Finanzgericht Münster Urteil, 20. März 2014 - 5 K 1023/12 E

ECLI:ECLI:DE:FGMS:2014:0320.5K1023.12E.00
bei uns veröffentlicht am20.03.2014

Tenor

Der Einkommensteuer-Änderungsbescheid 2010 vom 04.01.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.02.2012 wird dahingehend geändert, dass Zivilprozesskosten in Höhe von 6.331,18 EUR als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Die Berechnung der sich danach ergebenden Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.


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Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Münster Urteil, 20. März 2014 - 5 K 1023/12 E

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Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
Finanzgericht Münster Urteil, 20. März 2014 - 5 K 1023/12 E zitiert 18 §§.

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

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(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an di

Einkommensteuergesetz - EStG | § 2 Umfang der Besteuerung, Begriffsbestimmungen


(1) 1Der Einkommensteuer unterliegen 1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb,3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit,4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,5. Einkünfte aus Kapitalvermögen,6. Einkünfte aus Vermiet

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(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; §

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 155


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz

Abgabenordnung - AO 1977 | § 173 Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel


(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,1.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,2.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer

Einkommensteuergesetz - EStG | § 33 Außergewöhnliche Belastungen


(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so

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Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde fes

Abgabenordnung - AO 1977 | § 172 Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden


(1) Ein Steuerbescheid darf, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur aufgehoben oder geändert werden,1.wenn er Verbrauchsteuern betrifft,2.wenn er andere Steuern als Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben nach Artik

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Das Gericht hat das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist. Die Anordnung hat auf d

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Bundesfinanzhof Urteil, 12. Mai 2011 - VI R 42/10

bei uns veröffentlicht am 12.05.2011

Tatbestand 1 I. Streitig ist, ob Zivilprozesskosten wegen einer Klage auf Zahlung von Krankentagegeld als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind.

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Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Zivilprozesskosten wegen einer Klage auf Zahlung von Krankentagegeld als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Für die Klägerin bestand eine private Krankenversicherung bei der R, die eine Krankentagegeld-Versicherung für ein tägliches Krankengeld von 51 € nach Ablauf von sechs Wochen einer Arbeitsunfähigkeit umfasste. Die Klägerin war als Geschäftsleitungsassistentin nichtselbständig tätig. Anfang 2004 traten bei ihr Probleme mit dem Gebrauch der rechten Hand und Bewegungsstörungen des rechten Beines auf. Bei ihr wurden eine fokale Dystonie und eine spastische Hemiphlegie diagnostiziert. Die Klägerin wurde krankgeschrieben. Nach sechs Wochen stellte der Arbeitgeber seine Gehaltszahlungen ein. Daraufhin wurde die R in Anspruch genommen, die zunächst das vertraglich vereinbarte Krankentagegeld zahlte. Auf Veranlassung der R wurde die Klägerin am 28. Januar 2005 von einem Mitarbeiter des Vertrauensarztes H untersucht. In dem von H erstellten Gutachten wurde der Klägerin Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Er diagnostizierte eine fokale Dystonie bzw. ein Parkinson-Syndrom. Ein halbes Jahr später musste die Klägerin sich erneut bei H vorstellen. Dieser kam in seinem daraufhin angefertigten Gutachten vom 29. Juli 2005 zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin immer noch Arbeitsunfähigkeit bestehe. Weiterhin stellte er fest, dass zwischenzeitlich auch Berufsunfähigkeit eingetreten sei. Die R stellte sich daraufhin auf den Standpunkt, dass bei der Klägerin ab dem 28. Juli 2005 Berufsunfähigkeit eingetreten sei und damit die Leistungspflicht zur Zahlung von Krankentagegeld drei Monate nach Beginn der Berufsunfähigkeit ende. Dementsprechend wurde letztmalig am 28. Oktober 2005 der versicherte Tagessatz gezahlt. Ab dem 1. August 2006 wurde der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt (Bescheid vom 31. Januar 2007).

3

Im Dezember 2005 erhob der Kläger als Versicherungsnehmer Klage gegen die R. Die Klage war auf die Feststellung des Fortbestands der Krankentagegeldversicherung sowie die Zahlung von Krankentagegeld ab dem 28. Oktober 2005 gerichtet. Nachdem der Klägerin die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zuerkannt worden war, wurde der Feststellungsantrag für erledigt erklärt; der Kläger beantragte lediglich noch die Zahlung von 14.111 € (Krankentagegeld vom 28. Oktober 2005 bis 31. Juli 2006) nebst Zinsen. Mit Urteil des Landgerichts C vom 30. März 2007 wurde die Klage abgewiesen.

4

Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 machten die Kläger die Prozesskosten von 9.906 € als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte dem nicht, weil Krankentagegeld regelmäßig steuerfrei sei und der Prozess somit nicht der Erzielung steuerbarer Einnahmen gedient habe. Den hiergegen gerichteten Einspruch, mit dem die Kläger geltend machten, die Prozesskosten seien als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2009 als unbegründet zurück.

5

Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1607 veröffentlichten Gründen ab.

6

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

7

Die Kläger beantragen,

das Urteil des FG Köln vom 18. November 2009  11 K 185/09 und die Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2009 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 --zuletzt-- vom 6. April 2009 in der Weise zu ändern, dass Aufwendungen in Höhe von 9.906 € als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

8

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen, hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. 1. Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Zivilprozesskosten des Klägers zu Unrecht vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen.

10

a) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--).

11

b) Bei den Kosten eines Zivilprozesses, die vorliegend von den Beteiligten zutreffend nicht als Werbungskosten der Klägerin beurteilt worden sind, spricht nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit (BFH-Urteile vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596, m.w.N.; vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382; vom 18. März 2004 III R 24/03, BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und vom 27. August 2008 III R 50/06, BFH/NV 2009, 553). Derartige Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig erwachsen ist (BFH-Urteil in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). Daran fehlte es nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen bei einem Zivilprozess (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Es sei in der Regel der freien Entscheidung der (Vertrags)Parteien überlassen, ob sie sich zur Durchsetzung oder Abwehr eines zivilrechtlichen Anspruchs einem Prozess(kosten)risiko aussetzten (vgl. BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Lasse sich der Steuerpflichtige trotz ungewissen Ausgangs auf einen Prozess ein, liege die Ursache für die Prozesskosten in seiner Entscheidung, das Prozesskostenrisiko in der Hoffnung auf ein für ihn günstiges Ergebnis in Kauf zu nehmen; es entspräche nicht Sinn und Zweck des § 33 EStG, ihm die Kostenlast zu erleichtern, wenn sich das im eigenen Interesse bewusst in Kauf genommene Risiko realisiert habe (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten bisher nur an, wenn der Prozess existentiell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen (BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; in BFH/NV 2009, 533).

12

2. An dieser Rechtsauffassung hält der erkennende Senat nicht länger fest.

13

a) Denn die Auffassung, der Steuerpflichtige übernehme das Prozesskostenrisiko "freiwillig", verkennt, dass streitige Ansprüche wegen des staatlichen Gewaltmonopols, das der Verwirklichung des inneren Friedens dient (Josef Isensee, Gemeinwohl im Verfassungsstaat, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 3. Aufl. 2006, § 71 Rz 76; Roman Herzog, Ziele, Vorbehalte und Grenzen der Staatstätigkeit, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 3. Aufl. 2006, § 72 Rz 38; Bardo Fassbender, Wissen als Grundlage staatlichen Handelns, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 3. Aufl. 2006, § 76 Rz 26), regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren sind. Dies folgt aus dem Rechtsstaatsgrundsatz, der in Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) allgemein niedergelegt ist und für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet (Helmuth Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 19 IV Rz 35). Es ist ein zentraler Aspekt der Rechtsstaatlichkeit, die eigenmächtig-gewaltsame Durchsetzung von Rechtsansprüchen grundsätzlich zu verwehren. Die Parteien werden zur gewaltfreien Lösung von Rechtsstreitigkeiten und Interessenkonflikten der Staatsbürger (Roman Herzog, a.a.O., § 72 Rz 26) vielmehr auf den Weg vor die Gerichte verwiesen (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juni 1980  1 PBvU 1/79, BVerfGE 54, 277 <292>; vom 13. März 1990  2 BvR 94 u.a./88, BVerfGE 81, 347 <356>). Zivilprozesskosten erwachsen Kläger wie Beklagtem deshalb unabhängig vom Gegenstand des Zivilrechtsstreits aus rechtlichen Gründen zwangsläufig (vgl. Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33 EStG Rz 117; Arndt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 33 Rz C 57).

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b) Entgegen der bisherigen Rechtsprechung ist für die Frage der Zwangsläufigkeit von Prozesskosten nicht auf die Unausweichlichkeit des der streitgegenständlichen Zahlungsverpflichtung oder dem strittigen Zahlungsanspruch zugrunde liegenden Ereignisses abzustellen. Denn der Steuerpflichtige muss, um sein Recht durchzusetzen, im Verfassungsstaat des Grundgesetzes den Rechtsweg beschreiten. Dieser Unausweichlichkeit steht nicht entgegen, dass mit den Kosten eines Zivilprozesses in der Regel nur die unterliegende Partei (§ 91 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung) belastet ist. Denn der Einwand, der Unterliegende hätte bei gehöriger Prüfung seiner Rechte und Pflichten erkennen können, der Prozess werde keinen Erfolg haben, wird der Lebenswirklichkeit nicht gerecht. Vorherzusagen wie ein Gericht entscheiden wird, ist "riskant" (Tipke, Steuer und Wirtschaft 2008, 377 <380>). Denn nur selten findet sich der zu entscheidende Sachverhalt so deutlich im Gesetz wieder, dass der Richter seine Entscheidung mit arithmetischer Gewissheit aus dem Gesetzestext ablesen kann. Nicht zuletzt deshalb bietet die Rechtsordnung ihren Bürgern ein sorgfältig ausgebautes und mehrstufiges Gerichtssystem an.

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c) Als außergewöhnliche Belastungen sind Zivilprozesskosten jedoch nur zu berücksichtigen, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat. Er muss diesen vielmehr unter verständiger Würdigung des Für und Wider --auch des Kostenrisikos-- eingegangen sein (vgl. Stöcker in Lademann, EStG, § 33 EStG Rz 495). Demgemäß sind Zivilprozesskosten des Klägers wie des Beklagten nicht unausweichlich, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aus Sicht eines verständigen Dritten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot (vgl. Kanzler, a.a.O.; Arndt, a.a.O.).

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d) Schließlich steht dem Abzug von Zivilprozesskosten nach § 33 EStG auch nicht Sinn und Zweck der Vorschrift entgegen. Die steuerliche Entlastung derartiger Aufwendungen dient nicht dazu, dem Steuerpflichtigen die "Kostenlast zu erleichtern, wenn sich das im eigenen Interesse bewusst in Kauf genommene Risiko zu seinem Nachteil realisiert hat", sondern sucht der verminderten subjektiven Leistungsfähigkeit des Betroffenen Rechnung zu tragen (Kanzler, a.a.O., § 33 EStG Rz 9; Arndt, a.a.O., § 33 Rz A 8). Demgemäß sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind, sind aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen (z.B. BFH-Urteile vom 13. Oktober 2010 VI R 38/09, BFHE 231, 158, und vom 15. April 2010 VI R 51/09, BFHE 229, 206, BStBl II 2010, 794, m.w.N.). Zu den üblichen Kosten der Lebensführung, zu denen sozialhilferechtlicher Regelbedarf nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch i.V.m. dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (BGBl I 2011, 453) und der Versorgungsbedarf für den Krankheits- und Pflegefall zählen (vgl. den für das Streitjahr maßgebenden Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2005 , BTDrucks 15/2462), gehören Zivilprozesskosten jedoch nicht.

17

3. Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Der Senat kann jedoch nicht durcherkennen, da die Sache nicht spruchreif ist. Von seinem Standpunkt aus zu Recht hat das FG keine Feststellungen dazu getroffen, in welcher Höhe dem Kläger Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und außergerichtliche Kosten durch den Zivilprozess entstanden sind. Dies wird das FG im zweiten Rechtsgang nachholen müssen. Sodann hat das Gericht die Gesamtumstände des Einzelfalls --ex ante-- dahingehend zu würdigen, ob der Prozess, den der Kläger angestrengt hat, hinreichende Aussicht auf Erfolg bot und nicht mutwillig geführt worden ist. Eine nur entfernte, gewisse Erfolgsaussicht reicht nicht aus. Der Erfolg muss mindestens ebenso wahrscheinlich sein wie ein Misserfolg. Dies hat das FG im Wege einer summarischen Prüfung zu untersuchen. Darüber hinaus hat das Gericht festzustellen, in welchem Veranlagungszeitraum der Kläger die streitigen Prozesskosten getragen hat. Denn diese sind nach § 11 EStG jeweils in dem Veranlagungszeitraum der Zahlung als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Schließlich weist der Senat darauf hin, dass nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG außergewöhnliche Belastungen nur insoweit abzugsfähig sind, als sie notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht überschreiten. Gegebenenfalls erlangte Leistungen aus einer Rechtsschutzversicherung sind im Rahmen der Vorteilsanrechnung zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 2011 VI R 16/10, BFHE 232, 518).

18

Einer Entscheidung über den geltend gemachten Gehörsverstoß bedurfte es angesichts der Aufhebung der Vorentscheidung des FG nicht.

(1) Ein Steuerbescheid darf, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur aufgehoben oder geändert werden,

1.
wenn er Verbrauchsteuern betrifft,
2.
wenn er andere Steuern als Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union oder Verbrauchsteuern betrifft,
a)
soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird; dies gilt jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen nur, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat oder soweit die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft,
b)
soweit er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
c)
soweit er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
d)
soweit dies sonst gesetzlich zugelassen ist; die §§ 130 und 131 gelten nicht.
Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch Einspruchsentscheidung bestätigt oder geändert worden ist. In den Fällen des Satzes 2 ist Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a ebenfalls anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Klagefrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat; Erklärungen und Beweismittel, die nach § 364b Abs. 2 in der Einspruchsentscheidung nicht berücksichtigt wurden, dürfen hierbei nicht berücksichtigt werden.

(2) Absatz 1 gilt auch für einen Verwaltungsakt, durch den ein Antrag auf Erlass, Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids ganz oder teilweise abgelehnt wird.

(3) Anhängige, außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellte Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Union, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht entsprochen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden. § 367 Abs. 2b Satz 2 bis 6 gilt entsprechend.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Zivilprozesskosten wegen einer Klage auf Zahlung von Krankentagegeld als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Für die Klägerin bestand eine private Krankenversicherung bei der R, die eine Krankentagegeld-Versicherung für ein tägliches Krankengeld von 51 € nach Ablauf von sechs Wochen einer Arbeitsunfähigkeit umfasste. Die Klägerin war als Geschäftsleitungsassistentin nichtselbständig tätig. Anfang 2004 traten bei ihr Probleme mit dem Gebrauch der rechten Hand und Bewegungsstörungen des rechten Beines auf. Bei ihr wurden eine fokale Dystonie und eine spastische Hemiphlegie diagnostiziert. Die Klägerin wurde krankgeschrieben. Nach sechs Wochen stellte der Arbeitgeber seine Gehaltszahlungen ein. Daraufhin wurde die R in Anspruch genommen, die zunächst das vertraglich vereinbarte Krankentagegeld zahlte. Auf Veranlassung der R wurde die Klägerin am 28. Januar 2005 von einem Mitarbeiter des Vertrauensarztes H untersucht. In dem von H erstellten Gutachten wurde der Klägerin Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Er diagnostizierte eine fokale Dystonie bzw. ein Parkinson-Syndrom. Ein halbes Jahr später musste die Klägerin sich erneut bei H vorstellen. Dieser kam in seinem daraufhin angefertigten Gutachten vom 29. Juli 2005 zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin immer noch Arbeitsunfähigkeit bestehe. Weiterhin stellte er fest, dass zwischenzeitlich auch Berufsunfähigkeit eingetreten sei. Die R stellte sich daraufhin auf den Standpunkt, dass bei der Klägerin ab dem 28. Juli 2005 Berufsunfähigkeit eingetreten sei und damit die Leistungspflicht zur Zahlung von Krankentagegeld drei Monate nach Beginn der Berufsunfähigkeit ende. Dementsprechend wurde letztmalig am 28. Oktober 2005 der versicherte Tagessatz gezahlt. Ab dem 1. August 2006 wurde der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt (Bescheid vom 31. Januar 2007).

3

Im Dezember 2005 erhob der Kläger als Versicherungsnehmer Klage gegen die R. Die Klage war auf die Feststellung des Fortbestands der Krankentagegeldversicherung sowie die Zahlung von Krankentagegeld ab dem 28. Oktober 2005 gerichtet. Nachdem der Klägerin die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zuerkannt worden war, wurde der Feststellungsantrag für erledigt erklärt; der Kläger beantragte lediglich noch die Zahlung von 14.111 € (Krankentagegeld vom 28. Oktober 2005 bis 31. Juli 2006) nebst Zinsen. Mit Urteil des Landgerichts C vom 30. März 2007 wurde die Klage abgewiesen.

4

Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 machten die Kläger die Prozesskosten von 9.906 € als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte dem nicht, weil Krankentagegeld regelmäßig steuerfrei sei und der Prozess somit nicht der Erzielung steuerbarer Einnahmen gedient habe. Den hiergegen gerichteten Einspruch, mit dem die Kläger geltend machten, die Prozesskosten seien als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2009 als unbegründet zurück.

5

Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1607 veröffentlichten Gründen ab.

6

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

7

Die Kläger beantragen,

das Urteil des FG Köln vom 18. November 2009  11 K 185/09 und die Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2009 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 --zuletzt-- vom 6. April 2009 in der Weise zu ändern, dass Aufwendungen in Höhe von 9.906 € als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

8

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen, hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. 1. Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Zivilprozesskosten des Klägers zu Unrecht vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen.

10

a) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--).

11

b) Bei den Kosten eines Zivilprozesses, die vorliegend von den Beteiligten zutreffend nicht als Werbungskosten der Klägerin beurteilt worden sind, spricht nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit (BFH-Urteile vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596, m.w.N.; vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382; vom 18. März 2004 III R 24/03, BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und vom 27. August 2008 III R 50/06, BFH/NV 2009, 553). Derartige Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig erwachsen ist (BFH-Urteil in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). Daran fehlte es nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen bei einem Zivilprozess (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Es sei in der Regel der freien Entscheidung der (Vertrags)Parteien überlassen, ob sie sich zur Durchsetzung oder Abwehr eines zivilrechtlichen Anspruchs einem Prozess(kosten)risiko aussetzten (vgl. BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Lasse sich der Steuerpflichtige trotz ungewissen Ausgangs auf einen Prozess ein, liege die Ursache für die Prozesskosten in seiner Entscheidung, das Prozesskostenrisiko in der Hoffnung auf ein für ihn günstiges Ergebnis in Kauf zu nehmen; es entspräche nicht Sinn und Zweck des § 33 EStG, ihm die Kostenlast zu erleichtern, wenn sich das im eigenen Interesse bewusst in Kauf genommene Risiko realisiert habe (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten bisher nur an, wenn der Prozess existentiell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen (BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; in BFH/NV 2009, 533).

