Finanzgericht Köln Beschluss, 19. Feb. 2014 - 13 V 228/14
Gericht
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Gründe
2I.
3Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes über das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Vollstreckungsaufschub.
4Die Antragstellerin wandte sich mit Schreiben vom 3. Februar 2014 mit der Bitte um gerichtliche Gewährung von Vollstreckungsaufschub an den beschließenden Senat und trug dazu folgenden Lebenssachverhalt vor:
5Sie sei seit ca. 25 Jahren selbstständig tätig und in der Vergangenheit ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen. Zunächst habe sie eine Werbeagentur betrieben, später ein Personalrekrutierungsunternehmen. Ende des Jahres 2012 sei sie ohne eigenes Verschulden in eine finanzielle Schieflage geraten, weil ein Auftraggeber ihr sieben Aufträge erteilt habe, für die das Honorar erst bei Einstellung der Kandidaten gezahlt werden sollte. Der Auftrag sei später – nach Erbringung erheblicher Vorleistungen durch sie – storniert worden. Ein weiterer Auftraggeber sei weggefallen, da dieser sich entschieden habe, in Zukunft nur noch mit angestellten Mitarbeitern zu arbeiten. Ende des Jahres 2012 seien dann Steuern fällig geworden, die sie aufgrund der geschilderten Situation nicht habe aufbringen können.
6Die Marktentwicklung habe dazu geführt, dass sie in 2013 entschieden habe, eigenständig eine Personal- und Unternehmensberatung aufzubauen. Parallel dazu sollte das bisher betriebene Geschäft fortgeführt werden. Dies sei daran gescheitert, dass der Antragsgegner die Geschäftsbeziehungen durch Ausbringung von Pfändungen bei ihren Auftraggebern zerstört habe.
7Die Antragstellerin ist sich sicher, innerhalb der nahen Zukunft (halbes Jahr) Aufträge generieren zu können, die sie in die Lage versetzen, ihren steuerlichen Verpflichtungen nachzukommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Antragsschrift Bezug genommen.
8Aus der der Antragsschrift beigefügten Vollstreckungsankündigung kann ersehen werden, dass der Antragsgegner die Vollstreckung wegen Forderungen in Höhe von insgesamt ca. 41.000 € betreibt. Darin enthalten sind unter anderem 7.330 € Umsatzsteuer 2012 und 5.063 € Umsatzsteuer 2013. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Rückstandsaufstellung verwiesen.
9Ein konkreter, schriftlich gestellter Antrag auf Vollstreckungsaufschub beim Antragsgegner ist weder von der Antragstellerin vorgetragen noch aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich.
10Der Senat hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 4. Februar 2014 auf die Voraussetzungen einer einstweiligen Anordnung nach § 114 der Finanzgerichtsordnung – FGO – hingewiesen und um eine schlüssige Darlegung der Antragsvoraussetzungen sowie eine Glaubhaftmachung gebeten. Eine weitere Begründung von Seiten der Antragstellerin erfolgte nicht.
11Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
12ihr im Wege der einstweiligen Anordnung Vollstreckungsaufschub zu gewähren.
13Der Antragsgegner beantragt,
14den Antrag abzulehnen.
15Er verweist darauf, dass sich die Antragstellerin bereits in der Vergangenheit regelmäßig in Vollstreckung befunden habe und nicht mit einer zeitnahen Begleichung der Rückstände zu rechnen sei.
16Aus der vorgelegten Vollstreckungsakte sowie den Unterlagen über eine bei der Antragstellerin durchgeführte Liquiditätsprüfung ergibt sich, dass die Antragstellerin seit dem Jahr 2008 mit Unterbrechungen immer wieder mit ihren Steuerzahlungen im Rückstand war, wobei allerdings wesentlich geringere Beträge als im gegenwärtigen Stand des Verfahrens zur Vollstreckung anstanden, die jeweils im Rahmen von Bankkontenpfändungen beigetrieben werden konnten. Zumindest seit Anfang 2013 vollstreckt der Antragsgegner durchgängig gegen die Antragstellerin. Es wurden Forderungspfändungen bei ihren Auftraggebern und diversen Banken ausgebracht.
17Der Bericht über die Liquiditätsprüfung weist aus, dass die Antragstellerin im Jahr 2010 Umsätze von ca. 65.000 €, im Jahr 2011 Umsätze von ca. 112.000 € und im Jahr 2012 in Höhe von ca. 60.000 € erzielt hat. Die Gewinne werden mit knapp 40.000 € (2010), knapp 57.000 € (2011) und knapp 20.000 € (2012) ausgewiesen.
