Klägerin zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25.05.1976 (2 BvL 1/75 – DVBl. 1977, 820 ff.) gibt für die Annahme einer drittschützenden Wirkung von § 52 Abs. 2 PBefG n.F. nichts her. Die Entscheidung beschäftigt sich mit der Frage der hinreichenden Bestimmtheit der seinerzeitigen Ermächtigungsgrundlage des § 51 Abs. 2 PBefG i.d.F. vom 24.08.1965, soweit hierin die Ermächtigung enthalten war, für den Gelegenheitsverkehr zum Zwecke des Krankenhaustransports durch Rechtsverordnung Beförderungsentgelte festzusetzen. Abgesehen davon, dass sich die Entscheidung mit der hier interessierenden Frage der Rechtmäßigkeit einer Genehmigung von Sondervereinbarungen nicht beschäftigt, hat das Bundesverfassungsgericht aber auch betont, dass die vom Gesetzgeber gewünschte Erhaltung der Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit der Beförderer im öffentlichen Interesse erfolgt.

65

Die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes wird – wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat – von zwei Seiten geschützt: Während § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG verhindern will, dass bereits eine einzelne Fahrt als Sondervereinbarung deklariert werden und auf diesem Wege die grundsätzliche Tarifpflicht umgangen werden kann, will § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG verhindern, dass Sondervereinbarungen eine derart umfassende Anwendbarkeit erfahren, dass praktisch jede Fahrt nach gesondert vereinbarten Tarifen abgerechnet wird und auf diesem Wege eine Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes eintritt. Der danach verbleibende Spielraum für den zulässigen Abschluss von Sondervereinbarungen stellt sich als Ausfluss des allgemeinen Zwecks des Personenbeförderungsgesetzes dar, das wirtschaftliche Interesse des Beförderungsunternehmers und das auf Gewährleistung sicherer und ausreichender Beförderungsmöglichkeiten der Allgemeinheit soweit wie möglich in einen Ausgleich zu bringen, in dem in privatautonomer Weise von der allgemeinen Tarifpflicht durch die Betroffenen Abweichungen in einem für den Verkehrsmarkt verträglichen Maß getroffen werden können (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.05.1976 – 2 BvL 1/75 -, a.a.O.). Wortlaut und Zweck des Gesetzes sprechen nach allem für die Auslegung, dass sich der einzelne Taxenunternehmer nicht auf einen Verstoß gegen § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG berufen kann.

66

Darüber hinaus ist aber – mit dem Verwaltungsgericht – auch eine Störung einer Ordnung des Verkehrsmarktes in der Sache zu verneinen. Wie bereits oben ausgeführt wurde, ist der Begriff "eine Ordnung des Verkehrsmarktes" im Gesetz nicht näher definiert. Mit dem Begriff des Verkehrsmarktes kann aber unter Berücksichtigung des Regelungsgegenstandes des Gesetzes nicht etwa der gesamte Verkehrsmarkt, sondern nur der öffentliche Personennahverkehr gemeint sein. Unter Störung einer Ordnung dieses Marktes wiederum kann nur eine Störung der Tarifordnung gemeint sein. Wie der Senat bereits im Beschluss vom 17.4.2007 (Az. 4 M 7) ausgeführt hat, führen etwaige Umsatzverluste bei Patientenfahrten infolge der Sondervereinbarung bei Drittbetroffenen nicht ohne weiteres zur Störung einer Ordnung des Verkehrsmarktes im Sinne des § 51 Abs. 2 Nr. PBefG. Eine Störung im genannten Sinne kann vielmehr erst dann angenommen werden, wenn die Tarifordnung durch Sondervereinbarungen ausgehöhlt und nur noch als eine Art Mantel erscheint, weil die durchgeführten Taxifahrten im Kreisgebiet ganz überwiegend Sondervereinbarungen unterfallen. Es müssten derartige Verwerfungen und Verschiebungen auf dem Verkehrsmarkt festzustellen sein, dass die Nachfrage nach Beförderungen im Pflichtfahrbereich nur noch von marginaler Bedeutung ist und deshalb insbesondere die Entgelte nach der Kreisverordnung über Beförderungsentgelte für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen im Kreis Stormarn nicht mehr auskömmlich im Sinne von § 39 Abs. 2 PBefG sind. Hierfür bestehen nach Auffassung des Senats keine Anhaltspunkte; die gegenteilige Behauptung der Klägerin, die Sondervereinbarung führe zu ruinösen Bedingungen und zu einem Unternehmersterben, erscheint als eine Tatsachenbehauptung, für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, die mit anderen Wort ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich "aus der Luft gegriffen", "ins Blaue hinein", also "erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage" erhoben worden ist (BVerwG, Beschluss vom 30.6.2008 – 5 M 198/07 – Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 98; BVerwG, Beschluss vom 29. April 2002 – BVerwG 1 B 59.02 – Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 60; BVerfG, Beschluss vom 26. August 1996 – 2 BvR 1968/94 -, zitiert nach juris).

67

Die Klägerin ist jeden Beleg dafür schuldig geblieben, dass der Anteil der Patientenfahrten im Verhältnis zu den Gesamtfahrten im Kreisgebiet überhaupt einen substantiellen, die Tarifordnung zu unterhöhlen geeigneten Anteil (von jedenfalls mehr als 50%) ausmacht. Für sich selbst hat sie den Anteil für die Vergangenheit mit 15% angegeben, allerdings ohne hier zwischen den Fahrten innerhalb des Kreisgebietes und solchen, die außerhalb des Kreisgebietes endeten, zu differenzieren. Für den Senat spricht alles dafür, dass der Anteil der Patientenfahrten am Gesamtumsatz typischerweise noch unter 15% liegt. Die durch keine Substantiierung näher gestützte Behauptung der Klägerin, der Anteil der Patientenfahrten liege bei den einzelnen Taxiunternehmen zwischen 15 und 70 % ist als ins Blaue hinein gestellte Behauptung zu werten. Insoweit hat bereits das Verwaltungsgericht im Urteil vom 19. Februar 2008 unter Berufung auf den in der mündlichen Verhandlung erfolgten Vortrag der Beigeladenen darauf hingewiesen, der wesentliche Anteil an Krankenfahrten sei infolge einer gesetzlichen Änderung seit dem 01. Januar 2004 in Fortfall gekommen, da Krankenfahrten zu niedergelassenen Ärzten, die den Hauptanteil in der Vergangenheit ausgemacht hätten, nicht mehr durch die Krankenversicherung übernommen würden. Vielmehr würden nur noch Sonderbereiche wie Fahrten für Chemo- oder Strahlentherapie sowie Fahrten zum Krankenhaus für die stationäre Versorgung vergütet. Dem ist die Klägerin im Berufungsverfahren nicht entgegengetreten. Sie ist auch jeden Beweis und jedes Beispiel dafür schuldig geblieben, dass Taxiunternehmen in Folge der seit mehreren Jahren bereits praktizierten Sondervereinbarung in den Ruin getrieben worden wären. Für die Annahme einer Störung des Verkehrsmarktes bietet der Prozessstoff nicht einmal wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit, so dass auch weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht geboten waren. Die Klägerin selbst hat sich auf ein vom Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachen e.V., Bezirksgruppe Stade, in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten des Gutachters Volker … vom 26. Juli 2006 (im Folgenden: Gutachten …) berufen. Dieser gibt für ein Fahrzeug "Daimler Chrysler E 200 CDI, Classic" in der Branchenausstattung "Das Taxi" einen Selbstkostenbetrag pro gefahrenem Kilometer von 0,7407 Euro an. Bei einer Kalkulation auf der Basis von Teilkosten (Deckungsbeitragsrechnung) betrage die "kurzfristige Preisuntergrenze" (variable Fahrzeugkosten plus Fahrpersonalkosten dividiert durch Jahreskilometer) einen Betrag von 0,5137 Euro pro Kilometer. Für ein Fahrzeug "Volkswagen Variant Passat B 6" in der Branchenausstattung "Taxipaket" liegen die entsprechenden Werte bei 0,6514 Euro pro Kilometer beziehungsweise 0,4554 Euro pro Kilometer und für ein Fahrzeug "Daimler Chrysler B 180 CDI" in der Branchenausstattung "Das Taxi" bei 0,6977 beziehungsweise 0,5992 Euro pro Kilometer. Der Senat hat bereits im Beschluss vom 17. April 2007 darauf hingewiesen, dass die hier in der Kalkulation angesetzten allgemeinen Verwaltungskosten zu hoch erscheinen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den Anteil für Miete und Mietnebenkosten, welche mit 4.000,-- Euro pro Jahr veranschlagt werden, was jedoch – als Miet- und Mietnebenkosten für ein einzelnes Taxi – nicht nachvollziehbar ist. Insgesamt erscheinen die (immerhin etwa 1/6 der Gesamtkosten ausmachenden) für die allgemeinen Verwaltungskosten in die Kalkulation eingestellten Kosten zu hoch.

68

Selbst wenn man aber zu Gunsten der Klägerin die angegebenen Selbstkostenpreise zu Grunde legt, so ergibt sich, dass die Sondervereinbarung unter Berücksichtigung des vereinbarten Grundpreises bis zu Strecken von 12 Kilometern jedenfalls zu kostendeckenden Preisen führt (vgl. die im Schriftsatz der Beigeladenen zu 1) vom 13.08.2007 mitgeteilte Tabelle, Bl. 92 GA). Nimmt man längere Strecken in den Blick, muss auch berücksichtigt werden, dass für Fahrten außerhalb des Pflichtfahrbereichs die Tarife der Kreisordnung nicht gelten. Eine Vielzahl der Patientenfahrten verlässt aber das Kreisgebiet. Diese müssen bei der Betrachtung von vornherein außer Betracht bleiben, weil sie nicht der Tarifpflicht unterfallen und daher auch keine Störung einer Ordnung des Verkehrsmarktes bewirken können. Weiter hat die Beigeladene zu 1) auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Sondervereinbarung mit ihren seit dem 01. Januar 2006 geltenden Tarifen für Kurzstrecken (bis 1.890 Metern) mehr abwirft als die seit dem 01. Juli 2006 geltenden Tarife der Kreisverordnung. Dies liegt daran, dass bei Entfernungen unterhalb von 1.890 Metern der Tarif nach der Kreisverordnung unter den Mindestpreis der Sondervereinbarung sinkt, welcher 5,-- Euro beträgt. Fährt beispielsweise ein Taxiunternehmer eine Strecke von 1.800 Metern, so erhielte er nach der Kreisverordnung einen Grundpreis von 2,40 Euro (welche eine Fahrtstrecke von 70 Metern beinhaltet) und eine Beförderungsleistung von 2,47 Euro (1.800 Meter minus 70 Meter = 1.730 Meter; 1.730 Meter geteilt durch 70 Meter = 24,714 Meter; 24,714 Meter mal 0,10 Euro = 2,47 Euro), insgesamt mithin 4,87 Euro, also weniger als den Mindestpreis nach der Sondervereinbarung. Nach Inkrafttreten der neuen Tarife durch die Kreisverordnung in der Fassung vom 01. August 2008 ist dies – auf Grund der Anhebung der Tarife – immerhin noch ebenso der Fall bis zu einer Kurzstrecke von 1.525 Metern. Bei Überschreiten dieser Kurzstrecken liegt der Tarif für Patientenfahrten zwar unter dem der Kreisordnung, jedoch zunächst immer noch deutlich über dem von der Klägerin unter Berufung auf das Gutachten … angegebenen Selbstkostenpreis. Da die Fixkosten ohnehin aufgebracht werden müssen, tragen folglich auch solche Fahrten zu einer Auslastung des Fuhrparks und zu einer Einnahmenverbesserung bei. Insgesamt ist der Anteil der Patientenfahrten als ein Randsegment einzustufen, wobei die Abdeckung der variablen Kosten gewährleistet ist und darüber hinaus ein Beitrag zur Abdeckung der Fixkosten erfolgt, soweit keine Vollkostendeckung gegeben ist.