12

2. An dieser Rechtsauffassung hält der erkennende Senat nicht länger fest.

13

a) Denn die Auffassung, der Steuerpflichtige übernehme das Prozesskostenrisiko "freiwillig", verkennt, dass streitige Ansprüche wegen des staatlichen Gewaltmonopols, das der Verwirklichung des inneren Friedens dient (Josef Isensee, Gemeinwohl im Verfassungsstaat, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 3. Aufl. 2006, § 71 Rz 76; Roman Herzog, Ziele, Vorbehalte und Grenzen der Staatstätigkeit, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 3. Aufl. 2006, § 72 Rz 38; Bardo Fassbender, Wissen als Grundlage staatlichen Handelns, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 3. Aufl. 2006, § 76 Rz 26), regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren sind. Dies folgt aus dem Rechtsstaatsgrundsatz, der in Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) allgemein niedergelegt ist und für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet (Helmuth Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 19 IV Rz 35). Es ist ein zentraler Aspekt der Rechtsstaatlichkeit, die eigenmächtig-gewaltsame Durchsetzung von Rechtsansprüchen grundsätzlich zu verwehren. Die Parteien werden zur gewaltfreien Lösung von Rechtsstreitigkeiten und Interessenkonflikten der Staatsbürger (Roman Herzog, a.a.O., § 72 Rz 26) vielmehr auf den Weg vor die Gerichte verwiesen (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juni 1980  1 PBvU 1/79, BVerfGE 54, 277 <292>; vom 13. März 1990  2 BvR 94 u.a./88, BVerfGE 81, 347 <356>). Zivilprozesskosten erwachsen Kläger wie Beklagtem deshalb unabhängig vom Gegenstand des Zivilrechtsstreits aus rechtlichen Gründen zwangsläufig (vgl. Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33 EStG Rz 117; Arndt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 33 Rz C 57).

14

b) Entgegen der bisherigen Rechtsprechung ist für die Frage der Zwangsläufigkeit von Prozesskosten nicht auf die Unausweichlichkeit des der streitgegenständlichen Zahlungsverpflichtung oder dem strittigen Zahlungsanspruch zugrunde liegenden Ereignisses abzustellen. Denn der Steuerpflichtige muss, um sein Recht durchzusetzen, im Verfassungsstaat des Grundgesetzes den Rechtsweg beschreiten. Dieser Unausweichlichkeit steht nicht entgegen, dass mit den Kosten eines Zivilprozesses in der Regel nur die unterliegende Partei (§ 91 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung) belastet ist. Denn der Einwand, der Unterliegende hätte bei gehöriger Prüfung seiner Rechte und Pflichten erkennen können, der Prozess werde keinen Erfolg haben, wird der Lebenswirklichkeit nicht gerecht. Vorherzusagen wie ein Gericht entscheiden wird, ist "riskant" (Tipke, Steuer und Wirtschaft 2008, 377 <380>). Denn nur selten findet sich der zu entscheidende Sachverhalt so deutlich im Gesetz wieder, dass der Richter seine Entscheidung mit arithmetischer Gewissheit aus dem Gesetzestext ablesen kann. Nicht zuletzt deshalb bietet die Rechtsordnung ihren Bürgern ein sorgfältig ausgebautes und mehrstufiges Gerichtssystem an.

15

c) Als außergewöhnliche Belastungen sind Zivilprozesskosten jedoch nur zu berücksichtigen, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat. Er muss diesen vielmehr unter verständiger Würdigung des Für und Wider --auch des Kostenrisikos-- eingegangen sein (vgl. Stöcker in Lademann, EStG, § 33 EStG Rz 495). Demgemäß sind Zivilprozesskosten des Klägers wie des Beklagten nicht unausweichlich, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aus Sicht eines verständigen Dritten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot (vgl. Kanzler, a.a.O.; Arndt, a.a.O.).

16

d) Schließlich steht dem Abzug von Zivilprozesskosten nach § 33 EStG auch nicht Sinn und Zweck der Vorschrift entgegen. Die steuerliche Entlastung derartiger Aufwendungen dient nicht dazu, dem Steuerpflichtigen die "Kostenlast zu erleichtern, wenn sich das im eigenen Interesse bewusst in Kauf genommene Risiko zu seinem Nachteil realisiert hat", sondern sucht der verminderten subjektiven Leistungsfähigkeit des Betroffenen Rechnung zu tragen (Kanzler, a.a.O., § 33 EStG Rz 9; Arndt, a.a.O., § 33 Rz A 8). Demgemäß sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind, sind aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen (z.B. BFH-Urteile vom 13. Oktober 2010 VI R 38/09, BFHE 231, 158, und vom 15. April 2010 VI R 51/09, BFHE 229, 206, BStBl II 2010, 794, m.w.N.). Zu den üblichen Kosten der Lebensführung, zu denen sozialhilferechtlicher Regelbedarf nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch i.V.m. dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (BGBl I 2011, 453) und der Versorgungsbedarf für den Krankheits- und Pflegefall zählen (vgl. den für das Streitjahr maßgebenden Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2005 , BTDrucks 15/2462), gehören Zivilprozesskosten jedoch nicht.

17

3. Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Der Senat kann jedoch nicht durcherkennen, da die Sache nicht spruchreif ist. Von seinem Standpunkt aus zu Recht hat das FG keine Feststellungen dazu getroffen, in welcher Höhe dem Kläger Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und außergerichtliche Kosten durch den Zivilprozess entstanden sind. Dies wird das FG im zweiten Rechtsgang nachholen müssen. Sodann hat das Gericht die Gesamtumstände des Einzelfalls --ex ante-- dahingehend zu würdigen, ob der Prozess, den der Kläger angestrengt hat, hinreichende Aussicht auf Erfolg bot und nicht mutwillig geführt worden ist. Eine nur entfernte, gewisse Erfolgsaussicht reicht nicht aus. Der Erfolg muss mindestens ebenso wahrscheinlich sein wie ein Misserfolg. Dies hat das FG im Wege einer summarischen Prüfung zu untersuchen. Darüber hinaus hat das Gericht festzustellen, in welchem Veranlagungszeitraum der Kläger die streitigen Prozesskosten getragen hat. Denn diese sind nach § 11 EStG jeweils in dem Veranlagungszeitraum der Zahlung als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Schließlich weist der Senat darauf hin, dass nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG außergewöhnliche Belastungen nur insoweit abzugsfähig sind, als sie notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht überschreiten. Gegebenenfalls erlangte Leistungen aus einer Rechtsschutzversicherung sind im Rahmen der Vorteilsanrechnung zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 2011 VI R 16/10, BFHE 232, 518).

18

Einer Entscheidung über den geltend gemachten Gehörsverstoß bedurfte es angesichts der Aufhebung der Vorentscheidung des FG nicht.

(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.

(2)1Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.2Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können.3Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.4Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

(2a)1Abweichend von Absatz 1 wird für Aufwendungen für durch eine Behinderung veranlasste Fahrten nur eine Pauschale gewährt (behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale).2Die Pauschale erhalten:

1.
Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“,
2.
Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“, mit dem Merkzeichen „TBl“ oder mit dem Merkzeichen „H“.
3Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 1 beträgt die Pauschale 900 Euro.4Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 2 beträgt die Pauschale 4 500 Euro.5In diesem Fall kann die Pauschale nach Satz 3 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.6Über die Fahrtkostenpauschale nach Satz 1 hinaus sind keine weiteren behinderungsbedingten Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung nach Absatz 1 berücksichtigungsfähig.7Die Pauschale ist bei der Ermittlung des Teils der Aufwendungen im Sinne des Absatzes 1, der die zumutbare Belastung übersteigt, einzubeziehen.8Sie kann auch gewährt werden, wenn ein Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Absatz 5 übertragen wurde.9§ 33b Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(3)1Die zumutbare Belastung beträgt

bei einem Gesamtbetrag
der Einkünfte
bis
15 340
EUR
über
15 340
EUR
bis
51 130
EUR
über
51 130
EUR
1.bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer
a) nach § 32a Absatz 1,567
b) nach § 32a Absatz 5
oder 6 (Splitting-Verfahren)
zu berechnen ist;

4

5

6
2.bei Steuerpflichtigen mit
a) einem Kind oder zwei
Kindern,

2

3

4
b) drei oder mehr Kindern112
Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte.

2Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat.

(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten des Nachweises von Aufwendungen nach Absatz 1 und der Anspruchsvoraussetzungen nach Absatz 2a zu bestimmen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 5. März 2012  5 K 182/04 bzw. 5 K 710/12 (neu) aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Aufwendungen für einen Zivilprozess als außergewöhnliche Belastung einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen sind.

2

Die Ehe der in den Streitjahren (2001, 2002) nichtselbständig beschäftigten Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) wurde 1999 geschieden. Der Versorgungsausgleich wurde nicht durchgeführt; der Antrag der Klägerin auf Zuweisung der ehelichen Wohnung wurde abgewiesen. Das Amtsgericht stützte sich dazu auf den Ehevertrag vom 19. Dezember 1990, der den Versorgungsausgleich für den Scheidungsfall ausschloss und die Nutzung der Ehewohnung regelte. Die Klägerin blieb mit ihren Einwendungen, der Ehevertrag sei sittenwidrig, jedenfalls aber wirksam angefochten, vor dem Landgericht (LG), dem Oberlandesgericht und dem Bundesgerichtshof erfolglos.

3

Aus den in Zusammenhang mit der Ehescheidung geführten Gerichtsverfahren entstanden der Klägerin im Streitjahr 2001 insgesamt Kosten in Höhe von 28.935,28 €. Davon machte sie im Klageverfahren vor dem Finanzgericht (FG) 10.382,77 € geltend. Diese Kosten betrafen das Berufungsverfahren der Klägerin wegen Herausgabe der ehelichen Wohnung, die Gerichts-, Rechtsanwalts- und Gerichtsvollzieherkosten wegen der Räumung der Wohnung, Kosten wegen weiterer Ansprüche vermögensrechtlicher Art sowie Gerichts- und Rechtsanwaltskosten aus einem gegen die Rechtsschutzversicherung geführten Verfahren sowie die Zinsen für die notwendige Kreditaufnahme in Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren. Für das Streitjahr 2002 machte die Klägerin Aufwendungen in Höhe von 12.116,30 € geltend, nämlich die dem früheren Ehemann der Klägerin entstandenen und von der Klägerin zu tragenden Rechtsanwaltskosten sowie weitere Zinsen.

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte in den Einkommenssteuerbescheiden der Streitjahre diese Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen. Im Streitjahr 2001 berücksichtigte das FA als außergewöhnliche Belastungen zwar die der Klägerin entstandenen Scheidungskosten in Höhe von 705 DM; diese Aufwendungen überschritten jedoch zusammen mit ebenfalls anerkannten Krankheitskosten nicht die Grenze der zumutbaren Belastung und blieben damit ohne steuerliche Auswirkung.

5

Im dagegen erfolglos durchgeführten Einspruchsverfahren wies die Klägerin darauf hin, dass ihr die Scheidung betreibender Exgatte als Kläger im Scheidungsverfahren nicht das Verbundverfahren nach §§ 622 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) gewählt habe, sondern hinsichtlich des Ehevertrags und dessen Auswirkungen das LG angerufen habe, an dem Anwaltszwang herrsche. Auch deshalb seien die entstandenen Kosten für die Rechtsverteidigung zwangsläufig gewesen.

6

Das FG gab der Klage teilweise statt. Es berücksichtigte die der Klägerin entstandenen Zivilprozesskosten sowie Zinszahlungen als außergewöhnliche Belastungen im Umfang von 11.840,90 € im Streitjahr 2001 und im Umfang von 12.116,30 € im Streitjahr 2002. Das FG gelangte zu diesem Ergebnis auf Grundlage des Senatsurteils vom 12. Mai 2011 VI R 42/10 (BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015), wonach Zivilprozesskosten Kläger wie Beklagtem unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen könnten, da streitige Ansprüche wegen des staatlichen Gewaltmonopols regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren seien.

7

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

8

Es beantragt,
das Urteil des FG München vom 5. März 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass es im Streitfall nicht um irgendeine, sondern um die gemeinsame Ehewohnung gegangen sei, die unter dem besonderen Schutz des Art. 6 des Grundgesetzes (GG) stehe. Wenn insoweit der Ehemann Räumungsklage erhebe, sei eine Verteidigung im Rahmen dieser Verfahren notwendig.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Unrecht die von der Klägerin aufgewandten Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd berücksichtigt.

12

1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. September 1989 III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418, und vom 26. Juni 2014 VI R 51/13, BFHE 246, 326, BStBl II 2015, 9).

13

2. Bei den Kosten eines Zivilprozesses sprach nach der langjährigen Rechtsprechung des BFH eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit (Senatsurteil vom 22. August 1958 VI 148/57 U, BFHE 67, 379, BStBl III 1958, 419; BFH-Urteile vom 18. Juli 1986 III R 178/80, BFHE 147, 171, BStBl II 1986, 745; vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382; vom 18. März 2004 III R 24/03, BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und vom 27. August 2008 III R 50/06, BFH/NV 2009, 553). Solche Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig war (BFH-Urteil in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). Daran fehlte es nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen bei einem Zivilprozess (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten nur an, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen (BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596, und in BFH/NV 2009, 553).

14

Dagegen nahm der Senat in seiner Entscheidung in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 die Unausweichlichkeit von Zivilprozesskosten unter der Voraussetzung an, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete und nicht mutwillig erscheine. Diese Auffassung hat auch das FG dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegt.

15

Der Senat hält an seiner in dem Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Auffassung allerdings nicht mehr fest. Wie er in seinem Urteil vom 18. Juni 2015 VI R 17/14 (BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800) entschieden hat, kehrt er unter Aufgabe seiner in dem Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Ansicht zu der früheren Rechtsprechung des BFH zur Abziehbarkeit der Kosten eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastung zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf das Senatsurteil in BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800 Bezug genommen.

16

3. Nach diesen Maßstäben ist auch im Streitfall zu prüfen, ob die geltend gemachten Kosten für die zivilprozessuale Auseinandersetzung als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Zivilprozesskosten sind demnach nur insoweit abziehbar, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, kann der Steuerpflichtige auch bei unsicheren Erfolgsaussichten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen, sodass die Prozesskosten zwangsläufig i.S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen.

17

a) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung hat daher keinen Bestand.

18

b) Der Senat kann aufgrund der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen in der Sache selbst entscheiden. Die von der Klägerin getragenen Prozesskosten sind nicht als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd zu berücksichtigen.

19

aa) Der Senat führt für die bis einschließlich 2012 geltende Fassung des § 33 EStG die Rechtsprechung zur Berücksichtigung von durch Ehescheidungsverfahren entstandene Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen fort (Urteil vom 20. Januar 2016 VI R 70/12). Danach sind zwar die mit dem Gerichtsverfahren verbundenen Kosten für die Scheidung und den Versorgungsausgleich als zwangsläufig entstanden anzusehen und dementsprechend als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Aber Kosten für außerhalb des so genannten Zwangsverbunds durch das Familiengericht oder außergerichtlich im Zusammenhang mit der Ehescheidung getroffene Regelungen werden nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt. Das gilt unabhängig davon, ob für die Scheidungsfolgesachen noch § 623 Abs. 1 ZPO a.F. anzuwenden ist oder schon § 137 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Weiter kommt es auch nicht darauf an, ob ein Ehegatte die Kosten auslösende Aufnahme von Scheidungsfolgesachen in den Scheidungsverbund beantragt hatte und diese insoweit zwingend im Verbund zu entscheiden waren. Denn auch insoweit gelten die Kosten für den mit dem Verfahren überzogenen Ehegatten nicht als unvermeidbar (BFH-Urteil vom 30. Juni 2005 III R 27/04, BFHE 210, 306, BStBl II 2006, 492).

20

Entscheidend ist, dass der Gesetzgeber den früheren Eheleuten Inhalt und Verfahren der Regelung ihrer Verhältnisse im Wesentlichen in gleicher Weise zur eigenverantwortlichen Gestaltung übertragen hat wie in bestehender Ehe oder im Falle nichtehelicher Familienbeziehungen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 210, 306, BStBl II 2006, 492; vom 30. Juni 2005 III R 36/03, BFHE 210, 302, BStBl II 2006, 491; ebenso FG München, Urteil vom 21. August 2012  10 K 800/10, Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 451).

21

bb) Die von der Klägerin hier geltend gemachten Zivilprozesskosten im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren betrafen sämtlich Scheidungsfolgesachen, die nicht im Zwangsverbund (Versorgungsausgleich nach § 623 Abs. 1 Satz 3 ZPO) zu entscheiden waren. Die Rechtsstreitigkeiten um die Zuweisung der ehelichen Wohnung und die damit verbundenen Kosten wegen Herausgabe sowie die Gerichtsvollzieherkosten wegen der Wohnungsräumung waren keine im Zwangsverbund zu entscheidenden Scheidungsfolgesachen. Dies gilt erst recht für die Verfahren gegen die Rechtsschutzversicherung.

22

Im Ergebnis stritt die Klägerin über die Rechtswirksamkeit ihrer rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen, die Ansprüche zum Gegenstand hatten, die zwar Scheidungsfolgesachen sind, aber nicht zum Zwangsverbund gehören, sowie darüber hinaus um weitere vertragliche Ansprüche. Dementsprechend kommt ein Abzug dieser Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen nicht in Betracht.

23

Schließlich führt auch der Umstand, dass die Klägerin ihre Wohnung räumen und herausgeben musste, nicht dazu, dass der hier von der Klägerin geführte Prozess jedenfalls insoweit existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Denn zum existenziell notwendigen Bereich kann zwar grundsätzlich das Wohnen gehören. Die Klägerin lief aber nicht aufgrund des Umstandes, dass sie die eheliche Wohnung räumen musste, Gefahr, ihre Existenzgrundlage schlechthin zu verlieren. Allgemein gilt, dass die Räumung und Herausgabe der Wohnung mit der entsprechenden Kostentragung diese Kosten des Zivilprozesses nicht zu außergewöhnlichen Belastungen macht, und zwar unabhängig von der Art der Wohnungskündigung (Senatsurteile vom 28. Februar 1975 VI R 120/73, BFHE 115, 259, BStBl II 1975, 482; vom 23. Juni 1978 VI R 175/76, BFHE 125, 263, BStBl II 1978, 526). Der Einwand der Klägerin, dass vorliegend um die Zuweisung der dem Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG unterliegenden ehelichen Wohnung gestritten worden sei, übersieht, dass die Ehe geschieden war, der Streit also allenfalls um die frühere eheliche Wohnung ging. Im Übrigen werden Kosten durch Familienstreitigkeiten, die im Grunde alle den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG berühren, nicht allein deshalb zu außergewöhnlichen Belastungen. Denn entscheidend für die steuerliche Berücksichtigung ist, wie dargelegt, dass dieser Bereich den früheren Eheleuten eigenverantwortlich übertragen ist und daher nur die Kosten zwangsläufig sind, die unmittelbar und unvermeidbar durch die prozessuale Notwendigkeit der Durchführung des Ehescheidungsverfahrens entstanden sind.

24

4. Da die Revision des FA mit der Sachrüge Erfolg hat, kommt es nicht mehr darauf an, ob dem FG die vom FA gerügten Verfahrensfehler unterlaufen sind.

25

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 24. September 2012  1 K 195/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 2008 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Sie begehren den Abzug von Kosten für ein Privatgutachten sowie von Reisekosten, die dem Kläger im Jahr 2008 im Zusammenhang mit einem seit 2004 anhängigen Zivilprozess entstanden sind, und zwar in erster Linie als vorweggenommene Betriebsausgaben, hilfsweise als außergewöhnliche Belastungen.