18Weiterhin enthält der Bericht den Hinweis, die Antragstellerin gehe davon aus, mit dem nächsten großen Auftrag alle Rückstände tilgen zu können. Die Antragstellerin wolle noch im April 2013 einen Businessplan zur Aufnahme eines Kredits für die Gewerbeumschichtung erstellen. Ein darauf basierende Antrag auf Vollstreckungsaufschub sollte eingereicht werden.
19Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht über die Liquiditätsprüfung vom 10. April 2013 verwiesen.
20II.
21Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
22Nach § 114 Abs. 1 Satz 1 FGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird (so genannte Sicherungsanordnung). Nach § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (so genannte Regelungsanordnung). Um eine derartige Regelungsanordnung handelt es sich bei dem Begehren auf Gewährung von Vollstreckungsaufschub im Sinne des § 258 der Abgabenordnung – AO –.
23Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nur zulässig, soweit vorläufiger Rechtsschutz überhaupt auf diesem Wege erreicht werden kann, also insbesondere die Aussetzung der Vollziehung nicht eröffnet ist (§ 114 Abs. 5 FGO). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt, da die Antragstellerin den Erlass eines Verwaltungsaktes anstrebt, also ein der Aussetzung der Vollziehung zugänglicher Verwaltungsakt bisher nicht vorliegt.
24Außerdem muss die Antragstellerin ein Rechtsschutzbedürfnis vortragen (vgl. Lange in Hübschmann/ Hepp/ Spitaler, AO/FGO, § 114 FGO, Rdnr. 97). Dieses ist zu bejahen, wenn der Antrag zweckmäßig, nicht mutwillig oder rechtsmissbräuchlich ist (vgl. z. B. Koch in Gräber, FGO, 7. Auflage, 2010, § 114 FGO Rdnr. 25 ff.). Ein vorheriger Antrag bei der Finanzbehörde ist nicht zwingend erforderlich (vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand August 2013, § 114 FGO Rdnr. 64; Koch a.a.O. § 114 Rdnr. 26; Brockmeyer in Klein, AO, 11. Aufl., 2012, § 258 Rdnr. 12).
25Auch diese Zulässigkeitsvoraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Die Antragstellerin hat zwar nicht nachvollziehbar einen Antrag auf Vollstreckungsaufschub beim Antragsgegner gestellt. Dies ist aber auch nicht zwingend erforderlich. Das generelle Begehren der nicht vertretenen Antragstellerin war aus dem Bericht über die Liquiditätsprüfung ersichtlich. Unter Berücksichtigung der andauernden Zwangsvollstreckung des Antragsgegners und der am Tag der Antragstellung unmittelbar bevorstehenden, zumindest angedrohten Mobiliarzwangsvollstreckung ist der unmittelbare Antrag an den Senat auch nicht als rechtsmissbräuchlich oder mutwillig zu qualifizieren. Unter Berücksichtigung der drohenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, also dem unmittelbar bevorstehenden Eindringen in die grundrechtlich geschützte Sphäre der Wohnung und den ggf. nachfolgenden Schritten der Beitreibung (Aufforderung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung oder Antrag auf Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen der Antragstellerin) bei erfolgloser Mobiliarzwangsvollstreckung erscheint der unmittelbare Antrag an das Gericht durch die Antragstellerin, die nach eigenem Vortrag unmittelbar zuvor erst von der Möglichkeit gerichtlichen Rechtsschutzes erfahren hatte, nicht rechtsmissbräuchlich.
26Da eine einstweilige Anordnung nur dem vorläufigen Rechtsschutz dient, muss sich die Anordnung außerdem auf eine vorläufige Regelung beschränken. Sie ist grundsätzlich unzulässig, soweit sie das Ergebnis der Entscheidung in der Hauptsache praktisch vorwegnehmen und damit dieser endgültig vorgreifen würde (vergleiche BFH-Beschlüsse vom 9. Dezember 1969 VII B 127/69, BFHE 97, 575, BStBl II 1970, 222; BStBl II 1994, 899; BFH, BStBl II 2009, 839; zu den Ausnahmen vgl. BFH, BStBl II 2000, 320 m.w.N.; weitere Nachweise bei Loose a.a.O. § 114 FGO Rdnr. 41).
27Da die Antragstellerin im Streitfall nur eine vorübergehende Einstellung der Zwangsvollstreckung begehrt, steht auch diese Voraussetzung der Zulässigkeit des Antrages nicht entgegen.