69

Dafür, dass die Sondervereinbarung zu einer Störung einer Ordnung des Verkehrsmarktes im Sinne der Störung der Tarifordnung führt und im Ergebnis bewirkt, dass die in der Kreisverordnung festgesetzten Tarife nicht mehr auskömmlich im Sinne von § 39 Abs. 2 PBefG sind, spricht nach allem nichts. Dies wird auch durch die – angehobenen – Tarife der Kreisverordnung in der seit dem 01. August 2008 gültigen Fassung bestätigt. Die dort festgesetzten Tarife liegen deutlich über dem vom Gutachter … angegebenen Selbstkostenpreis, nämlich bei Strecken von bis zu 5 Kilometern bei mehr als dem Dreifachen und bei Strecken von bis zu 30 Kilometern jedenfalls bei mehr als dem Doppelten.

70

Der Senat vermag bei dieser Sachlage auch nicht zu erkennen, dass die Genehmigung der Sondervereinbarung die Klägerin in ihren durch Art. 14 GG geschützten Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes oder in ihrem Grundrecht aus Art. 12 GG verletzt. Die dem Taxengewerbe als einem öffentlichen Verkehrsträger auferlegten Beschränkungen des freien Wettbewerbs, nämlich die Beförderungspflicht und die Bindung der Beförderungstarife sowie die gesetzlich vorgegebene Möglichkeit einer Sondervereinbarung sind Rahmenbedingungen des Taxengewerbes, die jeder Taxenunternehmer, der sich für diesen Beruf entscheidet, vorfindet und mit dem Antrag auf Zulassung zu ihm in Kauf nimmt (BVerwG, Urt. v. 15.04.1988 – 7 C 94/86 -, DÖV 1988, 923 ff.). Es ist deshalb von Verfassungs wegen auch nicht geboten, bei der Normierung von Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Sondervereinbarung im Taxengewerbe zu gewährleisten, die bereits in diesem Beruf Tätigen vor wirtschaftlich spürbarer – auch harter – Konkurrenz und vor den wirtschaftlichen – bis zum möglichen finanziellen Ruin reichenden – Risiken dieses Berufs zu schützen.

71

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

72

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegen.


Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres gegen die Genehmigung einer Sondervereinbarung nach § 51 Abs. 2 PBefG erhobenen Widerspruchs.
Sie betreibt im Gebiet der Antragsgegnerin ein Taxiunternehmen mit fünf Fahrzeugen, für das die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin über die Festsetzung der Beförderungsentgelte für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen im Stadtkreis ... (Taxentarif) vom 24.06.2009 einzelne Beförderungsentgelte vorsieht (§ 2) und die Möglichkeit von Sondervereinbarungen unter bestimmten Bedingungen und nach Genehmigung durch die Genehmigungsbehörde zulässt (§ 5).
Der Verband ..., dem laut Vortrag der Antragsgegnerin auch die Antragstellerin als Mitglied angehört, legte der Antragsgegnerin einen Rahmenvertrag vom 14.02.2011 vor. Dieser Vertrag, deren Vertragsparteien u.a. der genannte Verband und im Übrigen mehrere Krankenkassen sind, „regelt die Durchführung und die Vergütung aller Krankenfahrten, die aufgrund des § 60 SGB V für Versicherte von Krankenkassen durch Taxi- bzw. Mietwagenunternehmen erbracht werden“ (§ 2 Nr. 1) und sieht in § 7 in Verbindung mit Anlage 2 zu dem Rahmenvertrag für Fahrten innerhalb des Tarifgeltungsbereichs einen Abschlag von 10% auf den abrechnungsfähigen Gesamtfahrpreis vor (§ 2 I. Nr. 3 der Anlage 2).
Die Antragsgegnerin räumte u.a. der Antragstellerin Gelegenheit zur Stellungnahme ein und genehmigte mit Entscheidung vom 28.07.2011 den Rahmenvertrag vom 14.02.2011 mit sofortiger Wirkung. Darüber hinaus ordnete sie am 21.10.2011 die sofortige Vollziehung ihrer Entscheidung vom 28.07.2011 an.
In einem Aktenvermerk vom 28.07.2011 führte die Antragsgegnerin zur Ordnung des Verkehrsmarktes folgendes aus:
„Der ... legt im Anhörungsverfahren keine Zahlen/Daten vor, die eine Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes belegen.
Die Berechnung der Strecke ist bei einer Krankenfahrt eine ganz andere, nämlich länger. Nach „normalem“ Taxitarif wird die Strecke vom Einstieg der Person (z.B. Wohnung) bis zum Ausstieg (z.B. Krankenhaus) berechnet.
Im Rahmenvertrag (§ 6 Nr. 2 Abs. 2) gilt als Berechnungsstrecke die Strecke zwischen (z.B. der Wohnung der Personen) nächstgelegenen Standplatz des Taxis bis zur Rückkehr an den nächstgelegenen Standplatz, also eine eindeutig größere Strecke als im „normalen“ Taxiverkehr. Dies allein müsste schon die 10 % Abschlag abfangen. […]
Bei für den Unternehmer kostengünstigeren Gemeinschaftsfahrten wird sogar ein Zuschlag von 30 % für die zweite und für weitere Personen sogar noch einmal je 10 % Zuschlag bezahlt, was es bei „normalen“ Fahrten ja nicht gibt. Da bliebe der Preis unabhängig von der Anzahl der Personen gleich.
10 
Eine Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes ist nicht erkennbar.“
11 
Gegen die Genehmigungsentscheidung vom 28.07.2011 erhob die Antragstellerin am 01.09.2011 Widerspruch. Mit ihm machte sie geltend, der Verband des ... sei bereits nicht antragsbefugt gewesen, die Genehmigung durch die Antragsgegnerin herbeizuführen. Hierzu seien lediglich die betroffenen Taxiunternehmen berufen, die jedoch keinen derartigen Antrag gestellt hätten.
12 
Sie hat am 17.11.2011 darüber hinaus einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt. Mit ihm macht sie geltend, sie sei schon deshalb antragsbefugt, weil die Antragsgegnerin zu Unrecht von der Wirksamkeit des Rahmenvertrags ausgehe. Gleichzeitig trägt sie vor, ihr geschäftsführender Betriebsleiter sei nicht Mitglied des Verbands des ... .
13 
Sie trägt im Übrigen vor, dem antragstellenden Verband habe die Antragsberechtigung gefehlt, auch in Bezug auf den Antrag, die sofortige Vollziehung der Genehmigung anzuordnen. Der im Rahmenvertrag vereinbarte pauschale Abschlag von 10% auf den jeweils gültigen Taxitarif erfülle nicht das Bestimmtheitserfordernis und genüge damit nicht dem Schriftformerfordernis des § 51 Abs. 2 Nr. 3 PBefG. Die Antragsgegnerin habe auch offensichtlich nicht die Auswirkungen der Tarifänderung auf das örtliche Taxigewerbe geprüft. Soweit sie davon ausgegangen sei, dass der Umsatz der örtlichen Taxiunternehmern der Höhe nach nur erhalten bleiben würde, wenn der Rahmenvertrag genehmigt werde, belege, dass sie ausschließlich den Interessen der Krankenkassen Rechnung getragen habe.
14 
Es liege auch eine Ungleichbehandlung vor. Sondervereinbarungen hätten für alle Taxiunternehmen gleichermaßen zu gelten, der Vollzug der Rahmenvereinbarung setze jedoch voraus, dass die „teilnehmenden“ Taxiunternehmen eine individuelle Verpflichtungserklärung abgeben würden. Ferner würden Fahrgäste, die Krankenfahrten als Selbstzahler oder als Mitglieder anderer Krankenkassen als den vertragschließenden unternehmen würden, ungleich behandelt, da ihnen der pauschale Nachlass nicht gewährt werden dürfe. Hierdurch würde den privaten Interessen Einzelner, namentlich der vertragschließenden Krankenversicherungen, zur Durchsetzung verholfen. Die Antragsgegnerin habe auch nicht geprüft, ob die Ordnung des Verkehrsmarktes nicht im Sinne des § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG gestört werde. Derartiges sei aber schon deshalb zu befürchten, weil Ansprüche anderer Kundenkreise geweckt würden und notwendige Tariferhöhungen so Taxinutzern nur schwer zu vermitteln seien.
15 
Die Antragstellerin beantragt,
16 
1. die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 01.09.2011 gegen die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 28.07.2011 wiederherzustellen,
17 
2. die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Antragsgegnerin vom 21.10.2011 zur Entscheidung vom 28.07.2011 wird aufgehoben,
18 
3. Hilfsweise, ergänzend: Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 28.07.2011 wird aufgehoben,
19 
4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten war notwendig.
20 
Die Antragsgegnerin beantragt,
21 
den Antrag abzulehnen.
22 
Sie macht insbesondere geltend, auf einen Verstoß gegen § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG könne sich die Antragstellerin nicht berufen, da die Vorschrift den einzelnen Taxiunternehmer nicht in seinen eigenen subjektiven Rechten verletze. Die Vorschrift vermittle insbesondere keinen Konkurrenzschutz. Die Krankenfahrten sicherten den Taxi- und Mietwagenunternehmen eine Grundauslastung und damit ein langfristiges Beförderungsangebot. Der Verband des ... sei auch antragsbefugt gewesen, denn auch örtliche oder regionale Gewerbevertretungen dürften Sondervereinbarungen treffen.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und Anlagen sowie auf die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
24 
1. Der Antrag der Antragstellerin,
25 
die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 01.09.2011 gegen die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 28.07.2011 wiederherzustellen,
26 
ist unzulässig (dazu unter a)) und im Übrigen auch unbegründet (dazu unter b)).
27 
a) Der Antrag ist unzulässig. Der Antragstellerin fehlt die erforderliche Antragsbefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO.
28 
Nach dieser Vorschrift ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die Klage (bzw. hier: der Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO) nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
29 
§ 42 Abs. 2 VwGO ist Ausdruck der subjektiv-rechtlichen Prägung des deutschen Verwaltungsprozesses und findet als allgemeines Rechtsinstitut auch in den Fällen des – hier einschlägigen – Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO Anwendung (vgl. Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 22. Erg.-Lfg. 2011, § 42, Rn. 6 sowie Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 22. Erg.-Lfg. 2011, § 80, Rn. 83, jeweils m.w.N.). Die Antragsbefugnis lässt die Geltendmachung fremder Rechte nicht zu und begrenzt den verwaltungsrechtlichen Rechtsschutz auf einen Individualrechtsschutz. Sie schließt demnach die Popularklage aus (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 06.10.1964 – V C 58.63 – BVerwGE 19, 269).
30 
In der hier vorliegenden Drittanfechtungssituation erfordert die Zuerkennung einer Antragsbefugnis von der Antragstellerin darüber hinaus die Behauptung, durch die gegenüber den Vertragsparteien des streitgegenständlichen Rahmenvertrags ergangene Genehmigungsentscheidung der Antragsgegnerin in eigenen, sie individuell schützenden Rechten verletzt zu sein (BVerwG, Urteil vom 23.08.1974 – IV C 29.73 – BVerwGE 47, 19 und Beschluss vom 21.01.1993 – 4 B 206/92 – NVwZ 1993, 884). Weder aus § 51 Abs. 2 PBefG (dazu unter aa)), noch aus den Grundrechten, insbesondere Art. 3 Abs. 1 GG (dazu unter bb)) lässt sich aber eine Antragsbefugnis ableiten.
31 
aa) Eine Antragsbefugnis ergibt sich zunächst nicht aus § 51 Abs. 2 PBefG.
32 
Nach dieser Vorschrift sind Sondervereinbarungen für den Pflichtfahrbereich nur zulässig, wenn ein bestimmter Zeitraum, eine Mindestfahrtenzahl oder ein Mindestumsatz im Monat festgelegt wird (Nr. 1), eine Ordnung des Verkehrsmarktes nicht gestört wird (Nr. 2), die Beförderungsentgelte und -bedingungen schriftlich vereinbart sind (Nr. 3) und in der Rechtsverordnung eine Pflicht zur Genehmigung oder Anzeige vorgesehen ist (Nr. 4).
33 
Die in § 51 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 PBefG niedergelegten gesetzlichen Vorgaben erfüllen einen rein objektivrechtlichen Ordnungszweck und sind nicht darüber hinaus auch zum Schutz einzelner Taxiunternehmen zu dienen bestimmt.
34 
§ 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG trägt dem Gedanken des Personenbeförderungsgesetzes Rechnung, dass im Pflichtfahrbereich die Vertragsautonomie weitestgehend aufgehoben und Entgelte für Fahrten durch Rechtsverordnung der Höhe nach gesetzlich bestimmt werden, um das wirtschaftliche Interesse der Beförderungsunternehmen und das auf Gewährleistung sicherer und ausreichender Personenbeförderungsmöglichkeiten gerichtete Interesse der Allgemeinheit so weit wie möglich in einen Ausgleich zu bringen (vgl. § 47 Abs. 4 i.V.m. §§ 39 Abs. 3, 51 Abs. 1 PBefG und BVerfG, Beschluss vom 25.05.1976 – 2 BvL 1/75 – BVerfGE 42, 191). Abweichungen von diesem Grundsatz, wie beispielsweise durch Sondervereinbarungen im Sinne des § 51 Abs. 2 PBefG, lässt das Gesetz folgerichtig auch nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zu. Die Festlegung eines bestimmten Zeitraums, einer Mindestfahrtenzahl oder eines Mindestumsatzes im Monat, wie es § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG vorsieht, sichert durch die vom Gesetz zwingend vorgesehenen Begrenzungen den Ausnahmecharakter von Sondervereinbarungen. Hieraus wird aber zugleich deutlich, dass dieser Vorschrift ein bloß ordnungsrechtlicher Charakter zukommt und nicht zugleich auch den einzelnen Taxiunternehmer schützen möchte. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die Regelung in besonders krass gelagerten Ausnahmefällen, in denen beispielsweise durch Vereinbarung eines besonders langen Geltungszeitraums der Sondervereinbarung, einer außergewöhnlich niedrigen Mindestfahrtenzahl oder eines auffallend hohen Mindestumsatzes unter Umständen auch individuellen Schutz vermitteln mag. Derartiges hat die Antragstellerin aber noch nicht einmal ansatzweise vorgetragen. Auch aus den Akten ergeben sich hierfür keinerlei Anhaltspunkte.
35 
Dass § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG erst Recht keinen Drittschutz vermittelt, gilt insbesondere dann, wenn man den Vortrag der Antragstellerin zugrunde legt, selbst gar nicht Mitglied des Verbands des... zu sein. Denn in diesem Fall wäre individueller Schutz in Form eines Konkurrentenschutzes allenfalls dann denkbar, wenn § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG beispielsweise eine zulässige Höchstfahrtenzahl oder einen maximal zulässigen Umsatz festschreiben würde und nicht, wie es im Gesetz der Fall ist, eine Mindestfahrtenzahl oder einen Mindestumsatz (so OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.07.2009 – 4 LB 3/08 – juris).
36 
Drittschutz lässt sich auch nicht aus § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG ableiten. Denn auch bei der zu verhindernden Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes handelt es sich um einen objektiv-rechtlichen Belang, der nicht zugleich auch dem individuellen Interesse der Antragstellerin zu dienen bestimmt ist (wie hier OVG Schleswig-Holstein, a.a.O.; vgl. zur abweichenden Ansicht VG Freiburg, Urteil vom 11.09.2008 – 2 K 1256/07 – juris im Anschluss an VG Schleswig, Urteil vom 19.02.2008 – 3 A 74/07 – juris). Dass auch hier in besonders krass gelagerten Ausnahmefällen der Begriff der Ordnung des Verkehrsmarktes Drittschutz vermitteln mag, kann hier dahinstehen. Denn die Antragstellerin hat diesbezüglich nichts vorgetragen.
37 
Auch das in § 51 Abs. 2 Nr. 3 PBefG normierte Schriftformerfordernis vermittelt der Antragstellerin kein Recht, dessen Verletzung sie behaupten könnte. Es dient, wie andere gesetzlich vorgeschriebene Schriftformerfordernisse auch, der Klarheit der zu treffenden vertraglichen Regelung, der Beweissicherung und der staatlichen Kontrolle (vgl. allgemein zum Schutzzweck von Schriftformerfordernissen Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl., § 57, Rn. 1; Christian Hertel, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2004, § 126, Rn. 6). Es stellt im konkreten Fall sicher, dass die Parteien des Vertrages sich über den notwendigen Inhalt der Vereinbarung im Klaren sind und vor allem, dass die besonderen gesetzlichen Vorgaben an die Sondervereinbarungen beachtet werden. Das Schriftformerfordernis des § 51 Abs. 2 Nr. 3 PBefG verfolgt damit – ebenfalls – einen rein objektivrechtlichen Zweck.
38 
Offensichtlich nichts anderes gilt für die Anforderungen des § 51 Abs. 2 Nr. 4 PBefG an die Rechtsverordnung im Sinne des § 51 Abs. 1 PBefG.
39 
bb) Die Antragstellerin kann ferner keine Antragsbefugnis aus der von ihr behaupteten Verletzung des Gleichbehandlungsrechts aus Art. 3 Abs. 1 GG herleiten. Ob aus Grundrechten unmittelbar eine Antragsbefugnis abgeleitet werden kann, muss hier nicht abschließend entschieden werden (vgl. zum Meinungsstand Wahl/Schütz, a.a.O., Rn. 57 ff.). Denn jedenfalls behauptet die Antragstellerin keine eigene Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG.
40 
Soweit sie geltend macht, Sondervereinbarungen hätten für alle Taxiunternehmen gleichermaßen zu gelten, der Vollzug der Rahmenvereinbarung setze jedoch voraus, dass die „teilnehmenden“ Taxiunternehmen eine individuelle Verpflichtungserklärung abgeben würden, greift der Einwand nicht durch.
41 
Bedenken gegen die Vereinbarkeit des § 51 Abs. 2 PBefG mit höherrangigem Recht, insbesondere mit Art. 3 Abs. 1 GG, bestehen keine. Zwar erlaubt diese Vorschrift eine Ungleichbehandlung im Hinblick auf Beförderungsentgelte für Fahrten im Pflichtfahrbereich. Sie ist aber aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. Denn die Möglichkeit von Sondervereinbarungen sichert den Taxiunternehmern eine Grundauslastung durch das kontinuierliche Geschäft mit Krankentransporten und gewährleistet so für den Individualtransport, dass ausreichend Taxen jederzeit zur Verfügung stehen. Angesichts dessen erscheint es, gerade im Hinblick auf die strengen Kriterien des § 51 Abs. 2 PBefG, ohne weiteres zulässig, dass in überschaubarem Umfang von den regulär geltenden Entgelten – hier – zu Lasten der Beförderungsunternehmer abgewichen wird.
42 
Ferner übersieht die Antragstellerin, dass eine generelle Geltung des geschlossenen Rahmenvertrags auch deshalb ausscheidet, weil er andernfalls zu einer alle Beförderungsunternehmer bindenden vertraglichen Verpflichtung führen würde, obwohl einzelne Vertragsparteien möglicherweise gar nicht verpflichtet werden wollen. Der von der Antragstellerin angedachte Vertrag zu Lasten Dritter ist folgerichtig nicht anerkannt und auch nicht zulässig.
43 
Soweit die Antragstellerin im Übrigen geltend macht, Fahrgäste, die Krankenfahrten als Selbstzahler oder als Mitglieder anderer Krankenkassen als den vertragschließenden unternehmen würden, würden ungleich behandelt, da ihnen der pauschale Nachlass nicht gewährt werden dürfe, behauptet sie keine eigene Rechtsverletzung. Sie ist selbst durch individuelle Verpflichtungserklärung dem Rahmenvertrag beigetreten und kommt folglich in den Genuss der vertraglichen Regelungen. Zwar muss sie einen Abschlag auf den Fahrpreis hinnehmen, gleichzeitig ist aber davon auszugehen, dass sie regelmäßig mit Krankentransporten beauftragt werden wird. Dass daneben ein Unternehmen, das dem Rahmenvertrag nicht beigetreten ist, diese Vergünstigungen an die Fahrgästen nicht weitergeben darf, mag jene Beförderungsunternehmen möglicherweise in eigenen Rechten verletzen. Jedenfalls aber ist die Antragstellerin nicht befugt, deren Rechtsverletzung quasi als „Sachwalter“ in ihrem eigenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend zu machen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 13.08.2007 – 22 ZB 06.1794 – juris).
44 
cc) Es liegt schließlich auch keine gesetzliche Bestimmung vor, die ausnahmsweise die Erhebung eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässt, ohne dass es einer eigenen Antragsbefugnis bedürfte (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO, erster Halbsatz).
45 
b) Die Kammer lässt offen, ob sich die Antragstellerin darüber hinaus auf ein Rechtschutzinteresse berufen kann. Hieran bestehen insofern Zweifel, als sie zwar dem Rahmenvertrag beigetreten ist, gleichzeitig aber dessen Konformität mit § 51 Abs. 2 PBefG bezweifelt. Darüber hinaus hätte nach Auffassung der Kammer der Antrag in der Sache ohnehin keine Aussicht auf Erfolg. Denn weder die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 3 VwGO ist in rechtlicher Hinsicht zu beanstanden (dazu unter aa)), noch würde die nach § 80a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zur gerichtlichen Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des erhobenen Widerspruchs führen (dazu unter bb)).
46 
aa) Die Vorgaben für die Begründung der sofortigen Vollziehung im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO sind gewahrt. Der von der Antragstellerin auf die Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung gerichtete Antrag zu 2 bleibt daher erfolglos.
47 
Nach dieser Vorschrift ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen, was die Antragsgegnerin in ausreichender Weise getan hat.
48 
Das Begründungserfordernis dient insbesondere dazu, die Behörde dazu anzuhalten, sich den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung klar zu machen. Diese – dem Zitiergebot gem. Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG vergleichbare – Warnfunktion soll zu einer sorgfältigen Prüfung des Interesses an der sofortigen Vollziehung veranlassen. Es dient ferner dazu, dass der Betroffene über die Gründe, die für die behördliche Entscheidung maßgebend gewesen sind, unterrichtet wird. Schließlich kommt der Begründung die Funktion zu, dem Gericht eine ordnungsgemäße Rechtskontrolle der verwaltungsbehördlichen Erwägungen für die sofortige Vollziehbarkeit zu erlauben (zu alledem Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 20. Erg.-Lfg. 2010, § 80, Rn. 176 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.12.2005 – 10 S 644/05 – juris).
49 
Angesichts dieser Funktionen darf die Begründung der sofortigen Vollziehung nicht formelhaft sein, sondern sie muss – wobei eine knappe Begründung genügen kann – auf den jeweiligen Einzelfall bezogen sein (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 08.12.1994 – 10 S 1305/94 – NVwZ 1996, 281). Aus der Begründung muss nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen Interesse liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz des Betroffenen einstweilen zurück zu stellen (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.12.2005 – 10 S 644/05 – juris).
50 
Diesen Anforderungen wird die Begründung ohne Weiteres gerecht. Sie legt bezogen auf den konkreten Einzelfall ausführlich dar, dass über das jedem Verwaltungsakt innewohnende Vollzugsinteresse Gründe für dessen sofortige Vollziehung bestehen.
51 
bb) Die nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO darüber hinaus vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse der Adressaten der Genehmigungsentscheidung bereits vor bestands- bzw. rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache das gegenläufige Interesse der Antragstellerin schon deshalb überwiegt, weil nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage die angefochtene Genehmigungsentscheidung mit dem Gesetz übereinstimmt.
52 
Die Vorgaben des § 51 Abs. 2 Nr. 1 PBefG sind offensichtlich eingehalten. Die streitgegenständliche Sondervereinbarung enthält – wie es das Gesetz verlangt – in ihrer Anlage 4 einen monatlichen Mindestumsatz für das maßgebliche Pflichtfahrgebiet.
53 
Es ist auch nicht von einer Störung der Ordnung des Verkehrsmarktes auszugehen (vgl. § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat sich die Antragsgegnerin hiermit auseinandergesetzt (siehe Aktenvermerk vom 28.07.2011). Angesichts der im Rahmenvertrag angelegten Kompensationsmöglichkeiten (Streckenberechnung bei Krankenfahrten, Zuschläge bei Gemeinschaftsfahrten) ist eine relevante Störung des Verkehrsmarkts nicht zu befürchten. Derartiges legt die Antragstellerin auch nicht dar.
54 
Es bestehen weiter auch keine Zweifel, dass die Beförderungsentgelte und -bedingungen schriftlich im Sinne des § 51 Abs. 2 Nr. 3 PBefG vereinbart sind. Soweit die Antragstellerin den pauschalen Abschlag von 10% als unbestimmt ansieht, folgt dem die Kammer nicht. Denn die Beförderungsentgelte und -bedingungen ergeben sich in einem ersten Schritt ohne weiteres aus der Rechtsverordnung der Antragsgegnerin vom 24.06.2009, auf die der Rahmenvertrag Bezug nimmt (vgl. § 2 I. Nr. 1 der Anlage 2 zum Rahmenvertrag). Anknüpfend an die hieraus folgende Berechnung des Beförderungsentgelts ist dann der Abschlag von 10% vorzunehmen. Der Fahrpreis ist daher ohne Umstände nach den ihm zugrundeliegenden Bedingungen und der Höhe nach bestimmbar.
55 
Schließlich sieht die maßgebliche Rechtsverordnung in § 5 Nr. 2 die Pflicht zur Genehmigung der Sondervereinbarung im Sinne des § 51 Abs. 2 Nr. 4 PBefG vor.
56 
Soweit die Antragstellerin abschließend geltend macht, dem Verband des ... habe eine Antragsbefugnis zum Abschluss des Rahmenvertrags gefehlt, fehlt ihr schon die Antragsbefugnis im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO analog, einen derartigen Rechtsverstoß - sein Vorliegen unterstellt - geltend zu machen. Im Übrigen begegnet es keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass ein überregionaler Interessenverband die Genehmigung einer getroffenen Sondervereinbarung beantragt (vgl. wie hier Bidinger, Personenbeförderungsrecht, § 51, Ziff. 19, Buchst. b).
57 
2. Der Hilfsantrag,
58 
den Bescheid der Antragsgegnerin vom 28.07.2011 aufzuheben,
59 
bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Der Antrag zielt auf die Aufhebung der Genehmigungsentscheidung und ist als Anfechtungsantrag gemäß § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO allenfalls in einem Hauptsacheverfahren, nicht aber in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft.
60 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Soweit die Antragstellerin beantragt, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären (Antrag zu 4), kann ein Ausspruch nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO nicht erfolgen, da bei dem vorliegenden Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO kein Vorverfahren geschwebt hat.
61 
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 2 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob für Umsätze aus Personenbeförderungsleistungen mit Mietwagen --im Streitfall Krankenfahrten mit nicht hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen im Auftrag von Krankenkassen-- der ermäßigte Steuersatz anwendbar ist, der nach nationalem Recht für Personenbeförderungsleistungen mit Kraftdroschken (Taxen) im Nahverkehr gilt.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die u.a. über eine Genehmigung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4, §§ 9 ff., § 46 Abs. 2 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) für den Verkehr mit Mietwagen verfügt, nicht jedoch über eine Genehmigung für den Verkehr mit Taxen (§ 47 PBefG).