2

Dem Zivilverfahren liegt der folgende Sachverhalt zugrunde: Die Organe und Behörden der damaligen DDR überführten im Jahr 1972 eine KG, die ihren Betrieb in A (Anmerkung des Dokumentars: in einem der späteren neuen Bundesländer) unterhielt, in Volkseigentum. Ursprünglich hatte die KG vier Gesellschafter. Das Vermögen des einen Gesellschafters war bereits im Jahr 1953 durch ein Strafurteil der DDR-Justiz eingezogen worden. Der zweite Gesellschafter hatte die DDR verlassen, so dass die verbleibenden Gesellschafter im Jahr 1969 dessen Ausscheiden aus der KG beschlossen. Die beiden weiteren Gesellschafter schieden im Jahr 1972 aus der KG anlässlich deren Umwandlung in Volkseigentum aus. Ferner war seit 1957 ein staatliches Kreditinstitut der DDR an der KG beteiligt. Im Jahr 1974 wurde der Betrieb der ehemaligen KG zu einem von mehreren Betriebsteilen eines Volkseigenen Betriebs (VEB).

3

Im Vorfeld der Wiedervereinigung wurde der VEB mit Wirkung zum … 1990 in eine GmbH umgewandelt, deren Geschäftsanteile der Treuhandanstalt zugeordnet wurden. Die Erben der früheren Gesellschafter machten nach den Regelungen des Vermögensgesetzes (VermG) fristgerecht Rückübertragungsansprüche geltend. Aufgrund eines Investitionsvorrangbescheids des Landratsamts veräußerte die GmbH mit notariell beurkundetem Vertrag vom xx.xx.1991 Vermögensgegenstände des Betriebsteils, der aus der früheren KG hervorgegangen war (Grundstücke mit aufstehenden Gebäuden sowie Maschinen), an eine Kapitalgesellschaft aus Westdeutschland (W-GmbH). Diese verpflichtete sich vertragsstrafenbewehrt zur Vornahme von Investitionen und zur Aufstockung der Zahl der verbliebenen Arbeitsplätze. Die Vertragsparteien vereinbarten für den Fall, dass Alteigentümer Rückübertragungsansprüche geltend machen sollten, diese gemeinsam abzuwehren und auf einen Entschädigungsanspruch zu beschränken versuchen.

4

Mit Bescheid vom … August 1993 stellte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen (LARoV) fest, dass die sechs Erben nach den vier Altgesellschaftern hinsichtlich des "ehemaligen Unternehmens" der KG Anspruchsberechtigte i.S. des § 2 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1a VermG seien. Art, Umfang oder Höhe der Anspruchsberechtigung wurden ausdrücklich nicht festgestellt, sondern sollten möglichst einer gütlichen Einigung vorbehalten bleiben. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

5

Mit sechs privatschriftlichen Verträgen, die im November bzw. Dezember 1993 abgeschlossen worden sind, erwarb der Kläger, der u.a. als Unternehmensberater tätig war, von den Erben der Altgesellschafter deren Anteile an der KG. Die Kaufpreise betrugen insgesamt 157.500 DM. In Nr. I Abs. 2 der Verträge heißt es jeweils: "Der Verkäufer beantragte die Rückführung des Unternehmens. Das Unternehmen ... ist jedoch vor dem Feststellungsbescheid ... am xx.xx.1991 an die notariell verkauft worden. Das Restitutionsbegehren kann demzufolge nicht mehr durchgeführt werden. Dem Berechtigten steht jedoch nach § 6 Absatz 6a Satz 4 VermG der anteilige Verkaufserlös zu oder aber Entschädigung nach § 6 Absatz 7 VermG." Durch notariell beurkundete Verträge vom … Dezember 1993 erwarb der Kläger auch die auf das VermG gegründeten Rückübertragungsansprüche der sechs Erben der Altgesellschafter.

6

In der Folgezeit erhob der Kläger umfangreiche Einwendungen gegen die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens, das zum Verkauf des Betriebsteils an die W-GmbH geführt hatte. Er verlangte die Auskehr eines Erlöses in Höhe von mehreren Mio. DM. Das LARoV erließ am … September 1997 einen Teilbescheid, in dem es unter Nr. 1 die "KG in Auflösung", vertreten durch den Kläger, als Berechtigte i.S. des § 6 Abs. 1a Satz 1 VermG feststellte. In Nr. 2 des Bescheids stellte es fest, dass die Berechtigte gegenüber der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) --der Rechtsnachfolgerin der Treuhandanstalt-- Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrages in Höhe aller aus der Veräußerung des Betriebsteils der GmbH nach dem Kaufvertrag vom xx.xx.1991 resultierenden Geldleistungen hatte. Zur Begründung führte das LARoV u.a. aus, der Anspruch auf Erlösauskehr bestehe, weil durch den Verkauf des Betriebsvermögens die Rückgabe des Unternehmens unmöglich geworden sei (§ 16 des Investitionsvorranggesetzes, § 6 Abs. 6a Satz 4 VermG). Ob die BvS durch die vom Kläger behauptete Verfahrensweise schuldhaft gegen ihre Pflichten verstoßen habe und dem Kläger ein Schadensersatzanspruch zustehe, sei nicht im vermögensrechtlichen Verfahren zu entscheiden. Vielmehr seien hierfür die ordentlichen Gerichte zuständig. Dies gelte auch für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Zahlung der Differenz zwischen dem tatsächlichen Erlös aus dem Verkauf des Betriebsvermögens und dem vom Kläger behaupteten höheren Verkehrswert.

7

Gegen diesen Bescheid erhob die BvS Klage vor dem Verwaltungsgericht (VG). Im Laufe des Verfahrens nahm sie die Klage gegen Nr. 1 des Bescheids vom … September 1997 zurück; soweit die Klage gegen Nr. 2 des Bescheids gerichtet war, wies das VG sie am … November 2002 ab. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) wies die von der BvS eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde am … 2003 zurück.

8

Am … Februar 2004 kam es zu einer Teileinigung zwischen dem Kläger und der BvS. Danach sollte wegen der Geldleistungen aus dem Kaufvertrag vom xx.xx.1991 ein Anspruch der KG gemäß § 6 Abs. 6a Satz 3 VermG auf Zahlung von zumindest 236.855 € bestehen. Zugleich trat die BvS den ihr noch zustehenden Anteil der ehemals staatlichen Gesellschafterin gegen Anrechnung von 103.818,64 € an den Kläger ab und schied als Gesellschafterin der KG aus. Im Ergebnis verblieb ein Zahlungsanspruch der KG gegen die BvS von 133.036,35 €.

9

Mit Bescheid vom … Juli 2005 stellte das LARoV die getroffene Einigung fest (Nr. 4 des Bescheidtenors). Anschließend zahlte die BvS den Einigungsbetrag aus. Ferner hob das LARoV u.a. Nr. 1 des Tenors des Bescheids vom … September 1997 auf. Es stellte nunmehr die KG i.L. als Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes fest, ohne eine Feststellung dazu zu treffen, ob die KG vom Kläger vertreten werde (Nr. 1 des Tenors). Außerdem lehnte es den Antrag des Klägers auf Rückgabe des Unternehmens der KG ab (Nr. 2 des Tenors) und stellte fest, dass der KG wegen der Schädigung des Unternehmens eine Entschädigung dem Grunde nach zustehe (Nr. 3 des Tenors). Die Rückgabe des Unternehmens sei gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 VermG ausgeschlossen, weil der Geschäftsbetrieb eingestellt gewesen sei und nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme nicht gegeben seien. Die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs durch die Erwerberin habe aufgrund der hohen Investitionen einer Neugründung entsprochen. Zur Höhe der Entschädigung werde noch ein gesonderter Bescheid ergehen.

10

Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid Klage vor dem VG. Dieses hob mit Urteil vom … Juni 2008 die unter Nr. 1 des Bescheids vom … Juli 2005 getroffene Feststellung auf und wies die Klage im Übrigen ab. Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers blieb vor dem BVerwG ohne Erfolg.

11

Parallel zu diesen Verfahren hatte der Kläger zunächst versucht, durch Anfechtung der im Jahr 1991 ergangenen Verwaltungsakte (Investitionsvorrangbescheid, Grundstücksverkehrsgenehmigung) die Übertragung der Vermögensgegenstände auf die W-GmbH rückgängig zu machen. Den Widerspruch gegen den Investitionsvorrangbescheid nahm er im Jahr 1997 zurück, die verwaltungsgerichtliche Klage gegen die Grundstücksverkehrsgenehmigung nahm er im Jahr 2004 in der Berufungsinstanz zurück.

12

In einem weiteren Verfahren entschied das VG am … April 2005, der von der KG beanspruchte Betriebsteil sei im Zeitpunkt seiner Veräußerung an die W-GmbH bereits stillgelegt gewesen. Es bestehe daher nur ein Anspruch auf Erlösauskehr für einzelne Vermögenswerte des Anlagevermögens, nicht aber auf Erlösauskehr aus der Veräußerung eines noch bestehenden Unternehmens.

13

Die Prozesskosten, deren Abzug der Kläger im vorliegenden Verfahren begehrt, sind in einem am … Juni 2004 durch die KG i.L., vertreten durch den Kläger, vor dem Landgericht (LG) eingeleiteten Klageverfahren gegen die BvS entstanden. In diesem Verfahren begehrte die KG zum einen die Zahlung von 2.119.788,08 € zuzüglich seit 1993 laufender Zinsen, zum anderen die Feststellung, dass ihr wegen der Veräußerung ihres Unternehmens ein Schadensersatzanspruch gegen die BvS zustehe. Den Klageforderungen lag die Auffassung zugrunde, der im Jahr 1991 vereinbarte Verkaufserlös habe deutlich unter dem Verkehrswert der veräußerten Wirtschaftsgüter gelegen, weil ein lebendes Unternehmen veräußert worden sei und die Werte in der DM-Eröffnungsbilanz zu niedrig angesetzt worden seien.

14

Das LG beschloss, über den Verkehrswert des Betriebsteils zum xx.xx.1991 Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben; dabei solle von einem lebenden Unternehmen ausgegangen werden. Der beauftragte Gutachter kritisierte in seinem Gutachten im Wesentlichen die Annahmen des Beweisbeschlusses und erklärte, eine Bewertung des Betriebsteils sei nicht mehr möglich. Daraufhin berief das LG den Gutachter ab und beauftragte einen anderen Gutachter, dessen Ausführungen aus Sicht des LG aber ebenfalls erläuterungsbedürftig blieben. Im Streitjahr 2008 ließ der Kläger ein Privatgutachten erstellen. Dieser Gutachter bewertete die Anteile an der GmbH auf den xx.xx.1991 im Ertragswertverfahren mit 11.855.000 €. Dabei zog er als Grundlage für die Schätzung der künftig erzielbaren Erträge nicht die in den Jahren um den Bewertungsstichtag tatsächlich durch die GmbH erzielten hohen Verluste heran, sondern die in einem Sanierungskonzept ausgewiesenen fiktiven Gewinnerwartungen.

15

Das LG wies die Klage am … Juli 2009 ab. Die Klägerin habe nicht nachweisen können, dass der Verkehrswert des veräußerten Betriebsteils am xx.xx.1991 höher gewesen sei als der erzielte Veräußerungserlös. Der Verkehrswert habe letztlich nicht ermittelt werden können. Das Privatgutachten sei nicht aussagekräftig, weil es mit zahlreichen unbelegten Annahmen arbeite. Zudem bewerte es nicht allein den veräußerten Betriebsteil, sondern die gesamte GmbH. Auch ein Schadensersatzanspruch bestehe nicht, weil die Veräußerung des Betriebsteils aufgrund der seinerzeit vorliegenden Investitionsvorrangbescheinigung nicht rechtswidrig gewesen sei. Es komme im vorliegenden Verfahren nicht darauf an, ob diese Bescheinigung ihrerseits rechtmäßig gewesen sei. Eine rechtswidrige Bescheinigung könne allenfalls Amtshaftungsansprüche gegen das Landratsamt begründen, nicht aber Schadensersatzansprüche gegen die BvS.

16

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2008 machten die Kläger Zivilprozesskosten von insgesamt 4.951,35 € als außergewöhnliche Belastungen geltend. Es handelte sich um die folgenden Aufwendungen:

17

-       

Kosten für eine Bahnfahrkarte, von der der Kläger behauptet, sie betreffe eine Reise mit seiner Rechtsanwältin zu einem Termin vor dem LG am 20. Februar 2008 (203 €). Tatsächlich ist auf der Bahnfahrkarte (personengebundenes Online-Ticket) allerdings nicht der Name der Rechtsanwältin oder des Klägers, sondern allein der Name der --nicht am Zivilprozess beteiligten-- Klägerin eingetragen;

-    

Übernachtungskosten (5./6. März 2008), von denen der Kläger behauptet, sie seien aus Anlass einer Akteneinsicht beim VG entstanden (52,50 €). Die Rechnung ist allerdings nicht auf den Kläger, sondern auf eine GmbH ausgestellt;

-       

Kosten für eine vom Kläger mit seinen Rechtsanwälten unternommene Reise (23./24. Juni 2008), zu deren Anlass der Kläger sich nicht geäußert hat. Die Aufwendungen umfassen eine Bahnfahrkarte (193,60 €), Taxikosten (14 €), Übernachtungskosten für den Kläger und zwei Rechtsanwälte (146,70 €) sowie Restaurantkosten (65,90 €);

-     

Kosten für eine Bahnfahrkarte (15. Juli 2008), von der der Kläger behauptet, sie betreffe eine Reise zum Deutschen Bundestag / "Dr. Y / BvS" (91,75 €);

-    

Kosten für eine Bahnfahrkarte (27. August 2008) für eine Reise zum ehemaligen Sitz der KG; der Kläger behauptet, er habe dort Akteneinsicht genommen (110,50 €);

Kosten für das Privatgutachten (3.927 €);

dem Grunde und der Höhe nach nicht näher erläuterte Aufwendungen für eine PKW-Fahrt zum Privatgutachter (146,40 €).

18

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ließ diese Aufwendungen im angefochtenen geänderten Einkommensteuerbescheid vom 5. Juli 2010 zunächst außer Ansatz. Der Einspruch der Kläger hatte insoweit Erfolg, als das FA in der Einspruchsentscheidung Krankheitskosten in Höhe von 1.712 € als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigte. In Bezug auf die Zivilprozesskosten blieb der Einspruch ohne Erfolg.

19

Im Klageverfahren begehrten die Kläger in erster Linie den Abzug als vorweggenommene Betriebsausgaben. Sie behaupteten hierzu, der Kläger habe das Unternehmen der KG fortführen wollen. Die Ansprüche nach dem VermG seien einzig und allein in der Absicht erworben worden, der Familie eine dauernde und sichere Existenzgrundlage verschaffen zu wollen. Indem diese Ansprüche durch "sehr unglückliche Umstände" --Fehlentscheidungen des beauftragten, "höchst anerkannten" Rechtsanwalts-- verloren gegangen seien, sei zugleich auch die Existenzgrundlage der Familie verloren gewesen. Eine Rückübertragung des noch lebenden Unternehmens sei möglich und berechtigt erschienen, weil die Treuhandanstalt das geltende Recht ignoriert habe und ihre Vertreter "unzählige Straftaten" begangen hätten. Der Kläger habe den Rückübertragungsanspruch allerdings im Jahr 2004 mit Beendigung des Verfahrens beim Oberverwaltungsgericht fallen lassen. Ab diesem Zeitpunkt habe er ausschließlich Zahlungsansprüche verfolgt.

20

Hilfsweise begehrten die Kläger einen Abzug als außergewöhnliche Belastungen. Hierzu behaupteten sie, die geltend gemachten Aufwendungen seien auch der Höhe nach notwendig und angemessen gewesen.

21

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 41). Die Aufwendungen seien nicht als vorweggenommene Betriebsausgaben anzusehen, weil nicht erkennbar sei, dass der Kläger eine Rückübertragung des Unternehmens der KG angestrebt hätte. Nach sämtlichen Unterlagen habe schon beim Erwerb der vermögensrechtlichen Ansprüche durch den Kläger festgestanden, dass eine Rückübertragung nicht mehr in Betracht gekommen sei. Gegenstand des Zivilprozesses sei ausschließlich ein Geldanspruch auf Erlösauskehr bzw. Entschädigung gewesen.

22

Es handele sich auch nicht um außergewöhnliche Belastungen. Nach der früheren Rechtsprechung des III. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) seien Zivilprozesskosten grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen anzusehen (z.B. Urteil vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). Dies sei nur dann anders beurteilt worden, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche des menschlichen Lebens betreffe. Bei Restitutionsprozessen seien diese Ausnahmevoraussetzungen nach der vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht erfüllt (BFH-Beschluss vom 25. März 2004 III B 54/03, BFH/NV 2004, 1101). Das FG könne der vom VI. Senat des BFH geänderten Rechtsprechung (Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10, BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015) nicht folgen. Die Abziehbarkeit könne nicht allein auf das staatliche Gewaltmonopol gestützt werden. Ansonsten würden auch Aufwendungen für solche Prozesse einbezogen, die mit dem notwendigen Lebensbedarf des Steuerpflichtigen nichts zu tun hätten. Zudem sei die vom VI. Senat geforderte Überprüfung der Erfolgsaussichten des Zivilprozesses durch die Finanzverwaltung angesichts der tatsächlichen und rechtlichen Komplexität zivilrechtlicher Verfahren nicht praktikabel. Ob die bisherigen strengen Maßstäbe des III. Senats abzumildern seien, könne dahinstehen. Jedenfalls seien Aufwendungen für einen Zivilprozess dann nicht als zwangsläufig anzusehen, wenn sie --wie hier-- darauf beruhten, dass der Steuerpflichtige freiwillig einen Anspruch erwerbe, der nicht mit seinem existenziellen Lebensbedarf in Zusammenhang stehe, und er schon beim Erwerb des Anspruchs plane, diesen gerichtlich durchzusetzen. Ob die geltend gemachten Kosten dem Grunde und der Höhe nach notwendig und angemessen seien, könne danach offen bleiben.

23

Mit ihrer Revision begehren die Kläger weiterhin in erster Linie den Abzug der Aufwendungen als vorweggenommene Betriebsausgaben. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens führen sie aus, die Rückübertragung des Unternehmens sei nicht schon im Zeitpunkt des Erwerbs der Ansprüche im Jahr 1993 ausgeschlossen gewesen. Vielmehr habe der Kläger erst im Jahr 2003 seine auf Rückgabe des Unternehmens gerichteten Aktivitäten beendet.

24

Hilfsweise begehren die Kläger unter Berufung auf die Entscheidung des VI. Senats in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 den Abzug als außergewöhnliche Belastungen. Der Zivilprozess sei schon deshalb nicht mutwillig gewesen, weil das LARoV entschieden habe, dass dem Kläger dem Grunde nach ein Entschädigungsanspruch zugestanden habe. Auch die Kosten für das Privatgutachten seien erforderlich gewesen. Die Finanzverwaltung sei mit der Schlüssigkeitsprüfung der Erfolgsaussichten von Zivilprozessen ebenso wenig überfordert wie sie dies mit der Beurteilung von Lebenssachverhalten, Rechtsverhältnissen und Verträgen in zahlreichen anderen steuerlich relevanten Gebieten sei.