28Letztlich stehen der Zulässigkeit des unmittelbaren Antrages auf einstweilige Gewährung von Vollstreckungsaufschub auch nicht die Begrenzungen gerichtlicher Entscheidungsbefugnisse durch § 102 FGO entgegen.
29Es ist umstritten, wie in Fällen, in denen - wie im Streitfall - eine im Ermessen der Behörde stehende Entscheidung begehrt wird, vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren ist. Da es dem Gericht nach § 102 FGO grundsätzlich verwehrt ist, anstelle der Verwaltung eine Ermessensentscheidung zu treffen, bestehen lediglich in den Fällen der Ermessensreduzierung auf null keine Bedenken gegen eine einstweilige Anordnung im Sinne einer vorläufigen Regelung (vgl. Lange a.a.O., § 114 FGO Rdnr. 70; Loose a.a.O., § 114 FGO Rdnr. 44, jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung).
30In Fällen ohne eine derartige Ermessensreduzierung auf null, in denen also in der Hauptsache ein Bescheidungsurteil nach § 101 Satz 2 i. V. m. § 102 FGO ergehen müsste, würde das Finanzgericht bei Erlass einer einstweiligen Anordnung in den eigentlich der Verwaltung vorbehaltenen Bereich der Ermessensausübung (vorläufig) eingreifen.
31Der BFH hat in verschiedenen Entscheidungen ausdrücklich offen gelassen, ob ein derartiges so genanntes Interimsermessen (vgl. dazu grundlegend BFH-Beschluss vom 13. Mai 1977 VII B 9/77, BFHE 122, 28, BStBl II 1977, 587 m.w.N.) der Gerichte besteht (vgl. z. B. BFH-Beschlüsse vom 4. November 1986 VII B 108/86, BFH/NV 1987, 555; vom 4. Dezember 1990 VII B 166/90, BFH/NV 1991, 758; vom 1. August 2002 VII B 352/00, BFH/NV 2002, 1547). Andererseits hat er in anderen Entscheidungen ausgeführt, dass ein Anordnungsanspruch bereits dann bestehe, wenn für eine günstige Ermessensentscheidung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehe (vgl. z. B. BFH-Beschluss vom 12. Februar 1991 VII B 170/90, BFH/NV 1992, 42 m. w. N.).
32Damit geht aber auch der BFH entweder von der Möglichkeit der Ausübung eines Interimsermessens aus oder er bejaht bei den so genannten Koppelungsvorschriften (vgl. zur Problematik z. B. Wernsmann in Hübschmann/ Hepp/ Spitaler, AO/FGO, § 5 AO Rdnr. 90, 92 ff.; Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 5 AO Rdnr. 25 ff.), zu denen auch § 258 AO gehört, das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung „Unbilligkeit“ mit der Folge einer Ermessensreduzierung auf null. Beide Argumentationswege bewegen sich im Rahmen der hochgradig umstrittenen Grundsatzentscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (Beschluss vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BStBl II 1972, 603; dazu Wernsmann a.a.O. Rdnr. 93; Drüen a.a.O. Rdnr. 27; Gersch in Klein, AO, § 5 Rdnr. 15) zur Qualifikation der Vorgängervorschrift des § 227 AO als Ermessensvorschrift, bei der der Maßstab der Billigkeit den Inhalt und die Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens bestimme.
33Schon in der Grundsatzentscheidung ist allerdings ausgeführt, dass es vom Ergebnis her keinen bedeutsamen Unterschied mache, ob der Bürger Rechtsschutz dadurch erlange, dass von einer Ermessensentscheidung ausgegangen werde, diese aber auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Billigkeit überprüft werde, oder dadurch, dass man von einer Rechtsentscheidung ausgehe, zur Vermeidung einer uferlosen Kontrolle der Verwaltung sich aber auf eine taktvolle und behutsame Rechtskontrolle beschränke (GmS-OGB a.a.O., Seite 608; dazu Koch/Scholtz, AO, 5. Auflage, 1996, § 5 Rdnr. 5).