3

In den Streitjahren 2006 und 2007 führte die Klägerin im Auftrag von Krankenkassen Krankenfahrten mit hierfür nicht besonders eingerichteten Fahrzeugen durch.

4

Sie erkannte am 27. November 2007 gegenüber der Krankenkasse A den zum 1. Oktober 2007 zwischen dieser und dem Taxi- und Mietwagenunternehmerverband (V) geschlossenen Vertrag zur Durchführung von Krankenfahrten für Versicherte der Krankenkasse A mittels Taxiunternehmen an und verpflichtete sich, alle in diesem Vertrag vereinbarten Bedingungen zu erfüllen. Gegenstand des Vertrages ist nach dessen § 1 Abs. 1 Satz 1 die Beteiligung der im V organisierten Taxiunternehmen an der Durchführung von planbaren Krankenfahrten, die für die Versicherten der Krankenkasse A im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse notwendig werden. Gemäß § 5 Abs. 1 des Vertrages gilt für die Vergütung der Krankenfahrten die Gebührenvereinbarung nach Anlage 1 des Vertrages.

5

Die Klägerin erklärte die Umsätze entsprechend einer Beanstandung durch eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) mit dem allgemeinen Steuersatz (§ 12 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--). Ihre Einsprüche, mit denen sie eine Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG) begehrte, blieben ohne Erfolg. Der Klage wurde nur aus anderen, hier nicht streitigen Gründen teilweise stattgegeben.

6

Das Finanzgericht (FG) entschied, die Klägerin könne für die betreffenden Beförderungsleistungen nicht den ermäßigten Steuersatz beanspruchen, da sie mangels entsprechender Genehmigung keine Beförderung im Verkehr mit Taxen erbracht habe. Eine Ausdehnung der Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG auf die von der Klägerin als Mietwagenunternehmerin durchgeführten Fahrten sei verfassungsrechtlich nicht geboten. Allerdings handele es sich bei den vorliegenden Krankenfahrten im Auftrag von Krankenkassen um eine besondere Fallkonstellation, in der eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung möglich erscheine. Für Taxiunternehmen mit Betriebssitz in X bestehe aufgrund der Verordnung der Stadt X über die Beförderungsentgelte und -bedingungen für den Verkehr von Taxen nach entsprechender Genehmigung die Möglichkeit, Beförderungsleistungen gegenüber Krankenkassen zu erbringen, die nicht der strengen Bindung an Beförderungspreise unterlägen, sondern auf Vereinbarungen mit den Krankenkassen beruhten. Beförderungsleistungen von Taxiunternehmern, die derartigen Verträgen unterfielen, fehlten die wesentlichen Merkmale des öffentlichen Nahverkehrs, auf denen die Begünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG ihrem Sinn und Zweck nach beruhe.

7

Letztlich könne dies jedoch dahinstehen, da auch eine verfassungsrechtlich zu beanstandende Ungleichbehandlung nicht zu einem Anspruch der Klägerin auf Anwendung des ermäßigten Steuersatzes führe. Die Klägerin werde durch die zu niedrige Besteuerung ihrer Konkurrenten nicht rechtsschutzlos gestellt, sondern könne ihr Recht außerhalb dieses Verfahrens mit einem Antrag auf volle Besteuerung der in Rede stehenden "Taxi"-Umsätze verfolgen. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität gewährleiste den Schutz vor zu niedriger Besteuerung von Konkurrenten (Hinweis auf Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 8. Juni 2006 C-430/04 --Feuerbestattungsverein Halle e.V.--, Slg. 2006, I-4999, Umsatzsteuer-Rundschau 2006, 459, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2006, 830; Urteil des Bundesfinanzhofs vom 5. Oktober 2006 VII R 24/03, BFHE 215, 32, BStBl II 2007, 243).