25

Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid vom 5. Juli 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Juli 2011 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer auf 2.428 € herabgesetzt wird.

26

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

27

Es ist der Auffassung, ein Abzug als vorweggenommene Betriebsausgaben scheide aus, da nicht plausibel sei, dass der Kläger den früheren Betrieb der KG habe fortführen wollen.

28

Auch sei mit der bisherigen Rechtsprechung des III. Senats daran festzuhalten, dass Zivilprozesskosten grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar seien. Die neue Rechtsprechung des VI. Senats überzeuge nicht. Auch wenn die Bürger zur Durchsetzung ihrer Rechte auf staatliche Gerichte angewiesen seien, bedeute dies nicht, dass Prozesskosten stets unausweichlich seien. Vielmehr sei ein Rechtsstreit vor allem dann nicht unausweichlich, wenn der Steuerpflichtige seine rechtlichen Verhältnisse angemessen gestalten könne. Hier hätte der Kläger vom Erwerb der unsicheren Forderung absehen können. Damit liege die wesentliche Ursache der Aufwendungen in der gestaltbaren Lebensführung des Klägers. Zudem könnten Prozesskosten nicht als "außergewöhnlich" angesehen werden, da derartige Aufwendungen nicht nur von einer kleinen Minderheit der Steuerpflichtigen zu tragen seien. Im Übrigen würde selbst eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten die Finanzverwaltung im Massenverfahren überfordern.

Entscheidungsgründe

29

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

30

Das FG hat zu Recht erkannt, dass die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen schon dem Grunde nach weder als Betriebsausgaben (dazu unten 1.) noch als außergewöhnliche Belastungen (unten 2.) abziehbar sind.

31

1. Es handelt sich nicht um Betriebsausgaben.

32

a) Im Ergebnis ist die Vorinstanz --ebenso wie beide Beteiligten-- unausgesprochen, aber zutreffend davon ausgegangen, dass einer Entscheidung im Streitfall nicht der etwaige Vorrang eines Verfahrens zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die KG entgegen steht. Die KG war wegen der bereits im Jahr 1993 vorgenommenen Vereinigung sämtlicher Anteile in der Hand des Klägers rechtlich nicht mehr existent. Ihr Vermögen war vielmehr dem Kläger angewachsen. Damit ist im vorliegenden Verfahren --ohne Vorrang eines Feststellungsverfahrens-- allein darüber zu entscheiden, ob der Kläger aus Sicht des Streitjahres 2008 den früheren Betrieb der KG in einer den Betriebsausgabenabzug begründenden Weise als Einzelunternehmer wieder aufzunehmen beabsichtigte.

33

b) In rechtlicher Hinsicht hat das FG seiner Entscheidung zutreffend die Definition des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zugrunde gelegt. Danach sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Eine solche Veranlassung ist dann gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und ihm subjektiv zu dienen bestimmt sind (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C.II.2., m.w.N.). Der Steuerpflichtige trägt die Feststellungslast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen (BFH-Urteil vom 15. April 1992 III R 96/88, BFHE 168, 133, BStBl II 1992, 819).

34

c) Das FG hat den Sachverhalt in rechts- und verfahrensfehlerfreier Weise sowie nachvollziehbar, schlüssig und überzeugend dahingehend gewürdigt, dass im Streitjahr 2008 kein Bemühen des Klägers um eine Rückübertragung der früher von der KG genutzten betrieblichen Wirtschaftsgüter mehr erkennbar war. Diese Würdigung bindet den erkennenden Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO.

35

aa) Für das FG war zu Recht entscheidend, dass die Wirtschaftsgüter des ehemaligen Betriebs der KG bereits am xx.xx.1991 an einen Dritten veräußert worden waren. Schon in den Verträgen, mit denen der Kläger im Jahr 1993 die Rückübertragungsansprüche erwarb, hieß es, das Restitutionsbegehren könne nicht mehr durchgeführt werden. Er hatte bereits im Jahr 1997 seinen Widerspruch gegen den Investitionsvorrangbescheid und im Jahr 2004 seine Klage gegen die Grundstücksverkehrsgenehmigung zurückgenommen. Damit war ausgeschlossen, dass die im Jahr 1991 durchgeführte und abgeschlossene Veräußerung der Vermögensgegenstände des ehemaligen Betriebs der KG noch rückabgewickelt werden würde. Dementsprechend hat der Kläger sowohl im Klage- als auch im Revisionsverfahren selbst erklärt, seine Aktivitäten zur Rückübertragung des Betriebs hätten schon im Jahr 2003 bzw. 2004 --noch vor Einleitung des Zivilprozesses, um dessen Kosten es im vorliegenden Verfahren geht-- geendet. Danach habe er nur noch Entschädigungs- bzw. Schadensersatzansprüche geltend gemacht.

36

Entsprechend war dieser Zivilprozess ausschließlich auf die Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe der Differenz zwischen dem tatsächlich durch die Treuhandanstalt erzielten Verkaufserlös für die Wirtschaftsgüter und deren vom Kläger behaupteten höheren Verkehrswert gerichtet.

37

Bei dieser Sachlage ist unerfindlich, wie der Kläger --der weder selbst Gesellschafter einer aktiven KG noch Gesamtrechtsnachfolger eines geschädigten Altgesellschafters war, sondern die Ansprüche nach dem VermG von den Erben der geschädigten Altgesellschafter zu Spekulationszwecken erworben hatte-- mit der KG künftig gewerbliche Einkünfte hat erzielen wollen.

38

bb) Das weitere Vorbringen des Klägers ist unsubstantiiert und schon deshalb nicht geeignet, die Würdigung des FG in Frage zu stellen. Inwiefern der Erwerb spekulativer Ansprüche im Jahr 1993 geeignet sein sollte, der Familie des Klägers eine "dauernde und sichere Existenzgrundlage" zu verschaffen, hat der Kläger nicht nachvollziehbar darlegen können. Seine Behauptung, die Vertreter der Treuhandanstalt hätten "unzählige Straftaten begangen" und das geltende Recht ignoriert, hat er ebenfalls nicht substantiiert, zumal die Position der Treuhandanstalt bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin in den vom Kläger angestrengten zahlreichen gerichtlichen Verfahren weitestgehend bestätigt worden ist.

39

d) Es wäre zwar theoretisch denkbar, dass der Kläger auch unabhängig von einer --im Streitjahr nicht mehr vorhandenen-- Absicht, den ehemaligen Betrieb der KG fortzuführen, Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hätte. So könnte er als gewerblicher Anspruchsaufkäufer anzusehen sein, wenn er mehrfach derartige Ansprüche erworben und dabei nachhaltig das Ziel verfolgt hätte, aus diesen Ansprüchen Einnahmen zu realisieren, die seinen Erwerbsaufwand übersteigen. Ein solcher Sachverhalt ist aber vom Kläger selbst zu keinem Zeitpunkt vorgetragen worden und auch aus den Akten nicht ersichtlich.

40

2. Die Aufwendungen sind auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der außergewöhnlichen Belastungen (§ 33 EStG) abziehbar.

41

a) Der VI. Senat des BFH hat mit Urteil vom 18. Juni 2015 VI R 17/14 (BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800) entschieden, dass Zivilprozesskosten im Allgemeinen keine außergewöhnlichen Belastungen darstellen. Die Voraussetzung der Zwangsläufigkeit ist weder aufgrund des staatlichen Gewaltmonopols noch infolge einer (Rechts-)Pflicht zur Bezahlung bestimmter Kosten eines bereits eingeleiteten Zivilprozesses zu bejahen. Abzustellen ist vielmehr darauf, ob das Ereignis, das die Führung eines Zivilprozesses adäquat verursacht, für den Steuerpflichtigen zwangsläufig ist. Daran wird es bei einem Zivilprozess im Allgemeinen fehlen. Dies entsprach und entspricht der Rechtsauffassung des erkennenden Senats.

42

b) Vorliegend hatte der Kläger den Zivilprozess vor dem LG eingeleitet, um aus seinen in spekulativer Absicht erworbenen Ansprüchen nach dem VermG eine höhere Entschädigungszahlung zu erhalten als ihm bisher von der BvS zugestanden worden war. Eine solche Vorgehensweise ist nicht "zwangsläufig" i.S. des § 33 EStG.

43

Die vom VI. Senat benannten Ausnahmefallgruppen, in denen Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein können, sind vorliegend ersichtlich nicht gegeben. Der vom Kläger eingeleitete Zivilprozess berührte weder einen für ihn existenziell wichtigen Bereich noch den Kernbereich menschlichen Lebens. Diese Voraussetzungen hat der VI. Senat selbst in einem Fall verneint, in dem sich die zur Alleinerbin eingesetzte Tochter der Erblasserin gegen die Anfechtung der entsprechenden letztwilligen Verfügung durch einen Dritten zur Wehr gesetzt hatte (BFH-Urteil in BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800).

44

c) Danach kann der Senat offen lassen, ob die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen nicht bereits auf der Grundlage der zwischenzeitlich großzügigeren Auffassung des VI. Senats vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen gewesen wären.

45

Der Kläger macht lediglich Kosten für ein Privatgutachten geltend; ferner solche Reisekosten, die nicht aus Anlass von Gerichtsterminen entstanden sind und deren Zusammenhang zum Zivilprozess teilweise nicht dargelegt wurde. Derartige "mittelbare" Kosten sind mit einem Zivilprozess aber nicht zwingend verbunden.

46

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.

(2)1Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.2Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können.3Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.4Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

(2a)1Abweichend von Absatz 1 wird für Aufwendungen für durch eine Behinderung veranlasste Fahrten nur eine Pauschale gewährt (behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale).2Die Pauschale erhalten:

1.
Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“,
2.
Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“, mit dem Merkzeichen „TBl“ oder mit dem Merkzeichen „H“.
3Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 1 beträgt die Pauschale 900 Euro.4Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 2 beträgt die Pauschale 4 500 Euro.5In diesem Fall kann die Pauschale nach Satz 3 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.6Über die Fahrtkostenpauschale nach Satz 1 hinaus sind keine weiteren behinderungsbedingten Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung nach Absatz 1 berücksichtigungsfähig.7Die Pauschale ist bei der Ermittlung des Teils der Aufwendungen im Sinne des Absatzes 1, der die zumutbare Belastung übersteigt, einzubeziehen.8Sie kann auch gewährt werden, wenn ein Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Absatz 5 übertragen wurde.9§ 33b Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(3)1Die zumutbare Belastung beträgt

bei einem Gesamtbetrag
der Einkünfte
bis
15 340
EUR
über
15 340
EUR
bis
51 130
EUR
über
51 130
EUR
1.bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer
a) nach § 32a Absatz 1,567
b) nach § 32a Absatz 5
oder 6 (Splitting-Verfahren)
zu berechnen ist;

4

5

6
2.bei Steuerpflichtigen mit
a) einem Kind oder zwei
Kindern,

2

3

4
b) drei oder mehr Kindern112
Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte.

2Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat.

(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten des Nachweises von Aufwendungen nach Absatz 1 und der Anspruchsvoraussetzungen nach Absatz 2a zu bestimmen.

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

Das Gericht hat das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist. Die Anordnung hat auf den Lauf der im § 233 bezeichneten Fristen keinen Einfluss.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.

(2)1Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.2Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können.3Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.4Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

(2a)1Abweichend von Absatz 1 wird für Aufwendungen für durch eine Behinderung veranlasste Fahrten nur eine Pauschale gewährt (behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale).2Die Pauschale erhalten:

1.
Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“,
2.
Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“, mit dem Merkzeichen „TBl“ oder mit dem Merkzeichen „H“.
3Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 1 beträgt die Pauschale 900 Euro.4Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 2 beträgt die Pauschale 4 500 Euro.5In diesem Fall kann die Pauschale nach Satz 3 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.6Über die Fahrtkostenpauschale nach Satz 1 hinaus sind keine weiteren behinderungsbedingten Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung nach Absatz 1 berücksichtigungsfähig.7Die Pauschale ist bei der Ermittlung des Teils der Aufwendungen im Sinne des Absatzes 1, der die zumutbare Belastung übersteigt, einzubeziehen.8Sie kann auch gewährt werden, wenn ein Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Absatz 5 übertragen wurde.9§ 33b Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(3)1Die zumutbare Belastung beträgt

bei einem Gesamtbetrag
der Einkünfte
bis
15 340
EUR
über
15 340
EUR
bis
51 130
EUR
über
51 130
EUR
1.bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer
a) nach § 32a Absatz 1,567
b) nach § 32a Absatz 5
oder 6 (Splitting-Verfahren)
zu berechnen ist;

4

5

6
2.bei Steuerpflichtigen mit
a) einem Kind oder zwei
Kindern,

2

3

4
b) drei oder mehr Kindern112
Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte.

2Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat.

(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten des Nachweises von Aufwendungen nach Absatz 1 und der Anspruchsvoraussetzungen nach Absatz 2a zu bestimmen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Zivilprozesskosten wegen einer Klage auf Zahlung von Krankentagegeld als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Für die Klägerin bestand eine private Krankenversicherung bei der R, die eine Krankentagegeld-Versicherung für ein tägliches Krankengeld von 51 € nach Ablauf von sechs Wochen einer Arbeitsunfähigkeit umfasste. Die Klägerin war als Geschäftsleitungsassistentin nichtselbständig tätig. Anfang 2004 traten bei ihr Probleme mit dem Gebrauch der rechten Hand und Bewegungsstörungen des rechten Beines auf. Bei ihr wurden eine fokale Dystonie und eine spastische Hemiphlegie diagnostiziert. Die Klägerin wurde krankgeschrieben. Nach sechs Wochen stellte der Arbeitgeber seine Gehaltszahlungen ein. Daraufhin wurde die R in Anspruch genommen, die zunächst das vertraglich vereinbarte Krankentagegeld zahlte. Auf Veranlassung der R wurde die Klägerin am 28. Januar 2005 von einem Mitarbeiter des Vertrauensarztes H untersucht. In dem von H erstellten Gutachten wurde der Klägerin Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Er diagnostizierte eine fokale Dystonie bzw. ein Parkinson-Syndrom. Ein halbes Jahr später musste die Klägerin sich erneut bei H vorstellen. Dieser kam in seinem daraufhin angefertigten Gutachten vom 29. Juli 2005 zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin immer noch Arbeitsunfähigkeit bestehe. Weiterhin stellte er fest, dass zwischenzeitlich auch Berufsunfähigkeit eingetreten sei. Die R stellte sich daraufhin auf den Standpunkt, dass bei der Klägerin ab dem 28. Juli 2005 Berufsunfähigkeit eingetreten sei und damit die Leistungspflicht zur Zahlung von Krankentagegeld drei Monate nach Beginn der Berufsunfähigkeit ende. Dementsprechend wurde letztmalig am 28. Oktober 2005 der versicherte Tagessatz gezahlt. Ab dem 1. August 2006 wurde der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt (Bescheid vom 31. Januar 2007).

3

Im Dezember 2005 erhob der Kläger als Versicherungsnehmer Klage gegen die R. Die Klage war auf die Feststellung des Fortbestands der Krankentagegeldversicherung sowie die Zahlung von Krankentagegeld ab dem 28. Oktober 2005 gerichtet. Nachdem der Klägerin die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zuerkannt worden war, wurde der Feststellungsantrag für erledigt erklärt; der Kläger beantragte lediglich noch die Zahlung von 14.111 € (Krankentagegeld vom 28. Oktober 2005 bis 31. Juli 2006) nebst Zinsen. Mit Urteil des Landgerichts C vom 30. März 2007 wurde die Klage abgewiesen.

4

Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 machten die Kläger die Prozesskosten von 9.906 € als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte dem nicht, weil Krankentagegeld regelmäßig steuerfrei sei und der Prozess somit nicht der Erzielung steuerbarer Einnahmen gedient habe. Den hiergegen gerichteten Einspruch, mit dem die Kläger geltend machten, die Prozesskosten seien als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2009 als unbegründet zurück.

5

Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1607 veröffentlichten Gründen ab.

6

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

7

Die Kläger beantragen,

das Urteil des FG Köln vom 18. November 2009  11 K 185/09 und die Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2009 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 --zuletzt-- vom 6. April 2009 in der Weise zu ändern, dass Aufwendungen in Höhe von 9.906 € als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

8

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen, hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. 1. Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Zivilprozesskosten des Klägers zu Unrecht vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen.

10

a) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--).

11

b) Bei den Kosten eines Zivilprozesses, die vorliegend von den Beteiligten zutreffend nicht als Werbungskosten der Klägerin beurteilt worden sind, spricht nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit (BFH-Urteile vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596, m.w.N.; vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382; vom 18. März 2004 III R 24/03, BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und vom 27. August 2008 III R 50/06, BFH/NV 2009, 553). Derartige Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig erwachsen ist (BFH-Urteil in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). Daran fehlte es nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen bei einem Zivilprozess (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Es sei in der Regel der freien Entscheidung der (Vertrags)Parteien überlassen, ob sie sich zur Durchsetzung oder Abwehr eines zivilrechtlichen Anspruchs einem Prozess(kosten)risiko aussetzten (vgl. BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Lasse sich der Steuerpflichtige trotz ungewissen Ausgangs auf einen Prozess ein, liege die Ursache für die Prozesskosten in seiner Entscheidung, das Prozesskostenrisiko in der Hoffnung auf ein für ihn günstiges Ergebnis in Kauf zu nehmen; es entspräche nicht Sinn und Zweck des § 33 EStG, ihm die Kostenlast zu erleichtern, wenn sich das im eigenen Interesse bewusst in Kauf genommene Risiko realisiert habe (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten bisher nur an, wenn der Prozess existentiell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen (BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; in BFH/NV 2009, 533).

12

2. An dieser Rechtsauffassung hält der erkennende Senat nicht länger fest.

13

a) Denn die Auffassung, der Steuerpflichtige übernehme das Prozesskostenrisiko "freiwillig", verkennt, dass streitige Ansprüche wegen des staatlichen Gewaltmonopols, das der Verwirklichung des inneren Friedens dient (Josef Isensee, Gemeinwohl im Verfassungsstaat, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 3. Aufl. 2006, § 71 Rz 76; Roman Herzog, Ziele, Vorbehalte und Grenzen der Staatstätigkeit, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 3. Aufl. 2006, § 72 Rz 38; Bardo Fassbender, Wissen als Grundlage staatlichen Handelns, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 3. Aufl. 2006, § 76 Rz 26), regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren sind. Dies folgt aus dem Rechtsstaatsgrundsatz, der in Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) allgemein niedergelegt ist und für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet (Helmuth Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 19 IV Rz 35). Es ist ein zentraler Aspekt der Rechtsstaatlichkeit, die eigenmächtig-gewaltsame Durchsetzung von Rechtsansprüchen grundsätzlich zu verwehren. Die Parteien werden zur gewaltfreien Lösung von Rechtsstreitigkeiten und Interessenkonflikten der Staatsbürger (Roman Herzog, a.a.O., § 72 Rz 26) vielmehr auf den Weg vor die Gerichte verwiesen (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juni 1980  1 PBvU 1/79, BVerfGE 54, 277 <292>; vom 13. März 1990  2 BvR 94 u.a./88, BVerfGE 81, 347 <356>). Zivilprozesskosten erwachsen Kläger wie Beklagtem deshalb unabhängig vom Gegenstand des Zivilrechtsstreits aus rechtlichen Gründen zwangsläufig (vgl. Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33 EStG Rz 117; Arndt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 33 Rz C 57).