34Auch in der Literatur und Rechtsprechung der Finanzgerichte ist die Frage der Ausübung von Interimsermessen in Fällen ohne Ermessensreduzierung auf null umstritten. Während einerseits darauf hingewiesen wird, die Annahme eines Interimsermessens verstoße gegen § 102 FGO (vgl. z. B. Lange a.a.O. § 114 FGO Rdnr. 71), vertreten andererseits verschiedene Autoren die Auffassung, der verfassungsrechtlich geschützte effektive Rechtsschutz (vgl. Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes) eröffne und gebiete die Ausübung des Interimsermessens (vgl. Loose a. a. O. § 114 FGO Rdnr. 44, 45; Brockmeyer a.a.O. § 258 Rdnr. 13; Koch a.a.O. § 114 Rdnr. 75 m. w. N.; Beermann in Hübschmann/ Hepp/ Spitaler, AO/FGO, § 258 AO Rdnr. 60). Auch das Finanzgericht des Saarlandes (Beschluss vom 3. Februar 2006 2 V 44/06, EFG 2006, 546) hat die Befugnis zur Ausübung von Interimsermessen durch Finanzgerichte ausdrücklich bejaht.
35Der beschließende Senat geht ebenfalls von der gerichtlichen Befugnis aus, im Rahmen der einstweiligen Anordnung im Hinblick auf Billigkeitsentscheidungen wie Stundung (§ 222 AO), Erlass (§ 227 AO) oder Vollstreckungsaufschub (§ 258 oder § 297 AO) Interimsermessen auszuüben. Dies eröffnet die Möglichkeit innerhalb der verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Gewährung effektiven vorläufigen Rechtsschutzes (vgl. dazu BVerfG-Beschlüsse vom 22. September 2009 2 BvR 1305/09, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2009, 2146; vom 11. Oktober 2010 2 BvR 1710/10, DStR 2010, 2296; vom 24. Oktober 201 ,1 BvR 1848/11, 1 BvR 2162/11, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 2012, 89) eine vorübergehende, behutsame Rechtskontrolle auszuüben ohne über die Annahme einer Unbilligkeit und die darauf basierende Annahme einer Ermessensreduzierung auf null den Entscheidungsspielraum der Verwaltung unangemessen einzuschränken.
36Der danach ungeachtet der Frage einer eventuellen Ermessensreduzierung auf null zulässige Antrag der Antragstellerin auf vorläufige Gewährung von Vollstreckungsaufschub ist aber im Ergebnis unbegründet, da die weiteren Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vorliegen.
37Die weiteren Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind in der FGO durch Bezugnahme auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung – ZPO – über das Arrestverfahren umschrieben (§ 114 Abs. 3 FGO). Nach § 114 Abs. 3 FGO i.V.m. § 920 ZPO obliegt es danach der Antragstellerin, den Anspruch und den Grund für den Erlass der einstweiligen Anordnung zu bezeichnen und glaubhaft zu machen (BFH-Beschluss vom 22. Dezember 2006 VII B 121/06, BFHE 216, 38, BStBl II 2009, 839 m.w.N.). Voraussetzung für einen erfolgreichen Antrag ist also, dass die Antragstellerin den Anspruch, aus dem sie ihr Begehren herleitet (sog. Anordnungsanspruch) und einen Grund für die zu treffende Regelung (sog. Anordnungsgrund) schlüssig darlegt und deren tatsächliche Voraussetzungen im Sinne der Vermittlung einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit glaubhaft macht (vgl. § 294 ZPO; dazu Lange a.a.O. § 114 FGO Rdnr. 82 m. w. N.; BFH-Beschluss vom 4. Dezember 1990 VII B 166/90, BFH/NV 1991, 758).
38Anordnungsanspruch ist in Fällen des § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO der Anspruch auf Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis, der sich aus dem künftigen Hauptsachebegehren ableiten lässt (BFH-Beschlüsse vom 27. Juli 1994 I B 246/93, BFHE 175, 205, BStBl II 1994, 899; vom 6. Oktober 2005 V B 140/05, BFH/NV 2006, 473).
39Ein Anordnungsgrund besteht, wenn eine einstweilige Regelung in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Das ist der Fall, wenn ohne eine vorläufige Regelung die wirtschaftliche oder persönliche Existenz der Antragstellerin bedroht wäre (BFH a.a.O.). Geringere Beeinträchtigungen der Antragstellerin bei Fortbestehen des bisherigen Zustandes reichen grundsätzlich nicht aus, um eine einstweilige Anordnung zu begründen (BFH, BStBl II 2009, 839 m.w.N.).
40Bei Zugrundelegung dieser - vom beschließenden Senat in ständiger Rechtsprechung zur Anwendung gebrachten - Grundsätze ist der vorliegende Antrag unbegründet. Die Antragstellerin hat bereits die Voraussetzungen für die Gewährung eines Vollstreckungsaufschubs im Sinne des § 258 AO nicht schlüssig dargelegt.