8

Schließlich begründe auch das Unionsrecht keinen Anspruch der Klägerin auf Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die von ihr erbrachten Leistungen.

9

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Nach Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 i.V.m. Anhang H Kategorie 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) könnten die Mitgliedstaaten auf die Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks einen ermäßigten Steuersatz anwenden. Die Umsatzsteuer müsse jedoch auch hier wettbewerbsneutral ausgestaltet sein. Die vorliegende Wettbewerbsverzerrung könne dadurch beseitigt werden, dass ihr --der Klägerin-- durch Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG über den Wortlaut hinaus auch als Mietwagenunternehmerin der ermäßigte Steuersatz gewährt werde. Dies sei auch geboten, da anderweitige Rechtsschutzmöglichkeiten wie Konkurrentenklagen wegen zu niedriger Besteuerung erst noch zu ermittelnder konkurrierender Taxiunternehmer ihr nicht zumutbar seien.

10

Der Senat hat mit Beschluss vom 10. Juli 2012 XI R 39/10 (BFHE 239, 164, BStBl II 2013, 296) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

"1. Stehen Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 i.V.m. Anhang H Kategorie 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern und Art. 98 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Kategorie 5 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 347/1) unter Beachtung des Neutralitätsprinzips einer nationalen Regelung entgegen, die für die Beförderung von Personen im Verkehr mit Taxen im Nahverkehr den ermäßigten Umsatzsteuersatz vorsieht, wohingegen für die Beförderung von Personen mit sog. Mietwagen im Nahverkehr der Regelsteuersatz gilt?

2. Ist bei der Beantwortung der ersten Frage von Bedeutung, ob Fahrten auf der Grundlage von Sondervereinbarungen mit Großkunden unter nahezu gleichlautenden Bedingungen von Kraftdroschken- bzw. Taxiunternehmern und Mietwagenunternehmern ausgeführt werden?"

11

Der EuGH hat diese Fragen mit Urteil vom 27. Februar 2014 in den verbundenen Rechtssachen C-454/12 --Pro Med Logistik GmbH-- und C-455/12 --Eckard Pongratz-- (Der Betrieb --DB-- 2014, 581, HFR 2014, 470) wie folgt beantwortet:

"1. Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 in Verbindung mit Anhang H Kategorie 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 2001/4/EG des Rates vom 19. Januar 2001 geänderten Fassung und Art. 98 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Anhang III Nr. 5 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind unter Beachtung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität dahin auszulegen, dass sie der Anwendung unterschiedlicher Mehrwertsteuersätze, eines ermäßigten und des normalen Steuersatzes, auf zwei Arten von Dienstleistungen der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks im Nahverkehr, nämlich zum einen per Taxi und zum anderen per Mietwagen mit Fahrergestellung, nicht entgegenstehen, sofern zum einen aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen, denen diese beiden Beförderungsarten unterliegen, die Tätigkeit der Beförderung von Personen im Nahverkehr per Taxi einen konkreten und spezifischen Aspekt der Dienstleistungskategorie der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks im Sinne von Kategorie 5 bzw. Nr. 5 der Anhänge dieser Richtlinien darstellt und zum anderen die fraglichen Unterschiede maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung des durchschnittlichen Nutzers für die eine oder die andere Beförderungsart haben. Es ist Sache des vorliegenden Gerichts, zu prüfen, ob dies in den Ausgangsverfahren der Fall ist.

2. Dagegen sind Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 in Verbindung mit Anhang H Kategorie 5 der Sechsten Richtlinie 77/388 in der durch die Richtlinie 2001/4 geänderten Fassung und Art. 98 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Anhang III Nr. 5 der Richtlinie 2006/112 unter Beachtung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität dahin auszulegen, dass sie der Anwendung unterschiedlicher Mehrwertsteuersätze auf zwei Arten von Dienstleistungen der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks im Nahverkehr, nämlich zum einen per Taxi und zum anderen per Mietwagen mit Fahrergestellung, entgegenstehen, wenn aufgrund einer Sondervereinbarung, die auf die Taxiunternehmen und die Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung, mit denen sie getroffen wurde, unterschiedslos angewandt wird, die Beförderung von Personen per Taxi keinen konkreten und spezifischen Aspekt der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks darstellt und wenn die im Rahmen dieser Vereinbarung durchgeführte Tätigkeit, aus der Sicht des durchschnittlichen Nutzers, als der Tätigkeit der Beförderung von Personen im Nahverkehr per Mietwagen mit Fahrergestellung gleichartig anzusehen ist; dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts."

12

Die Klägerin begehrt insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen des EuGH unter Rz 4 seiner Entscheidung die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die von ihr im Rahmen des Patiententransports durchgeführten Krankentransporte.

13

Sie beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Umsatzsteuerbescheide für 2006 und für 2007 dahingehend zu ändern, dass die Umsätze aus Krankenfahrten dem ermäßigten Steuersatz unterworfen werden.

14

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

15

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

16

Das FG ist bei seiner Entscheidung zum Teil von unzutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Die bislang vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen reichen nicht aus, um eine abschließende Entscheidung zur Frage der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die streitbefangenen Umsätze zu treffen.

17

1. Nach der in den Streitjahren 2006 und 2007 geltenden Fassungen des § 12 Abs. 1 UStG betrug die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 16 % (2006) bzw. 19 % (2007) der Bemessungsgrundlage.

18

Der Steuersatz ermäßigte sich nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG in der für das Streitjahr 2006 geltenden Fassung auf 7 % für die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr mit Ausnahme der Bergbahnen, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kfz, im Kraftdroschkenverkehr und die Beförderungen im Fährverkehr
aa) innerhalb einer Gemeinde oder
bb) wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km betrug.

19

Mit Wirkung vom 19. Dezember 2006 wurde der Begriff "Kraftdroschkenverkehr" durch die Wörter "Verkehr mit Taxen" ersetzt (Art. 7 Nr. 5 Buchst. b des Jahressteuergesetzes 2007). Dabei handelt es sich "um eine redaktionelle Änderung", da die Verwendung des Begriffs "Kraftdroschke" bei Einführung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG in Anlehnung an das PBefG erfolgte, und in diesem Gesetz der Begriff "Kraftdroschke" zwischenzeitlich durch den Begriff "Taxen" ersetzt worden war (BTDrucks 16/2712, S. 75).

20

2. Nach Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 der im Streitjahr 2006 geltenden Richtlinie 77/388/EWG und nach Art. 98 Abs. 1 der im Streitjahr 2007 geltenden Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) können die Mitgliedstaaten (neben dem Normalsatz) einen oder zwei ermäßigte Sätze anwenden. Diese ermäßigten Sätze werden als ein Prozentsatz der Besteuerungsgrundlage festgelegt, der nicht niedriger als 5 % sein darf, und sind nur auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der in Anhang H (Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG) bzw. der in Anhang III (Art. 98 Abs. 2, Art. 99 Abs. 1 der MwStSystRL) genannten Kategorien anwendbar.

21

Anhang H der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Anhang III der MwStSystRL enthält ein Verzeichnis der Gegenstände und Dienstleistungen, auf die ermäßigte Mehrwertsteuersätze angewandt werden können. Kategorie 5 des Anhangs H der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Nr. 5 des Anhangs III der MwStSystRL lässt dies für die "Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks" zu. Darunter fallen die Umsätze der Klägerin, die unstreitig in der Beförderung von Personen bestehen. Insoweit wäre die Bundesrepublik Deutschland befugt, dafür in ihrem nationalen Umsatzsteuerrecht einen ermäßigten Steuersatz anzuwenden.

22

3. Das PBefG in der in den Streitjahren geltenden Fassung vom 8. August 1990 (BGBl I 1990, 1690) definiert den Verkehr mit Taxen als die Beförderung von Personen mit PKW, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen bereithält und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführt (§ 47 Abs. 1 PBefG). Der Unternehmer kann Beförderungsaufträge auch während einer Fahrt oder am Betriebssitz entgegennehmen (§ 47 Abs. 1 Satz 2 PBefG).

23

Die Beförderungsentgelte und -bedingungen werden gemäß § 51 Abs. 1 PBefG für Taxen durch Rechtsverordnung festgesetzt. Für den Pflichtfahrbereich, dem räumlichen Geltungsbereich der festgesetzten Beförderungsentgelte (§ 47 Abs. 4 PBefG), sind Sondervereinbarungen --zwischen dem örtlichen Taxigewerbe und Großkunden-- unter den weiteren Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 PBefG zulässig.

24

Im Pflichtfahrbereich besteht nach § 22 i.V.m. § 47 Abs. 4 PBefG eine Beförderungspflicht. Die Unternehmer des Taxenverkehrs unterliegen einer Betriebspflicht, die allgemein auf die ordnungsmäßige Einrichtung und Aufrechterhaltung des Betriebs gerichtet ist (§ 21 PBefG) und deren Umfang durch Rechtsverordnung noch weiter ausgestaltet werden kann, insbesondere auch durch Vorschriften über das Bereithalten von Taxen in Sonderfällen einschließlich eines Bereitschaftsdienstes (§ 47 Abs. 3 Nr. 1 PBefG).

25

Verkehr mit Mietwagen ist nach § 49 Abs. 4 Satz 1 PBefG die Beförderung von Personen mit PKW, die nur im Ganzen zur Beförderung angemietet werden und mit denen der Unternehmer Fahrten ausführt, deren Zweck, Ziel und Ablauf der Mieter bestimmt und die nicht Verkehr mit Taxen nach § 47 PBefG sind.

26

Mit Mietwagen dürfen nur Beförderungsaufträge ausgeführt werden, die am Betriebssitz oder in der Wohnung des Unternehmers eingegangen sind (§ 49 Abs. 4 Satz 2 PBefG). Nach Ausführung des Beförderungsauftrages hat der Mietwagen unverzüglich zum Betriebssitz zurückzukehren, es sei denn, er hat vor der Fahrt von seinem Betriebssitz oder der Wohnung oder während der Fahrt fernmündlich einen neuen Beförderungsauftrag erhalten (§ 49 Abs. 4 Satz 3 PBefG). Der Eingang des Beförderungsauftrages am Betriebssitz oder in der Wohnung hat der Mietwagenunternehmer buchmäßig zu erfassen und die Aufzeichnung ein Jahr aufzubewahren (§ 49 Abs. 4 Satz 4 PBefG). Annahme, Vermittlung und Ausführung von Beförderungsaufträgen, das Bereithalten des Mietwagens sowie Werbung für Mietwagenverkehr dürfen weder allein noch in ihrer Verbindung geeignet sein, zur Verwechslung mit dem Taxenverkehr zu führen (§ 49 Abs. 4 Satz 5 PBefG). Den Taxen vorbehaltene Zeichen und Merkmale dürfen für Mietwagen nicht verwendet werden (§ 49 Abs. 4 Satz 6 PBefG).