14

b) Entgegen der bisherigen Rechtsprechung ist für die Frage der Zwangsläufigkeit von Prozesskosten nicht auf die Unausweichlichkeit des der streitgegenständlichen Zahlungsverpflichtung oder dem strittigen Zahlungsanspruch zugrunde liegenden Ereignisses abzustellen. Denn der Steuerpflichtige muss, um sein Recht durchzusetzen, im Verfassungsstaat des Grundgesetzes den Rechtsweg beschreiten. Dieser Unausweichlichkeit steht nicht entgegen, dass mit den Kosten eines Zivilprozesses in der Regel nur die unterliegende Partei (§ 91 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung) belastet ist. Denn der Einwand, der Unterliegende hätte bei gehöriger Prüfung seiner Rechte und Pflichten erkennen können, der Prozess werde keinen Erfolg haben, wird der Lebenswirklichkeit nicht gerecht. Vorherzusagen wie ein Gericht entscheiden wird, ist "riskant" (Tipke, Steuer und Wirtschaft 2008, 377 <380>). Denn nur selten findet sich der zu entscheidende Sachverhalt so deutlich im Gesetz wieder, dass der Richter seine Entscheidung mit arithmetischer Gewissheit aus dem Gesetzestext ablesen kann. Nicht zuletzt deshalb bietet die Rechtsordnung ihren Bürgern ein sorgfältig ausgebautes und mehrstufiges Gerichtssystem an.

15

c) Als außergewöhnliche Belastungen sind Zivilprozesskosten jedoch nur zu berücksichtigen, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat. Er muss diesen vielmehr unter verständiger Würdigung des Für und Wider --auch des Kostenrisikos-- eingegangen sein (vgl. Stöcker in Lademann, EStG, § 33 EStG Rz 495). Demgemäß sind Zivilprozesskosten des Klägers wie des Beklagten nicht unausweichlich, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aus Sicht eines verständigen Dritten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot (vgl. Kanzler, a.a.O.; Arndt, a.a.O.).

16

d) Schließlich steht dem Abzug von Zivilprozesskosten nach § 33 EStG auch nicht Sinn und Zweck der Vorschrift entgegen. Die steuerliche Entlastung derartiger Aufwendungen dient nicht dazu, dem Steuerpflichtigen die "Kostenlast zu erleichtern, wenn sich das im eigenen Interesse bewusst in Kauf genommene Risiko zu seinem Nachteil realisiert hat", sondern sucht der verminderten subjektiven Leistungsfähigkeit des Betroffenen Rechnung zu tragen (Kanzler, a.a.O., § 33 EStG Rz 9; Arndt, a.a.O., § 33 Rz A 8). Demgemäß sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind, sind aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen (z.B. BFH-Urteile vom 13. Oktober 2010 VI R 38/09, BFHE 231, 158, und vom 15. April 2010 VI R 51/09, BFHE 229, 206, BStBl II 2010, 794, m.w.N.). Zu den üblichen Kosten der Lebensführung, zu denen sozialhilferechtlicher Regelbedarf nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch i.V.m. dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (BGBl I 2011, 453) und der Versorgungsbedarf für den Krankheits- und Pflegefall zählen (vgl. den für das Streitjahr maßgebenden Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2005 , BTDrucks 15/2462), gehören Zivilprozesskosten jedoch nicht.

17

3. Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Der Senat kann jedoch nicht durcherkennen, da die Sache nicht spruchreif ist. Von seinem Standpunkt aus zu Recht hat das FG keine Feststellungen dazu getroffen, in welcher Höhe dem Kläger Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und außergerichtliche Kosten durch den Zivilprozess entstanden sind. Dies wird das FG im zweiten Rechtsgang nachholen müssen. Sodann hat das Gericht die Gesamtumstände des Einzelfalls --ex ante-- dahingehend zu würdigen, ob der Prozess, den der Kläger angestrengt hat, hinreichende Aussicht auf Erfolg bot und nicht mutwillig geführt worden ist. Eine nur entfernte, gewisse Erfolgsaussicht reicht nicht aus. Der Erfolg muss mindestens ebenso wahrscheinlich sein wie ein Misserfolg. Dies hat das FG im Wege einer summarischen Prüfung zu untersuchen. Darüber hinaus hat das Gericht festzustellen, in welchem Veranlagungszeitraum der Kläger die streitigen Prozesskosten getragen hat. Denn diese sind nach § 11 EStG jeweils in dem Veranlagungszeitraum der Zahlung als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Schließlich weist der Senat darauf hin, dass nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG außergewöhnliche Belastungen nur insoweit abzugsfähig sind, als sie notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht überschreiten. Gegebenenfalls erlangte Leistungen aus einer Rechtsschutzversicherung sind im Rahmen der Vorteilsanrechnung zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 2011 VI R 16/10, BFHE 232, 518).

18

Einer Entscheidung über den geltend gemachten Gehörsverstoß bedurfte es angesichts der Aufhebung der Vorentscheidung des FG nicht.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 20. Februar 2013  15 K 2052/12 E aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Düsseldorf zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen.

2

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) stürzte im November 2006 vor seiner Wohnung, als er einen Skateboard-Fahrer verfolgte, um ihn wegen einer Beschädigung der Haustür zur Rede zu stellen. Bei dem Sturz zog sich der Kläger lebensgefährliche Verletzungen zu. Er musste für etwa ein halbes Jahr in stationäre Behandlung. Mit einer zunächst vor dem Landgericht gegen den Skateboard-Fahrer erhobenen Klage auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung machte der Kläger 12.475,70 € geltend. Die Klage wurde abgewiesen. Im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht … machte der Kläger Schadensersatzansprüche wegen entgangener Einkünfte, Arzt- und Fahrschulkosten, Haushaltsführungsschaden und Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 250.321 € geltend. Darüber hinaus begehrte er, die Verpflichtung zum Ersatz künftiger materieller und immaterieller Schäden festzustellen. Der Rechtsstreit endete mit einem Vergleich. Danach verpflichtete sich der Skateboardfahrer, dem Kläger bei Kostenaufhebung 275.000 € zu zahlen. Die Rechtsanwälte des Klägers stellten für die Vertretung des Klägers in den beiden Instanzen insgesamt 15.885,67 € in Rechnung. Der Rechnungsbetrag wurde von der auf dem Konto der Rechtsanwälte eingegangenen Vergleichssumme einbehalten, der Rest dem Kläger am 19. November 2009 ausgekehrt.

3

Der Kläger und seine Ehefrau, die Klägerin und Revisionsbeklagte, machten im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2009) die Rechtsanwaltskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) veranlagte die Kläger zusammen zur Einkommensteuer, ließ dabei aber die Aufwendungen unberücksichtigt. Die Rechtsanwaltskosten seien nicht zwangsläufig entstanden. Die Existenzgefährdung sei angesichts der Entwicklung des klägerischen Arbeitseinkommens nicht nachvollziehbar. Zudem habe sich der Kläger selbst verpflichtet, die Kosten im Rahmen des Vergleichs zu übernehmen. Er hätte auch den Prozess fortführen können, um eine Kostenentscheidung des Gerichts abzuwarten. Im Übrigen sei der Kläger nicht belastet, denn er habe zur Befriedigung aller materiellen und immateriellen Ansprüche eine Vergleichssumme von 275.000 € vereinnahmt.

4

Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage machten die Kläger die Rechtsanwaltskosten als außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 15.885,67 € geltend. Die Schadensersatzklage sei erforderlich gewesen, um bei einem befürchteten Arbeitsplatzverlust eine Existenzgefährdung abzuwenden.

5

Das Finanzgericht (FG) entsprach der Klage. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Mai 2011 VI R 42/10 (BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015) könnten Kosten eines Zivilprozesses unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig entstehen. Zivilprozesskosten seien dann zu berücksichtigen, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen habe. Daran gemessen seien die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 15.885,67 € im Streitjahr als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Bei summarischer Prüfung habe die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus Sicht eines verständigen Dritten hinreichende Aussicht auf Erfolg gehabt, auch wenn der Kläger in der ersten Instanz unterlegen sei.

6

Das FA rügt mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts.

7

Es beantragt,
das Urteil des FG Düsseldorf vom 20. Februar 2013  15 K 2052/12 E aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Senat kann auf Grundlage der bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen des FG nicht beurteilen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die vom Kläger in Zusammenhang mit den zivilrechtlichen Streitigkeiten wegen seines Unfalls geltend gemachten Kosten als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.

10

1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 29. September 1989 III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418, und vom 26. Juni 2014 VI R 51/13, BFHE 246, 326, BStBl II 2015, 9).

11

2. Bei den Kosten eines Zivilprozesses sprach nach der langjährigen Rechtsprechung des BFH eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit (Senatsurteil vom 22. August 1958 VI 148/57 U, BFHE 67, 379, BStBl III 1958, 419; BFH-Urteile vom 18. Juli 1986 III R 178/80, BFHE 147, 171, BStBl II 1986, 745; vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382; vom 18. März 2004 III R 24/03, BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und vom 27. August 2008 III R 50/06, BFH/NV 2009, 553). Solche Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig war (BFH-Urteil in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). Daran fehlte es nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen bei einem Zivilprozess (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten nur an, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen (BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596, und in BFH/NV 2009, 553).

12

Dagegen nahm der Senat in seiner Entscheidung in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 die Unausweichlichkeit von Zivilprozesskosten unter der Voraussetzung an, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete und nicht mutwillig erscheine. Diese Auffassung hat auch das FG dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegt.

13

Der Senat hält an seiner in dem Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Auffassung allerdings nicht mehr fest. Wie er in seinem Urteil vom 18. Juni 2015 VI R 17/14 (BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800) entschieden hat, kehrt er unter Aufgabe seiner in dem Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Ansicht zu der früheren Rechtsprechung des BFH zur Abziehbarkeit der Kosten eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastung zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf das Senatsurteil in BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800 Bezug genommen.

14

3. Nach diesen Maßstäben ist auch im Streitfall zu prüfen, ob die geltend gemachten Kosten für die zivilprozessuale Auseinandersetzung als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Zivilprozesskosten sind demnach nur insoweit abziehbar, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, kann der Steuerpflichtige auch bei unsicheren Erfolgsaussichten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen, sodass die Prozesskosten zwangsläufig i.S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen.

15

a) Der Umstand, dass hier die Kosten für den Zivilprozess nicht auf einer gerichtlichen Kostenentscheidung, sondern auf einem gerichtlichen Vergleich gründen, schließt die Berücksichtigung dieser Kosten als außergewöhnliche Belastungen nicht grundsätzlich aus. So hat der BFH anlässlich der Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen entschieden, dass auch bei vertraglicher Regelung, insbesondere bei einem Vergleich, angenommen werden kann, dass andernfalls ein gerichtliches Urteil etwa in gleicher Weise ergehen würde (vgl. BFH-Urteile vom 10. Juni 1952 IV 42/51 U, BFHE 56, 657, BStBl III 1952, 253; vom 21. März 1958 VI 14/54 U, BFHE 67, 146, BStBl III 1958, 329). Dem folgte die spätere Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 26. Februar 1998 III R 59/97, BFHE 185, 409, BStBl II 1998, 605). Wenn bei einer solchen Konstellation die Zwangsläufigkeit der Hauptforderung nicht schon grundsätzlich dadurch ausgeschlossen wird, dass sie auf einem Vergleich beruht, gilt dies auch für die entsprechenden Rechtsverfolgungskosten.

16

Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn in die Vergleichssumme auch die Prozesskosten einbezogen worden sind. Denn in diesem Fall werden die Prozesskosten durch die Partei, die die Vergleichssumme zu leisten hat, erstattet, so dass der Steuerpflichtige dadurch wirtschaftlich nicht anders belastet ist, als wenn durch Urteil der anderen Partei die Kosten auferlegt worden wären.

17

Das FG hat --von seinem Standpunkt aus zu Recht-- keine Feststellungen dazu getroffen, ob im Streitfall bei dem Vergleich die Kosten kalkulatorisch mit abgegolten worden sind, wie das FA im Revisionsverfahren vorgetragen hat. Die diesbezüglichen Feststellungen wird das FG im zweiten Rechtsgang zu treffen haben.

18

b) Sollte das FG im zweiten Rechtsgang zu der Erkenntnis gelangen, dass die vom Kläger getragenen Kosten kalkulatorisch nicht in den Vergleich einbezogen waren, werden weitere Feststellungen dazu erforderlich sein, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das vom Kläger geführte Klageverfahren auf die Durchsetzung von solchen Ansprüchen gerichtet war, die existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührten.

19

Der Senat kann indessen mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen des FG nicht selbst beurteilen, ob der Kläger ohne Anstrengung des Klageverfahrens Gefahr gelaufen wäre, seine Existenzgrundlage zu verlieren oder seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können (BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596, und in BFH/NV 2009, 553). Es ist im Streitfall nicht auszuschließen, dass der Kläger solche existenziell wichtige Bereiche betreffenden Ansprüche geltend gemacht hatte. Denn nach den Feststellungen des FG hatte der Kläger die Schadensersatzklage u.a. für erforderlich gehalten, um eine Existenzgefährdung abzuwenden, weil der Kläger habe befürchten müssen, seinen Arbeitsplatz zu verlieren.

20

c) Der Senat weist für den zweiten Rechtsgang weiter darauf hin, dass der Kläger im Zivilprozess eine Reihe von Ansprüchen verfolgt hatte, nämlich entgangene Einkünfte, Arzt- und Fahrschulkosten, Haushaltsführungsschaden und Schmerzensgeld. Für den Anspruch auf entgangene Einkünfte wird schon zu prüfen sein, ob insoweit ein Werbungskostenabzug in Betracht kommt. Denn Schadensersatzleistungen, die ein Dritter wegen einer Körperverletzung zu leisten hat, können steuerpflichtig i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ggf. i.V.m. § 34 Abs. 1 EStG sein, soweit sie entgangenen oder künftig entgehenden Verdienstausfall ersetzen (BFH-Urteil vom 21. Januar 2004 XI R 40/02, BFHE 205, 129, BStBl II 2004, 716). Damit können auch Kosten für einen Prozess, der darauf abzielt, entgangene oder entgehende Einnahmen aufgrund verminderter Erwerbsfähigkeit zu ersetzen, Werbungskosten sein. Nicht als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sind jedoch Kosten für Prozesse, mit denen Schadensersatzrenten zum Ausgleich entgangenen Unterhalts und/oder vermehrter Bedürfnisse (§ 843 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) erstritten werden sollen. Denn diese Schadensersatzleistungen sind nicht steuerbar (BFH-Urteile vom 25. Oktober 1994 VIII R 79/91, BFHE 175, 439, BStBl II 1995, 121; vom 26. November 2008 X R 31/07, BFHE 223, 471, BStBl II 2009, 651).

21

Im Hinblick auf die weiteren Ansprüche wird zu prüfen sein, ob der Anspruch jeweils einen existenziell wichtigen Bereich oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Das kommt insbesondere in Betracht, soweit der Kläger vor Gericht beantragt hat, ihm seine künftig entstehenden materiellen Schäden (ohne Verdienstausfall) zu ersetzen, und aufgrund seiner erheblichen Verletzungen damit zu rechnen war, dass er künftig erhöhte Bedürfnisse in so erheblichem Umfang haben würde, dass er ohne den Rechtsstreit Gefahr gelaufen wäre, künftig seine (erhöhten) lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Sollte das FG dabei zu der Erkenntnis kommen, dass dies für bestimmte Ansprüche der Fall ist, für andere Ansprüche dagegen nicht, sind die Prozesskosten entsprechend aufzuteilen. Der Senat verweist insoweit auf das BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 553. Soweit mit der Vergleichssumme auch steuerpflichtige Einnahmen abgegolten wurden, sind diese zu berücksichtigen.

22

Weiter wird zu beachten sein, dass Ansprüche auf Schmerzensgeld immaterielle Schäden betreffen und dahingehende Zahlungs- und Feststellungsklagen keine existenziell wichtigen Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Zivilprozesskosten betreffen (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 2015 VI R 7/14, BFHE 252, 418).

23

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.

(2)1Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.2Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können.3Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.4Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

(2a)1Abweichend von Absatz 1 wird für Aufwendungen für durch eine Behinderung veranlasste Fahrten nur eine Pauschale gewährt (behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale).2Die Pauschale erhalten:

1.
Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“,
2.
Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“, mit dem Merkzeichen „TBl“ oder mit dem Merkzeichen „H“.
3Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 1 beträgt die Pauschale 900 Euro.4Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 2 beträgt die Pauschale 4 500 Euro.5In diesem Fall kann die Pauschale nach Satz 3 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.6Über die Fahrtkostenpauschale nach Satz 1 hinaus sind keine weiteren behinderungsbedingten Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung nach Absatz 1 berücksichtigungsfähig.7Die Pauschale ist bei der Ermittlung des Teils der Aufwendungen im Sinne des Absatzes 1, der die zumutbare Belastung übersteigt, einzubeziehen.8Sie kann auch gewährt werden, wenn ein Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Absatz 5 übertragen wurde.9§ 33b Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(3)1Die zumutbare Belastung beträgt

bei einem Gesamtbetrag
der Einkünfte
bis
15 340
EUR
über
15 340
EUR
bis
51 130
EUR
über
51 130
EUR
1.bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer
a) nach § 32a Absatz 1,567
b) nach § 32a Absatz 5
oder 6 (Splitting-Verfahren)
zu berechnen ist;

4

5

6
2.bei Steuerpflichtigen mit
a) einem Kind oder zwei
Kindern,

2

3

4
b) drei oder mehr Kindern112
Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte.

2Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat.

(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten des Nachweises von Aufwendungen nach Absatz 1 und der Anspruchsvoraussetzungen nach Absatz 2a zu bestimmen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Zivilprozesskosten wegen einer Klage auf Zahlung von Krankentagegeld als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Für die Klägerin bestand eine private Krankenversicherung bei der R, die eine Krankentagegeld-Versicherung für ein tägliches Krankengeld von 51 € nach Ablauf von sechs Wochen einer Arbeitsunfähigkeit umfasste. Die Klägerin war als Geschäftsleitungsassistentin nichtselbständig tätig. Anfang 2004 traten bei ihr Probleme mit dem Gebrauch der rechten Hand und Bewegungsstörungen des rechten Beines auf. Bei ihr wurden eine fokale Dystonie und eine spastische Hemiphlegie diagnostiziert. Die Klägerin wurde krankgeschrieben. Nach sechs Wochen stellte der Arbeitgeber seine Gehaltszahlungen ein. Daraufhin wurde die R in Anspruch genommen, die zunächst das vertraglich vereinbarte Krankentagegeld zahlte. Auf Veranlassung der R wurde die Klägerin am 28. Januar 2005 von einem Mitarbeiter des Vertrauensarztes H untersucht. In dem von H erstellten Gutachten wurde der Klägerin Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Er diagnostizierte eine fokale Dystonie bzw. ein Parkinson-Syndrom. Ein halbes Jahr später musste die Klägerin sich erneut bei H vorstellen. Dieser kam in seinem daraufhin angefertigten Gutachten vom 29. Juli 2005 zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin immer noch Arbeitsunfähigkeit bestehe. Weiterhin stellte er fest, dass zwischenzeitlich auch Berufsunfähigkeit eingetreten sei. Die R stellte sich daraufhin auf den Standpunkt, dass bei der Klägerin ab dem 28. Juli 2005 Berufsunfähigkeit eingetreten sei und damit die Leistungspflicht zur Zahlung von Krankentagegeld drei Monate nach Beginn der Berufsunfähigkeit ende. Dementsprechend wurde letztmalig am 28. Oktober 2005 der versicherte Tagessatz gezahlt. Ab dem 1. August 2006 wurde der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt (Bescheid vom 31. Januar 2007).