41Soweit die Vollstreckung im Einzelfall unbillig ist, kann die Vollstreckungsbehörde sie einstweilen nach § 258 AO einstellen oder beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben.
42Dabei kommen derartige einstweilige Maßnahmen nur in Betracht, wenn vorübergehende Umstände vorliegen, die eine Vollstreckung unbillig erscheinen lassen. Umstände, die zu einer dauerhaften Einstellung der Vollstreckung Anlass geben, können dagegen nicht berücksichtigt werden, denn eine dauerhafte Unterbindung der Vollstreckung ist in § 258 AO nicht vorgesehen (vgl. BFH-Urteil vom 31. Mai 2005 VII R 62/04, BFH/NV 2005, 1743; BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2005 VII R 63/64, BFH/NV 2006, 900).
43Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Unbilligkeit im Sinne von § 258 AO dann anzunehmen, wenn die Vollstreckung oder eine einzelne Vollstreckungsmaßnahme dem Vollstreckungsschuldner einen unangemessenen Nachteil bringen würde, der durch kurzfristiges Zuwarten oder durch eine andere Vollstreckungsmaßnahme vermieden werden könnte (vgl. BFH-Beschlüsse vom 18. November 2010 XI B 56/10, BFH/NV 2011, 199; vom 21. April 2009 I B 178/08, BFH/NV 2009, 1596; BFH/NV 2006, 900).
44Insbesondere für den Fall des Anerbietens von Ratenzahlungen durch den Vollstreckungsschuldner kann sich danach die Vollstreckung als unbillig erweisen, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, dass der Vollstreckungsschuldner seine Zusage einhalten wird und wenn nach der Höhe der angebotenen Raten mit einer zügigen und kurzfristigen Tilgung der Steuerschulden gerechnet werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 11. Dezember 2007 VII R 52/06, BFH/NV 2008, 749). Dabei muss ein Tilgungszeitraum von mehreren Jahren von der Finanzverwaltung nicht hingenommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 31. Mai 2005 VII R 62/04, BFH/NV 2005, 1743; BFH/NV 2006, 900; BFH/NV 2009, 1596).
45Unter Berücksichtigung der z.B. in § 802b ZPO erkennbaren Begrenzung für Vollstreckungsaufschübe auf ein Jahr oder der Begrenzung des Aufschubs für eine Zwangsversteigerung in den §§ 30a und 30c des Zwangsversteigerungsgesetzes sowie der in der neueren Gesetzgebung deutlich gewordenen Tendenz einer Verkürzung der Fristen zur Tilgung rückständiger Steuern (vergleiche die Zweiwochenfrist in § 284 Abs. 1 Satz 1 AO bei der Aufforderung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung) sieht der Senat – vorbehaltlich besonderer Aspekte des Einzelfalles – keine Veranlassung, eine Frist von mehr als zwölf Monaten als kurzfristig im Sinne des § 258 AO zu qualifizieren (ebenso bereits Finanzgericht Berlin, Urteil vom 21. September 2004 7 K 7295/04, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2005, 9; Finanzgericht Köln, Beschluss vom 16. März 2012 15 V 20/12, EFG 2012, 1715 m. w. N.; zu längerer Frist bei Sonderfall mit Gefahr für Leben oder Gesundheit vgl. BFH-Beschluss vom 28. September 2006 V B 71/05, Juris).
46Grundsätzlich kann in Fällen wie dem vorliegenden, in denen keine Ratenzahlung angeboten wird, keine längere Frist für einen Vollstreckungsaufschub als angemessen angesehen werden, als in den Fällen mit Ratenzahlung. Es kann dahinstehen, ob in Fällen mit erheblichen Problemen bei der sachgerechten Verwertung vorhandenen Vermögens im Einzelfall Besonderheiten Berücksichtigung finden müssen, da die Antragstellerin ausweislich des Liquiditätsprüfungsberichtes über derartiges Vermögen nicht verfügt.
47Danach kann im Streitfall auf der Basis des von der Antragstellerin vorgetragenen Lebenssachverhaltes bereits nicht von einer Unbilligkeit im Sinne des § 258 AO ausgegangen werden. Die Antragstellerin hat nichts vorgetragen, was auf eine kurzfristige Tilgung der rückständigen Steuern schließen ließe. Sie hat lediglich eine vage Hoffnung auf die Erteilung lukrativer Aufträge vorgetragen. Dieser Vortrag findet sich sinngemäß bereits in dem Bericht des Liquiditätsprüfers. Eine konkrete Verbesserung der Liquiditätssituation der Antragstellerin ist im vorliegenden Verfahren nicht vorgetragen worden. Es ist daher davon auszugehen, dass zwischen April des Jahres 2013 und Februar des Jahres 2014 die Erwartungen der Antragstellerin nicht realisiert werden konnten. Folgerichtig befinden sich unter den bisher nicht getilgten Steuerverbindlichkeiten auch solche, die bereits im Jahr 2012 fällig geworden sind.