27

Für Unternehmer des Mietwagenverkehrs besteht keine Betriebs- und Beförderungspflicht (§ 49 Abs. 4 Satz 7 PBefG). Sie unterliegen anders als die Taxiunternehmer (§ 51 PBefG) keinen Tarifvorschriften, sondern können ihr Entgelt frei vereinbaren.

28

Die Beförderung von Personen mit Kraftdroschken (Taxen) und mit Mietwagen bedarf der Genehmigung (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 46 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 PBefG), wobei für den Verkehr mit Taxen eine besondere Zulassungsschranke besteht, wonach die Genehmigung zu versagen ist, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird (§ 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG).

29

4. Soweit die Klägerin im Streitfall Personenbeförderungsleistungen erbracht hat, die nicht ebenfalls für Taxen geltenden Sondervereinbarungen unterliegen, sind diese Umsätze --wie das FG zu Recht angenommen hat-- nach § 12 Abs. 1 UStG dem allgemeinen Steuersatz zu unterwerfen (vgl. den in dieser Sache ergangenen Vorlagebeschluss in BFHE 238, 551, BStBl II 2013, 296, unter II.2.a, m.w.N.).

30

5. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit dem Unionsrecht.

31

a) Der EuGH hat in seinem Urteil --Pro Med Logistik GmbH-- und --Eckard Pongratz-- in DB 2014, 581, HFR 2014, 470 u.a. ausgeführt:

"43. Der Gerichtshof hat zu Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie bereits ausgeführt, dass der Wortlaut dieser Bestimmung nicht zu der Auslegung zwingt, dass der ermäßigte Steuersatz nur dann angewandt werden kann, wenn er sich auf alle Aspekte einer Kategorie von Leistungen im Sinne des Anhangs H dieser Richtlinie bezieht, so dass eine selektive Anwendung eines ermäßigten Satzes nicht ausgeschlossen ist, sofern sie keine Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung nach sich zieht (vgl. Urteil vom 6. Mai 2010, Kommission/ Frankreich, C-94/09, Slg. 2010, I-4261, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Gerichthof hat ebenfalls klargestellt, dass seine Auslegung von Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Sechsten Richtlinie auf die im Wesentlichen gleichlautenden Abs. 1 und 2 von Art. 98 der Mehrwertsteuerrichtlinie zu erstrecken ist (Urteil Kommission/Frankreich, Rn. 27).

44. Der Gerichtshof hat infolgedessen entschieden, dass die Mitgliedstaaten, sofern der dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegende Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird, die Möglichkeit haben, konkrete und spezifische Aspekte einer Kategorie von Leistungen im Sinne des Anhangs III der Mehrwertsteuerrichtlinie und des Anhangs H der Sechsten Richtlinie mit einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu belegen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Frankreich, Rn. 26 und 27 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

45. Demnach unterliegt die den Mitgliedstaaten zuerkannte Wahrnehmung der Möglichkeit einer selektiven Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes der zweifachen Bedingung, dass zum einen für die Zwecke der Anwendung des ermäßigten Satzes nur konkrete und spezifische Aspekte der in Rede stehenden Kategorie von Leistungen herausgelöst werden und zum anderen der Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird. Diese Bedingungen sollen sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten von dieser Möglichkeit nur unter Umständen Gebrauch machen, die die einfache und korrekte Anwendung des gewählten ermäßigten Satzes gewährleisten und jede Form von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch verhindern (vgl. Urteil Kommission/Frankreich, Rn. 30).

46. Folglich ist zu prüfen, ob die Beförderung von Personen per Taxi, für die nationale Rechtsvorschriften wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden die Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuerssatzes vorsehen, einen konkreten und spezifischen Aspekt der Dienstleistungskategorie 'Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks', die sowohl in Anhang III Nr. 5 der Mehrwertsteuerrichtlinie als auch in Anhang H Kategorie 5 der Sechsten Richtlinie aufgeführt ist, darstellt und, wenn ja, ob die Anwendung dieses Satzes allein auf die Tätigkeit der Beförderung von Personen per Taxi den Grundsatz der steuerlichen Neutralität beeinträchtigt.

...

47. Zur Klärung der Frage, ob die Beförderung von Personen im Nahverkehr per Taxi einen konkreten und spezifischen Aspekt der von den Unternehmen erbrachten Leistungen der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks darstellt, ist zu prüfen, ob es sich um die Erbringung einer Dienstleistung handelt, die getrennt von den übrigen Leistungen dieser Kategorie als solche bestimmbar ist (vgl. entsprechend Urteil Kommission/Frankreich, Rn. 35).

48. Hierzu ergibt sich aus den Angaben in den Vorlageentscheidungen, dass Taxiunternehmen in vollem Umfang als Erbringer einer öffentlichen Dienstleistung der Beförderung von Personen angesehen werden, deren Tätigkeit von der Erteilung einer Genehmigung durch die zuständige Behörde abhängig ist und erheblichen Verpflichtungen unterliegt. Zu diesen Verpflichtungen gehört u.a., dass sie ihre Tätigkeit entsprechend den öffentlichen Verkehrsinteressen aufrechterhalten (§ 21 PBefG), die Beförderung durchführen (§ 22 PBefG) und die festgesetzten Beförderungsentgelte beachten (§§ 47 Abs. 4 und 51 Abs. 1 PBefG).

49. Ein rechtlicher Rahmen, der Taxiunternehmen - im Unterschied zu Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung - zwänge, Beförderungsleistungen unter Übernahme einer Betriebspflicht zu erbringen, und ihnen verböte, eine Beförderung in Erwartung insbesondere einer profitableren Fahrt abzulehnen oder Situationen gewinnbringend zu nutzen, in denen sie ein vom offiziellen Tarif abweichendes Beförderungsentgelt verlangen könnten, ist geeignet, unterschiedliche Leistungen zu kennzeichnen.

50. Unter solchen Umständen kann die Tätigkeit der Beförderung von Personen im Nahverkehr per Taxi als eine Dienstleistung eingestuft werden, die getrennt von den übrigen Leistungen der betreffenden Kategorie – der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks – als solche bestimmbar ist. Diese Tätigkeit könnte somit einen konkreten und spezifischen Aspekt der genannten Kategorie darstellen.

51. Es ist indessen Sache des nationalen Gerichts, anhand der nationalen Regelung und der tatsächlichen Umstände, mit denen es befasst ist, zu prüfen, ob dies in den Ausgangsrechtsstreitigkeiten der Fall ist."

32

b) Soweit der EuGH es in Rz 46 und 51 dem nationalen Gericht aufgegeben hat, zu prüfen, ob die Beförderung von Personen im Nahverkehr per Taxi einen konkreten und spezifischen Aspekt der von den Unternehmern erbrachten Leistungen der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks darstellt, ist dies im Streitfall zu bejahen, soweit die Klägerin Personenbeförderungsleistungen durchgeführt hat, für die keine gleichermaßen für Taxiunternehmer geltenden Sondervereinbarungen bestanden.

33

Denn die Taxiunternehmer gelten in vollem Umfang als Erbringer einer öffentlichen Dienstleistung der Beförderung von Personen, deren Tätigkeit von der Erteilung einer Genehmigung durch die zuständige Behörde abhängig ist und erheblichen weiteren Verpflichtungen unterliegt. Dazu gehört u.a., dass sie ihre Tätigkeit entsprechend den öffentlichen Verkehrsinteressen aufrechterhalten (§ 21 PBefG), ihrer Beförderungspflicht i.S. von § 22 PBefG nachkommen und die festgesetzten Beförderungsentgelte beachten (§ 47 Abs. 4 und § 51 Abs. 1 PBefG).

34

Der EuGH hat insoweit ausgeführt, dass ein entsprechender rechtlicher Rahmen, der nur für Taxiunternehmen und nicht für Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung gilt, geeignet ist, unterschiedliche Leistungen im vorstehenden Sinne zu kennzeichnen, so dass diese Tätigkeit einen konkreten und spezifischen Aspekt der genannten Kategorie darstellen kann (vgl. Rz 49 und 50 des EuGH-Urteils --Pro Med Logistik GmbH und Eckard Pongratz-- in DB 2014, 581, HFR 2014, 470).

35

c) Zur unionsrechtlich darüber hinaus gebotenen Beachtung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität hat der EuGH ferner ausgeführt:

"52. Nach gefestigter Rechtsprechung lässt es der Grundsatz der steuerlichen Neutralität insbesondere nicht zu, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (vgl. Urteil vom 10. November 2011, The Rank Group, C-259/10 und C-260/10, Slg. 2011, I-10947, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

53. Zur Klärung der Frage, ob zwei Dienstleistungen im Sinne dieser Rechtsprechung gleichartig sind, ist in erster Linie auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen, wobei künstliche, auf unbedeutenden Unterschieden beruhende Unterscheidungen vermieden werden müssen (vgl. Urteil The Rank Group, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54. Zwei Dienstleistungen sind daher gleichartig, wenn sie ähnliche Eigenschaften haben und beim Verbraucher nach Maßgabe eines Kriteriums der Vergleichbarkeit in der Verwendung denselben Bedürfnissen dienen und wenn die bestehenden Unterschiede die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers, die eine oder die andere dieser Dienstleistungen zu wählen, nicht erheblich beeinflussen (vgl. Urteil The Rank Group, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55. Ferner ist daran zu erinnern, dass es für die Beurteilung der Vergleichbarkeit von Leistungen nicht allein auf die Gegenüberstellung einzelner Leistungen ankommt, sondern der Kontext zu berücksichtigen ist, in dem sie erbracht werden (vgl. Urteil vom 23. April 2009, TNT Post UK, C-357/07, Slg. 2009, I-3025, Rn. 38).

56. Insoweit hat der Gerichtshof anerkannt, dass in bestimmten Ausnahmefällen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Wirtschaftszweige Unterschiede im rechtlichen Rahmen und in der rechtlichen Regelung der betreffenden Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen in den Augen des Verbrauchers zu einer Unterscheidbarkeit im Hinblick auf die Befriedigung seiner eigenen Bedürfnisse führen können (vgl. in diesem Sinne Urteil The Rank Group, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57. Somit sind auch die unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen, denen die beiden in Rn. 48 des vorliegenden Urteils genannten Beförderungsarten unterliegen, und deshalb ihre jeweiligen Merkmale zu berücksichtigen, die in den Augen der Durchschnittsverbraucher die eine von der anderen unterscheiden.