3

Im Dezember 2005 erhob der Kläger als Versicherungsnehmer Klage gegen die R. Die Klage war auf die Feststellung des Fortbestands der Krankentagegeldversicherung sowie die Zahlung von Krankentagegeld ab dem 28. Oktober 2005 gerichtet. Nachdem der Klägerin die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zuerkannt worden war, wurde der Feststellungsantrag für erledigt erklärt; der Kläger beantragte lediglich noch die Zahlung von 14.111 € (Krankentagegeld vom 28. Oktober 2005 bis 31. Juli 2006) nebst Zinsen. Mit Urteil des Landgerichts C vom 30. März 2007 wurde die Klage abgewiesen.

4

Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 machten die Kläger die Prozesskosten von 9.906 € als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte dem nicht, weil Krankentagegeld regelmäßig steuerfrei sei und der Prozess somit nicht der Erzielung steuerbarer Einnahmen gedient habe. Den hiergegen gerichteten Einspruch, mit dem die Kläger geltend machten, die Prozesskosten seien als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2009 als unbegründet zurück.

5

Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1607 veröffentlichten Gründen ab.

6

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

7

Die Kläger beantragen,

das Urteil des FG Köln vom 18. November 2009  11 K 185/09 und die Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2009 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 --zuletzt-- vom 6. April 2009 in der Weise zu ändern, dass Aufwendungen in Höhe von 9.906 € als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

8

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen, hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. 1. Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Zivilprozesskosten des Klägers zu Unrecht vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen.

10

a) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--).

11

b) Bei den Kosten eines Zivilprozesses, die vorliegend von den Beteiligten zutreffend nicht als Werbungskosten der Klägerin beurteilt worden sind, spricht nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit (BFH-Urteile vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596, m.w.N.; vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382; vom 18. März 2004 III R 24/03, BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und vom 27. August 2008 III R 50/06, BFH/NV 2009, 553). Derartige Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig erwachsen ist (BFH-Urteil in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). Daran fehlte es nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen bei einem Zivilprozess (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Es sei in der Regel der freien Entscheidung der (Vertrags)Parteien überlassen, ob sie sich zur Durchsetzung oder Abwehr eines zivilrechtlichen Anspruchs einem Prozess(kosten)risiko aussetzten (vgl. BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Lasse sich der Steuerpflichtige trotz ungewissen Ausgangs auf einen Prozess ein, liege die Ursache für die Prozesskosten in seiner Entscheidung, das Prozesskostenrisiko in der Hoffnung auf ein für ihn günstiges Ergebnis in Kauf zu nehmen; es entspräche nicht Sinn und Zweck des § 33 EStG, ihm die Kostenlast zu erleichtern, wenn sich das im eigenen Interesse bewusst in Kauf genommene Risiko realisiert habe (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten bisher nur an, wenn der Prozess existentiell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen (BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; in BFH/NV 2009, 533).

12

2. An dieser Rechtsauffassung hält der erkennende Senat nicht länger fest.

13

a) Denn die Auffassung, der Steuerpflichtige übernehme das Prozesskostenrisiko "freiwillig", verkennt, dass streitige Ansprüche wegen des staatlichen Gewaltmonopols, das der Verwirklichung des inneren Friedens dient (Josef Isensee, Gemeinwohl im Verfassungsstaat, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 3. Aufl. 2006, § 71 Rz 76; Roman Herzog, Ziele, Vorbehalte und Grenzen der Staatstätigkeit, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 3. Aufl. 2006, § 72 Rz 38; Bardo Fassbender, Wissen als Grundlage staatlichen Handelns, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 3. Aufl. 2006, § 76 Rz 26), regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren sind. Dies folgt aus dem Rechtsstaatsgrundsatz, der in Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) allgemein niedergelegt ist und für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet (Helmuth Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 19 IV Rz 35). Es ist ein zentraler Aspekt der Rechtsstaatlichkeit, die eigenmächtig-gewaltsame Durchsetzung von Rechtsansprüchen grundsätzlich zu verwehren. Die Parteien werden zur gewaltfreien Lösung von Rechtsstreitigkeiten und Interessenkonflikten der Staatsbürger (Roman Herzog, a.a.O., § 72 Rz 26) vielmehr auf den Weg vor die Gerichte verwiesen (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juni 1980  1 PBvU 1/79, BVerfGE 54, 277 <292>; vom 13. März 1990  2 BvR 94 u.a./88, BVerfGE 81, 347 <356>). Zivilprozesskosten erwachsen Kläger wie Beklagtem deshalb unabhängig vom Gegenstand des Zivilrechtsstreits aus rechtlichen Gründen zwangsläufig (vgl. Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33 EStG Rz 117; Arndt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 33 Rz C 57).

14

b) Entgegen der bisherigen Rechtsprechung ist für die Frage der Zwangsläufigkeit von Prozesskosten nicht auf die Unausweichlichkeit des der streitgegenständlichen Zahlungsverpflichtung oder dem strittigen Zahlungsanspruch zugrunde liegenden Ereignisses abzustellen. Denn der Steuerpflichtige muss, um sein Recht durchzusetzen, im Verfassungsstaat des Grundgesetzes den Rechtsweg beschreiten. Dieser Unausweichlichkeit steht nicht entgegen, dass mit den Kosten eines Zivilprozesses in der Regel nur die unterliegende Partei (§ 91 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung) belastet ist. Denn der Einwand, der Unterliegende hätte bei gehöriger Prüfung seiner Rechte und Pflichten erkennen können, der Prozess werde keinen Erfolg haben, wird der Lebenswirklichkeit nicht gerecht. Vorherzusagen wie ein Gericht entscheiden wird, ist "riskant" (Tipke, Steuer und Wirtschaft 2008, 377 <380>). Denn nur selten findet sich der zu entscheidende Sachverhalt so deutlich im Gesetz wieder, dass der Richter seine Entscheidung mit arithmetischer Gewissheit aus dem Gesetzestext ablesen kann. Nicht zuletzt deshalb bietet die Rechtsordnung ihren Bürgern ein sorgfältig ausgebautes und mehrstufiges Gerichtssystem an.

15

c) Als außergewöhnliche Belastungen sind Zivilprozesskosten jedoch nur zu berücksichtigen, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat. Er muss diesen vielmehr unter verständiger Würdigung des Für und Wider --auch des Kostenrisikos-- eingegangen sein (vgl. Stöcker in Lademann, EStG, § 33 EStG Rz 495). Demgemäß sind Zivilprozesskosten des Klägers wie des Beklagten nicht unausweichlich, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aus Sicht eines verständigen Dritten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot (vgl. Kanzler, a.a.O.; Arndt, a.a.O.).

16

d) Schließlich steht dem Abzug von Zivilprozesskosten nach § 33 EStG auch nicht Sinn und Zweck der Vorschrift entgegen. Die steuerliche Entlastung derartiger Aufwendungen dient nicht dazu, dem Steuerpflichtigen die "Kostenlast zu erleichtern, wenn sich das im eigenen Interesse bewusst in Kauf genommene Risiko zu seinem Nachteil realisiert hat", sondern sucht der verminderten subjektiven Leistungsfähigkeit des Betroffenen Rechnung zu tragen (Kanzler, a.a.O., § 33 EStG Rz 9; Arndt, a.a.O., § 33 Rz A 8). Demgemäß sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind, sind aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen (z.B. BFH-Urteile vom 13. Oktober 2010 VI R 38/09, BFHE 231, 158, und vom 15. April 2010 VI R 51/09, BFHE 229, 206, BStBl II 2010, 794, m.w.N.). Zu den üblichen Kosten der Lebensführung, zu denen sozialhilferechtlicher Regelbedarf nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch i.V.m. dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (BGBl I 2011, 453) und der Versorgungsbedarf für den Krankheits- und Pflegefall zählen (vgl. den für das Streitjahr maßgebenden Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2005 , BTDrucks 15/2462), gehören Zivilprozesskosten jedoch nicht.

17

3. Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Der Senat kann jedoch nicht durcherkennen, da die Sache nicht spruchreif ist. Von seinem Standpunkt aus zu Recht hat das FG keine Feststellungen dazu getroffen, in welcher Höhe dem Kläger Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und außergerichtliche Kosten durch den Zivilprozess entstanden sind. Dies wird das FG im zweiten Rechtsgang nachholen müssen. Sodann hat das Gericht die Gesamtumstände des Einzelfalls --ex ante-- dahingehend zu würdigen, ob der Prozess, den der Kläger angestrengt hat, hinreichende Aussicht auf Erfolg bot und nicht mutwillig geführt worden ist. Eine nur entfernte, gewisse Erfolgsaussicht reicht nicht aus. Der Erfolg muss mindestens ebenso wahrscheinlich sein wie ein Misserfolg. Dies hat das FG im Wege einer summarischen Prüfung zu untersuchen. Darüber hinaus hat das Gericht festzustellen, in welchem Veranlagungszeitraum der Kläger die streitigen Prozesskosten getragen hat. Denn diese sind nach § 11 EStG jeweils in dem Veranlagungszeitraum der Zahlung als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Schließlich weist der Senat darauf hin, dass nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG außergewöhnliche Belastungen nur insoweit abzugsfähig sind, als sie notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht überschreiten. Gegebenenfalls erlangte Leistungen aus einer Rechtsschutzversicherung sind im Rahmen der Vorteilsanrechnung zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 2011 VI R 16/10, BFHE 232, 518).

18

Einer Entscheidung über den geltend gemachten Gehörsverstoß bedurfte es angesichts der Aufhebung der Vorentscheidung des FG nicht.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.

(2)1Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.2Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können.3Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.4Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

(2a)1Abweichend von Absatz 1 wird für Aufwendungen für durch eine Behinderung veranlasste Fahrten nur eine Pauschale gewährt (behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale).2Die Pauschale erhalten:

1.
Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“,
2.
Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“, mit dem Merkzeichen „TBl“ oder mit dem Merkzeichen „H“.
3Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 1 beträgt die Pauschale 900 Euro.4Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 2 beträgt die Pauschale 4 500 Euro.5In diesem Fall kann die Pauschale nach Satz 3 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.6Über die Fahrtkostenpauschale nach Satz 1 hinaus sind keine weiteren behinderungsbedingten Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung nach Absatz 1 berücksichtigungsfähig.7Die Pauschale ist bei der Ermittlung des Teils der Aufwendungen im Sinne des Absatzes 1, der die zumutbare Belastung übersteigt, einzubeziehen.8Sie kann auch gewährt werden, wenn ein Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Absatz 5 übertragen wurde.9§ 33b Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(3)1Die zumutbare Belastung beträgt

bei einem Gesamtbetrag
der Einkünfte
bis
15 340
EUR
über
15 340
EUR
bis
51 130
EUR
über
51 130
EUR
1.bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer
a) nach § 32a Absatz 1,567
b) nach § 32a Absatz 5
oder 6 (Splitting-Verfahren)
zu berechnen ist;

4

5

6
2.bei Steuerpflichtigen mit
a) einem Kind oder zwei
Kindern,

2

3

4
b) drei oder mehr Kindern112
Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte.

2Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat.

(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten des Nachweises von Aufwendungen nach Absatz 1 und der Anspruchsvoraussetzungen nach Absatz 2a zu bestimmen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 5. März 2012  5 K 182/04 bzw. 5 K 710/12 (neu) aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Aufwendungen für einen Zivilprozess als außergewöhnliche Belastung einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen sind.

2

Die Ehe der in den Streitjahren (2001, 2002) nichtselbständig beschäftigten Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) wurde 1999 geschieden. Der Versorgungsausgleich wurde nicht durchgeführt; der Antrag der Klägerin auf Zuweisung der ehelichen Wohnung wurde abgewiesen. Das Amtsgericht stützte sich dazu auf den Ehevertrag vom 19. Dezember 1990, der den Versorgungsausgleich für den Scheidungsfall ausschloss und die Nutzung der Ehewohnung regelte. Die Klägerin blieb mit ihren Einwendungen, der Ehevertrag sei sittenwidrig, jedenfalls aber wirksam angefochten, vor dem Landgericht (LG), dem Oberlandesgericht und dem Bundesgerichtshof erfolglos.

3

Aus den in Zusammenhang mit der Ehescheidung geführten Gerichtsverfahren entstanden der Klägerin im Streitjahr 2001 insgesamt Kosten in Höhe von 28.935,28 €. Davon machte sie im Klageverfahren vor dem Finanzgericht (FG) 10.382,77 € geltend. Diese Kosten betrafen das Berufungsverfahren der Klägerin wegen Herausgabe der ehelichen Wohnung, die Gerichts-, Rechtsanwalts- und Gerichtsvollzieherkosten wegen der Räumung der Wohnung, Kosten wegen weiterer Ansprüche vermögensrechtlicher Art sowie Gerichts- und Rechtsanwaltskosten aus einem gegen die Rechtsschutzversicherung geführten Verfahren sowie die Zinsen für die notwendige Kreditaufnahme in Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren. Für das Streitjahr 2002 machte die Klägerin Aufwendungen in Höhe von 12.116,30 € geltend, nämlich die dem früheren Ehemann der Klägerin entstandenen und von der Klägerin zu tragenden Rechtsanwaltskosten sowie weitere Zinsen.

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte in den Einkommenssteuerbescheiden der Streitjahre diese Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen. Im Streitjahr 2001 berücksichtigte das FA als außergewöhnliche Belastungen zwar die der Klägerin entstandenen Scheidungskosten in Höhe von 705 DM; diese Aufwendungen überschritten jedoch zusammen mit ebenfalls anerkannten Krankheitskosten nicht die Grenze der zumutbaren Belastung und blieben damit ohne steuerliche Auswirkung.

5

Im dagegen erfolglos durchgeführten Einspruchsverfahren wies die Klägerin darauf hin, dass ihr die Scheidung betreibender Exgatte als Kläger im Scheidungsverfahren nicht das Verbundverfahren nach §§ 622 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) gewählt habe, sondern hinsichtlich des Ehevertrags und dessen Auswirkungen das LG angerufen habe, an dem Anwaltszwang herrsche. Auch deshalb seien die entstandenen Kosten für die Rechtsverteidigung zwangsläufig gewesen.

6

Das FG gab der Klage teilweise statt. Es berücksichtigte die der Klägerin entstandenen Zivilprozesskosten sowie Zinszahlungen als außergewöhnliche Belastungen im Umfang von 11.840,90 € im Streitjahr 2001 und im Umfang von 12.116,30 € im Streitjahr 2002. Das FG gelangte zu diesem Ergebnis auf Grundlage des Senatsurteils vom 12. Mai 2011 VI R 42/10 (BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015), wonach Zivilprozesskosten Kläger wie Beklagtem unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen könnten, da streitige Ansprüche wegen des staatlichen Gewaltmonopols regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren seien.

7

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

8

Es beantragt,
das Urteil des FG München vom 5. März 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass es im Streitfall nicht um irgendeine, sondern um die gemeinsame Ehewohnung gegangen sei, die unter dem besonderen Schutz des Art. 6 des Grundgesetzes (GG) stehe. Wenn insoweit der Ehemann Räumungsklage erhebe, sei eine Verteidigung im Rahmen dieser Verfahren notwendig.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Unrecht die von der Klägerin aufgewandten Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd berücksichtigt.

12

1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. September 1989 III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418, und vom 26. Juni 2014 VI R 51/13, BFHE 246, 326, BStBl II 2015, 9).

13

2. Bei den Kosten eines Zivilprozesses sprach nach der langjährigen Rechtsprechung des BFH eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit (Senatsurteil vom 22. August 1958 VI 148/57 U, BFHE 67, 379, BStBl III 1958, 419; BFH-Urteile vom 18. Juli 1986 III R 178/80, BFHE 147, 171, BStBl II 1986, 745; vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382; vom 18. März 2004 III R 24/03, BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und vom 27. August 2008 III R 50/06, BFH/NV 2009, 553). Solche Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig war (BFH-Urteil in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). Daran fehlte es nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen bei einem Zivilprozess (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten nur an, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen (BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596, und in BFH/NV 2009, 553).

14

Dagegen nahm der Senat in seiner Entscheidung in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 die Unausweichlichkeit von Zivilprozesskosten unter der Voraussetzung an, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete und nicht mutwillig erscheine. Diese Auffassung hat auch das FG dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegt.

15

Der Senat hält an seiner in dem Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Auffassung allerdings nicht mehr fest. Wie er in seinem Urteil vom 18. Juni 2015 VI R 17/14 (BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800) entschieden hat, kehrt er unter Aufgabe seiner in dem Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Ansicht zu der früheren Rechtsprechung des BFH zur Abziehbarkeit der Kosten eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastung zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf das Senatsurteil in BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800 Bezug genommen.

16

3. Nach diesen Maßstäben ist auch im Streitfall zu prüfen, ob die geltend gemachten Kosten für die zivilprozessuale Auseinandersetzung als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Zivilprozesskosten sind demnach nur insoweit abziehbar, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, kann der Steuerpflichtige auch bei unsicheren Erfolgsaussichten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen, sodass die Prozesskosten zwangsläufig i.S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen.

17

a) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung hat daher keinen Bestand.

18

b) Der Senat kann aufgrund der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen in der Sache selbst entscheiden. Die von der Klägerin getragenen Prozesskosten sind nicht als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd zu berücksichtigen.

19

aa) Der Senat führt für die bis einschließlich 2012 geltende Fassung des § 33 EStG die Rechtsprechung zur Berücksichtigung von durch Ehescheidungsverfahren entstandene Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen fort (Urteil vom 20. Januar 2016 VI R 70/12). Danach sind zwar die mit dem Gerichtsverfahren verbundenen Kosten für die Scheidung und den Versorgungsausgleich als zwangsläufig entstanden anzusehen und dementsprechend als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Aber Kosten für außerhalb des so genannten Zwangsverbunds durch das Familiengericht oder außergerichtlich im Zusammenhang mit der Ehescheidung getroffene Regelungen werden nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt. Das gilt unabhängig davon, ob für die Scheidungsfolgesachen noch § 623 Abs. 1 ZPO a.F. anzuwenden ist oder schon § 137 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Weiter kommt es auch nicht darauf an, ob ein Ehegatte die Kosten auslösende Aufnahme von Scheidungsfolgesachen in den Scheidungsverbund beantragt hatte und diese insoweit zwingend im Verbund zu entscheiden waren. Denn auch insoweit gelten die Kosten für den mit dem Verfahren überzogenen Ehegatten nicht als unvermeidbar (BFH-Urteil vom 30. Juni 2005 III R 27/04, BFHE 210, 306, BStBl II 2006, 492).

20

Entscheidend ist, dass der Gesetzgeber den früheren Eheleuten Inhalt und Verfahren der Regelung ihrer Verhältnisse im Wesentlichen in gleicher Weise zur eigenverantwortlichen Gestaltung übertragen hat wie in bestehender Ehe oder im Falle nichtehelicher Familienbeziehungen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 210, 306, BStBl II 2006, 492; vom 30. Juni 2005 III R 36/03, BFHE 210, 302, BStBl II 2006, 491; ebenso FG München, Urteil vom 21. August 2012  10 K 800/10, Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 451).