48Unabhängig von der fehlenden Darlegung des Anordnungsanspruchs im Hinblick auf die Kurzfristigkeit der begehrten Maßnahme, spricht gegen die Annahme einer Unbilligkeit auch die Tatsache, dass die Antragstellerin in erheblichem Maße und über Jahre gegen ihre steuerlichen Verpflichtungen verstoßen und dadurch vorwerfbar die Ursache für die Kumulierung erheblicher Steuerverbindlichkeiten gesetzt hat. Die Antragstellerin hat über einen längeren Zeitraum die von ihr vereinnahmten Umsatzsteuern nicht nur nicht an den Antragsgegner abgeführt, sondern auch die entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldungen permanent verspätet abgegeben. Sie hat keinerlei Lebenssachverhalte vorgetragen, die auf eine ggf. irrtümliche Fehldeklarationen bei der Umsatzsteuer schließen ließe. Danach ist davon auszugehen, dass bezogen auf die Umsätze von ca. 112.000 € im Jahr 2011 und ca. 60.000 € im Jahr 2012 fast 45% der Umsätze erst im Rahmen der Jahresveranlagung erfasst worden sind. Ungeachtet aller Fragen zum Steuerstrafrecht liegen jedenfalls keine ordnungsgemäßen Deklarationen der Steuern vor.
49Da die Antragstellerin bereits den Anordnungsanspruch nicht schlüssig dargelegt hat, kommt es nicht darauf an, dass auch der Anordnungsgrund nicht mit präsenten Beweismitteln glaubhaft gemacht worden ist.
50Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(3) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozessordnung sinngemäß.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle des § 69.
Soweit im Einzelfall die Vollstreckung unbillig ist, kann die Vollstreckungsbehörde sie einstweilen einstellen oder beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(3) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozessordnung sinngemäß.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle des § 69.
Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(3) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozessordnung sinngemäß.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle des § 69.
Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.
Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
Soweit im Einzelfall die Vollstreckung unbillig ist, kann die Vollstreckungsbehörde sie einstweilen einstellen oder beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben.
Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.
Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(3) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozessordnung sinngemäß.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle des § 69.
Soweit im Einzelfall die Vollstreckung unbillig ist, kann die Vollstreckungsbehörde sie einstweilen einstellen oder beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben.
Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise stunden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Die Stundung soll in der Regel nur auf Antrag und gegen Sicherheitsleistung gewährt werden. Steueransprüche gegen den Steuerschuldner können nicht gestundet werden, soweit ein Dritter (Entrichtungspflichtiger) die Steuer für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten, insbesondere einzubehalten und abzuführen hat. Die Stundung des Haftungsanspruchs gegen den Entrichtungspflichtigen ist ausgeschlossen, soweit er Steuerabzugsbeträge einbehalten oder Beträge, die eine Steuer enthalten, eingenommen hat.
Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.
Soweit im Einzelfall die Vollstreckung unbillig ist, kann die Vollstreckungsbehörde sie einstweilen einstellen oder beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben.
Die Vollstreckungsbehörde kann die Verwertung gepfändeter Sachen unter Anordnung von Zahlungsfristen zeitweilig aussetzen, wenn die alsbaldige Verwertung unbillig wäre.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(3) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozessordnung sinngemäß.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle des § 69.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(3) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozessordnung sinngemäß.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle des § 69.
Soweit im Einzelfall die Vollstreckung unbillig ist, kann die Vollstreckungsbehörde sie einstweilen einstellen oder beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben.
(1) Der Gerichtsvollzieher soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein.
(2) Hat der Gläubiger eine Zahlungsvereinbarung nicht ausgeschlossen, so kann der Gerichtsvollzieher dem Schuldner eine Zahlungsfrist einräumen oder eine Tilgung durch Teilleistungen (Ratenzahlung) gestatten, sofern der Schuldner glaubhaft darlegt, die nach Höhe und Zeitpunkt festzusetzenden Zahlungen erbringen zu können. Soweit ein Zahlungsplan nach Satz 1 festgesetzt wird, ist die Vollstreckung aufgeschoben. Die Tilgung soll binnen zwölf Monaten abgeschlossen sein.