58. Im vorliegenden Fall hat das vorlegende Gericht ausgeführt, dass Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung nur Beförderungsaufträge annehmen dürften, die am Betriebssitz oder in der Wohnung des Unternehmers eingegangen seien; dagegen sei Taxiunternehmen die Annahme von Aufträgen stets gestattet, was das Vorhandensein von Fahrzeugen an genau bestimmten Stellen oder die Abrufbarkeit voraussetze. Es hat ferner hervorgehoben, dass zwischen diesen beiden Beförderungsarten Unterschiede in Bezug auf die Annahme, die Übermittlung und die Durchführung der Beförderungsaufträge sowie in Bezug auf das Bereithalten des Fahrzeugs und die Werbung bestünden. Das vorlegende Gericht hält diese Unterschiede allein oder in Verbindung miteinander für geeignet, jede Gefahr einer Verwechslung zwischen dem Taxenverkehr und dem Mietwagenverkehr mit Fahrergestellung zu vermeiden. Es hat schließlich darauf hingewiesen, dass den Taxen vorbehaltene Zeichen und Merkmale für Mietwagen mit Fahrergestellung nicht verwendet werden dürften.

59. Solche Unterschiede auf der Ebene der rechtlichen Anforderungen, denen die fraglichen Beförderungsarten unterliegen, können – wenn sie sich als zutreffend erweisen, was zu prüfen Sache des nationalen Gerichts ist – in den Augen des durchschnittlichen Nutzers einen Unterschied zwischen diesen Beförderungsarten schaffen, da jede von ihnen geeignet ist, unterschiedliche Bedürfnisse des Nutzers zu befriedigen, und somit auf seine Entscheidung, die eine oder die andere Beförderungsart zu wählen, maßgeblichen Einfluss haben kann, so dass der Grundsatz der steuerlichen Neutralität ihrer abweichenden steuerlichen Behandlung nicht entgegenstünde."

36

d) Hiernach liegt ein Verstoß gegen das Neutralitätsprinzip nicht vor, soweit die Klägerin ihre Personenbeförderungsleistungen außerhalb von auch für Taxen geltenden Sondervereinbarungen erbracht hat.

37

Denn aus maßgeblicher Sicht des Durchschnittsverbrauchers ist ein Unterschied zwischen den streitbefangenen Beförderungsarten gegeben, wobei jede geeignet ist, unterschiedlichen Bedürfnissen des Nutzers zu entsprechen, und somit auf seine Entscheidung, die eine oder die andere Beförderungsart zu wählen, erheblichen Einfluss haben kann (vgl. Rz 59 des EuGH-Urteils --Pro Med Logistik GmbH und Eckard Pongratz-- in DB 2014, 581, HFR 2014, 470).

38

Der EuGH hält die unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen, denen die beiden genannten Beförderungsarten unterliegen, für maßgeblich (vgl. Rz 57 des EuGH-Urteils). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des EuGH unter Bezugnahme auf den Vorlagebeschluss des Senats in BFHE 238, 551, BStBl II 2013, 291 verwiesen (vgl. Rz 58 des EuGH-Urteils).

39

6. Zu den mit Taxen und Mietwagen im Rahmen von vertraglich vereinbarten Krankentransporten hat der EuGH Folgendes ausgeführt:

"61. Mit seiner zweiten Frage in der Rechtssache C-454/12 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob bei der Beantwortung der ersten Frage in der Rechtssache C-454/12 und der einzigen Frage in der Rechtssache C-455/12 zu berücksichtigen ist, dass Taxiunternehmen und Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung ihre Leistungen auf der Grundlage einer Sondervereinbarung erbringen, die unterschiedslos und unter nahezu gleichlautenden Bedingungen auf diese verschiedenen Unternehmen Anwendung findet.

62. Wie in Rn. 46 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist zur Klärung der Frage, ob ein Mitgliedstaat unter solchen Umständen die Möglichkeit hat, auf die Beförderung von Personen im Nahverkehr per Taxi einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anzuwenden, während er die per Mietwagen mit Fahrergestellung durchgeführte Beförderung dem normalen Steuersatz unterwirft, zu prüfen, ob diese Dienstleistung einen konkreten und spezifischen Aspekt der Dienstleistungskategorie 'Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks', die sowohl in Anhang III Nr. 5 der Mehrwertsteuerrichtlinie als auch in Anhang H Kategorie 5 der Sechsten Richtlinie aufgeführt ist, darstellt und, wenn ja, ob die Anwendung dieses Satzes den Grundsatz der steuerlichen Neutralität beeinträchtigt.

63. Hierzu ist festzustellen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dienstleistungen im Wesentlichen Krankentransporte im Rahmen einer Vereinbarung wie der Vereinbarung zwischen der Krankenkasse A und dem Verband sind, die auf die Taxiunternehmen und die Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung, mit denen sie getroffen wurde, unterschiedslos angewandt wird. Nach den Angaben in den dem Gerichtshof vorliegenden Akten ist das Beförderungsentgelt in dieser Vereinbarung festgelegt und gilt in gleicher Weise für beide Beförderungskategorien. Zudem führe die Vereinbarung für diese beiden Beförderungskategorien zu keiner anderen Beförderungs- und Betriebspflicht als der bereits aufgrund des Vertrags bestehenden Pflicht zur tatsächlichen Durchführung des Transports. Die Taxiunternehmen unterlägen somit im Rahmen einer solchen Vereinbarung nicht den außerhalb dieser Vereinbarung für sie geltenden rechtlichen Anforderungen.

64. Sollten sich diese Umstände als zutreffend erweisen, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist, müsste dieses davon ausgehen, dass im Rahmen der Vereinbarung zwischen der Krankenkasse A und dem Verband die Beförderung von Personen per Taxi keinen konkreten und spezifischen Aspekt der Dienstleistungskategorie der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks darstellt. Zudem wäre diese Tätigkeit daher, aus der Sicht des durchschnittlichen Nutzers, als der Tätigkeit der Beförderung von Personen im Nahverkehr per Mietwagen mit Fahrergestellung gleichartig anzusehen. Das schließt jedoch nicht aus, dass die Tätigkeit des Krankentransports im Rahmen von Vereinbarungen zwischen Krankenkassen und Personenbeförderungsunternehmen in ihrer Gesamtheit einen konkreten und spezifischen Aspekt der von Unternehmen, die Personen und das mitgeführte Gepäck befördern, erbrachten Leistungen im Sinne der in Rn. 44 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung darstellen könnte."

40

7. Insoweit ist das FG bei seiner Entscheidung von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil war daher aufzuheben.

41

8. Der Senat kann nicht durcherkennen, weil die Sache nicht spruchreif ist.

42

Denn den tatsächlichen Feststellungen des FG lässt sich nicht entnehmen, ob und in welchem Umfang die Klägerin die streitbefangenen Krankentransporte auch auf der Grundlage von gleichermaßen für Taxen geltenden Sondervereinbarungen erbracht hat. Festgestellt ist bislang lediglich, dass die Klägerin am 27. November 2007 gegenüber der Krankenkasse A einen für Taxiunternehmer geltenden Vertrag zur Durchführung von Krankenfahrten anerkannt und sich verpflichtet hat, alle in diesem Vertrag vereinbarten Bedingungen zu erfüllen. Hingegen ergibt sich daraus nicht, ob und in welchem Umfang die Klägerin nach Maßgabe dieser Vereinbarung tatsächlich Personenbeförderungsleistungen erbracht hat. Ob es für den Streitzeitraum vor dem 27. November 2007 eine entsprechende verbindliche Vereinbarung und darauf beruhende Fahrten gab, ist bislang gleichfalls noch nicht festgestellt. Im Tatbestand des FG-Urteils ist insoweit nur von --unverbindlichen-- Vertragsentwürfen der AOK Y die Rede. Das FG wird die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.

43

a) Sollten die Personenbeförderungsleistungen der Klägerin außerhalb von ebenfalls für Taxiunternehmer geltenden Sondervereinbarungen erbracht worden sein, wäre die Klage insoweit nach Maßgabe der vom EuGH aufgestellten Rechtsgrundsätze zur ersten Vorlagefrage abzuweisen (vgl. vorstehend unter II.1. bis 5.).

44

b) Soweit die von der Klägerin durchgeführten Krankentransporte in den Streitjahren hingegen auf ebenfalls für Taxen geltenden Sondervereinbarungen beruhen, ist die vom EuGH aufgegebene Prüfung (vgl. Leitsatz 2 und Rz 63, 64 des EuGH-Urteils --Pro Med Logistik GmbH und Eckard Pongratz-- in DB 2014, 581, HFR 2014, 470) durch das FG vorzunehmen.

45

9. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

Der Unternehmer ist zur Beförderung verpflichtet, wenn

1.
die Beförderungsbedingungen eingehalten werden,
2.
die Beförderung mit den regelmäßig eingesetzten Beförderungsmitteln möglich ist und
3.
die Beförderung nicht durch Umstände verhindert wird, die der Unternehmer nicht abwenden und denen er auch nicht abhelfen kann.

(1) Verkehr mit Taxen ist die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen bereithält und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführt. Der Unternehmer kann Beförderungsaufträge auch während einer Fahrt oder am Betriebssitz entgegennehmen.

(2) Taxen dürfen nur an behördlich zugelassenen Stellen und in der Gemeinde bereitgehalten werden, in der der Unternehmer seinen Betriebssitz hat. Fahrten auf vorherige Bestellung dürfen auch von anderen Gemeinden aus durchgeführt werden. Die Genehmigungsbehörde kann im Einvernehmen mit anderen Genehmigungsbehörden das Bereithalten an behördlich zugelassenen Stellen außerhalb der Betriebssitzgemeinde gestatten und einen größeren Bezirk festsetzen.

(3) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung den Umfang der Betriebspflicht, die Ordnung auf Taxenständen sowie Einzelheiten des Dienstbetriebs zu regeln. Sie kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung übertragen. In der Rechtsverordnung können insbesondere Regelungen getroffen werden über

1.
das Bereithalten von Taxen in Sonderfällen einschließlich eines Bereitschaftsdienstes,
2.
die Annahme und Ausführung von fernmündlichen Fahraufträgen,
3.
den Fahr- und Funkbetrieb,
4.
die Behindertenbeförderung und
5.
die Krankenbeförderung, soweit es sich nicht um Beförderungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 handelt.

(4) Die Beförderungspflicht besteht nur für Fahrten innerhalb des Geltungsbereichs der nach § 51 Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 2 Satz 1 festgesetzten Beförderungsentgelte (Pflichtfahrbereich).

(5) Die Vermietung von Taxen an Selbstfahrer ist verboten.