21

bb) Die von der Klägerin hier geltend gemachten Zivilprozesskosten im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren betrafen sämtlich Scheidungsfolgesachen, die nicht im Zwangsverbund (Versorgungsausgleich nach § 623 Abs. 1 Satz 3 ZPO) zu entscheiden waren. Die Rechtsstreitigkeiten um die Zuweisung der ehelichen Wohnung und die damit verbundenen Kosten wegen Herausgabe sowie die Gerichtsvollzieherkosten wegen der Wohnungsräumung waren keine im Zwangsverbund zu entscheidenden Scheidungsfolgesachen. Dies gilt erst recht für die Verfahren gegen die Rechtsschutzversicherung.

22

Im Ergebnis stritt die Klägerin über die Rechtswirksamkeit ihrer rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen, die Ansprüche zum Gegenstand hatten, die zwar Scheidungsfolgesachen sind, aber nicht zum Zwangsverbund gehören, sowie darüber hinaus um weitere vertragliche Ansprüche. Dementsprechend kommt ein Abzug dieser Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen nicht in Betracht.

23

Schließlich führt auch der Umstand, dass die Klägerin ihre Wohnung räumen und herausgeben musste, nicht dazu, dass der hier von der Klägerin geführte Prozess jedenfalls insoweit existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Denn zum existenziell notwendigen Bereich kann zwar grundsätzlich das Wohnen gehören. Die Klägerin lief aber nicht aufgrund des Umstandes, dass sie die eheliche Wohnung räumen musste, Gefahr, ihre Existenzgrundlage schlechthin zu verlieren. Allgemein gilt, dass die Räumung und Herausgabe der Wohnung mit der entsprechenden Kostentragung diese Kosten des Zivilprozesses nicht zu außergewöhnlichen Belastungen macht, und zwar unabhängig von der Art der Wohnungskündigung (Senatsurteile vom 28. Februar 1975 VI R 120/73, BFHE 115, 259, BStBl II 1975, 482; vom 23. Juni 1978 VI R 175/76, BFHE 125, 263, BStBl II 1978, 526). Der Einwand der Klägerin, dass vorliegend um die Zuweisung der dem Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG unterliegenden ehelichen Wohnung gestritten worden sei, übersieht, dass die Ehe geschieden war, der Streit also allenfalls um die frühere eheliche Wohnung ging. Im Übrigen werden Kosten durch Familienstreitigkeiten, die im Grunde alle den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG berühren, nicht allein deshalb zu außergewöhnlichen Belastungen. Denn entscheidend für die steuerliche Berücksichtigung ist, wie dargelegt, dass dieser Bereich den früheren Eheleuten eigenverantwortlich übertragen ist und daher nur die Kosten zwangsläufig sind, die unmittelbar und unvermeidbar durch die prozessuale Notwendigkeit der Durchführung des Ehescheidungsverfahrens entstanden sind.

24

4. Da die Revision des FA mit der Sachrüge Erfolg hat, kommt es nicht mehr darauf an, ob dem FG die vom FA gerügten Verfahrensfehler unterlaufen sind.

25

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 24. September 2012  1 K 195/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 2008 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Sie begehren den Abzug von Kosten für ein Privatgutachten sowie von Reisekosten, die dem Kläger im Jahr 2008 im Zusammenhang mit einem seit 2004 anhängigen Zivilprozess entstanden sind, und zwar in erster Linie als vorweggenommene Betriebsausgaben, hilfsweise als außergewöhnliche Belastungen.

2

Dem Zivilverfahren liegt der folgende Sachverhalt zugrunde: Die Organe und Behörden der damaligen DDR überführten im Jahr 1972 eine KG, die ihren Betrieb in A (Anmerkung des Dokumentars: in einem der späteren neuen Bundesländer) unterhielt, in Volkseigentum. Ursprünglich hatte die KG vier Gesellschafter. Das Vermögen des einen Gesellschafters war bereits im Jahr 1953 durch ein Strafurteil der DDR-Justiz eingezogen worden. Der zweite Gesellschafter hatte die DDR verlassen, so dass die verbleibenden Gesellschafter im Jahr 1969 dessen Ausscheiden aus der KG beschlossen. Die beiden weiteren Gesellschafter schieden im Jahr 1972 aus der KG anlässlich deren Umwandlung in Volkseigentum aus. Ferner war seit 1957 ein staatliches Kreditinstitut der DDR an der KG beteiligt. Im Jahr 1974 wurde der Betrieb der ehemaligen KG zu einem von mehreren Betriebsteilen eines Volkseigenen Betriebs (VEB).

3

Im Vorfeld der Wiedervereinigung wurde der VEB mit Wirkung zum … 1990 in eine GmbH umgewandelt, deren Geschäftsanteile der Treuhandanstalt zugeordnet wurden. Die Erben der früheren Gesellschafter machten nach den Regelungen des Vermögensgesetzes (VermG) fristgerecht Rückübertragungsansprüche geltend. Aufgrund eines Investitionsvorrangbescheids des Landratsamts veräußerte die GmbH mit notariell beurkundetem Vertrag vom xx.xx.1991 Vermögensgegenstände des Betriebsteils, der aus der früheren KG hervorgegangen war (Grundstücke mit aufstehenden Gebäuden sowie Maschinen), an eine Kapitalgesellschaft aus Westdeutschland (W-GmbH). Diese verpflichtete sich vertragsstrafenbewehrt zur Vornahme von Investitionen und zur Aufstockung der Zahl der verbliebenen Arbeitsplätze. Die Vertragsparteien vereinbarten für den Fall, dass Alteigentümer Rückübertragungsansprüche geltend machen sollten, diese gemeinsam abzuwehren und auf einen Entschädigungsanspruch zu beschränken versuchen.

4

Mit Bescheid vom … August 1993 stellte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen (LARoV) fest, dass die sechs Erben nach den vier Altgesellschaftern hinsichtlich des "ehemaligen Unternehmens" der KG Anspruchsberechtigte i.S. des § 2 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1a VermG seien. Art, Umfang oder Höhe der Anspruchsberechtigung wurden ausdrücklich nicht festgestellt, sondern sollten möglichst einer gütlichen Einigung vorbehalten bleiben. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

5

Mit sechs privatschriftlichen Verträgen, die im November bzw. Dezember 1993 abgeschlossen worden sind, erwarb der Kläger, der u.a. als Unternehmensberater tätig war, von den Erben der Altgesellschafter deren Anteile an der KG. Die Kaufpreise betrugen insgesamt 157.500 DM. In Nr. I Abs. 2 der Verträge heißt es jeweils: "Der Verkäufer beantragte die Rückführung des Unternehmens. Das Unternehmen ... ist jedoch vor dem Feststellungsbescheid ... am xx.xx.1991 an die notariell verkauft worden. Das Restitutionsbegehren kann demzufolge nicht mehr durchgeführt werden. Dem Berechtigten steht jedoch nach § 6 Absatz 6a Satz 4 VermG der anteilige Verkaufserlös zu oder aber Entschädigung nach § 6 Absatz 7 VermG." Durch notariell beurkundete Verträge vom … Dezember 1993 erwarb der Kläger auch die auf das VermG gegründeten Rückübertragungsansprüche der sechs Erben der Altgesellschafter.

6

In der Folgezeit erhob der Kläger umfangreiche Einwendungen gegen die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens, das zum Verkauf des Betriebsteils an die W-GmbH geführt hatte. Er verlangte die Auskehr eines Erlöses in Höhe von mehreren Mio. DM. Das LARoV erließ am … September 1997 einen Teilbescheid, in dem es unter Nr. 1 die "KG in Auflösung", vertreten durch den Kläger, als Berechtigte i.S. des § 6 Abs. 1a Satz 1 VermG feststellte. In Nr. 2 des Bescheids stellte es fest, dass die Berechtigte gegenüber der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) --der Rechtsnachfolgerin der Treuhandanstalt-- Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrages in Höhe aller aus der Veräußerung des Betriebsteils der GmbH nach dem Kaufvertrag vom xx.xx.1991 resultierenden Geldleistungen hatte. Zur Begründung führte das LARoV u.a. aus, der Anspruch auf Erlösauskehr bestehe, weil durch den Verkauf des Betriebsvermögens die Rückgabe des Unternehmens unmöglich geworden sei (§ 16 des Investitionsvorranggesetzes, § 6 Abs. 6a Satz 4 VermG). Ob die BvS durch die vom Kläger behauptete Verfahrensweise schuldhaft gegen ihre Pflichten verstoßen habe und dem Kläger ein Schadensersatzanspruch zustehe, sei nicht im vermögensrechtlichen Verfahren zu entscheiden. Vielmehr seien hierfür die ordentlichen Gerichte zuständig. Dies gelte auch für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Zahlung der Differenz zwischen dem tatsächlichen Erlös aus dem Verkauf des Betriebsvermögens und dem vom Kläger behaupteten höheren Verkehrswert.

7

Gegen diesen Bescheid erhob die BvS Klage vor dem Verwaltungsgericht (VG). Im Laufe des Verfahrens nahm sie die Klage gegen Nr. 1 des Bescheids vom … September 1997 zurück; soweit die Klage gegen Nr. 2 des Bescheids gerichtet war, wies das VG sie am … November 2002 ab. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) wies die von der BvS eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde am … 2003 zurück.

8

Am … Februar 2004 kam es zu einer Teileinigung zwischen dem Kläger und der BvS. Danach sollte wegen der Geldleistungen aus dem Kaufvertrag vom xx.xx.1991 ein Anspruch der KG gemäß § 6 Abs. 6a Satz 3 VermG auf Zahlung von zumindest 236.855 € bestehen. Zugleich trat die BvS den ihr noch zustehenden Anteil der ehemals staatlichen Gesellschafterin gegen Anrechnung von 103.818,64 € an den Kläger ab und schied als Gesellschafterin der KG aus. Im Ergebnis verblieb ein Zahlungsanspruch der KG gegen die BvS von 133.036,35 €.

9

Mit Bescheid vom … Juli 2005 stellte das LARoV die getroffene Einigung fest (Nr. 4 des Bescheidtenors). Anschließend zahlte die BvS den Einigungsbetrag aus. Ferner hob das LARoV u.a. Nr. 1 des Tenors des Bescheids vom … September 1997 auf. Es stellte nunmehr die KG i.L. als Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes fest, ohne eine Feststellung dazu zu treffen, ob die KG vom Kläger vertreten werde (Nr. 1 des Tenors). Außerdem lehnte es den Antrag des Klägers auf Rückgabe des Unternehmens der KG ab (Nr. 2 des Tenors) und stellte fest, dass der KG wegen der Schädigung des Unternehmens eine Entschädigung dem Grunde nach zustehe (Nr. 3 des Tenors). Die Rückgabe des Unternehmens sei gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 VermG ausgeschlossen, weil der Geschäftsbetrieb eingestellt gewesen sei und nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme nicht gegeben seien. Die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs durch die Erwerberin habe aufgrund der hohen Investitionen einer Neugründung entsprochen. Zur Höhe der Entschädigung werde noch ein gesonderter Bescheid ergehen.

10

Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid Klage vor dem VG. Dieses hob mit Urteil vom … Juni 2008 die unter Nr. 1 des Bescheids vom … Juli 2005 getroffene Feststellung auf und wies die Klage im Übrigen ab. Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers blieb vor dem BVerwG ohne Erfolg.

11

Parallel zu diesen Verfahren hatte der Kläger zunächst versucht, durch Anfechtung der im Jahr 1991 ergangenen Verwaltungsakte (Investitionsvorrangbescheid, Grundstücksverkehrsgenehmigung) die Übertragung der Vermögensgegenstände auf die W-GmbH rückgängig zu machen. Den Widerspruch gegen den Investitionsvorrangbescheid nahm er im Jahr 1997 zurück, die verwaltungsgerichtliche Klage gegen die Grundstücksverkehrsgenehmigung nahm er im Jahr 2004 in der Berufungsinstanz zurück.

12

In einem weiteren Verfahren entschied das VG am … April 2005, der von der KG beanspruchte Betriebsteil sei im Zeitpunkt seiner Veräußerung an die W-GmbH bereits stillgelegt gewesen. Es bestehe daher nur ein Anspruch auf Erlösauskehr für einzelne Vermögenswerte des Anlagevermögens, nicht aber auf Erlösauskehr aus der Veräußerung eines noch bestehenden Unternehmens.

13

Die Prozesskosten, deren Abzug der Kläger im vorliegenden Verfahren begehrt, sind in einem am … Juni 2004 durch die KG i.L., vertreten durch den Kläger, vor dem Landgericht (LG) eingeleiteten Klageverfahren gegen die BvS entstanden. In diesem Verfahren begehrte die KG zum einen die Zahlung von 2.119.788,08 € zuzüglich seit 1993 laufender Zinsen, zum anderen die Feststellung, dass ihr wegen der Veräußerung ihres Unternehmens ein Schadensersatzanspruch gegen die BvS zustehe. Den Klageforderungen lag die Auffassung zugrunde, der im Jahr 1991 vereinbarte Verkaufserlös habe deutlich unter dem Verkehrswert der veräußerten Wirtschaftsgüter gelegen, weil ein lebendes Unternehmen veräußert worden sei und die Werte in der DM-Eröffnungsbilanz zu niedrig angesetzt worden seien.

14

Das LG beschloss, über den Verkehrswert des Betriebsteils zum xx.xx.1991 Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben; dabei solle von einem lebenden Unternehmen ausgegangen werden. Der beauftragte Gutachter kritisierte in seinem Gutachten im Wesentlichen die Annahmen des Beweisbeschlusses und erklärte, eine Bewertung des Betriebsteils sei nicht mehr möglich. Daraufhin berief das LG den Gutachter ab und beauftragte einen anderen Gutachter, dessen Ausführungen aus Sicht des LG aber ebenfalls erläuterungsbedürftig blieben. Im Streitjahr 2008 ließ der Kläger ein Privatgutachten erstellen. Dieser Gutachter bewertete die Anteile an der GmbH auf den xx.xx.1991 im Ertragswertverfahren mit 11.855.000 €. Dabei zog er als Grundlage für die Schätzung der künftig erzielbaren Erträge nicht die in den Jahren um den Bewertungsstichtag tatsächlich durch die GmbH erzielten hohen Verluste heran, sondern die in einem Sanierungskonzept ausgewiesenen fiktiven Gewinnerwartungen.

15

Das LG wies die Klage am … Juli 2009 ab. Die Klägerin habe nicht nachweisen können, dass der Verkehrswert des veräußerten Betriebsteils am xx.xx.1991 höher gewesen sei als der erzielte Veräußerungserlös. Der Verkehrswert habe letztlich nicht ermittelt werden können. Das Privatgutachten sei nicht aussagekräftig, weil es mit zahlreichen unbelegten Annahmen arbeite. Zudem bewerte es nicht allein den veräußerten Betriebsteil, sondern die gesamte GmbH. Auch ein Schadensersatzanspruch bestehe nicht, weil die Veräußerung des Betriebsteils aufgrund der seinerzeit vorliegenden Investitionsvorrangbescheinigung nicht rechtswidrig gewesen sei. Es komme im vorliegenden Verfahren nicht darauf an, ob diese Bescheinigung ihrerseits rechtmäßig gewesen sei. Eine rechtswidrige Bescheinigung könne allenfalls Amtshaftungsansprüche gegen das Landratsamt begründen, nicht aber Schadensersatzansprüche gegen die BvS.

16

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2008 machten die Kläger Zivilprozesskosten von insgesamt 4.951,35 € als außergewöhnliche Belastungen geltend. Es handelte sich um die folgenden Aufwendungen:

17

-       

Kosten für eine Bahnfahrkarte, von der der Kläger behauptet, sie betreffe eine Reise mit seiner Rechtsanwältin zu einem Termin vor dem LG am 20. Februar 2008 (203 €). Tatsächlich ist auf der Bahnfahrkarte (personengebundenes Online-Ticket) allerdings nicht der Name der Rechtsanwältin oder des Klägers, sondern allein der Name der --nicht am Zivilprozess beteiligten-- Klägerin eingetragen;

-    

Übernachtungskosten (5./6. März 2008), von denen der Kläger behauptet, sie seien aus Anlass einer Akteneinsicht beim VG entstanden (52,50 €). Die Rechnung ist allerdings nicht auf den Kläger, sondern auf eine GmbH ausgestellt;

-       

Kosten für eine vom Kläger mit seinen Rechtsanwälten unternommene Reise (23./24. Juni 2008), zu deren Anlass der Kläger sich nicht geäußert hat. Die Aufwendungen umfassen eine Bahnfahrkarte (193,60 €), Taxikosten (14 €), Übernachtungskosten für den Kläger und zwei Rechtsanwälte (146,70 €) sowie Restaurantkosten (65,90 €);

-     

Kosten für eine Bahnfahrkarte (15. Juli 2008), von der der Kläger behauptet, sie betreffe eine Reise zum Deutschen Bundestag / "Dr. Y / BvS" (91,75 €);

-    

Kosten für eine Bahnfahrkarte (27. August 2008) für eine Reise zum ehemaligen Sitz der KG; der Kläger behauptet, er habe dort Akteneinsicht genommen (110,50 €);

Kosten für das Privatgutachten (3.927 €);

dem Grunde und der Höhe nach nicht näher erläuterte Aufwendungen für eine PKW-Fahrt zum Privatgutachter (146,40 €).

18

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ließ diese Aufwendungen im angefochtenen geänderten Einkommensteuerbescheid vom 5. Juli 2010 zunächst außer Ansatz. Der Einspruch der Kläger hatte insoweit Erfolg, als das FA in der Einspruchsentscheidung Krankheitskosten in Höhe von 1.712 € als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigte. In Bezug auf die Zivilprozesskosten blieb der Einspruch ohne Erfolg.

19

Im Klageverfahren begehrten die Kläger in erster Linie den Abzug als vorweggenommene Betriebsausgaben. Sie behaupteten hierzu, der Kläger habe das Unternehmen der KG fortführen wollen. Die Ansprüche nach dem VermG seien einzig und allein in der Absicht erworben worden, der Familie eine dauernde und sichere Existenzgrundlage verschaffen zu wollen. Indem diese Ansprüche durch "sehr unglückliche Umstände" --Fehlentscheidungen des beauftragten, "höchst anerkannten" Rechtsanwalts-- verloren gegangen seien, sei zugleich auch die Existenzgrundlage der Familie verloren gewesen. Eine Rückübertragung des noch lebenden Unternehmens sei möglich und berechtigt erschienen, weil die Treuhandanstalt das geltende Recht ignoriert habe und ihre Vertreter "unzählige Straftaten" begangen hätten. Der Kläger habe den Rückübertragungsanspruch allerdings im Jahr 2004 mit Beendigung des Verfahrens beim Oberverwaltungsgericht fallen lassen. Ab diesem Zeitpunkt habe er ausschließlich Zahlungsansprüche verfolgt.

20

Hilfsweise begehrten die Kläger einen Abzug als außergewöhnliche Belastungen. Hierzu behaupteten sie, die geltend gemachten Aufwendungen seien auch der Höhe nach notwendig und angemessen gewesen.