(3) Der Gerichtsvollzieher unterrichtet den Gläubiger unverzüglich über den gemäß Absatz 2 festgesetzten Zahlungsplan und den Vollstreckungsaufschub. Widerspricht der Gläubiger unverzüglich, so wird der Zahlungsplan mit der Unterrichtung des Schuldners hinfällig; zugleich endet der Vollstreckungsaufschub. Dieselben Wirkungen treten ein, wenn der Schuldner mit einer festgesetzten Zahlung ganz oder teilweise länger als zwei Wochen in Rückstand gerät.
(1) Der Vollstreckungsschuldner muss der Vollstreckungsbehörde auf deren Verlangen für die Vollstreckung einer Forderung Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften erteilen, wenn er die Forderung nicht binnen zwei Wochen begleicht, nachdem ihn die Vollstreckungsbehörde unter Hinweis auf die Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft zur Zahlung aufgefordert hat. Zusätzlich hat er seinen Geburtsnamen, sein Geburtsdatum und seinen Geburtsort anzugeben. Handelt es sich bei dem Vollstreckungsschuldner um eine juristische Person oder um eine Personenvereinigung, so hat er seine Firma, die Nummer des Registerblatts im Handelsregister und seinen Sitz anzugeben.
(2) Zur Auskunftserteilung hat der Vollstreckungsschuldner alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände anzugeben. Bei Forderungen sind Grund und Beweismittel zu bezeichnen. Ferner sind anzugeben:
- 1.
die entgeltlichen Veräußerungen des Vollstreckungsschuldners an eine nahestehende Person (§ 138 der Insolvenzordnung), die dieser in den letzten zwei Jahren vor dem Termin nach Absatz 7 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat; - 2.
die unentgeltlichen Leistungen des Vollstreckungsschuldners, die dieser in den letzten vier Jahren vor dem Termin nach Absatz 7 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat, sofern sie sich nicht auf gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke geringen Werts richteten.
(3) Der Vollstreckungsschuldner hat zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er die Angaben nach den Absätzen 1 und 2 nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht habe. Vor Abnahme der eidesstattlichen Versicherung ist der Vollstreckungsschuldner über die Bedeutung der eidesstattlichen Versicherung, insbesondere über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen eidesstattlichen Versicherung, zu belehren.
(4) Der Vollstreckungsschuldner ist innerhalb von zwei Jahren nach Abgabe der Vermögensauskunft nach dieser Vorschrift oder nach § 802c der Zivilprozessordnung nicht verpflichtet, eine weitere Vermögensauskunft abzugeben, es sei denn, es ist anzunehmen, dass sich die Vermögensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners wesentlich geändert haben. Die Vollstreckungsbehörde hat von Amts wegen festzustellen, ob beim zentralen Vollstreckungsgericht nach § 802k Absatz 1 der Zivilprozessordnung in den letzten zwei Jahren ein auf Grund einer Vermögensauskunft des Schuldners erstelltes Vermögensverzeichnis hinterlegt wurde.
(5) Für die Abnahme der Vermögensauskunft ist die Vollstreckungsbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Wohnsitz oder der Aufenthaltsort des Vollstreckungsschuldners befindet. Liegen diese Voraussetzungen bei der Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, nicht vor, so kann sie die Vermögensauskunft abnehmen, wenn der Vollstreckungsschuldner zu ihrer Abgabe bereit ist.
(6) Die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft ist dem Vollstreckungsschuldner selbst zuzustellen; sie kann mit der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 verbunden werden. Der Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft soll nicht vor Ablauf eines Monats nach Zustellung der Ladung bestimmt werden. Ein Rechtsbehelf gegen die Anordnung der Abgabe der Vermögensauskunft hat keine aufschiebende Wirkung. Der Vollstreckungsschuldner hat die zur Vermögensauskunft erforderlichen Unterlagen im Termin vorzulegen. Hierüber und über seine Rechte und Pflichten nach den Absätzen 2 und 3, über die Folgen einer unentschuldigten Terminssäumnis oder einer Verletzung seiner Auskunftspflichten sowie über die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis bei Abgabe der Vermögensauskunft ist der Vollstreckungsschuldner bei der Ladung zu belehren.