(1) Die Krankenkasse übernimmt nach den Absätzen 2 und 3 die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Welches Fahrzeug benutzt werden kann, richtet sich nach der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall. Die Krankenkasse übernimmt Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages in besonderen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 festgelegt hat. Die Übernahme von Fahrkosten nach Satz 3 und nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 für Fahrten zur ambulanten Behandlung erfolgt nur nach vorheriger Genehmigung durch die Krankenkasse. Für Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung gilt die Genehmigung nach Satz 4 als erteilt, wenn eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:

1.
ein Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „aG“, „Bl“ oder „H“,
2.
eine Einstufung gemäß § 15 des Elften Buches in den Pflegegrad 3, 4 oder 5, bei Einstufung in den Pflegegrad 3 zusätzlich eine dauerhafte Beeinträchtigung der Mobilität, oder
3.
bis zum 31. Dezember 2016 eine Einstufung in die Pflegestufe 2 gemäß § 15 des Elften Buches in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung und seit dem 1. Januar 2017 mindestens eine Einstufung in den Pflegegrad 3.

(2) Die Krankenkasse übernimmt die Fahrkosten in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages je Fahrt übersteigenden Betrages

1.
bei Leistungen, die stationär erbracht werden; dies gilt bei einer Verlegung in ein anderes Krankenhaus nur, wenn die Verlegung aus zwingenden medizinischen Gründen erforderlich ist, oder bei einer mit Einwilligung der Krankenkasse erfolgten Verlegung in ein wohnortnahes Krankenhaus,
2.
bei Rettungsfahrten zum Krankenhaus auch dann, wenn eine stationäre Behandlung nicht erforderlich ist,
3.
bei anderen Fahrten von Versicherten, die während der Fahrt einer fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen eines Krankenkraftwagens bedürfen oder bei denen dies auf Grund ihres Zustandes zu erwarten ist (Krankentransport),
4.
bei Fahrten von Versicherten zu einer ambulanten Krankenbehandlung sowie zu einer Behandlung nach § 115a oder § 115b, wenn dadurch eine an sich gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung (§ 39) vermieden oder verkürzt wird oder diese nicht ausführbar ist, wie bei einer stationären Krankenhausbehandlung.
Soweit Fahrten nach Satz 1 von Rettungsdiensten durchgeführt werden, zieht die Krankenkasse die Zuzahlung in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages je Fahrt von dem Versicherten ein.

(3) Als Fahrkosten werden anerkannt

1.
bei Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels der Fahrpreis unter Ausschöpfen von Fahrpreisermäßigungen,
2.
bei Benutzung eines Taxis oder Mietwagens, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel nicht benutzt werden kann, der nach § 133 berechnungsfähige Betrag,
3.
bei Benutzung eines Krankenkraftwagens oder Rettungsfahrzeugs, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel, ein Taxi oder ein Mietwagen nicht benutzt werden kann, der nach § 133 berechnungsfähige Betrag,
4.
bei Benutzung eines privaten Kraftfahrzeugs für jeden gefahrenen Kilometer den jeweils auf Grund des Bundesreisekostengesetzes festgesetzten Höchstbetrag für Wegstreckenentschädigung, höchstens jedoch die Kosten, die bei Inanspruchnahme des nach Nummer 1 bis 3 erforderlichen Transportmittels entstanden wären.

(4) Die Kosten des Rücktransports in das Inland werden nicht übernommen. § 18 bleibt unberührt.

(5) Im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation werden Reisekosten nach § 73 Absatz 1 und 3 des Neunten Buches übernommen. Zu den Reisekosten nach Satz 1 gehören bei pflegenden Angehörigen auch die Reisekosten, die im Zusammenhang mit der Versorgung Pflegebedürftiger nach § 40 Absatz 3 Satz 2 und 3 entstehen. Die Reisekosten von Pflegebedürftigen, die gemäß § 40 Absatz 3 Satz 3 während einer stationären Rehabilitation ihres pflegenden Angehörigen eine Kurzzeitpflege nach § 42 des Elften Buches erhalten, hat die Pflegekasse des Pflegebedürftigen der Krankenkasse des pflegenden Angehörigen zu erstatten.

(1) Die Vertragspartner auf Seiten der Krankenkassen und der Leistungserbringer haben die Vereinbarungen über die Vergütungen nach diesem Buch so zu gestalten, dass Beitragserhöhungen ausgeschlossen werden, es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven nicht zu gewährleisten (Grundsatz der Beitragssatzstabilität). Ausgabensteigerungen auf Grund von gesetzlich vorgeschriebenen Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen oder für zusätzliche Leistungen, die im Rahmen zugelassener strukturierter Behandlungsprogramme (§ 137g) auf Grund der Anforderungen der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 137f oder der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 erbracht werden, verletzen nicht den Grundsatz der Beitragssatzstabilität.

(2) Um den Vorgaben nach Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 1 zu entsprechen, darf die vereinbarte Veränderung der jeweiligen Vergütung die sich bei Anwendung der Veränderungsrate für das gesamte Bundesgebiet nach Absatz 3 ergebende Veränderung der Vergütung nicht überschreiten. Abweichend von Satz 1 ist eine Überschreitung zulässig, wenn die damit verbundenen Mehrausgaben durch vertraglich abgesicherte oder bereits erfolgte Einsparungen in anderen Leistungsbereichen ausgeglichen werden.

(3) Das Bundesministerium für Gesundheit stellt bis zum 15. September eines jeden Jahres für die Vereinbarungen der Vergütungen des jeweils folgenden Kalenderjahres die nach den Absätzen 1 und 2 anzuwendende durchschnittliche Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen aller Mitglieder der Krankenkassen je Mitglied für den gesamten Zeitraum der zweiten Hälfte des Vorjahres und der ersten Hälfte des laufenden Jahres gegenüber dem entsprechenden Zeitraum der jeweiligen Vorjahre fest. Grundlage sind die monatlichen Erhebungen der Krankenkassen und die vierteljährlichen Rechnungsergebnisse des Gesundheitsfonds, die die beitragspflichtigen Einnahmen aller Mitglieder der Krankenkassen ausweisen. Die Feststellung wird durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Bei der Ermittlung der durchschnittlichen Veränderungsrate nach Satz 1 werden für die Jahre 2017 und 2018 die Mitglieder nicht berücksichtigt, die nach § 5 Absatz 1 Nummer 2a in der am 31. Dezember 2015 geltenden Fassung vorrangig familienversichert gewesen wären.

(3a) (weggefallen)

(4) Die Vereinbarungen über die Vergütung der Leistungen nach § 57 Abs. 1 und 2, §§ 83 und 85 sind den für die Vertragsparteien zuständigen Aufsichtsbehörden vorzulegen. Die Aufsichtsbehörden können die Vereinbarungen bei einem Rechtsverstoß innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage beanstanden. Klagen der Vertragspartner gegen die Beanstandung haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Die Vereinbarungen nach Absatz 4 Satz 1 und die Verträge nach den §§ 73b und 140a sind unabhängig von Absatz 4 auch den für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder, in denen sie wirksam werden, zu übermitteln, soweit diese nicht die Aufsicht über die vertragsschließende Krankenkasse führen.

(6) Wird durch einen der in den §§ 73b, 127 und 140a genannten Verträge das Recht erheblich verletzt, kann die Aufsichtsbehörde abweichend von § 89 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Vierten Buches alle Anordnungen treffen, die für eine sofortige Behebung der Rechtsverletzung geeignet und erforderlich sind. Sie kann gegenüber der Krankenkasse oder der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen insbesondere anordnen, den Vertrag dafür zu ändern oder aufzuheben. Die Krankenkasse oder Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen kann bei einer solchen Anordnung den Vertrag auch außerordentlich kündigen. Besteht die Gefahr eines schweren, nicht wieder gutzumachenden Schadens insbesondere für die Belange der Versicherten, kann die Aufsichtsbehörde einstweilige Maßnahmen anordnen. Ein Zwangsgeld kann bis zu einer Höhe von 10 Millionen Euro zugunsten des Gesundheitsfonds nach § 271 festgesetzt werden. Die Aufsichtsbehörde kann eine erhebliche Rechtsverletzung auch feststellen, nachdem diese beendet ist, sofern ein berechtigtes Interesse an der Feststellung besteht. Rechtsbehelfe gegen Anordnungen nach den Sätzen 1 bis 4 haben keine aufschiebende Wirkung. Die Sätze 1 bis 7 gelten auch für Verträge nach § 140a Absatz 1 Satz 3. Die Sätze 1 und 4 bis 7 gelten entsprechend bei Verstößen gegen die Pflicht nach § 127 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 2, Vertragsverhandlungen zu ermöglichen. Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern dürfen keine Vorschläge in elektronischer oder maschinell verwertbarer Form für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen für den Vertragspartner beinhalten. Die Krankenkassen haben auf Verlangen der zuständigen Aufsichtsbehörde bezüglich der Einhaltung Nachweise zu erbringen.

(1) Soweit die Entgelte für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rettungsdienstes und anderer Krankentransporte nicht durch landesrechtliche oder kommunalrechtliche Bestimmungen festgelegt werden, schließen die Krankenkassen oder ihre Landesverbände Verträge über die Vergütung dieser Leistungen unter Beachtung des § 71 Abs. 1 bis 3 mit dafür geeigneten Einrichtungen oder Unternehmen. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 1 nicht zu Stande und sieht das Landesrecht für diesen Fall eine Festlegung der Vergütungen vor, ist auch bei dieser Festlegung § 71 Abs. 1 bis 3 zu beachten. Sie haben dabei die Sicherstellung der flächendeckenden rettungsdienstlichen Versorgung und die Empfehlungen der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen zu berücksichtigen. Die vereinbarten Preise sind Höchstpreise. Die Preisvereinbarungen haben sich an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten.

(2) Werden die Entgelte für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rettungsdienstes durch landesrechtliche oder kommunalrechtliche Bestimmungen festgelegt, können die Krankenkassen ihre Leistungspflicht zur Übernahme der Kosten auf Festbeträge an die Versicherten in Höhe vergleichbarer wirtschaftlich erbrachter Leistungen beschränken, wenn

1.
vor der Entgeltfestsetzung den Krankenkassen oder ihren Verbänden keine Gelegenheit zur Erörterung gegeben wurde,
2.
bei der Entgeltbemessung Investitionskosten und Kosten der Reservevorhaltung berücksichtigt worden sind, die durch eine über die Sicherstellung der Leistungen des Rettungsdienstes hinausgehende öffentliche Aufgabe der Einrichtungen bedingt sind, oder
3.
die Leistungserbringung gemessen an den rechtlich vorgegebenen Sicherstellungsverpflichtungen unwirtschaftlich ist.

(3) Absatz 1 gilt auch für Leistungen des Rettungsdienstes und andere Krankentransporte im Rahmen des Personenbeförderungsgesetzes.

(4) § 127 Absatz 9 gilt entsprechend.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.