21

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 41). Die Aufwendungen seien nicht als vorweggenommene Betriebsausgaben anzusehen, weil nicht erkennbar sei, dass der Kläger eine Rückübertragung des Unternehmens der KG angestrebt hätte. Nach sämtlichen Unterlagen habe schon beim Erwerb der vermögensrechtlichen Ansprüche durch den Kläger festgestanden, dass eine Rückübertragung nicht mehr in Betracht gekommen sei. Gegenstand des Zivilprozesses sei ausschließlich ein Geldanspruch auf Erlösauskehr bzw. Entschädigung gewesen.

22

Es handele sich auch nicht um außergewöhnliche Belastungen. Nach der früheren Rechtsprechung des III. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) seien Zivilprozesskosten grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen anzusehen (z.B. Urteil vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). Dies sei nur dann anders beurteilt worden, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche des menschlichen Lebens betreffe. Bei Restitutionsprozessen seien diese Ausnahmevoraussetzungen nach der vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht erfüllt (BFH-Beschluss vom 25. März 2004 III B 54/03, BFH/NV 2004, 1101). Das FG könne der vom VI. Senat des BFH geänderten Rechtsprechung (Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10, BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015) nicht folgen. Die Abziehbarkeit könne nicht allein auf das staatliche Gewaltmonopol gestützt werden. Ansonsten würden auch Aufwendungen für solche Prozesse einbezogen, die mit dem notwendigen Lebensbedarf des Steuerpflichtigen nichts zu tun hätten. Zudem sei die vom VI. Senat geforderte Überprüfung der Erfolgsaussichten des Zivilprozesses durch die Finanzverwaltung angesichts der tatsächlichen und rechtlichen Komplexität zivilrechtlicher Verfahren nicht praktikabel. Ob die bisherigen strengen Maßstäbe des III. Senats abzumildern seien, könne dahinstehen. Jedenfalls seien Aufwendungen für einen Zivilprozess dann nicht als zwangsläufig anzusehen, wenn sie --wie hier-- darauf beruhten, dass der Steuerpflichtige freiwillig einen Anspruch erwerbe, der nicht mit seinem existenziellen Lebensbedarf in Zusammenhang stehe, und er schon beim Erwerb des Anspruchs plane, diesen gerichtlich durchzusetzen. Ob die geltend gemachten Kosten dem Grunde und der Höhe nach notwendig und angemessen seien, könne danach offen bleiben.

23

Mit ihrer Revision begehren die Kläger weiterhin in erster Linie den Abzug der Aufwendungen als vorweggenommene Betriebsausgaben. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens führen sie aus, die Rückübertragung des Unternehmens sei nicht schon im Zeitpunkt des Erwerbs der Ansprüche im Jahr 1993 ausgeschlossen gewesen. Vielmehr habe der Kläger erst im Jahr 2003 seine auf Rückgabe des Unternehmens gerichteten Aktivitäten beendet.

24

Hilfsweise begehren die Kläger unter Berufung auf die Entscheidung des VI. Senats in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 den Abzug als außergewöhnliche Belastungen. Der Zivilprozess sei schon deshalb nicht mutwillig gewesen, weil das LARoV entschieden habe, dass dem Kläger dem Grunde nach ein Entschädigungsanspruch zugestanden habe. Auch die Kosten für das Privatgutachten seien erforderlich gewesen. Die Finanzverwaltung sei mit der Schlüssigkeitsprüfung der Erfolgsaussichten von Zivilprozessen ebenso wenig überfordert wie sie dies mit der Beurteilung von Lebenssachverhalten, Rechtsverhältnissen und Verträgen in zahlreichen anderen steuerlich relevanten Gebieten sei.

25

Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid vom 5. Juli 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Juli 2011 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer auf 2.428 € herabgesetzt wird.

26

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

27

Es ist der Auffassung, ein Abzug als vorweggenommene Betriebsausgaben scheide aus, da nicht plausibel sei, dass der Kläger den früheren Betrieb der KG habe fortführen wollen.

28

Auch sei mit der bisherigen Rechtsprechung des III. Senats daran festzuhalten, dass Zivilprozesskosten grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar seien. Die neue Rechtsprechung des VI. Senats überzeuge nicht. Auch wenn die Bürger zur Durchsetzung ihrer Rechte auf staatliche Gerichte angewiesen seien, bedeute dies nicht, dass Prozesskosten stets unausweichlich seien. Vielmehr sei ein Rechtsstreit vor allem dann nicht unausweichlich, wenn der Steuerpflichtige seine rechtlichen Verhältnisse angemessen gestalten könne. Hier hätte der Kläger vom Erwerb der unsicheren Forderung absehen können. Damit liege die wesentliche Ursache der Aufwendungen in der gestaltbaren Lebensführung des Klägers. Zudem könnten Prozesskosten nicht als "außergewöhnlich" angesehen werden, da derartige Aufwendungen nicht nur von einer kleinen Minderheit der Steuerpflichtigen zu tragen seien. Im Übrigen würde selbst eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten die Finanzverwaltung im Massenverfahren überfordern.

Entscheidungsgründe

29

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

30

Das FG hat zu Recht erkannt, dass die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen schon dem Grunde nach weder als Betriebsausgaben (dazu unten 1.) noch als außergewöhnliche Belastungen (unten 2.) abziehbar sind.

31

1. Es handelt sich nicht um Betriebsausgaben.

32

a) Im Ergebnis ist die Vorinstanz --ebenso wie beide Beteiligten-- unausgesprochen, aber zutreffend davon ausgegangen, dass einer Entscheidung im Streitfall nicht der etwaige Vorrang eines Verfahrens zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die KG entgegen steht. Die KG war wegen der bereits im Jahr 1993 vorgenommenen Vereinigung sämtlicher Anteile in der Hand des Klägers rechtlich nicht mehr existent. Ihr Vermögen war vielmehr dem Kläger angewachsen. Damit ist im vorliegenden Verfahren --ohne Vorrang eines Feststellungsverfahrens-- allein darüber zu entscheiden, ob der Kläger aus Sicht des Streitjahres 2008 den früheren Betrieb der KG in einer den Betriebsausgabenabzug begründenden Weise als Einzelunternehmer wieder aufzunehmen beabsichtigte.

33

b) In rechtlicher Hinsicht hat das FG seiner Entscheidung zutreffend die Definition des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zugrunde gelegt. Danach sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Eine solche Veranlassung ist dann gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und ihm subjektiv zu dienen bestimmt sind (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C.II.2., m.w.N.). Der Steuerpflichtige trägt die Feststellungslast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen (BFH-Urteil vom 15. April 1992 III R 96/88, BFHE 168, 133, BStBl II 1992, 819).

34

c) Das FG hat den Sachverhalt in rechts- und verfahrensfehlerfreier Weise sowie nachvollziehbar, schlüssig und überzeugend dahingehend gewürdigt, dass im Streitjahr 2008 kein Bemühen des Klägers um eine Rückübertragung der früher von der KG genutzten betrieblichen Wirtschaftsgüter mehr erkennbar war. Diese Würdigung bindet den erkennenden Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO.

35

aa) Für das FG war zu Recht entscheidend, dass die Wirtschaftsgüter des ehemaligen Betriebs der KG bereits am xx.xx.1991 an einen Dritten veräußert worden waren. Schon in den Verträgen, mit denen der Kläger im Jahr 1993 die Rückübertragungsansprüche erwarb, hieß es, das Restitutionsbegehren könne nicht mehr durchgeführt werden. Er hatte bereits im Jahr 1997 seinen Widerspruch gegen den Investitionsvorrangbescheid und im Jahr 2004 seine Klage gegen die Grundstücksverkehrsgenehmigung zurückgenommen. Damit war ausgeschlossen, dass die im Jahr 1991 durchgeführte und abgeschlossene Veräußerung der Vermögensgegenstände des ehemaligen Betriebs der KG noch rückabgewickelt werden würde. Dementsprechend hat der Kläger sowohl im Klage- als auch im Revisionsverfahren selbst erklärt, seine Aktivitäten zur Rückübertragung des Betriebs hätten schon im Jahr 2003 bzw. 2004 --noch vor Einleitung des Zivilprozesses, um dessen Kosten es im vorliegenden Verfahren geht-- geendet. Danach habe er nur noch Entschädigungs- bzw. Schadensersatzansprüche geltend gemacht.

36

Entsprechend war dieser Zivilprozess ausschließlich auf die Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe der Differenz zwischen dem tatsächlich durch die Treuhandanstalt erzielten Verkaufserlös für die Wirtschaftsgüter und deren vom Kläger behaupteten höheren Verkehrswert gerichtet.

37

Bei dieser Sachlage ist unerfindlich, wie der Kläger --der weder selbst Gesellschafter einer aktiven KG noch Gesamtrechtsnachfolger eines geschädigten Altgesellschafters war, sondern die Ansprüche nach dem VermG von den Erben der geschädigten Altgesellschafter zu Spekulationszwecken erworben hatte-- mit der KG künftig gewerbliche Einkünfte hat erzielen wollen.

38

bb) Das weitere Vorbringen des Klägers ist unsubstantiiert und schon deshalb nicht geeignet, die Würdigung des FG in Frage zu stellen. Inwiefern der Erwerb spekulativer Ansprüche im Jahr 1993 geeignet sein sollte, der Familie des Klägers eine "dauernde und sichere Existenzgrundlage" zu verschaffen, hat der Kläger nicht nachvollziehbar darlegen können. Seine Behauptung, die Vertreter der Treuhandanstalt hätten "unzählige Straftaten begangen" und das geltende Recht ignoriert, hat er ebenfalls nicht substantiiert, zumal die Position der Treuhandanstalt bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin in den vom Kläger angestrengten zahlreichen gerichtlichen Verfahren weitestgehend bestätigt worden ist.

39

d) Es wäre zwar theoretisch denkbar, dass der Kläger auch unabhängig von einer --im Streitjahr nicht mehr vorhandenen-- Absicht, den ehemaligen Betrieb der KG fortzuführen, Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hätte. So könnte er als gewerblicher Anspruchsaufkäufer anzusehen sein, wenn er mehrfach derartige Ansprüche erworben und dabei nachhaltig das Ziel verfolgt hätte, aus diesen Ansprüchen Einnahmen zu realisieren, die seinen Erwerbsaufwand übersteigen. Ein solcher Sachverhalt ist aber vom Kläger selbst zu keinem Zeitpunkt vorgetragen worden und auch aus den Akten nicht ersichtlich.

40

2. Die Aufwendungen sind auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der außergewöhnlichen Belastungen (§ 33 EStG) abziehbar.

41

a) Der VI. Senat des BFH hat mit Urteil vom 18. Juni 2015 VI R 17/14 (BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800) entschieden, dass Zivilprozesskosten im Allgemeinen keine außergewöhnlichen Belastungen darstellen. Die Voraussetzung der Zwangsläufigkeit ist weder aufgrund des staatlichen Gewaltmonopols noch infolge einer (Rechts-)Pflicht zur Bezahlung bestimmter Kosten eines bereits eingeleiteten Zivilprozesses zu bejahen. Abzustellen ist vielmehr darauf, ob das Ereignis, das die Führung eines Zivilprozesses adäquat verursacht, für den Steuerpflichtigen zwangsläufig ist. Daran wird es bei einem Zivilprozess im Allgemeinen fehlen. Dies entsprach und entspricht der Rechtsauffassung des erkennenden Senats.

42

b) Vorliegend hatte der Kläger den Zivilprozess vor dem LG eingeleitet, um aus seinen in spekulativer Absicht erworbenen Ansprüchen nach dem VermG eine höhere Entschädigungszahlung zu erhalten als ihm bisher von der BvS zugestanden worden war. Eine solche Vorgehensweise ist nicht "zwangsläufig" i.S. des § 33 EStG.

43

Die vom VI. Senat benannten Ausnahmefallgruppen, in denen Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein können, sind vorliegend ersichtlich nicht gegeben. Der vom Kläger eingeleitete Zivilprozess berührte weder einen für ihn existenziell wichtigen Bereich noch den Kernbereich menschlichen Lebens. Diese Voraussetzungen hat der VI. Senat selbst in einem Fall verneint, in dem sich die zur Alleinerbin eingesetzte Tochter der Erblasserin gegen die Anfechtung der entsprechenden letztwilligen Verfügung durch einen Dritten zur Wehr gesetzt hatte (BFH-Urteil in BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800).

44

c) Danach kann der Senat offen lassen, ob die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen nicht bereits auf der Grundlage der zwischenzeitlich großzügigeren Auffassung des VI. Senats vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen gewesen wären.

45

Der Kläger macht lediglich Kosten für ein Privatgutachten geltend; ferner solche Reisekosten, die nicht aus Anlass von Gerichtsterminen entstanden sind und deren Zusammenhang zum Zivilprozess teilweise nicht dargelegt wurde. Derartige "mittelbare" Kosten sind mit einem Zivilprozess aber nicht zwingend verbunden.

46

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 26. Juni 2013 7 K 2700/12 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) wurde für das Streitjahr (2011) einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Er ist der Vater des am … Juli 2010 geborenen Kindes T. Mit der Kindesmutter L war er nicht verheiratet.

2

Der Kläger verpflichtete sich am 3. September 2010 vor dem Jugendamt der Stadt X in einer Jugendamtsurkunde zur Zahlung von Kindesunterhalt für T. Außerdem verpflichtete er sich am 6. September 2010 in einem notariell beurkundeten Schuldanerkenntnis zur Zahlung von Unterhalt an die Kindesmutter L in Höhe von 440 € monatlich. Der Kläger kam diesen Unterhaltsverpflichtungen regelmäßig nach.

3

T und L beantragten noch im Jahr 2010 beim Amtsgericht (AG) X, Familiengericht, die Abänderung des Kindesunterhalts und des Unterhalts der Kindesmutter. Der Kläger schloss mit T und L vor dem AG schließlich einen Vergleich. Hiernach verpflichtete sich der Kläger in Abänderung der Jugendamtsurkunde u.a., für T ab Mai 2011 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 128 % des Mindestbedarfs abzüglich des hälftigen Kindergeldanteils zu zahlen. Der Unterhalt der L wurde für die Zeit von Mai bis September 2011 auf 550 € monatlich und ab Oktober 2011 auf monatlich 1.100 € festgesetzt. Die Kosten des Verfahrens und des Vergleichs wurden gegeneinander aufgehoben.

4

Der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers in dem familiengerichtlichen Verfahren stellte dem Kläger mit Rechnung vom 24. April 2011 Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von insgesamt 3.154,46 € in Rechnung, die der Kläger im Streitjahr bezahlte.

5

Der Kläger machte diese Rechtsanwaltsgebühren in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr als außergewöhnliche Belastungen geltend.

6

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erkannte die Rechtsanwaltsgebühren auch im Einspruchsverfahren nicht als außergewöhnliche Belastungen an.

7

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1665 veröffentlichten Gründen statt.

8

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

9

Es beantragt, das Urteil des FG Köln vom 26. Juni 2013  7 K 2700/12 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten zu Unrecht als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) berücksichtigt.

11

1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 EStG). Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. September 1989 III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418, und vom 26. Juni 2014 VI R 51/13, BFHE 246, 326, BStBl II 2015, 9).

12

a) Bei den Kosten eines Zivilprozesses sprach nach der langjährigen Rechtsprechung des BFH eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit (Senatsurteil vom 22. August 1958 VI 148/57 U, BFHE 67, 379, BStBl III 1958, 419; BFH-Urteile vom 18. Juli 1986 III R 178/80, BFHE 147, 171, BStBl II 1986, 745; vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382; vom 18. März 2004 III R 24/03, BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und vom 27. August 2008 III R 50/06, BFH/NV 2009, 553). Derartige Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig war (BFH-Urteil in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). Daran fehlte es nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen bei einem Zivilprozess (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Vielmehr sei es in der Regel der freien Entscheidung der (Vertrags-)Parteien überlassen, ob sie sich zur Durchsetzung oder Abwehr eines zivilrechtlichen Anspruchs einem Prozess(kosten)risiko aussetzten (vgl. BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten nur an, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen (BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596, und in BFH/NV 2009, 553).

13

b) Demgegenüber nahm der Senat in seinem Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10 (BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015) die Unausweichlichkeit von Zivilprozesskosten unter der Voraussetzung an, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Auffassung hat auch das FG dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegt.

14

c) Der Senat hält an seiner in dem Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Auffassung allerdings nicht mehr fest. Wie er in seinem Urteil vom 18. Juni 2015 VI R 17/14 (BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800) entschieden hat, kehrt er unter Aufgabe seiner in dem Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Ansicht zu der früheren Rechtsprechung des BFH zur Abziehbarkeit der Kosten eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastung zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf das Senatsurteil in BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800 Bezug genommen.

15

2. Nach diesen Maßstäben ist auch im Streitfall zu prüfen, ob die geltend gemachten Kosten für die zivilprozessuale Auseinandersetzung als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Zivilprozesskosten sind demnach nur insoweit abziehbar, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, kann der Steuerpflichtige auch bei unsicheren Erfolgsaussichten zur Durchsetzung oder Abwehr eines zivilrechtlichen Anspruchs aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen, sodass die Prozesskosten zwangsläufig i.S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen.

16

a) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung hat daher keinen Bestand.

17

b) Der Senat kann aufgrund der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen allerdings in der Sache selbst entscheiden. Die von dem Kläger getragenen Rechtsanwaltskosten sind nicht als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd zu berücksichtigen.

18

Dem Kläger sind die Rechtsanwaltskosten entstanden, weil er sich in einem familiengerichtlichen Verfahren gegen von seinem nichtehelichen Kind T und der Kindesmutter L geltend gemachte Unterhaltsansprüche verteidigt hat und er in diesem Verfahren einen Vergleich geschlossen hat, nach dem die Kosten des Verfahrens und des Vergleichs gegeneinander aufgehoben wurden.

19

Der Kläger lief ohne die Rechtsverteidigung gegen die von T und L geltend gemachten Unterhaltsansprüche nicht Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Er war daher zur Abwehr der gegen ihn geltend gemachten Unterhaltsansprüche auch bei ungewissen Erfolgsaussichten nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen, das familiengerichtliche Verfahren zu führen. Die von ihm in Zusammenhang mit diesem Verfahren gezahlten Rechtsanwaltsgebühren sind ihm damit nicht zwangsläufig i.S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen.

20

Die Regelung zivilrechtlicher Unterhaltsansprüche hat der Gesetzgeber den Unterhaltsberechtigten und den Unterhaltsverpflichteten im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften im Wesentlichen zur eigenverantwortlichen Gestaltung übertragen. Deshalb hat der BFH selbst bei einer Ehescheidung Aufwendungen im Zusammenhang mit Scheidungsfolgesachen außerhalb des sog. Zwangsverbundes, zu denen auch Unterhaltssachen betreffend die Unterhaltspflicht gegenüber einem gemeinschaftlichen Kind und dem (ehemaligen) Ehepartner gehören (§ 137 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der im Streitjahr geltenden Fassung), nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt (BFH-Urteil vom 30. Juni 2005 III R 27/04, BFHE 210, 306, BStBl II 2006, 492). Für die Prozesskosten zur Regelung der Unterhaltspflichten gegenüber einem nichtehelichen Kind und dessen Kindesmutter kann nichts anderes gelten (vgl. auch BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2005 III B 98/05, BFH/NV 2006, 733).

21

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.