(7) Im Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft erstellt die Vollstreckungsbehörde ein elektronisches Dokument mit den nach den Absätzen 1 und 2 erforderlichen Angaben (Vermögensverzeichnis). Diese Angaben sind dem Vollstreckungsschuldner vor Abgabe der Versicherung nach Absatz 3 vorzulesen oder zur Durchsicht auf einem Bildschirm wiederzugeben. Ihm ist auf Verlangen ein Ausdruck zu erteilen. Die Vollstreckungsbehörde hinterlegt das Vermögensverzeichnis bei dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 802k Abs. 1 der Zivilprozessordnung. Form, Aufnahme und Übermittlung des Vermögensverzeichnisses haben den Vorgaben der Verordnung nach § 802k Abs. 4 der Zivilprozessordnung zu entsprechen.
(8) Ist der Vollstreckungsschuldner ohne ausreichende Entschuldigung in dem zur Abgabe der Vermögensauskunft anberaumten Termin vor der in Absatz 5 Satz 1 bezeichneten Vollstreckungsbehörde nicht erschienen oder verweigert er ohne Grund die Abgabe der Vermögensauskunft, so kann die Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, die Anordnung der Haft zur Erzwingung der Abgabe beantragen. Zuständig für die Anordnung der Haft ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Vollstreckungsschuldner im Zeitpunkt der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthaltsort hat. Die §§ 802g bis 802j der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden. Die Verhaftung des Vollstreckungsschuldners erfolgt durch einen Gerichtsvollzieher. § 292 dieses Gesetzes gilt entsprechend. Nach der Verhaftung des Vollstreckungsschuldners kann die Vermögensauskunft von dem nach § 802i der Zivilprozessordnung zuständigen Gerichtsvollzieher abgenommen werden, wenn sich der Sitz der in Absatz 5 bezeichneten Vollstreckungsbehörde nicht im Bezirk des für den Gerichtsvollzieher zuständigen Amtsgerichts befindet oder wenn die Abnahme der Vermögensauskunft durch die Vollstreckungsbehörde nicht möglich ist. Der Beschluss des Amtsgerichts, mit dem der Antrag der Vollstreckungsbehörde auf Anordnung der Haft abgelehnt wird, unterliegt der Beschwerde nach den §§ 567 bis 577 der Zivilprozessordnung.
(9) Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintragung des Vollstreckungsschuldners in das Schuldnerverzeichnis nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung anordnen, wenn
- 1.
der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist, - 2.
eine Vollstreckung nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses offensichtlich nicht geeignet wäre, zu einer vollständigen Befriedigung der Forderung zu führen, wegen der die Vermögensauskunft verlangt wurde oder wegen der die Vollstreckungsbehörde vorbehaltlich der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 und der Sperrwirkung nach Absatz 4 eine Vermögensauskunft verlangen könnte, oder - 3.
der Vollstreckungsschuldner nicht innerhalb eines Monats nach Abgabe der Vermögensauskunft die Forderung, wegen der die Vermögensauskunft verlangt wurde, vollständig befriedigt. Gleiches gilt, wenn die Vollstreckungsbehörde vorbehaltlich der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 und der Sperrwirkung nach Absatz 4 eine Vermögensauskunft verlangen kann, sofern der Vollstreckungsschuldner die Forderung nicht innerhalb eines Monats befriedigt, nachdem er auf die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis hingewiesen wurde.
(10) Ein Rechtsbehelf gegen die Eintragungsanordnung nach Absatz 9 hat keine aufschiebende Wirkung. Nach Ablauf eines Monats seit der Zustellung hat die Vollstreckungsbehörde die Eintragungsanordnung dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung mit den in § 882b Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung genannten Daten elektronisch zu übermitteln. Dies gilt nicht, wenn Anträge auf Gewährung einer Aussetzung der Vollziehung der Eintragungsanordnung nach § 361 dieses Gesetzes oder § 69 der Finanzgerichtsordnung anhängig sind, die Aussicht auf Erfolg haben.
(11) Ist die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung erfolgt, sind Entscheidungen über Rechtsbehelfe des Vollstreckungsschuldners gegen die Eintragungsanordnung durch die Vollstreckungsbehörde oder durch das Gericht dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung elektronisch zu übermitteln. Form und Übermittlung der Eintragungsanordnung nach Absatz 10 Satz 1 und 2 sowie der Entscheidung nach Satz 1 haben den Vorgaben der Verordnung nach § 882h Abs. 3 der Zivilprozessordnung zu entsprechen.
Soweit im Einzelfall die Vollstreckung unbillig ist, kann die Vollstreckungsbehörde sie einstweilen einstellen oder beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.